ee —— ar — x MG u re; —— Er» * SCIENF % SZ & o Magazi — fuͤr die Naturkunde Helvetiens. Herausgegeben von D. Albrecht Hoͤpfner, Stadt⸗Apotheker in Biel, der Churfürfti. Mainziſchen Arademie der Wiſſenſchaften; der Natur⸗ forfhenden Geſellſchaft in Zürich ; der phyſilaliſch⸗ öfonomifchen in Bern ;.der medisinifchen, phyſikaliſch⸗ botanifchen in Baſel; der Naturforſchenden in Halle; und der Seſellſchaft der Bergbaufunde Mitglied , der Königlichen Geſollſchaft der Willenfchaften in Göttingen Korrefpondenten, - u - Zweyter Band. Mir Kupfern. “ Zurich, bey Orell, Geßner, Fußli und Comp. 1788, x ER * er ur za —* Er) vi j 4 i u” 2 rg Ar Hr PER, 2: £ 4 * U 20 we Tr N . ur ———— Der voterländifden | Naturforſchenden Privat-Geſellſchaft In: Ben. ze , Meine Herren und Schäubarfte Sreundet | F rechne es unſtreitig zu den erſten, angenehm⸗ ſten und reichſten Belohnungen und Fruͤchten mei ner Muͤhe/ und meines Eifers, daß der erſte Band dieſes Magazins die gelegentliche und mittelbare Ur: fache unfter freundfchaftlihen nähern Verbindung gewefen ift, welche bis ißt fchon ein Jahr lang fo | viel als ununterbrochen zum Vergnuͤgen ae Mit glieder fortgedauert hat, Wem Eönnte ich nun beſſer durch eine Zueignung meine Hochachtung öffentlich beweifen, als Ihnen, Meine Herren! und wer hat ein unbezweifek geres Recht auf meine dankvolle und gerechte Berpflich: tung als eben Sie, Schäsbarfte Freunde! | N ohne Deren Aufmunterung „Unterſtuͤtzung, Mit: huͤlfe, Beytraͤge, Vorſchlaͤge und Käthe diefe Anftalt fchlechterdings nicht zu Stand gekommen wäre ? Mit derjenigen wahren Freude alſo, welche jedem gefühlvollen Herzen, das ſich — der Pflichten der Dankbarkeit entlediget, eigen iſt, bekenne ich ͤf⸗ fentlich, daß vor und nach unſrer engern Berbrüber | eung jeder, von Ihnen, Meine Herren, ins⸗ | beſondere, und Alle insgefammit mich mit Auffäßen, Mittheilnng von Thärfachen, Bemuͤhung mir folche zu verfchaffen, miündlicher Selehruns; erlaubter Ber nußung von eigenen Arbeiten, und dir uneigennüßig: ſten Aufopferung von Privatsorcheil fo unterſtuͤtzet haben ; daß ich blos Ihrer freundfchaftlichen patrios tifchen Mitwirkung den Außen, den Beyfall, und die Ehre zu verdanken habe, welche mir bey diefer Arbeit fo aufmunternd zu Theil geworden ift, Verzeihen Sie es aber meiner Beſorgniß und Liebe für die varerländifche Noturfunde, wenn ich es wage, Ihnen, Meine Herren und Schaͤtz— barfte Sreunde! die Aufrechthaltung unter Se: fellfhaft und die fernere Unterfiügung diefee Samm:; lung aufs neue zu empfehlen, — ans Herz zu le⸗ gen. Durch unſere gemeinſchaftliche Verbindung ers halten wir unſern Muth, und dnech unfere wöchent: liche king unterftüßen wir einander durch Miteheilung unferer Beobachtungen; durch ihre Be; Fanntmachung und Benußung befördern wir Gemein: nuͤtzigkeit, vermehren die Ausbreitung dem Vaterlan⸗ de nothmwendiger Kenntniffe, und bilden vielleicht auf die Zukunft in hoffnungsvollen Sünglingen Nachfols ger, welche fich ein edles Vergnügen daraus machen werden, die Foftbare Zeit auf eine folche Art anzu— wenden, daß das liebe Vaterland einft wahren Bor: cheil von ihnen genieße. Dieſe lebhafte Hoffnung ſtaͤrke und erhalte uns; und in der naͤmlichen Hoff nung habe ich die Ehre mit wahrer und dankbarer Hochachtung zu ſeyn Meine Herren und Schaͤtzbarſte Freunde! Bern, den 15. Okt. 1787. Dero ergebenſter Diener und Mitglied Dr. A. Zoͤpfner. norrede Re erfenne mit der Tebhafteften Dankbarkeit den. mehr als erwarteten Befall, mit welchem Kenner und Männer von patriotifchem Gefühl und Einficyten den erften Verſuch diefer mühfamen Arbeit beehret , und mich zur eifrigen Fortfegung deffelben aufgemun; tert haben. Die meiften haben meine Abficht , und den Gefichtspunft, aus welchem diefe Sammlung be; uetheilet werden foll, nicht verfenut, und eingefehen, wie unfee Zweck dahin gehet: 1. Naͤhere Rennt: niffe von der Natur unfers Landes und feiner Bro; duften zu verbreiten; und 2tens diefe Kenntniffe zum Beſten der Landwirthfchaften, Handwerker, Künften, Manufacturen, Handlung u. f. w. anzuwenden, Einige haben fich zwar an diefer Ausdehnung ge ftoffen , und verlangt, man follte fi blos an das ‚eigentliche Studium der Naturkunde, wozu der Ti⸗ X Dorrede tel der Sammlung einlade, halten, und nicht Ge: genftände in derfelben behandeln, welche nur eine ent fernte Beziehung auf diefelbe hätten. Allein hierinn kann nur in fo weit willfahret werden, daß wir im jeglichem Bande diefer Sammlung die Fzälfte der Abhandlungen, oder des Banzen dem eigentlihen LTaturforfcher zu wiedmen verfprechen, die andere Hälfte aber allezeit nach unfern vaterländi- ſchen Beduͤrfniſſen eingerichtet bleiben muß; nämlich die Kenntniffe, fo aus dem Studio der Naturkunde flieffen, gemeinnüßig zu machen , ihre Anwendung auf unfere Lokal Verhältniffe anzuzeigen, und den Nu— zen, und fo beftimmten Einfluß, welchen diefe Wif: fenfchaften fo augenfcheinlich auf das allgemeine Wohl des Landes haben, immer näher ans Herz zu legen, und durch allmögliche Benfpiele, Erläuterung und trefi fende Tharfachen deutlich zu machen. Diefes ift um fo viel nothwendiger als das Borurtheil: „Diefes Studium der Natur blos als Liebhaberey and Stubengelehrfamkeit zu betrachten, „ in Helvetien nichts weniger als entwurzelt ift, fondern dem eiferig: ften Arbeiter zur Scheiterung aller feiner beften Vor⸗ ſchlaͤgen und Entwuͤrfen in feiner eifernen Geſtalt noch oft entgegengeftellt, und die genaue Verkettung diefer Wiffenfchaften mit allen den Gewerben und Künften, die uns Erhaltung, Kleidung , alle Be: duͤrfniſſe, und jenes zahllofe Heer von nothiwendigen Bequemlichfeiten gewähren , entweder abgeläugnet, Vorrede. xi oder im entfernteſten und unbedeutendeften Sinne an; genommen wird, Meran verzeih’ es und’ entfchuldige uns daher. mit unfern ‚gedachten Rofal: Verhältniffen , wenn wir öfters in die Lage verfeßt werden, Gäße und Vorfchläde erörtern zu müffen, die im aufgeklärt: tern Engelland und Nord : Deutfchland bereits zur Genuͤgſamkeit und evidentiſten Wahrheit erwieſen ſind, und allda zum allgemeinen Gluͤck ausgeuͤbet werden. | | Ä Dhnerachter diefe Bemerfungen Über jenes fo cha: liche Borurtheil leyder wahr genug find; fo freue ich mich Hingegen innigft den Goͤnnern und Kefern diefer Sammlung befannt zu machen, daß dieſelbe hier und an den meiften Orten Helvetiens eine fo günftige und theilnehmende Aufnahme gefunden Hat, als ich nach gewiffen DBerhältniffen mir niemals habe fehmeicheln dörfen ; amd ich mache mir ein wahrhaftes Vergnuͤ— gen hievon, eine ettvas nähere Nachricht mitzuteilen, die nicht anders als diefem Inſtitut groffe hrer Um terjtüßung und Eredit erwerben kann. Einige Tage, nachdem der erſte Band dieſes Magazins erſchienen war, theilte mir Hr. Pfarrherr Wytenbach einen Plan mit, ob die verfehiedenen Maturforfcher und Gönner diefer Wiffenfchaften in Dern nicht Fönnten in eine Gefellfchaft Naturfor: fehender Freunden vereiniget werden, und alfo mit verftärften Kräften an der Ausbreitung des Studiums der Naturkunde im unferm Vaterlande zu arbeiten , — xii Dorrede und durch wechfelfeitige Unterfiügung und Aufmunte: rung gemeinnüßiger zu werden. Es ift leicht zu erachten, daß mir diefer Plan unge: mein gefiel ; wie theilten denfelben gefammten Mit: gliedern mit. Keiner fchlug es aus, und 2, Tage nachher war ſchon die erſte Verfammlung bey dem Stifter , die auch feit einem Jahre ununterbrochen (die 2, Monate Auguft und September, wo die mei: ſten Mitglieder auf Gebirgsreifen begriffen waren, J ausgenommen) woͤchentlich fortgedauret haben. Nicht lange hernach hatten wir das Vergnuͤgen, noch mehrere Mitglieder, die ſich ſowohl durch ih— ren Rang, als durch ihre eifrige Unterſtuͤtzung und Theilnehmung an dem Wohl der Naturkunde auszeich⸗ nen, anzunehmen. Da die vaterlaͤndiſche Naturkunde und ihre Vervollkommnung der Hauptzweck dieſer Na⸗ turforſchenden Privatgeſellſchaft iſt, ſo kann man leicht erachten, daß aus dieſer freundſchaftlichen Verbin: dung nichts anders als Gemeinnüßigfeit, wechſelſeiti⸗ ge Aufmunterung, Unterftüßung und Zurechtweiſung entfiehen fol. Segliches Mitglied macht ſich ein wahr res Vergnügen daraus, feine gefammelten Erfahrun— gen, Entdeckungen und Beobachtungen in den Schooß der Gefellfchaft zu legen, und über diefelben die vers fchiedenen Meynungen der Mitglieder zu ſammeln. Verfertigte Auffäße werden vorgelefen, und Die ges meinnüßigen in diefem Magazine bekannt zu machen, ift mie von. der Gefellfchaft erlaubt und verfprochen Dorrede, xni worden, wie ich denn ſchon mehrere in meinem Pult auf die Zukunft zu beſitzen das Gluͤck habe, Allein auch auffer diefer freundfchaftlihen Privat: gefellfchaft werde ich noch von mehrern würdigen Ge: lehrten in hiefiger Stadt, deren einige fowohl in der Megierung des Staats, als andere durch ihre ſchon ausgezeichneten Derdienfte die allgemeine Hochachtung fih erworben haben , unterftüßet und im Muth er: halten. Theils durch die Gemeinfchaftlichkeit dieſer Privargefellfchaft, theils durch freymuͤthigſt anerbottes ne Beytraͤge haben die meilten Naturforſcher und Gelehrte von Zürich, DBafel, Genf, Laufanne, Buͤndten, und andern helverifchen Gegenden fich mit uns zur Unterftüßung diefer Anſtalt vereinbaret, und diefes Magazin zum Sammlungsort und Mittelpunfte ihrer Fleinern einzelnen Wahrnehmungen und Beob: achtungen gewählet, fo daß wir hoffen, Binnen eint: ger Zeit alle Naturforfcher Helvetiens zu einem allae: meinen, gleich) gemeinnäßigen Standpunkte hier ver: bunden zu fehen, And bey diefer Gelegenheit kann ich ohnmöglich die wahrhaft Ehrenvolle und herablaffende Art vorbengehen , mit welcher mic) die preis wuͤrdige Naturforſchende Geſellſchaft in Zürich, die phyſikaliſch— öfonomifche in Bern, und phufifalifch : medizinijch : bo: tanifche in Bafel, thätig unterftüßet, aufgemuntert und mir zu fernen Beytraͤgen und Erleichterungen Hoff: nung gemacht haben, Mein Eifer und meine Thätigfeit fellen Zeugnig ablegen, ob Selbige einen Undank⸗ xiv Vorrede. baren Ihres Zutrauens gewuͤrdiget haben. Vorzuͤglich kann ich mich nicht genug der kraͤftigen und thaͤtigen Unterſtuͤtzung und eifrigen Beſorgung dieſer Anſtalt ruͤhmen, womit Herr Rathsherr Hirzel, (Verfaſſer des philoſophiſchen Bauers, Hirzel an Gleim uͤber Sulzer den Weltweiſen, und mehrerer vortreflicher Schriften), und fein Sohn Herr Doftor Hirzel, in Zürich, mich beehren und aufmuntern, und von wel: cher Gelehrten Beyträgen der Fünftige dritte und vierte Band einen vorzüglichen Werth erhalten wird. Jenen ausländifchen Gelehrten aber, die ohne Nückficht auf ihren Privat: Bortheil, und mit einer edlen Aufopfe: rung Ihrer koſtbaren Zeit mich mit freundfchaftlichem Mathe, vertrauten Briefwechſel, eingefandten Bey: traͤgen, und aufmunternden Hoffnung auf mehrere Beyträge geleitet und unterftüßer Haben — den Hrn, Gerhard, Gmelin, Blumenbach, Beckmann, Meiners, Charpentier, von Born, Älsprotb,- Erell, Sorfter, Wiegleb, Scopoly , Ployer, de Morveau, de la Metherie, ftatte ich meinen wärmften Dank öffentlich ab, und werde immer mehr und mehr trachten, Ihrer Zuneigung und Wohlwols len durch meinen fortdautenden Fleiß Feine Unehre zu machen, / u Sch Habe zu deſto fefteren Aufrechthaltung diefer Sammlung mit Herrn Reynier in Lauſanne ( der diefes Magazin in franzöfifcher Sprache mit einigen Abänderungen heraus giebt) den Vertrag gemacht, _ daß ein Herausgeber dem andern feine Abhandlun— VDorrede XV gen zum Lleberfegen in der Handfchrift mietheile, wo folche denn nach den Beduͤrfniſſen der deutfchen, oder franzöfifchen Nation , verkürzt oder mit Erläuterun: gen vermehrt, entweder in diefem Magazin oder in den Memoires pour Servir a l’Hiltoire phyfique & naturelle de la Suifle rediges par Mr. Reynier gedruckt erfcheinen werden. Wir warnen daher die rüftigen Herren Ueberſez— zer Feine Spekulationen auf diefe Memoires zu ma: chen, und im Fall es doch gefchähe, die Käufer die: fes Magazins, in dem alles dasjenige , was für Deutfchland und Helvetien intereffant und nuͤtzlich feyn wird, von Helvetifchen Maturforfchern jeglichem in feinem Fache entweder in einem Förnigen Auszuge, oder wie es leicht Fann vonnöthen werden, mit An: inerfungen vermehrt, überfeßt und in diefer Sam: fung als an feinem Orte eingeruͤckt werden wird, Im dritten Bande, der zum Abdruck bereit liegt, werden Herr Prof: Iths vortrefliche Neden Über Die Merfektibilität des Menfchen und der Erde; Rar ſtens Beantwortung und gekroͤnte Preisfchrift tiber den Hornfchiefer ꝛc. Zwey Beantwortungen der Preis frage über den Buttermangel in der Schweiz ; eine Befchreibung der Gotthardifchen Mineralien ; eine chymifche Zerlegung des Topffteins von Wiegleb , nebft noch einigen wichtigen Abhandlungen , die wie noch nicht anzeigen dörfen, erfcheinen, Einige andere Fortſetzungen werden wir zur mehrern Mannigfaltig— xVI Proud % feit, — Verhaͤltniß de andettt Beyträgen , ei: ruͤcken, indem nichts angefangenes unvollendet bleiben fol, Eintönigfeit aber und wäfferige Weitfchweifig: keit werden wir immer zu vermeiden fuchen, und von den abftraften für eine Eleine Anzahl Leſer beſtimmten Auffäßen, nur aufs Höchfte zwey in einem Bande lie: fen; und fchließlich Fönnen wir verfi chern, daß bey dieſem Bande auf eine genauere Eorrectur Obacht ift genommen worden , als bey dem erfien Bande, Nun empfehle ich auch diefen Band dem Nachfichts? vollen Wohlwollen und der Beurtheilung Sachkundi Her Lefer und Männer von Erfahrung und Einficht, deren freundfchaftliche oder Fritifche Winfe und Raͤthe mit alfezeit zur Auſmunterung und‘ Belehrung die: | nen werden. Bern; den 1. Weinmonat 1737. Hoͤpfner. JImn ER des sweytien Bandes. “7 1, Betrachtungen über den gegenwärtigen Zufland 3’ der Naturgefchichte Helvetiens, und insbefons dere des Gantons Bern. Bon J. S. myt " tendah, ⸗ ⸗ ⸗ Seite x I, Betrachtungen über den wilden Urſprung der Hausziege. Bon J. P. Berthout von Ber dem, ; Ge ⸗ ⸗ | 23 ZU, Fortfegung der Fragmenten aus den Handfchrifs fen und fohriftlichen Nachlaß des fel. Herrn Stanz Eaver Schnyder von Wartenfee 33 > "Inhalt des sweyten Bandes. Seite IV, Befchreibung von zweyerley Kleearten. Von gern Keynier, ⸗ ⸗ 77 V. Chymiſche Unterſuchung der Adularia oder durchs ſichtigen Feldſpat. Von B. F. Morell. 83 VI. Geſchichte des Eiſenbergwerkes im Muͤhlethal, in der Landſchaft Hasle, im Canton Bern. Don Herausgeber. War, 2 97 VII Beyträge zur Nakurgefchichte der Gemfen in Buͤndten und Veltlin. Bon Carl Ulyſſes von Salis : Marichlins, ⸗ ⸗ III VIII. Beytraͤge zur Naturgeſchichte der Baͤren in Buͤndten und Veltlin. Von ebendemſelben. 133 IX, Anweiſung zur Bereitung des Neſſelgarns. Von der Frau Pfarrherrinn Schmid von St. Steffan. ⸗ ⸗ 145 "X, Ueber den Einfluß chemifcher Kenntniffen auf das Hohl der Staaten, befonders in Ruͤckſicht Helvetiens. Don Herrn Prof, Gmelin. 153 Inhalt des zweyten Bandes. Seite XI. Zuruf an Helvetiens Landesvaͤter in Fragmenten. Vom Herausgeber. » 9 auN 177 XII, Briefe an einen Freund in der Schweis, wel che Anleitung enthalten, wie chemifche Wiſſen⸗ (haft in Ermanglung des mündlichen Unter, richts N werden fünne, Bon Hrn, Wied: leb in Langenfalza, ⸗ Kart 2901 XIII, Vorſchlag einer Verbeſſerung der Strahlableiter , auf hohen Thuͤrmen. ’ ⸗ 223 xIv, Biographifche. Nachrichten von Herrn Doftor Locher von Zürich, In einem Brief von Hrn. Doftor Zirzel jgr. von Zurich an den Herz ausgeber. ⸗ ⸗ ⸗ ⸗ 231 XV, Briefe an den Herausgeber, Erſter Brief. Eh was über den Torf, Bon Herrn Doftor Zirzel in Zürich, ⸗ ⸗ ; 244 # XVL Zweyter Brief. Bon Heren Prof. J. Bein hold Sorfter in Halle. ; ⸗ 265 Inhalt des zweyten Bandes. Seite XVII. Dritter Brief. Don Herrn Berghauptmann wild in Ber , ⸗ ⸗ 278 XVIII.Schreiben von Herrn Prof. von Säuffüre , ber treffend die im Auguſt 1787. auf dem Mont blanc unternommene und vollgogene Reife. "287 XIX, Briefe über den Afphalt. Yon Herrn Doftor Zirzel jgr. in Zuͤrich. 309 XX. Rezenſionen. ⸗ 331 XXI Vermiſchte Nachrichten. ⸗ 371 NS Einige Betrachtungen über den gegenwärtigen Zuſtand der Naturgefhichte Helvetiens, und ingbefondre de8 Kantons Bern. Borgelefen. in der Defonomifchen Geſellſchaft. im Maͤrz. 1787. Dburcd I. S. Wyttenbach. Pred. an der Kirche zum H. Geiſt, und Mitglied verſchiedner gelehrter Geſellſchaften. Magaz.f. d. Naturk. Zelvetiens. II. B. y 2 Betracht. ib. den gegenw. Zuftand je an Sup.’ Hochgeehrteſte Deren ! ) N. Einfluß der Naturgefihichte auf das Wohl der Geſellſchaft ift fo deutlich und überzeugend, daß er eben feines meitläuftigen Beweiſes bedarf, Denn diefe Wifs fenfchaft lehrt uns den ganzen Vorrath von Gefchöpfen, welche auf unfrer Erde find, genau und richtig von ein- ander unterfcheiden ; Diefelben entweder zu unferm Ders gnügen und Nutzen anwenden, oder dem Schaden Eins halt thun, der uns durch einige derfelben koͤnnte verurz fachet werben. Wichtig. muß darum nothmwendigermeife diefe Lehre ſeyn, da fie mich mit allem demjenigen befannt macht, was der Schöpfer zu meinem und meiner Brüder Nutzen, zu meiner Nahrung, Kleidung und Dede, und zur Erz haltung anderer Gefchöpfe hervorgebracht, Wichtig ift e8, alle diejenigen Materialien zu Fennen, die der Lands bau zieht, die die Viehzucht vollfommener macht, die der Kuͤnſtler bearbeitet, die der Kaufmann aus unferm Sande führt, oder in unfre Gegenden bringt, die der Arzt zu unfrer Gefundheit braucht , und die entweder roh und ohne Veränderung ung allen dienen, oder die duch Gefchicklichfeit und Fleiß zu unferm Gebrauche zubereitet werden, Wichtig iſt es ferner, auch diejenigen Gefhöpfe zu kennen und andern Fenntlich zu machen, Geſchoͤpfe, die wir als unſere Feinde meiden, und als nachtheilige Zers förer unfers Fleiſſes, unfers Wohlſtandes, der Früchte unferer Arbeiten, einfchränfen müffen. Wichtig ift es, daß mir ung mit jenen Gefahren bekannt machen, in bie ” —* der Naturgeſchichte Helvetiens. 3 bald der Biß oder Stachel eines Thieres, bald das Gift einer Pflanze, bald die ſchaͤdlichen Ausduͤnſtungen oder Kraͤfte eines andern Koͤrpers uns aus Unwiſſenheit ſtuͤrzen koͤnnten. Zu dieſem allem nun giebt uns die Naturgeſchichte die beßten und ſicherſten Anweiſungen, denn ſie lehrt uns alle dieſe Geſchoͤpfe kennen, ſie bahnet uns die ſicherſten Wege zur nuͤtzlichen Anwendung derſelben, und kann alſo mit Recht als die Grundwiſſenſchaſt des Landbaues, der Viehzucht, der Kuͤnſte, der Handlung, und übers haupt der Bearbeitung aller Materialien , die die Hande der Menfchen befchäftigen, angefehen werden; Und die thörichten Vorurtheile, durch melde noch ige fich viele wider diefe MWiffenfchaft einnehmen laffen , ruhen meiftens auf irrigen Begriffen *) und auf dem faft findifchen Betragen jener Sammler und Naritätens Männer, die zwar mit Sorgfalt und oft groffen Unfos ften fich fchöne Kabinetter anlegen, dabey aber fih um den Einfluß der Naturalien aufs gemeine Beßte wenig oder gar nichts befummern. Die Naturgefchichte bloß auf die Kenntnis der Merfmale und Unterfiheidunggzeis chen der Thiere, Pflanzen und Mineralien einſchraͤnken; jedes Individuum auf feinem Kabinette nach Linne, Zaller, Bronftadt oder Wallerius benennen fünnen, und anffer feinem Namen nichts anders davon wiſſen, dag heißt, die nüßlichfte, die angencehmfte Wiffenfchaft in ein trockenes, unfruchtbares Gedaͤchtnißwerk verwan— deln, fih mit der Schaale begnügen, und den Kern 2) On ttaite volontiers d’inutile ce qu'on ne fait point, c’eft une espece de vengeance; & comme les Mathematiques & la Phyſique, font aflez generalement inconnues, elles. paffent afflez generalement pour inutiles. La fource de leur mal. heur eft manifefte; elles font epineufes, fauvages, & d'uu acces difhcile. Zonsenele, Oeuvr. T. V. p. 8 2 4 Betracht. üb. dem gegenw. Zuftand ‚liegen laffen. sErrleben nennt darum die Naturgefchichte mit Recht die fpeciele Phyfif der drey fogenaunten Nas turreiche und erklärt fich hierüber mit folgenden Worten: „Je mehr Eigenfchaften der natürlichen Körper ich kenne, „ um defto mehr Naturgefihichte verftehe ich ; die auffere „ und innere Bildung der Ihiere und Pflanzen, der Ge— „ brauch ihrer Theile zur Erhaltung des Lebens, die Urt, „mie fie fich ernähren, wie fie wachſen, wie fie ihres » gleichen erzeugen: die Mifchung der Mineralien, ihre „Zuſammenſetzung, ihre Entſtehung und Aufloͤſung; dieß » alles find Gegenftände der Naturgefchichte. „ Hiemik iſt Diefelbe nicht ein blofles, trockenes Namensverzeichniß, fie enthalt nicht bloffe Syſteme, die zwar auch nöthig find, und die ale Führer zu der unumgänglich nothmens digen Kenntniß der Gefehlechter und Arten leiten, ohne welche man weder die Beobachtungen feiner Vorgänger nüßen, noch feine eigenen andern zur Beförderung wohl: thätiger Kenntniſſe verftändlich mittheilen kann. So ift denn dieſe Wiſſenſchaft auch nicht bloffe Neus ‘Hier, die etwa nur müßigen zu einem vergnügenden und tandelnden Zeitvertriebe dienen koͤnnte. Gie macht ung freylich mit vielen Körpern befannt, die feinen unmittels baren Einfluß auf unfern Nutzen und die Beförderung uns ſers Wohlftandes haben, die uns. nicht fo geradehin Brodt geben; die aber, beffer unterfucht, und in ihrem Zufammenhange mit diefen oder jenen der übrigen Ge fchöpfe oder mit der ganzen Natur betrachtet, aufjerors dentlich Iehrreich und auch von groffem, mweitwürfendem Nutzen find, | | Ehmals glaubte man , alles fen entweder zur Nahrung oder zur Arzney geſchaffen, und die erfte Frage, die man noch ist von vielen bey Befichtigung eines Kabis nettes hört, ift immer diefe, ob ein vorgelegtes Pros duckt zum Effen, oder eine Krankheit zu heben, oder fonft der Naturgeſchichte Helvetiens. 5 dem Menſchen zur Beförderung feines irdiſchen Wohl: ſtandes nüglich fey. Kann nun von einer Pflanze, von einem Thiere oder einem andern Geſchoͤpfe, nichts ders gleichen geruhmt werden; fo fieht man fie als unnüße Dinge an, und glaubt noch ſehr gelinde zu feyn, wenn man den Sammler nur für einen Verſchwender feiner Zeit und feines Geldes, und nicht gar für einen Thoren hält. Und je eingefchränfter die Kenntniſſe eines foldyen Beurtheilers find, defto fihiefer werden auch feine Urtheile ſeyn, defto deutlicher wird feine Unwiſſenheit aus feinen Reden hervorleuchten. Es iſt kein Reich der Natur, keine Klaſſe, kein Ge⸗ ſchlecht, keine Art, deren genauere Unterſuchung uns nicht den Weg zu neuen Entdeckungen bahne, die die Graͤnzen unſrer Kenntniſſe nicht oft auf eine ganz uners wartete Weile ausdehnen helfe, und eben fo oft dem menfchlichen Gefhlechte zu fehr groffem Vortheile gerei⸗ chen koͤnne. Die Polypen lebten viele Jahrtauſende hindurch un⸗ bemerkt und unbekannt in unſern ſtillen Waſſern; die Blaͤttlaͤuſe wurden lange genug als haͤßliches und ſchaͤd— liches Ungeziefer verachtet, bis endlich Trembley und Bonnet jene groſſen Wunder an ihnen entdeckten, die fo vieles in der Lehre von der Zeugung und Drganifas tion aufgeflart haben. Freylich giebt dieß alles nicht Brodt; aber e8 leiter dagegen den Arzt zu näherer Kennt⸗ niß der Natur und Beichaffenheit unfers Körpers, dig ‚Ähm zur Heilung der Krankheiten deffelben unumgänglich nöthig iſt. Man verlacht ferner den Inſektenkenner, wenn er fich Raupen fanımelt, wenn er Schmetterlingen nachjagt, wenn er fich mit Fleinen Käferchen beſchaͤftigt, wenn er Diefe Thiere im feinem Haufe erzieht und fie in feinen Sammlungen forgfältig aufbewahrt, Man bedenft aber 6 Betracht. üb, den gegenw. Zuftand Dabey nicht, daß eben dergleichen Unterſuchungen die ſicherſten Mittel ſind, die ſchaͤdlichen Inſekten zu kennen, ihrer Vermehrung vorzubeugen, dieſelben auszurotten, und andere zum Nutzen der Geſellſchaft anzuwenden. Der Pflangenfammier ift weniger dergleichen Vorwuͤr, fen bloggefett, weil man fi immer noch mit der alten Meinung tragt, jede Gewächsart koͤnne dem Menſchen nuͤtzlich ſeyn, jede befige ihre eigenen iNeilungsfräfte, und verdiene darum eine nähere Unterſuchung. Bey feinen Nachforſchungen werden ihn aber dennoch das Benfpiel eines unfterblichen Zallers und deffen auf diefen Theil der - Naturgefchichte gemandte Stunden bey der groffen Menge weniger rechtfertigen‘, als e8 dag Zeugnis eines Kräuter weibes thun würde, dem er etwa eine in den Apotheden zu verfaufende Pflanze gewieſen hat. Man lacht, wenn ein von Sauffüre an den Ufern und in den Betten unſrer Flüffe und Wildwaffer Steine zu? ſammenlieſt; wenn er in den Hügeln der Ebene nad) Petrefakten forſcht; wenn er die Schichten unfter Ber ge und ihre Beftandtheile zu unterfuchen-, in bitterm Schweiſſe oft mit Gefahren kämpfen muß: aber nicht jes der weiß, daß eben diefe alle die alteften und ficherften Urkunden find, die deutlicher als alle unfere Archive, geroiffer als alle Gefchichten der gelehrteften Männer, dieſen fcharffinnigen Forſcher von den Revolutionen der ‚älteften Zeiten unterrichten, und ihn zu taufend Beobach—⸗ fungen und Entdeckungen führen, die dermaleins die Ges fhichte des ganzen Erdbals, die ehmaligen Schickfale unferer Alpen „ die Lehre von dem Bergbau, hiemit auch) die mehrere Ausbreitung der- Kuͤnſte, u. a. m. vollfoms mener und deutlicher zu machen im Stande find, * Und geſetzt endlich, die Naturgeſchichte wuͤrke keinen ſo unmittelbaren, fo groſſen Einfluß auf das irdiſche Gluͤck der menſchlichen Geſellſchaft, woran doch fein Ver ⸗ N der Naturgeſchichte Helvetiens. 7 nänftiger zweifeln darf; mie ehrwuͤrdig, wie erhaben muß fie ung dennoch vorfommen, wenn mir fie als ei ne Lehre betrachten, die ung Durch angenehme und un, endlich manigfaltige Pfade zur Kenntniß des almächtis ‚gen, des meifeften und beßten Schoͤpfers führt, der der gantzen Natur aller Orten Spuren feiner Gottheit gleichs fam eingedrüft, und ung durch die Kunſt feiner Werke, durch Die Weisheit feiner Anordnungen, durch die 04 terliche Güte aller feiner Endzwecke in derfelben unterrichs ten mil. Auch aus diefem Geſichtspunkte betrachtet , wird uns die Naturgefihichte eine Lehrerinn der Weiss heit, die unfre Kenntniffe veredelt, unfre Seele zur Quelle alles Stückes erhebt, und unfer Leben mie faufend uns fchuldigen Freuden beglücken kann. *) Iſt nun je ein Land, das zu unzählichen dergleichen Uns terfuchungen gute Gelegenheiten anbietet; fo ift es gewiß Helvetien, das eben darum durch zahlreiche Schaaren von Ausländern jährlih, und ſtets mehr befucht wird. Jene majeftätifchen Koloffen, die aus fruchtbaren Ebe; nen und DVorgebürgen allmählich in die Wolfen em⸗ porfleigen, deren mit ewigem Schnee und Eife bebdefte Häupter bis in die meiteften Entfernungen binfchauen, die fich in Hohen und mächtigen Bergketten durch fo viele ‚Ränder zertheilen — Schon ihr Anblick , ſchon ihre unges wohnte Gröffe, fhen ihre mit ungeheuern Laſten von Glets ſchern angefüllte] Schruͤnde, reigen die Neugier des Be; obachters und beleben feinen Eifer , diefe groffe Werfftatte der Natur, diefes Baterland der Wolfen, diefe unerz 7 *) So allgemein Befannt auch der groffe Nusen der Naturhiftorie , Be und ſo gewiß jeder Aufgeklärte von dem wichtigen Einfluſſe derfels ‚ben aufs gemeine Beßte überzeugt ift, fo zwangen mich Dennoch die bey ung noch mit eifernem Scepter herrſchende Vorurtheile ges gen diefelbe, die vorhergehenden Betrachtungen ansuführen. “ 8 Betracht. uͤb. den gegenw. Zuſtand meßlichen Behälter von unzählichen Quellen Baͤchen und Fluͤſſen ſelbſt zu beſuchen und ſich in den Buſen dieſer Mopithäter Helvetiens hineinzuwagen, Und hier ift in der That der Schauplaß, wo der Shi, pfer viele feiner Wunder gleichfam zufammengehäuft, wo er viele feiner Geheimniffe dem forfhehden Beobachtet vor Augen legt, wo nackte Felfen, wo zerriffene Berge, wo eingeftürgte Gipfel, die Eingeweide der Erde öfnen, und ihre Beftandtheile und ihren innern Bau ohne Dede dem Natuckuͤndiger darftellen. Die Reinheit der Luft, in deren höhere Regionen der Neifende auf den Als pen hinanklimmt, die fo feltenen Produfte des Thierzund Pflantzenreichs, denen der Schöpfer nur hier ihr Vater⸗ land angewieſen, bie fo vielen aufferordentlichen Erſchei⸗ nungen an denen bier mit ungewoͤhntem Glanze gluͤhen⸗ den Sternen , die Wolfen, die fich hier auf dem Pfade Des Wandrers bilden, die ausgedehnten Ausſichten, Die er über die fo ſchoͤne und mannigfaltige Schöpfung hat, Die taufend dem Bewohner der Ebene unbefannten Em; pfindungen, die taufend neuen Begriffe, die er fich bier von dem Baue und Zufammenhang der. Berge, von ihrer Beziehung auf niedrigere Gegenden, von dem Verhaͤlt— niffe der unermeßlichen Eisbehälter zu dem von ihnen abflieffenden Waffer, fammeln kann — Dieß alles ift ſo überrafchend, fo angenehm, fo unterrichtend, daß der, weicher einmal diefen Schauplag beffiegen hat, ſich im; mer aufs neue nach deffen Wundern fehnen, denfelben ſtets mit neuer Freude befieigen und mit neuem Muthe ſich auch auf die gefaͤhrlichſten Gegenden deſſelben wagen wird, Niemand wird alfo laugnen, daß, auffer Helvetien, wenige Länder gefunden werden, wo die Natur mehr Mannigfaltigfeit Darbietet, wo groͤſſere VBerfchiedenheit der Klimate, felbft in fehr eingefchränften Gegenden, wo an der Naturgeſchichte Helvetiens. 9 genehmere Ausfichten,, wo gröfferer Reichthum an feltes nen Produkten, den Forfchern gleichfam zu Füffen liegen, und fie zu jenen wohlthatigen Unterfuchungen einladen, die fo oft fhon das Befte der Gefellichaft befordert haben. Wie wenig dankbar find aber bisdahin die Schweiger gegen dieß ihr fruchtbares , ihr intereffantes Vaterland gewefen ? Sie fehen vielmehr gleichgültig auf jene neus gierigen Schaaren von Neifenden hin, die jeder Som— mer mit vermehrter Anzahl in unfre Alpen führt: Gie lefen die fo vielen - Beobachtungen und KReifegefihichten fremder Gelehrten, die Helvetien mit forfchenden Augen durchwandert haben: Sie lachen höhnifch auf die oft faft nichts bedeutenden Fehler eines Burnet, Ray, Andres, Beffon, Gualandris, Schoepf, Köftlin, Core, Pini, Wieiners, Razoumowsty, Sacquet, Store, Ploucquet, Kuttner, *) und anderer — aber — — *) Ich will nicht alle Titel dieſer Buͤcher anfuͤhren, da ſie jedem ſich mit der Schweitz nur etwas beſchaͤftigenden bekannt ſind, und uͤberdem in Zallers Bibliothek der Schweitzergeſchichte Th. I, koͤnnen nachgeſchlagen werden. Burnet bat nur wer nige Beobachtungen über die Naturgeſchichte gemacht. Rayus war ein fürtreflicher Botaniker. Andres giebt ſchaͤzbare Wache richten von Naturalienfabinettern und gute mineralogifche Bes obachtungen. Beſſon betrachtete die Schweißer + Alpen mit den Augen eines feharffinnigen Mineralogen. Gualandris war noch jung, als er Helvetien durchreifete, Man bedauert, dag Schöpfs Bemerkungen über die Beftandtheile unfrer Alpen nur fo kurz find. Roͤſtlin hat über Mineralogie und Bora: mie artige Bemerkungen gemacht. Lore und Meiners find mehr für Politifer als für eigentliche Naturforſcher. Pini bez Schreibt mit vielem Pomp feine Adularia, ohne ihren eigent: lichen Geburtsort anzuzeigen: übrigens redt er nur vom Gottz hard. Razoumowsoky iffsein unermüdeter , vielbeobachtender Mineraloge. Ascquet hat wichtige Nachrichten über einen Theil der Buͤndtnerſchen Alpen. Storr Fann reifenden Na: turforſchern, vorzüglich in Mineralogie, groffe Dienſte leiſten, 10 Betracht. ib. den gegenw. Zuftand eben die unter ihnen, die fich als die firengften Richter geberden , find auch eben die, welche felbft am wenig—⸗ ſten thun, die ihr Vaterland oft felbft am menigften fennen , und fich die menigfte Mühe geben ; den Wuns dern und Vorzuͤgen deffelben mit patriotiſchem Eifer nach⸗ zuforſchen. Wie wenige Helvetier koͤnnen wir aber aufzählen, die ſich, nach dem Beyſpiele andrer eifriger Gelehrten, um die Naturgeſchichte ihres eigenen Landes und um die da— zu beytragenden Hilfsmittel bisher noch beſchaͤftigt haben. Freylich gab ſich ehmals der ſchweitzerſche Plinius, Con⸗ rad Geßner auſſerordentliche Muͤhe, die Thiere und Pflanzen unſers Vaterlandes zu beſchreiben, und mehr zu thun, als man von denjenigen Zeiten erwarten konnte, wo die Naturgeſchichte noch gleichſam in der Wiege war. Was Aretius, Zwinger, die Bauhinen, Platter, Cher⸗ ler, HZagenbach, die Scheuchzer, Johann Geßner, Gagnebin, Mieg, La Chenal, Sauſſure, Did, de Coppet und Ricou geſammelt, das bereicherte in den neuern Zeiten des unſterblichen von Zaller ſeine helve— tiſche Pflanzengeſchichte. ») Wagner mar eine Art von nur wuͤnſchte man, daß er die Nomenclatur nicht immer mit zu vielen neuen Benennungen uͤberhaͤufte. Ploucquet hat viel gewagt, die Sauſſuͤrſche Theorie von den Gletſchern zu widerlegen, da dieſer ſo viele Gletſcher und ſo oft geſehen, und Ploucquet nur wenige Stunden im Grindelwald geweſeu iſt. Ruͤttner mahlt artig die Gegenſtaͤnde, hat aber weniges für den Naturforſcher. O! wenn er doch nur einen Mineralos gen bey ſich gehabt hatte, als er die Reiſe uͤber noch unbe kannte Berge nah dem MWallisbad gemacht hat. *) Hieher gehört auch Zallers Verzeichnig der in Helvetien wild wachfenden Baume und Stauden. Schriften der Def. Gef. zu Bern. 1763. IL p. 4. und ebendefjelben nähere Beftimmmng der Geftaidearten , in der neuen Samml. Phyf, Dekon, — ten eben derſelben Geſellſchaft. B. 2. der Ntaturgefchichte Helvetiens. 11 Epitomator der Schriften Geßners und der Bauhinen; doch hat er hin und wieder auch etwas eigenes. Jeder weiß, wie man zu Scheuchzers und Bourguets Zeiten faſt nur nach Petrefakten gejagt, nur Raritaͤten⸗ nicht eigentliche Naturalienſammlungen angeſtellt, und niedli— che und in die Augen fallende Verſteinerungen und Stuf, fen zufammen gelefen, ohne fi) dabey um die wahren Beftandtheile der Gebürge, die doch gleichfam die Seele jeder Theorie der Erde ausmachen , zu befümmern, Nach Sulzer, der Scheuchzer8 Schriften in einige Ordnung gebracht, und mit verfchiedenen eigenen Beobachtungen bereichert hat, traten Bertrand, und nad) ihm Bruner ‚auf, welchen beyden die Naturgefchichte Helvetiens fehr vieles zu danken haf, Der erftere wagte ſchon allgemeis nere Blicke auf den Bau unfrer Berge und Alpen, ) und legterer fammelte mit eifernem Fleiffe, doch ohne felbft die Natur genugfam in ihren Werfftätten berathen zu koͤn— nen, jene weitläuftigen Nachrichten von unfern Eisge— bürgen , die, ob fihon äufferft elend ing Franzoͤſiſche uͤberſetzt, dennoch allem Anſehn nach in den neuern Zei⸗ ten das meiſte dazu beygetragen, daß unſer Land auch den Fremden bekannt gemacht, und dieſe in ſo groſſen Schaaren nach unſern Alpen gelockt wurden. Bertrand und Gruner verdienen den groͤßten Dank, und werden dennoch in unſern, freylich nun aufgeklaͤrtern Zeiten, allzunachlaͤßig beyſeits geſetzt. Beyde leiſteten, was man nach den damaligen Einſichten und Kenntniſſen leiſten konnte: beyde theilen uns fuͤrtrefliche, hin und wieder zerſtreute Nachrichten mit, die aber der Fleiß kuͤnftiger erfahrnerer Beobachter zuſammen leſen, mit Scharfſinn von allem falſchen abſoͤndern, in ein Ganzes zuſammen⸗ + *) M£moires fur la ftru&ture intrieure de la Terre. Zuric, 1752. Effäi für les Ufages des Montagnes, Zaric, 1752, ⸗ * — F N F — 12 Betracht. ib. den gegenw. Zuſtand bringen und mit eigenen Unterſuchungen noch erſtaunlich vermehren muß, ehe mir zu etwas vollſtaͤndigem über * ſe Gegenſtaͤnde gelangen koͤnnen. Seit Gruners Zeiten finden wir, auſſer Zallers bota— niſchem Meiſterwerke, auſſer Fueßlins Verzeichniß der ſchweitzerſchen Inſekten, auſſer Delucs zerſtreuten Bes obachtungen über verſchiedene Gegenſtaͤnde der Natur— geſchichte unſers Vaterlandes, auſſer Bourrits mehr en; thuſiaſtiſchen als wahren Beſchreibungen von unſern Glets ſchern, und auſſer Zoͤpfners erſt aufkeimenden Beytraͤ⸗ gen, keine, wenigſtens keine wichtigen Denkmaͤler arbei— tender und naturforſchender Helvetier. — Was unter⸗ deſſen von Sauſſuͤre ſchon bekannt gemacht, was er über einige Gegenden des Schweitzerlandes der Welt mit, getheilt, floͤßt uns die angenehmften und ficherften Hof nungen ein, daß die Fortfegung dieſes feines Werfes unfrer Naturgefchichte auch eine fehr reiche Erndte geben, neue Naturforfcher bilden und ältere und erfahrnere auf taufend bisher vernachlaßigte Gegenftande aufmertfam machen werde, *) An gefammelten Schäten von Yraturalien, die fo vieles zur Beförderung der Naturgefihichte beyfragen, haben wir zwar in unfern Graͤnzen eben feinen Mangel. Die botanifchen Gärten zu Zurich und Bafel, diefe fihds nen und rühmlichen Denfmäler eifriger Patrioten werden mit jeden Yahrereichere Sammelpläge von feltenen Plans *) Auch ich habe bisher getrachtet, mein Schärflein auf den Alter des Daterlandes zu bringen, und habe fowohl im Berniſchen Magazin, ald in meiner Reiſe durch die Alpen, die der Wagnerſchen Profpeftenfammlung zum Texte dienet, vers ſchiedene Beobachtungen über unfre Naturgefchichte angebracht: nicht ganz unbedeutend find vielleicht auch meine Zugaben, die ich der deutfchen Weberfekung des bey Hallern in Bern hers ausgekommenen Dictionaire Geographique de la Suiffe beyges fügt habe. der Naturgeſchichte Helvetiens, 13 zen, die dem Arzte, dem Deconom, dem Raufmann, dem Künftler, dem Gelehrten und dem Bauer, der Haus mutter und ihrem Gefinde zu nüglichem und angenehmen Unterrichte dienen fünnen. Die Sammlungen eines Geß— ner, Lavater und Scheuchzer in Zürich , eines Sprüngli, von Erlach, Manuel, Höpfner, von Bonnitetten , von Werdt, von Muͤhlinen, Triboleth , Morell, Stus der, Wagner und Riſold in Bern *) eines Kicou in Der; eines Funk in Melchnau, eines Davall in Drbe, eines Lang in Lucern; eines D’Annone, Bernoully, Srey, Dienaft und Sarrafin in Baſel; eines Wallier in Solothurn ; eines Ammann und Stodar in Schaf; haufen ; eines Wegelin und Wartmann in St. Gallen; eines Sauffüre, Deluc , Rillet, Gooffen, Tollot in Genf; eines Hofer in Mühlhaufen , und eines Bagne bin im Neuenburgifchen. Die öffentlichen Aabinetter, in Zurich, Bafel und Genf, und das erft anfangende der Phyſikaliſchen Gefellfchaft in Saufannıe. — Alle diefe müffen natürlicher Weife ungemein viele Seltenheiten unfers Landes enthalten , die aber noch größtentheils unbefchrieben, meniaftens der Welt unbefannt , in ih⸗ sen Schränfen verfchloffen liegen. Gemeinnüßiger find im Gegentheil bisher die Befchäfs tigungen verfchiedener gelehrten Geſellſchaften Helvetiens gewefen, die durch ihre Schriften unterrichtet, durch Preiſe aufgemuntert, durch edle Benfpiele vorgeleuchtee, and Phyſik, und Naturgefchichte und Defonomie und Künfte in unfeem Vaterland fehr ruͤhmlich befördert has ° ben. Zurich und Bern, und Bafel, und Chur, und Saufanne und Benf, gaben hierin fürtrefliche Beyfpiele, legten die nüßlichften Beweife von patriotifchem Eifer ab, *) Sch wage es, auch meine Sammlung yon Mineralien, Pflan- Ben, Inſekten zc. beyzufügen. 14 Betracht. über den gegenw. Zuftand und noch die ferne Nachwelt wird jenen edeln Männern danfen ‚ die durch Stiftung folcher wohlthätiger Gefels fchaften fich fo ruhmmürdig um das Beßte ‚Ihres Vaters landes verdient gemacher. a lange noch möge auch diefe unſre Gefellfhaft bluͤ⸗ hen, lange noch der edle, thätige Eifer ihrer Stifter auch ung beleben, und DBaterland, und allgemeines Wohls feyn, und nügliche Kenntniffe und Ausbreitung derfelben, den heiligen Gegenftand unfrer Wünfche , den Endzweck unfrer Arbeiten, die Abficht unfrer Verſammlungen, unfer Leben und unfre Thätigkeit ausmachen! Das Feld, das zur Bearbeitung vor uns liege, ift aus gedehnt, naͤhrt Fruchtbarkeit in feinem Bufen, und vers fpricht ung und unfern Mitbürgern füffe Früchte, wenn wir feine Mühe ſcheuen. Viele Theile deffelben find zwar ſchon angepflanzt, aber dabey liegen vielleicht noch mehrere verlaffen und ungebaut. So haben 5. B. unſre Borgänger fihon vieles in der Naturgefchichte unfer® - Vaterlandes ins Reine gebracht, ſchon viele Produfte deffelben forgfaltig unterfucht, beftimme befchrieben, ih; rem Nußen oder Schaden nachgeforfiht, und diefem Ein; halt getban, und jenen befüdert. Aber wie ferne find wir bey diefem allem noch von jenem Zeitpunkt, da man an die Aufrichtung eines ganzen Gebaudes der Naturger ſchichte unſers Daterlandes denken darf. Sehr viele Materialien find würflich dazu durch viele Gelehrte zubes reitet worden; fie liegen aber zerftreut in einem Ocean von guten und fihlechten,, von neuen und alten, von inn? und auslaͤndiſchen Schriftftelern, und wenn wir fchon mit berfulifcher Mühe allen diefen Reichthum zufams menbringen; -fo bleiben ung dennoch taufend Lücken , taufend unbearbeitete Dinge über, die den Forfcher zu _ neuem Sleiffe rufen, und die ihn deutlich überzeugen, daß nur vereinigte Kräfte vieler Gelehrten im Stande der Naturgeſchichte Helvetiens. 15 ſind, etwas, wo nicht vollkommnes, — zuſam⸗ haͤngendes, auszuarbeiten. Dieſen Endzweck, deſſen Erfuͤllung die Kräfte eines Nrivatmanns überfteiget, und die ihm allein zu Foftbar ift, Diefen Endzweck kann alfo nur der Schuß und die Unter ſtuͤtzung der Landesregierung befördern, fünnen nur vers einigte Geſellſchaften erreichen, deren Glieder durch nöthis ge Beyſchuͤſſe, Durch unverdroffenen Fleiß, durch wech— felfeitige Hülfe einander beyftehen, die gleich arbeitfas men Bienen ihre Beuten an einen Dre zufammentragen, und Hand in Hand gefchlagen, das gemeinfchaftliche Werk zu. befördern fuchen. Dieß war auch, (wenn fie, HHerrn! mir gütigft erlays ben wollen, vom mir felbft zu reden,) vor einigen Mos naten meine Abficht, als ic) verfchiedenen meiner Freun⸗ de den Antrag machte, mit mir eine Fleine Gefelfchaft zu bilden, welche die Naturgefchichte Helvetiens zum Gegens fand ihrer gemeinfchaftlichen Arbeiten wählte, *) Kens ner der verfchiedenen Theile der Phyfif, Chymie und Nas turgefehichte; Männer von jugendlicher Blüthe, Muth⸗ und Kraftvoll zu Beſteigung unſrer Alpen: Bürger, deren edle Herzen das Beßte und den Unterricht ihrer Brüder zu befördern wuͤnſchen: Gelehrte, denen aud) Sie, HHerrn! die Ehre des Zutrittes in Ihre Verfammlungen vergönnt haben — Diefe Shre und meine Collegen, haben fich vors genommen, ihre vereinten Kräfte, ihre müßigen Stans =) Diefe Gefelfchaft Naturforfchender Freunde verfammelt fich jede Woche einmal, und hat feit dem December 1786. da fie ihren Anfang nahm, ſich ſtets mit der Naturgeichichte ihres Vater⸗ landes, und mit allem, was in Chymie und Phyſik einſchlaͤgt, -nüßlih, angenehm und mit glüdlihem Fortgang beſchaͤftigt, amd wird verfchiedene Beweiſe ihres Fleiſſes und ihrer Unter, ſuchungen in den Fünftigen Banden dies Magazines befannt * machen. zer 16 Betracht. üb. den gegenw. Zuftand den ‚ihren Fleiß und ihre Kenntniffe mit mir zur Ver— vollfommnung der Naturgeſchichte unſers Vaterlandes anzuwenden. Und da vorzuͤglich die berniſchen Laͤnder, die viele unter ihnen, HHerrn! mit Weisheit und vaͤter⸗ licher Sorgfalt regieren helfen, den fürnehmften Gegen» fand unfrer Unterfuchungen ausmachen werden; fo bitten wir Sie, ung durch Ihr Anfehn zu unterftügen, durch Fhre Hülfe einen leichten Weg zu bahnen, und ung zur Samm⸗ lung der nöthigen Thatfachen gütige Hande zu bieten, Dann wird uns doppelter Eifer beleben, dann werden wir Ihnen die Früchte unfrer Arbeiten mit Freuden vorz legen , dann merden unfre gefellfchaftlichen Verſamm⸗ lungen unterrichtend für jeden werden, und wir vieleicht dermaleins im Stande feyn , unfern Mitbürgern einen allgemeinen Umriß von dem ganzen Gebäude der Natur⸗ gefhichte unfers Vaterlandes vorzulegen. . Wir fangen zu diefem Ende mit der natürlichen Bes fihreibung unſrer Hauptitadt und ihrer umliegenden Gegend an. Kaum darf man es ſagen, daß hierüber noc gar nicht® gearbeitet worden, daß nicht einmal die Länge und Breite unfrer Lage beftimmt ift, und daß mir von einem Genfer haben vernehmen müffen, daß unfre Stadt: 87 Kl. über dem Genferfee und 275 über dem mittelländifchen Meere liege. Ungeachtet der vielen Plang, die von einzelnen Gegenden unſres Stadtbezirfes hin und wieder zerſtreuet find, Eenne ich doch noch nichts ganzes, noch). nichts zunerlaßiges, noch nichts der Welt befannteg, das ung nur den Lauf der Aare, die Lage unfrer Hügel, die Richtungen unfrer Eleinen aber lieblichen Thaͤler deutlich vorftellte, Die Gefchichte unfrer Athmosphaͤre und uns fers Klimates hat befferes Glück gehabt, und dieß foll fie der Vorforge unfrer loͤbl. Gefellfchaft verdanfen; aus Deren vieljährigen meteorologifchen Beobachtungen, aber noch niemand allgemeine Schlüffe gezogen und dieſelben mit, X mit den Klimaten andrer Gegenden unſers Landes ver — 1 der Naturgeſchichte Helvetiens. 17 glichen hat; Die Pflanzen unſrer Nachbarſchaft hat Zal— ler beſchrieben und die Geburtsoͤrter der ſeltnern unter denſelben mit dem ihn immer auszeichnenden Fleiſſe an—⸗ gemerkt. *) Die Verſteinerungen des Belpberges, der Hügel uͤber Zimmerwald und jener groffen Auſter-Schich— ten von Münfigen und Heutligen hat Gruner uns ber fannt gemacht , und verfchiedene intereffante Schlüffe dar raus gegogen, Morell arbeitet ige mit dem Scharffinn eines guten Chymilten an der Unterfuchung unfrer fomol Srinf-als8 Mineralzund Badwaffer, und wir warfen mit Ungeduld auf die Nefultate feiner Erfahrungen. Aber wie vieles bleibt noch dem Naturforfcher gu uns terfuchen übrig! Welches ift die Befchaffenheit des Hr gels, der unfrer Stadt zum Grunde dient? Wie viele Duellen ſchenkt ung derfelbe innert unfern Mauern, und wie ift ihr Waffer beſchaffen? Welche Gemachfe gedeyen bey ung am beften, melde fünnten noch mit Nutzen gepflanzt werden ? Welches Mind die gemeinften Krank heiten, und welche die Urfächen , die diefelben entmifeln helfen ? Wann fommen die Streich. und Zugvögel bey uns an, wann verlaffen fie ung, welche Vögel bleiben’ den Winter über in unfrer Gegend? Welches find die Zeitpunfte des Hervorfproffens, des Knospentreibens, der Blüthe, der Heuzund Getraides Erndte, des Abfals lens der Blätter und andrer Deranderungen im Pflans zenreiche ? Welche Witterungszeichen haben wir vorzuͤg— lich bey ung, an den fernen Alpen , an den nähern Ders *) C’eft la Botanique de fon pays qu’on doit le plus Etudier;z non ‘ que la Nature ait étẽ aufli foigneufe qu’on le dit quelauefois , de mettre dans chaque pays les plantes qui devoient convenir aux maladies des habitans; mais parce qu’il eft plus commode d’em. ployer cequ’on a fous fa main & que fouvent ce qui vient de loin men vaut pas mieux. Fontenelle Eloge de Tournefort. | Magaz. fd. Naturk. Zelvetiens, II. B. B 18 Betracht. üb. den gegenw. Zuftand | gen, in der Luft, und an andern Gefchöpfen ? Welches find unfre natürlichen Produfte, welche werden roh ges braucht , welche bearbeitet, welche ausgeführt, welche zu ung gebracht ? Wie viele Steingruben haben mir in der Nachbarfchaft , wie liegen ihre Schichten, mie find ihre Steine beichaffen , welche find gut zu Gebäuden, melche beffer ins Feuer ; und wie fünnen fieam vortheilhaften bes nußt werden ? Wo find die Thonlagen, aus denen unfre Zöpfer und Ziegelbrenner ihre Materialien hernehmen, mie ift ihre Natur, ihr Verhalten im Feuer ꝛc. befchaf fen? Wie verhält es fich mit der Defonomie unfrer Torf gründe und Waldungen und unfrer Viehzucht ?— Alles Fragen, , deren Beantwortung für den Unterricht eines jeden Bürgers wichtig wäre, und bey deren Unterfus hung forfchende Beobachter fih Geßners phnfifalifche Befchreibung der Stadt Zürich und Sauffüres Nachrichs ten über die Gegenden von Genf zu Muftern mählen koͤnnten. Gehen wir nun nach den verſchiedenen Provinzen unſers Landes hin; fo zeigt ung fo zuſagen jeder Schritt, wie wenig noch gearbeitet worden, und wie vieles hiemit zu unterfuchen noch übrig bleibe. Sind ſchon z. D. die Sandfarten von den ebnern Theilen unfers Kantons fo ziemlich gut; fo find fie im Gegentheil jedem unerträglich, der auch nur ein einziges Mal die Alpen befucht hat. Wie Schöpf ehmals die Längen und Breiten von Bern, Thun, Burgdorf, Zofingen, Arau, Bruck, Lenzburg, Yarburg, Belen und Laufanne beſtimmt, und ob er fie mit ge nauem Fleiſſe beſtimmt habe, weiß ich nicht, und habe gegründete Zweifel dawider. Guettards mineralogifche Karte ift, fo wie feine Abhandlung über die Beſtand⸗ theile unfrer Alpen, nanzlich falfch und unbrauchbar. Soups Karte vom Saanenland und Xelen verdient, uns geachtet ihrer vielen Fehler, dennoch zu den beßten Berg⸗ der Naturgefchichte Helvetieng. 19 Farten gezählt zu merden. Das Gouvernement Velen, von Roviren aufgenommen, und nun Durch Wild zu; fammengezogen, foll, wie man fagt, fürfrefflich fenn. *) Des fo fleißigen Gruners Gebürgsfarte des ganzen Schweizerlandes ift bey weitem nicht fo wahr, als fie ſchoͤn iſt, und die auf derfelben angeführten Anzeigen von Mineralien find Durch taufend Unrichtigfeiten ver unftaltet, die dem Berfaffer , welcher nur einen fehr Hleis nen Theil des Schweizerlandes felbft befucht hat, uns vermeidlich waren. Nichts deftomeniger kann man dieſe intereffante Arbeit zu einem guten Grunde legen, den man aber durch vielfältige, durch oft wiederholte Keifen und Unterfuchungen faft bey jedem Schritte verbeffern müßte. Vizaula hat einen Grundriß bom Murterfee ge liefert, und ein mit ziemlich groffer Sorgfalt gemachter Man des Thunerfees liege bey der Steigerfchen Familie unfs rer Hauptſtadt. **) — Nicht eine einzige Karte giebt die rechte Geftalt und refpective Lage des Brienzerzund Thus nerfees an, und wenn wir einmal über Unterfeen hins auf in die Alpen Fommen ; fo finden wir faft alle unfre Berge und Gletfcher unendlich falfch angegeben ; fo: daß fich der Reiſende unmöglih aus dem Chaos diefer Vorſtellungen herausmwinden kann. Wie fehr wäre es alfo zu wünfchen, daß wir bald noch mehrere folche Karten erhalten möchten, dergleichen Kuhn ung Iegthin eine, zwar nur topographifche und nicht nach den Negeln der Kunft bearbeitete, von Grindelwald, und vor ihm *) Diefe Karte wird gegenwärtig geflohen, uhd mit Hrn. Wild's Eflay fur la Montagne falifere du gouvernement d’Aigle bald der Welt befannt gemacht werden. =) Eine fehr intereffante DVorftellung des Thunerfees und eines Theiles des Brienzerfees, nebft der ganzen herumliegenden Ger gend, hat Hr. Notar Studer gezeichnet: fie ift in der Wag⸗ nerfchen Sammlung yon Schweizerprofpeften. — 20 Betracht. uͤb. den gegenw. Zuſtand Pictet und Mallet eine ſehr ſchoͤne vom Genferſee und der Waadt gegeben haben. Noch darf ich jene kleine Sammlung von Bell nicht vergeffen,, der die Reiferoute von Bern bis nad) Genf auf mehrern Kärtchen vorges fielt bat, und melche vorzüglich jenen bequemern Nas turforfchern, die fich nicht gern auf Abwegen ermüden, groffe Dienfte leiſten kann. Michelis zu Arburg bearz beiteter Plan und gemeffene Berghoͤhen der von dorf aus fichtbaren Alpkette, find fehr fcharfiinnig ausgedacht, ruhen aber auf falfhen Gründen und felbft auch auf Aufferft falfchen Benennungen Diefer Alpen. *) Ders fhiedene Höhen andrer einzeler Berge, find feither, meiftens durch barometrifhe Verſuche von Deluc, de Sauffüre , und Schufbourgh etivag näher beſtimmt worden, und wir erwatten von Sauffüre genaue Ans gaben über die Berge der Grimfel, des Haßlelandeg, und über einige von Grindelwald, Lauterhrunn ‚ Sim menthal und Sanenland. Dieß ift, fo viel ich wenigſtens weiß, was wir über unfern Kanton in diefer Mückficht befigen : alles hoͤchſt unvollfommen, viele Gegenden noch gar nicht befannt, noch nicht einmal auf unfern Karten angezeigt. Go iſt auch hierinn eine reiche Erndte zu hoffen, wenn meh—⸗ *) Hicher gehören auch gute und treue Proſpekte, die uns ein zele Gegenden unfers Landes vorftellen , und dem Naturfor- fcher oft gute Dienfie leiften koͤnnen. Jeder Fennt Aberlis anz genehme Sammlung — Sprüngli, der Baumeifter, hat auch verfchiedene intereffante Blätter geliefert. — Die grofle, zahl reihe Sammlung, die Wagner ehmald duch Wolff in uns fern Alpen hat mahlen laffen, und die nun unter Yenzis Dis reftion, durch Descortis Meifterhand, in Paris gravirt wird, empfiehlt fich jedem Kenner der Kunft,, - jedem Liebhaber des Groſſen und Mrajeftätiichen in der Natur. Die gleihe Samm⸗ lung kommt auch in Bern, aber nur ſchwarz ER auf kleinern Blaͤt ern heraus, der Naturgeſchichte Helvetieng. 21 rere ihren Fleiß mit einander vereinigen, wenn fie von angefehnern unterftüßt find , und unverdroffen feinen Gegenftand , der einigen Einfluß aufs allgemeine Beßte haben kann, unbenutzt worbeylaffen. An topographifchen oͤkonomiſchen Beſchreibungen verſchiedener Gegenden unſers Landes, ſind wir ſchon etwas reicher, und dieſen Reichthum haben wir unſrer Oekonomiſchen Geſellſchaft zu verdanken, die durch Eins ladungen, durch belohnende Preiſe, durch allerhand ans dere Arten von Aufmunterungen,, viele wichtige Beyträge erhalten , und einige derfelben ſchon wuͤrklich dem lefens den Publifum mitgetheilt hat. Wem unter Ihnen, 9. Heren fi find die Befchreibungen unbefannt , die Tſchar⸗ ner vom Amte Schenfenbers; von Graffenried von der Herrfchaft Burgiftein; Maffe von Belp; Ernſt von Bis berftein; Rieß vom Emmenthal; Sprüngli vom Haßle— land; Kuhn vom Grindelwald ; Zolzer von Laupen; Noͤthiger von Gfleig, Interlachen und Lauterbrunn; Noͤthiger und Gruber von Brienz und Ninfenberg ; Schmied von St. Stephan; Pagan von Nydau; Bolz von Kerzerz , und andere mit gröfferm oder kleinerm Sleiffe und Gefchiflichfeit ausgearbeitet haben. Noch nenne ich als befondere Schriftfteler , Rebmanns Ges fpräche zwifchen dem Nießen und Stochorn, Zallers Bas fehreibung unfrer Salzwerke, Halleri Itinera alpina; Gange hans vom Simmenthal; Bay und Razoumowsky vom Pays de Vaud ; Sinner von der nördlichen Schweiß ; von Bönnftetten vom Sanenland; Sinners Anzeigen von unfern GSteinfohlen; Gruner von zu errichfenden Bergwerken; Did und Dullifer von unfrer Alpenökos nomie ; ohne eben die vielen andern Reiſenden anzufübs ven, die nebft unferm Kantone, auch andere Länder Hels vetiens befucht und aber leider meiſtens nur flüchtig und unzulaͤnglich befchrieben haben, — 22 Betracht, üb. den gegenw. Zuſtand ic. Vieles bliebe noch übrig, von dem gegenwärtigen Zus ftande der Naturgefchichte unferd Kantons zu fagen. Sch folte noch von den Produften felbft reden, die theils bisher befchrieben worden, theild aber noch vers nachläßigt liegen. Ich follte von den Mitteln reden, dieſes fo michtige, fo gemeinnügige Studium thätiger unter ung zu machen, Allein ich habe ohnedem fchon zu lange geredet, und foll dieß billich für eine andere Geles genheit auffparen. Betrachtungen über den wilden Urfprung det Hausziege. Von J. P. Berthout von Berchem. er Betrachtungen über den wilden Zn C Da die gröffere Abhandlung über den Steinbock noch nicht heraus iſt, fo hat der freundfchaftliche Verfaſſer mir indeſſen diefe Be— obachtungen zugefandt , mit Merfprechen , mir jene, fo bald fie in den Memoires de Phyfiques de Laufanne erichienen ift, a? fehr vermehrt in nächfifulgenden Band dieſes Magazins eins - zuſenden.) Nie Ziege, fo wie alle andere Thiere, die, feit langer Zeit, der Herrſchaft der Menfchen unterworfen find, iſt weit von ihrem erſten Naturftand entfernt; denn von al: Yen Urfachen, die auf die Thiere wirken, ift die Hausge⸗ noffenfchaft gewiß die, welche ſowohl in ihrer Geftalt, als in ihren Sitten die gröften Veränderungen hervorz bringt, Dieſe Ausarfung com Naturftande wird , ob⸗ fchon fie faft immer eine Vervollkommnung zu unſerm Bes ften ift , oft fo groß, daß die Hausthiere ohne Menfchen: hilfe nicht beftehen Eönnten ; diefes bemweifen ung die Schaafe, fo wie mehrere unfrer Ziegenarten, obfchon diefe Thierart im ganzen weniger Beranderung gelitten hatı ale die erften. ie aber von dieſen unter Menfchenhänden ausgeartes ten Gattungen aufiteigen zu den urfpränglichen von den Händen der Natur gebildeten? Man fühlt, daß dies ſehr ſchwer fey 5 — indeffen müffen diefe Gattungen eriftiren, und die Meinungen der Naturforfcher über die wilden Ziegen find diefe, — Here von Büffon glaubt , daß der Steinbock ( bouque. tin) bie urfprüngliche Ziegenart, die Gemſe aber von der Urſprung der Hausziege. 25 gleichen Art ſeye, daß aber von diefer die weiblichen, fo wie von jenem die männlichen herkommen. *) "Anders denken die Herren Guͤldenſtaͤdt und Pallas. Nach ihnen iſt Kaͤmpfers Paſen, »*) oder capra ægagrus, der erſte urſpruͤngliche Stamm der Ziegen; der Steinbock aber und die Gemſe machen zwey unter ſich verſchiedne, und vom Fgagrus gefonderte Arten aus. **%) Indeſſen glaubt Herr Dallas auch, die Vermifchung vom Steins bock, von der Gemfe, vom Capricorne, und vom Aegagrus, fönnen beygetragen haben , die verfchiednen Varietäten unfrer Ziegen zu bilden, Wir nehmen mit den Herren Guldenftädt und Pallas an, der Steinbocd und die Gemfe feyen zwey verfihiedne Arten; aber wir glauben , genauer als fie, die Gründe unterfuchen zu müffen , die Herr von Büffon für feine Meinung angiebt, um fo mehr, da wir diefe Idee mit, ung eignen, Beobachtungen unterffügen koͤnnen. Herr von Büffon fagt P: der Steinbock und der Gemfes bock feyen in der That der Geftalt und den Hörnern nach verfchieden ; aber, nach ihm, find die Hörner des weibli— chen Gefchlechts diefer Thiere Flein, und fich ziemlich aͤhn— lich. Gegenwärtig aber, da die Hörner der Steingiege gut befannt find ++), kann man verfichern, daß fie von den Hörnern der" Gemſe fehr verfchieden fenen. — eg ) Hiſt. Nat. Tom. XII p 141, 142, *') Amenitat, exoter. p. 398. —J— Guldenſtædt novi Comment. Petropol. &c. T. 20. ann. 1775. Hiſtoire du Schacal — Pallas Spec. Zool, fafc, XI. +) Hift. Nat, Tom, XII. p. 137» - TH Siehe unſre Abhandlung über die Traturgefchichte des Stein⸗ bocks in dem zweyten Band der Sonetaͤt der phyſikaliſchen WIE fenfchaften von Laufanne. 26 Betrachtungen über den wilden Wirklich find fie klein, haben aber viel ähnliches mit den Hörnern der Ziege, und mie diefe, eine der Länge nachgehende fnorrichte Kante ( Ardte longitudinale),. Die Verwandtſchaften, welche Herr von Büffon in der Folge aus der Nehnlichkeie in ihren Sitten und in ihrer Figur ‚zieht, fcheinen ung nicht hinlänglich beweiſend; denn obs ſchon diefe Thiere in der Geftalt ihres Leibs in vielem übereinfommen , fo unterfcheiden fie doch die Löcher Höhlen) hinter den Hörnern, die ſich bey der größ fern Gemferace finden *), eine Art von Thränenhöblen (Larmiers ) **). Die Hanf, die die Klauen ihrer Fuͤſſe verbindet **) , die Haarbüfchel unter den Worders knieen, und andre weniger beträchtliche Verſchieden⸗ heiten genugfam, Iſt es aber, maß ihre Sitten bes trift, nicht natürlich , daß Gabelfüßige, wiederfauens de Thiere, Bewohner der gleichen. Gebirge, die: fi auf gleiche Art nähren, auch bis auf einen gemiffen Punkt, gleiche Gewohnheiten und Sitten haben, ohne daß fie deswegen von der gleichen Art feyen ? Daß überdies aber auch ihre Sitten noch ziemlich verfchieden feyen, fann man aus unfrer oben enarläheten Abhands fung erfeben. Der Steinbod und bie Gemfe meiden oft ziemlich in der Nähe von Ziegen und Schaafen, die fich oft big gu denen durch jene bewohnten Berggegenden verfieigen. (Dies ift eine Thatfache, die ich auf zuverläßige Berichte Hin verfichern Fann.) Aber man hat nie wahrgenommen, daß Steinbock und Gemfe beyfammen meideten , nod) daß einiche Berbindung unter ihnen wäre, da doch Vers ”) Siehe eben daſelbſt ”v) Pallas Spec. Zool. fafc. I. p. 8, *) Idem fafc. XI, p. 42 , wo man noch andre Brände ten findet. Urſprung der Hausziege. 27 bindung in dem natürlichen Zuſtande einer der ſtaͤrkſten Beweiſe der Fdentität der Arten ift 9, Endlich kommt die Gemfe im Winfermonat und Chriffmonat, der Stein; bock aber im Januar **) in die Brunft, und diefer Unter, fhied in der Begattungszeit ift eine der fpezififchen Ver— fehiedenheiten diefer Thiere, und der Grund, warum fie fih in ihrem natürlichen Zuftande nicht vermifchen. Es fcheint mir alfo zur Genüge bewiefen, daß der Steinbock und die Gemfe zwey verfchiedne, aber an einander gräns zende Arten ausmachen. Betrachtet man num bie Züge der Aehnlichfeit , welche die Gemfe mit der Gazelle, entweder duch die Haar bufchel an den Knieen, oder durch die Hörner, die Ringe und der Fänge nachgehende Striche haben, oder durch die Art von Thränenhöhlen, oder durch dag unbärtige Kinn, fo wie durch feine übrige Drganifation, verbinden; fieht man auf der andern Seite ihre Uebereinfunft mit den Ziegen nach der Geftalt ihres Leibe und ihrer Beine, fo wird man mir darian beyſtimmen, daß fie die Schattiz rung zwifchen der Ziege und der Gazelle mache, obfchon fie nicht, wie Here Pallas that **), unter die Gazelle kann gezählt werden. Was Heren von Büffons Meinung betrift, daß ber Steinbock, der Hausbock und die Gemfe von einer gleis chen Art ſeyen, in welcher die Weibchen von einer uns veränderlichen (conftante) Natur, und unter fich ſelbſt gleich bleiben , die Männchen hingegen variren *, fo %) Oeuvres de Mr. de Buffon , und unfre Abhandlung über den Iinterfchted der Arten ze. in dem 2ten Theil der Sammlung der Sozietät ic, #3) Unſre Abhandlung über den Steinbock, fiche oben. 3%) Spec. Zeol. faſc. J. p. 7. RAR) Tom, XII, p. 142 28 Betrachtungen über den wilden mag fie zwar fehr Flug ausgedacht feyn; allein wir glas ben nicht, daß fie gegen eine genaue Unterfuchung halten koͤnne: Denn, nad) dem, was mir bereit gefagt haben, muß man nicht nur den Steinboc von der Gemfe fündern, fondern die Gründe, melche Herr von Buͤffon für feine Meinung anführt , fcheinen ung noch überdies vielen Einwuͤrfen unterworfen. Er fagt: Man koͤnne aus der Erfahrung bemeifen, daß in der Natur Thierarten gefunden werden, wo daß Meibchen ohne Unterfihied zweyen verfchiednen Männchen dienen Fönme, mie das Schaaf, melches mit dem Bock und mit dem Widder erzeugt ; da dieſes aber Hausthiere find, fo fonnen fie hier nicht zum Benfpiel dienen; denn, mie wir anderswo bemiefen haben, da die Hauggenoffens ſchaft Thierarten näher zufammen rückt, fo Fönnen in dies fem Stand leicht Begattungen vorgehen, die im Stand der Natur nicht Plab gehabt hätten; und mir glaubeg nicht, daß man unter den milden Thieren ein einziges Benfpiel anführen fünne, dag diefem gleich fey. Zudem Fann die Vorausſetzung, daß die Männchen nur ſchwache Weibchen, und diefe nur ſtarke Männchen haben *), nur bey Hausthieren, nicht aber bey Thieren in der Wildheit Statt haben, befonderd niht beym Steinbock, wo die Männchen mit mehrern Weibchen, und diefe mit mehrern Männchen fich begatten, Wenn Herr von Büffon fih darlnn irrte, daß er ben Steinbocf und die Gemfe für Thiere von der gleichen Art hielt , fo ſcheint er ung doc) darinn Recht zu haben, daß er fie als das urfprüngliche Model unfrer Hauszie⸗ gen betrachtet. Die Gründe für unſre Meinung find diefe : iR Yrfprung der Hausziege. 29 Der Steinbock und der zahme Bock gleichen einander ſehr viel in ihrer Figur, die groͤſte Verſchiedenheit findet ſich in der Dicke, der Laͤnge und Geſtalt ihrer Hoͤrner —. Die des Steinbocks ſind ſehr lang und dick, mit zwey der Laͤnge nachgehenden und einichen queerlaufenden knor⸗ richten Kanten, und groſſen hervorragenden Knoten, da die Hörner des zahmen Bockes nur eine der Fänge nach⸗ gehende Enorrichte Kante haben, viel Fleiner find, und fiatt der hervorragenden Knoten nur Rugofitäten haben. — Aber weiß man denn nicht , daß fein veranderlicherg Kenn⸗ zeichen zu finden ift, als die Horner, felbft bey Thieren in ihrer Freyheit, und alfo um fo viel mehr bey denen, die einer fo mächtigen und beftändig wirkenden Urſache unterworfen find , als die Hausgenoffenfchaft ift ? Es wäre zu dem nicht unmöglich , daß die Verfchiedenheit in den Hörnern des Bocks eine Wirfung der durch fo lange Sclaverey verurfachten Schwäche wäre; indem die Stein; jiege (PFEtagne), die viel kleiner und viel ſchwaͤcher als ihr Männchen ift, Hörner hat, die faft gang den Hoͤrnern der Ziege und des Bocks gleich find; mas diefe Meinung noch mehr zu begünftigen fcheint, ift, daß der Steinbock, fo lang er jung und noch ſchwach iſt, die auffere Fnorrichs te nach der Länge gehende Kante nicht fowohl ausge; drückt hat”), und diefeg feinen Hörnern viel mehr Aehns lichfeit mit den Hörnern des Bocks giebt, Die Hausgenoffenfchaft kann uns alfo leicht den Grund der DVerfihiedenheit, die zwifchen dem Steinbock und dem zahmen Bock fich findet, angeben, befonders wenn wir betrachten, was Herr Zimmermann *") fehr feharffinnig beobachtet hat, daß, indem diefes Thier von den hohen Alpen herabftieg, um Ebenen und Thaler zu bewohnen, *) Giehe unſre angefuͤhrte Abhandlung. *) Specim, Zoolog. Geograph. p. 117. 30 Betrachtungen über den wilden eg eine feine und aromatifche Nahrung für eine viel arös bere verließ, und eine reine Luft it einer von Dünften gefhmwangerten verfaufchte. Mit einem Wort, die groffe Aehnlichfeit, die fich zwifchen der Gteingiege und der Hausziege befindet, follte, wie eg mir fcheint , ein Beweis für die Identitaͤt dieſer Thierarten werden, Herr Guldenftäde fagt *): Kalte Klimate, rauhe Fel—⸗ fen und die Pflanzen, welche fih da finden, feyen fo ef ſentiell für die Natur des Steinbocks, daß er eg für uns möglich halte, ihn in andern Flimaten, alg in dem Seints gen zum Hausthier zu ziehen. Aber der Steinbock, den wie zu Nelen (Aigle) **) fahen , und den man noch da ficht , der von einer Ziege genährt und in einem mars men Thal erzogen wurde, bemweifer, daß diefe Meinung falſch fey. Unterfucht man noch die Siften des Steinbods, ſo zeigt ung alles feine Aehnlichkeit mit der Ziege an. Geine Gefelligfeit und feine Sanftmuth ***) machen, daß er leicht ein Hausthier werden Fonnte. Mit der Ernfthaf tigfeit des Bockes verbindet er die Angftliche Neugierde der Ziege. Es bliebe alfo über die Identitaͤt diefer Thier— arten Fein Zweifel mehr übrig , wenn e8 bewiefen wäre, daß fie zufammen erzeugten, fo lange der Steinboc in dem Stand feiner natürlichen Sreyheit if. Allein, ob: ſchon ic) ſtarke Gründe habe diefes zu glauben, fo muß ich doch geftehen, daß ich mir bisher daruber nie gemiffe Beweiſe verfchaffen Fonnte ; und was diefe Begattungen auf den Bergen immer felten machen wird, ift , daß zu der Zeit, da der Steinbod in die Brunft fommt, dag ift im Januar, die Ziegen ſchon in die Ebnen und Thäler herabgeftiegen find. Wenigſtens aber ift fo viel gewiß, *) Nov. Comment. Petropol. T. 20. Hiſt. du Schacal. *) Unſre Abhandlung. Aelen — Stadt im Pays de Vaud. ”) Une Abhandlung. TER Sue Ve r Urfprung der Hausziege. 5 - daß der Steinbock ſehr leicht mit der Ziege erzeugt, wenn er gezaͤhmt ift; der zu Velen, von dem ich fehon redete, zeugte mit verfchiednen Ziegen, und zwar in einem freyen Stand, indem er mit einem Trupp dieſer Ihiere auf den benachbarten Bergen weidete. Ich ſah zwey junge Zickchen, welche die Ziege, die fie nährte, von ihm hatte; und ein drittes, das von einer andern Ziege *) geworfen war , die man ihm zuführte, da er auf der Weide gieng, und die er fogleich befprang. — Die Verſchiedenheit der Brunftzeit ift bey diefen Thieren nicht effentiel , da man weiß, daß fie durch die Hausgenoffenfhaft abgeändert wird , und daß fie neben diefem bey den mehreften Arten der Thiere mit gefpaltenen Klauen von der mehr oder ve niger reihen Nahrung abhängt , fo daß der Steinbock von Aelen früher zeugt, als der wilde Steinbock, und daß die Begattunggzeit bey wilden Thieren fpater fommt, als bey denen, die den Verlurft ihrer Freyheit für den geringen Vorzug eine etwas reichere und faftvollere Nah— Ich fahe diefes dritte Zikchen, da es ein Jahr alt war; feine Mutter war weiß, fie murde eingefchloffen gehalten, bis daß fie der Steinbock im Wintermonat 1783. befprang , und von dieſer Zeit an bis in April 1734, da fie warf. Das Zifchen ift ein Boͤcklein, das in Farben und Geftalt dem Steinbock ähnlich fieht. ie diefer hat es den Mordertheil (chanfrein) deg Kopfes etwas Tonver ‚die Stirne ſtark erhaben, einen ſchwarzen Strich der Län- ge des Ruͤckgrats nach, und einen queer über das Kreutz (garrot.) und eine Streife unten an ven Dünnen, ein zartes, glänzendes, und groſſe, flärkere durch einander gemifchte, thierfarbne Haare, der Bauch weiß, und überhaupt alle Farben feines Vaters. Es war viel leichter, viel ärker, und viel muntrer, als Zifchen von feinem Alter fonft gewöhnlich find. eine Hörner aber näherten fich mehr denen eined Bocks, ald denen des Steinbocks; fie Hat» ten nur eine der Länge nachgehende Fnorrichte Kante, einen Kno⸗ ten beym Anwuchs und Nugofitäten, waren aber viel groffer und viel Dicker, befonders beym Anwuchs, als fie fon bey einem Bock von dieſem Alter find. 322 Betrachtungen über den wilden rung zu genießen erfauften. Alles ſcheint fi fich alfo su vers einigen, um ung zu bemeifen, daß der Steinbod der erfte Grundſtamm der Hausziege ſey. Nun wollen wir noch Kaͤmpfers Paſen unterſuchen, der das gleiche Thier iſt, welches der juͤngere Gmelin uns ſeither beſſer kennen gelehrt hat. Herr Pallas nennet es Capra Aegagrus, und giebt eine ſehr gute Beſchreibung davon *); man ſieht, daß er in feiner Figur viel aͤhnli— ches mit dem Steinbock hat, daß ſich aber die groͤſte Verz fehiedenheit in den Hörnern findet, welches ung nicht binlänglich feheinet, um daraus befondere Arten zu mas hen *). Warum follten wir nicht denfen Fünnen, daß der Aega- %) Spec. Zool. fafc. XI. p. 45. 46. wir wollen bier die Beſchrei⸗ bung der Hörner abichreiben, Damit man fie gegen die des Steinbocks halten koͤnne. er Eornua fufco - einerafceente — fitu reclinata funt, æqualiter arcuata, parum divergentia , apicibus introrfum declinata; for- ma admodum comprefla , anterius carinata , latere interiore pla- niusculo, exteriore convexo , at fecundum carinam, a hafı ad medium , longitudinaliter cavato , unde carina prodit argutifhi- ma , ad balın angulo in frontem procurrens, de hinc tuberibus prominentifimis eirciter quaternis, crafliusculis nodofa , totaque hiullca & fublacera; contra margo qui dorfo refpicit rotundatus , terfus, præter rugas crebras obfoletas, quæ cornu (præter extre- mitatem convexa compreflam levigatam ) totum flexuofo tradtu cingunt, quarumque fingul® , tuberibus carin® refpondentes, magis pr&ruptz , annotinas quafi vaginas interftinguunt. 3) Nicht als wenn ich damit fagen wollte, daß zwiſchen den Hoͤr⸗ nern der wilden Thiere Feine efjentielle Verſchiedenheit herrſche. Eind fie alatt, anftatt mit Ringen oder Kanten. verfeben zu feyn — Sind fie vorwärts gebogen, anſtatt hinterwärts — ift ihre Zufammenfeßung verfchieden , fo fcheinen ung dieſes eſſentielle und fpezififche Verſchiedenheiten. Wir fehen fie aber als fehr unbedeutend an, wenn fie in nichts anders beſteht, als in der mindern oder mehrern Groͤſſe der von einander abſtehender Hoͤr⸗ Urfprung der Hausziege. 33 Aegagrus, der die gleichen Berge bewohnt, welche der Steinbock bewohnt, eine Varietaͤt, oder eine ſich ſelbſt gleichbleibende Race in dieſer Art ſey. Das Beyſpiel zweyer Gemſeracen, die auf dem gleichen Berge ſich auf halten *), macht diefe Idee ziemlich wahrfcheinlich. Ueberdies ift das Weibchen des Aegagrus nicht gut bes fannt, denn nach Herrn Gmelin bat e8 feine Hörner, nach Herrn Kämpfer aber Feine , fo daß man fich ein bilden fünnte, der Aegagrus fey eine aus der Bermifchung des Steinbocks mit er Hausziege entflandene Race, — Was diefer Meinung einigen Werth zu geben fcheint, iſt, daß ehemals die Steinböcke viel gemeiner waren, und daß es nicht unmöglich ift, daß ein fo geiles Thier als unfer Bock ift, Steinziegen befprungen habe, die unſern Ziegen aufferordentlich ahnlich fehen, oder daß die Steinz böcfe Haugziegen befprungen haben. Mit einem Wort, der junge Bock, von dem ich oben in der Note pag. 31 redte, hatte Hörner, die ihn mit dem Aegagrus nahe zufammen zuſetzen feheinen, da id) fie aber nicht ſahe, als fie volfommen waren, fo fann ich) auch) nicht verfichern, ob fie ihnen wirklich gleich find; aber dem fey mie ihm wolle, fo ift doch wahrſcheinlich, daß der Aegagrus leicht mit unfern Ziegen erzeugen würde; und ich denfe, wenn man auf feine Aehnlichfeit mit ih, nen ſieht, fo follte man ihn alg eine ihrer urfprünglichen Racen anfehn. Eine dritte Art wilder Ziegen, die Herr von Büffon Capricorne nennt **), und die leicht die feyn fünnte, von ner , oder der Zahl und Dicke ihrer Ninge, oder ihrer Kanten der Ruyofitäten ıc. ”) Siehe unfre Abhandlung. ”) Tom. XII. p. 195. vom Capricorne fennt man nur das Sfelet und die Hörner. Magaz. fı d. Naturk. Helvetiens, II, B. C 34 Betracht. üb. d. wild, Urſpr. d. Hausziege. der Here Guͤldenſtaͤdt redet ), die er auf den kaukaſi— fehen Gebirgen fand, fcheint ung noch eine Varietät oder noc) eine Race in der urfprünglichen Art des Steinbock, Es fcheint alfo , daß von denen vier befannten wilden Ziegenarten, Steinbock, Aegagrus , Capricorne, und Gent fe, Ddiefe leztre die angranzende Art macht, welche die Ziegen mit den Gazellen verbindet, daß hingegen die drey erftern von einer einzigen und gleichen Art ſeyen, und den freyen Urfprung unfrer Hausziegen machen ; daß aber der Steinbod, als die groͤſte, ftarffte, und mit einem Wort vorzüglichfte Art, auch als der Driginal: Stamm, als dag erfte Model foll betrachtet werden, — Und da Herr von Büffon beftimme ſagt *), daß fich die Gemfe mit den Ziegen begatte, fo denfen wir, nach allem, was wir bisher gefagt haben , daß diefe vier Thiere, durch die Seffeln der Sflaverey näher zufammengerückt, fich unter einander vermifcht , und in Verbindung mit den andern Urfachen,, die auf Hausthiere mwirfen, die unters fehiedlihen Varietäten unfrer Ziegen gebildet haben, Was mich aber indeffen noch an der Vermiſchung der Gemfeart zweifeln laßt, ift, daß in allen Varietäten unfrer Ziegen ſich Feine Hörner finden, die den Hörnern der Gemſe ähnlich fehen, ) Nov. Comment; Petrop. T, 20. Hift. du Schacal, **) Suppl. de PHiſt. Nat. T, VL, p. 45. & 49. Fortſetzung Der RT ENTE RE ER: aus den Handfhriften und ſchriftl Nachlaß des feligen er Franz Kaver Schnyder von Wartenfee, Beil, Pfarrherr zu Schuͤpfheim im Entlibuch. 36 Fragmente a. d. Handfehriften N | Zweytes Fragment Von Tuͤrkenkorn, von Hirs und Fenk. Multiplici laudanda uſu, læteque decora Gramina tum fpecie, tum bonitate fua, Tuͤrkenkorn, Zea Mays L. Die ganze Naturge— fhichte diefer und folgender Pflanzen befchreibe ich nad) dem Lauf, den felbige bier Landes zu befolgen pflegt. Das Türfenforn, der Hird und der Genf, gehörten zwar in gemwiffer Nüuckficht noch zu den Cerealifchen oder Getraidgewächfen,; doch da wir im engften Verftande unter felbigen nur jene jährige Gräfer verſtehen, welche bey ung vier Gefchlechter , Weißen, Gerfte, Roggen und Haber ( welcher lestere jedoch auch mehr als nur ein Jahr aus feiner Wurzel zu treiben vermag) begreifen, von denen ich. ſchon befonderg gehandelt habe, mwollte ich das Türfenforn, und Hir und Fenf nicht darzu zahlen‘, fondern befonders vornemmen. Ale drey Gattuns gen haben eine ziemliche Aehnlichfeit mit einander „ doch gehet das Türfenforn auch wieder gar fehr von Hirfe und Fenf, die einander ungleich ähnlicher find, ab; derz geftalten, daß man fuͤglich ein Gefchlecht aus beyden legtern machen , und erfteres wieder als ein beſouderes Geſchlecht anſehen mag. Tuͤrkenkorn, Tuͤrkiſcher Waitzen, Haidenkorn; Fru- mentum Saracenicum; Mais, Bled de Turguie ; eine vier bis ſechs Fuß hohe Pflanze, hat zahlreiche, dünne, aber härtlichte Wurzeln. Sein Stengel fiehet den rechtmäßis Hrn. Bfr. Schnyder von Schüpfheim. 37 gen Getreidpflangen gleich, ift aber viel dicker , ein Zoll untenher , unten darüber; obenher geht er dünner zufammen: bisweilen Purpurfarbig. Noch beſſer ift er mie Schilf, oder Wafferrohr zu vergleichen. Die Blät fer Fönnen bis 4, Zoll breit werden. Am Gipfel des Stockes fißen die männlichen Blüthen Cdenn die mann liche und weibliche Blüthe, find hier nicht in einer Blu, me wie bey dem Getreide, fondern geföndert) meißlicht gelblicht oder röthlicht, aus melden Staubfäden, mit fehr groffen Beuteln , und aus einem Kelche beſtehend, der zweyblaͤtterigt ift , fie formieren einen Strauß , Schößlinge oder lange Büfchelgen,, 10, 15, bis 20. Diefe männliche Bluͤthen, fo lang fie Staub tragen, der zur Befeuchtung der weiblichen nöthig ift, folleman fehr uns geftort laffen, damit ihr Staub nicht unnug herabfalle. Eine Sorge für alle Blüthen aller Arten Pflanzen noths wendig. Die rechte fruchttragende Aehren, oder Kolben fchieffen an den Gelenfen des Stockes herfür, ihrer 3. oder 4. find lang, di, rund, mit etwas hartlichten , mehrern Blättern eingefleidet. Aus diefem Kleide fchleis chen fehr lange , fadenartige Rohren, oder Staubmege heraus, jeder an dem Embryo eines Fruchtkorns hafftend. Rund, zahlreich, groß, nact ſtecken diefe Körner in ihren Schaftgrübchen, um und um, ihrer big gegen 400. oft in 8, oder 10 Rechen; bald roth oder dunfel roth, auch gefprefelt, meift aber gelb, wenn fie ihre Neiffe erreicht haben, welches in 5, 6, auch erft 7. Monaten, nach dem GSteden, im Augft, Herbfis Weinzoder gar Wintermonate gefchiehet. Diefer fchönen Pflanze urfprüngliches Vaterland ift Ames rika, wo fie noch Häufig gebauet wird. Jetzt ift fie auch ſehr befannt in Aſien, Afrifa, und Eurcpa , und ver diente von ung mehr in Ehren gehalten zu werden, als fie es wirklich if. Die Körner find mehlreih; das 38 Fragmente a. d. Handfchriften Mehl davon wird zwar etwas gelblicht, und hat fo ei⸗ nen Erdgeſchmak oder wildelt, wie mans bey ung nennt z ein bisgen füßlicht. Man fol wohl fo viel Mehl am Maͤs befommen , als das Korn ungemablen maß, und drüber hin etwas Kleyen, die zur Maftung gut find; man kann auch Gruͤzmehl machen. *) 4 Unter gemeines Brodt gemifchet giebt das Türfenforn; Mehl demfelben eine artige Farbe und Geruch; 1/4. oder 1/3. (zu viel machte den Teig unhaltbar) unter feines Mehl von fehönem Dinkel ift fürtreflich bey Paftetenges bafe. Breye macht man vecht gute davon; alfo auch) Mehlbrühen. Zu Eyergekoͤche dienet eg nicht minder. Für die Maft des Geflügels überaus, Man kann aber auch noch fonftigen Nutzen aus der Türfenfornpflange ents heben; der Stengel ift voll eines zuckerartigen Saftes, der fich ausziehen und infpißieren laßt; trocken tauget diefer Stengel und feine Blätter zu verfchiedenem Flecht: werfe , auch Strohausfüllungen in Beth⸗Saͤcke. Sowohl bemeldter zuckerartige Saft fann in einen Weinigten ver, ändert, als auch aus der Frucht ein gebrannter Geift bereitet werden. Noch mag man die Büfchelchen der männlichen Blüthen befonders benugen: Sobald \man nemlich ſich verfichert hat, daß deffen Körner ſchon giems lich groß ſeyen, und hiermit daß der Staub aug jenen Buͤſcheln den Kolben fefondiere habe, ſchneidet man fel- bige ab, und verfüttert fie; fie geben dem Wiehe feine | ſchlimme Nahrung, Auch der ganze Stengel, zu feiner Zeit, thut den nemlichen Dienft. Wenn man die Kol—⸗ ben abgebrochen, dörret man fie an der Sonne, tröfchet >) m Stelien mifht man das Mehl von Zurfenforn mit dem von Getreide und Bonen; macht auch fenft fehr ſchmakhafte Mehl⸗ fpeifen , bevor eine Gattung Kuchen ( Zaletti) davon, Nicht mins der braucht mans in Neapel wirklich zu Suppen. * Hrn. Pfr. Schnyder von Schuͤpfheim. 39 ſie, oder macht fonft die Körner durch ſchlagen oder reiben in eine Stande, oder anders Geſchirr auffallen. So laſſen diefe Körner lange Jahre fih aufbehalten, und taugen fogar nach langen Jahren noch zum faen. Sollte man nicht immer von diefer Frucht, die fich fo lange fo völlig aufbehalten laßt, in Magazinen einen gus ten Vorrath anlegen ? — — — — Die Pflanze fomohl als das Mehl folle auch den Bienen angenehm, und lets ters mit Honig vermengt zu derfelben Fütterung diens lich feyn. Die Anpflanzung ift leicht, und gefchiehet im Fruͤh— jahr , Merz, April, May (oder auch) im Herbfte.)*) Im Frühjahr mags mitte Merzens am beßten ſeyn, meil fie fo entweder noch mächtig genug mwird im May dem Reifz fen zu mwiderftehen ; auf fo einen Reiffen denn nur abges hauen werden , und wieder nachwachſen kann, oder denn bey dem völligen Fehlen im May felbft friich nachgefäct werden fann: Körner, die, mo fie einwerts am Kol— benſtock, fo einen ſchwarzen Tropfen haben, follen zur Saat nicht gut ſeyn. Man fahrt Furchen mit dem Plus ge, oder wie immer dienlidy fcheinet, und durchfreußet ſolche mit andern. Wo fie alfo einander durchkreutzen, legt man ein paar Körner ein, einige Zoll tief. Zuvor aber muß freylich das Erdreich fchon bearbeitet worden, und die alfo ald Regel der Saat gezogene Furchen nicht gar zu breit feyn, etwa fo, daß ein Saamen von dem andern gegen ı 2. Schuhe zu liegen fomme. Wo > man nicht Mift genug hat den ganzen Acker zu düngen, macht man das Loch für Saamenförner ein paar Zolle tiefer, und ſteckt erft eine gute Hand vol Mift darein, überwirft den Mift mit etwas Erde, und legt auf dieſe *) Sch wollte aber in unfern Gegenden es fo leicht nicht anrathen im Herbft Tuͤrkenkorn zu ſaͤen. 1 od 40 Fragmente a. d. Handſchriften dann den Saamen. Man forge fir die Lockre des Erd⸗ reiches. Auch thut etwa das Haufeln gut, wie bey den Erdäpfeln. Drauf verebnet man mieder das Erdreich, und ftecft noch Erbfen, o. d. drein. Die Erbfen wach— fen mit dem Türfenforn auf, und mwinden und halten fih) um und an deffen Stoce. Der Saamen des Türs kenkorns fann einen Monat und darüber im Boden feyn, ehe er hervor ſchieſſet: er Feimet auf eine dem Getraide ganz Ahnlihe Art. Am beten ift, man ftecfe die Erb; fen oder was man ihm fonft zugefellet, erft fpäter, wenn man genugfam gejättet hat; denn jätten und rath— famen muß man freylihd. Das Tuͤrkenkorn ift auch eis ner Gattung Brand oder Faͤulniß in etwas unterworfen; in herberm Clima aber bevor fpäterer und ungleicher Aug, reiffung. Man halt diefe Frucht vor eine gefunde Speife, und ruhme fie wohl zumeilen in der Arzney an; etliche halten die noch ganz junge, weiche, faftige, zarte Kols ben, behöriger maffen zugerichtet, für einen Leckerbiſſen; - Auch die reiffe Körner ſollen ſich gruͤn kochen, und vers fpeifen laffen ; ich halte aber dafür auf folche Art genofs fen, dürften fie der nemlichen Hartdäuigfeit faft, wo die Erbfen fchuldig erfunden werden. Ich hab'wohl aud) verfucht Suppen, nad) Art durchgetriebenen Erbsmuſes, zu ma: chen; alein— ohneracht e8 eben fein fchlechte8 Gericht abgiebet, — braucht es zu viel Mühe, und bleibt nad aller Mühe annoch zu viel nur für Geflügel Maftung übrig , als daß ich rathen Fünnte, meinen Verfuchen zu folgen. Basler Erbfen, und Erdäpfel find für dergleichen Brüs ben weit gefchickter, und leßtere, die Erdaͤpfel, fünnen dergeftalten abfonderlich armen Leuten eine fo gefunde, und nahe sale fhmackhafte Suppe, ohne andere Ingre— dienzien, als Waſſer und ein bißgen Salz neben ihnen, hergeben. Dielleicht jedoch taugete gefihrottetes Türkens korn beffer, als durchgedrucktes. — 4 Hrn. Pfr. Schnyder von Schuͤpfheim. 41 Nicht nur das Gefluͤgel, auch Ochſen, Hammel, und Schwein laſſen ſich mit dem Tuͤrkenkorn unvergleichlich ausmaͤſten, man giebt dieſem Viehe nur ganz die Koͤrner, oder auch die voͤllige Pflanze. Doch iſt es ſorgſamer, und ſicherer den wiederkaͤuenden Thieren es erſt ſchroten oder hacken zu laſſen; denn dieſes Vieh will ſehr behut⸗ ſam dießfalls gehalten und beobachtet ſeyn, damit es nicht zu wiederkaͤuen aufhoͤre, oder gar erſticke. Die ſchlimmſten Feinde, ſo das Tuͤrkenkorn auf'm Feld hat, ſind die Voͤgel. Auch kann es geſchehen, daß vom Herbſtregen fein Stock untenher abfaulet, ehe der Kol ben zur Reiffe gediehen iſt. — In meinen Bergebefchreiz bungen rathe ich groͤſſern Bauren im Entlibuch an, auch Ochſen zu halten, und in der Nachſchrift meiner Cerea— lien gewiſſe Moͤſer mit Getraide und anderm anzubluͤ— men, und hier wollte ich eben auch den Verſuch auch Tuͤrkenkorn — ein im Entlibuch faſt ganz unbekanntes Ding — mit drunter aufzunehmen empfohlen haben; es wuͤrde wenigſt eben auch in Ruͤckſicht auf die Maſtung der Ochſen gut genug ausfallen. Doch koͤnnte im Ent— libuch die Methode, die Ochſen, fo man etwa im Som; mer auf die Fleiſchbank abſtoſſen wollte, den Winter vor; hin braf zu brauchen, und denn im Sommer — aber mit Borficht auf einer Alp weiden zu laffen, ohne andere viele Facon , wohl noch fürs Mäften fchlechthin die befte feyn, wie es 5. B. die (p.:88.) auf Ruͤtiboden gemacht. Noch merke man, fihs das Mehl vom Türfenkorn frifch zu gebrauchen, denn es ift mit felbem nicht, wie mit feinen ungemalenen Körnern; fo gut eg frifch ift, bekoͤmmt es nad) wenigen Wochen fchon eine Schärfe und Wis derlichfeit. NB. Vielleicht werde ich heute oder morgeng von Diefer nüßlichen Pflanze noch mehrers fchreiben. 2. Hirs, Hirſch, Hirſen; Panicum miliaceum L, Milium, ER, * 42 Fragmente a. d. Handfchriften ‚ Mille, Die Pflanze ähnelt, ehe fie den Schafft herfür ſtoßt, fehr dem Tuͤrkenkorn Aber der Schafft denn enthält nicht nur männliche, fondern ordentliche Zwitterblüthen , und rechtmäßige Aehren , faft nach Art des Getreideg, oder Habers, Er, der Schafft oder Strauß, trägt Bluͤthen, oder nachher Körner, die freylich etwas anderft drein ſehen, als die von Haber oder anderm Getreide; die Blüthe bat ihren Kelch oder Anhängfel, und zwey Blus menblätter von ovaler, oben etwas fpig zufammenlaufs fender Geftalt, einige Staubfäden, und die weibliche Theile auf dem Embryo, Diefer wird zu einem beylaufig fo , wie die gefchloffenen Bluͤthen geformten Körnchen , ohngefehr eine Linien groß. Seine Farbe ift weiß oder gelb, auch fehwärzlicht. Doch wenn die fnorpeligte Hülle davon iſt, fiehet der innere Kern immer gelb aus, Die ganze Pflanze ift nun freylich meder fo groß noch fo grob, wie die des Türfenforng, doch erreicht fie auch eine Höhe von vier Schuhen, und die Blätter eine Breite von I. 300. Daß ift eigentlich der Fleinere Hirs; der gröffere oder Sorgo ift bey ung nicht gemöhnlih. Man ſaͤet und beforget den Hirs wie Getreid. Er fümmt im Merz, April oder May untern Boden, und wird im Augft oder Herbſt zeitig. Seine ganze Gefchichte ift mit der des Getreides nahe verwandf. Er wird nach Art des Neifes gefocht und verfpiefen, und ift auch in die Suppen, bevor Fleifhz Suppen ans ftändig , abfonderlich zu halbem Theil mit gebrochenen Haberfernen. Man macht auch Mehl und Brodt davon, welches Iegtere warm genoffen von vielen fehmackhaft gefunden wird ; man halts aber vor ungefund. Dem . Vogel-Viehe ift der Hirs eine vortreffliye Nahrung und Mafl. Das Stroh aber foll man dem Horn und anderm Vieh night verfüttern; es taugt nicht, meil «8 ungefund if. i *3* * * v Hrn. Pr. Schnyder von Schupfheim. 43 Hirs und Fench muß man zeitlich ſchneiden, ſo bald die Koͤrner gelben, bevor das Stroh auch falbet, ſonſt fal— len jene aus; wenn man alſo gewahret, daß fie beruͤh— ret gern laſſen, nehme mans, es iſt Zeit. Roh aus— getroſchen, noch nicht geſtampft nur geſaͤubert, wiegt ein halb Viertel Hirs bey 24. Pf.; geſtampfter aber bey 28. Pf. 30. Fenk, Fench, Pfennich, auch Heidenkorn genannt; Panicum; Paxic, Seine Aehre gleichet nicht einem Straus, mie die des Hirfes , fondern, da feine Blumen, und Früchten an Ffürzern und feftern Stilen bangen , und wie Käsgen (Iulos) dem erften Augenblick nach, bilden, iſt fie vielmehr ein Kolben zu nennen. Die Körnchen find kleiner, als die von Hirfe, und ihr Kern dımfler geld. Die ganze Pflanze mag man in Gärten dünn ge füet wohl Manns; höhe ziglen; obwol fie (wie denn auch der Hirs) zumeilen faum ı ı2 Fuß hoch fonft ſtei⸗ get, ja auch das nicht. Für nur landwirthſchaftlich zu reden fann man fagen, daß im übrigen der Fenf dem Hirfe ſich vergleiche ; gilt alfo alles oben vom Hirſe angezeig— tes auch hier vom Fenk, fowohl was feine Gefchichte als feinen Gebrauch *) infonderheit anſiehet, anmit auch feine ganzliche Beforgung. Fenk und Hirfe fordern einen guten, leichten, nicht gar zu frofenen Grund; wo man fchiflich fann, wuͤrde ich rathen, Hirs und Fenk in ei nem ganz länglichten, faum über ein Klafter breiten Aeker— lein zu pflanzen, damit man, fo bald etwas an den Ach: ven reif iſt, das Reiffe in einen Kübel oder Topf abs fchüttlen, und fo nach und nad) kommentlich alles — und doch nicht unreiff — fammeln koͤnne. *) Inden Welihen Vogteyen nimmt mans and) zur Polente, wie Hirs, und gemalen, oder gefchrotenes Türfenforn. Die Polente iſt eine Gattung in Wafler nur fchwäclich gefochten Brewes. 44 Fragmente a. d. Handſchriften Auch an Gewichte man der Fenf dem Hirfen beyläufs fig gleich fommen oder doch wenig nachgeben. Belangend das Gewicht des Türfenforng, fo ift es ebenfalls dag nemliche ungefehr. Ich geftehe übrigens gang gerne, daß ih — mie in andern in die Landmwirthfchaft und Naturgefchichte einfchlagenden Dingen alſo befon: ders in dem, was das Türfenforn und Hirs und Fenk anlanget — mic) in etwas fremder Anleitung habe bes dienen müffen, und mich folcher mehr bedienen zu können wünfchte, dann ich fühle die Unzulänglichfeit meiner Eins fihten, und Erforfehungen nur gar zu wohl. Daher, wann Ddiefe meine geringen Abhandlungen dennoch Beys fall finden, und ich demnach felbige fortfegen und aus— dehnen follte, wird es mir gar lieb feyn, Aufklärung anderwerts zu erhalten , um nach Geftaltfame in fol genden Bändchen felbige nebft meinen Beobachtungen bekannt zu machen, . Hrn. Pfr. Schnyder von Schüpfheim. 45 Driftes Jragment. Erbfen und Bonen. Non zque fanus, verum fat lautus habendus Divitibusque fimul, pauperibusque Cibus, Sc will fie abtheilen in Bonen, in Kifelund in Win; tererbfen. Alle gehören unter die Plantas Flore papi- lionaceo, ı. Bonen; Vicia Faba L, Fabæ; des Feves. Man faet oder fiefet die Bonen im Merz und April; faum eine ı ı2. Schuhe von der andern. Gie fommen in jeder Erde fort ; in fetter ergeben fie beffer, in fans digter, Mockener werden fie gefchmeidiger. Sie düngen das Grundftück, auf dem fie gewachfen, wenn man dem Stengel nur oben abfchneidet, und denn dag Frdreich mit dem untern Stengel, und den Wurzlen drinn, wie der. umfturzet, Sonſt vielleicht vauchern fie e8 wohl ehe ein bißgen aus. Bluͤhen im Iunio und Iulio, Man will fie nicht für jedermann gefund finden ; doch Leuten, die ſchwere Arbeit ertragen, behagen fie mit warmer Mil) gar gut. Beym Kochen fol man die Bonen und alle Erbfen, nicht falzen, big fie alle fchon lind geworden, fonft werden fie e8 nimmer gern. Sich dachte , wenn man, dag zwar eine etwas langweilige Arbeit ift — den Bonen die Schoten, und denn jeder ihr Haͤutchen, arun abname, und fie fo gefchunden fochete, fie follten for wohl niedlicher Cfreylich aber denn nicht in bloſſem Wafe fer, fondern mit Zleifh, oder fo was abgefotten,,) als 46 Fragmente a. d. Handſchriften auch geſuͤnder, minder windmachend feyn; oder ziehe man, um wenigſt in Abficht auf letzteres zu helfen, ih⸗ nen das Haͤutgen ab, wann ſie ſchon gekochet aufm Si fihe da find, oder fpeye e8 aus, oder man drüde fie durch, mie die Fleinen Basler Erbfen, und bereite ein Musgefüche daran, Das Bonenmehl ift zuvor anzuruͤhmen vors Maͤſten, ſowohl Geflügel als Schweine , welches auch von fol; genden Erbfen zu verftehen if. Man kann die Bonen aud) nur gefchrotet, und geringere Erbfen gang verfüetteren, Jedoch Hühnern dienen fie nicht, wenn fie legen follen. Die Menfchen genieffen dürre Bonen in Müeferen, und fo fommen fie nebft andern Erbfen den Armen fowohl, weil fie ihnen eine ziemlich fchmackhafte, durch fich felbft gewürzte, nicht Foftbare Suppe abgeben, fönnen. Die bey ung befannten Bonen fann man überhaupt in gröffere und Kleinere eintheilen, Die gröffern von unfern Bonen, efwa aud) Saubo" nen , anderswo Großbonen genannt, haben eine viel gröffere Frucht , völlig , fomohl Schoten als Erbfen ; entgegen ift der Stengel merklich Fleiner; die Ohrenblat fer auch geringer. Reiffet fchon im Heumonat. Die fleinen, anderswo Saubonen , Pferdbonen , Bartenbonen genannt , mit geringern Schoten , und Erbfen; diefe rundlichter und weniger einfchmarrend, Die ganze entgegen ift gröffer, und erreichet eine Höhe von vier Schuhen, Wird viel fpather wohl erft im Herbſt zeitig. Da bey erfirer Gattung die Bluͤthe ganz weiß ift, fo haben bey diefer beyde Flügel einen fehr merflichen ſchwar— zen Flecken, Im Entlibuch nennen fie diefe Bonen aud) Caffeebonen ; werden jedoch allda felten angetroffen. Ueberhaupt in unferm Lande, wird, glaub ich, mehr von den groffen gepflanzet. Hrn. Pfr. Schnyder von Schüpfheim. 47 Die Bonenftengel vathe ich nicht auszuziehen, fondern mit einee Senfen abzubauen , damit die Wurzeln im Bo; * den bleiben, und felben fertilifiren. 2. Kifel oder Kifer ; Cicer arietinum L, Pois auch Ziſern genannt. Die ganze Pflanze wird mehr als Manns; hoch, hat einen duͤnnen, hohlen, vieläftigten, runden, fich fchlingenden Stengel; nicht groffe, nicht gar regu— lar ovale Blätter, und unten an Nebenfchoffen Verhaͤlt— nißmaͤßig fehr weitfchichtige etwas gefagete Ohren, oben überaus dünne, immer noch gefchlungene fadenartige Ausgänge oder Stoffeln. Ein fünffpisiger Kelch; Die auch ausfahen, Flügel, und Nache beftehende Bluͤthe breitet fich mehr aus, ald bey den Bonen, ein Staub⸗ weg, deffen Embryo zu einer filiquofen Frucht wird; neun Staubfäden. Der Keich perennirt an der Frucht; ſchote; diefe ift breit, groß, mit runden Erbfen, big auf acht und mehr. Ich finde Hauptfächlich ziveyerlen Arten, diefer Zifern oder Kichern, Die einte wird gemeiniglich bald im Frühjahr gefaet, blühet im Junio und Julio, und reiffet in benden diefen Monaten; auch kann man veran⸗ ftalten, daß man im Auguft und September noch befümmt. Die Blumenblätter find weißlicht purpurn. Es giebt ſolche, Die eine härtere oder zaͤhere Schote, aber gröffere, beffere Erbſen haben: Andere (und die ſind die gemei— nern) wo grün auch die Schoten zart und eßbar find, Diefe Kichern taugen vortreflich auf den Tifch ale Zus gemüfe und an Sleifh in Bruͤhen; dürr geben fie gute Muͤeſer ab, Man balt fie vor zuträglicher denn Bonen in aller Ruͤckſicht: doch befommen fie Perfonen, die den Winden (Blähungen) unterworfen, auch noch nicht im; ‚mer gar am beften, wie alle Erbfen ganz genoffen. Die andere Are find diejenigen, melche in Bafel Butr müserbfen, bey uns aber Basler sErbfen genannt werden: Sie verdienten von uns mehr angepflanzt zu werden. 48. Fragmente a. d. Handfihriften Man mag fie im Merz, April oder May fäen. Sie blühen im Iunius , Iulius , Auguftus, Septembris und werden im Augfimonate, Herbfimonate und Weinmonate zeitig. Sie kommen zufolge meines Verſuches fogar in dem hochgeleges hen Entlibuch fort, wenn fie in guter Iuckerer Erde wohl gedünget und von Unkraut fauber gehalten werden. Sie find gleichfam gegen den gemeinen Kifeln, was die Saus Bonen gegen die Großbonen find, und ihre Frucht fchrums pfet beym Dörren auch nicht fehr ein, wie doch die ans dern Kifelerbfen thun. Gröffer ift zwar die Staude nicht, als vorhergehende, aber gröber mit etwas mweitern Bläts tern, fehöner grün; die Blüthe ganz Schnee weiß. Die Schoten Eleiner aber zäher vieleicht; die Frucht auch fleiner. Die Schoten halte ich nicht geſchickt zum fpeiz fen; entgegen geben ang Fleifch abfonderlich an Schafgs fiogen diefe grünen Baslererbfen eine herrliche Brühe. Dürre find fie zu dem ung befannten, niedlichen, nahr⸗ haften, gefunden durchgetriebenen Erbsmuefe gleichfam eigens beſtimmt (wo jedoch , als ic) bey der Abhandlung vom Türfenforn fchon erinnert , bey Abgang der Basler erbſen der Arme ein ungleich minder Foftliche noch ge— fünderes , eben fo nahrhaftes, nur wenig minder niedlis ches Mues aus puren Erdäpfeln fich bereiten Fann, ) Don den medicinifchen Tugenden , die angeftritten wer; den, fowohl der Bonen als Erbfen, wollte id) nichts melden, Aber füertern laffen ſich Schoten und Stroh von Kifeln gut, und ift letzters unter den Mift vortreflich. Gemeine Kifel werden bey und aller Arten gefunden: Gut Mueserbſen müffen wir gemeiniglich von Bafel herz haben. Einige Baslererbfen find weiß , andere blaulicht grünlicht : dag Mehl von Ießtern zu Brey verfocher, theilt diefem eine feltfame auch grünelnde Farbe mit, Die ſich aber endlich in eine gelbe verändert. 3 3 Wintererbfen Phafeeolus vulgaris L, Haricots die | einte Hrn, Br. Schnyder von Schuͤpfheim. 49 einte ſtickelt man wie die Ziſern, damit ſie nicht am Bo— den bleiben, ſondern ſich um den Stickel empor winden. Andre laͤßt man am Boden hinkriechen, und nennt ſie deſſenthalben Schnaggen, welche noch groͤſſere Erbſen bringen, als jene. Man ſaͤet die Wintererbſen im Fruͤh— jahr, doch nicht zu bald, und beſorget ſie ohngefehr wie die Kicheren: fie blühen und reiffen im Auguſt und Herbſt— monafe, doch kann man auch im Julio fhon, und nod) im Detober haben. Man hält fie vor ungefund und bla; hend; daher ihr Namen, Man fpeifet fie lieber grün, als dürr. Die Früchten oder Erbfen fpielen oft mit den fehönften weiſſen, rothen, gelben, grünlichten , blauen, violetten, auch bunten, geftreiften, gefprecfelten nuͤan— cirten Farben. Iſt eine einjährige Pflanze, wie bisher befchrieben übrige Erbfengefchlechter , d. i. ihre Wurzel dauret nur das Jahr, in dem fie gefaet worden, Waͤchßt ungefähr nach Art der vorgehenden. Ein fehr langer, gemundener Stengel, mit vielen kurzen dreyblätterichten Hefichen. Die Blätter herzfoͤrmig, die Stihle an denen die Blüthe hangen, gehen mit denen der Bläfterfchoffen hervor; die Bluͤthen geiblicht ; purpurfärbig , blauficht oder weiß; minder breit als bey den Zifern, gebogen; die Schoten lang, flachbreit ; die Erbſen laͤnglicht rund, doch flächer als beyn Bonen, und etwas frummgehend ihrer Laͤnge nach. Vielleicht bekam die Pflanze ehe den Namen ron ihrem gewundenen Stengel, als. blähender Eigenſchaft. Auch die Wintererbfen laffen ſich in unfern Gebiethen aller Or⸗ ten antreffen, B2 Obwohl man nun die Erbfen überhaupt für unverdaulich hält, fcheinet diefe Unverdaulichfeit nicht zugufchreiben zu Yiagaz. f. d. Naturk. SZelvetiens. I. B. D k so Fragmente a. d. Handfehriften . ſeyn, weil man felbe gemeiniglich ſchlecht oder gar nicht Fäuet ; denn ihr Mehlgeföche verdäuet fich weit beffer. Aber die Hilfen find immer zu verwerfen, ſowohl Schoten,, al beftfchicflihf die Häuschen jedes Erbſes. Uebrigens dienet das Mehl nicht nur) dem Geflügel feine Fuͤette— rung zu verbeffern,, fondern auch recht gut für Breye, und unter Dinfelmehl zu Paftetens Gebäfe, macht aber dieſes ein bisgen ſchwarz. Entgegen dem Weitzenbrod ‚ertheilt e8 mehrere Weiffe und Milde. Worbey ich aber eben nicht immer öfonomifchen Vortheil erfinde, Auch allein für Pafteten z Gebäcke giebt e8 einen fehr gefchmeidi; digen (Souple) Taig ab, von gelber, vor dem Backen aber dunkler unlufliger Farbe. % Hrn. Pfr. Schnyder von Schüpfheim. 51 Viertes Fragment. Bon einigen Futter > Kräutern, * Herba decus pratis, pecori lac dulce miniſtrans, Er a Ich komme nunmehr von kuͤnſtlichen oder angeſaͤeten Futterkraͤutern zu handeln. Ich theile ſie ab in mit Erbſenbluͤthen, (wenn ihr wollet) in Kleearten Wickenarten und in Graͤſer. Vom Rlee. Erſt von Kleearten, wovon ich nur die drey gewoͤhn⸗ lichſten vornemme, nemlich Rotklee, Schnekenklee, und Eſpern. 1. Rotklee; Trifolium pratenfeL. H. S. H. 377. Trefie, auch Pfundklee, Dollenklee, Hollaͤndiſcher Klee genannt. Der Saamen iſt nierenfoͤrmig, ſehr klein, etwa wie ein Pfeimkoͤrnchen, gelblicht, gruͤnlicht, Purpurfärbigt. ... Soll der Saamen gut ſeyn, muß er im Waſſer zu Dos den finfen. Da vorgehende Erbfengefbblechter ,„ wenn ihr Saamen auffeimen will, die ausgefäete Erbfen im Boden laſſen, aus derer Lobis fich fo nad) und nad) die Wurzel und der Stengel, und anmit die ganze Pflanze entwickelt, gefchiebet es bey dem Klee (NB. allem Klee; daher er nie tief untergeacfert oder untergebrachet werden darf, daher , da der Getreidfaamen etwas tieffer ligen muß, follte man den Klee, will man ihn in dad nem⸗ lich Feld unter. Getraide augfaen, fpater ausſaͤen, nur “2 Fragmente a. d. Handfchriften fo oben auf, nach fchon vergrabenem Getraide, und denn ganz leife mit Erde, oder faft nur Erdenftaub überfahren; daher auch in Nückficht auf den Klee gut ift, will man im Herbft fchon Klee und Getreide ſaͤen, es früher zu thun, denn damals fol man das Getraide noch kieffer unter bringen ale im Fruͤhjahre, damit wann die aufgeblähete Erde nach dem Winter falt, feine Wurzeln nicht oben auf fommen, und verderben ; alfo muß man mit füen Des Öetreideg fo frühe fenn, daß man auch den Klee noch frühe genug nachfaen möge, welcher übrigens von der gebläheten und wieder gefunfenen Erde minder kann be: fhädiget werden , in dem feine Wurzel fomohl, ale Kraut noch nicht fo groß worden, ale die des Getreideg ; ja daher vielleicht ift oft ſchlechtweg letztre erft im Fruͤh— jahre drauf zu hun) es gefihiehet — fage ih — bey dem Klee ein Bisgen anderft, nemlich: das Zapfgen ſtoßt die Wurzel erfi auß, und die beyde Lappen fo denn mer? den aus dem Boden herausgehoben laſſen ſich von eins ander und erfcheinen als die erften Blätter der jungen Pflanze anfangs etwas dichtlicht, nachmwerts immer groß fer und ausgeduͤnnert. Wenn der ganze Wuchs voll bracht ift, fichet eine über einen Schuh lange Pflanze mit bey nahe auf der Erden ligenden äftigten Stenglen da. Die Zweighüllen oder Ohren, mo die Zweige oder Aeſt— lein (Nebenftengel) berfürgeben, find weiß, mit rothen Adern und laufen in einer Schlige aus, Blätter immer drey beyfammen an einem Stil, von dem aber mieder jedes fein befonders Stilchen befömmt. Die jüngere , obern, pflegen fehmaler und refp, länglichter, Hleiner, als die altern und untere zu feyn; jene eliptiſch, diefe faft oval, zumeilen gezaͤhmet, auch wol mit einem meißs lichten Sleckegsgezeichnet 5 zart, doc) ein Bisgen haarigt; zwifchen zwey Stilchen mig ſolchen Blaͤttern, und aus einer doppelblaͤtterigten Zweighuͤlle heraus, erhebet ſich Hrn. Pfr. Schnyder von Schüpfheim. 53 die Blüthe, welche fammerhafft einen aus vielen Schmets terlingsförmigen an einem Schaffte fecfenden , meift leicht purpurfärbigten , zumalen auch weißlichten blaß- gelben Bluͤmlein beftehenden Kopf oder Buſch formierr. Der Kelch oder die Blumdecke jedes diefer Blümchen ift eine geftreifte haarigte Nöhre, fo fich in fünf lange, in einem Kreife herum entjtehende haarigte Zähne, derer der unterfte merklich der Tängfte ift, endete. Jede Blume beftehet eigentlich aus einem einzigen Blumblatt, meil der Rachen, die Slügel und die Fahnen fich nicht von einander abföndern, fondern zufammengefüget von einer langen dünnen‘ Röhre in die Weite ausgehen. Die Sahne ſchmal gefaltet, ein wenig auswerts gebogen, die Flügel beyläufig auch fo, der Nachen geradligt zuge ſpizt. Männliche und meibliche Theile, wie in Erbz fenbluthen gewöhnlich. Von der Frucht habe oben ſchon gefagt, und pflegt felbige hier filiquoß zu ſeyn; nur ein Erbsgen in der Hulfen oder Schote, Diefer Klee nun wachfet in unfern, zumal etwas feuchten, flüßigen Wies fen und Alpen häufig wild, obwohl er nicht völlig fo groß wird als der angebauefe, Uebrigens hat fein Ans bau eben Feine Schwierigkeiten; man fäe ihn mit Gers fien, Haber, oder auch anderm Getreide in wohl zuge rüftetes Land aus, Sch würde immer anrathen es mit früher Gerfte zu thun, wo man nicht eigene Urfachen bat, es mit anderm Getreide zu thbun, im Merz oder April, wo man dann die Gerften, ebe fie Uehren ger winnt, mwenigft einmal abſchneiden, und grün oder dürr verfüttern, fo dann fie erft als Frucht einerndten, und endlich noch das nemliche Jahr im Herbfimonat, oder fchon im Auguft den Klee, da er blüher zum erſten mal mähen, und fogleich verfüttern oder Heuftock einlegen fann. Doc) ift fehr oft beffer, das erfte Jahr feinen Klee ſchlechtweg einfaulen zu laffen. Ale Kleearten müß 54 Fragmente a. d. Handfchrirten fen, indem fie blühen, abgenommen werden , und ohne Nothmendigfeit nie bey naffem Wetter „bevor wenn mans dem Viehe grün vorlegen will, Unſer rothe Klee gibt zwar ein gemwichtiges , und fehr gutes Zutter für Pferde und Kühe,- fol aber doch nicht leichtlich unver; mifcht gefüttert werden, mweil er bald gefährliche Blähuns gen verurfachet, Mit dem Neygrafe aber vermifchet, halte ich ihn für die Stallzoder auch an Drten für die von mir in meiner Sefchichte des Entlibuchg vorgefchlagenen und in den Bergbefchr. beffer ausgelegten Weid-Azung hoͤchſt zutraͤg— lid), Indeſſen wäre freylich albern, da, wo, mie meift im Entlibuch, nad) einsoder zwenjähriger Anbluͤmung, oder Alternation der Boden von feldft ſich wieder ganz früh bes rafet, Klee oder Fünftliche Gräfer einzufaen: jenes freys willige, natürlich vermifchte Futter koſtet weniger Müs be, Sorgen und Gefahr, und pflegt Fuftiger noch, und beffer, und faft im jeder Nückfihe ficherer und zuträgs licher zu feyn. Wo man aber meißt, daß der Boden von feldft fich nicht gern berafe , und doch eben da eine fchöne Wiefe anfegen, unterhalten und verbeffern möchte , fann oder foll man immerhin das leßte Jahr, da man Gerfte, u. fe w. angefäet hatte, fehr dünne, oder auch nad) abgefehener Geftaltfame, dichter, Klee oder anderes Kunftwiefen; Futter gar füglich nachfaen. Sch fage nachſaͤen; denn meines Erachtens ift denn am beften erft 8. oder 10. Tage, nachdeme man dag Getreide gefäet , den Klee, oder was es ift, auch auszuſaͤen, damit er etwas fpäter werde, und eben recht, nicht zu fehr über die Getreidefaat weg, untergebracht werde. Wie man dann, weil fo aller Kleefaamen (ich mwiederhole, aber fhadt e8?) nicht untergepflüget, noch fief eingeegget, fondern faum einer, oder der andern Linien hoch unter Erde gebracht werden darf, anbey nicht nöthig hat, die etwa fihon herfürfchlieffende Gerfte zu befchadigen, Alles Hrn. Pfr. Schnyder von Schüpfheim. 55 mal nehme man beym fchneiden des fo mit Klee verfeß: ten Getreides ſich in acht, daß man den Klee unberührt laſſe. Und blühet er gleich im Herbſt nicht, fo laſſe man ſich folches nicht dauren, fondern ihn übern Winter platz terdings einfaulen, man beziehet auf nächftes Fahr dars von f[hon feinen Nußen, Der rothe Klee nun if insbeſon— dere zwar Feine nur einjährige Pflanze — fonft möchte es fich freylich nicht erfragen ihn anzubauen. — Doch nach dem dritten Fahre ift feine Wurzel todt. Nichs deftones niger, obwohl er für Wieſen, die ohne gefünftelten Fut⸗ terbau fonft gar zu gemach, oder gemächlich fich berafes ten, und Doch lange Zeit Wiefen bleiben follten,, der Lucerne und Efparcekte vielleicht nachfichet, hat er doch vor jener den Vortheil, daß erim erften Aufkommen mins der heifel ift, und Feinen fo herben Stengel, fondern ale feine Theile zu recht fchönem Sutter tauglich hat, und vor diefes, daß er noch fehicklicher zu trockenem Futter gemacht werden mag. In neuen Wicfen, wo man nur für den Anfang des Berafens Klee, ferner aber lieber na‘ türlihe Futtermiſchungen wünfchet, und gu erwarten hat, gebuͤhret ihm fchlechthin der erfte Rang; bevor aber, wo man mit Klee und Getreidäckern abwechſelt, feine im 3ten einfaulende Wurzeln Düngen noch , daher it gut, wo man ausfaugend Getreide, Haber, Korn, Einforn — in Wieſen fact, diefen Klee damit auszufaen. Vebrigeng ift auf frodenem Herde dag Gypsmehl ein vorzüglich tüchtiger Dung für die Kleearten; mean thut gut, den Kleinen Saamen mit felbigem wohl zu vermen— gen, ein Pfund Klee mit gut einem Vierlinge Gypsmehl. Man kann erſt jedes Pfund Klee mit einer Ungen Baum⸗ Del anfeuchten , und fo defto beffer unterm Gips mengen , und fo auszumerfen, da man zugleich den Dung mit aufs Land fireuet und beffer unferfiheidet, ob man fein gleich fürs, Der Gyps zwar aber Dünger alfe, oder faſt alle ss Fragmente a. d. Handfchriften Bilanzen wohl; Daher, wo er auf Getreides oder ſolche Kleeaͤcker, die man von andern Pflanzen rein haben will, (wie z. Beyſp. die find, derer Klee man vollig auszeiti— gen, und den Saamen fammlen laßt) gebracht wird , follen zuvor alle übrigen Pflanzen fcharf ausgerottet, und die neuangepflanzte mit Jaͤtten deſto fleißiger gepflogen werden. Der Saamg if reif, wenn men ein duͤrres Dluftfnöpfchen nimmt, in der Hand reibet, und denn der Saamen leicht daraus fallt, Man trefchet ihn aus, Zum faen auf eine Juchart etwa 16. Pfund. Man fann auch Haber und Kle: zum verfüttern unter einander fäen, wo man dann nur halb fo viel Kleefaamen ninmt, tan kann dabey den Haber zweymal abmahen, bevor er A:hren bringt, und noch dag drittemal , famme dem Klee, wenn beyde blühen, das denn, bevor den Küben, eine herrliche milchesiche Nahrung hergiebet. Diefe Art beylaͤufig iſt eine von den beften, wirthfchaftlichften, Runft; wieſen einzurichten. Merfets euch aber, auch hier riethe ich vor im Kleinen ein Probchen zu machen und anzuftels len, «he mans im Grofjen vornimmt, und zwar dag Proͤbgen zwey Jahre zu beobachten , che man den Anz fang im Groffen macht. Gerſten mag übrigens fo gut feyn als Haber; denn liefert dieſer gleich fein Jahr mehr Futter etwa, fo rauchert Dagegen jene für nachfte Jahr den Boden nicht auß. 2. Schnecken⸗Klee, Monat:Alee, Luzerner⸗KRlee, Spanifcher»Alee , Medicago Sativa L. Medica H. S. H. 382. Lucerne, Der Saamen fiehet vorgehendem, weniaft bey dem erften Anblick, fehr gleich, ift aber doch etwas langer, und gegen dem Zapflein zu, eingefrummter. Er ift gleichfam im Kleinen wie MWintererbfen im Groffen, und entgegen eben fo der des Rothklees wie Bonen. Die Anpflanzung, fein Wachsthum und Gebrauch ift beyz laufig das nämliche, wo des rothen Klees; aber er will 4 * Hrn. Pr. Schnyder von Schuͤpf heim. 57 ſehr guten Grund und Boden haben. Er zweyet nicht ſo, wie jner am Stocke; mangelt alſo zur Anſaat viel mehr Gefaame, etwa wohl viermal fo viel. In dürrem, lettigs tem Erdreiche ift er dem Verderben oder Abfaulen unter; worfen. In angenehme aber, da feine Wurzel fich big einige Schuhe tief einfenft, Fann er fich lange erhalten, 30. bis 15, Jahre. Man fann ihn im Herbft oder Frübs jahre ausfaen, und den Sommer über faft ale Monate einmalrabmahen , da er durch feine ſtarke Wurzeln den Hoden hart verbindet, iſt er nicht wohl augjurotten ; und daher mag er ſowohl andern Berafungen auffert ihm, in feinen letzten Jahren, wo doch ſolche zu wuͤnſchen ſeyn doͤrften, im Wege ſtehen, als dem Pfluge auch; wollte man umbrechen und dag Feld zuruͤſten, widerſtre— ben. Er ift etwas ſchwer zu troͤcknen, und hat einen hartlichten Stengel; liefert fonft ein häufiges , aber blaͤ— bendes Futter; die ganze Pflanze Faun mehr als Ellens hoch wachfen iſt fleif, gerad, aftig, aber die Aeſte kurz; bald mit langlichtern, bald rundern, unten gemeiniglich fpigigern, oben oft wie abgefeßten Blättern, je zu dreyen, Die Zweighüllenohren ſehr zugeſpitzt, die. fehr Heinen Blümchen ſtehen theils oben auf der Pflanze geträubelt, grad in die Höhe beyfammen, am Stil, theils aus den "Winkeln der Blätter herfürgehend. Die Fahne lang, ſchmal, gefalten,, ausgejchnitten , die Flügel mit Hacken verfehen, der Nachen Fürzer, als die Flügel, ftumpf, gefpalten, zweyſchenklicht; die ganze Blüthe heiterblau, Violetzfarbig, oder denn geld, Die Hülfe, wenn die Frucht reifet, iſt ſchneckicht, oder ein paarmal gewunden, und enthalt einen Saamen, Silikulos. Hat die Lucerne zu frocen, muß man ihr, wo mög lich, mit Wäffern zu Hilf fommen. Den Saamen erft in Miftwaffer einzumeichen, rathen viele, von allen Klee⸗ Erbfens, und Getreidarfen, an, Die Lucerne muß den { 58 Fragmente a. d. Handfchriften erften Winter mit Mift zugedeckt, und fo vor der zerſtoͤh— renden Kälte gefchirmet werden, Uebrigens taugt fie uns gleich beffer, als grünes Futter, weder gedörret. 3. Eſchern, türkifcher Klee; Onobrychis H. S. H, 396, Hedyfarum Onobrychis L. Zfparcezte, Jain foin. Das Erb8; chen bat faft die nemliche Figur , wie das der Lucerne, ift aber ungleich viel gröffer , derhalben es auch freylich zum faen an Maͤs oder Gewicht ungleich mehr brauchet; doch fol man nicht zu Dick faen, aber in fief umgearbeites tes Land, damit feine Wurzel fich wacker ausbreiten möge. Iſt man entfchloffen erft ig ein paar Sahren Efparcette, oder andern Klee, ja auch was immer für andere Pflans zen in ein groffes Stück Land, von ungefähr durchaus gleichem Grunde, zu faen, fo Fann man ja immer etwa Z Zuchart davon einftweilen entmangeln, ausſaͤubern —* zuruͤſten, als ein Probſtuͤck. Diefe L Juchart theile wieder in drey Theile ab; den einten Theil befäe mit fo viel Saamen , alg du aufe hochfte zu brauchen vermeinft, z. 3. du glaubft auf die Juchart hoͤchſtens 60 Pfund zu Brauchen, fo fae auf den dritten Theil des zehnten Theils der Juchart 2. Pfund, auf den andern Theil gleichfalls nach mitlerer Schaßung 5 bier 5. Beyfp. a proportion von 50. Pfund auf die Juchart I- Pf. auf F Juchart; und endlich fo nah Erachtung der geringfien Nothöurft , z. B. 40 Pf. auf die Juchart, auf dem 2 Juchart 12 Pfund, Nach ein oder doch vor Verlauf ziveyer Fahren Fannft du erſehen, welches Maͤs oder Gemicht des Saameng für auf deinen gröffern Acer, je auf die Juchart, das tuͤchtigſte geweſen. Freylich Fonnte man jeden Drittel, oder Viertel, oder fo des gleich angefacten Dritteld des Probeſtuͤcks auch wieder ungleich pflegen, mit Waͤſſern, Miſten, Gypſen „Mergeln — Wie denn ſowohl in Ruͤck— ſicht hierauf unmittelbar, als denn auf den Einfluß un⸗ gleicher Witterung etwa, ſo man bey Beſorgung des Hr Pfr. Schnyder von Schinf heim. 59 Probeſtuͤcks, und denn bey der des Groffen zu feiner Zeit haben fünnte, ein fluger und ohnehin geubter Landwirth fich zu richten verftehen wird. Die Efparcette nimmt übrigens faft immer mit jedem Erdreiche vorlieb; freylich ehe mit gutem, als mit ſchlech— tem. Sonſt iſt ihr Anbau auch leicht genug, mie der deg Rothklees; Sie fordert nicht einmal Dung, dauret etlich und sehen, ja über zwanzig Jahre. Doch dag erfte Jahr kann und foll man fie noch nicht abmähen; zumalen bleibt fie felbiges fo gut als unfichtbar; auch im zweyten Jahr ift ihre Lieferung noch nicht die flarkfte ; aber nachhin fommts, fo daß verfchiedene Landwirthe fie für die ein; trägkichfte Kleeart halten. Indeſſen ik fie dem Viehe fies ber grün, alg dürr , und dient daher ganz wohl zur Stallfütterung über Sommer. Abgemähet (wo fie in recht fettem Boden, und dünne gefaet, hoch wird) ehe ſich ihre Bluͤthe ergeiget , wird fie als dürres Futter am beſten. Den Pferdten ift fie allezeit angenehm und zus fraglich; auch erft abgemähet, wenn fie reif iſt, wo der Saamen als Soamen, und für allerhand Viehe, und auch ‚Geflügel, als Fütterung: über die Maaffen taugt, Mich dünft, er follte fich auch von Menfchen verfpeifen laffen, Dom Unfraut will die Efparcette, wenigſt die erffe paar Fahre gefäubert fen. Der Grind oder die Flachsfeide Cufeuta, thut ihr, wie allem Klee, (am meiften zwar dem Rothen) mwehe. Die Frucht für Saamen aufzubehalten, fol man, mo möglich , felbige am Stroh laffen , und erft kurz vorm Säet darab nehmen, oder austrefchen, denn die Körner aufn Haufen gelegt ſich ungemein gern erhigen, gähren, und alfp unnug erden. Die Efparcette treibt einen aufrechten, feſten Schub und Eile hohen, aftigen Stengel, mit gehaarten Blättern, nach Art der Wicken; die Blätter find mit einem fchieß \ F 60 Fragmente a. d. Handſchriften laufenden Nerven bezeichnet, elliptiſch geſtumpft, doch der Nerve endet ſich in eine Schlitze. Auch die Zweig⸗ huͤllen, welche wie Lanzetten zugeſpitzt, gehen in einen Faden aus. Die Blumenaͤhren ragen auf den oberſten Aeſten über die Blätter empor. Die Blumdecke hat lange, von einander abftehende Zahne , davon der unterfte der fehmälefte ift. Eine ſchoͤne Blum, purpurfärbig, kann jedoch auch weiß feyn , mit fcharladhenen Adern. Die Sahne ausgeferbt, ſtark zurückgebogen ; die Flügel has ben nur ganz Fleine Wiederhacken; der Nachen länger, als die Sahne, zwengefpalten, mit einem ftarf gefrummz ten, flumpfen Schnabel. Die Schoten Silikulos, und die Frucht noch mit einer befondern aderigts fchrumpf- ſtachlichten Rindenhaut eingefaflet, einzeln ( NR in der Schote. Freylich thuts allen Kleen gut, wenn man's gleich nach jedem Abſchnitte mit Miſtwaſſer begießen kaun. Uebri— gens, mo der ſchlimme Brauch, (wie etwa im Entlibuch,) dag man im Lenz und Herbſt das Schmalbieh einander ohne Hüter in die Wiefen laßt, muß man dann diefe Zeit feine Kunftwiefen bald uͤbermiſten; der Mift halt dag Gfiriel doch ein Bischen ab. Der Klee fol auch zu Fur terung der Schweinen taugen, felbige nicht blähen, aber ihr Zleifch und Sped etwas gelb anfarben. Don den Widen. Piflum, Da auch die Wien ein gufed Futter geben , und man , wenn gefchicft damit verfahren wird, ſolche wohl noch zu Verbefferung des Grundſtuͤcks, in Abfiht auf Ges treidpflanzung für folgendes Jahr, gebrauchen fann, foll - te ich vielleicht mit mehrerem auch von ihnen befonders handeln. Doch bleibe ich bey wenigem, und ber Anz merfung , daß fie aus einem langen Stengel, und ges farbten , elliptifchen Hlättern, ſchoͤner Erbfenblüthe von # Hrn, Br. Schnyder von Schuͤpf heim. 61 meiſt blauer ind Violette⸗-fallender Farbe beſtehen, und in die Groffe, oder Pferdt-Widen, und die wieder in ſchwarze und weiffe, nac der Farbe ihrer Frucht mit gröffern Erbfen, und einem fürzern Stengel, von wuͤſte— ren Farben, und in Hleinere, oder dag fogenannte Vogels beu, wo der Stengel länger, von ſchoͤner, grüner Farz be, und zärfer,, die Erbfen aber merklich Fleiner find, ſich unterfcheiden ; leztere, das Vogelheu, mögen wohl _ ein gefchickteres Futter liefern, aber die Erbfen find dem Wurmfraſſe ungemein unterworfen; beyde Wicken⸗Gat—⸗ tungen find Siliquos, Man macht aud) Mehl aus Wiks fen, und mifchts mit dem von Getreide zum Hausgebrau— che, Dazu werden die gröffern genommen: Ja man füet wohl gar Mifchelten, Gemeng von Getreiden und Wirken, Dom KRayarafe, Lolium perenne L, Raygras iſt ein engellaͤndiſcher Namen; auf deutſch mag man es Grasluͤlch (nicht Graslauch) heiſſen; die Franzoſen nennen es auch Fauxſeigle, und die H. S. H. Halleriana No, 1416, Lolium radice perenni, locuſtis con- tiguis Odtifloris, Die Gräfer überhaupt geben ein minder uͤppiges, viel— leicht gefüindereg Futter ber, als die Pflanzen mit Erbfen: Blüthen, fie mögen wohl am Gewichte etwas wenigeres liefern , aber dabey zu rechter Zeit abgemaͤhet, eine auch annehmliche Nahrung. Sie leiden auch minder vom Wets fer, find leichter recht zu dörren und ganz einzubringen, da der Klee, wenn man nicht wohl forgfam, und die Umftande minder günftig find, leicht von feinen Blättern verliert. und Schaden nimmt, CNB. Das nenne ich “aber eine übel verftandene Sorgfamfeit, wenn man Klee dörren will, und bey darüber einfallendem oder zu befah— rendem Regen ihn an Häuflein oder Schödhlein legt; fo wie er ift, ligen laſſen, ift dag befte, ficherte. Ich bals 62 Fragmente a. d. Handfchriften te es fogar überhaupt fürs befte und ficherfte bey allem Sutter.) Ich handle hier von dem Naygrafe, als ge meinften, oder beruhmteften unter den Kunffgrafern, ob⸗ wohl ich mit dem nicht behaupten will, daß es unmiderz ſprechlich völlig das allernüglichfte feye., Doch Fann ih es auch nicht anderft, als ein biegen vor nüglicher hal ten, al8 es Herr von Haller zu halten fcheinet. (©. feine Sutterfräuter des Neuern.) Man fehneide es nur seitlich ab, bald wann fich feine Achren zu erzeigen aus fangen wollen , fo friegt man cin kuſtiges, und fogar nicht hartes Futter, und fann es den Sommer über drey big viermal abmaͤhen. Auch das Altergewordene giebt immerhin noch feine gar fchlechte Azung fürs groffe Horn— vich , und eine recht gute den Pferdten und Schaafen. Man follte immer den Klee damit, ( eder denn einem andern guten Grafe oder duͤrrem Futter auch etwa) vers mifchen und unvermifcht nicht wohl verfüttern; denn fo vermindert fich die Gefahr des Aufbläbens. Obwohl nun das Raygras viele Wurzeln hat, glaube ich doch noch nicht, daß fie den Boden gar feft zuſammen heften ; daus ren aber, wenn man ‚Sie vor dem Aufagen, bevor den Zahnen der Schaafe ſichert, mehrere Jahre. Es koͤmmt auch faſt aller Orten fort, wie die Eſparcette; doch ſcheint ihm fluͤßiger Grund beſſer anzuſchlagen, als allzutrockener. Ich riethe es wohl in Weiden, die man zu Wieſen ma— chen, oder auf denen man die Stalfuͤtterung einführen will, anzupflanzen; doch gebe ich auch hierinnfalls dem Sromental den Borzug. Die Weid werde leicht gebrannt , und denn , eben ohne Dung erfi, Esparcette und Naygras oder Fromenz tal, oder alle drey, oder Esparcette mit Gerften bier, dorf Reygras, oder Fromental mit Haber, darein gefaet. Man kann das Naygras im Frühjahr (und da mag der herz oder April) oder im Herbfi, (und da mag Der us Hen, Pfr. Schnyder von Schuͤpfheim. 63 September die beſte Zeit ſeyn) ausſaͤen. Es giebt ſchon das erſte Jahr zwo Erndten, oder doch gewiß eine. Man wird aber wohl thun dieſes Jahr ſchonlich abzu— ſchneiden, und zu beſorgen, daß das Gras den naͤchſten Winter uͤber ſelbſtige Bedeckung zu ertheilen vermoͤgend ſeye. Es iſt freylich darmit im Herbſte eindringendem Viehe mehr ausgeſetzt, weil es ſelbes luͤſtern machet; man zaͤune es hier wieder eigens ein, oder beſtreue es mit Miſt oder Lache. Es waͤchst bey uns haufig, bes vor um Zäune uud altes Holz herum, mild. Nun feine Beichreibung : die Gefchichte ift ungefahr die, wo ande ver Gräfer oder der Getreidpflanzen, auffer daß diefe (die Getraidepflangen) grobere Früchten, und dargegen alljährlich gemeiniglich erfterdende Wurzeln haben. Zwar fömmt die auggezeitigte Frucht des Raygraſes der des Einforns an Gröffe fihon nahe. Daß Raygras, oder Ryegras, tie eg die Engellaͤn— der, und etwa Rindgras, mie e8 zumalen mir auch nennen, hat eine dauerhafte zaferigte Wurzel, aus der dichte Halmbüfchel, die ı. bis 2. Schuhe und noch hoͤ⸗ her werden, berporfproffen, welche erſt etwas, dann ganz grad emporgehen ; untenber mit Blatt fiheiden. Ein Linien breite Blätter, etwas rauch anzufühlen, wenn man mit der Hand über felbe ruͤckwerts hinfaͤhrt. Die Achre kann bis auf einen Schuh lang werden. Trägt ihre Blumen an fchmalen Stilen. Die Blumdede be fiehet aus einem Blatt, das bald kuͤrzer bald eben fo lang ift als die Blum, Jede Blum beftehet aus acht Blümchen ; diefe aus zwo Neihen oder Zeilen ; jeder Bluͤmchens Aufferes Blatt ift hohl, fpigig, und gröffer, grünlicht , das innere Eleiner , flad) , weißlicht. Das Anfehen des Grafes ift hubfch grün, und: die Aehren, Aehrchen, Blumen oder mie ihr fie nennen wollet, find Aehren des Roggens Cdaher der franzöfiche Namen) 64 : Fragmente a. d. Handfehriften fehe ahnlich. Die Frucht aber gleichet mehr einer mas geren Waizen-ald Noggen Gattung, Uebrigens koͤnnen an den aͤuſſern Blumen » Blättern bald Graͤnchen vorhanden kenn, bald nicht ; oft iſt das ganze Gras viel dicker, als aus gegenmärtiger bisheriger Befchreibung fonft zu fchlief fen, und hat mehrere Blumen , big auf 12. bald auch breitere Blätter. TE Dom SKromental. er in unferm Canton anderwertsher'Saamen von Klee oder Raygras zu befchicken nothig hat, mag darfür nur uns fern Baslerbott, Hr. Brunner comittieren. Do wird ihm diefer , wenn er Raygras begehret, nicht Das rechte Ray⸗ gras, fondern ficher genug , dag Fromental bringen. Nem⸗ lich viele halten annoch dag Fromental der Franzoſen für dag Ray oder Ryegras der Engellander, Es ift zwar eben fein Schaden das Fromental für dad Raygras zu bes fommen, als welches ich uberhaupt für eben fo nußlich aufs wenigfte anfehe. Seine Gefihichte und Befchreibung koͤmmt mit der des Naygrafes überein, doch wird ein Botaniker diefen wichtigen Unterſchied daran finden, daß e8 feine Blumen nah Urt des Habers, in einem äftigen Strauffe trägt , und die Blum je aus zwey Bluͤthen beftehe Cfreylich nicht eben beyde fruchtbar) im denen eine der des Habers nicht unahnliche, aber nur fehr geringe Frucht wachst, Die Blumdecke hat zwey weiffe, ausgehölte , zugefpiste Blatter von ungleicher Groͤſſe. Die eigentliche Blüthe hat auch zwey Blätchen, mit einer kurzen fehmwachen Hachel oder Granne, die aber auch nicht dafeyn kann. Hallerus in H. 8. H, nennt dieſes Gras Avena Diantha Flosculis bafı villofis, majoris arista geniculata N, »4 ‚92. Avena elatior L. Wer kuͤnſtliche Wiefen: Anlagen, bevor des Kleebaues genieflen will, den wollte ich vermahnet haben, fonderbar Tſchiffe⸗ lis Briefe uber die Stallfutterung zu lefen. | Ueber den Kleebau aber infonderheit befehet Fromels ‚ Theorie vom Kleebau, Bafel 1784. Ein Werk, das ich zwar bier nicht benußt habe, aber fehr leſens werth ift. Hrn. Pfr. Schnyder von Schuͤpfheim. 65 Süunftes Fragment. Ne faturare fime pingui pudeat fola, — — | VIRGILIUS,. \ Erklärung der erfien Tabelle auf dem Kupfer, NB, Mas bier in Vorſchlag koͤmmt, wird gar nicht als etwas vollkommenes in feiner Art darein gebracht. Ich weiß gar gut, daß man inden Schriften der phyfifalifche dfonomifchen Gefelfchaft in Zurich, und Hr. Tichiffelig Briefen über die Stallfüterung meit beffere Anleitung in Abfiht auf den Dünger findet. Allein für wie mans chen dörften nicht jene Vorfchläge fat unanmendbar in einzelnen Fällen feyn , oder doch fiheinen, und alfo unans gewandt bleiben, da indeffen diefer bier bey befonderer Gelegenheit leicht anwendbar feyn und feheinen Fünnte, alfo auch angewandt werden möchte, und Nugen brins gen? — Es giebt gar, gar zerfihiedene Köpfe und Um— ſtaͤnde. Dieſer Sommerſtall (T. I. Fol. 1. & 2.) iſt auf eine Heimmeide beſtimmt, welche drey Kühe und etwa ein paar Ziegen ſoͤmmert, und die man vermittelft einer bes fondern Benvugungsart wenigft um eine Kuhe Soͤmme— rung verbeffern möchte, Die verbeffernde Benutzungsart beſtehet in folgendem, Man bricyer einen febicklich abgefehenen Theil des Grundftückeg allgemach um, pflanzet es an und zaͤunets von der übrigen Wende ab, — Hier merfe ich im vors Magaz. f.d. Naturt. Helvetiens. IL 2. E cs Fragmente a. d. Dandfchriften , bepgehen an, daß man entweder eint oder andere Geiffe ſelben erften Sommer minder halten müffe, oder denn ſich genugfam mit trockenem Futer verfehen und ein bie chen fpäter ausfahren, um doch, uneracht des abges ſchrankten Stücks nun, für felbiges Jahr auszulangen; denn mehr auftreiben als man wohl zu füonımern vermag, ift wohl nie nuͤtzlich. Oder, wenn man obnebin einen ziemlichen Plaß in der Weide mit Geftraucdye uͤberwach— fen und davon abzufäubern hat, aber doc) nicht gut fins det, eben felben Platz zum Einfchläglein zu nenimen, fo fh wendte man felbigen Plaß im Herbft zuvor aus, und verbrenne das leichtere Buſchwerk darauf, fo ergiebet diefer Plaß im Sommer gewiß immer fo viel, daß man bald für ein paar Ziegen genug daran hat, alfo diefe nicht mwegthun darf. — Nun aber wormit das umgebros chene Stück anpflanzgen ?— Darnach die Umftände find, Findt man gut erſt das dritte Jahr ed wie Mattland zu haben, fo pflanze man Erdäpfel, die in neuem aufgethas nen Grunde gern-geratben, ihre Stauden im Herbft — aber nicht eher big fie erbleichet — abgemähet fünnen vers fütert werden, oder fpather ald Sträue fomohl, als auf der Stelle verbrannt fonft den Dünger vermehren, oder erfeßen. Denn erft dag folgende Jahr Frucht, und et wa Klee darunter:)— So bleibt es fünftig abgezaus net, und wird gleichfam Dattland oder Wiefe. Zu feiner eo raſet man auß diefem Einfchlage wiederholter malen b, und leget dem Viehe in dem Sommerftalle vor. Währens der Eingrafungszeit wird vermittelft eines Gatters, o. ſ. ©. das Dieb in fonft offnem Stalle innebehalten, und aber ordentlich zur Tränfe geführt. Auffere dem Eins ſchlage laßt man in der übrigen Zeit, das Vieh wie fonft gemöhnlich meiden. Um aber auch fowohl für dag eins gefchlagene Mättelein das Gefalchen um den Stall herum genugfamen Dünger zu erheben, fole der Stall einges Hrn. Pfr. Schnyder von Schüpfheim. 67 sichtet ſeyn, wie er hier entworffen iſt. Nemlich, die Kuͤhe haben ihren ordentlichen Stand, und Krippe wie in einem rechten Stalle, und dieſer ſeine Schale, aus welcher der Harn vermittelſt einem eigenen kleinen Loche in den untergeſtellten, oder eingegrabenen Kaſten, Trog, Zuͤber abflieſſen, und auch die Flaͤren oder friſche Koth durch die Oeffnung gegen Nordweſt *) darzu geworfen wird. Vielleicht ift es beffer (wenn man nicht in ſchwuͤ— fen Tagen zur Schonung des Viehes nöthig finde alle Tage wenigft einmal nett auszumiften) fein Abzugloch für den Harn zu halten, fondern diefen ind die Flaren erft einiche Zeit im Graben ünter einander zerfnetten und wohl zu vermifchen, dann miteinander auszuwerfen. Wenn, was binnen wenig Wochen gefchiehet , Unrath und Urin unter einander eben recht warm geworden, oder in behörige Gährung gerathen , wird, mann es frifch gez Abt ift, das Gfal mit dieſer Gur, als einem fehr guten Treibdunge, überfchütter. Beyneben fole man frachten, auch einen Theil der Miftung, den Sommer über, mit Streu (darvon unter dem Tache des Stalles immer ein Vorrath aufbewahrer, und etwas davon erft nach und nach in der Gülle eins geweichet werden mag) zu vermengen, durch die Defnung gegen Nordoft , nächft dem Eingange hinaus, und auf Hauffen zu ſtoſſen, und alfo trocken zu machen, damit man nach abgefehener Gelegenheit, im Herbſte oder Fruͤh— linge damit die Wiefen oder den Einfchlag überführen koͤnne. Ein geſchickter fleißiger Landwirth vermag auf ſolche Weiſe wohl genug Dung, naſſen und trocknen zuſam— *) Der Kompaß oder Weiſer der Weltgegenden auf dem Kupfer, iſt als auch die Masſtaͤbe, fuͤr beyde Tabellen zugleich. ss Fragmente a. d. Handſchriften men zu bringen, und fich vermittelft deffen beträchtlichen Vortheil zu verfchaffen. Nun könnte an Drten ein folcher Stall freylich von Maurwerk aufgeführt werden ; deffen Wände nemlid). Pur wollte ich gerathen haben frühe im April oder May zu mauren , und denn felbes Jahr das Gemäuer austrock—⸗ nen, erft nächftes darauf das Zimmermefen ausarbeiten und einlegen, und Vieh darein zu laffen, Ich darf hoffentlich nicht erft erinnern , daß es fehr rathfam ſeye, eines theils, bi8 man völlig ficher feine Kühe mehr auftreiben kann, alljährlich! einige Ziegen mehr aufzutreiben , und derfelben Mift nicht unmerth zu halten; andern theils die Flaren und Harn in der Stans de untereinander , ehe fie recht zu gahren beginnen , zu weilen umzurühren, und auch etwa nach Kommlichkeit warms Waffer daran zu gieffen. Oft mag es nöthig ſeyn, Waſſer hinzuſchuͤtten, als ein diluens, weil die ſo angeharnte Flaͤren ganz pur zu hitzig ſeyn doͤrfte. Hrn. Pfr. Schnyder von Schüpfheim so "Schötes Fragment, Etwas von Gebäuden für unfere Landleute, oder Erklärung der T. II. des dieſen Abhandlungen beygelegten Kuͤpferleins. Non anguſta nimis ſurgat domus, aut nimis ampla; Crimen utrique ſubeſt — — — — Ex prodrosm, Georg. Curios. D. de Hochberg. (ERENTO TE UTEELBEWE NN RATTE U EEE ER TEN, . Ja meiner beſondern Beſchreibung etlicher Berge des Entlibuches, J. Heft, S. sı. und I. Heft, S. 56. bes merfe ich, daß e8 vortheilhaft feyn müßte, einiger Or⸗ ten wenigſt, ſtatt den gewöhnlichen hölzernen , gemaurte Gebäude auch auf der Landfchaft aufzuführen. Mir fcheine der Gegenftand wichtig genug, um auch hier ncd) folgen: de Erinnerungen zu machen; als: J. An Orten, an denen (wie bald den meiſten) man uͤber ſich aͤuſſernden Holzmangel, und vielleicht bald zu befahrende Holznoth klaget, ohne daß durch beſſere Ord⸗ nung vorgekommen, oder geſteuret werden kann, oder will, warum denkt man an ſolchen Orten nicht nach, ob ſich dann nicht in jeder Ruͤckſicht, oder doch faſt in jeder, fuͤglicher und beſſer Mauer sald Zimmerwerk errichten e I 0. Fragmente a. d. Handſchriften lieſſe? Sauber und gut gemaurte Häufer, wenn fie einſt genugfam trocken ‚find, haben den Vortheil mehrerer Wärme nebft ſtaͤrkerer Dauerhaftigkeit, artigern Aus⸗ ſehens, richtigerer Sicherheit. — — Zu ſauber und gu— tem Maurwerke aber brauchts rechtſchaffene Meiſter, und rechtſchaffene Materialien. Die Meiſter ſind etwa wohl zu erfragen, und zu bekommen. Die Materialien find Kalk , Stein, Sand. Feb: an Orten, wo Gelegenheit und Kalchfteine, recht tüchtige zum brennen vorhanden, oder doc) in billigem Preife, und vecht fommentlidy der Kalch ſchon gebrannt hergebracht werden mag; wo in gleichem tauglihe Maurftein und Sand, fo zu fagen, mit einer Hand fich auflefen, und ohne weiters mit der andern den Arbeitern darreichen laſſen; wo enfgegen daß zimmerholz weit ungelegen hergeführt vieleicht gar noch in hohem Preiſe erfauffet werden muß, wie, ſollte ſich da nicht fo leicht, fo wenig koſtbar, ja leichter, minder foftbar von Maurmerf , ald von Zimmermwerf bauen laffen ? Die Anfchaffung der Materialien auf den Plaz — in diefem Salle, wo die Nähe derer vors Mauerwerf ihre Schwere compenfierte , ja etwa gar der vors Zim⸗ merwerk ihre Entlegenheit, u. ſ. f. dieſe koſtbarer ma⸗ chete — und das doͤrfte allbereit der Fall unſerer Gegenden hier Landes ſeyn — iſt aufs wenigſte gleich zu ſchaͤtzen fuͤr ein zu maurendes, wie ein zu zimmerndes Gebaͤude. Austaͤfeln c(damit mir niemand einwende, man brauchte doch hierfuͤr annoch viel Taͤfelholz) iſt nicht mehr, ja weniger noͤthig, als bey einem nach hieſiger Art oder gepfetteten, oder in die Stuͤde gefaſſeten Hauſe, wo mindeſtens die gewoͤhn⸗ lichſte Wohnzimmer, ſollen ſie anderſt gegen den Durch⸗ zug der Kaͤlte und des Windes durch Fuegen des Ges bälfes gefi chert feyn, mit Getäfel inwendig verfehen Coft gar noch auffenher gerandet) werden müffen ; in gemaurten erfordert es gar Fein Täfel, fondern nur vor GIG CHEN Stonwerner - Le * SEE N F “ EN R 9 el * * 4 ” N” RR # + * J ig — — dh Hrn. Br. Schnyder von Schüpfhein. 71 ſtens mächft dem Boden noch etwa eine Garnierung , einen Fuß beylaufig Hoch, wo man fonft mit den Schu hen an die Wand anftoffen möchte; fonft die Wände grob ausgemweiffet, oder endlihem Brufttäfel zum Ueber; fluffe ift erflecktich, Ja, aber die Maurer Arbeit koſtet die nicht ungleich mehr, als jene des Zimmermanng? — — Ungleich mehr? daß ficher nicht. Zumal noch weniger. Setzet nur die Mauren nicht zu dick an, (freylich aber defienthalben - auch bey Leibe nicht zu dünn) noch fahret darmit zu hoch — noch mit einem Worte — machet fonft was un ‚nöthiges, fo werdet ihr gar oft bälder gemauret haben, als ihr gezimmert hättet. Annebft trücknet dag Gemäuer allerdings cher auß, als wenn e8 zu dick wäre. Dieſes austrücknen ferners zu befördern , ſehet euch um recht guten, und (ich bin einmal von denen, die frifchen Kalk, und das ſowohl in dem Verftande, daß er als ungelos fchen zu lange der Luft nicht ausgeſetzt geblieben, als in dem , daß er unlängft gebrannt worden, fordern) und, fage ich, ja frifchen Kalf um; auch daß diefer behörig gemörtelt (angemachet) werde. Fanget bald im Frübs jahre an zu mauren, und laffet alfo den Sommer und Herbft über die Mauer abtrocfnen, und, wo mönlich, daß ihr euere neuerrichtete Wohnung nicht eher bezichet, als erft anfangs Sommers im’folgenden Jahre; nur nie ſpaͤth im Herbfte den Beſtich aufgetragen, fondern zur Sommers Zeit noch. Jetz — 2. Nemmet das Kupfer T. 11. vor Euch. Hier habt ihre Auf: und Grumdriß eines gemaurten Bauren-Hauſes, für auf fo einen mittelmäßigen Hof, mo man fein Haus befonders, und nicht mit der Stallung unter einem Tache bauen will. (Wollte man jedoch, fo koͤnnte man füglich * 72 Fragmente a. d. Handſchriften Suͤdweſtwerts, oder endlich auch Nordoſtwerts die Scheuer daran haͤngen, unbeſchadet der Lichter des Wohn— gebaͤudes. Die ganze Höhe des Mauerwerks; ober den Fundamenten, betragt 14. franzöfifche Schuhe. Die Dicke der Hauptmauer im erſtern Stocfwerf 3. lußernis _ ſche, im andern 2. franzöfifhe. Wir wollen ung aber einbilden,, al® wäre die Mauerdiche durchaus 2 1/2. franz. Schuhe und ohne alles Licht. NB. ic) feße den Halt aber auc), daß das Ausarbeiten der Schneidfteine (in Abgange anftandiger kann man flatt ihrer zu den Pfoften Holz nehmen) und alles übrige für in die Lichter die Mäurer juft fo viel Zeit fofte, als wenn fie feine Lichter offen laſſen, fondern ales ausfuͤllen müßten, und ich rech— ne das Beſtechen und grobe Ausweiſſen, fo in die übris ge Arbeit drein. Das gebet nun für den Innhalt der Hauptmauren (da das entworffene Gebaude in die fange 26:und in die Dreite 20. Schuhe halt, im franzofifch Mag verftanden) 2870. Würfelfchuhe, oder 79 4/9. Würs felflafter, Bon den übrigen Mauerwerke innenher abges jogen, was näcyſt an Dfen und Feuerherde ftößt, meil es ohnehin auch in einer hölzernen Wohnung gutes - Mauerwerk feyn müßte (begehrte man nicht recht leicht; finnig unficher zu bauen). ift nun nur noch dag Eingebaͤu⸗ de des untern Stocwerfs zu berechnen ; halt nicht 10, Würfelflafter. Doch will ich dem ganzen 90. folche * Klafter geben. Jetz! muß einer doch ein ſchlechter ze Mäurer ſeyn, wenn er des Tags nicht wenigfe 1 Klafter aufitellet ; macht 180, Taglöhne. Nun frage ih: wenn ihr ſtatt der Mäurer Zimmerleute gebrauchet häts tet, würden nicht mwenigft eben fo viele Taglöhne ge meiniglich anzufegen feyn ? Unter das Tach hinauf, auf beyden Klanfen, mag man von Holz, oder Steinen bauen; ich darf deffenthalben eben nicht weiter caleulieren z jeder mags nunmehr ſelbſt errathen. Uebrigens ift dem Hrn. Pfr. Schnyder von Schüpfheim. 73 Handlangen, dag man auch bey dem Zimmern nicht ganze lich entbehren mag, wenig, den Gerüffen, wenn man nur anfchickig zu feyn verſtehet, nichts zu rechnen, Grunds lagen find aud) fir hölzerne Häufer, die doch ein bischen untermauret ſeyn wollen, erforderlich, und braucht ihrer für fo ein leichtes Gebäude, wie diefes da, eben Fein foftbare. 3. Ich weiß wohl, daß eben fein Wlan eines Gebäw des koͤnne entworffen werden, der jedem paffe, alfo wird auch. meiner da nicht jedem mittelmäfigen Bauersmann für feine Mittelmaͤßigkeit gänzlich behagen. Die Lage des Bodens, und die Befchaffenheit andrer Umſtaͤnde, muͤſſens erſt befiimmen. Doc mit weniger Abanderung, duͤnkt mich , lieffe dag meifte fich benbehalten. 3. B. eis ner, der eben Fein rechte, tiefe Keller noͤthig und aber auf ganz ebenes, oder verebnetes Erdreich bauet, und bevor vom Bergfluffe nichts zu befürchten hat, mag den Man wohl ganz fo, wie er bier ift, annehmen, Im er ſten Stockwerke ein Fleiner Gang, big zur Stiege (Treppe), unter diefer Fann noch irgend ein kleines Behältnif, oder denn eine Thuͤre in Die Locke, gleich hintenher ans gebracht werden , bald, wenn man ins Haus koͤmmt, vechts neben der Hausthüre ein anderer Eingang in ein Verhaͤltnißmaͤßiges ziemlich) geräumiges Gemach, aus Diefem wieder ein unmittelbarer Ausgang ing Freye: Das Gemach fann für eine Gattung Keller, Speifefammer , oder einem Handelsmann in Dörfern für eine Krambude dienen. Noch beyläufig ein gleiches Gemach hinter die; fem , Suͤdoſtlich, mit feinen Augsund Eingängen, fo unſchwer für eine Küche zum Käfen, o. f. w. fi) ei richten lieffe, denn man fünnte ein, in dag oben einge; führtes Camin anbringen ; in Ecfen gegen Oſten, die fleine Locke, mit einem Ausgang ins Treye, oder Eins 74 Fragmente a. d. Handſchriften gang von daher, und gegen Nordoſt den Sammler und deſſen Oefnung. Hinter dem Hauſe gegen Suͤdoſt, will man, kann man unmittelbar an dieſer Locke, und dem Gemache nebenzu, oder den jenſeits einem Gaͤnglein dar⸗ zwiſchen einen Schopf, Schweinſtaͤlle, Huͤnerſtaͤlle und ſ. w. anbringen. Ich habe in dieſem untern Stockwerke ein paar Gewoͤlbeboͤgen bemerket, die ſeyn, oder nicht ſeyn koͤnnen; doch dienen ſie eines ein Behaͤlter in dem Gemaͤuer zu formieren, ein anders, damit die Wand darob zu (die aber auch nur dünn ſeyn kann) feſter und gleicher aufftehe. In dem zmeyten oder oberen Stockwerfe gehet über der untern Stiege eine andere auf den Eftrich, oder unter das Dach hinauf; gleich hinten (neben) hin die obere Locke, auch ob der untern, damit man nicht , wie in den meiften unferer Baurens Häufer fonft, auffert dem Haufe felbe erft ſuchen müffe: die untere Treppe übrigens führe unmittelbar in die Rüs che, welche mit Steinplatten zu belegen anrathe ; aus dieſer (nebſt einem in einen befondern Baden oder Kams mer) gehet ein Eingang in die Stube, die wieder ihren Nebengaden hat. Ein gehöriger Rauchfang , unter dem der Seurherde an der beliebigften Stelle zu feßen iſt; Defen in der Stube, ohne daß felbe doch zu vielen Plaz einnemmen, hab ich drey, oder einen dreyfachen angez gezeichnet , im mittleren Fann man rechtmäßig heißen, backen , doͤrren; — — die andern zween nebenzu find von den unfern Landleuten gegenwärtig gewöhnlichen , fehr haushaͤlteriſch kommlichen Kunftöfen, und ihe Ges brauch befannt, daß ich ihn nicht erft anzurühmen babe; der einte dieſer zween geht durch in den Neben sGaden; fo fann man nach Masgabe und Willfuhr eine mehrere oder mindere, für die Stuben oder Kammer faugende, % anhaltende oder bald ausgehende Wärme anbringen, ers ⸗ neuern, und verfchiedentlich benugen. Licht iſt in der Hrn. Pfr· Schnyder von Schuͤpfheim. 75 ganzen Wohnung genug, und Doch nicht zu. viel; das Gebäude bekoͤmmt überall ein gleiches und nicht unartiges Augfehen, ift nirgends zu weit, und doch nicht zu eng, voll Zimmer. Seine ganze Höhe, und die befondere jeden Zimmers fo ländlich, garnicht zu groß. Obenher unter dem Tache: fol man noch ein paar Zimmer anbringen, bleibt —— deſto weniger et— was Eſtrich. Braucht man rechte tiefe Keller; ſtatt den 2. groͤſſern, untern Gemachen, macht halt, ſtatt dieſen Gemachen eben ſolchen Keller (oder etwa nur einen, unter der Stube und Neben, Gaden; die Küche Fame unmittelbar auf den Boden) und denn ob den Kellern nur ein Stock werk, namlich) , mo die Haupfhabitation ift, das 5, 3. der Haupfeingang ins Haus, mit einiger leichten Abäns derung an der Treppe, Fönnte denn feyn , mo ſonſt hier nächft der Stiege, gegen Nordoft, ein Fenſter iſt. Und fo fann man gemäß den Umftänden und dem Ges ſchmacke manches im Detail ein bischen anderft ausfühs ven , ohne doch von dem Plan, bevor der Eintheilung F. 3. ſtark abzugeben. Auch ſtatt dieſes Tacheg eine Arc Sranzöfifchen fönnte zumalen über die Maffen gut taus gen ; doch den erforderlichen Fuͤrſchen unvergefien. Freys lich) ſchadt nichts den Rauchfang höher uber die Tachung hinausfuͤhren und ein Klafter umher mit Ziegeln belegen. Sonſt mag man Ziegel oder Schindeln zum Decken neh— men, wie mans, alles gegen einander a. , nüß: licher findet. Wer mich in diefen meinen Furzen Auslegungen nicht genugſam verfichet , laffe ſichs durch Erfahrne fartfamer erklären. Ich fage aber wiederholter malen: «8 fehler 76 Fragmente a. d. Handſchriften ꝛc. vieles, daß ich meine Vorſchlaͤge für unverbeſſerlich, oder nur gar vollfommen halte, und ausgebe. Doc vermeine ich anmit eben feinen abgefchmackten Anfang veranftaltet zu haben, zu einer Anmeifung für unfere gandleute, wie fie ohne Luxus — anftändiger ,. ordents licher , gemächlicher und vortheilhafter bauen fünnten. 5 1 Befdhreibung von ;3wepyerley Bleearten dburd e Herrn Neynier, Mitglied der phnfifalifchen Gefellfehaft zu Lauſanne. 78 Beſchreibung von zweyerley Kleearten So wie ſich die Anzahl der Beobachter vermehrt, ſo vervollkommnen ſich auch unſre Kenntniſſe. Es geſchieht ſowohl durch die Entdeckung bisher unbekannter Gegen⸗ ſtaͤnde, als durch Bemerkung neuer Beziehungen, in fol va die ſchon befannt find, überhaupt auch durch die mannigfaltigen Berichtigungen unfrer irrigen und vorge foßten Ideen. Man fah ein, daß die Natur nichts vers: langt, als befraget zu werden, um ung gerne zu ant⸗ morten; und durch Beobachkungen und Verfuche verjagte man den Ergotifmus der Schule Die Erforfchung der Natur iſt nicht länger innert die Mauren einer Univerfis tät oder auf die Dictata eines Profeſſors eingefchränft, Unfern Wünfchen entfpriche die Natur, aller Orten, in Wäldern und Klüften, in tiefen Moräften, in Abgruͤnden u 2 den Gipfeln der Berge. Deffentliche Befannts machung der Entdeckungen und Beobachtungen ſelbſt der unbedeutendeften, iſt e8, Die unfre Kenntniſſe erweis tert; und dieſes ift das Geſchaͤft des Naturforfchers, Ihm koͤmmt es zu, dem Geift vorgumahlen , was er bes, obachtet hat, bis auf den Heinften, phyſiognomiſchen Zug muß er feine Gegenftände zergliedern; feine Befchreis bungen müffen eine Reihe — nicht blos von Wörtern, fondern von Ideen ſeyn. In der Manier zu befchreiben haben die mehrern Naturforfcher gefehlet; auch war diefe Arbeit weit fchwirriger, ehe noch der Here von Buffon das Muffer gegeben, Der Rafentlee. (Le Trefle gafonant.) Tab, Fig. 1. Diefe Pflanze hat eine Murzel, die in verfihiedene fleifchigte und einfache Theile getheilt iſt; fie haben eine beträchtliche Fänge, mie alle Pflanzen, die in Schründen J 9— Mein: Brupbasser. Taular. z —— — gr i durch Herrn Reynier. 79 n; und da ſie taͤglich der Wegſchwemmung ausge— tt find, ſich nur durch die Länge ihrer Stuͤtzen erhal— ‚ten. Ihre Krauſe ift in der Jugend der Pflanze ganz eins Ta, hernach verbreitet fie fich in eine Menge verwickel— ter Sproffen, mit Fnorrigten Narben bedeckt, und fons derbeitlich mit Safern, den Ueberreften der alten Blatt ſtiele. Diefe Sproffen find mehr oder weniger zahlreich, und dehnen fich nach allen Seiten aus. Go formirt die Pflanze einen dichten Nafen, höchftens einen Fuß h fehr oft nur wenige Zole. Zumeilen haben dir Haupt foroffen ihre Unterabtheilungen, immer aber fehr regels log ; durch ſtuffenweiſe Entfaltung verlängern fie ſich, und nur auf ber Spiße zeigen ſich Blätter. Das übrige alles ift mit Narben und ausgedörrten Fafern bedeckt; ‚Die Blattftiele find weit länger, als die Blätter, dünn, aber feſt; unferflügen drey ein wenig länglichte ovale Blätter von fehr ſchoͤner, grüner Farbe; im Umfreife haben diefe Blätter ein weiſſes Geäder, welches, q gegen die gewöhnliche Erfcheinung, an der Seite ſchwaͤcher if, als an dem andern Ende. Die am meiften entwickelten Blätter find gegen dem Blattftiele zu etwas, doch beys nahe unmerklich, gezahnt. Gewöhnlich find die Blumenz ftiele gedoppelt fo lang, oder noch langer als die Blatt ftielez; auf ihrer Spite unterffügen fie einen geründeten Blumenſtrauß, im Durchmeffer höchftens einen Zoll groß; Jedes Blümchen ift weiß, gegen dem Stiele zu ein mes nig purpurfärdig und aufrecht, bis es ſich ganzlich eröffz net, dann neigt es fich ein wenig, und wird braunlicht, Die Blumenfrone ift länglicht , gerade , aus Blättern von fehr ungleicher Lange zufammengefegt. Die obern find um die Hälfte aröffer als die untern. Der Kelch if weiß grünlich. Die länglichten Hülfen find Fürzer ale er, und enthalten drey oder vier Körner. Es ift beynahe unbegreiflich, wie der Nafenflee ( Tröfle ‚ b F % so Beſchreibung von zweyerley Kleearten gaſonant) dem kriechenden CT. repens) ſo gleich * kann, waͤhrend daß der Character von beyden Pflanzen ſo verſchieden iſt. Die Geſtalt der Halme und die Farbe der Blumen ſind gleich, eben ſo wie die Geſtalt dieſer letztern und das Ebenmaß unter den Theilen: der krie⸗ chende Klee CT, repens) aber hat kriechende Staͤmme, die ſich von Stelle zu Stelle einwurzeln, und aus denen die Blatt und Blumenftiele entfpringen; auch hat er Blattes anſaͤtze (Stipule), der Kafenklee hingegen hat Sproffen, die fich niemals weit verbreiten, und feine Wurzeln trei⸗ ben; auch bat er feine Blattanfage, mwofern man diefen Namen nicht den getruckneten Fafern beylegen will, mels ce die Sproffen verzieren. Diefen Klee habe ich Jahre lang beobachtet, und in verfchiedenen Lagen; ich baute ihn in meinem Garten, und zu feiner Zeit bemerfte ich etwas Friechendes oder irgend etwas, moraug ich vers muthen koͤnnte,“ daß er unter irgend einigen Umftanden friechen würde, Man kann ihn alfo von dem kriechenden Klee Teiche unterfcheiden , und diefer iſt der einzige, der ihm gleicht. Der Rafenklee wächst in den Schründen und an dem geborftenen Gerippen der Berge; Nur an folchen immer verwüfteten Dertern findet man ihn. Seine groffe Aehn⸗ lichfeit mit dem kriechenden Klee ift die Haupturfache , warum man ibn fo menig beobachtet hat. Auf niedern Alpen ift er fehr gemein, Er wächst auf dem Zahn von Jaman, auf dem rothen Zahn, auf den Gebirgen von Martiners, Moleifou , Charboniere, auf dem Diablerets und mehrern benachbarten Bergen. Auch auf Pormenaz ſah ich ihn; und, menn ich mich nicht berriege, am ber Neige des Diet in Savoyen. Der verftorbene Here Favrod verficherte mich , daß er diefen Klee auf feinen botanifchen Ercurfionen fehr oft angetroffen habe: Herr Thomas fagte mir ein gleiches, nz durch Heren Reynier. g1 Der Bletfcher » Klee. (Le Trefle des glaciers. ) Herr Thomas , befannt durch die zahlreichen Entdek— kungen, die er dem groffen Haller mitgetheile hatte, und die er noch ferner zu machen fortfährt, machte mich zus erft mit diefer Pflanze befannt. Da er erfuhr, daß ich an einer Geſchichte der Schweizeriſchen Pflanzen arbeite, - fo tbeilte er mir alle feit langen Jahren her von ihm entz decfte Pflanzen mit, - Die Eremplare, die er mir von dem Gletfcherflee zufommen ließ, find zu mangelhaft, . als daß ich fie in einer Abbildung zu liefern im Stande ware. Der Stengel diefer Pflanze ift 6. bis 8. Zoll lang, niederliegend,, und £heilt fich in bin und wieder zerſtreute Hefte. Die Aeſte find ein wenig baarige und beynahe ganz einfach. Die Blätter werden durch Dlattftiele uns terſtuͤtzt, die länger als die Blätter, und mit zwey ey: runden Blaftanfägen verfehen find. Jedes Dlatt ift fanfthaarigt, wie Sammet, eyrund und oben herzfoͤr⸗ mig ausgeſchnitten. Die Zweige enden fih mit einem runden Bluͤthenſtrauß, und find alle auf gleiche Weiſe mit Blättern bekleidet. Jeder Bluͤthenſtrauß bat 3. bis 5. groffe, eyrunde Plüthenanfäge (bradtee). Diefe Bluͤ, thenanfäge find weiß und mit vörhlichten Nerven durchs flochten. Die Blume iff von mittelmaͤßiger Groͤſſe, weiß gelblicht, und beynahe ganz unter dem haarigten Kelch verſteckt. Der Kelch hat lange , weiffe Haare , weich wie Geide, Die Mufter , die mic Herr Thomas mittheilte, die eins zigen, die er befaß, find allzu unvollfiandig, um Da? von eine augführlichere Befchreibung geben zu fonnen. Das Wenige, was wir davon piffen, verrath eine Pflans je, ganz don allen denjenigen verfchieden, welche Der Herr von Haller befchrieben hat. Unter alen befannten Kleearten fcheint dem Gletfcherflee feiner fo nahe ver; Magas. f.d. Naturk. Helvetiens. 1.8. F ” 82 Befchreib, v. zweyerl. Kleeart. d. Hr. Reyn. wandte, mie derjenige , welcher beym Linné Cherlerss flee (Trif. Cherleri ) heißt. Da ic) mir diefe Pflanze nicht verfihaffen Fonnte , fo kann ich auch über ihre Aehnlichkeiten und Derfchiedenheiten nichts näher be, fiimmen. Here Thomas entdeckte den Gletfcherflee in dem St. Niclaus + Thal , bey den Gletfchern des Berge Sylvie, Man Fann die Nafurforfcher nicht genug aufmuntern, die— fen Theil des Walliferlandg genau zu ſtudiren. Unge mein intereffant fcheint er, wenn man nach der Menge neuer Pflanzen fchließen Ffann, welche Herr Thomas von Daher gebracht bat. Die Pflanze, die ich befchreibe, folte an Ort und Stelle felbft unterfucht werden, wenn wir fie ganz Fennen wollen, Chymiſche Unterſuchung der Adularia oder durchſichtigen J—— Von Bernhard Friederich Morell, Apotheker in Bern, und der phyſikaliſchen oͤkonomiſchen Geſellſchaft Mitglied: 84 Chymiſche Anterfuchung der Adularia Unterfuchung der Adularia von Storr und Pini ). DM ieienigen Stücke, die ich zu gegenwaͤrtiger Unterfis dung erhicht, waren weiß von Farbe, einige davon fielen ins grünlicht weiffe, andere aber ins gelbe. Bey Herrn Freyherr von Erlach von Spiez, fahe ich ein groffes Stück , das in vielerley Farben fpielte, je nachdem die Kichtfirahlen darauf fielen, gleich dem Labradorftein; nur waren die Farben nicht von der Lebhaftigfeit und Stärke, Uebrigens war daffelbe ſchoͤn weiß und durchfichtig, auch *) Die H6Hrn. Freyherr von Erlach , Pfarrer Wytenbach und Profeſſor Tralles, meine wertheften Sreunde und Mitarbeiter find eben auf einer Neife auf das merkwürdige Gotthards-Gebirg begriffen , um dort noch mehrere Nachrichten zu ihren merkwuͤrdi⸗ gen Sammlungen und Verfuchen über die ſo intereffanten Ger feinarten , alg Turmalin, Schürl, Feldfpaten , Adularien, Bergkriſtallen, dem Heere von Granitarten , und einigen noch ganz unbekannten Criftallarten, vie fich in den Graniten diefes Gebirgs befinden , zufanımen zu tragen. Das Nefultat von Dies fer Reife, der vorher und nachherigen Verfuchen, und eine fo viel möalich vollkommene Aufferliche Befchreibung, und chemi» fche Zergliederung dieſer Steinproduften , mit Zeichnungen eve laͤntert, wird in der Folge hier eingeruckt werden. Ynterdeffen legen wit bier den erften Werfuch mit der Adularia von der Hand unfers fleißigen und einfichtsvollen Mitarbeiter vor, mo aus der chymifchen Zergliederung das nämliche erhellet, was mir nach feinem aͤußern Anfehen fchon lange vermuthet hatten, nämlich, daß die durch Pini fo berufene Adularia nichts an« ders ſey, ald ein etwas durchfichtigerer , reinerer Feldſpat, der fich zu dem gewöhnlichen Feldipat fo verbalt, mie reine durdy- fichtiger Dorpelfpat zum gemeinen Kalffpat , oder mie durch— fichtiger Bergkriſtall zu derbem, fettem Quarze. Nur zieht fich Die Farbe aus dem Weißen ing Grinlichte, BSoͤpfner. oder durchſichtigen Feldſpat. 88 durch kleinere Stuͤckchen, deren Bruch blaͤttrig und taflig war, ließ ſich deutlich leſen. Ihr Glanz war auf den Fla? chen ftärfer, al3 auf dem Bruch , obwohl diefer auch nur ein gemeiner Glanz ifl. Der Stein ift hart, und giebt mit Stahl fehr Teiche Feuer, Mit Säuren braufet der Etein gar nicht, und wird davon nicht angegriffen. Thon⸗ geruch hat er nicht, und Flebt auch nicht an der Zunge. Zwifchen den Zähnen Fnirfcht er wie Kiefel, und ift ganz lich unſchmackhaft. Seine ſpezifiſche Schwere mar gleich 2,567, welches Verhältnig jenem des weiſſen Feldſpath von Kirwann nicht ungleich ift, welches gleich 2,542. war. Hundert Probierpfund diefes Steins zu Pulver geris ben, wurden in einen bedecften Ziegel eine halbe Stunde ftarfer Gluͤhehitze ausgefegt, nach der Erfaltung fand fich dieß Pulver nur 984 Gran ſchwer, hatte alfo wahrfcheins lich an Waffertheilen verlohren 13 Gran, Die 981 wurden nun mit 3. Theil reinem Alfali rt Stund lang in dem gleichen reinen Tiegel , der von Stein gut war, fiarfer Glühehige ausgeſetzt; beym Herz ausnehmen war alles zu einem undurdhfichtigen, grüns lichten Glas gefhmolgen, dag am Tiegel feſt faß, und ſich nicht davon ablöfen ließ; daher goß ich deftilliert Waſſer in den Tiegel, und fo wie fih nach und nach die Maffe auflöfete und zur Gallerte ward, goß ich auch mehr Waß fer. nad) bis alles abgelöfet war, wozu aber die Hiße, bes fonders auf die legte, mußte zu Hülfe genommen mer; den. Die Auflöfung ließ ich nun ruhig ftehen, in wel— cher fich ein ftarfes Sediment abfünderte; auch ließ ſich durch bloffes öfteres Waſchen und Schlemmen 28. Gran unzerlegter Stein abſoͤndern, der, meil die Stuͤcker zu “groß waren, vom Alkali niche war angegriffen wor, den; daher in der Mifchung nur 704 Gran fich aufgelos fet befanden, 36 Chymiſche Interfuchung der Adularia Zu diefer alfalifchen Lauge wurde nun Salzſaͤure zuges goffen, Bis die Mifhung ſtark überfauret wars; es ent ftund anfangs ein heftig Aufbraufen, und die Mifchung wurde fehr dicht, bis das Alkali gefattiget war, fo uber fluͤßig dabey geweſen. So mie aber mehr Säure dazu kam, wurde die Flüßigfeit dünner; und mag mir dabey fonderbar auffiele, war die Erfcheinung einer ſtrohgelben Farbe, jedesmal, wenn mehr Säure zugegoffen worden , da doc) die Saljfaure fonft Waſſerklar von Farbe war, Die durch Zumifchung von der Salsfaure erhaltene Erz de, die Kiefelerde zu fenn ſchien, murde mit Waffer wohl gewafchen und getrocknet; noch ehe fie frocken war, mar fie fehr roh, und bieng wenig zufammen; ein Bes weis, daß es Kiefelerde war; trocken und im Tiegel ges glühet, wog Diefelbe 59%, im Centner wären alfo Gran 66 355 Riefelerde enthalten. Die Salzfaure Mifchung‘, die fehr faur war, wurde nun mit Alfali gänzlich niedergefchlagen; im Anfang ents ſtund heftiges Brauſen, ohne Trübung, fo von der übers flüßigen Salzfaure herfam ; da aber nun die Mifchung dicht und trübe worden, hielte dag Braufen nicht defto weniger an, welches mir die Gegenwart der Thonerde deutlich zeigte, Der erhaltene Niederfchlag war wollig, und ließ fich fehr fchwer trocknen ; nachdem er ganz fros .. fen war, mwoge derfelbe 523 Gran, Diefe Menge ſchien mir zu groß; denn wenn ich ſchon zugegeben hätte, es wäre Luftſaͤure hinzu gefommen , fo konnte diefe doch nicht einen folchen Zuwachs von Gewicht geben, Sch vermuthete daher, daß die Thonerde etwag Alkali beybez halten habe; daß fie ferner nicht genug fey gemafchen worden 5; und endlich vielleicht nicht genug gefrocnet worden ſeye. Daher Fochte ich den Niederfchlag mit di, ſtilliertem Waſſer aus, trocknete und glühete denfelben ; e8 blieben aber dem ohngenachfet noch 46, Gran übrig; als oder durchſichtigen Feldfpat. | 87 fo noch mehr als der ganze rohe Stein delgegen hatte, da doch 28. Gr, unaufgeloͤſet geblieben waren; daher vermuhtete ich, e8 feyen vom Tiegel aufgeloͤſete erdige Theile dazu gekommen. Bey Unterſuchung der Erde glaubte ich etwas Schwer—⸗ Erde entdeckt zu haben, davon ich aber die meitläufis gern Verſuche nicht erzählen mag, meil fie durch die folgende Unterfuchung nicht beftätiget wurden, auch nur auf Vermuthungen ſich gründete, Da dieſe Verſuche überhaupt mich wenig gnuͤgten, fo nahm ich die übrige Adularia, die ich hafte, am Gewicht 95. Gr, dDiefe wurde wie die eben bemeldfe mit 300. Gr. reinem Weinſtein Alkalj in einem neuen NHeßifchen Tiegel 1 ;, Stund lang geglüht, wobey ich die Vorficht genommen, einen andern Tiegel darüberhin zudecken. Beym heraus? nemmen mar alles zu einem trüben grünen Glas ges fehmolzen ; ich 905 nun Waffer auf dieß Glas bis es ganz aufgelöfee war, wozu viel Zeit erfordert wurde, denn die Maffe war fehr nahe und dicht zufammenges floffen; wie alles aufgelöfee war, fo ließ ich den Tiegel ein wenig fröcfnen, und glühen, um zufehen, ob ſich etwas davon aufgeiöfeet haben möchte; — denn er war wie im vorigen Verfuch ſchoͤn ganz, und unangetaftet ge blieben, und doch hatte ich fo viel an Gewicht mehr ers halten; er wog dießmal anſtatt 852, Gr. 8615, Er hat fe alfo 93, Gr. zugenommen; ich fehriebe dieß aber noch etwas überflüßiger Feuchtigkeit zu, die, durch eis nen geringern Feurggrad nicht mochte hinweg gefries ben worden feyn; die mäfferige Auflüfung nun diefer Glasartigen Materie war ziemlich dünn, nicht wie jene beym erften Verſuch, ich hatte aber feine Wärme zur Auflöfung angewandt; fie war ſchmutzig trübe, ein Bes weis, daß nicht ganzlich alles im Waffer auflösbar ge; ss Chymiſche Unterfichung der Adularia wefen, folglich) ThonzKalf; Bitter oder Schwer⸗ Erde daran Schuld feye. Auf diefe Auflöfung wurde nun reine Salz» Säure gez goffen, diefe lößte, jedoch mit ſchwaͤcherm Aufbraufen , die ganze trübe Mifchung flar auf, e8 wurde aber ims mermehr Säure zugegoffen, worauf fich eine gallertartige Subſtanz in Flocken abfonderte, e8 mar aber derfelben gar zu wenig, und jedes Slöcklein ſchwamm vermöge einiger Luftbläschen, entweder auf der Oberfläche, oder dem Boden des Gefäffes; aber da deffelben fo wenig. war, fo goß ich immer mehr Säure zu, bis die Mifchung ſtark überfäuret war ; es wollte fich aber nichts defto mehr abfondern, und die Mifchung blieb ziemlich Far und durchfichtig, nur etwas unaufgelößte Adularia am Gewiht 4 3. Gr. lagen ſchwer auf dem Boden des Zuker-Glas —; dieß ärgerte mich und bald mare ic) aller Verſuche uberdrußig worden, wenn ich nicht beym Schuttlen der Mifchung beobachtet hätte, daß die über 3. Maß haltende Flüßigkeit eine reine durchſichtige Salz lerte feye ; dieß bewies mir die aufferordentliche Zarte der Theilhen und ihre faft ganzliche Auflöfung durch fich felbft, oder eine unbefannte durch die Salz’ Säure entmwifelte Säure ; ich -ftellte nun dieſe klare Gallerte an einen ruhigen Dre mohl zugedect bin, morauf fich die Kiefel» Erde deutlicher abfonderte, und die Fluß figfeit auch trübe wurde; mo liegt wohl nun der Grund der ganzlichen Auflösbarfeit der Kiefelz Erde? In der Säure fann er nicht liegen; — denn diefe foll nichts auf fie vermögen; in der flarfen Zertheilbarfeit ift fie nicht zu füchen, fonft würde fie nicht bey 24. Stunden fo geblieben, und ohne fernere Behandlung erft fichtbar geworden ſeyn; — dörfte nicht Luft Slußfpat oder eine andere Säure an diefer Erfheinung Schuld feyn ? denn A 2 oder durchfichtigen Feldſpat. 89 ich muß noch dieß bemerfen, daß ich jederzeit die Ents wicklung diefer Luftblaschen mahrnahm, obſchon die Miſchung ſtark überfaurt war; — damit ſich aber alles beffer abföndere, ftellte ich diefe Gallertmaterie in die Wärme, in welcher der Thermometer auf 36. Gr. nach Reaumuͤr flieg, in diefer fonderte fich in 24. Stunden Seit ales Gallertartige davon ab, und begab fih, ver; möge der Bläschen, die fich in der Flüßigkeit entwickelt hatz ten, in die Hoͤhe; hierauf wurde diefe Gallertmaterie vers mittelft eines papierenen Filtrums von der Flüßigfeit abgefondert ; wozu viele Zeit hingieng; die Gallerte wurz de mit vielem heiffen deftillierten Waffer gefocht, abge waſchen, und wohl getrocknet; der getrocknete Nieder; ſchlag im Feuer wohl geglühet wog genau Gr, 56 !, — Die Goldgelbe Auflöfung , wovon nun alle Kiefek Erde abgeföndert war, wurde in einem Kölbchen big auf die Hälfte abgedampft, um die überflüßige Salz faure abzufondern; es fammelte fich in der Vorlage ein faurer Geift , der aus nichts als Salzſaͤure zubeſtehen fhien ; die übrige Flüßigfeit ward nur bis zur Tröckne abgezogen, fie war aufferft ſcharf ſaur; ich glaubte ets was Fluß; Spathfaure entdeckt zuhaben, in dem ich in der Vorlage ein weiſſes Haͤutchen und einen weiſſen Bodenfag wahrnahm ; auch befanden ſich alle Gefaͤſſe von Glas , fo von diefem Dampf berühret worden, mit einer weiſſen Decfe überzogen, die ſich aber gut abmwaz fchen ließ; dieß muß wohl bemerft werden, weil die ei geniliche Flußfpath :Säure die Glasgefäße anfrißt, daß fie nicht mehr Ear werden; bingegen fonnte fid) vom papierenen Luto , durch die fiharfe Saure auch etwas abgelöfet , und die Säure trübe gemacht haben; welches ſich nachwerts auch alfo befand, Der im Kolben gebliebene Rückftand , war weißzund so Chymiſche Unterſuchung der Adularia von ſaliniſchem Anſehn, doch konnte feine Kryftallenbils dung wahrgenommen werden, hatte auch, feinen fauren Geſchmack mehr; auf diefes wurde nun diftilliertes Waß fer gegoffen , welches beynahe gänzlich alles aufgelöfet; dag trübe wurde durch ein Filttum davon gefonderf und getrocknet; e8 war am Gewicht Gr. 13; da ſich diefe aber durch Salz» Säure auflöfete, fo wurde fie zum Übrigen gegoffen. Der Flüßigfeit wurde nun etwas Auf; löfung von Tartar : vitriol: zugetropft, um zuſehen ob ſich SchwersErde dabey befinde, die Auflöfung blieb aber ganz hell; alfo ift auch Feine Schwererde zugegen. Nun tropfte ich ‚Vitriolfaure hinzu , in der Abficht, wenn Kalferde zugegen feye, dDiefelbe daraus abzuföns dern; ich Fonnte aber auch Feine rechte Truͤbung wahr⸗ nemmen; die Miſchung wurde dennoch etwas abgeduͤn— fiet, e8 zeigten fi) aber dem obngeachtet Feine Kryftallen noch Niederfchlag, fo daß auch Feine Kalf, Erde zuvers mutben war; ich bediente mich auch bier mit Fleiß der PBitriol» Säure zu Abfünderung des Kalks, weil Kirwan die Wirfungen der Zuckerfäure zweifelhaft macht. — Es ſchien nun auffert der Thon-und Bitterfalgerde nichts als etwa noch metallifhe Erde zugegen , daher wurde alleßerdige mit firem Laugenfalz gefällt, (während dem Fällen entwifelten fich ſtets viele Luftbläschen,, wel: ches ein deutlicher Beweis der Gegenwart der Alaunerde ift) der Niederfchlag getrocknet und gewogen , betrug an Gewicht Gr. 29 5 — Diefer wurde nun mit deftilliers tem Eßig aufgelöfet und digeriert; was fich nicht auflös fen ließ, wurde auf dem Filtro wohl getrocfnet, und nachwerts etwas gegluͤhet; biefes war nun die Thons Erde, deren am Gemicht genau 17 :, Gran war. In der Fluͤßigkeit, ſo aus dem Eßig und den darinn aufloͤsbaren Erden beffunde, befanden fih nun die ıı 2 oder durchfichtigen Feldſpat. or Gran, fo von 29 4 übrig waren; dieſe Auflöfung mwurs de bis auf einige Unzen eingekocht; — Mit diefer verſüchte ich nun noch durch Zuferfaure Kalk zu fündern, weil ich bey diefer Aufloͤſung nicht zubeförchten hatte, Daß Thonerde Zuckerfaur niederfallen würde, und ich auch nicht gänzlich die Abmwefenheit der Kalf- Erde aus oben bemeldtem Vers fuch behaupten fonnte, weil einige Tropfen Bitriol-Del zu viel den Selenit aufgelöfet zubalten im Stand find; es gefchahe auch, was ich vermuthet hatte; ein Tropfen Zuckerfaure bewirkte nun eine dicke Wolfe, dieß war nun ein ungweifelhafter Winf der Gegenwart der Kalk—⸗ Erde, ich goß nun einige Tropfen Bitriol» Del hinzu, die nun ebenfalls einige Truͤbung verurfachten, und eins gefocht zeigten fie etwas Selenit, der durchs Filtrier - Paz pyr abgefondert und mohl getrocknet wurde, «8 mar deffelben am Gewicht Gr. 7, alfo reine Kalf, Erde Gr. 23, — Die abgefönderte Fluͤßigkeit lieffe nun durch Zucferfäure feine Raiferde mehr entdecken, daher noch etwas Bitterfalzerde darinn zupermutben war, die nun durch rein Alkali niedergefchlagen wurde am Gewicht 7. _ Gran; davon find abzuziehen die 2 35 Gr. Luftfanre, bleibt aljo reine Bittererde 4 22 — Es befanden fich alfo Ingo: 1b Adularia In 100, Ib wären alfo Waſſertheile 1. = Waffertheile Gr. 1. 3 Kiefel; Erde, 56. 2. Kiefel» Erde. 62. Harn Thon-Erde. ı7% 5, Thons Erde, 19. zer. Kalk: Erde, 2.3 Kalk; Erde, reine 3 =. Bitter: Erde, 4. 18 Bitter: Erde, 5. 2 Summa 83, iE S8umma 93, is 92 Chymiſche Unterſuchung der Adularia Bey dieſer Addition bleibt alſo ein defizient von Gr. 7, 790. Die zum Theil eine Luft-oder andre fremde Säure oder flüchtige Beftandtheile ſeyn konnten. — Das her verfuchte ich, durch folgende Berfuche mich davon zus verfichern; ich nahm 200. Gr. fein geftoffene Adularia , that fie in eine gläferne Netorte, goß 2. Unzen Bitriols Del darauf, hierauf legte ich eine gewöhnliche Vorlag mic deſtillirt Waffer angefülle vor, und gab ein gelins des Geuer, das id) nad) und nad) bis zum Kochen vers ftärfte; wie es einige Stunden gefocht hatte, fo ließ ich das Feuer ausgehen; — allein ich fonnte das gemöhns liche Häutlein nicht wahrnehmen, das bey der Entwick lung der Zlußfpath » Säure ſich gewöhnlich zeigt, das Waſ— fer blieb auch klar und trübte ſich gar nicht, auch waren nun feine mweiffen Dampfe wahrzunehmen wie bey der Salzsfäuren Mifchung , daher ich vermuthe, diefe erftere Erfcheinung feye eine blofe Wirkung der Salz» Säure getvefen , die in ihren weiſſen Daͤmpfen fih gerne an die Gefäße anlegt, und fie mit einer weiffen Haut gleich fam überziehtz oder es feye fonft eine fremde Materie, die mit jener in Verbindung übergeht; wie auch ſchon oben gefagt habe, lieſſen fich die weiffen Dampfe vom Glas abmwafchen, dad mir fchon verdaͤchtig ſchien, indem ein folches angefreffenes Glas niemals wieder Flar wird; daß ich auch im erftern Verſuch Schwererde vermuthete, mwar ohne Grund , denn) nach den letztern Verſuchen £onnte ich feine derfelben entdecken; und die Unauflöss barfeit des mit Alfalj entffandenen Niederfchlages in der Salz; Säure, fam, mie ich feither erfah, von der viel fhwähern Salz⸗Saͤure ber, die die Thonerde nicht gänzlich aufzulöfen vermochte, befonder8 da fie nicht mit derfelben in die Wärme war geftellet worden; ich Hatte alfo an wahrem Verlurſt 7, 790. Unter diefe zähle oder durchfichtigen Feldſpat. 93 ich die Ruftfaure , fo fomohl , in der Kalk als Bitterz Erde zugegen feyn kann, ohne daß fich deßwegen im Stein felbft mit Sauren felbige entdecken lieffe, Um aber noch den fernern Verlurſt zuentdecfen, uns ferfuchte ich die, mit Bitriolfanre in Digeftion gemefene Adularia; wie auch die ing deftillierte Waſſer aus der Metorte übergegangene Säure ; erſtere unterfuchte ich mit Schmwererde -Auflöfung, eg fiel Schwerfpath nieder ; mit DBleysEßig fiele Bley-Vitriol nieder , der fih in Salpeterfaure nicht auflöfen ließ; mit Silber sAuflöfung fiel ein weiſſer Kalk nieder, der nicht flocig war; da fi) aber aus diefen Berfuchen zwar die Abweſenheit der Salz, Säure , aber hingegen die Gegenwart der Slußfpat- Saure nicht beftimmen lieffe, fo fättigte ich die faure Fluͤßigkeit mit Laugenfal; bis zum Sättigung punft; diefe Mittelfalzmifchung murde in die Wärme ges ſtellt um alle Luftfäure zuverjagen; zu Diefer mittelfals zigen Mifhung nun wurde Kalkwaffer zugegoffen , wel— ches ſich nicht damit truͤbte; wäre hier eine Flußſpat— Säure; Verbindung zugegen geweſen, fo wäre fie durch Kalfwaffer zerlegt worden, weil bier die Säure mit den Erden näher verwandt ift, als mit dem Alfalj, Nun unferfuchte ich die faure in der Retorte zuruͤck⸗ gebliebene Miſchung; ich verdünnte fie mit vielem Wafs fer, dag Flare goß ich öfter ab, es war Aufferft faur; wie alles gefammlet war, goß ich Alfalj zu, bis nichts mehr niederfiel, und die Mifchung etwas alkaliſch ſchmeck⸗ te; e8 hatten ſich viele Salseriftallen abgeſetzt, die aus der Verbindung mit der Saure entftanden waren, auf diefe wurde nach und nach fiedendes Waffer gegoffen , big die lofere Erde allein auf dem Boden des Glaſes ſchwamm; | 4 Chymiſche Anterfuchung der Adularia der mit kaltem Waſſer ausgefüffete Niederfchlag wog - . getrocknet Gr. 144. — Der getrocknete durchs Kochen mit Vitriol⸗Oel unaufgelößt gebliebene Ruͤckſtand wog Er. 164. in allem war alfo 36. Gr. verlohren gegangen und aufgelöfet worden; — Wird bier die unaufgelöß: fe Menge betrachtet, fo finder man, daß in derfelben Kiefel und Thon: Erde fich fat in oben beftimmten Vers hältniß befinden, in 200. Pfunden follen Kiefelsund ThonsErde 163 2%; ausmachen; von der Vitriolfaure ift demnach durchs bloffe Kochen aufgelöfet worden , Die Kalk-und Bitterfalgerde, davon Die erftere als Bitterſalz durch bloffes Faltes diſtilliertes Waſſer in obigem bei flimmten DVBerhältniß ausgezogen worden, die Kalferde als Selenit, aber durch ſtarkes Sieden aufgelöfet wers den mußte; durch Alfalj Fonnte ich nicht mehr alg 11 3 Gr. abfondern , bleibe alfo doch noch Io. Gr, Verlurſt. Daher nahm ich 100. Gr. fein geſtoſſner Adularia, vermiſchte damit 200. Gr. reinen aus dem Salpeter bes reiteten Laugenfalzes, kochte die Mifhung eine Stunde lang mit deftilliertem Waſſer, das Fluͤßige goß ich nun ab, füfte den Ruͤckſtand mit mehrerm Waffer au, er “wog nur 93. Gr. — Die helle Lauge wurde nun in ei nem gläfernen Gefaß bis zum Kriftellifationg ‚ Punft eingedampft; — es zeigten fich auf dem Boden des Gefäfe ſes ſchoͤne Kryſtallen, die fowohl ihrem Anfehen nad) als ihrer fihweren Auflösbarfeit halber nichts als Tar⸗ tarus Vitriolatus zu feyn ſchienen; ich wuſch fie daher mit kaltem Waſſer ab, bis das Waffer nicht Laugenſal— sig mehr ſchmeckte, löfete die Kryſtallen nachher auf, und fand durch Schwererdes Auflüfung die Gegenwart der Vitriol Saure, denn fie fiel häufig als Schwer; Sela oder durchſichtigen Feldfpat. 95 nit nieder; Nun glaubte ich allerdings den mir alles zeit Durch die Zergliederung entgangenen Beftandtheil aus; fündig gemacht zu haben; — denn der jezige Verlurſt koͤmmt ziemlich mit dem obigen überein , befonders weil ich noch dabey melden muß, daß ich den durch Alfalj angetafteten , oder doch zurückgelaffenen Stein nicht geglühet habe, um ihn zutröcnen, meil ich die Luft fäure , fo durch die Zerfegung de8 Steins war aus dem Altalj in die Erde übergegangen, nicht gern verjagen wollte, Man fann daher mit allem Necht behaupten, daß die Adularia aus folgenden Deftandtheilen zufammen gefeßt fey. Bee u... Be ur, BeRbEide . .» 0.09 62. ı8r. ZhonsErde . —— Bitter:Erde . FE 5. ei ee a Re Summa, Gr. Ioo, Sch geſtehe ganz freymütig , daß dieſe Unterfu— Kung mich viele Mühe gefoftet hat, indem ich den mir ſtets manglenden Theil nicht finden fonnte, der wider alle meine Vermuthung Pitriolfäaure war, Diefer Stein iſt alfo vom weiſſen Feldfpat darinn verfchieden , daß jener mehr Kiefelz, weniger Thon-, feine Kalfz hingegen Schwerz Erde enthalt. Ich wuͤnſchte, daß jemand die Unterfüs chung diefer Steinart nochmals unternemmen würde; weil jeder der mir folchen Berfuchen oft umgeganz 96 Chymiſche Unterſuchung der Adularia gen iſt, wohl wiſſen wird, wie oft der geringſte Um⸗ ſtand, die geringſte Kleinigkeit im Stand iſt, den ganzen Verſuch zuverderben, und in Jrrthum zu führen; auch lege ich dieſe meine Arbeit mit ihren Maͤngeln und Ge— brechen dem Auge des ſcharfen Beobachters in Hoffnung einer gutigen Zurechtweilung bar. Geſchichte Geſchichte des Eiſenbergwerkes im Muͤhlethal in der Landſchaft Hasle im Kanton Bern. Boom Hergusgeber. Magaz. f. d. Naturk. Zelvetiens. 1,8. 6 58 Gefhichte des Eiſenbergwerkes . 5, ſich jet alle möglichen guten Umftände mit einans der zu einem reichen nüßlichen Eifenwerfe im Kantone vereinigen; da mir nach vielfältigen Proben die Ueber; zeugung erhalten haben, daß das von folchem Eifenwerfe zu erzielende Eifen von dem beften Gehalte feyn Fönne, wenn die gehörigen Maasregeln genommen werden; ba ferner durch die Entdeefung des neuen mächtigen ſchwe—⸗ felfreyen Steinfohlenflöges im Srutigens Thale eine der Haupthinderniffen diefes Eifenwerkes, nemlihd Mangel an mwohlfeiler und genugfamer Seurung gehoben wird, und nad) eingesogenen Rechnungen, die wir fernerg vor; legen werden, erffaunliche Summen baaren Geldes für gutes Eifen aus dem Lande gehen, welches man felbft und wohlfeiler Tiefen Fann, und da fi jtzt infonder; h:it die für das Wohl des Landes immer fo Aufferft bes forgte gnadige Landesregierung fo angelegen feyn läßt, Diefe Anſtalt auf alle Art zu befördern und zu unters fügen; — fo glaub’ ich Fein unverdrirgliches Werf zu thun, wenn ich bier eine gedrängte aber authentifche Ge fehichte diefes Eifendergsund Huͤtten-Werks vorlege, das mit alle diejenigen, fo mit dieſem dem Vaterlande fo nothwendigen und nüglichen Unternehmen mittelbar oder unmittelbar intereßire find, fich eine Fleine Ueberfiche des Ganzen machen koͤnnen, und defto geneigter feyen, Beytraͤge, Näthe und Vorſchlaͤge zu dieſer fo nothwen— digen Verbeſſerung mitzutheilen. Die vornehmften Thatfachen hab ich dem Wohlwollen eines der edelften Unterftügern gemeinnügiger Anftalten zu verdanfen, Möchte ich durch dieſe mübfame Arbeit dem Zutrauen dieſes großmüthigen Befoͤrderers einigess N im Muͤhlethal. 99 maſſen entſprechen, und die Abſicht erreichen, die er ſich bey dieſer uneigennuͤtzigen Mittheilung vorgeſetzt hatte. Der Herausgeber, * * * Die Landſchaft Hasle wurde Ao. 1333. von ihrem Schutzherrn oder Reichsvogt von Weiſſenburg auf eine druͤckende Art gedraͤngt, ſuchte Huͤlfe bey der Stadt Bern, erhielt ſolche, und uͤbergab ſich an dieſelbige in genanntem Jahre mit dem Vorbehalt ihrer Freyheiten. Ao. 1510. den 15. Julii ertheilte der Rath von Bern folgende Inveſtitur dem Herrn Ludwig von Dießbach, Rittern, Herrn zu Dießbach. Wir der Schultheiß und Rath zu Bern thuend kund mit dieſem Brief, daß Wir auf bittlich Erſuchen deßhalb an Uns gelanget, auch in Kraft der Freyheiten, damit wir von Kayſern und Koͤnigen lobl. begabet und ver— ſehen ſind, dem Edlen, Strengen, Unſerm lieben und getreuen Buͤrger Herrn Ludwig von Dießbach, Rittern, Herrn zu Dießbach und feinen Erben auch ollen feinen harinn Mitverwandten und Helfern, fo er zu ihm neh: men wird, zu rechtem freyem bewährtem Bergwerk geliehen haben , leihen ihm auch in Namen wie vor hie mit; alles und jeglich Bergwerk, und Erz, Bold, Silber, Kupfer, Zinn, Bley, Ifen und andere Me— tallen, und Salzbeunnen , und was deßhalb durch Sie in folihen in einichen Wäg in unfern Landfchaften zu Hasli und der Tfchachtlaney Frutigen , nuzit ausges nommen noch vorbehalten erfunden mag werden. Solih8 alles nad) Bergwerks Nechte zu fuechen und zu bearbeiten und harinm alles zu tbuend und zu laffen, fo fih Ihrem Nutz, Willen und Gefallen, und des Bergs werk Recht nach wird gebühren,, alſo daß Gie Werk 100 Gecſchichte des Eifenbergwertes Stett, Schmitten, Gief: Schmitten, Hüfer, Wohnung gen, Wafferleitungen und alles anders dazu nothdürftig auf unfern Gemeind Allmenten baumen, aufrichten und die zu ihrem Brauch verwenden mögind. Und dazu von Unferm beygelegenen Holzes zudem unſchaͤdlichſten Baum und Brennholzes follen und mögen nemmen; alles ohne Schaden, Mangel und Abbruch Unſerer Landluͤtten zu Hasle und Fruttigen in ihren Eigenthummen und dag fo ihnen für Eigen bisher dafelbft zugedient hat. Doch um zu Handen Unferer Statt den Toten Theil ſoͤlichs Bergs werfs, und mag defthalb funden wird nach Brauch und Bergwerks Recht vorbehalten, und Damit aber der obs bemeldte Herr Ludwig von Diekbach, fein Erben und Verwandten defter befiandiger möge feyn — ſoͤlichs Berg: werk zu bearbeiten, haben wir Ihnen zugefaget, fo. ferne durch Hilf des Almächtigen Gottes etwas Nutzes von folichem Dergmwerf wurd erwachfen, daß wir alldann Sie fünf die erften Sahre des Zehenden halb geruhiget und ohnerfucht Taffen, und Sie big nad Ausgang folcher . Zeith, zu feier Ausrichtung des Zehendeg Bin vers pflicht heiffen, und ſeyn. Und alfo zu folchen verglütterten Worten — wir den genannten Herrn Ludwig von Dießbach fuͤr ſich und eine Erben und Mithaften und Helferen bey ſolchem Le— hen der Bergwerk laſſen bleiben und als ſich gebuͤhrt ſchirmen und handhaben. Alles Ehrbarlich und in Kraft des Briefs, deß zu Urkund mit unſerm anhangenden Sie— gel verwahrt, und find wir dieß fo hierbey waren: Sebaftian von Stein, Ritter, Statthalter des Schult heiffen Amts, Hans von Erlach. Caſpar Hegel von Lindnach. Jakob von Wattenwyl Seckelmeiſter, Joͤrg Fryburger, Lienhardt wyßhahn, Caſpar Wi⸗ ler, Gilian Schoͤni, Al drey Venner, Benedickt von Weingarten, Bartlome Mayı Rudolf Naͤgeli, Wi im Muͤhlethal. 101 chael Uttinger , Peter Tittlinger, Lieutenant Schals - ler, Deter Stürler. AM der Hathen zu Bern Ge fchehen den ı1. Heuwmonat. 1510, * * * Dieſes iſt die aͤlteſte Urkunde, die mir ſowohl in Ruͤck— ſicht aller Bergwerken im Lande als in Beziehung auf das Muͤhlethaler Eiſenwerk bekannt iſt — doch ſcheint ſchon vor dieſer Urkundszeit Bergwerks Gegenſtände im Hasleland verhandelt worden zu ſeyn; indem alldorten Ao. 1416. zwey gerichtliche Urtheile vorhanden ſind, wo erkennet ift „daß die Stadt Bern von ihrer hohen Herr⸗ „lichkeit wegen Recht haben folle an dem Eifenerz, fo „da funden ift, und funden wird in dem Land Hasle.s Weil aber diefes Magazin eben fo wenig ein diplomas tiihes Magazin feyn foll, als ıch Anlagen zu einem Dips lomatiker habe, fo will ich die Gefchichte blos mit Anfuͤh— rung der Urkunden in Notes, in foweit ic) folche babe ers halten fonnen, fortfeßen, Mir ift unbefannt, warum, wie, und wann ber hohe Stand die Bergwerfe im Hasle von den Hrn, von Dießs bach wieder zurückerhalten, Allein e8 finden fi) genaue Beweisthuͤmmer, daß der hohe Stand big 1587. auf ſei— ne eigene Koften, und eigene dahin beftellte Perſonen diefeg Eifenwerf Habe bearbeiten laffen. Ao. 1587. wurde Diez fes Eifenwerf, famt den dazu gehörigen Gebäuden ‚ Werk zeug, verfchiedenen Gütern, dem Necht des Holzſchlags zum Hausgebrauch, Gebäuden und Kohlen gegen ein zus lieferndes Quantum von Eifen ing ‚Zeughaus nach Bern einem Herrn Weynmann Burgern von Bern Erbleheng weife verfauff. Die Erben dieſes Weynmanns verfauften folches Erbs eben an Herren Ludwig Knochlauch, Herrn zu Tofen und Bürger in Thun. Diefer die eine Hälfte dem 102 Gefehichte des Eiſenbergwerks Melchior Moor aus Hasle , und die andere der Lands ſchaft Hasle. Aus einigen Urkunden *) erſcheint, daß der hohe Stand ſolches Muͤhlethaliſche Bergwerk ſowohl von Melchior Moor als der Landſchaft Hasle wieder an ſich ge— bracht hat — aber den 26. Auguſt obgenannten Jahres der Landſchaft Hasle für 18000. Ib, die Lehensgerechtig— keit vorbehalten, verkauft und den Landamman Moor und die Landſchaft Hasle mit dem Bergwerk *) be— lehnet bat, — Behalten aber ausdruckentlich ng por, — » Daß die Landfchaft Hasle dieß Dfen aus „eigener Schuld und Urfach in feinem Gtillftand, noch » weniger in gänzlichen Abgang kommen und erfolgen „laffen , wenn fich aber zutragen würde, daß fie oder » Ihre Nachfommen dag Schmelz und NYſenwerk von des „Aerztes Abgang oder andern dergleichen Unfaͤllen, Gebras „chen und Berhinderungen wegen, fo nit von ihrer ſelbs „eigener Verſaͤumniß und Schuld berflieffen thaten , „ nit teben noch brauchen möchtend; in folhem Fall „ folte ihnen von derfeiben Zeit und Stillftehung des » Werfs an obbeflimmten Erblehenszins billihmäßiger 3» Abzug und Nachlaffung gefchehen, ob aber bemelte „Landſchaft, oder ihre Nachfommen in Willen kaͤmen „die Fehenfchaft dieſes Bergwerfs und Gutes im Muhr „lethal zu verfaufen oder fonft aus ihren Handen zu „ fielen, follend fie ſchuldig ſeyn, uns Ddaffelbige mit „ aller Zugehörd und famethaft vor allen andern anzu— » bieten und zufommen zu laffen. u. f. m. % *) Verkauf des Muühlethalifchen Bergwerfs von Eeiten MrGHHru. an die Landfchaft Hasle. 1642. *) Inveſtitur Brief zu Gunften der Landſchaft Hasle 26. Auguſt. "1642, im Muͤhlethal. 185 Serner » So aber fie von toͤdtlichen Abgangs, Kriegs, „ Sheumwrung, Armuth, oder andern dergleichen Unfäl, „ len, und Urfachen wegen, wie ſich die zufügten, dieß „Bergwerk und den Bewerb deffelben nit länger beftahn „ noch beharren wollten oder möchten, fondern folches „in gänzlichen Abgang fallen und gerathen laſſen, und „aller Dinge quittiren mwöllten , wurden oder müßten, „alsdenn folle daffelb mit aller Zugehörung ung ohne „ einigen Abtrag und Erſatzung heimgefallen ſeyn, wies „derum übergeben und zugeſtellt werden. „ In den Händen der Landfihaft Hasle blieb num diefes Bergwerk bi Ao. 1728, mie aus den bey Abſterben eis nes jeweiligen Tragers erneuerten Lehenbriefen zu erfehen if. In Mückfihe der Bearbeitung des Eifenerztes zu Eifen auf der Hütte fehlen mir Data bis 1728. wo Die Landfchaft Hasle einen Herrn Johannes Finder, Bürger von Bafel, als Beftehern de8 Eiſenwerks mit demfelben auf 30. jahre belehnet ; wo angeführet wird, daß Fin, dern erlaubt feye, das Hütten und-Schmelzwerk nach Um; terurbach zu verfeßen. *) Es ſcheint aber Herr Finder habe feinen Nutzen bey diefer Unternehmung nicht ge— funden. Denn im folgenden Sahre belehnte die Rands ſchaft fhon wieder den Herrn Berhart Zerrenſchwand und Comp, von Murten wicder auf 30, jahre mit dem Hasle Eifenwerf und allen feinen Rechten, und der hohe Stand beftätigte diefe Belehnung ; und um ſolche Beleh— nung noch mehr zu begunftigen , fehenfte derfelde den Unter— nehmern Zollfreyheit ihres ſelbſt fabrizierten Ci eng durch das ganze Land, erlaubte firner, daß fie in der Stadt vr *) Lehnss Accord zwiſchen einer Landfchaft Hagle eines, und Hr; Sohannes Linder von Bafel andern Theils wegen dem Eifen werk in Hasle. den 3. April, 1728. Dieſer Accord enthält ein und andere gute Erläuterungen. 104. Befihichte des Eiſubergwerte Bern of, oder wo es den leehehinern nuͤtzlich ſeyn koͤnnte, Magazine anlegen doͤrfen, und beguͤnſtig— te dieſes Unternehmen noch mehr durch das Verbot der Einfuhr fremden Eiſens ohne Patente, die doch ohnent— geldlich ausgetheilt werden ſollten.*) Aber auch dieſe Unternehmer fanden noch keinen Vor— theil bey ihrem Vornehmen. Denn im Julj 1736. leg; ten ſie eine Bitte bey der Landſchaft Hasle ein, worinn fie um mehrere Unterſtuͤtzung baten und das Schmelz were vom Urbachthal nach Muͤhlethal verlegten. Die Landfihaft verfprach denſelben diefe Unterſtuͤtzung, und doch müffen diefe Beſteher ſowohl ihrem Unternehmen nicht gewachfen geweſen, als laut andern Nachrichten (die hier anzuführen zu weitläufig wären) dieſes Bergwerk, Hütten und Wälder erftaunlich verwahrloſet haben. — indem Ao. 1744. die Landſchaft ſich genöthiget fande, noch vor verfloffener Lebenszeit dag Bergwerk mit feinen Nechten dem Herin Beat Fifcher , Landpogt von Wangen, auf 3 Probe, Jahre ohne Zins Leheusweis zu überlaffen, da doc) Herrnſchwand 200 Kronen jährlich zu zahlen ver ſprochen hatte, Hier wollte e8 fo wenig glücken als uns ter den vorigen Unternehmern, das Bergwerk und die Schmelzung erlag, und es bliebe bloß ein Hammerſchmied im Muͤhlethal. **) — Sp blieb alles liegen, bis daß der immerfteigende Holsmangel in Bern MeGHHrn. der Holzfammer be, wog, den7. May 1751. einigen Mitgliedern der Regie— sung aufzutragen, ſich felbft nach Oberhasle zu verfügen, und in „Augenfihein zu nehmen, warum das Berg; %*) Hochoberkeitliche Beftätigung der durch Hr. Gerhart Herrn: fhwand und Comp. erlaubten Hinleihung der Eifenbergwerfen im Muͤhlethal und daherige Conceßion den 18. Febr, 1729. 3*) Supplication der Laudſchaft Hasle. Ian. 1754- im Muͤhlethal. ‚205 werk fo verfallen , ob ihm nicht aufzuhelfen, und in dem verneinenden Falle mit der Landſchaft Hasle einen Ders frag zu treffen, gegen beſtimmte Preiſe eine gewiſſe Mens ge Holz nad) Bern zu liefern, oder ob die Landſchaft ihr Lehen verwirft habe, und die Regierung in dieſem Sale daffelde wieder zu eigenen Handen ziehen ſolle. Die Landſchaft Hasle ſuchte aber einer beſtimmten Antz wort auf dieſe Vorſtellungen durch allgemeine Klagen uͤber den Verfall des Eiſenwerkes und der Waldungen auszuweichen; damit waren MeGHHrn. der Holzkammer nicht zufrieden, ſondern verlangten eine cathegorij che Antwort in einer Monatsfriſt uͤber folgende 3. Punkte: 1 Entweder das Berg: und Eiſenwerk gleich wieder in vollkommenen Stand, wie fie c8 urfprunglich aug MrGHHrnu. Händen erhalten , twieder herzuftellen. 2. Dder das ganze Lehen um den nemlichen Preiß der Megierung wieder zu überlaffen, um welchen fie e8 von es erfauft hatte, . Oder den Mittelweg zu freffen, jährlich aus den Ren angemiefenen Buchwäldern eine gewiſſe Quantitaͤt Holz um einen beſtimmten Preiß an das Ufer des Brien— zer⸗Sees zu liefern. Widrigenfalls man ſich gezwungen ſehen wuͤrde, das ganze Geſchaͤft MunGHorn. den Raͤthen vorzulegen. Zu gleicher Zeit wurde friſcherdings zweyen Mitglies dern des Groſſen Raths aufgetragen, mit Zuziehung des regierenden Herrn Landvogts von Interlaken, ſich nochmalen in die Gegend zu verfuͤgen, um uͤber dieſen Gegenſtand die allergenauſten Nachrichten einzuziehen. Die Relation dieſer Herrn Abgeordneten, dat, den gi Jul. 1752 , fiel wieder fehr ungünftig für die Landſchaft aus, und ſtellte die traurigſte Schilderung vom dem gans sen Berfall aller Gebäuden, Anftalten und MWaldungen, u. ſe w., dar, Und den 5, Febr, 1753, legten MGHHrn, \ 106 Geſchichte des Eiſenbergwerkes der Holzkammer MnGHHrn. den Raͤthen ein Gutachten vor, worin fomohl deutlich bemwiefen wurde , daß die Sandfchaft durch Erhebung , Verfall und fehsjährigen Stillſtand des Bergwerfs ihres Lehens vollkommen vers lurſtig erklaͤrt ſeye; als angefragt wurde, ob der hohe Stand nad) dem firengen Nechte dieſes Lehen mwicder an fich nehmen, oder mit der Landfchaft einen Vermittlungs— fall treffen wolle, Den 7. Junii wiefen MEHHTn. die Räthe, die ganze Sahe an die hohe Vennerfanmer zu unterfüchen, in mie weit das Lehen wirklich vermwirft ware, und Mittel vorzufchlagen , mie der verhofte Endzweck erlangt wers den fönnte. Die hohe VBennerfammer fand in ihrer Antwort, d. d. 20, Junii 1753 , daß das Gufahten MeGHHrnu. der Holzfammer volfommen gut motivirt , daß demfelben ferner wenig beyzufügen, und daß das Lehen in der That vollfommen vermirft feye , fanden aber doch, daß eg beffer waͤre, den lezten Ausfpruch über die Einziehung des Lehens bis dahin aufzufchieben, daß man noch ges nauere Nachrichten eingezogen und vernommen hätte, was die Randfchaft noch dagegen vorftellen koͤnnte. Man trug daher dem regierenden Hrn. Landvogt von Interlaken auf, nad) dem Orte ſich felbft noch einmal zu perfügen, und genaue Nachricht diefen Gegenftand bez treffend zu erholen, | Aug der mufterhaften Relation d. d. I. Sept. 1753, wurde der elende Zuftand des Eiſenwerks und Holzwachſes noch deutlicher , nimmt auch Rückficht auf dieſe ftarfen Verwuͤſtungen, fo die Lauenen in den Wäldern angerichs tet haben , und ſchließt auch ganz natürlich auf eine gänzliche Verwirkung des Lehens. Aufalle dieſe Nachrichten hin ſchloßen endlich MeGHhrnu. die Raͤthe, d. d. 28, Sept, 1755, daß mas dieſes Lehen im Muͤhlethal. 107 wieder zu Handen des hohen Standes einziehen fol, und beorderten ihren Amtmann im Hasle feld): * der Land⸗ ſchaft kund zu thun. Auf dieſes hin ſchickte die Landſchaft Hasle einig: Ines gefihoffene nach Bern, mit einer demuͤthigen Supplifation. worinn fich diefelben , fo gut als moglich, duch die fchlechte Haushaltung der Unternehmer zu entfd uldigen ſucht, und anhaltet ihr dieſes Lehen nicht zu entzich’n, MeGHhrnu. die Raͤthe wiefen die Unteruchung diefer Supplifation an die hohe Benners Kammer, nachher au die Holffammer , die ihr Gutachten dahin ergehen ließ: » Daß, obgleich nach nochmaliger Unterfuchnng das ku; „hen ſich vollfommen verwirft befinde, man der Kand; „ſchaft diefes Lehen und den Stiliftand des Berg „werks fo lange verſtatten wolle , bis die erödeten „Waldungen wieder aufgemwachfen feyen.» „Da aber der-hohe Stand durch diefe Vergünftigung „des verhoften Nugens ganz verlurftig würde, fo ver; „lange derfelbe als eine Entfchädigung zu miffen, welche „Vorſicht die Randfihaft nehmen wolle, um die in dem „Lehen bezeichneten Waldungen wieder in Aufnabm zu „bringen , wie lange das Bergwerk ftill ſtehen muͤſſe, „und ob fih die Landfchaft verpflichten wolle, aus „den der Regierung felbft eigenen Waldungen in der »Landfchaft jährlich eine gemiffe Menge Holz bis nach „Tracht am Brienger:See zu liefern, wie viel, und um „ welchen Preiß ? „ Auf diefen Vorfchlag erbot fich die Landſchaft Fährfich 500 Klafter Holz, das Klafter um 26 Bagen nach Tracht zu liefern , bis daß 3000 Klafter werden geliefert ſeyn. Zu den dem Bergwerk gehörigen Waldungen wolle fie fehr groffe Sorge tragen , und den Termin des Stil; ftands zu beſtimmen, überlaffe man der Gnade der 9% ben Obrigkeit, fügen aber Flüglich bey, daß diefe Wals n / 108 Geſchichte des Eiſenbergwerkes dungen vor 70 oder 80 Fahren zum Holzhau kaum ters den aufgewachfen ſeyn. Mit diefer Entfihliefung war. aber, mie ganz natürz lih, uns nicht gedienet, und in einem Schreiben vom 18. Mark. 1754. an die Landfchaft ,„ bezeugte die Holz Fammer ihren gerechten Unmwillen über dieſen fo ungereim; ten Vorſchlag. Gie verlangte daher, als Anquivalent des vorgegebenen 70 oder Bojahrigen Stillſtands dee Bergmwerfs, fo lange alljährlich die 500 Klafter Holz, als das Bergwerk fill ſtehe. — Die Landfchaft aber anftatt auf diefes Schreiben zu antworten, mandte ſich im May 1754. aufs neue mit einer GSupplication an MeEGHHn Und um allen diefen Forderungen augssus weichen , erbot fie fih da® ganze Bergwerk wieder in . vollfommenen Stand und Gang zu bringen. Die Art und Weife, wie die Landfihaft einer Antwort gegen MnGHHrn. der Holjfammer ausgewichen iſt, und fich gegen den gehörigen Anftand direfte wieder an MeGHru. die Raͤthe felbft gewendet hatte, Fonnte nicht anders als ihr das Miffallen der Hohen Dbrigfeit zus ziehen. Es wurde daher zweyen Herren Mitgliedern *) der Raͤthen aufgetragen, ſich nach der Landfchaft felbft zu begeben, und derfelben mit Zusiehung des Kran. Landvogts von Snterlafen, und Landammanns, dieſe ihre Aufführung ernftlich zu vermeifen, und alsdenn mit der Landfchaft ein Mittel ausfindig zu machen, wie auf eine gemeinnügige Art der gemeinfchaftliche Zweck erhalten werden fünnte, Die Relation diefer Herren Abgeordneten fiel wieder unguͤnſtig für die Landſchaft aus; fie machten aber einen Plan zu einem beyderfeitigen Vergleich, der in folgenden Hauptpunften beftande: ——— — — Hrn. Bauherrn von Diesbach, und Hrn. Rathsherr Muralt. im Muͤhlethal. 109 1. Sol die Landfchaft, laut ihrer Pflicht, binnen 6. jahren alle Gebäude, Wafferleitungen u. dgl. des Berg werfs in vollfommenen Stand herſtellen. Die Güter in guten Ehren erhalten, und haushälterifcher mit den Waldungen umgehen, 2, Sol die Landfchaft dazu angehalten feyn, diefeg Bergwerk, laut Snveftitur ; Briefen de Ann, 1637, 1642, und 1731. zu befreiben und fortzuſetzen. 3. Verpflichtet fih die Landfchaft etliche ihrer juns gen Reute in auswaͤrtigen Bergwerken detgie en Wiſ⸗ ſenſchaften erlernen zu laſſen. | 4. Sol alle Jahre einem jeweiligen Herrn Landvogt son Sinterlafen , ein genauer Bericht, fowohl von dem Fortgange des Bergwerks, Erhaltung der Gebäuden und ‚ Wafferleitungen , al8‘von dem guten oder ſchlechten Er; folge der Lehrjungen eingehandiget werden. 5. Daß der Abgang des Erzes allein Urfache bleiben fol, die Landfchaft obiger Artifel zu entheben, u. dergl. Gelegenpeitlich wurde in Diefer Relation der Ungrund des Vorgebens der Landfchaft wegen Mangel und ſchlech— tem Erze, daher ihrer Unmöglichkeit gutes Eifen zu ers zielen, und gänglicher Erödung der Wälder deutlich darz gethan, und durch Proben die Güte des Erzes zu gefchmeiz digem Eifen fihon damahlen erwieſen *). Die hohe Vennerfammer. unterffügte diefen Plan in ihrem Gutachten, den 22. Auguft 1754, und räthet an das Bergmwerf unter obigen Bedingniffen der Landfchaft noch auf 6. oder 10, Jahre zu überlaffen, Worauf den nemlichen Tag von MuGHrn. den Ri then, der Landfchaft nach oben angeführten Plane die Zus rückziehung des Lehens noch auf 10. Jahre weiter bins *) Relation de 24. Julü 1754, 110 Geſchichte d. Eiſenbergw. im Muͤhlethal. aus aufgeſchoben, ihr aber auf das ernſtlichſte die ge— naue Erfuͤllung ihrer Pflichten anbefohlen wurde. Die Landſchaft ſchickte darauf einen ihrer Landsleu— ten, Namens Melchior Taͤndler, ſo ganz obenhin nach Deutſchland; „er ſoll dag Eiſenwerk erlernen. » Da dies feg aber auf dieſem nachlaͤßigen Zuffe nicht angieng, fo mußten fi) MeGHHrn. der Vennerfammer wieder der Cache annehmen; und da fie erfahren hatten, daß Herr Drift und Altlandvogt Herport von Morfee, noch freunds fchaftliche Verbindungen und Correfpondenz im Würten, bergifchen habe, und mit Männern in Relation ftehe, die den dortigen Eiſenwerken vorftehen 5 fo erfuchten fie denfelben (ſub 13. Sept. 1756.) dieſes Geſchaͤft zu übers nehmen , und Tändlern einen Lehrort in Deutfchlane auszumachen. « Die Sortfegung nächitens. ) Beyträsge zur Naturgeſchichte der a A a — Buͤndten und Beltlin Bon Carl Ulvffes von Salis— Marfdlins. | 112 Beytraͤge zur Naturgeſchichte He Gemſe, Capra Rupicapra, Chamois, Camo220, ver; ' diene mit allem Rechte eine nähere Betrachtung ihrer Naturgeſchichte, da Diejenigen, fo big jeßt von ihr gefchries ben haben, meifteng aus fehr unfichern Quellen fhopf ten. Daran mag mohl theilg die Entfernung von dem Aufenthaltsort diefer Thiere, theils auch die Schwierrig⸗ keit Schuld geweſen ſeyn, an demſelben jemanden zu fin⸗ den, der ſichre Nachrichten von ihnen haͤtte mittheilen koͤn— nen oder wollen. Und zwar wird dieſe um deſto groͤſſer, jemehr dieſe Thiere Yon gewinnſuͤchtigen Menſchen aus bewohnten in unwirthbare entfernte Gegenden vertriez ben werden, ich halte mich” zwar feit einigen Fahren in einem Lande auf, das andiefen Thieren gar Feinen Manz gel hat, aber entweder haben die Einwohner wenig Freu; de an Diefer Jagd, oder es halt fie das fonft leicht zus hebende Verbot, Waaffen zusagen, wenigſtens sum Vor⸗ wand davon ab; genug, es iſt nicht leicht gemefen , dieſe wenige Beytraͤge zu liefern, beſonders da ich es mir zum Zweck gemacht habe, ſchlechterdings nur zuverlaͤßiges darinn zu dulden. Freylich waͤre dieſes artige und bes hende Thier es wuͤrdig, daß man die geringſten Umftän: de ſeiner Oekonomie wuͤßte; es iſt ja eine der vornehm⸗ ſten Merkwuͤrdigkeiten unſrer Alpen und empfiehlt ſich fo; wohl durch ſeine Unſchaͤdlichkeit als auch durch den nicht geringen Nutzen, den es der Menſchheit zollt: allein nes ben den oben angeführten Schwierigkeiten, machet es feine groffe Wildheit und Menfchenfcheue faft unmöglich, in die Geheimniffe feiner Lebensgefchichte zudringen,, und - was man erfahren will, muß man mit großer Behut⸗ fanıfeit erlauſchen. Mit vollkommner Gewißheitfann niemand behaupten, daß “2 der Gemſen. "113 daß es Verfchiedenheiten unter ihnen gebe, daraus wirk—⸗ lich befondre Abarten gemacht werden koͤnnten. Es giebt wohl zuverläßig eine gröffere und eine Fleinere Arc, wel che leßtere fih immer auf den hoͤchſten Bergſpitzen im Sommer und in den oberſten Theilen der Wälder im Winter aufhält, alfo von einer wildern Art als die größ fere zu feyn feheint, allein im übrigen find fie in nichts von den andern unterfchieden. Wiederum giebts allerz dinge Abanderungen in der Farbe, da man fomohl ge fleckte als ganz meiffe gefehen hat, afein dieſes träge fih felten zu, und find alfo nur bloffe Zufalle. Aber nichts gufälliges, und mit eben angeführten Farben: Ber; fehiedenheiten nicht zu verwechsien, find die Abander rungen, die jede Jahreszeit an den Gemſen hervorbringt. Es ift nemlic) allgemein befannt, daß dicfe Thiere im Frühling weißgrau, im Sommer roth, und im Herbft dunfelbraun, ja meifteng fammetfchwarg werden. Die ' Urfache diefer fo abftechenden Farbenanderung kann ich nur dem jeweiligen Klima zufcpreiben, welches die Thie— ve in jeder Yahrszeit bewohnen, Um diefeg zu erflären nehme ich einigermaffen die Meynung des Hr. Guͤnthers (Siehe Naturforſcher St. 1. Pag. 54.) an, welcher nich ohne Grund in den dichtern oder dünnern Säften der Thiere die Urfache ihrer bellern oder dunflern Farben ſucht; dabey aber der Rath Neutons voranggefegt wird, daß die Empfindung der hellern und dunklern Farben, von der mindern oder mehrern Abprellung der Lichttrahs len von der Dberflähe der Köryer abhange. Es fcheint alfo fehr natürlich, daß je dichter die Säfte in den Ka nälchen der Haare fomohl als der Federn feyn werden, defto Dichter wird alfo die Oberfläche dieſes Thieres feyn und defto heller. wird e8 uns vorkommen. Nun ift aber nur die Trage, welches die Urfache der Dichtigfeit der Säfte fen. Günther fett diefelde in daß Alter und es Magaz. f. d. Naturk. Helvetiens, IL 8. 2 114 Beyträge zur Naturgeſchichte iſt ſehr natuͤrlich, daß durch daſſelbe die Saͤfte verdickt werden, und es ſich deßwegen meiſtens durch eine graue und helle Farbe auszeichnet. Allein da auch junge Gem⸗ fe (denn von andern Thieren will ich hier nicht reden, da verfchiedene Lebensart und Nahrung gleich Ausnahs men in der allgemeinen Regel machen) mit hellen Fars ben verfehn und obgemeldten Veränderungen unterworfen find, fo muß noch eine andere Urfache vorhanden feyn, Die bey denſelben die Säfte verdicken und alfo die hellern Farben bervorbringen Ffann. Die Nahrung kann nur ‚ eine Nebenurfache feyn, weil fie zu einförmig if. Im verfchiedenen Klima aber , welches die Gemfe in jeweili ger Jahrszeit bewohnen, finde ich, wie ſchon oben gefagt, den Grund Diefer Menderungen, da ich als einen unum— ftößlichen Satz annehme, daß die Kälte die Säfte vers dieft, und die Wärme diefelben verdünnt. Im Frühling > erfcheinen fie ung meißgrau, meilfie die ganze Haͤrte des Winters ausgeftanden haben, und auch mirflich alsdann noch) viel von der Kälte leiden, weil fie fi) aus den Wäldern ing Freye zu begeben anfangen, welches aber in den Dergen noch fehr rauh if. Im Sommer find fie roth, weil fie fih auf den mildeften Berggegenden und nahe an Gletfchern aufhalten, die noch immer gemaͤßigt genug find, um ihre Saͤfte nicht ganz zu verduͤnnern. Erſt im Herbfte, wann die Wärme in alle Berge ges drungen ift, werden fie dunfelbraun, ja auch fanımek ſchwarz: Alsdann find fie am fekteften, und voller Hitze, und alleg diefes hilft zufammen, daß fie alsdann die dinunz ften, ausgedehnteften Säfte haben. Alfo muß man nicht, wie ein groffer Gelehrter behauptet, die Urfache der weiß fen Farbe im Ueberfluß und der milden Befchaffenbeit der Säfte, und nicht in ihrer Dichtigkeit fuchen ; denn wann haben die Gemfe mehrere Säfte als im Herbfte, wenn fie am beften dran und am festefien find, wann der Bemfen. | 115 koͤnnen diefe von milderer Befchaffenheit ſeyn als alsdann ? Und doch find fie ſchwarz zu diefer Zeit, Wenn fie aber hingegen von meiffer Farbe find, fo hat das fchlechte und rauhe Winterfuter gewiß nur zähe Säfte, und fo mes nig in ihnen erzeugt, daß fie ihrer groffen Hagerheit wegen nicht eines Schuffes werth geachtet werden, Tan- tum don diefem. Der Aufenthaltsort iſt alfo im Eommer, wie wir ſchon | oben gefagt, in den höchften Gipfeln zu ſuchen, und zwar find es immer die unzuganglichften Orte, Steinriefen , in Selfen eingefihloffen ‚. oder fonft fehr jähe Grasplaͤtze, aber immer trachten fie nahe an Schnee und Glerfihern zu bleiben. Sobald der Tag anbricht, weiden fie, und nähren fich von den delifateffen Alpkraͤutern; und fo bat der Schöpfer geforgt, daß die ungugänglichen , dem Mens fehengefchlechte fonft ganz unutusen Bergweiden, eine groffe Familie Thiere ernähren, Die wiederum ihm Ns gen bringen. Da aber bey weitem nicht ale Weiden, auf, welchen fie ihre Nahrung nehmen, unguganglich find, fo siehen fie ſich, fo bald der Tag ftarfer heranruͤckt, in abgelegne, wilde, rauhe, aber immer fihattichte Borg thäler, denn diefe ziehen fie allen andern vor, ruhen dafelbft wie unfre gemeinen Ziegen aus, und trachten aber immer fich auf oder neben dem Schnee zu lagern. Ihre groffe Freude ift, fih auf dem Schnee oder dem Gletſcher herumzuwaͤlzeu. Ucherhaupt merft man, daß es von Na— fur ein fehr hitziges Thier iſt, wie wir noch mehrmah—⸗ len zubemerfen Urfache haben werden; und nicht verges bens hat ihm der Schöpfer fehr gemaͤßigte Gegenden zu bewohnen gegeben. Es trinkt fehr wenig Waſſer, weil e8 erfteng das Gras mit dem Thau genießt, und zweytens fehr viel Schnee frißt. Sobald der Abend einbricht, ge ben fie wieder auf ihre Weide, und nur mit einrückender Nacht ziehen fie fich unter hohle Felſen, oder eingefallne 116 Beytraͤge zur Naturgeſchichte Felsſtuͤcke, denn Höhlen oder Neſter haben ſie ſchlech— terdings keine. So haben ſie es im Sommer und Herbſt. So wie aber die Natur auf den hoͤchſten Gipfeln erſtirbt, ziehen ſie ſich immer naͤher an die Waͤlder, bis ſie der Winter zwingt, ſich wirklich in dieſelben niederzulaſſen. Sie waͤhlen die dichteſten und waͤrmſten zu ihrem Winter— aufenthalte aus, und diejenigen Theile derſelben, ſo ihrem Inſtinkte nach vor den Schneelauwinen am ſicherſten ſind. Unter den ſogenannten Wettertannnen ſchlagen ſie am liebſten ihr Lager auf, weil ſie dieſelben mit ihren niedern und ausgebreiteten Aeſten vor Kaͤlte und Schnee verſorgen. Hier naͤhren ſie ſich nun von dem hohen Wald⸗ graſe, und haben ſie daſſelbe nicht, ſo dient ihnen die Mooßart, die von den Tannenaͤſten in weiſſen langen Baͤr⸗ ten herabhaͤngt, und von den Jaͤgern ſo gern anſtatt des Papiers in den Feuer: Gemwehren gebraucht wird, zur täglichen Nahrung. Es ift wahr, daß bie Erlangung derfelben ihnen einigemal dag Leben Foftet; denn, indem fie fi auf die hintern Beine richten, um dieſelben von den Bäumen herunter zu friegen , fo vermwickeln fie ſich gerne mit den Hörnern in den Aeften, und fönnen fie fih nicht losmachen , fo bleiben fie da aufgehangen , wie man fihon verfchieodne derjelben fo gefunden hat. Daß fie die Wälder auf der Sommerfeite vorziehen, ift natürs lich, weil fie theils wärmer in denfelben haben, theilg aber auch in denfelben gefchwinder frifche Weide befom- men. Die härtefte und unangenehmfte FJahrszeit ift für fie der Frühling: Sie verlaffen aledann gerne die Wäls der, um die rauhe Nahrung, die fie dafeldft geniefjen müffen, gegen jung auffeimendes Gras, dag fie hin und wieder fehen, zu verfaufchen. Allein um zu Diefem zu gelangen , müffen fie entweder fich in zahme bewohnte Gegenden herablaſſen, welches ihrer Witdheit und Mens fhenfcheue viel often muß, ob es gleich nicht felten 9% der Gemſen. 117 fchieht, daß fie fich bis nahe an die Häufer wagen, oder ſehen fie dergleichen frifche Weide an fonnigten P lägen in den Bergen, fo führt fie der Weg dahin durch Schnee, der alsdann aber fihon weich und dennoch hoch ift. Und nichts ift befchwerlicher für fie als durch Schnee feßen, - weil ihr Körper nicht darnach gebaut iff, daß er fie fras gen koͤnne, und fie beftändig finfen. Einer der glaubs mwürdigften Jäger erzählte hierüber folgendes felbft gefehes nes Factum. Al er einftens ihrer fieben im Srühlinge bey einer Sennhütte antraf, fo flohen diefe, fo bald fie ihn anfichtig wurden ‚. davon, mußten aber über ein Schneefeld feßen, wo dieſer noch ſehr Hoch lag, aber ſchon weich war. Als fie nun fahen, daß es wegen deg beftändigen Einfinfeng, mir der Flucht fehr langfam gieng, fo fprang dag leßte auf den Rücken des vor ihm gehens den, und fegte über den Nücken aller andern, und ftellte fih an die Spitze, ihm folgte das vorlegte, und machte ein gleiches, und fo fort, fo daß fie in einem Augenblick über den Schnee weg waren. Da, wo die Natur vers fagt hat, Hilfe der Inſtinct, welcher bey diefen Thieren, durch ihre angebohrene Wildheit und Furchtſamkeit, ſehr erfinderifch gemacht wird. Daß diefe Thiere in Gefellfchaft leben, ift befannt; man findet fie in verfchiedener Menge bey einander, und hat auch fchon hier ſechszig deyfammen gefehen. Sie meiden miteinander , ziehen miteinander von einem Orte zum ans dern, und wenn fie einen Feind merfen, fo fliehen fie auch miteinander davon. Daß fie zum DBehuf der Ges felifchaft eine Wache ausftellen, indeffen daß fie weiden, ift falfch ; aber daß die Gemfe ein Sinnbild der Aufmerk ſamkeit iſt, ift defto wahrer. Da verläßt fi) nicht eine auf die andre, daift jede wachfam, half alle Augenblicke den Kopf empor ‚und durchfchaut Die Gegend, oder wits tert der Luft entgegen, ob fie etwas merfe, und die erſte, 118. Benträge zur Naturgeſchichte die dag geringfte Ber ächtige fi ſieht, warnet die andern * mit einem durchdringenden Pfiff, und weg iſt in einem Huy die ganze Geſellſchaft. Sind ſie gelagert, ſo haben fie den Kopf immer aufrecht, und feinem Thiere kann man befier als ihnen nachfagen ‚ daß fie mit offnen Augen fchlas fen, Eben fo gebt es, wenn fie trinfen oder lecken, denn da ſchauen fie fih alle Augenblicke um. Obſchon aber die Gemfe ein gefelifchaftliches Thier ift, ſo giebt e8 doch Einfiedler unter ihnen, die fchlechters ? dings ale Gefellfehafe ſcheuen und immer einjeln ange: froffen werden. Diefes find Diejenigen, die bey ung m Stoosboͤcke genannt werden, meil fie fih am liebften in den Alps Erlenflauden , die man Stoos nennt, aufhal ten. Meiftens und faft allezeit find dieſes alte Böcke, die | vor Alter weisgrau und mitlangen Haaren bewachfen fi Entiveder mögen fie der jungen Geſellſchaft nicht mehr nal e fommen, oder diefelbe hat fie vielmehr. als unnüße Glie⸗ der jubiliert, und dafür leben fie in philoſophiſcher Stille und Einfamfeit, Sie find. aber meifteng die fetteften , die „man befümmt. Diefe aufgenommen , trift man wenig Gemfe allein an, es fen dann im Herbfte, wo fih, wenn die Begattungszeit da iſt, die groffen Geſellſchaſten in Kleinere Haufen trennen, ‚Sonderbar ift die Begierde , die diefeg Thier nach dem Salze hat, und zwar koſtet ihm dieſelbe oft das Leben, indem ſich die Jaͤger dieſes Umſtands gar wohl zu bedies Di nen wiffen. Man weiß, daß man in den höchften Das F gen, wo die Felſen etwas hervorhangen, und ſie kalk⸗ ſchiefrichter Natur ſind, das ſogenannte engliſche Bitters falz Häufig findet, An diefen Stellen finden fid) nun die Gemfe in Menge und faft täglich ein, um dieſes Sal wegzulecken, und zwar haben ſchon verfihiedene Jaͤger geſehen, daß fie ſich fo durſtig daran geleckt hatten ‚daß fie davon zum erſten beften Waſſer laufen mußten, um = u. der Gemſen. 119 „ben Durft zu loͤſchen. Eben fo gerne finden fie fich bey denjenigen Steinen ein, worauf die Schaafhirten in den wilden Alpen ihren Schaafen das Salz zu lecken geben, und die Jäger lauren ihnen auch gerne dafelbft auf, Daß fie aber ale Tage diefe fogenannte Salzleckinnen zur nemlichen Stunde befuchen, und eben fo periodifh Wafı fer trinfen follen, babe ich nicht in Erfahrung bringen i fönnen, halte es alfo für eine Fabel, Diefe Thiere Haben fo vieles mit unfern Ziegen gemein, daß man auf den Einfall gerathen koͤnnte, fie wären nur eine vermwilderte Act davon. Der aͤuſſern Geftalt nad) haben fie fehr viel ahnliches mit einander , und unters fheiden fih nur, daß die Gemfe einen geftrecftern Hals, und längere Beine hat. Sonft ſtimmen aber alle Ges . ſchlechtskennzeichen miteinander uͤberein. Beyde Arten lieben das Salz, beyde ſpringen gern und mit leichter Muͤhe in den Felſen und erhabenen Gegenden herum; was ſie aber noch naͤher verwandt macht, iſt, daß ſie ſich zu gleicher Zeit begatten, gleich lange tragen, und wie der Verfaſſer der Briefe über ein Hirtenland ſagt, fo follen fie fich auch unter einander begatten. Diefeg kann ich nun weder beftätigen, noch verwerfen, wohl aber haben fie eine gleiche Stimme wie die Ziegen, lagern ſich, weiden und trinfen wie dieſelben. Sreylich aber hat fie der Schöpfer mit unendlicy feinen Sinnen bes gabt, weil fie ſich felbft überlaffen find. Sie fehen und hoͤren fehr weit; am bewundernswuͤrdigſten aber iſt ihre Geruch, der fo fein feyn fol, daß fie ihre Feinde, bes ſonders aber das Pulver auf eine Viertelftunde weit ries hen follen. Zudem find fie auch viel behender, und wer es nicht ſieht, kann weder die Geſchwindigkeit, mit der fie laufen , noch die frechen und erflaunlichen Sprünge ‚glauben, die fie von einem Felſen zum andern thun, noch fich überzeugen ‚ daß dort irgend ein Geſchoͤpf vor⸗ e x 120 Beytraͤge zur Naturgefchichte beyfomme , wo die Gemfe leicht darüber hüpfen. Und gewiß ihrer groffen Aufmerffamfeit ſowohl als ihrer Reichs tigkeit, durch die unmegfamften Gegenden zu entfliehen, haben fie e8 zu verdanfen, daß fie meifteng für ihre Gröffe ziemlich alt werden. Man rechnet, daß fie fünf und zwanzig big dreyßig Jahre leben, und wirklich fin det man dergleichen, meiftens aber Boͤcke, die faft voll fommen weiß vor Alter find, und einen recht ehrwürs digen Bart vor fich herunter hängen haben, fo mie ihnen alle Haare auf den Seiten lange werden. Das meiblis che Gefchlecht fol nie fo alt werden, vielleicht weil es mehrern Plagen unterworfen ift. Es ift auch für den erfahrenften Jaͤger fehr ſchwer, fogleich den Unterfcheid zwifchen Männchen und Weib; chen zu erfennen. Man fagt wohl, daß der Bock viel dickere Hörner habe, und das Weibchen fomohl vorn als . hinten viel fehmächtiger fey, doch ift der Unterfchied nicht ı fehr in die Augen fallend. Am beften erfennt man die fen, wann fie in die Brunft fommen , und diefes gez ſchieht zur Zeit, wenn fie am beften dran und recht fett find, nemlich um den St, Martins Tag. Sie haben fid) den ganzen Sommer durch Kräfte genug gefammelt, find aledann muthig und voller Feuer und zu dem vorhaben⸗ den Gefchäfte am beften gefchickt. Zwar follen fid) einige nad) verfchiedener glaubwürdiger Jaͤger Bericht, auch im Frühling und zwar zwifchen April und May begatten; dieß mag aber nur von einigen wenigen wahr feyn, und ‚vielmehr als ein Zufall, und eine Ausnahme betrachtet werden. Denn ich wüßte wahrhaftig nicht, wo fie um diefe Zeit die Luft darzu heinehmen wollten, da ihnen die lange Dauer und die fihlechte Nahrung des Winters meder die Kräfte noch den Muth dazu verliehen Fonnte, Gewiß ift es alſo, daß fie im Herbft mehr Anreigung das gu haben: und daß ihnen auch der Muth nicht mangeln der Gemſen. 121 müffe, beweiſen die Kämpfe, die unter ihnen erfolgen, wenn zwey Männchen dem gleichen Weibchen aufwarten wollen. Denn hat fih ein Männchen eine, Schöne aug; gelefen , fo hütet «8 fie beffändig, und macht ihr fo lange feine Anträge, bis e8 erhöret wird. Sollte die nemliche aber auch einem andern gefallen haben, fo entjteht, gleich bey der erften Begegnung, ein hitziger Kampf, der fich bey zween von ungleicher Stärfe, mit der Flucht des Schwächern und einer ziemlich hartnäcigen Verfolgung des Stärfern endigt. Sind fie aber von gleichen Kräfs ten, fo ift der Tod meifteng dag Echickfal und dag Ende des überwundnen. Wer hätte bey diefen fanften und unfhuldigen Bewohnern unferer Alpen fo viel Murh und Hartnäcigkeit gefucht , da es fonft in Abficht auf feine Feinde ein fo furchtfames, und nur in der Flucht und in der Leichtigkeit feiner Fuffe, fein Heil fuchendes Thier ift? Kann e8 aud) Uebereinfimmung der Karak— tere zwiſchen Nationen und Thieren geben? Der Uebers minder kehrt alsdann zur Urſache feines Kampfes zurück, und empfängt den Lohn feiner Tapferfeit, Die eigents liche Begattung geſchieht auf die nemliche Are, wie bey unfern gemeinen Ziegen. Diefes ift der Zeitpunft, warn die Gemfe ihre groffe Gefelfchaften trennen , und oft nur 2, und 3. bey einander angetroffen werden, big fie endlich der herannahende Winter zwingt, gemeinfchafts lid) eine Zuflucht in den Wäldern zu fuchen, Die Gemſe traͤgt 20. bis 22. Wochen, ſo daß ſie mei⸗ ſtens Ends April oder Anfangs May ihre Jungen werfen, Sollten fie ſich aber im Frühling begattet haben, fo falle die Zeit ihrer Entledigung in den September, Eben de wegen glaube ich, daß Mutter Natur die Frühlings: Be gattung nur felten gefchehen laſſe, weil die im Herbſte ges worfnen Jungen, dem Winter fehon nahe find, und alss dann die fchlechtefte Nahrung befommen, wann fie zu ei 122 Beträge zur Naturgefchichte nem blühenden Wachsthum die befte haben follten : da hingegen diejenige, fo im Frühlinge ans Tageslicht fommen, den ganzen Sommer und Herbft vor fich haben, und immer fettere und beffere Milch genießen. Und wirf lich trife man unter den Gemfen dergleichen an, die viel unanfehnlicher und Fleiner find, als die andern, und dies fes find vermuthlich Herbfilinge. Die Gemfe wirft meis fiens nur ein, ſelten zwey unge. Zu dieſem Ende ſucht fie ſich unter einem überhangenden Felfen irgend ein trocknes, und fo viel möglich verborgnes Neft aus; man hat aber nie gefunden, daß fie je etwas zufammen getragen hatte, um fich daffelbe bequem zu machen. Dann erſtens läßt e8 ihre Furchtſamkeit nicht zu, irgend eine bleibende Stätte zu haben: Und zweytens haben fie es auch nicht nöthig , weil das Zunge der Mutter in kurzer Zeit überall nachfolgen kann. Sie faugt daffelbe 6. Monate lang, und einigemal, doc) felten, hat man ‚gefehen, daß das vorjährige, und diesjährige Junge mit einander an ihr gefogen haben, Und wer nun bey Thies ren die mütterliche Sorgfalt vor ihre Jungen gern bes wundert , der follte Gelegenheit haben, die Gemſe forg: fältig betrachten zu koͤnnen. Nicht der Bock, welcher, fobald er feinen Endzweck erreicht hat, auch feiner Liebe entfagt , und dann weder Mutter noch Funges für efs was, das ihn angienge, erfennt; aber die Mutter allein nimmt alle Pflihten und Befchwerden sur Erhaltung ihr res Jungen über fich ; fucht, bis fie e8 gelehrt hat, über Selfen und Halden zu feßen , die entlegenften und fihers fien Weiden aus, hat beftändig alle ihre Sinne anges firengt, um den Feind von meiten zu erforfchen, und bey Zeiten fich und ihr Junges zu retten: Und da hat man vielmahl mit Verwunderung gefehn , mie fie ihm mütterlich vuft, wann fie über einen Felſen geſetzt hat, und das Zunge den Sprung fon zwey⸗ oder dreymal der Gemſen. 7 123 vergeben® gewagt, und mieder zuruͤckgefallen iſt, fie dann wieder zuruͤckkehrt, und ihm den Sprung nochmals vormacht, bis es ihr nachſetzen kann. Sn ſolchen Geles genheiten geben ſie eine Stimme, wie ohngefaͤhr das Maͤckern einer Ziege von ſich; denn des Pfeifens bedie⸗ nen ſie ſich nur, wann ſie etwas verdaͤchtiges merken oder ſehen, und die Geſellſchaft warnen wollen. Und ſo weit ſoll, nach einiger Jaͤger Bericht, bey den Gemſen die Begierde, oder der Inſtinkt ihre Art zu erhalten, ge⸗ hen, daß, wann eine Mutter von ihrem Jungen wegge— ſchoſſen wird, ſich gleich eine andre einfindet, die es an Kindesftatt annimmt. Dieſes mag infofern feine Nichz tigfeit haben, als nemlich verſchiedne Gemfe bey einanz der gewefen find. Sonſt ift es fiher, daß die Jungen auch ihre todte Mutter nicht verlaffen, und oft auf dies fe Weife Tebendig gefangen werden. Sie müffen aber alsdann noch fehr jung feyn, denn wenn fie ſechs Mo— nate erreicht haben, fo entziehen fie fich der unmittel⸗ baren Vorſorge ihrer Mutter , das heißt, fie find ale dann im Stand von feldft ihre Nahrung und ihre Sis cherheit zu fuchen. Uebrigens aber bleiben fie inmer gefeltfchaftlich bey einander, und bilden eine Art von Haushaltung. Auch glaube ich, daß fie fih von ihrer Mutter nie vollfommen trennen , big fie felbft begattungss fähig find, melches in ihrem dritten Fahre gefchieht. Ob fih die Gemfe zahmen laffen, wie einige behaups ten, kann ich nicht recht verfichern , weil ich feine zus verläßige Nachrichten darüber babe einziehen können, töglich ſcheint mie diefes nur, mann fie fehr jung ges fangen werden; denn eg iſt ein gar zu wildes, furchtfas mes menſchenſcheues, feine Freyheit liebendes Thier, Auch iſt es ſehr wahrfcheinlicd, , daß es bey Menſchen und ihren Wohnnngen wenig ausdauern würde ; denn die Natur bat es wicht für unfre grobe Luft und Nabs 124 Beygjtraͤge zur Naturgefchichte rung , fondern für die garten Alpenfräuter und die feine ran gefchaffen. Eben diefer Nahrung und gefunden Luft fehreibe ich zu, daß die Gemfe meines Wiffens fo wenigen Kranke heiten unterworfen find, Nicht wenig wird dazu auch die beftändige Bewegung beyfragen, bie fie fich geben. Daß fie von fehr hitziger Natur find, ift befannt; allein die Gegenden, die fie bewohnen, fehügen fie genugfam vor den Folgen diefes Naturels. Mit Zuverläßigfeit kann man ihnen nur die Kräße als eine Krankheit anrechnen „ und diefe ift eine Folge ihres vielen oft unmaßigen Salzleckens. Eben deswe— gen reiben und mwälzen fie fich fo oft im Schnee herum. Iſt vieleicht die Balle, fo in den alten Gemsböcen ge funden wird, das, was bey den Menfchen der Stein iſt, fo mag fie ihnen unbequem genug ſeyn. Ob fie diefelbe wirftich ſchmerzt, weiß ich für gewiß nicht; daß aber eine mit einer Dalle verfehene Gemfe , in der Gegend, mo fich diefelbe finden laßt, auch mit zwo Kugeln ſchwer zu tödten ift, wird von verfchiednen Jaͤgern ald eine auss gemachte Sache angegeben. Haben diefe unfchuldige Thiere aber wenig Kranfheis ten, fo haben fie dafür andre Plagen und Gefahren ges nug zu befürchten. Erſtens find fie fo wenig als andre Thiere vom Ungeziefer befreyt. Zweytens ftellen ihnen fos wohl der Bar, Wolf, ale auch der Luchs überall nach ; doch werden fie ihrer Geſchwindigkeit im Entfliehn, und der Vortreflichfeie ihrer Sinne im wittern wegen „ fels zen ein Kaub diefer Thiere, Biel gefährlicher für fie it, wann fie noch jung find, der groffe Alpen Geyer „ weil er unvermerft aus der Luft auf fie herabſchießt, und fie fo ganz davon trägt. Zumeilen wagt ſich diefer Vogel auch an die groffen, und fucht fie, mann fie auf ſehr ſtillen, gefaͤhrlichen Plaͤtzen ſich befinden, mit dem 9 ‚ber Gemſen. 125 Schlagen feiner Flügel in den Abgrund hinunter zu ſtuͤr— zen, um alsdann die erfallnen Körper genießen zu koͤn⸗ nen, welches ibm auch einigemal gelingt. Ein unfichts barer und defto fihrecklicherer Verderber von ihnen find die Schneelauminen , welche nicht felten in ihren unaufs haltbaren Verheerungen fie überfallen , und ohne Kers tung in ihrem mit Felfen und Bäumen vermifchten Schnee berg vergraben. Allein der unbarmbherzigfte, und wegen feiner Gefchich lichkeit und Lift ihnen gefahrlichfte Feind ift noch immee der Menfch , der fie ihrer Unfchadlichkeit ohngeachtet, eines geringen Gewinnſtes wegen, mit der gröften Bes gierde verfolgt. Hat fih aber je Mutter Natur an dem geldgierigen Verheerer ihrer unpernünftigen Säuglinge mit Nachdruck rächen wollen, fo ift e8 bey der Gems fenjagd gefchehen. Gewiß feine gefahrlichere, Feine mie mehr Befchwerlichfeiten verbundene, und dabey ungewiſ— fere Jagd. Man fann vor gewiß annehmen, daß die we— nigften Gemfenjäger eines natürlichen Todes fterben, oder doch mit ganzen Gliedern aus der Welt gehen. Fruͤh oder fpat iſt ihr Antheil, ein meiftens fchredflicher Tod, oder eine graufame Verſtuͤmmlung ihres Körpere. Zus dem müffen fie gang befondre Eigenfihaften haben. Er— ſtens muß ein Gemfenjäger ein vortreflicher Schüge feyn, und ausgefuchte Waffen haben, denn thut er einen einz zigen Fehlſchuß, fo ift für diefen und die fünftigen Tage meifteng nichts mehr zu thun , weil die Gemfe fo ſcheu werden, daß fie in der gröften Entfernung den Feind. merken. Er muß einen freyen Kopf, und fichere Fuͤſſe haben, welche legtere aber meifteng mit Fußeiſen verfehen werden, um über die fteilften Klippen, neben den fehreck fichften Abgründen , und durch die abhangendften Hals den gehen zu fünnen. Er muß fich nicht fcheuen durch fchlüpfrige Schneefelder und über Gletſcher zw fegen, die 126 Benträge zur Naturgeſchichte meifteng voller Spalten find. Schwindelt, oder glitfcht er einmal aus, fo ift er meifteng unmiederbringlich vers lohren. Weberfallen ihn die auf den Bergen fo gemohns fichen dichten Nebel, daß man nicht zween Schritte vor ſich ſieht, in einer gefährlichen Lage, fo muß er Geduld haben daſelbſt fich feft zu Flemmen und zu halten, bie fie vorüber find, wann er nicht in den Abgrund flürzen wil, Hat er nun endlich die Freude ein oder etliche Gemfe zu fehen, fo muß er fich auf das forgfaitigfte His ten, nicht das geringfte Geraufch zu machen ; und zu dieſem Ende trift e8 ihn oft, um nicht bemerft zu wers den, in den gefährlichiten Paͤſſen bey 100 Schritten meit, auf dem Bauch zu Friechen. Alsdann muß er fich wohl fielen, um ficher fchießen zu fünnen. Denn hören die Gemfe dag geringfie, oder fehlt.er, fo hat er fein Leben vergebens gewagt, und feine BefihwerlichFeiten un nichtg ausgeftanden. Trift ſichs, daß er diefe Thiere, mie es oft geſchehen kann, in einem Orte überrafcht , da fie feinen andern Ausgang , als denjenigen haben, durch welchen er gefommen iſt, mie eg dergleichen von Felfen und Klippen eingefchloffene Pläße in den Alpen viele giebt, fo fann er ſich für verlohren fehagen,, wenn er nicht ein Mittel finde, ſich feft zu Femmen, oder den. Gemfen aus dem Wege zu gehen. Denn fie fürzen ſich alsdann biindlings nach dieſem Augsgange bin, um zu entfliehen , und ift derfelbe nur ſchmal, fo wird der Jaͤger das Dpfer ihrer blinden Furcht und Verzweiflung, indem fie mwirflich trachten ihn in den Abgrund zu ſtoſ— fen. Freylich fucht fich der erfahrne Jaͤger diefe Jagd, fo viel als möglicy, zu erleichtern, indem er ihnen des Mor; gens fruh, oder des Abends fpat, wann fie weiden, aufs pafit, oder bey denen von ihnen fo gefuchten Salzlaͤckin⸗ nen feinen Stand nimmt und auf fie lauert, immer tradys tet den Wind gegen -fich zu haben, und alle mögliche der Gemfen. 127 Vorſicht gebraucht ; allein um zu diefen Standörtern zu gelangen, muß er ſchon den obbefchriebnen Gefahren fich ausfegen, und dann wird alle feine Vorſicht öfters durch die Dortreflichfeit der Sinne diefer Thiere vereitelt. Jun— ge und unerfahrne werden meiftens das Dpfer ihrer Linz vorſichtigkeit, und der Zufall iſt ihm behülflicher, als 2 alle ſeine Klugheit. Was man vom Stellen der Gemſe erzaͤhlt, daß nemlich einige Jaͤger die Kunſt wiſſen, ſie unbeweglich zu machen, um bequem nach ihnen ſchießen zu koͤnnen, iſt zu laͤcherlich, um widerlegt zu werden, ob es ſchon von vielen feſt geglaubt wird. Endlich faͤngt man ſie auch mit Schlingen, aber wenige und nur Junge. Aber was iſt dann der Vortheil, den die Jaͤger von einem fo theuer erlangten Gute davon tragen? Erſetzt es alle die Gefahren und Beſchwerlichkeiten, nebft den das bey angewandten Koften und Zeit ? Schwerlich glaube ich, ob man gleich faft alles an diefen Thieren nugen kann. Derfauft es der Jaͤger ganz mit Haut und Haar, fo löst er Io, bis 15. Gulden daraus, und je gröffer es ift, und je unverfehrter die Haut erfunden wird, deſto anfehnlicher iſt der Preiß. Verkauft er es flückweife, fo wird ihm das Fell mit 6. big 9, Gulden bezahlt, aus welchem, warn e8 zubereitet ift, die vortreflichften Beinkleider gemacht werden, und auch das Semifchleder verfertigt wird. Das Fleiſch, welches für viele Perfonen ein wahrer Leckerbiffen ift, wird mit 9, big 12. Blapgern das Pfund bezahlt; und da man ſchon Gemfe gefchoffen bat, die 50. Pfund gewogen, und 7. Pfund Talg gehabt hatten, fo koͤmmt auch da nicht ein geringer Gemwinnft heraus, Eben diefer Talg wird in vielen Betrachtungen für eine vortrefliche Sache gehalten, habe aber nicht in Erfahrung bringen fünnen, in wag für einem Preiß er ſteht. Und da man endlich in einigen von ihnen und 128 Berträge zur Naturgeſchichte zwar meiſtens in den Stoosboͤcken, wie ſchon oben ange⸗ merkt worden, eine Balle findet, die aus Wurzeln, Kraͤu⸗ tern und Haaren zuſammengeſetzt, und unter d Namen Gemſenkugel bekannt iſt, ſo gehoͤrt auch oh unter den Gewinnft des Jägers, Vor Alters wurde fie mit einem Louisd’or dag Stück bezahlt, weil man eine gar groffe Meynung von ihr hatte; jeßt aber begnügt man fid einen Bayerthaler darum zu geben. Gie follen für 4 die Kolik, das Bauchwehe, und die Geburtszuſtaͤnde vor⸗ treflich ſeyn. Ob dieſem europaͤiſchen Bezoar, die darinn vorhandnen Alpkraͤuter und Wurzeln wirklich dieſe ſonder⸗ bare Eigenſchaften verleihen, will ich dem Ausſpruche der Aerzte uͤberlaſſen, und mich begnuͤgen dieſe wenige Nachrichten von den Gemſen den —— mitge⸗ theilt zu haben . Hier if die Schilderung, die Here von Sauſſuͤre von der Sa— voyiſchen Gemfeniagd macht, gemiß am rechten Orte, und macht \mit dem ohenacfagten ein höchf intereffantes Ganzes über dieſes merkwürdige Thiergeſchlecht aus. 5 666. „Ich ſah auf einem Fußſteig in den Felſen eingeram- melte Pfähle, um die Fallen, worinn man fonft die Gemfen fieng, daran feft zu machen. Eine Schlinge wird über den Fußfteig aus- gelegt, ift an einem langen und lofen Strick an die Falle befeftiget. Sobald fih das Thier bey den Fuͤſſen gefangen fühlet, erſchrickt und flieht es, in dem es die Echlinge mit fich fchleppet, und wenn diefe unvermuthet durch den Strick feftgehslten wird, ſtuͤrzt es gegen den Abgrund, wo es hängen bleibt, ohne fich im geringſten fie feine Befreyung anfvengen zu koͤnnen. Doch ift diefe Jaad nicht mehr gebräuchlich ; man hat fo viele Gemſe umgebracht, daß der Fang zu felten iſt, um die Mühe, oft fo hoch und fo ferne die Falle zu unterfuchen,und faſt Feine Beute zu finden, zu entfchädigen., 8.736. » Beſchreibuug dev Gemsjagd im Chamouny. Die Gems⸗ jagd befchäftiget noch viele Bergbewohner , und entreißt oft Men⸗ fchen , die ihren Familien koſtbar und thener find in der Hlüthe ihrer Sahre. Wenn man die Befchaffenheit diefer Tagd Fennet, fo erſtannet man, daß eine fo befchmerliche und gefahrvolle Lebens⸗ art etwas unmwiderfichlich anziehendes für diejenigen haben kann, die fich einmal daran gewöhnet haben. » Der , i £ der Gemſen. 129 Der Gemsjaͤger verreifet gemeiniglich im der Nadıt, um bey dem Anbruche des Tages auf den höchfien Weiden zu fenn, wo die Gemſe ihre Nahrung fucht , ehe die Heerden ankommen. So bald er am die Derter anlangt, wo er fie anzutreffen glaubt, durchſpaͤht er felbige mit feinem Fernglaſe. Sieht er Feine Gem- fe, fo geht er weiter und ſteigt immer höher; bemerkt er aber einige, fo fucht er unter ihnen bervorzufteigen, und fich ihnen zu nähern, indem er dem Bette eines Berg s oder Gleticherwafler- ſtroms aufwärts folget, oder Hinter den Erhöhungen von Felfen durchfchleichet. Wenn er fo weit gefommen ift , daß er ihre Hörner unterfcheiden Fan , (denn nach diefem berechnet er feine Entfernung von ihnen) — flügt er fein Gewehr auf einen Fels fen, zielet mit faltem Blut, und fehlet felten. Das Gewehr ift ein gezogenes Rohr, worin die Kureln mit Gewalt einge . trieben werden ; oft ift dag Gewehr zweyroͤhrig mit einen Schaf— te, ein Rohr liegt auf dem andern, und eins mird nach dem andern lesgebrannt. Wenn er eine Gemfe getroffen oder getoͤ— det hat, fo eilt er zu feiner Beute, ſchneidet ihr die Sehne an den Hinterfüffen auf, um fich ihrer zu verfichern, und betrach® tet den Weg, den er mächen muß, um nach Haufe zu kommen; ift dieſer fehr gefährlich, fo zieht en der Gemſe das Fell aus, umd nur dieles wird mitgenommen. Iſt aber der Heimmeg nur einigermaßen gangbar, fo nimmt er feine Beute auf die Schul⸗ tern, traat fie nach Haufe, und das oft über ſcheußliche Abgruͤnde und feile Felſen. So lance es währt, ernährt ſich nun der Jaͤger mit feiner Familie von dem F life des Thiers, das aut ſchmeckt infons ders wenn es noch jung ift. Tas gell trecknet er aber zum Bee! auf. Wenn aber, wie es oft wefchicht, dns Thier die Annäherung des Jaͤgers wittert, fo flieht es mit grääter Geſchwindigkeit in die Gletſcher und Eisfelder, oder auf die feilfen Felſen. In— fonderbeit ift e8 denn ſehr fehmer, ihnen zu nähern, wenn ihrer viele bey einander find. Während daß der Zrupp weidet, flellet fich, eines als Vorpoſten auf ein vorragendes Felſenſtuͤck, von dent es alle Zugänge zu dem Weideplatz uͤberſehen fanıı ; bemerkt die— fe Schildwache irgend einen gefährlichen Gegenſtand, fo giebt fie folche8 durch eine Art von Pfeifen zu erkennen; fobald als die weidende Gewſegeſellſchaft dieſes Warnungszeichen vernehmen, fo laufen fie alle hinzu, um felbft über die Natur und Gefahr des Gegenſtandes zu urtheilen; wenn fie nun ſehen, daß es ein reife fendes hier oder ein Jäger iſt, fo ſtellt fich die erfahrenfte un- ter ihnen an die Spige, und der ganze Srupp flieht in BF: Linie an die unzugaͤnglichſten Dexter, Magaz.f. d. Naturk. Helvetiens. II. 3. J 130 Benträge zur Naturgeſchichte Hier fangen nun die Beſchwerlichkeiten des Jaͤgers an; fort⸗ geriffen durch feine Leidenſchaften, Fennt er Feine Gefahr; er gebt Mer den Schnee ohne an die Abgruͤnde zu denken , die diejer bedeckt ; er durchfveicht die gefährlichften Abwege, klimmt, fpringt von Fels su Feld, ohne zu wiſſen, wie er zuruͤckkehren kann. Oft überfüllt ihn die Nacht mitten in feiner Verfolgung, aber er giebt dirfe Deswegen doch nicht aufs; denn er glaubt , vie nemliche Urſache werde die Gemfe auch aufhalten, und er wer— de fie morgens mieder finden. Ast bringt cr die Nacht nicht etwa unter einem Baume, wie die Jaͤger in der Ebene , auch nicht in einer gruͤn tapezierten Höhle, aber an dem Fuß eines Felſens, oft auf einem Haufen Felſentruͤmmer ohne den geringen Schutz zu. Her allein, ohne Feuer zum Wärmen, ohne Licht, genießt er nun fein bishen Kaͤs und Haberbrodt, welches legtere feine ordentliche Nahrung, aber fo trocen und hart ift, dah er es zwifchen zween Steinen brechen oder mit der Art, die oben an feinem Bergſtock ungemacht ift, und die er gebraucht Fuß— ſtapfen in das Eis zu bauen, in Stücken fchlagen muß. Mißmuthig genickt er feine fparfame Mablzeir, legt einen Stein inter fein Haupt und entfchläft,, träumend von dem Wege den die Gemſe genommen haben möchten. Durch die Kühle des Morgens aber bald wieder aufgeweckt, ſteht er durchdrungen von Kälte auf, mift mit forfchenden Blicken die Abgruͤnde, die er noch durchzudringen bat, um fein Gewild wies der zu erreichen ; trinft etwas Brandwein, den er immer bey fich trägt, wirft ſeine Tägertafche wieder uber feine Schulter, uud eiler neuen Gefahren entgegen. Dieſe Jaͤger bleiben oft auf folche Weife mehrere Lage in die— fen Einfamfeiten , alldieweil ihre Familie, und befonders ihre Weiber, , der fehreeklichften Ungewißheit überlaffen find; fie war gen es nicht zu fchlafen, aus Furcht ihre Geliebten im Traume zu fehen 5 denn im diefer Gegend herricht eine allgemein ange— nommene Meynung, ein Menfch, der auf dem Eife vder in jenen felfigten Abgriinden umkoͤmmt, erfcheine in der Nacht derjeni— gen Verfon, fo ihm am thurften und liebſten gemwefen, um ihr zu entdecken, wo fein Körper ſeye, umd fie zu bitten, diefem Yeberrefte die legte Ehre zu erweiſen. Kann man nach diefem Gemählde von dem Sagdleben eines Gemsjaͤgers nun ſich einen Begrif machen, wie diefe Taad der Gegenſtand einer ganz unuͤberwindlichen Leidenfchaft fern koͤnne? sch Fannte einen jungen Mann aus der Gemeinde von Eirt, dev wohl gebildet und ſehr sinnehmend war, und der fich ohnlaͤngſt der Gemſen. 131 mit einem artigen Weibchen verheyrathet hatte — diefer fagte einft zu mie: „Mein Großvater Fam auf der Jagd um, mein Vater „fan auf der Jagd um, und ich bin fo ſehr uͤberzeuget, daß ich auch da meinen Tod finden werde, daß ich hier diefen Sack, den „ich mit mir auf die Jagd trage, mein Leichentuch nenne, weil „ich gewiß weiß, daß ich Fein anderes haben werde ; umd den. „noch, wern ihr mir das größte Glück anbieten würdet, aber „unter der Bedingung, daß ich die Gemsjagd verlajien folle — „ich verlaffe fie doch nicht.» Ich machte einige Neifen mit die- ſem Manne auf ven Alpen ; er befaß eine erflaunliche Behendig« feit und Stärke; aber feine Verwegenheit uͤbertraf beydes. Aber ich erfuhr , daß zwey Tahre hernach ibn das Schiekfal fo getroffen, wie er es fich vorber gefaat, und fo ſtandhaft erwartete, indem er in einem Abgrunde fein Leben eingebüßt hat. Zu den Gefahren , die von dieſer Gemſenjagd ungertrennlich find, geſellen fich noch die Zaͤnkereyen und Feine Schlachten, die fie zwiſchen den Jaͤgern verichiedener Nationen, ja verfchiedener Ger meinen verurfachet. Ich will hier eine merkwuͤrdige Geſchichte, diefen Gegenftand betreffend, erzählen , die ich von dem Jaͤger ſelbſt, Der die Hauptrolle dabey ſpielte, herhabe. Ein aͤger von Sixt verfolgete eine Gemſe, die er toͤdtlich verlegt hatte. Zween Jaͤger aus dem Wallis ſchoſſen auf daſſelbe und toͤdeten es. Nach den Geſetzen der Jagd gehörte das Gemſethier eben fo gut den Savoyer, der eg zuerft verwundet hatte; und weil ex näher dabey war, eilte er hinzu, nimmt es und wirft es auf feine Schul- ter. Die Wallifer , die weiter oben fanden und wegen einem Fele ſenſtuͤckk, das fie von der Gemſe trennte, nicht geradenwegs zu demſelben kommen Fonnten, tiefen ihm zu: Ex foll «8 Liegen laſ⸗ fen , und ließen ihm zu gleicher Zeit eine Kugel um die Obren pfeifen 5 dem ohngeachtet gieng er feinen Weg fort, bis eine zweyte Kugel ganz nahe ben ihme vorbey ſaußte; auf dem beſchwer— lichen Wege konnte er nicht geſchwind genug mit feiner Laſt forte fliehn; Mangel an Pulver und Kugel Dinderte ihn fich zu widers fegen, er ließ alſo die Gemfe zuriick, Aber voll Zorn und Rache begierde verbirgt er fich an einem Orte, wo er die Wallifer bes obachten konnte. Er dachte der Tag fey zu kurz, ald daß die Wallifer wieder heim kommen koͤnnten, daß fie aber in einem Stafel ( Küherhütte) in der Nähe übernachten werden, der fchon verlafen war. Dies geſchieht, wie er vorſah, er bemerkt ven zum nächtlichen Aufenthalt gewählten Stafel forgfältig , geht bey Nacht aufs Dorf, fo zwey Stunden weit davon entfernt war, Fauft fich dort Pulver und Bley, ladet fein Gewehr mit zwey 132 Beytraͤge zur Naturgeſch. d. Genfer, Schuͤßen, begiebt ſich wieder zum Stafel, naͤhert ſich, ſieht durch die Oefnungen der Wand die Walliſer beym Feuer, ſo fie fich. angemacht hatten, umd fich wärmen, fioßt fein Rohr durch die Defnung und war ißt im Benriffe feine zwey Schuͤſſe loszu⸗ druͤcken, und bevde nieversufchießen, als ibm ploͤtzlich einfiel, Daß diefe zween Männer, feitden fie auf ihn geſchoſſen, nicht ae= beichtet hätten, daß fie alfo verdammt wären, flürben fie im dieler Todſuͤnde. | } Diefer Gedanke rubrte ihn, er laͤßt feinen Vorſatz fahren , er trift mit Heftigkeit in die Hutte, fagt ihnen, was er that, und in welcher Gefahr tie geweſen ſeyen. Der Eindruck, den diefe Erzahlung auf die Wallifer machte, - war, mie leicht zu erachten, nicht gemein, fie danften ihm für fine Schonung, erkannten ihr Unrecht, und theilten friedlich die Gemſe mit ihm. Die Fleine Anzahl verienioen Yerabewohner , die bey diefer Lebensart alt werden, tragt in ihrer Geſichtsbildung unverkenn— bare Spuren des eeführten Wandels. Ein milder Blick, etwas gewiſſes araufames und freches, macht fie mitten unter einer Men; ge Menichen Eenntliih, auch dann, wann fie ihre gewoͤhnliche Jagdkleidung nicht tragen. Und ohne Zweifel tft es diefe gezeichnete Phyfiognomie, die einigen abergläubifchen Bauren die dee giebt, fie waren Zau— berer , hätten in den Wildniffen mit dem Zeufel Umgang , der fie denn endlich in ven Abgrund ſtuͤrze. Was ift num der Reitz, der Diefe Menfchen treibt, eine folche Lebendart zu ergreifen ? Einmal nicht Liebe zum Gelde; menig- ſtens wäre fie hoͤchſt unuͤberlegt; denn vie fchonfte Gemfe bringt dem Jaͤger nie mehr als ı2. Livres ein, auch den Werth des Fleiſches mit eingerechnet ; und ist, da die Anzahl der Gemfen fich fo fehr vermindert, ift die Zeit, die man fie aufzufuchen amvenden muß, gewiß mehr ala ı2. Livres werth. Aber eben diefe Gefahren, dieſe Abwechslung von Zurcht, Hoffnung und Freude, diefe immerwährende Unruhe, die die GSceleniräfte thaͤ— gig erhalten , begeiftern den Täger, fo wie fie den Schiffer-Krie— ger, auch fogar bis auf eitten gewiſſen Grad den Naturforſcher der Alpen beieben, deijen letztern Leben und Gefahren dem Leben der Gemsjaͤger nicht unaͤhnlich iſt, — melches letztere der Heraus— geber ganz aus feiner Seele geſchrieben findet; denn ich hab’ es oͤf— ters an mir und an meinen Wreunden erfahren, wie dag Alpen» reifen fo ganz zur Ferdenfchaft werden, und wie oft Feine Be: schwerlichfeit noch Gefahr einen abhalten kann, vermuthlich neuen Entdeckungen in den unbefannteften Winkeln nachzufpit- ven, und nicht nachzulaffen, bis man muß, oder bis man ſeinen Wunſch erfullet hat. En a: Beytraͤge sur Naturgeſchichte det Buͤndten uns Beltlim Bon Karl Ulyfes von Salis — Marſchlins. 134 Beytraͤge zur Naturgefchichte Von diefem grimmigen Thiere , welches die unſchulds— volle Ruhe unferer Alpen flört, und die Ruhe des Hits tenlebens um vieles vermindert, fann ich nur einige we nige Nachrichten geben. Finne nennt ihn Urfus, arctos, hier wird er durchgans gig P’Orfo genannt. Er ift in diefem Thale fehr haufig, und richtet alle Sahre groffen Schaden an, Meiftens hält er fich in denen mit groffen Waldungen verfehenen Nebenthälern auf, mie zum Beyſpiel im Malencher, Mafiner Thal, im Valde Livrio, Vald’Ambria &c. Im erften it er gemein und ſchrecklich. Im obern Terzier ift er im Hauptthale feldft niche felten anzutreffen, im mittleren aber befucht er das paurerpal nur Durch feine Streyfereyen. Daß es zweyerley Arten gebe, iſt unſtreitig; nemlich eine ſchwarze, die groͤſſer und ſanfter iſt, und mit derjeni— gen uͤberein kommt, ſo die Schriftſteller Graſebaͤr oder Ameiſenbaͤr nennen; und eine kleinere, welche roth iſt, und viel grauſamer, von einigen Pferdebaͤr und von andern, wegen ſeiner Luͤſternheit nach Honig, Honigbaͤr genannt wird. Die erſtere bewohnt das Hauptthal und die klei— nern Nebenthaͤler, die andere iſt in den groſſen Neben— thälern befonders im Malencherthal defto häufiger. Fleiſch freffen beyde gern, doch begnügt fich die gröffere Art gers ne mit anderer Nahrung, während daß die Fleinere das Sleifch mit Begierde auffuche. Sie ift. auch viel mw thiger als die erfte Art, und feheut den Menfchen wenig: zudem bat fie auch einen längern fihmächtigern Kopf, und gleicht dem aufferlihen Anfehn nach einem groffen Schweine nicht wenig. Im Berge fol fie feltener ale Die andere Art angetroffen werden. Beyde Arten fchlas der Büren, 138 gen ihre Wohnung an den dichteften Waldungen auf, welche fie nur des Nachts verlaffen, um ihrem MRaube nachzugehen. Am Tage wird man fie, ausgenommen im Fall eines groffen Hungers, menig antreffen, doch immer die vothe Art mehr als die fihwarze, Im Frühling nähren fi) beyde von jung auffeimen. dem Korn, oder aud) von dem fetten Grafe, das neben den Mayfaffen und Alphütten gerne aufſchießt. Sie wagen fi) alsdann befonders um dem jungen Rocken beyzufommen, freylich des Nachts nur, bis nahe an die Wohnungen. Die roche Art ſcheut fih auch nicht in den Mayfaffen, wo fie Vieh in den Stälen merft, die felben anzugreifen, befonders warn fie feine Menfchen vermuthet, und die Thuͤren muffen wohl verrammelet ſeyn, wann fie diefelben nicht einbrechen follen, Die fchwars je Ark verfchlingt alsbann gerne die Ameifenhaufen, die fie begierig in den Waldern aufſucht: ob es aber in der Abfiche fey, den Magen und die Gedärme zu fäubern, wie ein gewiſſer Schriftfteller fagt, will ich dahingeſtellt feyn laſſen. Im Sommer ziehen fie fih in die Höhe, und nahren fich , befonderg die rothe, von allerley Viehe, das fie in den Alpen rauben. Diefe Art macht ihe täge liches Geſchaͤfte daraus, nur dem Vieh nachzuftelen, ins Deffen die andre zwar eine Beute, die ihre ohne Gefahr in die Klauen kommt, nicht fahren läßt, allein fich auch in den Wäldern genugfam mit Gras, Ameifen und al lerley Früchten von Stauden naͤhrt; befonderd iſt er ein groffer Liebhaber von Erdbeeren und es hat fih ſchon einigemahl zugetragen, daß er den Mädchens, fo im Sommer diefe Frucht in den Wäldern zum DBerfauf zus fammenlefen, diefelbe aus den Körbchen neben der Pers fon mweggefreffen hat. Im Herbfte ziehen fich beyde Ars ten mieder gegen das Thal herunter, und da das Vieh alsdann zunahe an den menfhlihen Wohnungen fich 136 Beytraͤge zur Naturgefihichte aufhält, fo werden fie den nun zur Reife! gelangenden Früchten auffagig. Befonders ift ihnen das Heidenforn ein fehr angenehmer Leckerbiſſen; nicht weniger Schaden richten fie unter den Kaftanien, dem Tuͤrkenkorn und den Zrauben an, und zu diefem Ende wagen fie ſich ſehr weit insg Thal hinunter und werden des Nachts nicht felten, nahe an den Wohnungen, fowohl in Aeckern ale Weingarten angetroffen. Sobald aber der Winter wirk lich einbricht, fo begeben fie fich in ihre dichte Waldungen zurück und verfriechen fich, in die Höhlen, fo fie unter einem Felſen oder groffen Baum gemacht baden. Diefe find mit Mooß, Laub, Gras; Stengeln und Zweigen wohl verfehen, doch aber ohne Kunft gemacht. Hier wagen fie fih und bleiben drey Monate lang in denfelben, ohne herauszukommen. Einige behaupten, daß fie das felbft unbeweglic) wie die Murmelthier fihlafen, und die Perſonen, die e8 mir verfichert haben, find alles Glau— bens würdig; andre hingegen fagen, daß fie während der Zeit beftändig an ihren fetten vordern Tagen faugen, Diefe führen zum Beweiſe an, daß fie mit eignen Augen gefehen haben, daß der Bär alle mal, wenn er fich niederz legt, an denfelven lecket. Gemiffers als diefes kann ich hierüber nicht fagen. Der Bar hat ein fehr plumpes Ausfehn und ift doch nichts weniger als träge. Er kann auf die Bäume bins aufflettern wie eine Katze, befonderg thun diefes die Jun— gen gern, nur iſt es fpaßhaft anzufehen, wie fie von denfelben wieder ruͤcklings herunter Friechen , weil er wieder fich mit greoffer Sorgfalt an alle Aefte anklammert, und eine groffe Furcht hat berunterzufallen. Die Urfache, warum er auf die Bäume friecht , mag eines Theil8 auch die Nah: rung feyn, weil er gerne Kaſtanien frißt, da man fie aber ‚eben fo oft auf Nadelholz antrift , fo fehreibe ich ſie theilg auch feiner Gewohnheit zu, die Gegend auszuſpaͤ— der Bären. 137 hen, welches ein Bär, wenn er auch nur eine Anhöhe hat, immer thut, vor dem er feine Streyfereyen beginnt. Und daR Linne nicht unrecht zu haben fiheint, wenn er fagt : Ante pugnam pullos adfcendere Arbores cogit; bes weiße ein nun überall befannter im vorigen Jahre ſich ereigneter Zufall, da ein Fäger zuerft eine Barinn fchoß , und als er auf diefes hin ein Geräufch auf einer da herum fiehenden Tanne hörte, auf derfelben ziween junge Baͤren wahrnahm, die er beyde gluͤcklich herunterfhoß. Auch fieht er mit groffer Peichtigfeit auf die hintern Beine, tie jedermann weiß, und dieſes thut er beffändig, wann er Menfchen und groffes Vieh angreift. Aber nichts beweißt feine ihm nicht anzufcehende Geſchwindigkeit beffer alg die groffe Schnelligkeit, mit welcher er in der Ebne und be fonders Berg an läuft, wo ihm gewiß fo wenig die Menſchen als andre gleich groffe Thiere nachfommen mögen. Deßwegen bat ihm auch die Natur vornen fürs zere Beine als hinten verliehen, fo daß er dafür im herz unterfteigen fehr langfam ift, und man ihm abwärts leicht entfliehen kann. Die unbegreiflichen Steeyferepen ‚ die er in einer Nacht ausübt, zeugen genugfam, wie ihm das Laufen gelingt. Im Sommer ducchftreift er fieben big acht Alpen, bie er eine findt, wo er leicht rauben fann, und dieß beträgt immer acht bis gehen Stunden: Im Herbſt verlaßter erfi am Abend feine Walder und koͤmmt vier big fünf Stun den weit in die Ebne herunter , um feine Nahrung zu fir chen, und eilt noch vor Tag in fein Zufluchtsort zurück, j - Einigemal vom groffen Hunger oder auch vom Schrecken getrieben, wann er flarf gejagt wird, macht er noch gröffere Reifen und befucht oft Gegenden, mo er nie zu Haufe ift, und die wohl zwölf bis achtzehn Stunden von feiner eigentlichen Heymat entfernt find. Er verläßt fie aber in einer andern Nacht eben fo geſchwind wieder und 338 Beytraͤge zur Naturgeſchichte kehrt zu feinem alten Neſte zurück, dem er uf die Länge nie ungefreu wird. | Was aber Routoppidan in feiner engere von Norwegen von feiner Gefchicklichfeit erzählt, Gemehre abzufchieffen; wann er von verſchiednen Jaͤgern anges griffen wird, den einten zu ergreiffen und den andern vorzubalten; Heerden zu bemwachen und fich dann nur mit einem Stücke als Bezahlung zu begnügen; einen Stein zu ergreifen und mit demfelben ſich ins Waffer zu ſtürzen, um nicht in die Hände feiner Verfolger zu gerathen; endlich Viehglocken plat zu fihlagen u. a. m. von alle dem habe / nichts in Erfahrung bringen fönnen, Es ift hingegen um deſto gemiffer, daß er, um fich Beuz fe zu verfchaffen, e8 vorfihtig genug anſtellt. Er fpähet zuerft von einer Anhöhe oder von einem Baume dag Sand aus, wobey er fich aber mehr feines vortrefflichen Geruchs, und Gehoͤrs als feines eben nicht vorgüglichen Geſichts bedient. Vermuthet er dann auf einer gemiffen Seite eine Gelegenheit zum Rauben, fo frittet er mit Anbruch der Nacht feine Skreiferey an, und durchläuft alle Gegenden, wo fich Vieh aufpalt. In folchen Alpen wo dag Vieh die Nacht uber in Hütten eingefchloffen wird, und fih feine Ziegen befinden, unterfucht er das Fand und waͤhlt fich einen Dre zum Hinferhalt aus, wo er fie, fobald fie auf die Weide fommen, fo langtim Augenmerk behält, bis er Gelegenheit findt, entweder eine zu erhafchen, die fich von der Heerde entfernt bat, oder er wartet bis die Hirten weggegangen find, wel; ches nur zu oft gefchieht, und dann muthig in die Heerde ſpringt und fie fo lange herumjagt bis er eine erhaſcht, oder doch in einen Abgrund geftürzt hat, welches leicht vorfaͤllt, da die Thiere im Schrecken nicht wiſſen, wo fie Binlaufen. Sowohl die Weitläufigfeit und Rauhigkeit der Alpen, die im Malencherthals voller Klippen und Abgrüns der Baren. Be.) de find, als aud) die Nachlaͤßigkeit der Hirten, bey der Heerde zu bleiben, und fich mit Feuergewehren zu vers fehn , machen dieſe Zufälle dafelbft fehr haͤufig. Befinden ſich aber Ziegen in der Alp, welche aber in der Nacht nicht eingefchloffen werden, und fich meiftens um die Hütten herum lagern, fo fehleicht der Bar in aller Stille daher, und trachtet zwifchen fie und die Hütten zu fom: men, treibt fie alsdann vor fich ber, fo daß er immer eine oder zwey von ihnen erhafiht, dann in der Nacht und im Schrecken wiſſen die armen Thiere fich nicht zu finden, und es ift oft gefihehen, daß fie entweder in die böchften unwegſamſten Gebirge aeflohen, oder fih in die Dörfer begeben und in ihre Ställe geflüchtet haben, Merken ihn aber diefe Thiere bey Zeiten, fo fliehen fie auf die Dächer der Hütten, und die Alpfnechte errathen leicht, wer fie heimfucht und eilen ihn wegzujagen. Iſt das Vieh überwacht nicht in den Hütten verforgt, fon dern vorauffen, an queer liegenden Baumen angebunden, wie es in vielen Alpen des Veltlins gebräuchlich iſt, fo ift es dem Bären viel ſchwerer eine zu erhafchen, denn diefe Thiere wittern ihn leicht und machen ein fo ſchrek—⸗ liches Geheul und Geraffel mit den Ketten, daß man fi) bey Zeiten zur Wehre ftellen kann. Die rothe Art, befonders wann fie hungrig ift oder Junge bat, kann nur mit der Flinte vertrieben werden, fonft if fie manch: mal muthig genug, vor den Menfchen ein Stück Vieh anzufallen und zu zerreiffen. Die Art, wie der Bär ein Stuͤck Vieh anfallt , beweißt auch feine Vorfichtigfeit, Gel: ten packt er es vornen an oder es muͤßte ein ſehr ſchlech⸗ tes Ausſehen haben, meiſtens ſpringt er ihm von hinten auf den Ruͤcken und ſchlaͤgt ihm ſeine Klauen fingersdick in denſelben ein, fo daß das Thier in kurzer Zeit ent kraͤftet zu Boden faͤllt. Duͤnkt es ihn aber gar zu ſtark, ſo ermuͤdet er es zuerſt mit herumjagen oder zwingt es — — 240 Beytraͤge zur Naturgeſchichte in einen gefaͤhrlichen Paß, wo es ſich entweder Tod oder Wund faͤllt, und ſpringt aledann auf daſſelbe. Alsdann zerreißt er es, als wenn er ein Metzger ware, frißt $Us erſt das Euter und alsdann die Nieren. Kann er es mit Muffe genieſſen, fo frißt er ſich daran ſatt und vers grabt den Neft in die Erde auf ein andermahl. Wird er aber daran gefiört, fo frißt er, was er fann, und träge, was er mag, davon. Gemeiniglih mann er ein Stück Vieh aus’ einer Heerde genommen und jerriffen bat, fo verfammeln ſich die übrigen Kühe nach erhohl—⸗ tem Schrecken nahe an ihn, und fehen ihm zu, ohne fich zu bewegen, ſchnauben und brüllen als wann fie Luft hätten, die Mordthat zu rächen, und es ift felten oder nie gefchehen , daß ein Bar ſich unterffanden hätte, fie zum zweyten male anzugreifen. Uber fonderbar iſt es, daß er einige male mitten unter die Heerde kommt, daß er ganz nahe an dem Viehe und bey den Hütten herum⸗ geht, ja mitten aus der Heerde cin Stuͤck Vieh weg⸗ nimmt und verzehrt, ohne daß fie ihn merfen, noch ſich im geringſten bewegen, und dieß geſchieht ſehr oft, be fonders bey lang anhaltendem Regen und bey tiefen und dickem Nebel. Hat dag Vieh alsdann feinen Geruch, oder was die Urfache davon iſt, das weiß ich nicht, Den Schaafen ift er immer fo aufſaͤtzig als dem übrigen Viehe, fa er liegt fie, mann fie mit demfelben weiden, gerne vorzüglicher Weife heraus. In den Schaafalpen ſowohl als wann diefelben nur unter der Wache eines Knabens oder Mädchens im Frühling oder Herbft auf die Weide geben , thut er groffen Schaden, Auch packt er in groß fom Hunger Pferde an, doch da ſich biefelben , wann fie ein wenig wohl dran find, muthig wehren, fo läßt er fie eher als anders Vieh ungefchoren. Furcht oder Miß- rauen bat er am meiften vor dem Menfchen, und nur wann er verwundet iff, oder Junge bat, wehrt er ſich v der Büren. | 34% gegen denfelben. Allein auch hier muß man einen Unters fchied zwiſchen beyden Arten machen. Die ſchwarze fuͤrchtet den Menſchen wirklich, und laͤßt ſich oft durch ein Kind mit Geſchrey und Steinen verjagen, ja ſogar daß ſie einige mal ihren Raub fahren laͤßt, wie man ver— ſchiedene Beſpiele hat. Die rothe hingegen ſcheuet ſich nur vor den Waffen des Menſchen, und ob ſie ihn gleich auch unbewafnet, wann ſie ungereitzt bleibt, nicht an— greift, ſo fuͤrchtet ſie ſich doch nicht auch in ſeiner Ge⸗ genwart die Heerden anzugreiffen. Aber auch der Baͤr hat ſeine Zeiten, wann er muthiger und wann er furcht— ſamer if. Das Männchen iſt zum Beyſpiel Ends Som⸗ mers und Anfangs Herbfts am furchtbarften, hingegen iſt es Ends Herbſts ohne Much, Im Frühling ift das Meibchen hingegen ſchrecklich, und bleibe es, fo lange es Junge bey fich hat. Der Unterſchied zwifhen Männchen und Weibchen bes ſteht in einer Kleinigfeit, indem das erſtere einen breiter Kopf und Ruͤcken bat, und dag andre mit einer Neihe weißgrauen Haaren über den Kopf und den Nückgrad verfehen ift. Im October werden fie brünftig!, und auch unter iffnen mie unter andern Arten von Thieren fett es hitzige Rampfe, wenn zwey Männchen das gleiche Meibchen gewahlt haben. Bey dem Coitus legt ſich dag Weibchen auf den Ruͤcken und fireeft die Tagen in die Höhe. Es tragt ſechs Monate und wirft feine Jungen im April und May, fo wie Linne e8 fehr richtig bea ‚merft hat. Das erfie mal bringt die Barin nurein uns ge8 zur Welt, und dann zwey und einige mal auch drey— Sie ſaͤugt diefelben fech8 Monate * und bat eine unglaubliche Sorgfalt für diefelben, Nie ift fie dem Mens ſchen ſchrecklicher, nie unerſchrockener, und auch nie blut— duͤrſtiger und dem Viehe mehr auffaßig. Geht fie um ihre Nahrung zu fuchen , fo laßt fie fie ſorgfalig in ihrer m 342 Beytrage zur Naturgeſchichte Hoͤhle zuruͤck. Fuͤhrt ſie ſie aus derſelben ins Gruͤne, wo dann dieſelben ſpielen und allerley poßierliche Spruns ge machen, fo wird fie nie weit entfernt ſeyn, und bey der mindeften Gefahr, gleich wie ein Ochs brufend und aufgerichtet erfcheinen. Wir haben fchon oben bemerft, daß fie fie auf die Bäume friechen macht, wann fie Feinde befürchtet. Die Jungen brauchen drey Fahre, um zu ihrer ganzen Gröffe zu gelangen und bleiben im erften Fahre fat immer um ihre Mutter, fo dag man nicht felten vier und fünf Baren bey einander antrift. Allein nach dieſer Zeit entfernen fie fih von der Gefell, ſchaft und werden einfiedflerifche Ihiere, Dieſem fihadlichen Thiere zu ſteuren, (denn fomohl am Vieh, Korn, ald an den Trauben richtee es jährlich groß fen Sihaden im Beltlin an,) bat man fein ander Mit tel ale e8 entweder zu verjagen, oder in Fallen zu fanz gen, oder fowohl durch allgemeine als befondre Jagden zu erlegen zu trachten. In den Aipen bedient man fid) der Trompeten, oder Hörnern, oder was groffen Lermen macht , durch welchen es vielmal leicht verjagt wird, Freylich it nichts beffers als warn man mit genugfam Pulver verfehen ift, und dann und wann, befonderg des Nachts ſtarke Schüffe abfeurt, denn vor dem Pulver hat e8 einen groffen Widermillen, und flieht, mo eg daffelbe riecht, Aber meiftens haben die Alpfnechte Feine Feuers gewehre, weil fie die Erlaubniß dazu aus Liederlichfeit, oder aus Armuth nicht erfaufen, und vielmal wittert der Baͤr wegen dem Wetter das Pulver nicht. Mit Fallen und Gruben werden wenig oder Feine gefangen, entwez der weiß man dieſelben hier weder zu verfertigen noch zu richten , oder dag Thier hat eine zu feine Naſe um darein zu fommen. Was die allgemeinen Fagden anbelangt, fo werden dergleichen im Weltlin wenige angeftellf, würden auch, weil das Land und die Berge überall offen find, wenig fruchten. Im Bergell hingegen geſchieht es nicht felten , daß ſich eine groffe Geſellſchaft verfammelt , die herzhafteſten und verfuchteften Jaͤger fielen fich auf die der Baͤren. 343 Poſten, wo der Bär wahrſcheinlicher Weiſe vorbey muß, weil man ihn in dieſem mit jaͤhen Bergen und Klippen angefuͤllten Thale in gewiſſe Paͤſſe zwingen kann, und die andern vertheilen ſich uͤberall herum und jagen ihn mit Geſchrey, Trommeln, Trompeten und allerley lermma— chenden Sachen, nach dieſen Poſten hin, und entweder wird er erlegt, oder doch ſo erſchreckt, daß er fuͤr eine Zeit lang aus derſelben Gegend bleibt. So grimmig auch dieſes Thier iſt, wann es gereitzt wird, ſo iſt ſowohl das Veltlin als das Bergell mit Leuten vielfach verſehen, die muthig genug ſind, allein oder doch wenig, mit ein— ander auf die Jagd deſſelben zu gehen. Ja ich habe nicht wenige Beyſpiele, die da beweiſen, daß es unſerer Na— tion an Muth und Unerſchrockenheit gewiß nicht fehlt. Denn fein beſſerer Probſtein davon iſt als die Baͤrenjagd. Erſtlich ift das Thier ſelber in einem Walde oder einer öden Gegend ein fiheusliches Anfehen und ein tete à tete gar feine erfreuende Begegnung, und wird der Schuß gefehlt oder dag Thier nur verwundet, fo richtet es ſich gleich auf und geht mit Wuth auf feinen Feind log; mit Slieben , wo es nicht abwerts geſchehen kann, richtet man wenig aus, und alfo muß man entweder geſchwind genug feyn noch einmal zu laden, oder eine doppelte Flinte haben und einen zweyten Schuß verfuchen. Und nicht wenig Herzbaftigfeit und Gegenwart deg Geiſtes braucht es, dieſe ſchreckliche Beſtie, aufgerichtet mit eis nem abfcheulichen Gebrülle, gegen fich anruͤcken zu ſehen, und doch ohne zu zittern, ihr einen zweyten Schuß zu verfeßen. Aber was wird man fagen, daß unfere Jaͤger, da fie von doppeltem Gewehr wenig wiffen, wann fie den erften Schuß gefehlt haben, und nicht mehr in Zeiten find zum zweyten male zu laden, den Bären, wann ee gegen fie fommt, mit feftem Fuffe erwarten und ihn, da er aufgerichtet if, umfaffen, dabey aber immer trachten,, ihren Kopf unter den feinigen zu ftecfen, und fo mit ihm fämpfen und oft den Berg hinunter rollen, bis fie einer ihrer Kameraden erlößt? Dergleichen Zufaͤlle find ſchon 77, er * 344 Beyhtraͤge zur Naturgeſch. d- Haren. anche und nicht wenig in unfern Tagen gefchehen. Frey— ich foftet es den Jäger meifteng ein paar Monate Kran beit, weilihn der Bar mit feinen Klauen, wo er ihn faßt, gerfleifcht, und der Schrecken meiftens erft hernach koͤmmt und feine Wirfung macht. Im Beltlin gefchehen dergleis chen Kämpfe weniger, weil die Einwohner diefes Thale meiftens gute Schugen find, auch viele Lift im Aufpaffen zu gebrauchen miffen,, obfchon nur vor wenig Fahren ein folher Kampf fich zugetragen , und der Jaͤger die Be; weife davon lang an fich getragen hat. Am Bergell hin gegen hat mannicht wenig Beyſpiele von Barenfanıpfen, welche den Muth diefer Einwohner bemweifen. Was die Jaͤger mehr zu Diefer Jagd anreigt, ift der gute Gewinn, den fie von einem erlegten Baren haben. Im Bergell giebt die Obrigkeit für jeden getödeten funf und fünf zig Gulden Churer Valuta Belohnung. Im Beltlin be fommt er dafuͤr schen Scudi. Nicht wenig gewinnen fie, wann fie einigemal mit der auggeftopften Haut herumsiehen, und fie ums Geld ſehen laffen. Zudem verfaufen fie die Haut meiftens um einen Louisd’or und löfen aug dem Sleifche nicht viel weniger, denn man bat fhon Haren gefchoffen, die 200 und mehr Pfund gewogen haben, fo daß dieſe Jagd eine der vortheilhafteften it, und es der ‚Mühe lohnt, ein wenig Muth und Tapferkeit dabey auf die Probe zu ftellen, Nur in diefem Winter find im Belt lin ſchon ſechs Baͤren erfchoffen worden, und fomohl im Malencher Thal, als im obern Terzier find mir, Fäger bez fannt, die alle Fahre einen oder auch mehrere erlegen, Der bekannte Nusen , den dieſes Ihier der Menſchheit bringt, wirft fehwerlic den Schaden ab, den es derfel; ben verurfacht. Seine Haut ift freytich ein vortrefliches Pelzwerk, dag manzu Schlittengerätben, Muffen, Bferd: decken und Pelzen braucht. Sein Fleifch-ift eine fehr aus genehme Speife, wenn man ihm zuerft den wildfuglichen Geſchmack genommen bat, und dieſes aefchieht, wenn mon e8 ein paar Tage in flieffendes faltes Bergmwaffer legt, und alsdann fchmeft eswie Rindfleiſch. Noch beffer ift es geraucht. Die Tagen find ein wahrer Feckerbiffen. Das Fett endlich wird in die Medicin gebraucht und foll für den Haarwachs dienen: dem allem ungeachtet wäre e8 ein groffer Nugen für das. Land, wann man fie aus denifelben verbannen wurde, mie die Wolfe aus England. Frau Srau PBfarrherrin Schmid St, Steffan im Simmenthal, Anweiſung sur Bereitung des Selfeieereh Magaz. f. d. Naturk. Zelvetiens. II. B. 8 140 Anweiſung zur Bereitung Wenũ die Neſſeln, deren man uͤberall die Menge an den Zaͤunen, Straſſen und in Waͤldern antrift, zeitig (reif) ſind, oder ihr Saamen gelb iſt; ſo werden ſie ſorgfaͤltig abgeſchnitten, damit weder Blätter noch Stens gel verleßet werden; man fann dabey die Hände mit Handfchuhen verwahren, und die Neffeln mit der Sichel abſchneiden. Hieranf werden fie auf einer abgemaͤheten Wieſe aus gebreitet, und alda mie Hanf oder Flachs behandelt, bis man fieht, daß fich die Rinde gut abfchälen laßt. Don da fommen fie unter die Brecdye: wegen der Zarts heit wird vielleicht ein Iheil durch die Breche auf die Erde fallen, allein man muß nichts zurück laffen ; hier: auf werden fie gericben und das noch einmal fo viel als der Hanf, Nunmehr werden fie wie Baummollen behan— delt ; man kartet oder kartetſchet und fpinnt fie am Daumtwollenrad, Will man dag Garn recht fehön haben, fo kann man es mit Lauge oder Seiffe abfieden. Auf der Bleiche wird es gar ſchoͤn und die davon verfertigte Strümpfe find fauber, und zugleich flarf ausgefallen. Gie hat aud) Zeuge davon weben laffen, wobey Neffeln der Eintrag, und Flache der Zettel war; man fünnte aber alles blos von Neffeln machen, wenn man ein groffes Zmwirnrad hätte, wozu in St. Steffan die Gelegenheit fehler. Sie hat auch ein Stuͤck von 45 Ellen halb Neffeln und halb Flachs gleich Indienen oder Kattun drucken laffen und Bettdecken daraus gemacht ; auch diefes if unvergleichlich anggefallen ; denn dag Neffeltuch nimmt die Farbe fehr gut an. Man fiht hieraus, dag man diefes Gewähs, von — — ⸗ ers x des Neſſelgarns. 147 weichem man bis dahin eben nicht viel Gebrauch gemacht bat, fehr gut nußen fann, Man wird zwar dagegen ein; wenden, die Neffeln feyen ein gutes Futterkraut für dag Hornvieh und Federvieh, und die Kühe geben davon viel Milch; allein man Fann fortfahren das Vieh damit zu futtern , und doch in Wildniffen und auf Bergen, - und anderdmo noch Neffeln genug zur Fabrifation finz den, wie im Simmenthal die Erfahrung gelehret. Eine Frau, wie die Neffelfabrifantin, deren Bild Prov, 31. ſteht, — wird immer Zeit finden, ihre Mägde nach Nef feln auszuſchicken, ohne darüber die nöthigen Hausge— ſchaͤfte zu vernad;läßigen. Die Neffeln zur Spinnerey, Wehen und zu Tuͤchern anzuwenden ift nicht neu; Ao, 1751. wurde ſchon in Leipzig Neffelswirn und Neſſeltuch gemacht, In der Pikardie machte man ſchon lange aus den Neffeln Tücher, die unter dem allgemeinen Namen Neffeltücher bekannt waren; jet aber nennt man gemeiniglid) Die Mouſſeline, in Deutſchland, Neſſeltuch. Die Wogulen gebrauchen hoc) immer die Neſſeln gleich des Hanfes zur Verfertigung ihrer Zeuge: *) In Japan wird aus der Urtica japoni- ca, u, nivea ffarfe Stricke, und Baft gemacht. **) — In Deutfchland **) und in Schweden FF) find ſchon meh— tere Verſuche damit gemacht und befchrieben worden, Auch in Franfreich hat man ſolche angeruͤhmet FFP). -*) ©. Lepechins Tagebuch der Reiſe durch verfihiedene Propinzen des rußifchen Reichs 1771. 4to. ©. 15 *) Thunberg Fler. lapon. 71. 9) Schrebere Samml. XV. 172. Bon Juſti fon. Schriften. II, 438: Leipziger Samml. 1745. 747; +) Schwediihe Nöhandl. IX, 85, Tr) Savary Dictionaire de Commerce, article Orte, Journ. Oeconom, Sept, 1766. p. 386. Mus. Ruttic. III, 253; 148 Anweiſung zur Bereitung Indeſſen verdient gedachte Frau Pfarrherrin Schmid zu St. Steffan nichts deftomweniger ſowohl den waͤrmſten Dank von Seite ihrer Mitbürger alg auch) Aufmunferung und das augzeichnendefte Lob, Diele haben viel gelefen, und das Vaterland hat nicht8 von dieſer Beleſenheit; fie fiel von hörenfagen feloft auf die Gedanfen, diefes Landesproduct zu be nugen, hatte Muth und Geduld e8 zu unternemmen, und Ausharrung, um die Unfernemmung big zum glücklichen Erfolg fortjufenen. Wenige hätten nur "angefangen, noch wenigere das Geſchaͤft ſich nicht erleiden laſſen. In keinem Lande waͤre es beſſer und nothwendiger, dieſe neue Fabrikation auf alle Weiſe auszubreiten und zu unterſtuͤtzen als in Helvetien, und das aus mehrern Gruͤnden. Erſtlich macht die Leinwand einen der groͤſten Hans delszweigen unſers Vaterlandes aus, allein nicht die Hälfte Flachs und Hanf wird zu diefem fo nüglichen Hans del im Lande feldft gepflanzet, fondern fümmt meiſtens aus der Pfalz und Elſaß; koͤnnte alfo durch eine Pflan⸗ ze erfeßet werden, die bey uns haufig und leicht zu ers halten iſt. Zweytens, mürde man hiedurch gemiffe Gegenden benugen fünnen , die zu aller andern Pflanzung untaugs lih wären. Wie viel Erdftriche giebt e8 z. E. in unfern wilden, waldichten und felfichten oberländifchen und Enmentbalifchen Gebürgen nicht, wo fein Grasfutter für Vieh waͤchsſst, Neffen aber mwachfen fönnen, und alfe auf eine wohlfeile Weiſe erzielet und weiters fortgepflans zet werden könnten; welches um defto nothmwendiger ift, da der Hanf und Flachs von. Jahr zu Jahr theurer wird und feine -Pflanzung auf dem Felde eine eigene Sorgfalt und Aufmerkfamfeit erfordert, auch oft Miß⸗ jahre auszuhalten hat. des Neſſelgarns. 149 Drittend. Angenommen , aber nicht Zugegeben , daß das Zeug und Garn von Neffeln verferfiget, nicht fo fein, nicht fo ſchoͤn, als die feinfte Leinwand ausfallen wuͤrde; fo Fönnte doch fürden geringern, aber defto noth— wendigern Hausgebrauch eine Mittelgattung verarbeitet werden, wodurch man gewinnen würde, daß man den Hanf und Flachs, fo man fonft zu dieſem Endzweck bes nußte , zu derjenigen feinern Fabrikation anwenden fünns te, die für den Luxus und Handel beftimme ift; folglich würde man entiveder den Feinwandhandel vermehren , weil weniger Hanf und Flachs für den Hausgebrauch verfauft wird, oder man würde um fo viel weniger dieſe Produckte aus der Fremde beziehen, als man ſich durch Neſſeltuch entſchaͤdigen wurde, und alſo immer mehr Geld im Lande behalten. er fieht endlich viertens nicht ein, daß eine Pflanze, die an wilden fonft unnuglaren Drten ohne Beforgung waͤchſt, einer andern Pflanze nicht vorzuziehen, oder zum wenigſten gleich zu fchäßen fey, die gute Grundſtuͤcke einnimmt, und mit Kenntniß und Erfahrung muß behan— delt werden, und die doch fo oft mißraͤth. Hauptfäch li in dem gebirgigten Helvetien, wo jeglicher nur im? mer; möglich urbare Boden forgfältig zur Futterpflanzung, oder Feldfrüchten muß bearbeitet werden, ift e8 von einem entſchiedenen Nußen, daß man von folchen fonft unbe— nußten Gegenden einen fo beftimmten Vortheil ziche, — Mer fieht ferner nicht ein, daß das aus Neffeln erhaltene Zeug und Tuch um ein gutes wohlfeiler werde, als die immer im Preis feigende Leinwand des theurern Flachs— fe8 und Hanfes. — Wer fieht nicht ein, daß ein groffer Theil armer Leute in gedachten Oberland — wo das weibliche Gefchlecht fonft ziemlich trag und zur Arbeit nicht fo aufgelegt ift, mie in dem fleißigern Emmens thal und fiefern Gegenden, zu einer folchen Arbeit fünns 150 Anmeifung zur Bereitung ten gehalten werden — da fie fonft gewöhnlich von dem Armengute der Gemeinden zehren und der menfchlichen Gefelfchaft nicht allein unnuͤtz, fondern oft ſchaͤdlich find. - In Deutfchland find viele und in Baſel felbft eine vors treflich eingerichtete Anftale, wo Arme zur Arbeit ange: halten werden, und alfo die ihnen mitgetheilten Unter: ſtuͤtzungen nicht unverdient genieffen. Man fragt fich ge wöhnlih — was ift der Gemwinnft von einer folchen An: ftalt ?— Dann heißt es, wir gewinnen freylich nichts, ſon— dern feßen jährlih zu; man belächelt die Einrichtung und denft dem zmenfachen Nutzen nicht nach, den eine folche Anftale mit fich bringt. Man nemme an, ein Staat verfchenfe ſowohl unmittel: bar von der Regierung aus, als aus allen den verfchies, denen Armenfonds, Gemeindgütern u. f. w. jährlich an Arme die Summe der 40,000. Gulden; die Armen verzehren eg, geben dem Staat feinen Vortheil und find gleih Schmarogerpflanzen , die an einem nüßlihen Baus me faugen und ihn am Wachsthum hindern; — man dens fe fich aber eine Flug eingerichtete und vertheilte Anftalk, mo Diefe Arme nach Maasgab ihrer Fahigfeiten, Kraͤf— ten, und Gefundheitsumftänden zu einer allgemein nüßs lichen Arbeit angehalten werden; weil man aber wegen der Gebrechlichfeit der meiften nicht fo viel von ihnen erwarten kann, als von Fabrifanftalten, die dag liebe ns treffe vegieret; fo laßt und annehmen, der Staat feße jährlih 20, ooo, Gulden zu— fo ift doch die andere Hälfte erfparetz man erhält eine zum menigften etwas nuͤtzliche Klaffe nicht unverdient, und geminnt den Dortheil, daß von einem Fahre zum andern eine Zahl bon Armen oder müßiggebenden Bettlern der arbeiten: den Menfchenflaffe minder zur Laft fallt. Wer arbeiten kann und die Arbeit fiheuet und ohne Schaam unver: Dientes Brod ißt, der iſt niedertrachtig genug, auch ans des Neſſelgarns. 151 dere Lafter auszuüben. Muͤßiggaͤnger find von jeher der Staaten und der fittlichen Geſellſchaft Geiffel geweſen, und werden e8 noch mehr werden, wenn fie fih in der unterften Volfesflaffe ohne Erziehung; ohne das gering; fie Gefühl von Sittlichfeit — oft gleichfam von Nechtess wegen, wie fie meynen — gemäftet wiſſen. Spinnen und weben find Arbeiten, die jeglicher Menfch — freylich etwas mehr oder minder volfommen — er: lernen und ausüben kann. Diefe Arbeiten find unbe dinge allgemein nothwendig — Denn durch Be erhalten wir unfere Kleidung. — Die weife und Fluge Einrichtung in den bernifchen Zucht / und Arbeitshäufern beweifen es deutlih, mo die Züchtlinge von eigenen Meiftern unterrichtet, von der gröbften Cdie zu ihrer Kleidung dienen muß) big zu der feinften Sorte, Arbeiten liefern,. die fehr gerne gefauft werden und geſucht find. Alte Weiber und minderjähs tige Kinder, die zu aller andern Arbeit untauglich find, können doch fpinnen, wenns nicht vielift, fo iſt es doch mehr, als nichts thun, und koͤnnte man hauprfächlich die Jugend neben der Landarbeit mehr zur Gefchaftigfeit anhalten, fo würde vielem geborgen. Unftreitig ift e8, daß man auf diefe Art, wenn man die Menfchen zur Arbeit halt, denfelben Arbeit verfchaft, und ihnen zum Abfaß der Arbeit behuͤlflich iſt, — gewiß in einem fo glücklichen Lande wie Helvetien ift — immer wenigere Arme finden muß. Da märde fich Feiner entz ſchuldigen fünnen (es fey denn, daß mirkliche durch ges richtliche Unterfuchung beſtaͤtigte förperliche Unvermögenz heit.daran Schuld fey)— er fünne Feine Arbeit finz den. Sollte aber in der That ein und anderer mit feiz ner Schwachheit nicht fo viel verdienen als es pro rata zu feinem Unterhalt vonnoͤthen ift — welches oft gefches ben fonnte, — nun alddann kann man denfelben ferner 152 Anweiſung zur Bereitung d. Neſſelgarns. aus * Gemeindgut unterfluͤtzen, wie man ihn itzt ernäßs ren muß. Sehr begreiflich iſt es, daB zu einer, folchen allgemei⸗ nen Armenbefchaftigung nichts zweckmaͤßigeres auszufins den mare , als eine Neſſeltuch-Fabrikation. Neſſeln wachfen wild — jedermann Fann fie gewinnen — Foften wenig oder nichts. — Die andere Arbeit, unter gehüs tiger Aufficht , koͤnnte eben fo leicht veranſtaltet, und alfo alle, die arbeiten Fonnen , mehr oder weniger befchaf- tiget, dem Muͤßiggang entzogen, und die Kinder früh zur Arbeitfanifeit angehalten merden. | Diefes ift nur in Nückficht der Armen gefagt — ferner aber zu ermeifen, daß die Neffeltuch » Fabrifation nicht für jedermann von Ertrag und dem ganzen Lande ‚von groffem beftimmtem Nugen wäre , halte ich für überflüßig. Aber wie ed anftellen ? eine gewöhnliche Frage. Hat man der fo gemeinnugigen öfonomifchen Gefelfchaft nicht einen groffen Theil des Flores der Reinwand Hand lung, durch ihre Aufmunterungen und Belohnungen zu verdanfen ? — Verdient diefe fo fleißige, Talentvolle Landwirthin und ihre Arbeit feine Achtung — feine Yes lohnung ? Wäre e8 etwas fo fofibares , fo unmöglicheg, einige arme aber verftandige Baurenweiber gegen eine fehöne angemeffene Entgeltung diefer wackern Frau in die Lehre zu geben, um die Handgriffe zu erlernen, daß diefe folche denn in ihren Heymathen meiters bekannt machen fonnten, und folche algdenn von neuen Lehrlingen ablöfen zu Taffen ? n Zum allerweniaften ift diefe fo nußliche Entdeckung Hedachter Frau Pfarrherrin Schmid der genauften Er waͤgung, des wärmften Dankes von Seiten der Mitbürz ger und vielleicht — nein nicht vielleicht , fondern ficher — taufendfaltiger Seegenswuͤnſchen der Funftigen Nach⸗ fommenfchaft werth — die diefes neue Hulfgmittel, fi Nahrung und Kleidung zu verfchaffen, einmahl wird ans erkennen müffen; und e8 gehört zu meinen vergnügte: ften Arbeiten, dem Fleiffe und den Talenten dieſes Frauen: zimmers bier ein Fleines Denfmahl aufgerichter zu haben, Ueber den Eee Chemiſcher Kenntniſſen auf das Wohl der Staaten, beſonders in Ruͤckſicht Helvetiens, Bon Herrn Brof, Gmelin in Goͤttingen. 154 Weber d. Einfluß hemifcher Kenntniffen Wenn der Einfluß, den eine Wiffenfchaft auf dag Wohl ganzer Staaten und ihrer einzelnen Mitglieder hat, den Werth derfelben beftimmet; fo wird ed mir nicht ſchwer werden, zu ermweifen, daß Chemie unter den menfchlichen Wiſſenſchaften eine der erſten Stellen verdienet. Zwar höre ich den Staatsbürger mir enfgegenrufen : Wie laͤßt fih einer MWiffenfchaft dag Wort reden , 9% ſchweige denn einen vorzuͤglichen Werth antveifen, die ſchon fo viele taufende um Glück, Gefundheit und Ehre ges bracht, Zürften und Niedere fo fehimpflich getäufcht hat? Wie, halt mic der Arzt entgegen, läßt fich die Wiſ— ſenſchaft vertheidigen, die durch die Traumereyen von einem allgemeinen Arzneymittel bey fo vielen Aerzten als les vernünftige Studium der Kunſt niedergedruckt und die geöbfte Empirie auf den Thron erhoben hat? Die Kunſt, die der Heilfunde fo viele Irrthuͤmer von natürs Jicher und widernatürlicher Befchaffenheit der Gäften, fo viele (hädlihe Meynungen von Heilung der Kranfheis ten aufgedrungen-, und Jahrhunderte lang geltend eız Halten hat? Wahr ifteg, daß mande Chemiften vom Durſte nach Golde befeelt auf Irrwege gerathen find , welche ihnen, und der Wiffenfchaft, der fie fid) rühmten, Schande mas chen; aber war e8 wirklich Chemie, die fie auf dieſe Ab⸗ wege führte? War fie es nicht vielmehr, deren gruͤndli⸗ chere Kenntniß ſie auf das kraͤftigſte haͤtte warnen, ihnen haͤtte auf das handgreiflichſte zeigen muͤſſen, — (wenn ſie ſich darum bekuͤmmert haͤtten) wie blind in den Tag hinein ſie arbeiten, wie weit das Ziel, worauf fie lo giengen, — felbft für Leute, welche die richtigſten Grunds Hegriffe und die glücklichfte Zertigfeit in dergleichen Ars auf das Wohl der Staaten ꝛe. 155 beiten haben — entfernt, wie beynahe unerreichbar es ift, wie weit wir noch in der Kenntnis der Körper, vor; nemlich der Beftandtheilen der Metalle , die fie durch) Kunft hervorbringen und in einander verwandeln wollen, suruck find, und tie unentbehrlich doch eine folche Kennt⸗ nis zu dieſem Zweck if? Und waren es nicht Chemiften, aber aufgeflärte wahre Chemiften , welche die Betrüges reyen der herumziehenden Laboranten und Goldmacher öffentlich befannt machten, das muftifche Blendwerk und die eiteln Hoffnungen der Rofenfreußer und ihrer Genoß fen in ihrer ganzen Dlöffe darftellten ? Sind fie es nicht, die fih auch noch itzt der reinen Vernunft und aufgeflartern Kenntnis gegen die fchleichens de frömmelnde Schwärmerey der Adepten und ihrer Sad; | walter auf dag fräaftigffe annehmen ? Aber die Arzneyfunft , fie blutet noch von den Wuns den, die ihr, zu der Zeit, da fie mehr in Anfehen war, die Chemie gefchlagen hat; noch wimmeln unfere Apothes fen von chemifchen Arzneyen, die bey dem hellen Scheine vernünftiger Grundfäße und Iauterer Erfahrung geprüft, mehr Schaden fliften müffen und geftiftee haben, alg Gutes; noch ſpuckt in den Köpfen fo mancher Aerzten und Afterärzten der unfelige Glaube an Univerfalmittel, die für ale Schäden gleich gut find, oder doch niemalg fhaden. Woher diefer Irrwahn anders, als aus der Chemie? Wahr ift e8, daß e8 auch unter den Chemiften viele gab, welche die Grundfäge ihrer ohnehin noch uns geläuterten Wiffenfchaft unrichtig ſowohl auf theoretifche ale ausübende Arzneyfunft anwandten; aber welche. wahre oder angebliche Wiffenfchaft hat fich, fo weit fie auch nur einige Verbindung mit der Arzneyfunft hatte, — von angemwandter Mathematik big zur Sterndeuteren , nach dem Zeugnis der Gefchichte — nicht ähnlicher Vers gehen fhuldig gemacht? War es auch wirklich immer Ches — 156 Weber d. Einfluß chemifcher Kenntniſſen mie, was ihre Befenner dafür ausgaben ? Und waren es nicht Chemiften vom erften Range , Hoffmann, Börhas de ıc. , die das Falſche jener Grundfägen, dag Ungereim- te ihrer Anwendung vor der Welt zuerft enthuͤllten, jene hemifche Irrthuͤmer ausrotteten ? Waren es nicht großs tentheils Chemiſten, weldye den wahren Werth und Uns werth vieler in die Apotheken aufgenommenen, auch chemi; fchen Arzneyen beſtimmten, das alberne der ungemeffenen Kobfprüchen, womit man fie überhäufte, das wieder; fprechende in dem Begriff eines Univerfalmitteld, wenn man nicht mit Worten fpielen will, in feiner ganzen Bloͤſ— fe geigten?. Aber man gehe einmal die Gefchichte. alter und neuer Staaten, vornemlich handelnder Staaten dur, unters fuche die Grundpfeiler ihres Wohlftandes und Neichz thums; man rechne noch fo viel für fruchtbaren und an mancherley Naturproduften ergiebigen Boden, fir glück liche Lage am Meer oder groffen Gemwäffern, für Betriebs famfeit und Gefchäftigfeit im Nationalcharafter , für Traͤgheit und Stumpffinn der Nachbarn und Zeitgenof fen, für richtige, ermunternde und belohnende Grund, ſaͤtze gelinder Regierungen in handelnden , und falfche, Zweckwidrige, alen Muth niederdrückende Grundfäge in andern Staaten, — man rechne noch fo viel für dieſe Umftände ab; fo meifet ung doch die Gefchichte, Beys fpiele. und Beweife genug auf, daß Chemie, fo gar, da fie in ihrer Kindheit, und ehe fie noch in miffenfchaftliche Geftalt, gebracht war, einen fehr groſſen Antheil an ihr sem. blühenden Zuftande hatte. Die Phönizier , die ältefte bandelnde Voͤlkerſchaft, von welcher wir etwas mit Zuverlaͤßigkeit wiſſen, hat⸗ ten einen ſtarken Haudel mit Zinn, das ſie von den Scilly Inſeln und der abendlichen Kuͤſte Englands holten; hier brach es aber nach aller Wahrſcheinlichkeit, ſo wie heut anf das Wohl der Staaten ꝛc. 157 zu Tage nicht oder nur Aufferft felten in feiner vollfoms menen Geftalt, fondern in feinen verhartefen Kalken und Erzen; mie follten fie es aus dieſen heraus bringen ? Wie fonnten fie es ohne chemifche Arbeiten? So unvolls fommen auch dieſe, verglichen mit unferer heutigen Vers fahrungsart , feyn mochten, fo war doch der erffaunens de Geminnft, den fie nur von diefem Zweig ihres Alleinz handels hatten , der Chemie zum Theil auf die Rechnung zu fehreiben. Sie feheinen , freylich mehr durch Zufall, das Glas, ein offenbar chemifches Produft, erfunden zu haben, dag damals dem Bolde gleich gefchätse wurde , und deffen Abfag auch deswegen, meil fie e8 allein zu bereiten mußten, felbft noch ehe fie fich damit befchäftigs ten e8 zu farben, ihnen ungeheure Summen abwarf. Ihre Abfömmlinge, die Tyrer, farbten den Purpur, Auch diefe Kunſt, fo mangelhaft unfere Nachrichten vom Tyriſchen Purpur find, darf fih die Chemie um defto getrofter zueignen , da fie fiih in neuern Zeiten fo groffe Verdienfte um die Färberfunft erworben hat. War es wohl blos der Handel nach der Levante, der Venedig einige Jahrhunderte allein hatte, hoͤchſtens mit einigen italianifhen Freyſtaaten theilte, der es fo groß und blühend machte ? Wer wagt es diefeg zu behaupten, ohne fich feiner groffen Bleyweiß, Spanngrün, Wein⸗ fein, Glas, Blasforsllen, Spiegelsund anderer Fa— brifen.mehr zu erinnern , deren glücklicher Betrieb auf einer vernunftigen Anwendung chemiſcher Grundfägen bes ruhet, durch fie ungemein erweitert und verbeffert wers den fonnte? Und der blühende Zuftand der Slamländer, in ſpaͤtern Zeiten der Holländer , rührt er nicht größtentheils von ihren Zuchfabrifen und dem Farben der Zeuge, rührt er nicht vollends bey den letztern, von den mancherlen groffen Fabriken, von Sublimat, Dräszipitat, Zinn 158 Ueber d. Einfluß chemiſcher Kenntniſſen ober, Salmiak, Scheidewaffer, Salzgeiſt, Ditriolöl, Schwefelblumen , Lakmuß, Bleyzucker, Bleyweiß, Gruͤnſpann, rafinirten Borax / Rampfer, Zucker, ge reinigtem Seeſalz, von allerley Farben u. dgl. her, lau⸗ ter Fabriken, deren vortheilhafte Einrichtung und Ver vollkommnung chemiſche Kenntniffe erfoderte , und mie gründlicher Diefe waren, defto eher erreicht werden fonnte ? Beruht nicht felbft ein Theil von dem blühenden Hans del Englands auf der vortreflihen Einrichtung feiner Sabrifen, — die vorzüugliche, theils allgemein anerkannte Güte, theils geringe Preife der Waaren, die fie verarbeis ten und an Ausländer abfegen, — ihrer Stahlwaaren, ihrer gelben Metallen, ihrer Iakirten, emaillirten und bemablten Rupfers und Eiſenbleche, ihres Zinns, ihrer Mennige, ihrer Schwefelblume, ihrer sEifenvitriole , ihres Ditriolöls u, dgl. eben fo fehr auftreuer Befolgung. und gefchickter Anwendung chemifcher Grundfägen, als auf der Aufmunterung und großmütbigen Unterſtuͤtzung, welche die Neprafentanten des Volkes fowohl, als eins zelne erfindrifhe Scheidefünftler angedeihen laffen ? Wem haben Schwedens Huͤttenwerke ihre vortrefs lihe Einrichtungen , wem ihre vorzügliche Produkte, ihr gutes EKiſen, Kupfer, Alaun, zu verdanfen, als den fruchtbaren Bemühungen der groffen Chemiften SBiärne, Swal , Zronftet, Brand, Bergmann, Rinnmann, Wallerius, von Engeſtroͤm u. a. m.? Deutfchland felbft kann fich , vollends in fpatern Zeis ten , ähnlicher Vortheile ruhmen , die es von tiefern Einfichten in eine aufgeflärtere Chemie gezogen bat: Seine Hüttenwerfe in Sachfen und am Harze werden noch immer in vielen Nückfichten Mufter für dag Ausland bleiben ; Deutfche waren es, die durch chemiſche Verfus che geleitet, daß erſte Blaufarben⸗Werk anlegten, das ihnen, vornehmlich in den erfien Zeiten, da fie noch als auf das Wohl der Staaten ꝛc. 159 kein in dem Beſitze dieſes Gewerbs waren, unſaͤgliche Summen einbrachte; die erſte deutſche Salmiakfabrike ſchreibt ſich von den Gebruͤdern Gravenhorſt zu Braun⸗ ſchweig her, deren chemiſche Kenntniſſe der Welt hin⸗ reichend bekannt ſind; eben dieſen ihren Kenntniſſen ha⸗ ben wir die Erfindung eines herrlichen Gruͤns zu verdan⸗ ken, das uns das auslaͤndiſche, ſelbſt das gelaͤuterte Spanngruͤn entbehrlich macht. Wen *) Beyfpiele noch nicht überzeugen ſollten, mie wichtig der Einfluß der Chemie auf Künfte und Gewerbe, und durch fie auf das Wohl ganzer Staaten ift, der vergleiche den ehemaligen Zuftand der Künfte und anderer Gewerbe, auf.melche Chemie Einfluß haben faun, mit dem gegenwärtigen, wo fie theils aufgeflärter, und ihre Grundfäge fifter find, theils aber auch eifriger und alls gemeiner auf fie angewandt wird. Wie weit waren ches mals die meiften diefer Künfte zuruef, wie unbeſtimmt und unficher ihre Grundfäge, wie handwerfsmäßig ihre Ausführung! Höchftens, daß bin und wieder ein einzel» *) Die Schweiz ſelbſt hat der Scheidefunft , ohne es nur zu willen, einige ihrer hauptfächlichften Handelsartifel zu verdanken; ohne nur jene wahrhafte chemifche Operationen, als das Kaͤſemachen, Milchzuckerfabrifation u. ſ. w. zu berühren. Laffet ung den aus— gebreiteten Hirfchemwssffer - Handel betrachten , von welchem fich ganze Dorfichaften ernähren, und diefes Produkt in viele fremde Sande für fchöne Summen verfenden. Je methodiſcher gewiſſe Leute damit umaehen , dag heißt, je mehr nach richtigen Grund— fagen , defto beffer wird es, deſto groͤſern Vorzug erhält daffelbe , und diefem gröffern und billigen Vorzuge, verbunden mit Handels geifte haben gewiſſe Männer ihren darin erworbenen groſſen Reichthum zu verdanfen. Serner giebt es Dorffchaften, deren Nahrungszweige vollfoms men auf Chemie gegruͤndet find, die einen grofien Vertrieb mit Scheidewaffer, Hirſchhornoͤl und Geift, Salzgeiſt, Tartarus Vitrio- latus, u. ſ. w. nach dem Ausland haben, und im Stillen einen, fchönen Gewinn ziehen. | — 160 Weber d. Einfluß chemiſcher Kenntniſſen ner Kuͤnſtler heller ſahe, nach richtigern Grundſaͤtzen ar— beitete, aber denn auch nach dem Geiſte ſeines Zeitalters feine Wiſſenſchaft als ein ihm allein anvertrautes Ges heimniß bey fich verfchloß, und auf dag eigennüßigs fie damit wucherte. Heut zu Tage, da richtige chemifche Grundfäge allgemeiner verbreitee und bekannt, nicht mehr das Eigenthum einiger wenigen find, ift es nicht mehr fo leicht, foldhe Geheimniffe lange unentdeckt für ſich zu behalten, fo bald fie wenigſtens das Wefentliche einer Kunft betreffen, Sollte dag nicht ein groffer Vorzug unſers Zeitalterg, einer von den Vortheilen feyn, den wir den Bemühungen der Chemiften um die Verbefferung der FKünften zu verdanken haben; daß ein groffer Theil fols cher geheimen Kunſtgriffen nicht mehr blos Einzelnen zu ftatten fommen , die fich auf Unfoften der übrigen groß fe Reichthuͤmer aufhäufen , fondern gemeinnüßiger für das Wohl mehrerer oder ganzer Staaten wirft? Seitdem fih Reaumuͤr und duͤ Say damit befchäftis get haben, die Bereifung des Porzellains nach chemiz ſchen Grundfägen zu beleuchten , und aus einander zu feßen, ift die Meißniſche Dorzellainfabrife nicht mehr die einzige in Europa, ) und wenn gleich die neuern ihre ältere Schwefter nicht durchaus erreicht haben, fo fomme doch nun andern Ländern Europeng, vornemlich Deutfchland, etwas von den Vortheilen zu gut, die fie fonft allein zog. Seitdem wir durch chemifche Prüfung unfere Erdarten näher feunen gelernt; feitdem wir unfere Verſuche im Feuer mit mancherley Erdarten, auch auf Töpferarbeiten anzuwenden angefangen haben; fehen mir nun ein, daß die Natur den Niederlanden und England fein ‚*) Seither find in der Schweiz zwey Worzellainfabrifen angelegt worden , die fehr ſchoͤne Arbeit machen, eine zu Zurich, Die an⸗ dere zu Neus im Kanton Bern, “auf das Wohl der Staaten ie. 16£ Fein augfchließendes Recht auf Fayance und feineres Steinzeug ertheilt hat. *) Seitdem Bergmann gezeigt haft, worauf es bey der Bereitung eines reinen Alaung anfömmt, und Mittel vorgefchlagen hat, durch melche das gewöhnliche in den Erzen ſteckende Eifen gefchieden wird, bereiten die Schwedifche Nlaunhütten den Alaun ims mer fo gut, als ihn je der Kirchenftaat lieferte, **) Geitdem wir mwiffen , daß viele unferer Salzſolen viel Glauberfalz enthalten , verfieden wir es für den Arzneys gebrauch um meit geringere Preiſe aug dieſen, als eg fonft nach der Vorſchrift der Apotheferbücher bereitet wurde, ***) Seitdem eine genaue Prüfung unferer Salzfolen gezeiget bat, daß diefe meiftend Bittererde, oft fhon gebildeteg ) Ste dieſe Art Steingeug und Töpferarbeit befindet fich im der Schweiz , vorzüglich im. Kanton Bern, vortreflicher Thon und Kiefelartige Erden, fo daß das fo herrliche englifche Steinzeug ent weder von einer Verm ſchung von Flintſtein Pfeifenerde, Porzel— lain - £hon u. ſ. w. fehr leicht koͤnnte nachgemacht werden. Die fogenannte Supererde, ſo bey Rangnau und noch an verſchie— denen Orten bricht; der feine Thon von der Wergiſal-Alp im Grindelwald, find dazu ſehr anzupr iſen; und an fo viel Orten wuͤrde man noch vorzuͤaliche Erdarten entdecken; aber dazu ge— hoͤren chymiſche Renntniſſe. 2. *) Alaunſchiefer, Thonſchiefer mit Schwefelfies, loſe Schwe- felkleſe u. dal. befinden ſich in groſſer Menge im Berniſchen Obere land, Sasle, Grindelwald, Sauterbrunnen, Krutigenthal, und vorzüglich im Rienthalz fo daß es nicht einmal gar arofe chy> mifche Beariffe, nur einige Unterftüßung braucht, um Haus und Schwefel, diefe für Sabriten, Zandwerker und Schieß— pulver unentbehrliche Produkte feloft im Lande zugubereiten, für welches doch groffe Summen aus dem Lande geben. 5. excx) Auch Glauberſalz findet man aar gediegen im Amt Schwarzen⸗ burg, (wie unten die ſchoͤne Analyſe des Hrn. Apotheker Morells in Been, naͤher erweiſen wird) ſo daß, wenn demſelben mehr nachgeſpuͤret wuͤrde, vielleicht eine groſſe Menge koͤnnte verſot⸗ ten werden. 5. Magaz. f. d. Naturk. Zelvetiens. I B. L x t 162 Ueber d. Einfluß chemiſcher Kenntniſſen Bitterſalz enthalten, bereiten wir uns unſere Magneſia und unſer engliſches Salz ſelbſt: Seitdem uns de Morkeau gezeigt hat, daß auch Salpetermutterlauge noch auf Salpeter geuutzt werden kann, ziehen wir weit mehr Bon theil aus unferer Galpetererde. *) Seitdem wir wien, daß auch Miſtjauche, wenn fie eingefocht und gebrannt $. wird, Potaſche giebt, haben felbft Holzarme Länder ein Mittel, wie fie fich diefe bereiten Fünnen: Seitdem Boſe⸗ Antik gezeigt hat, daß aus der Afche von wurmfraßi⸗ gen Holy Strünfen, von abgehauenen Bäumen, mehr Pos tafche erhalten werden fann, als aus gefundem Stamm holze; feitdem wiffen mir; wie mit gröfferer Schonung der Waldungen Potafche gebrannt werden kann. *) Geitdem, daß chemifche Prüfung ung gezeigt hat, daß feine Holzs aſche ohne vitriolifhen Weinftein ift, der durch dag ges wöhnliche Auslaugen derfelben nicht ausgezogen wird, und Lavoſier dargethan hat, daß diefer vitriolifche Weinftein eben ſowohl als das Faugenfalz zur Bereitung des Salpeters taugen, fo koͤnnen wir nun gefroft unfere Afche zuerft zum Wachen, Bleihen, Seifenfieden u. dgl. ) Die neuern Entdeckungen über die Entſtehung der Salpetererde > md ihrer vortheilhaftern Erzeugung befätigen immer mehr und mehr den Vorſchlag, den ich hoͤhern Orts einzugeben gnädiaft war aufgefordert worden ; nach welchen ohnbezweifelt jeglicher Staat fich feinen Salpeter genug, wohlfeil, und ohne der vielen ehema⸗ ligen Beſchwerlichkeiten verfchaffen fonnte. 2. “) Dotafche koͤnnte und follte einer der beften Handelssweigen Hel— vetieng ſeyn, wenn diejenigen, fo damıt umgeben , beflere und chymiſche Begriffe davon hätten; und bis igt wird die Verar- beitung und Erhaltung diefes Produkts zum arößten Schoden der Waldungen des Landes getrieben. Wie erftaunlich viel Pol; verfault nicht in den Alpen, 3. E im Oberland, im Emmen thal, im Eriz, dus zur Stelle in Afche verbrannt, in Saͤcken vertragen, zu Potaſche koͤnnte verwandelt werden. Unſere Waͤl— der ſtecken voll Farnkraut, das, wie bekannt, die allermeiſte Potaſche liefert, — und dieſes Farnkraut verfault unbenutzt. Dr * auf das Wohl der Staaten ꝛc. 163 brauchen, und denn auf die Galpeferhäufen werfen. — Seitdem wir die Eigenfhaften des Flußſpats, vornehm⸗ lid) feine Leichtfluͤßigkeit in Verbindung mit andern Erd; ‚arten fennen, laffen fi ich nun leichter dauerhaftere, ges R ſchmeidigere und minder gefährliche Glaſuren auf Thon; ‚und Metallwaaren bereiten, al? unfere gewoͤhnliche Bleys glafuren find, Seitdem mir wiffen , daß mineralifcheg Laugenſalz durch Potaſche gefällt wird , bereiten wir ung jenes aus dem Kuͤchenſalze, und entbehren ohne Nachz tbeil die fpannifche Soda. Geitdem man am Dberharze, die Eigenfchaft de Eiſens, Schwefel einzuſchlucken, im Groſſen angewandt hat, leider man bey dem Schmelzen filberhaltiger Bleyerzen beynahe feinen Abgang von Bley und Silber, von denen fonft ein groffer Theil in den Nauchfang flieg , verbrannfe und in die Schlafe fam. Seitden man in den Kärntifchen Hüttenwerfen mehr Auf merffamfeit auf die Geftalt der Defen, die Wahl der Zus fchlägen, den ganzen Verlauf der Hüttenarbeiten wendet, ift , der weit geringern Ergiebigfeit der Gruben unge achtet, der Ertrag an Bley weit beträchtlicher , als in den berfloffenen Zahrhünderten. Geitden man den chemi ſchen Grundfaß , dab Schwefel alle übtige Metalle, nur - Zinf, Platina und Gold nicht, angreift, auch auf golds haltiges Kupfer anwendet, wird das Gold aug dieſem weit volfommener ausgezogen, als durch die Bleyarbeit, und fo der Ertrag folcher Huͤttenwerken weit anfehnlicher, Seitdem der verdienſtvolle Herr Hofrath von Born über; zeugend dargethan, daß Gold und Silber auch aug ihren Erzen durch Dueffilber ausgezogen und mit wenigerm Auf: wande weit volfommener ausgezogen werden fünnen, bluͤ⸗ hen die ungarifchen Berg: und Hüttenmwerfe von neuem auf, Dies find nur wenige von den redenden Beweiſen, welche Vortheile vernünftige Anwendung der Chemie Künften und Gewerben bringen fann. 164 Ueber d. Einfluß chemifcher Kenntniffen Auch erhöht es den Werth der Chemie ungemein , daß fie ung eine beffere , vollffändigere , zuverläßigere Kenntnis unferer eigenen Naturproduften —6 durch ſie lernt der Landwirth ſeinen Boden kennen, weiß nun beſſer, wie und was er darauf zu bauen hat, erkennet die Fehler deſſelbigen, und findet die Huͤlfsmittel dage— gen; *) haͤtte ſich der Landwirth, und vornemlich der landwirthſchaftliche Schriftſteller mit den Grundſaͤtzen der Chemie vertrauter gemacht, ſo wuͤrde mancher Verſuch beſſer, manches Urtheil anderſt, manche Vorſchrift vers *) Dieſer Gegenſtand kann nie genug bier im Lande erläutert werden. Die Landwirhtfchaft fieht in Helvstien — nad) England — auf dein beten Fuſſe in Europa; allein in Rückficht der Lehre der Dung> mittel und Verbefferungsmittel berrfchen noch viele Srrthiimer, ſelbſt bey den aufgeflärtern Landwirthen im Lande. Indem fie den eigentlichen Dünger (der aus der Faͤulnis organiſcher Subſtanzen entficht) mit ven verbeffernden Erd» arten verwechfeln 5; fallen fie in die größten Fehler, erwarten Nutzen, wo feiner zu erwarten iſt, und vernachläßigen denfelben da, wo er erzielet werden fünnte , bios darum, weil ihre Begriffe von den Dungmitteln und en Erdarten noch dunkel und unge: laͤutert find. Die Mergelart n „Kalk, Ems, Sand, koͤnnen, went fie an gehoͤrigem Orte angewendet werden, von herrlichem Nuz zen, und hingegen ohne Wahl und Kennt:is angebracht, von wahrem Schaden feyn. | Diefe Erdarten verbeffeen ven dazu fehicklichen Boden, ma— chen ihn zur Anpflanzung tauglich, aber duͤngen niemahlen. Ein naffer thonigter Boden wird durch Kalkmergel, Kalf, Gyps, Sund, verbeffert und lockrer, ein trockner harter Biden aber zu hikig und unbrauchbar gemacht. Mer fieht bier die Nothwendigkeit der hymifchen Kenntniſſen niht ein , vermit- gelft welcher man die Natur des zu verbeffernden Bodens und der anzumwendenden verbeffernden Erdart gehörig beftimmen fann? Und eben wegn dem Mangel diefer Kenntniß gefchahe es, daß viele Landwirthe diefe fonft fo herrlichen Verbefferungsmittel ganz verwarfen,, weil fie viefelben bey ven erften Merfuchen nicht nach den rechten Grundſaͤtzan an gehoͤrigem Orte anwaͤndten. Z. auf das Wohl der Staaten ꝛc. 165 nünftiger und beſtimmter ausgefallen ſeyn; hätte der Lands wirth bier immer vichtige Begriffe gehabt, fo würde er ſich nie eingebildet haben, daß Vermifchung mi andern Erdarten den Boden dinge, alſo auch für Gewächfe, die Dünger noͤthig haben, den Dünger entbehrlich mas che, nicht ohne Unterfchied auf jeden Boden, der ihm ‚nicht genug trug, Düng: Salze, Kalferde, Kalk, Kalk fteine, Kreide, Gips, Mergel u. ſ. w. gebracht, nicht fo manches für Mergel gebraucht, was nichts weniger al Mergel war, und fo gewiß von dieſen neu hervorgezoge— nen Mitteln zur Derbefferung des Bodens ein anderes bald günftiges , bald nicht fo lobpreifendeg Urtheil ges faͤllt haben. Kennt der Landwirth und Handwerker feine fchon im Schooße der Natur vorhandene Bedürfniffe im Allgemeiz nen, fo fennt er fie doch felten nach den verfchiedenen Stuffen ihrer Güte; aber fo giebt ihm der Scheidefünfts ler leicht Mittel-an die Hand, an welchen er auch diefe erkennen Fann ; er zeige ihm, ob er von einem Kalfftein guten oder fchlechten , fetten oder magern Lederfalf zu erwarten hat, ebe er ien brennt, und erfparet ihm das durch manche vergebliche Mühe, viele mislingende Vers füche , felbft die Gefahr von Vorwürfen, von denen, Die ihn feinen Kalk abnehmen, und die noch gröffere Gefahr feinen Abſatz noch ganz zu verlieren; er zeigt ihm, mie er die Gute feines Gypfes, feines Thons, feines Schieferg, u. dgl, unterfuchen fann, che er noch etwas damit ind Groffe unternimmt ; er: zeigt dem Befiger der Salzwerken . den Gehalt feiner Sole an Küchenfalz ſowohl als andern nußbaren Produften, und daraus, ob und wie fie am vortheilhafteſten zu verfieden ift. Und wie viele Vortheile verſchafft nicht die Chemie in der Kenntnis der Erzen, und in der Kunſt das Metall aus denfelben augzubringen ; fie zeigt nicht nur, ob, welches, wie viel Metall darinn 166 Ueber d. Einfluß chemifcher Kenntniſſen ſteckt, ob es alfo nad) mwahrfcheinlichen Berechnungen Mühe und Koften bezahlen wird, es auszuſchmelzen, fondern fie zeige auch die Art der fremden Theile, welche dem Metalle beygemiſcht find, und beſtimmt, theils nach dieſen, theils nach der Natur, dem Zuſtande der Leicht, oder Strengfluͤßigkeit, Fluͤchtigkeit, Verbrennlich— keit oder Feuerbeſtaͤndigkeit des Metalls ſelbſt die vortheils hafteſte Wahl der Zuſchlaͤgen, Einrichtung und Geſtalt der Oefen, Regierung des Feuers. Sie lehrt uns alſo nicht nur unſere eigene Produkte kennen, ſondern auch auf das beſtmoͤglichſte nutzen. Sie zeigt ung auch Mits tel und Wege, wie wir Achte Waaren von unächten unters fcheiden fünnen: Was iſt dem Ehemiften leichter als achs te Farben von falfben, Achten und guten Indigo, von ſolchem, der mit Lackmuß, oder DBerlinerblau, oder ans dern blauen Farben verfegt iſt, Achten Lackmus von fol chem, der mit Rupferblau verfälfcht ift, röthlichen Alaun, der feine Farbe von Bolus oder Kobolt hat, vom achten römifchen , — Bitterfal; vom Glauberfalz , Bittererde von Kalt; oder Gypserde, oder einem Gemenge aus beyden, ächtes Sauerfleefalz von einem mit Säure Überfättigten vitriofifchen Weinftein, achten Milchzucker von einem fol chen, der mit Alaun oder gemeinem Zucker verſetzt iff, feines Silber von Kupferhaltigem , reines Gold von les girtem, oder von ROH andern gelben Metalle zu uns terfiheiden ? Sie macht die Obrigkeit auf gemiffe oft lange uners fannte Duellen von Krankheiten, die zumeilen einen groffen Theil ihrer Bürger heimfuchen, und viele unter denfelben früher unter die Erde bringen, aufmerffam; fie, zeigt, wie ungemein leicht in Feuchtigkeiten aller Art Bley, Zinn, das mit Bley verſetzt iſt, Kupfer, Meßing und andere gelbe Metalle, zu welchen Kupfer koͤmmt, auflöglich find; sie gefährlich daher ihr Gebrauch in Deicheln, Ciſternen auf das Wohl der Staaten e. 167 und Ziehbrunnen, die damit zuweilen ausgeſchlagen werden, bey Brandweinbrennereyen, Eßigbrauereyen, in Haushaltungen und Apotheken iſt. Sie zeigt endlich den Greuel mancher Vergiftungen mit Arſenik, Subli— mat, Bley und ſeiner mancherley Kalken zuverlaͤßiger, und fuͤhrt den Richter auf einen Weg, auf welchem er den Verbrecher entdecken kann. Wenn Fabriken Waaren des Luxus verarbeiten, ſo iſt es bey der Veraͤnderlichkeit der Mode und des Geſchmacks nicht ſelten der Fall, daß ſie auf einmal ſinken und ihre MWaaren liegen bleiben; hat der Unternehmer Feine andere Reſſourcen, weiß er feinen Produften feine andere Ge ſtalt zu geben, oder ftatt der bisherigen andere dem vers Anderten Gefhmace mehr anpaffende zu liefern, fo ift er nicht felten zu Grunde gerichtet ; oft zeigen ihm chemis ſche Arbeiten einen Austweg zur Nettung: So trieben die Einwohner der böhmifchen Stadt Turnau, eine geraume Zeit hindurch einen fehr einträglichen Handel mit allerley feinen Steinen , die fie in ihrer Nahe fanden, und auf mannigfaltige Weife fehr gefchickt verarbeiteten; aber auf einmal ftecfte fich gleich der Handel, und die Steine fans den Feine Liebhaber mehr; einige von ihnen geriethen auf den Gedanfen, von den Venetianern die Bereitung three fchönen Slasflüffen zu lernen, und führten ihn auch nach vielen vergeblihen Bemühungen endlich glücklich aus; ihre fünftliche Edelfteine fanden ſelbſt in Paris fo vielen Beyfal, daß fie Faum genug liefern konnten, fegten fie wieder in Nahrung, und machten fie fo berühmt, daß fie von Fremden, die Böhmen durchreifeten, faftdurchaus beſucht wurden, Wenn Fabrifen , vollends in Fleinern Staaten , um gut zu fichen , den größten Theil ihrer Produften in ans dere Länder abfegen, fo hängt ihr Glück und Unglück ſehr viel von den Nachbaren und ihrem Wohlmollen ab; 168 Ueber d. Einfluß chemifcher Kenntniffen verbieten mächtige Negenten benachbarter Staaten von gröfferm Umfange die Einfuhr, wohl gar die Durchfuhr aller fremden Sabrifprodufte überhaupt, oder legen ftar: fe Zole und Abgaben darauf, fo leiden entweder jene Babrifanten einen gewaltigen Stoß, oder fie find geno: thiget, den Preiß ihrer Waaren, menigftens in den Laͤn— dern, mo fie fo ſtarke Abgaben bezahlen muͤſſen, fo zu erhöhen, daß fie der Einheimifche eben fo wohlfeil oder noch mohlfeiler felbft macht, — oder um den Preiß gleich zu erhalten, fie fchlechter zu machen , und dadurd) in Gefahr den Credit ihrer Waare zu ſchmaͤlern. Eben fo unficher find unter folchen Umſtaͤnden Fabri fen, zu welchen der rohe Stof aufferhalb Landes erfauft merden muß; eben fo abhängig von dem Wohlwollen der Nachbarn, die, wenn fie es ihrer Handelspolitif aus maß finden, einftimmig alle Ausfuhr des rohen Bedürf niffes jener Fabriken in das von ihrem Gebiete umfichloß fene Land durch fErenge Gefege zu unterfagen , dieſe Fabri— fen zu Grund richten Fönnen, Sabrifen und Manufafturen merden alfo zwar nicht immer einträglicher feyn, aber doch unter übrigens glei chen Umftänden defto fefter ftehen , wie weniger ihrer Produften blos Waaren des Luxus find, mie mehr fie auf folche Ruckfiht nehmen, die im Lande felbft Abfak genug finden, und bisher von Ausländern gefauft wurz den; und twie mehr fie einheimifche Naturprodufte vers arbeiten und veredeln, die fie mwohlfeiler erhalten können, und deren Geminnung ihnen fein Fremder erfchmeren oder verfagen kann. Helvetien hat nebft feinen Bundesgenoffen dergleichen natürfiche Erzeugniffe genug , die e8 auch von diefer Seite von andern Staaten unabhängiger machen, die das Bas ferland mit vielen Waaren verfehen fonnen, welche e8 bisher nur von Ausländern Faufte, einige in ſolchem Ue⸗ b auf das Wohl der Staaten ꝛc. 169 berfluffe, daß. es noch viele an Fremde abfiten und das gegen dasjenige eintaufchen koͤnnte, was, wenigfteng einiz gen feiner Staaten, zum Beduͤrfnis oder zum Wohlleben abgehet; feine viele Seen und flieffende Waſſer erleich- tern das DVerführen von einem Ctaat in den andern, feloft, wo fie Abfag ihrer Waare finden, zum Theil in fremde Staaten; die letztere C flieffende Waſſer) würden auch mit Vortheil zum Treiben des Geblafes bey Hütz tenmwerfen, fo wie anderer Maſchinen bey Fabriken und Manufafturen; fine reiffende Bergwaſſer insbefondere zu Holzroſchen u. dgl. gebraucht werden fönnen : Aud) fehlt e8 in mehrern Gegenden nicht an Holg, von wel chem gewiß noch) ein groffer Vorrath vorhanden wäre, und felbft für die Nachtommen erhalten werden fönnte, wenn nicht Bürger und ganze Gemeinden fo oft in dem irrigen Wahn ſtuͤnden, daß gufe, vernünftige, hausbäls ferifche Forfieinrichtungen , meit gefehlt ihnen oder ihrer Nachkommenſchaft zu flatten za fommen , gegen ibre fauererfochtene Freyheit freiten, und nach diefen Grunds faßen ıhr Holz ohne Ordnung und Unterfchied, und ohne für Nachwachs zu forgen, fallten : Der Staat Zürich hat Torf und unterirrdifches Holz. ) Bey fo vielen Vortheilen, bey der Großmuth, mit welchen der Stand Bern Unternehmungen dieſer Art unterftüßet, bey dem groffen Vorrath von Natur Erzeugs niffen , welche nüglich verarbeitet werden fönnten; ift es höchftens zu verwundern, daß er nicht mehr Hütten, *) Helvetien, und Bern insbefondere, befint, nebft vielem Torſe, Noch einige ſchoͤne Steinfohlen- Flöge im Tſchangnau, im Em- menthel bey Srutigen , und bey Boltigen, die ißt betrieben werden, und zur fo nothwendigen Holzerfparnis zum Siegelbrens nen, Glashütten, Töpfereyen und andern Fabrifen mit Vortheil koͤnnen gebraucht werden, und dag um fo beſſer, da fie ai fehwefelfrey ſind. Do 170 Weber d. Einfluß chemifcher Kenntniffen chemifche Fabrifen und Manufafturen hat, die ihm doch bey dem auch unter feinen Einwohnern immerflcigenden Luxus, und der fargen Sorgfalt feiner Nachbarn, Fein Geld ihrer Unterthanen in fremde Hande kommen zu laf fon, immer nothwendiger werden? — Der Gründe find mehrere ; darf ich es magen , einen derfelben darinn zu fuchen, daß man fich zu wenig um Chemie und ihre ges fihickte Anwendung auf Hütten und Fabriken befümmert, fi) durch die Hinderniffe, die manche Unternehmer bey der eriten Ausfüprung fanden , zu bald hat abfchrecken laffen, daß man die Mittel, die ung Chemie an die Hand giebt , die Mineralien und ihre Beftandtheile zu erfennen, und darnach die Art ihrer Behandlung und Benusung einzurichten , theils nicht gefannt , theilg vernachlaͤßi⸗ get hat?) | Helvetien hat wenigſtens, vornehmlich in Graubuͤnd⸗ ten, Kieß genug, um Schwefel und Vitriol, und aus beyden Vitriolöl zu gewinnen, wie es nun auch zu Winterthur gewonnen wird; hat am Gotthart Alaunerze, die verforten werden , und fowohl an den Bernifchen, als an den Braubündtifchen Bergen, Alpenſalz, weiches haͤufiger Bitterſalz, als Blauberfalz iſt, und nur einer ganz einfachen Reinigung bedarf, um als foldyeg verſchloſ— fen zu werden; hat ferner Feldſpat / Slußfpatı Thon, die zu Blas;Porzellain , und Sajance herrlich, genügt werden Fönnten. Mebrere feiner Flüffen, vornehmlich folche , die in den Alpen entfpringen, z. B. die Aare, *) Kein treffenderes Beyſpiel von der Virnachlaßiaung diefer un entbebrlichen chumifchen Keuntnis kann angeführt werden, als da man einmal im Helvetien eine groffe Brücke bauen, und fich dazu den Kalk über go. Stunden meit aus den Gavopifchen wollte Fommen laſſen, wenn nicht ein Bauer in der Nähe welchen a’seigt hätte, indem die ganze Gebirgskette in der Nach⸗ barfchaft der Brücke aus Kalkſtein beſtehet. | auf das Wohl der Staaten w. 171 der Rhein führen in ihrem Sande Gold; mag es auch immer fo wenig feyn , daß die Goldwaicher nicht viel mehr als ihren gewöhnlichen Taglohn dabey gewin— nen *) , fo ift eg doch immer eine belohnende Befchaftis gung für diefe, und die Hoffnung gegründet, daß bey eis ner zweckmaͤßigern Behandlung mehr daraus erzielt wers den könnte; obenhalb Ciddes in anne hat man fogar Bolderz gefunden *). Ueberhaupt haben einige Gegenden der Mittelalpen Braunftein, Kobold, Kupfer, Bley und Silber *"); auch fol dey Wafen einmal eine Silbergrube gemefen feyn ****) auch an der mitternächtlichen Eeite des Ackers, und bey Dal Maders in Bundten, fol man ehemals in eis nen fteilen Sranitberg auf Silber gebauet haben »; in Wallis , eine Viertel Meile von St. Brandier, zwifchen Veme und Levron, iſt ein von einem:. bis 2. Schuh mädhti; ger Gang von Bleyglanz F) 5; ein andrer, der nicht mehr gebauet wird, weil zu ſchwer beyzufommen tft, am Gipfel des Sibiau, 3. Meilen über dem Dorfe Brejam +}), und noch einer zwifchen Lück und Chandolin ++). Bleywerfe waren vormahlen bey Sichellauinen und Sohalp, und bey Je Halette in Walig +ttf), findet man Epuren von Hüttenwerfen, worinn vormals Kupfer und Bleyerze zu gut gemacht wurden, Ferner hat Helvetien, vornehmlich aber Graubuͤndten und Wallis, einen groffen Vorrath ———— in ſeinen Storrs Alpenreiſe. ——— S. LXVIII. **") Razoum, Memoires de la Betr phyfique de Laufanne, ate, I. Band, ©. 33. *) Storr a. a. O. Storr G13. *xxx) Hacquet Alpenreiſe II, S. 57. P Razoum. a. a. Orte, S. 90. ++) Razoum. I. c. G. 93. rt) Razoum. Voyage au Gouvernement d'Aigle, S. 103. ++tt#) Sauflure Voyage, 172 Weber d. Einfluß chemifcher Kenntniffen Eingerweiden ; Gänge von Kupfererz findet man im Nradrifer » Gebirg ), und bey Schams **); auch fieng man, als Prof. Haquet in der Gegend war **), an, am Berge del Mal auf Kupfer zu bauen, In Wallis findet man in den Felfen an beyden Ufern der Luzerne mehrere Kupfergänge **, einen am Dalleria bey Sits ten N), und im Berge nova Minua ob dem Dorfe Mißion »***5), auch Spuren von mehrern Rupfergaͤn⸗ gen, in den Bergen, welche die Thaͤler von Entremont und Bagne's, und ſelbſt das Khonethal einſchließen bis an die Piſſewache "9; 3. Meilen von Martinach fin⸗ det man Schlacken und Trümmer eines Dfens, in wels chem aus einer benachbarten verfchütteten Grube reiche Kupfererze verfihmolgen wurden 7). Auch hat Wallis Robolderze, die ale Aufmerffamkeit verdienen , und durd) Dereitung der Smalte nüglid werden können: Zwar ift die Koboltgrube, melde der Biſchof von Sitz ten, und der General von Courten in Dbermallis aufs genommen hatten, wieder verlaffen ++); aber noch wers den Kobolterze bey St. Brandhier , bey Chaur de Sarraye, feit 1784, bey Kidde in dem Thal, welches an den St. Bernhard fiöße Hit) , und bey Sierra, und bey Ayr +rtt) gegraben. Aber unter allen Erzarten Helvetiens ift sEifen die herr⸗ fhende; der Jura ſteckt voll davon +ttt}), und doch ”) Storr. © a. U, © 199. *9) Storr. l. c. ©. 206 ”+) Haquet Alpenreife II, S. 6-7. wrr*) Razoum. Voyage, ©. so, 81. wer) Ihid. S. 89. —— Ibid, ©. 104. sr) Razoum, Mem. de Laufanne, 1. c. ©. 93. +) Ibid. S 89. ++) Ibid. ©. 94: +tr) Ibid. ©. 90, 93. fff) Razoum, Voy age 5, 108. +trrt) Don Zallers Reife durch die Schweiz in. Bernoullis Archiv I, © 21% anf das Wohl der Staaten 1. 173 Fauft Helvetien faft alles Eifen von Ausländern. Mehrere Gruben, die ehemals gebauet wurden, 3. DB. am Wetters horn *) im Thale Cervia und Livio in Bundten **), vielleicht auch diejenige , fo bey Orben und bey Grund gebauet worden ***), Mehrere Eifenhüften und Hammer, 3. B. beym Eintritt in dag Kurfchin » Thal *, im Dal Nraders in Bundten *, in Melfihneuburg, vieleicht auch bey Zuͤtzen, im Thal, fo nach Someboz führet ***"**) — find nicht aus Mangel von Erze eingegangen; auch Diejenigen, fo noch im Gange find, als z. B. im Muͤhle— thal, im Kanton Bern, Predazzo, Schmölz 7), Serre⸗ ra tr), und fonft in Bundten, zu Detronell im Deltlin, u. ſ. w. P), liefern entweder ſchlechtes kaltbruͤchiges Eiz ſen, oder wenigſtens lange nicht fo viel und fo gut, als e8 bey beffern und chymifchen Srundfägen, angemefines rer Einrichtung der Defen , Wahl der Zufchlägen und übriger ena geſchehen Fonnte, N — — ) Storr. Alpenreiſe ——— *") Ibid. I, S. 262. Yon Haller, a. a. D. 0. 2:0. tr. ad. L. G. sn *W) Ibid. II,/©. 262; AN, Kon Hallr an. a. D. ©. 25 +H — Reiſen durch die Alpen II, ©. 57. +r) Stor. a. a. D. IT. €. 215. rrr) Senfeits der Are bey Arau, am Fuffe des Jura, bricht ein _ vortreflich fchones Bohnerz , das aber wegen Mangel an Holz in feldiger Gegend zum Lheil vob verkauft, zum Theil aber aufgefchüttet wird. Auch) diefes gewöhnliche reiche Fifenerzt koͤnn⸗ te mit Vortheil zu gut gemacht werden, wenn man nach chymi⸗ ſchen Kenntniffen , vermittelt der unverfiesdaren Menge von Steinkohlen im Lande daſſelbe behandeln würde. Die englifchen feinen Ctahlarbeiten, fo mit Steinkohlenfeuer virjertiget werden — und tägliche Bemeife in des unermideten fleißigen Herrn Walthers Werfftätte follten das Vorurtbeil doch endlich baͤndigen, als wenn Steinkoblen zu Eiſenarbeiten gang untauglich waͤren. Allein dazu gehören freylich chymiſche Kennt> niſſe, und durch Erfahrung beſtaͤttigte Kunſtgriffe. 75. 298 174 Ueber d, Einfluß chemischer Kenntniſſen * * Der freundſchaftliche Verfaſſer wird es gar nicht boͤſe aufnehmen, wenn ich noch hier einige lokale Bemerfuns gen ſeiner ſo gemeinnuͤtzigen Abhandlung beyfuͤge. In einem der kuͤnftigen Baͤnden wird eine ſo viel als moͤglich vollkommene Abhandlung über Eins und Ausfuhr des Kanton Berns erfcheinen. Diefe fann denn zur Belegung von vielem gefagten und angeführten dies nen; und auf diefe wollen wir unterdeffen unfere naͤ⸗ hern Beweisthuͤmer verweiſen. Alſo nur kuͤrzlich. Wie ſo augenſcheinlich nuͤtzlich koͤnnte bey den Salzwerken in Bex eine Salmiakfabrike errichtet, und mit dieſer eine Salpeterfabrike verbunden werden. Eine erleichterte der andern ihre Arbeit und ihre Koften. Wie leicht wäre es nicht in unfern häufigen Tannenwäldern Terpentin zu ſam— meln, TerpentinsDel und Colophonium daraug zu bereiten. Wie fo ausgezeichnet nüßlich und vortheilhaft wäre es nicht, wenn in der Ebene zwifchen den beyden Seen), dem Thuner-⸗ und Brienzer-See eine Glashütte fünnte erz richtet werden. Alle mögliche vortheilhaften Umftände, verbinden fih da zu einem nußlichen Unternehmen. Laßt ung folche obenhin herrechnen. Drey Stunden vom Ufer des Thunerſees ins Fand hinein im Frutigthal liegt dag neuzangegangene reiche und gute Steinfohlenflöß ; der Zentner bis nad) Spieß ang Ufer geliefert, und von da nah dem Neuenhaus in Schiffen verführt, kaͤme aufg hoͤchſte auf 5. Basen. Der eine Gang des meus errichteten Bleywerkes im Cauterbrunn, bricht mit dem reinften Quarz. Diefer Duarz in dem Pochwerf, bey den Schmelzhürten, ſchon rein geſtampft, kann fehr mohlfeil zu der Glashütte ver; führe werden, da e8 aufs höchfte 7. Stundenwegs, und meift ebener Boden iſt; ruͤckwaͤrts koͤnnen die nemlichen Zuhren von der Glashütte Cdie zugleich als Niederlage auf das Wohl der Staaten ic. 175 der Steinfohlen fonnte eingerichtet werden) Steinfohlen um einen fehr wohlfeilen Preiß zun Bley⸗Schmelzhuͤtten führen, Die Potaſche Fünnte häufig in dem Dberlande aus den von Lauinen und Bergfallen niedergeſtuͤrzten und unver— führbaren Waldungen gezogen werden , indem man an Ort und Stelle die geftürzten Baume zu Aſche verbren— nen, diefelbe in Säcen in die Zhaͤler tragen, und dort zu Potaſche Ealziniren Fönnte, Ein fehr groffer Vortheil, den höchft felten eine Glas— hutte mit diefer gemein haben fönnte, wäre dabey, daß man den reinften Quarz noch mit unausgeſchwemmten Bleytheilchen verbunden erhielte. Wie befannt, fo verz mehrt die Bleyglaͤtte oder das Bley die Reinigkeit des Glaſes, befördert den Fluß, macht dag Glas dauerz bafter und fefter, und durch die verfchiedenen Verhälts niffe der Zufagen der Bleyfubftanzen zu der Glasfritte erhält man Nuancen von Glafe, von dem allerfchönften böhmifchen Glas, Flintglag, bis zum gemeinften. Sollte man alſo das Bleywerk in Lauterbrunnen auf Silber benutzen, fo koͤnnte die abgetriebene Bieyglätte vorzüglich auch zu der Glagfabrifation angewendet wers den. Wie reiner die zur Glagfritte nothwendige Kieſel— arten find, als Quarz oder Flintſtein, je reiner, ſchoͤner und dauerhafter wird das Glas, und je weniger Abgang leidet die Fritte, und giebt weniger Glasgalle. Die Verbindung aller diefer Umftanden, die Reichtigr feit, ſich alle die natürlichen Produkte zur Glasfabrife zu verfchaffen; die Nothwendigkeit des Glafes ſelbſt, der Mangel an einer Glashütte im Rande, und die groffen Summen, die für dieſes chymifche Fabrifat aus dem Lanz de gehen, follen hoffen laffen, daß man dieſes unentbehrs liche Produkt dod) endlich ſelbſt im Lande verarbeiten wers de, und man nicht immer mit fo theurer und fo fchlechter Waare, wie man ige erhält, geplaget feyn. > \ ia. 2 st ⸗ 176 Web. d. Einfluß chemiſcher Kenntniffen . Zu Broß ,» Allinerode und Allrode im Heßiſchen, werden die beruͤhmten Heßiſchen Tiegel gemacht, wofuͤr jährlich) bey 60,000 Rthlr. gelöfet werden. ( Bedimanns Technologie 1780, $. 15. ©. 264.) Diefe Tiegel find für viele Rünfte und Handwerker unentbehrlih. Wir has ben in Helvetien, und hauptfachlic) im Bernifchen Ober lande, die nöthigen Beitandtheile, groben Duarzfand , und reinen Thon dazu in groffer Menge; und auch dieſes nothwendige Fabrikat koͤnnte man ſich felbft verarbeiten. Wie viel mehr Bitterſalz koͤnnten unfere Gebirge liefern, wenn daffeibe mehr nad) Kunfiregeln ausgefondert würde, Wir verſchreiben unfern gereinigten Weinſtein, Gruͤn— ſpann meift aus Frankreich, und Stalien, da man den— felben wohlfeiler und leichter in unfern Wein reichen Ge; genden erhalten Fönute. Nur die beffere Bereitungsart unterſcheidet den franzofifchen Brandtmein von dem unſri— gen. Auch das Wachebleichen, welches eine fo leichte Behandlung ift, würde dem Arbeiter einen fihönen Lohn abmwerfen , da alles weiſſe Wachs aus der Fremde fommt. So find noch eine Menge Handel und Kunftprodufte — die bier alle herzuzahlen der Raum verbietet — bie man mit Koſten aus fremden Fändern zieht, und doch im Sande leicht verfertiget werden koͤnnten, da ihre Be teitungsart ja nichts weniger als Geheimniffe find. 2 9 N > Dr , sten rc ar ae Mac Nelvetiens Landespäter Fragmen te n vom Herausgeber, — PER | 1. Stück. Magaz. f. d Naturk. Zelvetiens. 1.8. M- „U wp ' 178 Zuruf an Helvetiens Landesvaͤter Obige Abhandlung eines Gelehrten — der unter Deutſch⸗ lands erſte Scheidekuͤnſtler gehoͤrt, und zu deſſen Lobe und Ehre hier etwas zu erwaͤhnen unnoͤthig und uͤberfluͤßig iſt — giebt mir die beſte Gelegenheit, ein und andere Winke von hoͤchſter Wichtigkeit Maͤnnern von aufgeklaͤr⸗ tem vaterlandifchem Geiſte, die an den Rudern der Res gierung ſitzen, zur Beherzigung und Unterſuchung vor— zulegen; Winke, deren naͤhere Unterſuchung und Anwen⸗ dung dem helvetiſchen Vaterlande von unbezweifeltem Nutzen wäre. — Fingerzeige auf vernac)läßigte oder mißkannte Mittel; einige Duellen zu befferer Staats;und Landhaushaltung fi) befannt zu machen; und Vorfchläge, Dem Staate und dem Lande einige wichtige Ausgaben zu erfparen, den Geldunlauf zu vermehren, und dadurd) einiges zum alls gemeinen Wohlſtande beyzutragen. Es ift die Pflicht jedes Staatsbürgers, feine wenige ges fammelte Kenntniffe fo anzumenden, daß entweder dag Ganze unmittelbar oder mittelbar dadurch Vortheile er; halte, oder daß ein Theil ded Ganzen vermittelft diefer Anwendung feine Lage verbeffern koͤnne. Der Regenten ihre Sorge und Pflicht ift e8 aber, die Bemühungen eins zelner arbeitfamer Mitglieder fo zu benußen, zu untews fügen oder zu lenken, daß der vorgefegte Nußen erzielet werden koͤnne. Durch die Aufmerkſamkeit der Regierung auf gemeinnuͤtzige Vorſchlaͤge, erhalten diefe einen groß fern Werth — durch Anftalten, foldje entweder zu verfus chen oder anzuwenden, ihren Nutzen. Staatsmaͤnnern iſt es nicht zu zumuthen inſonders in Freyſtaaten, wo Die Geſchaͤfte ſo vielfach, ſo mannichfaltig find, einzelne Details und Erfahrungen einer jeglis in Fragmenten. 179 hen Wiflfenfhaft und Kunft, die auf das Wohl eineg Staats einen nähern oder entferntern Einfluß. haben — fih eigen zu machen und folglich praftifch zu erlernen, Genug , wenn man bey denfelben fo viele Grundfäße findet , um fih bey ereignendem Falle verftändlich und alfo gewiſſe Berbefferungsporfchläge begreiflich machen zu fönnen, Wer die Naturkunde in ihrem ganzen Umfange in ders jenigen Nückfiht und aus demjenigen Gefichtspunfte ftudiere, um feine Kenntniffe zum beften der Landwirths fehaft , Staatswirthſchaft, Künften und Gemwerben an— zuwenden, der fann nicht anders, als auf Gegenftände fommen, deren nähere Erörterung, Augeinanderfeßung und nachherige Befolgung dem Daterlande von unbezwei⸗ feltem Nutzen find und waren, indem der Nakurforz fcher ja Körper unterfuchet, die ung alle zur Nahrung, Kleidung , Bebaufung , Geräthfehaften, Bequemlichkeit und Vergnügen dienen, ohne melche wir nicht Ichen , und deren unendlich manttigfaltige Verarbeitung, Anmwens dung und Abwechslung einer fi immer vermehrenden Volksmenge Mittel zum Unterhalt und Wohlftand vers ſchaffen. | Nur unaufgeflärten, niit Vorurtheilen eingenommenen und fich um dag Wohl der Eeinigen wenig befummernden Menfchen koͤnnen folhe Studien als geringfügig, zeit verderbend und Fefifpielig vorfemmen ; da diefe Klaße von Richtern aber in ihrem Kredit immer mehr abnimmt, hingegen durch Männer erfeget wird, deren Grundfäge aufgeflärter , umfaſſender und richtiger find, fo find toir endlich dahin gelanget, daß man Gottlob ! an dem augzeichnenden Nutzen der Naturkunde und ihrer An, wendung nicht mehr zweifelt. Allein mit diefer Ueberzeugung ift es nicht genug. Wir leben jest, und das ganz hauptfachlich in Helvetien , — 180 Zuruf an Helvetiens Landesväter in einer Lage und Zeitverhältniffen, die dag Studium ber Nakur unſers Vaterlandes und feiner Produften, und Die praftifche Anmendung der durd) diefeg Studium ev langten Kenntniffen je länger je mehr und unumgänglich nothiwendiger machen. Zu beweifen, daß eine Wiffenfchaft oder Kunſt, d% ven Allgemeinnüglichfeit man erkennt und annimmt, auch nothwendig feye, ſcheint im erften Hinblick eine unnoͤthige Sache. Allein es giebt Wiffenfchaften, deren Studium nur beziehungsmweife und entfernt nuͤtzlich, folglih nicht abfolut nothwendig iſt; und als eine ſol— che möchten viele die CYaturfunde gar zu gerne gelten machen. Ich werde aber fuchen, bier und in der Folge augenfcheinlich darzuthun, daß das Studium der Natur und die Anwendung der erlangten Kenntniffen und Erz fahrungen unſerm Baterlande nicht beziehungsmeife, fons dern ganz abjolut nothwendig fey und immer nothmwendiger werde, Diefen Grundfag nun nach allen feinen Richtungen zu beleuchten und auszuführen, wird eine meiner Haupt befchäftigungen bey der Herausgabe dieſes Magazing feyn ; e8 gehoret zum NHauptplan und Endziveck diefer Ganımlungen. Könnte ich nur hoffen, meiner Arbeit die; jenige Neiße einer eindringenden Darftelungsfraft, eines angenehmen Styls, einer überführenden Sprache zu vers fchaffen ; um Nachdenfen zu erwecken, Nachforſchungen zu veranftalten , und das Defte des Vaterlandes auch von diefer Seite zu beherzigen. Und Ihr, meine werthefte Freunde und Mitarbeiter in allen Fächern diefer fo herrlichen , fich felbft fo belohnen. den, fo nuͤtzlichen Wiffenfchaft — fahret auch von diefer Seite fort, Hand in Hand Beobachtungen und Erfahruns gen zu fammeln, deren Erfolg nicht anders als dem Vaterlande mittelzuder unmittelbaren Nutzen fliften , in Sragmenten. 181 und es vor der Gefahr bewahren kann, die demſelben nach natuͤrlichen Vorausſetzungen bevorſtehen muß. Euch aber, Vaͤter des Landes; Verweſer der Hel— vetiſchen Freyheit; Vorſteher des anvertrauten allgemei— nen Beſten! bitte ich um nichts, als dieſen Aufſatz und ſeine folgenden Fortſetzungen einer Durchleſung zu wuͤrdi— gen; denn ich ſchmeichle mir — vielleicht nicht verge— bens — daß Liebe zum Vaterland und Sorge für dag all» gemeine Wohl Euch) dann auf Mittel denken laffe, ver mittel? welcher man den verhoften nüglichen uhd gewiß mehr al8 jemals nothwendigen Endzweck erhalte, * O Man Fann Helvetien in Ruͤckſicht feiner bürgerlichen Nerhältniffen und politifchen Rage eintheilen — 1. Sn Staaten, die in Betreff ihrer Nahrung, ihres Verdienſts, und ihres Wohlſtands, gaͤnzlich von ihren Nachbarn und von Fremden abhangen, und vermuthlich ims mer abhangen werden. Diefes find die Heinen Repub—⸗ lifen Helvetient, 2. Und in Staaten, die nach ihrer glücflihern Lage und gröffern Ausdehnung weniger von ihren fremden Nachbarn abhangen, aber doch zum grofen Schaden ihrer Einwohner noch fo fehr von denfelben abhängig find, daß diefe fremde Nachbarn ihnen in gewiffen Fällen Geſetze vorfchreiben, oder zum wenigſten fie empfindlich kraͤnken koͤnnen. Hingegen befigen dieſe gröffern Staaten viele — zwar jetzt vernachläßigte, Duellen, deren beffere zum Beſten des Landes angewandte Benugung fie je mehr und mehr unabhängiger von ihren Nachbarn mas chen kann. Ein Staat kann vermöge feiner innern bürgerlichen Berfaffung alle mögliche Freyheit befiken, und doc) be; u 182 Zuruf an Helvetiens Randesväter treffend feine politifche Lage gegen feine Nachbarn fich in verfihiedenen fehr drückenden und läftigen — zuweilen gar ſklaviſchen Berhältniffen befinden — und das oft fo ſehr, daß er mider das fchönfte und edelfte Gefühl fich muß die Gefege gefallen laſſen, die fein Nachbar ihm vorfihreibt, wenn er nicht Förperliche Ernährung, Ders dienst und Wohlſeyn verlieren will. Sollte es nun jeglis chen Schweiger, der das Glückliche in feiner Page fühlt, nicht empören, fi) auch des Befchwerlichen dabey zu entladen zu fuchen, in feiner Lage von niemand fremden, oder fo wenig ale immer möglich abzubangen , und alfo feinen Wohlftand auf lange Zeit ficher zu ftellen ? Wie iſt das aber möglich ? Auf feine andere Art, als daß er alle die Produkte, die ihm die gütige Natur in feinem Lande hervorbringet, auf alle mögliche Art, fich felbft verarbeite und veredle; und folche nicht aus der Fremde ziehe, wenn man folche im Lande felbft ar kann. Die Natur fchaft im Ganzen alles ungefehr gleich. gut— nur die beffere oder fihlechtere Bearbeitung macht aus den natürlichen. Produften , beffere oder fihlechtere Kunſtprodukte; alfo hänge es meift von ung ab, ob wir ung diejenigen Kenntniffe und Erfahrungen fammeln wol; len, ung aus unfern Landesproduften gute Waare felbft zu machen. *) Durch einen folchen eingefchlagenen Weg würde man der angrängenden Staaten mehr entbebren, der fich immer vermehrenden Volfemenge mehr Arbeit verfchaffen, groffe, erftaunlihde Summen baaren Gels des in innländifchem Umlauf erhalten , und jährlich eine für unfer Vaterland nicht fo ſchaͤdliche, unbegreifllich ſchaͤdliche Fin; und Ausfuhrs Balanz ſchlieſſen, eine Bas *) Die Engländer Faufen fpanifhe Wolle und machen befiere Tuͤ⸗ cher ald die Spanier , fie Faufen deutiches und ſchwediſches Eiſen, und machen beffere Stahlarbeit als Deutſche und Schweden, ⸗⸗ in Fragmenten, ' 183 lang, welche von der mähligen Ausmergelung und Aus zehrung des Staates die Elarfte Deutung und Vorhers fage giebt. In der Folge werden unter gehörigen Rubris fen und an feinem Orte die deutlichfien Beweiſe und Bea lege in einer Folge von unlaugbaren Thatfachen vors geleget werben. Dbgleicy ich hier nur noch allgemeine Grundfäge ans bringe, und mir, wie geſagt, die nähere Ausführung des Ganzen bey der Behandlung eineg jeglichen einzelnen Ges | genftandeg vorbehalte ; fo muß ich doch 2. Haupt :Einz wuͤrfen begegnen, die mir fehr leicht können gemacht werden, | 1, Man fann fagen: Sich hätte recht; jeglicher Staat ſolle auf ale mögliche Weife alle feine Landesprodufte felbt zu verarbeiten fuchen u. f. w. aber wenn der Staat — wie e8 zumeilen in Helvetien ſich auch fo vers halt — felbit Feine oder wenige Territorials Befißungen hat; feine größte Macht und Anfehen , VBerdienft, Nahrung und Wohlftand in einer groffen handelnden Stadt bez fiehe — hingegen — eben weil er feine Laͤndereyen bez fige , — feine eigene Landesprodufte verarbeiten fünne, wie foll er fich da verhalten ? Diefe handelnden Städte oder Staaten von. wenig eiz genen Ländereyen, haben ihren Wohlitand zu einer Zeit durch Induſtrie und Handlung erhalten, wo in den Nachbarfchaften und auch im Allgemeinen noch wenige Staaten ihr Hauptaugenmerf auf dieſe Nahrungss zweige wandten, hiemit weniger Mitwerber als jet hatz ten. Diefe Duelle ihres Wohlftandes und Ernährung müffen fie durch alle erfinnliche Mittel zu erhalten ſuchen. Steyheitl, aute ſchon geſtiftete Induſtrie und Zandels⸗ einrichtungen, Nationalgeiſt des Gewerbes, Ger wohnheit und Zutrauen, geben ſolchen Staaten noch immer den Vorzug und Uebergewicht vor aͤhnlichen lin. 184 Zuruf an Helvetiens Zandesväter ternehmungen in den benachbarten Staaten. Genfer Uhren und Kattun, Baslers Papier und Bänder , St, Galler Muffeline und Battifte, haben noch immer ihren ausgefuchten Werth. Fremde Berbote und Errichtuns gen von Fabricken in den Nachbarfchaften haben diefen vortreflichen Handel nicht ſtuͤrzen fönnen , demfelben aber Doch unbezweifelten Schaden gethan; wer Fann aber noch die Zufunft verbürgen ? Itzt ift es daher hoͤchſt nothwendig, daß folhe Staa; ten entweder unmittelbar von Geite der Negierung durch weiſe Gefege, und Fluge Anftalten, oder von Geis te fi verbindender Gefelfchaften durdy allen möglichen Erfindungsgeift , forgfaltiger Wachfamfeit, Aufmuntes rungen , Belohnungen u. fe w. — ihre Kräfte anwen— den, um ihren Fabrifwaaren durch Dauerhaftigfeit, Schon; beit, Anfehen, modifches Kleid , und Wohlfeilheit im— mer einen auggezeichneten Werth zu verſchaffen und zu erhalten, Diefes Fann aber nicht wohl gefchehen,, wenn man ſich nicht bemühet, Diejenigen natürlichen Aörper — Die man veredelt und umarbeitet, und die Nittel, durch welche fie umgearbeitet werden — nad) allen ihren Eigen; fchaften Fennen zu lernen, ihre Krafte und Verhalten ges gen einander zu unterfuchen, und denn nach wiffenfchafts lichen Grundfäßen an Ort und Stelle anzuwenden. Diefe hiemit dem Staate und feinen Angehörigen fo nothwen—⸗ dige Kenntniffe beruhen aber ganz auf dem Studium der Mathematik, Naturgefhichte und Scheidefunft und find nichts al8 Erfahrungen zum Beſten der Künffen und Handwerker aus diefen Wiffenfhaften geſammelt. Jemehr der Kuͤnſtler oder Vorfteher einer Fabrike und Manufaktur folche Kenntnife befigt , defto beffer wird die Verarbeitung feiner Waare — er weiß aus allem Vor . = in Fragmenten. 185 theil zu ziehen, und bey einfallenden Modeveränderungen, andere gleich) nachzuahmen, oder neue zu: erfchaffen *), Güte und Schönheit und Wohlfeilheit der Waare wird Daher gegen alle jene fcharfen Zwangsmittel benach— barter Regenten die Waage halten. Freyheit und eins geſchraͤnkter Luxus; verfchaft Wohlfeilheit, — Kenntniß aber und Erfahrung; Guͤte und Schoͤnheit der Waare. Durch dieſe Mittel allein kann ſich ein kleiner handelnder Staat, ohnerachtet der einſchraͤnkenden Nachbarſchaft, im Wohlſtand erhalten — anderſt nicht. Ein zweyter Einwurf wird von einer gewiſſen wuͤrdigen Menſchenklaſſe gemacht, die gern unfere itzige Welt beſ— fer und nach ihren ſchoͤnen edfen, aber leider unanwend⸗ baren Grundfügen umfchaffen möchte, welche aber gar feine oder nicht genug Ruͤckſicht auf unfere igige Verhaͤlt⸗ aiſſe nimmt. Giefagen, es iſt nicht gut, wenn Freyſtaa— ten, inſonders Helvetien, Handelsſtaaten werden. Frey— heit beruhet auf der reinen Erhaltung einfacher Sitten und Lebensart; Handel und Induſtrie ſind ein Gift fuͤr ſolche, und nagen an ihrer Wurzel. *) Anmerk.) Genf giebt hier ein herrliches Beyſpiel. Bey den Ups renfabriken giebt es nicht leicht einen Künftler von einiger Gefchick, lichkeit, der nicht feine Mathematik im Kopf hätte, und alle Jahr bey Hrn. Tingrey einen Curs in der Chymie hörte: daher ihr fo auszeichnendes Genie in Berechnung des Ganges aller Fünftlichen Raͤderwerken, ihr Erfindungsgeift zu Entdefung von neuen Maſchinen und Geräthfhaften. Daher ihre fo vortreflihe Emails, Es giebt Fabrifanten in Genf, die die Botanik beffer im Kopf haben, ald mancher Profeflor auf Academien. In Biel wareine Kattun- und Indiennefabrik binnen 15 Jahren fchon 4 mahl ihrem Ende nahe; der itzige Unternehmer entdeckte vermittelſt der Che⸗ mie ein Schwarz, dag dem berufenen engliſchen Schwarz ganz gleich koͤmmt, und ein neues haltbares herrliches Kofen und Carmoſin roth, und nun hat fie ſtaͤrkern Vertrieb als niemahls ſo daß die Gebaͤude mußten erweitert werden. 5 . 186 Zuruf an Helvetiens Landesväter Dieſe Saͤtze find in gemwiffen Beziehungen wahr; all gemein und abfolut wahr find fie nicht, Erſtlich ift es nach der Lebensart, nach den Einrichtungen, Gewohn⸗ heiten, nad) der Erziehung und den Kenntniffen, unter " welcher Einfluß wir nun leben, eine ausgemachte Uns ‚möglichkeit, in denjenigen Zuftand der Einfalt und einge bildeter Reinheit der Sitten zuruͤck zufehren, den fich jene Wuͤnſche vorftellen. Weil wir hiemit in Ruͤckſicht unſe⸗ zer Nahrung, Kleidung, und Behaufung — und taufend anderer isigen Nothwendigkeiten unfere Bedürfniffen ges gen die ehemalige Zeit um ein groffes vermehret haben, und weil Induſtrie, Handel und Aufklärung, ſowohl eis nerſeits uns die Anfchaffung diefer Bedürfniffen erleichz tern ‚, anderfeits einer fich immer vermehrenden Volksmen— ge Mittel zum Unterhalt verfchaffen, fo fehe ich nicht ein, warum ein Staat fi fein Gift, feinen Untergang ſelbſt zubereite, wenn er ſuchet in feinen eigenen Lande, durch feine eigene Einwohner, eigene Landesprodufte, zu "feinen eigenen Bedürfniffen zu bearbeiten ; und hiemit ſich von fremder Abhängigkeit loszumachen. Ein helvetifcher Freyſtaat, er mag noch fo fehr fich nach Dem oben angeführten idealifchen Syftem einrichten, und in demfelben in der fhönen Hofnung fih wiegen wollen, nichts mit Hands fung und Induſtrie zu thun zu haben, und dadurd) ſich vor dem Bifte zuverwahren — findet fich bald in der Nothmens digkeit, von diefem herrlichen deal abzugeben. Hat er nicht Salz, nicht sEifen und andere metallene Geräthe vonnöthen? nicht Kleidung ? giebt e8 nicht fo gar Helvetifche Staaten, die ihre Kägliche Nahrung, Brod und Wein, von ihren fremden Nachbarn erhalten? Wenn aber Gewerbefleiß, Induſtrie, Handel, den republifamifchen groffen Geift, und die individuelle Denkungsart derfelben ganz eigentlic) — ohne Nebenurfachen untergraben follen , warum ift denn davon nichts beym Appenzeller, — St. Galler, in Fragmenten. 187 beym Genfer, beym Basler und Züricher, nichts beym Engländer zu bemerfen ? Wer verfennt im Ganzen bey diefen Nationen die noch immer vormwaltende republifa, nifche Energie ? wer muß fich da nicht überzeugen, daß Ges werbsfleiß gar leicht mit dem Geifte der Freyheit fich verz tragen fann? wer fieht nicht, daß vielmehr eines das ans dere unferffüge und zur Aufmunterung diene? Wöher denn der üble Erfolg in Nückfiht der Gitten bey vers fehiedenen Völkern, und hauptfachlich bey ſolchen, die ih— ven MWohlftand dem Gemwerbefleiß und der Handlung zu verdanken hatten ? Wril diefe Völker ihren Wohlftand nicht beffer benugten , die Duellen deffeiben in der Folge ang der Acht liefen, und die erhaltenen Guter nicht zur Vers vollkommnung ihrer Nahrungszmweigen, fondern zur Ders nachläfigung und gar zur Verachtung derfeiben mißbrauch, ten. Sich feine Tage durch Arbeitfamfeit, Fleiß Geſchiklich⸗ Feit verbeffern zu fünnen , feinen Wohlftand zu fichern, und feinen Kindern ein freyes Feld offen zu laffen , auf dem ges bahnten Wege fortzufahren — andern zu helfen und fo von allen Seiten an dem Wohldes Staates zu arbeiten, follte das bey der Gründung der Erde und feiner herrlichen Pros dufte aus den Händen des gütigen Schöpfers der Natur, und bey der Anlage der Menfchen fih immer zu vervoll; fommnen und fich glücklicher zu machen — follte dag die eigentliche Duelle des Verfalls der Sitten, des herein; flürgenden Unglücks feyn ? Mit nichten. Man erziehe die Kinder, fo. gut den Wohlftand vernünftig benugen zu koͤnnen, als ihnen Mittel anzugeben, fih Reichthum zu erwerben, man ftelle ihnen Fleiß und Arbeitfamfeit uns ter ihrer reigenden und belohnenden Geftalt vor, man belohne Kenntniffe und Gefchieflichfeit, man lege mehr Werth auf die gute Art ſich Reichthum zu erwerben, als auf den erworbenen , unverdienfen Reichtbum, man len; fe die Gefege mehr dahin dem Uehel vorzufommen, alf 188 Zuruf an Helvetiens Landesväter es zu beſtrafen. Schwerlich wird bey fo allgemein als gut anerkannten, und befolgten Grundſaͤtzen ein Staat von innen aus verderben; alſo ſind eher der Abweichung von dieſen heilſamen Regeln als dem Geiſte des Fleiſſes und der Geſchicklichkeit, alle Uebel zuzuſchreiben, die gluͤckliche Staaten betroffen haben. Zweitens. Wenn Eleinere belsetifhe Staaten ihren itzigen Wohlftand dem Gemerbefleiß und dem Handel allein zu verdanfen Haben, und wegen ihrer itzigen Lage gegen ihre Nachbarn ſich aller Anftrengung befleiffen muͤſſen, um ihren Kredit und Abſatz zu erhalten; fo find groͤſſere Helvetifche Staaten , die hiemit ausgedehns fere Laͤndereyen befisen, dieſer Nothwendigkeit nicht fo fehr auggefeßt ; allein eine andere , eben fo wichtige Pflicht liegt denfelben ob, und diefe iſt, alles anzumenden, um die Sandiwirtbfehaft in ihrem ausgedehnteften Sinne, in den möglichften Flor zu bringen und darinn zu erhal ten; ferners alle mögliche Landesprodukte, fie mögen aus - welchem der drey Naturreiche feyn, felbft im Lande ku verarbeiten, und nicht für Waaren, die man im Lande felbft verfertigen kann, erftaunliche Summen aus dem Sande zu laffen, und zulegt denn ihr Augenmerf auf Fabs ticken und Manufafturen zu werfen, die zwar nicht eiges sie, aber dem Land nothiwendige Produfte verarbeiten; z. E. Wollenmanufafturen, Indienenfabricfen , unfer foges nanntes Strichlesoder Bauren»Zeug, Kupferfchmidten, Papierfabriken. Ich ſollte mir ſchmeichlen, aus dieſer allgemeinen nur vorlaͤufigen Darſtellung ſchon fo vielen Eingang gefun⸗ den zu haben, als zur Vorbereitung zu meiner kuͤnftigen Abſicht nothwendig waͤre. Allein ich zweifle daran, und das darum, weil ich weiß, daß mir zwar viele glauben werden, aber nicht fo viele als zu dem Endzweck noͤthig iſt, der dem Vaterlande erfprießlich wuͤrde. Diefe will in Fragmenten, 189 ich Bitten folgenden zweyten Hauptgrund zu durchden— fen, mit gefeßten, aber forfhendem Blicke zu verfolgen, und dann über den Erfolg bekuͤmmert zu feyn, vieleicht zu zittern, vielleicht auch mitleidig und kalt zu vielen vielen andern Papieren zu legen. Unfere Boreltern haben gearbeitet, gefparef , und has ben fich wohl feyn laffen, — mir arbeiten, erfparen mes nig oder nichts, und laffen uns auch wohl feyn, — ut fere Nachfolger werden nach diefer Progrefion nicht arbeiten, nichts erfparen, und fich doch auch wollen wohl feyn laffen — wenn e8 feyn kann, und denn zuleßt ?— Zu übertrieben, höre ich mir entgegen rufen. Leider nur zu wahr, und zumahrfcheinlich, fage ich ganz weh⸗ müthig, und werde es bemeifen, Mer darf fagen und bemeifen, daß jtzt in unfern Zei— ten, in unferm Vaterlande Aufwand mit Arbeit oder Einnahme in dem Verbältniffe ſtehe, welches zu einem for& blühenden Staats -Gluͤck unumgänglich nothwendig iſt? Ein jeder Hausvater, der Arbeitende ‚ oder der Kapitaliſt, durchgebe feine Hausbücher , berechne feine Ausgaben, berechne nur mit wie viel er vor Io — 20 fahren auss gekommen, und wie viel er itzt braucht — und befenne, ob die Einnahme von feinem Erwerb auch in dem Ver— haltniß geftiegen feye, wie die Ausgab geſtiegen iſt. Woher koͤmmt diefed aber ? Weniger Gewinn beym Erwerb, meniger Arbeit, weniger Luft zur Arbeit, und dagegen fleigender Aufwand, Ale Lebensmittel (dag Salz einzig ausgenommen — Seegen und Danf den gütigen Negierungen in der Schweiß! —) fleigen im Preiß nicht wegen Mangel, nicht weil wir groͤſſere Mäz gen haben und mehr eſſen — aber wegen dem Aufwand: Alles, was zu unferer Kleidung und Bederfung gehört, wird theurer — wegen dem Aufwand, Alle unfere Ges rathfchaften werden theurer megen dem Aufwand; alles, — 190 Zuruf an Helvetiens Landesvaͤter was zu unſern Bequemlichkeiten, Vergnuuͤgungen, Wohl⸗ leben gehoͤrt, ſteigt im doppelten Verhaͤltniß auchl we⸗ gen dem Aufwand. Freylich ſteigt alles — wirft man mir ein — aber eben weil alles fleige, fo fleigt eigentlich nichts, und dieſes * Steigen aller Beduͤrfniſſen ſcheint eigentlich nur Bezie— hungsweiſe auf die Vorwelt fuͤrchterlich, im Grunde iſt es eines; giebt man mehr aus, ſo nimmt man mehr ein, und da alle gleich denken, und ein jegliches ſeine Arbeit hoͤher ſchlaͤgt, ſo verlieret niemand dabey, als freylich die, ſo von ihren Renten leben, und die ſo von vor Altem in Gelde geſetzten Beſoldungen leben, aber es iſt wicht zu andern, u. ſ. w. Go reden viele, fo übertäus ben viele andere, fo fchlafern fich viele ein, und fo gehet man mit halbverfihloffenen Augen dem Abgrunde zu, Glücklich) wären wir, wenn eg ſich noch fo leidentlich vers bielte; aber näher beym Kichte betrachtet, ift es leider ganz anders. Ja, wenn wir alle unſere Beduͤrfniſſe von unſern Landes leuten heraemmen fünnten und nichts von Fremden ziehen müßten. Wenn wir den Fremden unfere Bedürfniffe durch Produkte, die ihnen nothwendig find, eintauſchen koͤnn⸗ ten; aber Erfahrung, und Unterſuchung zeigt uns das Gen gentheil. Wir geben den Fremden je länger je weniger, wir ziehen je länger je mehr von ihnen, und mit jedem Jahre finft die Ein-und Ausfuhr: Balanz zu unferm fteigenden Schaden tiefer. Die gefegneten erfparten Güter unferer Voreltern, glückliche Friedengzeiten, vers ſchiedene VBerhältniffe unferer fremden Nachbaren brin; gen noch fo einigermaffen die Handelsbalanz ins Gleich gewicht, von einem Jahre zum andern mit mehrerer Mine; aber wenn die väterlichen Güter mit Kapital und Zins werden verlohren feyn, wenn gemohnt nur zu verthun, Arbeit zu ſcheuen, Arbeiter zu drücken, jede in Fragmenten. 19x Huͤlfsquelle verfchloffen ift, wenn unglückliche Zeiten eins fallen, wenn alle unfere Nachbaren fo handeln werden, wie ſchon einige angefangen haben, gegen ung zu handeln; wer zittert nicht vor der Folge, oder ift fie nicht wahr⸗ fcheinlich ? Ä Man glaubt mir nicht — nun fo fordere ich herzhaft auf, oder bitte vielmehr im Namen der Wahrheit und des Beſten des Landes, Euch Väter ded Landes von gan Helvetien! ftelet an Euern Gränzen des Landes an allen Orten gewiffenhafte Männer an, oder befehlet Euern Zollbeamten einige Jahre bintereinander, oder noch beſſer auf immerhin, genau ausgeführte Negifter über die Yussund Einfuhr aller Waaren zu halten, fo ters det Ihr meinen Sag und meine Furcht nur zu fehr bes ftätiget finden. Sch weiß wohl, dag man an ein und andern Orten über diefen Punkt noch eingefchränfe denft, daß man die Borurtheile hat, nichts von ſolchem befannt zu machen. Allein man beftraft und ſchadet fich mit folhem Geheimthun felbft, in dem man fich die Mittelraubet, den Zuftand feines Kandes zuerfahren, und wenn ihm etwas fehlet, Hülfsquellen zu finden. Was würde man von einem Handelshaus fügen, wenn es nicht zu gemiffen Zeiten ein Inventarium machen wurde 2 Und alle Fultivierten Staaten find heut zu Tage als groffe Handlungshäufer anzufehen ; die gegen einander in Soll und Haben und in einem beftändigen Eonto : Courane fiehen, und warum dürfen Mitbürger , Unterthanen, die man als Commanditen in der groffen Handlung ana feben muß, nicht mwiffen, wie e8 in derfelben zugehe ? Anz dere erleuchtete Staaten, England, Preuſſen, verfchiedene deutfche Staaten, ale Sachfen , Defierreich u. a. m. ſcheueg fih nicht, ihren Gemwerbgzuftand und Ein zund Ausfuhre Balanz befannt zu machen; fie erhalten dadurch richtige Kenntniffe von der Lage ihrer Unterthanen, entdecken ®* rc * 192 Zuruf am Helvetiens Landesväter die Mängel und das Gute im denfelben, unterftüßen diefe, und fuchen jene zu vertilgen; Männer von Kenntniß und Erfahrung legen dem Staate Vorfchläge vor , mie man fremde Produfte entbehren , einheimifche dafür. benugen , dadurch mehr Werdienft erhalten fünne ; und Diefes follte feinen Werth ‘haben? Sch habe mir mit unfaglicher Mühe Ausfuhr. und EinfuhrsTabellen über einige Gegenſtaͤnde des Mineralreichg * zu verſchafen geſucht; mit welchen Schwierigkeiten und Hinderniſſen ich zu kaͤmpfen gehabt habe, mag ich nicht ſagen. Ich für mein Partikulare habe nichts das von; ic) arbeitenur für dag Defte des Staats, und werde fie nur fo benugen, um über einige vernachläßigte Ges genftände von groffer Wichtigkeit dem gemeinen Wefen Die Augen zu öfnen. — Ich werde fie aber an einem andern Drte benugen und hier nur einiges zum Benfpiel anführen. Der groffe, ſchoͤne, Kanton Bern hat keine einzige Blashütte in feinem ausgedehnten Rande; er zieht fein Glas — (und welche Haushaltung braucht nicht — wie viel Handthierungen und Künfte Brauchen nicht — welches Haus hat Feine Fenfter 2) von Franfreich, Biſtthum Bafel, den Kantonen Freyburg, Solothurn, und Sa voyen. — Nach Tabellen, die ich vor mir habe, geben jährlich Summen, über die man erfchrict, aus dem Sande, Man laffe mich nur 300, 000. Kronen (NR. Thlr.) annehmen ; und diefes ift wahrlich nod) die Fleinfte Summe, | Diefe Summe als baares Geld jährlich aus dem Lande gelaffen, welch ein erftaunlicher Schaden! Erftlich fpüret man eine folche Menge auffer Umlauf gefegt, empfindlich im Handel allgemein. Zweytens. Wenn eine fo fhöne Summe verlohren gehet, fo gehet diefelbe nicht allein für mich felbft verlohren , fon bern es geht mit ihr auch derjenige Nugen und Ge mwinuft Pa a a in Franmenten. 193 winnft berlohren, der durch derſelben Benugung ent ſtanden waͤre. Denn eine Summe baares Geld ſoll durch ſeinen jaͤhrlichen Kreislauf, ohnbezweifelt dem Arbeiter und dem Handelsmann zum allerwenigſten 12 vom hunz dert eintragen. Laſſet uns nun dieſe Summe auf 10 Jahre hinaus verfolgen. a Im uſten Jahre gieng aus Kr. Dieſe Summe wuͤrde, wenn ſie im Lande geblieben waͤre, genuͤtzt haben, zum allerwe— nigſten auf ein Jahr.ä 12. pr. C. mache auf das folgende Jahr eine Summe von . .. Kr. b. Im aten Jahre, wäre diefe Sum, me im Lande geblieben, fo hätte fie genußt mit Zing auf Zins zu einem Kapital . . — gr. c, Daß zte Jahr haͤtte an Kapital Kr. Diefe würden ihm im Umlauf ee 3 d. Wären zum gten Jahr an Ka pital Dieſe hätten an Zins gebracht e, Im 5ten Jahre wäre dieſes Kapital geffiegen mit den Zinfin Auf das Kapitel von f. Das 6te Jahr hätte an Zins getragen. . g. Folglich hätte dag te Jahr an Kapital, aaa Bee 300,009 36.000, — — — — — 336,000, 40:320. — IT 376,320. 45,156 — — e — u 421,476 50 577 472,053 50,046 — — —— — 531,099 63 732 594,834 Magas. fd. Naturk. Helvetiens. . DB, N 194 Zuruf an Helvetiens Landesvaͤter Transpt. 594,831 Diefes hätte an Zins gewonnen. 71,295 h. Das gte Jahr würde befeffen 666,126. haben und an Zins genußet. 79,935 i. Das gte Jahr ware hiemit reicher 746,061 Diefe hätten an Zins getragen 89,548 k. Das 1ote te Jahr hattean Kapital 835,609 und an ——— — 100,272 935,881 Alſo hat der DVerlurft der vor To Jahren aus dem Lande gegangenen baaren Summe von 300,000 Kronen dem Lande binnen diefer Zeit geſchadet — feßen wir die runde Summe — von 900,000, Kronen. Nun ift dieſe Summe nur von dem erften der zehen Sabre zu verficehen. Man rechne ist progreßive, was in den 9. andern Jahren für Summen baares Geld aus dem Rande gegangen find, fo finder fih die Totals Sum; me des Schadens der durch zehen Fahre an baar aus; geführt, 3. Millionen Kronen, und degjenigen Gewinnfte, fo die Einwohner feither daraus gewonnen hätten, auf einen fo hohen Punkt getrieben , daß ich folche nicht eins mahl herfeßen mag; ein jeglicher kann ſich folche felbft außziehen. Man wird, wie es oft gefchieht, fagen, das iſt nicht möglich, er uͤbertreibts — Allein man rechne nach — es ift Feine ſchwere Rechnung. Drittens ift noch zu erwaͤgen, daß durch Fuge Einrichs tungen vermittelt foldyer abfolut nothmwendiger Anftalten eine Klaffe von Leuten Arbeit erhalten würde, Die ißt mittel ; oder unmittelbar dem Staat zur Laſt liegt. Eben fo gehen erftaunlihe Summen für Eifen, Bley, Alaun, Schwefel, Vitriol, Salmiack, Topfergefchirr, Tiegel, Farbwaaren u. d. gl. — Waaren, die alle uns entbehrlich ſind, die man alle im Lande verarbeiten in Fragmenten. 195 kann — jährlich dem Vaterlande verlohren. Sollte aus geführtes nicht fchon hinreichen , eine. nähere Aufmerk— ſamkeit auf obige Vernachlaͤßigung zu erregen, und auf Mittel denken zu machen, wie man diefen hintangefeß ten Hülfsquellen neue und dauerhafte Richtung geben, und dem jegigen groffen , und fünftig noch gröffern Scha; den vorbauen koͤnne; fo habe ich noch einen Punft zu ers drtern , der die MWichtigfeit und Nothwendigkeit diefer nähern Unterfuchungen‘, von einer andern Seite beleuchz ten fol. Die Volksmenge ſteigt jährlich — der Verdienft wird täglich ſchwerer und. geringer. Die muͤßige Menſchenklaſſe vermehrt fich behaͤndig der Arbeiter werden weniger. Ale Mittel, ſich ein bequemes Leben und feinen Kin—⸗ dern eine fihere Augfiht zu verfchaffen, werden immer füytieriger ; der Hang zum Grofleben aber vermehrt fich. Eine Folge davon , und dag eine natürliche, Die fich ſchon jtzt durch tägliche Erfahrung leider genug beftätis ger, ift, daß von einem Jahre zum andern dem Staate immer mehr elende dürftige Menfchen zur Laft und aus beim fallen. In Staaten, wo enfiveder Feine Hulfgmittel find, dies fen Unglücklihen zu helfen, oder wo diefe Huͤlfsmittel und Einrihtungen unrecht benußet, oder gar zur Vers mehrung der Ungluͤcklichen noch angewendet werden, findet man Beyfpiele genug, die diefen traurigen Saß bes meifen, In einigen Helvetifchen Staaten aber, wo eine gutige Landesregierung folche in Verfall gerathene Mens ſchen unterfiüget, und meiſtens gänzlich erhält, fallen dies felben nicht fogleich in die Augen; aber fie find nichts defto weniger doch da, und oft in gröfferer Anzabl, eben darum, weil fie wiſſen, daß fie unterflüget und nie ver— laffen werden. 196 Zuruf an Helvetiens Landesvaͤter Wenn man nun betrachtet, daß diefe Menfchen jährlich von demjenigen Vermögen zehren , dag für wahre Uns glücke und zur Interffügung der Erhaltung von Waifen , und Kinder, und armer, aber arbeitfamer Menfchen ges wiedmet und aufgefparet worden ift — hingegen nichts zu des Staates Wohl beytragen — Dagegen eher — wenn fie verheyrathet find — durch eine natürlich elende Er ziehung , einenoch fihlechtere Nachfommenfchaft bilden — oder find fie unverheyrathet, durch Hindernig an der Bevölferung — dem Staate doppelt ſchaͤdlich find. Wenn man annimmt ‚ daß einer mweifen Fandegregierung nicht gleichgültig feyn kann, ob der Zuftand des Wohls der Unterthanen fih verſchlimmere oder nicht ; ob diefe immer mehr dem Untergange fich nähern, oder nicht; ob fie zuletzt nicht über die größte Menge unglücklicher Mens fihen herrſchen oder nicht: — Sollte denn nicht jeglichem vaterländifch gefinneten Herzen der Wunfch auffteigen: Wäre diefen allem nicht abzubelfen , oder vorzus beugen ? Das wäre traurig; mir wollen die Hoffnung nicht finfen laffen; und kann vielleicht dem allgemeinen Uebel nicht ganz , fo Fann demfelben doch durch Fluge Maasregeln meiitens abgeholfen » und für die Zufunft ſolche Maasregeln getroffen werden, daß das nemlihe Uebel nicht mehr fo Pant fürohin einreiſſen koͤnne. —9— * wie das? Helvetien hat von dem guͤtigen Schoͤpfer ſo Hz Rarürprodufte erhalten, die — wenn fie alle gehörig bes - nutzet würden — nicht allein eine groffe Menge Menfhen völlig ernähren, fondern viele nach) Maasgabe ihrer Fähigs feiten in einen hoͤhern Wohlſtand verfegen fünnten. Der Staat erhielte beffere Bürger, weniger Laften, mehrern und feſtern Reichthum, und weniger Ausgaben, Gut gefage — aber wie auszuführen ? na a; — > in Fragmenten. 197 Man belebe und ermuntere diejenigen Wiſſenſchaften und Künfte, die zu jener Benußung der Landesproduffe abzweken, unterflüße fie. Man nehme bey einer vater Ländifchen Erziehung der Kinder Ruͤckſicht auf Diele Wiſſenſchaft — man belohne die fleißigen , arbeitfamen Hausväter mit Aufmerkſamkeit und Achtung, den jun gen Ehrgeitzigen mit Aufmunterung und Lob, und wenn es vonnoͤthen iſt, mit Unterſtuͤtzung. Man errichte Anſtalten, wo die Faulen und Trägenz fo von fremder Hülfe Ieben , arbeiten müffen, und zum wenigften nicht müßig gehen, man unterfcheide mit Aus— zeichnung den Zeitperderber vor dem Arbeiter, man ers leichtere bey jungen fähigen, aber unbemittelten Köpfen ® die Erlernung desjenigen, wozu fie einen entfchiedenen leidenfchaftlichen Hang und Talente haben, beehre fie mit einem aufmunternden Beyfalle, man ziehe fie hervor und lenfe ihre guten Eigenfchaften, ihren Ehrgeisund Enthus ſiasmus zum Bellen des Staates; — und Man muß die menfchlihe Natur und die Geiftedvers - faffung der £alentvollen Menſchen wenig kennen, menn man nicht ficher vorausjehen Fann, daß derjenige Mann oder Züngling, der feine Zeit, feine Fähigkeiten und fein Vergnuͤgen zu der Vermehrung feiner Kenntniffen , zu der Arbeitfamkeit und zu der Vervollkommnung feines Berufe anwendet — fih noch mehr vervolfommmen und beftres ben wird ‚ein tüchtiger Staatsbürger zu werden — fobald er fieht, daß er bemerkt, verftanden und im Fade der Not unterftüget wird; daß es hingegen für ihn ſehr niederſchlagend ſeyn mie, wenn er einfieht , wie er mif allem feinem Eifer und Arbeit nicht einmahl fo mei koͤmmt, als der, fo nichts thut. | Der Grundimarime der Englander , ihre Großmuth und ihr Wohlwollen mehr verdienftoolle Arbeiter und Kuͤnſt⸗ ler, al8 Arme, die aus Trägheit oder Niederträchtigfeit 198 Zuruf an Helvetiens Landesväter arm feyn wollen, fühlen zu laſſen, haben fie einen groß fen Theil ihres Flors und blühenden Zuftandeg zu ver’ danken. Die verſchiedene unterſtuͤtzenden vaterlaͤndiſche und ge⸗ lehrte Geſellſchaften in London, Wallis, Bath, Man: chefter, geben tägliche Beyſpiele durch ihre fo mannigfals tige Unterffügung und Belohnung. Jeder Künftler und Arbeiter von Talenten und Fleiß if feiner Erhaltung, feiner Aufmunterung , feiner Belohnung und feines Gl, des fiher. Mehr braucht eg nicht, als daß das Ders dienft erfennt werde, um Eifer und Nachahmung zu er—⸗ wecken, und alfo dem Vaterlande gut gefinnete und fleif fige , hiemit wohlhabende Bürger zu verfchaffen; und mehr braucht es nicht um allen unternehmenden thätigen Geift in Stumpffinn zu verwandeln, als daß man Ars beiter geringfchäge, ihre Bemühungen lächerlich mache, und den müßigen Schmwäßer mit Beyfall anhöre. Eobald alfo diejenigen Künfte und Wiffenfchaften, des ren Zweck die beftmöglichfte Benugung der Fandespro; dufte zum allgemeinen Beſten ift, werden aug ihrem richtigen Gefichtspunfte angefehen , aufgemuntere, unters ftüget und befrichen werden, fo werden wir die Kennt niffe und Mittel erhalten , dieſe Landegprodufte zu er kennen, zu unterfcheiden, zu verarbeiten und zu veredeln, Sobald wir zu diefer Kenntniß gelanget find, werden wir einer Menge Menfchen Stoff zu Arbeiten geben, wel— he fonft vom Augland bezogen wurden, mwofür groffe Summen Geld aus dem fand giengen, und die itzt dienen fönnen, unfer Land zu bereichern , wie wir vorher unfere fremde Nachbaren bereicherten, Sobald ſich die Menge von Arbeiten und Gefchaften vermehret, fo vermehret fich die Menge der thatigen und arbeitfamen Klaffe, und vermindert fih die Zahl der Muͤßiggaͤnger und Trägen, die von ihrer Brüder er in Fragmente, 199 Mark zehren, und jene arbeitfame Klaffe wird fich noch mehr und in derjenigen Progreßion vervielfältigen, mit welcher fie fih von höherer Seite aufgemuntert und gefchaßer findetz und wenn es wahr iff, daß jeglis cher Menfh in unſern itzigen fittlichen gefellfchaftlif chen Verbindungen ſchuldig fey zu arbeiten, und alfo an dem Wohl des Ganzen mitzubelfen, feine Lage und Vers hältniffe mögen noch fo glücklich feheinen, fo verdienet ein Müfigganger feine derjenigen Vortheile zu genieffen , die aus der Verbindung der menfihlichen Gefelfchaft ents fprieffen, Dder warum follte ergenieffen, da er garnichtg zu ihrem Wohl beytraͤgt? ' Da wir, vermoͤg unferer Lebensart und Verhaͤltniß ohnedem eine erffaunliche Menge von Bedürfniffen von unfern Nachbaren herziehen müffen, die wir unmöglich in unferm Lande erzielen koͤnnen; fo ift es deſto noth— wendiger, defto mehr unfere Pflicht, ung dasjenige felbft zuzubereiten, wozu ung unfer Baterland den Stoff an bietet und bis ist noch vernachläßiget und nicht benußee wird, und alfo da zu fparen, wo etwas zu erfparen iff, Ich babe bier nur allgemeine Winfe aegeben; meine Abſicht ift für diefeamahlnur zu fuchen, auf gewiſſe Abs bandlungen und TIhatfachen Aufmerffamfeit und Intereſſe zu erregen, die in der Folge hier werden befannt gemacht werden, worunter in dem näachften Bande mit der Ges fchichte der andmwirthfchaft in der Schweiß, und mit dem, was darin ift gethan worden und was zu thun übrig iſt — der Anfang gemacht werden wird ; und ich fihmeichle mir wohl nicht vergebens, daß aufgeflärte Männer, die an dem Ruder der Regierung figen, diefen Gegenftand — der auf die allgemeine Wohlfart einen fo beftimmten groß fen Einfluß bat — von derjenigen Seite und Wichtig feit und mit demjenigen Ernfie betrachten und naher unterfuchen werden, als er es würflich verdient, 3 + Ni } 200 Zuruf an Helvetiens Landesvaͤter Möchte e8 mir gelingen, ist und in ber Folge einige thatige Männer anzureigen , dieſen Gegenftand ferners zu verfolgen, die alsdenn mit mehrerm Kredit die Sache anfchaulıch machen fönnten ' Meiner guten Abfiht bewußt, werde ich zum menigften fortfahren in diefem angefanges nen Wege fort zu wandeln und in der nähern: Ausführ rung bey einzelnen Gegenftänden, den wahren guten Ends zweck deutlicher und beffer zu beleuchten. Giebt man itzt nicht Achtung darauf, fo wird die Nachwelt mir leyder Gerechtigkeit wiederfahren laffen müffen. i | Die Fortfegungen merden unter den NRubrifen der Gefchichten der Laͤndwirthſchaft, Stadtwirthſchaft, Handlung , Surus, Handelsbalanzen u, ſ. mw. in Frag⸗ menten ins Fünftige bier erſcheinen. ’ DB. en ee an einen Sreund in de Shmeiß, welde Anleitung enthalten, wie chemifche Wiſſenſchaft in Ermanglung des mündlichen Unterrichts erlanget werden Fönne. Bon Herrn Dberfämmerer Wiegles in Langenſalza. 202 Priefe an einen Freund 4 Erſter Brief *) Mein lieber Freund! Si⸗ haben in Ihrem letzten Briefe die Bemerkung ges macht , daß ihnen ben Ihrer bigherigen Beftrebung, von der Naturgefchichte Ihres vor vielen andern Ländern foins tereffanten Vaterlandes, der Schweiß, fich die möglichfte Kenntniß zu verfchaffen, felbft die mineralogifche Wiffens fchaft , welche Sie bisher für den Hauptzweck zureichend genug gehalten haben, dennoch Feine vollfommene Gnüge Yeiftete ; auch fo gar noch in der Beſchaͤftigung mit dem Ießtern Gegenftande zu viele Unficherheit verfpürten, und x) Diefe Briefe — denn fie werden fortgefeget werden — haben ihren Urfprung folgendem Zufalle zu danken; Während mei: nem. Aufenthalte in Deutfehland fehrieb mir ein hoffnungsvoller Süngling , ein Schweißer, daß er eine fo groffe Degierde hätte die Chymie zw fludieren, daß es ihm aber an aller Anleitung fehle, in dem er ſich in einer Stadt befinde, mo nicht die ger ringſte Unftalt vorhanden wäre, diefe Kunft nach Grundſaͤtzen zu erlernen. Da ih nun aus Erfahrung wohl und Tender genug wußte, wie viel das Gluͤck und der gute Fortgang eined Studi in der Jugend davon abhange, daB man fich einen rechten beftimmten Plan vorfehe — oder noch beſſer von einem Meifter fi eine Leitung vorzeichnen laffe; wie man bey der Erlernung einer Wiſſenſchaft ohne mindlihen Vortrag allmälig zu Wert gehen müße, um weder falihe Begriffe zu erhalten, noch fi in ein Chaos von Verierungen zu verliehren, und weil ich oft gefehen hatte, daß Juͤnglinge voll Liebe zu den Wiſſeuſchaf⸗ gen und volkEifer etwas zu erlernen, blos und mehr darum ein angefangenes Studium aufgegeben hatten, weil fie nicht wußten, wie fie ſich daben benehmen und wie fie es angreiffen follen, als weil der Eifer erfaltet war; fo wünfchte ich von Herzen, diefem Sutrauen zu entſprechen. Sch antwortete ihm baber; daß weder * in der Schweiß, 203 ganz richtig geurtheilt, daB Ihnen noch darneben einige Kenntniß von der Chemie wohl nöthig feyn mögte. Sie haben mich demnach aufgefodert , wenn ich dafür hielte, daß Sie fich darinne geirret hätten, daß ich Ihnen eine kurze fehriftliche Anleitung geben möchte, wie Sie fid) zu: voͤrderſt die nöthigften Anfangsgrunde der Chemie aug Schriften befannt machen koͤnnten; welche ih am vor zuglichften darzu anriethe; und überhaupt, nach welchem Plane diefes Studium von ihnen angefangen und fort gefeßet werden ſollte? — meine Fähigkeiten noch meine Unftätigfeit auf Neifen es erlau- ben, ihm hierinn nach feinem und meinen Wunfche ist dienen su koͤnnen, daß ich aber feinethalben an meinen beften Freund und unvergeplichen Lehrer Wiegleb ſchreiben und ihn bitten wolle, fih mit ihm Darüber einzulaffen. Diefer wahre Menfchen: ‘ freund, dem die Ausbreitung der fo nüßlihen Scheidefunft eben fo am Herzen liegt, als er Feine Gelegenheit gerne vorbeygehen laßt, feine Frenude fi) auf das angenehmfte su verbinden „ fchlug meine Bitte nicht ab, dach einigen Jahren befuchte ich diefen jungen Freund bey mei; ner Rückkehr ind Vaterland, und fand ihn zu meinem größten Erſtaunen und Freude in der Scheidefunft fo bewandert, daß. ich nicht umhin konnte ihm darüber mein Befremden zu Auffern, und, da ich nicht glauben wollte, daß er ohne den geringfien mündlichen Unterricht es fo weit habe bringen koͤnnen, fo betheurte er mir auf feine Ehre, daß er die Grundlage feines Wiſſens allein dem Briefwechfel mit meinem Lehrer zu verdanken hätte, daß er aber nach) erhaltener richtigen Leitung den Ueberreſt durch eigened Nachdenken fich erworben habe. Bey der Herausgabe diefes Magazins fiel mir der Gedanfe ein, ob diefer Briefwechſel in unferer Helvetifhen Lage, da — Zurich und Genf ausgenommen — nirgends Anftalten zur Erler: nung der Chemie getrofen worden find, noch ein und andern Lieb: habern der Naturkunde von Nutzen feyn könnte, und das um fo vielmehr, da ſowohl Verhaͤltniſſe und Lage viele hindern fönnen, auswärtige Collegia zu befuchen, als da auch diefes Magazin eben fo dazu beftimmt feyn fol, ſo viel als möglich alle in die Yıaturs Funde einfhlagende Wiffenfhaften in unferm Vaterlande auszu⸗ an Briefe an einen Fremd Wider die Beurtheilung des abgezweckten Gegenflans des und das dabey gefühlte Beduͤrfniß, weiß ich nichts eingumenden, vielmehr muß ich Ihre gute Beurtheilungss fraft daraus erfegnen, daß Sie das nothwendige Huͤlfs— mittel fo richtig angegeben haben. Allerdings, Freund! fehle. Ahnen, zu den glücklichen Fortfchritten in der Nas turmiffenfchaft , noch Kenntniß der Chemie. Sie wollen ja, wie Sie mir gefchrieben haben, Ihr Vaterland nicht als Geograph fennen lernen, auch nicht etwa bloß dag Sonderbare, Grofle und Erhabene anftaunen, fondern Sie wünfchen alles mit forſchendem Auge zu betrachten, und bey jedem Schritt von allen Gegenftänden, auf des gen nuͤtzliche Anwendung Ruͤckſicht zu nehmen. Ta, Freund! wenn Sie ſo reiſen wollen, ganz anders als unfere meiſten Reiſebeſchreiber zu reiſen pflegen, fo iſt Ihnen allerdings chemiſche Kenntniß nicht bloß noͤthig, ſondern ſogar unentbehrlich. Die nuͤtzlichſte und zweck— mößiafte Anwendung aller natürlichen Körper läßt ſich nicht eher anſtellen, als wenn man fie nach ihrem ganz zen Wefen, das mit bloffen Augen nicht erforfcht werden ann, erfennet; eben dieſe Kenntniß aber gemwähret die Chemit. Ich würde Ihnen nun, um mit diefer Wiſſenſchaft bes kannt zu werden, anrathen, von einem Lehrer fich darinn . mündlich unterrichten zu laffen , wodurch fie in Fürgerer Zeit und mit leichterer Mühe in den Stand geſetzt werden — Breiten; — Sch theilte meinen Gedanken beyden Correſpon⸗ denten mit, und beyde willigten gern ein; nur verlangte Here Wiegleb, daß er diefen Briefwechſel mehr für unfere itzige Zei— ten und für den Drud anordnen koͤnne, und fo wird er num nach und nach hier eingerüct erſcheinen. Sch sweifle Feines wegs, daß er Öffentlich nicht hin und wieder beujenigen Zwei amd Nusen erhalten wird, den er. im freundfchaftlichen Gewaude erhalten hat. in der Schweiß. 205 koͤnnten, fih immer mehrere Kenntniß zu verfchaffen; wenn Sie mir nicht fihon durch die Anzeige zuvor ges fommen wären, daß darsu in ihrem Lande gar feine Ge Iegenheit vorhanden fey, Dann bleibe für Sie freylich fein anderer Rath übrig, als die ftummen Lehrer in bie Hand zu nehmen. Sie wollen in dem Fall wiffen, mels che ich darzu vorſchlage? und darauf antworte ich: daß die fehr wenigen, welche Sie zum Anfange leſen koͤnnen, in dem ganzen Plane am gehörigen Orte angeführet wers den follen,, welchen ich nunmehro entwerfen will, worinn ich die nothmwendigen Anfangsgrunde der Chemie in ders felben Drönung berühren will, in welcher Sie fi) folche befannt zu machen haben. Gehen Cie alle diefe Punfte Schritt vor Schritt durch) , und verlaffen Sie feinen eher, bis er vollfommen begriffen ift. Bor allen Dingen, mein Freund! müffen Eie ein gutes Lehrbuch der gefammten Chemie zum Hauptbuche machen, worinn fihon erflärte Grundfüge befindlih find. Biel leicht Eönnten Sie dieß fchon ſelbſt eingefehen haben, vielleicht aber auch nicht. Denn ich weiß aus meiner eignen Erfahrung und von vielen’andern, mie verkehrt oft Darinn zu Werf gegangen wird. Man wird immer eher mit Geber, Baſilius, Dalentinus , Theophraftus Paracel⸗ ſus, Kunkel und Conforten (Namen , die Jhnen vielleicht einmahl in der Folge vorkommen werden) befannt, als mit andern nüßlichen; und eben dadurch wird oft der Grund zu einer ganzen unglüclihen Folge gelegt. O Freund! hatte mir ein Mentor diefen Kath gegeben, fo dürfte ich nicht den Verluft des erfien Decenniumg meiner Studien Iebenslang beklagen, Ich empfehle Ihnen hierzu mein Handbuch der allgemeinen Chemie, Derlin. 1786. | Das erſte, worauf Sie darinn zu merken haben, iſt, ſich von dieſer Wiſſenſchaft einen ſattſamen und richtigen 206 Briefe an einen Freund Begrif zu verfchaffen; damit Sie wiſſen fonnen, was eis gentlich danon zu erwarten fteht, ingleichem auch, das mit Sie fich davon Feine überfpannte Einbildung machen, und ihre Gränzen nicht weiter ausdehnen, als die Natur folche für ung beftimme hat, Weil hierzu Feine weitläufs tige Ausführung noͤthig ift, fo will ich folchen felbft hiers durch beftimmen, Die Chemie ift die Wiffenfchaft von der Grundmifchung aller natürlichen Körper , folglich auch von den Beftandtheilen derfelben — von den Eigen— ſchaften aller diefer Körper im natürlichen, und ihrer Theile im ausgefchiedenen Zuftande, welche fie gegen andere Körper auffern — mie diefe Eigenfchaften durch mannigfaltige Zufammenfegungen in Wirkſamkeit gefegt, verändert, oder gar aufgehoben werden — endlich, von den Hülfsmitteln und Verfahrungsarten, wie der Menfch jene natürlichen Eigenfchaften oder Kräfte zu feinem Ends zwecke benutzen, und dadurch mit den natürlichen Körz pern allerhand Veränderungen, Zerlegungen und neue Zufammenfegungen bewirken fönne. Dhnerachtet diefer Begrif fehon etwas ausgedehnt iſt, fo glaube ich dennoch, daß Ihnen eine noch weitere Auss einanderfegung zu mehrerer Deutlichfeit nicht überflußig feyn werde. Von allen natürlichen Körpern (fehr wenige ausgenommen), iſt e8 als ermiefene Wahrheit anzunehs men, daß fie aus verfihiedenen ungleichartigen Theilen von der Natur zufammengemifcht beftehen, ohnerachtet folches bey den allermeiften durchs Geſicht nicht erfannt werden kann; und eben diefe einzelnen verſchiedenen Theile find ihre Beftandtheile. E8 haben ferner alle natürliche Körper ihre befondere Eigenfchaften; worunter alles dag, jenige begriffen wird, wodurch fich jeder Körper von ans dern unterfcheidet. So find 5. B. die Eigenfihaften des Schwefels, daß er ein Körper iſt, welcher eine \gelbe Farbe beſitzt, fich in Waſſer nicht auflößt, in gelinder in der Schweiß, 207 Hitze wie Talg ſchmelzt, dabey in die Luft verraucht, bey ftarfer Hitze mit einer dünnen blauen Flamme brennt, und dabey einen erftickenden Dunft von fich läßt ec.; und eben dadurch wird er Fenntlich, und von allen andern Köws pern unterfchieden. Der Schwefel ift aber ein von 9% wiffen andern Beftandtheilen zufammengefeßter Körper, welche wieder , nach einer daraus erfolgten Abfcheidung „ ihre befondern Eigenfchaften befisen. Nachdem nun ein folcher Körper mit einem andern Körper von andern Eis genfchaften zufammengefeßet wird, fo werden fehr oft durch beyderfeitige gegeneinandermwirkende Krafte derfeß ben ihre Wirfungen im einzelnen Zuſtande verändert oder ganz unterdruͤckt. Daß nun zu dergleichen abfichtlichen Anwendungen und Veränderungen der natürlichen Koͤr— per, zu Ausfiheidung ihrer Beſtandtheile, um ihre nas türliche Grundmifchung zu erforfchen, auch durch mans cherley neue Verbindungen ganz neue Fünftliche Körper zu bewirken, mancherley Huͤlfsmittel und DBerfahrungs; arten erfordert werden muͤſſen, das werden Sie leicht bez greiffen koͤnnen. Nach diefem Begrif werde ich nun hoffentlich von dent folgenden Punkte ($. 09. 100), worinn der eigentliche Gegenſtand der Chemie beftehet, ihnen feine mweitlaufs tige Erfläarung zu machen nöthig haben. Es find nems lich alle Körper der Natur, ohne Unterfhied, Gegenftäns de der Chemie. Don jedem derfelben müfen Sie nun feine Eigenſchaften, Grundmifchung, und die Eigenſchaf— ten feiner Befiandtheile, Schritt vor Schritt, aus bes lehrenden Schriften zu erforfchen fuchen, Aber eben hiers zu gehört vorzüglich die groffe Kenntniß von der ganzen Summe der Kräfte aller natürlichen Körper und ihrer Beftandtheile. Denn bloß durch die richtige Benutzung diefer Kräfte muß der Chemift feinen Endzweck zu erreis hen ſuchen. Darinn befteht eigentlich die größte Wiffen- » 208 Priefe an einen Fremd fchaft des Chemiften. Denn, wenn er etwas ausführen will, fo kann er der Natur nicht mit Worten befehlen 1 ſondern er muß Weſen aus der Natur darzu gebrauchen, von denen er erfahren hat, daß ſie Kraͤfte beſitzen, durch deren Wirkung fein Zweck erlanget werden kann. Hiers aus ziehen Sie vorlaͤufig den wichtigen Grundſatz: daß jede anerkannte wahre Wirkung eines Koͤrpers zu bemer⸗ ken nothwendig iſt, und zum Ganzen gehoͤrt. Sind demnach alle Koͤrper der Natur Gegenſtaͤnde der Chemie, ſo werden Sie leicht die Nothwendigkeit be— greiffen, daß Sie ſich vor allen Dingen erſt mit der Men— ge der Mannigfaltigkeit dieſer Koͤrper bekannt machen muͤſſen. Sie muͤſſen das Unſchickliche auffallend empfin⸗ den, eine Wiſſenſchaft zu betreiben anzufangen, die ſich uͤber alle natuͤrliche Koͤrper ausbreitet, ohne zuvor dieſe Koͤrper nach ihrer Mannigfaltigkeit und Anzahl auch nur bloß hiſtoriſch zu kennen. Zu dem Ende wird es noth— wendig ſeyn, ſich etwas Kenntniß der Naturgeſchichte aus einem guten Lehrbuche zu verſchaffen; und darzu ſchlage ich Ihnen vor: Torbern Bergmanns phyſikaliſche Beſchreibung ber Erdkugel. Greifswalde 1782. 2. Bande. 4. J. Cari Bonnets Betrachtung über die Natur. seipsig 1785, 2. Bände, Wollen Sie fih aber mehr auf das Mineralreih ans fänglich einfhranfen, fo empfehle ich, Kich. Kirwans Anfangsgrunde der Mineralogie. a, d. engl. uberfegt. Berlin und Stettin 1785. 8. fih bekannt zu machen. Am nüslichften wird es für Sie feyn, wenn Sie mit diefem Buche in der Hand ein gutes Mineralienfabinet mit Muße und Aufmerkfamfeit betrachten fünnen, Bey der Bekanntmachung mit der ganzen Naturgefchichte werden Sie vorzüglich auf den Unterfihied der drey befondern fo genannten Naturreiche Achtung ei in der Schweiß, 209 Achtung zu geben haben, und wie ale Körper, welche sum Mineralreich gerechnet werden müffen, unorganifirt, die Körper des Gewaͤchs⸗-und Thierreichs aber organis fire find. Bey jedem diefer drey Neiche muß wieder die befte Klakıfifation zum fyftematifchen Begrif beybez halten werben. Eind Sie nun fo weit fortgeſchritten, daß Eie einigers maffen die verfchiedenen Körper der Natur überfehen koͤn⸗ nen, fo dürfen Sie nun auf den Uebergang aus der stur in die KRunft bedacht feyn. Gie fünnen jeßt die ganze Natur in ihrem Umfange mit einem aufgefchlas genen Buche vergleichen, Wie nun aber Fein Buch ge lefen und verfianden werden fann, wenn man die Spra che nicht verfieht, worinn es gefihrieben ıft, eben fo gebt ed mit der Natur auch, Man muß ihre Sprache vers ſtehen, wenn man mit ihr näher befannt werden will, Ale in der Natur vorgehende Wirfungen find Sprache der ratur, und die einzelnen Körper ſiod vergleichunggs weiſe ihre ausdruckvollen Worte, Wie man aber bey Erlernung einer jeden Sprade wiſſen muß, daf ihre Worte aus verfihiedenen Sylben beftehen, und diefe zw erft aus einzelnen Duchffaben zufammengefiget find, eben fo nothwendig iſt auch dieß zu erwaͤgen, wern man die Sprache der Natur verfichen lernen will, Alle Körper der Natur find nemlich, wie die Worte einer Sprache, aus verfchiedenen Beitandtheilen zuſammengeſetzt, (Handb. d. Chemie $, Ioo — 4) weiche nach dem gege⸗ benen Bergleiche Sylben der Natur genenuf werden ons nen, deren entfernte Beſtandtheile erft die einzelnen Buchftaben der Natur vorſtellen. Will man alſo die Sprache der Natur verftchen lernen, fo muß man zw erft ihr Alphabeth, oder ihre ein elnen Buchftsben fich bekannt macen; dann lernt man folche zuſammenſetzen oder buchflabieren,, und endlich erft leſen und verftehen. Magas. f. d. Naturk. Zelvetiens. . 8 O —* 310 r Briefe am einen Freund Hiernachft iſt es nothwendig, daß Sic fi bald ans faͤnglich mit den gebräuchlichen Runftiwörtern und deren Begrif befannt machen, die in der Kunſtſprache vorfoms men und zu wiſſen unentbehrlich find, Dahin gehort der Linterfchied der Beftandtheile zwifihen nahen und entfernten , zwiſchen phyfifchen und chemifchen, ganze Theile, Edukt und Produft, Zerlegung, Zufammen; fegung , Zertrennung, Zufsinmenfügung und Zufems menbäufung », Aggregat und Aggregation; ferner, was einfache Rörper oder Mifchungen, zuſammenge— ferzte und mehr zufammengefegte Körper find, und wodurch fie ſich wieder von zufammengehäuften Körpern unterfibeiden, Hiervon koͤnnen Macquers chemifches MWörterbuh , Baume Experimentalchemie, ingleichem Handbuch der allgemeinen Chemie $. 100 — 5. nöthigen Unterricht gewähren. Ueberhaupt vathe ich Ihnen im erften Fahre, oder noch beffer in den erfien zwey Jahren fich lediglich an diefe Bücher zu halten, weil darinn alle bedürfende Erläuterungen zu finden find. Auſſer diefen fommen auch noch andere KRunftwörter vor, die zur Bez fehreibung der mancherley Eigenſchaften der Körper ges braucht werden müffen, Von foichen find vorzüglich noch folgende zu bemerfen: Gleichartig, fremdartig, feit, Dicht, derb, verdichtet, verdickt, verdünnt, ausge dehnt , feuerbeitändig, flüchtig , leichtfluͤßig, fehwer fluͤßig, dehnbar, zaͤhe, brüchig, zerflieffend, ſchmel⸗ zend, verwitternd, ausgeſuͤßt, ſchweflicht, brandig, ſcharf, aͤtzend, verglaͤßt, verſchlakt u. d. m. Sobald ſich nun dieſe vorlaͤufige Begriffe feſtgeſetzt haben, ſo kann alsdann ein Schritt weiter vorwaͤrts gethan werden. Zu ſolchem Endzweck aber koͤnnen Sie von den Grundſatze aufgehen: daß alle natürliche Kor per, auf fehr mannigfaltige Art, von Gott, dem allgemeis nen Herin der Natur, aus verfchiedenen Wefen, welche in der Schweiß. 218 Beſtandtheile derſelben genennt werden; sufammenges feßet worden find. Ehe Sie nun der Lehre von der Scheidungd und Verbindungskunſt der Körper, die ung ter dem Namen Chemie begriffen wird, näher treten, fo rathe ih, was ich fihon mehrmals nuglich gefunden habe, fich zuvor von ihren bisher erfannten allaemeinen erften Bertandtheilen, und deren mancherley Zufammens feßungen einen vorläufigen Begrif zu verfchaffen, und alfo hierdurch die Erkenntniß der nafürlihen Körper gleihfam aus der Wurzel anzufangen und zu verfols gen. Zu Diefer Abfiche empfehle ich das erfte Kapis tel der reinen Chemie $. 123 — 139. in meinem Hands buche der Chemie von den Uranfaͤngen fo lange durch zu ſtudieren, und die darinn vorfommenden einzelnen Gegenftande in Macquers Wörterbuche nachzuſchlagen, und eben fo fleißig nachzulefen,, bis Sie davon einen bes friedigenden Begrif erlanget haben, Bey diefer angeftells ten Vergleichung werden Sie bey der Lehre vom Feuer, als Element betrachtet, bemerfen, daR wir beyde von einander abweichen. Zu diefer Beurtheilung gehört nun freylich fchon mehr Kenntniß, als ich bey Ahnen erwars ten kann; ich weiß daher in dieſem Sal Feinen andern Kath, als, wenn Ihnen mein Lehrbegrif verftändfich ift, diefen fo lange anzunehmen, bis Sie in der Folge bey mehrerer Erfahrung feiter darüber zu urtheilen im Stande find. Don diefen vier Wefen , die in Vergleichung mit allen andern ung zur Zeit befannten einfach genennt werden fünnen, müffen Sie gleich die Eigenfchaften eines jeden ſehr wohl bemerken. Darunter ift die merfwürdigfte, die ungemein fiarfe Kraft ſich unter einander zu verbins den, die den Grund zu allen nachfolgenden daraus zu entfpringenden Körpern ausmacht. Hierdurch merden - Sie ſich leicht erflären fönnen, warum in der ganzer 212 Briefe an einen Freund Natur Fein einziges Element im ganz reinen Zuffande angetroffen werden fann, und wie folche demnach bey ihrem Eintritt in die natürlichen Körper, während ihrer Entſtehung, nach der am Ende des erſten Kapitels bes findlihen Anmerkung, ſchon in verfchiedener Verbindung untersmit einverleibet werden. Dieß mag zum Anfange genug feyn. Die Ausführung aller Punkte wird etliche Monate Zeit erfordern. Wenn Diefe werden verftrichen feyn, follen Gie wieder einen Brief von mir erhalten, worinn ich {ihnen eine neue Station vorzeichnen werde, Laffen Sie nur bey jeßiger erftern den Muth nicht finfen ; die folgenden merden nach und nach immer leichter werden, Zum deutlichen Begrif einer jeden unbefannten Sache gehört Lefen und fleißiges Wiederholen, Glauben Sie mir auf mein Wort, das fi) auf meine eigne Erfahrung gründet, dag dadurch fehr viel möglich gemacht werden fann, und daß die Befolgung des Spruͤchworts, Repetitio eft ma- ter ftudiorum, eine gang befondere Zauberfraft befigf. Sa) wünfche, daß Sie ganz davon belebt werden mögen, und verbleibe ſtets Ihr treuer Freund Wiegleb. in der Schweik. 213 Zweyter Brief: Moertbefier Sreund! Aus Ihrem jüngften Schreiben habe ich mit Vergnuͤ⸗ gen die Nachricht vernommen, daß Sie mit den erften Schritten, die ich in meinem vorhergehenden Briefe hs nen vorgegeichnet habe , ob Sie gleich etwas mühfam geworden , zufrieden find, und nunmehr auch bald die fernere Anleitung zu den folgenden zu erhalten wünfchen. Ehe aber dieß gefchehen kann, muß ich Ahnen zunorderft den mie gemachten Einwurf wegen der befchriebenen Elemente beantworten, Cie führen an, daß es Ihnen unbegreiflich wäre, wie aus jenen 4. angegebenen Wefen alle Körper in der Nas tur — Gemächfe, Thiere, Metalle und andere Mineras lien — entfiehen follten , und wodurch folches bewiefen werden koͤnnte ? Darauf antworte ich Ihnen: 1) Daß das Dafeyn diefer Wefen in der Natur unumſtoͤßlich iſt; 2) daß fie in Vergleichung mit allen andern Körpern die einfachften find ; 3) daß fie in alien andern Körpern, aber nicht andere Körper in ihnen angetroffen werben ; und daraus urtheilt man mit Bernunft , daß alle ans dere Körper aus ihnen beftehen müffen. A priori haben wir feinen Beweis, und feine Macht, aus diefen Elemenz ten wilführlich allerhand Körper zufammen zuſetzen. Dies ift nur Vorrecht der Gottheit; und was dieſe thun fann’, ift ung nicht möglich, nach dem ganzen Umfange zu bes greifen. Wir alle müffen demnach auf diefen Haren Bes grif Verzicht hun. Nennen Sie alfo immer die Lehre von den Uranfängen oder Elementen eine angenommene 214 Driefe an einen Freund Meynung, die a priori nicht bewiefen werden kann; ich habe fie ja felbft für nichts mehr ausgegeben. Lefen Sie doch nur F. 137. u. ſ. f. in meinem Handbuche darüber nochmal8 nach. Der Beweis, daß alle Körper der Na; fir aus diefen Wefen beftehen, kann nur a pofteriori geführt werden. Das heißt, mie im $, 138, auch ſchon erwahnt iſt, daß bey der endlichen höchften chemifchen Analyfirung der Körper, feine andern, als diefe einfaz chern Weſen daraus zum Vorſchein gebracht werden füns nen, und mithin das ganze Wefen der Körper fich nur auf jene vicre zurückführen laſſe: alfo urtheilen wir daraus, daß fie die allgemeinen Uranfänge aler natürz lihen Korper feyn müffen. Nunmehro kann ich Sie nach dem geaͤußerten Wunfche einen Schritt weiter vorwärts leiten. Wenn Cie fich die ganze Menge aller Körper der Natur vorftelen, fo merken Sie dabey, daß Sie auf dreyerley Art einge theilt werden fünnen. Erſtlich, nah den drey Natur— reichen, in mineralische , vegetabilifche und animalifche Körper; zweytens, nad) der Struktur, in unorganiſirte und organifirte ; dritten, nach) der Grundmifchung ‚, in gemifchte, zuſammengeſetzte, und mebr zufammengefeßte, Auf die beyden erftern Arten pflege fie der Phyſiker eins zutheilen ; nach der dritten Art aber theilt fie der Chemiſt ein, der nur allein auf die Grundmifchung der Körper ſieht, und auf die aufferlichen Unterfchtede weniger achtet, Daher nennt man die leßtere Art die allgemeine chemi— fche sEintheilung , wobey meder auf den Unterfchied der Naturreiche, noch auf die Drganifation gefehen wird, Denn für den Chemiſten befteht die ganze förperliche Nas fur nur aus einem Reiche. Jene eingefchranfte Eintheis lungen haben in der Chemie zu allerhand falfchen Be; griffen Anlaß gegeben, Man verband mit dem Unters in der Schweiß, 215 ſchiede der Naturreiche auch gleich ganz befondere Bes ftandtheile in einem jeden, und fchrieb daher immer ges wiffe Subflangen nur einem Neiche abjolut zu, die doch in der ganzen Natur allgemein angekroffen werden. Dies fe chemifche Eintheilung ift nicht etwa aus der Luft ges griffen, fondern fie gründet fi) auf genugfame Erfah⸗ rungen, Die nächte Aufmerkfamfeit ift nun auf den Uns terfchied zu richten ,„ welcher an dieſen dreyerley Arten von Körpern zu beobachten if, Nachdem Sie nun im erfien Rapitel die einfachften Weſen der Natur, die Uranfange der Körper , ſich bes kannt gemacht haben, fo fonnen Sie jest im andern Ras pitel die gemifchten Körper in Betrachtung ziehen, Niere bey iſt zuerſt auf den allgemeinen Begrif derfelben und deren verfchiedne Natur C$. 140.) zu merken. Daruns ter werden alfo Körper verftanden , die zunächft aus der Verbindung der im erften Kapitel beichriebenen Hranfänge entfpringen. Zu folchem Beweiſe führe ich Ahnen den allgemeinen Erfehrungefaß an, daß jemehr Körper zus fanmengefegt find, je leichter die Scheidung der zus fammengefeßten Theile von einander bewirkt werden fann; und daß ferner bey weniger zufammengefrgten auch die Echeidung viel ſchwieriger fey, meil ihre Beftandtheile einfacher, und eben deswegen einander fefte anhängen, Daraus läßt fich richtig folgern, daß die Beftandtheile derjenigen Körper, welche am allerfchtwierigften oder gar nicht weiter gefchieden werden koͤnnen (und von folcher Art find die fogenannten gemifchten Körper), nach uns fern Begriffen nichts anders, alg die einfachften Uran fänge felbft teyn müffen. Dies ift auch nur ein Beweis a pofleriori, daß die Mifchungen aus direfter Verbindung der Elemente entfpringen; a priori bat ihn auch noch fein Sterblicher führen koͤnnen. Es ift fehr merkwuͤr— 216 Briefe an einen Freund dig , daß eigentlich nur eine fehr geringe Anzahl von Körpern. vorhanden ift, melche mit Recht darunter ges rechnet werden koͤnneu. Um fo mehr aber ift es nöthig, folhe vor allen übrigen nach ihren unterfcheidenden Kennzeichen zu bemerfen, Diefes Kapitel ift von ungemeiner Wichtigkeit, meil darınn diejenigen Korper befchrieben find, deren genaues fie Kenntnis ichlecbterdinag unentbehrlich if. Vom Phlos giſton ($ 141.), dag ben den meiften hemifhen Dperas tionen eine groffe Rolle ſpielet, müffen Eie fich erft einen Deutlichen Begrif zu verfchaffen fuchen, und dann auf def fen Unterthied von reinem Feuermwefen wohl merfen. In den Lehrbegriffen von den falzigten Mifchungen bleiben Eie etwas bey der Theorie von der Entftehung der Sal je, und der Dabey wirkenden Grundurſachen ($. 149. u, f.) ſtehen. Es ifi Hypotheſe, die nicht alle Chemiſten anneh⸗ men, die mir aber dem ohngeachtet noch dieſe Stunde, in Vergleichung der gegenſeitigen Begriffe, am mahr; fcheinlichften if. Sie fönnen darüber in Macquers Woͤrterbuche B. I. den Arrifel Aetzbarkeit nachlejen. Ohnerachtet derfelbe S. 67. 68. und 78. dem Feuerweſen Die aͤtzende Kraft zugeſtehen muß, fo erklärt er fich doch ©. 79 über die Natur der Salze, und die ihnen eigens thuͤmliche Schärfe dahin, daß Die äßende Befchaffenheit, die auflüfende Kraft, der fiharfe Geſchmack, kurz, die ganze Wirkſamkeit jeder materiellen Subſtanz auf eine andere , nur die Wirfung der Urfraft, oder derjenigen allgemeinen Kraft fey, mit welcher alle Theile der Mas terie ftreben, fidy mit einander zu vereinigen; furz;, Metz barkeit fey nichts anders, als Erfolg der Anzichungss * mit welcher ſich die Theile der Aetzmittel be⸗ ſtrebten, ſich mit den Theilen anderer Körper zu vers + einigen—. 2 in der Schweitz. 217 Dies kann wohl als Erklaͤrung der bloſſen Wirkung gel— ten; wenn man aber weiter fragt: warum die allgemeine Anziehungskraft nur in gewiſſen Koͤrpern ſich mit der aͤtzenden Wirkung aͤuſſere? und was alſo in dieſen fuͤr eine beſondere aͤtzendwirkende Grundurſache vorhanden J ſey, welche als die entfernte Urſache dieſer eignen Wir; fung angeſehen werden muͤſſe ? fo findet man in jener Erklärung feine Befriedigung. Nah meinem Bedünfen kann darauf feine genugtbuendere Antwort gegeben mer; den, ale, daß es hier die befonders modifizirte Feuer; materie ſeyn müfle, wodurch eben jene allgemein anzie— bende Grundfraft auf einen fehr hohen Grad der Wirk; ſamkeit, der fich durch Aetzbarkeit aͤuſſert, gebrache werde. Sch fehe demnach den ©. 87. a, a. D. vorkom— menden Schluß für eine ſtarke Uebereilung dieſes ſonſt ſehr gelehrten Mannes an, nach welchem er von dem Satze — daß Aetzbarkeit nichts anders als Wirkung des Feuers iſt, welches Ar: und Aufloͤſungsmittel entbalie — behauptet, daß ihn nur der in der Phyſik unerfahrenſte Mann annehmen wuͤrde. Er ſcheint darinn gefehlt zu haben, daß er ſich eingebildet, es werde ein grobes aktuelles Feuer als Urſache der Aetzbarkeit von ſeinen Gegnern in den aͤtzenden Aufloͤſungsmitteln ange⸗ nommen; und in dem Falle hatte er Recht. Da wir ung aber unter Feuermaterie ein weit fubtileres Weſen vorftelen ,„ fo wird der Fehler auf feiner Seite bleiben —. Naͤchſtdem bemerfen Sie $. 15277. die eingefchränfte DBefchreibung der einfachen Salze, deren Unterfihied von _ andern im folgenden Kapitel fehr wohl in Acht genom⸗ men werden muß. Im $. 158:63. finden Sie ferner die einfachften Erden , nach ihrer bisher erkannten Anzahl und Eigenfchaften , imgleichen wodurch ſich eine jede von 218 Briefe an einen Freund der andern unterfcheidet, befchrieben. Wollen Sie ſich fünftig einmal auf die chemifche Unterfuchung der Erds und Gteinarten des Mineralreichs einlaffen, fo müffen Sie die bier befchriebenen Eigenfchaften und Kennzeichen als die unentbehrlichften Grundfäße betrachten. Beym $. 164. richten Cie die Aufmerkfamfeit auf den Unter— fibied zmwifchen den eigenthumlichen Erden der unedlen Metalle und diefen Metallen felbft; im folgenden Paras graph aber bemerken Sie den groffen Unterfihied der eds Icon Halb und ganzen Metalle von den erftern. Zulegt beherzigen Sie noch den ($. 166.) befchriebenen eigens thuͤmlichen Charafter aller der in diefem Kapitel be; fehriebenen Körper wohl, wodurch fie fih von allen andern unterfheiden. Es ift flarfed Antidotum wider Das hoͤchſt-verderbliche alchemiftifche Gift darinn bes findlih. Die Subftangen, welche Sie in den beyben erften Las piteln bisher Fennen gelernt haben, machen zufammen vergleichungsweiſe das groffe Alphabet in der Sprache der Natur aus, Jene erſten Elemente, oder Uranfänge find. die einfachften lauten Bucflaben, oder die Mofa; len, die Körper aber des andern Kapitels, die fogenannz ten Mifchungen,, die Konfonanten. GYhbre einfachere Verbindung untereinander zeigt dag Buchitabieren der ratur , und deren mehrere Zufammenfegung dag Leſen an; wovon Sie in dem folgenden Kapitel ſchon mand)ers ley Beyfpiele antreffen werden, Nun können Sie zum dritten Kapitel des Handbuchs * uͤbergehen, worinn von zuſammengeſetzten Koͤrpern und deren verſchiedenen Arten Belehrung zu finden' iſt. Hier bemerken Sie zuerſt, mas unter zuſammengeſetzten Kor gern verſtanden werden muß, und wie folche in einfach, in der Schweitz. 219 ziwiefach« und vielfach zufammengefeßte zu unterſcheiden find; dann endlich, daß jede von dieſen dreyerley Arten der zufammengefegten Körper in erdigte, metalliſche, fals jige und brennbare Zufammenfegungen eingerheilt wer den müffen, : Der Haupthegrif von diefen Körpern beftcht darinn , daf fie aus der Verbindung jener fogenannten Miſchun⸗ gen entfprungen find. Der $ 171. über die Zuſammen⸗ feßung der unedlen halben und ganzen Metalle verdient genaue Beherzigung. In den folgenden $. 172» 7. find in gedrängter Kürze, die übrigen Salze, welche unter dem allgemeinen Namen Yrittelfalze befannt find, nad dem Unt:rfchied ihrer Natur forgfaltig zu beobachten, Befonders aber will ich Sie hierdurch auf den eigenthuͤm⸗ lichen Charafter der einfach z zufammengefesten Körper ($. 179.) aufmerkſam machen, und zugleid) noch die Anz merfung beyfügen , daß die darunter gehörigen Körper noch befonders in dreyerley Drönungen zu unterfcheis den find: Die erfte Ordnung begreift diejenigen Zufammenfeßun; gen unter ſich, deren Beftandtheile durch Verſuche zu beftimmen find ; die man aber dennoch aus folchen DBeftandtheilen fünftlich nicht wieder zufammenfigen fann, 3.9. Thon, Kiefel, Edeifteine, Zucker, Del, Weingeiſt ꝛc. Die zweyte Ordnung beſteht aus ſolchen, deren Bes ſtandtheile durch Verſuche beſtimmt werden koͤnnen, ob ſie ſchon nicht alle ſinnlich darzuſtellen ſind; die ſich aber dennoch, nach erkannten Verſuchen, aus den bez ſtimmten Beſtandtheilen kuͤnſtlicher Weiſe wieder zu— ſammenſetzen laſſen. Beyſpiele: Schwefel und alle unedle halbe und ganze Metalle, 220 Briefe an einen Freund Die dritte Krönung begreift foldhe, deren Beſtandthei— fe ſinnlich ausgeſchieden, und die auch durch deren Nereinigung in ihrer ganzen vorigen Befchaffenheit wieder fünftlich zufammengefeßt werden koͤnnen. Beys ſpiele: famtlihe Mittelſalze. Die verſchiedene Zuſammenſetzungsarten der natuͤrli⸗ chen Körper will ich Ihnen durch ein Beyſpiel anfchaus lich *— Svießalas —* Ei ER Vielf. Zufamenfegungen. Spießglas — —D — er RT — —ñ —— Spießalaskoͤnig⸗· Schwefel Verſch. Erdarten. +» Zuſam̃enſetzungen. — 8 F * Einfache Erden. ⸗Miſchungen. a en On | ee © 8 a5 = 3 — “ I 2 | ke aa 228 Be: —— Elemente. = = = Sa — Nunmehro find Sie, mein Freund! an einen groffen _ Ruhepunkt gefommen ; nun muß alles nochmalg , beffer mehrmals , im ganzen Zufammenhange mwiederholt werz den, was bisher vorgefommen ift. Denn Sie müffen bierbey wiffen, daß allee, was bis hieher in den erften drey Kapiteln des Handbuchs vorgetragen worden iſt, nur den erften Blick ausmacht, welchen Anfanger in die natürliche Grundmifchung der Körper thun fonnen. Von einem bloffen Blick aber Fann man nicht gleich einen deuts lichen Begrif erwarten ; muß daher oft wiederholt wer; den, und dadurd) wird man immer deutlicher feben, und . on in der Edweib. 221 - geübtere Augen erlangen. Kein naher Gegenftand kann me — einem Dlicfe gan; genau gefaßt werden , und noch vielweniger ein folcher , der fo entfernt außer uns ſerm finnlihen Wirkungsfreife liegt , als die natürliche Grundmifhung und Entfiehung der natürlichen Koͤrper aller Ark, Hierbey will ich Ihnen noch eine fehr nugliche Negel ertheilen. So oft Sie in der Solge eine folhe Station werden zurückgelegt haben, ſo fuchen Sie die Haupt punfte des Vortrags zufammen in eine foftematifche Tas belle aufzuftellen, und fih dadurch das Ganze zur fehnelz len Ueberfihe zu bringen. Zu folcher Anleitung babe ich gleich Anfangs vom Mineralreicy ein Fleines Beyſpiel gegeben. Dom erften Kapitel ift eine ſolche Weberficht fehr Teiche. Am Ende des andern habe ich teieder einen Wink dazu gegeben. Und nun will ic) Ihnen noch vom dritten Kapitel den foftematifchen Innhalt zum Muſter aufftellen ; erdigte — Sins, Schwefel ſpat, Thon. metalliſche — unedle halbe u. ganze Metalle. einfad) sufamengefeste falzige — Mittelfalze ſalzige / erdigte, metallifche, brenbare, vennbare — Kampfer, Dele, Weingeiſt. erdigte — Sandmergel, metalliſche — Spießglas, Zinnober. zwiefach zufainengefeted ſalzige — vitrioliſcher Alaun, brennbare — Erdbarze. erdigte — Gneuͤs, Granit. metalliſche — Erze. vielfach zuſamend feste‘ ſalzige — rohes Solenſalz, brennbare — Lorf, Steinkohlen. — ER RRELTTERTETEN TTS TR r a 222 Briefe an einen Freund in d. Schweitz. Auf folche Art fönnen Gie nun bey allen — en. Kapiteln fortfahren; Sie werden ganz ohnfehlb Nutzen davon an ſich bemerken, und mir dafuͤr d Bald fol ein dritter Brief *8P gIhrem Feeunde * Wiegleb. Vorſchlag Einer Serbeiferung Der Strablableiter auf hohen Thuͤrmen. * 224 Vorſchlag einer Verbeſſerung Das Einſchlagen des Gemitferd in Thuͤrme gefchiehet fo oft, daß es wenige Städte giebt, deren Annalen nicht Beyſpiele erzablen. Schon die emporfirebende Spiße, die fich allemal in Metall endet, hat anziehende Kraft, und ihrer Hohe wez gen trift der Strahl eher , der fonft, ohne Nachtheil zu bringen , fih durch die Luft fortfchleudern , oder bey ge; fenftem Schuß ein niedrigeres Gebaude , oder die Straffe, Platz oder anders unbedeutenderg treffen müßte. Man hat zwar auch darauf Bedacht genommen, derz gleichen Gebäude vermittelft der Ableiter fiher zu ftellen. Aber die Erfahrungen über die Ableiter find noch nicht vieljährig genug , noch nicht geprüft genug; ob fie auch an dergleichen Hoͤhen, die ohne beſondere Geruͤſte un⸗ erfteiglich find, ſichern ? Ich wuͤnſchte alſo von’ einem zuverlaͤßigen Beobachter dergleichen Naturbegebenpeis ten die Beantwortung folgender Fragen: r. Kann der Drath bey aufferordentlich ftarfem Zur fluß der Gewitter - Materie nicht fo überladen -werden, daß da eine Entladung entſtehet, daft cr Funken auggleis ten laßt, und fich der Feurſtrom theilet? Dder muß ohne Fehl die Dligmaterie aan, d durch den Drath bie in die Erde oder in das Waffır hinab ſtroͤmen? : 2. Wenn ſich der Feurftrom theilen und von dem Ab; leiter auggleiten fann, muß er dann nicht auf anderes Metall gehen ? (welches Thurm und Gebälfe bindet, und zu vielen Centnern ſchwer, auffer aller Proportion mit dem MNbleiter, in Ankern, Schlaudern, Stangen und Klammern ſteckt) und muß bey einer ſolchen Abgleitung der Thurm nicht ſo, wie ohne Ableiter, entweder zer⸗ ſplittert, oder in Brand geſteckt werden? 3. Wie | a der Strahlableiter auf hohe Thuͤrme. 225 3. Wie lang bedarf, ohne Gefahr, der Drath feiner Bes ſichtigung, Feiner Reparation ? und Fann er durch Roſt, Grünfpan rc. nicht verdorben, oder gefährlich werden 2 4. Wenn der Ableiter Befichtigung oder Neparation bedarf, mie iſt «8 möglich, hin zu- kommen, ohne die groffen Koften zu haben, big zur. Spitze des Thurms Gerüfte machen zu muͤſſen ? Machen diefe Gerüfte die Sorge für den Thurm nicht koſtbar und laftig? Der Shurm mit Schindeln bedeft und gut mit Dil getränft, bedarf fonft nur alle Io Jahre des Gerüfiend und der Meparation, 5, Ber darauf Achtung giebt, fichet oft viele Vögel auf die Ableiter abſitzen. Der Kath nun, den dieſe fal— len laffen , verurfachet auf den Mefing oder Rupferdrarh Roſt. Diefer Noft erzeuger Gruͤnſpan, der nach und nad) auswaͤchßt und groffe Flecke verdiebt — Kann dann bey einem ſolchen verdorbnen Theil des Ableiters der Feur— ſtrom nicht unterbrochen werden, daß er uͤberſpringen muß?— Oder kann dieſer fremde Auswuchs, der fein Metall mehr ift ,„ den befagten Strom nit fo hemmen» daß er ausgleitet, einfchlagt, und erſt dann den Ableiter toieder finder, wenn der Thurm geſchaͤdigt oder — det iſt? — | Diefe Fragen gefchehen keineswegs in der Ab ſicht "Dis | Nutzen der Ableiter. verdächtig zu machen, fondern viels mehr dag Nachdenken auf VBerbefferung derfelben zu er⸗ wecken. Re Eine Kirche ‚ ein hoher fehöner Thurm iſt oft die eins zige Zierde einer Stadt, aber auch dasjenige Gebäude , welches der Stadt .die größte Gefahr bringt, wenn da Entzündung entſteht, weil wegen feiner Höhe und engem £ Magaz. f. d. Naturk. Zelvetiens. IL B. P * * 226 Vonrſchlag einer Verbeſſerung Raum die Pumpen nur wenig Wirkung thun koͤnnen, be⸗ ſonders zu naͤchtlicher Zeit, da ſich nicht immer entſchloßne Maͤnner finden, die Leib und Leben in augenſcheinliche Gefahr ſetzen wollen. Ueberdas ſchlieſſen ſich die Thuͤrme auf einer gewiſſen Hoͤhe ſo enge, daß man ſie nicht mehr erſteigen kann. Alſo iſt es wichtige Angelegenheit des Publikums, oder der Regierung, dergleichen Gebäude (deren Wiederher—⸗ ftellung nach erlittenem Brand oft die Kräfte einer Stadt überfteiget) zu fichern, und dabey alles Menfchen mögs liche zu thun. Ich wage nun einen Vorſchlag, den Strahlableiter mit einer Löfchmafchine zu verbinden, die fo lange unwiders fprechlihe Wirkung thun muß, fo lange die Erfahrung lehret, daß das Gemitter niemal einen Ableiter zerriffen babe, und die Möglichkeit zugeftanden wird, daß bey aufferordentlich heftigem Gewitter der überladene Ableiz fer ausgleiten laßt. Untrügliches in Naturwirkungen ift nichts ; das bemweifen die Syfteme der ältern Naturfuns diger, die täglich durdy neue Erfahrungen — und wieder uͤber den Haufen geworfen werden. Die Maſchine beſteht in einer Füpfernen Kapſel, on abgehammertem rothem Kupfer, ohne einige Vergoldung; im Ducchfchnite 3 Schuh und ı Schuh hoch (Fig. a.) diefe Kapfel hat unten 24 Röhren, jede von ı. Ft. Cas fiber , in doppeltem Zirkel, wie C. Ueber den 24 Boden Köhren fiehen dann noch 8 andre in der Mitte der Kap ſelwand, von denen jede 2 Loth Caliber hat. b.) Iſt derfo geheiſſene Stiefel, welcher über die Helm; ftange hinab auf die Concentration der Speerbalfen ge ſchoben wird. ec.) Die Kapſel von unten, mitihren 32. Waſſerroͤhten. d.) Eine Röhre von Kupfer von 40. Loth Caliber, die fich in die Kapfel ergießt, zwiſchen dem Gebalf hin Nr £ « der Strahlableiter atıf hohe Thuͤrme. 227 auf und auf: den Grund des Thurms binabgeht; und Diefes ift mein Ableiter. Dieſer Ableiter geht nun durch den ganzen Thurmhelm dis in die Windberge hinab, ohne einiges Holz oder anderes zu berühren, ale was zu Befeſtigung des Ableis- ters nothwendig iſt. Bor den Windbergen wende ich den Ableiter in eine Ecke der Thurmmauer, und lafle Denfelben durch alle Boden fenfrecht hinab, big an dag unterfte Licht des Thurms gegen die Strafe Da nehme ‘ ihn dann auffer den Thurm , und laffe denfelben big auf - Schuh Höhe von der Erde auslaufen, wo fein Ende —J metallene Schraube macht. Von der Schraube weg ſenkt ſich eine ſtarke eiſerne Stange noch 5. Schuh tief in die Erde hinab, welche mit einem Kaͤſtgen verwahret wird , damit Schraube und Stange gefichert bleiben. So habe ich nun meinen Ableiter , der fo gut als‘ ein andrer abführt, Indem er von der Spige des Thurms uns unterbrochen big tief in die Erde hinab geht, der in die hundert Jahre ohne NReparation dauren Fann, wenn er nicht Durch Gewitter ſelbſt zerftöret wird. Gefchähe Dies ſes, fo ift jeder andre Ableiter eben fo gut paßiv, ja noch mehr, da fein Drath die Circumferenz meiner Roͤhre hat, und mir fo viel vom Feurſttom faſſen kann. Sollte e8 nun gefchehen , daß wirflich ſich der Feurs ſtrom theilete, ausgleitete, und der Stral den Thurm ent zuͤndete, fo brauche ich die Mafchine zum Waffer, In der Nähe des Ausgangs meines Ableiters fol immer eis ne Wafferpumpe fteben, Diefe Pumpe (die 40. Loth Waffer ohne Drang Caliber oder Rohr- führt) wird vermittelft eines 10, Schühigen doppelten Lederſchlauchs bey der Metall Schrauben s Mutter an den Ableiter aufgefchraubt. Dann geben ein paar andre Sprigen von ferne, auch mit abges fhraubten Drangröhren Waffer genug. Kann nun meine Pumpe arbeiten, fo habe ich in ein paar Minuten Waffer in » — BZ 2 | 2 238 Vorſchlag einer Verbeil erung der Kapſel, welches auf dem Stiefel zerplatzt, und 40, Loth ftarf in dreyfachem Zirkel den Helm umfchlägt. Al⸗ fo kann von auſſen fein Feuer ſich ausbreiten. — Brennt e8 aber von innen am Gebälfe, fo dient mir: die gleiche Maſchine gedoppelt, Jeder Thurm hat, oder fol feinen füpfernen Wafferz fommler haben , und dabey eine ordentliche Spriße, die ein Mann Kan drucken kann. An der Auffenfeite des Helme ift in die Dueere ein küpferner Kaͤnnel befeſtigt, wo ſich dag abrinnende Regenmwaffer fanımelt, und durch eine Röhre in den Sammler geführt wird, Aus dem Sammler geht wieder eine Röhre in den Helm zuruͤck, wodurch der Ueberfluß des Waffers ablauft, Dann noch eine dritte, um den Sammler ganz leer zu machen, am Boden des Sammlers mit einem Hahne verfehen. Ich würde alfo noch ein. viertes Rohr, auch mit Hahne, da anbringen, und demfelben die Richtung ‚geben ‚daß ich gleich an der Spritze, die auf dem Boden befeſtigt wurde, meinen Hahn drehen und der Spritze Waſſer geben koͤnnte. Wenn nun meine Hauptpumpe gebt, und das Waſſer über den. Helm hinabſtroͤmt, fo wird mein Sammler immer mit einem Theil deffelben angefüllt, und eben fo meine Sprige, bis ich den Hahn anderſt ſtelle. Und damit können 4. Männer, (die wegen ffarfem Drucken zur öftern Ablöfung nothwendig find, ) den ganzen Helm. in dem Innern genug vertheidigen. i Damitaber ein folcher Wafferfirom das innere Gebände des Thurms, Uhr , Glocken zcnicht ſchaͤdige, ſo wuͤrde ich den oberften Boden, wo das Gemaͤur und Helm fich vereinis gen. ‚mit Rupfer belegen , demfelben auf alle Ecken ein wenig Zall geben, und fo das Wafferwieder ablauffen madens | Sch. habe dann. no) einige. Bedenklichkeiten: wegen „den ledernen Schläuchen zu machen, die zu Thurm- Spris gen gewöhnlich gebraucht werden. Dieſe Sıhlauche find day. ® * der Strahlableiter auf hohe Thuͤrme. 229 nach Abwechslung der Jahrszeiten, exceſſiver Hitze oder Kälte ausgeſetzt, welches alles das Leder nicht vertraͤgt, wenn es nicht ſehr oft mit Fett und ſchmierigter Materie wohl unterhalten wird. So bald dann Waſſer ploͤtzlich und mit Gewalt durchgepreßt wird, berften fie gewöhnlich. Da; bey verliert man aber Zeit, andre aufzuſchrauben; oder man bat feine andre bey ‚der Stelle, die. zum Galiber taugen. Diefem Uebel abzuhelfen, würde ich durch den Helm hinauf dem Balfen nach, ebenfalls Nohre von Kupfer, jedes to Schuh lang anbringen, und diefe 10 ſchuͤhigen Rohre haͤt— ten auch ihre Schrauben und Muttern, und fünnten mit Geſchwindigkeit im hinaufſteigen aufgeſchraubt und nach Bedürfniß verlängert werden. Hat man dann die erforder, liche Höhe, mo das Drangrohr gebraucht werden fol , fo bat diefeg Rohr einen Anfag von Leber 4 Schub lang, der dann aufdag oberfte Rohr gefohraubt wird , und dazu dient, das Rohr nach Nothdurft auf alle Seiten wenden zu koͤn— nen. — Mit diefen Nöhren ift man gefichert , da fieniemalg berſten; und find die Koften von dem Belange nicht, daß fie abſchrecken ſollten, fie aufzuwenden. | Wenn mein Thurm big an feine Spige 280. Schuh hoch if, fo bedarf er wegen den Kruͤmmungen 300 Schuh Röhren. ‚300. Schuh Nöhren von Kupfer, jede 10. Schuh lang, und go Roth Ex fiber. Der Schuh a ıf.ofe FL 35. — 30. Küpferne Bandfihrauben , welche die Möhren vereinigen und binden , a RR — 1. gegoffene Metallfchraube, am unfers fien Ende der Kupferröhre, mit ir ver Mutter . DE, Ä 5.— Die füpferne Kapſel auf dem Helm, ‚mit der Hülfe —— pr. Eiſen, Schloſſer- und andre Arbeit 50. — Summa der Koſten des Ableiters. fl. 470. — 30. — 230 Vorſchlag einer Verbeſſerung ic. Wenn nun der Thurm bey den Windbergen fchon feinen Waſſerſammler hat, eine Spritze vorhanden ift, und ich die innere Vertheidigungsanſtalt noch hinzu thun mil, fd ift der einzige Aufwand ; 8. Kuͤpferne Möhren von 12. Lt. Caliber, jedes Schub lang a ı fl. der Schuh fl. 64. — 7 Schrauben. j ; 7. — J. Lederner Schlauch zum Dran 4. Schuh lang, pr. Abaͤnderungen an dem Sammler und dergleichen unbe traͤchtliche Sachen. » 20. fl. 561. = Muß ich aber Salvo Errore & Omiffione wie andre Calculateurs rechnen , fo nehme man 600, fl. ald dag Höchfte, dag es nicht koſten kann, an, und vergleiche damit die Koften eines gewöhnlichen Drathableiters, der nach meinen Beforgniffen vielen Zufällen ausgefegt ift. Sollte diefer mein Vorſchlag die Aufmerffamfeit eines Sachverſtaͤndigen Leſers erwecken, fo wuͤrde ich gerne meinen Namen bier beyfegen, um feine Belehrungen sder auch Beyfall erfahren zu fünnen. Da ich aber nur aus Liebe und Dienftbegierde für das Publikum mich an eine Sache gemaget habe, die ich eben nicht verftehe, fo bleibe ich ganz unbefannt, und ziehe mich vor der Kris tif derf@higen, die raifonnieren ohne unterfuchen zu twols len oder zu fönnen, wie ein Kauglein in meine Höhle zurück, Iſt die Sache anwendbar und von einem einfichtspols fen Manne verbeffert, fo bitte ich Diefe Verbefferung als Zufag dem Herrn Herausgeber des Magazins zu Des Fanntmachung einzuhändigen. * ya Be — Eye ne Biographiſche Nachrichten Herrn Doktor Loader von Zürid: In einem Briefe von Herrn Doktor Hirzel jar. von Zürich, an den Herausgeber des Magazins, 232 Biographiſche Nachrichten Schaͤtzbarſter Freund! Th kenne die Achtung, welche Sie für wahre Verbienfte, beſonders für Verdienfte um unfer Vaterland , umd noch mehr für folhe, welche fih um die Naturgefchichte de; felbigen bemühen,, hegen. Ich bin desnahen überzeugt, daß ich Ihnen durch eine Fleine biographiſche Nachricht von einem Manne, deffen Berdienfte mit Recht Anſpruch auf Ihre Achtung machen, ein angenehmes Gefchenf anerbiete , da Sie mit. noch fehr vielen würdigen Pa; trioten den Verlurſt deffelbigen beweint haben. Den zweyten Weinmonat dieſes laufenden Jahrs, entriß ein ſchneller ganz unerwarteter Tod unſerm Staat einen allgemein geliebten Mann, in der Perſon Herrn Johann Georg Lochers, der Arzneykunſt Doktor, des groſſen Raths, Krxaminators der Kirchen und Schu⸗ len, Mitglied der Zuͤrcherſchen Naturforſchenden Ge— ſeliſchaft und der Landwirthſchafilichen Geſellſchaft zu Vizenza. Er wurde im Hornung 1739 gebohren, verlor ſchon im ſechszehnten Jahre ſeines Alters ſeinen Herrn Vater, und hatte alfo in dem wichtigſten Zeitpunkt der Jugend feine Erziehung einer würdigen Mutter Frau Suſanna Cleophea Buͤrklj aus dem Tieffenhof, und eben fo vor treflichen alg treuen Lehrern zu danken. So wie der erſte Wärter des erwachſenen Baums, in J deſſen Schatten er ſich nach einer langen Reihe von Jah— | ven an feinen lieblichen Früchten erlabt, in dem noch Heinen , fihmwanfenden , aber fchlanfen Baumgen fchon mie frohem Blick in die Zufunft dem ungezweifelt glück von Heren Doktor Locher. 233 lichen und fruchtbeingenden Wachsthum entgegen: fiehtz So verſprachen fich fehon Die erften Lehrer Herrn Lochers von ihrem jungen Schuler gefegnete Früchte ihrer Arbeit, und zwey von ihnen genoffen diefelben noch, da fie ſchon weit umher Wolluft verbreiteten. Ich führe hier die eis gentlichften Worte Herrn Defan Körners, der der letzte feiner frühern Jugendlehrer war, aus einem Brief an mich unterm Ioten Weinmonat dDiefe Jahrs bey. „Jetz » fordern E. E. noch vonmir, daß ic) Ihnen von den Ju—⸗ 9» gendjahren des fel. Herrn, die er unter meiner Auf; „ſicht zugebracht , etwas melde; und da fol ich Ihnen » fagen, daß ich ja etlıche Fahre in diefem mir unvergeßliz » chen Haufe zugebracht, indemfelben viele Achtung, Liebe, „Freundſchaft und Gutthaten genoſſen, und daß mir fonderz » bar derfel. verſtorbne Herr viel Freude gemacht habe; ges rade von Anfang, da ich zu feinem und feines ſel. Heren » Bruders Lehrer beſtimmt war, fand ich an ihm einen ler; »neusbegierigen fanften ſtillen und edeldenfenden Füngling: „ jede Stunde der Unterweifung , und viele andre Stunden „ machte er fich zu Nutzen. Seine für Kinder fo unge ' wohnte Lernensbegierde, gieng fo weit, daß er oft feines Lehrers Zut verbarg, um ihn zu noͤthigen, laͤnger bey ihme zu bleiben. In Erlernung der latiniſchen und griechiſchen »Sprachen that er gute Schritte, und Religion und „gute Sitten waren vornemlih dad, worinn er fich % von Tugend an vorzüglich augzeichnefe; er zeigte, daß * wahre Ehrfurcht vor feinem Schöpfer und Erlöfer, ein „dankbares Herz gegen denfelben , eine unverſtellte Men? » fihenliebe und Begierde , jedermann, wo er nur fonnte, »» wohl zu thun, in feiner Seele herrſche: ich fagte mehrz „malen, Beorg Kocher wird gewiß in der Zufunft feis „ner Vaterſtadt Ehre machen und derfelben zur Zierde „und zum Seegen leben: Mit einem Worte, er zeigte „fh als ein Jüngling von ungemein gutem Herzen, 234 Biographifhe Nachrichten von fanften ſtillem Wefen und von ausnehmendem Beifte, » Immer emſig und voll Lernensbegierde war alfo der Knabe ſchon, blieb der Juͤngling und bey unermüdeter Emfigfeit und nüßlichee Gefchäftigkeit , ftarb er in der Beſte feiner jahren. Aus dem minderjährigen Unterrichte rückte er nun, nachdem er fi vorgenommen hatte, fich der Arzneyfunft zu wiedmen , zu den näher vorbereitenden Studien fort. Doch tiber diefen Zeitpunkt und feine Studier sund Neife? jahre laſſe ich feinen erften, beften Jugendfreund, mit dem er nod) big an fein Ende eine enge Freundfchaft uns terhielt, Herrn Doftor Scheuchzer aus Nachrichten, welche er mir gütigft mitgetheilet hat, felbft ſprechen. » Herr Doftor Kocher wurde ungefehr im Fahr 1753. „von feiner würdigen Frau Mutter, in Ruͤckſicht, daß ſchon ein Sohn ſich dem Kommerzium gemiedmet , und „ein jüngerer ebenfalls dazu beftimme war, theild auch „ weil der Sel. ſelbſt groffe Neigung zu den Studien s hatte , welche ihm von feinem ehmaligen wackern Lehrer „ dem fel. Herrn Kamerarius Köchlj (einem Manne, , der feiner Zeit und eine Tange Reihe von Jahren durch, als Er: zieher fehr berühmt , beliebt und ein groſſer Liebhaber Wie thematifcher Wiffenfchaften war) eingepflanze worden, zu „ Erlernung der Arzneykunſt beftinnmt. Bon diefer Zeit „an rechne ich die gepflogene Freundſchaft, deren mich „ mein fel. Freund beſtaͤndig gemürdiget hat. „Er befuchte damals mit befonderm Sleiffe fomohl die „ öffentlicyen Ledtiones Phyficomathematicas , al8 auch Pri- „, vatim bey unferm würdigen Greiß Herr Chorherr Geßs „ner die Collegia über die Erperimentalphyfif , Mathemaz „tik und Botanik, fein nachheriges Lieblingsftudium, Im „Jahr 1755. hörte er bey eben dieſem unſerm Lehrer eis ss nen zweyjaͤhrigen Curfum Medicum, um. fich auf die von Heren Doktor Kocher, 35 „ afademifche Faufbahn vorzubereiten , mit unferm ge „ meinfchaftlichen Freunde, Herrn Doftor Stockar von » Schafhaufen und mir. Während diefer ganzen Zeit un 5 terließ er auch nicht, fh in der Anatomie unter An; „ leitung unfers ebenfalls würdigen Lehrers, Herrn Spis „thalarzt Burkhards die erforderlichen Kenntniſſe zu ers - 9 werben, und wohnte fleißig den vorgefallenen Opera— » tionen in den Hofpithalern bey. » Nach) vollendetem Curfu Medico, im Jahr 1757, war „08 verabredet, daß wir beyde nach Feyden reifen folk „ten, um unfere afademifche Studien anzufangen; mes „ gen befonderer Urfachen aber, mußte ich zu unfer bey; der Leidmwefen etlihe Wochen früher verreifen, und „war ſchon ein eingefeffener afademifcher Bürger, als „er von feinem damals lebenden Altern Bruder mit nad) » Sranffure genommen und von da aus in Begleit eines „ Holandifchen Kaufmanns endlich) zu meiner größten » Freude in Leyden eintraf, Nun waren wir herzlich „froh, und glaubten ung, fo lange unfere Reifen daw „een folten, nicht mehr trennen zu müffen ; allein auch „dießmahl hatte es die Vorfehung anders befchloffen. „Er fieng nun mit allem Ernft feine afademifche Lauf; „bahn an, und befuchte bey dem ehrmürdigen und feines „ deutlichen Vortrags halben unvergeßlichen Muſchenbroek „die Erperimentalpbyfif, und eben Diefelbige auch bey „Allamand, theilg weil er einen vorzüglich ſchoͤnen Ap⸗ „ parat von Sinftrumenten und Maſchinen hatte, theilg „weil er als ein Schweiger ung vorzugliche Achtung ers „ Wied. Bey von Koyen dem ältern über Boerhaveng- » Aphorifmen: Bey dem groflen Albinus die Phyfiolos » gie: Bey Gaubius die Pathologie und Chemie: Bey > dem jüngern Albinus die Anatomie und Chirurgie: » Bey Winter ein Gollegium Clinicum: und endlich bey 2» dem jüngern von Koyen die Botanif, 236 Biographiſche Nachrichten „Nach vollendetem erſtem afademifchen Jahre , traf „ die groffe Vakanz ein, mo die Studierenden meiften, „theils weggehen, die Einheimifchen nach Haufe, die w Fremden, um eine Reiſe durch das Land zu machen; „dieſes wollten wir auch thun, um unſre Freunde und », Kandsleute bey dem damals in Flandern liegenden „Zuͤrcherregiment zu befuchen. Aber auch dießmal mußte „mein Freund mich allein abreifen ſehen. Ein unglück » licher Zufall zog ihm unverſehens die Gefahr zu, den „ einen Arm zu verlieren, und feßte fogar fein Leben in „die Aufferfte Gefahr. Es wurden mir augenblicklich Briefe nachgeſchickt, welche mir meldeten, daß wann sich nicht fehr eile, ich meinen Freund ſchwerlich mehr „beym Leben antreffen werde, Wie fehr ich über diefen „traurigen Bericht erſchrocken, und daß ich eiligft nach „Leyden zurück gekehrt, können Sie, mein werthefter „ Herr und Freund! leicht erachten. Ich fand zwar mei, nen Freund / noch am Leben, aber in bedaurenswuͤrdi⸗ gen Umſtaͤnden. Meine erſte Sorge mar nun, mich bey Albinus (welcher die Dberaufficht über einen ges „ſchickten deutſchen Wundarzt übernommen und allen „Verbaͤnden perfonlich beygewohnt) zu erfundigen, und ihn zu bitten, mir offenherzig zu fagen, was für meis „nen Freund in diefen Fritifchen Umftänden zu befuͤrch— „ten oder zu hoffen fen; welcher mir dann fagte, daß „er zwar hoffe, daß das Leben meines Freundes wohl s könne gerettet werden, der Arm aber wahrfiheinlich uns „ brauchbar werden möchte; ja er fügte bey, daß wenn „nicht zu beforgen geweſen wäre, der Patient möchte bie „ Operation nicht ausgehalten haben , fo hatte er fich gend; „thiget gefehen , die Amputation, welche , weil der Kno⸗ „chen bis an das Gelenk zerfplittere war, in der Ars „ tifulation hatte vorgenommen werden müffen, felbft ge „gen feinen Willen zu geflatten. Die Gefahr der Ope— an Heren Doktor Rocher, 237 „ration und die eben fo beherzte als forgfältige und uners > muͤdete Bemuͤhung feines groſſen Arztes haben alſo uns » ferm Freunde den Arm gerettet , welchen er , wie Sie wiß „fen, bis an fein Ende ungehindert hat brauchen fünnen. » Ein Beyfpiel, daß manches fehr franfe Glicd , welchen » oft die Uebereilung den Garaug macht, durch gedultige „ und gute Pflege fünnte gereftet werden. Mein Freund » hatte e8 alfo feiner guten Konftitution ſowohl, ale der „ ausgezeichneten Sorgfalt und Gefchicklichfeit des um » fterblichen: Albinus zu danfen , das nach und nad) , obgleich Tangfam (indem er über zwey Jahre bis zu „gaͤnzlicher Wiederherftelung unter den Händen des » Wundarsts war) feine Umftände ein befferes Augfehen » gewannen, Diefer Herr , welcher bey feinen häufigen > Befuchen , bey denen er dem Kranfen (dem er teine Beſorgniß blicken Tieffe, und alfo auch Feine Befshr entdekte) > binlänglichen Anlaß hatte, unfers Freundes Gemuͤths—⸗ „art auszuforſchen, gewann denfelben feines" ſanften » Charafters halben fehr lieb, fo daß cr wirklich nachher „einer feiner Lieblinge wurde, und freyen Zutritt: bey > * hatte, was ſonſt ſelten erhaͤltlich war. Bey anſcheinender Beſſerung war unſers Freunds groͤßte Sorge, daß er dieſes Unfalls wegen in feinen „Studien möchte: gehindert und aufgehalten werden. „Man ſuchte auch wirklich von Haufe aus ihn zu bere⸗ „ben , den Studien zu entfagen, und nach) Haufe zu 3» fommen : Allein davon wollte er nichts hören; fondern „ fo bald es nur. möglich war, fuchte er, durch befons „dern Fleiß, Die verlorne Zeit wieder einzubringen. Frey⸗ —lich war dieſes die Urfache, daß ih im Wintermonat „im Jahr 1760. mich abermals von ihm trennen mußte, »weil er noch bis in den Sommer 1761, in genden ders _ „bleiben mußte, wofelbft er dann pro Gradu, de’ Secre- „tione Glandularum in genere difputirte, in welchem Spe⸗ 238 Biographifche Nachrichten ' „zimen er die Lehrſaͤtze feines groffen Gönner® und Pros „motord Albinus deutlih an den Tag legte. Bon feis „den reißte er nach Paris, mo er in der beften Jahrs—⸗ „zeit befondern Anlaß hatte, durch Vorſchub des Herrn „von Jußieu/ im Königl. Garten feine botanıfhe Kennt, „niffe zu erweitern, und feine fchöne Pilansenfapmlung „zu vermehren. » „Bon da gieng er nach Straßburg , wo er ebenfalls „Gelegenheit hatte, mit dem verehrungswäürdigen Herrn „Drofeffor Spieimann befannt zu werden, und. bie „Freundſchaft zu ſtiften, welche bis an deffelben Ende „unferm Garten fo erfprießlich gemefen. » Kurze Zeit nach feiner Zurückkunft in feine Vaterftadt hatte er das Glück, ſich in der Perfon feiner noch lebens den Gattinn , welche feinen Tod mit feltner chrißlicher Philoſophie bemeint , zu verbinden: Jungfrau Regula Seu, Tochter des Sel. Herrn Rathsherrn, und Sohng; Tochter unferg unvergeßlichen Heren Bürgermeifters Leu⸗ Diefe Wahl ‚ die das Glück feines Lebens machte, ift für fein Herz und Kopf dag fhönfte Lob. Er liebte. aber auch in ihr feine freufte Freundinn, welche ganz mit feiz ner Denfungsart übereinftimmte, fich das Wohl feiner verwaiften Anverwandten zu ihrer angenehmften Pflicht , und jede feiner Liebhabereyen auch zu ihrem Lieblings⸗ gefchäfte machte, und fo in allem feine Gefahrtinn und Gehülfinn war. Durch feine Gattinn ward er der aufs. übenden Arzneyfunft und Geburtshülfe , deren er fich. unter freundfchaftlicher Anleitung des juͤngern Fried, mit beſonderm Fleiſſe wiedmete, entriſſen. Durch ſie ward er aber auch unſern Staatsgeſchaͤften zugefuͤhrt, da ſie ihn beynahe täglich mit ihrem Hrn, Vater und Großvater in Gefellfchaft brachte. So wie fie ihm alles war, und fidh ganz nach ihm und feinen Liebhabereyen bildete, fo bildete er fich auch nach feiner geliebten Gattinn. So * von Herren Doktor Locher 239 wie fie die beyfpielofe, treue, danfbare Tochter, ale ih⸗ re übrige Minuten dem Vergnügen ihrer Eltern aufopfers te, fo opferte auch er feine übrige Zeit denfelbigen auf; und Dies erwarb ihm die Liebe eines Sohns. Daher die Liebhaberey unfers Seligen fir die Gefchichte unſers Vaterlands, und die mühevollen Arbeiten für unfern Staat, welche nur durch patriotifches Gefühl, feinem - Daterlande gedient zu haben, belohnt wurden. Dies erz warb ihm aud) die angenehme und Iehrreiche Gelegenheit den eidsgenößifchen Tagfagungen, wohin ihn der Gel, Herr Burgermeifter Leu, mit fi nahm, beyzuwohnen; welche ihm, nebft Ermerbung vieler Kenntniffe, der gez meinseidgenößifchen Gefchäfte und unferer Helvetifchen Staatsfunde eben fo wichtige als angenehme Bekannt— ſchaften und nüsliche Briefwechſel verfchafften. Eine füffe Belohnung diefer Findlichen Treue, melche er aber nur eine Furze Zeit genoffen, war dem Seligen die wichtige und fehr vollftändige Sammlung ſchweizeriſch-hiſtoriſcher⸗ und featiffifcher Schriften, welche‘ der feltene Fleiß feines Herrn Schwiegervaterd , und deffen Herrn Vaters zu groffen Haufen fammelte; welche er unferer Bürgerbiblios thef nad) und nach zu übergeben dachte, und zum Theil fchon ‚übergeben bat. So reißend nun die Laufbahn, auf die ihm die Vorfes bung geführt hatte, für ihn war, fo mußten ihn doch fonderbare Schickfale nicht davon abführen; dies hinderz te fein ihm zur Natur gewordene Hang; dennoch minder; ten fie die Zeit, melche er derfelben gewiedmet haͤtte. Schon im Jahre 1765. wurde er, durch den Tod feines ältern Bruders , in die Nothmendigfeit geſetzt, die Stelle eines Vaters bey deffelben Kindern zu vertreten ; und kaum entzog das anrückende Alter derfelben ihm zum Theil die mweitfchichtige Beforgung ihres Gewerbs und ihrer minderjährigen Erziehung, fo rufte ihn ein unglück, i * 345 Biographifche Nachrichten’ licher Zufall, ber feinem jüngeren Bruder dag Leben raubs te, bon neuem auf, Vater von fünf unergogenen, binnen weniger Zeit Baterr und Mutterlofer Waifen zu ſeyn. Es iſt entzuͤckend, ſich in einem auch nur flüchtigen und weitumfaffenden Blicke den Sel. Mann vorzuftellen, wie er, von Trauer beynahe zu Boden gedrückt, genug und übrig genug mit Geſchaͤften, meift der Ehre, ‚und Nutzen des Vaterlandes gewiedmet, uͤberhaͤuft, in dem Zirkel fünf minderjaͤhriger um Huͤlfe flehender Kinder ſtand, denen er ganz Vater wurde, Eine Page, welche ihn Die feitende Hand der Vorſehung verehren hieß, Die ihm feine eigene Kinder geſchenkt. Diefen neuen Pflege findern zuliebe, wiedmete er fi) der Handlung und Fabık fation in allem ihrem Detail. So angenehnt und für die moralifche Geſchichte dee Menſchen wichtig es wäre, dieſen Charakter aus zuwaͤh⸗ len, und in ſeiner Ausbreitung zu zeigen, ſo empfinde ich doch, daß ich bier nicht weitlaͤuftiger ſeyn darf: Sch Eönnte fonft noch Mufer von geheimer und oͤffent— licher Wohlthätigfeit, thätiger, feltener Freundichaft von diefem edlen Manne anführen; ic) fünnte und hätte alle Urfache dazu, mic) felbft des Gluͤckes feine Freundfchaft genoffen zu Haben, durch fchöne Beyſpiele ruͤhmen: doch dag Gefagte zeugt fchon genug von dem Edlen ‚feiner Denkungsart. fi: Unſerm Staate Teiftefe er fo viele Dienfte, alg der Bi ruf eines Mitglieds unferg Groffen Raths geftattet. Seit dem Jahre 1772, da er in deu Groſſen Rath aufgenom⸗ men wurde, arbeitete er in den wichtigſten Difafterien ,. und derfelben engern oder arbeitenden Augfchuffen: So in der Forftfammer, im Sanitätrathbe, (wo er die ſo heilfame und richtige, aber gefchäftreiche Einrichtung der zu Dorbauung des Diehpräften eingeführten Scheine oder Datenten von ihrem Urfprung an beſorgte.) In dem Res chenrathe, der Zinsfommißion, als Affeffor der Synode, Eraminator, und Bücerzenfor , in der landwirthſchaft⸗ fihen Kammer, und mehrern auch aufferordentlichen Commißionen. Die ”. von Herrn Doktor Lohen 241 Die biefige Naturforfchende Geſellſchaft verehrte in ihm eines ihrer näglichften arbeitenden Mitglieder, befonderg als Mitglied der botanifchen und öfonomifchen Commif ſionen. Seit dem Jahre 1772. fand er der Beforgung unſers botanifchen Gartens, an deffen Errichtung er mit dem gröften Eifer und Gefchäftigfeit arbeitete, vor. Ei ne Arbeit, toelche fehr viel Zeit und Mühe erbeifchte, da er naͤchſt Herrn Doktor Scheuchzer und mir, die Kor refpondeng, die Einfendung und Verfendung der Gefame, die Verfertigung und jährliche Veränderung des Kata logs des Gartens, fur; allen Detail beforgen mußte; —— deren groͤßten Theil an andern Orten die Gaͤrt— | ‚ner su verrichten gewohnt find. " Die Achtung und Liebe, welche er fich bey feinen Leh rern und Mitfiudirenden erworben , fam ung bierinn gut zuftatten; indem fein Briefwechfel mit van Koyen in Leiden; Gouan in Montpellier, Zetmann und Spiel. mann in Straßburg; Hallen, Angeln und Diden in Bern; Murray in Göttingen; Allion in Turin; Mar— tini in Stuttgard ; uns immer reiche Lieferungen feltener Gefame zuficherte. Bey der öfonomifhen Commißion diefer Gefellfhaft ars beitete er eben fo unverdroſſen in Beforgung des dem bo— taniſchen Garten angebangten öfonomifchen Gartend, An: ordnung und Buchhaltung über ein bon diefer Commißion verlichenegs und —326 Landgut, und durch oͤftere wich⸗ tige Vorleſungen, wie z. B. die Naturgeſchichte der Baͤu⸗ me und Staudengew schen unfers Cantons, u. a. m. Im Sabre 1771. machte die hiefige Naturforfihende Geſellſchaft eine feiner nüglichen Arbeiten, durch den Drud bekannt; nämlich Derzeichniß einiger eßbaren Pflans zen , die dem Sandmann zu feiner Befundbeit und Nahrung dienen ; welche durch Die damalige aufferors dentliche Theurung und Hungersnoth, gegen die fich der Hungrige oft mit dem nachften nicht felten fchadlichjten Gewaͤchſe zu helfen ſuchte, veramlaffet wurde, Magaz. f. d. Naturk. Helvetiens IL 2. Q — 242 Biograph. Nachrichten v. Hrn. D. Rocher. So befißt auch die oͤkonomiſche Geſellſchaft in Bern, laut derfelben Bericht „ von ihren Verhandlungen vom Jahr 1771. bis 1777. in dem zweyten Band der neuen Sammlung phyfiich ; öfonomifcher Schriften ; Zürich, ben Joh. Cafpar Fuͤeßli, 1782. einige merfwurdige Hand: fchriften von ihm. Siehe daſelbſt ©. 16. und 45. Aus Auftrag der öfonomifchen Commißion beforgte er auch das neue Luftwaldgen, das Silhölzlin genannt , vom Jahr 1773. bis 1785 , von welcher Zeit an ich dafs felbe aus feiner Hand zu beforgen übernommen habe. Sein eigener Garten, fein Landgut, worinn er die Kop⸗ pelmirthfchaft unter genauer Beobachtung und Befchreis bung einfuhrte, der betrachtliche Weinberg, und das zu diefem Gut gehörige Stück Waldung waren öffentliche Beyfpiele verbefferten Feld: und Weinbaues , und ver Forſtwirthſchaft; fo wie ihre Produfte den öffentlichen Anſtalten Unterfiugung gaben: h So wie alle unfere gemeinnüßige Inſtitute fich feiner Unterſtuͤtzung zu getröften hatten , fo hatte auch uufere Stadtbibliothek dag Vergnügen , ihn feit 1773. als Mit glied, und feit 1778, in dem engern Kreife der die Ges fchäfte beforgenden Commißion, zu genießen. So wenig Auffehen der Gel. zu machen fuchte, und fo geräufchlog er im Stillen arbeitete, fo belohnte doch die Societa Agraria von Vizenza feine Mühe im botanifchen Sache im Jahr 1771. ungefucht mit der Ehre ihn zu ih⸗ rem Ehrenmitglied zu ernennen. Habe ich nun meinen Endzweck erreicht, fchaßbarfter Freund! fo habe ich ihnen Freude gemacht, und einem Manne ein bleibende gerechtes Denfmal errichtet, den nicht nur feine Freunde, fondern alle feine Mitbürger bes tveinen ; einem Manne, der durch feltene Arbeitfamfeit im Stillen viel Gutes mirfte, und der, wenn nicht feine Befcheidenheit e8 erwehrt hatte, auch dem gelehıten Publifum befannter und fihägbarer hätte feyn muͤſſen; einem Manne, den Sie felbft gekannt, und gefchägt has ben, ob gleich Sie ihn noch nicht fo genau Fannten. Mit Wehmuth begleitete ich feine Hülle in zahlreichem Zus ge zum Grabe ; fein Andenken fey jedem Nechtfchaffes nen beilig ! Zürich , den 15. Weinmonat 1787; — ® une te Ser ns ur f Ei, an > mm: Ahr Mi >.» J Bu ER er 7 244 Briefe „ Erfer Srief Etwas uͤber den Torf von Hrn, Doktor Hirzel, dem Juͤngern, in Zürich. Zurich , den 12. Auguft 1787. Sie fordern mich auf, Ihnen Beytraͤge uͤber die Natur— geſchichte unſers Vaterlandes, beſonders aus dem engern Klreiſe meines eigenſten Vaterlandes mitzutheilen. Idhr Plan gefiel mir gerade Anfangs ſehr wohl, und ich wurde leicht lüftern gemacht , ihr Mitarbeiter zu wer— den. Der patriotifche Eifer, mit dem Sie ihn betrieben, fachte den Funfen wieder an, und ihre Zutrauensvolle Auf forderung gab mir den nöthigen Muth, beygebogene Bruchfiücke in ihre Hände zu liefern, und Sie dann nad) ihrer Ueberzeugung damit fehalten zu laffen. Sch fihreibe meiner Arbeit feinen andern Werth zu, ald Wahrheit der mitgetheilten Beobachtungen, und gebe fie für nichts mehr, als Anfänge eines Studiums, das id) fortfeße, um mir felbjt über diefen Gegenffand mehr Licht zu fehaffen, und einen wefentlichen Theil der Landwirthſchaft näher ken⸗ nen zu lernen; finde dann dag Publifum in meiner Arbeit Helehrung, fo freuf e8 mid) , fie Ihnen mitgetheilt zu haben, Die Vertheilung unferer Waldungen in PrivarsFörfte, und die ‚ganze Drönungmwidrige Benugung derfelben machte, daß bey vermehrter Volksmenge, Aufnahm der Handlung, und deren getreuen Gefährten, dem Luxus, bey ung bald ein gänzlicher Holgmangel entftanden mare, Diefe Gefahr und der hohe Preis des Holzes zwang an den Herausgeber, 245 anfer Wolf zu Stadt und Land, das ſchon durch mehs rere Jahrzehende bey ung vorgefundene nügliche Naturz Produkt, den Torf, zu benutzen. Leckernheit und Borurs theile mußten der Nothwendigfeit weichen; und nun ift das Produkt allgemein beliebt und gefucht, Je mehr die Stalfätterung bey unferm Landvolk Fuß gewinnt, je mehr Mühe giebe man fih auch aus den bisherigen Ges meinmweiden, welche meiftens Torf zum Grund baben, allen Nugen zu ziehen; daher bald in allen Dörfern nach Torf gegraben wird , weil diefer Boden dadurch zu ers giebigen Wiefen oder Strohriedteren mit Teichter Mühe umgefchafft wird , und alfo doppelten Nutzen gemährer. Nun entfiand bey unferer Iandwirthfchaftlichen Kam— mer die Frage, ob und in wie viel Zeit der Torf wieder nachwachſe, und wie an den ausgegrabenen Stellen dies fer Nachwachs zu unterfiugen feye. Als Mitglied diefer Kammer erhielt ich den Auftrag, die Beantwortung Dies fer Srage zu übernehmen, um aber diefesg mit einiger Sicherheit thun zu fünnen , fehlug ich den Weg der Un; ferfuchung ein , deren bisherige Früchte ich Ihnen hier vorlege. ch war genöthigee fehon aus diefen fehr uns vollftandigen Skitzen einen Bericht zufammen zu raffen, und einige Folgerungen daraus zu ziehen; beyde müffen ſehr unvolfommen, und legtere nur ganz unficher feyn: indeffen follen fie auch nur den fernern Unterfuchungen den Weg bahnen. Da meine andermeitigen Gefchäfte | mir) e8 unmöglich machen, alle Torfrieder unfers Landes felbft zu unterfuchen , fo entwarf ich Fragen, durch des ven Beantwortung diefer Gegenſtand genugfam beleuchtet werden kann. Alles diefes theile ich Ihnen bier mit, mit der Derfiherung, daß ich, falls meine Arbeit über diefen Gegenftand Fhnen michtig genug vorkommt, auch meine fernere Beobachtungen mittheilen werde, Noch muß ich für die auswärtigen Lefer die Bemer— - 77 Briefe fung beyfügen, daß die bergichte Befchaffenheit des Zuͤ⸗ richer: Gebiets demfelben Feine fo groffe Bezirke Torfs Landes geſtattet, und daß deswegen auch die eigentliche Struftur unferer Torfgruͤnde von den ausmärtigen be traͤchtlich verſchieden ſeyn muͤſſe. Dieſe Betrachtung wird meine Vermuthung rechtfertigen, daß man in un— ſerm Lande nicht allen Torfgrund gleich benutzen koͤnne, und daß man auch in Ruͤckſicht des Nachwachſes des Torfs ſehr verſchieden zu Werke gehen muͤſſe. Geſchichte meiner Unterfuchung in Wiedikon. Sch ſtellte meine erfte Unterfuchung allernachft bey der Stadt in einem dem Dorfe Wiedifon zugehörenden Riedt an. Auf einem Stück, in welchem vor 40, Jahren zum erftenmale zwar nur fchlechter Torf mit weniger Augbeute gegraben worden, fand ich ein mit den gerohrten Nieds pflanzen , und in deren Zmifchenraumen mit Moofen, befonders dem Torfmoos ( Sphagnum paluftre, Liz) Dichtbewachfenes Strohriedt. Die elattifche Deweguug des Bodens mar nicht fo merflich, als fie bey gutem Torfgrund gewöhnlih if. Ich ließe Hier auggraben , und fand unter dem Waffer, die fonft an den noch nie bearbeiteten Stellen befindliche gewohnte Dammerde nicht, fondern. eine leichte, Tocfere, ſchwaͤrzliche Torf erde, welche überall von zerfallenem und vermittertem Torf entftehet , unter diefer unbeträchtlichen nur wenige Zoll tiefen Lage zeigte fich eine Lage unreifen und ſchlech⸗ ten Torf. So nenne ich denjenigen Torf, welcher noch nicht die eigentliche Zeftigfeit des guten Torfs hat, und in welchem die ihn durchdringenden Wurzeln und Rohr⸗ ftengel noch ganz frifch und nicht entfärbt find, Ueber Dies war er ftarf von Letterde durchdrungen , und fahe deswegen weiß, tie mit Afche befireut, aus, Solcher an den Herausgeber. 247 Torf wird von den armften Leuten zufammengeraft und gebrannt. Diefe Lettenerde macht nicht nur das Fundas ment des Torflands aus , fondern durchfchneidet felbft die beften Stiche Torfs in beträchtlich dichten Lagen, Diefe befchriebene Lage hielt 13 Schuh, und bedeckte eine Lage beſſern Torfs, der aber ganz in Waffer lag, nur ‚ einen Schuh tief gieng , und dann auf Letten ruhte, unter welchem ich feinen Torf mehr antraf. In einem andern Stud, in welchem wirklich Torf ge‘ graben wird, Fonnte ich die von Jahr zu Jahr entftans dene Veränderungen eines fint 4. Sahren ausgegrabenen Landes beobachten. Der ältefte oder der vor 4, Jahren ausgegrabne Theil war fo ſtark mit Riedtgras und Roh— ren bewachfen , daß er nun des Jahrs zwey ergiebige Heuerndten liefert. Der zweyte vor 3, Jahren ausges grabne Theil enthalt mehr Nohre , aber weniger Grass arten; und da er alfo weniger mit KBaffer bedeckt ift, fo zeige ſich auf demfelbigen noch ganz ungeanderter Torf ſchutt. (Ich nenne Torffchutt das Gemeng, fo von ge mwohnter Dammerde, der oben beimerften Lettenerde und - dem vermitterten oder gerbrochnen Torf, welches bey dem Torfgraben alles durch einander in die letzt ausgegrabne Dertiefung geworfen wird.) Unter folchem Schutt fand ih dann auch eine dunfelocherfarbene , leichte, ſchwam— michte, vegetabilifche Erde, welche nicht felten den Torf. in der Dichte einiger Linien durchflreicht, und beym Brus he feuchtfett anzufühlen ift. Das Maffer, fo fich an den ausgegraben Stellen findet, ift anfangs ocherfarb, zeigt aber, wann e8 einige Zeit gelegen if, auf feiner Ober fläche eine ganz dünne pfauenſchweifige, fchön fpielende Haut, welche beym Trocknen zu Staub zerfällt. Eine andere vor 40. Jahren ausgegrabene Stelle lies fert nun eine beträchtliche Menge Riedtſtroh. Sie ift ganz unter Waffer, und zeigte bey dem Ausgraben unter 248 Briefe einem Schuh tief nicht zufammenhängenden Torffchutt fe gleich die zum Grund liegende Lettenerde, Ich fand alfo in diefer Gegend wenige oder doch nur fehr ſchwache Beweiſe für den Nachwache des Torfg, Der mich begleitende Torfgraber fagte mir , daß die Bez figer diefer Gründe in ihrer Meinung getheilt ſeyen, ins dem die einen den Nachwachs des Torfs annemmen, die andern hingegen diefen Schaß, als nur einmal ges nießbar, der Sundfluth verdanfen , dergleichen fie aber um des Torf willen nicht mehr wünfchen. Die Lage dieſes Rieds feheint mit den gegen Morgen, Mittagund Mitternacht angränzenden Wiefen und Aefern faft horizontal zu liegen , Doc) zeigt dag nivellieren einis ge Vertiefung, die, mie ich bey mehrern Torfländern fand, immer Schaalenförmig in der Mitte am meiften vertieft if. Gegen Abend liegt eg am Fuß des betraͤcht⸗ lichen Uerlibergs , aus dem es hauffige Feuchtigfeiten fammelt. Zweyte Unterſuchung bey Ruͤſchlikon am Zuͤrich⸗See. Der ganze Bezirk dieſes Torflands liegt weſtwaͤrts dem Gaſthauſe des Nydelbaads, zwiſchen dieſem und dem Silwald in einer betraͤchtlichen Tiefe: Iſt gegen Morgen von einigen höher ſtehenden Gütern, gegen Mitz fag und Mitternacht von Fleinern und gröffern meift mit Maldung bepflansten Hügeln fo eingefaßt, daß dag Waf fer aus demfelbigen keinen andern Abflug hat, als in einen mit dem Torfland gleich laufenden Fleinen Teich, der bey naffer Witterung ebender dag Torflland übers ſchwemmt, ale daß er zur Ableitung des Waflerg diente, Dieſes Torfland ift hin und wieder mit zwey Schuh breiten Graben durchfchniften, auch find dergleichen allen X Hy an den Herausgeber. 249 Graͤnzſeiten der Fleinern Particularbezirfen nachgezogen , fie enthalten ein helles Duellwaffer, und find mit Brunn— kreß und Bachbungen bewachfen. Selbſt dasjenige Waſ— ſer, welches bey dem Torfgraben ſi ſich in den gemachten Vertiefungen ſammelt, iſt hell, auch fand ich ſelbſt in den aͤltern Vertiefungen, wo das Waſſer ſchon mit Waf- ferfaden und Entengrün bewachfen war, weder Die pfauenfchmeifige Haut, noch die bey Wiedifon gefehene Diherfarbe des Wafferd. In dem Bezirke, den ich zu nieiner Unterfuchung auswaͤhlte, wurde gegen dag Ende des erften Jahrzehends diefes Jahrhunderts Torf gegras ben. Vor diefer Zeit foll nach Auflage der alteften Mänz ner dieſe Gegend mit föhlechtem Früpplichtem Holz bes wachfen geweſen feyn, welches, da es anfieng, abfterz ben, weggeſchlagen worden ift, von dem fich jetzt aber feine Spur mehr zeiget. Die vielen übrigen Pläße feyen mit Heiden (Bruͤſch) bewachſen gewefen. Ich lieffe nun in diefem Stuck Lands (es iſt jetzt eine ſchoͤne Wiefe, welche fleißig mit Dünger belegt wird ) melches, obgleich vier Schuh tief Torf ehemals aus dem; felden gegraben worden, mit dem daran ftoffenden noch) nie ausgegrabenen beynahe horizontal lauft, graben, und erhielt fogleich unter dem fchönen dicht bemachfenen Waſen eine, jedoch lockerer zufammenhangende mit den Wurzeln der daraus hervorfeimenden Pflanzen durchwobne ſchwarze Torferde; welche aber fo gut als der Torf felbft brennt; hin und wieder fanden ſich gute feſt zufammens haltende Stüce Torfs, welche mahrfcheinlich bey dent Zorfgraben liegen geblieben find. Diefe Erde gieng einen Schuh tief. Alfobald zeigte fih Häufig Waffer, Diefe Waffermenge feige und fallt Verhaͤltnißmaͤßig mit der Menge des Regens, fo daß man auf diefem Stuck fans des bey trockener Witterung faum mehr die zitternde Bes wegung des Bodens gewahr wird, Aus diefem Wafler 250 Briefe brachte ich dann einen fehlecht zufammenhangenden doch zum brennen gefchickten Torffchurt hervor, melcher 1* Schuh tief gieng, und mit einzelnen kleinen Stücen Holz, Baumwurzeln und Stuͤcken eines leichten lok— fern Gewebs von Torfmoos (fphagnum paluftre ) vers mifcht war, Auf diefeg folgte ein Schuh tief guter Torf, und unter diefem 3 Cchuh tief mit Lettenerde gemifchter Torf, welcher dann auf purer Lettenerde ruhete, welche dicht mit Heinen Wafferfchnecken durchfpickt mar. Das an diefem anftoffende Stud Landes, welches we iger gedüngt wird, iſt nur mit Riedgras bemachfen , und lieferte die gleiche Torfprodukte. Das zte auf diefes folgende Stuck, iff wieder Pen Wieſe. Es wurde vor ungefehr To, jahren ausgegraben, Es zeigt 3, Schuß tief mit Holz und Wurzeln gemifchten Schutt , und unter diefem guten Torf, den der Befiger ſtehen ließ, weil er glaubte, daß an diefer- Stelle defto eher wieder Torf nachmachfen werde. Diefe Stelle fiegt etwas höher , und iſt deßwegen meniger naß; wieder ein Zeichen der fchaalenförmigen Geſtalt der Torfs länder, Sch befabe dann noch einen Theil dieſes Torf lands, der als Gemeingut ausgegraben und nun auch fo benugt *), gedüngt, und zu Pflanzung verfchiedener Gartengewaͤchſen angewandt wird, In diefer Art von Gärten fande ich unter fehr gut gedeienden Garten: Ges wächfen verfchiedener Gattung eine faum Schuh tiefe verwitterte, und durch Dünger locker gemachte Torferde, welche auf purem Letten ruhete. *) Mann auf unferer Lanofchaft ein Gemeingut oder vielmehr Ge: meinweide zum Urbarmachen beſtimmt wird, fo wird ein folcher Bezirk in gemwiffe Theile vertheilt, fo daß dannzumal ein folcher Theil auf eine gewifle Zeit als Privateigenthum — und benutzt wird. an den Herausgeber. 251 Folgende Befchreibung des Torflands, mit deffen Bes nußgung durch ZTorfgraben man dermal befchäftiger iſt, wird, ob fie gleich nicht gerade zu meinem Zwecke führt, doc) nicht auffert dem Wege feyn; denn Beobachtungen der Natur Iehren mehr, als Anwendung fhon angenoms mener aber noch nicht zu Grundfägen beftätigter Meis nungen, ‚Ein fchlechter Wafen decft eine Torfartige Erde, mels he zwar ſchon brennbare ift, und wirflich von den Be fißern Ddiefer Gründe zum brennen genußt wird; auf dieſe folget eine zwey big vier Schuh fiefe Lage guten, feften, ſchwarzen Torfs; auf diefen ein ganz leichter, fockerer , rörhlicher oder Bräunlicher Torf, deffen Anfehen zeiget, daß er ganz vegetabilifchen Urftofs, aber flarf mit einer pechartigen Materie geſchwaͤngert fey , welche ihn zu einem brennbaren Torf tüchtig macht. Unter dieſem fande ich eine der Länge nuch unterbrochne Lage eines Gewebs von trocknem Moos in der Dicke von zwey Zollen. *) Unter diefem fand ich noch eine drey bis vier Schuh dicke Lage guten Torfg , in welchem in horizontaler Richtung ganze, ſtarke, Fichtenffimme lagen; welche beym Torfgraben mit der Arte in Stücke vertheilt werden müffen; man braucht fie von dem Torf geföndert fehr gerne zum anfeuren; unter Diefem macht endlich die mit unzählichen Fleinen Wafferfchnegfen durchs fpickte Lettenerde die Grundlage aus, *) Diefed Produdt ift untır dem Namen Raſemtorf, Mooftorf, Heidetorf von den Naturforfchern befhrieben. Allein ih muß gefichen, daß nur der dermalige Aufenthaltsort ihm den Nas - men des Torfs rechtfertigen Farm, indem es nichts anders ale ein Geweb des Zorfmooß (Sphbagnum) und Haarmooß ( polytri- chum ) iſt, welches Faum Spuren eines Erdharzes oder viel mehr Torfharzes enthält, uud ſchnell wie trodnes Stroh im lichter Fiamme verbrenut. 252 Briefe Dritte Unterfuchung bey Ruͤmlang. Bis auf wenige Jahre mar -diefe Gemeine wegen Mangel an Induſtrie der Fingerzeig unſrer Bauren, Die Zeldarbeit wurde ganz vernachläßigt, die entlegnern Güter verloren allen Werth, Alte und Zunge, die Mänz uer wie die Weiber faffen zufammen und ſtrickten in die Wette Strümpfe, eine Arbeit, oder vielmehr Muͤßig— gehen, bey deren fie beynahe Yungerleiden mußten, und die Liebhaberey dafür geſtattete nicht einmal der eben fo ruhigen aber ungleich einträglichern Zabrifarbeit den | zugang. Iſt es fih dann zu wundern, daß die beftgemeinten Raͤthe und Befehle nicht im Stande waren, diefem Bols ke den Gebrauch des Torfs, der fih auf einer Weide von 60. Morgen in Menge und qufer Befchaffenheit dars bot, aufzudringen; und fo wurde diefes groffe Stuͤck Landes meift ungenußt gelaffen, weil es durch öftere Ueberſchwemmung zur Viehweide untüchtig wird, Ends lich gelang es der Regierung, da der Geift der Arbeits fanfeit wieder aufzumachen anfängt, das Torfgraben einigermaffen in Gang zu bringen. Ich glaubte auch hier über den Nachwachs des Torf grunds Beobachtungen fammeln zu fünnen, indem dor 30. Jahren ein Verfuch gemacht worden; Allein ich fand mich in meiner Ermarfung gänzlich betrogen , in dem - aus eben beflagter Nachläßigkeit, diefes Volk die ihme damals aufgedrungene Arbeit fo ſchlecht als möglich beſorgte. Ich Fand nichts ald einen ganz fchmalen Gras ben, in dem fich gar Feine Unterfuchung machen lieffe, Doc) zeige fich der hier ganz unordentlich aufgehäufte Torfſchutt in ziemlich feften brauchbaren Torf verwandelt, Ich füge die hier gemachte Beobachtungen, ob fie gleich über meinen Hauptgegenfland Fein Licht verbreiten , an den Derausneber. 253 bey, weil fich auch hier wieder neue Abwechslungen des Torfgrunds zeigten. Die Oberflaͤche dieſes Riebs, welches gegen Mittag von Hügeln begränzt ift, gegen Morgen, Abend und Mitternacht hingegen an horizontal liegende Wiefen ftoßt, liegt ganz flach, ift aber mit vielen Fleinen Erhabenbeiz ten, mwelche man beym erſten Anblick für Maulwürfhäug fen anficht, dicht überfegt. Diefe ftehen oft fo nahe, daß es das Gehen uber dieſes Ried für Menfchen und Vieh ſehr erfchwert: Die genauere Unterfuchung zeiget deutlich , daß diefe Erhabenheiten nur von dem Tritte Des mweidenden Viehs herfomme, da diefe Weide nicht felten von der Anhäufung des Negend und dem nahe vorbepflieffenden Bache ganz unter Waſſer geſetzt wird; anbey ift fie mit wenigem ſchlechtem Wafen bedeckt. Unter diefer Bedecfung fand fich eines Schuhs tief ſtark mit Torf gemifchte ganz lofere Dammerde; auf diefe folgte eine Lage guten, ſchweren, ſchwarzen Torf, wel—⸗ cher mit vielen braun gefärbten Wurzeln von Rohren und Niedgras:Arten, und mit ganz unordentlich durch einander gemworfnen Stücken Holzes, welches man für Erlenholz erfannte, durchfpicke war. Solches Holz fand ſich ſehr häufig, oft in beträchtlichen Stämmen, war ebenfalls bräunlich gefärbt und fo mürbe, daß es bey dem Torfgraben gar nicht binderte, fondern fi mit der Grabfchaufel leicht durchfchneiden lieſſe. Diefe Torfz lage hielte 2 — 4 —6 Schuhe, fo daß fih die oben bemeldte fhaalenfürmige Geftalt des ZTorflands bier im hellſten Lichte zeigte, Aud bier war die Grundlage ein graulichter Fetten, den ich mit dem Erdbohrer durchs löcherte , ohne bis auf die Tiefe von 10. Schuh etwas anders zu finden. Hin und wieder fanden fih in der Dberfläche deffelben aber nur wenige Schnegfen, Eine neue Erfiheinung war mir ein weiſſer Strich, 254 ee f— der in einer ununferbrochenen Lage den Torf durchfchnitt, und gegen den Rand der Schaale zu, an der Bergfeite immer ſtaͤrker fi) zeigte; dieß war ein Tophſand, mels cher, wo fein Gang am beträchtlichften iſt, den Torf ganz mürbe, und fo zum Gebrauch untüchtig mache, Sch glaube, daß man diefe ſchaͤdliche Mifchung durch einen Abzugzgraben , welcher den mafferreichen Berg von dem ZTorfried trennen mußte, vermehren fünnte, Die beträachtlihe Naffe dieſes Torflands erfchmweret die Trocknung des Torfs ungemein , befonderg da noch feine Hütten erbaut find, in weichem der fchon etwas auggetrocknete Torf noch beffer getrocinet werden Fünnte. Diefem Uebel helfen einige der fleißigern Bauren ſehr ge fchickt dadurch ab, daß fie von Rebſticklen zufammenge; feste hölgerne Gitter in fehiefer Richtung aufftellen, auf welche fie den Torf ganz ſchicklich fo auflegen, daß der Luft ihn gut durchziehen kann. Da die Kegierung diefes Orts auf die Benußgung diefeg Torflands fehr aufmerffam ift, fo legte ich hier eine Torf; pflanzfchule am, um von Zeit zu Zeit Beobachtungen ſammeln zu konnen. Gh ließ nemlich einen Fleinen Bezirk von 400. Quadratſchuhen fo auggraben, daß die fettichte Grundlage noch mit einer 2. Echuh dichten Lage von Torf bedeckt ift, auf diefe ließ ich den Schutt ver; fen , mit dem forgfältig abgeftochenen Wafen belegen, und mit einer Hecke ficher fielen. Nun’ift diefe Pflanz⸗ fhule im Verhaͤltniß der Waffermenge mehr und weni; ger tief mit Waffer, dem ich Feine Ableitung gab, ibes deckt, und jest fihon mit Riedgras dicht bewachſen. Noch muß ich hier eine Beobachtung beyfügen, welche mein lieber Vater zwar nur flüchtig, da ‚ihn andere Ges fcbäfte dahin riffen, bey Wegifon gemacht hat, ich ſehe der genauern Unterſuchung dieſes Torflands mit Vers guügen entgegen , indem ich mic ſchmeichle, daſelbſt an den Herausgeber. 255 gründlichen Stoff zu Beantwortung meiner Frage zu entdecken. | In der Mitte zweyer angränzender Waldungen liegen zwiſchen ungleich beträchtlichen unterbrochnen Erhöhungen oder Heinen Hügeln ebenfalls ungleich tiefer und weniger tiefe Ebenen, welche mit Bächgen von Ouellwaſſer durch⸗ fehnitten werden; die weniger tief liegenden find ergiebige Wafferwiefen, die tieferen hingegen Torfrieder, welche bis auf 5. und mehr Schuh tief guten Torf liefern, deffen Grundlage an einem Drte grießicht, am andern Rettenerde ift. Diefes Torfland fol vor 25. Fahren noch ein Teich (Weyer) gemefen feyn. | An einer Stelle, wo vor 24. Jahren Torf gegraben worden, zeigte fih, daß der ausgegrabne Boden 2, Schuh niedriger war, als der noch nicht ausgegrabne; da num vor 24. Sjahren 5. Schuh tief ausgegraben worden ift, fo erheilet, daß der Torf hier wieder um die Hälfte nachz gemachfen feye, nur mar der neu nachgewachgne Torf leichter , lockerer und an Farbe blaffer. Eine Stelle, wo vor 59. Fahren 5. Schuh tief Torf gegraben worden ift, ift der Boden wieder vollfommen auf die Höhe! des nicht abgefiochenen nachgemwachfen. Auch hier wurde nicht die ganze Lage Zorfs ausgegraben, und der Torfſchutt bey jedem Graben wieder in die gemachte Vertiefung geworfen. Meine Leſer werden gewiß mit mir finden, daß eg eine fchmere Aufgabe war, auf die fo eben befchriebne Unters fuchungen hin abzufprechen, ob der Torf an denjenigen Stellen, wo er ausgegraben worden iſt, wieder nachs wachſe? Meine Unterſuchungen dienten mehr zu mehrerer Kennt niß der Natur dieſes Bang; ift dieſe gründlich genug, ' * 2B, 3... BEER fo laſſen ſich erſt einige Hypotheſen über die Reproduk— tion dieſes Naturale wagen, melche aber bernach durch fortgefeßte ai bemwiefen werden muͤſſen. Dem zufolge habe ic) auch- einige Negeln vorgefchlagen, deren Befolgung den gewünfchten Nachwachs des Torf begünftigen können. Sch wage einige Hypotheſen und meine Solgerungen bier beyzufegen. Meine Unterfuchungen zeigten alle, daß der Bau der Sorfgründe eine Schaale geflalte, weldye von erhabenern Raͤndern nad) und nach fich gegen den Mittelpunft derſel— bigen verengert und tiefer wird, Alle unferfuchte Nieder lagen über dieß tief, bald mit Hügeln eingefaft, oder wenigſtens mit fehr erhöheten Boden umgeben, Ale hatten ungleich beträchtlichen Zufluß von Waffer , oder Maren vor Zeiten fogar Teiche; ale ‚haben feinen Abfluß deffelbigen, oder wenigſtens nicht fo beträchtlich, daß nur die Dberflüche des Bodens ganz frocken wurde, und wo auch diefer trocken war, fande fich doch in dee Vertiefung. von wenigen Schuhen des Waſſers eine Mens ge. Aller Drten fand ich Lettenerde zum Grund, welche das Verſiegen des Waffers unmöglid macht. Alles Waß fer, fo ich auf der Oberfläche fand, oder durch dag Gras ben in der Tiefe entdeckte, hatte ale Zeichen eines flag, nirten Wafferd. Iſt es nun Trugſchluß, wenn ic) ans nemme, daß ein fo gebauter Bezirk Landes ausſchlieſ— fungsweife für den Torf beftimme fey; daß es fogar unmöglich fey , ſolchen Boden für den Feldbau ganz brauchbar zu machen ?. Die Nander diefer Schaalen moͤ⸗ gen wohl eine folche Veränderung geſtatten, wenn der Zufluß des Waffers nicht gar zu häufig. ift, oder durch Abzuggraben abgezogen wird. Dich zeiget freylich die Erfahrung, Aber diefe Abzuggraben werden an den meis fien Orten fehwerlich fo angebracht werden fonnen, daß fie das Waffer aus dem tiefeiten Theil der Schaale abs zuleiten, —— an den Herausgeber. RR N: zuleiten, vermoͤgen Dieſemnach waͤre es eine Regel das Waffer liegen zu laflen, wann man den Nachwachs des Torfs befördern mil. E Dann fragt es fih, was find die Beſtandtheile des Torfs ? Eine vegetabilifche Erde, mit einer Art von Pech und Salzen vermifht, Ueber den Urſprung und Fortpflanzung derfelbigen, und ob diefe Denennung die wahre ſey, wage ich dermalen noch nicht zu fpres chen, Genug, fie find da, und zeigen fih durch die brennbare Eigenfchaft, die Farbe, den Geruch, den Ans bang des Ruſſes, die zurüflaffende Aſche, und deren Anwendung in der Landwirthſchaft, und darf ich beyfuͤ— gen, durch die Eigenſchaft, Die in diefer Materie liegens de heterogene Körper, Holz, Moofien, Wurzeln, Halme mehr zu confervieren, gleichſam zu einballamieren, als zu zerſtoͤren; durch die flarfe Vermiſchung mit anderer Erde, die gleichfam infuftiert und dadurch zum brennen gefchickt gemacht wird. Diefe Materie, diefer Torfſtoff verliert ſich nie, feine Urbarmachung, feine Vermiſchung mit Viehduͤnger oder andere Erden zerſtoͤrt ſie, ſie ge— winnt im Gegentheil die Oberhand, ſolche fremde Theile umzuſchafen, wenigſtens nah meinen angeſtellten Ver— ſuchen. Sollte ſich nicht auf dieſe Theorie die Hofnung zum Nachwachs fuſſen laffenz darf ich nicht wenigſtens den bey meinen Unterfuchungen zum Theil beobachteten. Nachwachs defto kecker annemmen? Bielleicht gelingt es mir binnen weniger Zeit hieruͤber ſicherere Beobachtun— gen mittheilen zu koͤnnen. Auf dieſen Satz gruͤnde ich den Kath, da, wo man den Nachwachs des Torfs bes J will, das Fundament des Torflands mit einem en des alten Torfs bedeckt zu laſſen, und alfo. nicht allen Torf bis auf feine’ Grundlage abzjuftechen. ⸗ Ich nemme die in dem Torf entdeckte Baumſtaͤmme, Mooße, Schilfe, Wurzeln u. ſ. f. fuͤr fremde, zum Magaz. f. d Naturk. Selvetiens. 11. B. R * 358 a — Nachwachs des Torfs nicht unumgaͤnglich noͤthige Theile an; und glaube, daß die Staͤmme und kleinere Holz theile, fo wie auch die Mooße ehmals durch befondere Nevolutionen an diefem Ort verfenft worden feyen, fo wie man auch Brügelmege, DVerfleinerungen, ja fo gar Alterthuͤmmer, Münzen m. ſ. f. in Torfriedern ge funden haft. Andere Pflanzentheile, welche vielleicht nur zum feftern Verbinden des eigentlihern Torfftoffs die, nen, entfliehen von felbft wieder , warn fich die neue Oberfläche wieder bepflanzt, und deßwegen riethe ich an, den forgfältig abgeftochnen Wafen wieder ordent lich auf die ausgegrabne Stellen hinzulegen. Den Torfſchutt laffe ich in die gemachte Vertiefung bineinwerfen, ehe fie mit dem Wafen bedeckt wird, meil meine Unterfuchungen: mir geseiget haben, Daß er su brauchbarem Torf umgefchaffen werde, Die Beobachtung zu Wetzikon zeiget, daB der neue Sorf beffer gedeye, wo der Boden der Natur überlaffen wird, als hingegen wo er durch) Dünger oder andere Art von Bauen verandert wird. Dieſes wird aber, wie ich oben bemerkt, nicht aller Drten möglidy feyn; diefemnach wäre es auch zur Regel anzunemmen, mo man den Nachwachs des Torfs wünfchen muß, felbige unverändert ligen zu laffen, da fie doch in dieſem Falle Miedgras, ein ebenfalls an vielen Drten richtiges Pros duckt liefern. — Da ich für einmal nur Bruchſtuͤcke von Beobachtun⸗ gen über Diefen Gegenftand befannt mache, fo wage ich e8 nicht, Meinungen anderer Naturforfiher zu prüfen, noch vielmeniger zu entfcheiden, auf toelche Art der Torf wieder nachwachfe , ob von unten herauf, oder von der Dserfläche her. Ob benachbarte Waldungen darzu beys tragen oder nicht ? u. f. f. Seltſam und einer nähern auf Erfahrung gegründeten Unterfuchung werth find meie * * ⸗ an den Herausgeber. 259 nes Beduͤnkens die Erſcheinungen; daß der tiefſt liegende Torf immer der beſte iſt; daß viele oder die meiſten unſerer Torfrieder zwiſchen Waldungen liegen; daß ſich in den alten Torfboden ganze Lagen von Baͤumen befin— den; daß der Torf bisweilen von betraͤchtlichen Schich⸗ ten von Mooßen, Letten, u. f f. unterbrochen iſt, wel— ches die Erflärung der Naturforfcher von der Arti des Wachsthums fowohl, als des Nachwachfes des Torfs ſehr fchwanfend made, Fragen, Deren Beantwortung die Naturgeſchichte des Torfs *) beleuchten koͤnnen. Ich habe diefe Fragen zuſammen gefchrieben , damit ich bey Fünftigen Unterfuchungen einen Faden babe, der mic) verhindere , etwas zu vergeffen , und um die Freun— de der Naturgefchichte und Landwirthſchaft meines Batır landes aufzufordern, diefen Gegenſtand mit Genaubeit zu unterfuchen, da meine Fage mir nicht lange Entfernung von der Stadt , welche erfodert würde, wenn ich alle Zorfgegenden felbft befuchen wollte, geflatter, Unfere Naturforfchende Gefelfchaft wurde jede Bemüz hung über dieſen Gegenſtand dankbar erkennen. Solche Beantwortungen koͤnnte man an mich, oder Herrn Con—⸗ rad Yrüfcheler im Neuegk, Sekretär der oͤkonomiſchen Geſellſchaft einfenden. 1) Gehört dag in diefem Dorf befindliche Torfland Pars tifularen oder den Gemeinen? Wie groß ift es ? Wie viel davon befigt die Gemeine? Wie viel die Par tifularen ? 2) Wie ifi die Rage deffelbigen nach dem Sonnenlanf? 3) Bon wag für Gütern ift e8 umgeben ? =) Torf wird bey uns Zurben genannt, 2 360 Briefe ) Iſt e8 von Auhöhen, Hügeln oder Bergen umgeben ? Wie weit find ſolche von dem Torfland entfernt? 5) War dag Torfland vor Zeiten ein Teich ( Weyer), oder eine Waldung ? oder was ift darauf gewachfen ? 6) Wie ift e8 bisher benußt worden ? 7) Sin welchem Fahre hat man angefangen Torf graben ? 3) Bemerft ‚man, daß bey trocner Witterung die sitz ternde Bewegung des Torfbodens, melche fich bey dem Springen auf felbigem außert , fich mehr oder weniger verliere, und hingegen bey naffer Witterung beträchtlich vermehre ? 9) Bemerft man bey dem noch niemalen — — oder bearbeiteten Torfland, daß es wachſe, hoͤher werde? Wie erkennt man dieſes? 10) Was wachſen auf dieſem Torfland für Pflanzen, Bäus me, Geſtraͤuche, u. ſ.f. (Im Fall ein Beantworter dieſer Fragen, die Pflanzen nicht kennte, oder nicht zu benennen wüfte, bitte ich, felbige zwiſchen Fließpapier fo zu legen, daß alle Blätter ordentlich offen: zu liegen fommen , fie fo zu tiocfnen, und dann mit der Brantwortung zu uͤberſchicken. ) — 11) Von was Art iſt die oberſte Erde, welche fogleich unter dem Waſen liegt? Wie tief gehet fie? 12) Zeigt ſich gerade unter derfelbigen noch eine andere Erdart, ehe man auf den Torf felbft kommt? Wie tief gehet dieſe? 15 Wie tief gehet der Torf, oder wie manchen Stich kann man in die Tiefe graben, bis man entweder auf etwas neues, oder auf den Grund, dag Funda—⸗ ment fommt ? 14) Gicht es im ganzen Torfriedt herum glei tiefe Stis a che, oder iſt es an einigen Drten tiefer, als an ans dern? mo iſt es am tiefſten? wo am wenigften ? 7 ei an den Herausgeber, 261 15) Wie long ift 9 Grabſchaufel, deren man ſich be⸗ dient ? Wie breit? 16) Iſt der Torf durchaus gleich gut, ah giebt es bef fern und fihleshtern ? feftern und lockerern? reine ren und gemifchten? und wie ift jeder an Farbe ? 17) Wie fihwer ift ein vollfommner Stich frifch gegrabs nen Torf3 , und wie ſchwer das gleiche Stud, nach⸗ dem es vollfommen gefrocknet worden ? ( So muͤſſen aber von jeder verfchiedenen Art Torfs Stüde ges wogen werden, und muß man ganze, ordentliche „einen vollfommes nen Stich haltende Stücke abwägen. ) 18) Wie viel Stiche frifchen Torfs werden zu einem Klafter trocknen Torfs erfordert? 19) Zeigen fi ſich Baͤume, Holz, Moos (Mies) Letten, Laime, oder ſonſt fo etwas fremdes unter dem Torf? 20) Wie liegen diefe ? wie dicht ? pur oder mit Torf vermiſcht? (Zu einiger Erläuterung der zwey letzten Fragen muß man be merken, daf der Torf bisweilen mit Lettenerde (Laim) oder Duck fein durchſpickt iſt, das fich bisweilen Holz , oft ganze Bäume, Gefträuche, oft ganze Magen zufammen geprefiten Moofes ( Mies), oft fo gar ganze Strecken von Pruͤgelwegen unter dem Torf zeigen.) 21) Was zeigt ſich, wo der Torf zu Ende gehet, für eine Art von Boden zum Fundament? ( Man Eonnte annoch mit einem Erdborer unterſuchen, ob nicht unter diefem Fundament wieder Zorf zum Vorſchein Eomme ?) 22) Wie, zu welcher Jahrszeit, und nach mag für Kegeln wird der Torf gegraben ? 23) Auf welche Weile wird der ausgegrabne Torf getrock⸗ net? wie lange muß er an der Luft? wie lange im Schopf aufbehalten werden, bis er zum Verſenden trocken genug iſt? 24) Nach welchem Maaß, wie theuer, und wohin wird — —* F* — ⸗ * d * * AIR, 262 Briefe der Torf verfauft-? Wird er im Dorfe ſelbſt zum Brodbacken oder Ziegelbrennen, oder Wafferbrennen, oder Kochen angewandt ? 25) Nach welcher Ordnung wird der Gemeinforf gegras ben? in welcher Drdnung wird das Gemein; Torf; land zum Graben auggetheilt ? 26) Wird mährend dem Torfgraben dem Waſſer Abflug gegeben, und wohin ? 27) Wird diefer Abfluß nad) geendetem Torfgraben wies \ der aufgehoben, und die Abzuggräben zerftört? 23) Kann man dem Waffer einen Ausfluß außert dag Zorfland verſchaffen? Wohin ? | 29) Giebt es auch Torffchutt oder Abraum ? | 30) Was wird unter Torffchutt oder Abraum verftanden?. 31) Was wird damit gemacht ?, 32) Wird der ausgenrabene Pla mit etwas wieder auf⸗ gefuͤllt, und womit? 33) Wird der Waſen ordentlich abgeſtochen? Wird das in etwas wieder aufgefuͤllte mit dem Waſen wieder bedeckt, oder mit etwas Geile r ‚ und wos mit? 34) Giebt der Torf viel Alche ? (E3 wäre angenehm zu willen, wie viel ein Klafter Zorf, mes ttigfteng wie viel ein Etich Afche gebe. ) 35) Wie fieht die Afche an Farbe aus ? 36) Worzu mwird fie gebraucht? wie theuer bezahlt man die Tanſe voll ? 37) Wie fieht das Waſſer in dem Torfland aus, oder was hat e8 für Sarbe , vor dem Ausgtahen des Torfs? 38) Wie, gerade nach dem Ausgraben? 39) Wie, wann es einige Zeit gelegen iſt? 40) Wie das rinnende oder abflieſſende? an den Herausgeber. 263 (Diefe Waller haben ganz verfchiedene Farben, fie find bie: weilen mit dünnen zarten Haͤutchen bedeckt, welche in ungleichen Farben glänzen, welches man Pfauenfchweifig nennt. ) 40) Bas wachſen in und um dag Waffer für Pflanzen ? Es lieffen fih noch mehrere Fragen in Nückficht der chemifchen. Zerliederung des Torf, feines Ruſſes und Afche u. f. f. aufwerfen; dem Landmwirthe wird fie aber zu ſchwer zu beantworten, und der Naturforfcher macht fich folche felbft. Noch muß ich für meine vaterländiiche Beantworter diefer Fragen, die Bitte beyfügen, daß fie mir von jes dem nach. Anleitung diefer Fragen befchriebenen Torfz Produkt Müftergen einſchicken möchten, weil ich finde, daß fie einer Befchreibung viel Lichte geben. Wenigſtens nemme ich mir bey jeder folcher Unterfuchung folche Muͤſtergen mit, J Ueber den Nachwachs und die uUrbarmachung des Torflandes. 41) Wachät das ausgegrabne Torfland wieder nach? 42) Aus was für Merfmalen kann man ſicher erfennen, daß ein ſchon einmal ausgegrabnes Stud Torfland wieder nachgewachſen fen? 43) Iſt der nachgewachfene Torf wieder zum Ausgras ben und Gebrauch fauglicy ? wie ift er an Farbe ? wie in Ruͤckſicht der Feftigkeit? wie ſchwer ift ein Stih, warn er noch naf und frifch ift? wie ſchwer hingegen das gleiche Stuff, wann es trocen und duͤrr iſt? wie viel Afche giebt ein ſolcher Stich ? 44) In mie viel Zeit ift er wieder zum Gebrauch nachs gewachfen ? 45) Wie fieht die Oberfläche des nachgewachenen Torf lands aus? mag wächst Darauf ? wie iſt ſie benußt worden ? 264 Briefe 46) Was findet fich von der Dberfläche an, bie auf das Fundament für Erden, verfihiedener Torf, oder andere? Wie oben von der ııten bis —* 2oten Frage enthalten it ? (Alle diefe Frag.n wären auch hier wieder zu beantworten. ) 47) Was faun man thun, oder Maß ift gethan worden, um den Nachwachs des Torfs zu befördern? a8) Wozu wird das auggegrabne Torfland angewandt, wann es nicht zum Nachwachs des Torfg zurück gelaffen wird ? Was mird auf demfelbigen gepflans jet ? welche Pflanzung gedent am beften ® 49) Auf was Art, und dur mas für Mittel wird eg zu anderm Anbau zubereitet? durdy dungen, durch Gries und Steine, dur Erde. durch Abzuggraben ? 50) Iſt dag ganze Torfland gleich gut zu Anbau anderer Pflanzungen, oder giebt es Stellen darinn, welche hierzu nicht taugen ? und welche Etellen ? 51) Bleibt ungeachtet dieſer Veränderung der Torf oder | die Erde annody zum brennen gefcyickt ? an den Herausgeber. 265 | Zweyter Brief m” von Fern Dehtettos „Johann Reinhold Forfer \ in Halle, VIERSEBEEREESSEEEN ZERSEE ER NEEENDIT ER REETERE TIT ER EEETEE Halle den 28. Jun. 1787. $: €. haben das gütige Zutrauen zu mir ‚ daß meine wenigen auf Reiſen und auch fonft gefammelten Kennt: niffe und Erfohrungen, etwas dazu bentragen koͤnn— ten , die Materie über Ihre Eisgebürge aufzuklären, und Ihren und Fhrer Freunde Beobachtungen mehrere Des fiimmung und Gemißheit zu geben; oder aber auch neue Unterfuchungen zu veranlaffen, welche einige Punfte dies fer Bemerkungen vielleicht in etwas abändern koͤnnten— Ob ich nun gleich nicht die hohe Meinung von meinen . Erfahrungen und Kenntniffen bege, daß fie foldhen Eins fluß auf Thatfachen und wirkliche Beobachtungen über die Eisgebirge haben koͤnnten; fo mil ich doch ihrer freundfchaftlihen Einladung gerne Folge kiften, und von meinen Bemerfungen über dag Eis fo viel miftheilen, als ich glauben kann, daß e8 in diefer Sache einiges Licht mittheilen fönnte, Ich babe lange in Preuffen gewohnt, mo die Kälte merkwuͤrdige Veränderungen zuwege bringt ; und habe ei nen Winter in St, Petersburg, beynahe unter dem 60 Grad nördlicher Breite zugebracht ; überdem habe ich dag Suͤd⸗ 066. Briefe meer dreymal bis über den 60 Grad füdlicher Breite, ja gar bis zum 71, 0 11.“ in, den dortigen Sommermonas ten durchſchiffet, und habe alfo wohl ein Recht, meine Meinung über die Phanomene des Eifes fagen zu dörz fen, Da id) e8 in mancherley Geftalten und unter mans cherley Beſtimmungen gefehen, feine Wirkungen erfahren und zum Theil genau unfirfuche habe. Ueberhaupt ge nommen , halte ich dafuͤr, daß nur folhe Männer Bez fügniß haben follten, über die Natur und ihre Erfcheis nungen und Wirfungen in der gelehrten Republik mitzws reden, welche die Natur an verfchiedenen Drten, in fo mancherley Lagen gefehen, unterfucht und durch Erfah⸗ rungen ihr Thatfachen abgefragt haben, Allein leider! hat ſich in unfer fihreibfeliges Zeitalter die Sucht einge ſchlichen, über die Natur mitreden zu wollen, die man gar nicht Fennt, Daher fprechen fo viele Stubengelehrs ten aug ihren Kabinettern mit einem fo zuperläßigen und entfiheidenden Tone, den fih) der bloß Wahrheit und neue , wichtige Thatfachen fuchende Gelehrfe nie ers laubt , und der bey aller Erfahrung und Ueberzeugung feiner Sinne, dod) mit einer befcheidenen Ruͤckhaltung fpricht. J. Zuerſt will ich von dem Eiſe im ſuͤdlichen Weltmeer reden. Ich kann hier um ſo viel mehr kurz ſeyn, da ic) alles erforderliche ſchon in meinen, von meinem äls teften Sohne uberfegten, Bemerkungen gefagt habe. 1, Das Eis im füdlichen Meere ift hauptfächlich von zweyfacher Beichaffenheit: die eine Art beftand aus groß fen Stächen von Eis, die allenthalben umher mit Truͤm⸗ mern und Brocken von verfchiedener Gröffe, Dichtigfeit und Ducchfichtigfeit umgeben waren. Einige diefer ſchwim⸗ an den Herausgeber. 267 menden Eisflächen erſtreckten ſich nach beyden Geiten, fo weit dag Auge nur immer reihen kann: alfo wenigfteng auf so teutfihe Meilen in die Lange und 4. oder 5. in die Breite; indem das Auge von der big auf 50 big 60 Fuß über der Fläche des Meeres, erhobenen Epite des Mas ſtes, wohl 4 bis 5 Meilen weit fehen kann. Diefe groffe Eisflaͤchen waren alle mit Schnee oben bedecket; welcher einen weiffen Wiederfchein , auf 2 bis 3 teutihe Meilen weit, und auch wohl noch weiter, an dem Horizonte fehen läffet, den man den Eisblinf zu nennen pfleget. Die von den Eisflächen abgehrochenen Brocken, wa; ren zuweilen Io bis 20 Klaftern lang, einige mit Schnee bedeckt, andere Flar und durchfichtig und noch andere, milibig und wie undurchfichtiger mweiffer Quarz augfehend ; Einige waren feit und derb, andere ſchon locker und von der beftandigen Bewegung der Wellen porög, löcherig und gleidyfam zerfreffen. Dieſe Stuͤcke hinderten die Annähes rung des Schiffes an die groffe Eisflahbe, und lagen oft eine Viertel bis halbe Meile vor der Eisflähe. Da nur ein Funfzehentheil des Eiſes, menn es eine gleich: formige Tafel » Male vorftelt, über dem Seewaſſer, auf dem eg ſchwimmt, nad) genauen Beobachtungen, hervor— zuragen pflegt, fo laßt ſich in einer Entfernung von einer viertel oder halben Meile von der Farbe diefer Eisflächen nichts beſtimmen. Nahm man die Fleinern feften Tafel: brocen von Eis in Boten auf, fo fand fih, dag «8 flar, rein und durchfichtig war, und nachdem e8 etwa 12 oder 24 Stunden auf der Schifsdecfe gelegen hatte, auch ein reines, gefchmacklofes, frisches Waffer beym Schmelzen bergab. Stücke, die löcherig und pords mas ren, ſchmeckten nad) dem in den Porig enthaltenen Meers waſſer etwas falgig: eben fo hiengen dem frifch aus dem Meere aufgenommenen feften Eife aufferlich noch etliche Salzwaſſertheilgen an, die aber mit der Zeit abtrieferen, 268 Briefe 2. Zweytens fanden wir auch im füdlichen Oceane, groſſe und fehr hohe Eismaſſen, melde oft an Die 60 und go, ja bis an die 100 Fuß über der Oberfläche des Meeres hervorragten, und folglich an die 1000 big 1400 Fuß unter der Meeredflache fih befinden mußten, Einis ge diefer sBisfelfen oder sEisberge waren wohl eine teut— ſche viertel Meile lang und ein ſechszehntheil Meile breit. Einige diefer SEisberge waren oben ganz flach und horis zontal, andere hatten andere und oft fehr unregelmäßige fremde Geftalten; fo fah ih unter andern einmal eine Gigmaffe, welche mie ein groffes rundgewoͤlbtes Portal geftaltet und oben fogar durchbrochen war. Diefe groffen geisberge waren, chen fo mie die Eisflaͤchen oder Eis— felder,, unter dem Winde, mit Brocen und Trümmern von Eis, welches die Wellen abgefpuhlet haften , umgez ben; welche allerlen Geftalten, und verfihiedene Grade von Dichtigkeit Hatten — Die Farbe und Dichtigfeit der groffen. Eisberge war, wenn fie oben flach und horizon— - tal waren , oben weiß und mit Schnee bedeeft, und an den Seiten helle, feft, und durchfichtig. Doch habe ich auch Eisberge gefehen, welche in horizontalen Schichten abmwechfelnd klar und durchfihtig, und auch mildig, wie ein weiffer Quarz ausſahen. Diefe Eisberge waren unftreitig aus den zertrümmerten groffen, oben mit Schnee bedecften Eigfeldern entftanden, Denn nachdem der Sturm diefe groffen Eisflächen in Stücen jerbros chen hatte, fo preßte er diefe Eigfchollen mit Gewalt aneinander. Der gewaltige Druck ſchob eine Eisſcholle fiber die andere, und da fie bald durch die Ebene und Glaͤtte der Oberfläche ſich gleichfam feſt aneinanderfogen, fo entſtanden die abmwechfelnden Schichten. Daß fefte Eis war durchfihtig und Flarz der Schnee, ber drauf lag, blieb weiß und milchig; und das mit Gewalt vom Winde gegen die Seiten des Eifes sepeifät Seewaſ⸗ an den Herausgeber. 269 fer diente zur Verbindung der Eisfchollen , die ben zus nehmender Kälte aneinander froren, Schob nun der Wind viele flache Eisfchollen übereinander, fo entſtan— den draus fehr hohe Eigberge, welche folche abmwechfelnde Schichten oder Lagen von Flarem und milchigem Eife hatten. Einige diefer groffen Eisberge waren wie die Felſen im Dceane und der gewaltige Sturm trieb daß Seewaſſermit folcher Gewalt gegen diefe Eisfelfen, daß eg fih mit groffem Geraufhe und Kraft daran brach, und eine Brandung verurfachte, die das Waffer über hundert Fuß Hohe und zz Meilen breite Eigberge wegfchleuderte, Einige Eisberge waren durchfichtig und Ear, und bey hellem Wetter und Sonnenſchein fhienen diefe ungeheure Maffen, die prachtigfien Sa; phire und Berylle zu feyn, deren ſchoͤnes blau, man fo gar in der Tiefe des Oceans noch nachfpüren Fonnte, Der Geſchmack des Eifes, das fih von diefen groffen Eisbergen abgelöfet hatte, war eben fo rein und vom Salze frey, wenn ‚man fefte Stücfe wählte, und hatte nur einen Salzgeſchmack, wenn die von den Wellen lange umhergetriebenen , poröfen Stücde gewählt wurs den, wie bey den vorigen Eisflächen iſt angemerde worden. Nie ſchmeckte das Wafler von unferm Eife im füdlichen Weltmeere faul und unrein, 3. Das kleine zertrümmerte und vom Winde aneins ander geriebene Eis von Eisfeldern und Eisbergen machte ein eigenes Geräufche, Es rauſchte, krachte und sumweilen Flang es wie eine Glocke. Wenn aber ein groffer Eisberg durch die Macht der Wellen und Winde und die gelinde Jahrszeit getrennt ward, und fich in Stücken zertheilte, dann gefchah diefes allezeit mit einen dem Kanonenſchuß ähnlichen und mwiederhallenden Geröfe, Sowohl das Eis der sEisfelder, ale auch der sEisberge, war gemeiniglich weiß an der Dberfläche und rein; q 270 Briefe N . und nur in einigen wenigen Faͤllen, wenn nemlich die Robben und Pinguins hinangeklettert waren und es mit ihrem Auswurfe verunreinigt hatten, ſahe es ſchmu— tzig aus. Als wir im December 1772. zuerſt das Eis erreichten, wo Capitaine Lozier Bouvet geglaubt hatte Land geſehen zu haben, fanden wir mitten zwiſchen den Truͤmmern des Eiſes groſſe Eisberge, und ſelbſt mitten in dem groſſen Eisfelde ſahe man verſchiedene Eisberge, deren einige in der Entfernung ſchmutzig, unrein und gelblich ausſahen. Den Tag zuvor ſeegelten wir neben einem Eisberge vorbey, der in der Entfernung mit ſchwarzen Flecken uͤberdeckt ſchien: einige hielten dieſe Flecken fuͤr Pinguins, andere fuͤr Robben, indem man behauptete, daß ſie ſich bewegten und ihre Stellen ver— aͤnderten. Durch ein gutes achromatiſches Fernglas be— trachtet, ſah ich dieſe ſchwarze Flecken, welche wie Vertiefungen oder Hoͤhlen im Eiſe das Anſehn hatten, und die ſich deßwegen zu bewegen ſchienen, weil das Schiff ſeinen Standpunkt veraͤnderte. 4. Wir ſahen nirgends Eis und, Schnee auf dem Lande, als auf dem Feuerlande in dem Chriſtmeß— Sunde und auf Suͤd⸗Georgien in der Poſſeſionsbay: Der erſte Ort liegt in 55.° 27." Suͤdl. Breite, und der leßtere in 54.0 5." Sudl, Breite. In Chrifimeß; Sund fans den wir die nach Norden zu gelegenen hohen. und ſtei— len unzugäuglichen Granitberge ganz mit tiefem Schnee bedeeft, der nun im Schmelgen war, fo daß überall von den Felſenwaͤnden fih Ströme frifhen Waſſers ins Meer ergoffen , die wohlgefhmact und nicht im mindeften faul fchmeckend waren. Ganz Sud: Georgien war ebenfalls mit Schnee bis zum Ufer des Meeres be, decket, auffer an einem fteinigten Ufer und einem mit Gras und einer andern Pflanze bewachſenen kleinen Vorgebürge im Hafen. Der Schnee war tief, und an den Heransgeber, 291 gang eben, ohne Erhöhung oder Vertiefung, ohne die geringfie Spur von Eis: und eben daffelbe Anfehen hatten die Berge von Chriftmeßfund auf dem Feuerlande. Da dieſe Himmelsſtriche ohne irgend einem groſſen Lande ſuͤdwaͤrts von 55.0 Suͤdl. Breite, big herauf zum 71.0 Suͤdl. Breite find befunden worden, und daher dag Meer menigftens ſich bie 60.0, 67.0, und 71.0 11. Suͤdl. Breite in diefer füdlichen Halbkugel erftrecket, fo werden die Stralen der Sonne im Deeane verfchlucfer, und fünnen die Atmofphäre nicht ertwarmen; da der Dean eine weit. gröffere, alfo ſchwerer zu erwärmende Maffe ift, als Land; welches feiner gröffern Dichtigkeit wegen, zwar nicht fo tief, aber ungleich mehr erwar: met wird, und diefe gröffere Wärme den unmittelbar drüber liegenden Luftfchichten mittheilen kann. Dieß find meine Beobachtungen über Schuee und Eis im füdlihen Meere, Ich habe Urfache zu glauben , daß nicht das Geringfie, oder doch nur fehr weniges von diefen Beobachtungen, werde koͤnnen auf die Eis⸗ maffen der Gleticher angewendet werden, Il Da ich aber in Preuffen gebohren, erzogen und big an mein 36. Lebensjahr wohnhaft gemwefen bin, und auch einen Winter in St. Petersburg beynahe unter dem 60.0 N. Br. zugebracht babe, fo kann ih doch noch einige Beobachtungen mittheilen, welche unftreitig auf das Gletfchereiß anwendbar ſeyn fünnten. 1. Wenn Flüffe und Landfeen bey ſtarkem Frofte, hellem und ſtillem Wetter zufrieren; fo bemerkte ich, . daß die Dberfläche des Waſſers fi) allmahlig mit lan⸗ gen nadelfürmigen Spigen an den Ufern anfieng zu ‚überziehen, welche nach den beyden Seiten zu, wieder neue Spigen anfeten und dieſe befamen gleichfals fol + f . 272 Briefe | he Spißen an den Seiten, big eublich die ganze Ger gend mit Eis bedeckt war; diefer Eigrand ſchoß neue Spisen tuberall an, bis das ganze Woſſer endlich übers al mit dem Eife bedeckt war. Da num diefe Eisnadeln, julegt in Lamellen oder Tafelchen übergiengen , die mit der horizontalen Lage des Waflers parallel waren; fo pflegte dieß Eis, das fi) mit zunehmendem Frofte unten verdickie, wegen feiner Struftur fehr elaſtiſch zu feyn, und founte, obgleich es dünne war, dennoch anfehnliche. Laften tragen. Wenn im Frühlinge die Sonne ſtark ım Tage auf das Eis einwirckte, fo zog fi das aufge; löiete und erwarmete Waffer ſenkrecht ing Eis hinab, und bildete Fleine Porog, welche das zuvor durchſich— tige und klare Eis trübe und milchig machten, aud) feine Steucktur fo fehe änderten, daß dag im Frühlinge ungleich dickere Eis lange nicht fo viel tragen fonnte, als dag dünnere erſte Herbftsoder Winters Eis. Wels ches meines Erachtend blos von feiner nunmehr veraͤn⸗ derten Strucktur herruͤhrte: da jetzt die perpendikulaͤr nach unten zu laufenden Fibern des Eiſes lange nicht die Cohaͤſion haben konnten, als die elaſtiſchen horizon— tal auf dem Waſſer aufliegenden und ſich gleihfam freu; zenden Fibern oder Stralen des Eifee. +2. Froren die Waffer mit vielem gefallenen und vom Winde getriebenen Schnee zu, fo pflegte diefe Art Eis, die oft ſehr uneben zu feyn pflegte, lange nicht fo auf zu halten und fo viel zu fragen, als dag Flare, durch fichtige, in Nudeln angefhoffene Herbſteis. Fiel aber in der Folge Thaumetter oder Regen ein, und eg fror dann wieder, fo ward das Eis Kar und durdfichtig, - ward fo feft und felid, ald dag Herbſteis und konnte auch beynahe eben fo viel tragen. Im Fruͤhlinge ward. ) e8 vom Einwirken der Sonne poroͤs und fo wie dag Fruͤhlingseis alle porös und ſchwach. 5. Waren — an den Herausgeber. 373 13. Waren die friſchen Waſſer, welche von ſtarkem Fro⸗ ſte geſtanden, anſehnliche Fluͤſſe, ſo bedeckten ſie ſich ſchnell mit vielem Treibeiſe, welches ſich in Buchten und in den Wendungen des Fluſſes, in ſeichten und engen Wellen, bald in einander ſchob und geſtand. Das Treibeis ſchob ſich in allerley Geſtalteu in einander und verurſachte uͤberall Unebenheiten; und nie war dieſes Eis ganz klar und durchſichtig: eben ſo wenig als das, welches Treibeis mit Schnee zuſammen gebildet hatte. Fiel aber auf das vom Treibeiſe geſtandene Eis, eine betraͤchtliche Menge Schnee und eingefallenes Thauwet— ter und Regen loͤſeten den Schnee auf und es frohr dann drauf, ſo ward das milchig geweſene Eis ganz klar und durchſichtig und erhielt viele Feſtigkeit und Starke, 4) Feoren groffe Landfeen , felbft die mit friſchem Waſſer angefüllte, und mit dem Meere bey Pillen und Memel vereinigten Seen, die man dag frifche und kuri⸗ er fhe Aafe nennt, bey ſtrengem Froſte zu; fo bemerkte man bey zunehmendem Frofte ein befonderes Phanomen: Denn man hörte oft einen Knall, der dem einer abgefchoß fenen Kanone ähnlich war; und zugleich befam das Eis einen Riß quer durch von einem Ufer des Sees big zum andern. Diefe oft wiederholten Riſſe waren einen hal ben Zoll anfänglich breit; allein bey jedem neuen Riſſe, der anderwärts das Eid frennte, [hob fih das Eis wer, ter auseinander, ſo daß zulegt einige 2. Big 3. Fuß aus⸗ einander flanden, und die auf dem Eife mit Schlitten Reiſenden fich genörhiger fahen , groffe Umwege zu neh— men, big fie einen Ort fanden, wo ber Riß: nicht fo weit das Eis auseinander getrennet hatte. — Ein Um fand, der fich in der Nachbarſchaft von Danzig zugetras gen, iſt in Anſehung des beobachteten Fortruͤckens des Gletſchereiſes noch entſcheidender. — Die Stadt Danzig wird an der Of und Südoftfeite, von einer viele Mei Magaz f. d. Naturk. Helvetiens. IT. 2. S » 274 Briefe fen weiten Ebene und Niederung umgeben, durch welche die Flüffe Mottlau und Raduhne fließen, die fo, wie die Weichfel zwifchen Dämmen und Deichen ihren Lauf nehmen, und durd) fie gehindert werden, die niedrigen Ebenen bey hohem Waffer zu uͤberſchwemmen. Das ſich in der Niederung anhäufende Regen⸗ und Schneewaffer wird auf hollaͤndiſche Art mit Schoͤpfraͤdern, die von MWindmühlen in Gang gebracht werden , in die Flüffe und Wafferabzuge bineingemahlen. Die von dem Manz ne, der die Mühlen beforgt, bewohnten Käufer, ſtehen gemeiniglich auf dem Danıme oder Deiche. Ein ſolches Haus hatte in der Folge einen Kuhſtall bekommen, der nicht mit dem Haufe zugleich war gebauet worden: der aljo , da hie die Häufer pflegen von Schurzwerk ge: bauet zu werden, da wo der Stall an das Haus ange fegt ward , eine doppelte Wand und eine Thüre befam , die aus dem Haufe in den Stall gieng, und daher auch doppelte Thürgerichte oder Einfaffungen befommen muß; te, — Als in einem Frühlinge fehr zeitig. Thauwetter eins fiel, und die Damme der Baduhne augriffen; fo ffand das Waſſer fehr Hoch, und endlich riß auch der, Danım von der Laache oder dem Wafferabguge bey Naſſenhuben aus, Einige Leute, welche den Tag noch zu Fufie was _ ren nad) Danzig zu Marfte gemwefen, Famen bis an dag Mühlehaus, Fonnten aber wegen des auggeriffenen Dams med, und der dadurch verurfachten Ueberſchwemmung nicht weiter fommen, und fahen fich genöthiget, bey dem Müller einzufchren, mweil fein Kahn oder Boot zur Hand war, die Leute weiter. fortsubringen,. Brod und Milch von den im Stalle befindlichen Kühen ward ihre Nah— rung, da nichts anders bey dem armen Manne im Haus fe vorhanden war, Die folgende Nacht fiel, bey ſtillem ' Wetter, ein flarfer Froſt ein, und alles das Waffer, welches alle Felder von der guten Herberge und St, * an den Herausgeber, 278 Albrecht an, uͤberſchwemmt hatte, frohr nun über, Die in der Mühlenwohnung eingefperrten Leute mußten an die 3. Tage warten, bis das Eis fo ftarf geworden war, daß e8 fie fragen konnte. Allein nun zeigten fich auch) die Phanomene, welche groffen, gefrorenen Wafferftrecken eigenthümlich zu feyn pflegen. Das Eis befam Riſſe, welche mit dem größten Getöfe die ganze Eismaffe trenn— ten. Der Riß traf gerade auf den Kubftall und den Damm r darauf derfelbe fand. Die Einwohner hörten - den Donnerfnall des Eifed , fie fühlten im Zimmer es — nen Stoß der dem Erdbeben Ähnlich war, und der Etaub fuhr aus allın Fugen der Schurzbohlen heraus, daß die Stube vol Staub ward. Als die erſchrockenen Leute nach dem Stalle eilten, um nach ihrem Viehe zu fehen, konnten fie die Thüre gar nicht mehr aufbıfommen, Kund ums Haus fand tiefes Waller, dag gefroren, und die Thuͤre zu öffnen hinderte; fie fliegen alfo auf den Bos den, und durch den Heuboden endlich in den Stall, und fanden, daß der Eisriß den Damm mit fant dem darauf fiehenden Stalle über einen Fuß weiter gerückt hatte, Dies war feine Kleinigfeit; denn der Damm mar an die 9. biß 10. Fuß hoch, und unten über etliche 20, Fuß breit; und diefe ganze Maffe hatte die Eiserſchuͤtte⸗ rung dennoch fünnen über einen Fuß breit weiter heben, Ich habe den vorgeructen Kuhſtall felbit geiehen, und man zeigte mir, um wie viel das eine Thürgerichte vor dem andern vorſtuͤnde. — Ich ſtelle mir die Sache ohıts gefahr fo vor: Das Waſſer erkaͤltet beym Frofte zuerſt an feiner Oberfläche, und friert Demnach zuerft von oben: hie— durch wird des Waflers Dberfläche verſchloſſen. Die eingefihloffene Luft, Ruftfaure und Wärme, oder Feuer theile koͤnnen demnach nicht mehr aus dem Waſſer heraus; fie zerfeßen alfo das Eis in groffe Luftblaſen. Das Eig nimmt alfo mehr Raum ein, als das Wafler, Die ich - » 276 BOTEN immer mehr durchs Gefrieren des Waffers entwickelnde Wärme, Luft und Luftfaure, verurfachen endlich eine Zerfeßung des Eifeg , oder eine Eiserfchütterung, welche im Stande iſt, felbft die größten Maffen zu heben und fortzuruͤcken. — Daß auf dem frifhen und Furifchen Haafe die Eisrife nah und nad) ſich bis auf etliche Schuhe erweitern, wie ich oben angemerfe beſtaͤti⸗ get den Sa , daß die Eiserfihütterung ein folches Sortrücken des Eiſes auch an andern Drten bewirken Fönne und bewirket habe, als man in der Schweiz an den Gletſchern bemerft hat. Dies Fortrücken des Gletfchers eifes geht nicht nach den fehroffen Gebürgen zu, wo der Kiderftand zu groß iſt, fondern nach dem Thale zu. — Als Capitaine Sucas For, 1631, nad) der Hudſons— firaffe auf Entdecfungen fegelte, bemerfte er groffe Eis— berge , die über 60. biß 120. Fuß auffer dem Waffer herz vorragten, fo mie auch Eigfelder von Schollen ; Eig, die fo groß ale etliche Anker Landes waren, deren einige T. bis 2. Fuß dicke waren, andere aber 8. big 10, Fußdicke hatten. Ein ſolches Stück fegelte er vorbey, das höher als alle andere Stuͤcke war, und auf welchem ein groffer Stein lag, der wenigſtens Io. bis 12,000 Pfund wog, und überden lagen noch andere Steine darauf, und muds de oder naffe, Fathige Erde. Diefe Eisberge find am Lande gebildet, welchen der Wind vom Lande ab, über die fteilen Spigen der Selfen, bis auf dag unter dem Felfen zu Eis gefcorne Meer wehet; modurch denn bey dem Ans fprüßen des Seewaſſers und beym Aufthauen des Schneeg vom Regen im Srühlinge der Schnee zu Eife erhärtet, und bey neuem Frofte, Riſſe bekommt, deren jeder eine folche Erfchütterung verurfachet, und alfo auch einen fol chen Stein vom Lande allmählich auf das Eis fortruͤcken tonnfe, nachdem derfelbe zuerft Dur) den Froft vom Eelfen war loggelöfet , und aufs Eis gerollet worden. h an den Herausgeber, 277 Diefe Beobachtung des Lucas For, beftätiget auch den Umftand, daß die auf die Gierfcher herunfergerollten Steine auch wirklich durch die Eiserſchuͤtterung fortge— ruͤckt werden. — Da im Sommer naͤchſt an den Felſen— waͤnden das Eis und der Schnee zu Woſſer ſchmilzt, und fich unter die Gletſchermaſſe ziehet, und durch feine Wär, me eine Ausdehnung der da unten eingefchloffenen Luft verurfachet ; und da diefe Luft ſowohl, als die Wärme fich zu entwickeln beſtrebt, fo bewirkt fie einen Riß und Eiserſchuͤtterung, welche dag Eis ſowohl, als die darauf liegenden Steine, nach dem Thale zu, fortrudt. Sie fes ben alfo, daß die von mir anderwaͤrts gemachten Beobz achtungen, gerade fehr viel, fowohl zu Beftätigung deg Fortruͤckens der Gletfiher, als auch der auf dem Eife liegenden groffen Steine beytragen Fan. — Die Natur wirft langfam, allein gewiß; eg ift demnach fein Wun— der, daß fehr viele Menfchen die Art, wie fie wirkt, nur felten lernen, und oft die wahre Wirfunggart vers fennen, und fich eine falfihe, als die wahre Wirkungs— art vorſtellen. Nur wenigen glückt es, zuweilen die Nas tur auf ihrer Werfftätte zu belaufchen, und ihre Rünfte ihr abzulernen: und auch diefen Zufall zum Beften der Wahrheit und zur Belehrung feiner Mitmenfchen mitzu⸗ theilen, ift die Pflicht des Weltbürgers! Denn die Wahr: heit ift doch eine Kenntniß, die der Erforfhung werth iſt, befonders da der Schaf der ausgemachten Wahrbeis ten noch immer nur ſehr Flein if. — Die Thatfachen über die Entftehung und den Mechanifmug der Gletſcher, ger hörten längft zu den ausgemachten Wahrheiten: allein weil einige Umftande dabey nicht allen gleich einleuchten „ und weil fie fich nicht entfannen, etwas aͤhnliches ander; waͤrts gelefen oder gehört zu haben, fo zogen fie felbft die unbezweifelteſten Thatſachen noch in Zmeife, So gut, fo nöthig es auch iſt, zumeilen fein Urtheil über 278 WBriefe einige Sachen und Gegenſtaͤnde zuruͤckzuhalten; ſo kann man doch auch in der Vorſicht zu weit gehen, wenn man auch ‘Die ausgemachteften Wahrheiten bezweifelt. Allein auch felbft durch diefe Art des Unglaubens ge winnt die Wahrheit, ‚denn fie wird zulegt auf die uner— ſchuͤtterlichſte Grundlage geſetzt. Ich habe nun Ihrer guͤ— tigen Einladung Gehoͤr gegeben, und ſchmeichle mir auch durch dieſen Verſuch der Wahrheit einen kleinen Dienſt geleiſtet zu haben. Leben Sie vohl und gluͤcklich, und fahren Sie fort Wahrheit zu erforſchen, und * zu be⸗ ſtaͤtigen, und auch mich zu lieben. Derittier Brie⸗ von Herrn Berghauptmann Wild, in Ber, Ber, den 19. Auguſt 1797, Kr Folge meines Verfprechens, will ih Ihnen, mein. ‚toertbefter Herr! einen furzen Begrif meiner mit vielem Vergnügen gemachten Bergreife mittheilen. Sich glaube Ihnen mundlich gefagt zu haben, daß ich, in Folge einer Neife Des vergangenen Sommers, den gänzlihen Durchs bruch des Kalchgebirgs durch die höchften urfprünglichen Gebirge vermuthete. Meine dießjährige Reiſe hatte nun zur Ahfiht, das Wahre oder das Falfche meiner Ber: muthung, fo genau als möglich, zu unterfachen; denn entfernt von allen Syſtemen, die im Cabinet auggehect werden, habe ich je länger je mehr den Gebraud) , felbft auf meine eigene Bermuthungen mißträuifch zu feyn. Da an den Herausgeber. 279° ich auch mir zugleich vorfeßfe, die Lage der Gebirgen, fü viel möglich, zu beſtimmen, fo führte ich die benöthigten Inſtrumente mit, — Ich habe aber noch gar nichts be; rechnen fünnen, und muß daher ſchon zufrieden fern, wenn ich Ihnen nur einige Hauptfachen mittheilen Fann. Meine Neife gieng von hier auf Martina) , von da auf St. Branchier, von wo man aus den Gneuͤßartigen Gebirgen ing Kalchgebirg kommt, das hier meift Schiefers artig und mit Glimmer vermifcht iff, ohne Spur von Schalentbieren. Bon St. Branchier bis Orſieres ift als les Kalchartig. Bon lejtem Ort fange dag Ferro; (nicht Terrets) Thal an, da man unten linfer Hand Gyps mit qufgeſetztem Kalchgebirg hat; rechts Kalchgebirg, dag an den hohen Granitgebirgen aufliege. So geht es faft 3. Stunden mit etwas Abwechslung fort; denn an ein paar Drten geht rechter Hand der Kalchfels aus, und das urfprüngliche (wie man es zu nennen beliebt) Ge; birg koͤmmt big ing Thal. Bey la Monaz aber, wo dag Barometer auf 23. oz. fand, koͤmmt das Kalch— gebirg wieder hervor, und ift mufchelartig. Hier ift ein guter Gang mit Alaunartigen Schwefelfies. Ein Schus fter fuchte da ehedem Gold, Mit vieler Gefahr bahnte ich mir mit dem Spitzhammer einen Weg zu der Grube, und fand da zwar Fein Gold — aber das vermeinte Gold in häufigen Alaun verwandelt. Meine Gefährten blieben bier zurück, und wegen dem gefährlichen Weg konnte ich mich nur mit wenigen Stücken verfehen. Fernerhin hat man im Thal wieder zu beyden Seiten Kalchgebirge, linker Hand big ganz in die Höhe (die etwa gooo‘ über der Meeregfläche feyn kann) rechter Hand aber liegt der Kalchfels immer auf dem Granit auf. Bey Lechere wer Det fid) das Hauptthal links nach Chapelle, fo ein Som; mer Dergdorf ift, geradezu aber fommt man auf den Col de la Lechere „ der ganz Kalchgebirg if. Zwiſchen A ds 280 | Briefe 2 Col de la Lechere, und dem Hauptthal ift ein Kalchfchiefer mit bäufigen Duarznieren und Dunrsfchichten , der dem Anke en nach des Herrn de Sauffure Roche Fezilletee a Rognon de Qxarz, ganz ähnlich ſieht. Man fommt auf Col de Ferrer ganz durch Kalchartige Gebirge, und hier kommen drey Bergpäffe ganz nahe beyfammen zu liegen; Col de la Lechere, Col de Ferrex, und Col du Banc Derrey (Banc de Derriere ), fo dag aufferfte Nebenthal des Wallifer Ferrerthals iſt. Faſt gerade mit dem Wallis fer Ferrerthal über den Col de la Lechere Hin läuft, das Aofter Ferrerthal jenfeits dem Eol weg. Hier floffen dig Granit-Gebirge von Mont Dofin oder Mont Dolent weg, mit ihren Gletſchern bis unten ing Thal 5; rechter Hand aber geben die Kalchgebirge bis zu Ende des Thale an einem fort, und erftrecken fich hieher Entreves über. daß felbe nach dem Mont Hlanc hin. Dis hiehin iſt eben nicht viel fonderbares in dem, was ich gefehen, als der nun unmiderfprechliche Durchs bruch des Kalchgebirges durch die hohe Granit und Gras nifartige Alpenfette, und diefer zwar ganz dichte am Mont Blanc, Giebt man aber genauer auf die Arten des Kalch, gebirges acht ; fo findet man eine erfiaunende Menge von Abarten deffelben , von dem gerreiblichen Muſchel⸗-Kalch— ftein, big zum härteften Ralchfhiefer , der mit dem Stahl Zunfen giebt, und öfters durch das Auge von dem Gras nitfihiefer gar nicht zu unterfcheiden ift. Diefer leßtere aber befindet fih nur an ganz befondern Drten, und auf demfelben beruhet der Zufammenhang des Kaldhgebirgg im geringften nicht; er macht nur an ein paar Drten Coielleicht auch nur den zufälligen ?) Webergang der Ga birgarten aus. | Entreves ift ein kleines Dorfchen , fo zwiſchen dem Serrerthal, der Allee Blanche, und der Vallee de Cours mayeur liege, Wenn man durch dag Ferrexthal herunter * an den Herausgeber. 281 koͤmmt, ſo hat man einen Berg gerade vor ſich, den man Becca a Motzet (Bec a VEpervier) nennt, dieſer iſt heut zu Tage von dem ganz gleichartigen Gebirg, ſo hieher der Doire und dem heruntergehenden linker Hand liegt, durch die Doire abgeſchnitten. Beyde Berge haben aber alle Lagen gemeinſchaftlich. Dieſes vereinte Gebirg ſcheint zur Verzweiflung der geſammten Cabinets-Syſte⸗ matik geſchaffen zu ſeyn. Die Lagen hangen unten etwa 20° gegen dem Mont Blanc. Don dieſem Weg bi an Becca a Mose ift alles Kalchartig. Nun liegt auf diefem die Becca a Motzet felbft auf und ift Giranitfchiefer ; hinter diefem Berg liegt wieder, unter gleichen Graden, Kalchgebirg auf, auf diefem ein ganz ungemein fchöner Gyps Cdeffen Abarten ich fonft nirgends gefehen); dann wieder Kalchaebirg, und endlich wieder Granitfchiefer, Wie wird vielen dieſes behagen? Entfchuldigen Gie dieſe für die C yftematif fo derbe Stelle , fo gur Sie koͤnnen; für Sie bin ich nicht befümmert, und andern fleht der Weg offen, um felbft nachzufehen. Nur wünfche ich, daß es unverdroffene Leute thun mögen, die der Ber; gen gewohnt find ; denn jedermanns Sache iſt es gar nicht an jene Felſen zu klimmen * | ch war nun des gaͤnzlichen Durchbruchs dee galch⸗ gebirgs durch die hohe Alpenkette gewiß; wie weit, und wohin ſich ſelbiges aber fernerhin ausdehnt, hatte ich dießmal weder Zeit noch Wille zu erforſchen. Es war *) Ob dieſer Granitſchiefer wirklich aufliege, oder nur durch das aufliegende Kall- und Gypsgebirg durchbreche, und zu Taa ausgehe, werden viele gewiß noch genauer berichtiget haben wol- Ion. Sn unſerm Oberlande geſchieht es oft, daß man waͤhnt Granit liege auf Kalfoebirg — wie bey der Jungfrau, und daß es fich ben aenauerer Unterſuchung findet, der Kalkßein leh⸗ ne fich in fenfelvechten Lagen an den Granit, gleich Blättern von Artiſchoken um einen Kernen, a. hd LA . 282 Briefe mir vielmehr daran gelegen, ausfindig fu machen, wo, und wie es fich auf der andern Geite nach dem groffen St. Bernhardsberg zu abfchneiden würde. Ich verreißz te deshalben von Courmayeur, fo bald ich dort herum das mie mwichtigfifcheinende gefehen ; empfehle aber dies fen Ort jedem Naturforfcher ; id) menigftens kenne Feis nen, der ihm beyfümmt. Wer hier Cabinetchens von Ge; Birgarten fammeln wollte, könnte in wenig Stundenwegs mehr derfelben aufbringen, als fonft in groffen Fandern - mit vieler Mühe und Koften gefchehen fann. Mein Weg gieng über Eitte d'Aoſte, wo ich bey dem freundfchaftz lihen Hrn. Baron d'Aviſe, einen ganz guten Anfang zu einer Mineralien + Sarrmlung fand, Er fammelt vorz nemlich die Mineralien feines, in diefem Fache, fo rei chen Daterlandes. Die fogenannte piemonteſer Manz ganefe koͤmmt nicht aus Piemont, fondern von St. Mas vel aus der Dal d'Aoſte. Der Herr Baron Dapife ſelbſt ift der Eigenthuimer davon, der fie auch auf eigne Koften graben läßt, und zwar am Tag, Don Eitte d'Aoſte gieng nun der Weg nach der Vallee d'Olomont, wo ich die reihen Kupferfiesgruben befuch? £e, die der Here Graf Peronne, Königl. Sard. Staates minifter als Eigenthümer betreiben laßt, und die ihm jährlich 30,000 L. nach Abtrag der Unfoften eintras gen follen. Da der Vorſteher der Gruben und Hütten Here Centurion eben nicht zugegen, fondern in Zurin war; fo hatte ich da menig Belehrung zu ermarten. Bon den dafigen Kunſt-⸗ und Triebfchächten hatte ich fo viel Ruͤhmens gehört, daß ich in groffer Erwartung war. Es würde aber unbedacht feyn, nach einer einzigen Erz fahrung der Grube und ohne fernere Belehrung der Grüns den unreife Gedanfen darüber an Tag zu bringen. Alles wird durch Schichtenlohn betrieben , die Schicht zu To, Seunden, Gezaͤhr, Beleuchtung, Pulfer ec. wird dem an den Herausgeber, 283 Arbeiter nad) Nothdurft gegeben. Ob diefe Ark eben die haushaͤltigſte ſeye, unterfuche ich hier nicht. Bon Dlomont gieng ich nun über den Berg auf Dow ve, Alain, Etrouble, St. Nemi nach dem groffen St. Dernhard, wo id) mit vielen Freuden bey meinen mers then Freunden, den dafigen regularen Chorherren anlangte. Hier vermeilte ich nun efwelche Tage. Der würdige Herr Probft Luͤder wollte ſelbſt mein Leiter und Gefährte feym. Jeder Augenblick wurde bier benußt ; ich bedaure nur, daß die Abwefenheit des Mondes mich verhindert die Laͤn⸗ ge der geographifchen Lage des Klofters zu beftimmen.: Es wurde ein fleines Buch erfodern, Ihnen von allem merkwuͤrdigen, fo ich in diefer hohen Berggenend geſe— ben, Bericht zu geben. Ich Halte mich derhalben ledig; lich an meinem Hauptaugenmerk, dem Kalchgebirg. Def fen Lage war mir ohngefahr vom Col de Ferrex aus bes kannt; ich fuchte es auch in der Gegend auf. Der Be richt des Hrn. Probſt, daß fi) Gyps in der Nähe be fände, machte mich meiner Sache fo viel als gewiß, Wir fanden auch das Kaldhgebirg wirfli a l'Arc dee Fargaux. Geine Lagen bangen da unter etwa 45% g% gen N. O., doch fo, daß fie fih Bogenfürmig wenden, und zu Ende des Thal N. N. W. bangen. Gegen Mit tag zu liegt auf dem Kalchgebirge der Gyps mächtig auf, und nach) dieſem wieder Kalchgebirg. Hier ift aber Fein muſchelartiges, fondern ganz urfprüngliches Kalchgebirg. Es war mir nun darum zu thun, auch bier den Ort deg Zufammenhangs diefes Gebirgs mit dem Granitfchiefer: artigen zu finden 5; denn wahrer Granit ift dieffeits deg Kalchgebirgs auf eine lange Strecke feiner mehr anderg, als in Bruchftücken zu finden. Der Herr Probft und ich unterfuchten daher alle Felslagen fehr genau, ohne ung durch die fehr befchwerlichen Zugänge abwendig machen zu laſſen; und endlich gelang es mir auch hier auf die a AM: / 284 Briefe | Stelle zu fommen, wo das Salchgebirg ind Harte übers geht, und von diefem bededt wird. Der Drt ift hoch oben a Larc du Fargaux in einem Steinlaaf (Devaloir ) der mweftli vom Pain de Sucre, und dicht an demfelben herunter geht. Der Steinlaaß fann von mäßigsguten Berggangern ganz durchfucht werden, andern aber rathe ich deffen Unterfuchung nicht. Hier giebt der Kalchftein beym Uebergang an Stahl Funken, und auf diefen folgt ein Glimmer-Schiefer ; ferner ein ſchwarzer Schiefer, und endlich Duarzfihiefer mit fehr häufigen Abarten des Quar⸗ ze8, der dann der folgenden Berge Grundart wird, big nahe an St. Bernhard, Kann ich mit meinen aufgenom; menen Winfeln ansfommen, fo werde ich nächften Wins ter eine Gebirgskarte entwerfen, welche ich petrographiſch augzuarbeiten gedenke. Daß ich von dem armfeligen Syftem , daß alle Kaldh» gebirge aus Mufihelthieren entfichen läßt, immer mehr entfernt feyn muß, werden Gie leicht begreifen; andere Folgerungen aus meinen Beobachtungen zu ziehen, ift bier der Ort nicht, | Ich hatte mein groffes achromatifcheg von Ramsden für mich verfertigtes Teleſcop auf die hohen Gipfel des St. Bernhardts fragen laſſen. Was für ein herrli— ches Inſtrument an einem ſolchen Dre! der Barometer war auf der Pointe de Dröne auf 20,7 014. und faſt auf'feinem höchften Stand. Der Morgen war Ko helle, als man ihn mwünfhen konnte. Auf dem Mont Blanc hätte man ganz gewiß einen nur mäßig-groffen Vogel fehr deutlich fehen fönnen ; allein da war nichts als eine hohe Eiswand nahe am Gipfel, Bon dem hohen Stand; ort, auf dem ich mich befand, habe id) 25. Horizontal; Winkel auf fo viele mir befannte Berggipfel genommen, nebft verfchiedenen Höhe- Winkeln, die mir den Abftand geben fallen. an den Herausgeber. 285 Wie viel Gutes möchte ich Ihnen doch von dem Klo— fer und den Teutfeligen und menfihenfreundlichen, regulas ven Chorherren des groffen Gt. Bernhardtsberg fagen? Mir find die Duellen ihrer Freygebigfeit ziemlich befannt ; aber ich geftebe , We ih gar nicht weiß, wo fie alle den Aufwand zur Unterftüßnng der Neifenden hernehmen. Es iſt unglaublich), was da verbraucht wird. Und an welhem Dre? — mo jeder Spahn Holz, den fie brens nen, von 6. Stunden her, über einen hohen Berg, auf Pferden muß hergebracht werden! — Co wenig ich fonft ein Freund von geiftlichen Stiftungen bin, fo fehr vereh— re ich diefe, ohne welche diefer Bergpaͤß nur ein paar der waͤrmſten Sommermonate offen feyn wuͤrde, und nod) mit vieler Muͤhſeligkeit. Wie wohl e8 einem ums Herz ift, wenn man bey rauhem Wetter die nienfchenfreunds liche Wohnung erblit! — Ein fogenanntes Hofpithal, oder jede andre Stiftung, als eine Geiftliche, würde hier dem armen Keifenden wenig Erquickung verfchaffen. Die ‚biefigen Menfchenfreunde find aber auch noch in andern Abfichten ſchaͤtzbar; viele von ihnen haben ſchoͤne Kenntz niffe, die fie dem Gelehrten eben fo angenehm machen, als fie jedem Keifenden durch ihren leutfeligen und hoͤchſt⸗ verbindlichen Umgang werden müffen. Da ich dieſes Klo; ‚fer feit 20. Jahren fenne, fo werden Sie wohl glauben, daß mein Lob nicht von einem einzelnen Empfang, fonz dern von genauerer Kenntniß abhängt. Ich bin nicht nur öfters, fowohl reifend als fonft, da gewefen, fondern ich fiehe mit dem Hrn. Probft und verfchiedenen der Hrn. Chorherren in guter Bekanntſchaft. Im Klofter folgen fie zwar Ihrer Regel genau , e8 wird aber auffert dem gar Fein Unterfchied in der Religion gemacht, und jeder wird nach feinem Stand verforget, ohne weitere Nachfrag, Damit Sie mich nicht aber gar etwa für einen. Pfaffen: Freund halten; fo muß ich Ihnen fagen, daß ich in eben 286 Briefe dem Land ein anderes Kloſter kenne, wo man zwar gleich gekleidet koͤmmt, welches ſich noch dazu das Koͤnigliche ſchreibt. Hier iſt aber eben fo viel Dummheit und Grob; heit, als dort Aurflarung und Verbindlichkeit. Aug dem rauhen St. Bernhard ift kaum jemals ein Menſch anders als vergnügt und dankbar weggegangen; aus dem Koͤ— niglichen Stift aber felten einer zufrieden und unbeleidigt. Warum man doc fo einen Zrupp dummer, verfoffner Müßiggänger naͤhrt, die eine fehnöde Erdlaft find, al; dieweil ihre fleißige, leutfelige Brüder vom St. Bern; hard einen fo menfchenfreundlichen Gebraud) von derfel ben reichen Einfünften machen würden ? O quantum homo ab homine diftat ! ! Die Charte von Herr de Sauffure Voy.des Alpes T. IT, Ed, in 4to. fann Ihnen einen deutlichern Begrif von dem Streichen des Kalchgebirgs geben, wenn Sie meinen Brief mit Hülfe derfelben Iefen. Das Ferrerthal auf der Wallisſeite ift aber darauf gar nicht recht verzeichnet, Die Dranfe deffelben Thals fol gang nahe an der Doire des andern entfpringen. Auch find mir öfters in den Tamen nicht einig. So nenne ich Becca a Motzet, was dort Mont Chetif if. Der Mont Dolig oder Mont Dolent, „ macht die Grängen zwiſchen beyden Ferrexs Thälern. Bon diefem Berg aus gehen in einer Reihe fort die Col de Lechere, Col de Ferrer, und Col du Banc Derrey. Bon den beyden Gletſchern des nemlis chen Mont Dolin entfpringen die beyden Bergflüffe Dranfe dieffeits, Doire jenfeitd. Beyde Namen bedews ten das gleiche; Bergwaſſer, u, f. w. 0 — an den Herausgeber. 287 Schreiben | von "Herrn Brofeffor von Sanffüre an den DEU ud Betreffend die im Auguſt 1787. F den Montblanc unternommene und vollzo⸗ gene Reiſe. Genf den 22. Augſtm. 1787. Mein Herr! *) Verſchiedene periodiſche Schriften werden Ihnen wie dem Publikum bekannt gemacht haben, daß im Augfts monat des letztabgewichenen Jahrs zwey Einwohner von Chamouni,; Here Pakard Dr. Med. und der Führer Jakob Balmat auf die Spitze des Montblanc gelanget find, welche man bisher für unerfteiglich gehalten hatte, Schon den Tag hernach vernahm ich folches , und vew *) Man muß diefes Schreiben, welches von dem Verfaffer ven ı Herausgeber eigenhändig zum Einrüden ift aufgefeßet und ein⸗ gefendet worden, nicht mit einer gedrudten Melation verwech— fen, von welcher Here Bourrit Verfaſſer feyn fol; und die von diefem von Herrn von Saufüre felbft aufgefeßtem Berichte abweichet. u 4 5 * » * 288 Grete reifete ohne Verzug, um wo möglich ihren Fußftapfen su folgen. Allein eingefallened Negenzund Schneewetz ter hieß mich, für felbige Jahrszeit auf mein Vorhaben Verzicht thun. Indeß hinterließ ich dem Jakob Bak mat den Auftrag, er folle von Anfang Heumonats an den Berg auskundſchaften, und mir den Zeitpunkt befannt “machen, wo fih der Winterfchnee genugfam würde 9% fest und den Zugang geftattei haben. In der Zwiſchen⸗ zeit gieng ih in Die Provence, in der Abſicht, an dem - Ufer des Meeres Verſuche anzuſtellen, welche mit den ‚auf dem Montblanc vorzunchmenden Fönnten verglichen werden. Jacques Balmat machte im Lauf Brachmonats zwey vergeblihe Verſuche, fihrieb mir aber, er glaube , daß man zu Anfang Heumonats auf den Bipfel fommen koͤnne. Ich reifete zu derfelben Zeit nach Chamouni ab; zu Sak fenche £raf ich den kuͤhnen Balmat an, der eben auf Geuf kommen wollte, mir feinen neuen glüclichen Er; folg anzufüunden. Er war unferm sten Heumonats mie noch. zwey andern Führern Sean Michel Cachet und Alexis Tournier auf dem Gipfel des Bergs geweſen. Wie ich in Chamouni anfam, regnete es, und die fchlechte Witterung hielt faft vier Wochen an, Allein ich war ent fhloffen , eher dag Ende der Jahrszeit abzuwarten , als ‚einen gänftigen Augenblic£ mir entwifchen zu laffen. Er Fam endlich) diefer erwuͤnſchte Augenblick, und den Iten Augſtmonats trat ich den Weg unter dem Geleite von 18, Fuͤhrern *) und meines Bedienten an, welche meine =) Ihre Namen find: Jaques Balmat, mit den Zunamen der Montblanc. Pierre Balmat i PN : a - ı en Führer, Yrarid Goutet £ meine gewöhnlichen Fuͤhre IJaques Balmat, im Dienft ben Ken. Couferan. — an den Herausgeber 289 meine phnfifalifichen Zaftrumente und all das nöthige Geräthe nachtrugen. Mein altefter Sohn hatte eine auffers ordentlihe Begierde mitfommen zu dörfen, allein die väterliche Beforgniß, er möchte noch nicht genug erftarz fet, und zu dergleichen Wanderungen abaehärtet feyn, bieß ihn diefen Wunſch aufgeben. Er blieb alfo im Prieure , und wartete dafelbft mit aller Sorgfalt foichen Beobach— tungen ab, die denjenigen, fo ich auf dem Gipfel vor nahm, föllten entgegen gehalten werden. Vom Brieure in Chamouni bis auf die Spike deg - Montblanc find es faum zwoo und eine viertel Stunden Wegs in gerader Linie, gleichwohl hat mau wegen den fchlimmen Stellen, den Ummegen, welche man nemmen muß, und der beträchtlichen Höhe von 1920: Klaftern, die zu erflimmen ift, noch immer aufs wenigfie 18. Stuns den gebraucht, Um durchaus nach frener Willkuͤhr mir meine Nahe lagerftätte auffuchen zu koͤnnen, ließ ich mir eine Zelte nachtragen, und gleich den erften Abend fehlief ich un ter derfelben auf dem Gipfel des Berge la Eöte, mel cher dem Prieure gegen Mittag zu liegt, und 779. Klaf⸗ Jean Michel Cachat, mit denn Zunamen Ile BED der Biel, Jean Baptiſte Lombard fonft Joraſſe. Alexis Tournier. Alexis Balmat. Jean Louir Devouaſſou. Jean Michel. Ache Devouaſſou, Gebrüdere. Francois. Pierre. Ber Coutet. .Ravaunt. —2 —— Favret⸗ Jean Pierre Cachat. Jean Michel Tournier: Magaz.f. d. Naturk. Zelvetiens. II. B. T 290 Briefe ter tiber dieſes Dorf erhaben ift. Diefe Tagreife ift we; der fehr mühfam noch gefährlich; man feige beftändig über Raſen oder Fels hinan, und kann den Weg ges maͤchlich in 5. bis 6. Stunden zurücklegen. Bon da an aber big zum Gipfel hat man lediglich) über Schnee und Eis zu geben, _ Ungleich mehren Befchwerlichfeiten iſt die zweyte Tag⸗ reife ausgeſetzt. Gerade Anfangs muß man über den la Cöte fegen, um an den Fuß einer unbetrachtlichen Reihe Zelfen binzufommen, welche ganz vom Schnee des Montblancs eingefaßt find. Diefer Gletſcher ift beſchwer— lich und gefahrvoll, e8 durchfchneiden denfelben breite, tiefe und unordentlic fortlaufende Schründe, worüber man öfters nicht anders als auf Schneebrücen gelans gen Fann, die vielmals ziemlich dünne find, und über Abgründe fchweben. Einer von meinen Führen war in Gefahr, dafelbft umzufommen: Er war den Abend vors her mit zwey andern gegangen, den Ort unfersi Durch: zugs aussufpähen : zum Glück hatten fie die Borficht ge braucht, ſich mit Stricken einer an den andern feft zu binden. Auf der Mitte einer breiten und tiefen Spalte brach der Schnee unter feinen Fuffen, und er blieb zwi—⸗ ſchen feinen zwey Gefährten hängen. Wir famen ganz nahe an der Oeffnung vorbey, melche unfer ihm entftans den war, und Entfeßen befielmich beym Anblick der Ge fahr, die ibm gedroht hatte, Man muß mit folcher Mühe und in fo viel Krummungen über diefen Gletfcher sehen, daß wir drey Stunden gebrauchten, von der Höhe von la Cote big zu nachft an befagte einzelnftehende Reihe Flühe zu gelangen; obſchon e8 in gerader Linie mehr nicht als etwa eine Viertelftunde ausmacht. er Hat man diefe Felfen erreicht, fo laßt man ſolche fo fortan zur Seite liegen, um fihlangelnd in einem mit Schnee angefüllten, von Nord nach Sid big zu unterfi an den Herausgeber, 291. an den höchften Gipfel fortlaufenden Thale aufwärts zu fteigen. Diefe Schneelaften find -firecfenweife durh un. geheure und prachtige Spälte zerfihnitten. Ihre fchars fen und glatten Abfchnitte zeigen, daß der Schnee in horizontalliegenden Schichten aufgehäuft ift, deren jede mit der Dauer eines Jahrs ubereinfommt. So breit diefe Schründe immer find, fann man doch nirgendg auf ihren Grund hinabfchauen. Meine Führer wuͤnſchten, daß wir ben einem von den einzelnſtehenden auf diefer Reife vorfommenden Selfen die Nacht zubringen mögten , allein da die hoͤchſten noch im⸗ mier 6. oder 700, Klafter niedriger alg der Gipfel find, fo wollte ich mich höher erheben. Zu diefem Ende mußte man feine Lagerftätte mitten in diefen Eisgefielden nem; men; es ward mir aber fihiver, meine Reifegefährten das zu zu bereden. Sie ſtellten fih vor, es müffe die Nacht in diefen hohen Schnee ; Regionen unausſtehlich kalt feyn, und glaubten im Ernft dafelbit umzufommen. Endlich) verdeufete ic) ihnen, mein feffes Vorhaben waͤre, mich dahin zu begeben, und zwar mit denjenigen aus ihnen, auf die ich mich verlaſſen koͤnnte; wir wuͤrden tief in den Schnee hinein graben, die ausgegrabene Hoͤle mit dem Tuch von der Zelte uͤberdecken, da würden wir ung alle zuſammen eingefchloffen halten, und aufdiefe Weile fönnte ung die Kalte, fo grimmig ſolche immer feyn mögte, nichts anhaben, Diefe Einrichtung geftcl, fie gab ihnen den Muth wieder, und wir rückten forf, Abende um vier Uhr erreichten wir die zweyte Der drey groffen Schneeflächen oder Schneelagen über die wir zu feßen hatten. Hier hielten wir unfer Lager in einer Höhe von 1455. Klaftern über dem Prieure und von 1995. Klaftern über dens Meer, 90. Klafter höher als der Gipfel des Pic von Teneriffa if. Wir rückten deswegen nicht bis zu der letzten Schneelage fort, weil 292% Bee man bdafelbft den Schneelauinen ausgeſetzt if. Auch auf dem erften Eisfeld, welches wir wirklich hinter ung. gelaffen Hatten, ift man von diefer Gefahr nicht frey. Wir hatten über zwoo dergleichen Lauinen fehreiten müß fen, welche feit des Balmat legter Reiſe gefallen waren, und deren Reſte das Thal feiner ganzen Länge nach bedeckten. Meine Fuͤhrer ſchickten ſich ſogleich an, —— Stel⸗ le auszuhoͤlen, worinn wir die Nacht zubringen ſollten, fie fpürten aber eben fo geſchwind die Wirkung der verz dünnten Luft. Das Barometer war blog auf 17. Zoll o. 33 Linien.) Diefe Leute voll Leibesftärfe, melden fonft ein Marſch von 7. oder 8. Stunden, wie wir zw rückgelegt hatten, nichts anzuhaben vermag, hatten noch feine fünf bis ſechs Echaufeln vol Schnee mweggefchaft, als fie fich in der Unmöglichkeit befanden fortzufahren; fie mußten fih von einem Augenblic& zum andern ers holen, Einer aus ihnen war rückmerts gefehrt, um in einem Lague Waffer zu holen , das mir in einem Spalt erblickt hatten: ihn befiel im Hingehen eine Uebel feit, er fam ohne Waffer zurück, und brachte dag ubrige des Abends in den befihwerlichfien Beflemmun: gen zu. Sch felbft, der doc) des BYerglufts fo fehr ger wohnt bin, und folchen für. mich zuträglicher finde, als die Luft der Ebene , auch ich war vor Ermattung erfchöpft, als ich meine meteorologifchen Inſtrumente beobachtete. Diefe Unbehaglichfeit ward von einem brens nenden Durft begleitet, noch Fonnten wir Fein anderes MWaffer zur Hand bringen, als wenn wir Schnee zum fhmelgen brachten; denn dasjenige Waſſer, welches wir im Herauffieigen bemerft hatten, befand fich gefroren, als man zu demfelben zurückkehren wollte, und der Heiz ne Glutkeſſel, den ich hatte nachtragen laffen, vermochte zwanzig lechzende Perfonen nur fehr (angfanı zu BD enen, an den Herausgeber. 293 Yon Mitte diefes Schneefeldg, welches swifchen dem oberfien Gipfel des Montblanc, gegen Mittag, deffelben hohen Abftufungen gegen Dften, und dem Dome du Goute gegen Weften eingefihloffen ift, erblickt man wei; ters. wenig mehr ale Laften von Schnee, die durchaus rein und von blendender Weiffe find, auf den hoben Spitzen aber äufferft fonderbar mit der faft ſchwarzen Farbe des Himmels diefer erhabenen Gegenden abſtechen. Kein lebendes Weſen, auch nicht die geringſte Spur von Wachsthum wird hier ferners bemerkt; Froſt und Schweigen haben da ihren Sitz aufgeſchlagen. Beym Gedanken, wie zuerſt der Dr. Paccard und Jaques Balmat, gegen die Neige des Tags, in dieſen Wildniſ— ſen anlangten, wie ſie ohne Obdach und fern von aller Huͤlfe ſich befunden, unkundig wo fie die Nacht zubrin— gen wuͤrden, ja! wie ſie ſo gar keine Gewißheit hatten, ob auch Menſchen an dergleichen Orten, wohin fie ziel— ten, ausdauern Fünnten, und wie fie bey alle dem uns versagt ihren Weg verfolgten, fonnte ich mich nicht entbrechen,, ihre Geiftesftärfe und Muth zu bewundern. Immer in. voreiliger Beforgniß der Kälte machten meine Fuͤhrer fo genau alle Fugen des Gezelts zu, daß ich viel von der Wärme und der durch unſre Ausath— mungen verdorbenen Luft augzuftehen hatte, ch ward in der Nacht genöthigt mich hinauszubegeben, um nur athmen zu konnen. Der Mond fackelte im fchonften Glanz an der Mitte eines Himmels ſchwarz wie Ebenholz; auch Jupiter gieng ganz ftrahlend hinter der höchften öftlichen Epige des Montblanc auf, und das durch all Diefe fchneeichte Einfaffung zurückgeworfne Licht mar fo blendend, daß einzig die Geftirne der erften und zweyten Gröffe fonnten unterfchieden werden. Endlich fingen wir an einzufchlafen, wurden aber durch das Getöfe einer groffen Schneelauine aufgeſtoͤrt, welche 294 Briefe einen Theil des Abhangs bedeckte, den wir am folgen; den Morgen zu erflimmen hatten. Bey Anbruch des Tags ftand das Thermometer auf ii Grad unterm Gefrierpunft. Wir verreifefen- nur fpät, meil wir erſt noch um Fruͤhſtuck und auf die Reife Schnee ſchmelzen mußten; der allemal, fobald er gefihmolzen war, aufgetrunfen ward, ja eben diefelben Leute , die gewiffenhaft den nachgefragenen Wein unangekaftet lieffen, entwandten mir ohne Unterlaß das auf Vorrath hin gefammelte Waſſer. Wir fiengen mit Erſteigung der dritten und letzten Schnee-Ebene an, darauf hielten wir links, um auf den hoͤchſten oſtwaͤrts des Gipfels ſtehenden Felſen zu gelan⸗ gen. Der Abhang iſt erſtaunend ſteil, von wohl 39. Graden an einigen Stellen, Ueberall endigt er ſich an Abſtuͤrzen, und die Oberfläche des Schnees war fo hart, daß Diejenigen, welche zuerft giengen, feinen fichern Tritt fanden, wenn fie folchen nicht vorher mit der Art eins gehauen hatten. Wir verwandten zmoo Stunden über der Erfleigung dieſer Halde, die ungefehr 250. Klafter bon feyn mag. Nachdem wir auf den letzten Felfen gefommen maren, lenften wir ung wieder vechts gegen Welt, um den letzten Abhang zu erflimmen, deſſen fenfrechte Höhe bey 150. Klaftern halten mag. Diefer Abhang iſt wicht ftärfer als von 28. zu 29. Öraden, und vollig gefahrlos ; doch ift die Luft dafelbft fo dünne, daß die Kraͤfte mit geöfter Eile ſich erfchöpfen; nahe beym Gipfel fonnt ich mehr nicht alg 15. big 16. Schrikz te thun, ohne daß ich frifch Athen holen mußte, ja von Zeit zu Zeit wandelte mich ein Anfang von Kraftloſig⸗ keit an, die mich zwang niederzuſitzen: doch verſpuͤrte ich nach Maaßgabe, daß das Athemholen in Gang kam, wie meine Kräfte ſich wiederum einſtellten, und mie ” —_ die Fahne wehen ſahe, welche fie mir aufzupflanzen ſprachen fobald meine Anfunft auf der Spise märe an den Herausgeber. 295. fchieng , wenn ich mich in Anmarſch feste, als ob ich eis nes Laufs die Spige erreichen Fünnte, Sjeder von den Fuͤhrern befand ſich nach Verhältniß feiner Kräften im gkeichen Zuftand, Wir haften noch zwo Stunden vondem letzt zuruͤckgelaſſenen Felſen gemacht, und um eilf Uhr langten wir auf dem Gipfel an, Meine erften Blicke fielen auf Chamouni , wo ic) wußte daß meine Fran und ihre beyde Schweftern mit den Augen am Zelesfop hiengen, und jeden meiner Schritte mit einer freylicy allgugroffen aber darum nicht weniger angfthaften Unruhe verfolgten; es mar eine ungemein fihmeichelhafte Empfindung für mich, da ich e⸗ merkt, und ihre Beſorgniſſe dadurch zum wenigſten in etwas waͤren gehoben worden. Nun konnte ich ſo fortan das groſſe, vor meinen Augen liegende Schauſpiel genieſſen. Freylich entzog ein leichter Dunſt, der in der niedrigern Gegend der Luft ſchwebte, meinen Blicken die tiefſten und entlegen⸗ ſten Gegenſtaͤnde, zum Beyſpiel, die Ebnen von Franck⸗ reich und der Lombardie; allein dieſer Verlurſt ſchmerzte mich ſo ſehr nicht. Was ich bereits geſehen hatte und noch mit der groͤſten Deutlichkeit ſah, war das Ganze von allen den erhabnen Spitzen, deren Organiſation ich ſchon laͤngſt zu kennen gewuͤnſcht hatte. Ich traute meinen eignen Augen kaum, ja es kam mir wie ein Traum vor, als ich jene prachtvollen Gipfel, die ſo furchtbare Aiguille du Midi, lArgentiere und den Geant zu meinen Fuͤſſen erblickte, deren Fuß ſogar von einem fo muͤhſeligen uud gefaͤhrlichen Zugang für mich gewe— fen war. Nun fonnte ich ihre PVerhältniffe, ihren Zu— ſammenhang, ihren Bau einfehen, und ein einzelner 206 N Briefe Blick räumte Zweifel aus dem Weg, die durch jahres lange Arbeiten nicht hatten gehoben werden koͤnnen. Mittlerweile ſpannten die Fuͤhrer meine Zelte aus, und richteten den kleinen Tiſch auf, worauf ich den Verſuch mit dem Sieden des Waſſers anſtellen ſollte. Allein da ich mich anſchickte, meine Inſtrumente zurecht— zulegen und zu beobachten, fand ich mich jeden Augen— blick bemuͤßigt, meine Arbeit zu unterbrechen, und das Athemholen mein einzig Geſchaͤft ſeyn zu laſſen. Be— denkt man, daß das Barometer da blos auf 16. Zoll 1. Linie ſtand, und folglich die Luft nur zur Haͤlfte ſo dicht war, als ſie ordentlicher Weiſe zu ſeyn pflegt, ſo begreift man leicht, daß dasjenige, was der Luft an Dichtigkeit abgieng, durch deſto oͤfteres Athemholen er— ſetzt werden mußte. Allein eben dieß geſchwindere Athem— holen befoͤrderte den Lauf des Gebluͤts, um ſo eher, da die Blutgefaͤſſe nun nicht mehr durch einen gleichen Druck von auſſen als ſonſt gehalten waren. Auch ver— ſpuͤrten wir alle, ſo viel unſer waren, etwas von die ber, wie man in den ausführlichen Nachrichten von meinen Beobachtungen find n wird, | Wenn ich ganglich fEi blieb, verfpurte ich nur feichte Liebelfeiten und eine geringe Neigung zum Brechen, ab lein bey einicher Anftvengung , oder auf etwelche Augen⸗ biicfe lang fortgefegter Aufmerffamfeit, befonders aber bey Biegung meines Körpers und dadurch verurſachtem Zufammenpeeffen der Bruft, mußte ich ausruhen und während zwoo oder drey Minuten Luft fchöpfen. Aehn⸗ liche Wirfungen aufferten fich bey meinen Führen. Sie hatten Feine Eßluſt; und die Wahrheit zu fagen, maren unfre Lebensmittel eben nicht fonderlich gefchickt , folche zu erwecken, da fie unterwegs fämtlich gefroren waren; nah Wein und Brandtewein fragten fie eben fo menig. Freylich hatte fie die Erfahrung belehrt , daß. flarke A an den Herausgeber. 297 geiſtige Getr aͤnke dieſe Unbehaglichkeit noch vermehren, els ohne weil ſie die Geſchwindigkeit des Blutum, ——— Friſches Waſſer einzig that uns wohl es koſtete aber Zeit und Muͤhe, Feuer anzuzuͤnden, ohne welches wir keins dergleichen haben konnten. | Ich harrte indeffen bis 35 Uhr auf dem Gipfel aus, und ohngeacht ich, Feinen Augenblick ungenußt vorbey— fireichen ließ, vermochte ich doch in dieſen fünfthalb Stunden nicht, alle die Verſuche vorzunemmen, mit denen ich öfterg in minder ald drey Stunden am Ufer des Meer fertig worden war. Gleichwohl brachte ich die wefentlichften mit Genauigfeit zu Stande, Ungleich leichter ftieg ich hinunter , als ich beſorgt hatte, Da die Bewegung, weiche man im Herabfleigen macht, dag Zwerchfell nicht zuſammendruͤckt, fo hindert folche das Geſchaͤft des Athemholens nicht, und man wird nicht gezwungen, durch ſtilleſtehn frifche Kräfte zu fam? mein. Der Weg vom Felfen big zur erfien Schneeebene hinab war unterdeffen wegen feinem fleilen Abhang fehr ermüdend ; dazu fam noch, daß die unter unfern Fuͤſſen befindlichen Abftürze fo Iebhaft von der Sonne befchies nen wurden, daß man wirklich einen guten Kopf haben mußte, um ohne Schwindel in felbige hinabzublicken. Sch fam nochmals auf den Schnee zu fchlafen jedoch 200 Klafter tiefer al8 die vorige Nacht. Da konnte ich mich vollends überzeugen, daß e8 die Dünne der Luft gemer fen fey, welche ung auf dem Gipfel fo fehr zugeſetzt hatte: denn wäre es die Müdigfeit geweſen, fo hätten wir ung nad) diefem langen und befchwerlichen Marſch viel fchlims mer befinden müffen, da wir jegt im Gegentheil mit Luft zu Nacht fpiefen und ich meine Beobachtungen ohne einis chen Anfall von Uebelfeit anftellen konnte. Ya, ich glaus be, daß die Hohe, wo diefes Uebelbefinden einen befänt, ‘für jedes Individnum genau abgemarchet if, Mit siems 298 Briefe licher Reichtigfeit erhebe ich mic) zu einer Hohe von 1900 Klaftern über dem Meer, allein darüber hinaus fange ich an mich übel zu befinden, Kir fanden am folgenden Morgen den Gletfcher von Ia Cöte durch die Hige der beyden legten Tagen veräns dert, auch kam e8 ung jtzt fehwerer an als im Hinauf fieigen, über felbigen zu ſetzen. Wir mußten über eine Schneeflähe von 50. Graden im Abhang hinunter feis gen , um einen Schrund zu vermeiden, der während unſ⸗ ver Reife entftanden war, Um 95 Uhr landeten mir endz lich auf dem Berg la Cöfe mit derjenigen Zufriedenheit, die man billig fpurt, wenn man ſich auf feftem Boden befindet, und nun nicht mehr zu beforgen hat, daß fe biger unter jedem Fußtritt einſtuͤrze. Sch traf da den Herren Bourrit an, der etlihe von meinen Führern bereden wollte, ſogleich mit ihm wieder binaufzufteigen; allein fie waren viel zu ermüder, und wollten lieber nach Chamouni geben, auszuruhen. Ber: gnuͤgt fliegen mwir alfo alle miteinander ing Prieure hinab, wo wir zum Mittageffen anlangten. Ich hatte groffe Sreude, fie alle gefund und unbefchädige mit beftbes fchaffenen Augen und Geficht zurückzuführen. Der ſchwarze Slor, womit ich mich verfehen hatte, und womit wir ‚ung ale das Geſicht umhuͤllten, hatte ung vollkommen gefhüst; da hingegen unfre Borganger faft erblindet und mit verfengten und von dem zuruͤckſtrahlen des Schnees bis aufs Blut aufgefprungenem Gefichte zurückgefommen waren. Verzeichniß der Bemerkungen und Verſuchen, ſo unterm 3ten Augſtmonat 1787. auf dem Gipfel des Montblanc angeſtellt wurden, VB. Eine ausführliche Erklärung hat man im sten Theil meiner Reifen zu erwarten, % an den Herausgeber. 209 Beftalt des Bipfels. Man trift Feine Fläche auf dies fem Gipfel an, fondern er macht einen verlängerten, an feinem erhabenften Theil beynahe horisontalliegenden Grat aus, der fih von Dften gegen Weſten richtet, und zu beyden Seiten in gefagter Richtung unter einem Winkel von 28. zu 30. Graden fich herabfenft, Auf der Seite gegen Mittag ift der Abhang fehr fanft, nemlich von 15. zu 20, Graden, hingegen von 45. Zu 50, auf der Nords feite. Diefer Grat ift durchaus ſchmal und auf feinem Gipfel beynabe fchneidend , fo daß zwoo Perſonen nicht nebeneinander gehen Fönnten ; bey feiner oftlichen Abs fenfung aber ründet er fich, und gegen Weften geminnt er die Geftalt eines Vordachs, das gegen Norden vor—⸗ ſchießt. Diefe ganze Höhe ift volig mit Schnee bedeckt, man fieht nicht einen einzigen Felfen daraus hervorragen, als etwa 60. oder 70. Klafter untenher dem Gipfel. Schnee des Bipfels. Seine Oberfläche ift gefchups pet, und an einigen Drten mit einem Eigfirnis bedeckt; er hangt feft aneinander, doc) fann man mit etwas Mühe einen Stock hineintreiben, Der Abhang des Gi— pfels ift mit einer Kruſte von gefrornem Schnee bedeckt, der fich haufig unter den Füffen bricht, und unter dies fer Krufte findet man einen loofen unzufammenhängens den Schnee. Selfen. Die höchften find alle von Granit; die gegen der Dftfeite hin find mit etwas Specftein vermifcht, und die gegen Mittag und Abend enthalten viel Schörl und etwas Hornfchiefer. Einer von den höchften an der Dftfeite meifet deutliche und beynahe vertifalftehende Schichten auf Herr Dr, Paccard hatte fehon Diefe Hemerkung gemacht. Die allerhöchften, die man an trift, find zwey Fleine Felfen von Granit, melche ganz nahe beyeinander fliehen, dem Gipfelgegen Dften zu, und 60, oder 70, Klafter untenher demfelben fich befinden, 300 Briefe Es ift auffer Zweifel, daß der höhere von beyben vor kur⸗ R zem durch den Blitz zerfchmettert worden iff, denn wie fanden Bruchftüce davon zu allen Seiten auf dem fri⸗ ſchen Schnee mehrere Schuh weit zerſtreut. Indeſſen konnte ich darunter Fein Glaskuͤgelchen entdecken, z vei⸗ felsohne weil alle ſeine Beſtandtheile ſehr ſtrengfluͤßig ſind. Der untere Fels hat die Geſtalt eines wagerechten Tiſches der oben glatt iſt. Gegen oben zu ſteckt dieſer Tiſch im Schnee, von unten zu oder gegen Oſten ragt er 4. Schub 8 Zoll 6. Linien über die Oberflaͤche deſſel— ben hervor, Welches genaue Maaß in Zukunft beftimmen kann, ob die Schneemaffe allhier wachſe oder abnemme. Thiere. Auffer zweyen Schmetterlingen, nemlich einem kleinen grauen Nachtvogel, welcher über die erfte Schnee; ebene Hinflog und einem Tagvogel, der meined Bedunz Feng der Myrtil geweſen ſeyn mag, fahen wir Feine Thiere. Letzterer flog uber den oberften Abhang des Montblanc ungefehr 100. Klafter tiefer als der Gipfel, und beyde wurden muthmaßlich durch den Wind bieher verfihlagen. Bewächfe. Die oberfte völlige oder mit deutlichen Blumen verfehene Pflanze, die ich antraf, war die Si- lene acaulis oder le Carnillet mouflier des Herrn de la Mark. ch fand einen blühenden Raſen in dem nemli— chen Selfen, bey welchem ich beym Herunterfteigen mein Pachtlager hielt, ungefehr 1780, Klafter über dem Meer. Sch fah aber ſelbſt auf den oberften Felfen Fleine Flechs fen mit Anfägen Clichenes tuberculati ) unter andern den fulphureus und den rupeſtris, welche in Hofmanni enumerat: lichenum enthalten find. Barometer. Ich haͤtte mich auf diefe Neife hin mit drey Barometern verfehen. Einen davon ließ ich meinem Sohn im Prieure von Chamouni zurück, damit er Be obachtungen anftellen mögte, welche ſowohl den meiniz - gen als jenen, denen Herr Genebiersin Genf ſich zu E * * j N - gi an den Herausgeber. 308 unterziehen die Gütigfeit hatte, entgegengehalten werden koͤnnten. Die zwey andern ließ ich auf den Montblanc tragen, damit fie unter fich Fünnten verglichen werden, Demnach befanden fi) folche, nach gemachter Berichti; gung der durch die Wirfung der Kälte im Queckſilber ‚hervorgebrachten Verdichtung und der geringen Verſchie⸗ denheit, die unter beyden Inſtrumenten vorwaltete, den 3ten Augfimonat um Mittagszeit, drey Fuß untenher dem Gipfel des Montblanc auf 16 Zoll o Linien Höhe. In den gleichen Zeitpunft ſtand Senebier's Barometer zu Genf nach angebrachfer Berichtigung auf 27. Zoll 2 2 Linien. Das Be nnn am Schatten ffand auf dem Montblanc auf 2 5. Graden unfer dem Gefriers punft, und zu Genf auf 22,6. über demfelben. Ders gleiht man nun fomohl den Stand des Barometers als den. des Thermometers mit einander, und berechnet die Höhe des Bergs nad) der von Herrn de Luc ange gebnen Formel, fo wirft es 2218. Klafter über Herrn Senebier's Kabinet aus, nach Herrn Trembley aber 2272. Nun muß zu Diefer Höhe noch geſchlagen wers den, die Höhe von Hern Senebiers Kabinet über dem Gee, fp ungefehr 13. Klafter betragen mag. Demnach wäre die Höhe des Montblanc über dem See nach der erfiern Formel 2231, und 2285. nach der andern. Es ertheilt aber des Nitter Schuckburghs trigonometrifche Ausmeffung , die 19. Klafter mehr bat als Herru Pic⸗ tets ſeine, dem Montblanc eine zwiſchen jenen beyden mittlere Hoͤhe nemlich 2257. Klafter uͤber den See. Wie gewoͤhnlich verringert alſo auch hier Herrn de Luc's For— mel die durch die Logarithmen herausgebrachte Hoͤhe zu ſehr, und wenn Herrn Trembley's ſeine hier in dieſem Tall felbige nicht genug herabſetzt, ſo iſt der Grund da— von leicht einzuſehen: die obere Luftſchichte iſt nemlich um den Montblanc herum weit Falter als um andere a 302 ER MEIE 1 Berge, und. dieß der Eissund Schneelaften halber , bie ihn faft vom Suß auf umgeben. Es ift alfo bey demfelben eine etwas ftärfere Berichtigung anzubringen ald bey der Meffung der übrigen Bergen. Im übrigen maß der Ritter Schuckburgh den Montblanc nie anders als nach aͤuſſerſt kleinen Standlinien, deren groͤſte dem Montblanc immer noch 2261. Klafter zumißt, welches den durch Herrn de Luc begangenen Irrthum vergroͤſſert, hinge⸗ gen Herrn Trembleys ſeinen verringert. Das Reſultat der durch meinen Sohn zu Chamouni angeftellten Beobachtung naͤhert -fih der Ausmeffung des Ritters Schucfburgh noch ſtaͤrker, wenn man ge fagte Beobachtung nach Herren Trembley's Formel be rechnet. - Die zweyte von mir um, zwey Uhr auf dem _ Montblanc gemachte Beobachtung weicht ebenfalls nicht fehr von der erften ab. Man Fann daher den Schluß sichen, daß die Höhe des Montblanc's fich nicht fons derlih von dem von Ritter Schuckburgh angegebnen Maaß nemlic) 2450. Klaftern uber dem Meer entferne, Thermometer von Duedfilber, mit einer freyhangens den Kugel. Gelbiges befand fih um Mittagszeit, an der Sonne, 4. Schuh über dem Gipfel aufgehangen , auf: 1-3. Sn einer gleichen Höhe, aber am Schatz ten. des Stocks, woran e8 hieng, auf — 2,3. ein ander res Thermometer aber, deſſen Kugel ſchwarz gefärbt war, jeigte: HK 1,9 4° Die en Inſtrumente ‚am gleichen Ort, aber um 2, Uhr, zeigten an der Sonne — 1,3. am Schat⸗ ten — 2, 5. ber Schwarze aber an der Sonne: 19. Aygrometer. Sch hatte deren zwey bey mir, und machte den Anfang damit, daß ich fie in eine angefeuch tete Schachtel 9 verfchloß; fie Famen wie in der Ebe— *) In Furzem, werde ich zeigen, wie die Einwendungen, welche Here de Luͤc wider dieſe Weile , die genauſte BERN. zu 1, an den Herausgeber. 303 ne auf den Grad der äufferften Feuchtigkeit zu fehen. In der Folge ſtellte ich ſolche wie die Thermometer auf, das einte an der Sonne, das andere am Schatten des Stods, woran fie hiengen. Um Mittag fand ſich ander Sonne: 44. am Schatten 51, diefe Verſchiedenheit ift hier viel betrachtlicher als fie gewöhnlich in der Ebne it, Um 3. Uhr hatten wir an der Sonne: 46. am Schatten 52, zu Genf wiefe das Hygrometer um Rie⸗ tag 76, 7. und im Prieure 73.4, Daraus erhellet, daß die Luft auf dem Montblanc ſechsmal minder Feuchtigkeit ald zu Genf enthiel. Denn mei: nen Tabellen zufolge (ſiehe meine DVerfuche über die Hy— grometrie $. 180.) enthalt einen Eubiffuß Luft dey der Temperatur von — 2,6, und auf dem 57. «Grad der. Trockenheit mehr nicht als 1.5. Gran in Dünfte aufs gelöstes Waffer; da hingegen ein gleicher Cubiffuß Luft bey der Zemperafur von 22,6. und auf dem Grad 76,7. der Tröckene ein wenig mehr als Io enthalt, Diefe ungemeine Trockenheit der Luft frug unftreitig dag ihrige zu dem brennenden Durft bey, den mir litten. Elektrometer. Die Kügelhen fanden 2 Linien weit ‚aus einander, Die Eleftrizität war pofitiv. ES befrenw dete mich, daß ich fie nicht frärfer fand; muthmaßlich war ſolches der Trockenheit der Luft zuzufchreiben. Sieden des Waſſers. Das Waffer Fochte ſchon bey 68. Graden eines mit einem Mikrometer verfehenen | Thermometers, an welchem dag Queckſilber auf go Gras de ſteigt, wenn dag Barometer ih auf 27. Zoll befin det. Das Waffer ift in einem GSiedefeffelchen einges fchloffen, das durch eine mit Brandteweingeift angefüllte, erhalten aufgeworfen hat, wenigen Grund haben, und wie ſehr fein frifches Hpgrometer ein fehlerhafte und betriegliches In— firument if. 304 Briefe: und nach Herrn Argands Vorſchrift verfertigte Rampe heiß gemacht wird. Allediefe Gerathfihaft war von Herrn Paul mit gröfter Sorgfalt verfertigt worden, Es brauchte, auf dem Montblanc eine halbe Stunde , um das Waſſer zum Sieden zubringen, alldieweilzu Genf mehr nicht ale 15. bis 16. Minuten und am Ufer dee Meers 12 oder 13. Minuten dazu nöthig find. In gleicher Vorrichtung nahm das Waffer am Meeregufer, den 22. April heurigen Jahrs eine Hiße von gIo, 299. an. Das berichtigte Bas rometer ffand auf 28. Zoll, 77.5. Einien, was eine Vers fehiedenheit von 12%. Graden ausmacht. Sarbe des Yimmels. Ich hatte papierne Streifen nit Lazurblau von 16, verfcjiedenen Nuanzgen bemahlt; die Iftärffte bezeichnete ich mit No. 1, die möglichft ſchwaͤchſte mit No. 16. Von jedem diefer Streifen hatte ich 3. gleiche Quadrate, mithin 3. ſich vollfommen aͤhn⸗ liche Reihen dieſer Nuͤanzen gezogen, deren ich die einte Herrn Senebier, und die andere meinem Sohn hinter— ließ, die dritte aber mit mir nahm. Den 3. Augfimonat nun, um Mittagszeit, glich der Himmel im Zenith von Genf, der zten Nuͤanze, zu Chamouni wer er zmifchen der sten und Öfen, und auf dem Mont: Blanc zwifchen der ıten. und 2ten, das heißt, dem tiefften Konigeblau am naͤchſten. Wind. Auf den Gipfel des Mont-Blanc Fam er ges vade von Nord, und fiel wegen feinen Froſt beſchwer— lich, wenn man auf der Schneide des Gratg fand; man brauchte aber nur ein wenig auf der Mittagfeite binunterzufteigen , fo ſpuͤrte man ihn gänzlich nicht, und genoß einer lieblichen gemäßigten Luft, auch fchlies fen meine Führer gröftentheils, oder ruheten auf ihren Säcen aus, die fie auf dem Schnee ausgebreitet hatten. Abweichung der Magnetnadel war gleich wie im Prieure. KRalch⸗ an den Herausgeber. 305 Kalchwaſſer. Ich vermifchte folches mit deſtillirtem Waffer zu gleichen Theilen, damit man nicht im Zweifel ſey, falls fich ein Rahm von Kalch zeige, ob felbiger von der firen Luft, oder der durch das Ausdünften verur— fachten Verminderung herrühre. ch füllte zwey Fleine Gläfer damit an, die ich auf dem Gipfel, und zwar in einiger Entfernung von der Stelle, die wir einnahmen, niederfegte,, und gab Acht, daß ich felbigen mit: mein: m Arhem nicht zunahe Fam. Nach Verlauf einer und drey Diertels Stunden fand ich in jedem von diefen Gläfern auf der Dberfläche des Waſſers, das eben am Rande zu ges frieren anfieng , ein vegenbogenfarbigtes Hautchen ſchwim— men. Am Meere entfund in einem gleichen Zeitmaaß eine ‚gar viel Dichtere Kruſte. Luftleeres Laugenſalz. ch hatte papierne Streifen in luftleerem, vegetabilifchem Laugenfalz, dag von meis nem Sohn mit dem größten Fleiß war zubereitet worden, getränft, Wurden diefe Streifen aus der Slafche hervors genommen, fo brachten fie fogleih Fein Aufbraufen in Säuren zumege. Nachdem fie aber anderthalb Stunden lang auf dem Berggipfel der Luft waren ausgeſetzt wor— den , befanden fie fih trocden, und bracten aledann ein fehr Iebhaftes Aufbrauſen hervor. Andeffen hatte ich ‚in Anfehung derfelben die gleiche Vorſicht, mie mit dem Kaldhwaffer, gebraucht. Demnach hat man nicht zuzwei—⸗ feln, daß die athmoſphaͤriſche Luft in diefer Höhe noch mit firer Luft gemifcht fey. | Die Schatten waren völlig Farbeulos. Geruch und Geſchmack hatten da ihre völlige Stärfe, Mir fanden ale am Wein und unfern Lebensmitteln den gleichen Geſchmack und Geruch, den wir unten am Berg an ihnen wahrgenommen hatte. Schall. Ein Piſtolenſchuß, den wir auf dem Gipfel Magaz. f. d. Naturk. Heivetiens IL B. u 306 Briefe losgebrannt hatten, verurfachte feinen gröffern Lerm, als ein chinefifches Glasblaͤsgen in einem Zimmer zu erres gen pflegt. Befchwindigkeit des Pulfes. Nach einem vierſtuͤndigen Aufenthalt und Erholung auf dem Gipfel fchlug der Puls des Pierre, Balmat in einer Minute 98. Schläge, der Puls meines Bedienten Tetuͤ 112, und der Meinige 100. Zu Chamouni fchlugen die namlichen in gleicher Ord⸗ nung 49. 60, 72.° Höhe des Bipfe's vom Mont; Blanc in Verhältnis mit andern Bergen. Die hödhften Gipfel, fo ih ent decken fonnte, waren das Schreefhern in Grindelwald , und der Berg Nofa in Piemont. Den einten mie den andern erblickte ich unter einem Winfel von 30. Minuten unter dem Gefichtsfreis. Nun läßt aber diefer Winkel, bringe man gleich den fiheinbaren Horizont auf den mahren zurüd , dem Mont: Blanc immer noch einen ents ſchiedenen Vorzug an Höhe. Sch nahm Flafchgen mit nach Haufe, die auf dem Gipfel mit Luft waren angefult worden. Noc) habe ich aber felbigen nicht unterfuchen Eünnen. In gleicher Abſicht nahm ih Schnee mit. Zum größten Vergnügen machte ich mir, die ſchoͤnen Erfahrungen des Herrn Berthollet zu wiederholen, und zu verſuchen, wie ſehr die Lebhaftigkeit des Lichts die Zer— ſetzung der dephlogiſtiſirten Salzſaͤure beſchleuniget. Zu dem Ende hatten wir dergleichen zubereitet, das aͤußerſt concentriert war, und ſolches in Flaſchen mitgenommen. Aber ohngeachtet aller bey Verſchließung der Flaſchen angewandten Sorgfalt, hatte dennoch das Gas ſich ei— nen Ausweg gefunden, ſo daß ſelbſt das blaue Papier, worein ich ſie gewickelt hatte, war entfaͤrbt worden. Ueber das Ausduͤnſten des Waſſers konnte ich keine Erfahrungen anſtellen, weil es ſogar an der Sonne ge— | an den Herausgeber. - 307 fror, und was das Ausdünften des Aethers anlangt, fo erfordert daffelbe eine fo angeftrengte und ununterbros chene Aufmerffamfeit, daß felbft diejenigen, die fich das mit abgeben , e8 nicht immer auszuhalten vermochten , und welcher ich mich diesmal zu überlaffen aud) nicht im Stande war. Aus gleichen Gründen war ic) genöthiat, mein Vorha⸗ ben, neue Erfahrungen über die Durchfichtigfeit der Luft zu machen, fahren zu laffen. Ich hoffe aber dies Vers faumte nachholen zu fünnen, Herr Erchaquet hat gegen Oſten vom Mont: Blanc eine groffe bey 18. zu 1900. Klafı tern erhabene Schneefläche ausfüundig gemacht, deren Ras ge zu dergleichen Verfuchen recht gefchickt iſt. An ihrem Rande finden ſich erwelche Zelfen , auf denen man fih Schirmhütten errichten fannz; und da ih in folcher Höhe von der Dünne der Luft noch nicht beſchwert werz de, fo gedenfe ich mich famt meinem Sohn dahin zu ver; fügen; auf dem Platz felbft werden wir unfere Salz— faure zubereiten, merden etliche Tage dort verweilen, und hoffen alda verjchiedene wichtige Bemerfungen zu machen, Nachſchrift. Ich ſah von der Höhe des Mont-Blanc das Meer nicht ; weil aber verfchiedene Perſonen mich gefragt has ben, ob ich felbiges gefehen, hatte ich die Neugierde zu forfchen, ob folches möglich feye? Da. der Mont: Blanc 2450 Klafter hoch iſt, fo fol fein Gipfel nach gehörig in Rücklicht auf die Strahlenbrechung gemachtem Abzug in einer Weite von 126600. Klaftern , oder 63, fleinen frans zoͤſiſchen Stunden noch fihtbar feyn, Dis Strahlendres 308 Briefe an den Herausgeber. chung vergröffert diefe Weite ungefähr um 5. Stunden, und bringe fie mithin auf 68. Stunden, Nun ift das Geftade des Genuefifchen Meerbuſens, almo dag Meer dem Mont-Blanc am nächften fümmt, ungefähr 112000, Klafter abgelegen. Demnach nicht allein dag Meeresufer, fondern noch big 12. Stunden darüber hinaus ſollte ges fehen werden fünnen , wenn nur Ebenen zwifchen dem Mont:Blanc und dem Meer gelegen wären; und falls das Auge, welches nicht fehr gläublich iſt, in einer Weis te von 56. Stunden Waffer und Land von einander unters fcheiden Fünnte. Da aber diefer ganze Meerbufen mit Bergen umgeben iſt, fo darf ich mit echt behaupten, daß es unmöglich ift, das Meer zu erblicken. Wohl mag man die dafjelbe umgebenden Berge fehen, zumal ic) von der Höhe des 2. Stunden nordiwärts von Tous Ion gelegenen Berge Caume den Mont-Blanc deutlich zu - erkennen geglaubt habe. Wahr ift, daß gefagter Berg nad) meinen barometrifchen Beobachtungen menigfieng 400. Klafter über der Meeresfläche erhaben iſt. > Baar» ae er A U sa 79a aaa ak AR Al = Bon Herrn Doktor Hirzel, dem Füngern, in Zuͤrich. Mr 310 Briefe Zurich, den 2. Dftob. 1787. Th lege hier vor, einen Brief, von Herrn Anton Broß, der Scendomirer; Defonomie;Direftion Adjunft in Wiſ— fo, in Galizien, an die öfonomifche Commißion der Süricherfchen Naturforfchenden Geſellſchaft, welchem er folgende merkwürdige Befchreibung eines gang neuen Erd⸗ pech® belegte, und von ung praftifche Belehrung über den Gebrauch des in der Schweiz befindlichen Erdpechs verlangte. Die Commißion trug mir diefe Beantwors tung auf; ich füge auch dies Schreiben bey , nebft einem fleinen Beytrag aus einem Briefe an Hrn, Höpfnern, über einen zu Drbe gefundnen Afphalt, und werde in eis nem folgenden Bande diefes Magazins noch einen Aus; zug aus einer Differtation, (die ich erwarte,) welche die chemifche Zergliederung des Neuenburgiſchen Aſphalts ent hält, über diefen Gegenftand nachholen. Ich glaube, die Gefchichte diefeg neuen Bergpeche werde, ob gleich eg fein fchmeigerifches Naturale ift, feiner Neuheit und Wichz tigfeit wegen bem Lefer angenehm ſeyn, zumal fie meine beygefügten Berichte Über den fchmeigerifchen Afphalt «deranlaßte. is & j f über den Afphalt. 300 VERRLIEAT n kann e r een eT” DET LH UNLUOM DS VUN Sıhreibdben i an Die bkonomiſche Eommiffion der Naturforſchenden Gefellfchaft | in Zuͤrich. Zochzuverehrende Befellfhaft: SBochgeehrteite Herrn Herren! Th unterfegte der böhmifchen Geſellſchaft der Wiffens ſchaften eine Abhandlung uber dag im Karpatifchen Gebirg entdeckte Erdvech, welche ich gegenwärtig ſamt der Ant wort diefer Gefellfchaft in Abfchrift zur Einfiche anfchliege, Wie wenig aber ich bisher auf meine Bitte, und meine Fragen: Was fur einen Gebrauch) die Einwohner bey Allencon , bey zurich, und in dem Delphinat — mo eben dergleichen Ervpecdy gegraben wird — von ihrem. Erdpech machen? befricdiget worden bin, ift aug der Anıwort der fon erwahnten Gefellfchaft abzunehmen. Ich glaubte daher dag fichere zu wählen, wenn ich mich felbft unmittelbar an die zu verehrende oͤkonomiſche Gefelf; fchaft in Zurich verwendete, und dieſe um die gefällige Bez antwortung meiner Fragen gehorfamft erfuchte, Ich febe e8 zwar ein — ich begehre viel; allein Ums ftände , und die gute Sache felbft nöthigen mich, es zu wagen, und einer Gefellichaft , Die nur gemeinnußige, und menfchenfreundliche Abfichten haben kann, laͤſtig zu werden, Ich fchmeichle mir demnach, von Männern , die ihre thatige Bemühungen blos zum aemeinen Beften anmenden, mit einer gütigen Antwort beehrt zu werden, und bin mit tiefefter Verehrung ty Einer zu verehrenden oͤkonomiſchen Geſellſchaft Wifto, in Galizien, ganz gehorfamfter Diener den 4. Juny 1787. Anton Groß, der Sendomirer Defonomie: Direktion - Adiunft. 312 TDEIET em Abhandlung über das im SKarpatifchen Gebirge entdeckte Eee Noch als ich die Stelle eines Kreißſekretairs bey dem Staniſlawower Kreißamt dieſer Koͤnigreichen Gallizien und Lodomerien bekleidete, beſtieg ich im Sommer — wenn es mir ſonſt die Dienſtesgeſchaͤfte erlaubten — das Karpatiſche Gebirg: — zu ſuchen, was etwa zur Naturkunde beytragen koͤnnte, war immer meine Haupt⸗ abſicht. Meine muͤheſamen, und oͤfters gefaͤhrlichen Reiſen in dieſem wilden Gebirg wurden mir belohnt , daß ich zus fälliger Weife auf eine Grube fließ, die mir zwar nicht bergmännifch genug vorfam; mic) aber auf den Gedanken brachte , daß die Begierde zu finden, Menfchen verleitet haben müffe, eine fo mühfame Höhle zu graben. Ich urgb eben auch, und fand ein Erdpech (Bergpecherde , mApelites) — nur. diefen Namen weiß ich diefer brenn baren Materie zu geben — in reichlichen Schichten, Doch mehr im Blättgen. Dieſes Erdpech ift, fo lang es im über den Afphalt. 313 Schooß der Mutter Erde liegt, zart, weich, gefchmeidig, -und biegfam, ohne ale Elaftizität, wie ein gelbes Wache; e8 wird aber, wenn es an die Luft gebracht wird, hart, foröde, faferich, und fpringt — um die Sprödigfeit def felben noch mehr zu beſtimmen, mie ein Lack. So gar die Farbe diefes Erdpechs ift der Farbe des gelben Wachs ſes ähnlich , und unterfiheidet fid) nur in dem , daf das Erdpech mehr fihwarzbraun , als gelb ausfieht, Dieſes Erdpech geht alfo von dem befannten Erdpech, welches bey Allencon , bey Zuͤrich und in dem Delpbinat gefunden wird, ganz ab. Noch iſt es Diefem gleich, wovon Wolfersdorf fehrieb ; meder jenem , melches Valerius terram bituminofam nennet; weder Fann eg für einen lapis ampelites gehalten werden. Alle Raturfündis ger , infomeit fie mir befannt find, halten fich mehr mit dem Bergoͤl, als mit dem Erdpech auf, über wel ches fie meifteng , als ein unbedeutendes Minerale, gang furg gefaßt , mweggehen, ohne deſſen Nußbarfeit, Ge brauch, oder Verwendung zu befiimmen. Einige wollen fih de8 Erdpechs zum Zeichen bedienen: Andere laffen eg zerftoffen, und Damit Die Weinreben beftreuen, um dieſe vor dem fchädlichen Gewürm zu fihern: Wieder andere beffimmen diefe brennbare Materie ihrer Natur nach, blog zur Wagenfchmier. Ich dagegen glaube, daß der Erdpech eine mehrere Aufmerkſamkeit, fo wie eine andere Beſtimmung verdiene: Daß man zu folchen Zeiten, wo man überall Mangel an brennbaren Materien zur Beleuchz fung fpüret, alles benugen müffe, was den Mangel zu, ı eriegen fähig if. Sch machte alfo eine Kerze von dem gefagten Erdpech, fo mie ich es nur an Tag brachte, und noch biegfam war. Die Kerze brennete hell, ohne zu rinnen, fparfam, und immer fparfamer, jemehr dag Nech an der Luft verhartete, Ich merfte, daR es, wie das Wachs , den Augen weniger, als das Inſelt ſchaͤd⸗ 314 Briefee lich ſey. Ich hielt mich bey der Natur des gemeinen Pechs etwas auf, welches, wenn es brennt, in einen dicken, und fetten Dampf aufgeht. Bisher hatte ich noch keinen Rauch von meiner Kerze wahrgenommen, und ich entſchied uͤber den Werth des Erdpechs, naͤmlich: daß es eben ſo gut, wie eine Wachskerze, zur Beleuch— tung anzuwenden waͤre. Ich hielt ein weiſſes Popier uͤber das Licht, und das Papier blieb weiß, wie zuvor. Ich ſetzte einen weiſſen Taffet in einer angemeſſenen Ent⸗ fernung uͤber das Licht, in der Abſicht, es werde ſich ein Ruß anſetzen. Ich verbrannte 2. Kerzen, ohne den mindeſten Ruß aufzufangen. Ich brannte die ganze Nacht das Erdpech in einer engen Bauerſtube, und ich ſpuͤrte nur nichts auf meiner ſonſt ſchwaͤchlichen Bruſt; ſondern ich konnte auch nicht einmal einen Geruch von den aufs fliegenden Dünften , die fonft von einem brennenden ns felt, Wachs, oder Del auffteigen , bemerken. Daher ich auch glaubte, daß. diefes Erdpech nicht zu jenem Erdz pech gehöre, welches die Naturforfcher unter die Schwe⸗ fel zaͤhlen, und von welchem man ſagt, daß es in dem Feuer mit einem ſtarken Geruch brennt. Zwey Vorzuͤge, die allein uͤber den Werth des Erdpechs vor dem Inſelt, Oel, und Wachs entſcheiden koͤnnten. Ich gieng mit meinen Experimenten weiter. Ich nahm eine Wachskerze von eben dieſer Laͤnge und Gewicht, wie die Pechkerze, und ich merkte, daß die letztere um 16. Minuten laͤnger, als die Wachskerze brannte. Ich machte immer ſchwerere und ſtaͤrkere Kerzen, und ich fand, daß, gleichwie im Sallen der Körper feine Schmere nach der Höhe vermehrt, eben fo die Pechferze ihre Dauer immer um fo mehr vers längere , wie mehr von dem Pech dazu genommen wird, fo, daß eine zwenpfündige Pechkerze nun 9. Stunden 13, Minuten länger brennen müffe, als eine Wachgferze von eben diefem Gewicht. Mit, der Infelts Kerze wollte ich über den Aſphalt. 315 gar feinen Vergleich unternehmen, nachdem mir die phys ſikal ſche Urfache des langer anhaltenden Lichts — naͤm⸗ lich, weil Die Pechkerze aus haͤrtern, feftern, und hetero; genen Theilgen beftenet — ohnehin befannt war. Eine Sufelis Kerze müßte gemiß noch einmal fo geſchwind, alg die Erdpechkerze, erlorden. Ich nahm mit dem Erdpech auch eine Laͤuterung vor, und fand, daß es fprüder, ale zuvor , alasartig, und wie ein Colophonium durchfichtig ward ; jedoch befam e8 eine bellere, und. gelblihtere Farbe. Eine Kerze vom geläuferten Pech erlöfchte fruͤhzeitiger, als eine vom ungeläuterten. Nun war mir noc) die braune Farbe des Erdpechs anſtoͤßig. Sch tauchte eine fertige Pechkerze in ein weiſſes geſchmol— zenes Wachs, und ich mußte erfahren, daß die Pechferze dan Wach? nicht nur annahm , fondern auch nicht mehr von ſich ließ, und fo ward ih — obmohlen nicht auf eine meinem Wunfc ganz entfprechende Art — befriediger. Kurz, ih and, daß das Erdpech nicht nur in der Eigen; ſchatt dee Wuchfes zum Brennen gebraucht ; fondern auch den Werth des Inſelts überfteige, Wenn man noch über: dies erwaͤget, daß die ale Jahre in Pohlen graßirende Vehſeuche fo viele taufend Stück megraffet, und dem Dich ale Jahre fo weit ausgebreitete Fluren entzieht, und urbar macht , wodurch es fi) in beyden Fallen vermindert : Wenn man bedenfet , daß die Bienens zucht durch Die naffen Jahre hindurch vermindert wird: So darf eben der von Tag zu Tag fleigende Preiß des Ins felt und Wachfes fo fonderbar nicht ſcheinen; ungeachtet Polen dom immer das meifte Inſelt und Wache lieferte: Wenn mar endlid) annehmen will, daß das innere Kon— fimo an Beleuchtung durch die Pechkerzen zum Theil beftritten; der Meberfluß aber vom Inſelt und Wachs u 316 Briefe die benachbarte Provinzen ausgeführt, und den Fnläns dern ein Nahrungszweig mehr verfchafft werden koͤnne: So mird gewiß niemand dem Erdpech den fo feltnen Werth abfprechen. Künftiged Frühjahr , wenn es mir meine Vorgefehte erlauben , gedenfe ich noch mit diefem Pech einige Exs gerimente vorzunehmen. sErftens : Db das Erdped) nicht eben fo, wie das Wachs, mit Mifchung eines ans dern Körpers, ſich erweichen, und in diefer Eigenfchaft auch an der Luft aufbehalten ließ ? Zweitens: Ob «8 außgebreitet, und etwa nicht an der Sonne gebleicht wers den könnte? In feiner Härte, oder Weiche, dies wäre hier eines, wenn ed nur zu einer weiffen Farbe gebracht wird, Deittens: Ob es nicht fließbar gemacht, in Dies fer Eigenfchaft aufbewahret und gebrennt werden koͤnnte? Wäre ich fo glücklich, über diefe drey Unternehmungen, und zu was die sEinwohner bey Allencon, Zurich und in dem Delpbinat das Erdpech verwenden , und was fie fonft nod) fur einen Gebrauch davon ma; chen ? die Meinung einer zuverehrenden Gefellfchaft Narurfündiger Freunden bäldeft zu vernehmen : Go würde ich weder Zeit, noch Unfoften erfparen, ein Werk auszuführen, welches allein das allgemeine Befte zum Zwecke hat. ch werde mit dankbarem Herzen und ſtets mit tiefefter Verehrung feyn ꝛc. über den Afphalt. 317 Beantwortung des Briefs Herren Anton Groß der Sendemirer Defonomie : Direktion: Adjunke in Wiffo in Galizien, An die Defonomifhe Commißion, aus deren Auftrag verfertiget von Dr. Zirzel, Sohn. Jq erhalte von der öfonomifchen Commißion der hie, figen Naturforfchenden Gefelfchaft den angenehmen Auf trag, E. €. geehrtes Schreiben vom 4, Brachmonat des Jahrs zu beantworten. Die fehr gefihichte und augführs lihe Befchreibung der Entdeckung, Unterfuchung und Prüfung eines fo merfmurdigen Naturale, die Sie beyzu— legen die Gutigfeit hatten, mußte ihr fehr angenehm und wichtig feyn. Die Haupturfahe, warum Sie ung mit Ihrer Entdes Kung befannt machen, ift, weil Sie glauben, wir koͤnn ten Ihnen einige auf Erfahrung gegründete Beichrung in Detref der üfonomifchen Anwendung deffelbigen geben ; allein dieß find wir nicht im Stande, Freylich finden fidy einige ähnliche Naturalien in der Schweitz, welche aber nirgends im Groffen gewonnen , mwenigftens nicht gefucht und alfo auch nicht gebraucht werden, Go gedenft Bruner in feiner Anzeige der Schweizerſchen Mineralien S. 152. und 153. Des Berg; balſams, (Naphta, ) welcher in Bern, Glarus und Neuen; burg — Eines DBergöld, (Petroleum ) an den gleichen 318 Briefe Drten — Deß Bergtheerd ( Maltha ) im Canton Pußern und Appenzell — Des Bergpechs, (Afphaltum) bey Bern und im Neuenburgifchen fich finden , von welchen aber feine nähere Gefchichte befanne iſt. Unfer Canton finde fich dieſes Naturprodufts gänzlich beraubt, indem wir bie ber nur Steinfohlen und Torf entdeckt und benugt haben, Sch finde wohl in Krunig oͤkonomiſcher Encyflopädie ein und dreißigftem Theil S. 639. Die Anzeige, daß uns fer Nydelbad eine Duelle von Erdpech fey. Allein es ift im mindeften nichts daran; ich kann auc nicht be; greifen, wie man aus der angeführten Stelle in Scheucdh» serg Hydrographia ©, 311. ſolches bat abnemmen Fon nen, da von etwas ganz anderm die Rede iſt. Giefehen aus diefem , wie wenig ich im Stande bin, Sie zu br lehren. Mein verehrungswürdiger Freund Herr Profeſſor von Well in Wien befchreibe ihr Naturale in feiner mes thodiſchen Eintheilung mineralifcher Körper: Wien. 1786, ©. 254. in folgenden Worten. „ Unweit der moldaui— »fchen Hauptſtadt Jaſſy ſammelt man in der Erde eine „Art von weichem, nach und nach aber gelind erharz „ tendem Erdharze, welches jedoch bey gan; geringer > Warme wiederum fo weich wird, daß es fi zmifchen „ den Fingern wie Wachs bilden läßt; auch follen die „ Einwohner der oberwähnten Gegend recht gut bren— „ nende Kerzen daraus bereiten, und es dahero Erdwachg „nennen. Das Stüuckchen, welches mir von einem ung „ſehr fehaßbaren Freunde erhalten haben, ficht licht „ braun, fait wie Jalappenharz aus; bat faſt feinen Ge, »ſchmack, auch im brennen feinen fonderlichen Geruch, „ und fommt daher weder mit Raͤmpfers Mumia Perfica, „ (Muminahi ), weder mit Zaſſelquiſts Mumia Aegypti. „aca, noch mit andern ander Drts befchriebenen Erds „ harzen vollkommen überein. - Vielleicht fonnte man dies „ſes Erdwachs Bitumen Cerotum nennen. „ Warum viel El über den Aſphalt. a 319 leiht ? es — mir dieſe Benennung ungezweifelt richtig. Sie ſehen aus * bisherigen, daß Sie die Naturge— ſchichte mit einem neuen Gegenſtand bereichert haben, und Ihre Entdeckung verdient allgemein bekannt gemacht zu werden, Die von Ihnen mitgetheilte Befchreibung ift fo vortreflih und richtig, daß mir nichts als die Be; fhreibung des Gefteins, unter welchem und auf welchen dieſes Naturale liege, und eine chemifche Zergliederung deffelben zu wünfchen übrig bleibt; Ihre bisher gemachte Beobachtungen in Ruͤckſicht der Anwendung deffelben, und die verfihiedenen gemachten TERN find ſehr ge ſchickt und wichtig. Sie bemerken in Ihrer Abhandlung ganz richtig, daß Die Befchreiber der bisher entdeckten aͤhnlichen Erdpech, arten fo leicht über die Anwendungsart derfelben meg; flüpfen : Allein noch nirgend ward ein fo reines Erd; pech entdeckt, Feines hat die Weichheit und Gefihmeidig- feit des Ihrigen. Sie find alfo gar wohl zu entfchuldigen. Um ihnen nun alles mitzutheilen, was mir befannt iff, füge ich bier im Kurzen Die Befchreibung eines in der Schweiß gefundenen und benugten Erdpechs bey. Ich siehe fie aus einem Fleinen Werfgen aus, welches den Titel hat , Proprieres de P’Afphalte ou Ciment Naturel , de l’ufage de fon huile, fes vertus merveilleufes dans la Medecine & l’Agriculture &c, par, M. E, d’Eirinis, Docteur & Profefleur grec, à Neufchatel 1784, Ich muß geftehen (vielleicht entlocke ſchon ein Theil diefes Titels Ihnen die gleiche Bemerkung) daß diefe Defchreibung mehr den Ton des lobenden Kaufmanng ale des unpartheyifchen Naturforſchers hat. Sch bringe aber leicht den weſentlichen Innhalt des in 43. Oktav⸗ Seiten beftehenden Werkgens in wenige Linien, um Sie nicht zu fehr zu bemühen. Da in diefer Schrift die Ans * gr l ERRT 9 % = 0 Briefe 4 | gabe in Valmont de Bomare Didtionaire Raifonne Univer- ſel d’Hiftoire Naturelle beftritten wird, daß M. de la Sablo. niere der Entdecker dieſes Naturale fey, fo erfundigte ich mich bey einem meiner Freunde in Neufchatel rückfichts lic) auf die ehemalige Eriftenz dieſes Eirinj, und erhielt folgende Nachricht. » Seit dem ich Ihr geehrte Schreiben vom 4ten dieß „ erhalten, babe ich mir alle möglihe Mühe gegeben, „genaue Nachrichten uber die Perſon und die Unters „ nemmungen des Herrn von Erignj, dem Sie nadıfras „gen, einzuziehen; alein ich Fonnte nur weniges zufamz „ menbringen, da er bereits 55 — 60. Fahre lang todt ift, „und feine zwey Söhne unfere Gegend ſchon vor langer „ zeit verlaffen haben, und wahrfcheinlich aud) geftorz „ben find, „Hier Haben Sie alles, was ich erfahren Fonnte. „Bon sErignj oder vielmehr von Eirinj gab fich für „einen griechifchen Priefter aus, und er hatte das Anz „ fehen eines gelehrten Manag und kundigen Naturfors „fchers. Bald nad) dem er, (aus was Gründen, ift „ mir unbekannt) in dieſes Fand gefommen ift, ent „deckte er im Jahr 1712. in der Herifchaft Travers eine » fehr reiche Alphalts Mine. — 9 Er erhielt fehr leicht von dem Fürften die Erlaubs »niß diefe Mine gewinnen zu dörfen, und um die bie Zzu nöthige Gelder zu entheben, errichtete er eine Geſell— „schaft von verfchiedenen Unternehmern , von welcher ex „Vorſteher war. Man errichtete auf der Stelle felbft „Oefen, um das Afphaltöl auszuziehen, und Kütt zu 3 bereiten. Don sEirinz verficherte, daß dieſes die beſte Materie fey, um Schiffe zu verfütten. Es wurde s wirflich einer von der Gefellfchaft nach Paris geichickt, „um einen fihern und eintraglichern Vertrieb zu bewürz „fen. Allein nad) Verfluß von 20. Jahren gerieth diefe „ Unters über den Aſphalt. 321 „» Unternehmung völlig in Stecken, da die Waare (wahr⸗ „ſcheinlich weil die zu beträchtliche Entfernung von den „Meerports die Lieferung derfelben zu koſtbar machte) » feinen Abgang mehr fand. Uebrigens mußte der ers » folgte Tod des von sEirinj nothwendig die Thätigfeie „der Unternehmung fchwächen. Seither begnügte man » fi, den Afphalt roh gu gewinnen und zu verfaufen, > welches aber nicht viel eintraͤgt. Unſre Maurer ges 2 brauchen ihn zu Steinfurt, für Brunnen, Wafferleis "2 fungen u. d. 9. » Vor einigen Jahren fiengen neue Unternehmer an, „» diefe Mine in Hofnung mit dem Afphalt eine Lage » Steinfohlen zu finden, von neuem zu bearbeiten, ich » babe aber nichts von glücklihem Erfolg erfahren 3, fünnen ; ich glaube, daß fie zu einer folchen Unternehs „» mung nicht reich genug geweſen find, ich habe vers „ nommen , daß Herr Doftor Düble von bier eine » Snaugural ; Differtation über diefen Aſphalt gefchtieben „habe, welche die chemifche Zergliederung deffelben ents » halt, er verfprach mir für Sie eine ſolche zu übers geben. ® üi Profefior Meuron. Neufſchatel den 18. Augſtm. 1787. Sin Valmont de Bomare Di&ionaire S. 452, und der Ency- clopedie unter dem Titel Afphalte finden Sie ein mehres res über diefen Gegenftand. Ich fuͤge alfo hier nur einen Auszug des oberwähnten Werkgens bey. Diefes europäifche, ſchweizerſche Erdpcch oder Aſphalt Cfagt der Derfaffer ,) wurde anfangs diefes Jahrhun⸗ derts im Jahr 1710, durch Eirinj im Fürftenthum Neuen⸗ burg entdecft. Valmont de Bomare behauptet in feinem Magaz.f. d. Naturk. Helvetiens. I. 3. * 922 Briefe Dictionaire d’Hiftoire Naturelle falfchlich , daß de la Sa bloniere der erfte Entdecker diefes Nafurale gemefen fey. Es ift unfireitig gewiß, daß es vor Eirinj ganz unbe fannt gemefen ift ; diefer machte es befannt , und feither wird dieſes Bergwerk immer bearbeitet. Obgleich unfer Afphalt des Judenpechs Eigenfchaften befigt, fo ift er doch im aͤuſſern fehr verfchieden. Man finder ihm nicht fluͤßig ‚ fonder als feſtes hartes Geſtein, welches in der Feſtigkeit den Steinfohlen gleich ift , aber eine ganz andre Farbe und Geruch hat. Seine Farbe ift grünlichhraun, Durch) die Deftillation giebt e8 ein braunes, dichtes Del, welches dem ſchwarzen Steinöhl oder Bergtheer fehr nahe koͤmmt. Man gebraucht unſern Aſphalt ſo wie das gewohnte Judenpech bey Menſchen und Vieh, aͤuſſerlich und inner— lich; als Kuͤtt bey verſchiedenen Kunſtwerken, und zu Vertreibung ſchaͤdlicher Thiere. Der allgemeine Ruf dieſes Aſphalts, und die gluͤckli⸗ chen Proben, welche ſowohl mit dem Aſphalt ſelbſt, als mit dem aus demſelbigen zubereiteten Oele gemacht wors den find, waren die Urfachen der Ausgabe Diefer Bes fhreibung, und um mehr gemein + alg eigennügig zu feyn, fügt der Berfaffer die Art der Zubereitung diefes Oels bey, weil der Anfauf deffelben die Koften der Zubereis tung meit überffeigt. ‚Man muß nemlich gleich viel Afphalt und Naphte fehr genau unter einander mifchen, oder reiben, hernach in eine eiferne oder befchlagene gläferne Netorte gieſſen, und dann in einen hinlänglich groffen Rezipienten übertreiben. Das übergebliebene wird zum Kuͤtt verwendet, welches viel fefter, aber nicht fo dauerhaft ald dag aus dem Af phalt felbft zubereitete ift. Innerlich wird. dieſes Del angerathen , einige Tropfen in Wein oder Brühe, als Borbauungsmittel in ewidemi w \ über den Aſphalt. 323 fhen Faulfiebern zu nemmen , ferner gegen die Brufk fchmerzen und Lungengeſchwuͤre. (Hieruͤber belehrt Leuth— ner in feinen neuen praftifchen Verfuchen über die beſon— dern Heilfräfte des Bergpechols in Lungengeſchwuͤren. Augſpurg. 1777.) Ferner gegen die Geſchwuͤre in den Nies ren und Harnblafen, die Würmer zu töden und afzufreis ben; bey welchem Fall man e8 auch aufferlich anwen⸗ det, und in der Gegend des Nabeis einfchmiertz bey erfolgten Lähmungen und Gliederſchmerzen nach übel behanz delter Ruhr, in welchem Falle man e8 innerlich von 20 zu6o, Tropfen auf einmal gicht. Bauren im Oberland des Cantons Bern fleigen bis auf einen Löffel vol, mit gu— fer Wirfung. 12, bis ı5. Tropfen in Münzenthee wird zu Beförderung des Monatlichen empfohlen. Der Äufferliche Gebrauch des Aſphalts ift noch weit ausgedehnter. Zerftoffen ift er ein angenehmes Nauchz werf, befonders nüßlich in Kontagionen oder Peſten, ‚Kleider, Käufer, Strafen, aud Briefe und Waaren aus verdächkigen Gegenden u. f. w. zu durchraucern. Leute, welche mit der Wert behaftere Menfchen befors gen müffen , fönnen dad Oel unter Die Nafe einfchmieren. In vheumatifihen und gichtifchen Krankheiten wird dies fer Rauch fehr empfohlen, wann man die Kranken darüs ber fegt, oder auch nur mit Tüchern reibt, welche über diefem Rauch gewärmet worden find, morauf dann ein beilfamer Schweiß erfolget; oder man fiede den Afphalt im Waffer, und baade in dieſem die franfen geſchwaͤch— ten oder lahmen Theile, fd erfolge ebenfalls ein beilfas mer Schweiß. In Wunden, Gefhmüren uns Hautkrankheiten, lei— fiet er in Pflaſtern und Salben ıc. gute Dienfte — Man nemme z Tb gefihmolzenes gelbes Wachs, 3 Ib Ab phaltöl, und vermifihe mit diefem fo. viel gepülverten Aſphalts, als zur nöthigen Conſiſtenz erfordert wird. 324 Briefe Drey bis vier des Oels unter Eau de Vie ge⸗ mengt und damit den Mund ausgefpühlt, befreyet von den Zahnfchmergen: Auf Baummolle gegoffen von Oh⸗ venfchmergen. So wird dieſes Oel auch zu — be Biffen von wii, ‚tenden Hunden und andrer giftigen Biffen und GStichen empfohlen. (Diefe Probe zu machen, fande ich gefahr- li), indem man fich. bisher beffer daben befunden hat, foldye Wunden im Fluß zu unterhalten, als fehnell zu heilen , welches die Würfung dieſes Dels if.) Und ends lich bey Schußwunden, Berbrennungen oder DBerfrieren der Glieder und zu Vertreibung der Hüneraugen, ‚Sie fehben, daß die Empfehlung dieſer Mittel fehr empyrifch klingt. Doch werden diefe Proben durch verfchiedene Akte; ſtate von mediziniſchen Fakultaͤten, welche woͤrtlich beyge; fuͤgt ſind, beſtaͤttiget. So ſehr der Gebrauch dieſes Aſphalts und ſeines Oels als Univerſalmittel fuͤr die Menſchen empfohlen wird; ſo univerſal ſoll es auch gegen die Krankheiten des Viehes, von welcher Act es ſeye, als Rauchwerk innerlich und auf ferlich gebraucht; unter Speifen und Getränfe vermifiht, dienen. Ich müßte dag Verzeichniß aller Krankheiten der Hausthiere herfegen, wenn ich meinem Driginal fol gen wollte, allein ich finde es überfiüßig, da es gegen alle aufferlihe und innerliche Krankheiten nur in gröffes rer Menge als bey Menfihen zu geben gerühmt wird, Nun folget die Anwendung diefes Afphalts zu Verfers tigung des Küttd. Um guten und dauerhaften Steinfurt zu machen, fhmelje man 3. Er. 1. Pf. ſchwarzen Pechs, mifche dann 9. Pf. gepülverten Afphalts nach und nach ob dem gleichen Feuer bey, und ruͤhre es mit einem hoͤl— zernen Spatel immer um, bis er ſich volfommen gemifcht bat, und gieße dieſe Mifchung flüßig und warm auf Die Verbindungen der Steine, aus welchen Schaalen zu - über den Aſphalt. 325 Springbrünnen und Brunnenbecken zufammengefeßt wor⸗ den; — auch zerbrochne oder gefpaltne Steine ; — nur troͤckne und erwärme man vorher die Steine mohl. Statt des Pechs Fann man auch den Theer gebraus chen ; dieſer macht den Kütt zaͤher, da jener hinge⸗ gen ihn. harter und gegen die Wirfung der Sonne dauers bafter macht. Im Jahr 1743. find mit ſolchem Kuͤtt die Brunnenbecken im Garten zu DVerfaille wieder fo gut außs gebeffert worden, daß fie Bis auf diefen Tag noch brauche bar find. Aehnliche, glückliche Broben find in Burgund, im Neuenburgifchen, und verfchiedenen Drten der Schweig gemacht worden, welche ebenfalls durch Atteſtate ver; ſichert find. Auch dient das Aſphaltoͤl als Wagenfchmiere, und bey allem Räderwerf, Da diefer Afphalt ein fefter , nicht poröfer, brennbas rer , mineralifcher Körper iſt, viel zaͤher und Flebrichter, als Pech, fo widerftehet er dem Einfluß der Luft, der Kälte, dem Eindringen des Waffers, und ift alfo auch fehr gefchickt zu Verbindung und Verpechung anderer Korz per. So fichere er das Holz gegen Faulung, Würmer , und die Nachtheile des Alters ; fo daß, wann er dem Waſſer, der Luft, dem Gefrieren und andern widrigen Einflüffen der Wirterung ausgeſetzt ift, er nicht nur feiz nen Schaden leidet, fondern noch immer unverderblicher wird, Sein Gebrauch) ift desnahen bey Brunnen, Brüf fen, Schiffen, und andern Waffergebäuden fehr erſprieß— lich. Nur muß zu Verfüttung des Holzes mehr gemohnz ten Pechs, - welches dem Kuͤtt Flüßigfeit giebt, beyges mifcht werden, Auch muß man bey jeder Verwendung dieſes Kuͤtts genau dafür forgen, daß die zu verfütten, de Gegenflände wohl gereiniget und getrocknet. feyen. Hat man den Kütt aufgegoſſen, fo muß man ihn mit ei: nem warmen Eifen glätten und glänzen, 326 Briefe Um einen fehr dauerhaften Theer für Lederarbeiten, als lederne Waſſereimer, oder Schlaͤuche zu Feuerſpitzen, oder Weinflaſchen zu erhalten, ſchmelze man z. B. 3. Pf. Harz in einer füpfernen Pfanne bey gelindem Feuer , mis ſche dann 1. Pf. gepülverten Afphalts unter fortdauren, dem Umruͤhren nach und nach bey, und nach gefchehes ner genauer Mifhung ein halbes Pf. Afphaltöl, und feße ob anhaltenden gelindem Feuer das Umrühren fort, big fich alle wohl gemifcht hat. Zur Probe, ob diefe Mis (hung die gehörige Feftigfeit habe , gieße man einen Löffelooll aus der Pfanne in Faltes Waffer , und ziehe ihn fogleich wieder heraus; laßt fi) die Mifchung leicht mit dem Fingern behandeln, und ift nicht fpröde oder leichtbrüchig, fo ift fie recht; märe fie zu brüchig, fo mifche man ob dem Feuer, und wiederholtem Umrühren noc) cin wenig Del bey. Die zu betheerende Gegenftände müffen fogleich bey der Hand, ebenfalls gut gereiniget und getrocknet feyn; dann gieße man diefe Mifchung warm darein, und dres be dag betheerte Gefäß um, damit fich diefer Theer rings; um gleich anlege; auf gleiche Weife kann man auch zin; nerne oder irdene Gefchirre mit oder. on Glaſur uͤber⸗ ziehen. Sollten ſich dieſe verſchiedene Kuͤtte mit der Zeit los—⸗ machen oder abſpringen, fo darf man den alten Kuͤtt nur wieder umfchmelzen und anwenden , er wird defto dauers hafter. Sollte der Kütt bey der Anwendung hie und da auffochen, Blafen werfen , oder nicht überall wohl def fen, fo darf man nur diefe Stellen mit kaltem Unfchlitt befchmieren, und während dem der Kuͤtt noch warm if, mit einem warmen eifernen Stäbchen einigemal darüber hinfahren „ fo werden fich die Unebenheiten verlieren, und der Guß fpiegelglatt werben. über den Aſphalt. 327 Endlich wird noch der Nutzen diefes Aſphalts und fei nes Dels zu Vertreibung und Todung ſchaͤdlicher Inſekten empfohlen, man nimmt z. Er. eine Unze des Dels, und mifcht fie mit zerſchmolznem Jungfernwachs, fo erhalt die Mifchung die Konfiftenz eines Pflafters; dieſes fireiche man auf feinwand, und lege ein folches Pflafter ringsum den unterften Theil deg Stammes eines Baums, welchen Ameifen oder andere Inſekten Schaden zufügen, an, oder begieße ihn ringsum mit dem Dele feldft. liegende Thiere entfernt man ebenfalls , wenn man die Pflanzen mit Waffer, welchem von diefem Del bey» gemifcht ift, begießt. Um anzulegende Pflanzfchulen zu ſichern, Tege man den Saanıen, ehe man ihn fäet, 2. Stunden lang in folche8 Del. Eine ähnliche Einweichung der Gefame von allerley Gartengewaͤchſen, befonders aller Arten von Rüben, wel; che aber 24. Stunden lang dauern folle,, fichert dies fe Pflanzen gegen Thiere und Fäulung , fo daß fie her nach ſelbſt außert der Erde nicht fo bald faulen. So vertreibt man aud) die Wangen aus den Betten, wenn man die Hettftätte mit warmem Waffer, dem man folche8 Del beymifcht „ waſcht. — So viel nach Anleitung dieſes Werkgens. Noch habe ich das Vergnuͤgen, Ihnen zwar nur ſehr weniges uͤber ein aͤhnliches Naturale, welches bey Orbe im Bernergebiet gewonnen wird, Auszugsweiſe aus ei nem Briefe an Herrn Doktor Zoͤpfner in Bern, und in Ueberſetzung einer Anzeige, welche beygebogen war, mit— zutheilen, um Ihnen zu entdecken, was mir bekannt iſt; ſollte ich ſpaͤter noch mehreres aufbringen, fo werde ich es mir zur Pflicht machen, es Ihnen nachzuſchicken. 328 Briefe »Da mein Bruder Doftor Eranf ift ſo traͤgt er mir „die Ehre auf, Ihr Schreiben vom zoten dieß zu beant; „worten. Sch bin es felbft, der bereitd vor so, Jahren „das Steinöl von Orbe entdeckt hat. Diefes Del ent „fpringt aus einem Geſtein, oder quillt zum Theil aus „Spalten eines unter demfelbigen liegenden Felfen , in „welchem ich in der Tiefe von Io, Cchuh diefes Del in. „ziemlich dichter Konfiftenz , ja felbft einige Stücke Stein, „ Fohlen fand; meld letzteres mich glauben macht, daß „dieſe Schichte noch tiefer dringe ; allein, da das Ge— „innen derfelbigen viele Koften verurfachen würde , fo „begnügte ich mich mit dem pechreichften Geſtein, um „aus demfelbigen durch Beymifchung mit Harz einen Kurt »zu verfertigen , welcher fehr wohl ausgefallen ift, und „bon deffen Anwendung Ihnen beygebogenes, gedrucftes » Blatt Nachricht geben wid, u. ff» Hrn. Ludwig Denel, an Orbe, den 26. Weinm, 1787. \ / Hrn, Doft. Zoͤpfner. Gedrudte Anzeige aus dem Franzoͤft chen uͤberſetzt. Die Herrn Cudwig Denel , und Ferdinand Turtaz, von Orbe, in der Schweiz, berichten das Publikum, daß, da ſie eine Aſphaltmine entdeckt haben, ſie dreyer⸗ ey Arten von Kuͤtt bearbeiten, welche der Luft, dem Waſſer, und der Kälte widerſtehen, und mit welchem man alle Holgarheiten verkütten, und gegen Faulung , Würmer u. a. m, verfichern fann. _ Sie dienen eben fo gut zum DVerfütten der Steine und andrer Materien, welche man zu Brücen , Brünnen, Schiffen und andern der Feuchte und Näffe ausgefegten Sachen gebraucht; zu Gebäuden, welche der Luft ausge⸗ über den Aſphalt. 329 fetst find , naffen Weinkellern, Brunnenbetten, Kanälen‘, und zu genauer Vereinigung der Steinen, wodurd dag Zufammenflieffen der Kloafen mit kiefgegrabnen Brünnen verhindert werden kann; fo wie auch gu Sicherftellung der Faffer , gegen dag a a der Daugen und Bos den, uf. f. Nachricht von der Anwendung Diefes Kuͤtts. Man ſchmelze in einem kuͤpfernen oder eiſernen Gefaͤſſe ein wenig Harz oder ſchwarzes Pech, und vermiſche mit ſelbigem den Kuͤtt; ſo bald dieſes zerſchmolzen iſt, ſo tauche man die beyden zu vereinigende Körper, nach, dem fie vorher mohl abgetröcnet und ein wenig er; waͤrmt worden find , damit fich der Kütt deſto beffer anlege, darein. So oft man den Kütt wieder umgieh fen will, mifhe man wieder ein wenig Harz oder Pech bey. Die Preiſe diefer Kuͤtte find, der Zentner in Orbe ans gefauft, das Pfund zu 32. Loth gerechnef, zu 15, 18, und 22, Schweizerifche Pfund (Livres). _ So weit auch diefe Nachricht. Dies ift nun alles, was ich Ihnen über diefen Gegen⸗ ftand fagen kann. Sch empfinde wohl, daß es Ihnen nicht befriedigend genug ſeyn wird: Sie fehen indeß meis nen guten Willen, Darf ich dann noch einen Wunfch bey» fügen , daß Sie unfere Gefellfchaft mit dem fernern Bes richt Ihrer Bemühungen über diefen Gegenftand beeh— ven , und gelegentlich ein Stück Ihres Afphalts und eis ner daraus zu bereiteten Kerge für unfere Sammlung überfchicfen moͤgten. 330 Briefe über den Aſphalt. Ich ſchließe mit Wiederholung des Danks unferer Ges fenfchaft für Ihr guͤtiges Zutrauen und Mittheilung Ih— rer richtigen Beobachtung; e8 wird ihr angenehm ſeyn, Gelegenheiten zu finden, Ihnen gefällig zu feyn. Bon mir genehmigen Sie die Verficherung- meiner vollfommens ſten Hochachtung, mit welcher ich bin | E. E. Ergebenſter Zurich / den 3. Novenib. 1787. Doktor Hirzel. — NRerenſionen. E 332 Necenfionen. G. 8 Ch Storr AVB Bee vom Jahre 178L Erſter Theil. Leipzig. Muͤlleriſche Buchhandl. 1734. Vorrede 4. Seiten, Vorbereitung. XCIV. Seiten. Reiſe 218. S. F 3. Kupfertafeln. klein 40. Es war ganz unſere Abſicht von dieſem nuͤtzlichen Werke unſers ſchaͤtzbarſten Freundes und Mitarbeiters gleich im erſten Bande eine Beurtheilung einzurücken, wenn die verzoͤgerte Herausgabe des zweyten Bandes dieſer Alpenreiſe uns nicht bewogen haͤtte, auch zu zoͤgern und zu erwarten, ob der Verfaſſer nicht etwa in ſeinem zwey⸗ ten Bande gewiſſe gewagte und oft unrichtige Meinun— gen und Urtheile zuruͤcknehmen werde, ſobald mehrere Bekanntſchaft mit den Gebirgen und ſeinen Einwohnern ihn eines beſſern belehret haͤtten. ⸗ Und dieſe unſere Erwartung iſt an vielen Orten nicht betrogen worden, wie wir ferner ſehen werden, — in eini⸗ gen Punkten aber freylich. Dieſe Reiſebeſchreibung thut dem Verfaſſer und der Verlagshandlung gewiß Ehre an; indem man Gemein⸗ nüßigfeit, einen richtigen Blick und Bemühung , fich und andere zu belehren, dem DVerfaffer, und der Verlagshands fung die fo ruhmliche Gorge durch ſchoͤnen Druck, ſchoͤ⸗ nes Papier und eine ſehr nuͤtzliche Eintheilung — daß die Reiſenden nach Gefallen das Buch ſich zum Behuf ihrer Abſicht einrichten koͤnnen wie ſie wollen — nicht abſprechen kann. Dec. hat dieſen Vortheil auch gleich HKecenfionen. 333 benutzt ih nun fol diefe Reife. noch lange fein Hand; buch auf feinen Keifen durch unfer Helvetien feyn, mo» zu der Verfaſſer in feiner Vorrede durch folgende Aeuſſe⸗ rung vorzüglich Bedacht genommen hat. 3 Wenn ich meinen Zweck nicht verfehlt habe, fo »Wwird aus der Einrichtung Diefer Neifebefchreibung „ihre Beftimmung von felbft erſichtlich feyn, kuͤnftigen Alpenreiſen vorzuarbeiten, und die mühfame Zub& „reitung zu einer fruchtbaren Beobachtungsreife dahin „ einigermaflen zu erleichtern, | Diefeh Zweck hat er unfers Beduͤnkens, fo weit als feine Reife geht, vollkommen erreicht, wir koͤnnen ihm auch nicht genug für diefes angenehme litterarifhe Ge⸗ ſchenk danken. Wir müffen ihn aber zu gleich bitten, unfere gänzlich unpartheyifche Benrtheilung von einer eben fo billigen Seite anzufehen als unfern Beyfall. Da mir ung bloß aus der einzigen Abficht „nähere Kenntnig von unferm Daterlande zu verbreiten und ſchaͤdlichen Serthümern entgegenzuarbeiten „ — dag unan⸗ genehme Joch zu recenfiren aufgeladen haben, fo wer den mir Eeinen fchiflihen Anlaß vorbeygehen laffen, un Diefen Zweck zu erfüllen, Gewiſſe Fehler und Jer— thuͤmmer find von defio gefährlichern Folgen begleitet; je mehr fonft der Derfaffer im ganzen Beyfall erhaͤlt und verdient. Indem man ſich auf die Autoritaͤt eines Schriftſtellers beruft, dem von gleichzeitigen Schrifts fiellern nicht iſt moiderfprochen morden , glaube Die Nachwelt berechtiget zu feyn, jede geäufferte Meynung als zuverläfige Erfabrung anführen und darauf Grund: fäse bauen zu fünnen, die zuletzt eine Kette von Irr⸗ thuͤmern werden, und den Studierenden in die unana genehmfte Labyrinthe von Widerfprüchen und Macht ſpruͤchen verfegen. Reiſende verfallen gemöhnlich in zweyerley Arten von r 334 Recenſionen. Fehlern: im Fehler, die von unrichtigen, unbeſtimm⸗ ten, oder vorgefaßten und faſt unbezwingbaren Lieblings— meynungen herruͤhren, und in Fehler, die in der Lokalitaͤt oder in dem Gegenſtand der Reiſe ſelbſt ihre Urſache finden. Letztere ſind deſto verzeihlicher, und koͤnnen dem Reiſenden eigentlich gar nicht angerechnet werden, da es gaͤntzlich unmoͤglich iſt, denſelben auszuweichen und ſie zu vermeiden. Erſtere aber find ſchon ſchaͤdlicher; entweber verbrei⸗ ten fie ein falſches Licht über das Werk, und ſchaden dem Derfaffer und feiner Arbeit von einer Eeite, von welcher er e8 fi) am menigften verfehen hätte; oder fie geben eine Duelle von Irrthuͤmmern ab, die oft den Nugen des Werks Abermwiegen und dadurch nicht allein der befte Endzweck ‚vereitelt wird, fondern mar auch oft fih in die unangenehmfte Lage vermwickelt, Folgerunz gen aus feinen Sagen gezogen zu fehen, die mit unferer Meynung gänzlich miderfprechend find , und die mir gar nicht gefagt haben wollen. In diefe beyde Fehler ift der Verfaffer nun leyder auch gefallen; und da wir dieſe feine Arbeit jedem Alpenbereis fenden Naturforfcher als. ein klaßiſches, nothwendiges Handbuch empfehlen und noch immer empfehlen werden; fo ift es deſto mehr unfere Pflicht, bey unferer Beur⸗ theilung fo genau und fo unpartheyifch zu Werk zu ges hen als möglich ſeyn wird. Der Berfaffer befchreibt hier im feinem erften Theile die Reiſe über die ſchwaͤbiſche Alpen, Schafbaufen, Bern, und einen Theil diefes Kantons bis in Kauters Drunnen. Die Vorbereitung , welche 94 Seiten und faſt die Hälfte dieſes erften Theil ausmacht , ift im ganzen fehr gut ausgefallen, mufterhaft, und künftigen Neifebefchreibern ſowohl zur Durchlefe ale zur Nachahmung nicht genug Kecenfionen. 398 ju empfehlen. In bdiefer Vorbereitung geht nun der Verfaſſer im allgemeinen und gedrängt dag ganze Alpen— gebirge durch, befihreibt deffen phnfikalifhe Lage und Befchaffenheit, Bau und Stoff der Gebirgen, ihr Strei— chen und Verflächen, die Produfte, Phanomene und und Bewohner derfelben , nebft der ihr eigenen Lebens art — S. IL beflagt der Verfaffer fich uber den Mangel an einem ins groſſe gezeichneien Grundriffe der Alpen; bier flimmen wir volfommen mit ihm überein, und eg ift nod) wenig Hofnung da, daß biefem Mangel fo ges ſchwind wird abgehelfen werden fünnen, Denn erfilich find von der ganzen Helvetifchen Gebirggferte faum vier Zünftheil befannt oder unterfucht, und wenn's auch wäre, wer darf es wagen, dem Bolfe in vielen Gebirgs— gegenden den Wahn zu benehmen, man fönne feine Plane aufnehmen ohne ein Spion zu feyn usd ohne Die Abfiche zu haben dem Feinde das Fand zu verrathen ? Eine allgenseine Bolfesmeinung in vielen Diftriften ! Was man daher thun kann, ift blog hier und da ſtuͤck— toeife daran zu arbeiten, Fleine Diftrifte aufzunehmen , ſolche defto genauer auszuführen und das übrige der Zeit zu überlaffen. Indeſſen hat ung Herr General Lieute⸗ nant von Pfyfer in Lucern mit feinem fo merfwärdigen und von allen Reiſenden fo angeftaunten Bagrelief — und Herr Mallet mit feiner prachtigen Karte von der franzoͤſiſchen Schweiß und einem Theile des Juraſſus rühmlichft vorgegangen. Die Hrn, Pictet, Mallet, und Zrembley in Genf arbeiten an einer richtigen Karte des Genfer sSer8, und Hr. Berghauptmann Wild in Bex an einer Karte im Gouvernement Aelen; ferner haben fich einige Mitarbeiter diefed Magazins rühmlichft enk fchloffen,, ihre gefammelte Erfahrungen und Kenntniſſe son den Gebirgen auch auf diefe Art anzuwenden nnd 336 Recenſionen. eine Gebirgsgegend nach der andern — die ſie oft genug bewandert haben — aufzunehmen, zu beſchreiben und einzuruͤcken. — Moͤchten doch in den andern Kantonen auch Männer aufgeweckt werden, zum Beſten der Mit: bürger auf eine ähnliche Art ihre Fähigkeiten zu ent wickeln! | &. II. Umriß der Alpen. Iſt in fo weit gut, hatte aber aus Wytenbachs Artikel Alpen ©. 16. in der hiſtoriſch⸗ Geographiſchen, phyfifalifchen Beſchreibung des Schmeis tzerlandes ıc. Tom, I. Bern 1782. viel Berichtigungen, Ver⸗ mehrungen und Beflimmtheit erhalten fönnen; und da Dies fer Gegenftand einft hier ausführlicher behandelt werden fol, fo werden wir ung meiterer Erörterungen enthals ten. Montblanc in Weiffen. Berg umsufchreiben ift zu gefucht. Dean fol Eocals Benennungen von Bergen, Ge genden und Dertern immer bepbehalten und folche immer fo anführen, mie fie in ihrem Lande eingeführt find ; fonft giebt folches Gelegenheit zu vielen feltfamen Ir— rungen. Was würde man von einem Franzoſen fagen , der ung mit Corne d’orage, Pic de Terreur, anftatt Wet—⸗ terhorn, Schreckhorn u. f. w. aufwartete; und menu a anftatt Dent de midi — Mittagszahn — gebrauch Montblanc und Pic von Tenerife find an allen Dr: * aufgenommen und kenntlich. ©. V. Stoff der Alpen. Sein Kern iſt eine Blase wate. Hier erlaube ung der DBerfaffer unfere offenher; zige , zum Beften der Mineralogie abzweckende Meinung darzuthun, die ihm vielleiche mißfallen wird, die aber fehe nothmwendig und ein Wort zu feiner Zeit iſt. Eine richtige, einfache, fowohlauf die Natur des Ges eins oder Minerals als auf Grundfäge einer gefunden Logik ich grundende Terminologie einzuführen und feftzufegen, iſt ein eben fo nothmendiges als ruͤhmliches Unternehmen; und 4 x Reeenſtonen. 337 und es ſollte jtzt in unſern Zeiten, da jaͤhrlich in der Naturkunde ſo viele Entdeckungen gemacht werden, eine der erſten Pflichten der Naturforſcher ſeyn, dieſem Beduͤrfniß abzuhelfen. ‚Aber alle oder die meiſten gebraͤuchlichſten, guten, stwecfmäßigen Benennungen auszumuftern, und neue fchlimmere, unbeftimmte, willfürlihe an ihre Stelle zu - fihieben, ift unverantwortlich und dem ganzen Studio hinderlich und ſchaͤdlich. Verwirrung, Unbeſtimmtheit und Streit ohne Zwek find die Folgen, und zulgt weiß Man nicht, woran man if. Der gelehrte Verfaſſer hätte aug der Aufnahme und Beurtheilung feines erſtern Werks (sentwurf einer Folge von Unterhaltungen zur Ein⸗ deitung in die Yraturgeichichte. Frankft und Leipzig 1777.) ſchon abnehmen fünnen, wie wenig man geneigt war, feiner Meinung beyzupflichten; warum denn diefe fonft fo gut verfaßte Meifebefchreibung mit diefer Aufe mwärmung zu verunftalten, weniger gemeinnüßig und eben da, wo man am meiften Aufflärung ermwarfete, uns verfiändlich zu machen ? Dder follte die Vermuthung wahr ſeyn, wie fihon einige Naturforfcher behauptet haben, die Wiederholung von dieſer Terminologie wäre -blog der Abficht, obigem Entwurfe mehrern Abgang zu verichaffen , zuzuſchreiben ? Wir zweifeln daran , zur Ehre des Verfaſſers; und mir find blos der Meynung, daß eine gewiffe Vorliebe für feine neue Merhode ihr auch mit der beften Abficht irre geführt habe, Möchte es ung doch gelingen , ihn fo weit zu übermweifen, daß feine fünftigen Arbeiten von fo allgemein erfannten Feh— lern frey merden, und feine Arbeiten deſto mehr ihren Zweck, Gemeinnügigteit und Belehrung erhalten. Unter Blaswate verſteht der DVerfaffer den Granit, wie wir aus der Verbindung der nähern Umftanden, und einer Art von Definition in der Note entwikeln Magaz. fd. Naturk. Yelvetiens. .B 9 —— 338 Recenſionen. koͤnnen. Granit iſt ſo von allen Voͤlkern, die mit der Mineralogie ſich bekannt gemacht hatten, Lateinern, Deutſchen, Franzoſen, Italiaͤnern u. ſ. w. fo allgemein fuͤr das angenommen, was er iſt, koͤmmt vermittelſt ſei⸗ ner Benennung, die von dem granulatum der Lateiner, und Granito oder Granitello der Italiaͤner ihren Urs fprung hat, fo mit der Natur feiner Zufammenfeßung überein, daß wir gar nicht begreifen koͤnnen, wie man dieſe urvaͤterliche Benennung hat verachten, und eine neue an ihren Platz ſtellen koͤnnen, die — auch voraus geſetzt aber nicht zugegeben, daß die ältere uns zweckmaͤßig gewefen wäre — nicht allein nicht beffer und richtiger ift, fondern bey nur etwas wenig bemwanderten Mineralogen Anlaß. zu den fchlimmften Verwechslungen und Unordnungen geben fann. Eine jegliche Denomina- tio characteristica in der Naturgefihichte foll zweyer⸗ ley Begrif anzeigen, der eine das Genug, der andere die Specied. Aus der Verbindung diefer zweyerley Art von Begriffen entfteht die Charafteriftifche Benennung ( No- men characterifticum) eines Naturprodufte, Sp wäre alfo Wake beym Berfaffer dag Genus und Blas Die Species, und auf. Latein Breccia vitrea. — Dem DBerfaffer wird doch nicht unbekannt feyn, welche Begriffe man allgemein mit dem Wort Wafe verbindet — und daher ift es vorerft fehr verwerflich, einem Geftein ohne Noth feine Benennung zu rauben, und einem an; dern anzuhängen , Dem man Die feinige. wieder Kit. men bat. Granitartige Felsarten und Waken find zwar zuſam⸗ mengeſetzte Gebirgsarten, aber ſowohl in Ruͤckſicht ihrer urfprünglichen Entſtehung als ihrer Zuſammenſetzung vers ſchieden; wenn erſtere bloß durch Kriſtalliſation ohne Bindungsmittel aus mehrern Geſteinen zuſammengeſetzte Kecenfionen 339 Körper find, fo find Wafen hingegen blos Geſchiebe von allerhand Fels und Gangarten , ohne Wahl und Drd nung durch ein zufalliges Bindungsmittel zu einer Fels⸗ art zuſammengekittet. Granitarten find Felsarten, die, fo viel ung befannt ift, den älteften tiefften und legten Stoff unferer Erdfugel ausmachen , Wafen aber Folgen von neuern Revolutionen. Gründe genug für den Mir neraloge, beyde Gebirgsarten weder durch gleichartige Benennung noch durch falfche Begriffe mit einander zu verwechfeln. Menn wir aber annehmen , daß der Verfaſſer durch feine Wate bloß die allgemeine Benennung einer zuſam— mengefegten Selsart verftanden haben mil, fo iſt Der Ausdruck und die Wahl Glaswake wieder Höchft unnatürs lih. Denn da follte man glauben, dieſe Felsart wäre eine aus Glas zufammengefegte Felsart. Solchen Vers mutbhungen ſetzt er fich bloß, Iſt nun die Benennung Wake fehlerhaft und hier vermwerflich , fo ift ed das Benz wort Blas noch mehr. Der Berfaffer ſucht fih zwa— in der Note durch eine Definition, Glaserde fey Kiefels erde, zu verwahren; aber warum ließ er Kiefelerde nie ſtehen? — Erſtlich weiß jeder Scheidefünftler , daß jeg— lihe Erdart — und nicht die Kiefelerde allein — unter gehöriger Verſetzung und Verbindung zu Glas kann ge fchmolgen werden, und daß die Kiefel oder fogenannte Glaserde diefe Eigenfihaft nicht eigenthumlich befigt ; Die mehr oder weniger vollfommene Art des erhaltenen Glas ſes koͤmmt bier nicht in Betracht, fondern es wird blog ges zeigt, daß die Eigenfchaft unter dazu beftimmten Vermi— fhungen zu Glas zu werden, der Kiefelerde allein nicht ei, gen iſt; fo bald alfo ein Beymort einem Körper nicht voͤllig augfchließlich zugehoͤrt, ſo iſt es nicht anzurathen es aufzunehmen, wenn Alter es nicht mit Wuͤrde ſchon eingeſetzt hat. * 340 Recenſtonen. Zweytens iſt das Beywort Glas-⸗Wake unjulaͤnglich, weil ja auch nach ſeiner Definition, in dem Grapit oder Glaswake nicht allein Glas oder Kieſelerde, ſondern vers mittelſt des Feldſpats, Glimmers ꝛc. ja noch Alaunerde, Kalkerde und Eiſen enthalten ift. | Drittens, weil es nicht gebrauchlich ift, in der Natur, gefhichte einem natürlichen Körper bey feiner Benennung ein Kunſtprodukt zu feiner Charafteriftif beyzufuͤgen, fons dern man dieſes nur den trivial und lofal Benennungen überläßt: und wie will denn endlich der Derfaffer feine Glaswake von der unten vorfommenden Ouarzwaken durch eine richtige Togifalifche Definition unterfcheiden ? Enthält leßtere etwa feine Blaserde nicht ? Da verwickelt ſich der DBerfaffer felbft in feinen Begriffen. Hingegen bey dem einfachen Ausdrucf, » bier, dort fand ich eis » nen Granit, der aus diefen und jenen Beftandtheilen » jufammengefeßt war — wären dieſe Undeutlichkeiten vermieden toorden , die unten. noch ärger vorfommen. Unter Glaswafe verfteht der Verfaſſer nun alfo Granit, Weiters. S. VI Unter Hornfchiefer pflegt man eine Thonwate zu verftehen, in welcher Thonfchiefer , Blimmer, oder andre blättrige Thonarten mit Quarz oder Seldfpat fo verbunden find, daß jene über die fen das Hebergewicht haben. Entweder fennt der Vers faffer dag Geſtein nicht, dag man in Sachfen allgemein unter Hornfchiefer begreift, oder ee will mit Fleiß hier die Begriffe verwechſeln. Charpentier, Werner, Voigt, Leske, letzterer hauptfachlich in feiner Reife durch Sachſen haben den Hornſchiefer (Corneus bſſilis) genug beſtimmt, um zu verſtehen zu geben, daß er weder ein Gneuß, wie Storrs Definition vermuthen läßt, noch eine zu⸗ ſammengeſetzte Steinart iſt. Hier aber ſcheint die Dez finition einen Gneuß, oder einen in Gneuß uͤbergehenden Pr # Hecenfionem 341 Chonſchiefer anzuzeigen , welches aber mit dem Horns fchiefer gar nicht verwechſelt werden muß. ©. VII Dorderalpen. Der Berfaffer tbeilt die Hel— vetiſche Gebirgsferte in Dorderalpen, WMittelalpen und Hohealpen ein. Diefe Benennung ſchickt ſich weder für den Yiaturforfcher, noch für den Einwohner. Der Mineralog, Dryctograph, Geolog Fennt feine Alven, er kennt DVorgebirge, Mittelgebirge und Hochgebirge 5 der Schweiger benennt feine Gebirge nur fo lang Alpen, als fie fenem Vieh Weide geben, nachher find fie ihm Schnee: oder Eisberge, und unter hohen Alpen verfteht er nur die höchften Staffeln feiner Nugenbringenden Ges birge. Alfo find dee Derfaffers hohe Alpen mit des Einwohners hohen Alpen nicht zu verwechſeln; die lange Ausdehnung der Helvetifchen und damit verbundenen Ges birgen fünnen allerdings mit dem umfaffenden Worte Alpen benennet werden ; aber fo bald der oryftographis ſche Naturforfcher unterfucht und eintheilt, fo muß er bey der geologifchen Benennung der Bebirgen, als an allen Orten angenommen verbleiben, fonft giebt er Etoff zu vielen Verwechslungen. Die Befchreibung der Vordergez birgen ift gut, und obgleich gedrängt, doch deutlich aus— gefallen; nur hätte er mehr Rücklicht auf diefe meift ge; fchüttete Gebirge" nehmen und ihren muthmaßlichen Urs fprung näher verfolgen follen; denn es giebt an vielen Drten, die der Verfaſſer feldft bereiſet hat, intereffante Facta zu ergründen, die viel Licht über den Urfprung dieſer Gebirgen verbreiten. Kalkartig find wohl die Borz ‚gebirge nicht fo allgemein, fondern mehr Sandſteinartig. Hier nennt nun der Verfaffer die Nagelflub’ und Bra fhen — Befibiebwate — an und vor fich felbft ift dies fe8 bier eine gute Benennung, aber in Beziehung auf das andere Chaos der Wafen des Verfaffers giebt fie zu einem feltfanien Contraſt Anlaß. — Geſchiebwake if J 342 Kecenfionen. eine Feldart, die aus Gefchieben zufammengefeßt ift, und Glaswake alfo nach der nemlichen Definition eine Fels art, die aus Glas! zufammengefeßt wäre !!!, und dieß ift Doch gewiß nicht des Verfaſſers Meynung. ©. IX, bemerft der DBerfaffer richtig , daß je entfernter (aber nicht die Kalflager fondern) die VBorgebirge von den bi; bern Gebirgen find, deſto reicher werden die Verſteine— rungen; allein auch nahe an den Mittelgebirgen als auf dem Längenberg, Belpberg, Heimberg u. f. w. finden fi) mächtige Lager von DVerfteinerungen und fo gar im Schooffe und in der Nähe der Hochgebirgen, ald auf der Scheidef , Wlanblatte, Surenenalpen , hohen Lienz thal, Tfchingel, Dent de Midi, dent de Morcle u. ſ. w. ©. X. Sehr mahlerifch , treffend und gut iſt die — * bung der Mittelalpen. S. XV, hat der Verkfaſſer vorzuͤglich recht, wenn er bey feiner lebhaften Darftelung der Reitzen des Alpen lebens fagt: „ der Ae pler mußfe von da ausgehen, mo „ſich nun auch die gelehrte Landwirthſchaft hin gear >> beitet hat, die Grundlage feines Wolftandes in der » Aufnahm feines Viehfkandeg zu fuchen. „ Auch ift die Erhaltung der Viehzucht eine der vornehmften und ans gelegentlichften Pflichten einer jeglichen meifen Helvetis fhen Regierung; die fih auch in einigen Kantonen durch eine wuͤrklich uneigennügige und mufterhafte Auf merffanfeit und väterliche Vorſorge Aufferf. In Ruͤckſicht auf die Rühreyen und andere ſchweize— riſche Bolfemufick, fo hat diefe noch laut vielen neuern Beyfpielen ihre völlige Kraft auf jeden Achten Helvetier, wenn fie fehon nicht immer in eine wirklige * oder Heimweh ausbricht. Militaͤriſche Lebensart in den entfernten Garuiſonen zieht oft den Helvetiern noch andere Krankheiten zu, als z. E. die gewoͤhnlichen Tertianfieber, ehe die Noſtal⸗ Necenfionen. 343 sie dann dazu koͤmmt; flirbt der Kranfe, fo heißt. «8, er ift am Fieber geftorben, um die böfe Eindrüce zu vermindern, fo diefes unter der Landsmannfchaft erwecken fönnte, wenn fihon die dazu trettende Noftalgie die eigens liche Caufa morbi war. Alle Jahre wandern in der Schweiß Appenzeller oder andere Schweiger mit ihren Kuͤhhoͤrnern von einer Stadt und Dorf zum andern, blafen und fpielen einige Vol⸗ kesſtuͤckchen auf, man bört ihnen mit Leidenfchaft zu und mit volgefpickten Beuteln gehen fie nach Haufe 5 aber nicht allein auf das Landvolf wirken diefe Volks; gefange und Bolfsmufick, fondern auch auf jene Städtes bewohner , die eine wahre Liebe zum Vaterland und eis nen entfchiedenen Hang zu deſſen ländlichen Freuden haben. Rec. Eennt einen jungen wohl ergognen Mann, der in Deutfchland plößlic dag Heimweh befam, meil er eine Heerde Kühe mit Schellen durch die Stadt ziehen ſahe; ein anderer konnte ſich in einem fachifchen Städt chen des Heimwehs fo lange ermwehren, fo lange der Viehhirt ale Morgen mit feinem Horne — deffen Mufick gar nicht eine Schweißerifhe Alpenmufik ift — dus Vieh zufammenrufte er begleitete ihn durd) viele Straß fen bis aufs Feld; fobald diefes aufhörte, befam der Schweißer das Heimweh und mußte fort; Baldinger liefert auch im sten Bande des N. Magazins ein neueres Beyfpiel von einer toͤdtlichen Noftalgie. ©. XV Eis XIX if die Befchreibung der Hirten Bauart auf den Alpen gut und zeuget von des Verfaf— fer8 beobachtendem Fleiffe, Allein S. XIX verwickelt ſich der Verfaffer wieder felbft in feiner Benennung und Definition der höchiten Alpen... Denn bier und dag am rechten Dite befchreibt er Die Bauart der Sennhüt, ten auf den höchften Alpen; aber fein Begriff in der Eintheilung des Gebirgs in Vorderalpen, Mittelalven und -.1 344 Recenſtonen. — Hohealpen widerſpricht dieſer Benennung; denn auf des Verfaſſers hohen Alpen (Hochgebirg) ſind weder Weiden noch Sennhuͤtten, ſondern naktes Gebirg, Schnee und Eis. | ©. XX. u f. ift die Alpenmirthfchaft , obgleich kurz, Doch gut vorgeftelt, und ©. XXI. fann die inftinkt mäßige Einrichtung einer Alpenheerde auch durch folgens de Erfahrungen vermehret werden, daß die Kuh gegen die Wanderunggzeit einen unmiderfiehbaren Trieb Auf fern, immer den höhern Gegenden zuzueilen; wenn fie auch ſchon auf eingefchlagene Weidpläge in dem Thale geführt werden; find die Zaͤunungen nicht recht feft gr macht, fo — ſie durch und eilen in Corpore immer der Hoͤhe zu. ©. XXIII. „Butter auszuführen iſt in dem Vater: „lande der Sreybeit den vornehmften Milchlaͤndern „ verbotten. Dieß ſcheint der Verfaſſer gewiß nur ges fhrieben zu haben; meil Herr von Bonftetten durch fer ne wohl gefchriebene Briefe über ein ſchweitzeriſches Hir⸗ tenland und durch ſeinen Aufſatz uͤber dieſen Gegenſtand im ſchweitzeriſchen Muſeum Iſter Jahrgang dazu verlei⸗ tet hat, Rec. denkt mit dem ſonſt fo vaterlaͤndiſch ge finneten Berfaffer über diefen Punkt nicht gleich und da in diefem Magazine ein Auffag über diefen Gegenftand eingeruͤckt werden wird, fo enthält er ſich aller meitern Erörterung, und begnuͤgt fich hier nur anzuführen ; — daß das Feine wahre buͤrgerliche Sreiheit ift, wo jeder, mann aus Privatabfichten Handlungen vornehmen kann, die dem allgemeinen Beiten zum Schaden ge reichen Fönnten; und bier märe mwürflih der Fall. . Der Berfaffer hatte hier nicht entfcheiden fondern uns terfuchen follen: auf welchen Gründen der Vorfchlag des Herrn von Bonftetten beruhe, ob diefe vorausgeſetz—⸗ ten Gründe richtig fenen, ob alles vorgefchlagene aus⸗ ai NRecenfionen 345 Tührbar wäre, und wenn es ausführbar iſt, ob dadurch dem "allgemeinen Beften mehr Nutzen ald Schaden zu— flieffen und der Nutzen von langer Dauer. feyn würde, Diefes alles auffer Zweifel geſetzt, iſt erſt ale denn ew laubt zu entfcheiden, ob die alte Methode, bey welchen der Viehſtand und die Einwohner bis dahin fih wohl befunden haben, oder der neuere Plan vortheilhafter find. Denn eg ift ein mißliches Ding in einem Staate‘, alte Einrichtungen aufzuheben, und neue an ihre Stelle zu ſchieben; wenn man nicht volltommen überzeugt it; — daß die Alten fchädlich waren , und die Neuen den vorgeſetzten Endzweck erreichen. S. XXV. was der Verfaffer unrichtigeß über den Ger brauch) des Labs zur Faͤllung der Käferheilchen ans geführt hat, ift vom ihm in. feinem zweyten Theile zum Theile widerrufen worden; zum Theile hat der Vertaſſer bey feinem Verbeſſerungsvorſchlage nicht Rück fiht genommen, auf den Ziger, der dem Aelpler zur Nahrung dienen muß, auf die Molken oder Schotten, die entweder zur Schmweinsmaflung oder Bereifung des Milchzufers — und auf die Analogie der animalifhen Säure oder Fällunasmittel mit der animalifchen Milch; und zulegt was für Nugen wäre aus der Veränderung des Faͤllungsmittels zu erwarten ; doch nicht befieve Schwei⸗ zerkaͤſe? S. XXX. wiſſen wir nicht, was der Verfaſſer unter geſalznen Raͤſen verſteht. Iſt nicht jeglicher Schweitzer Kaͤſe geſalzen? mehr und weniger wohl, aber geſalzen find fie alle. | S. XXXI. irret fich der DVerfaffer bey Beſchreibum der Bereitung der Molken zu Milchzucker. Freylich wird aus den Molken Milchzucker gemacht, aber der Vertrieb iſt ſehr gefallen, und nun wenig vortheilhaft für den Aelpler im groſſen, der bey der Schweinma⸗ 346 Recenſtonen. ſtung mehrern Vortheil findet. Da der ſchweitzeriſche Milchzucker zur Mode wurde, konnten die damaligen fabrizirende Kuͤher nicht genug liefern und bereicherten ſich geſchwind; dieſes munterte andere Kuͤher auf auch zu verfertigen, und nun wurde ſo viel gemacht, daß faſt das ganze Land damit uͤberhaͤuft wurde; Einer vers derbt es dem andern ; da vor Zeiten man den Milchzucker von der Sennhütte megfleigerte, fo trugen itzt Hirten denfelben nun in Bern, bald darauf in Bafel an, ends lich reifeten fie damit bis nad) Strasburg, Frankfurt und noch weiters; und zuleßgt waren fie froh, denfelben in Bern das Pf. zu Io. Kreutzer zu laffen, woraus kaum das dazu angewandte Holz bezahlt war. Itzt iſt er wieder in einem. ordentlichen Mittelpreiß, wo Käufer und Vers Fäufer gar wohl dabey beftehen koͤnnen. S. XXX haben wir das Vergnügen den Berfaffer zu verfihern, daß fein Vorfchlag und Wunſch — vers ſchiedenen chronifchen Krankheiten, die hauptſaͤchlich von einer verfteckten Schärfe herruͤhren, durch Berg und Molken Kuren abzuhelfen, fhon lange Zeit an verfchies denen Drten und das mit augenfcheinlichen Nutzen außs geubet worden ift, daß diefe Kurart immer mehr in Aufs nahme koͤmmt, daß auf ein und andern bequem geleges nen Alpen fchon beffer eingerichtete Hütten und Woh— nungen für Städtebemohner find aufgerichtet worden, und daß vorzüglich fich viele Fremde , infonderg Englans der diefen fo heilfamen Vortheils zu Nutzen machen. S. XXXV. erhält der DBerfaffer unfern volfommenen Beyfall, wenn er von ben Mirfungen der Alpenluft auf die. Seele und Körperfimmung der Menfchen redet ; eine Erfahrung , die eben fo aͤuſſerſt angenehm, herrlich und allgemein ift, ale fie fih auffer Stelle nicht vorgeſtellt werden kann. S. RXXXVII. wird mit Recht die unvernuͤnftige und Recenfionen. 347 foralofe Holzverfchwendung in den Alpen gerüget, die an vielen Drten über allen Begrif gehet, und welche von den fraurigften Folgen feyn kann, wenn eigene Eins ficht bey den Bergbemohnern und mohleingerichtete Holz? polisey dem Unmefen nicht vorbauef. S. XXXVII. ift gut bemerft, daß der üble Ruf der. Triften,, den Alpen nicht zur Laſt fallen; auch würde Stallfüterung auf feine Weife auf den Alpen einzuführen, und dort ganz unnus und ſchaͤdlich feyn, fo ſehr fie in der Ebene zu empfehlen ift. S. XLI. Es wäre allerdings wichtig und von groffen Nutzen, wenn die Bienenzucht in den Alpen mehr. augs gebreitet würde, da man wirklich den Honig von Chas mouni dem beiten Narbonne: Honig vorzieht, fo ift e8 fehr leicht einzufehen, daß man in den helvetifchen Als pen eben fo vorfrefliben Honig ziehen fünnte, um fo vielmehr , da unfer Land nicht genug für feine Bedurfs niffe liefern Fann. Seit dem harten Winter von 1784 und 85. ift die Maaß Honig im Lande von Io BE. auf 40. DR. geftiegen, und das Wachs verhältnigmäßig ‚— und faft fein Vorrath da, fo daß man mwürflich * — wohlfeiler erhalten kann. S. XLII. Sn einem Freyſtaate, wie der NE Helvetifche Staatsförper, wo jeder Diftrift feine eigene Kechtfame und Freyheiten Hat, und wo der Einwohner und der Bauer fo genau auf die Unverletzlichkeit derfels ben hält, ift es ſehr ſchwer, und es gehöret eine eigene GStaatsflugheit und oft vaterlandifche zur Zeit angebrachte Aufopferung dazu, gemeinnügige Anftalten ind Werk zu feßen, wenn obgedachte Gerechtfame mit denfelben in Collifion kommen. Die muͤhſame, aber mufterhafte Weife und Einrichtung , mit welcher die Regierung von Bern - angefangen hat und nun bedachtſam fortfeßt — die Ges meinweiden allgemeinnügiger zu machen, verdient aeg 348 Recenſionen. moͤgliche Lob und den lebhafteſten Dank, und aus der Geſchichte des Rartoffeibaus in dem Bernerkanton kann man ſich eine Erfahrung mehr abſtrahieren; wie behutz fam man in einem freyen Lande bey neuen Einrichtung gen gehen müffe, um, ohne Die, (ohne dem geringen) landesherrlichen Einfünfte zu fehr zu ſchmaͤlern, noch den Bauern in feinen Gerechtfamen zu ſtoͤren, doch gewiſſe heilfame Vorkehrungen zum Beften des ganzen Landes zu “ treffen. In den Abhandlungen der Phyf. Defon. Gefellfchaft von Dern. Jahrg. 1764 St. II. ©. J. 1770. ©, 119, ‚ 1772.1. ©. 1. Neue Samml. I ©. 195. fann man ſich einigen Begriff von der Gefchichte des Kartoffelbaug in dem Kanton Bern zufammen ziehen. Die Theurung von 1769 — 70 — bemirfte uuter vielen guten Folgen auch die Kenntniß und Ueberzeugung von dem Nusen diefer fo guten und fo gefunden Nahrung , welche Ueberzeugung ohne jene Theurung nur langfam von ſtatten gegans gen waͤre. Da man nun biedurch erfahren hatte, daß der Kar toffelbau in unferer gebirgigten, und zum Getraidbau oft unbequemen und unanmendbaren Gegend von unbezweis feltem Nusen feyn werde, und dad um fo mehr, da die Speiſe derfelben gefund , ergiebig, mohlfeil, und die Verbreitung derfelben dag fremde Getraid entbehrlicher oder zum wenigften niederer im Preife macht ; fo hat die Bernifche Regierung — die unablaglih für, das Wohl des Randes beforgt iſt — auch dag ihrige unmittelbar zu - der Bervolfommnung und mehrern Ausbreitung dieſes nuͤtzlichen Pflanzenvrodufts beytragen wollen, Sie fihenfte Daher dem Randvoife den Zehenden auf denjenigen Grunds ſtuͤcken, die mit Kartofeln bepflanzt mürden. Diefes wirfte und mehr, ale man erwartete. Das Lundoolf bes fliß fich fo ſehr dieſes Anbaus, daß es fo gar feine fonft Recenſtonen. 349 Zehend ⸗ und Zinspflichtigen Aeker und Wieſen zum Theil umarbeitete und mit Kartoffeln bepflanzte. So lange die Dauren nnd Landwirthe nur bloß hie und da ſolche Ze, hendpflichtige Grundftücke mit Kartoffeln bepflangten, die ihren Zehenden ganz direfte der Regierung abliefern ; fo lange gieng e8 noch an, aber bald darauf pflanzte man auch folche Grundſtuͤcke an, von deren Zehnden gemwiffe Aemter und Pfarreyen befoldet wurden ; diefe verlohren nun durch obige erlaffene Zehndfreyheit an ihrem Einfoms men, dag zuweilen, infonders bey den Pfarreyen folcher Schmälerungen nicht bedurfte, Man beflagte ſich, und der Dauer fhüßte die Erlaubniß vor ; um beyden zu helfen, wurden einerfeit® die einten entfchädiget, die ans dern aber dahin eingefchränft; daß von einem Morgen oder Kuchart Landes in der nemlichen Umzjaunung oder Einfhlag nur eine achtel Juchart Zehendfrey ſeyn ſoll, ſo lange ſie mit Kartoffeln bepflanzt waͤre. Nun ſind die Grundſtuͤcke des Bauren meiſtens ſehr zerſtuͤckelt und viele in verfchiedene Einſchlaͤge zertheilt; ſo daß ein Bauer leicht 12. Morgen Landes in 12. Einſchlaͤgen und alſo 3 Zehndfreye Jucharten im Ganzen befigen und ſich wohl dabey befinden kann. Die Kartofeln find ige faſt allgemein Stadt und Lands Epeife ,. man genießt fie unfer allen möglichen Geftalten und Zurichtungen, fo daß fie den Gebrauch des Brods und Mehlſpeiſen fehr verringert haben, und das fo fehr , daß e8 Brodbecken in den Städten gegeben hat, die fi darüber beſchwert und verlanget haben, man folle Die Einfuhr der Kartofeln in die Städte einfchränfen, weil fie je langer je weniger Brod verfaufen, Und wen hat man nun diefe allgemeinnüßige Vermeh—⸗ tung und DVerbefferung eines fo wohlfeilen und fo gefun? den Nahrungsmittels zu verdanfen, als den unermüde 350 Receenſionen. ten Bemühungen der preiswuͤrdigen Oekonom. Geſellſchaft in Bern. S. XLIV. In den hoͤhern Alpen wird freylich Flachs und noch Hanf gebauet; das fo fruchtbare und gewerb⸗ fame Emmenthal und die tiefern Gegenden find die Dis ftrickten wo ber fchmweißerifche Hanf und Flachs am mei⸗ ſten gepflanzt und bereitet wird. S. XLV. Kann man in den meiſten Jahrgaͤngen der phyſikaliſchen Def. Geſellſchaft in Bern die Geſchichte und Ertrag ber Seiden⸗ —— in dem Canton Bern nachſehen. S. L. Scheint der Verfaſſer zwar beſcheiden und anſtaͤn⸗ big ſich über die Wegzoͤlle, Die man blos Fremden abs fordert, zu beflagen oder folche blos zu mißverſtehen. Eine Erörterung dieſes Gegenftands wird ihn aber gleich wieder beruhigen. Die meiften Schmweißerfantonen find mit den ihnen an gränzenden Kantonen in wechfelfeitige Traftaren wegen den Zoͤllen; d. i. ein Einwohner von einem Kanton zahle in einem andern Ganton feinen Zoll, Weil des leßtern Einwohner im erftern feinen zahlt; dieſes ift aber fo vielen Sindividualitäten unterworfen als Kantone find. Ferners erlauben die meiften Schweißerfantone den Auffehern über die gefährlichfien Straffen und über die fogenannten Bergfpithäler jährlich in ihren Ländern eine reiche Bepfteuer zu dem Unterhalt der Straſſen 'und der geftifteten Wirthsfpichäler zu fammeln. Da nun bie Schmeißer ſchon vorher mittels oder unmittelbar zu der Erhaltung der Straffen das ihrige beytragen und Die Fremden nichts, fo folgt ganz natürlich, daß diefe auf der Stelle felbft ihren Beytrag erlegen. An vielen Dr. ten aber find wieder alle andere Schweißer, in DBezier hnng aufden Zoll, Fremde, und müffen auch bezahlen, das hängt aber alles von der wechfelfeitigen Convenienz Recenſionen. 351 ab. — Da die Straſſen in den tiefern Gegenden an den meiſten Orten vortreflich unterhalten ſind, in den Gebirgen aber mi? vielen Koſten und Gefahr erhalten werden muͤſſen, fo ift Doch nichts ale billig, daß derjenige, fo fie bereifet,, einen Beytrag abliefert; muß man doch in Deutfchland an vielen Drten feit zwanzig Fahren ale Augenblicke Chauffee; Geleit s und Weggeld geben , für Etraffen ‚ die erft noch follen gemacht werden, in welchen man — ——— und wo man vier Ertrapofts Pferde haben muß, um nur durchzukommen. S. LV. Muß ſich der Verfaſſer verſchrieben haben, wenn er das Wohnort der Cretins in die Mittelalpen verſetzt: die Gegend des Unterwallis, wo fie am meiſten ſich befinden, iſt faſt die tiefſte von Helvetien und eben wegen ihrer Tiefe und Lage gegen die Sonne eine der Haupturſachen des Elendes dieſer traurigen Mitteldinger von Menſchen und — — Wir ſind aber vollkommen mit dem Verfaſſer über den Urſprung dieſer auſſer— menſchlichen Körper einig, und glauben, daß ſorgfaͤlti— gere reinlichere Erziehung der Kinder auf den Mittelal⸗ ven (itzt wohl) die Generationen in die Zukunft von die fem Unglück bewahren werden. ©, LX. Irrt fih der DVerfaffer fehr, wenn er beylaͤu⸗ fig die Blafards im Chamouni verläugnen will. ec. bat fie unter zwey verfchiedenen mahlen gefehen und unterfucht, aber bier will er fein Urtheil vorenthalten und den Derfaffer nur an das zurückweifen, maß Blu⸗ menbach in feiner Medic. Bibliothek und von Sauffüre in feinem zmweyten Theile feiner Reiſe darüber gefagt haben. S. LXII. Die Gründe, fo der Berfaffer für feine Bind⸗ erde ſowohl in den chemifchen Annalen als hier anführt, überzeugen uns fo wenig als die meiften Mineralogen and Scheidekuͤnſtler, denn dieſe Grunde find Feine 3/2 Recenſtonen. Gründe. Der Verfaſſer ſtelle ung vermittelſt einer kri⸗ tiſch richtigen Analyfe aus dem weichen oder gebrannten Thon diefer Binderde, als eine von der Kiefel-Schwers Kalk Thonsoder Bitterfalgerde in ihren Eigenfchaften - verfehiedene Erdart dar , fo glauben wir an eine folhe; biedahin werden wir derſelben im mineralogiſchen Syfte me feinen Platz anweiſen, fondern fie mit der Edelerde u. a. dgl. zu den Hypothetiſchen, gleich einer Morgens wolke verfchwindenden Erfcheinungen verfegen. Es hat uns fehr erfreuet, von dem Derfaffer anges führe zu finden, daß er die Veränderung ganagbarer Namen, ſo viel möglich , zu vermindern ſucht. Wär er nur bey diefen heilſamen Entfchluffe geblieben; da aber dieſe gangbare Namen durch) dag ganze Buch ums gefhmolzen morden, fo fcheint er fih doc) nicht groffe Gewalt angethan zu haben. S. LXIII. Da mir feine Gründe bey der Unterabtheilung ber Thonerden weder begreifen noch aunehmen fons nen, und ung das meifte darinn unverftandlich ift — fo enthalten wir ung alles Urtheile. S. LXV. Berwechfeit er mieder die Hornſteinarten des MWallerius mit dem Hornſtein der Deutfchen, lebte: rer bricht niemals rein derb als Gebirgsart, fondern gangweiſe und in lofen abgefonderten Stuͤcken — und bricht er derb — fo dient er zur Grundmaffe des Horn? fteinartigen Porphyrs. Seitdem die fächfifchen Mineras logen mit fo vieler Mühe den Unterfcheid zwifchen dem Feuerftein ((Pyromachus) Hornftein (Petrofilex aut Lapis corneus Germanor. ) oder Hornfelgarten (Saxa cornea Wallerii) endlich beftimmt haben, fo follte man nun ſich hüten durdy neue Verwechslungen Diefer errungenen Wohlthat wieder verluftig zu werden. » Die Benennung aller mit Duar; und Feldſpat ver⸗ s legten blaͤttrigen Thonwaken mit dem Namen des » Horn⸗ RKecenfionen 353 » Hornfchiefers ift laͤngſt im Befige eines allgemein ans „erkannten Verſaͤhrungsrechts, welches man vergeblich beſtreiten wuͤrde., So der Verfaſſer. Hier erſcheint deut— lich, daß er die aus dem Gneuß in reinern Thonſchiefer über; gehende Mittelart von Thonfchiefer, mit dem Hornfchies fer. verwechſelt — Leske, Charpentier , Werner und Voigt Fünnen es näher beleuchten, ©. LXV. Schirl (warum nie beym Schörl bleiben, da er doc) laut ©. LX, die Veränderung gangbarer Namen zu vermeiden ſucht.) » Sein flandhaftes Abzies ss ben von dem Hornfteine „ nicht Hornftein, ſondern Zornſchiefer oder Hornfelsftein. (Saxa cornea, ) S. LXVII.„Aus dem Schörl und Hornfteinfchiefern „wittert in einigen Gebirgsfirecden der Mittelalpen „Bitterſalz aus. » Unrichtig. Es find zweyerley Salze, die auswittern; eines iſt Bitterſalz und das wittert blog an Bitterfalzerde haltenden Schiefern, Gneußen und Gras niten aus; wie im nächften Bande dieſes Magazine wird gezeigt werden ; das andere aber ift reines: Glaus. berfalz , fo in ziemlicher Menge auswittert; follte diefe Ausmitterung nicht eine Nachbarfhaft von Kochſalz ans zeigen, wo, vermittelft zerfallendem Schwefel oder anz dern Kiefen durch die fi) entwickelnde Bitriolfäure, dag Kochfalz zerlegt, die Salzſaͤure entbunden, und das mine; ralifche Alkali mit der Vitriolſaͤure zu einem Glaubers falz verbunden wird. Wenigſtens verdient diefe Entde— fung nähere Unterfuchung. ©. LXVIII. Waſchgold fommt vom Goldbaͤchlein in die Emme, von der Emme in die Aare, von dieſer in den Rhein. Obenher des Zuſammenfluſſes der Emme und der Aare, findet man kein Gold in letzterer. S. LXX. uf. Wil der Verfaſſer eine neue Eintheis lung der Schnee: und Eisgebirgen und Gletfihern wa: gen, die aber nicht glücklich ift , indem wir Alpenbewoh— Magas. f. d. Naturk. Helvetiens, E23 354 | Revenfionen. — ner ſolche nur halb verſtehen. Da naͤchſtens uͤber dieſen Gegenſtand von einer Meiſterhand eine ausfuͤhrliche A u handlung wird eingerückt werden ‚- fo enthalten wir und für jet aller meitern Erörterungen und Widerleguns gen , und fagen bloß, der Verfaſſer hätte beffer gethan, für einmal bey dem vaterländifchen Bruner und von une füre zu bleiben. S. LXXVL Erzählt der Verfaffer von den Gletſchern auf eine Art, als wenn folche nur aus dichterm Schnee ſtoff befländen. Ein Wortfpiel oder ein Irrthum. Die Gletſcher beftehen aus sEife, wahrem Eiſe — Was er. nun unter dem Stoffe des Schnees verficht, wird doc wohl Waffer fenn, das gefroren iſt; und nur die verfchies dene Art zu gefrieren unterfiheidet das Gletſchereis von. dem gemeinen Eife; letters ift auf dem Bruche blättrig, erfters uneben und koͤrnig, aber dem ohngeachtet ims mer wahres Eis, wie es ſich auch bey allen feinen Phaͤ⸗ homenen ale wahres Eis erzeige, und nicht bloß ale eis nen dichtern Schneeftoff. &. LXXXULLXXXVIL iſt der Einfluß und Nutzen dieſer Eisgebirgen und Schneemaſſen gedraͤngt und vortreflich dar⸗ gethan, und verdient mehrmal geleſen und uͤberdacht zu werden. S. LXXXIX. Bemerkt der Verfaſſer richtig, wenn er anführt, daß auf den höchften erfieigbaren Anhoͤhen der Gebirgen nicht die reinste und zum; Leben befte Luft herr⸗ ſche: denn nach den chemifchen Grundfägen herrſcht in den tiefften Gegenden, die unreinfte, mit mephitifcher Luft und Luftſaͤure vermifchte Luftart; wie höher man gegen die Mittelalpen koͤmmt, defto fpecififchleichter und reiner wird die Luft, und endlich koͤmmt man zu einer Art von Luftfchichte die Beziehungsweis die reinfte dephlogis ftifierte Luft enthält; höher aber wird diefe reine Luft durch die noch leichtere phlogififche Luft verunreiniget Necenfionen . 37% und ift daher nicht mehr fo gut und gefund, wie die e& was tiefer berrfchende Luftart, Daher muß man den fo zu allgemein angenommenen Grundfaß , auf den hoͤchſten Bebirgen herrfche die reinfte Luft, einfchrän? fen und dahin beſtimmen, daß folche nur auf einer ges wiſſen Hoͤhe herrſche, die ſich zwiſchen der Region der mit mephitiſchen und andern ſchwerern Luftarten vermiſch⸗ ten Luft, und der Region der leichtern phlogiſtiſchen Luft innen ſtehe, und die durch eudiometriſche und thermos metrifche Berechnungen kann feftgefegt werden. ©. XC, „Die berrfchende Gebirgsart in den Sohen „Alpen ift Glaswake (fol Granit heiffen. ) ⸗ Mit nichten; die Hochgebirge beſtehen in Helvetien oft aus Kalfftein, oder aus Schiefer, die freylich nur aufgefeßt oder angelegt find. Es giebt ganze Neihen Schneegebirge von dem Wetterhorn weſtwaͤrts big über die Gemmi aus, die aus bloffem Kalfgeftein befte: hen. Aber das ift wahr, daß der, Kern, dag innere bed Hochgebirge ganz aus Branitarten beſteht, die von fo vieler und noch mehrerer Abänderung find, als der Herz ausgeber in dem erften Bande diefes Magazins anges führe bat. — Da aber die genauere Unterſuchung und Beſchreibung dieſer Gebirgen und ihres Innhalts eine der erſten unſerer Abſichten iſt, und da wir verſchiedene intereſſante Data davon im Vorrath haben, ſo wollen wir dann an feinem beffern Orte ung über dieſen wichti—⸗ gen Gegenftand ausführlicher erflären. ° Wir wiederholen hier , daß ohnerachtet gerügfer Irrun⸗ gen und Zehler , diefe- Vorbereitung doch muſterwuͤrdig intereffant , und fehr unterhaltend ift ; übergehen des Verfaſſers Befchreibung der ſchwaͤbiſchen Alpen, und fret fen mit ihm ©. 19, über Schafhaufen in Helvetien ein. ©. 21. Beruͤhrt der Verfaffer die Anftalt des Herrn Profeſſor Seiler auf eine Art, die feinem Herzen gleich 356 Recenſionen. viel Ehre macht — als Heren Seßler, und wir unters fchreiben aus voller Ucberzeugung und Erfahrung feinen Ausſpruch: Der vermeider am fchwerften zuweilen etz was zu verfehlen ,„ der am meiften unternimmt: den gluͤcklichen Erfolg der Werke des thätigen Mitalicds ſtillſchweigend, kleine Unglüdsfälle mit Geraͤuſch zu verdammen, iſt uͤberall die Politik der Maſſe. ©. 25. Von der. berühmten Aheinbrüde zu Schafhau⸗ fen, ift bier kurz aber bündig das vornehmfte angeführt, wo zwar Andrea ein guter Vorgänger geiwefen. Der Berfaffer der Bruchflücken einer Neife durch die Schweiß im zten Theil von Reifen , Lecture für Reife: Diletfanten hat S. 5. in feiner fonft fehr angenehm und gut gefchries benen Erzählung unrecht „ wenn er Herrn Profeſſor Storr bezüchtiget,. daß diefer das Verbot des Stillſte⸗ hens von Vieh und Fuhrwerken auf der Brücke laͤugne; Store läugnet das Verbot nicht, fondern giebt demfel ben nur die rechte Auslegung: Daß nur eine den Durdy ‚weg verfperrende Anhaͤufung ver Fauͤhrwerke vers wehret feye. Eine Polizeyanftalt, die bey jedwedem enz gen Thorweg , Brücke u. ſ. w. flatt finden follfe, und in den guten polizierten Städten als Bern, Genf u. dgl. ſtatt findet, wo die. Schildwachen einander zurufen, wenn ein Fuhrmwerf koͤmmt, und wo nicht gelitten wird, daß ein Fuhrwerk unter den Thoren noch auf den Brücken ftil Halte, noch dieffeits fahre, wenn ſchon eines auf der Brücke hinüberfährt. Diefes Verbot zeige aber fchon aus diefer Erklärung Fein Mistrauen in die Feſtig⸗ feit der Bruͤcke an. &, 34. redet der Verfaſſer von dem MWisholszifchen Agtſtein, fo Hr. Dr. Stockar entdeckt hatte. Von der ver muthlichen Entfiehung dieſes Agtſteins, fo mie alles ‚andern Agtſteins, koͤnnen die Nachrichten nachgelefen werden , die Hr, Dr. Girtanner von St, Gallen im lour« Kecenfionen 357 nal de Phyfique par Rozier &c. 1786. Mars, &, 227. bes fannt gemacht hatz wo fehr mahrfcheinlich dargethan wird, daß der Agtſtein nichts anders als ein durch Ameifenfäure zur Wachsfonfifteng verdichtetes vegetabilis fches Del fiy, und dag durch feinen Aufenthalt ın dem. Meerwaffer oder jeglihem Salzwaſſer die Harte erlange, unter welcher der Agtitein erfcheint, ©. 36. „Daß der Reichtyum im Ganzen in Schafhaus „ten eher ab⸗als⸗zunehme, » ift und ohne beygefügte Balanz noch räthfelhaft. Das Sinfen einiger gar zu reichen Haufer , und dag Auflcben verfchiedener zu einem gemäßigten Wolftande ift in einem kleinen Freyſtaate zus träglicher , als wenn wenige Haufer zu einem aufferordent- lichen Reichthum emporfleigen, die andern zurucklaffen und denn zuleßt erdrücken und ſich verbindlich machen. Es koͤmmt nur wie gefagt auf die Bilanz und auf die achten Begriffe an, die man fich vom wahren Mohlftande eines Staates macht. Ein Staat fann das Anfehen haden, er ſteige in feinem Reichthume, und er fällt doch würflich — und vice verfa, Daher fann darüber ohne Data und einer Folge von Berechnungen von vielen Fahren und auf viele Fünftige Jahre hinaus , nicht abgefprochen werden, ©. 36. u. f. Die Befshreibung des Rheinfalls. Auffer der Meinerſchen meifterbaften Darftelung iſt Storrs über unfer Erwarten noch gut ausgefallen, Dan fann aus den verfihiedenen Befchreibungen und Empfindungen, Urtheilungen und Zeichnungen, fo der Rheinfall hervor— gebracht hat, einen Schluß vom kleinen aufs groffe mas hen; mie fehr nemlih die Befchreibung und Uetheil eines Reiſenden und daher der Begriff und die Empfins dung des Leſers von dem Standpunfte, von der hohen Erwartung, von der Lage des Gemuͤths, in die eine fols che Naturfcene den Reiſenden gefest hat, von dem Zeitpunfte, in welchem man ſolche gefehen, und von ho 358 Recenſionen. der Wärme und Kräften des Styls des Verfaſſers ab⸗ hängt. Weiner und Store beweifen e8 auch dadurch, daß fie an einigen Standpunften im Anfange den Rheins fall gang unter ihrer Erwartung fanden; als fie aber den Berg beym Schloß Lauffen hinunter und auf dag hölzerne Geländer fliegen, fo übertraf die Scene ihre Erwartung über alle Maffen,, ©. 45. Reife von Schaff hauſen nach Bern. Es koͤnn⸗ te die Benennung Badifcher Handelofleden Zursach , einen Mißverfiand erregen. Zurzach liegt in der Landvogtey Baden, gehört aber 3. Orten, Zürich, Bern, Glarus, und ift alfo das Beywort Bapdifche unrichtig ; fo fönnte e8 auch mit dem Warggraflich + Badifchen ver; wechfelt werden. ©. 47. Der Aura hat in dieſer Gegend gar nicht ei nen feiner höchften Gipfel. Diefe find die Haafenmatt im Kanton Solothurn: Der Chafferal im Bielergebietl, und die Dole an den Burgundifchen Gränzen, Der Berfaffer hat in feiner Durchreife durch das ganze fo bevölferte, Induſtrie- reiche Unteraͤrgaͤu, und durch das fo herrlich Iandwirthfihaftliche Dberärgau — den nemlichen Fehler gemacht , in melchen die meiften Neifens de verfallen. Sie reifen mit-einer Haftigfeit und Eilfer- tigfeit dur) diefeg Land, wo der Handlungs; und Manu⸗ fakturgeiſt herrſcht, wo Arbeitfamfeie und landwirthz fchaftliche Grundfage auf einen fehr hohen Grad geftiegen find, und mo von beyden Seiten die gefegneteften Früchs te überfließen ; eilen gegen die Alpen zu; und dann — weil egißt einmal die Mode ift, über Handlung und Manus fafturen zu reden — behandeln fie diefen Gegenftand an Ort und Enden, wo es ſich nicht gehöret. — Der Theil dam Oberland bis noch unter Bern ift nicht die Lage und der Ort, wo Handlung und Manufakturen im a ſeyn koͤnnen. Recenſtonen. 359 Wer alſo uͤber dieſen ſo wichtigen Gegenſtand urtheilen will, der muß es mit Gruͤnden thun, und nicht blos in einzelnen Machtſpruͤchen abfprechen, oder. andern nach⸗ erzählen , oder fich Über diefen Punkt gar nicht einlaffen, wenn er nicht Blöße geben will. Damir aber weiter uns ten dic erörtern werden, fo wollen wir dem PVerfaffer nur benläufig anzeigen, daß — im Fall er fich über dies fen Punkt einlaffen wollte, wie doch unten ©, 83. zu er⸗ ſehen ift — einzig in der Graffchaft und Landvogtey Lenz burg im jahre 1785. baut Bilanz, die wir vor ung haben, die Induſtrie 500,000 . Gulden baaren Geminnft abges worfen hat, und daß diefe Landvogtey in der Bevolfes rung von 1769. bie 1775. (hiemit inclufive den Jahren der Theurung ) um 2300. Seelen, und feither in gleichem Berhältuiffe zugenommen hat. | Alfo wenn insfünftige Neifende Helvetien in Ruͤckſicht der Induſtrie und Handlung befuchen , und alsdenn den Kanton Bern zweckmäßig bereifen,, fo rathen wie denfelben dem ganzen Dbern: und Untern:Aergau, Ems menthal , und in diefem den Städten und Aemtern Nrau, Lenzburg , Langenthal und Langnau vorzugliche Aufmerfs famfeit zu wiedmen; und alsdenn wird er die gemöhnlis chen Urtheile darüber mißbilligen, und, follte man bie und da, wie es an alles Drten die Gemohnbeit ift, mit Klagen auftretten , denken: Glücklich) das Land, mo ‚doc das Klagen nicht auch verboten if. Man vergleiche, was der Verfaffer über Nahls Meifterftuck in Hindelbank fagt, "mit dem , was Herr Prof, Dloucquet ins Anges ſicht aller derer, bie doc) das Langhannfifche Grabmal mehr als einmal zu fehen und genau zu fehen die Geles genheit hatten — behauptet; und urtheile dann über die Ecrklaͤrungs- und Neuerungsfucht fo vieler Keifenden, S. 55. Bern „Che nıan zum Anblick der Stadt ges „langt, muß ein Gebirg erftiegen werden ! daß einen 360 Recenſtonen. Theil der Einfaſſung eines weiten, ſich vorwaͤrts oͤff⸗ nenden Keſſels ausmacht, welcher das breite Thal ges „nennt wird. Auf einem in dieſen Keſſel geworfenen „breiten Hügel ſteht der vornehmſte Theil der Stadt, Dieſe Beſchreibung iſt uns ganz unverſtaͤndlich, und wo wir ſie verſtehen, irrig: Koͤmmt man von deutſcher Seite auf Bern, ſo ſteigt man eine Stunde vor Bern einen groſſen Berg hinunter, der Grauholz heißt, alsdann koͤmmt man in ein kleines, enges Thal, das von der Worblen durchſtroͤmt wird; einem Bache, der hier von ausgezeichnetem Nutzen iſt, indem er das Radwerk der vielen Getraid-Pulver— Papier⸗Muͤhlen⸗Kattun-Fabriken u. dergl. treibt. Alsdenn ſteigt man eine ſehr kleine Anhöhe hinan, und koͤmmt auf der eine halb Stund langen Allee uͤber das breite Feld, (und nicht breite Thal,) oben an je⸗ nen prächtigen durch Felfen gehauenen Weg nad der Stadt hinunter, Die Stadt liegt theil® auf einer auf das tiefer liegende Aarenbette beziehungsweiſen Anhöhe, welche Anhöhe aber nichtE anders, als das-fortfireichens de Breit: und Kirchenfeld ift, das durch die tiefſtroͤmen⸗ de Aare durchſchnitten iſt, theils auf dem Abhange die; ſer Anhoͤhe. S. 54. Glaubt der Verfaſſer daß Bern wegen ſei⸗ nem kalten Ernſte wenig anziehendes habe. Das koͤmmt auf die Zeit, Lage und Verhaͤltniſſe des Reiſenden an. Viele Staͤdte in Helvetien, inſonderheit die, ſo an den Seen liegen, haben in der That auf den erſtenAnblick etwas viel reigenderg, und an fich angenehmer, als Bern; aber fo, wie man diefer Neiße zulezt fo gewohnt wird, daß man ihren Werth faſt nicht mehr fühle; fo vermeh⸗ ‚en fih die Annehmlichfeiten in der Gegend um Bern it jedem Spaziergange , weil ihre pittoreske Lage jede Viertel: Stunde eine ganz veranderte und immer eigene \ ur RE / | Kecenfionen 361 Ausfiht darbeut. Rec. hat die meiften angenehm ger “ legenen Städte Helvetiens gefehen und öfterg beſucht; aber ſo oft er nach Bern koͤmmt, ſo zieht er ihre Lage und Ausſichten wegen ihrer unbeſchreiblichen Mannich, faltigkeit und ſo contraſtirenden Abwechslungen doch al— len andern vor. Wenn andere Staͤdte wegen ihrer Lage beym erſten Anblicke mehr Neiße und Annehmlichkeiten bez figen , ſo gewinnt bie Bernifche Lage mit jedem Tage in den Augen des Riebhabers der Natur; erflere wird bald zu einer ſchoͤnen Monotonie , und letztere giebt täglich) Stof zu neuen Entdecfungen, Dem Reiſenden, der fi nur wenige Tage in den Staädten aufhaͤlt, muͤſſen viele Gegenden und Städte in Ruͤckſicht ihrer Lage beffer gefallen, als die um Bern. ; Dem aber, der fih länger aufhält, wird die Berniſche immer intereſſanter werden. | Da die meiften Reifenden Helvetien blog oder meiſtens in Beziehung der Eisgebirge beſuchen, fo tretten fie zu einer Zeit in Bern ein, wo diefe Stadt am meiften Menfchen, leer und ziemlich todt if. Der meifte begüterte Theil ift in den Monaten Juli, Auguft und Sept. auf dem Lanz de, wo eine ſchoͤne Menge von Landfigen die reißendes ften Gegenden zu einem wahren englifchen Garten ums ſchaffet. Andere Einwohner machen Luftreifen zu ihren Freunden auf dee Land ; die meiften Gelehrten mens den diefe Zeit zu vaterländifchen Reiſen an; viele Regie⸗ rungsgeſchaͤfte ſtehen ſtill; die. Schulen haben meiſt Ferien, und ihre Lehrer erholen ſich nicht in der Stadt. Der Bauer beſucht fie auch nicht; und ſelbſt der arbeiten— de Einwohner fucht in dem Sommer fich einige Zeit zu entuͤbrigen, um in der reinern Landluft, und in dem ſo reitzevollen Landleben neue Kraͤfte und neuen Muth auf das kuͤnftige Jahr zu ſammeln. Koͤmmt der Reiſende alſo zu einer ſolchen Zeit nach Bern, ſo muß die Stadt 362 Recenſionen. ihm nothwendig ernſthaft vorkommen. Ganz anders wuͤr⸗ de er aber urtheilen, und ſicher das Gegentheil behaup⸗ ten. wuͤrde er in der Zeit vom Neujahre bis Oſtern in Bern fich aufhalten. S 54. Wundert uns des Berfaffer Anzug wider die Zuͤchtlinge des fogenannten Schallenwertes. Der Vers foffer muß fehr eckelhaft ſeyn, wenn ihm diefe gut 96 kleidete Züchtlinge ein hoͤchſt widerlicher Anblik find, Keinem Fremden , fo viel wir mit ſolchen umgegangen find ; noch weniger ung ift dieſer Anblick je ecfelhaft vor⸗ gefommen. Man fünnte fih aug feiner Schilderung leicht den Begriff machen, als führten diefe Züchtlinge alle Tas ge den Unrath der heimlichen Gemaͤcher aus. Hat Herr Storr dies gemeint‘, fo inter fih. Denn durch die als Iermeiften Häufer gehen unterirrdifche Kanäle und Kloas fen, auf welchen die Hausgemaͤcher gebaut find; durch Diefe Kloafen laßt man alle Wochen einmal den Bach fließen, der fonft die Stadt durchſtroͤmt, der dann als fen Unrath in die Aare hinaus ſchwemmt. Alfo reduzies ren fib die Karren voll Unrath auf Gaffenfehricht und Bauſchutt; welches nun höchftmwiderlicher ſey, obis gen genannten Unrath auf der Straffe liegen, oder im Karren wegführen zu laffen , mag leicht zu entfcheiden ſeyn. — Der Verfaffer übereilte fich in feinem übeln Hus mor ben diefem Punkte fehr ; denn er dachte fo wenig . daran, dar dieſe zum abfchrecfenden Beyfpiel ihr Tage werf vollenden müffen, und daß e8 der Stadt von größ ferm Nusen fey, durch den ganzen Tag faubere Straffen zu haben, ale dag empfindliche Nervenfyftem eines eins zelnen Neifenden zu ſchonen — fo wenig als er überlegte, dag Züchtlinge , die aus Strafe öffentliche Arbeiten thun muͤſſen, folhe nicht mit dem Eifer vollfuͤhren, wie anz dere Menfchen , die um des lieben Gewinns millen arbeis fen; genug , fie verrichten einmal ihr Tagewerk: und Di 4 Kecentonem 363 hielte man fie mit Strenge zu einer ftärfern Arbeit an, fo würde ficher und gemiß ein anderer Reiſender erfcheinen, und uns alle der Graufamfeit oder Härte befchuldigen, ©. 55. Daß die Häufer vorfhießende Dacher haben, gefchieht aus dem Grunde, die Facaden mehr gegen den Kegen zu befchirmen , da Näffe der Steinart ſchadet. ©, 56, Verwechslet der DBerfaffer den fehwarzlichen Banftein, den er ©. 86, richtig befchreibt , and der zu Fundamenten urd zu den erfien GSteinlagen am Erdz gefchoffe gebraucht wird, mit dem Sandſteine, fo zum Bau des ganzen Haufes angewandt wird, Hier widerfpricht fich der Verfaſſer ſelbſt; oben hat er an Bern getadelt, daß fie fo weit vorfihießende Dächer Bat. Hier fagt er: „Der nöthigen Verwahrung für Näffe „ind Froſt leiften doc) in Genf die hervorragende Das „cher einigen Dienft, der in Bern der freylich angenehs „mern Form der Fürzern Dächer aufgeopfert wird, Iſt dag gefagt blos um zu tadeln? Nein, wir wollen ihm die Erflärung geben, die vielleicht darunter liege, Bern mußte wegen feinem Bauftein nothivendig vorfciefs fende Dächer haben ; aber fie wurden ſo gut als möglich mit einer gefunden Architeftur vereiniget, und haben da her das unangenehme der Genfer Dächer nicht. S 37. Laͤßt der Verfaffer doch der Lage von Bern mehr Gerechtigfeit wiederfahren. Doch find die Namen der von dort erblickten Schneegebirgen falfch. Der Wet tenberg (fo nur der Fuß des Schredhorns ift) dag Wellporn. Die Brimfel fieht man von dem Kirchhof (nicht Terraffe aber Fr. Plateforme ) nicht „ wohl aber das Schreefhorn. S. 59. Wo eg heißt, für die Wahnfinnigen muß ein beſtimmtes Koftgeld, bezahlt werden, muß dahin einges fchränft werden, daß diefes nur Perſonen und Unglückliche von Familie angehet, die eine etwas beffere und Foftbarere. 364 Recenſionen. Verpflegung verlangen; für die andern Tolle und Wahn⸗ ſinnige iſt eine Stunde vor der Stadt bey dem veneriſchen Krankenhaus oder Siechenhaus ein eigenes groffes, wohl⸗ gebautes und inwendig fauber eingerichtetes Tollhaus. ©. 59. Die Inſel iſt eigentlich das wahre Kranken haus der Stadt, und nicht blog für Aufferliche Krank⸗ heiten, fondern auch und weit mehr für innerliche Krank— heiten beftimmt. Daß es meniger vortheilhaft gelegen, als der Spithal, glauben wir nicht. Gegen die Stadt fieht e8 in einer Seitengaffe, wie jedes Krankenhaus entfernt von den Haupffttaffen feyn fol 5; und auf der andern Seite , woher es: der Verfaffer vieleicht nicht gez fehen hat, bat es die freye, ausgedehnte und herrliche Ausſicht, die der Verfaſſer ©. 57. fo bewunderte, hie mit Heiterfeit, volllommne freye Luft, und eine Terraffe mit unfen liegenden Gärten zu feinem Gebrauche. Sechs Stadephyfici, und 3. Wundärzte beforgen wechſelsweis dieſe vortrefliche Anftalt , die ebenfalls ihren eigenen Verwalter, Sefretarius und Prediger hat, Die Aerzte, Wundaͤrzte und Arzneyen werden, ohmerachtet der Spi— thal und das Krankenhaus jo viel eigenen Fond haben, daß fie jährlich ordentliche Summen zum Capital fchlagen können — von der Regierung unmittelbar und direkte bezahlt. So bald ſowohl durch Erfparnis als Legaten und Gefchen- fe bey der Inſel eine Summe von 56000 Gulden bey einander ift, fo wird ein neues Kranfenbett errichtet‘, und fo wird es fortgehen, bis daß das Haus nach feiner Abfiht vol, vn fein Vermögen dazu hinrei⸗ chend iſt. ©. 59. Alte und gräntliche Bürger werden nicht auf die Art auf ihr Lebenlang in die Inſel aufgenommen, wie der DVerfaffer fagt , wohl aber in den Spithal, ber ‚eigentlich im Anfang dazu ‚geftiftet war, ige aber mehr - Ausdehnung erhalten hat, Necenfivnem 365 Was S. 60. bey Gelegenheit des Zeughaufes über itzi⸗ ge Entnerbung gefagt wird, fcheint nur fo per parenthefin — zu ſeyn, und ſo wollen wir es laſſen hingehen, ſonſt würden mir dieſe Mode-Tirade mit Gründen wis derlegen Fönnen, die das Gegentheil bemweifen, ©. 62. Was der Verfaffer von den Schulen ſagt, ift richtig, und bis auf einige Kleinigfeiten wahr angegeben. ©. 64. Was der Berfaffer für fremde Geräthichaften aus der Bildergalerie (die er mit der eigentlichen Biblios thef verwechfele) nach den Gemächern deg auffern Stans des gern verfegt fähe, wuͤnſchten wir zu vernehmen. Hätte der Verfaffer recht gefehen , fo würde er die Bes fimmung diefes Saales zur Sammlung von Gemählden von verdienftvolen Etaatsmännern der Republif, Ge lehrten, Fürften, und Generalen, die fich in der vater—⸗ laͤndiſchen Gefchichte einen ruhmvolten Namen erworben haben, — zum Aufbehalt merfwürdiger Kunſt- und Naturs produften des Vaterlandes, und zum Verfammlungsfaas le bey aufferordentlichen vaferländifchen Gelegenheiten — nicht verfannt haben. Für die eigentliche Bibliothek wird bald ein neues Gebäude errichtet, ©. 82. Ueber die fo nügliche phyfifalifche, öfonomifche Gefellfchaft finden wir für nothmwendig folgende Nachs richt. zu geben : Man berechne, in welchen Sjahren und Zeitpunfte diefe Gefelfchaft ihre Stiftung erhalten, man durchgehe die öfonomifchen Schriftfteler von diefen erſtern Jahren, den Gegenftand ihrer Bemühungen, den Erfolg derfelben, und die Anzahl, und die Fähigkeiten diefer gleich— zeitigen öfonomifchen Schriftfteller , und endlich vergleis che man den Zuffaud der igigen Landwirthſchaft in der Schweiz, und hauptfächlich im Berner Kantone mit ihrem Zuftande vor 20. Jahren; und man wird das groffe, noch wenig bearbeitete Feld, und die wenigen Mitarbeiter in jener Zeit wicht werfennen : Alfo zu vielem Stoffe wenige 66 Kecenfionen Gonfurrenten in der fehriftftelerifchen Welt, alfo mehr Gelegenheit durch mannigfaltige, nügliche Arbeiten ihre Shätigkeit bekannt zu machen. Wie viele zahlreiche lands wirtbfchaftliche Gefellfchaften find aber feit diefen 20. Jah— ren nicht in Deutfchland, Frankreich und England ent fanden ' Wie viele einzelne Schriftfteller über Land; öfonomie haben ſich feither nicht zu ihrem Ruhme bes kannt gemacht! Alfo verminderte ſich mit jeglichem Jahre der Stoff zur nüglichen Arbeit, und die Anzahl der Cons furrenten der Gefelfchaft vermehrte ſich — Auf diefeg hin dehnte die Gefellfchaft ihren Plan noch niehr aus, und nahm die ganze Naturkunde in denfelben auf, und belohnte, um noc) gemeinnüßiger zu feyn, fogar andere vaterlandiz ſche Handlungen, wie jene 5. B. über die peinliche Gefeßs gebung , mie das Peftalugifche Inſtitut, des Hr. Polier von St. Germain Werf fur le Gouvernement des maurs u. ſ. w. die ganz auffer ihrem Plane waren. * Sie beſteht noch immer in ihrer ganzen Einrichtung, ihr Committe verſammelt ſich noch immer monatlich zweymal — ſchreibt noch immer Preißfragen und Praͤmien aus; allein wenn gar keine Antworten auf dieſe Preisfragen eingehen, ſo kann man dieſe Lauigkeit des Publikums der Geſellſchaft gar nicht zur Laſt legen. S.83. Römt der Verfaſſer auch auf einen Gemeinplatz, den man fo oft nachgeſchrieben, ſelten oder niemals genau uns terſuchet, meift unrichtig vorgeftellet, und allemal übel anges wendet , und gang falfche Folgerungen daraus gezogen hat. » Handlung und Manufafturen heißt eg, find in Bern um „fo weniger in Aufnahme, da dergleichen Gewerbsarten „für unverträglich mit dem Anfehen rachefähiger Haͤuſer » gehalten werden, welche vor andern Rröfte zu betrachts lichen Unternehmungen hätten. „ Diefe feltfame Aeufferung ganzlich und mit den £reffendes fien Thatfachen gu widerlegen, iſt hier der Raum zu kurz; Kecenfionenm 367 aber einige Zurechtweifungen, die das einfeitige folcher Urs theilen genug bemeifen fönnen — wollen wir anführen. Seglicher unbefangene Denker wird mit ung darinn übers einſtimmen, daß zum Flor der Handlung in einem Lande hauptfächlich eg mehr darauf ankomme, daß der Handel von der Regierung gefehügt, geachtet, nicht gedrängt, nnd nicht mit Abgaben belaftet fey, als in welchen Händen er fich. bes finde, Ferner zeigt die Gefchichte und die Erfahrung, daß eine Stadt, wo die Negenten felbft Handlung freiben, deshalb nicht immer der glückliihfte und dauerhaftefie ges wefen fey und noch) iſt. Aus diefem erfieht man die Unrichtigfeit des Schluffes des Verfaffers leicht, wenn er den Flor der Handlung nur darinn fucht, daß die Regenten felbft Handelsleute feyn follen. Diefes ift zwar in denjenigen Kleinen Republifen und Staas ten , die nur aus einer Stadt und Eleinem Gebiete befieben und deren Wohlffand einzig auf dem Flor der Handlung bes ruhen, nothwendig und folglich ihre Einrichtungen den Vers hältniffen des Staats angemeffen ‚ indem Handelsleute bier die beite Rathgeber find. Ganz anders verhält es fich aber mit Staaten von grofe fer Ausdehnung , Abwechslung und gänzlich verfchiedener Lage: Wo der Regent, oder das Mitglied der Regierung ganz Regent in aller feiner Ausdehnung, nach allen feinen - Blichten und Kenntniffen feyn muß, wenn das, allgemeine Belle berathen ſeyn fol, So iſt ed mit Bern, Die Pflichten, Gefchäfte und Ver⸗ hältniffe in und bey der Regierung find fo groß und fo wich? tig, daß fie fih mit feinem Nebendberufe vertragen , noch weniger mit einen folchen, wo Privat, und Kaufmännifches Intereſſe mit dem allgemeinen Beften in Collifion fommen könnten: Ein Land, fo den dritten und fchönften Theil Hels vetiend ausmacht, das aus fo verfchiedenen Voͤlkerſchaften, die alle unter fich eine fo groffe Mannigfaltigkeit von Freys 368. Necenfionew heiten und Gerechtfame befigen, befteht , zu regieren, dazu gehört eine gangeigene Klugheit, Sorgfalt, und gröffere Ile berficht,, als ein Staat von wenigen Stunden Bezirk. Daher legen fich die meiften jungen Berner, die fich dem Staate wiedmen, auf folche Wiffenfchaften , die ihnen im hoͤhern Alter Nuten bringen Eönnen, z.B. auf die Rechte, vaterländifchen Gefchichten , arbeiten denn in öffentlichen Büreand, um daß vituale und den Gang der öffentlichen Gefchäften fich befannt zu machen — befuchen aufeinige Jah— re deutfche Univerfitäten, und bereifen fremde Länder. Diefe Vorbereitung zu einem Staatsmann ift zweckmaͤßiger und nüßlicher, als jegliche andere; beffer ift es einem gröffern Staate, wenn der Handeldmann nicht regiert, und der Mes gent nicht Handelt, fondern jeglicher in dem ihm von der Vorſehung angemwiefenen Zirkel feinem Berufe mit Br Eifer und Kenntniß vorfteht. Des Verfaſſers Ahndung ift alfo tibel angewendet, und: eben fo einfeitig, ald wenn man fagen würde, im Breußis ſchen wären die Handlung und Manufakturen in Abnahme; warum? weil der Soͤnig und fein Miniſterium folche Ge werbsarten mit ihrem Anſehen unverträglich Halten. Wir verfichern den Verfaſſer, daß nicht leicht in einem Staate der Handel freyer, uneingefchrankter , unbedrückter it, als im Kanton Bern , und daß die Regierung den Mas nufafturen fehr oft mit wichtigen Geldvorfchüffen geholfen bat. Der Verf, Eannte aber Das Land zu wenig — fuchte Handel, wo er nicht ſeyn konnte, und fand den Handel und Kunftfeiß da nicht, wo er wat. | © 84. Die Aufiwandgefege find in Bern weniger fcharf als in Zuͤrich, Baſel und Schaffhauſen. Equipagen find nicht verboten — und höchft felten fahrt man mit mehr ald zwey Pferden. — Weil, wiefchon oben gefagt wurde, der Berfaffer im m Sommer Bern befuchte, fo waren bie meiften Reichdegüs — Bu / Recenſionen. 369 terten mit ihren Equipagen auf dem Lande, und — Gott lob — in diefem Punkte ift noch Fein übertriebener Luxus. ©. 86, Der Hügel, auf welchem Bern liegen foll, ift nicht eine Kalkgeſchiebwacke, fündern ein Sandflein (Coſ. quadt. ) — So aud) die Gedürge um Yern, und nicht Kalkftein. ©. 90. die Gegenden um den Thunerfee find unrichtig angegeben. Die Nafe ift das in den See fallende Ende des St. Beatenbergd. Der Ralligen Bera if ein mit dem Bed» tenberg parallel laufendes und gleich hohes Gebürge, deſſen Spitzen eben wegen jenem Barallelftreichen gemeiniglich mit dem Beatenberge verwechfelt werden. Zwiſchen beuden liegt Das wegen feinen guten Käfen befannte Juͤſtisthal, das bey Meerligen fich endet. Der Nieſen iſt gat nicht ein voll: fommener , einzeln ſtehender Kegelberg , fondern nur der Spiegel, d. i. dag plöslich abgebrochene Ende einer groffen Gebirgskette , auf welcher ich noch weit höhere Spitzen, als er it, befinden. — PByramidalähnliche Blaͤtter hat er wohl nicht, wohl aber hie und da fteil abgeriſſene Seiten: fächen. Das und nicht der Stockhorn kann noch weni, ger ein Kegelderg heiſſen. Wimmis iſt ein Schloß und der Sitz eined Landvogts, und ein Pfarrdorf an der Kate der; der fonderbare Hügel, an welchem es anliegt, heißt die Burgfluh. Das Stockhorn iſt gar nicht, oder nicht viel niederer, ald der Kiefen ; vom See ausgeſehen ſcheint er frey⸗ lich niederer, ©. 93. Der Beatenbach koͤmmt ganz aus dee Höhle. - ©. 94. Der Berfaffer hat den artigen Meerliger- Mare mor, den Gruner richtig befchreibt, und der wahrfchein. lih aus verfteinten Schnedenfichaalen befteht , am unrechs ten Orte gefuchet, indem er ob Meerligen, und nicht bey der St. Beatenhöle bricht. ©. 95. Man fchreibt Sundglauenen und nicht Zunk— glaulen. Magaz. f. d. Naturk. Zelvetiens. 1,8. Aa Pop, 6 ge = 14 379 Recenſionen. ©. 98. Wengberg iſt nur ein Theil dieſes mächtigen Bergſchocks, das keinen allgemeinen Namen bat. Zwifchen ihm und der Jungfrau iſt noch ein groffes Thal, aus dem > der Trümleten, oder Trümelbach hervorfieft. Eigentlicher fehließt der Wengberg durch die Bl a na an den Eiger an. i S. 110. SchmadriRüd und Großhorn find zwey ganz verfchiedene Berge. ©. 113, Die vberfte Spitze der Jungfrau ift vom Pfarts hauſe im Lauterbrunnen nicht ſichtbar; das daſelbſt bemerks bare kegelfoͤrmige Horn ift auch eigentlich nur das Ende eis nes ſchmalen Schneegratd, der fi) von da füdmwärts ges gen das greoffe Fungfrauen » Horn binzieht. Sonſt wird jenes zumeilen auch, wegen feinem Gilberglanz, Gilbers horn genennt. E. 117. Seit der Wiederherftellung der Bergwerken in Sichellauinen ift Doch der Weg tiber den Gletfcher ins Wallis einigemal wieder gemacht worden. Etwas gefährs lich und fehr befchwerlich ift er immer. ©. 119. Die Kupferfiiche find fchön, in Rüdicht des Stichs und der Kunft, in Rüdficht aber der Natur zu fehr ideal und zu willlürlich, B. (Die Sortfegung naͤchſtens.) LU u A I 2 Fa te Zu we 2 372 Vermiſchte Nachrichten. Bon der Bevolkerung in Helvetien. *) Zuͤrich Stadt, 17 Betauft. eben, Beftorben. Mañsprſ. Weibsprſ. Sume. Maũñsprſ. Weibsprſ. Sum̃a. 399. 96. 318., | 190. | 209, 278. 596. | Mehr aeflorben als gebohren. 197. — — 1785. 213. | 205. | 478. j 180. | 301. | 295- | 596. Mehr geftorben, als gebohren. 176. Lutzern Gtadt. 1784. 37. | 58. | vı5. | 78. | 52, | 50, | 102. Mehr gebohren,, als geftorben. 13. 1785 64. | 50. | ra | 56, i 54. 54, | 108 Mehr gebohren, als geftorben. 6. *) Diefe Nachrichten find von den mehreſten Helvetifhen Gegen: den fehr ſchwer zu erhalten, und das entweder aus Mangel von Anftalten dazu, oder ans Vorurtheil. Es ift zu hoffen, daß man nad) und nach bey mehrerer Aufklärung endlich die fo-un, gegründete Turcht einerfeits , und den fo audgezeichneten Nutzen einer Publiziiät, Die das Beſte des Vaterlands zum Endzweck Vermiſchte Nachrichten 373 Canton Unterwalden. Nid dem Wald. 1784. — Betauft. Ehen. Geſtorben. Mañsprſ Weibsprſ. Sum̃a. Mañsprſ. Weibsprſ. Sum̃a. Rs ⸗ 2741; : 4 s 332. Mehr geftorben, als gebohren. 58. 1785. BF TER E08 me gebohren, al® gefforben, 72. Glarus. Evangeliſcher Religion. 1784. 352. 350. | 702. j 107, | 286, | 275, | 561, Mehr gebohreen, als geſtorben. 141. Worunter 21. Perſonen, die über 80. und 6, über 90. Sahte waren. I „ 8 % 349. | 343. | 692. I 146. l I9I. | 235. | 426, Mehr gebohren als 266, Shweik. 1785. ⸗ | ⸗ | 1150 | 290, 1 ⸗ | ⸗ | 1040. Mehr BrCODIEN, als geftorben. 110. hat, ehe wird; big dahin wollen wir anführen, was man uns gerne ſelbſt cinſendet 374 Bermifhte Nachrichten Stadt Bafel 1784 PR 4 Betauft. Eben. Beftorben. Mañẽprſ. Meibsprf. Suma. - HMansprf. [Weibsprf, ſSum̃a. Bürger. | ⸗ 184.1 74. | ⸗ . 27%: Mehr geftorben, als geboren. 33. Auebüng. | ⸗ iso. ⸗ ⸗ 147. Mehr geboren, als geſtorben. 12. Landrat] ⸗ | 3 | 264. 4 | 532. Mehr geboren, als geftorben, 293. | | 1785. n Sütger, || 5 | 2 | 55, 2 | | Mehr geflorben, als geboren, 16. Ausbürg. ** 168. |, 4 1 ⸗ ⸗ 213, - Mehr geftorben , ale geboren. 45. Landſchaft 2 | 882.| 233. | + 4 | 5#- Mehr geboren, als geftorben. 334. | 237. Stadt Shaffhaufen 178% Pe ms. 46. — | ⸗ | 119. Mehr un als ke 4» Aubbies. ⸗ — ⸗ J ⸗ | J— Mehr geboren, als geftorben. 22. ogermifäte Nahrilhten. Hr Stadt Schaffhauſen. 1785. Betauft. Ehen. Geftorben. Mañsprſ. | Meihsprf. — ⸗ I Weibsprſ. Sure. Bürg. 53 | 62. | zı5.| 46. | 58. 61. | 119, Mehr geftorben, als geboren, , 4 Aus⸗ Burg. 29. 24. 53.| ⸗ | 17. | | 36, Mehr neboren, als geftorben. 17, v Appenzell. Auſſer Roden. 17872 . | ⸗ |15s7| 387. | ⸗ | 1404. Mehr geboren , als geftorben, 174 1784. Is hd + 5 Ines. Mehr geboren, als geftorben. 391. 1785. ⸗ ⸗ |1760.| 420. 5 2 | ⸗ — Mehr geboren, als geſtorben. 582. *) *) Welcher Menich.nfreund fremet fich nicht über dieſe fo ausnehmen⸗ de Progresion bey den Ehen, und bey der Bevolferung in dem fo arbeitfanıen Appenzell, Wäre auch dieſes nicht ein Beweis von den Früchten der Freyheit, der von fo vielen verfchrienen und ver- lachten Freybeit? Wäre diefes nicht ein Fingerzeig für verſchie⸗ dene Staaten? 3 Bermifchte Nachrichten Stadt St Gallen | ı784. Betauft. Ehen.— Seſtorben. Weibsprſ. ISuma * — * * 78. 49. ⸗ 77. \ 126. Mehr geſtotben, als geboren. 54. 1785. Maũsvſ. "or 7 203, 96. ! 69. | 165. | 46. 86. | 103. 189, Mehr geftorben, als geboren. 24. Chur. IM 84 ES Mehr geftorben, als geboren, 17, 1785. de | Mehr geftorben, als geboren, 3. * * %* Schon lange vermuthete man nach gemwiffen und verſchie— denen Anzeigen, daß in dem Wahlenberg in der Landvog— tey Zwingen, Bisthum Bafel, ungefäbr eine halbe Stunde feitwärts der groffen Landſtraſſe ſich Steintohlen vorfinden foliten. Diefer Vermuthung zufolge hat ınan dort einige Schächte abgeſunken, und ift auf einige Lager gefommen, Allein da fhon ben weniger Tiefe das Tagwaſſer eingedrum gen, fo hat man den Schacht aufgeaeben, und fich entichloffen, % a — ” Be, Bermifchte Nachrichten. 377 einen Stollen einzutreiben, um ſowohl der Grube Waſſer— Loͤſung zu verſchaffen, als den Bau zu erleichtern. Dieſer Stollen ſetzt mit 6. Fuß Höhe und 4. Fuß Breite 216. Kös nigsſchuh weit durch ein Gebirg von Sandfein ind Feld hinein. Man fand 4. Klößtrümmer von guter Stein kohle. Dad legte Trumm iſt nur 13. Zoll mächtig alle feinen fich aber zu einem einzigen mächtigen Floͤtz * men zu ſchaaren. Nach dem Gebirg und dem ganzen Floͤtz zu urtheilen, ſcheinen alſo mächtige Kohlenlager nicht zu fehlen. Da aber die Ausforderung, ſowohl in Rückſicht des Gruben, baus, ald der Aufficht über den Abfag vorzünliche Aufmerk— ſamkeit erfordert, fo wünfchte man, Daß fich eine Gefel; fehaft zu einer Gewerkichaft für diefes Unternehmen zuſam— men vereinigen wurde. Diejenigen, fo einzuftehen Luft has ben, können ſich bey dem Hochfürftl. Biſchof Basi. Rath Herrn Cueni jn Pruntrut anmelden , der tiber alles ae nausre Nachricht mittheilen wird, * * * Im Frutigthal iſt wieder ein ſchoͤnes Steinfohlen: Flög entdeckt worden, welches man ſchon wirklich bebauet. Die Kohlen find vortrefich und der Verſuch mit denſelben Ziegel zu brennen, ift letztlich in Bern gut ausgefallen, Auſſerdem werden noch im Simmenthal bey Boltigen, fer ner auf dem Beatenberg obenher Thun, bey Tfehangnau im Emmenthal, bey Gondifchweil-im Aergau, und bey Dauder im Pays de Daud,. Steinkohlen gegraben. Welch eine fchöne Ausficht bey guter Beforgung diefer Ges werfen zu einem fo nöthigen Holzerſparniß im Lande! x * * An dem rechten Ufer Cim Hinauffahren ) des Brienzer, Sees unten am Brienzerberg in einer Gegend, die man Nun nennet, bat man cine Grube mit dem fchönften feladons % a , 378 Vermiſchte Nachrichten. grünen Flußfpath entdeckt, der das fonderbare hat, nicht gangweile , fondern in groffen Waffen in einer gelben Leims erde zu brechen. x * x Folgende Pflanzen find feit des Groffen von Hallerd Tod noch in Helvetien gefunden worden, Die nicht in feinem gröffern Werke ſtehen. 3 A Alma arunkuloides — Pfarrh. Did. 2. Dianthus arenarius — Wiorell Apothek. 3. — diminutus — v. Shall. Sohn / d. S. v. 5. 4. Poa rigida — — Sorimier v. Aubonne. 5, Sciijus kolofchoenus, 6. Euphorbia falcata, — Reynier. 7, Vaccinium mucronatum Morell. 8. Vicia peregrinn — — Übomas. 9 Data — — — Thomas. 10. Spartium purgans. — Thomas. 11. Draba pyrenaica — Kitt. 12. Geranium pyrenaicum? 13. Geniſta decumbens. — Morell. 14. Potentilla alba. — Duclos. 15. Ilex Europæus — Lorimier. 16, Hypocheris maculata — Gagnebin. 17. Cerinthe min. — Sorimier, 18 Hibiscus Trionum — FSavro. 19. Hierarium alpeſtre Jacqui, Haller. Bermifchte Nachrichten 379 Antündigung einer Helvetifben Flora | von Herrn Apotheker Morell, ' in Bern. ’ Der herannahende Winter hindert mich an der Fortfes zung einer Unternehmung , die von aroffem Umfang ift, und zum Theil fih auf der genauen Beobachtung der Nas tur ſelbſt gründet. Mie Sie wohl wiffen iſt es ſchon eine alte Klage der Helvetifchen Naturkundiger, daß Haller ſowohl in feiner Enumer, Stirp. ald Hiftor, plantar, ſich nicht mit. Sinne vereinigt , und Daß er weder feine Klaffen, Ordnungen und Eintbeilungen, noch Gefchlechter und Arten» Benens nuna angenommen babe ; erftere Abweichungen vom Schives difchen Gelehrten find aber weit weniger fihmerzhaft, als die letztern: denn dieſe bringen nicht nur den Anfänger diefer Wilfenichaft in Verwirrung, fondern ſelbſt die Ge; lehrtern find oft nicht im Stande in gröffern Gefchlechtern die wahre Spezies zu beftiimmen, weil feine Befchreibuns gen von jenes Gelehrten feinen ſtark abweichen, und feine vivials oder Artenbenennung dabey ſtehet. — Da nun nicht nur dieſe Mängel unfrer Helvetifchen Flora eigen find, fordern man auch feine Eremplar jener fchönen vortrefichen Werke, die jederzeit ein Muſter der Gelehrfamkeit, und 30 Vermiſchte Nachrichten des groffen Mannes, der fie ſchrieb, groffer Ruhm blei⸗ ben werden ‚ finden kann, fint derfelben Herausgabe auch mehrere Berichtigungen und neue Arten find entdeckt wor⸗ den, die die Zahl unfrer innländifchen Pflanzen um ein beträchtliches vermehren , fo ift bey mir der Gedanfe reif geworden , Hallers Werk mit den Linnäifchen Benennun⸗ gen bereichert, und mit jenen Zufägen neuer Pflanzen vers mehrt herauszugeben. Um aber diefem Zwerf näher zu kommen, und bie Lers nenden (denn für dieſe vorzüglich foll es gefchrieben wer— den ) durch ein leichtes fagliched Syſtem mit den Pflanzen geichwinder bekannt zu machen, habe ich mir dazu folgens de Einrichtung gewählt, weil ich das fchwere des Halleris fchen mit dem allzufünftlichen des Linnänifchen zu vers binden getrachtet habe. Hier höre ich fehon manchen als ten Botaniker ſagen, wozu Doch ein neu Syftem, wir has ben ihrer fchon fo viel, und nicht jeder wird ein neu Sys ſtem erlernen! Hierauf kann ic) nichtö weiter fagen, als es ift ein Verſuch, und dient eher für neu angehende als aelehrte Botaniften. — Eine allgemeine Eintheilung bey diefer bleibt erſtlich: Pflanzen mit fihtbaren Befruchtungswerkzeugen, und zweytens , ohne fichtbare Befruchtungstheile, — Dieſes ift jene von allen Schriftftelleru, feit Linnaͤus ange nommene Haupteintheilung. — Bey diefer kann man kaum irre gehen. Die fernere Abtheilung der erftern Eintheilung iſt: 1. Blumen mit verwachfenen Staubbeuteln , oder 2. Mit freyen Staubbeuteln. Erflere werden dem nach der Zahl ihrer Staubfäden und Staubbeuteln in 12. Klaffen vertheilt, Letztere begreifen alle Kores compofiti, und einige Gy⸗ nandriften, und noch andre Pflanzen in ſich, deren aber wenige find, > | Vermiſchte Nachrichten. 381 * Die ganze Eintheilung waͤre demnach: Flores conſpicui antheris liberis. ı, Monandria. — Stamine unico. 2. Diandria., — Stamin, 2, in flor. 3, Triandria, — — 3. * 4. Tetrandria. — — 4. 6. Pentandria. — — 5. — 6. Hexandria. — — 6. Ar 7, Heptandria, — re A — 8, Odandria, — — 8. — 9, Enneandria. — — 97. — 10. Decandria. — — 10. — ı1, Dodecandria. — — ua ı2. Polyandria, — -ultra 12. in flor. 13. Syngenefia — Antheris cennatis, 14. Cryptogamia, flores imperfedi , frudificat. non diftinda — — Es iſt leicht einzuſehen, dag bey diefer Klaſſenordnung nicht viel Kunſt und keine groſſe Kenntniß vorausgeſetzt wird, als die Kenntniß der Staubbeuteln, und die Begriffe von einer deutlichen beſtimmten Fruchtbildung. Hier kann alſo der Lernende kaum die Klaß verfehlen, ohne blind zu ſeyn — und die Zahlen nicht zu kennen. Was die Inter, Ordnungen und Abtheilungen jeder Klaſſe betrift, fo find diefelben bimmelweit von einander verfchie den; nach dem Habitus der Pflanzen, fo in Derfelben vor- fommen , find auch die Abtheilungen getroffen worden; und dieß fiheint mir einer der vorzüglichfien Bortheile Dies - fer Eintheilung zu ſeyn, daß die Ordnungen nach den Pflan— zen gezogen werden; umd Daher die, fo einander nahe vers wandt find, nicht wegen einer vorläufigen Unterabtheilung * SE 388 Vermiſchte Nachrichten. muͤſſen getrennt werden. So iſt z. B. die zweyte Klaſſe fol- gender Art in Abtheilungen gebracht worden: Jafminee. Jafminum , Liguftr, Syringa, Veronice. _ Veronica, Affines zpetale Circza? Ringentes. Roſmarinus, Salvia, Gratiola, Affines Lycopus Orchidee, Orchis, Satyrium, Ophris, Scrapias, Cypripedium. Affines, Pinguicula , Utricularia, Julifere. Salix, Gramina, Anthoxanthum, Apetale. Fraxinus, Lemna. Bey diefer zwar kurzen Skizze eines ziemlich natürlichen - Syſtems iſt folgendes zu bemerken, Def jene Pflanzen, Die mit vielen Pflanzen aus einer andern Klaffe fehr nahe nnd fehr beflimmt verwandt find, wegen der natürlichen Klaffen» Hrdnung nur allda angezeigt bleiben; hingegen inihrer natürz lichen Klaffe eingerückt und befchrieben werden; fo werden z. B. die ringentes alle in der vierten Klaffe zum Borfchein kommen. In einem andern Gefichtspunft erfcheint nun , die für fich fo übergroffe Pentandria , bey welcher ich nun eine erfte Abtheilung nothwendig fand, che ich die natürlichen Ord nungen feftfeßen konnte. — Gymnoſper mæ. «. Aſperifolia vel Gymnotetraſpermæ. | . Umbellifera feu Gymnodi/perm«. . Gymnomonofperme . Gymnopentafperme, Campanulate, . Gentiane. . Primule, Verbafca feu rotata, . Stellat Linum vel Largophylles, Solanacee. . Sarmentaces, Fruticofa. Scabride. . Holeracia vel Chenopodia. . Amentacea, . Aromale, Anomal«, Capfulifer«. Baccifera. dpetale, 2 BRZRRNE IRRE IJ Vermiſchte Nachrichten. 383 Wer in dieſer hoͤchſt weitlaͤuftigen Klaſſe eine Pflanze aufſuchen mußte, hatte groſſe Muͤhe ſelbige zu finden; ob? ſchon nun weder jene, noch jede andre meiner bisher feige zierten Abtheilungen auf dDiefen Fuß bleiben, fondern einer gänzlichen Ausarbeitung unterworfen feyn follen, ſo fann man Doch hieraus den Plan fehen, nach welchem ich diefe nas ' - türlichen Ordnungen einzutheilen gedenfe, — So viel ich in der Botanik bewandert bin, kenne ich fein Syſtem, das aus kuͤnſtlichen Klaffen, und natürlichen Ordnungen oder Fas milien beflünde ; alle Autoren haben entweder fich ganz an ihrer Eünftlichen Eintheilung gehalten , oder find bey ihrer Klagification nur an natürlichen Klaffen Hangen geblieben : daher erftere viele Familien trennten ; legtere hingegen mit einer unendlichen Zahl Pflanzen nirgends hinwußten, ſon—⸗ dern unkennbare Kamilien bilden mußten; bey meiner Art Eintheilung wird allem begegnet, die Familien bleiben bey einander (einige Anomalien ausgenommen, die nicht zu vermeiden find) und jene Eleinen individua finden fich doch neben diefen, vermöge Diefer Fünftlichen Vertheilung. Da ich, wie fchon gefagt, in den Wintermonaten wenig an meiner Eintheilung verbeffern, wenig jene Befchreibungen von Haller berichtigen oder Doch vergleichen kann; fo fodre ich hiemit alle Pflanzenfenner auf, mir ihre Meinungen und Urtheile über diefe Unternehmung miizutheilen, und da Haller eben fo wenig eine Flora Helvetica, ohne die Beyträge feiner Freunde hätte zu Stande bringen können; fo hoffe ich auch zuverfichrlich , daß meine Freunde und Gönner Das ihre dazu beytragen , und bie und da mit einigen neuen Pflanzen das Verzeichnif vermehren werden. Noch eine Abficht meiner Arbeit ift dieſe, ein für Excurfio. ‚nen commodes Handbuch zu liefern, damit mon Yallern und Linné nicht jedesmal mitzufchleppen vonnötben habe, Zu dieſem Endzwecke werde ich fo viel möglich die Lins naͤiſchen Gefchlechte und Artbenennungen beybehalten, wo A \ 284. Vermiſchte Nachrichten. aber der Schwediſche Gelehrte von ſeiner eigenen Ge— ſchlechtsbeſchreibung abweicht, Zallers Geſchlecht oder eines andern Gelehrten ſeine beyſetzen. — Ferner ſoll die Halleriſche und Linnaͤiſche Artenbeſchreibung beygefuͤgt, auch wenn etwa einer der alten Autoren eine vorzüglich Deutliche Beſchreibung gegeben, felbige nicht vergeſſen wers den. — Bey feltnern ſowohl ald gemeinen Pflanzen werde ich) den locus natalis nicht weglaffen; auch die deutfche und provincial Benennung, fo viel felbige bekannt, den oͤcono— miſchen, Den medizinischen Gebrauch , ob e3 fchädliche oder unfhadliche Pflanzen feyen, fo kurz und bündig, als fich thun laßt, anführen. Auf diefe Weile hoffe ich ein nuͤtz— liches und zur Beförderung der Pflanzenkunde dienliches Werk, mit Beyhuͤlfe meiner Freunde und Gönner zu Stande zu bringen. * % * Herr Hoſpital Prediger Studer in Bern, arbeitet an eis, nem volltandigen Conchyliologiſchen Werke , welches: eine groffe Menge noch unbekannter Helvetiicher Erd» und Fluß» Schnecken beichrieben und gezeichnet enthalten wird. * * — Herr von Berchem in Loſanne arbeitet an einer Zoologia Helvetica. Folgende wahre Begebenheit verdient zum Denkmal des Muths und der Geiſtes-Gegenwart eines' Einwohners von Grindelwald aufgezeichnet der Nachwelt hinterlaſſen zu werden. Chriſten Borren, der Wirth im Grindelwald, einer der muthigſten Bergbeſteiger, wollte anfangs Julii dieſes Jahrs Vermiſchte Nachrichten. 385 Jahrs (1787.) eine kleine Heerde Schaafe und Ziegen, die an dem Fuſſe des Mettenbergs, ob dem obern Grindel— wald, Gletfcher weideten, uber den Geltfcher an die Seite des Wetterhornd führen, um dort, wie er ed fehon oft gez than hat , einige Weidpläge für fein Vieh zu benuten, Bey ihrem Uebergange über gedachten Gletfcher Fam die Heerde mit ihren Führern zu einem Gletfcher- Spalte, woruͤ— ber die meiften Thiere, nebſt Borrens Knecht (Chriſten in Ebnit) fprangen. ur einige wollten nicht hinuͤber; da nahm Borren einen, und wollte ihn hinuͤberwerfen. Mitten im Diefer Beichäftigung aber fiel unter ihm eine groffe Gletfchermaffe ein, und er flürzte 64. Fuß tief in eis nen abfcheulichen Gletſchergrund hinunter zerbrach fich den linfen Arm, und verrenfte noch die Hand. In dieſer Eis— tiefe wäre Diefer Mann nun augenscheinlich verfahren ges wefen , hätte ihn fein Muth und Geiftegftärke verlaffen, Er wußte, daß von dem Wetterhorn hinunter der ſogenann— te Weißbach fich ſtuͤrzt, daß dieſer fein Waſſer unter dem Gletfcher verliert, und daß folche in dag Eis’ fich ſtuͤrzende Baͤche daſſelbe immer einigermafen _ aufhöhlen. Auf diefe Unterhöhlung gründete er fein Gefahr: und Muthvolles Unternehmen. Er grub und drängte fich dieſem zufolge in der finftern Gletfchertiefe, ohngeachtet feines zerbrochenen Arms bey 130. Schuh lang, oft aufden Bauche rutfchend, oft auf den Knien arbeitend hindurch, und Fam glücklich an dem fich vorgefegten Drte bey dem Weißbachfall am Wetterhorn wieder unter dem Bletfcher hervor. Die ganze Begebenheit' iſt Oberamtlich unterfucht, auf gefchrieben, und in unfern öffentlichen Blättern durch den Druck bekannt gemacht worden. Auf meiner legten Bergs reife C 4. Wochen nach diefem Fall) wartete und Dies fer Wirth fchon wieder auf, und begleitete und zu dem Gletſchern. Soͤpfner. Maga. f. d. Naturk. Helvetiens II. 85. Bb — 386 Vermiſchte Nachrichten. * ⸗ * * * Auf die in dem erſten Bande des Magazins der Natur Eunde Helvetiens angekündigte Preisfrage, „eine richtige , „»beflimmte, der Natur der Steinarten angeıneffene Eins „theilung , Benennung und Beichreibung aller derjenigen „, Gebirgsarten, die jest unter dem Namen von Horte „fchiefer, Chonfchiefer, Waten, und allen iu diefe Klafs „fe einichlagender Gebirgsarten befaunt find, zu verfertis »gen, folche durch deutfche und lateinifche Trivialnamen „genau zu beſtimmen, und Geburtsort und lokal Benen⸗ „nung anzuführenz„, find 4. Antworten eingelaufen. Die erfte mit dem Motto: in arduis — ardere fat eff, und die zweyte mit dem Motto; Mercurius figit Venerem find fo ausgefallen, daß wir nach öfterer mühfamer Durch— leſung zur Ehre der Verfaſſer den Entfchluß genommen has ben, die Zedel zu verbrennen, um niemals der Verſuchung zu unterliegen, Die Namen derfelben erfahren zu wollen. Die zwey folgenden Auffäßeaber, davon einer mit dem Zeichen B,.K, und der andere mit V. C, A. bezeichnet waren, has ben unfere Erwartung fo übertroffen, dag wir lange in Verlegenheit waren, welchem den Vorzug zu geben, und welchen den Preis zuzuerkennen. Unſerer Unentfchloffenbeit ein Ende zu machen, und dev Gerechtigkeit aufs genauefte zu folgen, wurde befchloffen , einer jeglichen diefer Preis antworten den Preis zuzuerkennen, und folglich die mäßige Summe des Preifed zu verdoppeln. Leid iſt ed uns, daß unfere eingefchränften Verhältniffe nicht mehr erlauben, \ Bey Eroͤffnung der Zedel, war Here Bergkadet Kavs ftei in Halle der Verfaffer der Abhandlung mit Dem Motto B. K, und der zwepten Herr Berg: Selretarius Doigt in Kermifhte Nachrichten 397 Meimar. Niemand wird in Abrede feyn, daß von diefen benden Männern , die fich fchon Durch öffentliche Arbeiten auf das rühmlichfte befannt gemacht Mabru — nichts ge⸗ meines erwartet werden kann. Herrn Rarſtens Abhandlung erſcheint im dritten Bande des Magazins, und Herrn B. S. Voigts im vierten Bande. Beyde zur Oſtermeſſe 1788. Herausgeber d. Mag. z. Naturkunde Helvetiens. Fragen. Wo und wie werden die fogenannten Emmenthaler Schaubhüte verfertiget ? 4 ® % % Wo wird im Kanton Bern der meifte Milchzucker vers fertiget, wie gehen die Küher bey feiner Berfertigung zu Werke? u 388 Bermifchte Nachrichten. Preisaufgaben von der Naturforſchenden Geſellſchaft von Zuͤrich, ‚für die Landleute des Zuͤrich-Gebiets, auf den Maytag 1788. Die Naturforſchende Geſellſchaft allhier hat dies Jahr Die auf die Beantwortungen der auf Maytag 1787. aus⸗ geſchriebenen Preißfragen uͤber den Rebbau gefesten Preis fe auf folgende Weiſe beſtimmt: Den ıften Preis von 2 Dufaten, Rudolf Yrägeli, von Hottingen. Den 2ten Preis von I Dufaten, Heinrich Muller, son Nudolfingen, Den zten Preis von ı Dufaten, 38. Ulrich Poͤlſter⸗ li, von Wifendangen. Den 4ten Preis von ı Eronenthaler , Weibel Steiger, von Uetiken. Vermiſchte Nachrichten. 389 Den sten Preis von ı Cronenthaler, Johannes Ban: ninger , von Ober, Embrach. Den 6ten Preig von ı Cronenthaler, Selir Schweir zer, und Hs. Ulrich Derrer von Dberglatt. Den zten Preis von ı Cronenthaler, Johannes Rölli; fer, von Thalmiil, Die Geſellſchaft erkannte mit wahrem Bergnuͤgen den Werth der eingegangenen 14. Schriften — und verdankt den damit befchaftigten würdigen Männern — ihre nüg: lichen Bemühungen mit warmem Herzen; — die Arbeis ten derer, fo nicht zu den Preifen gelangen konnten — find nicht vergebens — fie helfen durch ihre beiondern Bemerfungen ein Ganzes bilden, welches über kurz oder lang durch DBerbreitung in unferm Land ſchoͤne Früchte hervorbringen kann. Welche Außficht für jeden, der fein Vaterland liebe, und feinen Wohlftand auf die oder dies fe Weife befördern Hilft, wicht ohne innere Belohnung bleiben wird, — Nachdem die Geſellſchaft in den letztjaͤhrigen Preis⸗ fragen auf die beſondern Eigenſchaften der Reben ihr Augenmerk gerichtet — ſo ruͤckt ſie nun weiters fort — zu der Bearbeitung derſelben; und da das Schneiden der Reben die erſte Arbeit iſt, ſo wuͤnſcht fie von un, fern lieben Landleuten die Beantwortung folgender Fragen: I. Zu welcher Zeit ift e8 am vortheilhafteften die Ne ben zu fehneiden , und was für Schaden fann von all, zufruͤhem oder allzufpätem Schnitt erwachfen ? II. Wie muß das Holz befchaffen ſeyn, das man zum Schneiden auswaͤhlt? Welche Neben mögen Bögen erlei— den, und welche nicht? Wie viel Schoß und wie vief Augen follen gefchnitten werden nach Befchaffenheit deg 374 Vermiſchte Nachrichten. Bodens, der Lage des Weinberged ı ‚und —* Beſchaf⸗ fenheit des Gewaͤchſes? 4 III. Was für Arbeiten ſollen vorgenommen werden nach dem Schneiden, bi zum Erbrechen der Neben — zu welcher Zeit, in welcher Drdnung, und auf was Weis fe follen diefe Arbeiten vorgenommen werben ? % | * x Die Beantwortungen diefer Preisfragen müffen big Ende Jenners 1788. franco an Sefretarius Joh. Com rad Nuͤſcheler im Neuegg eingefande werden... n > Drucfehler im ” sweyten Bande Geite 12, Note. iſte Linie, lied Altar, anfatt Alter, pe — 19. 2te Linie von oben, lied Roverea, anſtatt Rovien. 32. Note, ate Linie oben, cinerescente, anſtatt cineraſcente. 84. Note, ste Linie, Schörl, anſtatt Schuͤrl. 85. zıte Linie von oben, Kirwan, anſtatt Kirwann. — igte £inie von unten, Steingut anſtatt Stein gut. — ate Linie von unten, Stüce, anfatt Stüden 87. rote Linie von oben, genuͤgten, anſtatt gnügten. 108, gte Linie von oben, durchftreiche uns. — Note. — — — — — — lies von Muralt. 161. Note. ste Linie von oben, Lengnau, anf. Langnau. 162. 2fe £inie von oben, de Morveau, anftatt Morfeau. — ate Linie von unten, Lavoiſier, anfatt Lavoſier. 171. 72te — — oben, Biddes, ankatt Ciddes. 173. zte — — oben, Soncebotz, anſtatt Somebotz. ae ar ns — — | — Iuprtiniid ‚ana ara Ak nn en r Be Kine SER TER 2 v BEER N | " Mina — me ar A F 5 # a I mn eat da as en — * — —* — in DE enbpenelt ı er Mat — — Ne er a Sri? ie AT "on — Te er — J en 2 2 “ —— 3 — RR Mamma