WERB’BIT RN 9 G906: Pr Ill ill OINOHOL 4O ALISH3AINN aa Ai ii nrrr 7 1% 7 7Za \ u G A g; pP} N | ” el" ( er Dr N 2257 nee MIKRO-ORGANISMEN BEI DEN WUND-INFECTIONS-KRANKHEITEN DES MENSCHEN. = ER nt A MIKRO-ORGANISMEN BEI DEN WUND-INFEOTIONS-KRANKNEITEN DES MENSCHEN. Te VON DR- FRIEDR. JUL. ROSENBACH AUSSERORD. PROFESSOR UND ASSISTENZARZT FÜR DIE CHIRURGISCHE POLIKLINIK IN GÖTTINGEN. MIT FÜNF TAFELN. WIESBADEN. VERLAG VON J. F. BERGMANN. 1884. a ee Druck der Thein’schen Druckerei (Stürtz), Wü pi Enzinraru ProrEssor m Seite N 2 a u ra ae are Re ra. a EEK ee EEE TR EHE FF I I. Methode bei der Untersuchung über die Aetiologie der chirurgischen Infektionskrankheiten des Menschen 3 er und Abasessbildung . . . . ..n. ..2..202-.6 - a a a a ee Er a A ET BE Staphylococcas pyogenes aureus -. - . . » . 2... 2 2.2219 = Bisnmylococens pyogenes albus... .-. . u... 2... 00. 28 BEE ORDEEE: Dumme VERS 2 ee ME 4. Streptococcus pyogenes . . . 722 Unterscheidung des Strept. pyogen. vom Kris Fehleisen er:26 IH. Klinische Mittheilung der acuten Abscesse nach den um in ihnen gefundenen Microbien geordnet . . .. 27 IB Stankviocaceus. alles enthaltend ; . ; 3... 4:0 0.0.00 27 2 Mereoptoenekin allein: enthaltend. :: 5 102 ee 28 C. Traubencoccus und Kettencoccus zusammen enthaltend . . . . 29 D. Micrococcus pyogenes tenuis enthaltend . . .» 2 2 2. 2..2....30 IV. Eiter aus chronischen Abscessen . . . 2 22.2.2... 31 V. Abscesse undEiterungen ohne Anwesenheit von Mikro- ST u er ee - 30 VE Kulturen von Eiter aus Empyemen .'. . . 2.2.2... .3 VIII Inhaltsverzeichniss, Seite VIL Kulturen bei schwereren Eiterungen und Phlegmonen 38 - : VIII. Unterschiede im klinischen Bilde der Phlegmonen und Eiterungen je nach dem veranlassenden Microbion . 46 IX: Acute Osteomyelitis .. 7. 2.0020, Se DE Infectionsversuche mit dem gelben osteomyelitischen Coceus .. . . 54 Ri Bepeisı, rs, ven. Se Binleituaf. 25.2. 0 Mora seele See A. Putride Intoxication, Sapraemie _... „u. Wen. Wer Fäulnisserregende, Saprogene Mikroorganismen. . » : 2.2... ı.. Bacillus. saprogenes- Nr: I, .-.. u .0,. cms ze e Me Thierversuche mit dem Bacill. saprog. Nr. 1... .... 72 2. Bacillus saprogenes Nr. 2. „» .. 20... we sarrn 2 Ware Tbierversuche mit Bacillus saprog. Nr. 2. :» . 2». 2...0.276 3. Die Fäulniss cariöser Zähne, Zahnabscesse und Menschen- bisswunden 2.20% 222.3 2 2200.22 a Fäulnissbacillen bei Fällen menschlicher Sepsis . . 2» ....2.7 4. Fäulnissbacillus Nr. 3 aus einer putrid gewordenen, complicirten Fractur mit Sepsis bei tödtlichem Ausgang. . » »....7% Thierversuche mit Bacillus saprog. Nr. 3 (Ebeling). . . .. 8 Blut-Kulturen septischer -Kranker . . .. .. u. 2,8 Aetiologie der 3 mitgetheilten Sepsis-Fälle. . . ». 2 2 2....85 B, Progressive Gangrän ..-... 0. 2: ar an a De C, Progressives, gangränöses Emphysem . . . 2 2 2 22... 91 REPByamier. N el AT RE Teer oc Banleltung sea 0 ET ee re ee A Ueber die Specifität der Pyämie-Mikrobien . -. 2». 2.2.2...“ 98 Kulturen von Pyämie-Fällen (intra vitam). . . » » 2». 2... 205 Kulturen aus: dem Blut Ball I... 0 2...4f, 0 2 es ee ee Thierversuche mit dem Kettencoccus aus pyämischem Blut. . . . 108 Kulturen aus pyämischen Metastasen (intra vitam) Fall 2, 4, 5, 6 110—117 XI. Fingererysipeloid (zoonotisches), Erysipelas chroni- cum, Erythema migfans ..... 2.2.00 2 or Te IH. Leptothrix(?)-Invasion. u... ..... „sel nee Erkläring der Abbildünpen" '." .Ü.) Sozfi Wirt Bir En Vorwort. Die vorliegende Monographie hat den Zweck, im Lauf der Zeit gesammelte Beobachtungen mitzu- theilen und dadurch zur Orientirung über die Mikro- organismen, welche bei menschlichen Wundinfektions- krankheiten beobachtet “werden und zu ihnen in ätiologischer Beziehung stehen, einen Beitrag zu liefern. Leider war es mir nicht immer vergönnt, dieselben vollständig experimentell auszubeuten und abzuschlies- sen. Es sind namentlich die Thierexperimente nicht stets derartig abgeschlossen, wie ich es wohl gewünscht hätte. Die antiseptische Verantwortung, welche die chirurgische Praxis auferlegt, musste mich bisweilen veranlassen, wo sonst die Gelegenheit geboten gewesen wäre, von denselben abzustehen. Wenn ich dennoch diese Beobachtungen veröffent- liche, so geschieht das in der Ansicht, dass sie für eine Orientirung von Werth seien. Ich möchte glauben, dass gerade die bei den nicht specifischen mensch- x Vorwort. lichen Wundkrankheiten vorkommenden Mikroorganis- men nur Wenigen bekannt sind. Hat man doch einzelne derselben, deren Vorkommen ein sehr allgemeines ist, für specifische nirgends anders vorkommende Erreger typischer Krankheiten angesprochen. Ohne also irgend- wie einen Anspruch erheben zu wollen, im Folgenden eine abgeschlossene Darstellung der bei den mensch- lichen Wundinfektionskrankheiten in Frage kommenden Mikroorganismen zu geben, glaube ich, dass gerade jetzt die Mittheilung von orientirenden Beobachtungen, welche sich über drei Jahre erstrecken, von Interesse sein kann. Die Literatur habe ich soweit in Betracht gezogen, als ich dem Leser schuldig zu sein glaubte, den Zusammenhang zwischen den mitzutheilenden Beobachtungen und den wesentlichen Arbeiten früherer Beobachter herstellen zu müssen. Göttingen, 25. März 1884. Friedrich Julius Rosenbach. EINLEITUNG. R. Koch hat in seinen „Untersuchungen über die Aetiologie der Wundinfectionskrankheiten“ eine Anzahl solcher bei Thieren kennen gelehrt, welche mit den chirurgischen Infectionskrankheiten des Menschen zum Theil unverkennbare Aehnlichkeit haben. Die Krankheiten, welche Koch bei Thieren experimentell erzeugte, unterscheiden sich.von denen früherer Experimentatoren sehr wesentlich und zwar zunächst dadurch, dass sie in typischer Weise verlaufen, sich durch regelmässig wiederkehrende bestimmte Symptome als Krankheit sui generis ausweisen. Ferner hat K. durch ganz neue Hilfsmittel den Beweis geliefert, dass eine jede dieser Krankheiten durch ein bestimmtes Mikrobion bedingt wird, welches, mag es nun von Thier zu Thier überimpft oder durch eine beliebige Anzahl von Generationen auf einen todten Nährboden gezüchtet, von diesem wieder auf das Thier übertragen werden, immer wieder die- selbe Krankheit mit Sicherheit erzeugt. So lernten wir eine Mäusesepsis, eine progressive Gewebsnekrose bei Mäusen, eine progressive Abscessbildung bei Kaninchen, eine Pyämie, eine Septicämie, auch bei Kaninchen kennen, und sahen wie eine jede dieser Krankheiten durch ein bestimmtes Mikrobion bedingt wird. Später kam dazu die Entdeckung der Bakteriensepsis bei Kaninchen, Mäusen, V ögeln etc., des malignen Oedems u.s. w. Rosenbach, Mikroorg i bei Wundinf: ctionskrankheiten des Menschen. 1 9 R Einleitung. Doch nur erinnern, nicht eingehen wollte ich auf die weittragen- den Entdeckungen K.s und seiner Schüler an diesem Platze; sie haben die ihnen gebührende Beachtung und Würdigung in weitesten Kreisen gefunden und sind bei jedem meiner Leser als vollbekannt vorauszusetzen. Ich möchte auch glauben, dass es vielleicht bei der ersten Lektüre von Ks Untersuchung dem Leser ähnlich erging wie.mir, nämlich, dass er sich sagte, es dürfe nun wohl nur noch eine Frage der Zeit sein, dass auch die chirurgischen Infectionskrankheiten des Menschen ihrem Wesen und ihrer Aetiologie nach in ähnlicher Weise durch- forscht sein werden, wie dies K. in den genannten Untersuch- ungen beim Thier gethan hatte. In der That ist schon bei einer Anzahl menschlicher chirurgischer Infektionskrankheiten dieses Problem gelöst worden. Beim Erysipel, der Gonorrhöe, dem Rotz u. A. hat man die nosogenen Mikrobien entdeckt. K. hat durch die für die ge- sammte, besonders aber für die innere Medicin umgestaltende Entdeckung des Tuberkelbacillus, auch für die chirurgischen, chronischen Infectionserkrankungen, welchetagtäglich die Kliniker beschäftigen, das pathogene Mikrobion kennen gelehrt” Aber gerade bei derjenigen Klasse von Wundkrankheiten, welche weniger specifischen Charakter zeigen und überall ihren Infec- tionsstoff finden, ich meine die Eiterung, Phlegmone, Sepsis, Pyämie etc., sind die Untersuchungen nicht in der Weise ab- geschlossen, wiewohl wir auch hier, namentlich durch sehr gute Beobachtungen aus England, wesentliche Fortschritte in der Orientierung gemacht haben. Methode bei der Untersuchung etc. 3 I. Methode bei der Untersuchung über die Ätiologie der chirurgischen Infectionskrankheiten des Menschen. Habe ich vorher die Analogie der vonKoch experimen- tell bei Thieren erzeugten Wundinfectionskrankheiten mit denen beim Menschen betont, so ist das selbstverständlich nur in Bezug auf die Symptome geschehen. Aetiologisch dürfte man viel- mehr von vornherein auf fundamentelle Verschiedenheiten um so mehr rechnen, als auch bei den verschiedenen Thiergattungen die analogen Krankheiten durch ganz verschiedene Mikrobien hervorgerufen werden. Der Bacillus der Mäusesepsis z. B. ist von dem Mikrobion, welches bei Kaninchen Sepsis erzeugt, gänzlich verschieden und kann, wenn Kaninchen eingeimpft, Sepsis durchaus nicht erzeugen. Die beim Thier gewonnenen Resultate können also weder direkt noch als indirekte Schluss- folgerungen auf die Verhältnisse beim Menschen übertragen werden. Es handelt sich daher nur um die Frage: Können wir die Methoden, durch die esK. gelang, seinen Thierexperimenten eine sq,exäcte Beweiskraft zu verleihen, auch beim Menschen in Anwendung bringen? Ich glaube, es ist zweckmässig, im _ Voraus zu betrachten, wie weit dies möglich oder nicht möglich ist, damit von vornherein die Anforderungen, welche man an die Resultate solcher Untersuchungen zu stellen berechtigt ist, festgestellt werden. Die Versuchsanordnung, welche zur Er- forschung einer Wundinfectionskrankheit auch von früheren Experimentatoren schon angestrebt, von K. aber erst in exacter "Weise durchgeführt ist, besteht bekanntlich darin, dass zuerst das nosogene Mikrobion in dem erkrankten Körper in einer Menge und einer Vertheilung nachgewiesen wird, welche die Krankheitserscheinungen erklärlich machen. Ferner ist die Auf- gabe, das Mikrobion ausserhalb des Körpers auf einem todten, festen Nährboden rein zu züchten und hierbei seine charakte- 1* A . Methode bei der Untersuchung ristischen Merkmale festzustellen. Nachdem endlich die Rein- zucht in so viel Grenerationen fortgesetzt ist, dass der letzten von dem ursprünglichen Uebertragungsmaterial nichts mehr an- haften kann, ist durch Rückübertragung dieser letzten Cultur auf den lebenden Körper die Krankheit wieder zu erzeugen. Die ersten beiden Forderungen sind beim Menschen gerade so gut wie beim Thier zu erfüllen. Die Rückübertragung ist beim Menschen allerdings auch ausnahmsweise gemacht worden, so beim Erysipel, der Gonorrhog, aber im Allgemeinen wird gerade dieses Glied aus der Kette der Untersuchungen ausfallen müssen. Trotzdem verliert das Experiment an Beweiskraft nichts, wenn die Krankheit auch auf Thiere übertragbar ist, wie es z.B. bei der Tuberkulose und auch beim Erisypel der Fall ist; selbst dann, wenn die Thiere vielleicht nur in abortiver aber doch noch charakteristischer Weise. erkranken sollten. Wo allerdings eine erfolgreiche Rückübertragung des gezüch- teten Mikrobions ganz fehlt, da fehlt auch die eigentliche Probe auf das Exempel. Und leider werden wir sehen, dass man gerade bei der menschlichen Sepsis und Pyämie, beson- ders bei den Formen, in welchen sich nach einer minimgn Ein- impfung eine schwere Allgemeininfection herausbildete, auf diese Schwierigkeit stossen. Doch, wenn wir sehen, wie die so äusserst infectiöse Bacillensepsis bei Mäusen sich nur auf die Hausmaus erstreckt, während selbst die Feldmäuse immun sind, : wie sollen wir da erwarten können, dass ähnliche Erkrankungen beim Menschen auf irgend eine Thiergattung müssten über- tragen werden können, wenn auch die Möglichkeit nicht aus- geschlossen ist! Damit aber diesen Weg der Forschung für die menschlichen Wundkrankheiten zu verwerfen, hiesse denn doch: das Kind mit dem Bade ausschütten. Selbst die ein- fache Beobachtung eines besonderen Mikröorganismus bei einer Infectionskrankheit kann den Werth eines anderen pathologischen Befundes ohne Weiteres beanspruchen. Eine constante Coin- über die Aetiologie der chirurg. Infectionskrankh. d. Menschen. 5 cidenz ist schon ein wichtiges Moment für einen mehr directen oder indirecten ätiologischen Zusammenhang mit der Krankheit. Natürlich kann unter solchen Umständen der sichere Nachweis eines solchen nur durch ausgedehnte, klinisch - pathologische Erfahrung geliefert werden. Schon auf solcher Basis allein dürfte allmählich ein Ersatz für den fehlenden Abschluss des einmaligen, beweisenden Experimentes heranwachsen. Aller- dings ist es hierzu nöthig, die Beobachtungen des Mikrobions in dem erkrankten Körper so anzustellen, dass grobe Irrthümer "nicht unterlaufen können, dass nicht zufällig namentlich post mortem eingedrungene, beliebige Mikroorganismen als die noso- genen aufgestellt werden. ‘Wo es aber möglich wird, schon beim lebenden Menschen mit Ausschluss aller äusseren Verun- reinigungen aus den Herden im Innern und aus den befallenen bis dahin uneröffneten Geweben direct das Material zur Unter- suchung auf Mikrobien zu nehmen, sei es für mikroskopische Untersuchung, sei es für Züchtungsversuche, da steigt die Be- deutung des Befundes in der Weise, dass nicht mehr bloss die statistische Anzahl der Befunde desselben Mikrobions für eine bestimmte Krankheit, sondern schon der einzelne gut beobachtete Fall von Wichtigkeit ist. Nun bietet jetzt die chirurgische Praxis, indem sie unter aseptischen Cautelen, welche zufällige Verunreinigung durch Mikrobion von aussen ausschliessen, nicht selten zu tiefen, bis dahin uneröffneten Infectionsherden — Metastasen — curativ eindringt, Gelegenheit zu solchen Beob- achtungen. Diese habe ich bei einer Anzahl von Fällen benutzt, und daraus die mitzutheilenden Resultate gewonnen. Grerade mit Rücksicht auf das Gesagte habe ich geglaubt, auch die Krankheitsgeschichten der betreffenden Fälle, soweit sie sich auf die Infectionskrankheit beziehen, im Detail mittheilen zu müssen, da sonst eine Controle unmöglich ist. Was ferner die Mittheilungen über die Mikrobien betrifft, so muss man ver- langen, dass sowohl die mikroskopischen Formen, als besonders 6 : Methode bei der Untersuchung etc. die Reinculturen soweit charakteristisch beschrieben und kennt- lich dargestellt werden, dass eine sichere Vergleichung dessen, was die Beobachter verschiedener Plätze unter Händen haben, möglich wird. Ich will nicht sagen, dass dieses leicht sei, son- dern glaube im Gegentheil, dass es wohl noch eine Zeit dauern wird, ehe die Sicherheit in den Reinkultur- Methoden der ent- nommenen Infektionsstoffe, ferner das Mikrophotographiren nach Koch’s Vorgang etc. etc., besonders aber auch die Kenntniss der gewöhnlichen unter normalen und pathologischen Verhält- nissen auftretenden Pilze, so weit zum Allgemeingut geworden ist, dass diese Art der Forschung ganz allgemein eine sichere Basis bekommt. Ich habe in Bezug auf die Wiedergabe meiner Beobachtungen auch nicht die Mittel anwenden können, die der von Koch erreichten Höhe entsprechen, namentlich die Mikrophotographie, sondern habe versucht, meine Culturen und meine mikroskopischen Präparate durch Herrn Peters wieder- geben zu lassen, dessen Kunst als Maler wie auch als mikro- skopischer Zeichner gleich geschätzt ist. Er hat die mikrosko- pischen Präparate mit Hilfe des Winkel’schen Zeichenapparates gezeichnet, welcher das mikroskopische Bild mit voller Deut- lichkeit auf das Zeichenpapier projicirt, so dass es möglich wurde, die Grössenverhältnisse der Mikrobien auf diese Weise, wenn auch nicht so exakt wie durch die Photographie, aber doch mit hinreichender Sicherheit wiederzugeben. II. Eiter- und Abscessbildung. Die Thatsache, dass Eiterung fast nur dann zu Verletz- ungen hinzutritt, wenn die Continuität der Haut oder Schleim- haut getrennt ist, hat schon zu verschiedenen Epochen in Form verschiedener Lehren und Satzungen dazu getrieben, die Eiter- ung auf Schädlichkeiten, welche von aussen eindringen, zurück- Eiter- und Abscessbildung. 7 zuführen, mochte man nun den Sauerstoff, mochte man die Ein- trocknung, oder mochte man andere Dinge beschuldigen. Auch die Ansicht, dass die Eiterung auf Infection mit Mikrobien beruhe, ist namentlich durch Hüter’s Entzündungslehre schon seit vielen Jahren energisch vertreten. Aber erst neuerdings hat die Lehre über Eiter- und Abscessbildung eine bestimmte Form angenommen. Auf der einen Seite musste die Praxis der antiseptischen Wundbehandlung, je mehr sie sich in den Händen der einzelnen Chirurgen vervollkommnete und sicherer wurde, nothwendig zu der Einsicht führen, dass die Wunden, selbst die schlimmsten, zerfetztesten mit Knochenzertrümmerung, Eröffnung seröser Höhlen etc., falls nur die antiseptische Be- handlung einschlug (wenn auch eine bestimmte Entzündung mit Schwellung eintrat) doch ohne Eiterung oder gar Phlegmone heilten. Da drängte sich der Schluss mit zwingender Nothwen- digkeit auf, dass Eiterung und Phlegmone lediglich Folge der Infection sein müsse. Während diese Grundsätze in den Kliniken reiften, wurde dasselbe Problem auch von experimenteller Seite in Angriff genommen. In einer Experimental- Arbeit über die acute, eiterige Osteomyelitis habe ich auf Grund von Unter- suchungen am Knochenmark den Grundsatz im Allgemeinen aufstellen können, dass eine jede spontane, zu Wunden sich’ hinzugesellende, eiterbildende Phlegmone, ja eine jede bei einer Wunde über den zur Reparation nothwendigen Grad hinaus gehende Entzündung durch eingedrungene Fermente (Mikro- Organismen) bedingt sei. Abgesehen ist dabei von einer sel- 'tenen Möglichkeit, welche sich durch das Experiment ergab, dass nämlich gewisse chemische, entzündungerregende Gifte, z. B. Ter- . pentin-, Crotonöletc. auf die Gewebe eingewirkt haben, denn diese machen allerdings auch Phlegmone und Eiterung. Ich habe ge- glaubt, dass die Versuche am Knochenmark am ehesten zur Be- gründung des obigen allgemeinen Satzes beitragen könnten, weil hier die äusseren Einflüsse, das Eindringen von Entzündungser- 8 Eiter- und Abscessbildung. regern durch die Haut am wenigsteninFrage kommen konnte. Ich habe damals gezeigt, dass weder die Wirkung mechanischer Insulte, der Erschütterung, Quetschung,‘ der mechanischen Zertrümmerung des Markes, auch nicht die physikalischer Einflüsse, z, B. die der Glühhitze, des electrotischen Stromes, ferner auch nicht die Einwirkung kaustisch-chemischer Agentien, wie starke Mineralsäuren, kaustische Alkalien, eine eitrige Phlegmone des Knochenmarks hervorrufen können. Dagegen habe ich eine solche durch Crotonöl, also durch ein entzündliches Gift sofort erzielen können. Vor Allem aber ergab im. Gegensatz zu den mechanischen, physikalischen und einfach ätzenden Agentien das Experiment, dass das Knochenmark gegen infectiöse Stoffe, ranzige Butter, Faulstoffe, mit einer purulenten, phlegmonösen, bis septisch-brandigen Entzündung reagirte. Diese Resultate haben durch die unmittelbar folgenden Untersuchungen Kocher'’s ihre Bestätigung gefunden. Später hat Usk off Experimente veröffentlicht, die mit ihnen im Wider- spruch stehen. Injectionen von ganz indifferenten Flüssigkeiten — destillirtes Wasser, Milch, Olivenöl — sah er, wenn in Age = we Fan: grösseren Mengen und öfters er une. und ea. en Tr hervorrufen. Dabei wurden inde aufgefunden. Schon dieser Befund or wie Ogston sehr mit Recht hervorhebt, Uskoff’s Schlüsse anzufechten. Bei der Wichtigkeit der Prüfung einer so principiellen Frage habe ich seiner Zeit Dr. Orthmann veranlasst, diese Versuche zu wiederholen. Es stellte sich heraus, dass es eben Uskoff nicht gelungen war, die Infectionskeime bei seinen Experimenten ganz auszuschliessen. Es gelang Orthmann, dieselben indif- ferenten Flüssigkeiten in denselben, ja in grösseren Mengen und auch in denselben Zwischenräumen hintereinander zu in- jiciren, ohne dass Spuren von Eiterung auftraten, während entzündungserregende Stoffe — Terpentinöl, Quecksilber — Eiter- und Abscessbildung. Be: solche ohne alle Betheiligung niederer Organismen bewirkten. Diese Resultate hat kürzlich Councilman!') bestätigt. Er bediente sich einer anderen Versuchsanordnung, weil ihm die Orthmann’s keine absolute Garantie für den Ausschluss der Mikroorganismen zu bieten schien, namentlich findet er im Gebrauch der Stichkanüle, bei deren Herausziehen dann der Stichkanal verletzt werde, einen Fehler und führt desshalb Croton- und Olivenöl enthaltende Glaskapseln in das Gewebe, um sie nach völligem Einheilen zu zer- brechen. Jedenfalls ist Councilman’s Bestätigung unserer Resultate freund- lichster Dank zu zollen. Nur können wir in seiner Versuchsanordnung eine Verbes- serung nicht erblicken. Jeder Chirurg weiss einmal, dass er sich auf eine desinficirte Stichkanüle bei desinficirter Haut und nachfolgendem Lister mehr als auf alles Andere verlassen kann; ferner, dass ein eingeheilter Fremdkörper, trotzdem er mehr oder weniger Infectionskeime an sich trägt, lange Zeit, Jahrzehnte und länger, sich im Körper wie ein vollkommen aseptischer verhalten kann, um dann bei einer Gelegenheit eine Infection von sich ausgehen zu lassen. Eingeheilte Kugeln, alte ostermyelitische Sequester u. s. w. beweisen dies zur Genüge. Aehnlich dürfte sich eventuell eine solche eingeheilte Glaskapsel verhalten können. Uebrigens habe ich auch an dem Stichkanal niemals eine Eiterung oder Phlegmone gefunden. Indess glaube ich, dass die Erregung von Phlegmonen und Eiterungen durch solche irritirende Gifte mehr von theo- retischem Interesse sein dürften, da fast alle klinisch zur Beobachtung kommenden Phlegmonen und Eiterungen durch Infection von Mikroorganismen zu Stande kommen. Nach Terpentinpflastern, nach Einwirkung von Phosphor etc. beobachtet man ja ab und an einmal dergleichen. Ich sah auch einmal bei einem Dienstmädchen eine intensive Phlegmone am Vorder- arm in der Umgebung einer fistelähnlichen Oeffnung; nach Spaltung eines subkutanen Ganges zog ich ein bohnengrosses Stück Cantharidenpflaster heraus. Doch das sind Curiosa, die nur einmal erwähnt zu werden brauchen. Im Allgemeinen kann man also mit vollem Recht nach diesen Untersuchungen sagen, dass Phlegmone, Eiter- und Abscessbildung, chirurgische Infectionskrankheiten sein müssen. Es ist auch schon lange ') Virchow’s Archiv für pathol. Anatomie, Band 92, Heft 2, Seite 217. 10 3 Eiter- und Abscessbildung. nach den Mikrobien in geschlossenen Abscessen gesucht worden, und wenn die älteren Beobachter solche trotz aller Sorgfalt zum Theil nicht auffinden konnten, so kann uns das nicht wundern, weil die nothwendigen optischen Hülfsmittel fehlten, Erst durch Koch’s Färbungs- und Beleuchtungsmethoden und auch durch Benutzung der Oel-Immersionssysteme ist eine Er- kennung gerade dieser Mikrobien möglich geworden. Alle neueren Beobachter, Koch, Ogston und Andere betonen ein- stimmig die Nothwendigkeit dieser Systeme, ‘die allein die un- geheuer kleinen und schwer sichtbaren Formen der hier in Betracht kommenden Mikroorganismen mit völliger Sicherheit erkennen lassen. Fragen wir nun nach den Resultaten, welche die mit besseren Hüfsmitteln unternommenen Arbeiten über die Mikrobien bei Phlegmonen, Abscessen und Eiterungen ergeben haben, so ist die Literatur darüber noch keine sehr ausgedehnte. Pasteur sehen wir im Jahr 1878 und später in Bezug auf die Eiterbildung auf einem ganz anderen Standpunkte stehen als der soeben charakterisirte, von mir seit dem Jahr 1877 ver- fochtene. Er hält nämlich eine Infection für die Eiterbildung nicht für nothwendig und glaubt, dass beliebige feste Körper, z. B. Kohle-Partikelchen, Leinwandfasern als solche Eiterungen veranlassen können. Auch glaubt er, dass reiner Eiter ‚leicht und prompt vom Körper resorbirt wird. Doch gelang es ihm auch, ein Mikrobion aufzufinden, welches durch sein Eindringen in die Gewebe Eiterung veranlasste. Er!) kultivirte dieses „microbe du pus“ aus dem Leitungswasser seines Laboratoriums, als ein zu gleicher Zeit aörobes und ana&robes Wesen, welches „unter letzterer Bedingung eine gewisse Fermentation mit Kohlen- säure-Entwicklung veranlasst. Es hat die Gestalt sehr kurzer Würstchen, welche sich lebhaft bewegen. Unter die Haut injicirt, bewirkte es beiMeerschweinchen und Kaninchen grosse Abscesse, ') Bulletin de l’Acad. de Med. 2. Ser. Tome 7. 1878, p. 447. Eiter- und Abscessbildung. 1 führte auch eventuell zu metastatischen Herden und zu tödt- licher, purulenter Infection. Pasteur unterscheidet dasselbe von dem Furunkel- und Osteomyelitiscoccus ,; sowie auch von dem microbe en chapelet, welchem Letzteren er ausdrücklich die Eigenschaft, Eiterungen zu bilden, abspricht. Ohne Kultur auf festem Nährboden dürfte es schwer zu entscheiden sein, was für ein Organismus das Pasteur’sche Microbe pyogenique eigentlich ist. Da er dasselbe aus Wasser züchtete und bei Thieren seine Eiter bildenden Eigenschaften constatirte, dürfte es möglicher Weise mit den klinisch beim Menschen in Frage kommenden Organismen nichts zu thun haben. Uebrigens passt seine Beschreibung auf das in meinem ersten Falle gefundene Mikrobion, und ich kann auch hinzufügen, dass ich ganz ähn- liche Formen mikroskopisch in offenenEiterungen sah. Doleris') äussert, dass er sich Pasteur anschliesse?), indem er den Mikro- coccus sous forme de couples —— le point double — als eigent- liches, wirkliches element pyrogenique annimmt. Er sieht also in den Würstchen Pasteur’s nicht wie dieser einen vibrion, sondern einen Doppelkoccus. Ich habe ebenso wenig wie Pasteur’s microbe pyogenique, Doleris point double trotz sehr vieler Eiterkulturen als besonderes Wesen kennen gelernt. Doch kann man wohl aus den Mittheilungen des Letzteren mit ziemlicher Sicherheit feststellen, was für eine Bewandtniss es damit hat. Sowohl bei der Kultur des Staphylococcus als auch des Streptococcus findet man zahllose, zu zwei und dreien aneinander gelagerte Coccen. Namentlich bei Letzterem bilden sich in gewissen Stadien der Entwicklung und auf gewissen Nährböden, z. B. auf Agar und im Gewebe, nur ganz kleine Ketten von 2—3, selten mehreren Individuen®). Solche mit staphylococcus vermischt hatte Dol&ris vor sich, ') A. Dol£ris, La fievre puerperale et les organismes inferieurs. Paris 1880. Bailliere et fils. . ?) Wie weit das mit Pasteur's völliger Uebereinstimmung geschieht, kann ich nicht beurtheilen. ®) S. im folgenden Fall Neuhaus. 12 E Eiter- und Abscessbildung. wie aus seinen Mittheilungen hervorgeht. Er spricht von der intimen „connection“ des point simple, double, chapelets. Er hält sie für einen einzigen Mikrococcus indem er sagt: ,„„... et que j’aiaffaire uniqwement & un microccoccus unique: point, couple de point, chapelets.“ Er glaubt, dass der Mikrococcus en point und en point double sich zu chapelets entwickle, indem er sagt: ... . le micrococcus dont la forme la plus parfaite est repr&sentee par le chapelet de grains.“ Dass er aber trotzdem nur Mischformen vor sich hatte und zwar unter andern vom staphyl. pyog. aur. und von streptococcus, lässt sich aus folgender Mittheilung. ersehen. Die Kulturen von einem Eiter in Urin und Bouillon ergaben das Organisme pyogenique en points doubles in grosser Quantität. In allen Kölbchen bildeten sich wirkliche Klümpchen der Kultur, welche in dicker Lage auf dem Boden des Gefässes kompakte Agregate von schön gelber Farbe darstellten, Später hatten sich die „micrococcus zu langen chapelets angeordnet.‘ Die richtige Deutung dürfte die sein, dass erst der staph. pyog. aur., dann der strept. pyog. zur Entwicklung kamen. : W. Cheyne!) untersuchte als Assistent Lister’s seit 1876 das Vorkommen von Mikroorganismen unter antiseptischen Verbänden. Auch er hat constatirt, dass Mikrococcen und Bacterien ganz verschiedene Wesen seien. Anderseits aber kam er im Gegensatz zu anderen Beobachtungen zu dem Resultate, dass nur die Letzteren, nicht die Coccen in den Wunden wesent- lich schädlich wirkten. Wichtiger als all diese Arbeiten ist die musterhafte Arbeit von A. Ogston?), weil sie sich schon weit mehr auf Koch’s Untersuchungsmethoden stützt, und auch mit Hilfe der besten Zeiss’schen Oelimmersionsysteme und anderer exacten Untersuchungsmethoden ausgeführt wurde. Er erbrachte zunächst den Beweis, dass jede acute Eiterung in der That durch Mikroorganismen hervorgerufen wird, von der positiven ') W. Cheyne relation of organisms to antiseptic dressing. Transact. of, pathol. Soc. Vol. XXX. S. a. Lancet 1879, Mai 17. ®) Al. Ogston, Report upon microorganism in surgical disease. Brit, med, journ. March ı2, 1881, p. 369. S. a. vorher A.Ogston, Ueber Abscesse Arch. f. klin. Chirur, 1880, Bd. 25 und den Vortrag auf dem Chirurgencongress 1880, 9. April. - Al 1 LT 4. 2. 6 ee ae in IV Eh 3 Er Eiter- und Abscessbildung. 13 Seite. Bei 69 acuten Abscessen, welche O. untersuchte, wurden in keinem einzigen die Mikroorganismen vermisst; nur in den kalten Abscessen fehlten sie. Auch in der Beschreibung der Mikrococcen der Eiterbildung verdanken wir O. die ersten Grundzüge. Er konstatirte wesentliche Unterschiede zwischen denselben. Einmal ordneten sich diese Coccen in Ketten an zu je drei oder vier, auch in sehr viel grösserer Anzahl. Es wurden Ketten von 300 Individuen beobachtet. In anderen Fällen fehlten die Ketten ganz und gar: die Coccen gruppirten sich in Haufen oder Wolken, welche bei stärkerer Vergrösserung aussehen wie Fischrogen, oder bei noch stärkerer wie Weintrauben. Abgesehen hiervon unterschieden sich noch die Coccen wesentlich durch ihre Grösse. — Gewöhnlich trat in einem Abscess nur die eine bestimmte Art auf, oft genug auch mehrere. So wurden unter 64 Abscessen bei ı7 nur Ketten, bei 31 nur Gruppen, bei 16 beide Formen vorgefunden. Während O. in genannter Arbeit noch zweifelhaft blieb, ob er den Kettencoccus und den sich traubenförmig gruppirenden als verschiedene Wesen auffassen solle, spricht er sich später ') mit Entschiedenheit dafür aus, dass es sich um ganz getrennte und bestimmte Formen handle. Er nennt nach Billroth den Kettencoccus Streptococcus, die andere Art nach den eigenthümlichen Conglomeraten, die er in den Geweben bildet, mit Rücksicht auf den Vergleich mit der Wein- traube (orapvir;) Staphylococcus. Den Unterschied im klinischen Bild, der von diesen beiden Formen hervorgerufenen Entzünd- ungen, beschreibt O. folgendermassen : „Beide Formen besitzen die Eigenschaft, Entzündung, welche mit Abscedirung endet, und Phlegmone hervorzu- rufen. Je mehr indess die Krankheit dem Typus des Ery- ') Al. Ogston, Micrococcus poisoning, Journal of anatomy and phy- siology, normal and pathological, Band XVI, pag. 526, 1882 und Band XVII, pag. 24, 1882, October. 14 : Eiter- und Abscessbildung. / sipeles sich nähert, je mehr sie sich in den Lymphbahnen \ concentrirt, desto evidenter wird ihr Zusammenhang mit Streptococcus; während eitrige Entzündung, welche sich mehr über die Gewebe als auf die Lymphgefässe erstreckt, das characteristische Ergebniss des Staphylococcus zu sein scheint. Kurz: localisirte Phlegmone ist gewöhnlich Folge des Staphylococcus und erysipelatoider Process Folge vom Streptococcus.“ | Auch pathologisch-anatomisch fand O. einen Unterschied in der Wirkung dieser beiden Coccengattungen. In den ersten Tagen nach einer Injection in die Gewebe stellte sich meist die Injectionsstelle als ein rother Knoten dar, mit gelblichem Centrum, einem weichen Schanker ähnlich. War Staphylo- coccus injicirt, so zeigten sich an der Grenze des Gewebes gegen das schon eben erweichte innerste Centrum des Knotens „dichte, runde Massen des Mikrococcus, wie Wolken von dichtem Dampf, welche, wie sich bei geeigneter Färbung zeigte, die Gewebe durch gleichmässige, periphere Invasion aufzehrten.-Dadurch wurden letztere in geringer Entfernung von den Coccen wachsartig und homogen, so dass Zelle, Kern und Intercellularsubstanz sich nicht so wie gewöhn- lich differenzirten. Dieser Hof von veränderten Gewebe — augenscheinlich eine Folge von irritirenden, ätzenden Producten der Pilzvegetation — bildet gewissermassen den Vorposten der Staphylococcuswolken, welche folgen und alle Structuren zerstören, ehe die eitrige Schmelzung als Ende folgt. Verschieden ist der Process, wenn Strepto- coccus injieirt wird. Es erfolgt eine ähnliche, eitrige Schmel- zung, die vielleicht weniger schnell fortschreitet und auch weniger den destruktiven Character eines weichen Schankers zeigt. Es ist eine wachsähnliche Beschaffenheit des befallenen Gewebes zu sehen, aber die Invasion geschieht nicht durch dichte Wolken, welche alle Struktur zerstören, sondern Eiter- und Abscessbildung. 15 durch das Einschmeicheln von Kettencoccen zwischen die Gewebselemente, indem sie die Intercellularsubstanz und die Zellen befallen und ein Netzwerk von Linien bilden, zwischen denen man noch die Kerne der Gewebe erkennen kann.“ Auch ich habe vor Jahren, als ich mit Erfolg die mikro- skopischen Untersuchungen des Eiters auf Mikroorganismen begonnen hatte, den Unterschied zwischen Ketten- und Gruppen- _ coccus kennen gelernt; habe mir aber schon damals gesagt, dass gerade bei dieser Art der Mikrobien mit der bloss mikro- skopischen Unterscheidung schwerlich auszukommen sein werde. Man mag ja den Unterschied betreffs der Anordnung der ein- zelnen Individuen zu Ketten- oder traubenförmigen Conglo- meraten oder auch zu kleineren Gruppen von je 2—3 oder 4 . Einzelindividuen eventuell als wesentliches Merkmal benutzen können, doch dass selbst ganz auffallend gleiche Gruppirungen bei ganz verschiedenen Coccen- auftreten können, zeigt sehr deutlich eine Vergleichung des Streptococcus der Eiterbildung und des des Erysipeles. Der Leser möge Fig. 3 und Fig. 4 vergleichen und sehen, ob er einen Unterschied finden kann. Ich habe ferner gesehen, dass, wenn man Streptococcus auf Fleischpepton agar züchtet, die Kettenform bald sehr schwindet, so dass manchmal selbst die Unterscheidung zwischen Strepto- coccus und Staphylococcus mikroskopisch nicht mehr möglich ist. . Was ferner die Grösse der einzelnen Coccen betrifft, so habe ich mich, so weit sich ohne Photographie urtheilen lässt, überzeugt, dass junge Staphylococcen kleiner sind als alte; bei Streptococcus findet man in einer durch Generationen als Rein- zucht erwiesenen Kultur die bedeutensten Unterschiede in Grösse und Färbungsvermögen der Coccen, welche sich sogar bei den Individuen derselben Kette geltend machen. Die beiden genannten Figuren (3 und 4) zeigen das. Glücklicherweise hat uns nun Koch mit einer anderen, ebenso einfachen als genialen Er- kennungs- und Unterscheidungsmethode der einzelnen Pilze - 16 . Eiter- und Abscessbildung. beschenkt: der Cultur auf festen Nährböden. Erst als ich anfing, die Mikrobien der Abscesse auf solchen Medien zu züchten, lernte ich die verschiedenen Arten derselben kennen. Schon allein das makroskopische Aussehen der Kulturen liess dieselben Formen stets leicht und sicher wiedererkennen und stimmte in jedem Falle mit der mikroskopischen Controle. Ich machte die Kulturen zuerst auf Pepton-Fleischextract-Gelatine (welche- ich in folgendem abgekürzt mit P. F. G. bezeichnen werde). Jetzt verwende ich diesen Nährboden nur noch zu bestimmten Zwecken, nicht im Allgemeinen, weil die meisten Eitercoccen die Eigen- schaft haben, die Grelatine rasch zu verflüssigen, so dass sie oft zer- flossen ist, ehe einmal die Kultur charakteristische Formen oder Farbe angenommenhat. Keiner der in dieser Arbeit in Frage kom- menden Mikroorganismen hatte die Eigenschaft, den Agarboden zu verflüssigen. Auch fand ich denselben im Uebrigen sehr geeignet für meine Zwecke. Er liess am besten die verschiedenen Arten des Wachsthums der Pilzrasen, die Nüance in der Fär- bung, der Durchsichtigkeit, die Interferenzerscheinungen ete. etc. erkennen. Ich habe vorwiegend auf diesem, dann auch auf er- starrtem Blutserum, seltener auf Kartoffeln. kultivirt. Die Be- reitung des Fleischpepton-A garnährbodens (im Folgenden F.P. A bezeichnet) entspricht ganz der in den Veröffentlichungen des Reichsgesundheitsamtes für die P. F.G. gegebenen Vorschriften. Es wurden 1000 gr Fleischinfus [1000 gr zerkleinertes Rindfleisch mit 1000 gr destillirtem Wasser 24 Stunden in der Kälte macerirt, die Flüssigkeit abgegossen, aufgekocht, filtrirt] mit Io gr Eiweisspepton, 6 gr Kochsalz und etwa 20 gr Agar versetzt bis zum Zergehen des Letzteren gekocht, mit phosphor- saurem Natron bis zur alkalischen Reaction versetzt und im Dampftopf durch Watte filtrirt. Es ist nicht zu erreichen, dass die Consistenz des Agars immer gleich ausfällt, weil sich dasselbe bei langem Kochen nur theilweise auflöst, bald mehr, bald weniger. Für das Aus- sehen der Kulturen ist aber die Steitheit dieses Nährbodens nicht gleichgültig. Will man also Kulturen mit einander ver- Ya Be en Te a Dt ar Eitercoccen. 17 gleichen, so ist es nothwendig, dieselben nebeneinander in Röhrchen zu züchten, welche von derselben Portion eines Agar- standes beschickt wurden. ‘ Ich will noch erwähnen, dass man dem Verderben der Röhrchen, mögen dieselben schon Kulturen enthalten oder nicht, besonders da, wo der Watte- pfropf häufig abgenommen werden muss, sehr vorbeugen kann, wenn man nach gehörigern Trocknen des mit dem Agar beschickten Probirröhrchens, nachdem auch die Wassertröpfchen im Innern des Gläschens vollständig verschwunden sind, den herausragenden Theil des Wattepfropfes (ich ziehe ihn dazu auch wohl noch etwas vor) mit einer spirituösen Sublimatlösung (etwa 1°/,), welcher noch eine Spur von Mastix (0,25 °/,) zugesetzt ist, eben befeuchtet, am besten so, dass man ihn an einen mit obiger Lösung befeuchteten Wattebausch andrückt. Bei der Kultur von Eiter aus dreissig geschlossenen acuten Abscessen lernte ich 5 verschiedene Arten von Mikrobien kennen, (Unter diesen sind die stinkenden Abscesse, welche ausser den Eiter- coccen noch Bacillen, Spirillen und differente Coccusarten etc. enthielten, nicht mitbegriffen). Von diesen 5 Arten der Eitercoccen möchte ich vorläufig noch eine als ungewiss ausscheiden. Der allererste Kulturver- such mit Eiter nämlich aus einer präpatellaren Phlegmone, welche zwar Tendenz zu weiterer Ausbreitung zeigte, aber doch ohne Schwierigkeit zur Ausheilung kam, ergab sowohl auf er- starrtem Blutserum, als auf F. P. G. in drei verschiedenen Gläsern, gleichmässig einen ovalen Coccus (Bakterium?), doppelt so lang als breit, welcher die Gelatine rasch verflüssigte. Es wurde von der Kultur einem Kaninchen etwas in einen Bulbus gebracht. Das Resultat war eine subacute Vereiterung des- selben ohne wesentliches Allgemeinleiden. Ich setzte nur des- halb Misstrauen in diese Beobachtung, weil sie die erste war, und weil ich später in geschlossenen Abscessen dieses Mikrobion niemals wieder gefunden habe. Uebrigens spricht auch Ogston von solchen ovalen Coccen im Eiterı Besonders aber habe ich an Pasteurs microbe pyogenique gedacht. — Als häufigstes 2 de er Eitermikrobion muss auch ich den in beliebig grossen Gruppen Rosenbach, Mikroorganısmen bei Wundinfectionskrankheiten des Menschen, 3 18 ’ Staphylococcus. oder nach Ogston in wolken-, trauben- oder fischrogenförmigen Conglomeraten auftretenden Coccus bezeichnen. Ich will mich hier an Ogston’s Bezeichnungen anschliessen und den Namen Staphylococcus adoptiren, freilich nicht für einen einzigen Pilz, sondern für eine Gruppe von vorläufig 2 Einzelarten. Diese beiden Arten verhalten sich in ihrem Wachsthum, ihrer mikros- kopischen Form, in ihrer Gruppirung, in ihrer pathogenen Wirkung beim Thierversuch so analog, dass man sie nicht würde unterscheiden können, wenn sie sich nicht sofort in den Kulturen sehr auffällig durch ihre Farbe markirten. Die eine häufigste Art macht goldgelbe, undurchsichtige, die andere scheinend weisse, auch undurchsichtige Kulturen (Fig. Iund IV). Diese Farbenunterschiede werden beibehalten in allen Gene- rationen, mag der Nährboden in verschiedenster Weise wechseln: Gelatine mit Agar, mit Kartoffeln, Blutserum etc. mag die Serie der Kulturen durch Eiweiss, Fleisch mit und ohne Luft, mag sie vom lebenden Thier zurück zum todten, Nähr- boden führen. Im Eiter kommen diese beiden Arten nicht selten zusammen vor, wahrscheinlich noch häufiger, als ich im Anfang dieser Untersuchungen glaubte. Es haben nämlich gleichaltrige Kulturen auf Agar die Eigenschaft, da, wo sie sich berühren, so diffus in einander zu wachsen, dass man eine gelbe Reinzucht vor sich zu haben wähnt, während in der That eine Mischzucht vorhanden ist. So sah ich einige Male beim Auf- streichen eines coccenarmen Eiters weisse und goldgelbe Pünkt- chen im bunten Bilde gemischt aufgehen; wo die weissen Pünktchen allein lagen, blieben sie weiss, sobald sie einen gelben Punkt berührten, diffundirten beide Kulturen zu einem gelben Flecke. Zur Bezeichnung der beiden Arten schlage ich vorläufig, bis die Botaniker diese Wesen mit passenden Be- nennungen in das allgemeine System eingereiht haben werden, nach der charakteristischen Farbe der Kultur die Namen Staphylo- coccus flavus oder aur&us und Staphyl. albus yor. Freilich wird Staphylococcus pyogenes aureus. 19 PER - man zum Unterschied von anderen gelben Coccenarten noch angeben müssen, dass sie aus (menschlichem) Eiter erhalten wurden. Betrachten wir also zuerst den I. Staphylococcus pyogenes aureus. Ich habe diesen, wenn ich alle meine Culturen, auch die im Folgenden nicht speciell erwähnten zusammennehme, wohl am häufigsten angetroffen. Macht man eine Aussaat dieses Mikrobions, sei es des im Eiter enthaltenen oder des schon ge- züchteten in Form eines Impfstriches auf F.P. A., so entsteht bei 30— 37 " Cels. Brütungstemp. schon nach 24 Stunden, selbst früher ein schwach opaker Strich, welcher sehr bald deutlicher wird und dann aussieht, wie wenn er mit Anfangs weiss- lich- gelber, später orange-gelber Oelfarbe aufgetragen wäre. Die Kultur wächst dann in die Breite, indem sie rundliche Facetten bildet bis zu 3 auch 4 mm und nimmt einen noch immer dunkleren orangefarbenen Ton an (Fig. I, H, II), dann hört sie auf, sich auszudehnen. Sie wächst spontan nicht in die Tiefe. In der Kälte wächst sie langsamer. Im Impfstich wächst sie ebenfalls gut und bildet eine undurchsichtige gelbe, stellenweise unregelmässige, klumpige Säule. Auf F.P.G. ver- flüssigen sich die Impfstriche sehr bald, und später der übrige Theil der Gelatine (ohne dass der Coccus dieselbe vorher durch- wächst). Die Kultur fällt dann zu Boden und wird allmählich zu einem dunkel-orangefarbigen Satz. Auf erstarrtem Blutserum entstehen rasch wachsende Kulturen, Anfangs nur schwach gelb, später dunkler. Auf Kartoffeln ebenfalls gutes Wachsthum. An der Luft trocknet die Kultur mit der Zeit ein, verliert die Farbe und wird schwieriger zu übertragen, ohne dass sie jedoch nach fast Jahresfrist (in einem Falle) sich gänzlich abgestorben zeigte. Ohne Luft hält sie sich sehr lange. Ich komme darauf bei den Beobachtungen über Östeomyelitis zurück. Das Mikro- bion stellt sich mikroskopisch als ein sehr kleiner Coccus dar 2* 90 > Staphylococcus pyogenes auretis. von reiner Kugelform. Bei jungen Kulturen liegen diese Kugeln in eine Grundsubstanz eingebettet sehr gleichmässig neben- einander und bieten ein sehr zierliches Bild (Fig. ı). Eine weitere Anordnung derselben findet sich nicht. Die ganz jungen Coccen scheinen mir kleiner zu sein als die alten; auch findet man in älteren Kulturen verschiedene Grössen vor. Ein Oel- system löst das gefärbte Object zu überraschend zierlich, scharfem Bild. Die besten älteren Trockensysteme lösen das Objeet schlecht oder nicht, gute Wasser-Immersionen wohl bei ge- nauer Correction. Neuerdings fertigt allerdings unser Optikus, Herr Winkel, Trockensystem Nr. 8, je Nr. 6 an, welche das Object für eine gut differencirende Netzhaut noch scharf lösen. — Injectionen von aufgeschwemmten Agar-Kulturen dieses Mikrobions erwiesen sich bei Thieren, Kaninchen, -Hunden, sehr deletär. Bei Mengen von etwa 0,5 gr der Aufschwemmung in das Knie oder in die Pleura injicirt, pflegten Kaninchen den anderen Morgen nicht zu erleben. Thaten sie es, so entwickelte sich eine furchtbare Phlegmone. Hunde pflegten diese wohl zu überleben, wenn die Injection in das Knie geschehen war, wo dann bald Abscedirung und Aufbruch erfolgte. Specielleres werde ich bei der Osteomyelitis mittheilen. Auf todtem, fäulniss- fähigem Nährboden ist das Mikrobion ausser Stande, sei ‘es bei Luftzutritt oder Ausschluss derselben, stinkende Fäulniss zu erzeugen. Auch werden durch dasselbe keine oder nur gering- fügige Spuren von Gasen gebildet. Ich habe dasselbe in grös- serer Quantität (etwa o,ı ccm) der aufgeschwemmten Agar- kultur auf Eiweiss und gekochtes Rindfleisch bei 30%—35° €. im luftleeren Kolben wirken lassen. Der Wasserhammer blieb voll bestehen und besteht noch nach Jahren. Trotzdem zergeht sowohl das Fleisch wie das Eiweiss. Ich untersuchte einen solchen Kolben mit ganz zergangenem Eiweiss aufPeptone, indem ich die Flüssigkeit kochte, filtrirte, mit Bleioxyd kochte; im Filtrat mit Schwefelwasserstoff das Blei entfernte. Die restirende Flüssigkeit Staphylococcus pyog. albus. — Mikrococcus pyog. tenuis. 9 war sehr peptonreich, sie ergab ohne weiteres Einengen starke - Biuret-Reaction. 2. Der Staphylococcus pyogenes albus keimte aufF.P.A.in üppigen, undurchsichtigen, weissen Kulturen, welche aussehen, wie ein in die Länge ausgestrichener Tropfen weisser Oelfarbe (Fig.IV). Der Strich wächstrasch in die Breite bis ‚etwa4 mm., welche erin ı—2 Wochen erreicht. Nach längerer Zeit trocknet die Kultur ein, wird glattund ist später schwieriger zu über- tragen, F.P.G. wird rasch verflüssigt wie vom St. p. aur. Im luftleeren Kolben bewahre ich eine Reinzucht nunmehr 3!/s Jahre auf, welche letzthin noch gute Kulturen lieferte. Ich muss be- | merken, dass nicht selten die Kulturen dieses Mikrobions dünn und kümmerlich ausfallen und kaum über den Ort der Aussaat hinauskommen. Erst eine bald angestellte weitere Uebertragung liefert dann üppige Kulturen. Mikroskopisch ist wie gesagt, dieses Mikrobion nicht von dem gelben Eitercoccus zu unterscheiden. Es zeigt genau dieselben regelmässig neben einander eingebetteten - Kügelchen, wie der Staphyl. pyog. aureus. Fig. ı ist von einem Präparate des Staphyl. pyog. albus gezeichnet. Auch pathogen wirkt dieser Coccus wie der vorige. Die betreffenden Thier- experimente sind im Folgenden in Anschluss an den Fall: Dorette Stümpfel — speciell mitgetheilt. 3. Mikrococcus pyogenes tenuis' habe ich ein Eitermikrobion genannt, welches nur selten vorzu- kommen scheint. Ich habe es 3mal und zwar als Reinzucht beobachtet. Anfangs entging es meiner Beobachtung überhaupt, weil seine Kulturen von einer fast an das Unsichtbare grenzen- den Zartheit sind (daher der vorläufig gebrauchte Name). Aufjeden Fall ist dieser Coccus von der vorigen beiden grundverschieden. Er liegt in den Kulturen in nur geringen Ansammlungen anein- ander, ist auch nicht zu bestimmten Gruppen angeordnet. Ich habe ihn zwar in den Geweben nicht kennen gelernt, glaube 19 [557 Streptococcus pyogenes. aber nicht, dass man ihn zu den Staphylococcen rechnen kann. Auf Agar bilden seine Kulturen um den Impfstrich ganz dünne, fast glashelle Auflagerungen, wie wenn man den Impfstrich in etwa Millimeterbreite mit einer dünnsten Schichte von durch- sichtigem Lack umsäumt hätte. Im Impfstich, und wenn die Kultur zwischen Glas und Nährmasse dringt, wächst der Pilz energischer, auch in etwas dickerer, schwach opaker Schichte. Mikroskopisch erweisen sich die Einzelindividuen als unregel- mässigere Coccen, vielleicht etwas grösser als die vorigen, welche nicht selten zwei dunklere Pole mit heller gefärbter Zwischensubstanz haben und dann auch mehr gestreckt sind (Fig. 5). Die Kulturen sind kaum zu zeichnen. Auch habe ich mit diesem Coccus noch keine Thierversuche gemacht. Auf die klinische Eigenthümlichkeit der durch ihn bedingten Abscesse werde ich im Fölgenden zurückkommen. 4. Streptococcus pyogenes. (Kettencoccus, Streptococcus, Torula(), Organisme en chapelets. Bacterium varicosum () Wollen wir einen Coccus, welcher sich aus mehreren Einzelcoccen zu charakteristischen Reihen, Ketten, Ringeln oder rosenkranzähnlichen Figuren gruppirt mit Ogston, welcher Billroth’s Nomenklatur acceptirt hat, Streptococcus nennen, so bezeichnet auch hier dieses Wort nur eine Grattung; denn es gibt mehrere Arten, welche sich mikroskopisch in gleicher Weise zu Ketten anordnen. Soweit bis jetzt die Beobachtung reicht, muss man bei den Wundinfectionskrankheiten mindestens drei verschiedene Arten Streptococcus annehmen. Sehen wir von der einen ab, welche Koch als Ursache einer progressiven Gewebsnekrose an Mäusen entdeckte, so bleiben bei den mensch- lichen Wundkrankheiten zwei Arten über, die eine ist das Mikrobion des Erysipelas, welches Fehleisen entdeckte, und welches ich hier wohl vorläufig als Streptococcus_ erysipelatos ” ir a a ai nn re Bu a hit a 1 HE ba Streptococcus pyogenes. 93 — Eehleisen bezeichnen darf. Der andere Streptococcus ist der in Rede stehende Eitercoccus, der ja dann als_streptococcus X pyogenes hinreichend bezeichnet wird. Wie’ schon bemerkt, habe ich in mikroskopischem Bilde zwischen diesen beiden Coccenarten ein charakteristisches Unterscheidungsmerkmal nicht auffinden können; dagegen sind, wie schon Fehleisen her- vorhebt, die Culturen verschieden und charakteristisch genug, dass sie stets durch Parallelculturen unterschieden werden können. Der streptococcus pyogenes geht auf F. P.G. in anfangs ein- ‚fachen, schwach weisslichen, ziemlich durchsichtigen runden Stippchen von der Grösse kleiner Sandkörnchen auf, welche auf diesem Nährboden wenig V Wachsthum zeigen, selbst wenn die Temperatur so hoch ist, als sie darf, ohne die Gelatine zu verflüssigen.. Auf F. P. A. wächst dieser Coccus viel ener- gischer, wenn bei 35—37 °C. gezüchtet wird. Auch hier zeigte er die Neigung, in gleichen Pünktchen aufzugehen wie auf der Gelatine, welche aber später bis zu Stecknadelkopfgrösse an- wachsen. Macht man mit reichlichem Material einer frischen Cultur einen Impfstrich, so geht auch dieser Coccus wohl in eontinuirlichem Strich auf, zeigt aber auch hier die Neigung, Centren zu bilden.: (Fig. VI u. Fig. VOL) Mag nun dieses Mikrobion in Pünktchen oder in Strichen aufgehen, im weiteren Wachsthum zeigt er folgendes Verhalten: In der Mitte wächst die Cultur am höchsten und lässt hier eine schwach bräunliche Färbung erkennen, während die Peripherie sich rasch verflacht. Nur der äusserste Rand ist wieder etwas dicker und hat oft ein gewelltes, getüpfeltes Aussehen, hervorgebracht durch pünkt- chenförmige Anhäufungen der Pilzmasse, und nicht selten sieht man vom letzten Rand aus neue Pünktchen um denselben ent- stehen. (Fig. V.) Bei weiterem Wachsthum schliesst sich dem ersten Rand eine meist noch flachere Terrasse an und dieser eventuell noch eine dritteu.s.w. Fig.V IIzeigt bei 20facher Loupen- . vergrösserung‘ eines Theiles der in Fig. VI dargestellten Cultur 94 Streptococcus pyogenes. die gewellten immer flacheren Terrassen bei durchfallendem Spiegellicht. Im Ganzen aber ist das Wachsthum der Cultur langsam und geringfügig und erreicht in 2—3 Wochen ein Maximum von vielleicht 2—3 mm. Breite. Je älter desto schwieriger ist die Cultur wieder zum Aufkeimen zu bringen. Eine Cultur, welche nach 4 Monaten, während welcher sie in Stubenwärme lag, in reichlichstem Material auf frisches F.P. A. übertragen wurde, keimte nur in 8 feinsten Pünktchen — von 8 Einzelorganismen — auf. Im Impfstich wächst der Pilz besser, geht leichter an und bleibt besser übertragbar. Auf erstarrtem Blutserum wächst er sehr gut in ganz ähnlicher Weise wie auf Agar. Er verflüssigt keinen der Nährböden. In luftleerem Raume macht er gekochtes Eiweiss und Rindfleisch leicht zergehen, ohne Fäulnissgeruch und wesentliche Gasbildung und wirkt dabei ebenfalls ziemlich energisch peptonisirend. Die Details dieser Untersuchungen werden bei den Fällen, von denen die Coccen stammen, mitgetheilt. Betrachtungen der Culturen bei stärkerer Vergrösserung (Winkel Syst. 6, Ocul. 3) ergaben die Grenze derselben selten ganz glatt, sondern meist mit kleinen Zacken besetzt; häufig aber bilden hier die Einzelorganismen grössere Schlingen, Netzwerke, Ranken oder Figuren wie auf- gedrehte Quasten etc. Hiemit hängt wahrscheinlich das makro- skopische Wachsthum von Pünktchen am Rande der Cultur ° zusammen. Mikroskopisch bildet dieser Coccus die erwähnten Ketten (Fig. 3), wie sie von Ogston mit grosser Treue und bei starker Vergrösserung abgebildet sind. Auf den ersten Blick scheint die Aehnlichkeit der Cul- turen dieses Pilzes mit dem Erysipelpilz eine sehr grosse zu sein. Auch letzterer hat oft, aber viel weniger ausgesprochen die Neigung, flachere Höfe zu machen, deren Ränder dann aber entschieden- dickere und namentlich unregelmässigere, auch Unterscheidung des Streptoc. pyog."vom Streptoc. Erysipel. 25 opakere und weisslichere Klümpchen und Streifen bilden. Bei weiterem Wachsthum ist hier die Bildung von Fortsätzen oft so bedeutend, dass die Cultur ein dentritisches Ansehen bekommt und aussieht wie das Blatt eines Waldfarrenkrautes, während =°” g: 5; man eine etwas regelmässige Cultur des Eiterpilzes eher mit einem Akazienblatt vergleichen könnte. Auch im Impfstich zeigt die Cultur weissgelbliche Klümpchen. Das Wachsthum ist etwas erheblicher als das des Eiterpilzes, wenn auch nicht viel. Durch die Freundlichkeit des Hrn. Prof. Flügge erhielt ich Erysipelculturen, welche vom Reichsgesundheitsamt kamen und ächte Descendenten der durch vielfache Rückimpfungen als das wirkliche Erysipelcontagium nachgewiesenen Coccen waren. Sie stimmten in jeder Hinsicht mit meinen Culturen "überein. Ich habe die ursprünglich mir übermittelte F. P. G.- Impfstichcultur im reflektirten Licht und eine davon abstammende 2 Generationen entfernte F. P. A.-Impfstrichcultur bei durch- fallendem Licht abbilden lassen (Fig. IX u. X) bei 2—3 facher Vergrösserung. Die farrenblattähnlichen Auswüchse bei weiterem Wachsthum zeigt die Fig. X noch nicht. Auch der Erysipel- coccus verflüssigt die 3 angewandten Nährböden nicht. Mikro- skopisch zeigen seine Culturen jene Schlingen und Netzwerk- bildungen am Rande ebenfalls ja noch stärker. Es scheint auch, als seien durchschnittlich die Ketten wie die Coccen grösser. Beide Arten der Kettencoccen wachsen auf Blutserum und F. P. G. namentlich in den Impfstichen mikroskopisch in ex- quisiten oft sehr langen Ketten. Auf Agar wird das Wachs- thum beider leicht unregelmässiger. Zuerst bilden sich auch Ketten, dann aber wachsen die Coccen nach der Seite der Ketten, so dass sich diese sehr bald verbreitern. Meistens ist in den, wenn auch verbreiterten Figuren, die ursprüngliche Kettenform wohl noch zu erkennen, oft aber ist das Wachs- thum so diffus, dass eine Unterscheidung von Staphylococcus mikroskopisch sehr schwierig wird. Auch in den Geweben sind 96 . Streptococceus pyogenes. die Ketten kurz, es überwiegen Einzelindividuen und Ketten von 2—3 und etwas mehr Grliedern. Kaninchen zeigten sich gegen die Eiterkettencoccen nicht sehr empfänglich. Dabei ist freilich zu bedenken, dass bei den so kleinen Culturen immer nur sehr wenig zur Anwendung kam. Injectionen der aufgeschwemmten Agarculturen bewirkt örtlich Abscedirungen, Einimpfungen der reinen Agarcultur in kleine Hauttasche einen örtlichen entzündlichen Knoten. Die Details dieser Thierexperimente werden ebenfalls bei den Fällen, von denen die Coccen stammten, mitgetheilt. Viel em- pfindlicher sind Mäuse. Ich habe nach den minimsten Ein- impfungen in einem kleinen Hautschnitt von 6 Mäusen 2 am 3. und 4. Tage an einer flachen progredienten Eiterung sterben sehen. Höchst wahrscheinlich ist der beschriebene Eiterketten- coccus identisch mit Pasteurs und Dol£&ris microbe en chapelet und mit Krause’s') Kettencoccus. Doch ist die Schwierigkeit nicht zu verkennen, welche sich eventuell einer weiteren Unterscheidung mehrerer Streptococcen entgegenstellen könnte. Ich habe hiemit dem Leser die Coccen vorgestellt und charakterisirt, welche ich in geschlossenen Eiterungen vorfand. Naturgemäss schliesst sich die Frage an, ob denn diese ver- schiedenen Mikrobien verschiedene Wirkung ausüben; ob in dem klinischen Bilde der Abscesse und Eiterungen ein Unter- schied wahrzunehmen ist, je nach dem Mikrobion, durch welche diese hervorgerufen wurden. Es fand sich allerdings ein Unter- schied und zwar in der Weise, dass ich nicht selten im Stande gewesen bin, die Diagnose des Mikroorganismus aus den klini- | schen Erscheinungen zu machen. Characteristisch treten aller- dings die Unterschiede erst bei den schwereren Phlegmonen 1) Fortschritte der Medicin 1884, Nr. 8. Acute Abscesse. 97 zu Tage; ich kann daher specieller auf dieselben erst nach Mit- theilung des gesammten klinischen Materials, der Abscesse, Empyeme und der schwereren Phlegmone eingehen. III. Klinische Mittheilung der Fälle acuter Abscesse nach den in ihnen gefundenen Mikrobien geordnet. Bei den 26 Fällen geschlossener Abscesse, von denen ich die Krankengeschichte besitze, sind anfangs die Culturen auf -F. P. G. gemacht, und die meisten der folgenden ohne speciell darauf gerichtete Differenzirungs-Untersuchungen, nach K.och’s Methode geblieben, so dass ich nicht mit Sicherheit behaupten kann, ob nicht ab und zu beide Staphylococcusformen vorhan- den waren, während Streptococcus in den Culturen mikroskopisch kaum zu übersehen sein dürfte. Es fand sich A. Staphylococcus aureus (mit oder ohne albus) in folgenden Abscessformen: 1. Abscess der Kopfdecken bei 3jährigem Kinde unter Kopfeckzäm ent- standen. Baldige Heilung. 2. Präpatellarabscess bei 2ojährigem Dienstmädchen mit promptem Heilungs- verlauf. 3. Submentaler Abscess mit dickem rahmigen Eiter bei Kind, seit 8 Tagen entstanden. Baldige Heilung. 4. Abscess nach Phlegmone der submaxillaren Drüsen, seit 8 Tagen ent- standen bei einem 4jährigen Mädchen, 5. Phlegmonöser, tiefer, subfascialer Abscess am unteren Ende des Radius bei 3jähr. Kind, ohne bekannte Ursache entstanden. Ursprüngliche Osteo- myelitis-Diagnose; nicht bestätigt, sondern rasch heilender Weichtheils- Abscess. 6. Abscess der submentalen Drüsen nach Ausschlag um Mund und Kinn. 7. Abscess am oberen Umfang der mamma, seit ı4 Tagen entstanden bei 17jährigem Mädchen. 8. Abscedirung der Cruraldrüsen, nach einer vor 4 Wochen entstandenen Schrunde am malleol. int. bei einem ı5jährigen Knaben, rasche Heilung. 9. Präpatellarphlegmone bei ı8jährigem Dienstmädchen, 98 5 “ Acute Abscesse, Dazu gesellen sich 2 Furunkel der Oberlippe, welche sehr früh, der eine noch vor Beginn der Eiterbildung geöffnet wurden, nämlich: | 10. Furunkel der Oberlippe bei einem ı8jährigen Schlosser, Adolf Wolfes, seit 2 Tagen bemerkt mit infiltrirtem, phflegmonösem Strang nach oben, Bei Incision entleerte sich noch keine Spur von Eiter. Das scharf ab- gegrenzte inficirte Gewebe der Cutis zeigte im Durchschnitt eine trüb- gelbliche Färbung. 11. Furunkel ar. der Oberlippe bei einem ı5jährigen Knaben, seit 3 Tagen auch mit jenem Strang nach oben. Ganz gleiches Bild beim Durchschnitt, In beiden Fällen wurde auch mit immer verdünnterem Material cultivirt, bis nur einzelne Pünktchen aufgingen. Es war nichts weiter als 'staphyl, pyog. aureus vorhanden, Auch Pasteur') untersuchte 5 mal Furunkel bei 3 verschie- denen Individuen und cultivirte daraus in Hühnerfleisch- und Hefebouillon jedesmal einen sphärischen Organismus, welcher sich zu zweien, selten zu vieren, oft aber zuHaufen gruppirte. Wahrscheinlich also handelte es sich um staphylococcus. P. unterscheidet. seinen Furunkelcoccus von seinem microbe pyo- genique, constatirt aber seine Identität mit dem der acuten Östeomyelitis. Neuerdings fand auch F.Krause?) den gelben Coccus ausser bei Osteomyelitis bei Furunkeln. B. Streptococcus allein fand ich in folgenden Abscessformen: I. Subkutane Phlegmone am Knie unter einer vor 7 Tagen aquirirten, später ‘ entzündeten Abschürfung bei einem 17jährigen Glasergesellen. 2. Abscedirung der Achseldrüsen nach einer Schrunde am Daumen, welche noch etwas secernirt bei älterem Manne. Schmerz in der Achsel seit 8 Tagen. Bei Incision dünn-flüssiger Eiter, weiss wie Rahm. 3. Seit 8 Tagen zunehmende Schwellung, jetzt tief liegender Abscess hinten oben am linken Oberarm bei ı2jährigem Knaben nach einer Schrunde am Handrücken. Dicklicher Eiter entleert. ") Bulletin de l’Acadamie de Med. 2 Ser. Tome 9. 1880, p. 435. ?) Fortschritte der Medicin 1884, Nr. 8. Acute Abscesse, 99 10. Grosser Abscess mit viel Phlegmone unter dem Kieferwinkel bei 13monat- lichem Kinde. Schwellung seit 3 Wochen, dünnflüssiger Eiter entleert, rasche Heilung. f Abscedirung der präjugularen Drüsen bei 3jährigem Kind nach Scharlach. Unter starkem Fieber waren zugleich mit nephritis hämorrhagica mehr- fache Drüsenschwellungen aufgetreten, aber nur die genannten Drüsen vereitert. Heilung. : Tiefer Weichtheilsabscess der Schulter bei 7monatlichem Kind Nachdem ı1 Tage Schmerzhaftigkeit vorausgegangen war, bemerkten die Eltern ' Schwellung der Schulter. Ausgedehnte, tiefe Infiltration, ohne Hautröthe, dann Fluctuation, zunächst vorn vor dem Humeruskopf. Diese breitet sich dann mehr aus und ist auch hinten unter dem hintern Umfang des "Akromions zu fühlen. Das Kind ist fieberhaft und recht krank. Incision und Entleerung von flüssigem, weissem Eiter, der Abscess liegt unter dem ‚Deltoid&us, umgibt das Gelenk, hat aber weder mit diesem noch mit dem Knochen etwas zu thun. Rasche, dauernde Heilung ohne Fistel. . Abscess mit viel Phlegmone innen am Knie seit 3 Wochen, spontan bei -I3jährigem Mädchen entstanden. Enthält wenig Eiter. Kleiner Iymphangitischer Abscess an der Hand. Ein 2ojähriger Acker- ‚knecht hatte sich ı4 Tage vorher am Dorsum der Mittelphalanx des Mittelfingers oberflächlich verletzt. Der Finger schwoll an und schmerzte, Jetzt kleiner subkutaner Abscess inmitten einer circumscripten Phlegmone auf dem Metakarpo-Phalangengelenk. Rasche Heilurig nach Incision. ‚ Drüsenphlegmone bei einem ı2jährigem Mädchen seit 8 Tagen unter dem Unterkieferwinkel. Brettharte, rothe Schwellung. Bei Incision nur wenige Tröpfchen Eiter. Langsamer Rückgang. Lymphangitische Präpatellarphlegmone bei 38jährigem Manne. Nach einer eiternden Abschürfung am Knie. Lymphangitischer Abscess am Arm bei einer 5gjährigen Arbeiterfrau, dessen Sitz den Cubitaldrüsen entspricht. Viel phlegmonöse Härte, wenig Eiter. Langsamer Rückgang. C. Traubencoccus und Kettencoccus zusammen ich in folgenden Abscedirungen: Lymphangitischer Abscess am oberen, inneren Umfang des Oberarms bei 30jährigem. Mann. Nachdem mehrfache Schrunden und Pusteln an der Hand aufgetreten waren, und nachdem von diesem aus eine Lymphangitis überstanden war, begann vor 8 Tagen die Schwellung und Abscedirung. 30 & Acute Abscesse, 2. Nach einer Schulterresection war vom unteren Theil der Wunde aus- gehend eine Phlegmone entstanden. 6 Tage nach der Resection starke Röthe und Infiltration bis zum Ellbogen hin. Es schien, als handle es sich um ein Erisipel. Eröffnung und Entleerung von Eiter, langsamer Rückgang; Fieber erst nach ı2 Tagen verschwunden. 3. Nach Scharlach stellte sich, während noch das Exanthem bestand, Ohr- laufen und Drüsenschwellung unter dem entsprechenden Kieferwinkel ein, Von hier verbreitete sich eine 3fingerbreite derb ödematöse Phlegmone mit starker erysipelatöser Röthung bis zur Mitte des Halses. Fieber. Grosse Prostration. Keine Fluctuation, keine Gewebslücke. Trotzdem aus- giebige Incision, bei der sich aber nur trüblich-seröse Flüssigkeit aus dem subcutanen Gewebe entleert. Bei sofortiger Impfung auf F.P. A. geht im ganzen Impfstrich dick der Kettencoccus auf. Dann aber er- scheinen ausserdem zwischen demselben 23 gelbe Pünktchen — Culturen von staphyl. pyog. aureus. Langsamer Rückgang, schliessliche Heilung. D. Mikrococcus pyogenes tenuis fand sich bei einem 16 Wochen alten Kind, Eduard Gilland. Es erkrankte vor 5 Wochen angeblich mit Brustleiden. 8 Tage später trat wiederum mässiges Fieber auf, während das rechte Bein schmerzhaft wurde: wenigstens durfte die Mutter das Kind während des Waschens nicht an das Bein fassen, ohne Schmerzensäusserungen zu veranlassen. Dann "bemerkte sie Schwellung am Oberschenkel, die immer grösser wurde. Stat. praes. Verhältnissmässig colossaler Abscess, welcher den ganzen vorderen, äusseren und hinteren Theil des Oberschenkels, sowie die Glutaeengegend umfasst. Haut weder geröthet noch infiltrirt, noch wärmer .anzu- fühlen. Der Mangel an Infiltration ist für einen acuten Abscess allerdings sehr’ auffallend. Körpertemperatur nicht erhöht. Bei» der Eröffnung entleerte sich flüssiger, aber doch etwas runder, ganz geruchloser Eiter. Man kommt mit dem Finger unter die Glutaeen und um den Schenkelhals, ohne dass sich eine Com- munication mit der Hüfte nachweisen liesse, auch ist diese nach der Entleerung vollständig beweglich. 3 Wochen später ist Alles abgeheilt, das Kind voll- ständig gesund. Schon in einer ganzen Reihe von Fällen bin ich ähnlichen Abscessen bei Kindern begegnet, und schon einmal hatte ich versucht, von einem ganz analogen, kolossalen Oberschenkel- abscess dieser Art bei einem Kinde von wenigen Monaten Culturen zu erhalten — ohne Erfolg, wie ich damals meinte —; VE Fe ad Zain Lu a Aa An dan ee ne ad BT ie zu Eiter aus chronischen Abscessen. 31 wahrscheinlich aber habe ich dieselben übersehen. Weitere Beobachtungen über dieses eigenthümliche Eitermikrobion werde ich bei den Empyemen mittheilen. IV. Eiter aus chronischen Abscessen. Ogston’s Kulturen mit chronischem Eiter blieben stets steril, und Injectionen desselben bewirkten beim Versuchsthiere weder Entzündung noch Eiterung. Der Eiter wurde vielmehr resorbirt. O. hält daher diesen Eiter für rein und für frei von Organismen. Ich habe schon in meiner Arbeit über Osteomyelitis 1878, veranlasst durch die Beobachtungen in hiesiger Klinik, die Ansicht ausgesprochen, dass all die sogenannten chronischen (fungösen) Knochenentzündungen, welche nicht residuum einer wenn auch sehr wenig intensiven, acuten Entzündung sind, specifisch auf Tuberculose berulien; natürlich muss man, nament- lich bei Verallgemeinerung dieses Satzes noch einen gewissen Theil von Fällen ausnehmen, welche der Lues, dem Rotz, der Aktinomykose etc. angehören. Ich habe später eine ganze Reihe ‚von Untersuchungen!) gemacht, bei denen Thieren chronischer Eiter von fungösen Knochen- und Grelenkentzündungen aus Congestionsabscessen in die Knie, Pleuren, Peritoneum, Unter- hautzellgewebe injicirt wurde. Der grösste Theil dieser Thiere erkrankte dadurch lokal an exquisitester Tuberculose, und sehr häufig im Anschluss daran auch an allgemeiner Milliartuber- culose. Diese Versuche sind dann von mehreren Seiten mit ähnlichem Resultate gemacht worden. Auch würde O,, hätte er seine Thiere länger beobachtet, zu gleichem Resultate gekommen sein. Durch die Ergebnisse der klassischen, klinischen Bear- beitungen Volkmann’s und König’s ist der so äusserst wich- tige Beweis geliefert worden, welcher eine neue Aera in der ’) Verhandlungen der deutschen Gesellschaft für Chirurgie. 10. Congress 1881, April. S. 79. 39 “- Abscesse und Eiterungen ohne Mikroorganismen. modernen Chirurgie begründet, dass die sogenannten chronisch- fungösen Entzündungen mit Tuberculose ätiologisch identisch sind, welchen Koch durch den Nachweis des Tuberculose- bacillus besiegeltee Wenn nun auch die mikroskopische Un- tersuchung des Eiters auf Tuberculosebacillen als solche vielleicht häufiger negativ als positiv ausgefallen ist, somuss man, ' wieK.och thut, annehmen, dass wenigstens die Keime — Sporen derselben — in dem Eiter vorhanden sind. Das lassen schon mit grosser Sicherheit die oben erwähnten Thierexperimente an- nehmen. Ich habe, bis jetzt allerdings mehr beiläufig, einige Versuche gemacht, chronischen Eiter auf sterilisirtem Blutserum zu züchten. In 5 Fällen erhielt ich zweimal ein vollständiges Resultat; nämlich unzweifelhafte Tuberkelbacilluskulturen in mehreren Röhrchen. In einem Falle verdarben sämmtliche Kulturen, weil der Eiter verunreinigt war. In zwei anderen Fällen blieben die Kulturen steril. V. Abscesse und Eiterungen, ohne Anwesenheit von Mikroorganismen. ı. Bei Extirpation eines Echinococcus im Bauchraum (Netz?), bei welchem der Echinococcensack glatt und vollständig mittelst Zangen extrahirt wurde, fand sich hinter demselben eine dünne, aber entschieden eitrige Flüssig- keit, Ich fing sie aseptisch auf und machte auf F, P. G. und F, P. A, eine Anzahl von Impfstichen und Impfstiichen. Kein einziger zeigte auch nur eine Spur von Aufkeimung, trotz sofortiger Bebrütung der E, P. A.- Kulturen bei 30—35° Cels. 2. Bei einer etwa 45jährigen Frau fand sich ein Tumor im Abdomen zwischen Symphyse und Nabel, etwa von Grösse und Gestalt einer gefüllten Harn- blase, beweglich den Bauchdecken anliegend, anscheinend flucturirend, Diagnose nicht sicher zu machen. Kleine Ovarialcyste vermuthet. Bei Incision überall entzündliche Verwachsung mit der Bauchwand. Es kommt. eine dickwandige Cyste zum Vorschein, welche beim weiteren Lösen ein- reisst und einen nicht kleinen Theil ihres durchaus eitrigen Inhalts in das Peritoneum ergiesst, ehe der Riss wieder geschlossen werden konnte, a 2 Abscesse und Eiterungen ohne Mikroorganismen. BR Vielfache derbe, entzündliche Verwachsungen mit den Eingeweiden müssen gelöst werden, ehe es gelingt, den Sack zu entfernen. Reactionslose | Heilun g. In dem Sacke befindet sich ein dicker, rahmiger, zum Theil röth- licher Eiter, zum Theil auch weisser. Innen aufder Wandung des Sackes sitzen dicke Eiterplaques auf. In der Mitte liegt in dem Eiter eine grünliche fast gela- tinöse Masse — der erweichte Echinocoecus. — Der sofort auf F. P. A. ge- strichene Eiter keimte nicht und zeigte auch mikroskopisch keine Organismen. Diese Beobachtungen finden Analoga in eitrigen Entzünd- ungen, welche bei Cysticercus cellulosae namentlich von den Augenärzten beobachtet wurden. Prof. Leber') sagt darüber: „Es ist bekannt und ich kann dies bestätigen, dass diese Ento- zoen (Cysticercus cellulosae) eitrige Entzündung in ihrer Um- gebung hervorrufen können. Da die blosse mechanische Wirk- ung keine Entzündung hervorruft, und da auch hier an eine Betheiligung von Mikrobien nicht zu denken ist, so muss wohl die Annahme gemacht werden, dass diese Parasiten eine ent- zündungserregende Substanz absondern...“ Ich selbst habe zweimal in der Muskulatur des Vorderarmes eine sehr inten- sive, ‚ausgebreitete, eitrige Phlegmone durch ein Cysticercus entstehen sehen; leider zu einer Zeit noch, wo ich Untersuch- ungen auf Mikrobien nicht unternahm. Ob hier der Parasit an sich oder mitgeschleppte Coccen die Phlegmone verursachten, wird sich beim nächsten Fall leicht entscheiden lassen. Wenn also auch bei den mitgetheilten Echinococcenfällen die Mikro- organismen vermisst wurden, so trage ich immerhin noch Be- denken, die entzündungerregende Wirkung den Parasiten als solche zuzuschreiben, denn einmal bestehen die Echinococcen lange Zeit, ohne Eiterung hervorzurufen ; ja sie können ab- sterben und sich zu einer gelatinösen Masse umwandeln, ohne dass Eiterung auftritt; dann aber ist auch damit, dass bei der Eröffnung Mikrobien nicht gefunden werden, noch nicht gesagt, ) Th. Leber, Ueber die Wirkung von Fremdkörpern im Innern des Auges, International medical Congress. London 1881. Rosenbach, Mikroorganismen bei Wundinfectionskrankheiten des Menschen. 3 EA 34 Abscesse und Eiterungen ohne Mikroorganismen. dass nicht zu gewissen Zeiten solche vorhanden waren und später ausgestorben sind. Die folgenden Untersuchungen über Sepsis werden zeigen, dass es Bacillen gibt, die Eiter erregen, dann aber sehr bald untergehen. In anderen Fällen vereiterter Echinococcen sind in der That Bacillen beobachtet, in wieder anderen Fällen beweist der Fäulnissgeruch, dass Microbien, wahr- scheinlich Bacillusarten, im Spiel waren. Zweifellose Fälle von Eiterbildung ohne alle Mitwirkung von Microorganismen, habe: ich nur durch das Experiment bei Thieren kennen gelernt. Orthmann erzeugte dreimal durch Injection von Terpentinöl eine ausgebreitete Abscedirung mit Bildung eines rahmigen Eiters, welcher ganz genau so aussah, wie der acute Eiter beim Menschen. Einmal verdarb die Kultur von diesem Eiter auf F. P. A. durch Verunreinigung (Heubacillus). In den beiden anderen Fällen blieben alle Impfstriche und Impfstiche steril. Mein Freund, Herr Dr. Riedel, hatte bei seinen Untersuch- ungen gefunden, dass dem metallischen Quecksilber, als solchem eine hochgradige eitererregende Wirkung zukomme. Ich hatte bei Untersuchungen über Osteomyelitis Quecksilber im Knochen- mark allerdings in nur geringen Mengen angewandt, und dann wenig entzündungserregend gefunden, ja sogar bei einem Kaninchenbock, der Monate nach der Injection in voller Ge- sundheit lebte, eine Quecksilberkugel, so gross wie ein kleines Hagelkorn in einem Herzohr reactionslos eingeheilt gefunden. Ich liess nun durch Orthmann metallisches Quecksilber, auch in grösserer Menge (50 gr.) unter: allen antiseptischen Kautelen einem Hunde subcutan injieiren. Es erfolgte ausgebreitete Eiterung. Der Eiter wurde auf F. P. A. geimpft, doch blieben alle Impfstriche und Impfstiche steril. Ich habe diesen Ver- such noch zweimal wiederholt. Einmal mit reinem Quecksilber, das andere Mal mit Quecksilber, welchem etwas Natrium amal- gam zugemischt war (um alles Oxyd zu entfernen), mit genau demselben Resultat. Meine beiden Hunde gingen zu Grunde. a rn a BET a la 22 0 md zen az lad 1 Ba al Re A Er. 20 Sebi a nu. a Bl nt u a Abscesse und Eiterungen ohne Mikroorganismen. E43 Möglich, dass hieran ausser der verbreiteten Eiterung eine All- gemeinwirkung des Quecksilbers mit Schuld hatte. Ich kann somit Riedel’s Resultate voll bestätigen. Dagegen muss ich ganz entschieden Councilman’s Behauptungen zurückweisen, ‘„dass die Orthmann’sche Versuchsanordnung keine ab- 'solute Garantie dafür biete, dass die Anwesenheit von Mikroorganismen in diesen Experimenten wirklich voll- ständig ausgeschlossen sei. Der Umstand, dass die Zücht- ung von dem Eiter auf Nährgelatine negativ ausfiel, wider- lege die betonte Möglichkeit (einer Einmischung von Mikrobien) nicht, weil bekanntlich die betreffenden Orga- nismen nicht in den Eiter selbst sich zu befinden brauchten, sondern nur im umgebenden Gewebe — von der Schwierig- keit, das Fehlen von Mikrococcen im Gewebe mittels mikroskopischer Prüfung zu beweisen, ganz zu geschweigen.“ Councilman hat offenbar FEiterkulturen, über welche er urtheilt, niemals selbst angestellt und scheint auch die ebenso sorgsamen als zahlreichen, mit den besten Mitteln angestellten ÖOgston’schen mikroskopischen Eiteruntersuchungen nicht zu kennen, welchem es gelang, die Coccen in jedem acuten Eiter nachzuweisen. In meinen Kulturversuchen keimten die Coccen des acuten Eiters in jeder Kultur, ausser den zwei Echinococcus- Fällen. Somit dürften ein Fehlen der Mikroorganismen bei der mikroskopischen Untersuchung und besonders ein Steril- bleiben der Kulturen bei acuten Eiterungen sehr wichtige Momente dafür abgeben, die Mitwirkung von Mikrobien aus- zuschliessen. ‚VI. Kulturen von Eiter aus Empyemen. 1. Karl Rotemberg, 6 Jahre alt, erkrankte vor 14 Tagen ohne bekannte Veranlassung, angeblich pneumonisch, wahrscheinlich aber mit Pleuritis unter heftigem Fieber. Jetzt besteht ein rechtseitiges Empyem nach dem Punktions- ergebniss. Die Dämpfung reicht bis zur spina scapulae. Lebergrenze bis etwa 3% BIN 5 Kulturen von Eiter aus Empyemen. 6 ctm. unterhalb der Rippenbögen in der Mamillarlinie. Spitzenstoss circa 3 Finger breit nach aussen von der Mittellinie links. Bei der Operation mit. Rippenresection grosse Mengen Eiter entleert. 5 Wochen später Alles geheilt. In den unmittelbar bei der Operation vorgenommenen Kulturen keimte in 4 Gläsern eine Reinkultur von staphylo- coccus pyog. aur. 2. Empyem nach Lungenschuss. Theodor Alborn, fünfzehnjähriger Schüler, schoss sich eine Stunde vor der Aufnahme in die Klinik am 2. XII. 82 mit einer Zimmerpistole aus Unvorsichtigkeit in die rechte Brustseite. Bald darauf wurde durch Husten ein Esslöffel Blut entleert. Stat praes. Das kleine Projectil war 2 Finger breit nach oben und eben soweit nach innen von der rechten mamilla eingedrungen. Etwa 4 Querfinger hoher Erguss in der Pleura. Sofort antiseptischer Verband. 3. XII., Erguss gestiegen. 7. XII., der Erguss nimmt die ganze Pleura ein, verdrängt das Herz und die Leber, Mässiges Fieber. Bei Rippenresection und Pleuraeröffnung entleeren sich ca. 1000 Gr. eines kirsch- rothen, stark stinkenden flüssigen Blutes, aus welchem ein mir nicht bekanntes Mikrobion in sehr kümmerlicher Weise keimte und bei der nächsten Kultur ganz ausblieb. 10. XII. entleert sich geruchloses, dünnes Secret; Temperatur 38 — 39. 15. XI., Secret jetzt eitrig. Es werden eigenthümliche Faserstoffgerinnsel ent- leert, in deren Mitte sich Leinwandfasern befinden, einmal auch ein Stückchen Tuch. Die Kultur ergibt nunmehr das Aufgehen von staph.py0g. albus in schwacher Kultur. Später geht ein gelber Coccus auf, grösstentheils wirklicher staph. pyog. aur.. . Er verschmilzt nicht mehr mit der vorhergehenden Kultur, sondern ver- drängt dieselbe in eigenthümlichen Formen (Fig. XI). Ausser diesem aber ist noch ein anderer gelber Coccus vorhanden. 20. XII. Noch immer werden kleine Kleidungspartikeln ausgestossen. Dann lässt das Secret allmählich nach und es erfolgt nach etwa 2 Monaten völlige Heilung. Epicrise: Nicht ohne Interesse ist hier das späte Zustandekommen der eigentlichen Eiterung. Während anfangs der Bluterguss stank und auch ein Coccus durch Kultur gefunden wurde, sehen wir docherstı2 Tage später eigentlichen Eiter auftreten und darin die Staphylo- coccen. Möglicherweise waren sie anfangs durch die Fibrin- gerinnsel in den Zeugfetzen abgesperrt. 3. Heinrich Brase, 3 Jahre alt, war vor 2 Wochen an Pneumonie erkrankt, welcher sich eine Pleuritis anschloss. Bei der Aufnahme absolute Dämpfung "aa da a m ee a gene Sie alla BEE Eee le de ee 5 - H. 2 E Kulturen von Eiter aus Empyemen. 37 bis spina scapulae, vorn bis zur dritten Rippe. Eiter durch Probepunction nach- gewiesen. Herz verdrängt, elendes Aussehen, mässige Dyspnoe, Puls 130, kein Fieber. Bei Eröffnung durch Rippenresection entleerte ich 750 cc. rahmigen, geruchlosen Eiters. Ganz reactionsloser Verlauf. ı8 Tage nach der Operation bleibt das Drain dauernd fort, daran schliesst sich unmittelbar die vollständige Heilung. Vielfache Cultivirungen ergaben ganz gleichmässig Rein- "kulturen von Mikrococcus pyog. tenuis. Ich habe sie in drei Generationen übertragen. Am besten wuchs der Pilz immer zwischen Glas und dem Agarkuchen und im Impfstiche. 4. Herr Schütze, 68 Jahre alt, erkrankte vor ı'/, Monaten an heftiger Bronchitis und war ab und zu fieberhaft. Neuerdings auffallende Dyspnoe, welche zum Nachweis eines grossen Pleuraergusses führte. Trotzdem war Patient _ fieberlos. Ich bekam ihn später zu sehen, als die Dyspnoe sehr gross, der Er- guss sehr ausgedehnt war. Trotzdem kein Fieber. Die Entleerung durch Rippen- resection, welche ich sofort vornahm, ergab Erleichterung, doch erfolgte der Tod etwa 8 Tage später bei erneuter Bronchitis durch Herzmuskelinsufficienz und Lungenödem. Auch hier ergaben 5 Culturen mit dem entleerten Eiter auf F. P. A. alle das nämliche Resultat, nämlich sehr schöne _ Reinzuchten des microc. pyog. ten., welche in vielen Genera- tionen fortgezüchtet wurden. 5. H. Evers, ı7 Jahre alt, erkrankte in Hildesheim nach Aussage seines Arztes an Lungenentzündung linkerseits. Am 14. Dez. 1832, eine Woche nach Beginn der Krankheit zu seinen Eltern in Reinhausen transportirt, wurde ein pleuritischer Erguss constatirt, welcher rasch zu einer solchen Höhe anstieg, das Herz stark verdrängte, dass Patient in der That der Erstickung nahe war, als ich ihn am 24. Dez. zuerst punktirte. Es wurde eine Waschschale seröser Flüssig- keit entleert, deren letzte Tropfen etwas weisslich-eitrige Flöckchen enthielt. Beim Herausziehen des Troicarts waren solchein den Stichkanal gerathen, wenigstens _ entleerten sich noch einige beim Druck darauf. Patient hatte Erleichterung, doch keine vollständige. Offenbar war die Lunge stark infiltrirt. Auch das Fieber fiel nicht zur Norm ab. 4 Tage später war der Erguss wieder ebenso hoch ge- stiegen; die Dyspnoe fast dieselbe. Die nochmalige Punktion entleerte auch anfangs klares Serum, dem sich aber bald viel mehr eitrige Flocken zugesellten. Die Einstichstelle vom vorigen Male war zu einer furunkelähulichen Affection 38 . Kulturen von Eiter aus Empyemen. geworden, welche einen phlegmonösen Hof um sich hatte. Diese Entzünd- ung des Stichkanals kann, weil bei der Punktion alle antisep- tischen Kautelen beobachtet wurden, wohl durch nichts anders hervorgerufen sein, als durch Infection mittels der im Stich- kanal steckengebliebenen Flocken. 21. I. 83 machte ich zum dritten Male Punktion, welche diesmal reinen Eiter ergab. Auch dieses Mal hatte ich die Punktionsstelle vom vorigen Male wieder als furunkelähnliche, phlegmonöse Beule zu spalten. 3 Tage später machte ich die Rippenresection, Es entleerte sich eine mässige Menge eines dünnen, weissen Eiters. Der Eiter wurde in 53 Röhrchen in mehreren Impfstrichen und Impfstichen auf F. P. A. cultivirt. Ueberall keimte der strept. pyög. in Reinzucht. Jetzt besserte sich sehr langsam der Zustand. Nur sehr langsam kam der Appetit wieder, der in-anderen Fällen sich sogleich wieder einzustellen pflegt. Als nach drei Wochen der Zustand ein befriedigender war, trat eine Complication mit Gelenkrheumatismus und Endocarditis auf, welche einen Klappenfehler hinter- liess, Die Eiterung blieb trotz genügender Drainage, trotz häufigen Verbindensetc. ganz hartnäckig in geringem Maasse bestehen. Auch die Dämpfung blieb bis zum Schulterblattwinkel, dann bildete sich eine sehr erhebliche Scoliose des unteren Rückenwirbels nach links aus. Später liess zwar die Eiterung nach, doch wurde ein jeder Versuch, das Drain fortzulassen mit Verhaltung unter Fieber- und anderen Allgemeinerscheinungen bestraft. Jetzt nach Jahresfrist ist die Scoliose etwas zurückgegangen, die Lunge wieder theilweise functionsfähig geworden. Wir schen also auch bei den Empyemen alle dieim Vorigen beschriebenen Eitercoccen vertreten. VII. Schwerere Eiterungen und Phlegmonen. ı. Perinephritischer Abscess. Bei einem 2ojährigen Manne waren vor 3 Wochen die ersten Symptome einer Erkrankung aufgetreten, welche sich nun als ein perinephritischer Abscess mit Senkung entlang dem ileo-psoas erwies. Mässige Flexionsstellung, mässiges ; 3 \ " Schwerere Eiterungen und Phlegmonen. 39 Fieber. Aetiologie unbekannt. Bei der Incision entleerte sich eine grosse Menge hefenartig riechenden Eiters mit nekrotischem Gewebe. Die Kultur ergab eine Reinzucht des staphyloc. p. aureus. Gute Heilung. 2. Abscess im Abdomen. Ein ı14jähriges -Mädchen wurde bei Gelegenheit eines Bronchialkatarrhs 12 Wochen vor der jetzigen Erkrankung in der medicinischen Abtheilung com- plet untersucht und dabei im Bauche nichts Abnormes entdeckt. Einige Wochen später, als Schmerzen im Unterleibe auftraten, wurde hier ein Tumor constatirt. Einige Wochen in der gynäkologischen Klinik mit Eisblasen behandelt, wurde sie schliesslich zur Eröffnung des Exsudates in die chirurgische Klinik aufge- nommen. Aeusserst abgemagertes, bleiches Mädchen, Temperaturen bis 38,6. * Fluktuirender Tumor, der mehr der rechten Bauchhälfte angehört und fast bis zum Nabel hinaufreicht. Durch 6 cm. lange Eröffnung des Peritoneums kam man auf eine eigenthümlich verklebte Tumormasse. Trotz tiefen Eingehens mit Sonde — kein Eiter. Wunde bis auf Drains vernäht. 20 Tage nachher kommt Eiter aus der Drainstelle, die erweiternde Kornzange kommt in einen kolossalen Abscess, welcher das ganze Becken rechts ausfüllt. Entleerung von 2 Liter röthlichen stinkenden Eiters. Knochen nirgends frei. 18 Tage später werden grosse Mengen nekrotischer, eitrig infiltrirter Gewebsfetzen herausgezogen, welche für nekrotisches Netz gehalten wurden. Rapide Erholung. Vorläufige Genesung. Später zeigte sich doch ein Darmcarcinom, Durch die ursprüngliche Kultur wurde gelber und weisser Staphylococcus erhalten. 3. Spontane Kniegelenkseiterung. Ein ı4jähriges Mädchen, Dorette Stümpfel, aus der Glashütte Amelid, erkrankte 3 Wochen vor der Aufnahme am linken Knie ganz spontan. Das Knie wurde nämlich plötzlich ganz dick und sehr schmerzhaft, zugleich wurde Patientin appetitlos, fühlte sich sehr krank, hatte grossen Durst, trockene Zunge; kurz, sie scheint damals sehr fieberhaft gewesen zu sein. Stat. präs.: Gelenk mit Flüssigkeit gefüllt, geröthet; Weichtheile phlegmonös infiltrirt, Haut heiss. Die Frage, ob es sich vielleicht um eine gonorrhoische Affection handle (von vornherein unwahrscheinlich) liess sich in der Narkose vor der Incision mit völliger Sicherheit verneinen. Incision zu jeder Seite der Patella entleert rahmigen röthlich-weissen Eiter. Reichliche Spülung mit 5°/, Carbol. Drainage Lister. AO s Schwerere Eiterungen und Phlegmonen. “ Noch fast 3 Wochen nach der Ineision blieb Fieber bestehen. Nach dieser Zeit hat es nachgelassen und auch die Secretion. Drains entfernt. 24 Tage später Drainlöcher geheilt, Knie beweglich, Patientin entlassen. Nachträglich soll das Knie steif geworden sein, Die Kultur des zuerst entleerten, rahmigen, röthlich-weissen Eiters verflüssigte F. P..G. rasch. Von da auf F. P. A. über- tragen, ergab sich eine Reincultur eines weissen Coccus, nämlich des staph. albus., welchen ich in diesem Falle zuerst kennen lernte. Ich habe dieses Microbion im Allgemeinen schon be- schrieben, will aber die Versuche über seine Wirksamkeit bei Thieren hier anschliessen, weil die hierzu benutzten Coccen von diesem Fall stammten. Eine Kultur vierter Generation auf F. P. A. 4 mm breit, etwa 3cm lang, wird mit 2 cc sterilen Wassers aufgeschwemmt, und zweien Kaninchen je 0,5 cc in das rechte Kniegelenk in- filtrirt. Schon am folgenden Tage hatten die Thiere die Kniee an den Leib gezogen. Die Kniee sind ringsum und auch die untere Hälfte des Oberschenkels innen erheblich infiltrirt und heiss. Die Schwellung dehnte sich am anderen Tage bis über die Inguinalgegend an der Bauchfläche aus. Nach 7 Tagen starb das erste Thier. Rechtes Knie voll von recht consisten- ten Eiters. Am Oberschenkel und Bauch keine Eiterung. Lunge, Niere und andere Organe normal. In Pleuren und Abdomen etwas Flüssigkeit. Die Kulturen mit dem Eiter aus dem Knie ergaben die fettesten Reinzuchten von staph. alb. Aus dem Herzblut keimte derselbe Pilz, wenn auch einzeln. ıo Tage nach der Injection erlag das andere Thier. Es war sehr abge- magert. Bei der Section, 9 Stunden nach dem Tode, fand sich das Knie durch die Eiterung sehr ausgedehnt, sowohl nach unten wie nach oben durchbrochen. Nach oben reichte der Abscess bis zur Inguinalfalte. Der Eiter war überall zwischen die Muskeln des Oberschenkels eingedrungen. Auch nach unten war die Eiterung bis zur Mitte des Unterschenkels zwischen Schwerere Eiterungen und Phlegmonen. 41 die Muskeln der Wade gedrungen. Der Eiter hatte die Con- sistenz eines halbflüssigen Griesbreis und hatte den characteris- tischen ostermyelitischen Geruch. Am Bauch über der In- guinalgegend eine flache Eiterlage. In den sonst normalen Lungen diffus eingestreute, dunkle Einsprenkelungen. Pleuren, Peritoneum, Herz, Nieren, Leber zeigen nichts Abnormes. Milz dunkel, doch klein. Es wurde auf F. P. A. durch Impfstriche übertragen: ı. Das dunkel-geronnene Blut vom rechten Vorhof. Resultat: Reincultur des weissen Staphylococcus, welcher noch in drei Generationen in fettesten Kulturen weitergezüchtet wurde. 2. Das Blut des linken Ventrikels. Der weisse Staphylo- coccus geht mit Verunreinigungen auf. 3. Die eitrige Infiltration am Bauche. 4. Der Eiter aus dem Knie. Auch bei 3 und 4 resultirten üppigste Reinzuchten des staph. alb. Die Rückübertragung in diesen beiden Versuchen beweist, indem sie Reinzuchten des ursprünglichen Coccus ergeben, dass die beschriebenen Erkrankungen durch nichts anderes als durch diesen Coccus bedingt waren. Die Kultur aus der Eiterlage am Bauche ergiebt eine Verschleppbarkeit des Pilzes durch die Lymphbahnen, ähnlich, wie wir beim Menschen nach peripheren Eiterungen subscutane, Iymphangitische Abscesse entstehen sehen. Schliesslich ist durch die Blutkultur sein Uebertreten in die Blutcirculation ebenfalls bewiesen. 4. Sehnenscheiden- und Vorderarmphlegmone. Ein ı8jähriger Kaufmann hatte nach einer kleinen Vereiterung an der Endbeugefalte des rechten Daumens eine Sehnenscheidenphlegmone bekommen, welche 8 Tage später, als ich ihn zuerst sah, auf die bursa communis und den Vorderarm übergegangen war. Die Phlegmone am Vorderarm hatte, um mit Ogston zu sprechen, einen entschieden 'erysipelatösen Charakter, durch die 49 i Schwerere Eiterungen und Phlegmonen. helle Röthung der Cutis ohne viel Schwellung der unterliegenden Theile, Patient sehr fieberhaft; ab und an deliriös; Zunge in der Mitte belegt, trocken, an den Rändern roth; gänzlicher Appetitmangel und Apathie, ‚Ausgiebige In- cisionen entleerten verhältnissmässig wenig Eiter, Trotz dieser Ineisionen, trotz Ausspülung mit Carbol und Jodoformdrains wanderte der Process bis zum EIl- bogen und machte noch viele Schnitte und Drainirungen zwischen den Muskeln nöthig, um endlich nach ı4 Tagen über dem Ellbogen zu sistiren, Völlige Heilung, Daumensehne nicht nekrotisch. Die Kultur mit dem zuerst entleerten Eiter ergab eine ‘ Reinzucht des strept. pyog. Die Kulturen wurden noch lange fortgezogen, und bis zur 7. Generation mit dem aus einem gewöhnlichen Abscess erhaltenen strept. pyog. auf demselben Boden parallel gezüchtet, ohne dass sich in den Kulturen und microscopisch eine wesentliche Differenz hätte constatiren lassen können. 5. Erysipelas-ähnliche Phlegmone am Vorderarm. - Der Diener unseres pathologischen Instituts, Linnemeyer, 45 Jahr alt, be- merkte ganz auf einmal am 9. V. 83 Abends 9 Uhr nach dem Essen beim Lesen der Zeitung einen Schmerz am rechten Ellbogen. Er sah sich sofort nach der Ursache um und bemerkte am Rücken des Vorderarmes unter dem Olecranon einen etwa thalergrossen, runden Flecken, wo die Haut geröthet, infiltrirt und etwas über das Niveau’ erhaben war, ohne jegliche Wunde, Stich oder Pünktchen in der Mitte. Auch erinnert sich Patient nicht, sich irgendwie gestochen, ge- stossen oder sonst verletzt zu haben, auch nicht von einem Insekt gestochen zu sein. (Schon mehrmals an Leichengift schwer erkrankt, gibt er sehr Acht auf derartige Verletzungen). 1'/, Stunden später war die Geschwulst bedeutend gewachsen . und hatte sich weiter nach der Hand zu erstreckt, Stat. praes.: Am Morgen findet sich der Vorderarm von der Mitte bis zum Ellbogen derb ödematös ge- schwellt. Unter dem Ellbogen auf dem Dorsum des Vorderarmes ist eine halb- handgrosse Stelle der Haut intensiver geröthet, derb infiltrirt wie beim Erysipel und auch die Grenze ziemlich circumscript. Prof. König, der den Fall sah, und wir Alle zweifelten nicht, ein Erysipel vor uns zu haben. Patient klagte über Kopfweh, Schwindel, Abgeschlagenheit; Temp. 38,1. In den folgenden | Tagen breiteten sich Schwellung und Röthe diffus bis’ zum Handgelenk aus. 15. V., schwache Fluctuation am ursprünglichen Centrum, während das Allgemein- befinden und der Appetit sich gebessert hatte. Bei Incision 15. V kamen kaum Schwerere Eiterungen und Phlegmonen. 43 einige Tröpfchen trüblicher Flüssigkeit zum Vorschein; doch ist das Subcutan- gewebe im Umfang einer halben Hand trüblich weiss infiltrirt und wird absterben. 3 Incisionen im Umfang des Herdes und Drainage. 16. V., fast kein Secret 18. V., Secretion ganz aufgehört: die Phlegmone welkt und zieht sich nach dem Centrum zurück. Patient wieder völlig wohl. In der Folge werden Gewebs- fetzen ausgestossen. Sie sind aber wenig infiltrirt, trocken faserig und sehr different von den gewöhnlichen, dick-eitrig infiltrirten Gewebsfetzen. Baldige Heilung. Die Aussaat der beim ersten Schnitt ı5. V entleerten Flüssigkeit (mit dem Platindraht direct aus der Wunde ent- nommen) ergab überall Reinkulturen des strept. pyog. Durch mehrere Generationen, in stets der nämlichen Form fortge- züchtet, wurde 14. IX. 83 das Mikrobion auf luftleere Kolben mit gekochtem Eiweiss und gekochtem Rindfleisch, je 10 Gramm mit ebenso viel Wasser übertragen. Sowohl das Eiweiss, wie noch mehr das Rindfleisch zergingen bald, letzteres total zu einem graubräunlichen Brei, der etwa aussieht wie durchge- rührte Bohnensuppe; trotzdem voller Wasserhammer. Durch Abziehen eines Impfröhrchens von der Flasche und Uebertrag- ung seines Inhaltes auf F. P. A. wurden völlige Reinzuchten in üppigem Wachsthum erhalten. Es ist somit von grossem Interesse, zu constatiren, dass dieser Kettencoccus, welcher auf F.P. A. so geringfügige Culturen macht, Rindfleisch und Eiweiss bei Luftabschluss rasch zergehen liess, ohne bemerkbare Bildung gasiger Zersetzungsproducte. Bald nachher 21. XI. wurde das Glas mit Rindfleisch geöffnet. Es machte sich keine Spur von fauliger Zersetzung im Geruch geltend. Derselbe unterschied sich in nichts von dem einer guten, frischen, kräftigen Rindfleischbrühe. Microscopisch zeigte sich, dass sich der Kettencoccus enorm entwickelt hatte. Ueberall grosse Ketten. Doch wat eine grosse Ungleichheit zu bemerken in der Färbebarkeit und der Decke der Coccen, welche nicht selten auch innerhalb derselben Kette wechselten. Es wurden 21. XI. 83 mit dieser Rindfleisch- kultur folgende Thierversuche gemacht. Einem Kaninchen werden 44 ; Schwerere Eiterungen und Phlegmonen. von der bräunlichen durch lockere Gaze gegebenen Flüssigkeit 0,2 cc. subcutan am Rücken injicirt. Geringe Reaction durch ein entzündliches Oedem, welches bald wieder rückgängig wird; später nussgrosser, circumscripter Abscess, fast wie ein chroni- scher aussehend. Einem zweiten Kaninchen werden 0,5 cc. unter die Rückenhaut injicirt. Fünfmarkstückgrosse, etwas derbe Infiltration, aus welcher sich ein orangegrosser Abscess entwickelte. Er wurde später incidirt und aus der Cultur des- Eiters der Streptococcus wiedererhalten. Einem dritten Kanin- chen wurde o,2 cc. in die rechte Pleura injicirt. Zwei Tage. hernach entschiedene Dämpfung; später Resorption ohne Folgen. Einem vierten Kaninchen werden 0,5 cc. in das linke Knie gebracht. Dieses ist am folgenden Tage entschieden geschwollen und warm, noch mehr am zweiten und dritten Tag, später wird die Schwellung wieder rückgängig. Einer Maus werden zwei Tropfen unter die Rückenhaut injicirt, sie blieb ı4 Tage ganz munter, später ist sie abhanden gekommen. 6. Sehnenscheiden- und Vorderarmphlegmone. Eine 54jährige geistesschwache Person, von der die Anamnese nicht genau zu erfragen war, hatte 3 Tage vorher erhebliche Schmerzen am linken Daumen und an der linken Hand verspürt. Eine kleine eiternde Schrunde am Daumen in Mitte der Phalangen-Beugefalte hatte seit einiger Zeit bestanden. Stat. praes.: Am Vorderarm nahe dem Handgelenk an der vola befindet sich eine diffuse mattrosa Röthung, welche ich, da Schwellung und Fluctuation noch fehlten, als Lymphangitis auffasste. Nach 2 Tagen war indess eine Infiltration um die Beuge- sehne in der Tiefe zu bemerken ; und nach weiter 2 Tagen war die volare, untere Hälfte des Vorderarms Sitz einer intensiven, erysipelasähnlichen Phlegmone. Trotzdem von Fluctuation keine Spur war, machte ich am radialen Rand der flex. carp. rad. eine ausgiebige Incision. Es entleerte sich nur wenig serös trüb- liche Flüssigkeit aus der bursa comm., allerdings mit einigen kleinen, weisslichen Flocken vermischt. Temp, 40,0. Zunge trocken, roth. Die aus der Wunde direct mit dem Platindraht übertragenen Culturen ergeben einstimmig eine Reinzucht von — pyog:- mit üppigem Aufkeimen, Schwerere Eiterungen und Phlegmonen. 45 Am folgenden Tage Schlitzung der Sehnenscheide am Daumen, in welcher auch etwas serös-eitrige Flüssigkeit war. Trotz ausgiebiger Spaltungen und Drainagen schritt die Phlegmone fort, stieg die Temperatur Abends bis 40 und 40,8. Nachdem bis zum Ellbogen hin die intermuskulären Eiterungen mit grossen Incisionen und Drainagirungen verfolgt waren, ging die Temperatur allmählich mehr herunter, doch immer noch nicht zur Norm. Da die Patientin immer elender wurde, das Handgelenk zerstört war und crepitirte, wurde ihr die Ab- lation vorgeschlagen, um der Pyämie vorzubeugen (17 Tage nach der ersten In- eision), in welche sie indess nicht willigte. Ich machte an demselben Tage in 3 F. P. A.- Röhrchen Impfstriche mit dem Blute der Patientin, welche sämmtlich ohne Resultat blieben. Patientin genass nach schwieriger Reconvalescenz mit steifer Hand. Ohne Schlüsse ziehen zu wollen, dürfte doch das Zu- sammentreffen des Sterilbleibens der Blutkulturen mit der Wendung zur Besserung nicht ohne Interesse sein; namentlich im Vergleich mit dem umgekehrten Verhalten bei perniciösen Pyämiefällen im folgenden. 7. Penetrirende Kniewunde bei einem Kinde. Die Eltern brachten dasselbe erst in die Klinik, nachdem das Knie schon längere Zeit geeitert hatte und ringsum stark phlegmonös war. Die Culturen zeigten sowohl Kettencoccus als Traubencoccus. 8. Vereiterung einer Patellarfractur. Ein Brauerbursche stiess beim Versuch, über eineMauer zu springen, mit der Kniescheibe gewaltsam gegen dieselbe. Die Kniescheibe war gebrochen; die untere Hälfte derselben in mehrere Trümmer zersprengt. Geringer Bluterguss. Am folgenden Tage Patellarnath unter allen Kautelen, aber mit grosser Korona von Klinicisten. 6 Tage später Verbandwechsel wegen Fieber. Oberer Recessus voll Eiter. Incision, Drainage. Die Kulturen auf F. P. A. ergaben Staphylococcus und Streptococcus. Bei einem der Impfstriche keimte auf der ersten kleinen Hälfte der staph. pyog. aur. mit strept., in der zweiten war nur Letzterer in 26 Pünktchen aufgegangen. AG Unterschiede im klinischen Bild der Phlegmonen und B un - - Die phlegmonöse Eiterung senkte sich zwischen die Oberschenkelmuskulatur : und drang trotz vielfacher Drainage bis zur Inguinalgegend, wo sie 12 Tage nach der Operation nach Fxtraction eines grösseren nekrotischen Stückes der Knie- scheibe zum Stehen kam. VIII. Unterschiede im klinischen Bild der Phleg- monen undEiterungen je nach dem veranlassenden Microbion. Ich bitte desshalb hauptsächlich noch einmal den Leser, auf das mitgetheilte klinische Material zurückzublicken, weil ich jetzt auf die Frage zurückkommen muss, ob sich in den Krankheitserscheinungen ein Unterschied nach den sie veran- lassenden Mikrobien auffinden lässt. Das Vorkommen der verschiedenen Mikroorganismen ver- theilte sich also folgendermassen: Staphylococcus allein . . . . ı6 Mal Streptococcus allein . . . . . ı5 Mal Staphylo- und Streptococcus . . 5 Mal Microcoecus tenuis‘ ,:. '...... , 3. Mak Bei den einfachen Abscessen ergibt sich ein constanter in die Augen fallender Unterschied nicht. Das ist nicht zu verwundern, denn die Abscesse kommen meistens, wenn sie fertig gebildet sind, zur Beobachtung. Dann ist aber die eigent- liche Krankheit, die Invasion, längst vorüber. Betrachten wir dagegen die Phlegmone, so machen sich hier allerdings Unter- . schiede geltend, welche mit Ogston’s oben citirten Beobacht- ungen sehr übereinstimmen. Es zeichnen sich nämlich die drei Fälle von Phlegmonen, welche durch Streptococcus und zwar durch diesen allein bedingt wurden, durch einen, wenn man so will, Erysipelas-ähnlichen Charakter aus. Am meisten thut das der Fall Linnemeyer. Anfangs, als Erysipelas diagnosticirt, musste doch 6 Tage später incidirt werden in einen Herd; und danach ging dann die Phlegmone ohne wesentliche Eiter- absonderung zurück. Auch Fall 4 zeigte solche erysipelatöse Eiterungen je nach dem veranlassenden Microbion. A7 Schwellung mit starker Allgemeinaffection, verhältnissmässig wenig Eiterbildung und Gewebsnekrose Fall 6 zeigte den- ‚selben Charakter. Nach 7tägiger Röthung und geringer Schwell- ung am Vorderarm, welche ich Anfangs als Lymphangitis deutete, wurde indicirt, ohne dass mehr als einige Tropfen trüb- liche Flüssigkeit herauskam. Auch bei den Empyemen muss das durch Streptococcus bedingte auffallen; auch hier sehen wir langsame Eiterbildung. Zuerst wird nur Serum mit wenigen weissen Flöckchen entleert, ebenso nach 4 Tagen, und erst nach ıı Tagen ist wirklicher Eiter vorhanden. Auch das lang- same Abfallen desFiebers, das langsame Zurückgehen der Lungen- infiltration, dann, dass der Fall überhaupt ein Jahr zur Heilung brauchte — könnte man als Besonderheitanführen. Auch dürfte ich auf die an den Punktionsstellen entstandenen kleinen Phleg- monen aufmerksam machen, welche doch eine nicht geringe Infectiosität der steckengebliebenen eitrigen Pfropfen voraus- setzen. Natürlich sind diese nach wenig Fällen gemachten Annahmen durch weitere klinische Beobachtungen zu prüfen, umsomehr als die Beobachtungen an Thieren hier auf Schwierig- keiten stossen. Falls sich diese Unterschiede in der That weiter bestätigen, müssen wir dem strept. pyog. besondere Eigenschaften zuschreiben, welche sehr wohl mit den oben citirten ana- tomischen Beobachtungen Ogston’s über die verschiedene Art undWeise der Invasion des Streptococcus und des Staphylococcus übereinstimmen. Die wichtigste dieser Eigenschaften des Streptoc. ist die, in lebenden Gewebe lange Zeit vorzudringen, dasselbe zu durchwachsen und darin weiter zu leben, ehe es eitert und zu@runde geht. Es muss somit die eiterbildende, destruirende Eigenschaft schwächer sein und langsamer wirken, wennsie auch schliesslich nicht ausbleibt. Diese Eigenschaft, in lebende Gewebe vorzudringen, ohne Destruktion und Eiterung zu veranlassen, kommt nun auch dem Erysipelpilz in ausgeprägter Weise zu. Er vermag sich auf weite Strecken durch lange Zeit im lebenden 48 Unterschiede im klinischen Bild der Phlegmonen und Gewebe zu verbreiten und darin zu leben, ohne dass er je zur einer Eiterung oder zu einer anderen als mechanisch bedingten Necrose führte. Ich glaube wohl, dass diese Aehnlichkeit in der Wirksamkeit einer Verwandtschaft der beiden Kettencoccen entsprechen mag. Doch mehr als eine Aehnlichkeit ist weder bei den Wundprocessen noch bei den Coccen vorhanden. Nach Fehleisen’s schönen Beobachtungen kann keine Rede davon sein, dass auch einmal ein Eitercoccus Erysipel machen könnte und auch umgekehrt schwerlich, dass der Erysipel- coccus Eiterung verursachen könnte. Doch liegen mir Beobacht- ungen vor, welche mich vermuthen lassen, dass sich mit einem Erysipel gern der strept. pyog. vergesellschaftet und in den Körper dringt, und so einmal unter der vom Erysipel ergriffenen cutis eine Eiterung veranlassen, ja auch Allgemeininfection — sogar Matastasen und Pyämie — bewirken kann. Auch in den- jenigen Fällen, in denen das Erysipel über ein Gelenk, z. B. ein Knie, hinzieht, und eine eitrige Gonitis veranlasst, glaube ich, dass dies nicht vom Erysipelpilz, sondern vom Eiterketten- coccus herrührt. Weniger Charakteristisches ergibt das Mitge- theilte betreffs der Staphylococcen. Auch sie können hoch- gradige, auch weiterschreitende Phlegmonen bedingen, die mög- licherweise einen akuteren Charakter zeigen, jedenfalls aber recht viel leichter und rascher die Tendenz zu eitriger Destruction haben. Der Pilz scheint allerdings bedeutendes Vermögen zu haben, in lebendes Gewebe einzubrechen, aber viel weniger die, dasselbe zu durchwachsen und in demselben fortzuleben, ohne - dasselbe zu zerstören. Der microc.pyog. ten. scheint mehr nur eine örtlich eiter- bildende Eigenschaft zu haben, während er Fieber nur zu An- fang und wenig, Pflegmone kaum hervorruft. Wir sehen ihn in Fall Gilland bei einem kleinen Kind in einem enorm grossen Abscess allein auftreten. Der Verlauf muss als ein sehr un- schuldiger bezeichnet werden. Auch in zweien der Empyeme Eiterungen je nach dem veranlassenden Mikrobion. 49 tritt er allein auf. Beide sind wenigstens in ihrem weiteren Verlaufe ohne Fieber. Der eine heilte rapid, beim Andern trugen nur die Complicationen Schuld am lethalen Ende. | Ich verzichte darauf, einzelne Beobachtungen über das Ein- ; dringen der Coccen, über die Einschmelzung des Gewebes, über Peptonbildung bei der Eiterung etc. an dieser Stelle mitzu- theilen, da ich hoffe, dies im Zusammenhange in der Folge thun zu können und da diese Arbeit wie gesagt nur dazu be- stimmt ist, eine Orientirung über die Mikroorganismen der in Rede stehenden Infectionskrankheiten anzubahnen. IX. Acute Osteomyelitis. Mit Rücksicht auf meine vorläufige Mittheilung im Central- blatt!) kann ich mich hier kürzer fassen. Pasteur?) cultivirte in einem Fall acuter Osteomyelitis der tibia mit dem aus dem Knochenmark entleerten Eiter Coccen „par couples de deux et quatre grains et par paquets de ces memes grains.“ Er hält diesen Coccus für identisch mit seinem Furunkelcoccus und nennt die Osteomyelitis eine Furunkel des Knochenmarkes! Schüller konstatirte Coccen bei der Östeomyelitis und Ogston?), welcher auch nur einen Fall beobachtete, fand als nosogenes Mierobion: staphylococcus. Wie ich in jener vorläufigen Mit- _ theilung, welche durch die von Seiten des Reichsgesundheits- amtes*) veranlasst wurde, anführte, habe ich seit Ende 1881 !) Centralblatt für Chirurgie Nr. 5, 1884, S. 65. N% c ») A. Ogston, Micrococcus poisoning. Journal ofanat. and physiol. 1882. Vol. XVII. Part. I, p. 47. Oct. #) Deutsche med. Wochenschr. 1883, Nr. 46, Rosenbach, Mikroorgani bei Wundinfectionskrankheiten des Menschen, 4 50 Acute Östeomyelitis, Züchtungen mit osteomyelitischem Eiter in ziemlicher Zahl unternommen. Sie geschahen mit all den besprochenen anti- septischen Kautelen, zuerst auf F. P. G., sodann auf F.P. A, erstarrtem Blutserum, Kartoffeln etc. Wie im Centralblatt her- vorgehoben, erhielt ich mit einer Ausnahme ein und dasselbe : Microbion, welches sich aber in allen Stücken genau so ver- “hielt, wie der beschriebene staph. pyog. aureus: Regelmässig erschien nach 24 Stunden oder später, auch wohl früher bei 30-—- 38% Bebrütungswärme eine opakweissliche Kultur, welche die Gelatine bald verflüssigte, zu Boden sank und später einen roth-gelben, pulverigen Bodensatz bildete. Agar und Blutserum wurden nicht verflüssigt. Der weisslich-gelbliche Strich wird breiter und gelber bis orange und ist undurchsichtig wie gelbe Oelfarbe, spiegelt auf der Oberfläche. Ganz ähnlich wächst die Kultur auf erstarrtem Serum’ und auf Kartoffeln. Diesenehmen den Geruch nach verdorbenen Sauerteig an, thun das in genau 4 derselben Weise aber auch, wenn man darauf den staph. au. z. B. von Furunkeln säet. Ueberhaupt theilt mancher acute Eiter diesen Geruch; selbst bei einem Empyem (Fall Evers) fand ich ihn zu meiner Enttäuschung, wiewohl dieser Eiter eine Reinzucht des strept. pyog. keimen liess. Auch bei der mikro- skopischen Untersuchung fand ich völlige Uebereinstimmung der gelben Coccen von den Osteomyelitis-Fällen unter sich und mit denen von andern Eiterungen. Zwar sind die Coccen nichts weniger als gleich gross, aber ich habe auch hier mit Hülfe des Winkel’schen Zeichenapparates Vergleichungen angestellt E zwischen Kulturen nach 2zmal 24 Stunden und Monat-alten. Erstere sind sehr gleichmässig und entsprechen der Grösse und Anordnung nach vollständig. Fig. ı. Die alten Kulturen sind ungleichmässig, meistens herrschen neben zerfallenen Coccen dickere Formen vor, deren Grösse in Fig. 2 wiedergegeben ist, doch sind bei den alten Kulturen auch kleine Formen neben - den grossen vorhanden, welche ich mir auch hier als jüngeren Acute Osteomyelitis. 51 Nachwuchs gedeutet habe. Der Microorganismus der Osteo- myelitis hat die Eigenschaft, im luftleeren Raum (wahr- scheinlich auch bei Luftzutritt) sowohl Eiweiss als gekochtes Rindfleisch im Verlauf von einigen Wochen zu zersetzen. Er- steres zergeht fast vollständig ohne alle Gasbildung, ohne‘ jeg- lichen Fäulnissgeruch. Die vom Eiweiss befreite Flüssigkeit ist sehr reich an Pepton. Auch das Rindfleisch zerfällt in Wochen zu einem kurzfaserigen, hellröthlichen Brei, ohne Gas- bildung, ohne Fäulnissgeruch. Die Coccen sind in den zer- gangenen Nährmedien in Menge zu finden. Die schon genannten Beobachtungen der langen Lebensdauer der Eitercoccen wur- den speciell mit solchen von Osteomyelitisfällen angestellt. Eine 16. X. 8ı von einem typisch Osteomyelitischen gemachte Ei- weisskultur ohne Luftzutritt wurde 6. X. 82 aufF.P. A. geimpft. In jedem Impfstrich keimte die goldgelbe Reinkultur. Am ır. IX. 83 wurde aus demselben Kolben mit demselben Resultate geimpft. Der staph. alb. steht dem nicht nach. Von dem ein- zigen Falle, in welchem er bei Osteomyelitis allein keimte, war er 30. IX. 80 zunächst auf Rindfleisch übertragen, welches, wie _ bei staph. aur., zerging. Von diesem Kolben habe ich kürzlich (Anfang 1884) das letzte abziehbare Impfröhrchen auf Agar übertragen und üppige Kulturen erzielt. Uebrigens kommt es dabei nicht auf den Luftabschluss an. Eine Anfang 1883 er- neute Kultur von staph. aur. eines Lippenfurunkels fand ich Anfang Januar 1884 total eingetrocknet. Der das 2o mm weite Glas ausfüllende Agarcylinder war auf 7 mm eingetrocknet, hatte die Consistenz von Parafin angenommen und roch wie alter Leim (wie alte Lister'sche Verbände). Die ursprüngliche Kultur war nur noch in der Mitte als etwas duffere Stelle kenntlich. Trotzdem bewirkten Januar 84 diese Flecke, aller- dings mit sehr reichlichem Auftragen auf F. P. A. überimpft, Kulturen des gelben Eitercoccus. Wir sehen oft genug, dass nach einer im jugendlichen Alter mit oder ohne Aufbruch über- 4* 59 Acute Östeomyelitis. standenen Östeomyelitis im späteren Alter, nach 10—20—30 Jahren und später, an der ursprünglichen Stelle Symptome cen- traler Knochenentzündung auftreten, und entleeren durch Auf- meisslung einen Knochenabscess, ohne oder mit einem kleinen Sequester. Ich möchte glauben, dass allerdings die Staphylo- coccen so lange leben können, um nach so viel Jahren beiirgend einer Gelegenheit in neuer Kultur als Entzündungserreger Eitercoccen — aufzutreten. Si Wie erwähnt, habe ich den gelben Staphylococcus unter 15 Osteomyelitis-Fällen ıamal angetroffen, darunter ımal zu- sammen mit dem staph.’alb., ımal mit dem strept. pyog. In dem einen übrigbleibenden Falle war nur der staph. alb. zu- gegen. Ich halte es für überflüssig, sämmtliche Osteomyelitis- fälle, von denen ich Kulturen entnahm, mitzutheilen. Ueber den Fall, bei welchem ich nur den weissen Coccus erhielt, möchte ich bemerken, dass er klinisch ein durchaus typischer war. Der Eiter wurde zuerst auf gekochtes Rindfleisch übertragen, und von da aus allerdings erst nach °/a Jahren auf F. P. A. Der Fall, in welchem Staphyl. aureus und albus zugleich keimte, ist folgender: 2 Stud. von Domeyer. Nach Operation eines acut osteomyelitischen Sequesters an der Ferse vor längeren Jahren wurde Patient hier an einem oft repetirenden Erguss im rechten Ellbogen behandelt, welcher bedingt war durch einen osteo- myelitischen Herd im humerus nahe dem Gelenk und zwar zuletzt im Jahre 1881. Am Arm ist bis jetzt nie eine Eröffnung gemacht worden, auch nie ein _ Aufbruch erfolgt. 22. III. 83. Einschnitt auf den im unteren Drittel verdickten humerus an der Vorderseite auf eine weiche Stelle. Man kommt in eine kleine Höhle, welche Granulationen, einige Tröpfchen Eiter und ein kleines Seques- terchen enthält; ein weiterer Gang oder Herd lässt sich von hier aus nicht ent- . decken, EN Im Impfstrich auf F. P. A. gingen weisse und gelbe | 3 Pünktchen bunt durcheinander auf. : Auch den Fall, in welchem neben dem gelben Staphylo- coccus auch der Streptococcus keimte, will ich kurz anführen, Acute Osteomyelitis. 53 x Ein ı3jähriger Knabe aus Heiligenstadt erkrankte 8 Tage vor der Auf- nahme ganz acut mit Fieber und Schmerzen in der rechten Hüftgegend in der Schule, nachdem er sich noch ganz munter in dieselbe begeben hatte. Seitdem besteht andauernd hohes Fieber, welches einmal (vier Tage nach Beginn der Krankheit) sogar 42° C. (im rect. gemessen) erreichte. In den letzten Tagen traten heftige Delirien auf. Patient war höchst selten bei Besinnung, klagte in freien Augenblicken über Schmerzen in der rechten Hüftgegend, in der rechten Schulter, dem linken radius etc. Stat. praes.: 27. 1. 83, stark fieberhaft deli- ‚rirender Knabe. Zunge sehr trocken, Puls 130; Respiration 50; rechte In- guinalfalte etwas mehr verstrichen als links. Schwellung der rechten, hinteren Hüftgelenkgegend; Abscess nicht nachzuweisen. Vielleicht ist auf der rechten Darmbeinschaufel etwas Schwellung. Druck auf den rechten humerus nahe der Schulter, schmerzhaft. Auch in der Mitte des Radius ist eine schmerzhafte Stelle. Nirgends ist ein Abscess zu finden. Das rechte Bein ist nicht verkürzt, leicht aussen rolirt, Bewegungen desselben rufen Schmerzäusserungen hervor. 6. II. 83. Ausser einem unbedeutenden, rasch abgelaufenen Erysipel der linken Hinterbacke ist der Zustand bei andauerndem, hohen, typhösen Fieber ohne Morgenremission im. Wesentlichen derselbe geblieben. _Die Schwellung in der rechten Inguinal- falte ist wohl etwas stärker geworden, aber weder dort noch sonstwo lässt sich ein Abscess oder eine Knochenschwellung nachweisen. Auch die Schmeızhaftig- keit lässt sich zu einer Herddiagnose nicht verwerthen, da Patient auf Druck ziemlich überall Schmerz angibt. Die geringe Schwellung auf der rechten Darm- ‘ beinschaufel ist auch dieselbe geblieben. Patient war in den letzten Tagen bei Bewusstsein. Im Urin stets eine geringe Menge Eiweiss. Stuhl ziemlich regel- mässig aber diarrhöisch. 8. II. Jetzt zeigt sich, dass doch ein Abscess auf der Darmbeinschaufel vorhanden ist, der sich auf den Oberschenkel erstreckt und in der Leiste eröffnet wird. Das rechte Darmbein liegt innen völlig frei da. Im Eiter etwas Fettperlen. AufF.P.G. gestrichen, trat bald Verflüssigung ein. Mikro- skopisch zeigte sich neben Staphylococcus sehr reichlicher Ketten- coccus. ı1. II. Das unmittelbar nach der Operation jäh abgefallene Fieber ist jetzt so hoch wie vorher und ohne Remissionen. Da Patient den Verband stets be- schmutzt, ist etwas Geruch in den Eiter gekommen, 17.II., Temperatur in gleich- bleibender Höhe, Steigende Pulsfrequenz, Eiter bei häufigem Verbandwechsel wieder geruchlos geworden. Es sind wieder Delirien und Muskelzuckungen auf- getreten. Tod am folgenden Morgen. 54 Infect.-Versuche m. gelbem osteomyelit. Coccus, Bei der Obduction fand sich eine osteomyelitische Nekrose eines grossen Theils der Darmbeinschaufel mit Vereiterung des Hüftgelenks, veranlasst durch einen perforirenden Pfannensequester. Vereiterung der articul. sacroiliaca, ferner Thrombophlebitis der rechten vena hypogastr. und iliaca communis. Zahlreiche metastatische Herde in beiden Nieren; sowohl in der Rinden- als in der Mark- substanz. Metastatische Abscesse, deren embolischer Ursprung nachgewiesen wird in grösserer Anzahl in beiden Lungen. Eiterung um die Schilddrüse und im Gewebe um die Speiseröhre. Infectionsversuche mit dem gelben osteomyelitischen Coccus. Schon mit der ersten Reinkultur, welche ich von diesem Mikrobion erhielt, injicirte ich Kaninchen in die Blutbahn, in der Hoffnung, so die acute Osteomyelitis zu erzeugen, doch blieben alle diese Versuche ohne Resultat. Als mir dann mehr und mehr die Identität dieses Coccus mit dem gelben Eitercoecus plausibel geworden war, habe ich ihn auch in Bezug auf seine eitererregende Wirksamkeit untersucht. Eine 0,5 ctm. breite, 8 Tage alte goldgelbe Kultur von einem typischen Osteomye- litis-Falle wurde mit 20 CC. Wasser aufgeschwemmt und davon einem Kaninchen in jedes Knie 0,5 CC. injicirt; einem anderen 0,5 CC. in die rechte Pleura. Das erste Thier war nach 24 Stunden verstorben. In beiden Knien war die Synovialis stark geröthet, mit einzelnen dunklen, schwarz-rothen Parthien. An den Oberschenkeln innen, in der Leiste und am Bauch ist beginnende Infiltration mit starker Ausdehnung der venösen Gefässe und kleinen hämorrhagischen Infarcten, sonst nichts Abnormes. Impfstriche auf F. P. A. mit dem Herzblut und der Infiltration der Inguinalgegend ergaben überall Kulturen des goldgelben Coccus in Reinzucht. Nach 3 Tagen war auch das andere Thier gestorben. Beim Abziehen der Haut fand sich das Subcutangewebe der rechten Thoraxhälfte durch ein entzündliches, aber nicht trübes Infect.-Versuche m. gelbem osteomyelit. Coccus. 55 7 Oedem infiltrirt. Die in diesem Oedem eingebetteten Achsel- drüsen sind entschieden geschwellt und sehr blutreich. Links kein Oedem. In der rechten Pleura etwas freie, trübe, röth- liche Flüssigkeit, Pleura costalis und plulmon. von einer ziemlich dicken, eitrig-fibrinösen Schichte bekleidet. Lunge grau-röthlich infiltrirt, fast überall verdichtet. In der linken Pleura etwas röthliche Flüssigkeit mit Fibrinflöckchen. Die Lunge zeigte beginnende Verdichtung. Im Bauchraum etwas röthliche Flüssigkeit, Milz gross. Impfstriche auf F. P. A. von dem Achselödem und dem Inhalt der rechten Pleura ergeben überall Reinzucht des gelben Coccus. ‚Da sich der Coccus so sehr deletär bei Kaninchen zeigte, wiederholte ich die Versuche mit zwei Hunden. Eine Rein- zucht von einem typischen Osteomyelitisfalle der Kniescheibe wurde ebenfalls mit 2 CC. Wasser aufgeschwemmt und davon einem Hunde in das rechte Knie 0,75 CC., dem anderen ı CC. in die rechte Pleura injicirt. Letzterer wurde schon am folgen- den Morgen todt gefunden. In der Pleura war etwas röthlich- fibrinöse Flüssigkeit. Der andere Hund war sehr krank, rührte ' sein Fressen nicht an und trat nicht auf das rechte Bein. Am folgenden Tage war Knie, Oberschenkel und Inguinalgegend von einer harten, rothen, sehr schmerzhaften Phlegmone ein- genommen, 2 Tage später grosser Abscess innen am Ober- schenkel, der sich nach einigen Tagen spontan entleerte, während die Phlegmone zurückging. Der Hund genas dann. Bei der Section ı0o Tage später zeigte sich, dass das Knie ziemlich - intact geblieben war. Bis auf eine kleine Stelle, an welcher wahrscheinlich die Injectionsnadel eine Verletzung des Knorpels bewirkt hatte, war der letzte erhalten und glatt. Hier fehlte er in kleinem Umfang, ohne dass der frei liegende Knochen irgend affıcirt war. Dem gegenüber habe ich nun mit Kulturen des staph. pyog. aur., erhalten von Patienten mit Lippenfurunkeln, die 56 “-Infect.-Versuche m. gelbem osteomyelit. Coccus. vom Reichsgesundheitsamte mitgetheiltenVersuche nachgemac Östeomyelitis zu erzeugen bei Fractur oder Quetschung des Knochens nach gemachter Injection. Abgesehen von den durcl die Coccenvergiftung zu früh erfolgten Todesfällen ware diese Versuche erfolgreich: Bei 4 Kaninchen wurde, nachdem die eine Tibia zweimal 24 Stunden vorher gequetscht respektive frakturirt war, eine in sterilisirtem ‘Wasser auf geschwemmte Reinkultur von staph. pyog. aur. aus einem Furunkel in eine Ohrvene injieirt. Die Kultur stammte durch viele Generationen von der vor Jahresfrist erhaltenen Original- kultur. 2 Thiere starben früh an Herzfleisch- und Nierenem- bolieen. Die beiden anderen zeigten schon nach 8 Tagen einen nachweisbaren Abscess an der Quetschungsstelle. Am N 3 und 14. Tage nach der Injection waren sie gestorben. Beide Thiere zeigten Nierenembolieen. Bei dem einen war der Ab- scess an der Frakturstelle schon vorher durchgebrochen. Das Mark war vereitert. Das andere Thier wurde kaum 2 Stunden 2 nach dem Tode secirt. In dem Abscess war dünnbreige, grütziger Eiter; das Knochenmark nach oben 2 cm weit, nach E unten bis fast zum Carpalgelenk vereitert. Die mit dem Eiter gemachten Impfstriche ergaben eine Reinkultur von staph. pyog. aur. Bei 3 anderen Kaninchen wurden, nachdem drei mal 24 Stunden vorher die Knochen gequetscht, respektive fracturirt waren, 0,3 — 0,4 CC der Aufschwemmung einer kleinen Kultur, von dem zweiten der beiden erwähnten Lippen- furunkeln stammend, in die Ohrvenen injieirt. Die Auf- schwemmung war, um Embolieen zu vermeiden, durch eine vierfache, sterilisirte Mulllage filtrirt. Leider hatte auch dies nicht genügt, denn nach 3 Tagen starb schon ein Thier an Nierenembolieen und consecutiver Peritonitis. Das zweite starb nach 9 Tagen; auch hier waren Nieren- embolieen. Die frakturirten Knochenenden waren weithin vom Periost entblösst, das Knochenmark in weiter. Ausdehnung Infect.-Versuche m. gelbem osteomyelit. Coccus. 57 gelblichweiss gefärbt — im Beginn der Vereiterung — die Weichtheile in der Umgebung matsch, aber ohne Abscedirung. Das dritte Thier zeigte am ı2. Tage nach der Injection einen gehörigen Abscess, wie ich meinte. Am 30. Tage getödtet, fanden sich die Knochenenden nekrotisch, von jenem Erguss _ umgeben, welcher indess keinen eigentlichen Eiter, sondern mehr trüblich-seröse Flüssigkeit enthielt. Doch keimte aus derselben der rothe Traubencoccus. Ausserdem aber zeigte das Thier eine Vereiterung des Kniegelenks der andern Seite und eine ausgedehnte eitrige Infiltration der Wadenmuskulatur. Es stellte sich somit bei den 4 Thieren, welche die Cocceninjection länger überlebten, eine acute Östeomyelitis ein, wie sie im Reichs- gesundheitsamt mit dem aus osteomyelitischem Eiter gezüchteten gelben Coccus erhalten wurde. Ich habe ausserdem seit der Veröffentlichung des Reichsgesundheitsamts vergleichende Kul- turen angestellt, indem ich den gelben Coccus von zwei typi- schen Osteomyelitisfällen unter genau den nämlichen Umständen parallel züchtete mit den von den beiden genannten Lippen- furunkeln erhaltenen Kulturen und zwar auf Röhrchen, die von der nämlichen Portion F. P. A. beschickt waren und in der- selben Temperatur nebeneinander lagen. Ferner züchtete ich auf Kartoffeln, so dass die Hälfte derselben Kartoffel je einem Osteomyelitis- und einem Furunkelfall als Nährboden diente, ‚ohne irgend einen Unterschied, sei es in Farbe, Aussehen, Wachsthum, Geruch u. s. w. konstatiren zu können. Ich glaube somit die Identität des osteomyelitischen Coccus mit dem staph. pyog.aur. der gewöhnlichen Eiterung mit noch grösserer Sicher- heit behaupten zu können, als ich es in der vorläufigen Mit- theilung im Centralblatt für Chirurgie gethan habe. Diese Ver- suche sindinzwischen durch die Krause’s ') bestätigt, denenich lei- der in letzter Correctur nicht gebührend Rechnung tragen kann. )Lc. 58 ; Sepsis. ET X. Sepsis. Einleitung. Es wird wohl Jedem, welcher die Literatur der letzten Jahre über diesen Gegenstand verfolgt hat, aufgefallen sein, dass man augenblicklich unter dem Namen „Sepsis“ Krank- heitserscheinungen zusammenfasst, welche aetiologisch wie klinisch sehr verschieden sind. Abgesehen davon, dass Manche den Namen „septisch“ sehr allgemein gebrauchen für eine jede = faulige, selbst für ganz leichte, putride Beschaffenheit einer = Wunde, so halten die Kliniker den Namen „Septicämie“, Sept- hämie, Sepsis etc. jetzt wie von jeher für bestimmte schwere i Allgemeinerkrankungen aufrecht, welche meist zu faulenden Wundherden hinzutreten. In Gussenbauers letzter Bearbeitung 3 der Septhämie, Pyohämie und Pyosepthämie wird die Erstere definirt „als jene Allgemeinerkrankung des Körpers, welche ° durch die Aufnahme von Fäulnissprodukten in den Kreis- lauf entsteht und sich durch eine bestimmte Art von Blut- veränderung eine typische Reihe von Entzündungsprozessen . und ein continuirliches Fieber mit eigenthümlich nervösen Erscheinungen und ‚kritischen Ausscheidungen auszeichnet.“ Um den klinischen Begriff und das Bild dieser Erkrank- ungen zu zeichnen, würde ein sehr viel näheres Eingehen noth- wendig sein. Hier, wo es sich um die Mittheilung von Beobacht- ’ ungen über Mikroorganismen-Befunde und Wirkungen bei Fällen 4 ' menschlicher Sepsis handelt, muss ich dies als bekannt voraus- e setzen und mich darauf beschränken, über den ätiologischen 4 ° Standpunkt der jetzigen Lehre von der Sepsis diejenigen Punkte hervorzuheben, welche im Folgenden in Betracht kommen. Früher war die Actiologie der Sepsis ein einfaches Kapitel. r Selbst zu einer Zeit, in welcher die Vorstellung über ein Con- tagium animatum als Ursachen der Infectionskrankheiten schon | verbreitet genug waren, erschienen die Krankheitssymptome, welche man nach Aufnahme tauler Stoffe in das Blut beob- Sepsis. — Einleitung. 59 achtete, so selbstverständlich, dass man sich über den Modus der Krankheit nicht weiter fragte. Die experimentellen Ein- _ verleibungen faulender Stoffe in die Gewebe von Thieren er- brachten auch direkt den Beweis für diesen Zusammenhang, indem sie zu ähnlichen Erkrankungen beim Thier führte, welche man ebenfalls Septhämie, Sepsis, auch putride Intoxikation nannte. Aber schon unmittelbar an diese Versuche schlossen sich weitere, sehr wichtige Resultate Panum’s u. A. an, welche die bestehende Lehre sehr complicirten. Hatte man in der Gähr- ung wie in der Fäulniss Processe kennen gelernt, welche durch die Lebensthätigkeit niederer Organismen angeregt und unter- _ halten werden, und hatte man folgerecht inzwischen diese auch bei der Sepsis in den lebenden Geweben als thätig angenommen, so zeigten die erwähnten Versuche, dass sich ganz analoge, septische Erkrankungen beim Thier experimentell herstellen lassen durch Injection gekochter Faulflüssigkeiten, also ohne Mitwirkung lebender Organismen. Die Kenntniss der septisch wirksamen nicht belebten Stoffe ist bis heute in der Lehre von den Sepsinen, Ptomainen etc. wesentlich vorgeschritten.- Verschiedene derartige Stoffe sind theils aus faulenden Ge- mischen, theils auch aus Leichen septisch Gestorbener darge- stellt, wenn auch die nähere Kenntniss der Körper, ihrer chemi- schen Constitution, toxischen Wirksamkeit, etwaigen Zusammen- hang’s mit bestimmten Mikrobien etc. etc. zur Zeit noch sehr in ihren Anfängen begriffen ist. Dem gegenüber haben nun Koch und seine Schüler Sepsisformen experimentell kennen gelehrt, welche ganz anderer Art sind. Sie bestehen in der Infeetion durch ganz bestimmte Mikrobien, welche, wenn durch Impfung selbst mit den kleinsten Mengen übertragen, sich rapide vermehren und den ganzen Körper durchwachsen. Sie sind typische Krankheiten, welche unter bestimmten, in jedem Falle wiederkehrenden »Symptomen bis zum Tode verlaufen. Wenn Koch diese Krankheiten ebenfalls als Sepsis bezeichnete, 60 i Sepsis. — Einleitung. so that er dies mit vollstem Rechte, weil der ursprüngliche Infectionsstoff ein fauliger war, (faules Blut, Pankewasser) und zum Unterschied von pyämischen Erkrankungen, ohne Eiterung zu veranlassen, auf die Gewebe wirkte. Hiernach ist ohne Weitere klar, dass wenn wir mit Gussenbauer auch die menschlic Sepsis auf die Aufnahme von Fäulnissproducten ätiologisch zurückführen, sehr differente Noxen möglich sind. Es ist z. B% ganz plausibel, dass sich in einem Jaucheherde in einer Wunde = unter der Unzahl von Mikroorganismen, welche sich in einem solchen zu etabliren pflegen, ganz gerade so wie in dem Panke- wasser, welches Gaff ky dem Thier injicirte, einige oder eins befindet, welches befähigt ist, die lebenden menschlichen Ge- webe zu durchwachsen und so ein septisches Allgemeinleiden E zu veranlassen. Es ist aber auch ebensogut denkbar, dass etwas Aehnliches beim Menschen in den meisten Fällen nicht vor- kommt, dass vielmehr die Allgemeinerscheinungen auf der { Resorption von nicht lebenden Giften, Fermenten, Ptomainen etc, beruhen. Auch können sich beide dieser Sepsisformen combiniren. | Ja, es können ferner sowohl unter den Ptomainen, wie unter 3 den Mikrobien sehr verschiedene Arten, in einem Falle diese, im andern Falle jene, in einem dritten beliebige Combinationen 3 derselben, wirksam sein. Kurz, die Frage nach der Ursache der menschlichen Sepsis ist von vornherein keine so einfache, j wie es unsern Vorfahren erschien. ; | Wenn man einmal auch im Allgemeinen das Vorkommen von Fällen reiner Sapraemie, d. h. reiner Ptomainvergiftung [ angenommen hat, so dürfte dasselbe doch kein häufiges sein, 2 Ob es Fälle giebt, welche der Koch’schen Mäusebacillensepsis, der Gaffky’schen Bacteriensepsis entsprechen, ist eine bis jetzt nicht beantwortete Frage. Allerdings hat Pasteur einen vibrion septique entdeckt, welcher nach seinen sehr interessanten 3 Kulturversuchen nur bei Luftabschluss wächst — ein Bacillus, welcher bekanntlich von Koch und Gaffky als identisch Sepsis. — Einleitung. 61 mit dem des malignen Oedems aufgefasst worden ist. Desshalb und weil es sich bei P.s Sepsis um Thierversuche handelt, können diese Beobachtungen hier nicht wesentlich in Frage kommen. Dagegen sind die Untersuchungen von Doleris über septische Puerperalerkrankungen beim Menschen von grossem Interesse. Er untersuchte zwei Fälle von wirklicher, foudroyanter Sepsis ohne weiteren pathologisch-anatomischen Befund. Seine Resultate entsprechen nichts weniger als einer Sepsis durch diablastische Bacillen. Er sagt vielmehr, dass sich bei der foudroyanten Sepsis bis zu den letzten Perioden des Lebens keine Organismen im Blut finden, oft nur erst nach dem Tode. Auch konstatirte er keine einheitliche Form, sondern verschiedene: des &l&ments allonges, minces, cylindriques, remuants, welche örtlich im Gewebe und in den Lymphspalten des Uterus undim Peritoneum wimmelten. Auch in putriden Infarcten fand D. solche Organismen und glaubt, dass eine Form in die andere übergehen könne. Ferner legt er sich die Frage vor, unter welchen Umständen das Blut für diese Organismen ein ‚geeignetes Nährmedium werden könne. Diese Umstände sind einmal Anox&mie (Sauerstoffmangel) des Blutes, weil der vibrion septique dieses Gas verabscheut; zweitens ein stets zuführender Herd ausserhalb des Blutes. Die erstere Bedingung kann nur erfüllt werden durch das Vorhandensein anderer, den Sauerstoff aufzehrender Organismen (z. B. Eitercoccen) oder durch die Agone resp. den Tod. Es dürfte daraus hervorgehen, dass D. keine Sepsisbacillen kennen gelernt hat, welche auch nur an- nährend eine Rolle spielten wie die Bacillen der Mäusesepsis, oder wie die Bacterien der Sepsis bei Kaninchen, Vögeln etc. Können seine Bacillen während des Lebens nicht in den Körper dringen, müssen ihnen erst die Eitercoccen den Weg bahnen, ist ein stets zuführender Herd ausserhalb des Blutes noth- wendig, nun, so wird essich, was die Wirkung dieser Bacillen betrifft, wohl in seinen Sepsisfällen kaum um mehr als um 69 m Sepsis. — Einleitung. Ptomainvergiftungen gehandelt haben. Natürlich ist es vo unzulässig, die verschiedenen beim Menschen in septisch putriden Herden gefundenen Bacillen ohne Weiteres mit de Vibrion septique identificiren zu wollen. Ich schliesse mich b jetzt der Ansicht an, dass die Symptome, welche der Kliniker als Sepsis zusammenfasst, keine einfache und keine einheitliche Aetiologie am wenigsten in Form eines bestimmte pathogenen Bacillus haben. Auch die folgenden Beobachtung« werden zeigen, dass sowohl die Eitercoccen, wo sie in Masse eindringen und im raschen Verlauf und ohne Metastasen nosogen wirken, als auch gewisse Baccillen, die progressiv vordringen, wie die des malignen Oedems, des progressiven, septischen Emphysems, endlich aber auch solche, welche nicht in das lebende Gewebe, oder doch nicht viel weiter wie in die Ober- fläche desselben dringen, dagegen in grosser Masse in den Körper gerathen durch Bildung von Ptomainen, peptonisirenden F erment, Fibrinferment etc. Symptome erzeugen, welche man klinisch als »Sepsis« zu bezeichnen bis jetzt gewohnt ist, Wollten ei wir solche Krankheitsbilder ätiologisch analysiren, so würde das vielleicht einer späteren Greneration bei vollendeter Kenntniss der Krankheitssymptome, welche den verschiedenen in Frage kommenden Microorganismen, Ptomainen und Fermenten eigen- thümlich sind, möglich sein. Bis jetzt kann man kaum wagen, im einzelnen Falle die extremsten Unterschiede, ob reine In- toxicationen oder reine Infectionen, diagnosticiren zu wollen. Auf der anderen Seite kennen wir doch jetzt schon eine ganze Anzahl von pathogenen Einwirkungen niederer Organismen, welche fundamental verschieden sind, auf welche wir bei der 3 fernern Discussion über die Aetiologie septischer Erkrankungs- Be fälle Rücksicht nehmen müssen. Zuerst sind uns bei den 3 specifischen Infectionskrankheiten und bei solchen der inneren Ei Medicin solche Verschiedenheiten der nosogenen Wirksamkeit 4 entgegengetreten durch die nunmehr festbegründete Erkenntnis, E Sepsis. — Einleitung. 63 dass einer jeden derartigen typischen Krankheit ein bestimmtes Microbion entspricht. Aber auch bei den nichttypischen Wund- erkrankungen, zu denen der grössere Theil der hier in Frage kommenden gehört, kann man bekanntlich gewisse, allgemeinere pathologische Einwirkungen der Microbien von einander unter- scheiden, von denen allerdings ebensowohl eine jede mehreren Mikroorganismen eigen sein als auch umgekehrt ein und das- selbe Mikrobion mehrere derselben ausüben kann. So z. B. kenne ich 6 verschiedene Mikrobien, welche beim Menschen Eiterbildung veranlassen können. Umgekehrt gibt es Pilze, ‚welche zugleich zwei verschiedene Eigenschaften haben, z. B. der Erysipelcoccus. Neben der Eigenschaft örtlich in lebendem Gewebe sich weiter zu verbreiten und dabei örtliche, intensive Entzündung ohne Eiterung zu erregen, hat er auch die, ener- gische Allgemeinerkrankung, Fieber etc. hervorgerufen. Dass das nicht nothwendig mit einander verbunden ist, zeigt sofort ein drittes Beispiel: Der Coccus des Fingererysipeloid’s ver- breitet sich in ganz ähnlicher Weise und macht locale Ent- - zündung, auch ohne Eiterung. Doch fehlt ihm jegliche Ein- wirkung auf das Allgemeinbefinden. Es ist für die Klarheit und Kürze in den folgenden Betrachtungen nothwendig, die verschiedenen nosogenen Einwirknngen, welche in Frage kommen, mit kurzem Ausdruck zur Hand zu haben, und dess- halb will ich sie schematisch charakterisiren und. wo nöthig, kürzer benennen, ohne dass diese Benennungen über diese Arbeit hinausreichen sollen. ı) Es kann ein Mikroorganismus pathogen wirken, da- durch, dass von ihm erzeugte Gifte resorbirt werden, wenn er mit resorbirenden Oberflächen des Körpers in Berührung vegetirt. Es kann ihm dabei jegliche andere pathogene Eigen- schaft, z.B. die, in die Gewebe einzudringen, Entzündung oder Eiterung zu erregen etc. fehlen; er kann sie nebenbei aber auch haben. Das gebildete Gift, Sepsin, Ptomain, Fäulniss-Alcaloid, 64. ; Sepsis. — Einleitung. kann schr verschiedener Natur sein. Ich glaube, dass in ein- zelnen Fällen sogar ganz einfache chemische Verbindunge wie Amoniak, Schwefelwasserstoff, als solche Ptomaine fungire wenn auch extrem selten. In anderen Fällen ist es ein orga- nisches Gift wie Bergmann’s Sepsin, Sonnenschein und Zuelzer’s narkotisches Alcaloid, wie die nervenlähmenden Stoffe des Wurst- ‚giftes, des Diphtheritisgiftes. In wieder anderen Fällen sind es“ weniger bekannte fermentative Stoffe, welche ähnlich wirken wie Pepsin, welches man in die Circulation bringt, oder ferner wie das Fibrinferment. Möglicherweise kommen noch andere in ihrer Wirksamkeit viel unbekanntere organische Gifte in Be- tracht; es haben wenigstens frühere Autoren das septische Gift wiederholt mit dem Schlangengift verglichen. Ich fasse in Fol- gendem alle diese nicht belebten, nosogenen Stoffe unter dem x ; Namen Ptomaine zusammen. | 2) In Beziehung auf die Verbreitung im Körper kann ein 3 Mikroorganismus vermöge seiner Lebensökonomie die Eigen- schaft haben, in die Gewebe des lebenden Körpers einzudringen — invasive Eigenschaft. Wir werden solche Mikrobien kennen lernen, welche in die Oberfläche des lebenden Gewebes ein- dringen, dann aber mit ihren Keimen untergehen. = 3) Andere vermögen darin weiter zu leben, kürzere oder längere Zeit, auch wohl auf Lebenszeit des Wohnthieres, bei . Lues, Tuberculose etc. — parasitäre Eigenschaft. E 4) Sich langsamer oder rascher in den lebenden Geweben zu vermehren. ; 5) Sich langsamer oder rascher in den Geweben, ja, im ganzen Körper zu verbreiten, ihn zu durchwachsen (diablastische Eigenschaft) wie bei der Bacillen- und Bacteriensepsis, dem | Milzbrand bei Mäusen, dem akuten Rotz etc. > 6) Oertlich kann das Mikrobion bei seinem Eindringen eine einfache entzündliche Einwirkung ausüben, wie z. B. bei Erysipelas: Hyperämie, Emigration und Exsudation bis zur Bild- Putride Intoxication, Sapraemie. 65 ung von Blasen, sogar mit fribrinösem Inhalte. (Es ist das durchaus keine nothwendige Begleiterscheinung einer Mikrobien- einwanderung; bei der Bacillensepsis z. B. bleiben die Gewebe fast ohne Entzündung.) 7) Eine häufige Eigenschaft ist die, die Gewebe eitrig einzuschmelzen, welche auch gewissen scharfen Giften (Terpen- _ tinöl etc.) eigen ist — pyogene Eigenschaft. 8) Es kommt vor, dass durch die specifische Wirkung des Mikrobions das Grewebe, wo es auch ergriffen wird, zu brandi- gem Absterben gebracht wird — gangränescirende Wirkung wie z. B. die progressive Gangrän Koch’s bei Mäusen. Natür- - lich ist es nicht hieher zu rechnen, wenn einmal unter ungüns- tigen Verhältnissen ein Stück dünne Cutis durch ein Erysipel oder eine Phlegmone verloren geht. Ich möchte für die folgenden Betrachtungen im Zusammen- hange mit diesen Reflexionen an einige allbekannte Thatsachen er- innern, nämlich an noch andere Verhältnisse, welche über den Ver- lauf einer Mikrobienerkrankung entscheiden. Das sind erstens die Abschwächung, resp.Verschärfung der pathogenen Eigenschaften, wie sie in der That von Pasteur und Koch bei Milzbrand sicher nach- gewiesen sind. Es sind ferner Verhältnisse, welche unabhängig von den Eigenschaften des Mikroorganismus sind, z. B. nur die Menge desselben betreffen — cumulative Wirkung. Zweitens spielt die individuelle Empfänglichkeit des inficirten Organismus eine der wichtigsten Rollen. Das ist ja für gewisse innere Krankheiten, wie Masern, Scharlach etc. ganz ausgemacht. Doch glaube ich, dass diese Verhältnisse auch für die in Rede stehenden, nicht typischen Wundkrankheiten sehr wesentlich in Frage kommen. A. Putride Intoxication, Sapraemie. Ögston adoptirt vonM. Duncan!) die Abzweigung einer besonderen Erkrankung, welche von Letzterem unter dem Na- !) M. Duncan, puerperal fever, Lanzet 1880. _ Vol. II, pag. 684. Rosenbach, Mikroorganismen bei Wundinfectionskrankheiten des Menschen, 5 66 Putride Intoxication, Sapraemie. men der »Sapraemie« eingeführt wird. D. beschreibt diese Er- krankung sehr präcise. »Sapraemie, oder einfache, putride Infection — Ver- En giftung nicht durch einen Organismus, welcher sich im Blut vermehrt, sondern durch die Aufnahme chemischer Producte putrider Zersetzung in das Blut — ist eine neuer- dings zum grossen Nutzen für die Praxis wesentlich auf- geklärte Erkrankung. Wie andere Formen des Puerperal- | fiebers werde ich diese als eine besondere Form behandeln und das wird meistens zutreffen. Doch kann Sapraemie sich’mit traumatischem Fieber und Entzündung combiniren; besonders gern verbindet sie sich mit Septikämie und Pyä- mie. Es ist nämlich lange Usus gewesen, und ist es auch . noch, die Septicämie und Pyämie ‚als Krankheiten der Putre- faction zu bezeichnen; doch ist dies durchaus ein Irrthum. Putridität der Absonderungen ist absolut kein wesentlicher Theil dieser Krankheit, wenngleich er dieselben öfters be- gleitet. Die Organismen, welche Septicämie und Pyämie 4 verursachen, nehmen muthmasslich keinen Antheil an der gr Putrefaction. Sie leben in der Absonderung und sind be- fähigt, in das Blut überzugehen, wo sie sich ohne Ende vermehren. Die Organismen, welche Putrefaction erzeugen, sei das nun bact. termo oder andere, können in das Blut übergehen mit den putriden Flüssigkeiten und Sapraemie erzeugen, aber sie leben nicht weiter, geschweige denn, dass sie weiter wüchsen. Bi Wir haben somit in der uncomplicirten Sapraemie ein sehr einfaches Problem. Putrider ichor wird absorbirt oder dringt durch die Venenplexus des Uterus in die Circulation. \Seine giftigen Bestandtheile werden bald durch das Blut eliminirt und wenn nur die weitere Zufuhr abgeschnitten wird, hört das Phänomen der Sapraemie bald auf. 1 N a ln dd Tl it u EI 67 Putride intoxication, Sapraemie. Wenn auch der Stoff einmal im Blut ist, so vermehrt er sich nicht wie ein Ferment, unabhängig von der Zufuhr. Die Sapraemie besteht nur fort durch unaufhörliche Zufuhr von _ neuemGifte und verschwindet,sobalddieselbe ganzabgeschnit- ten ist. Sie abzuschneiden — ist eben das Problem der Heilung.« Ogston setzt hinzu, dass ausser Zweifel gewisse Organismen — Saprophyten — „gewöhnliche Fäulniss“ bewirken, andere Organismen, Zersetzungen, welche keine Fäulniss sind. Zu ersteren gehören vielleicht alle Formen von Bakterium, einige Bacillen und Spirillen. Zu den letzteren gehören einige Bacillen und einige Mikrococcen. Erstere Saproorganismen bewirken allerdings eine besondere Erkrankung — Vergiftung mit ihren Ptomainen, d.h. den Gasen und Flüssigkeiten dieser Saprophyten. Solche Formen werden ausser der Uebelkeit durch Fäulnissgeruch (fauler Leichen z. B.) im Kindsbett beobachtet, wo wir durch Aus- waschen oder durch Entleerung der Gerinnsel aus Uterus und Vagina in wenigen Stunden die Krankheit beseitigen können. Auch in den chirurgischen Kliniken hier und andern Orts hat man schon seit langer Zeit bei gewissen Fällen ähnliche _ Verhältnisse vorausgesetzt. Professor König!) sagt darüber: „Wir haben somit in Beziehung auf die Septicämie beiMenschen schon 2 Formen zu unterscheiden, welche freilich in der Wirklichkeit nicht immer so scharf getrennt vor- kommen. Die erste Form die putride Intoxication darf zumal da erwartet werden, wo grössere Mengen von fäulnissfähiger Flüssigkeit, also Blut und Eiter sich plötzlich zersetzen und wo die übrigen Bedingungen derart sind, dass die zersetzten Massen rasch in die Blutbahn aufgenommen werden.“ Prof. König führt dazu 2 sehr instruktive Fälle an. Auch ich erinnere mich aus den Jahren ı867 und ı874 zweier Fälle, bei denen Blut einmal in einem Amputationsstumpf, das andre ") Lehrbuch der Allgemeinen Chirurgie. Verlag v. A. Hirschwald. Berlin 1883. p. 133. 5* 68 Putride Intoxication, Sapraemie. Mal in einer grossen osteomyelitischen Abscesshöhle sich rasch faulig zersetzte und schwere Allgemeinerscheinungen veranlasste, welche nach Entleerung der zersetzten Coagula rasch verschwan- den. Ich glaube, dass man sehr wohl unter Umständen die Fälle einer putriden Intoxication oder Saprämie von anderen Sepsis- formen wird unterscheiden können, aber bis jetzt beruht diese Unterscheidung nur auf einer muthmasslichen Deutung der Erscheinungen, da eine jegliche sichere, sei es klinische, sei es experimentell pathologische, sei es mykologische Grundlage zur Zeit fehlt. Duncan’s Darstellung verdankt ihre Klarheit mehr einer guten Redaction. Die Worte „Putridität“, „Putrefaktion“ gebraucht er wie mathematische Begriffe, und doch sind sie nichts weniger als solche. Welche sind denn die Saprophyten? Es liegen soviel ich weiss keine mit den neuern Mitteln aus- geführte Bearbeitungen dieser Frage vor und desshalb will ich hier einige Resultate, welche ichim Laufe der Zeit meist zufällig erhielt, mittheilen. Leider erhellt schon aus ihnen, dass die Frage sich nicht einfach mit der Aufstellung „des saprogenen Micro- organismus“ und seiner Produkte erledigt, weiles deren mehrere, möglicherweise sehr viele gibt. Ich bin seit Jahren darauf ausgegangen, die eigentlichen Saprophyten, d. h. die fäulnisserregenden Mikroorganismen kennen zu lernen. Ich habe in einer früheren Arbeit nachge- wiesen, dass bei Ausschluss der Luft durchaus nicht diejenigen Organismen „welche z.B. in Cohn’scher Nährlösung sich etabliren und früher schlechthin als Bakterien — bacteriun termo — be- zeichnet wurden, Fäulniss erregen können. Viele derselben be- wirken eine chronische Zersetzung, eine Peptonisirung mit wenig Gasbildung. Bestimmte andere, welche aus einer bestimmten Quelle stammten, bewirkten rasche Fäulniss mit starker Gas- bildung. Später, nach Koch’s Entdeckungen, hoffte ich mit Hülfe seiner Methoden diese Organismen isoliren und die eigent- lichen Fäulnisserreger in Reinzucht erhalten zu können, Doch Fäulnissmikrobien. 69 hat es länger als ein Jahr gedauert, bis ich brauchbare Resultate erhielt. Da fäulnissfähige Substanzen, wenn sie der Luft aus- gesetzt in der Wärme stehen, der Fäulniss verfallen, hoffte ich in den Luftkulturen leicht Fäulnissmikrobien zu finden. Das erste Mikrobion, welches ich untersuchte (das allerdings wohl weniger aus der Luft stammte, als aus dem zu der Serum- gelatine benutzten Blut,) war der Heubacillu. Ohne Luft be- wirkte derselbe fast gar keine Veränderungen; bei Luftzutritt machte er Gelatine und Eiweiss und gekochtes Fleisch zergehen. Wiewohl sich auch ein gewisser Fäulnissgeruch geltend macht, so ist der Heupilz ganz gewiss nicht ein eigentliches Fäulnissmikro- bion. Dann habe ich eine ganze Reihe von Coccen, Bacterien und namentlich Bacillen aus den Luftkulturen rein gezüchtet, aber all diese verhielten sich ziemlich indifferent, bewirkten jedenfalls keine energische Fäulniss. Ferner erhielt ich aus einem faulen, sehr stinkenden Abscess des Pankreas, den ich operirte, die Reinzucht eines kleinen Bacillus, welcher rasch die Gelatine verflüssigte, auch etwas Fäulnissgeruch machte, doch zu wenig für ein wirkliches Fäulnissmikrobion. Ferner ging in einem F.-P.A.-Röhrchen durch zufällige Einsaat eine dicke Kultur eines schnell wachsenden, aus feinen, langen Fäden bestehenden Bacillus auf, Fig. 6, welcher sich wegen seines raschen Wachs- thums leicht in Reinkulturen erhalten liess. Er leistete etwas mehr als seine Vorgänger, verflüssigte Eiweiss bei Luftzutritt rasch unter etwas Fäulnissgeruch aber doch so wenig, dass ich auch diesen nicht als Fäulnisserreger anerkennen konnte. Endlich lernte ich dasjenige Individuum kennen, welches, wie ich glaube, für gewöhnlich die rasche, energische, stinkende Fäulniss veranlasst. Ich hatte in einem Krankensaale eine Blutkultur auf erstarrten Serum gemacht. 3 Tage später machte sich in meinem Laboratorium und speciell in der Brutmaschine ein unerträglicher Fäulnissgeruch geltend; er stammte aus jenem Röhrchen. Das Mikrobion war, da es auch recht rasch wuchs, 70 Bacillus saprogenes Nr. 1. ohne weiteres rein zu erhalten. Ich will gleich erwähnen, dass ich später genau dasselbe Mikrobion noch einmal aus anderer Quelle erhielt. Es bilden sich zuweilen bei gewissen Katarrh- formen weissliche runde Pröpfe in den Schleimhautrecessen der ‚ seitlichen Rachenwand, deren unerträglicher Gestank mir bei einem Patienten in der ‘Poliklinik zufällig auffiel. Auf Agar ausgesäet, keimte neben anderen Dingen das genannte Fäulniss- mikrobion. Da es sich in ı8 Kulturen in seinem Verhalten gegen Eiweiss, gekochtes Rindfleisch etc. völlig identisch mit dem ersteren verhielt, so kann kein Zweifel sein, dass esin der That dasselbe war. Ichhabe dasselbe vorläufig als ersten Fäulniss- bacillus bezeichnet. ı. Bacillus saprogenes Nr. 1. | Die Reinkultur bildet einen gelbgrauen Streifen, welcher opak scheint, gegen dasLicht gehalten aber doch ziemlich durchsichtig ist. Die Kultur wächst wohl ı mm hoch und ist, wenn frisch, von breiig-klebriger Consistenz. Macht man auf F.P. A. einen Impf- strich, so ist in der Wärme nach 24 Stunden die Kultur schon 3—4 mm breit gewachsen. Beim weiteren Wachsthum bilden sich leicht durch kleine Unregelmässigkeiten desselben wellige Reifen, so dass die Oberfläche ein muscheliges Ansehen bekommt. So characteristisch die Kulturen sind, so schwierig ist es, sie wiederzugeben. Jeder, der die Kultur vor sich hat, wird Fig. XH = für eine ganz gute Zeichnung derselben erklären, doch genügt sie nicht, die Kultur für den, der sie nicht in Natur sah, sicher genug zu kennzeichnen. Ist eine Kultur 4 x Tage, wenn auch nur bei mässiger Zimmertemperatur gewachsen, so macht sich, . obgleich der F.P. A.-Nährboden nicht im geringsten verflüssigt wird, ein intensiver Fäulnissgeruch geltend, der sich dem ganzen Zimmer mittheilt. Der Geruch der Kulturen auf Agar entspricht etwa dem fauler Küchenabfälle; auf Serum ist er viel schlimmer. Mikroskopisch zeigt sich das Mikrobion als ziemlich grosser Bacillus, der an dem Ende eines Stäbchens eine grosse Spore = Fäulnisswirkung v. Bacillus saprogenes Nr. 1. 71 bildet. (Fig. 7.) Aeltere Kulturen sind schwer zu übertragen und gehen namentlich auf trockenem Agar überhaupt nicht an oder nur in kleinen Pünktchen, welche erst, wenn man sie nun noch einmal wieder überträgt, gut wachsen. Fäulnisswirkung des Bacillus saprog.Nr. ı mit Luft. Ueberträgt man den Pilz aufKolben mit Eiweiss und Wasser bei Luftzutritt und schliesstdenselben dann luftdicht ab, so zergeht das Eiweissrasch,die Flüssigkeit wirddann grünlich-gelb undwenn man nun den Kolben öffnet, so macht sich ein so pestilenzialischer Geruch geltend, wie man ihm sonst im Leben selten begegnet. * Ich will bemerken, dass bei einem jeden dieser und der folgen- den Versuche die faulige Flüssigkeit auf Agar gestrichen wurde, um durch die hier entstehende Reinkultur des Mikrobions ver- sichert zu sein, dass die Wirkung von dem Fäulnissmikrobion allein stammte. (Ehe ich die Sublimatisirung der Wattepröpfe eingeführt hatte, missglückten gerade die Uebertragungen auf Eiweiss leicht durch die Verunreinigung mit Heubacillus). Ich habe den Fäulnissbacillus in mehr als 40 Generationen gezüchtet; ich habe ihn von F. P. A. auf Eiweiss, gekochtes Rindfleisch _ und von hier zurück auf F. P. A. übertragen, ohne dass sich sein Aussehen und seine Eigenschaften irgendwie geändert hätten. Eine Eigenthümlichkeit fiel mir bei diesen Ueber- tragungen auf, dass nämlich, wenn in Eiweiss oder Fleisch- kolben die Fäulniss einigermassen weit gediehen war, das - Mikrobion daraus mehrfach nicht mehr zum Aufkeimen zu bringen war. Fäulnisswirkung des Bacillus saprog. Nr. ı ohne "Luft. In die Mitte eines rohen Eies wurden unter den betreffenden Cautelen 0,3 CC einer mit sterilisirtem Wasser aufgeschwemmten Kultur des Bacillus eingespritzt, das Ei versiegelt und in den Brutkasten neben ein anderes gelegt, in welches zu gleicher Zeit zur Controle der Cautelen ebenso viel destillirtesWasser, (natür- lich sterilisirtes) gespritzt war. Nach 9 Tagen geöffnet, zeigte sich 72 " Thierversuche mit Bac. sapr. Nr. 1. keine Spur von Fäulniss oder Zersetzung in denEiern. Auchwar das Gelbe nicht mit dem Eiweiss vermischt, aber in dem inficirten dünnflüssiger und weisser als in dem anderen. Uebrigens liess sich auf F. P. A. der Bacillus aus dem Dotter noch als Rein- kultur erhalten; er keimte in drei Centren und wurde von hier & zu charakteristischen Kulturen weiter übertragen. Beiläufig 3 möchte ich bemerken, dass es nicht ausgeschlossen ist, dass dieser Bacillus, wenn zwischen der Schale des Eies und dem | Eiweiss etablirt, eine Fäulniss einleiten könnte. Ferner wurden verhältnissmässig grosse Mengen des Bacillus bis o,ı CC nach. den in einer früheren Arbeit beschriebenen Methoden auf luft- leere Kolben übertragen, welche theils mit ıo Gr. gekochtem Eiweiss, theils mit ebenso viel gekochtem Rindfleich und gleichen Mengen Wassers beschickt waren. Auch hier fiel die Wirkung sehr schwach aus. Anfangs bemerkte man keine Spur einer Einwirkung. Ein Glas mit Eiweiss steht so, ohne ein Zergehen zu zeigen, mit vollem Wasserhammer ein Jahr lang. Ein anderes, zu dem sehr viel mehr der Bacillenkultur hinzu- gesetzt war, zeigtenach ı4 wöchentlicher Bebrütung ein breiiges Zergehen des Eiweisses mit etwas geschwächtem Wasserhammer. Ein Glas mit Rindfleisch, ebenfalls stärker inficirt, zeigt be- ginnenden faserigen Zerfall und rosa Färbung bei nicht ge- schwächtem Wasserhammer (chronische Fäulniss).. Es folgt aus dem Vorhergehenden, dass dieser Bacillus ein entschiedenes Fäulnissmikrobion ist, möglicherweise das verbreitetste, welches an sich den Fäulnissgeruch entwickelt, auch da, wo es in den Nährboden nicht eindringen und denselben zersetzen kann. Doch folgt weiter, dass er ein strenges Aörobion ist und ohne Luft nur chronische Fäulniss macht. Thierversuche mit dem Bacill. saprog. Nr. ı. Da die Kulturen rasch wachsen und ziemlich dick sind, kann man verhältnissmässig bedeutende Mengen in Aufschwemm- Thierversuche mit Bac. sapr. Nr. 1. 73 * ungen gewinnen. So wurde eine 5 Centim. lange, ı Centim. breite frische Agarkultur mit 2 CC sterilisirten Wassers auf- geschwemmt und davon einem Kaninchen ı CC. einem zweiten !/s CC. in ein Knie injieirt. Ich hatte nicht bemerkt, dass letzteres Thier an einer Eiterung der Unterlippe mit Abscedir- ung der Submentaldrüsen erkrankt war. Es starb 4 Tage nach der Injection. Das Knie zeigte sich ganz normal. In Farbe, Blutreichthum, Glanz des Knorpels und den Synovialis war kein Unterschied gegen das andere Knie. Keine Spur von Fäulniss, Eiterung, Infiltration des subcutanen Gewebes am Schenkel. Beim anderen Kaninchen schwoll das anfangs leicht geschwellte Knie bald ab. Darnach blieb das Thier völlig gesund. Eine Reinkultur in erster Generation auf F.-P.-A. in zweiter auf Eiweisskolben, in dritter bis zwölfter auf F.-P.-A., zwei cm breit und 6 cm’ lang wurde mit 5 CC Wasser aufgeschwemmt und einem Kaninchen je ı CC in die Kniee, einem anderen ı CC. in ein Knie und ı CC. in die rechte Pleura injieirt. Die Kniee zeigten einige Tage ganz leichte Schwellung, welche aber rasch verschwand. Das Befinden war anscheinend gar nicht gestört. Das letzte Thier starb 16 Tage später an einer Zerfleischung wahr- scheinlich durch eine Katze. Die Section ergab: Pleura und Knie ganznormal. Dasandere Thier und das vom vorhergehenden Ver- suche leben noch nach 2 Monaten und sind ganz ‚gesund. Hieraus folgt, dass dieser Fäulnissbacillus dem Kaninchen- organismus fast völlig unschädlich ist. Auch die bei Luftab- schluss gebildeten Ptomaine erweisen sich sehr unschuldig. Der mit Rindfleisch beschickte Kolben, welcher nach 14 Wochen Zerfall und Rothwerden des Fleisches zeigte, entwickelte beim Oeffnen recht fötiden Geruch. Von der trüblichen Flüssigkeit, welche feine Fleischfasern reichlich suspendirt erhielt, wurden einem Hund, dessen Temperatur vorher beobachtet war, 9 CC injicirt. 74 “ Bacillus saprogenes Nr. 2. En =. 2 Temp.: 24. XII. Mittags 38,6, »„ 25. „ Morgens 38,5, Abends 38,4, „26. „.“ "Nachmittags '38,4, » 27. „ Nachmittags 5 Uhr 38, 2, Injection, » 27. „» Nachmittags 6 Uhr 39,0, » 27. „ Nachmittags 7!/se Uhr 39,6 (soll nur die Hälfte seiner gewohnten Portion gefressen haben) z | 9 Uhr 39,6, | j ı0!/a Uhr 40,0, Temp. 28. XII. Morgens 38,7 - » 29. „» . Morgens 38,4. Eine Woche später wurde der Hund wiederum 3 Tage lang gemessen. Seine Temperatur schwankte zwischen 38,4 und 38,6, dann wurden ihm 53'/a Uhr Abends ı2 CC. sterili- sirten Wassers auf die andere Seite des Rückens injieirt. Temp.: 6!/s Uhr Abends 38,9, Si „ 2.4.3805 9 1/a „ „ 39 Io !/a „ ” 394 am andern Morgen normale Temperatur. In den folgenden 3: ı4 Tagen, in welchen ich den Hund noch: beobachtete, blieb 4 er ganz gesund. Es hatte also die Wasserinjektion fast dieselben Folgen als die Ptomaininjektion. Versuche mit 2 Ptomainen, welche bei Luftzutritt unter energischer Fäulniss ‘durch dieses Mikrobion etwa gebildet werden, habe ich leider | noch nicht anstellen können. 2. Bacill. saprog. Nr. 2. Ein anderes sehr: merkwürdiges Mikrobion, welches eben- falls einen wenn auch differenten und nicht so intensiven, aber nicht weniger affreusen Fäulnissgeruch entwickelt, schenkte mir & der Zufall folgendermassen. Als Ursache eines sehr unange- Fäulnisswirkung von Bacill. saprogenes Nr. 2. 75 nehmen Geruchs im poliklinischen Wartezimmer entdeckte ich Re ein Individuum, Namens Scheidemann, mit charakteristischen, sehr stinkenden Schweissfüssen. Ich berührte die Fusssohle, elieher so gut wie kein Sekret haftete, mit dem geglühten Platindraht und machte Impfstriche auf F. P. A. Natürlich entstand keine Reinkultur, aber ein Mikrobion liess sich durch die Eigenthümlichkeit seines Wachsthums sofort in Reinkultur erhalten. Diese Eigenthümlichkeit ist folgende: Macht man heute einen noch so feinen Impfstrich auf F.P. A., so erscheint x: morgen die ganze Fläche desselben wie mit feinsten Tropfen besprengt. Die Kultur überzieht dann die Fläche gleichmässig - und nimmt an Dicke zu, und ursprünglich wasserhell, wird sie "allmählich etwas opaker, weisslich grau, von zäh-schleimiger Consistenz. Sie verbreitet (in der ı0. Generation noch in der- selben Weise wie in der ersten) ohne das F. P. A. zu ver- flüssigen, den fötiden Geruch nach schmutzigen Strümpfen bei Leuten mit Schweissfüssen. Dies Mikrobion verbreitet sich von ‘den mir bekannten am schnellsten auf der Oberfläche. Ich habe es nicht versucht, die Kulturen durch Zeichnung wieder- geben zu lassen. Mikroskopisch bildet er dünnere und kürzere Stäbchen als der Bacillus ı. (Fig. 8.) Fäulnisswirkung bei Uebertragung aufEiweiss mit Luft. Das Eiweiss zerging auch hier ziemlich bald mit Bildung eines unerträglichen Gestanks, die hier gewachsenen Stäbchen waren gewiss noch einmal so lang als die auf Agar gezüchteten, und doch ergab die Rückkultur vollständige Rein- zucht in ursprünglicher Form. Bei Uebertragung auf Eiweiss ohne Luft liess sich eine entschiedenere Fäulnisswirkung erkennen als bei Bacillus ı. Nach 2 Tagen schäumte die Flüssigkeit, der Wasser- hammer wurde sehr verringert; von da ab machte sich wenig Fortschritt geltend. Ein zweiter Versuch fiel genau so aus. ı4 Wochen nach der Bebrütung ist mehr Gas angesammelt, der 76 Thierversuche mit Bac. saprog. Nr. 2. Wasserhammer sehr schwach. Bei einem Kolben mit Rind- RS fleisch war derselbe nach genannter Zeit vollständig ver- schwunden, das Fleisch blassrosa und sehr zergangen. Es hat somit dieser Bacillus etwas mehr das Vermögen, ohne Luft fäulnisserregend zu wirken, muss aber doch als Aörobion bezeichnet werden. Thierversuche mit Bacillus saprog. Nr. 2. Eine Kultur achter Generation auf F. P. A., welche die ganze Fläche einnahm, 3 Tage alt und schon etwas opak war, wurde mit 3 CC. Wasser aufgeschwemmt und dann einem Kaninchen o,; CC. in beide Knie und in die Pleura, einem andern soviel nur in ein Knie und die Pleura injieirt. Nach 3 Tagen starb das zweite Thier. In den Knieen war noch etwas flüssiger, trüblicher Schleim, doch war das Zellgewebe * am Oberschenkel und am Bauch in der Inguinalgegend grau- i weisslich infiltrirt; mikrosköpisch zeigte sich, dass es eine eitrige Infiltration war. In der rechten Pleura röthlich-trübliche Flüssigkeit, auf Lungen- und Herzoberfläche grau-weissliche, fibrinöse Auflagerungen. Sowohl aus dem Knie als der Inguinal- gegend ergaben die Rückkulturen auf F. P. A. Reinzuchten des Scheidemann-Bacillus. Das erste Kaninchen starb 5 Tage nach der Injection. In beiden Knieen etwas bröcklig-fibrinöser Eiter und um dieselben eine eitrige, graue Infiltration fast ohne Schwellung. Auch unter dem Bauch, von denInguinalgegenden ausgehend und innen am Oberschenkel, eine ganz flache gelblich- eitrige Infiltration fast ohne Schwellung, aber mit etwas Fäul- nissgeruch. In der rechten Pleura etwas dunkelrothe Flüssigkeit, und fibrinöseitriger Belag. Die Lunge zeigt dunkelrothe, ver- dichtete Parthien in den unteren Theilen. Milz klein, dunkel. Nieren blutreich. Die Rückübertragung von Blut der Cava inferior missglückte, denn es gingen neben dem Bacillus Scheide- mann noch 3 fremde Kulturen auf, Aus dem Knie und dem n- Fäulniss cariöser Zähne. 77 u eitrig infiltrirten Zellgewebe des Bauches keimte der Bacillus in _ Reinzucht. Es folgt hieraus, dass der Bacillus Nr. 2 nicht so unschuldig ist, sondern in grösseren Mengen eingeführt, ent- schieden pathogen wirkt. Er hat invasive und pyogene Eigen- schaften. Die seiner Ptomaine habe ich noch nicht untersucht. | 3. Die Fäulniss cariöser Zähne, welche sich nicht selten Abscessen, welche von den Zähnen aus- gehen, auch Menschen-Bisswunden mittheilt, documentirt sich durch ihren specifischen Geruch als besondere Art. Ich theileeinige, _ wenn auch nicht abgeschlossene Beobachtungen hier mit, weil ich nicht weiss, ob ich bald zu ihnen zurückkehren werde. Ich habe den Eiter von 3 stinkenden Abscessen dieser Art aufF.P. A. ge- impft, erhieltbekannte Eitercoccen und auch andere mir nicht be- kannte Coccen, aber nicht das Fäulnissmikrobion. Wurde da- gegen der Eiter in luftleere Eiweisskolben übertragen, so stellte "sich sofort lebhafteste Fäulniss. mit rascher Gasentwicklung ein. In dem faulen Eiweiss zeigten sich mikroskopisch: 1) Eitercoccen, Kettencoccus vorwiegend, doch auch Staphylococcus. 2) Einige Spirillen. 3) Wenige Bacillen verschiedener Arten, dickere und schlankere Formen. 4) Grosse Conglomerate eines kleinen, unregelmässigen Coccus, welcher sich mit Methylviolett viel weniger färbte als Eitercoccen, auch kleiner und unregelmässiger gestaltet ist. Stellenweise ist er oval, wie ein Reis- korn, so dass man ihn auch für ein kleines Bacterium ansehen könnte, Aehnlich ist der Befund bei Eiterungen, in welchen die Fäulniss der Zahncaries sich etablirt hat, z.B. Menschenbisswunden. Ein Mann war von einem halbirren Individuum in den ‚Daumen gebissen und dadurch das Phalangengelenk und die 78 a Fäulniss cariöser Zähne. Sehnenscheide in der vola geöffnet. Bis eine Knochen- und Sehnennekrose ausgestossen waren, zeigte sich der genannte Zahncaries-Geruch. Mikroskopisch wurde in dem Eiter Be 2 Funden: | ı) Eitercoccen, Gruppen- und Kettenformen. 2) Spirillen in grosser Menge. 3) Ein sehr feiner, borstenähnlicher Bacillus. 4) Mehrere Arten dickerer Bacillen. 5) Die grösste Menge bildeten enorme Anhäufungen jenes E: feinen Coccus. Tr Da mir diese Fälle doch noch keine Auskunft gaben, = welches von diesen Mikrobien die Zahnfäulniss bewirkte, ver- suchte ich Reinkulturen von einem extrahirten, cariösen Zahn zu gewinnen. Das Fehlschlagen aller Impfstriche auf Agar, die rasche Fäulniss des Eiweisses im luftleeren Raum, schien mir darauf zu deuten, dass das Mikrobion ein Anaörobion sei. Ich versuchte deshalb dasselbe im untersten Punkte der Agarsäule auszusäen in folgender Weise: Ich liess in einem stecknadel- ; dicken, hohlen Glasfaden den Inhalt des Zahnes 2—3 mm em- = porsteigen, schmolz das Ende, während die Flüssigkeit temporär = von demselben entfernt war, zu, stach den Glasfaden durch das Agar hindurch bis zum Grund des Probirröhrchens, wo.ich durch weiteren Druck das Ende des F adens zerbrach, Nach zweimal 24 Stunden Bebrütung bei 36—39° wurde die Agarsäule durch Gasbildung in die Höhe getrieben und zeigte, dem Glas ent- nommen, den characteristischen Geruch in offensivester Weise, Makroskopisch war von einer Kultur nichts zu sehen, abgesehen davon, dass das Agar etwas feucht geworden war. Mikrosko- pisch fand sich: ı) Kettencoccus und LT IERRENE in sehr geriet | Menge. 2) Bacillen, nicht sehr verschieden in der Dicke und ziem- lich sparsam, ich zählte 20 in einem Gresichtsfelde, Fäulnissbacillen bei menschlicher Sepsis. Fäulnissbacillus Nr. 3. 79 3) Jener kleine Coccus. Er bildete entschieden die vor- wiegende Masse, so dass alles Uebrige nur als zufällige Beimengung erscheinen muss. Wie Sand war er über das ganze Gesichtsfeld zerstreut und daneben fanden sich noch grosse, unregelmässige Conglomerate, welche aussehen wie Brocken von zusammengeklebtem Krystall- zucker. Fig.9g gibt einigermassen das Aussehen dieser Coccen bei intensiver Methyl - Violet-Färbung wieder. Die dunkeln Coccen sind wahrscheinlich Eitercoccen. Hiernach spricht die Wahrscheinlichkeit dafür, dass dieser kleine, unregelmässige Coccus die Ursache des Zahnfäulnissgeruches ist. Doch behalte ich mir weitere Mittheilungen vor. Fäulnissbaeillen bei Fällen menschlicher Sepsis, 4. Fäulnissbacillus Nr. 3 aus einer putrid gewordenen, com- plicirten Fractur mit Sepsis bei tödtlichem Ausgang. J. Ebeling, 61 Jahre alt, war 4 Tage vor seiner Aufnahme in die Klinik durch herabfallendes Gestein in einem Steinbruch schwer veıleızt und kommt einfach mit einem Schienenverband hierher; es war somit die Verletzung 3mal 24 Stunden alt, ehe sie in antiseptische Behandlung kam. Es fand sich links eine complicirte Fractur im oberen Theil der Tibia. Durch eine gerissene, zer- quetschte Wunde vorn innen am caput tibiae drang der Finger in das total zer- schmetterte Ende der Tibia und durch die Trümmer hindurch in das Knie. Auch am Oberschenkel war eine Fractur, die aber nicht communicirte. Ober- und Unterschenkel waren bis zur Leistengegend stark geschwollen. Die Fracturstelle wurde durch grossen Schnitt freigelegt, die grösseren und kleineren Splitter, welche schon missfarbig waren, ausgeräumt, der Knochengries ausgespült, durch Abtragung aller Spitzen und Trümmer das obere Ende der Tibia einfach ge- staltet, reichliche Drainagen nach hinten angelegt und sehr sorgfältig durch massenhafte Ausspülungen mit Carbol und Sublimat desinficirt und dann jodo- formirt. Dann wurde die Fractur am Oberschenkel angeschnitten, um sich zu versichern, dass sie nicht mit dem Knie communicirte, und ferner noch für einen in der Tibia nach unten verlaufenden Riss eine Drainage angelegt. Abends Fieber. Am folgenden Tag, 18. IV. 83, Verbandwechsel, kein Fäulnissgeruch, 20. IV. Die Wunde stinkt wieder, hohes Fieber, 21. IV, ablatio femoris im 80 Fäulnissversuche mit Bac. saprog. Nr. 2. oberen Drittel. 23. IV. Allgemeinbefinden wesentlich gebessert. Temperatur heruntergegangen, 24. IV. wieder Fiebersteigerung, Pat. vollständig verwirrt. Stumpf putrid, wird desinficirt. 25. IV. Pat. delirirt in hohern Fieber. Eine unter den Cautelen entnommene Blutprobe "wurde auf Agar ausgesäet. Nur in einem Röhrchen keimte, «unabhängig von dem Impfstrich, ein grösserer Bacillus in ganz durchsichtigen, glashellen, tropfenähnlichen, flachen Kulturen; ich hielt ihn für eine Verunreinigung. 26. IV. Pat. delirirt beständig, schreit bei jeder Berührung laut auf, lässt unter sich gehen, hat hohes Fieber. Der Stumpf ist ohne Geruch, doch werden jetzt matsche, nekrotische :Gewebsfetzen ausgestossen, 30. IV. Unter fortdauernd hohen Delirien tritt der Tod ein, Bei der Section fand sich die Wundfläche voll dickflüssigen, gelben, mit Fetttropfen vermischten Eiters. Herzmuskulatur von Fett etwas durchwachsen, schlaff, hellbraunroth. Aus der durch alte Adhäsionen verwachsenen Lunge entleerte sich beim Durch- schnitt beider Unterlappen reichlich klare, röthliche, feinschleimige Flüssigkeit, In einer Hauptarterie der linken Lunge ist ein grosser Embolus, der sich nach dem Unterlappen hinerstreckt. Mikroskopisch ergibt sich im Herzen viel braunes Pigment an den Kernen und Fetttropfen an den Fibrillen. In den Lungen sind a vielfach die Capillaren mit Fetttröpfchen angefüllt. Nieren gross, schlaff. In den gewundenen Harnkanälchen finden sich mikroskopisch Fetttröpfchen. Unmittelbar nach der Ablation am 2r. IV. secirte ich das abgeschnittene Bein und fand sowohl die Weichtheile als auch besonders das Knochenmark der Tibia bis über die Mitte nach unten in einen faulen, stinkenden Brei verwandelt. Bei der Aussaat auf Agar keimte mancherlei. Der Hauptsache nach ein mir bis dahin unbekannter Bacillus, Fig. 10. Ferner microc. pyog. aur., später noch einige isolirte, dicke, porcellanartige Coccenrasen. Ich stellte mir die Aufgabe, den Bacillus näher kennen zu lernen und züchtete ihn rein. Er wächst auf Agar mittelschnell. In 8 Tagen ist der Strich bis 3 mm breit bei Zimmertemperatur gewachsen und bildet einen aschgrauen, nicht zähen, sondern'matschigen, fast flüssigen Ueberzug, Fig. XI, und nimmt mit der Zeit einen besonders widerlichen Fäulniss- geruch an. Fäulnissversuche mit diesemBacillus bei Luft- zutritt. Eiweiss in Wasser bei Luftzutritt mit diesem Pilz inficirt, Thierversuche mit Bacill. sapr. Nr. 3. 81 zergehtrasch und nimmt ebenfalls einen ähnlichen unangenehmen Fäulnissgeruch an. Bei Luftleere zeigt sich ganz ähnlich wie bei Bacill. sapr. Nr. 2 ein rascher Ansatz zu akuter Fäulniss. Der Wasser- hammer mindert sich, beim Anklopfen schäumt die Flüssigkeit. Von da ab aber schreitet die Fäulniss nur äusserst langsam vorwärts. Noch nach ı4 Wochen war das Eiweiss nicht ganz zergangen, das Rindfleisch hellroth und schleimig auf der Ober- fläche geworden. In beiden Gläsern bestand noch, wenn auch sehr geschwächter Wasserhammer. Kurz der Fäulnisseffect ‚ohne Luft blieb etwas hinter dem des Bacilus sapr. Nr. 2, Scheidemann, zurück. _ Thierversuche mit Bacillus sapr. Nr. 3 (Ebeling). Die Reinkultur war 5mal umgezüchtet und immer in gleicher Weise gewachsen. Eine ı4 Tage alte Kultur vierter Generation 4 mm. breit, fast 3 cm. lang wurde mit etwa 2 CC. destillirten, sterilisirten Wassers aufgeschwemmt und davon einem Kaninchen 0,5 CC. in das rechte Knie injieirt, einem zweiten 0,5 CC. in das rechte Knie, und 0,6 CC subcutan in die Bauch- haut links vorn. Am anderen Tage starb Nr. 2. Die Obduction ergab an der Injectionsstelle am Bauch eine opake gelb-grün- liche Infiltration, welche Eiterkörperchen enthielt. Um dieselbe stellenweise starke capilläre Entzündungsröthe, sehr wenig Oedem, schwacher Fäulnissgeruch, im Knie dünne Eiterkörper- 2 chen enthaltende Flüssigkeit. Innen am Oberschenkel und in der Inguinalgegend rechts kaum etwas vermehrte Röthe wahr- ‘ zunehmen. Herz, Lungen, Bauchorgane zeigten nichts Ab- normes. Mit der Flüssigkeit aus dem Knie waren sofort Impf- striche auf 2 Agarröhrchen gemacht; in beiden keimte der Bacillus in Reinzucht. Das andere Kaninchen blieb mehrere Tage krank, hinkte, das Knie war dick und fluctuirte, Inguinal- gegend anscheinend frei. 7 Wochen später war das Knie noch Rosenbach, Mikroorganismen bei Wundinfectionskrankheiten des Menschen. 6 89 Bacillus saprogenes Nr. 3. dick, die Inguinalfalte ganz normal anzufühlen; das sehr abge- magerte Thier hat sich etwas wieder erholt. ı6 Wochen später: Das Thier ist munter, dick und blank geworden. Der Unter- schied beider Knie noch deutlich, doch ist in dem kranken Knie kein Inhalt mehr nachzuweisen. % Wahrscheinlich denselben Bacillus habe ich in einem anderen Falle von Knocheneiterung angetroffen, dessen klinischer Verlauf allerdings recht unklar ist und durch die Obduction nicht aufgehellt wurde. H. Binnewis, 59 Jahre alter Arbeiter von geringer Intelligenz, sodass auf die Anamnese wenig Werth zu legen ist, behauptet seit 6 Wochen ein offenes Bein zu haben. Vor 38 Jahren will er dasselbe einmal gebrochen haben und seitdem soll es öfter offen gewesen sein. Seit 14 Tagen hat es mehr geschmerzt. Stat. praes.: Am linken Unterschenkel, welcher fast in ganzer Ausdehnung ge- schwollen ist, finden sich mehrfache, dem unregelmässig verdickten Knochen adhärente, alte, pigmentirte Narben, und ausserdem 2 mehr-als Markstück grosse geschwürige Defecte der Haut, in deren Grunde die Tibia nicht nekrotisch frei- liegt. Ich hielt diese Defecte für zerfallene, am Knochen adhärente Narben, Aussen dicht über dem Fussgelenk ist ein Abscess spontan perforirt und sondert sehr wenig eines intensiv stinkenden Eiters ab, Ein zweiter Abscess besteht über dem innern Knöchel, Urin eiweissfrei. Breite Eröffnung der Abscesse und Entfernung zweier ganz oberflächlicher alaesfolistionen: Trotzdem zeigte sich in der Folge noch derselbe schreck- liche Gestank des Eiters. Das Fieber stieg; offenbar war das Fussgelenk ver- eitert; Amputation verweigert. Dieselbe wurde erst, nachdem das Fieber stets gestiegen, Delirien eingetreten waren, 2'/, Wochen nach der Aufnahme im oberen Drittel des Unterschenkels vorgenommen. Der Stumpf der Tibia war gesund, aus dem der Fibula quoll Eiter. Er wurde ausgelöffelt und desinficirt, doch schon am folgenden Tag folgte tödtlicher Ausgang. Der sofort nach der Ampu- tation untersuchte Unterschenkel zeigte eine putride Eiterung in der Markhöhle von Fibula und Tibia. Das Innere beider Knochen war durch einen grünlich- weissen, furchtbar stinkenden Eiter ausgefüllt. Die diese Eiterung einschliessende Rinde beider Knochen war durchaus nicht nekrotisch; nur auf der Basis der Sprunggelenksfläche der Tibia lag eine kleine Nekrose, welche die Vereiterung des Gelenks bewirkte. Bei der Obduction fand sich in den Aesten der rechten Lungenarterie ein gelb-grauer, der Wand fest adhärirender Embolus, während . Kulturen mit dem Blut Septischer. 83 weder im Herzen noch in den Venen des erkrankten Beines Gerinnungen ge- funden wurden. Ausserdem fand sich doppelseitige Blennorhoe der Bronchen, katarrhalische Broncho-Pneumonie im linken Unterlappen. Dilatation und Hyper- trophie des rechten Ventrikels. Der bei der erwähnten Eröffnung der Abscesse aufge- fangene stinkende Eiter wurde auf Agar ausgesäet. In allen Impfstrichen keimte ein und derselbe Bacillus, etwas später noch der Staph. pyog. aur. Leicht liess sich der Bacillus in Reinzucht erhalten. Seine Kulturen und sein Verhalten gegen Eiweiss bei Luftleere, auch sein mikroskopisches Aussehen zeigten so grosse Aehnlichkeit mit dem Bacillus Ebeling, dass ich, wenn auch stellenweise, wie in der Abbildung Fig. ıı, die Stäbchen etwas dicker sind, die Identität für sicher halte. Ich habe somit 3 verschiedene Fäulnissorganismen — ein viertes noch nicht vollständig — rein gezüchtet und kennen gelehrt, welche aus verschiedenen Quellen stammten und ver- _ schiedene Eigenschaften hatten. Während eins derselben sich sehr innocent im lebenden Gewebe erwiess, hatten die zwei Anderen invasive und eiterbildende, wahrscheinlich auch toxische, aber ganz und gar keine parasitäre, geschweige denn dia- blastische Eigenschaften. Ehe ich die Rolle bespreche, die letztere Bacillen vielleicht bei der Erkrankung an Sepsis ‚ spielen könnten, muss ich eine andere Beobachtung hervor- heben, die bei dem ersten Sepsisfalle -— Ebeling — gemacht und mitgetheilt wurde, dass nämlich die Impfstriche mit dem Blute auf F. P. A., trotzdem sie nicht lange vor dem Tode in der Akme der septischen Erkrankung gemacht wurden, nicht keimten. Ich füge noch eine analoge Beobachtung hinzu. Einem 5ıjährigen Taglöhner, W.Mook, war 4 Tage vorher ein alter sonst stets durch ein Bruchband zurückgehaltener Schenkelbruch ausgetreten, und zu- gleich hatten sich Schmerzen im Leib, Uebelkeit, Erbrechen etc. eingestellt; seit 2 Tagen zuletzt Stuhlgang. 22. I. 84. Bruch sehr empfindlich, geröthet. Her- niotomie: dunkles, entschieden trübes Bruchwasser. Die Darmschlinge ist von 6* 84 a Kulturen mit dem Blut Septischer. zweifelhaftem Aussehen, dunkelbraun-roth, an der Convexität schieferfarben; mit einzelnen gelben Pünktchen. Schnürstelle gut. Nach Erweiterung der Bruch- pforte und Abwaschen mit Sublimat wird die Schlinge reponirt und Radical- Operation angefügt. 24. I. Bauch aufgetrieben, Erbrechen. Temp, stets hoch, fast 40° C. 25. I. Verbandwechsel, Wunde gut. Bauch sehr aufgetrieben, schmerzhaft; hohe Temp.; kein Erbrechen mehr. 30. I. Seit 2 Tagen zunehmen- der Verfall, Temp. stets um 40° C. Seit gestern metastatische Parotitis. Diag- nose: Acut septische Peritonitis. Patient hat indess nicht mehr erbrochen. Mittags: Exit leth. Ich hatte vor, noch im Leben eine Blutprobe zu entneh- men, kam aber ıo Minuten zu spät, und machte mit dem noch nicht geronnenen Blut einer Armvene und mit dem schon etwas eitrigen Infiltrat der metastasischen Parotis reichliche Impf- striche auf F.P. A. Die Blutkulturen blieben sämmtlich steril. Aus der Metastase keimte in jedem Stich und Strich sehr üppig der staph. pyog. aus. 4 Tage später übertrug ich das auf dem Agar feucht erhaltene Blut auf F. P. G., ohne ein anderes Re- sultat zu erhalten. Die Obduction ergab folgendes: Därme stark aufgetrieben, zeigen an den Berührungsecken lebhaft geröthete Längsstreifen. Sonstige Zeichen von Peri- tonitis fehlen aber. Die eingeklemmt gewesene Schlinge ist mit anderen Ein- geweiden und in sich so verwachsen, dass die Passage in ihr noch eine schwierige ist, Doch sind jetzt Fäcalmassen unter derselben. Die Schlinge ist bläulich- roth-schieferfarben. Da sie adhaerirt, ist sie nicht abgestorben. Die Schleimhaut zeigt tiefe Ulcerationen, ‘und zwar entsprechen die erwähnten gelben Pünktchen, welche bei der Operation auf der Serosa bemerkt wurden, den tiefsten Stellen dieser Schleimhautgeschwüre. Auch in dem erweiterten Darmtheil oberhalb der Incarceration sind bedeutende Ulcerationen. Im Mesenterium zeigen die Venen keine Veränderung. Weder Bauch- noch Brustorgane bieten etwas Pathologisches,. Milz nicht vergrössert; Niere normal. Unabhängig von der Erkrankung ist ein chronischer Hydrocephalus internus. Liesse sich aus dem Umstande, dass bei diesen beiden Fällen von Sepsis aus dem Blute Microbien nicht keimten, der Schluss ziehen, dass bei ihnen eine allgemeine Verbreitung, eine Durchwachsung des Körpers durch ein bestimmtes Mikrobion, wie z. B. bei der Mäusebacillensepsis oder der Bacteriensepsis DE a he iz, SB u tes gr, BE e; läd Aetiologie der vorstehenden Sepsisfälle. 85 nicht stattgefunden habe, so würde es sich wesentlich um Pto- mainintoxicationen von dem örtlichenHerd aus handeln müssen. Wir finden bei Ebeling eine enorme Zertrümmerung des Knochens und der Weichtheile mit Einschluss des Kniegelenks ohne primäre Antisepsis; bald werden Weichtheile und Knochen stinkend faul, auch der Amputationsstumpf wird putrid und eitrig. Es findet sich Embolie einer Lungenarterie und Lungen- ödem. Dieser Befund würde recht wohl zu der Annahme stim- men, dass entweder der invasive und giftige Bacillus Nr..3 oder der staph. pyog. aur. oder beide zusammen das ihnen zugängig . gemachte, mit Blut infiltrirte, gequetschte Gewebe befielen und hier theils durch Ptomainvergiftung, theils aber auch, wie bei Verbrennung oder Anätzung grösserer Parthien lebenden Gre- webes durch Bildung von Fermentblut allgemein nosogen wirkten. Auch in dem Fall Mook müssten wir unter obiger Voraussetz- ung ähnliche Verhältnisse annehmen. Hier ist das alleinige Auftreten des staphylococcus in der Metastase von Interesse; setzt doch Ogston gerade von dem staphylococcus die Bildung scharfer chemischer Stoffe voraus! sehen wir durch Injection in das Blut oder in seröse Höhlen Thiere unter Erscheinungen jäher Sepsis sterben! Der staphylococcus pyog. aureus war in allen 3 Sepsisfällen vertreten. Indessen der obige Schluss aus . dem Sterilbleiben der Blutkulturen auf F. P. A. ist zur Zeit durchaus noch nicht gestattet. Wissen wir doch wie schwierig die Kultur gerade der specifisch-pathogenen Microorganismen ist, wie differente Färbungs- und Kulturmethoden nöthig waren, den Tuberkelbacillus zu erkennen und zu züchten, wie manche Mikrobien, deren Existenz wir folgern müssen, z. B. bei Schar- lach, Masern, Syphilis ete. bis jetzt unserer Wahrnehmung spotten! So könnte also auch das Mikrobion der menschlichen Sepsis trotzdem noch auch in solchen Fällen, wie die beiden genannten als gemeinschaftliche Aetiologie in der Zukunft auf- gedeckt werden, Sehen wir freilich, wie in anderen Fällen die 86 a Progressive Gangrän. septische Allgemeinerkrankung so evident von Invasion der bekannten Eitercoccen oder auch von leicht nachzuweisenden Bacillen abhängt, so verliert eine solche Annahme an Währ- scheinlichkeit. Solche Fälle sind die vier folgenden, zwei von progressiver Grangrän, zwei von progressivem, brandigem Em- physem. B. Progressive Gangrän. Ein 54jähr. Schuhmacher, K. Sandvoss, verletzte sich vor 4 Tagen am Zeigefinger der rechten Hand. Schon am nächsten Tag waren Finger und Hand geschwollen, heftige Schmerzen, Frost und Hitze. Stat. praes.: Handrücken und Handfläche stark phlegmonös geschwollen. Zeigefinger unförmig, blau. Ein Abscess in der vola manus wird incidirt und drainirt und am Zeigefinger mehrere Incisionen gemacht, um durch Entspannung der Haut der drohenden Gangrän. vorzubeugen. Am folgenden Tage höheres Fieber; der Unterarm stark geschwellt, livid, Stichelung desselben neben grossen Incisionen; Hochlagerung und Einwick- lung in nasse Carboljute. In den folgenden Tagen hohes Fieber. Der Zeige- finger ist gangränos. Der Vorderarm zweifelhaft. Die Phlegmone langsamer fortgeschritten. Am 5. Tage nach der Aufnahme zeigt sich der Unterarm bis zur Mitte brandig abgestorben. Hohes Fieber. Seit Tags vorher circumcript geröthete Hautpartien an beiden Unterschenkeln.. Am folgenden Tage sind die genannten Partien, welche sich rechts weithin auch bis zum Oberschenkel ver- breitet haben, stellenweise blau mit bläulichen Blasen bedeckt. Hohes Fieber, Delirien; Abends des 6. Tages nach der Aufnahme Tod. Bei der Section zeigte sich der rechte Unterarm geschwellt, schmutzig grünlich, die Epidermis in Blasen abgehoben. Bei Incision der Haut gelangt man in eine brandige Jauche, welche die ganze Muskulatur gleichmässig durchtränkt. Das rechte Bein bis hoch oben an den Oberschenkel ist in gleicher Weise verfärbt und verjaucht, schlaff, mürbe. Lungen stark bluthaltig; Bronchien entleeren Oedemflüssigkeit. Milz mässig geschwollen. Nieren blass, trüb; Leber schlaff, etwas getrübt. Darmschleim- haut geschwellt, geröthet, zum Theil hämorrhagisch und mit Schleim bedeckt. Im Colon transvers. ein thalergrosses Cylinderepitheliom ; Herzmuskel, Niere und Leber waren parenchymatös entzündet. ı2 Stunden vor dem Tode incidirte ich nach sorgfältigster Desinfection die Stelle am rechten und auch am linken Bein, und zwar da, wo keine Blasen sich befanden, und impfte die Progressive Gangrän. 87 entleerte, trüblich röthliche Flüssigkeit auf P. F.G. Es keimte überall eine Reinzucht des strept. pyog. Es ist in diesem Fall der Kettencoccus nur auf F. P. G. gezüchtet worden; sollte man fragen, ob dadurch der Kettencoccus sicher genug als strept. pyog. festgestellt sei, so würde ich auf den folgenden, ganz analogen Fall verweisen, in welchem die Identität durch Parallelzucht festgestellt ist. Ein 40jähriger Bremser, W. Neuhaus, hat sich vor 10 Tagen an einer ganz neuen Bohnenstange, nach späteren Angaben, oder auch zum zweiten Male “vor 8 Tagen an dem Geräthekasten der Bremser, eine kleine Risswunde auf der Mitte der Rückenfläche der Grundphalanx des rechten Zeigefingers, etwas mehr an der radialen Seite desselben, zugezogen. Diese wurde nicht weiter be- achtet, bedeckte sich mit Borken und wurde schliesslich eine Eiterblase, welche offenbar Anfangs harmlos war. Vor 5 Tagen entstand auf der Rückenfläche des rechten Vorderarms, etwas unterhalb der Mitte an der radialen Seite ein fünf- markstückgrosser rother Fleck, welcher Schmerz verursachte und sich rasch zu einer Phlegmone vergrösserte.e Während diese anstieg, wurde Pat. kränker und . bekam vor 2 Tagen, am 19. X. 83, einen regulären Schüttelfrost. 21. X. Stat. praes.: Eine derbe, stark dunkelrothe, phlegmonöse Anschwellung nimmt die ganze Vorderfläche und auch den radialen Theil der Dorsalfläche des rechten Vorderarmes ein. Nirgends Fluctuation. An dem etwas mehr radialwärts ge- legenen Centrum der Phlegmone zeigt die cutis an einem etwa daumengrossen Streifen blau-braune Färbung und ist auch hier und in der Umgebung die Epi- dermis in bläulichen und bräunlichen Blasen abgehoben. Achseldrüsen wenig geschwellt, aber etwas schmerzhaft. Beim Einschnitt in die Phlegmone dringt . man durch die geschwellte ödematöse, durch und durch dunkle Cutis zu einer flachen, gleichmässigen, trüb infiltrirten Lage des Subkutangewebes. Dasselbe sah nicht aus, wie die gewöhnlichen, eitrig infiltrirten Fetzen, welche dann später ausgestossen werden, sondern war nur verfärbt und infiltrirt. Von diesem Gewebe wurde unter sorgfältigsten Cautelen ein Stück entnommen zu Kulturen und mikros- kopischer Untersuchung. Temp. 40. Grosses Schwächegefühl. 22. X. Phleg- mone bis zum Oberarm fortgeschritten trotz aller therapeutischen. Massnahmen, Grosse Schwäche; Pat. delirirt. 23.X. Am Vorderarm werden grosse Incisionen gemacht, die Haut zeigt sich hier und am Oberarm total unterminirt und fliesst nun etwas dünner Eiter unter ihr heraus. Die ursprünglich blaue Stelle am Vorder- arm ist jetzt schwarz-brandig geworden, Temp. 39,9. Auf der Brust vorn zeigt sich ein eigenthümlicher Ausschlag. Die Haut ist von confluirenden rothen 88 : Progressive Gangrän. Stippchen bedeckt und sieht ganz aus wie beim Scharlachexanthem, nur dass die Stippchen in ihrer Mitte ein minimes weisses Pünktchen — minimes Eiterbläschen — haben. Auf die Hypothese, dass dieses capilläre subepidermoidale Coccen- embolien sein könnten, wurde dasHerz untersucht, aber normal befunden. 24.X. Die Eruption ist jetzt auch auf grosser Fläche an der Innenseite beider Ober- schenkel erschienen. Auf der Brust fliessen die Eiterbläschen zu grösseren zu- sammen. Die brandigen Stellen sind grösser geworden. 25. X. Trockene Zunge, mässiges Fieber. Der Process ‚schreitet unaufhaltsam fort und ist bis zum Rumpf gekommen. 26. X. Hohe Morgentemp., Pat. sehr elend, bewusstlos. Bei Ent- fernung der gangränösen Haut am Vorderarm zeigt sich, dass auch die Muskulatur durch und durch brandig ist. Die livide Färbung mit Blasenbildung als Zeichen des schon gangränösen Absterbens ist bis zur Achsel gekommen, während der Vorläufer, die erysipelatöse Zone, schon weiter ist. 27. X. Pat, pulslos. Gegen Mittag erfolgt der Tod. Section: rechter Arm, besonders in den oberen Par- thien stark geschwollen, die Haut zeigt innen am Oberarm schmutzig-rothe Streifen und Flecke; in der Gegend des Ellbogens sind noch einige Streifchen nekrotischer Haut erhalten, sonst liegen die in Gangrän befindlichen Muskeln und Fascien frei zu Tage und lassen reichlich trübliche, grau-rothe Flüssigkeit aus- sickern. . In der Bauchhöhle ist kein fremder Inhalt. In beiden Pleuren hin- gegen, wie auch im Herzbeutel reichlich röthliches Exsudat. Beide Lungen bis auf geringe Stellen ödematös; Bronchialschleimhaut bis in die feinsten Aeste geschwollen und geröthet. In den Bronchien etwas gefärbter, röthlicher Schleim. Herzfleisch sehr schlaff, trübe, zeigt gelblichen Farbenton, Beide Ventrikel etwas vergrössert, Muskulatur verdickt. An Endocard und Klappen keine acuten Ver- - änderungen. Milz stark vergrössert, von braunrother Färbung und so weich, dass nach Incision die Pulpa wie ein Brei ausfloss. Nieren schon stark faul, Leber sehr gross, weich, gelblich, Schnittfläche trübe. In den grossen Gefässen des erkrankten Armes, sowie in der vena subclavia dext. ist nur flüssiges Blut. Inden am 2ı. X. sofort angelegten Kulturen keimte überall ganz gleichförmig eine sehr energische Kultur des strept. pyog,, Fig. VII. Von der ersten Kultur brachte ich bei mehreren Mäusen und bei 2 Kaninchen in kleine Hauttaschen so viel als möglich ein, es erfolgte keinerlei Reaction, nicht einmal ein Abscess. Diesen Misserfolg erkläre ich mir daraus, dass die Kultur zu alt geworden war. Ich machte nun eine Reihe von Parallelzüchtungen auf Gläschen mit F. P. A. von derselben Portion, die nebeneinander in derselben Temperatur lagen und Progressive Gangrän. 89 monatlang beobachtet wurden mit dem Kettencoccus „Neuhaus“ und mit einem anderen beliebigen Kettencoccus und zwar von der Drüsenphlegmone nach Scharlach. Das Resultat lege ich dem Leser vor in Fig. VII. und VI. Es war weder makroskopisch noch mikroskopisch ein Unterschied zu finden. Es wurden ferner Gewebsschnitte von dem ausgeschnittenen Stückchen untersucht. Der Coccus hatte das Gewebe diffus durchsetzt, ähnlich wie es Ogston beschreibt. Zwischen den noch sicht- baren Gewebselementen lag er wie Sand, theils einzeln, theils zu zwei oder drei, selten zu längeren Ketten angeordnet. Wir haben hier zwei Fälle progressiv brandiger Phlegmone, der erste mit Metastasen, von gleich progressiv - brandigem Charakter beide mit schwer septischen Allgemeinsymptomen. So wenig mir Anfangs Ogstons Behauptung, dass auch die Septicämie alleinig und unveränderlich durch Mikrococcusver- giftung hervorgerufen werde, einleuchten wollte, weil ich durch- ‚aus glaubte, dass bei so besonderen Fällen, wie diese nament- lich, ganz specifische Organismen im Spiel sein müssten, so - haben doch besonders diese Untersuchungen meine Ansichten zu Gunsten Ogston’s geändert. Derselbe hat ganz gleiche Fälle beobachtet. Er beschreibt die Erkrankung unter dem Namen »Erysipelatoid Wound Gangrene« und hat ebenfalls ge- funden, dass all diese Fälle durch Streptococcus bedingt seien (welchen er allerdings nur mikroskopisch, nicht durch Kulturen erwiesen hat). Leider bringt O. diese Krankheit mit dem Ery- sipel zusammen und nennt sie die intensivste und bedenklichste Form des Erysipelas. — Da dieser Streptococcus auch in ganz unschüldigen Abscessen so häufig gefunden wird, so möchte Mancher doch an der Richtigkeit der genannten Kultivirungs- Resultate zweifeln. Wäre es doch möglich, es sei dieser Pilz, weil leicht keimungsfähig, zufällig aufgekeimt, während das eigentliche nosogene Microbion vielleicht überhaupt nicht auf dem angewandten Nährboden keime, Dies widerspricht aber zu 90 Progressive Gangrän. sehr dem mikroskopischen Befund der befallenen Gewebe, wie er von Ogston und in meinem Falle constatirt wurde. Wo in der beschriebenen Weise in dem eben befallenen, noch lebenden Gewebe, Coccus neben Coccus und Kette neben Kette verstreut liegt, während keinerlei anderes Microbion, so weit wenigstens die mikroskopische Unterscheidung reicht, zu finden ist, da muss man wohl dem Kettencoccus die Schuld bei- messen. — Fragen wir, ob denn auch andere Eitercoccen pro- gressive Gangrän veranlassen, so vermag ich darauf nicht zu antworten, da ich erst diese zwei Fälle dieser seltenen Erkrank- ung zu untersuchen Gelegenheit hatte. Doch beschreibt O. unter dem Namen »sloughing inflammation or inflammatory mortification« eine ähnliche ausgedehnte Invasion von Staphylo- coccen, welche zu Abscedirung aber auch zu Gangrän von Fingern und Hautparthien führen, ja auch den Tod durch Allgemeininfection ‚herbeiführen kann. Auch erhielt ©. wohl bei Injectionen von Staphylococcus bei Thieren solche Hautgangrän. Ich glaube indess, dass es sich hier mehr um eine einmalige Ueberschwemmung mit grossen Mengen von Coccen handelt, während im Fall »Sandfosse und »Neuhaus« und in O.s »erysipelatoid disease« ein wirkliches Weiterwandern der Affection, ein Durchwachsenwerden durch die Coccen nicht geleugnet werden kann. Es scheint der Strept. pyog. diese Eigenschaft mit dem Strept. erysip. Fehl. zu theilen, während Letzterem (abgesehen davon, dass er einmal eine Hautstelle am Fuss- oder Handrücken etc. brandig macht) sowohl die pyogene wie auch die gangränescirende Eigenschaft fehlt. Es gibt wie bekannt, noch andere progressive Entzündungen und Gangrän- formen, so vor allen Dingen das maligne Oedem, von welchem ich indess keinen Fall berichten kann. Dagegen kann ich 2 Fälle von brandigem Emphysem, einer in vorantiseptischen Zeiten wohlbekannten, gefürchteten Krankheit berichten. Progressives, gangränöses Emphysem. 2: c Progressives, gangränöses Emphysem. Franz F ust, 21jähriger Maurer. Ein fallender Baum traf heute den Unter- schenkel des kräftigen, stets gesunden Mannes, zerschlug ihn am Uebergange vom oberen zum mittleren Drittel, — die Tibia schräg, die Fibula in der Mitte. Ent- sprechend finden sich Hautperforationen in der Wade, während vorn die Haut erhalten ist. Pat. ist 6 Stunden nach der Verletzung aufgenommen mit stark geschwollener Extremität, die oberhalb des Gelenkes hinauf seitlich crepitirt durch Blut oder Luft. Incision vorn auf die Knochen. Drainage seitlich und hinten auf den Knochenspalt, so exact als nur thunlich, reichliche Ausspülung mit Car- bol. Am folgenden Tag, 20. V. 81: Schwellung ist nicht weniger geworden. Pat. ist eigenthümlich ruhig, Ausspülung mit Carbol. ı. V. Deutliche Putres- cenz der Wunde bei geringer Schwellung, Ausspülung mit 10 °/, Chlorzinklösung. 22. V. Wegen stärkerer Putrescenz Ablation des femur im unteren Drittel. Die Muskulatur des Unterschenkels (manche tiefere strata sind verschont) ist zu einer eigenthümlichen rothbraunen von Gasbläschen durchsetzten, lockeren, schaumigen Masse geworden. 24. V. Der Stumpf ist wieder in derselben Weise erkrankt, Patient verfallen, klagt über die rechte Hüfte, sieht leicht icterisch aus, stirbt Mittags 2 Uhr an foudroyanter Sepsis. Obduction nach nicht ganz 24 Stunden: Stark faulige Leiche mit allgemeinem Fäulnissemphysem. Abgesehen von peri- bronchitischen älteren Käseherden und einer ziemlich ausgebreiteten Fettembolie findet sich nichts Abnormes. Milz gross, dunkel, Pulpa zerfliesslich. Die abgesetzte Extremität untersuchte ich sofort nach der Ablation. Esfand sich ein ausgebreitetes, knisterndes Emphysem mit eigenthümlichem Fäulnissgeruch und waren die Muskeln in grosser Ausdehnung in jene genannte braune, knisternde Pulpa ver- wandelt. Auf Deckgläschen gestrichen, zeigten sich sehr charak- teristische Organismen, längere und kürzere Stäbe von ziemlicher Dicke. Häufig findetman an dem einen Ende kürzerer Glieder eine grosse, glänzende, sich nicht färbende Spore (Fig. ı2.) Diese Bacillen waren in jedem Gesichtsfeld in grosser Menge vor- handen; so zählte ich in einem beliebig eingestellten 33 (Winkel, Oelimmersion !/,, Ocul. 4). Erst wenn man darnach suchte, konnte man wohl einmal einen vereinzelten Coccus antreffen. Diesen Befund konstatirte ich an den frischest erkrankten 99 ° : Progressives, gangränöses Emphysem. Parthien, und muss nach demselben die Bacillen als das pathogene Microbion auffassen. Alle Versuche der Kultur des- selben blieben erfolglos. Eine 35jährige Frau, Melusine Lücke, kommt 25. IV. 81 in die Klinik, um sich fistulöse Lymphome der rechten Achselhöhle extirpiren zu lassen. 26. IV. Ausräumung der Achselhöhle ohne Zwischenfall unter den üblichen Lister’schen Cautelen. 27. IV. Verbandwechsel, nichts Auffallendes zu bemerken, Abends war die Temperatur etwas erhöht. Am 28. Morgens wieder normal; nur klagte Patientin über nicht bedeutende Schmerzen in der Achsel, die auf Unbequemlich- keit des Verbands zurückgeführt wurde, doch fiel am 28. Abends ihr elendes Aussehen auf. Temp. 39, Puls 160, Respiration 40. Rechter Arm bis zum Handgelenk roth und geschwollen. Auf der Rückseite desselben unter dem Verbande und nach unten bis über den cond, int. hinaus ist die Haut bräunlich, Sepia-farben mit Blasen bedeckt. Nach Abnahme des Verbandes zeigt sich starker Fäulnissgeruch des hinteren Drainrohrs, ausgedehnte braunrothe Verfärbung und Schwellung der Weichtheile bis zum Halse und auf dem Rücken nach unten bis zur letzten Rippe. Wo man auch auf diese Schwellung drückt, fühlt man Knistern von Emphysem,. ı Uhr Nachts Puls nicht mehr zu fühlen, Aether- Injectionen. Unter rapidem Fortschreiten der Gangrän starb Patientin 4 Uhr Morgens. Section: der rechte Arm, Schulter, Halsgegend, Nacken sind geschwollen, schmutzig-bräunlichroth; beim Einschneiden zeigt sich besonders in den hinteren, der Wunde benachbarten Abschnitten eine eitrige Phlegmone sowohl des sub- cutanen als des intermuskulären Bindegewebes. In etwas weiterer Entfernung von der Wunde tritt weniger eine eiterige als hämorrhagische Infiltration der Muskeln hervor, welche dadurch in grosser Ausdehnung schwarz -roth gefärbt sind. Ich ergänze das Protocoll, indem ich hinzufüge, dass ihre Substanz in eine von Gasbläschen durchsetzte, schaumige Pulpa verwandelt war, welche den- selben eigenthümlichen Fäulnissgeruch zeigte wie im vorigen Fall. Die Venen, auch diejenigen, welche im Grunde der Wunde in grösserer Ausdehnung frei präparirt sind, enthalten flüssiges Blut, im übrigen findet sich, abgesehen von einigen verkalkten Lymphdrüsen, nichts Abnormes. Ich entnahm 5 Stunden nach dem Tode Stücke der schwarzrothen, knisternden Muskelpulpa von solchen Stellen, welche mir am frischesten erkrankt schienen. Leider schlugen alle Kulturen, sowohl auf festem Nährboden Impfstrich und Impfstich als im Blutserum, fehl. Mikroskopisch fand sich in der Muskelpulpa genau derselbe Bacillus wie im vorigen Falle, a Pyämie. — Einleitung. 93 nur in noch grösserer Menge und mit mehr sporentragenden Gliedern (Fig. ı3). Ich fand in einem beliebig genommenen Gesichtsfelde, unter denselben optischen Bedingungen wie im vorigen Fall, 133 Exemplare und daneben nicht einen einzigen Coccus. In einer der gemachten Kulturen in (nicht erstarrtem) Serum, deren Impfmaterial der eitrigen Zone vielleicht näher entnommen war, als ich beabsichtigte, keimte nach längerer Zeit strept. pyog. Wenn auch in diesem Falle die Invasion des Emphysembacillus wahrscheinlich von einer eitrigen, ört- lichen Infiltration ausging, dieselbe überholend, so kann nach dem mitgetheilten Befunde kein Zweifel sein, dass auch hier der Bacillus dasnosogene Microbion dieses Rauschbrandes war. Die Schuld an dem Fehlschlagen sämmtlicher Kulturversuche glaube ich übrigens meiner damals noch mangelhafteren Technik zuschreiben zu müssen. XI. Pyämie. Einleitung. Hätte man doch mit dem Material vergangener Zeiten und zugleich mit den jetzigen Mitteln arbeiten können! Ich habe nur 6 Fälle von Pyämie im Laufe der Zeit untersuchen können, welche Alle diese Krankheit in typischster Weise repräsentiren. Doch scheint mir, als habe die energische anti- septische Behandlung, wenn sie auch den unglücklichen Verlauf nicht aufhalten konnte, das klinische Bild etwas anders gestaltet, als man dasselbe in vorantiseptischen Zeiten zu sehen gewohnt war. Indess dürfte diese Aenderung nicht zu Ungunsten der ursächlichen Forschung eingetreten sein, weil sie in einer Vereinfachung besteht. Die Complicationen, welche das Mit- leben verschiedenster Organismen in den pyämischen Wunden veranlasste — Organismen, welche zum Theil gar nicht in lebenden Geweben fortkommen können, sondern nur in dem 94 : Pyämie. — Einleitung. . Secret schmarozten, dasselbe zersetzen und die sogenannte Wundjauche — Ichor -- bilden halfen — sind hinweggefallen. Trotzdem aber ist der wesentliche Symptomcomplex übrig ge- blieben, welcher auch bei strengsten Anforderungen dem alt- hergebrachten Bilde typischer Pyämie entspricht, wenn auch die Wunde ein völlig geruchloses, ja gar kein Secret ab- sondert. Ich werde Fälle mittheilen, bei denen aus den Kulturen mit grosser Wahrscheinlichkeit hervorgeht, dass wir es mit der Pyämie in ganz reiner Form, bedingt durch einen einzigen Mikroorganismus, zu thun hatten; entkleidet von all den Symp- tomen, welche, wenn sie auch in vorantiseptischer Zeit sehr regelmässige waren, dennoch dem eigentlichen Kern der Krankheit nichts angehen. : Die Ausdrücke Pyämie oder Pyohämie — infectio puru- lenta, Eiterinfection, Eiterfieber, Eitervergiftung, Eitersucht ent- standen. Alle aus der Anschauung, dass die Krankheit durch Beimengung von Eiter zu dem Blut entstehe. Hüter defi- nirte 1869 die Pyämie als eine Erkrankung, welche sich durch Auf- nahme von Bestandtheilen des Eiters in das Blut entwickle, mögen diese nun dem Eiterserum oder den’Eiterkörperchen angehören. Die neueren, klinischen Erfahrungen, das Verschwinden der Pyämie mit der Einbürgerung der antiseptischen Wund- behandlung befestigten und verbreiteten überall die Ansicht, dass die Pyämie eine Infectionskrankheit sein müsse. So definirt denn auch Gussenbauer dieselbe als »jene allgemeine Infectionskrankheit, welche durch die Aufnahme von Bestandtheilen inficirten Eiters in das Blut entsteht und sich durch die Entwicklung multipler Eiterungen in verschiedenen Organen und ein intermit- tirendes Fieber vor anderen septischen Infectionskrank- heiten auszeichnet. Nachdem aber nunmehr festgestellt ist, dass ein jeder Eiter, den wir am Krankenbette beobachten (von seltenen Ausnahmen Frage der Specifität der Pyämie-Microbien. 95 abgesehen) inficirt ist, weil er der Invasion und Wirkung von Mikrobien, welche er in grösserer oder geringerer Menge ent- hält, seinen Ursprung verdankt, so verträgt sich die alte Defi- nition sehr wohl mit der modernen Anschauung, dass die Pyä- mie eine Infectionskrankheit sein müsse. Es würde also Gus- senbauers Zusatz überflüssig sein, falls man nicht für die Pyämie einen von dem der gewöhnlichen Eiterung verschiedenen Infectionsstoff annehmen will. Das thut nun G., allerdings, in- dem er sagt: »Nach dem gegenwärtigen Standpunkte unserer Kennt- nisse wird man vorläufig in Uebereinstimmung mit den erwähnten experimentellen Untersuchungen annehmen müssen, dass die Pyämie durch eine specifische Art von Mikroorganismen verursacht wird... « Diese Streitfrage beherrscht augenblicklich die Lehre von der Aetiologie der Pyämie. Koch hat zuerst unter den verschie- denen Wundinfectionskrankheiten, welche er uns am Thierkennen lehrte, eine Pyämie beim Kaninchen erzeugt, welche eine sehr vollständige Analogie mit der Pyämie beim Menschen zeigt. Diese Pyämie hat als einzige Ursache, wie K.’s Untersuchungen . mit Sicherheit darlegen, einen eigenthümlichen Coccus, welcher verschieden ist von all’ den anderen, besonders auch von dem- jenigen, welcher die käsige Eiterung beim Kaninchen hervor- ruft. Weitere Beobachtungen in Bezug auf diese Frage liegen nun auch mehrfach bei pyämischen Erkrankungen des Men- schen vor. Vogt') fand 1872 in einem metastatischen Herd (Hand- gelenk) bei einem 54jähr. Arbeiter, welcher nach einer Ampu- tation pyämisch geworden war, massenhafte »Monaden.« Auch in dem Blut des durch Iymphatische und paraphlebitische Streifen gerötheten Oberschenkels befanden sich diese, 4) Centralbl. für die med. Wissenschaften. 1872, Nr. 44. 96 Frage der. Speecifität der Pyämie-Microbien. Burdon Sanderson!') fand experimentell bei septischen und pyämischen Erkrankungen zwei wesentlich verschiedene Organismen und zwar bei den septischen »the rod oder bacte- rium vibrio«e — bei infectiösen Eiterungen »the dumb bell oder bacterium varicosum.« Birch Hirschfeld?) untersuchte sogenannten »guten« und auch pyämischen Eiter und Wundsekrete in Bezug auf das Auftreten von Microbien. Er fand in gutem Eiter im All- gemeinen keine (?), wohl aber bei schlechten Wundverhältnissen mit Fieber Kugelbacterien und beschuldigt diese als Ursache dieser Störungen, während er die in Wunden zuweilen eben- falls anzutreffenden Fäulnissbakterien für nicht wesentlich pa- thogen hielt. Wichtig und bemerkenswerth sind die Untersuchungen von Orth?) bei Gelegenheit einer Puerperalfieber-Epidemie in Bonn. Er fand Micrococcen inHaufen und Ketten in den Leichen, welche eitrige Peritonitis, Parametritis, Lymphangitis uterina, oft auch Diphteritis-ähnliche Endometritis aufwiesen. Pasteur®) untersuchte ebenfalls mehrfach Puerperal- fieberkranke und kommt zu dem Resultat, »dass man unter dem Namen Puerperalfieber sehr ver- schiedene Krankheiten rangire; alle aber scheinen die Consequenz der Entwicklung gewöhnlicher Organismen zu sein, welche durch ihre Gegenwart den Eiter inficiren, der naturgemäss auf der Oberfläche ° der verwundeten Parthien gebildet werde () und welche sich von da verbreiten, unter der einen oder andern Form, auf diesem ') Transactions of the pathol. Society ofLondon. Vol. XXIII p. 303 bis 308. 1871. 2) Archiv der Heilkunde XIV. 1873. Referat. Centralbl. für die medic. Wissensch. 1873, p. 569. ®) Virchow, Archiv 1873, Bd. 58, p. 437. *) Bullet. de V’Acad, de Med, T. 9. 1880, p. 440 u. ff. PR Frage der Specifität der Pyämie-Mikroben. 97 oder jenem Wege der Blut- und Lymphcirculation in diese ‘oder jene Parthie des Körpers und dort Krankheitsformen bedinge, verschieden nach diesen Theilen — nach der Natur des Parasiten und der allgemeinen Constitution des Kranken.« Sieht man übrigens Pasteurs Fälle im Einzelnen durch, so wurde. unter 6 tödtlichen Fällen von Puerperalpyämie ;mal das microbe en chapelet constatirt. Dole&ris!) fand, dass die schweren Fälle (abgesehen von den foudroyant septischen) von Puerperalinfection so speciell durch einen bestimmten Mikroorganismus bedingt werden, dass er diesen als den sp ecifischen glaubt ansehen zukönnen. Es ist dieses der Mikrococcus en forme de chapelets de grains, nach meiner Terminologie wahrscheinlich der Strept. pyog. Sehen wirDol&ris zahlreiche und sorgsame Beobacht- ungen und Kulturen theils aus dem Blut, theils aus dem Eiter von Lebenden und Leichen entnommen im Einzelnen durch, so finden wir, dass auch in den langsamen Puerperalfieber- Fällen, welche der Pyämie gleichen und auch bei den mehr chronischen ganz vorwiegend die chapelets auftreten. Auch Ogston vertritt, namentlich in seiner neuesten Arbeit, ?) die Ansicht, dass die Pyämie, selbst die acutesten Formen derselben, von der einfachen Entzündung nur graduell und quantitativ verschieden sei. Pyämie, Septicämie und Septicopyämie seien nur Symptome von „Mikrococcusver- giftung“. Man möchte daraus, wie aus allen anderen Beobachtungen Ögston’s schliessen, dass er in der That nichts anderes als die Eitercoccen auch als Ursache der Pyämie annimmt, aber gerade darüber verhält sich O. sehr reservirt und willnur von dem Mikrococcus im Allgemeinen geredet haben. Ob vielleicht Le Le. Rosenbach, Mikroorganismen bei Wundinfectionskrankheiten des Menschen. 7 98 Frage der Specifität der Pyämie-Mikrobien. unter den Coccen die Zukunft besonders specifische Formen aufdecken werde, — die Frage lässt er offen. Unter solcher Reserve - dürfte nun allerdings mit dem Ausdrucke „Mikro- coccus poisoning“‘ nicht viel gesagt sein. Wir lesen aber ferner: „Es gibt keine Krankheit wie Septicämie oder Pyämie per se — solche Zustände sind nur secundäre Krankheitserscheinungen, abhängig von lokalen Herden von Mikrococcuswucherung. Erstere sind nur der Aus- druck der malignen Einflüsse, welche von diesem Herde kommen,. und würden in jedem Fall verschwinden, wenn es in unserer Macht stände, den Herd zu entfernen oder zu kuriren.“ Da nun die lokalen Herde von den Eitercoccen gebildet werden, so möchte man in der That annehmen, dass Ogston diese und deren Ptomaine auch als Ursache der pyämischen Allgemeinerkrankung im Auge hat. Uebrigens halte ich es für zu weit gegangen, die Allge- meinerkrankung bei Pyämischen in dem Grade nur für secun- där aufzufassen, dass sie mit den örtlichen Herden stehe und falle. j Für die weitere Erörterung der Frage nach dem Mikro- organismus der Pyämie muss ich die Fälle derselben nach dem bekannten Schema der meisten Autoren in 2 Haupt- . gruppen eintheilen (welche aber combinirt vorkommen können, ja wohl meist so vorkommen). Die erste Gruppe wird repräsen- tirt durch solche Fälle, welche sich zu grösseren und kleineren, jedenfalls aber nennenswerthen Herden, z. B. einem eiternden Gelenk, Knie, Hüfte u. s. w., einer eiternden, grösseren Weich- theils- Quetschwunde, einer complicirten, eiternden Fraktur, einem nicht oder unvollständig entleerten Abscess etc. etc. hinzu- gesellen. Das Schema dieser Fälle besteht darin, dass durch Herde, welche dem Körper dauernd Krankheitsstoffe zuführen, Frage der Specifität der Pyämie-Mikrobien. 99 die Allgemeinerscheinungen unterhalten werden. Für diese Gruppe trifft Ogston’s Beschreibung zu. Wir sehen hier die Kranken unter hektischem Fieber hinsiechen bis zum Tode, oft ohne dass weitere besondere Erscheinungen eintreten. Die zweite Gruppe bilden Fälle, bei denen ein nennenswerther Herd nicht zu bestehen braucht. Oft dringt nur durch einen kleinen Stich oder Riss oder Furunkel etc. der Infektionsstoff ein. Das Schema dieser Fälle ist, dass auch ohne bleibenden Herd nach einmaliger, eventuell sehr geringfügiger Infektion pyämische Allgemeinerkrankung erfolgt. Wir wollen zunächst die erste Gruppe in’s Auge fassen und fragen, ob in solchen Fällen die pyämische Allgemein- erkrankung durch ein besonderes, specifisches Microbion bedingt sei, von welchem wir dann annehmen müssten, dass es sich beim längeren Bestehen der Eiterung zufällig mit auf der - Wundfläche angesiedelt hätte, oder ob man die pyämischen Symptome einfach aus der Wirkung der gewöhnlichen Eiter- mikrobien erklären könne. Meine Beobachtungen weisen darauf hin, dass Letzteres der Fall ist. Man hat sich gewöhnt, einen acuten Abscess als eine leichte Erkrankung anzusehen, welche sogar therapeutisch be- sonders dankbar ist. Man öffnet den Abscess — dann sind Phlegmone, Schmerzen, Fieber und schlechtes Befinden auf einmal-vorbei. Man macht den Schluss, — die Eitercoccen müssen doch sehr unschuldiger Natur sein. Indessen der Abscess ist gar nicht mehr die eigentliche Erkrankung, sondern nur der Ausgang der schon mehr oder weniger lange vorher spontan abgeschlossenen eigentlichen Erkrankung — nämlich einer circumscripten Cocceninvasion.. Wenn auch bei dem Abscess noch Schmerzen, Phlegmone, Fieber und sonstige Allgemeinerkrankung bestehen, so sind sie die Folge wohl grösstentheils von Ptomain-Diffusion und- Resorption; gegen 7* 100 Frage der Specifität der Pyämie-Mikrobien. das acute Weiterdringen der Coccen -Schwärme pflegt schon früh durch die Infiltration der Gewebe ein sehr sicheres und weithin reichendes Bollwerk geschaffen zu sein. Unter. diesen Umständen ist allerdings der Abscess eine sehr unschuldige Erkrankung, deren Heilung nur der Entleerung desselben harrt. Aber nehmen wir einmal eine von vornherein sehr ausgedehnte Cocceninvasion oder eine solche mit fortgesetzter Zufuhr, oder eine solche in sehr lockerem Gewebe .oder gar in serösen Höhlen an, deren rascher Ausbreitung die schützende Infiltration nicht gleichen Schritt halten kann; nehmen wir endlich kurz an, dass durch irgend einen Umstand die schützende Begrenzung nicht genügend zu Stande komme oder, was wohl auch häufig der Fall sein wird, mit der Zeit erlahme, dann muss, das wird Jeder zugeben, die Krankheit bald eine sehr böse Prognose annehmen. Dürfen wir hier Thierexperimente heranziehen, so beweisen sowohl OÖgston’s als meine Versuche und neuerdings die Krause’s, dass die Eitercoccen keineswegs unschuldige Wesen sind, sondern schwer pathogen auch auf den Thierkörper wirken. Doch auch abgesehen von diesen experimentellen Beobachtungen glaube ich, dass kein praktischer Chirurg leugnen möchte, dass eine acute Eiterung an und für sich eventuell gefährlich werden und den Tod nach längerer oder kürzerer Zeit herbeiführen. kann; gibt es doch Todesfälle an solchen Eiterungen, bei denen niemals der Herd eröffnet wurde, und wo sich also kein specifisches Mikrobion der Pyämie secundär einnisten konnte. Häufiger noch sind die Beobacht- ungen aus neuerer Zeit vonschweren und lethalen Eiterungen, bei denen die aseptische Behandlung das Eindringen fremder Keime von aussen ausschliessen lässt. Zugegeben also, dass es solche schwere, fieberhafte Erkrankungen gibt, die in letzter Instanz nichts Anderes sind, als Infectionen durch die gewöhnlichen Eitermicrobien, so fragen wir weiter: wie sollen wir denn solche Erkrankungen nennen? Ich glaube, dass gerade für Frage der Specifität der Pyämie-Mikrobien. 101 diese der Name »Pyämie« primo loco der berechtigte wäre, und ich glaube, dass auch die meisten Chirurgen die Fälle zur Pyämie gerechnet haben. Mag man nun dies thun oder mag man sie Nachfieber oder exhaustion etc. nennen, jedenfallswird man von diesen Fällen noch eine andere Form der Pyämie mit viel be- stimmterem Typus, die eigentliche metastasirende Pyämie, unter- scheiden müssen. Diese in vorantiseptischer Zeit leider so häu- fige, zu allen möglichen Wunden und Verletzungen hinzutretende Erkrankung begreift meistens auch die Fälle der zweiten Gruppe. Wir sehen dieselben nicht selten von ganz minimen Con- tinuitätstrennungen, resp. Herden, ihren Ursprung nehmen, und sehen sie auch, wenn inzwischen der Herd entfernt, ge- heilt, ja schon vernarbt ist, unerbittlich fortschreiten. Liest man doch, dass in vorantiseptischer Zeit, in durchseuchten Hospitälern die Pyämie sich zu kleinen, poliklinisch behandelten Verletzungen, zu Pannaritien etc. hinzugesellte; auch ich werde in Folgendem einen Fall bringen (von Laffert), bei welchem sie sich zu einem kleinen Schlägerhieb, der inzwischen heilte, hinzugesellte und unerbittlich zum Tode führte. Es ist eine solche Infectionsfähigkeit und ein solch’ unaufhaltbares Fortschreiten der Krankheit in diesen Fällen nur dadurch zu erklären — so scheint es — dass wir ein Mikrobion für sie postuliren, welches die Eigenschaft hat, in lebendes Gewebe einzudringen, sich darin ungehindert zu vermehren und es zu durchwachsen, namentlich aber auch in den Blut- gefässen zu wachsen, innen an der Venenwand, dem Klappen- endokard und in den Tromben zu vegetiren und so in Meta- stasen neue Herde, neue örtliche Entzündung und von hier aus weitere Allgemeininfectionen zu veranlassen, bis der Tod erfolgt. Fragen wir nun: genügt es auch für diese Formen der Pyämie, die gewöhnlichen Eitercoccen als Ursache anzu- nehmen, oder müssen wir hier ein besonderes specifisches Mikrobion der metastasirenden Pyämie oder wenigstens der » 109 Frage der Specifität der Pyämie-Mikrobien. sehr infectiössen Formen derselben postuliren? So sehr.die Wahrscheinlichkeit für Letzteres sprechen mag, so haben meine in Folgendem mitzutheilenden Kulturen das Resultat ergeben, dass das specifische Mikrobion auch der infektiösen metasta- sirenden Pyämie sehr wahrscheinlich nichts Anderes ist, als der Streptococcus pyogenes, also derjenige Eitercoccus, der sich als Erreger der gewöhnlichen Abscesse mit dem Staphyl. pyog. aur. in der Häufigkeit um den Rang streitet. ‘Wenn ebenfalls Pasteur und Dol&ris bei dem Puerperalfieber und ferner Ogston bei der Pyämie zu gleichem Resultate kam, so dürfte vielleicht dennoch manchem Leser dasselbe von vorn- herein zweifelhaft erscheinen. Ich möchteihn dann bitten, in dieser Arbeit zurückzublättern, und unter den phlegmonösen Eiterungen den Fall „Linnemeyer“, ferner unter den Fällen progressiver Gan- grän die Fälle „Sandvoss“ und „Neuhaus“ nachzusehen. Ist hier, wie esnach denKulturversuchen kaum zweifelhaft sein kann, das nosogene Mikrobion in der That identisch mit dem strept. pyog., so ist damit dargethan, dass dieser unter, wenn auch unbekannten Umständen beim Menschen so perniciöse, para- sitäre und diablastische Eigenschaften annehmen kann, dass sie denen des Milzbrandes nichts nachgeben. Im Grunde ge- nommen liegt auch gar kein Widerspruch darin, dass ein und derselbe Infectionsstoff meistens nur einfache, örtliche Abscesse, ab und an aber schwerere Allgemeinerkrankungen, welche progressiv zunehmen und lethal enden können, bewirkte. Ich möchte mit Ogston darauf hinweisen, dass im Gegentheil diese Verhältnisse bei allen möglichen Infectionskrankheiten mannig- fache Analogie finden. Beruhen doch die leichten Pockenfälle mit Bildung von 2 bis 3 Pocken im Ganzen und kaum merk- licher Allgemeinerkrankung auf derselben Infection wie die foudroyantesten Erkrankungen hämorrhagischer Pocken! Führen wir nicht auch die ganz leichten Typhen, Scharlach und Diphte- ritisfälle auf dieselben ursächlichen Noxen zurück wie die Frage der Specifität der Pyämie-Mikrobien. 103 schweren? Jedoch, ich will auch meine Analoga aus den menschlichen Infectionskrankheiten selbst. nehmen. Bekannt- lich gibt es ganz leichte Milzbrandfälle, bei denen der lokale Knoten besteht, ohne das Befinden zu alteriren, und dann spontan zurückgeht. Zuweilen nimmt er auch wohl etwas zu, macht mehr entzündliche Schwellung in der Um- gebung, bedingt auch wohl einige Lymphstränge und Drüsen- schwellung, geht dann aber doch spontan oder nach Appli- cation eines desinficirenden Umschlages, eines Listerverbandes, einer Aetzung zurück. In anderen Fällen dagegen gesellen sich zu der örtlichen Affection, welche selbst rascher fortschreitet, bald Allgemeinerscheinungen, und diese Fälle haben dann bekannt- lich recht schlechte Prognose. Bei Milzbrand haben wir durch Pasteurund Koch eine Abschwächung des Gifteskennen gelernt, welche möglicherweise zur Erklärung des verschiedenen Verlaufesdienen kann. Ob nun beim Eiterkettencoccus eineähnliche Abschwächung existirt, oder ob die Empfänglichkeit verschiedener Individuen in so grossen Grenzen schwankt, oder ob, wie Ogston meint, die Menge der Organismen die wesentlichsteR.olle spielt oder noch andere Dinge, darüber müssen weitere Untersuchungen Aufschluss geben. Uebrigens will ich hiemit nicht behauptet haben,. dass - nicht auch noch ganz differente Infectionen, namentlich bei Fällen sehr infectiöser Pyämie im Spiel sein könnten. Davaine hat eine Potenzirung der Sepsis experimentell bewirkt, in- dem er von einem Individuum derselben Gattung auf das andere fortimpfte. Wir wissen nach Koch’s und Gaffky’s Untersuch- ungen, dass die hierdurch erhaltene Steigerung der Virulenz des Infectionsstoffes durch Einbürgerung specifischer, beson- ders wirksamer Organismen entsteht. Eine solche liesse sich auch vermuthen, wo wir durch Uebertragung von Mensch zu Mensch sehr infectiöse Formen von Pyämie beobachten. In mehreren Fällen von »potenzirter Pyämie«, wenn ich diesen 104. “- Frage der Specifität der Pyämie-Mikrobien. Ausdruck gebrauchen darf, welche ich zu beobachten Gelegen- heit hatte, handelte es sich um Leicheninfection. Leider fallen diese Fälle in eine Zeit, wo ich diese Untersuchungen über die pathogenen Mikrobien noch nicht begonnen hatte. Ich will mich auch nicht in Vermuthungen ergehen, ob auch intra vitam vielleicht schon in eitrigen oder septischen Herden der Leichengift - Infections - Stoff (aus dem Körper ‚selbst) sich einfinden ‘kann. Ferner muss ich hinzufügen, dass ebensowohl wie der Kettencoccus andere Eitercoccen, beson- ders der Staphylococcus Ursache der metastatischen Pyämie sein können. Wenn auch der Erstere bei allen Beobachtern vorwiegend — fast alleinig gravirt ist, so weist doch mein kleines Material einen Fall exquisiter, metastatischer Pyämie auf (Fall Holzkamp, allerdings mit Ausgang in Genesung), welcher durch den Microc. pyog. aur. bedingt wurde. Dass aber der Strept. pyog. vorwiegend häufig maligne Formen der metastasirenden Pyämie veranlasst und dazu durch seine para- sitären, diablastischen Eigenschaften vielmehr geeignet ist; dass wahrscheinlich beim Staphylococcus eine weit erheblichere, Zufuhr aus dem primären Herde und zwar direct in die Blut- bahn dazu gehört, wie z. B. bei den schweren Osteomyelitis- fällen mit Metastasen, bei denen der coccenreiche Eiter ohne Weiteres in grosser Menge in die Venen des Knochenmarks gepresst wird, ist vorläufig meine Ansicht. Fallı. Nach Ablation des Oberschenkels wegen Trauma: Putridät und Eıterung des Stumpfes. Infechöse Thrombose der vena cruralıs, Muskelabscesse um dieselbe am Stumpßf. Endocardıtis verrucosa et ulcerosamicrococcea der Aortenklappen. Niereninfarkte und embo- lische Abscesse. Eutrige fibrinöse Pleuritis. Milztumor. Lungenödem. Mehrfache Kulturen mit Blut während des Lebens des Patienten. Christoph Kannengiesser, 54jähriger Tagelöhner, war 23. X. 82, 9 Uhr Morgens mit dem rechten Bein in eine Dreschmaschine gerathen. Der Unter- Kulturen von Pyämiefällen. — Blut-Kulturen. 105 schenkel war unterhalb des Knies vollständig abgerissen. Patient war eine Zeit lang bewusstlos, kam dann in die Klinik und wurde um ı Uhr im unteren Theile des Oberschenkels amputirt unter Blutleere. 24.X. wurde noch eine Fractur der achten Rippe gefunden. 26. X. Verbandwechsel wegen hohen Fiebers; Wunde sehr putrid. Nähte entfernt; Abspülung mit 5°/, Carbol. Trotzdem Abend- temperatur 40,2. Kulturversuch mit der stinkenden Absonderung des Stumpfes beim Verbandwechsel. Das Fäulnissmicrobion, auf das ich zuerst fahndete, war abgestorben; möglicherweise war es bacill. saprog. I, welcher die Eigenschaft vorwiegend hat, in stinkender Flüssigkeit bald abzusterben, soweit, dass er wenigstens auf Agar nicht mehr zum Aufkeimen kommt. Es keimte vielmehr eine ganze Anzahl von zum Theil mir fremden Coccen, grau-gelb, orange, roth. Später tauchte die Frage auf, ob Streptococcus vertreten sei? Es gelang ziemlich leicht, durch differenzirende Kultur denselben zu züchten. 27. X. WVerbandwechsel, Stumpf geruchlos, doch beständig hohe Tem- peratur. Puls 120— 130. Delirien. 29. X. Verbandwechsel, stat. idem. Kultur mit dem Blut des Patienten. Der Vorderarm wird mit warmem Wasser und Seife gewaschen, mit 5"/oe Karbol abgespült, auf eine Karbolgaze-Unterlage gelegt, mit Sublimat '1:2000 abgespült; dann mit einfacher, im Dampftopf unmittelbar vorher sterilisirter Gaze abgewischt und mit eben ausgekochtem Wasser nochmals abgespült. Nun wird eine kleine Vene an- gestochen, und nachdem etwas Blut abgeflossen, ein Impfstrich und Impfstich in F. P. A. gemacht. Nur Letzterer ging spär- lich an. Es keimte eine Reinzucht von Strept. pyog. 30. X. Abends sehr collabirt. Abendtemp. 37,3. 31. X. Verbandwechsel. Wunde geruchlos, vollständig gut granulirend mit wenig Sekret, Haut des Oberschenkels schrumpflich, Weichtheile abgeschwellt — wie beim besten Verlauf und völligem Rückgang einer Entzündung. Zunge dagegen ganz trocken und rissig. Temp. wieder hoch. R 106 Kulturen von Pyämiefällen. - Blut-Kulturen. 2. XI. Nach wie vor hohe Temperatur. Schlechter Puls; Patient ganz ohne Bewusstsein. Abends ı0 Uhr Blutkulturen in oben beschriebener Weise auf 4 RöhrchenmitF.P. A. BeiNr. ı geht im Impfstiche Staphyl. pyog. aur. auf. In Röhrchen Nr. 2 keimt überall Streptococcus und nur in 2 Pünktchen der Staph. pyog. aur. Von hier aus wurden beide Coccen in vielen stets charakteristischen Kulturen auf F. P. A. fortgezüchtet. Im 3. Röhrchen keimte Strept. pyog: in ı7 Pünktchen als Reinzucht. Im 4. Gläschen keimte dieser selbe Pilz im ganzen Impfstiche und am Impfstriche in 4 Pünktchen in Reinzucht. 3. XI. 82. Patient in Agone. 8 Stunden vor dem Tode wurden in angegebener Weise Blutkulturen in und auf sterilisirtem, erstarrtem Blutserum gemacht. In Röhrchen ı waren Impfstrich und Impfstich ge- keimt. Im Ersteren waren augenscheinlich 2 Organismen auf- gegangen. Der grösste Theil war Kettencoccus; der andere dagegen Staphyl. pyog. aur. Beide wurden von hier in charak- teristischen Formen auf F. P. A. weiter kultivirt. Im Impf- stich ‚befand sich nur Streptococcus und ist auch von hier in viele Generationen weiter übertragen. In Röhrchen 2 keimte ‘nur der Impfstich und zwar mit Streptococcus. Röhrchen 3, in welches kein Impfstich gemacht war, blieb steril. 3. XI. Abends 6 Uhr erfolgte der Tod. 4. XI, Mittags Section: Leiche in ziemlich hochgradiger Fäulniss, Die Amputationswunde enthält Jodo- form, sieht rein aus, ist ohne Geruch. Beim Einschneiden finden sich indess die die vena cruralis umgebenden Muskeln von Eiter durchsetzt. Die vena cruralis ist von der Einmündungsstelle der vena saphena abwärts mit einem dicken Throm- bus geschlossen, welcher weiter unten in eine puriforme Masse zerfallen ist. Die Venenwandungen sind verdickt, das Lumen nach unten zu verbreitert. Die rechte Pleura ist durch fibrinös-eitrige. Belege verklebt, ‘Fractur der 7. Rippe. Herz- muskel trüb-grauroth, äusserst mürbe und schlaff. Die Aortensegel sind an der | Ventrikelfläche dicht mit lockeren Wucherungen bedeckt, Die gelbgraue zaserige Kulturen von Pyämiefällen. — Blut-Kulturen. 107 Oberfläche zeigt sich mikroskopisch aus Mikrococcen- (Kettencoccen-)An- häufungen bestehend. Eine kleinere ähnliche Auflagerung ist auf der Mitralis. In diesen Auflagerungen finden sich übrigens auch längere Stäbchen. Die Lungen sind in den Unterlappen blauroth, von -verändertem Luftgehalt und reich- lich ödematös. Milz vergrössert, von blaurother Farbe, Pulpa völlig zerfliessend. Nieren vergrössert, die Kapsel leicht zu entfernen. Die Oberfläche derselben ist mit kleinen kreisrunden Blutergüssen gezeichnet, in deren Mitte oft ein gelber eitriger Punkt liegt. Einige grössere keilförmige Herde sind von einem hyperä- mischen Saum umgeben. Die hämorrhagischen Infarkte dringen ebenfalls ober- flächlich in das Parenchym. Die Bauchhöhle und die übrigen Organe zeigen nichts Abnormes. . Der Befund von Bacillen am Endocard in der Leiche, welche sich leicht cultiviren liessen und von anderer Seite als nosogene Microbien aufgefasst wurden, zeigt wie vorsichtig man bei postmortalen Befunden und Kulturen sein muss. Denn dass diese Bacillen in Wirklichkeitnicht dienosogenen . Microbien, sondern nur eine postmortale Erscheinung waren, ergibt sich doch wohl sicher genug aus den intra vitam mit allen Vorsichtsmassregeln gemachten Untersuchungen. Resumiren wir diese, so resultirte also bei den zu 3 ver- ‚schiedenen Zeiten in 8 Gläschen mit F. P. A. und erstarrtem Blutserum angestellten Blutkulturen in Impfstrichen und Impf- stichen 7 mal eine Aufkeimung und zwar 6mal des Strepto- _coccus, 4mal in Reinzucht und 2mal zusammen mit dem Staph. p. aur., einmal des letzteren allein. Um festzustellen, ob nun der in diesem Falle gefundene Kettencoccus identisch mit Strept. pyog. sei, oder ob er, wie ich damals hoffte, ein besonderer Coccus der menschlichen Pyämie sei, habe ich eine grosse Anzahl von Kulturen und Versuchen angestellt. Derselbe keimte meistens in kleinsten, getrennten, weiss-grau-gelben, transparenten Pünktchen, welche bis Sandkorngrösse wuchsen, dabei aber in der Peripherie terrassenförmig glatter wurden. Die letzten ganz durchsichtigen, 108 Thierversuche mit dem Kettencoccus aus pyämischem Blut, feinen Höfe zeigten häufig wieder einen etwas dickeren, ge- wellten Rand, der sich zuweilen noch mit Pünktchen umgab. Nach etwa 2-—3 Wochen sistirte meist das Wachsthum. Die weiteren Kulturen fallen meistens etwas schmächtiger aus als die Originalkulturen, bleiben sich dann aber durch alle Genera- tionen gleich. Fig. V zeigt eine solche Kultur auf Agar in auffallendem Lichte. Ich habe den Coccus von all’ den ge- wonnenen Originalkulturen fortgezüchtet in mehr als 50 Röhr- _ chen;ich habe ihn mit Strept. pyog. aus verschiedensten Quellen, ausEmpyemen, Phlegmonen, gewöhnlichen Abscessen, progres- siver Gangrän parallel gezüchtet, ohne einen Unterschied kon- statiren zu können. Thierversuche mit dem Kettencoccus von Kannengiesser. Zwei Mäusen wurde in einen Einstich an der Schwanz- wurzel durch mehrfaches Einführen eines mit der Kultur des Kettencoccus beladenen Platindrahtes reichlich davon einge- impft. Beide Mäuse blieben ohne alle Reaction gegen die Impfung. Ich glaube diesen Misserfolg vielleicht auf das mir da- mals noch nicht so bekannte sehr rasche Veralten der Kulturen zurückführen zu müssen. Ferner wurde von der fünften (reneration des Kettencoccus, welche in sterilisirtem, destillirten Wasser aufgeschwemmt war, zweien Kaninchen in jedes Knie 0,5 CC. injieirt. 2 Tage später sind die Knie geschwollen, schmerzhäft. Die Thiere magern in der Folge sehr ab. Nach ı2 Tagen findet sich eins todt. Leider wurde es erst 30 Stun- den nach dem Tode secirt. Beide Knie waren prall mit einem Glaserkitt-ähnlichen dicken Eiter gefüllt, aus welchen 2 Mikro- bien keimten, nämlich ausser dem Kettencoccus noch ein grau- gelber, mir unbekannter Coccus. Die Oberschenkel-Innenfläche ist geröthet, aber frei von Eiterung, die Inguinaldrüsen ge- Thierversuche mit dem Kettencoccus aus pyämischem Blut. 109 schwellt. Der rechte Unterlappen der Lunge ist verdichtet, grau-roth, mit zahllosen, stecknadelkopfgrossen, metastatischen Eiterpünktchen durchsetzt. Sonst sind nirgends Metastasen. Das andere Thier war mittlerweile sehr mager geworden, hat die Hinterbeine angezogen. Die Knie sind in dicke, fluctuirende Tumoren verwandelt. Da das Thier sehr elend war, tödtete ich dasselbe, um die Section frisch machen zu können, 4 Wochen nach der Injection. Beide Knie waren enorm ausgedehnt von - dickflüssigem Eiter (wie dünner Griesbrei aussehend). Ausser hochgradiger Atrophie fand ich sonst nichts. Der sofort auf F. P. A. gestrichene Eiter ergab folgendes Kulturresultat. Im ersten Röhrchen sind drei Centren aufgegangen, im anderen nur eins. Alle 4 stellten sie Reinzuchten des zu der Injection verwendeten Kannengiesser-Kettencoccus dar und zwar wieder in der ursprünglichen, üppigeren Form, wie sie auch aus dem Blute Kannengiessers gekeimt waren. Durch viele Generatio- nen weiter kultivirt, wurde auch hier die Identität mit Strept. pyog. konstatirt. Dieser Versuch beweist also einmal die Phlegmone- und Eitererregende Wirkung dieses Coccus auch beim Kaninchen, zeigt aber anderseits, (dass seine Neigung zu weiterem Wachsthum bei diesen Thieren eine nur geringe ist. Von dem Eiter selbst keimten nur 3 Pünktchen, während ‚aus dem Blut des Pat. einmal sogar ı7 Pünktchen keimten. Auch war die Eiterung beim Kaninchen während der ganzen Zeit auf das Knie beschränkt geblieben, nicht einmal die In- guinalgegend war infiltrirt und alles Andere intact. Die Ab- magerung erklärt sich beim Vorhandensein verhältnissmässig so grosser Eiteransammlungen leicht, und ist wohl auf chro- nische Ptomaineinwirkung zurückzuführen. Doch auch diesen Versuch trifft möglicher Weise der Vorwurf einer verhältniss- mässigen Veraltung der angewandten Kulturen. 110 Kulturen aus pyämischen Metastasen. Fall. Verletzung der Diploe durch Schlägerhieb. Stauung des eitrigen Sekretes durch sekundäre Nath. Kleine Herde in der Diploe, von welchen sich eine eıtrige Trombophlebitis bis in den sinus transvers. fortsetzt; hier Vereiterung der Thromben und peri- Phlebitische Abscedirung. Eıtrige Metastasen in den Lungen mit eitriger Pleuritis. Darstellung des Mikroorganismus der Lungenmelastasen während des Lebens durch Kultur aus dem | Pleuraexudat. Stud. C. von Laffert, 20 Jahre, hatte vor 14 Tagen einen Schlägerhieb mit Knochenverletzung, jedenfalls nicht tiefer als durch die Tabula externa, links seit- lich am Os parietale erhalten. Der Schmiss wurde genäht, platzte aber nach einigen Tagen, weil er anfing zu eitern, wieder auf, wurde dann durch tief grei- fende Nähte und schliesslich durch Haarzöpfe zu vereinigen gesucht (!) Stat. praes.: 21. II. 82.: Seit mehreren Tagen Fieber, dumpfes Gefühl im Kopf; heute kom- pleter Stat. typhos.: Benommenheit, ganz trockene Zunge. Milz etwas vergrössert. Auf der linken Scheitelbeingegend zeigt sich der Schmiss als 4 ctm. lange, sagit- tale Wunde mit schlaffen, weisslichen Rändern; Knochen im Grunde der Wunde frei liegend. Temp. Abends 40,6, Puls 120, voll. Sensorium frei. An der linken Seite des Halses eine Anzahl vergrösserter Drüsen, welche etwas druckempfind- lich sind. Die betreffenden Hautparthieen sind etwas geröthet. Klagen über Schwere im Kopf, keine Kopfschmerzen. Alle Bewegungen zitternd. 22. II. 82, Befinden gebessert, Temp. normal, Zunge aber trocken. 27. II. 82. Pat. hatte ‘ wegen Fiebersteigerung in den letzten Tagen natr. salic. bekommen, welches die Temp. herunterdrückte. Abends kaum 38,0, Morgens darunter. Dumpfes Gefühl im Kopf, Nackensteifheit, Stirnkopfschmerz. Zunge trocken, kommt zitternd heraus. Appetit einigermassen. 28. 1I.:82. Seit gestern Klagen über Athem- beschwerden; rechtseitiges pleuritisches Exudat. 2. II. 82. Exsudat rasch ge- stiegen, fast bis oben hin. Nackenschmerz auch beim Drehen des Kopfes nach links. Appetit gering, Durchfall. Schläft viel, stets hohes Fieber, verfällt zu- sehends. 6. Ill. 82. Da die Athembeschwerden sehr gross sind, Punktion der rechten Pleura, durch welche eine grosse Menge seröser Flüssigkeit mit weiss- lichen Flocken entleert wird. Wesentliche Erleichterung. Die antiseptisch aufgefangene Flüssigkeit aus der Pleura wurde auf mehrere Gläschen mit F. P. G. ausgesäet. Ueberall - Kulturen aus pyämischen Metastasen. 111 ergab sich eine Reinkultur in feinen, grauen Pünktchen eines Kettencoccus, -— nämlich des Strept. pyogen. 8. III. Exsudat nicht wieder gestiegen, doch erschwerte Athmung. Rassel- geräusche über beiden Lungen, Kopfwunde inzwischen geheilt. 9. III. 82. Unter Zunahme der Athembeschwerden erfolgt der Tod. Section: Handbreit über dem linken Ohr sieht man die Wunde fast vernarbt, auch der Knochen ist mit den Weichtheilen völlig zusammengeheilt und zeigt den rinnenförmigen Defect. Die Diplo& ist ringsum normal, weiter unten jedoch, wo der Sinus transv. nach dem Felsenbein umbiegt, wird ein gelblich- eitriger und daneben ein noch grösserer, dunkelrother, mit gelbem Rand um- gebener Herd in ihr aufgefunden, und in dem Sulcus hinter dem linken Felsen- bein eine fast Rabenfederkiel-dicke mit gitrig zerfallenem Thrombus gefüllte Vene, welche aus der Diplo& herauskommt. Im linken Sinus transv., da wo er am Felsenbein herläuft, befindet sich eine dünne, gelbe, eitrige Masse, welche an beiden Seiten durch derberen Thrombus abgeschlossen ist. Es handelt sich um einen Thrombus, dessen Enden- noch consistent und röthlich- gelb, dessen Mitte aber zu einem dünnen, eiterigen Brei zerfallen ist. In dem Zusammen- flusse der Sinus ist wieder der ganze Inhalt des Gefässes dünn und eitrig. Beim Abziehen der Dura zeigt sich die Wand des linken Sinus, besonders an der Stelle, wo er eitrige Massen enthält, verdickt und getrübt, und der darunter liegende Knochen röthlich gefärbt. Vor dem Foramen jugulare liegt zwischen Dura und Knochen ein Eiterherd, der sich nach dem Markk.nal bis zur Gegend des Atlanto-occip.-Gelenkes erstreckt. Vena jugul. oben voll flüssigen Blutes, unten leer. In beiden Pleuren reichlich trübe Flüssigkeit mi: Eiterflocken ver- mischt. Eitriges Fibrinfädennetz auf der Lungenpleura. In den Lungen finden sich rechts in allen, links vorzugsweise im Unterlappen zahlreiche metastatische Infarkte. Sie bilden auf der Oberfläche gelblich-roth gefärbte Prominenzen, sind auf dem Durchschnitt keilförmig mit nach innen gelegener Spitze, an der bei mehreren dieser Infarkte ein mit eitrigem Thrombus gefülltes Gefäss gefunden wird. Ein Theil der Herde ist dunkelroth, aber umgeben von einem eitrigen Saume, an welchem mehrfach eine eitrige Schmelzung des Gewebes, und dadurch Sequestrirung des rothen Herdes entstanden ist. An anderen Heerden ist auch die rothe Masse von Eiter durchsetzt. auch wohl ganz zu einem röthlich-gelben Brei zerflossen. Die grösseren Pulmonaläste sind frei. In den Herzhöhlen speckige Gerinnsel. Herzfleisch bläulich; an den Papillarmuskeln beginnende Fettentartung. Endocard und Klappen, sowie auch der Herzbeutel ohne Ab- normität, In der Bauchhöhle etwas gelbe Flüssigkeit mit Fibrinflocken, Nieren 1123 Primäre intensive Infection mit Kettencoccus. gross. Rinde blass und trübe. Milz mässig verzögert, weich. Im oberen Theil des Dünndarms starke Röthung und Schwellung der Schleimhaut. Fall3a3. Primäre intensive Infectioneines Oberschenkelamputationsstumpfes mit Kettencoccus. Imfectiöse Thrombophebitıs der Vena crur., saphena und hypogastr. mıt eitriger Schmelzung der Thromben und Metastasen in Pleuren, Gelenken, Sehnenscheiden, Nieren. Georg Adler, 33 Jahre, aus Sorga bei Hersfeld. Bei dem tuberculos be- lasteten Patienten war seit einem Jahre neben mehrfachen tuberculösen Affectionen am Hals und Händen die Gegend des Knies angeschwollen und bald aufgebrochen. Letzteres ist stark geschwollen und sondert Eiter aus mehreren Fisteln ab. Da sich bei Incisionen in das Gelenk eine ‚enorme Ausbreitung der Tuberculose, namentlich ein weit reichender Herd am äusseren Condylus femor. zeigt, wurde 31. V. 81 die Amputation mit vorderem Lappen gemacht. ı. VI. 81 Wunde an- scheinend aseptisch, wenigstens geruchlos, doch wird ein Theil des Lappens gangränös und mikroskopisch findet sich nach Dr. Riede?’s Beobachtungen, dessen zahlreiche mikroskopische Präparate von diesem Falle glücklicher Weise aufge- hoben sind, Kettencoccus in grosser Menge im Wundsecret. 3. Vi. 81. Nur das der Gangrän anliegende Rohr hat einen kleinen Stich von Fäulnissgeruch, die Uebrigen gar nicht, trotzdem mikroskopisch der Kettencoccus in ungeheuren Massen nachgewiesen wird. Temp. Abends 39,3. 6. VI. 81. Fieber hoch. Die ganze Wunde wird geöffnet. Sie ist geruchlos. Patient leicht icterisch, hat seit gestern Schwellung und Schmerzen im linken Fussgelenk, ebenso an der Sehnen- scheide des ext. hall. long. dextr. 7. VI. 81. Incision in’s Fussgelenk ergibt Eiter, welcher von Kettencoccus geradezu wimmelt. 8. VI. 81. Verlauf immer ungünstiger. Patient complet pyämisch. ‚Ohne dass weitere Erscheinungen ein- treten, erfolgt 10. VI. 81 der Tod. Section: Leichter Icterus der Haut, intensiver im Gesicht. Linkes Sprunggelenk enthält Eiter und ist drainirt. Dem Verlauf der Sehne des extens. polic. dextr. entsprechend besteht eine Anschwellung, aus der sich beim Einschneiden dünner Eiter entleert. In beiden Pleuren je "/, Liter gelb-röthliche Flüssigkeit mit Fibrinflocken. Lungengewebe blutreich, hinten hypostatisch mit eitrigem Pleurabelag am hinteren Rande, unter dem zahl- reiche, ausgedehnte Blutungen sind. Herz schlaf. In den Vorhöfen neben flüssigem Blut Speckgerinnsel. Im Ventrikel derbes, gelb gefärbtes Gerinnsel, Milz stark vergrössert; Gewebe hellroth, weich, Nieren gross. Auf dem Durchschnitt ist die Zeichnung der Rinde undeutlich., In der Marksubstanz sieht Kulturen aus pyämischen Metastasen. 113 man ausser Kalkinfarcten der Spitzen einzelne bis erbsengrosse, mit Eiter gefüllte Höhlen; daneben zahlreiche in der Richtung der Harnkanälchen verlaufende, gelbe Streifen. In der Schleimhaut der Nierenkelche finden sich punktförmige Hämorrhagieen; im Magen sind einzelne Schleimhauthämorrhagieen. Die Vena erur. an der antputirten Seite ist unten leer, oben mit schmutzig grau-gelber “verflüssigter Thrombusmasse gefüllt; die innere Oberfläche der Vene ist uneben. Mikroskopisch zeigt sich eine starke, entzündliche Infiltration der adventitia und media. Die intima ist ungleichmässig verdickt und auf der innersten Schichte derselben liegen rundliche Anhäufungen von Kettencoccen. Vor dem Kreuz- bein, dessen Knochen blossliegt, liegt eine wallnussgrosse Eiterhöhle, das Ende eines Eitercanales, dessen Lage der vena hypogastr. entspricht. Die saphena enthält ebenfalls zerfallene Thromben und in den nach hinten ziehenden Ober- schenkelvenen finden sich frische Thromben; auch in den Metastasen der Nieren findet sich der Kettencoccus massenhaft, wie auch in den anderen Eiterungen, welche untersucht wurden, Fall 4. Complicirte Fractur des Oberarms mit ausgedehnter Weichtheils- . queischung, primär infieirt. Trotz Ablation, Entwicklung von Metastasen in Lungen, Pleura, Herzbeutel, Nieren. Züchtung der Microbien der Lungenmetastasen durch Kultur aus dem Pleuraexsudat während des Lebens. . Carl Stofiregen, 26 Jahre alt, hat vor 4 Tagen von einer Strassenwalze eine schwere Quetschung des linken Armes erlitten, welche sofort von 2 Aerzten genäht, mit Jodoform bestreut und mit Jodoformgaze verbunden wurde. Stat. praes. 8. III. 83. Complicirte Fractur des humerus mit ausgedehnter Weich- theilsquetschung und Zerreissung etwa in der Mitte. Complicirte Fractur der ulna und des radius unmittelbar unter dem Ellbogengelenk. Wunden geruchlos, doch mit grau-gelblichem Belag, der sich auch überall in der Tiefe vorfindet. Nähte geöffnet, gründliche Desinfection, typischer Lister, Hochlagerung. 12. III. 83. Wegen starker Sekretion weitere Drainagirungen. 16. III. Abudante Eiterung, welche etwas riecht. Es zeigt sich, dass das Periost fast bis zum Schultergelenk abgerissen ist. Hohe Temperatur, Deshalb ablatio 17. III. dicht unter dem Schultergelenk, bei welcher verschiedene subkutane Abscesse, welche sich in die Achselhöhle erstrecken, eröffnet werden. Gründliche Desinfection. Stumpf nicht genäht; Lister. 19. III. Verbandwechsel , weil mässiges Fieber; Stumpf gut. . 29. HII. Rechtseitiges pleuritisches Exsudat bis zum Schulterblatt, Wunde gut. 3. IV. Rosenbach, Mikroorganismen bei Wundinfectionskrankheiten des Menschen. 8 114 Kulturen aus pyämischen Metastasen. Resection der 6. Rippe rechts. Es entleert sich Anfangs dünnflüssiges, dann dickflockiges Exsudat. Die Kultur des Exsudats aus der Pleura auf F. P. A. ergab eine Autkeimung des Kettencoccus in charakteristischer Weise und ursprünglich in überwiegender Menge, wenn auch später die Hauptsache aus Kulturen des rasch wachsenden gelben Traubencoccus bestand. 8. IV. Noch immer starke Absonderung aus der Pleura. Auswaschen mit Salicylwasser. Morgens keine erhöhte Temperatur, Abends 38—38,5. Profuse Durchfälle. ı5. IV. Stat. iddem, Puls sehr frequent, Kräfte verfallen. 17. IV. Tod. Section: Stumpf zeigt nichts Abnormes, Venen der Achselhöhle ohne Thromben. Rechte Lunge lufthaltig, die linke comprimirt, schlaff, fast luftleer. Das interstitielle Gewebe ist schwartig verdickt. Im Lungengewebe finden sich kleinere Eiterhöhlen, in welche Fetzen des Lungengewebes hineinragen. Die Pleuralfläche ist mit fribinös-eitrigen Pseudomembranen belegt, welche indessen nach oben in scharfer Linie an der Grenze der Verklebung aufhören. Das in dieser Grenze abgesackte Exsudat besteht in der oberen Schichte aus reinem Serum, in den tieferen ist reiner Eiter. Im Herzbeutel seröses Exsudat, Herz ohne Veränderung; die linke Niere enthält einen erbsengrossen Eiterherd in der Rinde. Der Darm zeigt Schwellung, Röthung und Blutungen der Schleimhaut. Fall 5 Nach Operation eines Brustcarcinomrecidivs: Erysipel und Pyämie. JImfectiose Thrombose der vena brach., Embolieen der Lungenarterie, Infarcte und Abscesse der ‚Lungen. KEıtrige Pleuritis, eitrige Gonitis, fettige Degeneration des Herzmuskels, parenchymatöose Nephritis, Kultur des Microbion aus der Knie- melastase während des Lebens. Marie Sattler, 44 Jahre. 16. XI. 82, Exstirpation zweier Krebsknoten, welche als Recidiv nach Operation eines Brustcarcinoms aufgetreten waren und den Pectoralis durchwachsen hatten. 18. XI. 82. ‚Hohes Fieber. Beim Ver- bandwechsel wird ein Erysipel constatirt. Während sich dasselbe langsam auf den Rücken und die rechte Schulter, den rechten Oberarm verbreitet bei einer Körpertemperatur fast constant von 40°, entwickelt sich ausser allem Zusammen- hang von dem Erysipel eine äusserst schmerzhafte Schwellung auf der Innenseite N Kulturen aus pyämischen Metastasen. 115 der rechten Fusssohle. 24. XI. Die Haut an genannter Stelle ist geröthet und geschwellt. Man könnte an ein Erysipelas erraticum denken. Die Wunden sehen sehr gut aus, sind der Verheilung nahe. Temperatur andauernd hoch. 26. XI. Die Schmerzhaftigkeit in der Fusssohle hat nachgelassen. Die Röthung und Schwellung besteht noch und erstreckt sich jetzt in einigen Streifen nach der Ferse zu und auf dem Fussrücken hin. Heute wird über grosse Schmerzhaftig- keit in dem mässig geschwollenen Kniegelenk geklagt. 28. XI. Punktion des ‚seit gestern prall gefüllten rechten Kniegelenkes, durch welche anfangs klare, später flockig-eitrige Flüssigkeit entleert wird. Injection von ca 20 CC. 5"/, Carbol- lösung. Patient fiebert andauernd hoch, redet meist wirres Zeug, lässt unter sich gehen. Erysipel jetzt am rechten Ellbogen sichtbar. Die mit allen antiseptischen Massregeln bei der ebenfalls unter allen Kautelen vorgenommenen Punction des Knies aufgefangene Flüssigkeit wurde mit Impfstrich und Impfstich in 6 F. P. A. Röhrchen kultivirt. Die Kultur ging überall ganz gleichmässig an, und zwar überall in Reinzucht. Es handelte sich um Strept. pyog. Von einer Kultur des Strept. erysip. konnte ich nirgends Spuren entdecken. 3. XII. Bei andauernd hohem Fieber trat eine wesentliche Veränderung des punktirten Gelenkes nicht ein. Patient hat sich seit heute Morgen sehr verändert, ist bewusstlos, athmet sehr frequent. Erysipel bis zum Handgelenk rechts heruntergegangen. Deutliche Schwellung der Kehlkopfsgegend. Abends gegen ıı Uhr Tod. Section: Die rechte vena axill. enthält ein weiches missfarbenes Gerinnsel. Herz weich, schlaff, Herzfleisch mürbe, zeigt Verfettungen in gelben Streifen. Uebrigens ist das Herz ziemlich faul, das Endocard blutig imbibirt. Die linke Lunge ist in den unteren hinteren Parthien bart, die Pleura des Oberlappens ist durch eitrig-fibrinöse Massen mit der Pleura costalis verklebt. Auf der Ober- fläche des Oberlappens bemerkt man einen wallnussgrossen Herd von grau- weissem Aussehen, welcher von seiner Umgebung durch einen schwefelgelben Saum abgegrenzt ist. Daneben noch mehrfache scharf circumscripte, fluctuirende Herde von gelbem Aussehen. Der grosse zeigt auf dem Durchschnitt eine graue zerfliessende Masse und springt eine Strecke in die Tiefe. Ein einführender grösserer Ast der Lungenarterie enthält einen von der nächsten höheren Theil- ungsstelle an adhärirenden, obturirenden Thrombus, welcher centralwärts con- sistent, peripher zerfliessend erscheint. Das Gewebe der Lunge ist mürbe, blutreich, ödematös. Auch die rechte Lungenpleura zeigt eitrige Auflagerungen, die Lunge h g* 116 Kulturen aus pyämischen Metastasen. ist ödematös, Milz wenig geschwollen, zerfliessend weich. Nieren gross, Rinde getrübt. Das rechte Kniegelenk enthält dicken Eiter. In diesem, an dem Venen- thrombus, dem Embolus der Pulmonalis, den Lungenherden finden sich mikro- scopisch manigfache Formen von Stäbchen und Coccen, vorwiegend letztere und zwar in Torulaform (Kettencocecus). Fall 6. Pannaritium am Mittelfinger, Phlegmone am Vorderarm, wahr- scheinlich Lungenmelastasen, :Metastase am Fussrücken, in der rechten Achsel, linken Oberschenkel, Glulaeen und Waden- musculatur. Genesung. Kultur mit dem Eiter der Metastase am Fussrücken. x W. Holzkamp, 27 Jahre alt, Glasarbeiter. 21. V. 82. Seit 14 Tagen Entzündung am rechten Mittelfinger, angeblich spontan entstanden. Im Lauf der letzten Tage wurde auch die Hand und der Vorderarm dick und roth und Pat. hatte öfters Frost und Hitze. St. praes. Rechter Mittelfinger stark phlegmonös geschwollen und grossentheils geschwürig. Phlegmone des Handrückens und des Vorderarms. Temper. 38,9. Steile Lagerung. 27. Ir. Mehrere ausgiebige In- cisionen am Handrücken und am dorsum und der vola des Vorderarms ent- leeren bröcklichen Eiter. Drainage. Suspension. 28. III. Abfall auf 37,5, Abends wieder hohe Temperatur. 30. III. Temperatur unregelmässig. .Pat. hustet. Sputa sanguinolenta. Abscess am Fussrücken, welcher unter strengen Cautelen geöffnet und zur Kultur verwandt wird. Diese auf mehrere Gläser mit F. P. A. ergab überall eine Reinzucht von Staphyl. aur. Auch bei weiteren Kulturen keimte gar Nichts, was irgendwie eine Beimischung von Strepto- coccus hätte vermuthen lassen. Auch microscopisch war der- selbe nirgends nachzuweisen. zer Im Grunde des Abscesses liegt eine Strecksehne nekrotisch vor. Arm und Hand abgeschwollen. ı. IV. Temperatur bald. niedrig, bald hoch. Pat. sichtlich verfallen. Es werden am Arm wieder mehrere Incisionen wegen Eiterverhaltung nöthig. 4. IV. In der rechten Achsel und am linken Oberschenkel 2 Haut- abscesse. ‘Temperatur unregelmässig. 10. IV. Bei täglichem Verbinden müssen am Arm noch verschiedene Incisionen gemacht werden. Auch hat sich im Glutaeus maximus ein grosser Abscess gebildet. ‘Temperatur abgefallen, 17. IV. Dauernd fieberfrei seit 7 Tagen. Arm und Hand stark abgeschwollen. 26. IV. ee >. Dan } Fingererysipeloid. 117 Es hat sich noch ein Abscess an der rechten Wade entwickelt. Incision - Kein Fieber mehr. Arm im Vernarben. In der Folge ist Pat. völlig genesen entlassen, Es wurde somit in 6 Fällen metastatischer Pyämie 5mal der Strept. pyog. theils im Blut theils in Metastasen der Lebenden gefunden; zweimal zusammen mit Traubencoccus, aber diesen an Menge übertreffend. Darauf, dass der einzige Fall, in welchem nur Trauben-, nicht Kettencoccus vorhanden war, mit Genesung endete, soll selbstverständlich kein Gewicht gelegt werden. Dagegen halte ich das positive Resultat für wichtig und gravirend, dass gerade bei den 2 Fällen von infectiöser Pyämie, bei denen sich einmal von einem kleinen Schmiss am Kopf (FallLaffert), das andere Mal bei alsbald durchaus ‚gutem Wundverlauf einer einfachen Weichtheilswunde (Fall Sattler) die Pyämie unerbittlich entwickelte, ‚aus den Meta- stasen der Strept. p. in Reinzucht keimte. Auch mit den Beobachtungen vieler früheren Forscher stimmt dies Resultat recht wohl und zwar gerade derjenigen — darauf ist besondersGewicht zulegen — welche beim Menschen untersuchten. Wenn sie zum Theil die Formen nicht so genau oder etwas anders unterschieden, so lag das wohl daran, dass ihnen Koch’s wichtigstes Unterscheidungsmittel die Kultur auf festen Nährböden, noch nicht zu Gebote stand. XII. Fingererysipeloid (zoonotisches), Erysipelas chronicum, Erythema migrans bezeichnet eine Krankheit sui generis, welche zwar sehr wenig Bedeutung hat, weil sie sehr unschuldig ist, aber doch Beacht- ung verdient, weil man sie im Anfang mit schwereren Infek- tionen verwechseln kann. Sie kommt vor bei Leuten, welche mit Thierstoffen zu thun haben, also bei Schlachtern, Gerbern, 118 Fingererysipeloid. Köchinnen, und zwar bei letzteren, wie mir scheinen wollte, ‚vorwiegend, wenn sie Wild abzuziehen hatten. Von einer kleinen Verletzung (eine solche gehört nothwendig dazu) meist an den Fingern entsteht eine bläulich-braunrothe Infiltration, welche mit ganz scharfer Grenze genau wie das Erysipel fort- schreitet. Die ergriffenen Parthien bleiben viele Tage geschwellt und roth,. jucken und brennenziemlich, blassen aber schliesslich ab, während die Grenze fortschreitet. So kann sich die Affection von einer Fingerspitze den ganzen Finger entlang verbreiten, ja bis zum Carpus auf den Handrücken ziehen, auch wohl auf den nebenliegenden Finger rückwärts’wandern. Im Allgemeinen ist jedoch die Affection nach ı bis 2 Wochen auf dem Meta- carpus beendet. Das Allgemeinbefinden ist dabei ungestört, Fieber besteht nicht. Sehr selten habe ich die Affection anderswo als an den Händen gesehen, nur einmal im Gesicht. Nachdem ich mir vergebens Mühe gegeben hatte, das ursäch- liche Microbion in der Grewebsflüssigkeit zu finden, gelang endlich eine Kultur in der Weise, wie sie Fehleisen bei dem wirklichen Erysipel machte. Auf F. P. A. wächst der Microbion in eigenthümlichen, sehr zarten und zierlichen Kul- turen — so minim, dass ich dieselben in 3—-4 facher Vergrösser- ung zeichnen lassen musste, um sie änschaulich zu machen. (Fig. XIV). Mikroskopisch besteht die Kultur aus nicht allzu kleinen aber recht unregelmässig gestalteten Coccen. (Fig. 14). - Ich habe mir bei Beginn meines Ferienurlaubs 3 Impfstiche mit derselben am Oberarm gemacht. Um jeden derselben ent- wickelte sich mit Brennen und Jucken ein braunrother Hof, welcher 20-Pfennigstückgross wurde, dann aber abblasste und verschwand. Leptothrix-Invasion. 119 XIII. Leptothrix- (?) Invasion. : Helene Reiter, 22 Jahre, 20. V. 79. Patientin bekam Weihnachten plötzlich eine Schwellung in der Gegend der submaxillaren Speicheldrüse mit trismus $pur. Jene ging bis auf einen gewissen Grad zurück. Vor 4 Wochen bemerkte Patientin, dass häufig etwas Eiter unter der Zunge (aus dem ductus der sub. max.) hervorkam. Die submaxillare Speicheldrüse war damals, als Patientin sich vor 4 Wochen zuerst hier vorstellte, geschwollen und nach hinten von derselben noch eine Lymphdrüse. Jetzt ist erstere weniger geschwollen, die letztere aber und die ganze Umgebung derselben in einem Zustande chronischer Phlegmone. In diese wird eine Incision gemacht und aus der Tiefe neben flüssigem Eiter eine eigenthümliche Masse entleert, welche aussieht wie grau-gelblicher Kalk- mörtel. Mikroskopisch untersucht bestand sie aus Leptothrix- (?) Wucherungen, deren Fäden in einer allerdings damals noch sehr unvollkommenen Kultur gewellt und stellenweise eigenthümlich verzweigt erscheinen. (Fig. 15.) . Ich lege auf diese Kultur wenig Werth; doch hat der Fall ein klinisches Interesse. Desshalb und weil er ein sel- tenes Vorkommniss ist, habe ich geglaubt, ihn anhängen zu dürfen. EN ziemlich Vorsicht F. F; A. Nährboden, auf weichen ; Die mikroskopischen Abbildungen sind sämmtlich bei ; grösserung von I Rare dass dasiiit dem neuen W: er Adolf Wolfes) in zweiter Beneration. Fig. II von einem See (s. Carl Rotemberg) in zweiter Generation. Fig. III stellt eine in der Värme BE rasch gewachsene noch junge und daher an ie Rändern occus pyog. sin, (s. Dorette Stümpfel) in üppigem Wachsthum. Vergrösserung 2'/,-reflect. Licht. 2. V. Kultur des Eiterkettencoccus (Streptococcus pyo- genes,Microbeen chapelet) aus dem Blut des pyämisch ent später verstorbenen Patienten Kannengiesser. VERTETUE a7. reflect. Licht. IX. Kultur von Strept. erysipel. Fehleisen. Impfstich in ganz wasserklarer F. P.G. gegen dunklen Hintergrund im reflect. Licht. ei detaillirte Nachbildung!) Vergrösserung 2—2'/,mal. -occus bei 20facher Vergrösserung, um die terrassenförmigen ‚Abflachungen gegen den Rand zu zeigen. Durchfallendes Licht. RR (s. Neuhaus). Vergrösserung 2mal. Durchfallendes ‘Licht. 199 Erklärung der Abbildungen. E 3 x Ra Taf. IV. Fig. XI. Kultur aus Empyem nach Thoraxschuss (& Ahlborn). Aufkeimen von Staphylococcus albus, später von aureus und noch einem unbekannten ebenfalls gelben Coccaus. . Fig. XII. Kultur des eigentlichen, gewöhnlichsten Fäul- nissmikroorganismus (Bacillus saprogenesNr. IaufF.P.A, Fig. XIII. Kultur aus dem septischenKnochenherd einer com- plicirten Fractur bei allgemeiner Sepsis (s. Ebeling). Baeill. saprogen. Nr. 3. r TaL V. Fig. ıunda, Mikroskopische Bilder von Staphylococcus (aureus und albus, welche mikroskopisch nicht zu unterscheiden sind).. Fig. I stellt junge 24stündige, Fig. 2 Monate alte Coccen dar, Fig. 3, Mikroskop. Bild des Eiterkettencoccus. Fig. 4. Mikroskopisches Bild von Strept. Erysip. Fehleisen von der Kultur in Gelatine. Fig. 5. Mikroskop. Bild des Mikrococcus pyogenes tenuis von einem Empyem (s. Schütze), Fig. 6. Mikroskop. Bild eines rasch aber mit wenig Fäul.- nissgeruch den Nährboden zersetzenden Bacillus. Zu- fällige Einsaat, Fig. 7. Mikroskop. Bild des Bac. saprog. Nr. 1. Fig. 8. Mikroskop. Bild des Bacill. von stinkendem Fuss- schweiss (s. Scheidemann). (Bacill. saprogen. Nr, 2.) Fig. 9. Mikrosk.Bild vonkleinenCoccenvoneinerKultur der Zahnfäulniss. Fig. 171. Mikrosk. Bild des Bacill, saprogen. Nr. 3. Fig. ı1. Bacillus aus einem putriden Knochenabscess bei all- gemeiner Sepsis (s. Binnewiss). Fig. ı2. Bacillen bei brandigem, progressivem Emphysem aus dem Gewebe (s Franz Fust). = Fig. 13. Bacillen bei brandigem, progressivem Emphysem aus dem Gewebe (s. Melusine Lücke). | Fig. 14. Mikroskopisches Bild des Coccus, welcher das Finger- Erysipeloid bewirkt. i Fig.ı5. Mikroorganismus von einer mörtelähnlichenbreiigen Masse aus einem Abscess am Hals cultivirt. Leptothrix (?) (s. Helene Reiter.) —— — | | F.J.Rosenbach, Mikroorganismen bei Wundinfectionskrankheiten des Menschen au) i 4 3 a 3 & | SL. ns — . ei ei BEE AN FR Lies Amt x Werner Winsen, Praskfirt ©. infectionskrankheiten des Menscheı bei Wund nismen Rare nn De er gen En en F.J.Rosenbach, Mikroorganismen bei Wundinfectionskrankheiten des Menschen nismen bei Wundinfeetionskrankheiten des Menschen « REN ER NR j 6 & en x‘ N € ER: ir EN FL | ER Dr > A iten Rosenbach, Friedrich Julius Mikro-organismen bei den Wund-Infections-Krankhe des Menschen weed AR: iu PLEASE DO NOT REMOVE CARDS OR SLIPS FROM THIS POCKET al \ er 3 ren 7 Ana naar UNIVERSITY OF TORONTO LIBRARY RE TFNRS I \ \ BP. OR RI Ah A an. Bi EEE (AN ehr jet n KRESRN: REnTeR Seas BIT a NE re, SEIEr NEE HG BEER IEIN iR Y ' a al Klar a ui Hark ce t 2 + E = TIERen, HERE MErPRaBlE Rt u +4het ER I a he ILL ed KU RAT res 1 se 3 $% > 3