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Die Blumen, welche in der Provinz Buenos Aires vorkommen, sind zum grossen Teil aus anderen Pro- vinzen und dem Auslande aahin eingeführt, obgleich sie im Laufe der Zeit sich bedeutend ausgebreitet haben, so dass man anfänglich glauben könnte, sie hätten von undenklichen Zeiten her an dem Platz existiert. In Buenos Aires und Umgegend reichen die gemässigte und die tropische Flora in buntem Wechsel einander die Hände. Sogar eine nordische Birke, vielleicht die einzige in der ganzen Republik, behauptet stolz ihren Platz auf der Plaza Libertad. Sie ist von einem schwedischen Arzt ge- pflanzt, scheint aber etwas unentschlossen zu sein, ob sie im Juli, dem Winter Argentiniens, ihren Schmuck fallen lassen soll oder nicht. Mehrere Arten von Palmen giebt es und Akazien, Eucalyptus mit hohen rinde- losen Stämmen, Weiden mit langen niederhängenden Zweigen, Cedern, Fichtenarten, Hecken von Nerium, unsern Fliederhecken entsprechend, obgleich höher, im reichen Blumenschmuck zweimal im Jahr, Jasmin, selbst unser nordischer, sowie der von Paraguay mit seinen kleinen zart duftenden Blumen. In den Pampas trifft man auch hier und da den Ombu, einen Baum mit üppigem glänzenden Blätterschmuck und unge- wöhnlich knorrigem Stamm. Früchte vielerlei Art werden reichlich erzielt und machen fast das ganze Jahr ein tägliches Gericht auf dem argen- tinischen Tische aus. Von diesen mögen Weintrauben, Pfirsiche, beson- ders zahlreich, Äpfel (reif im Februar und Anfang März), Kirschen (reif Ende November), Birnen, Feigen, Oliven, Pflaumen, Citronen, Apfelsinen und viele andere genannt werden. Unsere Waldbeeren giebt es in dem Lande nicht anders, als zuweilen in eingemachter Form, zum grossen Leidwesen im Sommer beim Mineralwassertrinken und speziell für uns Nordländer, wenn eine skandinavische Hausmutter auf den guten -Ge- danken verfällt, auf Pfannkuchen einzuladen. Es ist den nordischen Exportvereinen vorbehalten, diesem fühlbaren Bedarf abzuhelfen. Von Getreidearten werden Weizen und Mais in ungeheuer grossem Masse angebaut. Einige in den übrigen Provinzen vorkommende gewöhnliche Baum- arten mögen hier genannt werden, viele von ihnen mit indianischem Namen: Curupi, Milchbaum, (Sapium aucuparium), Samuhü, auf spanisch palo boracho, die betrunkene Stange, (Chorisia insignis), Guayaivil (Pata- gonula americana), Virapitä mine (Dephropsis), Ivirapepe (Holocalyx balanceae), Niandubey (Prosopis Algarrobilla), Sauce colorado (Salix Humboldtiana), Timbö colorado (Enterolobium timbauba), Quebracho blanco (Aspidosperma quebracho), Viramina (Daphnopsis), Espina de 33 Corona Christi, Dorn von der Krone Christi, (Garugandra amorphoides), Laurel amarillo (Ocotea suaveolens), Ivapöy (Ficus), Palma negra (Coper- nicea cerifera), Yucari putä (Acacia riparia), Tembetarimi (Zanthoxylum), Sangre de drago (Croton succeirubrus), Ramo (Cupania vernalis), Nogal (Juglans australis), Gamboata (Cupania uruguensis), Guabirobä (Campo- manesia crenata), Pindö (Cocos australis), und nicht zu vergessen Yerba mate (Iex Bonplandiana), den südamerikanischen Theestrauch, dessen Blätter die Indianerinnen, meistens in Paraguay, in der Sonne trocknen, zu Pulver zermahlen und dann als Thee gebrauchen. Eine getrocknete Fruchtschale, Mate genannt, mit eimer Röhre aus Silber, „la bombilla,“ wird zur Hälfte mit Yerba gefüllt, etwas Streuzucker hinzugethan, und darauf das Gefäss mit kochendem Wasser gefüllt. Durch die Röhre wird das dem Thee ähnelnde Getränk herausgesogen. In ganz Südamerika, sowohl in reichen als armen Familien, in den Städten als auch besonders auf dem Lande wird dieses Getränk verwendet. Was dem Europäer weniger appetitlich erscheint, ist, dass der Mate, nachdem derselbe ausge- sogen ist, aufs Neue präpariert und einem Andern angeboten wird, ohne dass die Röhre inzwischen geremigt wurde Man gewöhnt sich bald an dieses Getränk, und geniesst es mit gutem Geschmack. Die Fauna ist in Argentinien gleich der Flora reich vertreten. Von zahmen Tieren kommen am zahlreichsten Schafe, Rinder, Pferde, Ziegen und Maulesel vor, alle von Europa eingeführt. Die wertvollen Llamas (Auchenia lama und Guanaco) treten zahlreich im ganzen Gebiet sowohl in zahmem wie in wildem Zustand auf. Eine andere Art (Auchenia vicugna) gehört den Berggegenden an. Von wilden Tieren mögen genannt werden der anspruchslose südamerikanische Löwe, von den Indianern Pumä genannt; der Tiger, der Pampaswolf (Canis yubatus), Biber, Otter, Oso hormiguero oder Ameisenbär, Tapir (tapirus suillus), Sumpischwein, el carpincho, etwas einer gewaltigen Ratte gleichend, Fuchs el zorro, Hase tuco-tuco, (Ctenomys), welches Tier den Boden untergräbt, das Gürteltier und mehrere. Im Chaco treten grosse Heerden von Wild- schweimen auf. Von den Vögeln mag vor allen der Strauss genannt werden, Avestruz, welcher eine Zierde der Pampa-Ebenen ausmacht. Seine Farbe ist gewöhnlich grau; sein Federschmuck viel weniger wert, als der des afrikanischen Bruders. Beständig sieht man grosse Heerden derselben, wenn man über die Grasfelder reitet oder mit der Volanta fährt. Ihnen zu nahen ist unmöglich, wie sehr man sich auch bemühe. Interessant ist es auch, ihr Hecken zu beobachten. Der Hahn brütet die Eier aus. Wenn er meint, dass die Hühner genug gelegt haben, treibt er sie mit Hieb und Schlag fort, und sie entfernen sich dann, betrübt in 3 Gedanken an die Unbeständigkeit des ehelichen Glückes, und legen gleich- gültig gegen alles in der Welt den Rest ihrer Eier hier und da auf das Feld, sofern sie nicht einen andern Strausskavalier finden, der sie freund- lich in seine Wohnung einladet. Derjenige, welcher sie forttreibt, ordnet nun die Eier dicht aneinander und zwei derselben setzt er neben das Nest. Weshalb mag das sein? Nachdem er die Jungen ausgebrütet, hackt er eine grosse Öffnung in diese Eier, damit die überall zahlreich vorkommenden Fliegen sich dort niederlassen mögen und die Straussen- kinder auf die Weise einen beständig wohlgedeckten Tisch haben. Zahl- reicher als die Strausse kommen die Rebhühner, die sogenannten Perdicas, in den Pampas vor, zur Freude des Fuchses und der Wildkatze; in grosser Anzahl tritt auch Teru-teru auf, eime Art Kibitz. In den Flüssen und „los pozos“ oder Weihern giebt es Schwäne, sowohl weisse wie schwarze und weisse mit schwarzen Hälsen, und an den Ufern Sumpfvögel in un- zähligen Variationen. Am zahlreichsten sind die kleinen Vögel vertreten, aber es finden sich unter ihnen äusserst wenige unserer lieblichen Sänger. Ferner ist der Condor zu nennen, welcher majestätisch über dem Felsen- rücken der Anden kreist, und gierig dem Guanaco nachspäht, und der Geier, der Adler, und im südlichen Teil des Landes der gewaltige Albatros, der Pinguin und hundert andere Arten. Nebenbei mag erwähnt werden, dass unsere Krähe und Elster unter einer Schaar von ausländischen Ver- wandten ganz vornehm aussehen, wo sie im Tiergarten von Buenos- Aires einen Käfig einnehmen, und sich von neugierigen Blicken bewun- dern lassen. Argentinien scheint das gelobte Land der Insekten zu sein, denn in unglaublicher Menge treten sie da auf. In den warmen, aber dunklen Sommernächten sieht man überall, wo es Grasflächen giebt, den unauf- hörlichen Tanz der Feuerfliegen nach der Musik von Fröschen und Grillen. Die südländische Sommernacht träumt nicht lächelnd und mild, wie die nordländische; das Leben der Natur pulsiert da unabgebrochen laut, leidenschaftlich und glühend. Man muss sich vorsehen, in niedrigen Schuhen zu gehen, wo es Gras giebt, oder sich auf den einladenden Gras- flächen im Hochsommer niederzulassen, denn auf fast jedem Grashalm findet sich zu Millionen das beinahe mikroskopische Coloradoinsekt, welches sich unter die Haut frisst, sich dort vermehrt und ein unleidliches Jucken verursacht. Erst nach ungefähr einem Monat sterben sie ab. Von Plagegeistern haben wir weiter die unausstehlichen Moskitos oder Mücken. Im Sommer ohne Moskitonetz um das Bett zu schlafen ist fast unmöglich. Die argentinische Mücke hat nicht, wie die finnische, die Freundlichkeit, durch Gesang ihre Ankunft bekannt zu machen; nein, wie 35 ein Meuchelmörder in der Nacht lässt sie sich nieder, sticht und ver- schwindet. Furchtbar für den Landmann ist die Logusta, die Heu- schrecke, die, wenn sie sich zu Millionen auf ein Getreidefeld niederlässt, kaum einen grünen Halm nachlässt. Es ist interessant, die Wolken von Heuschrecken zu sehen, welche in der heissen Jahreszeit zuweilen vorüber- ziehen. Ein Schwarm von sehr kleinen fiel eines Sommerabends 1889 auf Buenos Aires nieder. Die Fenster und Thüren offen zu halten, um die Abendkühle hereinzulassen, wie es wünschenswert gewesen wäre, war unthunlich, wenn man die Lampe angezündet haben wollte. Am folgen- den Morgen, als die Strassen gefegt wurden, sammelte man grosse Haufen derselben, welche sich an den Gasflammen zu Tode gebrannt hatten. Dass die Fliegen in Argentinien vortrefflich gedeihen, versteht sich von selbst. Schmetterlinge in grossartigen und leuchtenden Gewändern giebt es in Menge. Die Motten sind sehr lästige und schwer von der Garderobe fern zu halten, der sie vielen Schaden thun. In den nördlichen Teilen des Landes giebt es grosse giftige Spinnen, welche sogar den Menschen angreilen. Auf dem Boden wimmelt es von kleinen kriechenden Tieren aller Art. Von grosser zukünftiger Bedeutung für das Land sind die reichen Schätze der Berge. Mineralreich sind zumeist die Provinzen an den Anden. Die Gebirge bestehen hauptsächlich aus Gneis und Granit; grosse Quarz- gänge kommen auch vor, und in der Provinz Cordoba besonders Kalk- stein und Marmor von verschiedener Farbe. Gold wird an mehreren Orten im Lande angetroffen; gleichfalls gediegenes Silber. Kupfer und Eisenerz giebt es in grossen Mengen, jedoch existiert noch keine einheimische Eisenindustrie in Argentinien. Ausserordentlich reiche Steinkohlenlager giebt es, aber bis jetzt so gut wie unerschlossen; Asphalt und Petroleum gleichfalls. In der Nähe von Uspalata in den Anden, wo die noch nicht fertige transandinische Bahn vorüberzieht, hat man nicht weniger als zehn Petroleumquellen von bedeutendem Reichtum gefunden. Die Stadt Mendoza wird seit einigen Jahren mit Petroleumgas erleuchtet. In unbegrenzter Menge kommen Salzlager vor. Bleiglanz und Schwefelkies findet man auch bedeutend, gleichwie Bucarit, Kaolin, Graphit u. s. w. Wenn ihr mehr Sorgfalt gewidmet wird, muss die Minenindustrie dem Lande kolossale Einkünfte schenken. Argentiniens wichtigste Erwerbszweige sind jetzt Viehzucht und Landwirtschaft. Es giebt in der Republik 27 Millionen zahmes Horn- vieh, 83 Millionen Schafe, 5Y. Millionen Pferde, 2% Millionen Ziegen, 547700 Maulesel, 233000 Strausse, 60000 Llamas. Der Export von lebendem Rindvieh übersteigt jährlich 200000 Stück. Von konserviertem ge Fleisch werden jährlich 60 Millionen Kilogramm ausgeführt. Meiereien giebt es bis jetzt äusserst wenige. Die wichtigsten Getreidearten sind Weizen und Mais, wovon jährlich ungefähr 300000 Tons ausgeführt werden. Flachs, Gerste, Wein, Zuckerrohr, Taback und Kaffe hat man in den letzten Jahren begonnen mehr zu kultivieren. Am besten angebaut sind die Provinzen Buenos Aires und Santa Fe. Jede Art industrieller Thätiekeit befindet sich noch in den Windeln, weshalb das Land darauf angewiesen ist, seinen Bedarf durch die europäische Produktion zu decken. Argentinien befreite sich von dem spanischen Joch durch einen am 25. Mai 1810 begonnenen, langdauernden Kriegs, an dessen Spitze der Freiheitsheld, General San Martin, stand, und erklärte nach dem Schlusse desselben am 9. Juli 1816 auf dem Kongress zu Tucuman seine politische Selbständigkeit. Die republikanische Staatsverfassung wurde nach nord- amerikanischem Muster gebildet. Das Land wird in vierzehn Provinzen und neun Territorien eingeteilt. Die Provinzen von Norden nach Süden gerechnet sind Jujuy, Salta, Tucuman, Catamarca, Santiago del Estero, Santa Fe, Corrientes, Entre Rios, Rioja, San Juan, Cordoba, Mendoza, San Luis und Buenos Aires. Die Hauptstädte dieser Provinzen, in welchen die lokale Provinzverwaltung ihren Sitz hat, tragen den Namen nach den Provinzen, mit Ausnahme von Buenos Aires, deren Hauptstadt La Plata ist, und Entre Rios mit Parana als Hauptstadt. Die Territorien sind Formosa, Gran Chaco, Misiones, Gran Pampa, Neuquen, Rio Negro, Chubut, Santa Cruz und Tierra del Fuego, oder Feuerland. Jedes Terri- torium wird zu dem Range und der Würde einer Provinz erhöht, sobald seine Bevölkerung auf 60000 Weisse gestiegen ist. Das Land hat ausgezeichnete Gesetze, aber ihre Befolgung giebt sehr oft Veranlassung zu den bittersten Anmerkungen. Jede Provinz hat ihre Regierung, einen Gouverneur mit zwei bis drei Ministern, und eine gesetzgebende Versammlung, verteilt auf zwei Kammern, und kann frei über ihre inneren Angelegenheiten bestimmen; jedoch bilden alle Provinzen eine einzige unteilbare Republik mit gemein- samer gesetzgebender Versammlung (dem Kongress), Regierung und Ober- gericht. Die Mitglieder des Kongresses bestehen aus 30 Senatoren und 86 Deputirten. Der Präsident, der am 12. Oktober, dem Jahrestage der Entdeckung Amerikas, installiert wird, wird auf 6 Jahre gewählt und ist erst nach der nächstfolgenden sechsjährigen Periode wieder wählbar. Zum Nationalkongress sendet jede der vierzehn Provinzen zwei Senatoren, welche durch Rlektoren gewählt werden, die Hauptstadt der Republik auch zwei. Die Deputierten werden durch direkte Wahl des Volks aus- ersehen für Kreise von 10—20000 Einwohnern. Eines Senators jähr- 37 liches Gehalt beträgt 48000 #. Die Sessionszeit ist vom 1. Mai bis 30. September. Verschiedene Rassen und Volksstämme bilden die argentinische Nation, aber das spanische Element ist doch das überwiegende und hat derselben sein Gepräge aufgedrückt. Das Hochspanische, la lengua castellana, ist die officielle Sprache des Landes. Der Unterschied zwischen Spaniern und Argentiniern ist jedoch schon ziemlich gross wegen der Vermischung der letzteren mit anderen Volksstämmen, zum Beispiel mit den germanischen; selbst in der Sprache bemerkt man bedeutende Un- gleichheiten, besonders was die Aussprache betrifft. Die Ureinwohner Südamerikas, die Indianer, welche über die weitgestreckten Pampas herrschten, und einmal ganz mächtig waren, mit einer gewissen Kultur (das Kaiserreich der Incas), werden fortwährend immermehr zurückge- drängt nach den unzugänglichen Berggegenden und Einöden, werden geschwächt und sterben aus. Dasselbe geschieht ohne Zweifel den Gauchos (ursprünglich Mischlingen von Spaniern und Indianern), da wo der ge- waltige europäische Einwanderungsstrom sich ausbreitet. Die Civilisation ist ihnen zu mächtig; Kenntnisse, Fleiss und Energie besiegen hier, wie überall in der Welt, Dummheit, Faulheit und Unlust. Langwierige und blutige Fehden sind zwischen den Indianern und den Christen in Argentinien ausgefochten worden und endeten mit der Besiegung und Zurückdrängung der Ersteren. Einer meiner argentinischen Bekannten, der Oberste Solano, welcher an mehreren Expeditionen gegen die Indianer teilnahm, hat mir manche interessante Episoden aus den- selben erzählt. Dass die Erbitterung der Indianer gegen die Christen (huineä) zur Raserei ausartete, geht aus manchen derselben hervor. In den fünfziger bis sechsziger Jahren fanden mehrere harte Kämpfe mit dem letzten Pampakaiser, Callvucurä dem Grossen, statt (Callvu, blau; eurä, Stein), welcher schliesslich 1872 in der Schlacht bei San Carlos be- siegt wurde und kurz darauf starb. Sein Bruder Namuncurä (Namun, Fuss; curä, Stein), 65 Jahre alt, der Erbe des Kaiserreiches Pampa, lebt noch in Buenos Aires mit einer Tochter, in Sehnsucht nach seinen Freun- den und seiner Freiheit. Der Sohn eines Kaziken wurde im Jesuiten- kollegium San Jose in Buenos Aires erzogen und bestand vor einigen Jahren die Doktorprüfung an der Universität. Einer seiner früheren Schulkameraden erzählte mir, dass er stets grosses Interesse an den Studien zeigte und besonders intelligent war. Die südamerikanischen Indianer haben eine dunkelbraune Haut und schwarzes, nachlässig herunter hängendes Haar; jedoch hat der Oberste Solano in Patagonien Indianer mit hellbraunem Haar getroffen. Ihr Kopf SSR ist vorn und hinten abgeplattet, die Augen sind oft ganz hübsch. Frauen- typen giebt es, die wirkliche Schönheiten sind. In Buenos Aires sieht man ganz viele „gebildete“ Indianer oder richtiger gesagt, zahme, unter ihnen einige des schönen Geschlechts, die sich noch im Gesicht mit blauen und grünen Strichen, welche kleine Vierecke bilden, zu tättowieren lieben; sie sehen ganz scherzhaft aus. Die Indianer im wilden Zustande werden in Stämme eingeteilt mit einem Kaziken oder Häuptling an der Spitze, welcher eigenmächtig alle Angelegenheiten des Stammes verwaltet und dem die übrigen Mitglieder desselben blind gehorchen müssen. Die Individuen und Stämme haben Namen nach Naturgegenständen, Tieren oder dergleichen, wie Milla Leuvü, der Goldfluss, Cure Leuyuü, der schwarze Fluss, Carüu Mahuida, die grüne Anhöhe, Nahuel Pichi, der kleine Tiger, Pumä Quintun, der Löwenjäger, Gner, der Fuchs, Choique, der Strauss, Njanqu, der Adler, Mangue, der Condor, Huemul, die Ziege, Luän, Llama, Curüu Loncö, der schwarze Kopf, Millä Pulqui, der goldene Bogen, Carü Pan, die grüne Schulter, Curü Picht, der kleine Schwarze, u. s w. oder nach Orten, z. B. Nahuel Mapü, das Tigerland, Melincue, die vier Kar- toffeln (von meli, vier und cue, Kartoffel). Von den Indianersprachen wird das Guarani eine der am meisten verbreitesten in Südamerika sein. Von dem Gaucho, dem argentinischen Bauern wäre viel zu sagen, aber nur einige lose Züge aus seinem Leben mögen hier gezeigt werden. Er besitzt eine gewisse angeborene Noblesse, ist ehrlich und gradezu, und gegen den Fremden gastfrei und wohlwollend; in der Gefahr bewahrt er unerschütterliche Ruhe. Nur wenn er berauscht ist oder gereizt wird, ist er zu fürchten; Dolch und Revolver werden dann ohne Rücksicht auf des Gegners Leben gebraucht. Einen Unbewaffneten fällt er jedoch weder an, noch schleicht er sich an seinen Gegner heran. Er ist mehr weich- als hartherzig. Da er Gesang und Musik sehr liebt, geschieht es, dass er beim Auhören eines hübschen wehmütigen Gesanges zu Thränen gerührt wird. Der argentinische Gaucho besitzt sogar viele Lieder, reich an schönen poetischen Gedanken, obgleich die Form oft mangelhaft und steif ist. Er besinst der Jugend glühende Liebe, des Weibes Reiz, des Mannes Mut und kriegerische Thaten, seinen Kampf gegen die Indianer und die wilden Tiere, die Einsamkeit auf dem end- losen Feld der Pampas, die Pracht des Sternenhimmels und den Aufsang der Sonne über die taubenetzten Ebenen. An den vaterländischen Fest- tagen kleidet er sich im ein Festgewand, erfasst die Guitarre, seine unzer- trennliche Freundin, und singt seiner Familie von der Freiheit, wie schön sie ist, von Siegen und einem ehrenvollen Tod für das geliebte Vaterland. Er versteht sogar die Guitarre auf eine besonders ansprechende Weise zu behandeln, und wie sollte er das nicht, seine Herzensangelegenheiten werden oft mittelst ihrer sanften Sprache verrichtet. Ergriffen von der Schönheit einer paisanita (Landsmännin), besucht er am Abend ihren rancho (Hütte), und singt ihr vor dessen Fenster seines Herzens ganze Liebe. Wird die Thür geöffnet, und ein freundliches „entre, amigo“ er- reicht sein Ohr, so weiss er, dass die Liebeserklärung wohl aufgenommen wurde, auch von Mama und Papa, und er tritt überglücklich in den rancho ein, wo er mit Mate und Wein bewirtet wird. Eine Begebenheit im Leben der Pampa ist ein Besuch des Priesters an dem Ort. Jeder in der Umgegend hat dann ein Anliegen an ihn, denn sehr selten ist eine solche Person da draussen zu haben. Einer der reicheren Gauchos hat die Ehre dieses Besuchs, und dieser sendet nun Boten herum, dass der sacerdote dann oder dann auf seiner estancia (Landgut) eintreffen wird. Eine Menge Landleute mit ihren Familien findet sich an dem Tage ein. Da kommt der junge Gaucho mit seiner neu erworbenen Braut, welche er mit kräftigem Arm auf dem Rücken des wilden Renners festhält, dort ein Anderer mit einem kleinen Jungen auf dem Arm. Selbst eine Menge „viejas“ (alte Weiber) kommen, um zu beichten und das Sakrament zu empfangen. Als eine Eigentümlichkeit mag die Sitte genannt werden, welche noch in den entlegeneren Teilen der Pampas herrscht, nämlich dass man sich beim Anblick eines toten Kindes freut, und Tänze um dessen Bahre ausführt, denn, sagt der Gaucho, mein Kind ist nun ein Engel; die Nachbaren pflegen sogar die Leiche zu leihen und um den kleinen „Engel“ Freudentänze aufzuführen. — Nach der Ernte, der Schlachterei und der Schafschur werden immer Festlichkeiten mit Wett- rennen (carreras), Tanz und Gesang angeordnet. Ein gewöhnlicher Tanz ist der s. g. „pericon nacional,“ eine Art Quadrillee Unter den Gesängen ist der allgemeinste der „milonga,“ in welchem zwei Personen mit Guitarr- und Mandolinbegleitung abwechselnd improvisieren, oft recht erfinderisch und witzig, ein Jeder alle Kraft aufbietend, um so treffend wie möglich dem Kameraden zu antworten. Da die Witze eine Lachsalve nach der andern hervorrufen und die Gegenpartei sich von dem Scherz getroffen fühlt, kommt es vor, dass Streit entsteht, aber einige wenige Augenblicke und er ist von den Umstehenden beigelegt. Als Reiter excelliert der Gaucho, ebenso in der Handhabung des Lasso und der Kugeln, mit welchen Geräten er das halbwilde Vieh und sogar wilde Thiere fängt. Afrikaner giebt es in Argentinien auch seit den Tagen der Sklaverei, aber sie scheinen da nicht gut zu gedeihen, denn die Statistik zeigt, dass ihre Anzahl sich von Jahr zu Jahr vermindert. Neger und Mulatten sind 40 im Allgemeinen auf Diener-, Kutscher-, Portier-- und Mägdeplätze ange- wiesen. In dem Hause, welches ich bewohnte, war des Portiers „Don Matteos“ Frau — geborene Prinzessin — nun als Köchin des Hauses engagiert. Ihr Vater, ein hochgeborener Fürst Westafrikas, wurde von Sklavenhändlern nach Brasilien gebracht, wo er sich später verheiratete. Sie, die Tochter, floh von Rio de Janeiro, bevor die Sklaverei dort auf- gehoben wurde. Die arme Dona Nicolasa beklagte oft, dass sie nichts von ihren Verwandten auf der andern Seite des grossen Wassers zu hören bekäme. Mit Bitterkeit sprach sie von der Weise, womit Menschen Menschen behandeln. — Zum Unterschied von den Indianern sind die Neger ausserordentlich schwatzhaft und affektiert, oft sogar bis aufs Äusserste hochmütig. Sie sind alle Kinder des Tages, freuen sich und lachen, so lange sie etwas zu leben haben, aber denken niemals an einen kommenden schweren Tag, da es gut wäre, die für Luxus verschleuderten Mittel noch zu besitzen. So lud Don Matteo auf eine Menge Flaschen Champagner ein, als er seiner Tochter Hochzeit feierte, obgleich er nur ein armer Portier war. Dona Nicolasa war in ein rauschendes schwarzes Seidengewand gekleidet und hatte eine rote Rose in dem wolligen Haar. Nach der kirchlichen Trauung versammelten sich alle Gäste in der Küche, die meisten der Damen in Seide gekleidet. Es war sehr interessant, die lebhafte Gesellschaft beim schäumenden Champagnerglas zu sehen. — Lauter schwarze Gestalten mit glänzend weissen, den ganzen Abend sicht- baren Zahnreihen; die Freude ging hoch! — Das Gespräch bewegte sich um alles mögliche durcheinander. ,„O, dios mio (mein Gott) wie ent- zückend ist die Patti! Und die Senora Judic erst? O, es ist nicht so weit nach Europa; erst nach Rio de Janeiro und dann ein Stück zur Seite. Ja, es wäre wirklich nett Paris zu besuchen.“ Plötzlich tritt Don Matteos jüngstes achtjähriges Mädchen vor, indem sie der Dona Nicolasa Grimassen schneidet unter dem Ausruf „que mona“ (welcher Affe)! In fürstlicher Wut eilt die korpulente Doüa hinter der listigen Kleinen her, welche sie in dem patio (Hof) beim Marmorbrunnen erfasst. Auf dem Mosaikfussboden liegt bald die schwarze Gruppe, und nur das seidene Kleid giebt zu erkennen, dass die Besitzerin in lebhafter Bewegung ist. Von Selina (dem kleinen Mädchen), sieht man nur den kleinen wolligen Kopf. Aber bald ist sie wieder frei und schneidet nun noch mehr Grimassen und versteht wohl sich vor einem erneuerten Überfall zu schützen. Einige Augenblicke weiter und die ganze Sache ist vergessen. Danach führte ein im Hause wohnender gemütlicher Maschinist aus Dalekarlien auf der Violine eine Menge Polkas und Walzer aus, und bald war die schwarze Schar in vollem Tanz auf dem patio. Die grossen 41 hochroten Fächer kamen in lebhafte Bewegung, und eine Menge atem- loser Stimmen bekomplimentierten den typischen schwedischen Bauern- spielmann, welcher darauf mit dem Champagnerglas in der Hand in dem ungereimtesten Kauderwelsch zu seinen „afrikanischen“ Brüdern und Schwestern sprach. Am andern Tage suchte Don Matteo die leeren Flaschen an umherziehende Aufkäufer zu verkaufen. Das Grossstadtleben ist kosmopolitisch und steht unter grossem Einfluss der europäischen Sitten und Gebräuche. Dies gilt hauptsächlich für Buenos Aires, wohin jährlich manche Tausend Europäer strömen; doch kommen im Familien- leben noch manche alte traditionelle spanische Gebräuche vor, obgleich man anfänst, immer weniger auf dieselben zu halten. Aller Adel wurde bei der. Proklamation der Republik abgeschafft und die Geldaristokratie nahm dessen Platz ein. Der Luxus ist ungeheuer, in vielen Fällen den Pariser übertreffend; die Bildung, besonders die gelehrte, ausserordentlich äusserlich, obgleich der Argentinier, lebhaft und intelligent, oft diesen Mangel auf eine besonders bezeichnende Weise zu verbergen versteht. Manche argentinische junge Herren erinnern bei verschiedenen Gelegen- heiten an dummstolze finnische Bauernjungen in angeregter Stimmung, wenn man sich diese letzteren mit dunklen Augen und Haaren denkt, etwas bucklig, schmalschultrig, klein und dick, gekleidet in kostbaren An- 8, zügen nach der letzten londoner und pariser Mode. Auf eines Argen- tiniers Wort ist im Allgemeinen nicht allzuviel Verlass; aus lauter augen- blicklicher Höflichkeit kann er Gold und grüne Wälder versprechen, Ver- sprechen, welche er niemals zu halten denkt. Der Satz, „Der Zweck heiligt das Mittel“ besitzt auch in Argentinien grosse praktische Verwen- dung, besonders im Geschäftsleben. Ausserdem ist der Argentinier leicht- sinnig, gleichgültig gegen Pflichterfüllung, egoistisch bis zur Unehrlich- keit, veränderlich in der Gesinnung und in seinem politischen Auftreten pomphaft und wichtig, mit den Armen und Phrasen um sich werfend. Was die argentinische Frau betrifft, so tritt sie mehr zu ihrem Vor- teil hervor, und besitzt unbestreitbar einen besseren Charakter, als der Mann. Sie ist allerdings sehr luxusliebend, gefallsüchtig, bequem und beteiligt sich fast gar nicht an den Angelegenheiten des öffentlichen Lebens, wenn man ihre Wirksamkeit auf dem Gebiet des Wohlthuns aus- nimmt. Die argentinische Frau will nichts von der Frauenemancipation wissen. Aber ihre guten Eigenschaften wägen vielfach die Fehler auf, welche oft von der fehlenden Bildung verursacht werden. Mit einem schönen Äussern vereinigt die Argentinierin eine feine weibliche Anmut, welche jedem gefallen muss, obgleich es keine Regel ohne Ausnahme giebt. Im öffentlichen Leben erscheint sie etwas hochmütig und kokett, aber im Familienkreis ist sie ganz anders, offen und ungezwungen, leb- haft, fröhlich und liebenswürdig, mit einem Wort betörend. Die Argen- tinierin besitzt einen ausgesuchten Geschmack sich zu kleiden, ja, es wird behauptet, dass sie sogar die Französinnen übertrifft. Sie hält sich viel zu Hause, während ihre lieben Brüder schon in den Knabenjahren unter Geschrei und Lärm auf Strassen und Gassen umherstreifen. Das Klavierspiel ist allgemein unter den gebil- deten Senoritas, aber sie besitzen keine Ausdauer; das habe ich von Paulig gehört, einem hervorragenden italienischen Pianisten, welcher seit einigen Jahren in Buenos Aires ansässig ist, wo er einen grossen Ruf als Klavierlehrer besitzt. Nebenher mag erwähnt werden, dass er ein früherer Schulkamerad und intimer Freund des bekannten Pianisten Busoni ist. Im allgemeinen spielen die Argentinierinnen Walzer und leichte Sachen mit Vorliebe. Selbst mit der Malerei beschäftigen sie sich, aber immerhin ist der Rahmen in den meisten Fällen das hübschste des ganzen Bildes. In den Wohnungen der reichen Familien findet man kostbare Möbeln und Kuustgegenstände, aber die Anordnungen zeugen in diesem Falle im ganzen nicht von gutem Geschmack. Im allgemeinen tanzt man in den argentinischen Familien weniger, und immer auf dem Teppich. Der Walzer wird sehr langsam getanzt und wechselt mit der Promenade ab. Die Argentinierin tanzt die Habanera auf ausgesucht feine Weise; auch Schottisch, Polka, Mazurka und Frangaise. Während der Saison hat die Oper die meiste Anziehungskraft unter den Vergnügungen; zugleich ist sie der Versammlungsplatz für la cröme de la societe. Auch die Kirchen liebt die Argentinierin zu besuchen, aber es dürfte nicht allein der Eifer für die Religion sein, welcher sie dorthin zieht; mit einem Kirchgang können auch andere Interessen vereinigt werden. Wie es sich wirklich mit den Kirchgängen der Damen und ihren Motiven dazu verhält, lasse ich unentschieden, da ich kein Herzenserforscher bin, aber was die der jungen Männer betrifft, so weiss ich mit Bestimmtheit, dass sie ausschliess- lich der jungen Damen wegen vorgenommen werden. — So viel habe ich indessen bemerkt, dass das dunkle Auge nicht so warm vor Marias antikem luxuriös drapiertem Bild erglüht, wie vor einem lebendigen Joseph in einem pariser Kostüm. Von grossem schädlichen Einfluss auf die mora- lische Ausbildung und Veredlung des Charakters der jungen Männer ist ohne Zweifel die grosse Isolierung, welche von der frühesten Jugend an zwischen Knaben und Mädchen herrscht. Jene werden gewöhnlich in den Jesuitenschulen erzogen, wo sie Tag und Nacht bleiben, während sie nur an Sonntagen und in den Ferien sich im Hause aufhalten dürfen. Moderne Elementarschulen gewinnen jedoch immer mehr Ausbreitung. Den argentinischen Schulknaben ist das Rauchen erlaubt; jedoch dürfte das heimliche Rauchen in den finnischen Knabenschulen grösser sein, als das erlaubte in den argentinischen. Die Jahresprüfung in den Staats- schulen wird am 5. Dezember abgehalten. Ich wohnte vor zwei Jahren derjenigen im Collegio nacional, welches einem unserer Lyceen entspricht, bei, und es interessierte mich besonders den Geographieunterricht in einer der Klassen anzuhören, weil die Geographie Nordeuropas behandelt wer- den sollte. Einige Kleinigkeiten wussten sie allerdings aus der Geographie Finlands, aber die Aussprache der Namen war ein solches Abrakadabra, dass ich es schwer hatte den wirklichen Namen des Ortes zu erraten. Ich beklage die jungen Herren auf ihren Touristenfahrten in Finland. Hymens Band in Argentinien zu knüpfen ist nicht immer leicht, denn Viele haben mit der Sache zu thun, und viele Wenn und Aber kommen in Frage Wenn ein junger Mann, welcher mit einer Familie bekannt ist, anfängt derselben Besuche ausser den gewöhnlichen Höflich- keitsbesuchen zu machen, fragt der Familienvater ihn schliesslich, ob er die Absicht hat, intimere Verbindung mit einer seiner Töchter anzu- knüpfen, (die Auserwählte kennt wohl die Ursache der Besuche) und wenn das der Fall ist, mit welcher von ihnen? Denn in vielen argentinischen Familien giebt es zwölf bis funfzehn, ja bis zwanzig Kinder. Wenn dieser darauf bejahend antwortet, werden die übrigen Mitglieder der Familie von der Sache unterrichtet, worauf ein Familienrat gehalten wird, zu welchem besonders eine Menge Tanten die Liebenswürdigkeit haben sich einzufinden. Des jungen Mannes Person, Lebensstellung, Lebensweise, Charakter, Vermögensverhältnisse und Aussichten für die Zukunft, mit einem Wort, alles, was ihn betrifft, wird nun der strengsten Kritik unter- zogen, bei welcher die Tanten sich inderthat einander überbieten. Glückt es dem Bewerber diese Feuerprobe zu bestehen, für ein liebendes Herz schauerlicher, als die Qual des Fegefeuers, so wird die Verlobung bekannt gemacht, wenn nicht, — der Korb, sofern nicht die unglückliche Braut, welche in ihrer Liebe. vieles verzeiht, vor Kummer und Verzweif- lung sterben will, alsdann einige Nachgiebigkeiten in Frage kommen und beide das ersehnte Ziel erreichen. Verlobte werden niemals mit einander allein gelassen, können nie- mals ohne Gesellschaft auf der Strasse spazieren gehen; immer haben sie die Mama der Braut, oder eine geliebte Tante mit Monokel bei sich. Die Civilehe ist seit 1888 obligatorisch in Argentinien, obgleich die kirchliche Trauung oft daneben vorkommt, weil die Braut und die Tanten es so wollen. Vor der Trauung wird die gewohnte Beichte verrichtet. Von Bekannten erfuhr ich zwei Fälle, dass der Bräutigam statt seiner 44 und in seinem Namen den Bedienten in den Beichtstuhl schickte, ohne dass der Priester das Mindeste ahnte. Frühe Ehen, die Braut 12—15 Jahre alt, der Mann ungefähr 20, kommen oft vor. Die argentinische Frau ist früh entwickelt, aber ihre jugendliche Schönheit entflieht bald. Buenos Aires, die Hauptstadt der argentinischen Republik am rechten Ufer des La plata gelegen, ist eine grosse und teilweise ganz hübsche Stadt. Sie wurde 1580 von dem Spanier Juan Garay gegründet. Anfangs bestand sie aus Lehmhütten mit Rohrschilf als Dach, aber dieses Aus- sehen behielt sie nicht lange, denn schon im Anfang des 17. Jahrhunderts wurde sie von den Indianern durch Abschiessen brennender Pfeile abge- brannt. Ihre Lage ist auf 34° 36° 21” südlicher Breite und 53° 21° 33” westlicher Länge (Greenwich), 300 Kilometer von der Flussmündung. Der längste Tag in Buenos Aires ist der 22. Dezember mit 14 Stunden und 24 Minuten, der kürzeste der 21. Juni mit 9 Stunden und 50 Minuten. Die Maximaltemperatur im Hochsommer steigt auf dreissig und einige Grade Celsius im Schatten, zuweilen auf 38°, die Minimaltemperatur fällt selten unter + 1°. Den Namen „gute Luft“ führt die Stadt nicht mit Recht wegen mangelnder Reinhaltung. Was soll man von der hygie- nischen Beschaffenheit einer Stadt von über Ys Million Einwohnern denken, wo das Kloakensystem nur teilweise in Thätigkeit ist. Es ist ein Glück, dass die „pamperos,“ heftige Sturm- und Regenschauer, oft die Stadt reinigen. Ungeachtet aller Unsauberkeit, besonders in den Arbeitervierteln, treten gleichwohl die hässlichen tropischen Pestepidemien, das gelbe Fieber und die Cholera, nur ganz selten auf. Die Strassen sind sehr schmal, und die Häuser haben meistens ein und zwei Stockwerke, im letzteren Falle immer mit einem längs des ganzen Hauses sich erstreckenden Balkon. Die Fenster des Erdgeschosses sind nach der Strasse immer mit Eisengittern versehen, mit Ausnahme der Ladenfenster. Pferdebahnen giebt es in fast allen Strassen. Die Hausdächer sind flach. An Sommer- abenden nehmen die Familienmitglieder Platz auf denselben, unterhalten sich bei einem Glase Wein, lauschen auf die rasselnde Musik der zahl- reichen Drehorgeln (glücklicherweise besser, als was die Neapolitaner uns hier in Finland bieten), und betrachten das Menschengewühl auf den Strassen. Was die Pferdebahnen betrifft, so mag erwähnt werden, dass sie wegen ihrer Grösse wirkliche Folterwerkzeuge für die Pferde sind, und dass der Kutscher die Signale durch ein infernalisches Blasen auf einem Ochsenhorn giebt, nicht durch Glocken, wie in civilisierten Städten. In den letzten Jahren sind grosse palastähnliche Häuser in Menge auf- geführt, so dass Buenos Aires sicher allmählich das Gepräge einer mo- dernen europäischen Stadt bekommt. Mehrere bepflanzte Plätze giebt es, wie die plaza Victoria mit einer um den Platz laufenden Allee von 45 Palmen. An ihm stehen die Kathedrale, die Börse, das Regierungsgebäude und das Kongresshaus, und mitten auf demselben erhebt sich das Stand- bild der Freiheitsgöttin. Von diesem Platz aus wird durch die ganze Stadt eine breite moderne Strasse, avenida de Mayo, gezogen, welche un- geheure Summen verschlingt, aber für den lebhaften Verkehr notwendig ist, welcher auf den engen Strassen 'n den centralen Teilen der Stadt herrscht. Von anderen Plätzen mögen die Plaza Constitucion (50 762 qm), Once de setiembre, San Martin, Lavalle und Libertad genannt werden, die beiden letzten die Hauptstätten für die neueste Revolution in Buenos Aires. Die Stadt besitzt auch hübsche Umgebungen, wie Palermo, das boulogner Wäldchen von Buenos Aires, Recoleta mit künstlichen Anhöhen, Wasserfällen, Teichen, einer grossartigen Cementgrotte u. s. w. Dass die Flora in diesen Parken üppig ist, braucht nicht gesagt zu werden. Villenstädte sind Belgrano und Flores, Hafenstadt ist Boca; auf der andern Seite von Belgrano liegt die Vorstadt Campana. Die Strassen der Stadt sind mit behauenen Steinen gepflastert, aber doch in schlechtem Zustand ausser im Centrum, wo viele schon mit Holz belegt sind. Grosse Export- und Importmagazine giebt es in Menge, ebenso Läden gefüllt mit Luxusartikeln, unter diesen sogar Kunstwerke von Bedeutung, welche hier einen hohen Preis erzielen. Eine Menge Kirchen giebt es ebenso, wie Theater, unter welchen die Oper den ersten Platz einnimmt, weil sie eine treue Kopie, obgleich in kleinerem Massstab, der grossen Oper in Paris ist. Ein anderes grösseres Theater, das Theater Colon, ist im Bau begriffen. In Buenos Aires haben wir Gelegenheit gehabt, mehrere der hervorragendsten Künstler der Welt zu hören, wie die ientzückende Patti, den Tenorkönig Tamagno, Sigenorina Pantaleoni, die beiden letztgenannten von der Skala in Mailand, wo sie die Hauptrollen in Verdis Othello schufen; Adalgasia Galelei, Lucia, Ernesto Rossi und nicht zu vergessen die Coquelin-Judic Tournee, Sarah Bernard, Hortense Synnerberg, hier hocherhaben und bewundert, u. m. Die Preise der Eintrittskarten sind bei solchen Gelegen- heiten ausserordentlich hoch, was wegen der hohen Honorare notwendig ist, die die Künstler sich ausbedingen. Adelina Patti z. B. hatte 50.000 Franes für den Abend. Im allgemeinen sind die Argentinier sehr vergnügungsüchtig, und eine unendliche Menge Festtage, sowohl kirchliche wie vaterländische, unterbrechen die regelmässige Arbeit. Der Karneval währt immer mehrere Tage. Ein grossartiger Blumenkorso wird jedes Jahr im November arran- giert, gewissermassen der Feier des ersten Mai bei uns im Norden ent- sprechend. Schönheit und Luxus sind bei solchen Gelegenheiten reich ver- treten. Politische Zusammenkünfte mit Prozessionen werden auch oft gehalten. 46 ll. Eine Reise nach Patagonien. In der La Plata Post, einer deutschen Zeitung in Buenos Aires finden wir die interessante Beschreibung einer Reise, welche Herr Carlos Sievers 1894 im Auftrage der Argentinischen Regierung zu Rekognos- zierungszwecken für eine Vermessung ausgeführt hatte. Er benutzte dazu einen Regierungsdampfer und lanste am dritten Tage vor dem Hafen von Chubut, Puerto Madryn, an. Die Einfahrt liest zwischen hohen Ufer- wänden und ist verhältnismässig schmal; bald jedoch erweitert sich der Kanal und bildet ein Becken oder kleinen Meerbusen von bedeutender Breite und Tiefe, geschützt durch ringsherum liegende Höhen. Diese sind etwa 30 m hoch, aber sandig, dürr, gelb und kahl. Menschen und Vieh waren nicht zu sehen, nur fünf bis sechs Holzhütten und eine kleine Muelle oder Landungsbrücke, die aber sonderbarerweise gar nicht bis ans Wasser reicht. Alles sieht tot und verlassen aus; der Ort Chubut selbst liegt auch einige Meilen landeinwärts und ist von hier aus nur mit einer Eisenbahn verbunden. Kommt man ans Land — das Schiff ankerte etwa 300 bis 400 m vom Ufer —, so empfängt man den Eindruck der Öde und Verlassenheit nur noch schärfer. Mit Verwunderung hörten wir, dass nur alle Wochen einmal, d. h., wenn es gut geht, ein Zug nach Chubut expediert wird, der dann in der nächsten Woche zurückkehrt. Auf verschiedentlichen grossen Tafeln und in allen möglichen Sprachen wird bekannt gemacht, dass kein Menschenkind, welches des Landes nicht durchaus kundig, sich ins Innere wagen soll, da auf sieben oder acht Meilen im Umkreise weder Wasser, noch menschliche Wohnungen anzutreffen sind.*) Für unser Schiff war wenig oder gar keine Ladung vorhanden, und so verliessen wir denn schon am nächsten Morgen den Hafen. Bei schönem Wetter durchkreuzten wir den als böse verschrienen Golf von San Jorge und konnten deshalb schon am nächsten Tage um 3 Uhr nachmittags in Puerto Deseado ankern. Die Marke dieses Hafens ist ein *) An der Mündung des Chubut liegt eine kleine Kolonie von Wallisern, etwa 3000 Personen, die im Jahre 1865 dahin auswanderten. Das schmale Thal bringt den besten Weizen Südamerikas hervor. Die Eisenbahn geht von Golfo Nuevo im Port Madryn nach Chubut an der Mündung des gleichnamigen Flusses und von da nach den nahebeieinander liegenden Caiman und Rawson. Sie ist die erste in Patagonien. links im Hintergrunde befindlicher Felsen, welcher durch Verwitterung eine eigentümliche Form erhalten hat, nämlich wie ein mächtiger Baum mit zwei gen Himmel gestreckten Ästen. Der Hafen, berichtet der Reisende, viel kleiner, als der von Chubut, kam mir schöner vor, denn abgesehen davon, dass Einfahrt, Wassertiefe und Windschutz vorzüglich sind, macht die Umgebung einen an- genehmeren Eindruck. Obgleich man auch nicht viel mehr als Felsen zu sehen bekommt, so sind die Häuser doch zahlreicher; wir sahen Schaf- heerden und Rinder, auch Leute zu Pferde ete. Nach Norden ist nur schroffes und zerklüftetes Felsengesten. Hier liegt eine für Argentinien sehr seltene Erscheinung, nämlich eine alte Burgruine von gelblich- weissem Mauerwerk. Die noch ziemlich gut erhaltenen Wände lassen ein längliches Viereck als Hauptgebäude mit mehreren Vorsprüngen und dazu gehörigen Türmen erkennen; sie sind noch 2—3 Meter hoch und von äusserst solider Konstruktion. Vor Jahren soll dies die Burg einer altspanischen Truppenabteilung gewesen sein, schliesslich sollen aber, so wird erzählt, die Indianer das Fort eingenommen und alles Lebende umgebracht haben. Heute findet man hier keine Wilden mehr. Das Ufer bietet mehrere sehr gute Anlegestellen für Boote, und unser Kapitän liess in liebenswürdigster Weise jeden Passagier, der es wünschte, ans Land bringen. Die Bai lag wie ein glänzender Spiegel vor uns, das Wetter war prächtig, in zwei Minuten war man am Strand. Wer Appetit hatte, konnte sich hier sofort an einem frischen Gericht sehr wohl- schmeckender Muscheln erlaben; es gab verschiedene Sorten, und man hatte nur nötig, sie von den ganz sauberen Steinen abzupflücken. Die meisten und die beste Sorte wird mit „maquinones“ bezeichnet; sie sind länglich rund, dunkelblau-schwarz, bis zu 8 Centimeter lang und halb so breit und dick. In Bahia Blanca und fast an der ganzen Küste kommen diese Muscheln ebenfalls vor, aber viel kleiner. Ihr Fleisch ist weiss und zart, und sowohl in lebendem, als gekochtem Zustande vorzüglich. Auf diesem linksseitigen oder Nordufer giebt es ausser der beschrie- benen Burgruine auch noch einige Kamp-Etablissements mit ganz gemüt- lichen Wohnhäusern aus Holz und Wellblech. Die vorhandenen Schafe waren in sehr gutem Zustande, auch sah ich mehrere hundert Stück Rindvieh. Diese waren von keiner besonderen Rasse; dünnleibig, wie die Guanacos, sprangen sie, als man sie zum Corral trieb, wie die Wind- hunde. Vielleicht nur aus Übermut, denn das Gras am Ufer war aus- gezeichnet und jetzt, im Frühjahr, auch reichlich Wasser vorhanden, was später nicht immer der Fall sein soll. Unser Schiff nahm frisches Fleisch ein (Hammel sowohl, als Rind), 48 und da hierzu Zeit gehört, konnten auch wir mehrere kleine Expeditionen unternehmen. Die erwähnte Burgruine liest 5—600 Meter von der Bucht entfernt auf einem leicht ansteigenden, ungefähr 20 Meter hohen, kahlen Hügel. Halbkreisförmig, in der Entfernung eines guten Bogenschusses, erheben sich schroffe Felswände, die zur Rechten, wie zur Linken bis zum Strande reichen und dort steil, als rötlich-braun gefärbte Barrancas ins Wasser fallen. Durch die hintere Wand, die stark zerrissen und zerklüftet aus- sieht, und deren Höhe ca. 100 Meter erreicht, führen mehrere Engpässe in schmale Thäler und Schluchten, deren Boden fruchtbar sein muss und früher sicherlich kultiviert wurde. Wir trafen dort, und zwar in voller, schönster Blüte, eine Anzahl Kirsch- und Quitten-Membrillo-Stämme, gross und schön entwickelt; leider werden sie jetzt aus reinem Unverstand ge- schlagen und zu Brennholz verkauft, wie schon viele Stümpfe beweisen. Ausserdem fanden wir eine Menge verwilderter Blumen und Küchen- pflanzen, wie Petersilie, Sellerie, Zwiebeln, Alfalfa, Wicken und Erbsen; letztere von erstaunlich kräftigem Wuchs und mit ‚grossen blau-rötlichen Blüten. Überhaupt fiel die Menge der Blumen auf; es gab unter andern Goldlack und Levkojen und viele hübsche Arten, deren Namen ich nicht kenne, doch fast alle wohlriechend, einzelne nur zu kräftig; die ganze Luft war mit Duft geschwängert. Mächtige Sträusse wurden den an Bord zurückgebliebenen Damen gebracht, und noch acht Tage lang duftete das ganze Schiff vorherrschend nach Pieffermünze. Eine Insel weiter innerhalb der Bucht ist noch der Erwähnung wert. Sie ist von Tausenden von Pinguinen bevölkert, die hier eine Brutstätte haben. Einige dieser Taucher wurden lebend an Bord gebracht; sie machen, wenn man nur Kopf und Hals sieht (das Gefieder ist dunkel), mehr den Eindruck von Raubvögeln, als von friedlichen Gänsen; der Ausdruck der schwarzen Augen verrät durchaus nichts Furchtsames oder Dummes, und der gefährlich kräftige Schnabel ist stets zur Verteidigung bereit. Auf dem nackten Felsen, ohne jeden weiteren Schutz, ist dies arme Tier gegen mit Knütteln bewaffnete Matrosen natürlich wehrlos und wird ohne Mühe umgebracht. Nach eintägiger Weiterfahrt waren wir im Hafen von Santa Cruz. Mehr oder weniger derselbe Eindruck, wie Chubut; am Ufer kein leben- des Wesen, nur einiges grau-grünes, dunkles Gestrüpp. Die die Bucht umgebenden Höhen oder Barrancas bestehen aus einer Art von festem Land, vielfach mit antediluvianischen Muschelschalen und etwas Gestein und Geröll untermischt. Am Ufer konnte ich keine lebenden Muscheln entdecken, früher aber müssen hier Austern von ganz ungewöhnlicher 49 Grösse vorgekommen sein. Niemand hat sich die Mühe genommen, jetzt den Meeresboden zu untersuchen; aber welch’ ein Geschäft müsste es sein, wenn hier noch so grosse Austern gefischt werden könnten, wie früher! Nach den vorhandenen Schalen existierten nämlich hier solche von 1 Fuss und mehr Durchmesser. Mit Staunen betrachteten wir sie. Der Pflanzenwuchs auf den nahen Hügeln ist äusserst spärlich; gelbes, kurzes, öliges Zeug; Blumen und Wohlgeruch giebt es aber auch hier; es ist eben Frühling in Patagonien. Die Stadt, aus wenigen Häusern bestehend, ist vom Ankerplatz aus nicht sichtbar. Dagegen präsentiert sich, etwa eine halbe Legua entfernt in einem Thale, nicht weit vom Wasser, eine Meuge kleiner und kleinster Häuschen. Vom Schiffe aus betrachtet, könnte man fast glauben, ein Kinderspielzeug vor sich zu haben; es sind aber in Wirklichkeit die Be- hausungen der Militärsträflinge, von welcher auserlesenen Sorte hier eine Kolonie errichtet ist. Sonst sieht man, wie in Chubut, Nichts! Nur trost- lose Öde allüberall. Höchstens ziehen ein paar Möven vorüber, und selbst die Fische müssen ausgewandert sein, denn an unseren ausgeworfenen Angeln wollte nichts anbeissen. Auf einer kleinen Insel, und nur auf dieser, leben Kaninchen; sie sind den europäischen vollständig ähnlich und ihre Ahnen sollen von einem Schiffskapitän ausgesetzt sein; heute ist die ganze Insel von ihnen bevölkert und ihre Zahl wird auf Hunderte und Tausende geschätzt. Bis hierher, also noch auf dem nördlichen Ufer des Rio Santa Cruz kommt auch das Armadill oder Gürteltier (Piche) vor; eine Abart der Mulita; auf dem südlichen Kamp ist auch kein einziges mehr zu sehen. Abermals eine Tagesfahrt, und unser Dampfer legt in Puerto Gallegos, Sitz der Gobernacion von Santa Cruz und vorläufig mein Bestimmungs- ort, an! Der erste Eindruck von Bord aus ist nicht glänzend. Zunächst am Ufer (das Schiff ankert nur etwa 120—150 Meter vom Land entfernt) nichts als Steine und Geröll; dann folgt, wenigstens hier nach Süden zu, etwas, was einem grau-grünen, unbestimmbaren, ver- schwimmenden Sand gleichsieht, und dann weiter landeinwärts auf einer schwachen Erhebung wenige Häuser. Mehrere aufgehisste argentinische Flaggen lassen den Sitz der Territorialgewalt und der Behörden der See- stadt Gallegos erraten. Im Norden hat man hohe, bis zu 80 und 100 Meter ansteigende Barrancas und Hügel vor sich; in ihren vielfachen Schluchten und Thälern und unter deren Schutz vor dem fast permanenten Winde sind zahlreiche hübsche Häuser und Häuschen gebaut. Pferde, Rinder und namentlich viele Schafe beleben die Landschaft, die, wenn auch ohne Bäume, wenigstens grün erscheint. 4 Mein Augenmerk ist vorläufig der Südseite zugewandt, und ich zähle 20 bis 25 Häuser oder Schuppen, Alles Holz und Wellblech, ohne Farbe und Architektur; nur ein rotes Dach leuchtet aus dem ewigen Grau hervor, dies ist die „Gobernacion.‘ Im weiter Ferne machen sich einige nebelhafte blaue Berge bemerkbar, welche mit dem Namen Frailes y Convento bezeichnet werden; woher diese sonderbare Bezeichnung stammt, konnte ich nicht entziffern; eine Ähnlichkeit mit Kloster und Kloster- brüdern kann nicht dazu veranlasst haben. Eine hölzerne Landungsbrücke ist am Ufer sichtbar, aber nicht benutzbar. Die die Passagiere an den Strand befördernden Boote setzen uns an beliebigen Stellen des etwas flach ansteigenden Ufers ab und legen dicht dabei unser Gepäck nieder. Alles sehr schön, späteren Reisenden will ich aber bemerken, dass man gut thut, für die sofortige Weiterbeförderung seines Gepäcks zu sorgen. Ge- stohlen wird zwar nichts, aber der Unterschied zwischen Ebbe und Flut beträgt ca. 4—5 Meter, und das Wasser schreitet bei dem flachen Strand sehr schnell vorwärts. Hötels giebt es in diesem gesegneten Lande nicht. Bedienung und sonstige Hülfe ist auch nur um schweres Geld zu haben. Beeilt man sich nicht, so kann man bei ansteigender Flut sein ganzes Hab und Gut überschwemmt oder schwimmend finden und demselben eventuell, je nach der Strömung, nachflöten: Adios for ever! Englische Sprachlaute hört man von nun an sehr häufig, ja fast ausschliesslich, man glaubt, nach Old England oder Schottland verschlagen worden zu sein, oder zum Mindesten nach den Malvinen; mit Ausnahme der Beamten der ‚Capita- nia“ ist eben alles englisch, Hunde, Schafe, Sprache, Essen, Trinken, Ochsen, Kühe, Ladies und Gentlemen. Am nächsten Morgen wurde die „Hauptstadt“ Gallegos einer ein- gehenden Besichtigung unterzogen. Das Wetter war kalt, windig und unfreundlich, die Temperatur nur 10 Grad Celsius, und die wenigen Menschen, die man sah, verschwanden mit möglichster Beschleunigung in den Häusern. Die grössere Mehrzahl der Gebäude gehört der Regierung; ausser diesen giebt es noch fünf oder sechs Schnapskneipen, die sich Handels- häuser nennen, ferner einen Schuppen, in dem ein wackeliges Billard steht; es ist dies das „Cafe.“ Ferner giebt es eine Art Loch, vor dem die angesessene — Hebamme des Ortes steht, und das als Garküche aus- gegeben wird; allerlei Flüssigkeiten kann man hier auch erhalten, man muss aber behufs deren Genuss ausserhalb bleiben, denn drinnen giebt es einen, fortwährend mit grünem Zeug „gefeuerten“ Ofen ohne Schorn- stein, in Folge dessen es im diesen Räumen Niemand vor beissendem Rauch aushält. Sonstige Merkwürdigkeiten hat Gallegos noch nicht her- vorgebracht, es sei denn, dass viele Frauen Hosen tragen und auf Männer- weise zu Pferde sitzen. Die Freundlichkeit des Herrn Gobernador verschaffte mir ein Boot, und ich konnte nun auch, über die Bucht setzend, das Land nördlich von Gallegos besuchen. Die Bai erstreckt sich nämlich auf circa 8 bis 10 Leguas ins Innere, fast genau von Ost nach West. Der Boden dieser nördlichen Seite ist, wie vorhin bemerkt, stark hügelig und von der Südseite merklich verschieden. Aus Sand bestehen hier alle Hügel; derselbe ist indessen so stark zusammengedrückt, dass die meistens ganz steil zur Bucht abfallenden Barrancas den Eindruck hervorrufen, als wären sie aus Stein. Auf den Höhen ist der Graswuchs nicht besonders reichlich; die vielfachen, oft sehr langen und breiten Thäler aber haben vorzügliche Weide und sehr gutes, süsses Wasser, das in kleinen lebendigen Quellen überall an den Abhängen der Hügel entspringt. Jedenfalls ist hier schon in prähisto- rischer Zeit ein starkes Tierleben vorhanden gewesen; in den Barrancas werden Knochen und Zähne solcher antediluvianischen „Bichos“ (Unge- ziefer) massenhaft gefunden. Verschiedene davon — ich meine Knochen und Zähne, meist respektabler Grösse — sind mir zu Gesicht gekommen, doch bin ich leider nicht Naturkundiger genug, um ein Urteil über ihr Vorkommen abgeben zu können. Versichern kann ich nur, dass heute solche Bestien mit 1I—2 Fuss langen und breiten Zähnen dort nicht mehr herumlaufen. Eine Menge von Pfeilspitzen, aus sehr hartem Gestein ge- arbeitet, wird ebenso fast täglich aufgefunden; auch diese müssen schon ein beträchtliches Alter haben, da den heutigen Indianern der Bogen ganz unbekannt ist. Keiner von ihnen kennt auch nur eine Sage von ihrem Gebrauch. Menschliche Gebeine sind bei Erdbewegungen, wie Brunnen, An- lagen etc. vielfach aufgedeckt worden; man zeigte mir fast in jedem Hause einige Schädel, deren Form für mich neu war. Phrenologe aber bin ich noch weniger, als Naturforscher, und so kann ich nicht bestimmen, welchen Grad von Intelligenz diese Rasse einst erreicht haben mag. So viel kann aber auch ich beurteilen, dass diese Leutchen mit einem geseg- neten Appetit versehen gewesen sein müssen, denn die Kauwerkzeuge sind von einer geradezu fabelhaften Gediegenheit. Viele ‚Schädel haben noch sämtliche Zähne; es ist aber auch nirgends eine Lücke zu bemerken, alles noch gut und fest, wie aus einem Guss. Was haben diese Menschen zu ihren Lebzeiten gegessen? Die Zahn- konstruktion deutet nicht auf Fleischgenuss oder Früchte. Heute giebt 4* 52 es in dem ganzen Territorium weiter nichts, als Gras, und ich kann mir unmöglich denken, dass auf diesem Boden in Vorzeiten einmal Ananas oder Apfelsinen wuchsen. Der Wind wird wohl schon seit Jahrtausenden dort ebenso geblasen haben, wie heute; es ist dies die Eigentümlichkeit des östlichen Patagoniens, alle Tage Wind, und zwar starken, zu haben; dabei kann aber weder Baum noch Strauch gedeihen. Bedenkt man nun, dass die Wärme, selbst im Sommer, wenn er am schönsten ist, selten über - 15° Celsius steigt, so muss man sich gerechter Weise verwundern, wie hier vom Pflanzenreich lebende Menschen existiert haben können. Nur an ganz geschützten Stellen kommen heute einige wenige krüppelhafte Calafete-Sträucher fort; ebenso zieht man nur mit vieler Mühe und grosser Vorsicht etwas Salat, Kohl und einige Radieschen und Moorrüben ete. Kartoffeln habe ich nicht gesehen, d. h. keine Knollen, wohl aber einige sauber gepflegte Beete Kartoffelstauden, mitunter wohl bis zu einem Morgen gross. Kommt kein Frost in der Blütezeit, so rechnet man meist auf eine ausgezeichnete Ernte. Mr. Halliday versicherte wenigstens, dass er im vergangenen Jahre Kartoffelknollen gewonnen habe, die durch- schnittlich einen halben Kilo per Stück gewogen haben; einzelne grosse Exemplare sollen sogar ein Gewicht von i!s und 2 Kilo erreicht haben. Ich habe keinen Grund, Mr. Halliday für einen Aufschneider zu halten. Weiter im Innern trifft man häufig Lagunen von beträchtlicher Ausdehnung, einige mit süssem, die meisten indess mit salzigem Wasser. An den Ufern wächst ein Strauchwerk, das „Mata negra“, Schwarzer Strauch, genannt und zur Feuerung der Öfen im Winter gebraucht wird; sonst besteht die ganze Abwechselung hier in Berg auf, Berg ab, und Himmel und Gras! Gebirge kommen nicht vor. Als ich wieder auf die Südseite zurückgekehrt war, fiel mir die Flachheit des Ufers um so mehr auf, weil im Norden die steil abfallen- den Höhen bis dicht ans Ufer treten, auf dieser Seite aber von eigent- licher Barranca kaum die Rede sein kann; die Erhebung, auf der der Ort Gallegos steht, ist ganz unbedeutend. Im Norden besteht der Boden fast nur aus Geröll; 2 3 Meter tiefe Aushebungen fördern immer nur rundliche abgeschliffene Steine und wieder Steine zu Tage; der Graswuchs an der Oberfläche ist dementsprechend auch nur spärlich. Je weiter man aber nach Süden, nach der Magellanstrasse zu, kommt, desto welliger wird das Terrain, desto höher die Berge, und mehrere, nicht ganz un- bedeutende Flüsschen durchströmen tief und breit ausgewaschene Thäler. Hier ist die Vegetation vorzüglich, und hier findet man einzelne recht bedeutende Viehzucht-Etablissements, die einen Schafstock von 20000 Köpfen und mehr aufzuweisen haben. Kleine Gebingszüge vulka- nischen Ursprungs durchziehen ununterbrochen die Ebene. 53 Fast plötzlich, ohne einen durch Vorberge vermittelten Übergang, erheben sich die einzelnen Krater, deren Natur, als solche, noch ganz deutlich erkennbar ist; sie stehen zwar in Gruppen, aber meist ohne Zu- sammenhang durch nur schmale Thäler getrennt. Lavamassen haben sich nach allen Richtungen ergossen und bedecken Leguas lange und breite Strecken, leicht erkenntlich durch ihre Erhebung und die daraus hervorstehenden Steine Höhenbildungen sind nicht selten, doch existiert keine von grosser Ausdehnung; «die bedeutendste befindet sich in El ÖOonvento. Auf argentinischem Gebiet in dem Winkel zwischen dem Rio Gallegos, dem Atlantischen Ocean und Chile, zählt man mehrere solcher kleme „Sierras“, die unter sich durch Ebenen von 3—4 Leguas Breite getrennt sind; man bezeichnet die hauptsächlichsten, ausser den schon früher zitierten „Frailes y Convento“, mit „Sierra Norte“, „Los Tres Her- manos“, „Sierra Negra“, „Mont Felton“ und „La Picana“, Letztere zum Teil schon auf chilenischem Gebiete unter dem 52. Grad südlicher Breite. Das Gestein ist überall das gleiche, eine durchaus nicht sehr harte, rötlich graue, bis ins Schwärzliche spielende Masse, wohl Porphyr- und Basaltbildung. Schlacken und Lavastücke, die durch und durch porös sind und wie halb verbrannter Koks aussehen, bedecken überall den Boden in der Nähe der Krater. Diese sind gegenwärtig vollständig tot, aber gar zu lange kann es noch nicht her sein, dass sie noch arbeiteten. Besteigt man einen der Kraterkegel, deren Spitzen sich etwa zwischen 100—300 Meter erheben (es giebt auch einzelne viel niedrigere, fast mit dem Erdboden gleiche) so befindet man sich meist vor einem zerrissenen und zerklüfteten runden Kessel, von dem ein oft 30--40 Meter tiefer steiler Abhang in den Krater hinabführt. Im Zentrum der Einsenkung, gleich wie die Mondberge dargestellt werden, erhebt sich dann wieder eine vollständig zerrissene und über einandergetürmte Steinmasse, die, durch die Umstände vor Sturmwind vollständig geschützt, mit allerlei Gewächs bekleidet und einer alten Burgruine nicht unähnlich ist. Die Schafe suchen solche Kratereinsenkungen und Klüfte mit Vor- liebe auf, sie finden daselbst fast stets süsses Wasser, oft kleine Lagunen, vorzügliches Futter und vor Allem unbedingten Schutz vor dem Winde. Für Naturliebhaber sind dies die interessantesten Punkte, namentlich jene, wo sich kleine Flüsse oder Bäche einen Weg durch die Gebirge gebahnt haben. Wildere und grotesker geformte Höhenzüge sind kaum denkbar. Unten der schöne klare Wasserspiegel im saftigsten Wiesengrün, rings- herum die seltsamst, mitunter fast gespensterhaft ausschauenden hohen Wände und Massen, in deren Zacken, Spalten und Rissen sich viel sonderbar geformtes Kraut und Gesträuch eingenistet hat, das alles mit 54 den tiefen und wechselnden Schatten und seinen unzähligen farbenglän- zenden Blumen und Blüten und wildverschlungenen Ranken, die Phantasie in eigentümlicher Weise gefangen nimmt und unwillkürlich in uns die alten trauten Märchenbilder der Heimat wachruft. Stundenlang kann man an einer solchen Stelle sitzen und träumen, die Angel auswerfen und den überall munter herumkletternden Schafen zuschauen; ein wunderlieb- licher zarter Blumenduft erfüllt dazu die klare Luft; hoch über uns summt und pfeift der Wind durch Spalten und Geäst, in diesem letzteren unaufhörlich neue Verschlingungen und Figuren bildend, immer wieder neue Bilder in unsere Träume schaffend. Kleine bunte Schmetterlinge flattern von Blüte zu Blüte Käfer schnurren brummend vorüber, kleine Vögel zwitschern und hüpfen durch die Sträucher, ein Fuchs steckt auch wohl seine bewegliche Nase durch ein Steinloch und beäugelt uns auf- merksam, spitzt dann plötzlich seine grossen Ohren und kneift aus! Hunde- gebell und Pferdegestampfe stören plötzlich unsere Träume und versetzen uns wieder in die Wirklichkeit. Es ist der Hirt, der seine Heerde sucht, denn der Mensch lebt ja nicht vom Träumen, sondern vom Kampfe um sein tägliches Brot, — von der Arbeit. Schafzucht ist hier überall vorherrschend und giebt ausserordentliche Resultate. Jeder Mensch ist Schäfer oder hat mit diesem Zweige der Viehzucht zu thun. Die Vermehrung, man rechnet natürlich zur eigent- lichen Heerde nur die nötigen Böcke und sonst Mutterschafe, beträgt bis zu 120 % per Jahr. Hauptsächlich wird die Lincoln-Rasse gezüchtet; nir- gends habe ich grössere oder fettere Tiere gefunden. Die Hammel, welche in besonderen Herden meist in den Aussenkamps gehalten werden, sind durchweg so fett, dass man, mit Ausnahme der Keulen, das Fleisch nicht essen kann; die Eingeweide sind vor Talg kaum kenntlich, und die Nieren gleichen zwei grossen Fettblasen, ähnlich jenen, welche in Buenos Aires in den Handel kommen und Schweinefett enthalten — sollen. Junge Mutterschafe werden je nach Feinheit und Rasse mit 10—15 Shilling bezahlt, Hammel kann man je nach Jahreszeit, Wolle und Nachfrage für 5—7 Pesos m./l. erhalten. Kühe werden wenig gesucht, jede Estancia hält davon eben nur so viele, um den nicht geringen Bedarf von Milch, Butter, Käse und Fleisch zu decken, denn im allgemeinen wird gut gelebt. Die Rasse des Rind- viehs ist nicht schlecht; dieselbe ist durch importiertes Schweizer Zucht- material veredelt, welches von den in Punta Arenas etablierten Schweizer- kolonisten angekauft ist. Eine recht gute Kuh mit Kalb kann man für 3 30—40 erhalten, Schlachtvieh wird nur auf $ 20, höchstens $ 25 ge- schätzt. Zugochsen aber sind teuer. Pierde haben gleichfalls guten Preis, selbst alte „Mancarones“ (lahme) rechnet man noch zu 8 60 und 70, kräftige gute „Pingos“ nicht unter $ 150—200, dagegen sind junge un- gerittene Fohlen noch verhältnismässig billig zu erhalten. Jede Arbeit wird hier gut bezahlt; die Peone leben, wie die Herren, jeder hat seinen Schlafraum und sein eigenes Bett, Pferd und Sattelzeug, alles stellt die Estancia. Die Küche wird überall durch einen besonders hierzu angestellten Koch besorgt, und für die Peone sind grosse Räum- lichkeiten mit Tischen und Bänken vorhanden, wo für sie gedeckt und wohin sie zu den Mahlzeiten durch ein Glockenzeichen gerufen werden. Der Koch hat ein schweres Amt, er erhält in der Regel 6—7 Piund Ster- ling Monatslohn, muss aber selbst für die Peone Brot backen; Galletas, wie in der Provinz Buenos Aires etc, sind nicht gebräuchlich. Das Essen wird nicht nur reichlich, sondern auch mit Abwechselung verlangt; zwei Mal wöchentlich giebt es Plumpudding und Kompot; dass Kaffe und Thee, und zwar süss, nicht fehlen dürfen, ist selbstverständlich. Die Einrichtung der Häuser, obgleich alles nur aus Holz und Well- blech besteht, ist recht komfortabel und hat mitunter sogar schon einen Anflug von Luxus; auf den Fussböden Teppiche, an den Wänden Gobe- lins ete. Eiserne Öfen sorgen im Winter für die nötige Wärme. Der Schnee soll, wenn überhaupt einer fällt, was meist in den Monaten Mai bis August vorkommt, nicht lange liegen bleiben; in 2—3 Tagen ver- schwindet er wieder. Überhaupt tritt der Winter durchaus nicht so un- angenehm auf, wie man nach dem ziemlich rauhen Sommer annehmen könnte. Es weht in der kalten Jahreszeit eben kein Wind, während er den Sommer über sich in unangenehmer Weise bemerkbar macht. Sämt- liches Vieh bleibt auch im Winter im Freien, und zwar ohne Schaden, natürlich suchen die Tiere in kalten Tagen die Schutz gewährenden Thäler auf und sind dann häufig so mit den Guanacos untermischt, dass man namentlich die Schafe gar nicht davon trennen kann. Die Guanacos kommen in diesen Tagen im solchen Unmassen in die Thäler und sind so dreist und zahm geworden, dass man sie mit den Händen greifen und gelegentlich mit Knitteln töten kann; Estancieros versicherten mir, dass diese Tiere zu Zeiten so häufig werden, dass man nicht weiss, wohin damit. Raubtiere sind in diesem Teile Patagoniens nicht mehr anzutreffen; die „Pumas“ oder „Leones“ (Löwen) sind schon fast ganz ausgerottet, und von den vielen Füchsen habe ich nie gehört, dass sie dem zahmen Federvieh oder gar den Heerden Schaden zufügen. An Vögeln giebts verschiedene Sorten, vom Strauss angefangen bis zum kleinsten „Chingolito“; namentlich zahlreich sind die „Abutordes“, eine Entenart. Seltsamer Weise kennt man in ganz Patagonien kein Ungeziefer; 56 es giebt weder Ratten noch Mäuse, und auch keine — Wanzen und Flöhe, und selbst Fliegen sind äusserst selten. Von Schlangen oder sonstigem giftigen Gewürm ist niemals etwas erblickt worden. Tag- und Nacht- schmetterlinge dagegen sind, sowie verschiedene Käferarten, durchaus nicht selten; auch kommen einige Arten von Spinnen vor; von letzteren fiel mir eine ganz schwarze auf, deren Hinterleib einen hell-lackroten Streifen zeigt; sie lebt in Erdlöchern. Bis auf etwa 30 Meilen von der Küste entfernt, den Rio Gallegos auf- wärts, nehmen die Wildheit der Landschaft, die Höhe der Berge und die Steilheit der oft senkrecht zum Fluss abfallenden Barranca zu. Er hat eine Breite von 50--60 Metern, aber nur geringe Tiefe, etwa durchschnittlich einen Meter; für die Schifffahrt ist er nicht geeignet. Die Strömung ist nicht übermässig, aber der Strom zwängt sich durch die Berge in einer Unmenge von Windungen hindurch bei fast steter Veränderung seiner Tiefe. Häufig wurde ich gezwungen, die Ufer zu wechseln, da der Strom bald links, bald rechts bis dicht an die Thalwände herandrängt, so dass die breite Niederung bald am rechten, bald am linken Ufer liegt; selten nur liegt das Flussbett annähernd in der Mitte des etwa durchschnittlich 3000 Meter breiten Thale. Nur an einer einzigen Stelle treten sich die Thalwände auf etwa 250 Meter nahe, ‘sodass es scheint, als ob der Fluss sich hier mit Gewalt ein Thor geöffnet habe. Kleine Zuflüsse entspringen überall an den umliegenden Bergen, schon weithin kenntlich von der im frischen Grün leuchtenden Vegetation; den Viehzüchtern sehr erwünscht, sind sie für den Reisenden, der meist übeln Passage wegen, recht störend. Die Berge erreichen hier eine Höhe bis zu 300 Metern und sind sicher auch vulkanischen Ursprungs, doch sieht man selten, wie näher an der Küste, die eigentümliche Gestalt der ausgebrannten Krater. Nur kurz vor dem Zusammenfluss mit dem Gallegos Chico steht noch einer derselben, ein durch aussergewöhnlich bizarre Form bemerkenswerter Kegel; auf ihm traf ich den ersten Horst eines Condor-Paares; hoch oben an einer steilen Wand in einer tiefen Spalte lag das Nest, für uns, so viele Mühe wir uns auch gaben, unerreichbar. Weiter nach Westen treten die Berge zu beiden Seiten des Flusses immer mehr zurück, sich zu bewaldeten Höhenzügen mit Gebirgscharakter zusammenschiebend. Auch am Flussufer treten von nun an schon kleine Baumgruppen auf, und ist das Terrain leicht hügelig. Die Abhänge der Hügel zeigen jetzt häufig eine eigentümliche Farbe, hervorgebracht durch Blätter und Frucht eimer Art Moosbeere. Die Pflanze kommt strecken- weise in solcher Menge vor, dass der Hufschlag der Pferde unhörbar wird; steigt man ab, so hat man das Gefühl, auf einen weichen Teppich 57 zu treten; auch das Aussehen ist teppichartig. Die abgestorbenen Stiele können vor der Menge der frisch aufschiessenden nicht zu Boden fallen, und so entsteht eine Farbe vom hellsten Gelb bis zum tiefsten Grün, durch die grell roten Früchte in allen möglichen Schattierungen von rot bis braun unterbrochen. Schon aus der Ferne erkennt man diese Hügel an dem rötlichen Schimmer. Grosse Lagunen, fast alle süsses Wasser führend, unterbrechen die Landschaft in angenehmster Weise; bei hellem Wetter sieht man in weiter Ferne die mächtigen weissen Schneehäupter der grossen Cordillera, welche die Grenze gegen Chile bildet. Je weiter wir nach Westen vordringen, desto schöner wird die Niede- rung, desto kräftiger der Graswuchs und desto höher und entwickelter die Bäume in den zerstreuten Waldparzellen. Immer weiter dehnt sich die Ebene aus, bis sie am Stillen Ozean endet, wo sie den Namen der „Diana- Ebene“ führt, so benannt vor schon 200 Jahren durch einen chilenischen Piloten, der diese fruchtbaren, wasser-, wald- und wildreichen Strecken ent- deckte und in seiner Schrift ausdrücklich als zum Anbau von Getreide etc. für wohlgeeignet erklärte. Vorläufig verblieb ich am östlichen Anfang dieser grossen Niederung, am Ufer des hier eine scharfe Biegung machenden Rio Gallegos, in der Ebene der sogenannten „Moros.“ Der gute Boden und das kräftige Gras noch mehr, als die schöne Landschaft, haben bereits die Etablierung einiger Estancias in dieser Gegend veranlasst. Die Besitzer sind fast aus- nahmslos Engländer. Alle züchten Pferde, Rindvieh und Schafe, letztere natürlich vorzugsweise, und ich schätze den Bestand der einzelnen Höfe auf 2—8000 Köpfe. Die Wohnhäuser sind auch hier aus Brettern und Wellblech, aber Corrales und Schuppen, sowie die Badevorrichtungen für ‚die Schafe, sind schon aus den Stämmen der Waldbäume hergestellt; die Höfe liegen sämtlich in der Nähe kleiner Gehölze am Rande eines Baches oder einer Laguna. Die „Moros“ sind zwei mächtige, isoliert stehende, höchst eigenartige Basaltberge; grosse Säulengruppen ragen, wie die Orgelpfeifen, zu respek- tabler Höhe empor, und zwar so regelmässig und schön geformt, dass sie wie ein von Menschenhänden angelegtes Werk aussehen; getauft hat man diese Kegel bereits; sie führen die Namen „Philippi“ und „Domeyco“; ausserdem giebt es in der Nähe noch einen Moro „Hay“ und einen dito „Cuadrado“, weiter nach Süden, aber schon auf der chilenischen Seite, sogar noch einen „Moro Chico.“ Bewaldet sind diese Basaltfelsen, mit Ausnahme des „Chico“, nicht, der Schnee aber bleibt in einzelnen hoch und kesselig gelegenen Spalten und Schluchten das ganze Jahr über liegen, Gleich am Fusse des Philippi breitet sich eine mächtige Lagune 58 aus, wohl an zwei Leguas lang und etwa halb so breit, einzelne Wäldchen treten bis dicht an die Ufer heran, und auf dem Wasser wimmelt es von Flamingos, Schwänen, Gänsen, Enten, grossen und kleinen Schnepfen und vielem anderen Zeug. Fische kommen überall in den Gewässern vor; trotzdem hier aber mehrere Zuflüsse in den Gallegos münden, wie der Turkio, Rubio, Condor, Surdo etc., so gelang es mir doch, gleichviel ob in Lagunen oder Bächen, immer nur ein und dieselbe Sorte zu fangen. Forelle (trucha) wird dieser Fisch hier genannt, gehört aber entschieden nicht zu dieser Familie; die Form des Körpers und der Flossen ist aller- dings der der Forelle ähnlich, der Kopf aber erinnert mehr an einen Aal, desgleichen die schuppenlose schleimige Haut; die Färbung ist oben dunkel olivengrün, allmählich bis zu einem gelblichen Weissgrün am Bauche ver- blassend; die Seiten sind dunkelgefleckt und marmoriert, eine deutliche Zeichnung ist nicht erkennbar. Öffnet man den Fisch, so fällt das durch- sichtige weisse Fett und die helle appetitliche Leber sofort auf, das ge- kochte Fleisch ist härtlich und sehr wohlschmeckend. Auch Wild ist ebenso reichlich vertreten, in den Wäldern Hirsche und Rehe, in der offenen Ebene Strausse und Guanacos, in den Bergen Pumas, Wölfe, Füchse ete. Der eingeborene Mensch oder Indianer war mir bis jetzt nur ein einziges Mal zu Gesicht gekommen, und zwar drei Männer und eine Dame, sämtlich in stark bekneiptem Zustande; sie hatten eben ihre Felle an einen der fliegenden Händler verkauft und verzechten nun den Verdienst. Von den Moros aus zogen wir durch einen Pass, „Schneiders-Vali“ genannt, und überschritten den fast zu einem Gebirge gewordenen und auf bereits ca. 4 Leguas vom Gallegos zurückgetretenen Höhenzug; das Reiten war hier stellenweise sehr behindert durch die vollständige Unter- minierung des Bodens von einem Tierchen, welches Cururu genannt wird. Die Tucu-Tucus in der Provinz Buenos Aires, denen dieses Tierchen sehr ähnlich ist, unterwühlen den Boden wohl auch, aber so etwas, wie hier, war mir doch noch nicht vorgekommen; die Pferde stolperten eigentlich nur von einem Loch ins andere. Glücklicher Weise sind diese Tiere nicht überall, und die Estancieros behaupten, dass sie sofort verschwinden, sobald Schafe auf den Kamp kommen. Die Grösse und Form der Tierchen ist etwa die eines starken Meerschweinchens, die Farbe ein helles Gelbgrau, der Schwanz, an der Wurzel verhältnismässig stark, läuft ziemlich spitz aus und hat etwa die Länge des Körpers; ob ihr Fleisch essbar ist, kann ich nicht sagen; die Indianer geniessen es, letztere halten aber auch ein halb roh gebratenes Zorino oder Stinktier für einen Leckerbissen. 59 Wir durchritten nun ein gebirgiges Land, reich an Wald und Wasser — ersterer namentlich am unteren Abhange der Hügel, während die höheren Zonen fast ganz der früher angeführten Moosbeere überlassen bleiben — und nachdem wir mehrere in tiefen 'Thälern zum Rio Coyle fliessende Bäche passiert hatten, langten wir am Abend in der Behausung unseres Vaqueanos oder Führers an. Sein Zelt stand mitten im Wald am Abhange eines Hügels, davor eine schöne blaue Lagune mit süssem Wasser, an deren Ufer die Pferde unseres Führers, etwa 20 Stück, seit mehreren Tagen ohne alle und jede Aufsicht weideten, bald darauf ge- sellten sich denn auch die unsrigen dazu. Unser Führer war ein Deutscher, der schon seit Jahren hier teils von der Jagd, teils von der Goldwäscherei lebt und, wie mir schien, gar nicht schlecht. Anfangs mag er wohl ein- sam genug gehaust haben. nun aber haben sich die Ansiedlungen und auch seine Mittel vermehrt, und er war bereits in der Lage, sich einen Gehülfen oder Peon halten zu können. Wie Fritz, so war sein Name, mir mitteilte, wird in Punta Arenas, das in der Luftlinie ungefähr nur 50 Leguas entfernt liest und wohin er mit seinen guten Pferden in drei Tagen bequem gelangen kann, jedes gute Hirschfell mit 10 Pesos bezahlt, ebenso viel bringt ein Puma-Fell; kleineres Pelzwerk, wie das von Füchsen, Wölfen, Wildkatzen, Stinktieren ete., wirft auch noch 2 oder 3 Pesos ab, ausserdem kommt zu diesem Verdienst noch der Wert der Straussenfedern und die Ergebnisse der Goldwäscherei. Strausse jagen und ergreifen die zahlreich gehaltenen Windhunde; das kleine Raubzeug wird in Fallen gefangen, und nur Pumas und Hirsche geschossen. Natürlich ist nur der Winterpelz gut und wertvoll, im Sommer geht man mehr an die Gold- wäsche. Mit der Zeit lernte ich noch 8—-9 solcher Jäger kennen, die alle recht gemütlich lebten. An jenem Abend bestand unser Souper z. B., trotzdem ich gutes frisches Rindfleisch mitgebracht hatte, in einer schönen fetten Straussensuppe mit Klössen (gekochtes Straussenfleisch schmeckt dem Gänsefleisch sehr ähnlich); dann gab's ausgezeichneten in der Pfanne gebratenen Hirschziemer und einen Eierkuchen, worauf aus meinem Vorrat Butter, Brot und Käse folgten; ein kleiner Kaffe und ein Schluck Cognak machten den würdigen Schluss. Noch spät sassen wir beim hellen Feuer, unsere Pfeifen rauchend, im hohen Gras und lauschten den Beschrei- bungen der noch vor uns liegenden unbekannten Ländereien und Wege, die wir zu passieren haben würden, denn Fritz wollte uns nur noch einen Tag begleiten, da ihm Pferde abhanden gekommen waren, die er suchen musste; er versprach jedoch, uns zu einem anderen, ihm befreundeten Jäger, einem Nordamerikaner, „Long Jack“ genannt, zu bringen. Am nächsten Morgen ging es weiter durch Thäler und Schluchten, durch Feld und Wald, über Bäche und an Seen vorbei, bis wir zur Mit- tagszeit gleich hinter einem munter rieselnden Flüsschen in ein kleines Wäldchen kamen; hier wurde Halt geblasen und abgesattelt. Als wir noch mit unserem Frühstück beschäftigt waren, traf Long Jack, der schon von den Moros aus durch Fritz benachrichtigt war, hier, einem alten Rendezvousplatz der Jäger, ein und übernahm nach kurzem „Palaver“ von nun an die Führung. In der Nacht hatten sich fast alle Pferde verlaufen, und der ganze nächste Tag ging mit dem Suchen verloren. Von den unseren Lagerplatz umgebenden Hügeln aus konnte ich mehrere schneebedeckte Bergspitzen in der Richtung nach West und Nord-West erkennen, der Vaqueano be- zeichnete die einen als „Moor's Monument“ und die anderen als „Baguales.“ Am nächsten Tage ging's durch mehrere Thäler und kleine Flüsschen, die sämtlich in den Rio Coyle münden, über einen meist sehr schlechten, öden und steinigen Kamp an einer grossen Lagune (La Traversia) vorbei, immer in der Richtung auf die Baguales zu. Holz war auf dieser Tour nicht zu finden und so ging die Reiterei immer lustig weiter; Rudel von Guanacos waren überall sichtbar, auch trafen wir zwei Pumas, von denen einer durch eine Kugel erlegt wurde. Unsere weitere Reise führte uns wieder mitten durch bedeutende Hügelketten; wir näherten uns immer mehr den eigentlichen Gebirgen. Am folgenden Nachmittage überschritten wir eine wohl 300 Meter hohe Kette, und vor uns lag eine weite leichtwellige Ebene, fast rings umgrenzt von himmelhohen Schneebergen. Der Eindruck war über- raschend, ja überwältigend. Den ganzen Tag vorher hatten wir nur öde Schluchten und Hochflächen durchkreuzt, keinen Wald und nur wenig Wasser zu Gesicht bekommen und waren fast nur über dürres Gras und steinigen holperigen Boden galoppiert, hier sahen wir uns nun plötzlich einer Landschaft gegenüber, wie ich sie ähnlich nur mit der Schweiz vergleichen kann. Von unserem hohen Standpunkt aus übersahen wir meilenweit ein üppig grünes Thal, von Bächen und Flüssen durchzogen, in klaren schönen Lagunen spiegelten sich die mächtigen Häupter der stark hervortretenden Berge, sich im Hintergrunde in blaue Nebel ver- lierend; hoher, prächtiger Laubwald (Patagonien-Buche — fagus antarcticus) zieht sich parkartig, in grösseren und kleineren Inseln zerstreut, lauschig zur Ruhe einladend, dahin. Über allem scheint die Sonne so warm und so hell, und alles ringsherum ist so ruhig und friedlich, dass man in eine, ich möchte sagen, wahrhaft andächtige Stimmung verfällt. Der Wind hatte hier schon ganz nachgelassen und 14 oder 15 weisslich durchsichtige tauchsäulen, die wir weiter im Thal von ebenso vielen Indianer-Hütten aufsteigen sahen, machten das Bild nur noch anheimelnder. Auch meine sämtlichen Reisegefährten, echte gute Schotten, standen mit lachenden Blicken und fast verklärten Gesichtern (Yes, that is just like in Scotland) diesem reizvollen Panorama gegenüber. Als sich aber einige Baguales, wilde Pferde, zeigten, war's mit der Andacht vorbei und los ging's, da hinterher, wie die wilde Jagd. Die wilden Pferde konnten aber auf unseren schon stark angestrengten Tieren natürlich nicht eingeholt wer- den, aber einem Puma, der sich in solcher Gesellschaft nicht vermuten liess, wurde dabei das Lebenslicht ausgeblasen. Auf meinen früheren Reisen hatte ich schon oft Pumas angetroffen, auch selbst erlest; von der Ungeniertheit dieses Burschen war ich jedoch betroffen; trotz des Ge- trampels der Pferde und Mulas hatte er ruhig, im hohen Grase unsicht- bar, in unserer unmittelbaren Nähe gelesen, und erst als die Reiter von der nutzlosen Verfolgung der wilden Pferde zurückkehrten, erhob sich endlich Herr Urian, sah sich die Gesellschaft ein Weilchen an, gähnte einige Male und wollte sich langsam drücken; als er die Kugel aus un- gefähr fünf Schritt Entfernung erhielt, legte er sich ohne einen Mucks sofort um und war tot. Wir durchritten nun das Thal längs des Ufers einer schönen Lagune, die hier und da vom Wald so nahe umsäumt war, dass sein Laub das Wasser beschattete. Überall hörte und sah man Vögel, die Lagune war belebt von solchem Getier, und im Wald schrieen sogar Papageien, die ich in diesen Breiten nicht vermutete, die aber doch existieren, denn ich habe selbst welche davon geschossen. Abends spät, schon im Dunkel, erreichten wir nach langem Marsch um einen Hügel biegend endlich dicht am Rande eines grösseren Gehölzes die Hütte von Long Jack, unser vorläufiges Ziel. Mit Morgengrauen waren wir auf. Long Jacks Häuschen, nur aus Baumstämmen mit einem Grasdach darüber konstruiert, lag sehr hübsch, rechts eine breite Wiese mit klarem Bach, durch einen kleinen Hügel, den wir gestern umritten, abgeschlossen, nach hinten oder Süden zu, ebenso zur linken Hand, hoher, mächtiger Wald, der sich einen ziemlich bedeutenden, etwa 500 Meter hohen Gebirgszug hinanzieht und teilweise bis in die Spitzen bedeckt. Der Blick geradeaus aber oder nach Norden schweift zunächst über die Wiese vor der Thüre, auf der hin und wieder Baumgruppen stehen, dann über leichtes Hügelland, und wird schliesslich begrenzt von den mit Schnee und Eis bedeckten Gipfeln des Bagual- Gebirges. Die Bäume sind fast alle von der gleichen Art, fagus antarcticus Patagonien-Buche), die bis zu 10 und 15 Meter hoch wird, und in ihrem Aussehen an ihre Schwester, die europäische Buche, erinnert. Das Laub 62 ist nur klein, aber saftig grün, und bildet eine dichte Krone; die Jäger nennen den Baum Roble (Eiche). Auch Früchte sind vorhanden, doch muss man sie suchen, denn, obgleich deren viele an den Ästen stehen, sind sie doch so klein — etwa wie eine Buchenknospe im Winter — dass sie leicht übersehen werden. Noch eine andere Frucht fiel mir sofort auf, weisslich gelbe Kugeln von der Grösse einer Nuss bis zu der eines kleinen Apfels; sie wachsen in dicken Bündeln oder Klumpen, rings um die grösseren Äste der alten Bäume. Anfangs hielt ich dies für Gall äpfel, doch Long Jack sagte mir, sie seien essbar, und verzehrte gleich ein Stück zum Beweise; nun probierte auch ich. Der Geschmack ist nicht besonders zusagend; die Frucht schmeckt nämlich wie das Weisse eines hart gekochten Eies; das Innere besteht aus einer weissen weichen Masse. Die Indianer sollen für die Winterzeit diese Art von Äpfel sam- meln; wenn man nichts anderes hat, mögen sie auch nicht schlecht sein. Dass Long Jack und seine Gefährten keine grossen Liebhaber davon sind, bezeugte die grosse Menge der unverspeist gebliebenen. Ein Gefährte von Long Jack rief nun die Hunde und ritt zur Straussenjagd aus, denn unser Fleischvorrat war bereits knapp geworden; daher nahmen auch Jack, ein anderer Gehülfe, ein Deutscher mit dem schönen Namen Max, und ich die Flinten, resp. Karabiner zur Hand, und zogen zu Fuss durch den herrlichen Wald auf die Hirschjagd. Nach einer Wanderung von etwa 20 Minuten machten wir am Ufer eines Bächleins, gegenüber einer mit schönem Gras und Waldblumen ge- schmückten Lichtung Halt, überall echter, rechter Urwald, junger Nach- wuchs, alte und auch tote Stämme, alles neben-, über und untereinander, viel wechselnde Bilder. Noch war ich ins Anschauen der alten Riesen mit ihren langen, zerzausten, grauen Moosbärten versunken, als Jack mich anstiess und auf zwei junge Hirsche, die die Blösse der anderen Seite soeben betreten hatten, hinwies. Zwei zierliche, elegante Tiere; sie hatten uns offenbar gesehen, denn wir hatten durchaus keine Deckung gesucht, kamen aber trotzdem näher. Long Jack hob seine Büchse, ich hielt ihn noch vom Schuss zurück, doch da krachte schon das Schiessgewehr von Max, und mit einem gewaltigen Satz brach das eine Tier zusammen, sein Gefährte stutzte, floh aber nicht, hob seine grossen Lauscher, äugte nach uns her- über, näherte sich dem Gefallenen, beschnupperte ihn und zog dann erst, häufig stehen bleibend, wie um den Kameraden zum Mitkommen aufzu- fordern, langsam ab. Da wir nun Fleisch genug hatten, unterliessen wir weiteres Morden, holten uns den Erlegten, es war ein weibliches Tier von der Grösse des deutschen Damwildes, und zogen triumphierend wieder 63 heim. Zum Frühstück war auch der andere Jäger mit zwei feisten Straussen zurückgekehrt, und unser Mahl war wieder recht lukullisch, gewürzt durch verschiedene mehr oder weniger wunderbare Geschichten Jacks. Sogar Radieschen und Salat fehlten nicht, welche die Jäger nebst anderen Küchenpflanzen im Walde angebaut hatten. Long Jack muss ein gebildeter Mann sein, denn er kann lesen und schreiben, auch etwas zeichnen, hatte aber durchaus keinen Respekt vor meinem neuen schönen Theodoliten, sondern nannte ihn nur immer schlechtweg die olle Monkey- Box. Um 1 Uhr nachmittags ungefähr sattelten wir und ritten unter Führung Jacks, der zur Strafe für seine Verachtung den Affenkasten auf sein Pferd nehmen musste, zur Aufnahme einiger Höhen etc., deren ich für die Orientierung bedurfte. Zunächst gings, die Wiese links, den Wald rechts, auf einem Wildpfad eine Legua weit nach Norden, dann bog Jack links ab und führte uns im Zickzack den Gebirgszug empor. Bis zur Hälfte der Höhe ungefähr konnten wir, dank der Führung, noch zu Pferde bleiben, dann wurden die Tiere in einer Waldstelle zurückgelassen, und die Kletterei fing an. Wenn man mit Flinten und Instrumenten be- laden ist, so ist ein Berganstieg, der von weitem so glatt und eben aus- sieht, durchaus kein Kinderspiel; wir schwitzten und ächzten gehörig, und Jack verfluchte wohl hundert Mal die Monkey-Box; nach fast zweistün- diger harter Arbeit erreichten wir endlich den höchsten Gipfel und ge- nossen nun einen Rundblick von geradezu berauschender Schönheit. Der Gebirgszug, den wir eben von der Ostseite erklettert haben, fällt nach Westen, gleich von seinen höchsten Kämmen an, abschüssig steil, vielleicht 300 Meter tief hinab und geht dann, immer noch steil genug, in die weite Ebene hinüber. Im fernsten Westen erheben sich mächtige blaue Berge, deren Häupter, von ewigem Schnee bedeckt, im reinsten Weiss am Himmel glänzen. Näher heran tritt die mächtige Bergsruppe des „Mont Payne“ in mehr violetten und rötlichen Tönen; deutlich erkennt man zwischen den weissen zackigen Spitzen die grossen Schneefelder und Gletscher; noch weiter nach rechts seitlich schliessen sich die Baguales-Berge an. Gerade vor uns, zu unseren Füssen, liegt ein zaubervoller See, auf dessen ultramarin-blauen Spiegel ein in seiner Mitte gelegener, hoher, breiter Felsenkoloss trotzig sein markiges Bild und seine dunklen Schatten wirft. Der felsige Berg inmitten des Sees, ob- gleich in Wirklichkeit etwa vier Leguas entfernt, erscheint in der klaren Luft zum Greifen nahe; links von ihm erheben weitere vereinzelte Berg- züge ihre teilweise mit Schnee bedeckten Zinnen, entfernen sich allmählich und verschwinden am blauen Horizont. . Wald begrenzt die Ufer des Sees, smaragdgrün, in wechselnden 6 Lichtern schimmert das Thal zu uns herauf, Wald zieht sich an den Ab- hängen der Berge und Felsen hinan, die in ihren jähen Abstürzen und Felsenmauern wundervolle Farbenspiele zeigen. Hier oder dort stürzt aus einer hohen Felsenspalte ein heller Wasserstrahl hervor, der, herab- fallend und an Vorsprüngen zerstäubend, sich in weissem durchsichtigen Schaum auflösend kleine Regenbogen bildet. Zwei grosse Condorpaare schweben über dem Thale, schweigend ihre Kreise in der durchsichtigen Luft ziehend, und lange blickten wir ihnen nach, und lange, lange haben wir uns dies wundervolle Panorama von unseren Felsenklippen aus an- geschaut. Endlich mahnt die sinkende Sonne zur Rückkehr; das Herab- klettern geht besser und viel schneller vor sich, als der Aufstieg; bald sind wir bei unseren Pferden. Nun gings bergab, indess nicht so schön und bequem, als ich es mir gedacht, denn alle Nase lang glitt so ein un- beschlagener Pingo auf dem glatten Felsen aus und setzte sich dann auf den Schwanz; schliesslich aber kamen wir doch alle glücklich herab. Schon auf dem Herritt hatte Long Jack Strausse gesehen, seine Jagd- lust aber noch gezügelt; als nun aber kurz vor uns ein alter grosser männlicher Strauss aufsprang, dem die mitgenommenen Hunde sofort folgten, wars mit Jacks Geduld vorbeil Bums lag die „Monkey Box“ im, Gott seit Dank, hohen weichen Gras, und en pleine carriere saust Jack davon. Wir anderen schauen der ziemlich nahe sich abspielenden Jagd zu. Die gut abgerichteten Hunde erreichen auch bald den häufig Haken schlagenden Strauss, springen ihm an den Hals und werfen ihn nieder. Jack springt vom Pferde, bricht dem Vogel vollends das Genick und bindet ihn auf seinen Sattel; zu uns kommt er aber noch nicht zurück, sondern jagt mit seinen Hunden weiter. Als wir mit ihm schliesslich kurz vor seinem Hause zusammentreffen, zeigt er uns drei grosse Strausse als seine Beute. Für den nächsten Tag wurde beschlossen, einen Forschungsausflug nach dem schönen blauen See auf der anderen Seite des Gebirgszuges zu unternehmen, umsomehr da Jack vorher zu uns geäussert hatte, dass er am Ufer desselben bläuliche Steine gefunden habe, in denen, wenn er sie zerschlagen, Goldadern gewesen; auch Silber, Kupfer und Kohlen wollte er in den Abhängen der Berge gesehen haben. Als wir am anderen Morgen abreiten wollten, kam aber Long Jack nicht mit; er müsse noch nach seinen Pferden sehen, auch Fleisch und sonstigen Vorrat für den Winter besorgen, und so sollte Max uns begleiten, der wisse ebenso gut Bescheid. Verirren könnten wir uns auf keinen Fall, denn geradeaus kämen wir im die Gletscher, zu weit links aber könnten wir nur zur Estancia von Twidi und rechts nur nach der von Jameicon kommen, 65 Gefahr wäre absolut nicht vorhanden. Wir zogen dann auch mit Max davon, erreichten auch glücklich das Ufer des Sees, wenn auch nicht ohne Schwierigkeiten; aber viele blaue Steine habe ich dort zerklopft, ohne Goldadern zu finden. Mit dem Auffinden der Minen wollte es ebenfalls nicht glücken; Max führte uns hierhin und dorthin; überall sehr schöne Scenerie, aber die wahren Stellen, wo Kohle oder Kupfer etc. zu Tage treten, konnten wir nicht finden. Nachdem wir schliesslich den ganzen Tag uns und unsere Pferde abstrapaziert hatten, kamen wir nach Sonnenuntergang mit leeren Händen zu unserem Hauptquartier zurück. Zwei von unseren Be- gleitern, die Bekannte Twidis waren, hatten sich abgesondert und dessen Estancia gesucht, aber nach der Beschreibung ebenso wenig aufliinden können, und kamen noch später zurück, als wir anderen; Long Jack bekam viel zu hören, kratzte sich hinter den Ohren, lachte vor sich hin und versprach, am nächsten Tage uns selbst zu führen. Früh mit Tages- anbruch waren alle auf den Beinen, das Wetter aber, das bis jetzt immer schön gewesen, zeigte Neigung, sich zu trüben, und da unsere Zeit gemessen war, auch noch viel Wege vor uns lag, beschlossen wir, die Minensucherei einstweilen aufzugeben und unsere Pferde für die Weiter- reise zu schonen. Ganz angeführt hatte Long Jack uns mit seinen Er- zählungen gewiss nicht, denn Gold ist überall in Patagonien vorhanden und mehrfach gefunden worden. Jack hatte selbst auch welches! Erz- haltig sieht überhaupt die ganze Gegend aus. Der nächste Tag sah uns dann wieder auf dem Marsch nach Süden. Von Jack geführt, überschritten wir in vielen Windungen mehrere Hügel- ketten und hatten demnach zuletzt nach dem Arroyo Guillermo einen Abstieg zu bewerkstelligen, der uns einigermassen die Haare zu Berge stehen machte; hier stieg selbst Jack vom Pferde, und die Tiere wurden einzeln, mit grosser Vorsicht den felsigen steilen Abhang hinuntergebracht. Der Arroyo Guillermo ist ein schöner Gebirgsbach in breitem Thal; an seinen Ufern und dem seiner Zuflüsse sind die besten Kamps; die Land- schaft ist leicht gebirgig, hat viel Wald auf den Höhen, und hier und dort hat man einen entzückenden Ausblick auf das Hochgebirge. Im Thale weiterreitend trafen wir ohne Schwierigkeiten am Abend auf der Estancia von Herın Kork ein und machten Nachtquartier. Das Etablissement liegt, wie die meisten, in einer grossen, wasserreichen Ebene am Saume eines Wäldchens; in diesem ist regelmässig durch Ab- holzen einiger Bäume ein Corral für Pferde und Ochsen geschaffen; für die Schafe wird extra aus dicht aneinander gereihten Baumstämmen im Freien eine besondere Abteilung hergestellt. An Gebirgen fehlts auch 5 66 hier nicht; links die Sierra Sola, rechts El Castillo geben der Landschaft den Charakter, und, wie schon früher gesagt, ich kann hier nur die Schweiz zum Vergleich anführen; es kam mir jedoch so vor, als ob die Thäler hier breiter und länger, die Berge aber nicht so mächtig sind, als dort. Mit dem Klima wird es sich ungefähr auch so verhalten; der Sommer ist kühler, der Winter wärmer als in der Schweiz, indess schien die Sonne uns recht kräftig auf den Nacken, und wir schwitzten ganz anständig. Der Winterschnee soll niemals liegen bleiben, wenigstens ver- sicherten dies sämtliche Jäger, die doch schon acht und neun Jahre lang diese Wildnis durchstreifen. Auf vielen Umwegen schlängelten wir uns den nächsten Tag am Fusse der Berge auf einem bereits deutlich erkenn- baren Karrenwege der Meeresküste zu, vorher aber passierten wir noch einen prachtvollen Hochwald. Die Ansiedler hatten auch durch diesen einen recht guten Weg ge- schlagen und die vielen kleinen Bäche durch primitive Brücken passierbar gemacht; bequem und langsam reitend genossen wir mit Wollust die herz- erfrischende Waldluft. Mächtige Bäume, deren gewaltige Kronen das Licht nur gedämpft durchscheinen lassen, rufen eine nur dem Laubholz eigentümliche Dämmerung hervor und erinnerten mich lebhaft an die alte deutsche Heimat. Lichtungen öffnen sich mehrfach, fast stets mit schönem Blick auf die Sierra oder auf kleine tiefblaue Seen, die mit ihren an- mutigen schattigen Ufern zur Rast einladen; auch wir liessen uns nicht nötigen, denn es war Mittag. Unterholz ist im Walde häufig, auch viel altes gefallenes Holz, häufiger aber noch die Berberitzen und wilden Johannisbeersträucher. Letztere sind an Wuchs und Blatt vollständig den veredelten unserer Gärten gleich, nur sind die Früchte, ebenso in Trauben hängend, nicht so sauer und ganz dunkelschwarz. Es war die Zeit der Reife dieser Früchte, und an Stellen, wo sie uns gar zu verlockend in die Augen leuchteten, konnten selbst wir alten Knaben in der Erinnerung an unsere Jugendzeit nicht widerstehen, wir stiegen ab und labten uns wohl halbe Stunden lang an den angenehm saftigen Beeren. Auch Berberitzen schmecken leidlich, haben nur zu viele Kerne und färben die Finger und den Mund noch stärker, als unsere Blau- und Bickbeeren. Die Zweige der mitunter recht hohen Sträucher sind mit Früchten ordentlich über- laden, Traube hängt an Traube und Beere an Beere; die Jäger sagen, sie sammelten sich im Herbst diese Früchte und wollten sich daraus einen vorzüglichen Wein fabriziert haben, der besser gewesen sei, als fran- zösischer Rotwein; leider giebt's keinen mehr. Nach und nach hört der eigentliche Hochwald auf; wir kamen noch 67 durch eine lange tiefe Schlucht, an deren Felsenwänden noch viele Bäume Wurzel gefasst hatten, dann begleitet uns nur noch Gesträuch, in welches nur hin und wieder einige hohe Bäume versprenst sind; das Gelände flacht mehr und mehr ab, und vor uns liegt das Meer. La ultima esperanzal Ultima Esperanza ist eine der vielen, schmalen, sich tief in das Binnenland erstreckenden Buchten des Stillen Ozeans, deren Wasser tief und auch grösseren Seeschiffen zugänglich ist. — Unser Weg führte an eine freie Stelle des Uters, und wir fanden dort einen grossen Steinblock, den der Transportdampfer ‚Toro,‘ um seine Anwesenheit in diesen Ge- wässern zu beglaubigen, hier zurückgelassen hatte. Proviant für Ansiedler heraufzubringen, war der Zweck der Reise dieses Schiffes gewesen, und noch lagen Reste der Ladung, in Säcken und Kisten nun schon Monate lang, ohne jeden Schutz am Strande; augenscheinlich noch gut erhalten und unberührt durch fremde Hände. Die Umgebung und der Ausblick auf die Bucht ist ungemein fesselnd; bewaldete Höhen und Felsen erheben sich direkt aus dem Wasserspiegel, der, durch mehrere hübsche Inseln geschmückt, bis zum jenseitigen Ufer übersehen wird. Den Hintergrund bilden hohe weisse Berge; Eisfelder überziehen die Abhänge, und an Stellen haben breite Gletscherströme alle Hindernisse durchbrochen und münden unmittelbar in's Meer. Begrenzt werden diese Gletscher häufig auf ihrem unteren Lauf durch alten Hochwald, und ich glaube, dass ein solches Zusammen- treffen von Gletscher, Wald und Meer nur Patagonien eigentümlich ist; jedenfalls ist's ein seltenes und sehenswertes, schönes Bild. Der Meeresboden ist, soweit man sehen kann, überall mit ganz flach geschliffenen, häufig zum Zerbrechen dünnen Steinen bedeckt; runde Formen (Geröll), wie an der Küste des Atlantischen Ozeans, habe ich hier nicht bemerkt. Das Wasser hat nur wenig Salzgeschmack und ist reichlich kühl, was uns indess nicht abhielt, en: Bad zu nehmen. Fische sind in Menge vorhanden; wir hatten in kurzer Zeit eine grosse Anzahl mit den Angeln erbeutet und fanden später den Geschmack ausgezeichnet; sie waren etwa 50 Centimeter lang, silberweiss mit dunklem Rücken und dem in Buenos Aires gut bekannten „Liza“ nicht unähnlich. Das Ufer ist sandig, auch kommen Steine darin vor, doch wächst überall Gras, und je weiter man hinaufsteigt, desto reicher wird die Vegetation. Luft- wärme, Niederschläge und Wind scheinen offenbar dem Pflanzenwuchs günstig zu sein, sodass die Möglichkeit des Ackerbaues hier glaubhaft wird; verlorene Körner des verladenen Proviants hatten wenigstens an vielen Stellen gekeimt, und ich war anfangs sehr verwundert, als mir am 58 68 Wegrande die ersten Gersten- und Roggen-Ahren, recht gut entwickelt, entgegennickten. Vorzüglich aber ist erst der Kamp ohne Zweifel für die Vieh- und speziell wieder für die Schafzucht geeignet. Bessere Stellen, was Klima, Wasser und Weide anbetrifft, wird man schwer anderswo treffen, für den heute dafür verlangten Preis aber kann man gewiss den ganzen Erdball ablaufen und wird Ähnliches nicht finden. Die Verbindung mit der civilisierten Welt ist dabei durchaus nicht so schwierig; in drei Tagen kann man mit guten Pferden in Punta Arenas sein und in fünf weiteren erreicht man mit jedem Dampfer Montevideo. Eine nennenswerte Gefahr von Indianern und wilden Tieren existiert nicht; ebensowenig kommen schädliche Insekten vor, wie Heu- oder sonstige Schrecken, man kennt überhaupt kein Ungeziefer. Kleine Häfen oder Verschiffungspunkte finden sich an den Kanälen (so bezeichnet man die schmalen Buchten des Pazifik Ozeans) vielfach vor, und man kann sich fast nach Gutdünken einen Verladungsplatz aussuchen, welche gleich wie Punta Arenas, Gallegos etc. sämtlich Freihäfen sind. Wie es später mit den Freihäfen aussehen wird, kann ich nicht wissen; zur Zeit aber kommen selbst grosse Kriegs-Transportdampfer an diese Küsten und be- sorgen die Ein- und Ausfuhr für die Ansiedler, ohne dass diese einen Cent Zoll bezahlen müssen. Fische und Wild, Holz und Gras findet der neue Ansiedler im Überfluss, auch wird die landschaftliche Schönheit mit der Zeit sicher Menschen hierher ziehen. Alles spricht für die Zukunft dieser Thäler. Gutes Brunnenwasser findet sich überall in einer Tiefe von 3 bis 7 Metern. Die Nacht hatten wir unter freiem Himmel zugebracht, nicht ein- mal das Zelt war aufgeschlagen, und wir schliefen in der ruhigen Luft vorzüglich; auch unsere Pferde hatten sich von ihrer guten Weide am Ufer nicht entfernt, und erst am Nachmittag des nächsten Tages sagten wir dem Stillen Ozean Adieu. Für die Rückreise wählten wir einen an- deren, mehr südlichen Weg, den schon viele Karreten vorher gefahren waren; man hatte Bäume gefällt, kleine Brücken geschlagen und Knüppel- dämme über Sumpistellen hergestellt; man sah überall die Arbeit von Menschenhand, und obgleich weder grosse Unkosten, noch grosse Kunst angewendet wurde, so ist dieser Weg doch schon fahrbar und zur Zeit nicht allein für Ochsenkarren. Einen hässlichen Eindruck machen die ab und zu vorkommenden, niedergebrannten Waldstrecken; die Hitze muss dabei so stark werden, dass selbst die Wurzeln der kräftigsten Gras- arten absterben, denn Jahre lang sieht man auf solch einer Stelle keinen grünen Halm, nur traurige Stümpfe, halb verkohlt, halb weiss gebleicht, 69 stehen oder liegen in der grauen Asche; sie liefern dem Reisenden das Brennholz. Diese Nacht verbrachten wir noch beim hellen Feuer, wundervoll gelagert unter hohen mächtigen Bäumen im Urwald; am andern Morgen gings weiter, wieder durch viel schönen Wald und herrlichen Kamp, doch trafen wir nun häufig auf Ansiedelungen und nach vier Tagen kamen wir glücklich an unseren Ausgangspunkt, die Estancia des Don Guillermo Saunders, zurück. Einen Tag gönnten wir uns Erholung, dann machten wir uns über Moro Chico auf den Weg nach Punta Arenas. Moro Chico ist die erste Estancia auf chilenischem Boden; sie liegt mitten im Wald, am Fusse des ebenso benannten Felsens und ist sehr gut eingerichtet; schönes Wohnhaus, gute Ställe, Garten, Badeplatz, alles vorhanden. Wir wurden sehr freundlich aufgenommen und blieben zur Nacht; zum Abend- essen gab's sogar frisches Gemüse, vorzüglichen Kopfsalat und einen Nachtisch von schwarzen Johannis- und prächtigen Erdbeeren. Der nächste Tag brachte uns an jmehreren ansehnlichen Kampetablissements vorüber und am Ufer eines grossen Sees (Laguna Blanca) entlang nach „Ottway Station,“ einer Estancia des Herrn Juan Hamilton. Spät am Abend kamen wir sehr ermüdet an und wurden sehr an- genehm überrascht durch den gefälligen Komfort der Wohnräume dieses Hauses. Die junge Lady machte die Honneurs an der geschmackvoll und zierlich geordneten Abendtafel, und Mr. Hamilton machte am Schluss noch einige krampfhafte Versuche auf dem Piano im Musikzimmer, unseren Schlaf zu vertreiben, allein die Müdigkeit war zu gross, um seine Kunst noch richtig würdigen zu können. Bald streckten wir denn auch die strapazierten Glieder behaglich in den grossen weichen Betten aus. Nach dem überaus reichlichen Frühstück ging's den folgenden Tag weiter, anfangs auf holperiger Strasse und in langweiliger Landschaft, dann nach Überwindung eines gefährlichen steilen Abhanges hinunter an die Küste. Der Weg ist nun steinig und schmal, links das Meer, rechts steil aufsteigende hohe und bewaldete Berge, doch sind die vielen kleinen Flüsschen durch kunstlose Vorrichtungen überbrückt und überhaupt manches gethan, um die Strasse fahrbar zu erhalten. Nachdem wir einen etwa 20 Meter breiten klaren Bergbach überschritten hatten, trafen wir sogar in einem kleinen Wäldchen auf ein elegant eingerichtetes Wirts- haus mit Billard ete.; doch wir wollten noch heute Punta Arenas er- reichen, und nach Vertilgung einer Flasche guten deutschen Exportbieres brachen wir auf. Etwa drei Leguas vor Punta Arenas gingen wir an einer sehr bedeutenden Dampfsäge vorüber, die Hunderte von Menschen beschäftigt, deren vieles Fuhrwerk die Strasse hier aber gründlich ver- 70 dorben hat. Die Landschaft hat auch hier ihre Schönheiten, auf dem Wasser lag ein Dampfer, der Holz einnahm, und Boote gingen hin und her. Der Wald an der anderen Seite den Berg hinan ist durch viele kleine Häuschen belebt, die sich überall, wo es nur der Abhang erlaubt, eingenistet haben und sich unter dem grünen Laube nicht übel aus- nehmen. Bald wird denn auch die Strasse besser, und Reiter und Wagen, auch viele Ochsenkarren kommen an uns vorüber. Dabei fiel mir auf, dass die Räder der Karren einfach aus Baumstämmen gefügt sind und dass die Ochsen sämtlich im Trabe laufen. Der Weg wendet sich dann rechts von der Küste abbiegend und führt durch gut gehaltene einge- zäunte Felder zu der aus etwa 100 Familien bestehenden Schweizer- Kolonie. Leider wurde es schon so stark dunkel, dass nicht‘ ‘viel mehr zu erkennen war, doch leuchteten überall die hellen Feuer aus freund- lichen Häusern, meist unter Bäumen hervor, und machten einen gemüt- lichen, anheimelnden Eindruck. Erst mit dunkler Nacht erreichten wir unser Hötel in Punta Arenas; deutscher Wirt, deutsche Bedienung, deutsche Küche, saubere Zimmer und Betten, zwar alles nur Holz mit Ölfarbe gestrichen, aber frei von Ungeziefer, die sonst so lästige Beigabe in Holzhäusern. Anderen Tages sah ich mich im Orte näher um und fand, dass Punta Arenas ein ganz bedeutendes Städtchen von etwa 4000 Einwohnern ist. Zwar sind sämtliche Gebäude nur aus Holz und Eisen konstruiert, mit Ausnahme eines einzigen aus Ziegelsteinen erbauten, doch giebt es darunter einzelne recht hübsche, in denen bedeutende Geschäfte etabliert sind. Es soll hier Handelshäuser geben, die über bedeutende Kapitalien verfügen und in direkter Verbindung mit grossen europäischen Firmen stehen; sogar eine Bankstelle ist jetzt am Platze, die bis nach Argentinien hinein ihre Geschäfte macht und auch dem Landmann Kredit bewilligt. Der Hafen ist tief und gut, und fast alle vorüberkommenden grossen Handelsdampfer legen, wenn auch nur für einige Stunden, an und ankern kaum 200—300 Meter von der Landungsbrücke, die etwa zwei Cuadras ins Meer hinausgeht. Viel kann ich von Punta Arenas weiter nicht berichten, ich blieb dort eben nur einen Tag; die Strassen waren sauber, gut gehalten und, wie immer in Südamerika, in recht- winklig sich schneidenden Linien angelegt. Mehrere grosse Gasthäuser stehen gleich am Strande, ausserdem fiel mir das schöne Gebäude der freiwilligen Feuerwehr, welches zu gleicher Zeit Klubhaus ist, auf; auch eine Warmbadeanstalt war vorhanden u. s. w., überhaupt last kein Haus ohne Geschäft. Am nächsten Morgen um 9 Uhr kam ein grosser englischer Dampfer 71 an, und die Gelegenheit benutzend schiffte ich mich nach Montevideo ein. Mittags Ye12 wurden die Anker gelichtet, und wir dampften durch die Magelhaensstrasse dem Atlantischen Ozean zu. Feuerland sieht man als schwachen Nebel schon von Punta Arenas aus, auf der Weiterfahrt kommt man seinen Ufern streckenweise recht nahe, eigentlich Schönes und Sehenswertes ist aber auf dieser ganzen Tour nicht vorhanden. Die Ufer bestehen teils aus Felsen, teils aus Hartsand-Barrancas von unbe- deutender Höhe; Wald konnte ich auch nicht entdecken, doch soll er vorhanden sein. Abends gegen 6 oder 7 Uhr passierten wir Cobo de Virgenes und erreichten somit den Ozean; in fünf Tagen waren wir im Hafen von Montevideo, wo ich sofort an Land gings; und somit schliesst mein einfacher Reisebericht, der den verehrlichen Lesern hoffentlich einiges Interesse abgewonnen hat. Ill. Der Kamp in Argentinien. Aus einem Briefe von Otto Sartori in Buenos Aires. Ich will Euch noch von meinen Kampreisen erzählen. Der Süden Argentiniens ist viel schöner als der Norden, denn er ist ursprünglicher und weniger kultiviert. Im Norden wird viel Ackerbau getrieben und alle Augenblicke sieht man Dörfer und Ansiedeleien. Dagegen ist im Süden nur Viehzucht zu finden. Schafe bilden das Hauptprodukt, dann Rindvieh und Pferde. Nach zehnstündiger Eisenbahnfahrt von Buenos Aires, während deren es nur eine halbe Stunde Aufenthalt zu einer miserablen Mahlzeit gab, langte ich auf einer kleinen Eisenbahnstation — (alle Stunde giebt es eine Station) -— an, auf welcher mich der Kapataz (Vorarbeiter) der Estaneia mit einem Gaul erwartete. Nach vıerstündigem unausgesetzten Galopp (ich glaube in Deutschland sagt man Kartoffelgalopp; ein kurzer, sehr bequemer Galopp, die einzigste Gangart, die die Kamppferde kennen) erreichten wir die Estancia. Die Eigentümer solcher Estancias, wenigstens diejenigen der grösseren Etablissements, verweilen nur einige Wochen im Sommer auf derselben. Der Majordomo empfing mich sehr zuvorkom- mend und wir machten erst eine Runde in der nächsten Umgegend der Häuser. Ich will hierbei bemerken, dass man die ganze Besitzung „Estancia“ nennt; ist man aber auf dem Grund und Boden derselben, so heisst so die Stelle, wo die Herrschaft bezw. der Inspektor wohnt und wo sich die guten Zucht- und Racetiere befinden. 12 Das Terrain, d. h. der Kamp im Süden der Provinz, zwischen den Stationen Arbolito und Vivorata, wo ich mich befand, ist eben wie der Tisch. Soweit das Auge reicht nichts als Kamp und Kamp bis an den Horizont. Nur ab und zu durch einige Bäume, die die Wohnungen der Hirten anzeigen, unterbrochen, ruhig und still, von keinem Geräusch ge- stört und scheinbar ohne eine menschliche Seele; aber doch war es schön, gerade in dieser Einsamkeit. Ich kam mir so frei und unabhängig vor, als ich vom Eisenbahnzug gestiegen war und nun bei prachtvollstem kühlen Wetter und der schönsten reinen Luft ins Blaue hineinritt, in der Voraussicht einer Zahl genussreicher Tage. Aber ich komme ganz von meinem Berichte ab. Wir machten also noch einen Spaziergang vor dem Dunkelwerden, dann wurde ziemlich gut zu Abend gegessen und es ging zu Bett, um Kräfte für die nächsten Tage zu sammeln. Der Zweck meiner Reise bestand darin, den Zustand der Schaf- heerden anzusehen, die Wolle auf den Tieren zu prüfen und den übrigen Stand der Kämpe zu untersuchen. Am nächsten Morgen, nachdem wir uns durch ein halbes Dutzend Mates gestärkt hatten, ging es also los. Der Majordomo, ich und einige Peone mit ungefähr 20 Pferden, in hohen Stiefeln, Poncho, (grossem Hals- tuch an Stelle des Hemdkragen) und Schlapphut, alle gleich gekleidet, je nach Verhältnis besser und schlechter. Die Estancia, auf der ich mich befand, ist ungefähr 15 DMeilen gross und hat ca. 130000 Schafe, 45000 Stück Hornvieh und 23000 Pferde. Ich hatte mich nur um die Schafe zu bekümmern. Dieselben weiden heerdenweise an bestimmten Stellen im Kamp, immer ca. 1500 bis 2000 Stück zusammen. Sie stehen unter der Aufsicht von Hirten, meist Gauchos, die ihre Wohnungen mitten im Kamp haben. Dies sind nicht Hirten in unserem Sinne; die Schafe laufen vielmehr allein herum und können sich wegen der grossen Entfernungen nicht mit den anderen Heerden vermischen, auch bleiben sie instinktmässig in der Nähe der Hirtenwohnungen (,Puestos“). Die Hirten leben natürlich mit ihren ganzen Familien zusammen und sind gewissermassen kleine Beamte, deren Stellung fast immer von dem Vater auf den Sohn übergeht. Dadurch kommt es, dass sie sich selbst als Eigentümer der Herrschaft und der ihnen anvertrauten Schafe, Pferde und Rinder ansehen. Die meisten derselben sind auch ganz wohl- habend und besitzen uns Stadtmenschen gegenüber einen gewissen Stolz, da sie uns als Schwächlinge ansehen. Dabei sind sie jedoch voller Freundlichkeit und Gastfreundschaft. Das Beste, was sie zu essen haben, 73 bringen sie, und wenn man etwa einmal eine Nacht bei ihnen bleiben will, wie es mir wegen schlechten Wetters passiert ist, so muss man erst einen Kampf ausfechten, damit Mann und Frau in ihrem Bette bleiben und sich nicht, um es dem Fremden zu überlassen, auf die Erde zum Schlafen legen. Das Essen ist sehr einfach. Hauptsächlich giebt es Spiesbraten; der ist aber sehr schön. Kommt ein Fremder, so wird gleich ein Schaf oder ein Kalb eingefangen, geschlachtet und am Spiess ge- braten. Das Feuer befindet sich in der Mitte des Ranchos, der Braten davor und rund herum reihen sich die Männer und Weiber, auf kleinen niedrigen Bänken und Stühlen hockend, an. Ist das Fleisch mürbe, so zieht jeder sein Messer aus dem Gürtel und schneidet sich nach Belieben von dem Braten ab. Als Gabel dient die einem mit auf die Welt ge- gebene. Dazu giebt es sogenannte Galletas, eine Art Schiffsbrot, das sich monatelang hält, und auf dem Sitze oder einem anderen harten Gegen- stand zerschlagen und zerkleinert wird, und Wein, der in einem ledernen Beutel die Runde macht. Es ist eine delikate Geschichte und man muss sich zuerst etwas daran gewöhnen, aber wenn man Hunger hat, geht alles. Ausserdem ist es eine bekannte Thatsache, dass man im Kamp bei weitem schöneres Fleisch, als in der Stadt erhält, denn erstens suchen die Gauchos sich bei dem kolossalen Überfluss das beste, fettste und jüngste Stück Vieh aus, zweitens ist es kein abgetriebenes Tier und end- lich drittens ist es eben erst geschlachtet. Nach dem Mahle giebt es wieder unzählige Mates und dann holt der Gaucho seine Guitarre, sein liebstes Eigentum nächst seinem Pferde, hervor und singt seine endlosen melancholischen Weisen. Schliesslich muss man aber doch daran denken, dass man auch noch zu etwas anderem hergekommen ist, und so bricht man denn auf. Nach kurzem Galopp kommt die diesem Hirten zustehende Heerde in Sicht und wird von den Peonen umringt. Einige Tiere werden einge- fangen, in Bezug auf Aussehen und Qualität der Wolle untersucht und notiert. Dann wird wieder aufs Pferd gestiegen und es geht zum nächsten Puesto, die alle etwa ein bis zwei Meilen von einander entfernt liegen. So geht es weiter, bis alle Heerden durchgesehen sind, schnell oder lang- sam, je nachdem man Zeit hat. Aber meistens geht es schnell; es ist eben Geschäft. Ich habe das erstemal in 16 Tagen 12 Estancias an- gesehen. ‘Wenn man Zeit hat, geht man auch auf die Jagd. Der Kamp hier im Süden wimmelt von Wild aller Art in solcher Unmenge, wie ich es mir nicht vorgestellt hatte. Besonders giebt es Geflügel wie Enten, Reb- hühner und Schwäne, Aber noch eine Menge anderes Getier ist millionen- 74 weise vorhanden und durchaus nicht scheu, so dass die Gauchos die Tiere vom Pferde ab mit ihrer Rebenque todt werfen. Dies ist eine Reitpeitsche von dieser Form: a. ist em eirca 40 cm langer und 2 cm im Durchschnitt dicker Stock, der mit Leder überzogen und vielfach mit silbernen Verzierungen ver- sehen ist; b. ist ein circa 2 cm breiter dicker Lederstreifen. Gelungen sind die Papageien, von denen ich einmal 16 Stück mit einem Schrotschuss erleste. Das kam nämlich so. Die Tiere sind immer in Schwärmen von 100 bis 200 oder mehr zusammen und machen ein ohrenbetäubendes Geschrei. Schiesst man nun unter sie und trifft auch nur einen einzigen, so fallen die anderen sämtlich über diesen einen her und zerhacken ihn. Schiesst man dann dazwischen, so ist es klar, dass eine Menge davon fallen muss. Kleine Adler, Habichte und dergleichen begleiteten uns oft stundenlang. An vierfüssigem Gelichter sind zuerst Rehe (etwas andere als die bei Euch) zu nennen; dann Unmassen von Füchsen, Dachsen, Ottern, Gürteltieren, Stinktieren u. s. w. Bei der Jagd sind auch die Strausse nicht zu vergessen. Ich wollte noch von den Pferden und Rindern sagen, dass man sich sehr in Acht nehmen muss, wenn man in die Nähe einer Heerde kommt, da die Tiere, besonders die Stuten mit kleinen eben geborenen Füllen und die Kühe mit Kälbern äusserst tapfer sind und auf den Menschen losgehen, den sie, wenn er zu Fuss wäre, töten würden, weil sie ihn ja nicht kennen. Was nun den Gaucho anbetrifft, so will ich doch auch noch über ihn einige Worte sagen. Ein Mestize von Europäern und Indianern, was er früher war, ist er nicht mehr, sondern meistens ein Angestellter der grossen Estancieros. Natürlich mit Ausnahmen. Ich spreche auch nicht von den Banditen, die vagabondierend und ohne festen Wohnsitz durch den Kamp ziehen, sondern eben von diesen Hirten. Sie sind Meister in der Behandlung der halbverwilderten Pferde- und Rinderheerden. Dazu gehört in erster Linie das Reiten. Wie auf dem Pferde geboren scheint er mit ihm verwachsen zu sein. Er sitzt nicht darauf, sondern hängt vielmehr daran, und dass Mann und Pferd nicht oftmals Hals und Beine brechen, ist mir unverständlich. Dazu kommt die riesige Fertigkeit im Werfen des Lasso, der seine 10 Kilo wiegt, und das Schleudern mit den Boleacoras; das sind drei mit 75 Leder überzogene und untereinander mit ge- flochtenen Lederstreifen verbundene Steine, die die Gauchos dem einzufangenden und davon stürmenden Pferde oder Rinde im vollsten Galopp um die Hinterbeine schlingen. Wenn möglich werden auch noch die Vorderbeine mit umschlungen und so das Tier im selben Augenblicke zu Fall gebracht, das natürlich dann die unglaub- lichsten Anstrengungen macht um sich zu befreien. Aber der Gaucho ist schon zur Seite, schlingt dem Tiere noch seinen Lasso über und macht dann mit ihm, was er will, sei es zum Kapieren (verschneiden capar) oder, wenn es ein Pferd ist, zum Einfahren oder Reiten. Im letzten Falle besteigt er es sofort. Erst bindet er ihm seinen Poncho vor die Augen, bringt ihm einen Zügel (ein einfaches Stück Leder) ins Maul, löst dem auf der Erde liegenden Gaul die Bolas ab und lässt nur noch die Hinter- beine mit dem Lasso gefesselt und zwar mit einer einfachen Schlinge, die sich mit emem Ruck auflösen lässt. Er stellt sich dann über das Pferd; mit einem Griff werden die Augen des Tieres frei und ein zweiter löst die Schlinge an den Beinen. Kaum fühlt der Gaul sich sehend und frei, so springt er auf, nimmt im Aufstehen den Reiter auf den Rücken und dann geht es los. Gewöhnlich sucht er sich zuerst des Reiters zu ent- ledigen, springt in die Höhe, wirft sich auf die Erde, steigt, schlägt aus, beisst um sich und wälzt sich wieder auf der Erde aber — den Reiter bringt er nicht ab. Dieser lässt das Tier sich erst etwas austoben, dann giebt er ihm mit den allmächtigen Sporen und der Rebenque einige Aufmunterung, und der Gaul fliest davon. Erst sucht er sich der Heerde zu nähern, was der Reiter aber zu vermeiden weiss, und dann geht die wilde Jagd los, immer gerade aus, bis er nach einer halben Stunde wiederkommt, am ganzen Körper voll Schaum, zitternd und vor Ansst und Erschlaffung fast.zusammenbrechend. Der Reiter ist Sieger geblieben und am nächsten Tage ist der Gaul lammfromm. Das ist der Gaucho als Hirte und Angestellter auf den grossen Estancias und weit draussen. Er ist ein selbstbewusster und stolzer Charakter, der nur seinen Herrn oder dessen Stellvertreter als über ihm stehend anerkennt, sich sonst aber für ebenso gut und wenn möglich noch besser, als den civilisierten Menschen hält. Alles, was er zum Lebensunterhalt braucht, liefert ihm der Kamp. Nur bei Festlichkeiten schmückt er sich. Dann holt er seinen besten Gaul und sattelt ihn mit seinem Feiertagsgeschirr. Der hiesige Sattel ist anders als der sogenannte englische (euro- 76 päische). Die Hauptbestandteile sind zwei mit Stroh vollgestopfte Lederhülsen (Bastos), die in der Mitte verbunden dem Gaul auf den Rücken gelegt werden. Darüber und darunter werden eine Menge von Decken und Fellen gestopft, so dass ein äusserst weicher und breiter Sitz entsteht. Über diesen wird dann schliesslich ein breiter Gurt rund herum geschlagen, damit er sich nicht bewegt. An den Bastos hängen die Steigbügel, bei seinem Sonntags- staat aus purem Silber; ebenso sind die Enden der Bastos mit Silber verziert. Auch Zügel, Zaum u. s. w. glänzen von schweren Silberbe- schlägen. Um den Hals des Pferdes bis zum Sattel zieht sich em Riemen mit aneinander gereihten grossen Silbermünzen, und sogar auf dem Sattelgurte sind solche befestigt. Dann der Mann selbst. Anstatt der Hosen schlingt er sich auf eine eigentümliche Weise ein grosses, viereckiges, schwarzes Tuch um die Beine, das von einem sogenannten Tirador, einem von Gold- und Silber- münzen und sonstigen Verzierungen strotzenden Ledergürtel, festgehalten wird. In diesem steckt hinten das '/s Meter lange, in silberner Scheide befindliche und mit silbernem Grift versehene Messer, und daran hängen die Boleacoras. Eine gestickte Bluse, Schlapphut, seidenes, breit umge- bundenes Halstuch, sowie hohe mit Gold und Silber bestickte Stiefel vollenden den Anzug. Hinten auf dem Rücken des Pferdes liegt der unvermeidliche, mit einer leicht zu lösenden Schlinge befestigte Lasso. Reitpeitsche mit silbernem Griff und grosse silberne Sporen nicht zu vergessen. Da habt Ihr den Gaucho wie er leibt und lebt. Wenn es dann zum Tanze geht, nimmt er auch noch die mit Schleifen (Erinnerungen an frühere Festlichkeiten) verzierte Guitarre mit aufs Pferd, und so zieht er ab. Ein hübsches Bild. Neue und seltene Fische der Neustädter Bucht, Von Dr. phil. Georg Duncker. (Zusatz zu: Die Fische der Travemünder Bucht ete. von Dr. H. Lenz. Lübeck 1891.) A ngerest durch jährlich wiederholten Aufenthalt an der Neustädter Bucht, unterstützt durch die verständnisvolle Hülfe des Fischers Heinrich Lender in Niendorf daselbst, habe ich seit zehn Jahren besondere Auf- merksamkeit auf die Fischfauna dieser Bucht gerichtet. Allmählich er- hielt ich 55 Species von dort, von denen einige wenige noch nicht in dem von Lenz*) herausgegebenen Verzeichnis der Fische der Trave- münder Bucht erwähnt, andere dort genannte so selten sind, dass auch die seither sgefangenen Belegexemplare aufgezählt zu werden verdienen. Möbius und Heincke**) unterscheiden Standfische und Gäste eines Faunengebiets. Ausser diesen beiden kann man m. E. noch eine dritte Gruppe bestehend aus solchen Arten unterscheiden, welche als Gäste aus anderen Gebieten einwandern, dann jedoch für längere oder kürzere Zeit „Standfische“ werden, d. h. sich an ihrem neuen Fundorte regelmässig: fortpflanzen, um nach Ablauf derselben wieder spurlos zu verschwinden. Derartig verhielten sich in der Neustädter Bucht Syngnathus acus L. 1885—1890, Stichaeus islandicus ©. V., welcher vereinzelt schon früher, regelmässig seit 1889 auftrat, jetzt jedoch schon seltener zu werden scheint. Von letzterer Art besitze ich z. B. eine grössere Anzahl er- wachsener laichreifer und junger Tiere vom Oktober 1892. Endlich scheint Cottus bubalis Euphr., welcher früher trotz Suchens weder von Dr. Lenz noch von mir in der Neustädter Bucht gefunden war, in den letzten drei Jahren dort regelmässig, wenn auch nicht häufig, vor- zukommen. Sein bisheriges Fehlen ist besonders merkwürdig@/dadurch, dass er weder in der Kieler Bucht, noch, wie mich die Rostocker Uni- versitätssammlung lehrt, bei Warnemünde selten ist. =) Mitteil. d. Geogr. Ges. u. Naturh. Mus., 2. R. Heft 3. Lübeck 1891. 8°. ==) Die Fische der Ostsee. Berlin 1883. 8°. p. 162 ff. 18 Mit den im folgenden erwähnten fünf neu hinzugekommenen sind bis jetzt 86 Spezies aus der Neustädter Bucht bekannt, von denen drei (Liparis vulgaris Flem., Syngnathus acus L. und Raja fullonica L.) nicht zu den 96 der von Möbius und Heincke aus der westlichen Ostsee auf- gezählten gehören, so dass die Zahl der letzteren sich jetzt auf 99 erhöht. 4*) Mullus surmuletus L. Am 11. November 1893 sandte mir der Fischer Heinrich Lender ein kleines, ca. 7 cm langes Exemplar, das er in der Wade gefangen hatte. 9. Trachinus draco L. Ich erhielt diesen Fisch am 5. Oktober 1893 und am 20. November 1895 durch Heinrich Lender. 10. Lophius piscatorius L. Am 15. oder 16. März 1891 wurde ein ca. 1,5 m langes Exemplar von dem Fischer Brokmann in Haffkrug in der Heringswade gefangen und nach Lübeck, um ausgestellt zu werden, verkauft. lla. Cottus bubalis Euphr., „blagen Wollkus“ erhielt ich am 9. August 1892, 11. November 1893 und Ende Oktober 1894 durch Heinrich Lender in je einem Exemplar. Der Fisch soll im Winter nicht ganz selten gefangen werden. 21. Anarrhichas lupus L., in Niendorf „Seekatt‘“ genannt. Der Niendorfer Fischer Hans Lender fing in den siebziger Jahren ein ca. 70 cm messendes Stück. Prof. Dr. Dahl erhielt ein bei Dahme gefangenes, etwa gleich langes Weibchen am 17. November 1886, dessen Skelett und Eier im Kieler zoologischen Institut aufbewahrt werden. Anfang Mai 1895 fingen die Fischer Hoopt und Johs. Böbs-Niendorf unter dem Brothener Ufer ein kleineres Exemplar. 22. Stichaeus islandicus €. V. Ich erhielt diesen Fisch im Jahre 1885, ferner mehrfach von 1890 — 1892. Er soll noch jetzt, nach Heinrich Lender, nicht ganz selten sein. 32. Gadus aeglefinus L. Nach mehrjährigem Sammeln habe ich erst kürzlich (20. November 1895) ein einziges, 17 cm langes Exemplar dieser Art aus Niendorf erhalten. #) Die Nummern des Lenz’schen Verzeichnisses. 19 35. Gadus pollachius L. erhielt ich am 17. und 20. Februar 1891 in je einem Exemplar. 43. Hippoglossus vulgaris Flem. Heinrich Lender fing im Frühjahr 1873 bei Niendorf ein 29 ® schweres Exemplar. Mitte der siebziger Jahre erhielten Travemünder Fischer ein 72 ® schweres im Zugnetz. 44. Hippoglossoides limandoides Bl. erhielt ich am 2. Januar 1890 und am 20. Februar 1891 in je einem Exemplar in Niendorf. 47. Pleuronectes platessa L. Je ein linksäugiges Exemplar (sehr selten!) erhielt ich am 31. Januar 1893 (lebend) und Ende Oktober 1894 durch Heinrich Lender. — Junge von 2—4 cm Länge finden sich zahlreich im Juli und August auf dem femsandigen Grunde des Scharbeutzer Ufers,. — Rauhe Schollen sind männlich, glatte weiblich oder jung. 47a. Pleuronectes pseudoflesus Gottsche, „Blendling,“ ist keine rauhe (g) Scholle, sondern eine Mittel-, wahrscheinlich Bastard-, Form zwischen dieser und der Flunder. Ich erhielt davon je ein Exem- plar am 2. Januar 1890, 16. Dezember 1891, 8. Juni, 7. August und 4. Oktober 1892 und am 11. November 1893. — Die genauere Be- schreibung derselben habe ich an anderer Stelle*) gegeben. 49a. Pleuronectes microcephalus Donov. Heinrich Lender fing diese bisher noch nicht in der Neustädter Bucht beobachtete Art am 29. April 1892, Anfang Juli 1892 und am 4. Juni 1893 in je einem Exemplar, von denen ich das erste in meiner Sammlung bewahre. 58a. Squalius cephalus L., „Dickkopf,“ „Dübel,“ wurde in meinem Beisein am 16. Juli 1890 bei Timmendorfer Strand in der Aalwade gefangen. 69. Clupea alosa L. Fischername „Elben.“ April 1890 und August 1891 je ein, Oktober 1891 zwei Exemplare. *) Variation und Verwandtschaft von Pleuronectes flesus L. und Pl. platessa L. In: Wissensch. Meeresunters., herausg. v. d. Komm. z. wissensch. Unters. d. deutsch. Meere in Kiel und der biolog. Anstalt auf Helgoland; 2. Heft, p. 76 ft. 80 70. Engraulis encrasicholus L. Ende August 1895 erhielt das Hamburger naturhistorische Museum ein ca. 20 cm langes Exemplar durch C. Höfft aus Niendorf. 76. Acanthias vulgaris Risso erhielt ich am 3. April 1890 von Heinrich Lender; Anfang Mai 1893 fing der junge Fischer Carl Böbs-Niendorf ein weiteres Exemplar. 77a. Raja radiata Donov. Von dieser Art besitze ich in meiner Sammlung ein am 4. Juni 1592 in der Aussentrave unter Rosenhagen von Claus Frese-Sierksdorf gefangenes kleines Exemplar. Die Käfer Lübecks. Von Major z. D. von Koschitzky. 2, ‚Eiste. Fortsetzung v. Heft 7 u. 8 p. 102. VII. Limnichiden fehlen. Vill. Dryopiden. = Dryops prolifericornis, F. Nicht sehr häufig, $8. M. H. auriculata, Panz. $. M. H. IX. Georyssiden. Georyssus crenulatus, Rossi. Am Ostseestrand, selten. $. M. H. X. Heteroceriden. Heterocerus marginatus, F. $. M. H. intermedius, Kiesw. Selten. M. fenestratus, Thunb. Nicht häufie. $. M. H. Xl. Staphyliniden. Diese Familie ist noch nicht ausreichend durchgearbeitet und wird daher in einer späteren Liste erscheinen. XII. Pselaphiden zahlreich im Frühjahr vor der Eisschmelze unter Typha-Blättern. Batrisus venustus, Reichb. M. Bryaxis fossulata, Reichb. $. M. H. ? = haematica, Reichb. $. M. H. juncorum, Leach. M. impressa, Panz. M. * Rybaxis sanguinea, L. 8. M. H. E12 82 Bythinus bulbifer, Reichb. M. distinctus, Chaud. M. Burelli, Denny. Im August unter Rinde 5. M. H. validus, Aub. Pselaphus Heisei, Hbst. H. $. M. | dresdensis, Hbst. M. | Beide im Frühjahr zwischen Typha-Blättern. * Tychus niger, Payk. 8. M. Bibloporus bicolor, Denny. Im Sommer unter Rinde M. Euplectus nanus, Reichb. M. Karsteni, Reichb. Unter Eichenrinde 8. M. H. ambiguus, Reichb. M. XII. Clavigeriden fehlen wahrscheinlich. XIV. Seydmaeniden. Neuraphes angulatus, Müll. $. M. H. Scydmaenus seutellaris, Müll. 8. M. H. collaris, Müll. 8. M. H. Euconnus hirtieollis, Il. 8. M. H. s denticornis, Müll. & M. H. Eumierus tarsatus, Müll. &. Selten. M. XV. Silphiden. Choleva intermedia, Kr. angustata, FE. $. M. H. eisteloides, Fröhl. 8. M. H. praecox, Er. (= Wilkini, Spence). 8. M. H. velox, Spence 8. M. H. Promaphag pieipes, FE 8. M. H. nigricans, Spence. S. M. H. s Momo RN SIEMAN EN tristis, Panz. $. M. H. Watsoni, Spence #5. M. H. sericeus, FL. $. M. H. fuscus, Panz. M. = fumatus, Spence M. Phosphuga atrata, L.L $. M. H. - var. brunnea, Hbst. M. A. opaca, LES. U. H. undata, Müll. $. M. H. 35 Thanatophilus thoracieus, L.L 8. M. H. = rugosus, L. 8. M. H. sinuatus, FL. 8. M. H. dispar, Hbst. M. len 4-punctata, L. $. M. H. Silpha tristis, Il. $. M. H. obsceura, L. $S. M. H. Necrodes litoralis, L. Selten. $. M. H. Necrophorus humator, Goetze. Selten. $. M. H. vespillo, L.L 8. M. H. vestigator, Herschel. 8. M. H. investigator, Zett. Sehr selten. M. = vespilloides, Hbst. $. M. 4. Hydnobius punctatissimus, Stph. Sehr selten. Liodes dubia, Kugel. $. M. AH. flavescens, Schmidt. ovalis, Schmidt. $. - rubiginosa, Schmidt. Colenis immunda, Sturm. 8. Anisotoma axillaris, Gyl. $. M. H. - glabra, Kugel. M. humeralis, Kugel. $. M. H. castanea, Hbst. M. orbicularis, Hbst. M. en: globus, F. 8. M. 4. Agathidium atrum, Payk. $. M. H. : laevigatum, Er. &. M. H. marginatum, Sturm. haemorrhoum, Er. XVl. Clambiden. Cybocephalus politus, Gyll. Selten. Olambus pubescens, Redtb. Selten. M. XV. Spliaeriiden. Sphaerius acaroides, Waltl. Zwischen Typha-Blättern. M. H. XVIll. Trichopterygiden. Trichopteryx atomaria, Deg. Sehr häufig. 8. M. H. Von dieser Familie sind sicherlich noch mehrere Arten vorhanden, welche noch nicht beobachtet wurden. 6" 84 XIX. Corylophiden. Corylophus cassidoides, Mrsh. Zwischen Typha-Blättern. $. XX. Scaphidiiden. Scaphidium 4-maculatum, Ol. Selten. 8. M. H. Scaphisoma agarieinum, L. 8. M. H. boleti, Panz. M. assimile, Er. XXI. Phalaeriden. Phalacrus corruscus, Payk. 8. M. H. caricis, Sturm. An Sumpfgras im Lauerholz. 5. M. H. # = substriatus, Gyll. $. M. H. Olibrus corticalis, Panz. $. M. H. aeneus, F. $. M. H. bicolor, F. 8. M. H. “ € millefolii, Payk. $. M. AH. Stilbus testaceus, Panz. &. atomarius, L. $. oblongus, Er. Im Frühjahr am Schilf bei der Herrenfähre. XXI. Erotyliden. Dacne bipustulata, Thunb. 8. M. H. Triplax russica, L. Selten. M. aenea, Schall. Nur einmal in einem Pappelschwamm im Früh- jahr ein Kolonie von ca. 10 Stück gefunden. M. Cyrtotriplax bipustulata, F. Selten. M. H. XXIII. Eudomychiden. Mycetaea hirta, Marsh. Selten und zerstreut. $. M. H. XXIV. (ryptophagiden. Thelmatophilus carieis, Ol. Sehr häufig. 8. M. H. typhae, Fall. Sehr häufige. $. M. A. * Antherophagus nigricornis, F. 5. M. H. = « silaceus, Hbst. $. M. H. ® : pallens, Ol. $. M. H. Henoticus serratus, Gyll. Selten. an lycoperdi, Hbst. $5. M. H. setulosus, Sturm. MM. cellaris, Scop. $. M. H. fuscicornis, Sturm. M. 85 E iepbasvs distinguendus, Sturm. M saginatus, Sturm. M. 8. H. scanicus, L.. 8. M. H. lapponicus, Gyll. 8. affinis, Sturm. M. Atomaria umbrina, Gyll. 8. M. H. prolixa, Er. nigripennis, Payk. M. pusilla, Payk. 8. M. H. atra, Hbst. M. mesomelas, Hbst. 8. M. H. fuscipes, Gyll. 8. M. H. XXV. Lathridiiden. Lathridius lardarius, Dee. 8. M. H. alternans, Mannh. M. rugicollis, Ol. M. * Öoninomus constrictus, Gyll. M. nodifer, Westw. Unter Baumrinde. Eniemus minutus, L. $. M. H. rugosus, Hbst. 5. M. H. transversus, Ol. $. M. H. * Öartodere elongata, Curtis. E filiformis, Gyll. 8. M. H. “* Corticaria pubescens, Gyll. $. M. H. impressa, Ol. $. serrata, Payk. 8. M. H. elongata, Hummel. 5. M. H. Meauophthalna gibbosa, Hbst. 9. M. A. transversalis, Gyl. $. M. H. fuscula, Hummel. &. M. H. var. trifoveolata, Redtb. XXVI. Tritomiden. Triphyllus punctatus, F. $. M. 2. Litargus bifasciatus, F. M. Tritoma 4-pustulata, L. Häufige. 8. M. 4. 10-punctata, F. Selten unter Buchenrinde. atomaria, F. $. M. H. picea EIS MER! H. Eu PA + * 86 Tritoma multipunctata, Hellw. 8. M. H. fulvicollis, F. 4-guttata, Müll. Typhaea fumata, L. 8. M. H. XXVII. Mieropepliden. Micropeplus porcatus, F. XXVIl. Nitiduliden. Cercus pedicularis, L.. $. M. H. Brachypterus gravidus, Il. $. M. H. glaber, Newm. Selten. $. M. H. urticae, FE 8. M. H. Carpophilus hemipterus, L. M. ‘ Omosiphora limbata, F. 8. M. H. Epurea decemguttata, FE $. M. H. 7 aestiva, Ju, SH: melina, Er. $. M. AH. variegata, Hbst. $. obsoleta, FE. 8. M. H. : pygmaea, Gyll. M. : pusilla, Il. SM. A. florea, Er. (Vielleicht missdeutet?) 5. Selten. M. Niticula bipustulata, L.L 5. M. H. rufipes, L.L 8. M. H. carnaria, Schall. 8. M. H. Omosita colon, L. 8. M. H. discoidea, F.L. 8. M. H. Soronia punctatissima, Ill. M. grisea, L S. M. H. Pria dulcamarae, Scop. Selten. M. Meligethes coracinus, Sturm. Selten. coeruleovirens, Först. M. brassicae, Scop. 5. M. H. viridescens, F. $. M. H. symphyti, Heer. M. H. coryinus, Er. Selten. subrugosus, var substrigosus Er. $. M. umbrosus, Sturm. $. flavipes, Sturm. 8. M. H. ochropus, Sturm. Im September an Kreuzblumen. S. M. H. u ep) 87 Meligethes difhicilis, Heer. viduatus, Sturm. M. tristis, Sturm. An echium vulgare. $. M. H. lugubris, Sturm. $. bidentatus, Bris. (Vielleicht missdeutet?) M. erythropus, Gyll. M. bebes, Er. (Vielleicht von Skandinavien verschleppt.) = pedieularis, Gyll. $. M. H. Pocadius ferrugineus, F. 8. M. AH. Cychramus luteus, F. Selten. $. M. H. Cryptarcha strigata, F. 8. M. H. imperialis F. Seltner als die vorige Art. $. M. H. = 4-punctatus, Ol. 8. M. H. 4-guttatus, FE $. M. H. 4-pustulatus, L. M. ferrugineus L. Nicht häufige. $. M. H. Konuc depressus, FE. $. M. H. cribratus, Gyll. 8. M. H. ferrugineus, Payk. M. nitidulus, F. &. M. H. dispar, Payk. M. bipustulatus, FE. $. M. H. XXIX. Trogositiden. Tenebrioides mauritanicus, L. M. Ostoma ferrugineum, L. Nur ein Stück, vielleicht eingeschleppt. Thymalus limbatus, F. Im Winter unter der Fussborke der alten Eichen im Lauerholze. XXX. cColydiiden. Orthocerus muticus, L. Zahlreich an Flechten. $. M. H. Cicones variegatus, Hellw. Sehr selten an Buchenschwämmen. M. Sinchitodes crenata, F. 8. M. H. histeroides, FE. $. M. H. ferrugineum, Steph. M. H. deplanatum, Gyll. evanescens, Reit. (Wohl von Milde missdeutet.) XXXI. Cuenjiden. Monotoma spinicollis, Aub. Bei Wesloe unter Buchenrinde nur ein Stück gefunden. picipes, Hbst. An der Ostsee 8. M. H, tot) XXXI. Byturiden (Trixagiden). Byturus rosae, Scop. 8. M. H. : sambuci, Scop. $. M. H. XXXII. Dermestiden. Dermestes vulpinus, F. Selten. M. = Frischi, Kugel. (Vom Verfasser noch nicht gefunden.) $. M. H. u 5 murinus, L. 8. M. H. undulatus, Brahm. M. laniarius, Ile. $. M. H. : atomarius, Er. Zahlreich am Ostseestrande. 8. H. 5 bicolor, F. Selten. s lardarius, L. $. M. H. Attagenus pellio, L. $. M. H. : piceus, Ol. M. Megatoma (Apogramme) undata, L. Sehr selten. M. Hadratoma marginata, Payk. M. Anthrenus pimpimellae, F. $. M. H. scrophulariae, L. 8. M. H. verbasci, L. M. museorum, L. 8. M. H. Trinodes hirtus, FE. &. M. H. XXXIV. (Cisteliden. Syncalypta setigera, Ill. M. * = Curimus murinus, F. M. Byrrhus pilula, L $. M. H. fasciatus, F. 8. M. H. var cinctus, Il. pustulatus, Forst. M. Cistela (Oytilus) varia, F. $. M. H. Pedilophorus aeneus, FL $. M. H. nitens, Panz. M. Sirmplocaria semistriata, F. 8. M. H. XXXV. Histeriden. Platysoma frontale, Payk. Unter Rinde von Eichen- und Eschen- stümpfen, ziemlich selten. $. M. H. compressum, Hbst. 85. M. H. * Hister unicolor, L. $. M. H. cadaverinus, Hoffm. $. M. H, * 59 Hister succicola, Thoms. An Schwämmen und Eichensaftausfluss nicht häufig. M. A. fimetarius, Hbst. $. M. H. neglectus, Germ. M. carbonarius, Il. $. M. H. ventralis, Mars. $. M. H. purpurascens, Hbst. $5. M. H. marginatus, Er. - stercorarius, Hoffm. 8. M. H. ?#= - sinuatus, Ill. (Nach Milde bei Lübeck.) - quadrinotatus, Scrib. Selten. S. M. H. bissexstriatus, F. M. bimaculatus, L. Sehr selten, bei Wesloee M. Nicht selten. s 12-striatus, Schrank. M. Paromalus flavicornis, Hbst. Sehr selten, am Fuss einer Eiche bei Genin. $. M. H. Dendrophilus punctatus, Hbst. In Eichenmulm bei den Larven von Osmoderma eremita. M. Saprinus nitidulus, Payk. $. M. H. = immundus, Gyll. $. M. H. aeneus, F. S. M. H. rufipes var. arenarius, Mars. M. conjungens, Payk. M. quadristriatus, Hoffm. 4. rugifrons, Payk. S. M. A. s metallicus, Hbst. 7. 7. Gnathoncus rotundatus, Kugel. Selten. S. Myrmetes piceus, Payk. Sehr selten, Wesloe, Brandenbaum. Plegaderus saucius, Er. Unter Kiefernrinde den Larven nachgehend. MW. caesus, Ill. Unter Eichenrinde. Onthophilus globulosus, Ol. Selten. S. Abraeus globulus, Creutz. Selten unter Buchenrinde bei Wesloe. globosus, Hoffm. M. XXXVI. Lucaniden. Lucanus cervus, L. Sehr selten, doch bestimmt noch kürzlich bei Israels- dorf an Eichen und Eschen; bei Genin eine Larve gefunden. Dorcus parallelopipedus, L. 5. 7. H. Systenocorus caraboides, L. 5. #. Sinodendron eylindricum, L. 5. M. H. o>o Vögel von Pontianak (West-Borneo) und anderen Gegenden des indomalayischen Gebietes, m gesammelt von Herrn Kapitän H. Storm für das Naturhistorische Museum zu Lübeck. Aufgezählt und besprochen von Professor Dr. Wilh. Blasius in Braunschweig. Zu Ende der achtziger Jahre und in der ersten Hälfte der neun ziger Jahre unseres Jahrhunderts hat Herr Kapitän H. Storm vom Dampfer „Lübeck,“ welcher u. A. durch die Überbringung besonders alter und grosser lebendiger Orang-Utan’s nach Europa und durch die Schilde- rungen, welche er über die Methode des Einfangens derselben gegeben hat, auch in weiteren Kreisen rühmlich bekannt geworden ist, ausser zahlreichen wertvollen zoologischen Sammlungen aus anderen Abteilungen des Tierreichs auch zahlreiche Vogelbälge aus dem indomalayischen Ge- biete für seine Vaterstadt Lübeck gesammelt und dem dortigen Naturhisto- rischen Museum übermittelt. Der Leiter des genannten Museums, mein Freund, Herr Dr. Lenz, hatte die Güte mir diese ornithologischen Samm- lungen zum Zwecke der wissenschaftlichen Verzeichnung und Besprechung zuzusenden. Die meisten von den in Frage kommenden Vogelbälgen sind mit ganz genauer Heimats- Angabe versehen und stammen zum grössten Teile von Pontianak (West-Borneo), zum kleineren Teile von Klang (Malakka), je einzelne Arten auch von Singapore, Banjermassin (Süd-Ost- Borneo), Bulangan (Ost-Borneo), den Sulu-Inseln und Celebes; eine gewisse Anzahl derselben ist jedoch nicht mit ganz genauer Heimats-Bezeichnung: versehen, vielmehr ohne besondere Angaben von kleinen Dampferfahrten in dem indomalayischen Gebiete mitgebracht, die von Singapore aus- gehend verschiedene Hafenstädte auf verschiedenen Inseln des Gebietes berührten. Die Heimat dieser Vögel kann nicht mit unbedingter Sicher- heit, sondern nur vermutungsweise angegeben werden; doch stammen sie sicher sämtlich aus dem indomalayischen Archipel zwischen Atjih (Nord- West-Sumatra) und der südlich davon gelegenen Insel Simalu im Westen, 91 ferner Süd-Malakka, Singapore, der Süd- und Ost-Küste Borneo’s und den Sulu-Inseln im Norden, Celebes im Osten und endlich Surabaja (Java) im Süden. — Die in Betracht kommenden Dampferfahrten führten Herrn Kapitän H. Storm anfangs, etwa 1889/90, nur von Singapore an der nord- östlichen Küste der Nord-West-Hälfte von Sumatra entlang über Deli nach Atjih und Simalu, später, etwa 1890/91, von Singapore an der Südküste von Borneo vorbei nach Celebes und den Sulu-Inseln, noch später, etwa 1892, von Singapore durch die Java-See nach Surabaja auf Java und Banjermassin in Süd-Öst-Borneo. Hierbei wurde offenbar gelegentlich auch Bulangan in Ost-Borneo berührt. Die allerletzten Fahrten, etwa 1893/94, fanden nur zwischen Singapore und Pontianak statt. Die Vogelbälge sind auf diesen Reisen nicht etwa in präpariertem Zustande angekauft, viel- mehr von frisch erlegten Vögeln hergestellt, die entweder auf der Seefahrt selbst erbeutet oder bei dem Aufenthalt in den Hafenstädten am Lande erlegt oder von den Eingeborenen aus einem nahen Umkreise des Hafen- ortes frisch im Fleische überbracht sind. Bei Pontianak ist der Dampfer etwa 24 Stunden den Kapuas-Fluss hinaufgefahren und hat bei dieser Gelegenheit manche Stücke aus dem etwas weiteren Innenlande erworben. Die faunistischen Ergebnisse der Sammlungen dürften am Deutlichsten zu Tage treten, wenn ich im Folgenden getrennt behandele: I. Die zu- sammen 37 verschiedenen Arten angehörenden 73 Vögel von Pontianak (West-Borneo). Il. Die Vögel von zwei anderen sicheren Stellen S-O. u. ©. Borneo’s; Ill, IV. und V. Wenige Vögel von Celebes, den Sulu-Inseln und Singapore (ll bis V zusammen 12 Exemplare von 5 verschiedenen Arten). VI. Die zusammen 9 verschiedenen Arten ange- hörenden 11 Vögel von Klang (Malakka) und VII. Die zusammen auf 27 Arten sich verteilenden 33 Vögel aus anderen nicht ganz sicher bestimmten Gegenden des indomalayischen Gebietes, unter denen einige mit sehr grosser Wahrscheinlichkeit auch von Pontianak, Banjer- massin und Bulangan (Borneo), sowie Pulo Laut (im Süden von Borneo), andere fast sicher von der Insel Simalu bei Sumatra oder Atjih (Sumatra), andere mit grosser Wahrscheinlichkeit von Surabaja (Java), und Deli (Sumatra) stammen. — Besonders unter den vermeintlichen Simalu-Vögeln finden sich einige Arten (z B. Columba grisea und Carpophaga consobrina) von grosser Seltenheit. I. Vögel von Pontianak (West-Borneo). Die mir vorliegenden Vogelbälge sind z. T. schon kurz erwähnt in den von der Direktion des Naturhistorischen Museums in Lübeck heraus- gegebenen Jahresberichten des genannten Museums, wo z. B. in dem- 92 jenigen für 1893 (Lübeck 1894, 8°) auf Seite 8 bis 10 der fünf ersten Sendungen des Kapitäns H. Storm aus Pontianak gedacht ist. Auch in dem Jahresberichte für 1894 (Lübeck 1895, 3°) werden auf Seite 8 bis 10 neue Sendungen von Pontianak (West-Borneo) erwähnt, die sich aber zum grössten Teile auf Säugetiere und andere Tier-Abteilungen erstrecken. In diesen Teilen von West-Borneo ist, seitdem in älterer Zeit Georg Müller und Henrici dort gereist sind und Diard, von Kessel und Schwaner dort gesammelt haben, neuerdings verhältnismässig wenig ornithologisches Material für europäische Museen erworben worden, und soweit dies wirklich stattgefunden hat, wie z. B. auf den von Büttikofer und Selenka ausgeführten Reisen, scheint dasselbe wissenschaftlich noch nicht bearbeitet zu sein. Es ist deshalb von nicht geringem Inter- esse, hier eine Aufzählung der durch den Kapitän H. Storm für das Naturhistorische Museum in Lübeck bei Pontianak gesammelten Vögel zu geben. Für manche Arten wird dadurch das Vorkommen in diesen Teilen West-Borneo’s zuerst bekannt. Dass Storm bisweilen von Pontianak aus den Kapuas-Fluss mit seinem Dampfer eine Strecke aufwärts befahren hat, erwähnte ich schon. Alle Vögel stammen aber, wenn nicht aus der nächsten Nachbarschaft von Pontianak, mindestens von dem unteren Flusslaufe des Kapuas. Bei der Aufzählung folge ich der Anordnung und gebe die ent- sprechenden Citate des noch immer als Hauptwerk für die Vögel Borneo's geltenden Buches von Tommaso Salvadori: Catalogo sistematico degli Uccelli di Borneo con note ed oosservazioni di G. Doria ed O. Beccari intorno alle Specie da essi raccolte nel Regiato di Sarawak (Annali del Museo civico di Storia naturale di Genova, Vol. V, Genova 1874, LIT -+ 431 Seit. gr. 8° mit 6 color. Tafeln). Dabei werde ich regelmässig Bezug nehmen auf die letzte, die sämtlichen Vögel Borneo's, allerdings in anderer Reihenfolge, verzeichnende Arbeit von A. H. Everett: A List of the Birds of the Bornean Group of Islands (Journal of the Straits Branch of the Royal Asiatic Society, Singapore, No. 20, 1889, 8°, p. 91—212), welche wegen des neueren Datums und der beigegebenen Synonymie und Litteratur den Vorzug verdient vor A. G. Vorderman’s Liste des Oiseaux de Borneo (Batavia, Ernst & Co. 1886, S. A. aus Natuurkundig Tijdschrift voor Nederlandsch-Indiö Bd. 46, S. 217—241). Die einzelnen neueren, die Vogelfauna von Borneo behandelnden Arbeiten von R. B. Sharpe, Brügge- mann, v. Pelzeln, Nicholson, Guillemard, Kutter, Grant, Everett, Vorderman, A. B. Meyer, Elliot, Hose, W. Blasius und Anderen werde ich nur ausnahmsweise erwähnen und ceitieren. Dagegen werde ich die Stelle, an welcher über die betreffenden Arten in dem 93 neuesten und ausführlichsten, die gesamte Vogelwelt der Erde umfassen- den Werke, dem Catalogue of the Birds in the British Museum (London 1874 ff. Vol. I-XXIl; XXV und XXVII) gehandelt wird, kurz an- führen, weil sich aus diesem Werke am Besten die Synonymie, die Ver- breitung und das Verhältnis der einzelnen Arten zu den nahe verwandten anderen Formen ersehen lässt. Daneben wird selbstverständlich auch das Citat der ersten Beschreibung der Art gegeben. 1. Ninox scutulata (Raffl.) Strix scutulata Raflles, Aves Sumatra, Transact. Linn. Soc. London XIII p. 280. 1822. Ninox borneensis Salvadori, Uccelli di Borneo p. 18 sp. 20. 1874. Ninox scutulata Everett, Birds of the Bornean Group p. 179 sp. 401. 1889. Ninox scutulata Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. II p. 156. 1875 (partim). Ein Stück vom December 1892. „Malayisch Burong antu.“ Den Flügeln fehlen, offenbar durch Mauser oder Verletzung, die ersten Schwungfedern, sodass das relative Grössenverhältnis der Schwingen sich dem Auge nicht deutlich darbietet. Doch zeigen sich die längsten Schwungfedern (also die Flügelspitze) höchstens etwa 3 cm länger als die Mittelschwingen, was für die kurzflügelige Form spricht, während bei japonica die Differenz etwa 6 cm, bei macroptera W. Blas. von Gross. Sanghir 5,7 bis 6,4 cm beträgt (vgl. Ornis, Jahrg. IV 1888, p. 545—555). Dass N. borneensis mit scutulata zu vereinigen ist, dürfte jetzt als fest- stehend angenommen werden können. Die langflügeligen Formen (japo- nica etc.) hat Sharpe 1875 dagegen mit Unrecht auch zu scutulata gezogen. — Die Färbung des vorliegenden Exemplars stimmt im Allge- meinen mit der von Sharpe (l. c. p. 163/4) gegebenen Beschreibung seiner Borneo-Exemplare überein. Die meisten Schwanzfedern zeigen nur ab- weichend davon bei dem vorliegenden Stücke deutlich 5 dunkle Binden und dabei 6 helle Bänder, von denen das letzte wenige Millimeter breit die Spitze der Feder vor der breiten dunklen Endbinde einnimmt und das erste an der Basis vielfach nur angedeutet ist. Die Masse sind: Long tot. (etwas zu gross gemessen) 27,0 cm; Ala 18,4; Cauda 10,3; Culmen (Sehne der Firste vor der Wachshaut) 1,3; Rictus 2,6; Tarsus 2,3 cm. 2. Scops lempiji (Horsf.) Strix lempiji Horsfield, Java-Birds, Transact. Linn. Soc. London XII p. 140. 1821. Scops lempiji Salvadori, Uccelli di Borneo. p. 19 sp. 21. 1874. . . Everett, Birds of the Bornean Group p. 178 sp. 396. 1889. . ’ Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. II p. 91. 1875. Ein Stück im Dunenkleide, von 1893; im Allgemeinen mit einem etwas älteren und grösseren Exemplare im Nestkleide übereinstimmend, das Storm in Bulangan (Ost-Borneo) im Februar 1892 gesammelt hat, 94 und welches ich auch als Scops lempiji (Horsf.) glaube bezeichnen zu sollen. Die Bestimmung des Dunenbalges ist nicht leicht, da die Federn des Kopfes, des Rückens, der Flügel und des Schwanzes erst im Hervor- brechen sich befinden, und mir direktes Vergleichsmaterial an Dunen- jungen der für Borneo in Betracht kommenden Arten nicht zur Ver- fügung steht. — Zu Scops rufescens kann der Balg aber deshalb nicht gehören, weil schon das Dunenkleid viel stärker die rotbraune Färbung ausgeprägt zeigen müsste, die den ausgefärbten alten Individuen eigen ist und die ich z. B. an einem von der malayischen Halbinsel stammenden Balge des Braunschweiger Museums sehe. Im Ganzen stimmt das vor- liegende Exemplar recht gut mit der Beschreibung überein, welche Sharpe (l. ec.) von einem Jugendkleide von Sc. lempiji giebt. Auch verhält sich die Färbung des betr. Dunenjungen zu derjenigen von Temminck’s Abbildung der genannten Art (Pl. Col. II pl. 99) ähnlich, wie ein Dunen- kleid, das ich von der Minahassa (Nord-Celebes) in dem Naturhistorischen Museum besitze, zu den ausgefärbten Kleidern von Scops menadensis (Qu. u. G.) und Scops magicus (S. Müll.), die ihrerseits in der Färbung wiederum Sc. lempiji nahe stehen. — Sowie Scops rufescens wegen der dieser Art eigenen rotbraunen Färbung ausgeschlossen zu sein scheint, so dürfte auch die dritte von Everett für die Borneo-Gruppe angeführte Art Scops everetti wegen der dunklen Färbung nicht in Betracht kommen. — So gelangt man bei dem vorliegenden Balge durch Analogie und Ausschluss zu der obigen Bestimmung. — Während Scops rufescens schon von Diard bei Pontianak gefunden worden ist, scheint in der Litteratur sich bis jetzt keine Angabe über das Vorkommen von Scops lempiji bei Pontianak zu finden. Die wichtigsten Masse des Dunenjungen sind die folgenden: Long tot. 13,5 em; Ala 6,8; Cauda 1,4; Culmen (Sehne der Firste vor der Wachshaut) 1,0; Rietus 1,3; Tarsus 2,4 cm. Das andere Exemplar im Nestkleide hat bedeutend grössere Dimen- sionen, ist jedoch noch nicht in allen Teilen ausgewachsen. Die Masse eines ausgewachsenen Männchen (und eines anderen Stückes) giebt Vorderman (Nat. Tijdsch. v. Ned. Indiö Bd. 42 S. 192, 1383 und 50 S. 380, 1891) folgendermassen an: Long tot. 19,7; Ala (13,8 —) 14,3; Cauda (6,9—) 7,0; Tarsus 2,7 (—2,9) em ete. 3. Bubo orientalis (Horsf.) Strix orientalis Horsfield, Java-Birds, Transact. Linn. Soc. London XUI p. 140. 1821. Bubo sumatranus Salvadori, Uecelli di Borneo p. 19 sp. 23. 1874. Bubo orientalis Everett, Birds of the Bornean Group p. 178 sp. 395. 1889. ’ Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. 1I p. 39. 1875. 95 Ein Balg im Dunenkleide, von 1893. Das Exemplar stimmt ungefähr mit Sharpe’s Beschreibung vom Jugendkleide und mit der Temminck’schen Abbildung eines solchen (Pl. Col. II pl. 229) überein. Das Vorkommen dieser Art bei Pontianak war ja im höchsten Grade wahrscheinlich, scheint jedoch in der Litteratur bisher noch nicht ver- zeichnet zu sein. — Die Masse sind: Long tot. 53 cm; Ala 33; Cauda 17,3; Culmen (Sehne der Firste vor der Wachshaut) 2,8; Rictus 4,3; Tarsus 4,3 cm. 4. Harpactes diardi (Temm.) Trogon diardi Temminck, Pl. Col. 541. 1852. Pyrotrogon diardi Salvadori, Uccelli di Borneo p. 28, sp. 32. 1874. Harpactes diardi Everett, Birds of the Bornean Group p. 166 sp. 348. 1889. , = W. R. Ogilvie-Grant, Oat. Birds Brit. Mus. XVII p. 482. 1892. Zwei Bälge a. ; b 9, beide von 1893. Das männliche Exemplar hat wiederum, wie alle bisher von mir untersuchten Borneo-Exemplare, eine vollständig dunkel purpurfarbene Zeichnung des Oberkopfes (vgl. meine Bemerkungen über 13 von Platen bei Jambusan, Sarawak, gesammelte Mäunchen dieser Art in dem Jahres- berichte des Vereins f. Naturwiss. zu Braunschweig für 1880/1, S. 110/1; S. A. Braunschweig. 1881. S. 4/5). Genau dieselbe Färbung des Kopfes zeigt die Abbildung des typischen Exemplars, das offenbar von Diard auch bei Pontianak (W. Borneo) gesammelt ist, bei Temminck (Pl. Col. V pl. 541. 1832). Die abweichenden Stücke von der Malayischen Halbinsel und Sumatra, welche nur am Hinterkopf eine dunkel-purpurrote Fär- bung des schwarzen Kopfes besitzen, können als Vertreter einer Lokalrasse oder Subspecies angesehen werden, für welche ich den Namen Har- pactes diardi sumatranus in Vorschlag bringe. Die Bemerkung von Ogilvie-Grant (l. e.), dass nur einige Borneo-Exemplare eine weitere Ausdehnung des Rot vom Hinterkopf bis zur Firste zeigen, halte. ich nicht für richtig; auch glaube ich, dass der Schlüssel desselben zur Be- stimmung der Harpactes-Arten verbesserungsfähig ist, da die vorliegende Art keine Spur von einem weissen Brustbande zwischen dem Schwarz der Kehle und Vorderbrust und dem Rot der übrigen Unterseite besitzt. Die Stücke sind mit Storm’s vierter Sendung von Pontianak nach Lübeck gelangt und als Harpactes diardi bereits im Jahresberichte des Naturbist. Museums in Lübeck für 1593 (Lübeck 1894, S. 10) erwähnt. 96 5. Harpactes kasumba (Raffl.) Trogon kasumba Raffles, Aves Sumatra, Transact. Linn. Soc. London XIII p. 282. 1822. Pyrotrogon kasumba Salvadori, Uccelli di Borneo, p. 29 sp. 33. 1874. Harpactes kasumba Everett, Birds of the Bornean Group p. 166 sp. 349. 1889. D ‚ W. R. Ogilvie-Grant, Cat. Birds Brit. Mus. XVII p. 483. 1892. Drei Exemplare, sämmtlich Männchen und von 1893. Dieselben sind mit Storm’s vierter Sendung von Pontianak nach Lübeck gelangt und als Harpactes kasumba bereits im Jahresberichte des Naturhist. Museums in Lübeck für 1893 (Lübeck 1894, S. 10) erwähnt, womit das Vorkommen dieser Art bei Pontianak zuerst in der Litteratur nachgewiesen zu sein scheint. 6. Chotorhea versicolor (Raffl.) Bucco versicolor, Raffles Aves Sumatra, Transact. Linn. Soc. London XIII p. 284. 1822. Chotorea versicolor Salvadori, Uccelli di Borneo p. 33 sp. 38. 1874. Megalaema versicolor Everett, Birds of the Bornean Group, p. 167 sp. 353. 1889. Chotorhea versicolor G. E. Shelley, Cat. Birds Brit. Mus. XIX p. 59. 1891. Zwei Bälge, a und b, von 1894. Beide sind ausgefärbt und zeigen in der Färbung des Kopfes, Halses und Rückens genau wieder die Charaktere, welche ich bisher an allen in meine Hände gelangten Borneo-Exemplaren dieser Art sah, und welche mir Veranlassung gaben eine Varietät: borneensis zu unter- scheiden (vgl. W. Blasius, Vögel von Borneo etc. in den Verhandl. der k. k. zool.-bot. Gesellsch. Wien XXXIII 1883, p. 25, S. A. p. 27). Everett sowohl, als auch G. E. Shelley haben (l. c.) versichert, dass sich diese Unterschiede bei der Vergleichung einer grösseren Reihe von Bälgen jener Art von der Malayischen Halbinsel, Sumatra und Borneo nicht bestätigen, weshalb ich bis auf Weiteres von der Wiederholung meines Varietät- Namens Abstand nehme. Die Art war in der Litteratur bisher noch nicht von Pontianak erwähnt und ist durch Kapitän H. Storm zuerst für diese Gegend nach- gewiesen. Ich füge noch die hauptsächlichsten Masse hinzu: Long tot. Ala Cauda Culmen Rictus Tarsus a. 31,5 12,0 7,8 4,1 5,4 3,0 cm b. 26,5 11,9 7,4 4,6 Or 2,9 7. Hemilophus pulverulentus (Temm.) Picus pulverulentus Temminck, Pl. Col. pl. 389. 1826. Alophonerpes pulverulentus, Salvadori, Uccelli di Borneo p. 51 sp. 55. 1874. Mulleripicus pulverulentus Everett, Birds of the Bornean Group p. 156 sp. 305. 1889. Hemilophus pulverulentus Edward Hargitt, Cat. Birds Brit. Mus. XVIII p. 494. 1890. Zwei Exemplare, nach der Färbung des Kopfes weiblichen Ge- schlechts: a. Januar 1893; b. 1893. Beide Stücke zeigen sich in dem charakteristischen Kleide ausge- wachsener Weibchen. Das erste Exemplar befand sich in Kapitän Storm’s erster Sendung aus Pontianak und wurde schon in dem Jahresberichte des Naturhist. Museums in Lübeck für 1893 (Lübeck 1894, S. 9) als Hemilophus. pulverulentus aufgeführt, womit die Art zum ersten Male in der Litteratur als bei Pontianak vorkommend nachgewiesen war. Eine Bemerkung, welche Hargitt (l. ec. p. 496) bei Erwähnung von Sumatra als einem Teile des Verbreitungs-Gebietes hinzufügt, lässt darauf schliessen, dass er das Vorkommen der Art auf Sumatra als etwas zweifelhaft an- sieht; doch, abgesehen von neueren Funden, giebt schon Temminck bei seiner ersten Beschreibung der Art an, dass dieselbe auf Java und Sumatra vorkomme. Auf letzterer Insel war dieselbe von Duvaucel nachgewiesen. Ich füge die wichtigsten Masse hinzu: Lone. tot. Ala Cauda Culmen Rictus Tarsus a. 54,5 23,6 17,5 6,5 ms c. 4,0 cm b. 51,5 23,2 18,6 5,9 6,7 3,8 8. Thriponax javensis (Horsf.) Picus javensis Horsfield, Java Birds, Transact. Linn. Soc. London XIII p. 175. 1822. Thriponax javensis Salvadori, Uccelli di Borneo p. 52 sp. 56. 1874. Everett, Birds of the Bornean Group p. 157 sp. 306. 1889. s = Edward Hargitt, Cat. Birds Brit. Mus. XVIII p. 498. 1890. Zwei Exemplare, a und b, von 1893, die auf der Etikette als „männ- lich“ bezeichnet sind, die aber die charakteristische Färbung der Weibchen haben. Es wird, soweit ich sehe, durch diese Exemplare zuerst das Vor- kommen der Art bei Pontianak in der Litteratur nachgewiesen. — Bei b sind die hellen Ränder an den schwarzen Brustfedern breiter und deut- licher entwickelt, als bei a. Die Masse sind: Long. tot. Ala Cauda Culmen Rietus Tarsus a. 50,0 23,0 16,8 5,83 6,0 337 b. 49,0 22,7 16,5 5,25 5,85 3,6 Es ergiebt sich hieraus, dass es sich um verhältnismässig grosse Exemplare handelt, wenn auch die Totallänge in Folge der Präparation zu gross erscheint. Dabei bestätigt die bedeutende Grösse des Schnabels und der Flügel von Neuem die konstante relative Grössen-Differenz, welche ich zwischen der Hauptform und den auf den Sulu-Inseln vorkommenden Rasse früher feststellen konnte (vgl. Journ. f. Ornith. 1890, 8. 140). 7 9. Carpococcyx radiatus (Temm.) Calobates radiceus Temminck, Pl. Col. V pl. 538. 1832. ’ radiatus Temminck, Tabl. Meth. p. 53. 1838. Öarpococeyx radiatus Salvadori, Uccelli di Borneo p. 76 sp. 82. 1874. « . Everett, Birds of the Bornean Group p. 175 sp. 384. 1889. 5 G. E. Shelley, Cat. Birds Brit. Mus. XIX p. 414. '1891. Drei Exemplare: a. 1892 ohne Geschlechtsangabe; b. Januar 1898 als 5 bezeichnet; ec. 1894 als @ bezeichnet. Die beiden ersten Stücke sind in der ersten Sendung des Kapitäns H. Storm nach Lübeck gekommen und schon in dem Jahresberichte des Naturh. Museums in Lübeck für 1895 (Lübeck 1894 S. 9) erwähnt. Das der Temminck’schen Beschreibung zu Grunde gelegte Exemplar stammte gleichfalls von Pontianak und war von Diard dort gesammelt; der Sammler hatte das typische Stück als Weibchen bezeichnet und hinzugefügt, dass sich die Männchen durch einen fast doppelt so grossen Schwanz von den Weibchen unterschieden. Die Masse dieses typischen Exemplares sind nach Temminck (übersetzt in Metermass): Long tot. 57 cm; Cauda 32,5 cm. Schlegel gab später im Museum des Pays-Bas (Cuculi S. 60) einige Masse desselben Stückes, in Meterinass übertragen, in folgender Weise an: Ala 25,3; Cauda 30,25; Tarsus 9,45 cm. — Bei der Besprechung, eines in das Braunschweiger Museum gelangten Balges dieser Art, welchen Fritz Grabowsky in Süd-Ost-Borneo gesammelt hatte, habe ich eine ausführliche Darlegung über die Gattungs-, Art- und Alters-Unterschiede gegeben (vgl. W. Blasius, Vögel von Borneo etc. in den Verhandl. d. k. k. zoolog.-botan. Gesellsch. Wien XXXII. 1883. S. 34—39; 8. A. 8. 36—41). Es ergab sich dabei, dass das Männchen dieser Art mit Sicherheit noch nicht be- kannt geworden ist. Inzwischen habe ich in verschiedenen Sammlungen weitere Exemplare derselben durchmustert, ohne in dieser Beziehung zu einem bestimmten Ergebnisse gekommen zu sein. Im Königsberger Museum verglich ich ein zweites von Fritz Grabowsky gesammeltes Exem- plar, welches die Aufschrift trag: „Nr. 241. Geschlecht nicht zu er- kennen. Local-Name „Bubut lai.“ Augen 13 mm; Iris graubraun. Beine hellgrau. Schwanz überragt die Flügel um 18,5 cm. Schnabel und Haut um die Augen grünlichgrau. Der herauspräparierte Kadaver 13 em lang, 6,5 cm breit und 7,5 cm hoch, sowie mit 11 cm langem Halse. Lihong Bahaja, Süd-Ost-Borneo, 20. Januar 1882.“ Dies Stück war überall voll- ständig ausgefärbt, ähnlich wie das Exemplar im Braunschweiger Museum. Abweichend von demselben zeigte sich jedoch jederseits die 6. Hand- schwinge als die längste, wie in Gray und Mitchell's „Genera of Birds“ als Gattungs-Charakter angegeben ist, während Temminck entsprechend dem Verhältnisse bei dem anderen von Grabowsky gesammelten Stücke des Braunschweiger Museums die 7. Handschwinge als die längste an- giebt. Offenbar scheint die 6., 7. oder 8. Schwinge die Spitze des im Ganzen sehr stumpfen Flügels bilden zu können. Bei den drei Pontianak-Bälgen, die sämtlich ausgefärbt sind und sich wenig von einander unterscheiden, fällt mir im Ganzen die etwas schlankere, ein wenig niedrigere und weniger gebogene Gestalt des Schnabels auf, was sich allerdings in Zahlen bei den Messungen des Schnabels sehr schwer ausdrücken lässt. Die Form der Nasenlöcher ist überall eine ähnliche; sie bilden eine Spalte, die sich nach vom und medianwärts nach oben krümmt. Bei dem Balge ce ist dies Verhältnis offenbar dadurch verschleiert, dass bei demselben ein Faden durch beide Nasenlöcher gezogen ist, welcher die zarte deckende Hornplatte grössten- teils zerstört hat. Obgleich b als „S“ und c als „Q“ bezeichnet ist, scheint es mir, als ob die drei durch Kapitän H. Storm eingesandten Bälge kaum die Frage des Geschlechts-Unterschiedes zu lösen vermögen. Um für spätere diesbezügliche Untersuchungen eine bessere Grund- lage zu bieten, will ich im Folgenden die wichtigsten Masse der drei Storm’schen Bälge zusammen mit den Ausmessungen der von mir unter- suchten zwei Grabowsky’schen Exemplare geben; wobei ich die oben er- wähnten Masse des typischen Exemplars hinzufüge, soweit sie in der Litteratur verzeichnet stehen. Geschlecht Long. tot. Ala Oanda (Culmen Rietus Tarsıs Digit. au. = Ä med. int. Slormarale 2) CHI T2ANSE 305 24:9776,0 8,4 535 40m han RO) Zara ale ea ee‘ 54 40 = Be OS) 20,20,. 33100. 04,9056,0 9,2 Dome Ara (irabowsky Mus. Brunsv. „,Q 508 255 8.8 4,8 56 SO CHHIEHECHDS = = Region. (2) (8. 258 2 Da. 80 a5 Go ypus Mus. Lugd. ,Q“*) DU 258 Sal28°)). : 9,45 Wenn wirklich die bedeutendere Grösse des Schwanzes (vielleicht zusammen mit bedeutenderer Grösse des Flügels) für das männliche Ge- schlecht charakteristisch sein soll, so würde man am Ehesten geneigt sein, Storm’s Balg ce für ein c' zu halten, obgleich dies als „Q“ bezeichnet ist. Das als „s“ bezeichnete Stück b andererseits unterscheidet sich kaum erheblich in den Massen von dem Balge, welchen Fr. Grabowsky nach genauer anatomischer Untersuchung als „Q“ bezeichnet hat. — Bemerkt mag noch werden, dass an dem Balge b die beiden Mittelzehen im Leben verletzt gewesen und offenbar schief zusammengeheilt sind. #) Von Schlegel später als „ag‘“ bezeichnet. ##) Von Temminck anfangs mit douzes poucer 52,5 cm angegeben. 7* 100 10. Anorrhinus galeritus (Temm.) Buceros galeritus Temminck, Pl. Col. pl. 520. 1824. Anorrhinus galeritus Salvadori, Uccelli di Borneo p. 79, sp. 85. 1874. « ‚ Everett, Birds of the Bornean Group p. 163 sp. 336. 1889. W. R. Ogilvie Grant, Cat. Birds Brit. Mus. XVII p. 391. 1892. Drei Exemplare: a. S ad; b. & jun. und c. © jun. sämtlich im Januar 1893 erlegt, letzteres am 20. Januar 1893. Die Vögel sind bereits im ‚Jahresberichte des Naturhistorischen Museums in Lübeck für 1393 (Lübeck 1894 S. 9) erwähnt. Beide Männchen (a und b) haben eine bräunliche Unterseite, ähn- lich wie solche in der Temminck’schen Origimal-Abbildung an einem nicht ganz alten männlichen Individuum dargestellt ist. Das Weibchen ce da- gegen ist viel dunkler, fast schwarz, unterseits gefärbt, die Federn z. T. mit bräunlichen Rändern. Schon Temminck führt an, dass das Weibchen ein schwärzeres Gefieder besitzt. In der Färbung des Schnabels liegen hauptsächlich die Kennzeichen für das Alter: Das alte Männchen a hat einen ganz schwarzen Schnabel, das junge Männchen b bei sonst schwärzlicher Färbung eine helle Spitze des Schnabels, das junge Weibchen dagegen einen an der Spitze zur Hälfte weisslichen Schnabel, in der eigentümlichen Abgrenzung zwischen Weiss und Schwarz, wie solche wiederholt beschrieben ist (vgl. W. Blasius und A. Nehrkorn, Beiträge z. Vogellauna von Borneo, S. A., 1881. S. 21). Letzteres ähnelt sehr einem im Braunschweiger Museum befindlichen von Platen bei Sarawak gesammelten weiblichen Exemplare. Es mögen noch die Masse der drei Bälge von Pontianak folgen: Long. tot. Ala Cauda Culmen Hornlänge Rictus Tarsus acer 33,8 28,7 12,6 7,9 12,4 c. 4,3 cm ben ung 32,4 26,8 12,9 c. 84 12,4 RAR & @ 18 33,0 28,2 11,9 7,0 11,9 oA 11. Anthracoceros convexus (Temm.) Buceros convexus Temminck, Pl. Col. pl. 530. 1832. x Hydrocissa convexa [et albirostris (partim)] Salvadori, Uccelli di Borneo p. 81 [u. 82] sp. 86 u. 57]. 1874. Anthracoceros convexus Everett, Birds of the Bornean Group p. 162 sp. 329. 1889. W. R. Ogilvie Grant, Cat. Birds Brit. Mus. XVII p. 364. 1892. Zwei Exemplare: a. S Januar 1893; b. @ November 1893. Das erste Stück ist bereits unter dem Namen „Hydrocissa albirostris“ in dem Jahresberichte des Naturhistorischen Museums in Lübeck für 1893 101 (Lübeck 1894 S. 9) erwähnt worden, womit, allerdings unter einem nicht ganz unzweideutigen Namen, die Art zuerst von Pontianak (West-Borneo) in Bälgen nachgewiesen worden ist. Schlegel erwähnt im Museum des Pays-Bas (Buceros p. 7) allerdings schon eines von Diard bei Pontianak gesammelten Skeletts dieser Art. — Die Synonymie von albirostris ist eine zweifelhafte. Ich selbst habe früher, wie ich jetzt einsehe, mit Un- recht die vorliegende Art zweimal als Hydrocissa albirostris (Shaw) auf- geführt, nämlich bei der Erwähnung eines von Platen in Sarawak (Borneo) gesammelten Stückes (Journ. f. Ornith. 1882. S. 247) und bei der Be- schreibung eines anderen Stückes, das Fritz Grabowsky bei Tumbang Hiang (Borneo) erlegt hatte (Verhandl. d. k. k. zool.-bot. Gesellsch Wien XXXIII 1883. S. 40, S. A. S. 42). Beide Male folgte ich der Salvadori- schen Bezeichnung und Unterscheidung (Uccelli di Borneo p. 82), und zwar, wie ich jetzt glaube, mit Unrecht, da Salvadori ausser Hydrocissa albirostris (Shaw), für welche Art der Name malabaricus (Gmel.) die Priorität hat, den aber Salvadori wegen des geographischen Fehlers ver- wirft, noch Hydrocissa convexa (Temm.) unterscheidet. — Es bedarf noch der Aufklärung, in wie fern die Borneo-Bälge, welche Salvadori vorlagen, der einen oder andern aufgeführten Art angehört haben, die sich beide einander ausserordentlich ähnlich sind. Salvadori hebt ausdrücklich her- vor, dass er bei jeder dieser beiden Arten Exemplare mit ganz weissen äusseren Schwanzfedern beobachtet habe und solche, bei denen die Basis der äusseren Schwanzfedern schwarz und nur die Endhälfte weiss sei, und glaubt, dass diese Verschiedenheiten das Zeichen verschieden vorge- schrittenen Alters seien. Nun wird aber bei der Original-Beschreibung und Abbildung beider Arten gerade hierauf mit ein besonders grosser Wert gelegt: Gmelin beschreibt malabaricus (Linne’s Syst. Nat. Edit. XIII 1788. Vol. I. S. 359): „crissum, remiges, rectricesque exteriores apice albae.“ Die Abbildung, welche Temminck (Pl. col. 530) von Buceros convexus giebt, zeigt bis zur Basis rein weisse äussere Schwanziedern, wobei allerdings erwähnt werden muss, dass der beschreibende Text sich nicht genau in demselben Sinne ausspricht. Aber die späteren mono- graphischen Bearbeiter der Bucerotidae haben diesen Unterschied aufrecht erhalten; so sagt Alph. Dubois in seiner Revue critique des Oiseaux de la famille des Bucerotides (Bull. du Musee Royal Belgique T. ILL. 1884. p- 197 u. 198): Buceros convexus: „Rectrices laterales 'blanches.“ — Buceros malabaricus: „Rectrices medianes noires dans toute leur etendue, les laterales noires avec leur tiers terminal blanc.“ — Osgilvie Grant giebt in seiner Übersicht der Species von Anthracoceros (Cat. Birds Brit. Mus. XVII p. 361) etwa folgenden Bestimmungsschlüssel: BR I. Mittleres Paar Schwanzfedern schwarz oder schwarz mit weisser Spitze. A. Äussere Schwanzfeder-Paare ganz weiss. a. Horn mit grossem schwarzen Flecken: coronatus ds 8 - mässig grossem schwarzen Dleckenisvorne me Be rc onvierQuls B. Äussere Schwanzfeder-Paare schwarz mit weissen Finden. c. Brust und Leib schwarz. . . . . . malayanus el “8 - - weiss. . . ... .. .„malabaricus (u.afinis) II. Alle Schwanzfedern rein weiss . montanie Nach diesen Unterscheidungs-Merkmalen muss ich die von mir früher als albirostris (Shaw) bezeichneten Bälge und auch die vorliegen- den von Pontianak nunmehr als convexus bezeichnen. Es dürfte wohl der Mühe wert sein, zukünftig diese Frage weiter im Auge zu behalten, und zu prüfen, ob nicht doch vielleicht Salvadori mit seiner Meinung, dass die verschiedene Färbung der Schwanzfedern nur als Altersver- schiedenheit aufzufassen ist, Recht behält, da der genannte italienische Gelehrte in diesen Fragen einen ausserordentlich scharfen Blick zu be- sitzen pflegt. — Jedenfalls lagen Salvadori auch Exemplare mit schwarz- weissen äusseren Schwanztedern von Borneo vor, die wohl mit Recht als malabaricus bezeichnet werden können. Daher ist es nicht als richtig anzusehen, dass Ogilvie Grant bei der Synonymie von Anthracoceros malabaricus vollständig Salvadori's Hydrocissa albirostris auslässt und ebenso die Verbreitung dieser Art über den malayischen Archipel voll- ständig unerwähnt lässt. — Alph. Dubois lässt andererseits offenbar mit mehr oder weniger Recht malabaricus auch in Borneo, Java und Sumatra vorkommen, hauptsächlich auf Schlegels Autorität hin. Wünschenswert würde es sein, dass die im Leydener Museum befind- lichen Anthracoceros-Exemplare von Neuem einer gründlichen Revision unterzogen würden. Neuerdings hat ©. Hose die Art A. malabaricus aus- drücklich von Neuem im Baram-Distrikt (Borneo) nachgewiesen (Ibis, 1593 S. 410). Auch Everett führt A. malabaricus für Borneo an, zieht aber hierher noch zahlreiche Angaben, die grösstenteils auf convexus be- zogen werden müssen. Auch hier ist eine Sichtung erforderlich. Was die beiden von Pontianak vorliegenden Bälge anbetrifft, so haben sie mit Ausnahme des ganz schwarzen mittleren Paares rein weisse Schwanzfedern; das g (a) hat ein viel grösseres Horn und an der Firste sowohl, wie an den Rändern am Ober- und Unterschnabel keine erheb- liche schwarze Färbung. Das 9 (b) dagegen hat ein viel kleineres Horn und schwarze Färbung der Firste und Schnabel-Ränder. Ich kann hier 103 eines ähnlich gefärbten Weibchens derselben Art Erwähnung thun, welches von Fritz Grabowsky bei Telang (Süd-Ost-Borneo) gesammelt ist und sich jetzt im Braunschweiger Museum befindet. Dasselbe ist folgendermassen bezeichnet: „Nr. 225 2. Name ‚„Taliang.“ Augen 12 mm. Iris braun. Beine aschgrau. Schwanz überragt die Flügel um 21,5 cm. Nackte Haut- stellen weiss mit schwachem Blau um Auge und Schnabelwurzel. Der herauspräparierte Kadaver 19 cm lang, 9,5 bezw. 6,5 cm breit und 6,5 bezw. 5 em hoch, Hals desselben 14,5 em lang und 2,5 cm dick. Telang, Borneo, 28. Dezember 1881.“ Dieses Exemplar ähnelt dem Weibchen von Pontianak sehr, nur ist das letztere etwas kleiner, hat eine etwas höhere Erhebung des Hornes und eine grössere Zuschärfung der Hornspitze; auch ist die Ausbreitung der schwarzen Färbung an der Spitze und Firste des Oberschnabels eine grössere. Bei beiden weiblichen Bälgen sieht man noch deutlich den rötlichen Fleck, welcher beiderseits vor dem schwarzen Flecken an der Basis des Unterkiefers liegt. Die Ausmessungen der beiden Pontianak-Bälge sind folgende: Long. tot. Ala Cauda Culmen*) Hornlänge Rictus Tarsus 2 & 80 31,2 29,0 20,7 14,0 15,6 Cadrsyen % @. 70,5 29,0 27,5 14,2 8,6 12,8 c. 5,0 12. Anthracoceros malayanus (Raffl.) Buceros malayanus Raflles, Aves Sumatra, 'Transact. Linn. Soc. London XIII p. 292. 1822. Hydrocissa malayana + nigrirostris Salvadori, Uccelli di Borneo, p. 83 u. 84 sp. 88 u. 89. 1874. Anthracoceros malayanus Everett, Birds of the Bornean Group p. 162 sp. 331. 1889. . W.R. Ogilvie Grant, Cat. Birds Brit. Mus. XVII p. 368. 1892. Ein Exemplar, als @ bezeichnet, vom Januar 1893 mit kleinem schwarzen oder wenigstens schwärzlich graubraunen Schnabel. Auf Grund von Salvadori's Autorität habe ich. diese Form früher als nigrirostris (Blyth) aufgeführt und von malayanus (Rafll.) unterschieden (vel. W. Blasius und A. Nehrkorn, Beiträge z. Vogelfauna von Borneo 1881. p- 22). Es fehlt mir an Material, die Frage der Artselbständigkeit von nigrirostris (Blyth) irgendwie zu fördern. Da aber die neueren mono- graphischen Bearbeitungen der Bucerotidae beide Formen unter dem älteren Namen malayanus vereinigen, und auch Büttikofer die schwarz- schnäbelige Form als malayanus 29 aufführt, so schliesse ich mich dem vorläufig an. — Auf einen Druckfehler möchte ich bei dieser Gelegenheit aufmerksam machen, der m Alph. Dubois’ Revue critigue sich bei dieser Art findet: Die Temminck’sche Tafel von „Buceros antracicus“ in ”) Gerade Entfernung von dem hinteren Ende des Hornes bis zur Schnabelspitze. den Planches Coloriees trägt nicht die Nummer 592, sondern 529. — Das vorliegende Exemplar ist sehr ähnlich dem von Platen in Sarawak gesammelten Weibchen des Braunschweiger Museums, nur ist der Schnabel und das Horn erheblich kleiner und das Horn nach vorn nicht zuge- spitzt, sondern in fast senkrechter Linie abgestutzt. Auch sind die Super- ciliarstreifen nicht weiss, sondern nur schwärzlich-grau und vereinigen sich nicht im Nacken, sondern sind nur etwa 5 em weit nach hinten an den Seiten des Kopfes zu verfolgen. Eine ähnliche Färbung zeigen auch die Federn, welche das Auge nach hinten und unten umgeben, ähnlich wie dies bei einem von Platen in Sarawak gesammelten Männchen im Braun- schweiger Museum mit grossem wachsgelben Schnabel und vorn zuge- spitztem Horn zu sehen ist. Die wichtigsten Masse sind: Long. tot. Ala Cauda Culmen*) Hornlänge Rictus Tarsus & LO 27,6 28,2 13,2 6,9 10,9 & 3,0 em Das vorliegende Stück ist bereits in dem Jahresberichte des Natur- historischen Museums in Lübeck für 1893 (Lübeck 1894 S. 9) als Hydro- cissa malayana erwähnt. Die Art war schon von Diard bei Pontianak gefunden. 13. Cranorrhinus corrugatus (Temm.) Buceros corrugatus Temminck, Planch. Col. pl. 531. 1832. Cranorrhinus corrugatus Salvadori, Uccelli di Borneo p. 86 sp. 91. 1874. , 5 Everett, Birds of the Bornean Group p. 163 sp. 333. 1889. . D W. R. Ogilvie Grant, Cat. Birds Brit. Mus. XVII p. 379. 1892. Vier Exemplare vom Januar 1893: a. g ad., b. S jun, c. @ (b. und ce. mit einander gepaart), d. 2. Die beiden Männchen haben die charakteristische helle Färbung der Kopfseiten und des Halses, die beiden Weibchen sind an diesen Stellen ebenso charakteristisch ganz schwarz gefärbt. Das alte Männchen a besitzt ein weit ausgedehntes, nach vorn sich von der Firste winklig ab- hebendes, mit etwa vier Falten jederseits versehenes rotes Horn und hat etwa sechs schräge Furchen an der Seite des Basalteiles des Unterkiefers. Bei dem jungen Männchen b ist das Horn erst wenig entwickelt ohne Falten und tritt in der Mitte der Firste in einem sehr stumpfen Winkel in den oberen Rand des Oberschnabels über; das Horn und die basalen zwei Dritteile des Schnabels sind rot gefärbt. Bei beiden Weibchen ist die Profil-Ansicht des Horns ähnlich wie bei dem jungen Männchen, höchstens ist der Winkel, in welchem Horn und Firste zu einander stehen, etwas kleiner, der vordere Rand des Hornes mithin etwas steiler. Bei denselben ist das Horn im Querschnitt oben weniger abgerundet, viel- *) Gerade Entfernung von dem hinteren Ende des Hornes bis zur Schnabelspitze. mehr zugeschärft durch seitliche Zusammenpressung und ohne jede Falten- bildung. Die Farbe des Hormes und Schnabels ist bei den Weibchen wachsgeblich, höchstens mit einer Spur von Rot an der Basis. — Ogilvie Grant beschreibt die Farbe des Endes der Schwanzfedern als weiss, sich gewöhnlich in Braun verfärbend. Selbst die ganz frisch nachwachsenden Schwanzfedern. wie z. B. bei dem @ c, erscheinen jedoch schon, wenn auch etwas heller, als die übrigen, so doch bräunlich-isabellfarben, und ich glaube, dass die Federn für gewöhnlich wohl zu keiner Zeit ein reines Weiss zeigen. Ph. L. Sclater hat allerdings einmal bei einem lebenden Exemplare im Garten der Zoologischen Gesellschaft zu London rein weisse Spitzen der Schwanzfedern beobachtet. Die wichtigsten Masse der vier Pontianak-Bälge stelle ich im Folgen- dem noch zusammen: Long. tot. Ala Cauda Culmen Hornlänge Rictus Tarsus 2. Bl 37,2 26,4 17,9 8.9 16,1 ey D,3.cm Dae1350 O1le2 24,5 14,0 7.4 12,5 @ Dil & . & MO) 35,0 26,4 13,9 7,8 11.9 c. 48 =» de C02%5 33,3 25,9 12,6 6,8 11,9 e.50 = 14. Buceros rhinoceros Linn. Buceros rhinoceros Linne, Syst. Nat. I. p. 153. 1766. » rhinoceroides Salvadori, Uccelli di Borneo p. 87 sp. 92. 1874. rhinoceros Everett, Birds of the Bornean Group p. 162 sp. 327. 1889. W. R. Ogilvie Grant, Cat. Birds Brit. Mus. XVII. p. 552. 1892. Fünf Exemplare vom Januar 1893 (das @ vom 20. Januar) a. g; b. d; ec. S;d. ci; e. @. Die vier Männchen zeigen die charakteristische schwarze Zeichnung auf den verhältnismässig grossen Schnäbeln; bei b mit dem verhältnismässig kleinsten Schnabel ist die schwarze Linie am Deutlichsten, bei a und c dagegen am Wenigsten deutlich. Das Weibchen e hat keine schwarze Zeichnung am Schnabel. Bei allen fünf Stücken ist das Horn hakenförmig an der Spitze zurückgekrümmt. Die Spitze krümmt sich bei a sogar wieder nach unten zu, und eine annähernd ähnliche Bildung zeigt auch das Weibchen e. — Salvadori hielt früher die Borneo-Vögel für spezifisch verschieden von den Sumatra-Vögeln, auf welche der Linne'sche Name Buceros rhinoceros sich bezieht, und ge- brauchte deshalb für die Borneo-Form den Temminck’schen Namen rhinoceroides.. Eine Trennung dieser beiden Formen hat derselbe aber nicht aufrecht erhalten können. Bei der Aufzählung der von Platen in Sarawak gesammelten Stücke und des von Fr. Grabowsky in Süd-Ost- Borneo gesammelten jungen Weibchens folgte ich noch der früheren 106 Nomenclatur Salvadori's. — Inzwischen hat das Braunschweiger Museum aus den Sammlungen des Herrn Fr. Grabowsky noch das Skelett eines weiblichen Individuums von Tumbang Hiang (Name „Tingang,“ 6. August 1881) und die Bälge zweier Weibchen zur Untersuchung erhalten, deren Aufschrift ich hier mittheilen will: „Nr. 222. Name Tingang. Augen 14 mm. Iris milchweiss. Beine fleischfarben. Schnabel rot und gelb. Der herauspräparierte Kadaver 27 cm lang, 15 bezw. 10 cm breit, 10 bezw. 8 cm hoch; der Hals des- selben 19 cm lang und 3 cm dick. Telang, Borneo 10/12. 1881.“ „Nr. 223. Name (Tingang) Manengang. Augen 13 mm. Iris milch- weiss, Beine fleischfarben. Der Schwanz überragt die Flügel um 24 cm. Der Kadaver 22 cm lang, 13 bezw. 9 cm breit, 10 bezw. 8 cm hoch; der Hals 20 cm lang. Telang, Borneo 12/12. 1881.“ Bei Nr. 222 ist das Horn mit der vorderen Spitze nach hinten ge- krümmt; bei 223 steht die Spitze des Hornes aufrecht. Beide erwähnte Weibchen haben die charakterische Schnabelfärbung, wie das Weibchen e von Pontianak. Im Folgenden gebe ich noch die wichtigsten Masse: Bntfernung der Horuspitze vom Long. tot. Ala Canda Horn: Oberschnahel Hinterraude Rictus Tarsıs Grössto Länge des Hornes a 12.0808. 48:35138%5 15,3 6,8 93 208 © Ko am ber lose Areaı 3910 13,2 6,7 SU AECHO Ti c.ca1200 Ayo 385 158 85010 oe drcan120r08 A1s2ı 382 15,8 9.0 0lOSE 2 DIS CO | e. 106,02 7430. 35:8 OT 7,0 9,2 195 ce. 58 Q 2222 — AB 3445 Sr 875 aa len Ro la: — 43,0 34,0 12,3 6,6 11,16 20,5 65 = 15. Berenicornis comatus (Raffl.) Buceros comatus Raflles, Aves Sumatra, Transact. Linn. Soc. XIII p. 399. 1822. Berenicornis comatus W. Blas. u. Nehrkorn, Beiträge Vogelfauna Borneo. [Erster Nachweis für Borneo.] (Jahresb. Ver. Naturw. Braunschg. f. 1880/1 p. 134. 1881.) Anorrhinus comatus Everett, Birds of the Bornean Group p. 164 sp. 337. 1889. Brenicornis comatus W. R. Ogilvie Grant, Cat. Birds Brit. Mus. XVII p. 423. 1892. Zwei jugendliche Exemplare von 1893: a. & juv. und b. @ juv. Die Art wurde zuerst durch meine Bearbeitung der Platen’schen Sammlungen von Jambusan, Sarawak (Borneo) für diese Insel nachge- wiesen. Später sind auch Exemplare von J. Whitehead bei Benkoka (Nord-Borneo), von ©. Hose bei Baram, Sarawak, von A. Everett am Mt. Sirambu gesammelt worden. Das Vorkommen bei Pontianak war bis- 107 her noch nicht bekannt und wird hiermit, und zugleich das Brüten, durch die Sammlungen des Kapitäns H. Storm zuerst nachgewiesen. Mir liegt zur Vergleichung das von Platen gesammelte, von mir früher (l. ec.) ausführlich besprochene alte weibliche Exemplar von Jam- busan, Sarawak, vor, von welchem die Storm’schen Bälge abweichen. Beide Exemplare sind noch nicht ausgewachsen und wahrscheinlich Nestjunge, die einem gemeinsamen Neste entnommen sind. Das männ- liche Exemplar ist etwas jünger und kleiner in den Gliedmassen, dagegen schon etwas grösser in den Schnabelmassen. Leider ist das männliche Exemplar ziemlich defekt; besonders fehlen sämtliche Schwanztedern. — Ogilvie Grant's Beschreibung des männlichen Nestkleides passt im Übrigen vollständig auf das Stück. Vgl. auch Büttikofer's Ausführungen darüber (Notes Leyden Museum Vol. IX 1887, p. 34/5). Das weibliche Nestkleid scheint noch nicht bekannt zu sein. Dasselbe entspricht durchaus dem männlichen Nestkleide;, nur sind die weissen Spitzen der Federn an Kopf, Hals, Brust und Oberleib weiter aus- gedehnt, sodass diese Teile fast ganz weiss erscheinen. Die Zeichnung des Schwanzes entspricht Ogilvie Grant's Beschreibung bei dem männlichen Nestkleidee Die mittleren Schwanzfedern überragen die anderen nur um 1 cm. Bei beiden Exemplaren ist die Kopfhaube erst sehr wenig ange- deutet. Die Federn auf der oberen Seite des Kopfes sind alle ziemlich gleichförmig etwas verlängert, ohne dass sie eine mediangestellte Crista bilden, wie dies im Alter geschieht. Die Farbe des Schnabels ist bei beiden jungen Individuen im toten trockenen Zustande wachsgelb; es macht den Eindruck, als ob im Leben die Farbe vielleicht etwas ins Rötliche gegangen sein könnte. Ich gebe noch die Masse, soweit sie bei dem defekten Zustande des & juv. sich geben lassen: Entfernung Long. tot. d. Flogel- u. Ala Canda Tarsıs ı an Le, nn Mandibula Rietus Sen (der Krümmung nach) a. — — 28,5 u 62 0 9a 12/37 e. 10/0Xem Dass 2 06290023107 KB Reto (deren leid (cn 9anEL (det) 16. Alcedo meninting Horsf. Alcedo meninting Horsfield, Java Birds, Transact. Linn. Soc. XIII p. 172. 1821. = . Salvadori, Uccelli di Borneo, p. 93 sp. 98 (partim). 1874. » asiatica Everett, Birds of the Bornean Group p. 159 sp. 315. 1889. . meninting Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. XVII p. 157. 1892. Ein Balg von 1894 mit vollständig rotbraunen Wangen, was nach den letzten Auseinandersetzungen Sharpe's (l. c.) auf den Jugendzustand 108 eines Weibchens schliessen lässt, während sowohl alte Weibchen, als auch Männchen in allen Alterszuständen eine bläuliche Färbung der Wangen zeigen. Im Jahre 1873 unterschied Walden von dieser Form durch die heller blaue Färbung des Rückens und durch die heller blauen Flecken an den Flügeldeckfedern u. s. w. die Art rufigastra, der er im folgenden Jahre unter Änderung des Namens zu Ehren des Kapitäns Beavan den Namen beavani gab. — Es scheinen nur kleine Farben-Abweichungen zu sein, durch welche man beide Formen bei Vergleichung grosser Reihen gut auseinander halten kann, während ohne grösseres Vergleichsmaterial die Bestimmung schwer ist. Die Verbreitung der beiden Formen ist in so fern eine abnorme, als sie an vielen Stellen neben einander gefunden sind. Nach den Beschreibungen, die Salvadori von vier Sarawak-Bälgen giebt (l. ec.) bin ich z. B. geneigt, anzunehmen, dass er von dieser einen Stelle nicht nur Exemplare von meninting, sondern auch solche von beavani in Händen hatte. — Ich selber habe früher zwei Celebes-Bälge als meninting aufgeführt (Zeitsch. f. die ges. Ornith. 1886 p. 94), die ich jetzt geneigt bin, als beavani anzusprechen. Und doch wird von ver- schiedenen anderen Autoren auch meninting als ein Vogel von Üelebes aufgeführt, z. B. noch neuerdings von Sharpe (l. c.). Diese Verhältnisse sprechen nicht für die Berechtigung, meninting und beavani als geson- derte Arten zu unterscheiden. W. T. Blanford in seiner „Fauna of British India“ (Vol. III 1895 p. 125) führt an, dass sowohl Oates als auch Hume die Artberechtigung angezweifelt haben und dass er dieser Meinung zuzustimmen geneigt sei, obgleich er sie vorläufig noch als gesonderte Arten aufführt. Vielleicht handelt es sich um eine einfache Farben- Varietät, vielleicht um Alters-Unterschiede oder dgl. — Das Exemplar von Pontianak entspricht auf alle Fälle den Beschreibungen des echten Alcedo mininting. Von Pontianak scheint die Art früher noch nicht in der Litteratur verzeichnet zu sein. In dem Jahresberichte des Naturhistorischen Museums in Lübeck für 1894 (Lübeck 1895 p. 9) war schon mit dem Namen „Eis- vogel“ auf den vorliegenden Balg Bezug genommen. Long. tot. 14,3; Ala 6,3; Cauda 2,7; Culmen 3,8; Rietus 4,5; Tarsus 0,8 cm. 17. Cymborhynchus macrorhynchus (Gmel.) Todus macrorhynchus Gmelin, Syst. Nat. I p. 446. 1788. Cymborhynchus macrorhynchus Salvadori, Uccelli di Borneo p. 109 sp. 115. 1874. . . Everett, Birds of the Bornean Group p. 151 sp. 276. 1889. 5 . Ph. L. Sclater, Cat. Birds Brit. Mus. XIV p. 468. 1888. Zwei Exemplare a. © vom November 1893; b. von 1894. Das erste Stück trägt die Notiz; „Im lebenden Zustande ist die obere Hälfte des 109 Schnabels schön hellblau, die untere Hälfte gelb. Die Füsse sind auch blau, etwas dunkler, wie die Oberschnabelhälfte.“ Gleichzeitig liegen, von Kapitän Storm eingesandt, von derselben Art zwei Bälge von Malakka von 1892 vor und ein Balg von 1895, der entweder von Singapore oder Pontianak stammen kann und wegen der sehr geringen Entwickelung der weissen Flecken an den äusseren Schwanz- federn höchst wahrscheinlich auch von Pontianak herrührt. Sämtliche genannten fünf Bälge gehören alten Individuen an, keiner trägt die von W. T. Blanford gut hervorgehobenen Spuren des Jugendkleides (Fauna of British India Vol. III 1895 p. 7), wie ich solche teilweise auch bei einem von Platen in Sarawak gesammelten jüngeren Männchen des Braunschweiger Museums finde. Die weissen Flecken bezw. Streifen an den äusseren Schwanzfedern scheinen bei der Gattung Cymborhynchus auf Borneo und Sumatra am schwächsten entwickelt vorzukommen und um so mehr an Zahl und Aus- dehnung zuzunehmen, je weiter die Entfernung von diesen Inseln ist. (Vgl. darüber die neueren Untersuchungen Büttikofers in den Notes Leyden Museum Vol. IX 1887 p. 43/4). Diese Differenzierung führt dann in Arrakan in dem äussersten Fxtrem zu der Abscheidung der Species affinis Blyth, die ausserdem durch die geringere Grösse und die roten Spitzenflecken der Tertiärschwingen charakterisiert ist. Die Differenzierung ist bei dem Malakka-Vogel noch nicht soweit vorgeschritten, dass die Unterscheidung einer besonderen Form als Art, Unterart oder Varietät mit dem von Salvadori 1874 vorgeschlagenen und auch noch später 1888 beibehaltenen Namen malaccensis gerechtfertigt erscheint. (Vgl. darüber auch Aug. Müller [im Journ. f. Ornith. 1882 S. 394/5] und Ernst Hartert [ebenda 1889 S. 358], welcher auf die Möglichkeit hinweist, vielleicht die Borneo-Form subspezifisch als ©. m. salvadorii zu unterscheiden, was ich für ebenso unrichtig halten würde.) Bei dem Balge a sind die beiden äussersten Schwanzfedern jeder- seits mit deutlichen weissen Streifen auf der. Innenfahne versehen, die drittäusserste zeigt nur rechts noch einen undeutlichen, ca. 1 mm grossen Flecken. Bei dem Balge b sind auch nur die jederseits beiden äussersten Schwanzfedern auf der Innenfahne mit einem kleinen weissen schrägen Bande versehen. Der erwähnte dritte (fragliche) Pontianak-Balg hat nur auf der einen alleräussersten Schwanzfeder rechts einen ähnlichen Streifen, während die entsprechende Feder der linken Seite fehlt. Bei den beiden von Storm gesandten Malakka-Bälgen haben jederseits die drei äussersten Schwanzfedern auf der Innenfahne sehr deutliche ziemlich grosse weisse Bänder, und die vierte Schwanzfeder zeigt bei dem einen («) linkerseits noch eine Spur der hellen Fleckung und bei dem andern (ß) jederseits noch ein helles, wenn auch kleineres Band. Es scheint, dass das Vorkommen dieser Art bei Pontianak in der Litteratur vorher noch nicht nachgewiesen war. 18. Corydon sumatranus (Raffl.) Coracias sumatranus Raflles, Aves Sumatra, Transact. Linn. Soc. XIII p. 303. 1822. Corydon sumatranus Salvadori, Uccelli di Borneo p. 111 sp. 116. 1874. . E Everett, Birds of the Bornean Group p. 151 sp. 277. 1889. ‚ ‚ Ph. L. Sclater, Cat. Birds Brit. Mus. XIV p. 466. 1888. Zwei Bälge von 1893, bezeichnet als weiblich. Der Rückenfleck ist bei beiden Exemplaren hellrötlich. Das Vor- kommen dieser Art bei Pontianak ist durch H. Storm zuerst nachgewiesen. 19. Batrachostomus javensis (Horsf.) Podargus javensis Horsfield, Java Birds, Transact. Linn. Soc. XIII p. 141. 1821. Batrachostomus javanensis Salvadori, Uccelli di Borneo p. 112 sp. 117. 1874. adspersus + cornutus Everett, Birds of the Bornean Group p. 165 sp 344 u. 345. 1889. Batrachostomus javensis E. Hartert, Cat. Birds Brit. Mus. XVI p. 640. 1892. Ein Balg von 1893 in der von Hartert (l. c.) beschriebenen braunen Phase, mithin vielleicht als Männchen zu bezeichnen. Die derselben Art angehörigen von F. Grabowsky in Süd-Ost-Borneo gesammelten Bälge des Braunschweiger Museums habe ich früher mit dem Synonym Batrachostomus cornutus (Temm.) angeführt. Das Exem- plar von Pagat ist von dem Sammler als g' bezeichnet und befindet sich in der rotbraunen Phase, was allerdings gegen die Meinung Ernst Hartert's sprechen würde, dass diese wahrscheinlich dem weiblichen Geschlechte eigen wäre. Das Exemplar von Pontianak ist schon bei Gelegenheit der zweiten Sendung des Kapitäns H. Storm im Jahresberichte des Naturhistorischen Museums in Lübeck für 1893 (Lübeck 1894 S 9) erwähnt, womit das Vorkommen der Art an dieser Stelle zuerst litterarisch nachgewiesen zu sein scheint. Ich füge noch die wichtigsten Masse des Balges von Pontianak und des erwähnten Balges von Pagat hinzu: Long. tot. Ala Cauda Culmen Rictus Tarsus Pontianak (Storm) 30,0 13,6 14,2 2,2 3,8 1,5 cm Pagat (Grabowsky) > 23,5 13,6 13,3 2,0 3,5 1,4 : Ja! 20. Caprimulgus maerurus Horsf. Caprimulgus macrurus Horsfield, Java Birds, Transact. Linn. Soc. XII p. 142. 1521. E vu Salvadori, Uecelli di Borneo p. 117 sp. (?) 1874. Everett, Birds of the Bornean Group p. 153 sp. 289. 1889. E. Hartert, Cat. Birds Brit. Mus. XVI p. 537. 1892. Ein Balg vom November 1893, wegen der weissen Farbe der Spitzen der jederseits beiden äussersten Schwanzfedern und der weissen Flecken in der Mitte der Innenfahne der vier ersten Schwungfedern vermutlich ein altes Männchen. Von Malakka hat Kapitän H. Storm noch ein anderes Exemplar derselben Art eingesendet, das durch rotbraunen Farbenton an Kinn, Kehle, Hals, Mittelschwingen ete. sich auszeichnet und wegen der bräun- lichen Färbung der hellen Flecken auf der Innenfahne der ersten vier Schwungfedern und der geringen Ausdehnung und des weniger reinen Weiss der hellen Spitzen der jederseits beiden äussersten Schwanzfedern. vermutlich als ein jüngeres Weibchen zu bezeichnen ist. Während ersteres Stück von Pontianak einem im Braunschweiger Museum befindlichen Balge von Celebes sehr ähnlich ist, zeigt das Malakka-Exemplar, wenigstens in dem rotbraunen Farbentone, grosse Ähnlichkeit mit einem Malakka- Balge desselben Museums. Beide Stücke lassen sich nach den ausführlichen Beschreibungen Hartert's (l. c.) nur auf macrurus beziehen. Derselbe Gewährsmann zieht Caprimulgus salvadorii Sharpe von Nord-Borneo als eine dunkle Insularform mit zu macrurus. Durch H. Storm’s Sammlungen ist das Vorkommen dieser Art bei Pontianak zuerst in der Litteratur nachgewiesen. 21. Terpsiphone affinis (Blyth) Tchitrea affinis Blyth, Journ. As Soc. XV p. 291. 1847. Terpsiphone affinis Salvadori, Uecelli di Borneo p. 137 sp. 148. 1874. E » Everett, Birds of the Bornean Group p. 130 sp. 172. 1889. : Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. IV p. 349. 1879. Ein Exemplar von 1894 im schwarz-weissen Gefieder, das als Männchen bezeichnet werden kann, mit verhältnismässig sehr langen mittleren Schwanzfedern. Die Totallänge beträgt 49 cm, die Länge, der beiden mittleren Schwanzfedern allein 39 cm! — Das Stück ist bereits im Jahresberichte des Naturhistorischen Museums in Lübeck für 1894 (Lübeck 1895 S. 9) erwähnt, wodurch das Vorkommen der Art bei Pontianak zuerst in der Litteratur nachgewiesen ist. Die bedeutende Länge der verlängerten Schwanzfedern und die etwas geringere Aus- breitung der schwarzen Farbe an dem Gefieder lässt das vorliegende Exemplar gewissermassen einen Übergang zu A. B. Meyer's Terpsiphone sumbaönsis von Sumba bilden, die im Journal für Ornithologie 1894 (S. 89) beschrieben ist. 22. Irena crinigera Sharpe. Irena criniger Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. III p. 267. 1877. » cyanea Salvadori, Uccelli di Borneo p. 151 sp. 162. (partim.) 1874. » criniger Everett, Birds of the Bornean Group p. 117 sp. 112. 1889. « crinigera Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. VI p. 176. 18831. Ein Balg von 1894, dem leider der Schwanz fehlt, sodass die charakteristischen Merkmale, die hauptsächlich in den Schwanzdeckfedern liegen, nicht gut zu beobachten sind. Der Balg stimmt übrigens genau mit drei von Platen gesammelten Borneo-Bälgen überein, die ich früher als Irena cyanea (Begbie) aufführte, da mir die Trennung der Borneo- ‚Form von der Malakka-Form nicht genügend berechtigt schien. Auch jetzt bin ich noch sehr zweifelhaft, ob Sharpe sich im Rechte befindet, be- sonders nachdem Büttikofer festgestellt hat, dass sich beide Formen in Sumatra begegnen oder neben einander vorkommen. Die Art scheint hiermit zuerst für Pontianak nachgewiesen zu sein. 23. Anthreptes malaccensis (Scop.) Certhia malaccensis Scopoli, Del. Flor. et Faun. Imsubr. II p. 91 ex Sonnerat. 1786. Anthreptes malaccensis Salvadori, Uccelli di Borneo p. 178 sp. 187. (partim) 1874. . ’ Everett, Birds of the Bornean Group p. 137 sp. 207. 1889. Anthothreptes malaccensis H. Gadow, Cat. Birds Brit. Mus. IX p. 122. (partim) 1884. Zwei Exemplare von 1894: a. & ad.; b. J jun. Der Balg a ist beinahe ausgefärbt. Doch ist die Kehle etwas blasser braun, die Färbung der Brust und des Vorderleibes etwas weniger intensiv gelb, als bei einem von F. Grabowsky bei Rangas gesammelten alten Männchen des Braunschweiger Museums. Der Balg b trägt ein interessantes Übergangskleid: An Stirn und Kopfseiten befinden sich einige metallglänzende Federn eingestreut, ebenso an den Malarstreifen und zur Seite der Kehle. Die Mantelfedern sind noch nicht metallisch gefärbt, die Bauchseite noch nicht imtensiv gelb, vielmehr gelb-grün u. s. w. Es ist dies Exemplar in der Umfärbung etwas weiter vorgeschritten, als ein junges Männchen von chlorigaster Sharpe aus Gross-Sanghir, das das Braunschweiger Museum von Platen erhalten hat, und das ich in meiner Arbeit über die Vögel von Gross-Sanghir als k aufgezählt habe. (Ornis IV p. 585. 1888) Nach den Angaben über die Verbreitung umfasst Salvadori's Art malaccensis zugleich diejenigen beiden abweichenden Formen mit, welche Shelley später als celebensis und Sharpe 1887 als chlorigaster beschrieben hat. — Gadow vereinigt absichtlich alle diese Formen wiederum und unterscheidet nur eine westliche Rasse (malaccensis typica) von Hinter-Indien, Malakka, Java und Sumatra, eine Zwischenform von Borneo und eine östliche Rasse (chlorogaster) von den Philippinen, Celebes und Flores, zu welcher er auch als Synonyin rhodolaema Shelley von Borneo stellt. Eine solche Zusammenziehung der Formen erscheint mir jedoch nicht gerechtfertigt und wird auch von sämtlichen neueren Schriftstellern darüber zurückgewiesen. Auch Everett unterscheidet für Borneo ausser A. phoenicotis, hypogrammica und simplex noch malaccensis und rhodolaema, welche letztere auch Sharpe (Ibis 1879 p. 260) als be- rechtigt angesehen hat. Ebenso verfährt auch Eugene W. Oates (Fauna of British India, Birds II p. 365 ff. 1890). Die wenigen vorliegenden Stücke von Pontianak können zur Klärung der F rage kaum beitragen. Durch dieselben scheint aber zuerst das Vorkommen der Art in dieser Gegend Borneo's festgestellt zu sein. 24. Arachnothera modesta (Eyt.) Anthreptes modesta Eyton, Proc. Zool. Soc. VII p. 105. 1839. Arachnothera modesta Salvadori, Uecelli di Borneo p. 183 sp. 191. 1874. 5 - Everett, Birds of the Bornean Group p. 137 sp. 210. 1889. 5 aflinis H. Gadow, Cat. Birds Brit. Mus. IX p. 106 (partim). 1884. Ein Exemplar von 1894, vermutlich ein Weibchen, mit welchem das Vorkommen dieser Art bei Pontianak zuerst in der Litteratur nachge- wiesen wird. Von den beiden nahe verwandten Formen, die H. Gadow unrichtigerweise unter dem Namen aflinis vereinigt, soll nach Büttikofer affınis (Horsf.) nur auf Java, modesta (Eyt.) dagegen in Malakka und Sumatra und nach anderen Autoritäten auch in Borneo vorkommen, welch’ letztere Angabe durch den vorliegenden Balg bestätigt wird. Auffallend ist mir nun, dass im Braunschweiger Museum sich en Bale befindet, der zwar unsicherer Herkunft ist, aber nach der Präparation von Malakka zu stammen scheint, und der doch nach der Färbung und den etwas be- deutenderen Grössen-Verhältnissen des Schnabels und der übrigen Körper- teile als die javanische Form, affinis (Horsf.), angesprochen werden müsste. Die Grösse des Schnabels des Pontianak-Vogels ist verhältnismässig gering, doch erwähnt Salvadori eines weiblichen Individuums, welches im Allgemeinen noch geringere Grössenverhältnisse zeist (Long. tot. 14; Ala 7,1; Cauda 4,3; Culmen 2,9; Tarsus 1,6 cm). Unser Balg hat folgende Masse: Long. tot. 16,2; Ala 7,3; Cauda A,3; Culmen 3,0; Rictus 3,5; Tarsus 1,7 cm. 114 25. Aegithina viridis (Bp.) Jora viridis Bonaparte, Consp. I p. 397 (ex Temm. M. S. in Mus. Lugd.). 1850. Jora scapularis Salyadori, Uccelli di Borneo p. 190 sp. 198. 1874. Aegithina viridis Bverett, Birds of the Bornean Group p. 116 sp. 105. 1889. tiphia subsp. viridis Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. VI p. 11. 1881. Zwei Exemplare von 1894: a. g ad; b. juv. Das Männchen im offenbar ausgefärbten Kleide unterscheidet sich bei schwarzem Schwanz, bei schwarzen, weissgebänderten Flügeln und dunkelgrüner Färbung des Kopfes und Rückens durch die gelbe, nur wenig grün überflogene Unterseite von dem mir vorliegenden ausgefärbten Männchen von viridissima, welches Platen gesammelt hat. Es sollte an- zunehmen sein, dass, wenn es sich bei dem Pontianak-Balge um viridissima handelte, die gelbe Färbung der Unterseite gleichzeitig mit der Ausbil- dung des schwarzen Schwanzes sich in eine grüne verwandelte Das vor- liegende Männchen ähnelt, abgesehen von der Schwanzfärbung, allerdings sehr dem von mir früher beschriebenen jungen Männchen im Übergangs- kleide (von viridissima?), das Fr. Grabowsky unter Nr. 144 bei Tumbang Hiang gesammelt hat, und das ich früher nur deshalb als viridissima <' im Übergangskleide ansprach, weil dies Exemplar an derselben Sammel- stelle und an demselben Tage erlegt war, wie ganz charakteristische Exemplare von viridissima. Andernfalls würde ich es zu viridis gezogen haben. — Es ergiebt sich aus der Vergleichung des vorliegenden Pon- tianak-Männchens von Neuem, dass die Frage der Unterscheidung von Aesithina viridis und viridissima noch nicht endgültig entschieden ist, und dass es sehr wünschenswert ist, von Borneo noch mehr authentisches Vergleichs-Material mit genauen Angaben über Ort, Zeit, Alter und Ge- schlecht etc. zu empfangen. Vorderman unterscheidet noch kürzlich im Gegensatz zu Everett (l. e.), der nur viridis und viridissima als auf Borneo vorkommend annimmt, ausser diesen als dritte Art: scapularis von Banjer- massin (Nat. Tijdschr. v. Ned. Ind. Bd. 50 S. 398. 1891). Er dürfte damit wohl nicht das Richtige getroffen haben; ich vermute, dass alle Exem- plare Borneo's, die als scapularis angesprochen sind, zu viridissima gehören. Das jugendliche Individuum b, dessen Schnabel erst etwas über halb so lang ist wie im Alter und dessen Gefieder noch nicht vollständig ausgewachsen ist, ähnelt vollständig den weiblichen und jungen Individuen von viridissima, ist höchstens von etwas matter grüner Färbung, haupt- sächlich an Kopf und Hals. Durch die Storm’schen Exemplare scheint zuerst das Vorkommen dieser und überhaupt einer Aegithina-Art bei Pontianak nachgewiesen zu sein. 115 26. Chloropsis zosterops Vig. Chloropsis zosterops Vigors, App. Mem. Life Raflles p. 674. 1831. Phyllornis sonneratii Salvadori, Uccelli di Borneo p. 193 sp. 201. 1874. Chloropsis zosterops Everett, Birds of the Bornean Group p. 116 sp. 107. 1889. ® ’ Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. VI p. 24. 1881. Ein Balg von 1894, offenbar Männchen im Übergangskleide. Das Schwarz der Wangen ist noch stark mit grünen Federn gemischt; auch in dem Bereiche der schwarzen Kehle finden sich noch einige grüne Federchen. Die blauen Malarstreifen sind erst durch wenige Federn an- gedeutet. Im Übrigen stimmt das Stück mit einem Malakka-Balge des Brauuschweiger Museums überein. Von Malakka hat Kapitän H. Storm 1892 ein vermutlich weibliches Exemplar gesandt, das im Allgemeinen den jugendlichen bezw. weiblichen Borneo- und Malakka-Bälgen des Braunschweiger Museums gleicht, und auf der linken Seite der gelben Kehle einige wenige blaue Federn als Andeutung eines Bartstreifens von gleicher Färbung besitzt. Die Art war vorher von Pontianak noch nicht bekannt. 27. Pitta cyanoptera Temm. Pitta cyanoptera Temminck, Pl. Col. pl. 218. 1823. 5 Salvadori, Uccelli di Borneo p. 235 sp. 248. 1874. Everett, Birds of the Bornean Group p. 147 sp. 261. 1889. . Ph. L. Sclater, Cat. Birds Brit. Mus. XIV p. 420. 1888. Zwei Exemplare von 1894, die vollständig mit der Temminck’schen Abbildung übereinstimmen. Die Unterschiede zwischen dieser Art und der nächst verwandten Form megarhyncha Schlg. sind von Eugene W. Oates (Fauna of British India, Birds Vol. II p. 392 und 393. 1890) viel genauer auseinandergesetzt, als im Cat. Birds Brit. Mus. (l. e.), wo sogar die hauptsächlich charakteristischen Masse des Schnabels fehlen. — Der eigentlich die Priorität besitzende Name moluccensis ist von allen Seiten aus geographischen Gründen verworfen, weil die Art auf den Molukken nicht vorkommt. — Mit den vorliegenden Exemplaren scheint das Vor- kommen der Art bei Pontianak zuerst in der Litteratur nachgewiesen zu werden Ich gebe im Folgenden noch die wichtigsten Masse. Long. tot. Ala Cauda Culmen Rictus Tarsus a 23,5 12,5 4,8 2,7 3,2 4,0 cm b. DDR 12,2 4,7 a 3,3 3,9 283. Pitta granatina Temm. Pitta granatina Temminck, Planch. Col. pl. 506. 1830. ; 5 Salvadori, Uccelli di Borneo p. 242 sp. 253. 1874. Everett, Birds of the Bornean Group p. 148 sp. 264. 1889. . Ph. L. Sclater, Cat. Birds Brit. Mus. XIV p. 430. 1888. 8* 116 Ein Exemplar von 1894. Ich kann dasselbe, das vollständig aus- gefärbt ist, mit einem von Platen bei Jambusan, Sarawak gesammelten Exemplare von granatina und zwei Exemplaren des Braunschweiger Museums von der nahe verwandten Form coccinea Eyton von Malakka vergleichen und finde die für beide von Gould, Walden u A. angegebenen Unterschiede deutlich ausgesprochen. Die Art war schon von Diard bei Pontianak erbeutet. 29. Platysmurus aterrimus (Temm.) Glaucopis aterrimus Temminck, Planch. Col. livr. 57. 1825. Platysmurus aterrimus Salvadori, Uccelli di Borneo p. 279 sp. 297. 1874. ’ = Everett, Birds of the Bornean Group p. 146 sp. 257. 1889. 5 . Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. Vol. III p. 91. 1877. Ein Balg von 1893, genau mit einem Platen’schen von Sarawak übereinstimmend. Das Vorkommen der Art bei Pontianak war schon von Diard nachgewiesen. 30. Lophura nobilis (Selat.) Euplocamus nobilis Sclater, Proc. Zool. Soc. 1863 p. 119 pl. XVI. 1863. Euplocomus » Salvadori, Uecelli di Borneo p. 306 sp. 319. 1874. Euplocamus . Everett, Birds of the Bornean Group p. 199 sp. 494. 1889. Lophura ignita W. R. Ogilvie Grant, Cat. Birds Brit. Mus. Vol. XXII p. 288 (partim) 1893. Zwei männliche Exemplare: a. Januar 1893; b. October 1893. Beide sind ausgefärbte alte Männchen. Das erste Stück ist in dem Jahres- berichte des Naturhistorischen Museums in Lübeck für 1895 (Lübeck 1894 S. 9) schon bei der ersten Sendung des Kapitäns H. Storm unter dem Namen Euplocomus nobilis erwähnt, womit das Vorkommen dieser Art bei Pontianak zuerst litterarisch nachgewiesen worden ist. Später hat auch J. Büttikofer die Erbeutung eines alten Weibchens auf dem Kenepai-Berge (West-Borneo) bekannt gegeben (Notes Leyden Museum XVII p. 177. 1895). In der Trennung der Form von Borneo und Bangka als nobilis (Selat.) von ignita (Shaw u. Nodder), deren Heimat bis jetzt unbekannt zu sein scheint, folge ich den lehrreichen Auseinandersetzungen J. Bütti- kofer.s?(]..c5 p. 21691). Das Exemplar b übertrifft a etwas im der Grösse, wie folgende Tabelle lehrt: Long. tot. Ala Cauda Culmen Riectus Tarsus a. e. 66,0 26,5 27,0 3,5 4,1 10,3 cm b. Cal230 27,6 28,3 3.5 4,2 10,8 117 31. Acomus pyronotus (G. R. Gray.) Alectrophasis pyronota G. R. Gray, List of B. Brit. Mus. Part. III Gallinae p. 26. 1844. Euplocomus pyronotus Salvadori, Uccelli di Borneo p. 307 sp. 320. 1874. Euplocamus E Everett, Birds of the Bornean Group p. 199 sp. 495. 1889. Acomus pyronotus W. R. Ogilvie Grant, Cat. Birds Brit. Mus. Vol. XXII p. 284. 1893. Fünf Exemplare: a. Dezember 1892, b. g Januar 1893, ce. 92 1893, d. @ Oktober 1895 und e. o 1894. Sämtliche Stücke bestätigen im Allgemeinen dasjenige, was ich bei Besprechung der von Fr. Grabowsky in Süd-Ost-Borneo gesammelten Bälge dieser Art in Betreff des Unterschiedes derselben von erythrophthalmus und in Betreff der Alters- und Geschlechts-Charaktere gesagt habe. (Ver- handl. der k. k. zool.-bot. Gesellschaft Wien XXXIII 1883 S. 68/9). Das letztgesandte Männchen e ist am Hinterrücken und Bürzel noch nicht gut ausgefärbt. Die kupferrote Färbung der Bürzelfedern vor den blauschwarzen oberen Schwanzdecken ist nur auf kurze Strecke angedeutet. Die Federn des Hinterrückens sind rotbraun und zeigen nach Art der wurmförmigen Zeichnung der Federn des Vorderrückens und Mantels zahlreiche schwärzliche Querwellen. Diese wurmiörmige Zeichnung setzt sich nach hinten auf die Bürzelfedern mit kupferroter Grundfarbe fort, und selbst die kleineren schwarzen Federn zeigen noch eine rotbraune ähnliche Zeichnung. Bei diesem Individuum zeichnen sich die Zehen durch besondere Länge aus. In dem Museum zu Königsberg sah ich ausser den früher von mir erwähnten Grabowsky'schen Bälgen noch zwei von demselben Sammler gesammelte Bälge, die folgende Aufschrift tragen: „Nr. 234. 9 Name: Tanriau mato (asam utan). Augen 11 mm. Iris braun. Beine hellblau. Der Schwanz überragt die Flügelspitzen um 11 cm. Nackte Hautstellen und Hautlappen um die Augen blutrot. Der herauspräparierte Rumpf-Kadaver 15 cm lang, 8 cm breit, 11 cm hoch von gewöhnlicher Form des Hühnerkörpers. Lihong Bahaja, Borneo, 15. Januar 1882.“ „Nr. 257. @ Name Tanriau mato. Augen 1 cm. Iris braun. Beine hellblau. Der Schwanz überragt die Flügelspitzen um 11,5 cm. Nackte Hautstellen um die Augen blutrot. Rumpf-Kadaver 16,5 cm lang, 7,5 cm breit, 9 bezw. 6,5 cm hoch. Hals 10,5 cm lang. Lihong Bahaja, Borneo, 27. Januar 1882.“ In der Zeichnung entsprechen auch diese beiden Exemplare, ein Pärchen, den früher gemachten Angaben. Die Krümmung der Spitze des Oberschnabels nach unten ist bei den Männchen stärker, als bei den Weibchen. — Die ersten von H. Storm ein- gesendeten Exemplare sind schon in dem Jahresberichte des Naturhisto rischen Museums in Lübeck für 1893 (Lübeck 1894 S. 9) erwähnt, womit das Vorkommen dieser Art bei Pontianak zuerst litterarisch nachgewiesen worden ist. Die Masse der fünf Pontianak-Bälge sind folgende: Long. tot. Ala Cauda Culmen Rictus Tarsus a. c. 540 24,5 15,3 3,5 e. 4,2 ce. 9,0 cm bar e4769 23,2 1 3,5 e. 4,2 (8 c. ec. 445 22,5 c. 13,5—14,0 3,0 3,9 CR d2c505 22,8 15,3 3,3 3,6 ce. 1,6 er 0.545 23,3 15,1 2,9 3,8 c. 8,0 32. Rollulus roulroul (Scop.) Phasianus roulroul Scopoli, Del. Flor. et Faun. Insubr. II. p. 93. 1786. Rollulus rouloul Salvadori, Uccelli di Borneo p. 308 sp. 521. 1874. 5 roulroul Everett, Birds of the Bornean Group p. 200 sp. 502. 1889. - W. R. Ogilvie Grant, Cat. Birds Brit. Mus. XXII p. 225. 1893. Zwei männliche ausgefärbte und ziemlich grosse Exemplare von 1893. Dieselben sind schon in dem Jahresberichte des Naturhistorischen Museums in Lübeck für 1893 (Lübeck 1894 S. 9) erwähnt, womit das Vorkommen dieser Art bei Pontianak in der Litteratur zuerst nach- gewiesen ist. Die wichtigsten Masse sind: Von den Nasenlöchern Long. tot. Ala Canda Culmon Riclus Tarsus his zur Schnahlspitz a. 296 14,0 7,0 1,7 2,4 4,4 1,0 cm b. 29,3 14,2 6,7 1,65 2,25 4,4 0,95 » Es bestätigen diese Zahlen, dass, wie ich schon früher hervorgehoben habe, sich die Borneo-Individuen dieser Art von den Malakka-Vögeln durch verhältnismässig bedeutendere Grösse der Flügel, des Schnabels und des Laufes auszeiehnen. (Vgl. Verhandl. d. k. k. zool.-bot. Gesellsch. Wien. XXXIII 1883 S. 69/70.) 33. Moelanoperdix nigra (Vig.) Cryptonyx niger Vigors, Zool. Journ. IV p. 349. 1829. Melanoperdix nigra Salvadori, Uccelli di Borneo p. 309 sp. 322. 1874. « - Everett, Birds of the Bornean Group p. 199 sp. 498. 1889. » W. R. Ogilvie Grant, Cat. Birds Brit. Mus. XXII p. 227. 1893. Drei Bälge bez. „Waldhuhn“ a. @ (fälschlich als „Ss“ bezeichnet) vom Januar 1893; b. S vom Februar 1893; ec. © (richtig so bezeichnet) von 1893. Das Männchen b hat die charakteristische schwarze, die beiden Weibchen a und c die bekannte braune Färbung. Die letzteren unter- 119 scheiden sich von einem aus den Grabowsky'schen Sammlungen von Süd-Ost-Borneo stammenden Weibchen des Braunschweiger Museums durch einen etwas dunkleren Farbenton an Brust und Rücken; auch sind die helleren Bänder zwischen den schwarzen Binden der Mittelschwingen nieht so leuchtend braun und etwas dunkler bei den Pontianak-Weibchen. Das erste Stück war schon in dem Jahresberichte des Naturhistorischen Museums in Lübeck für 1893 (Lübeck 1894 S. 9) erwähnt, wodurch das Vorkommen dieser Art bei Pontianak zuerst in der Litteratur nach- gewiesen ist. Die wichtigsten Masse sind folgende: Lone. tot. Ala Cauda Culmen Rictus Tarsus AO 25,5 132 7,0 1,9 245 4,3 cm »..& @ Uo 12,6 6,7 18 248 4,3. > & .® ® 25 13,5 6,1 1,75 2,1 4,3 34. Rhizothera longirostris (Temm.) Perdix longirostris Temminck, Pig. et Gall. III p. 325, 721. 1815. Rhizothera longirostris Salvadori, Uccelli di Eorneo p. 310 sp. 323. 1874. 5 5 Everett, Birds of the Bornean Group p. 199 sp. 497. 1889. . . W. R. Ogilvie Grant, Cat. Birds Brit. Mus. XXII p. 183. 1893. Zwei ausgefärbte männliche Exemplare, die im Wesentlichen voll- ständig untereinander und mit der Beschreibung des Männchens überein- stimmen. Das Vorkommen der Art bei Pontianak wird durch H. Storm’s Sammlungen zuerst nachgewiesen. Die kürzlich von W. R. Ogilvie Grant vom Mt. Dulit beschriebene Art dulitensis unterscheidet sich hauptsäch- lich durch die weissliche Färbung des Bauches von der vorliegenden Art. (Ibis, 1895 S. 378.) 35. Hypotaenidia striata (Linn.) Rallus striatus Linne, Syst. Nat. I p. 262. 1766. Hypotaenidia striata Salvadori, Uccelli di Borneo p. 336 sp. 355. 1874. 5 - Everett, Birds of the Bornean Group p. 201 sp. 506. 1889. 5 : Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. XXIII p. 33. 1894. Ein Exemplar bezeichnet „Sumpfhühnchen 2“ vom Oktober 1894. Der Schnabel ist braun, die Füsse sind schwärzlich gefärbt. Die rotbraune Färbung der Kopiplatte und des Nackens ist stark ausgesprochen, kastanienbraune Streifen gehen an den Seiten des Nackens weit nach hinten. Die Färbung des Gefieders am Rücken und unter- wärts zeigt keine oder doch nur eine sehr geringe olivenfarbene Schattie- rung. Die Vorderseite des Halses und der Brust ist einfarbig aschgrau; an dem Leibe beginnt unmittelbar hinter dem Grau der Brust die 120 charakteristische gebänderte Zeichnung, die weissen Bänder sind hier nicht gelblich verfärbt. Durch diese Charaktere der Zeichnung und Fär- bung unterscheidet sich der vorliegende Balg von einem Platen’schen Weibchen von Sarawak und einem Malakka-Balge des Braunschweiger Museums. — Ich vermute, dass der vorliegende Balg von einem männ- lichen Vogel stammt. . Die Art ist durch denselben zuerst von Pontianak nachgewiesen. 36. Rallina fasciata (Raffl.) Rallus faseiatus Raflles, Aves Sumatra, Transaet. Linn. Soc. XIII p. 328. 1822. Rallina fasciata Salvadori, Uccelli di Borneo, p. 337 sp. 356. 1874. 5 E Everett, Birds of the Bornean Group p. 201 sp. 507. 1889. 5 s Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. XXIII p. 75. 1894. Ein Balg, bezeichnet „Kleines Sumpfhuhn 3“ vom 4 Januar 1894. Derselbe entspricht genau der Beschreibung des männlichen Kleides, während ein Malakka-Balg des Braunschweiger Museums die Charaktere des weiblichen Kleides zeigt. Durch den von Herın Kapitän H. Storm eingesandten Balg wird das Vorkommen dieser Art bei Pontianak zuerst nachgewiesen. 37. Melanopelargus episcopus (Bodd.) stormi nov. var. Ardea episcopus Boddaert Tabl. Pl. Enl. p. 54 (ex Buffon-Daubenton, Pl. Enl. 906; partim). 1783. Melanopelargus episcopus Salvadori, Uccelli di Borneo p. 356 sp. 376. 1874. . 5 Everett, Birds of the Bornean Group p. 191 sp. 457. 1889. Vier Exemplare ohne Geschlechtsbezeichnung: a und b vom Januar 1893; c und d aus einer späteren Zeit desselben Jahres, sämtlich mit vollständig entwickeltem und ausgefärbtem Gefieder, a—c als alt, d als etwas jünger zu bezeichnen. Die ersten beiden Exemplare sind schon in dem Jahresberichte des Naturhistorischen Museums in Lübeck für 1895 (Lübeck 1894 S. 9) er- wähnt, womit zuerst das Vorkommen dieser Art bei Pontianak nachge- wiesen ist. In früheren Arbeiten über Borneo-Vögel hatte ich schon Ge- legenheit, einen von Dr. Platen bei Gunong Gilly, Sarawak, gesammelten Balg derselben Art (3 jun.) und zwei Dunenjunge, welche Fritz Grabowsky bei Tumbang Hiang gesammelt hatte, zu besprechen (Journ. £. Ornith. 1882 S. 254 u. Verhandl. der k. k. zool.bot. Gesellsch. Wien. XNXIII 1883 S. 72). Von den Grabowsky’schen Sammlungen erhielt das Braunschweiger Museum auch ein weibliches Skelett derselben Art von Tumbang Hiang (14/9. 1881) und später zur Vergleichung einen jüngeren männlichen Balg, der folgende Aufschrift trägt: „493. Name „Binti laut.“ Augen 14 mm. Iris braun, 3 mm. Beine blassrot, die Ränder der einzelnen 121 Schilder dunkler. Flügel überragt die Schwanzspitze nicht. Haut um das Auge, Kehle, Ohren schmutzig orangefarben. Schnabel rötlich mit dunkler Spitze. Der herauspräparierte Rumpf-Kadaver 20 cm lang, 10 cm breit und 11 cm hoch. Sehr selten!“ Zum ersten Male sehe ich jetzt eine grössere Anzahl auf Borneo erlegter ausgewachsener Exemplare dieser Art zusammen und kann die- selben mit einem afrikanischen und einem Celebes-Exemplare vergleichen. Da fällt auf den ersten Blick eine merkwürdige Verschiedenheit der Borneo-Vögel von den übrigen Vertretern derselben Art auf, die mich veranlasst, für Borneo eine besondere Lokal-Rasse zu unterscheiden unter dem Namen stormi, zu Ehren des hochverdienten Kapitäns H. Storm, welcher seiner Heimat und der Wissenschaft schon so viele Dienste ge- leistet hat. Vielleicht werden spätere Untersuchungen auch für die Individuen von Celebes und dem asiatischen Festlande Unterschiede mit Sicherheit feststellen können, welche schon von verschiedenen Autoren angedeutet sind. Hierüber zu entscheiden fehlt mir das Material. Die Borneo-Form lässt sich in folgender Weise charakterisieren: Melanopelargus episcopus stormi nov. var. unterscheidet sich von der Hauptform durch das gänzliche Fehlen weisser Stirnbefiederung und weisser Superciliarstreifen, durch eine grössere Aus- dehnung der dunklen Kopfplatte von vorn nach hinten (ca. 9—10 cm), durch einen gedrungeneren und etwas höheren Schnabel, der meist an der Firste eine geringe Konkavität nach oben und an dem Vorderteile des Unterschnabels eine deutliche Krümmung nach oben zeigt, durch im Alter intensiv rote Färbung des ganzen Schnabels oder doch wenigstens des grössten Teiles desselben, durch eine wulstige Auftreibung, welche sich hinten an der Basis der Firste findet, hinter welcher vor der schwarzen Stirnbefiederung sich eine tiefe Querrinne bildet, während der Wulst nach vorn mit einer nach oben gerichteten Konkavität allmählich in die Firste übergeht. Dabei haben die Borneo-Exemplare einen grün- lichen Glanz an den schwarzen Federn der Kopfplatte und im Alter eine deutlich rötliche Färbung der Läufe. (Nur bei dem jungen Exem- plare d sind sie graubraun). Auch scheinen dieselben im Ganzen eine etwas geringere Grösse des Schwanzes und hauptsächlich der Flügel, jedoch nicht der Beine zu besitzen. Ich füge hinzu, dass sowohl an dem von mir verglichenen Celebes- Balge, als auch an dem alten Männchen vom. Blauen Flusse (Afrika) der Schnabel grösstenteils dunkel schwärzlich gefärbt und an der Firste nach oben schwach konvex, nicht konkav, und in keinem Teile nach aufwärts gebogen erscheint, dass bei beiden ein oben an der Basis des Oberschnabels liegender Wulst und eine dahinter befindliche Querrinne nur ganz schwach angedeutet sind, und dass bei dem Celebes-Balge die schwarzen Federn der kleinen Kopfplatte (von vorn nach hinten nur ca. 5,5 cm) einen bläulichen Glanz besitzen, während bei dem afrikanischen Exemplare die dunkle Kopfplatte fast noch kleiner ist (ca. 5 em), einen bräunlichen Schein mit sehr wenig Glanz hat und schon auf dem Scheitel durch eingestreute weisse Federn allmählich in das weiss gefärbte Hinter- haupt übergeführt wird. Die wichtigsten Masse sind in der folgenden Tabelle zusammen- gestellt, der ich zum Vergleiche die Ausmessungen der verglichenen anderen Stücke hinzufüge: Ala a Culmen Rietus Tarsıs Dig. mel. Storm a. 41,7 20,0 1533 15,9 15,4 8,8 cm 5 b. 41,4 18,5 14,8 16,1 14,3 Soe Sl 222 eo los oe sr 8 : d. 38,8 16,3 13,3 13,9 14.3 80 - Platen 40,5 17,8 14,1 15,0 15,4 Some Grabowsky 40,4 16,8 13,9 14,2 15,0 ONTaa: Oelebes (Riedel) 44,8 21,0 14,8 16,1 15,7 8,7 Afrika (Brehm) 48,0 24,5 14,7 15,8 15,4 8,5 ll. Vögel von zwei anderen Stellen Borneo’s. 1. Scops lempiji (Horsf.) Ein Exemplar von Bulangan (Ost-Borneo), Februar 1892, im ziem- lich entwickelten Nestkleide, das ich schon oben (S. 93) erwähnt habe. Das Vorkommen dieser Art ist schon an den verschiedensten Stellen Borneo’s nachgewiesen, von Bulangan, wie es scheint, früher noch nicht. 2. Porphyrio calvus Vieill. Porphyrio calvus Vieillot, N. Diet. d’Hist. Nat. XXVIII p. 28. 1819. Porphyrio indieus Salvadori, Uccelli di Borneo p. 542 sp. (?) 1874. 5 Everett, Birds of the Bornean Group p. 203 sp. 516. 1589. calvus Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. XXIII. p. 200. 1594. Sieben Exemplare von Banjermassin (Süd-Ost-Borneo), wovon zwei, a und b, als jüngere Individuen, fünf, c bis g, als Dunenjunge zu be- zeichnen sind. Das Vorkommen und Brüten der Art bei Banjermassin war schon seit Semmelink festgestellt, von dem ein Dunenjunges im Museum zu Darmstadt stammt, das Brüggemann erwähnte Mit aller Sicherheit konnte ich später zuerst nach zahlreichen Bälgen von alten und jungen Exemplaren, die Grabowsky am Bangkau-See gesammelt hatte, das dortige Brüten bestätigen. Neuerdings hat Vorderman eine neue Bestätigung ge- geben, der sich nunmehr die Exemplare, die H. Storm dem Naturhisto- rischen Museum in Lübeck gesandt hat, anschliessen. —- Die Platte auf dem Öberschnabel ist bei a und b sehr schmal, schmaler als bei alten Bälgen Grabowsky's, woraus auf einen jüngeren Zustand zu schliessen ist. Der Balg a hat eine Flügellänge von 20,2 cm und eine Schwanz- länge von 7,s cm; b, bei dem die Flügel defekt sind, eine Schwanzlänge von 8,0 cm; bei den Dunen-Jungen, von denen ce an Brust und Leib schon eine grössere Anzahl von blauen Federn besitzt, während bei den kleinsten nur Spuren einer blauen Färbung sichtbar sind, lassen sich von Flügel und Schwanz noch keme Masse nehmen. Die übrigen Masse stelle ich in folgender Tabelle zusammen: Long. tot. Culmen Rictus Tarsus a. 41,5 5,0 3,4 8,0 cm b. 37,0 Hai 3,3 WO ie © 22,8 3,2 2,8 AT = d. 20,8 2,9 2,6 43 = e. 19,5 3,0 2,4 40 =: fr 19,5 2,8 2,3 43 g. 16,0 27 2,2 Ds: Die ganz jungen Dunenkleider zeigen eine fast einfarbig schwarzbraune Färbung, nur an dem Hinterleibe und der Innenseite der S, Schenkel ist die Färbung graubraun; der Kopf ist rein schwarz und zeigt nur einige mit weisslichem Belage versehene Borstenfedern, die dem Kopfe ein eigentümlich struppiges Aussehen geben. Abgesehen von dem weissen Flecken hinter der Spitze des Oberschnabels ist der Schnabel in der vordern Hälfte schwärzlich, in dem Basalteile braun, mit heller Firste und hellen Rändern am Ober- und Unterschnabel. Mit dem Hervorbrechen von blauen Federn am Leibe und blaugrünen an der Brust nimmt die graue Färbung des Hinterleibes zu. Bei den etwas älteren Dunenjungen zeigt sich am Hinterleibe auf grauem Grunde eine dunklere Bänderung, die dann allmählich (so z. B. bei b) in eine dunklere braune Färbung mit weissen Querbändern übergeht, welche letztere dann allmählich ver- schwinden, z. B. bei a fast vollständig verschwunden sind. In den letzten Entwicklungsstadien, z. B. bei a und b, ist der ganze Schnabel mit der breiten Platte des Oberschnabels rot gefärbt. Ill. Vögel von Celebes. 1. Megacephalon maleo (S. Müll.) Macrocephalon maleo Sal. Müller, Archiv f. Naturgeschichte Jahrg. XII Bd. I. Heft 1. S. 116. Fussnote. 1846. Megacephalon maleo W. R. Ogilvie Grant, Cat. Birds Brit. Mus. XXII p. 472. 1893. Ein altes, vermutlich männliches Exemplar von Celebes 1890 (wahr- scheinlich von der Minahassa, Nord-Celebes). Bisher scheint die Art nur in Nord-Oelebes und von A. B. Meyer auf den Sanghir-Inseln beobachtet zu sein. Die Nomenclaturfrage bedarf einiger Erläuterungen. Temminck hat den Namen „Maleo,“ den die Eingeborenen von Celebes für dieses Gross- fuss-Huhn benutzen, (eigentlich „Moleo“), in einer nicht wissenschaftlichen, geschweige denn binären Form 1826 in den Planches Coloriees (Text zu Pl. 411) gebraucht Die Stelle lautet: „Le grand Megapode, connu aux Celebes sous le nom de Maleo, ne nous est point encore parvenu. Jen fais la remarque, afın que l’espece deerite dans cet article [Megapodius rubripes Temm.] ne soit pas confondue avec ce quatrieme Megapode, lun et l’autre se trouyant aux Celebes: celle du present article habite aussi lile d’ Amboine“. — Quoy & Gaimard (Voyage de l’Astrolabe, Zool. I p- 239; pl. 25) benannten einen von ihnen abgebildeten jungen Vogel dieser Art 1833 mit dem falschen Namen Megapodius rubripes Temm., einem Synonym von Megapodius duperreyi Less. u. Garn. Hartlaub ge- brauchte 1844 den Namen Megacephalon maleo ohne Beschreibung (Ver- zeichnis S. 101). Im folgenden Jahre bildete Thienemann (Fortpflanzung aller ‚Vögel, Bd. I S. 11 Taf. IV Fig. 1) das Ei unter dem Namen Mesa- podius maleo ab, ohne eine Beschreibung des Vogels zu geben. Im Jahre 1846 führten Gray & Mitchell (Genera Birds III pl. 125, p. 489) die Art unter Beschreibung der schon von Hartlaub aufgestellten Gattung Mega- cephalon irrtümlich als „M. rubripes (auf der Tafel sogar fälschlich als rufipes) Quoy et Gaim.“ an. Im Anfange desselben Jahres hatte schon vorher Sal. Müller zuerst wirklich die Art m dem Archiv für Natur- geschichte (l. ec.) und zugleich die (von ihm vielleicht irrtümlich so ge- nannte) Gattung „Macrocephalon“ beschrieben. Der Aufsatz ist datiert Oktober 1845 und steht im ersten Hefte des Archivs, dürfte also die Priorität von Gray & Mitchell's Genera (Bd. III) beanspruchen können. Da die Gattung unter dem Namen Megacephalon nicht wirklich vor S. Müller beschrieben zu sein scheint, hat schon Robert G. Wardlaw Ramsay bei Herausgabe der gesammelten Werke seines Oheims (The Ornithological Works of Arthur, Ninth Marquis of Tweeddale, London 1881. 4° S. 137/8) nach im Manuskript vorliegenden Original-Bemer- kungen I'weeddale's den Namen Macrocephalon maleo S. Müll. als den richtigen hingestellt. Salvadori erwähnt die angeführten Thatsachen ebenfalls, nimmt aber bei dem Worte Macrocephalon einen einfachen Schreibfehler oder Irrtum S. Müller's an, weshalb er die Gattungsbezeich- nung Megacephalon beibehält. Nach dem Gesagten würde jedoch der Gattungsname Macrocephalon angewendet werden müssen, wenn nicht Westwood 1841 eine Wanzengattung als Macrocephalus beschrieben hätte und nicht nach Art. 53 der „Regles de la Nomenclature“ der Gebrauch eines später beschriebenen Gattungsnamens vermieden werden sollte, der sich nur durch die (männliche, weibliche oder sächliche) Endigung des Namens von dem früher aufgestellten Gattungsnamen unterscheidet. 2. Megapodius cumingi Dillw. Megapodius cumingi Dillwyn, Proc. Zool. Soc. 1851. p. 118 Pl. 39. Megapodius gilberti G. R. Gray., Proc. Zool. Soc. 1861. p. 289. Megapodius cumingi W. R. Ogilvie Grant, Cat. Birds Brit. Mus. XXII p. 449. 1893. Ein Exemplar vom August 1891, bezeichnet „Waldhuhn.“ Rücken und Flügel olivenfarben. Unterseite grau. — Oeilvie Grant hat dargelegt, dass die Färbung der Oberseite bei Individuen selbst von demselben Fundort stark variürt, und dass die Formen: gilberti, lowi, dillwyni, pusillus spezifisch nicht zu trennen sind. Ohne mir selbst ein Urteil darüber haben bilden zu können, folge ich in der Benennung der Autorität Ogilvie Grant's, welcher etwa 35 Stücke des Britischen Museums von den verschiedensten Teilen des Verbreitungs-Gebietes der Formen dieser Gruppe untersuchen konnte. Die Ausmessungen des vor- liegenden Balges zeigen im Allgemeinen etwas kleinere Verhältnisse als bei einem Balge des Braunschweiger Museums von den Sulu-Inseln, nämlich: Ala 20,5; Cauda 6,4; Culmen 1,6; Rictus 2,9; Tarsus ca. 5,5 cm. Von den Sulu-Inseln hat Herr Kapitän H. Storm einen andern Balg der- selben Art eingesendet. Derselbe stimmt fast vollständig mit dem schon erwähnten von Dr. Platen auf den Sulu-Inseln gesammelten Exemplare des Braunschweiger Museums überein. Die Unterseite ist dunkelgrau. Die wichtigsten Masse sind: Ala 23,0; Cauda 6,5; Culmen ca. 1,6; Rictus ca. 3,0; Tarsus ca. 6,1 cm. IV. Von den Sulu-Inseln. 1. Megapodius cumingi Dillw. Ein Exemplar von den Sulu-Inseln 1890, das ich unter der vorigen Nummer mit besprochen habe. V. Von Singapore. 1. Aethopyga siparaja (Raffl.) Certhia siparaja Raflles, Aves Sumatra, Transact. Linn. Soc. XIII p. 299. 1822. Aethopyga siparaja H. Gadow, Cat. Birds Brit. Mus. IX p. 21. 1884. Ein Balg im ausgefärbten männlichen Kleide, vollständig mit alten männlichen Bälgen des Braunschweiger Museums übereinstimmend, die Fr. Grabowsky in Süd-Ost-Borneo gesammelt hat. VI. Vögel von Klang (Malakka). Herr Kapitän Storm hat in zwei verschiedenen Jahren (1890 und 1892) Klang besucht und von dort einige Bälge an das Naturhistorische Museum in Lübeck eingesendet, die ich im Folgenden aufzähle: 1. Rhinortha chlorophaea (Raffl.) Cueulus chlorophaeus Raflles, Aves Sumatra, Transact. Linn. Soc. XIII p. 288. 1822. Rhinortha chlorophaea G. E. Shelley, Cat. Birds Brit. Mus. XIX p. 393. 1891. Zwei Exemplare von 1892: a. im alten männlichen; b. im weib- lichen Kleide, sowie ich dieselben z. B. in meiner Arbeit über die von Platen auf Borneo gesammelten Vögel beschrieben habe. (Jahresber. d. Ver. £. Naturwiss. Braunschweig f. 1880/1, p. 123 S. A. 1881 p. 17.) Es liegt ausserdem noch ein von H. Storm eingesandtes Exemplar von den „Sunda- Inseln“ vor, das dasselbe männliche Kleid trägt. 2. Centropus javanensis (Dumont) Cuculus javanensis Dumont de St. Croix, Diet. Sc. Nat. XI p. 144. 1818. Centropus javanicus G. E. Shelley, Cat. Birds Brit. Mus. XIX p. 354. 1891. Ein Balg von 1890, welcher vermutlich als junges Männchen zu be- zeichnen ist. Er befindet sich in einem ähnlichen rotbraun-grau-gestreiften bezw. gebänderten Kleide, wie ein Balg (Nr. 5785) des Braunschweiger Museums, den Duyvenbode auf Celebes gesammelt hat, und den ich früher ausführlich beschrieben habe (Zeitschr. f. d. ges. Ornithologie 1885, p: 267). Die Grössen-Verhältnisse sind nur bedeutend geringer: Long. tot. ca. 31,0; Ala 13,0; Cauda 15,8; Culmen 2,4; Rictus 2,7; Tarsus 3,8. Die Original-Beschreibung Dumont's habe ich nicht nachsehen können; ich bin jedoch im Zweifel, ob G. E. Shelley im Gegensatz zu sämtlichen anderen Autoren den Originalnamen richtig javanicus anstatt javanensis ceitier. Aug. Müller (Journ. f. Ornith. 1882 S. 410) hat die Vögel von Hinterindien, Malakka, Salanga etc. als ©. bengalensis (Gmel.) aufgeführt, während sie Shelley (l. «.) zu der oben genannten Art zieht. 127 Das Kleid des vorliegenden Balges lässt keine sichere Entscheidung dar- über zu, zu welcher dieser zwei Arten derselbe zu rechnen ist, da gerade in diesem Kleide grosse Ähnlichkeit zwischen denselben besteht. Möglich auch, dass beide Formen zusammenfallen und der Name bengalensis auch für die Malakka-Vögel angewendet werden muss, wie dies z. B. auch von A. B. Meyer und L. W. Wielesworth geschehen ist (Journ. f. Ormith. 1894 p. 242). 3. Eurystomus orientalis (Linn.) Coracias orientalis Linne, Syst. Nat. I p. 159. 1766. Eurystomus orientalis Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. XVII p. 35, pl. II, fig. 1. 1892. Ein Balg von 1892, der in der Färbung vollständig mit einem von Platen auf Gross-Sanghir gesammelten Weibchen des Braunschweiger Museums und mit einem ebendort befindlichen vielleicht männlichen Balge (A), von Riedel in Öelebes gesammelt, übereinstimmt. — Von den „Sunda-Inseln“ hat Storm ausserdem einen Balge der naheverwandten Form Bur. calonyx Hodgs. eingesendet, welchen ich weiter unten be- sprechen werde. 4. Cymborhynchus macrorhynchus (Gmel.) Zwei Exemplare von 1892, die ich schon oben (S. 109) besprochen habe. 5. Caprimulgus macrurus Horsf. Ein vermutlich weibliches Exemplar von 1892, das ich schon oben (S. 111) besprochen habe. 6. Chloropsis zosterops Vig. Ein Exemplar von 1892 im weiblichen Kleide, das schon oben (S. 115) besprochen ist. 7. Chloropsis icterocephala (Less.) Phyllornis ieterocephalus Lesson., Rev. Zool. 1840 p. 164. Chloropsis icterocephala Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. VI p. 30. 1881. Ein Balg von 1892, der ein jüngeres männliches Kleid im Übergange trägt. Die Stirn und die Halsseiten sind noch nicht intensiv gelb gefärbt, sondern nur wenig gelber, als der soldfarbene Nacken. Zwischen den schwarzen Federn der Kehle und der Wangen finden sich noch grüne Federn eingestreut. Dunkelblaue Federn sind bisher nur wenige an den Mundwinkeln entwickelt, sodass der blaue Malarfleck nur angedeutet ist. Im Übrigen zeigt das Exemplar Übereinstimmung mit einem männlichen Malakka-Balge des Braunschweiger Museums. Es scheint, dass diese Art in Borneo von viridinucha vertreten wird, und dass Vorderman in seiner Abhandlung: De Vogels van Billiton (Nat. Tijdsch. v. Ned. Indie Bd. 50; S. 475, 1891) fälschlich beide Formen mit einander vermengt. Auch in Billiton scheint nicht ieterophala, sondern viridinucha vorzukommen. 8. Rallina supereiliaris (Eyt.) Rallus supereiliaris Eyton, Ann. & Mag., Nat. Hist. XVI p. 230. 1845. Rallina superciliaris Sharpe, Oat. Birds Brit. Mus. XXIII p. 76. 1894. Ein Balg von 1892, der das charakteristische männliche Kleid trägt. Ich kann denselben mit einem Malakka-Balge des Braunschweiger Museums im weiblichen Kleide vergleichen. Die Beschreibung, welche Sharpe (l. ce.) von den Geschlechtsverschiedenheiten giebt, stimmt sehr gut zu beiden Bälgen. 9. Amaurornis phoenicura (Forster). Rallus phoenicurus Forster, Zool. Ind. p. 19 pl. 9. 1781. Amaurornis phoenicura Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. XXIII p. 156. 1894. Ein Balg von 1890, ein offenbar jugendliches Stück, wie man an der noch geringeren Entwickelung des Schnabels erkennen kann. Stirn und Wangen zeigen eine ähnliche Ausdehnung des Weiss, wie ich solche an zwei vorderindischen Bälgen des Braunschweiger Museums sehe und bei einem ebenda befindlichen, noch jüngeren 3, welches F. Grabowsky am Sungei Amandit in Borneo am 27./4. 1882 gesammelt hat. Das Weiss an Kopf und Hals und Vorderbrust ist jedoch ziemlich schmutzig. Das graue Gefieder des Rückens ist sehr abgenutzt und zeigt weniger oliven- farbenen Ton, als die erwähnten anderen Exemplare. Wahrschemlich ist das Exemplar als @ zu bezeichnen. VII. Vögel aus dem indo-malayischen Gebiete, bei denen eine ganz genaue Heimat-Bezeichnung fehlt. Die Heimat-Bezeichnungen der hier aufzuzählenden Vögel lauten verschieden und lassen, wie ich schon oben angedeutet habe, nur auf das eine oder andere beschränkte Gebiet der indo-malayischen Region schliessen. Unter „Java-See“ ist das Meeres-Gebiet zwischen Singapore, Borneo, (auch östlich von Borneo), Celebes, Java und der südöstlichen Hälfte von Sumatra gemeint, welche letztere Insel aber niemals von diesen Fahrten berührt wurde. Die Landvögel können nur entweder von Banjer- massin (SO-Borneo), Bulangan (Ost-Borneo), Surabaja (Java) oder Singa- pore sein. „Sunda-Inseln“ kann Java, Borneo, Sumatra (Deli oder Atjih) und vielleicht auch Celebes bedeuten. Ähnlich ist es mit dem „Malayischen Archipel,“ doch kann hier möglicher Weise auch Singa- pore und Malakka mit in Betracht kommen. Unter „Simalu“ führe ich ausser einem Balge von Dissemurus platurus diejenigen Tauben auf, welche mit sehr grosser Wahrscheinlichkeit nach dem Wortlaute eines Briefes des Kapitäns H. Storm vom 3. Februar 1890 von dort stammen („die Vögel mit den langen Schwanzfedern und sämtliche Tauben sind von der Insel Simalu“). Die Unsicherheit in der Bezeichnung rührt nur daher, dass das Schiff damals auch Atjih und Singapore berührte und dass später auch noch von anderen Gegenden, z. B. von Makassar (Süd- Celebes) Tauben-Bälge eingesandt sind, wie Osmotreron vernans, Caloenas nicobarica und Myristieivora bicolor, die mir aber, wie es scheint, über- haupt nicht vorgelegen haben. Die Heimatsangaben sind z. T. noch nach der Erinnerung durch den ehemaligen Steuermann des Kapitäns H. Storm, Herrn Derlien, als ihm kürzlich die zweifelhaften Bälge vorgelegt wurden, genauer festgelegt, so z. B. Banjermassin für Astur soloönsis und Osmo- treron vernans, Pulo-laut für Eudynamis orientalis, Dongala für das 2. Exemplar dieser Art; Bulangan und Ostküste Borneo's für Eurystomus calonyx und Rhinortha chlorophaea, Deli (Sumatra) für Pelargopsis fraseri, Pontianak bezw. West-Borneo für Cymborhynchus macrorhynchus und Nettopus cormandelianuss. Wenn derselbe für die fraglichen Tauben- Arten Atjih als Heimat angiebt, so widerspricht dies zwar dem Wortlaut des Storm’schen Briefes, doch liegt darin die Bestätigung, dass die Bälge von einer auch Simalu berührenden Fahrt nach Atjih mitgebracht sind; andererseits scheint die Angabe, dass Phoenicophaös erythrognathus von der Ostküste Borneo’s stammen soll, auf Verwechselung zu beruhen. Das deutet schon darauf hin, dass Derlien's Angaben keinen Anspruch auf untrügliche Sicherheit haben. Es erschien mir unzweckmässig, die an dieser Stelle aufzuzählenden Vögel nochmals nach den verschiedenen mehr oder weniger unbestimmten Heimat-Angaben zu trennen. Natürlich wird bei jeder Art und event. den verschiedenen Individuen die betreffende Bezeichnung hinzugefügt, um für später eine Kritik der faunistischen Bedeutung nicht gänzlich unmöglich zu machen. — Was die Reihenfolge bei der Aufzählung an- betrifft, so folge ich aus Zweckmässigkeits-Gründen wiederum der syste- matischen Anordnung, welche Salvadori in seinen Uccelli di Borneo an- gewendet hat. Für die Identifizierung citiere ich ausser der Original- Beschreibung die Beschreibung in dem Catalogue of the Birds in the British Museum und, wo die Art bis jetzt noch in diesem Werke nicht abgehandelt ist, in Betreff der Identifizierung, Synonymie und Verbreitung Salvadori's Werk über die Ornitologia della Papuasia ete. 130 1. Aceipiter virgatus (Temm.) Falco virgatus Temminck, Planch. Color. I Pl. 109 (ex Reinw. MS.) 1823. Accipiter virgatus Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. I p. 151. 1874. Ein Stück von der „Java-See,“ vermutlich 9 juv. Der Balg trägt das Kleid eines jüngeren Individuums mit Schaft- flecken an der Brust und Querbändern an dem Leibe und an den Bein- federn, mit dunkelbraunem Rücken und schwärzlicher Kopfplatte. Die erwähnte Zeichnung entspricht fast genau zwei Malakka-Bälgen dieser Art im Braunschweiger Museum. Da die Masse den Massen des grösseren dieser beiden Bälge ungefähr entsprechen, so ist weibliches Geschlecht anzunehmen. Die Art ist im ganzen östlichen Asien von Nord-China und Japan bis zu den Sunda-Inseln verbreitet und bereits für die malayische Halbinsel, Java, Banka, Sumatra und Borneo nachgewiesen. 2. Astur soloönsis (Lath.) Falco soloensis Latham, Gen. Hist. I p. 209. 1821. Astur soloönsis Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. I, p. 114 pl. IV Fig. 1. 1874. Ein weniger gut präpariertes Stück von den „Sunda-Inseln,“ nach der Erinnerung des Steuermanns, Herrn Derlien, von Banjermassin (SO- Borneo), im ausgefärbten Kleide der Alten, in Grösse und Färbung mit einem von Platen in der Minahassa (Nord-Celebes) gesammelten alten S und einem von G. A. Frank stammenden Balge nicht ganz sicherer Herkunft im Braunschweiger Museum übereinstimmend; nur ist bei dem Storm’schen Exemplare das Rot der Unterseite bedeutend dunkler und intensiver, etwa genau der von Sharpe gegebenen Abbildung (l. e.) entsprechend. Diese Art ist der vorigen in den verschiedenen Entwickelungs- Stadien sehr ähnlich, unterscheidet sich aber z. B. von derselben sehr leicht durch die gelbe Färbung der Wachshaut. Die Verbreitung ist eine ähnliche, wie diejenige von Accipiter virgatus; die Art ist schon von allen in Betracht kommenden Sunda-Inseln: Sumatra, Java, Borneo und Celebes nachgewiesen. 3. Xantholaema haematocephala (P. L. S. Müll.) Bucco haemacephalus P. L. S. Müller, Syst. Nat. Anhang p. 83 (ex Daubenton). 1776. Xantholaema haematocephala G. E. Shelley, Cat. Birds Brit. Mus. XIX p. 89. 1891. Zwei wenig gut präparierte Bälge vom „Malayischen Archipel,‘“ mit einem von Schadenberg und Koch stammenden Philippinen-Balge ziem- lich übereinstimmend. Das Vorkommen der Art auf der malayischen Halbinsel und Sumatra (Atjih) ist bereits nachgewiesen. 4. Chrysophlegma miniatum (Forster). Picus miniatus Forster, Ind. Zool. p. 14 pl. IV. 1781. Chrysophlegma miniatum Edw. Hargitt, Cat. Birds Brit. Mus. XVIII p. 121. 1890. Zwei wenig gut präparierte Bälge von den „Sunda-Inseln,“ a im männlichen Kleide, b im weiblichen. Das letztere Stück stimmt ım All- gemeinen mit einem von Ed Verreaux stammenden Java-Balge des Braunschweiger Museums überein; nur ist bei dem Storm’schen Exem- plare die Färbung der hintersten Hollenfedern rein gelb, auf welche nach vorn solche folgen, die gelb und rot gefärbt sind und erst ganz vorn solche (die Mehrzahl) von ganz roter Farbe. Auch erscheint bei beiden Storm’schen Exemplaren die rote Färbung des Rückens nicht ganz so stark, was vielleicht von der Zerrung der Rückenhaut bei der Präparation herrührt. Die Federn sind grün gefärbt mit mehr oder weniger deutlich hervortretenden roten Rändern und Spitzen. Vielleicht handelt es sich hier um eine Übergangsform zwischen malaccense und miniatum, wie in ähnlicher, aber etwas verschiedener, Weise solche von Salvadorı aus Sumatra beschrieben ist. (Ann. Mus. Civ. Genova (2) IV S. 530. 1887.) Die Färbung der Haube ist bei a ähnlich wie bei b. Die Art ist bis jetzt nur auf Java beobachtet, während die ver- wandte Form malaccense in Trenasserim, Malakka, Sumatra, Nias, Banka, Borneo und Billiton vorkommt. Die beiden Bälge können demnach recht gut von Surabaja (Java) stammen. 5. Chrysophlegma humei Harg. Chrysophlegma humii Edw. Hargitt, Ibis 1889 p. 231. ‚ 5 Cat. Birds Brit. Mus. XVII p. 126. 1890. Ein gut le Balg vom „Malayischen Archipel,“ der ver- mutlich wegen der braunen an der Seite (nicht zugleich an der Spitze) weiss geränderten Kinnfedern und der matten Färbung an den Kopf- seiten etc. als junges Männchen dieser seit langer Zeit unter dem Namen mentale (Temm.) gut bekannten, von Hargitt 1889 jedoch abgeschiedenen Form anzusprechen ist. Diese Art verbreitet sich durch Süd-Tenasserim, die malayische Halbinsel, Sumatra und Borneo, während Chr. mentale auf Java beschränkt sein soll. Vorderman’s Auseinandersetzungen (Nat. Tijdschr. v. Nederl. Indi& Bd. 49. 1890. S. 46/8) lassen fast darauf schliessen, dass ausser humei auch letztere Art, die er unter dem Namen gularis Rehb. aufführt, in Sumatra vorkommt. 6. Eudynamis orientalis (Linn.) Cuculus orientalis Linne, Syst. Nat. I p. 168 (ex Brisson Fig. 1). 1766. Eudynamis orientalis G. E. Shelley, Cat. Birds Brit. Mus. XIX p. 322. 1891. Zwei Exemplare, nämlich eines im schwarzen Federkleide der alten Männchen von den „Sunda-Inseln“ und ein anderes im rotbraunen, dunkel gefleckten und gebänderten Kleide der Weibchen bezw. jungen Individuen von dem „Malayischen Archipel.“ nach der Erinnerung des Steuermanns, Herrn Derlien, letzteres von Pulo Laut (Süd-Borneo) und ersteres von 9# derselben Stelle, von welcher Megapodius cumingi Dillw. (s. ob. S. 125) stammt, nämlich Dongala (W-Celebes). Das Männchen hat auf dem schwarzen Gefieder blauen und grünen Glanz gemischt; der Schnabel ist in den beiden Wurzeldritteln dunkel schwärzlich hornfarben, an der Spitze hell. dabei breit und verhältnismässig kurz, mit abgerundeter Firste, zu deren Seite über den nahezu runden und höchstens etwas längsovalen kleinen Nasen- löchern die Wände des Oberschnabels ziemlich steil abfallen; die Ober- schnabelspitze ist zuletzt fast senkrecht abwärts gebogen. Eine ähnliche Form des Schnabels finde ich bei einem alten männlichen Eudynamis- Exemplare von Gross-Sanghir, das ich als „mindanensis var. sanghirensis“ beschrieben habe. Dies hat aber in dem Gefieder einen vorwiegend grünen Glanz. Ein Balg von Palawan (9 ad.) im schwarzen Kleide, das ich bis jetzt als „mindanensis“ rubriciert hatte, hat einen viel blaueren Metallglanz. Ein anderer ähnlich gefärbter männlicher Eudynamis-Balg von den Sulu-Inseln, den ich als „mindanensis var. (an monstros. ?) alboma- culata“ erwähnt habe, dürfte in der Mischung von grünem und blauem Glanze dem vorliegenden Storm'schen Balge sehr nahe kommen. Die Schnabelform der letzterwähnten Individuen von Palawan und Sulu ist ähnlich, wenn auch etwas abweichend, besonders durch etwas grössere Länge. In dieser Beziehung ähneln sie dem zweiten Storm’schen Balge, und es werden die Verschiedenheiten in der Schnabelform und -Grösse schwerlich Veranlassung geben dürfen, die beiden Storm’schen Bälge von einander spezifisch zu trennen, weshalb nach den besonderen Eigen- schaften der Gattung Eudynamis zur Bestimmung des männlichen Individuums hier auch das weibliche bezw. jugendliche Kleid wesentlich mit verwendet werden darf. Dieses rotbraun, dunkel gefleckte und ge- bänderte Individuum mit horngraubraunem, an der Spitze hellerem Schnabel ähnelt im Allgemeinen der Abbildung, welche Daubenton (Planch. Enlum. VI. pl. 771) vom „Coucou tachete des Indes Orien- tales“ gegeben hat. Diese Tafel ist nun leider von G. E. Shelley (l. e.) sowohl bei Eudynamis orientalis als auch (hier sogar ‚als typische) bei Eudynamis rufiventer (Less.) von Neu-Guinea und den angrenzenden Inseln Papuasien’s und der Molukken citiert, sodass daraus allein noch keine Entscheidung zu treffen gewesen wäre. T. Salvadori aber eitiert in seiner Ornitologia della Papuasia etc. diese Tafel nur bei orientalis. Wenn ich den vorliegenden Balg mit anderen ähnlichen weiblichen und jugendlichen Kleidern von Eudynamis-Arten im Braun- schweiger Museum vergleiche, so finde ich nirgends eine vollständige Übereinstimumng, am Meisten noch mit dem Balge eines Weibchens von Sulu. das ich vorläufig als „mindanensis“ rubrieiert hatte. Auch die Zeichnung der Weibchen von Eudynamis melanorhyncha von Celebes ist ähnlich, doch abgesehen von dem dunkleren, meist schwärzlichen Schnabel mit grösseren und längeren Nasenlöchern, haben diese letzteren eine hellere, etwas isabellgelbliche Grundfarbe der Unterseite, dunklere Fär- bung am Oberkopf und Kehle und eine feinere dunkle Bänderung an den Flügeln und besonders am Schwanze; auch ist der helle Bartstreifen, der bei dem Storm’schen Balge nur mit wenigen Federn angedeutet ist, viel stärker ausgesprochen. — Dieser Bartstreifen ist auch bei dem genannten Sulu-Balge viel stärker entwickelt, und, wie ich gestehen muss, auch bei zwei weiblichen Bälgen des Braunschweiger Museums, die nach Färbung und Verbreitung zu Eudynamis orientalis gerechnet werden müssen, von denen einer von Platen auf Amboina, der andere als „Eudynamis ransoni“ auf Ceram gesammelt ist; diese beiden Bälge sind durch dunkleren Kopf und Kehle, sowie durch die rostfarbene fast bänderlose Unterseite des Körpers unterschieden, abgesehen davon, dass das Ceram-Exemplar viel schmalere dunkle Bänder der Schwanzfedern und eine weniger gefleckte, als gebänderte Oberseite besitzt. Die indische Eudynamis honorata (Linn.), von welcher ich zwei Bälge vergleichen kann, und Eud. cyanocephala (Lath.) von Australien, von welcher ein Balg vorliegt, können nebst der verwandten Form: malayana Cab. u. Heine wegen der mehr weisslichen Grundfarbe des Gefieders nicht in Betracht kommen. Viele von den mir vorliegenden Bälgen lassen sich nach den von G. E. Shelley gegebenen Bestimmungs-Tabellen und Beschreibungen nicht genau ordnen, und ich glaube, in Übereinstimmung mit Aug. Müller (Journ. f. Ornith. 1882, S. 408) u. A, dass in der Gattung Eudynamis noch Vieles aufzuklären übrig geblieben ist. — Um Material dafür zu liefern, habe ich im Obigen eine ausführlichere Darlegung gegeben, weshalb ich die beiden Bälge zwar mit einigem anfänglichen Zweifel, aber doch zuletzt als orientalis (Linn.) glaube aufführen zu dürfen, eine Art, welche, im engeren Sinne genommen, bisher nur auf den Molukken beobachtet ist. Da Kapitän H. Storm auf seinen Reisen, von denen die Bälge stammen, ausser Borneo und Java als östlichste Punkte nur Makassar und Dongala an der West- küste von Celebes besucht hat, so würde durch diese Exemplare jeden- falls das Verbreitungsgebiet von Eudynamis orientalis, vorausgesetzt, dass meine Benennung richtig ist, nach Westen ausgedehnt werden. Allerdings hat Büttikofer diesen Namen auch für ein junges d von West-Sumatra angewendet (Notes Leyden Museum Vol. IX p. 29 1887), doch mit ausdrücklichem Vorbehalt über die weitere Deutung der Art im Sinne Schlegel’. Auch Vorderman führt in diesem Sinne orientalis von Java an (Nat. Tijdschr. v. Ned. Indie, Bd. 42 S. 205, 1883), meint jedoch 134 damit Eud. honorata Linn., wie er später ausdrücklich berichtigt hat. (Ibid. Bd. 44 S. 320, 1895). Im Folgenden gebe ich noch die wichtigsten Masse: ; Long. tot. Ala Cauda Culmen Rictus Tarsus a. g ad. ca. 37,5 18,5 18,6 2,9 3,15 3,2 em b. @ s. juv. ca. 38,7 19,0 18,7 32 3,6 DONE 7. Rhinortha chlorophaea (Raffl.) Ein Exemplar von den „Sunda-Inseln“ im männlichen Kleide, das ich schon oben (S. 126) besprochen habe, nach der Erinnerung des Steuermanns, Herrn Derlien, von der Ostküste Borneo's. 8. Phoenicophaös erythrognathus Bp. Phoenicophaös erythrognathus Bonaparte, Consp. Gen. Av. I p. 89. 1849. (Sumatra.) Urococeyx erythrognathus, G. E. Shelley, Cat. Birds Brit. Mus. XIX p. 398. 1891. partim (exel. Borneo). Ein Exemplar vom „Malayischen Archipel‘“ in Färbung des Ge- fieders und der Form der Nasenlöcher mit Malakka-Bälgen des Braun- schweiger Museums übereinstimmend. Sollten sich die Geschlechts- Charaktere, welche ich früher für die Borneo-Form glaubte nachweisen zu können (Jahresber. d. Ver. f. Naturw. Braunschweig für 1880/1, S. 124 S. A. Braunschweig 1881 S. 18), analog auch auf die Sumatra- und Malakka-Vögel anwenden lassen, so würde hier vermutlich ein männliches Individuum vorliegen, da das Kinn, abgesehen von den allervordersten Federn, nicht grau, sondern, wie die Kehle, rotbraun gefärbt ist. — Graf Hans v. Berlepsch hat kürzlich nach der verschiedenen Form des Nasenloches, welches bei den Borneo-Vögeln nicht gross und rundlich, sondern schmal, kleiner und länglich erscheint, und nach den Grössen- Differenzen und Färbungs-Verschiedenheiten des Schnabels die Borneo- Exemplare als Phoenicophaös microrhinus unterschieden (Novitates Zoolo- gicae II 1895 p. 70). Ich kann dieser Unterscheidung, auf deren Berech- tigung ich schon 1881 (l. ec.) vermutungsweise hingewiesen habe, in allen Punkten zustimmen. Es ist höchst auffallend, dass in der Form der Nasenlöcher die drei verwandten und in der Färbung sich sehr ähnlich verhaltenden Arten: erythrognathus, microrhinus (Borneo) und curvirostris (Java) sich unterscheiden. Es spricht dies gewiss dafür, dass die ab- weichende Nasenlochform in diesem Falle nicht zur generischen Trennung der Arten verwendet werden darf, wie dies von Sharpe und Shelley (l e) geschehen ist. Übrigens möchte ich noch darauf aufmerksam machen, dass, wenn ich auch früher auf die verschiedene Form der Nasenlöcher nicht ausdrücklich aufmerksam gemacht habe, ich doch (l. ec.) zahlreiche 135 andere zur Unterscheidung genügende Unterschiede beider Formen in Grösse und Färbung erwähnt und die Borneo Form mit dem Namen var. borneensis versehen habe. Danach dürfte doch vielleicht nach den neueren Prinzipien der Nomenclatur auch der Varietät-Name: borneensis \W. Blas. und Nehrk. zur Bezeichnung der Spezies vor microrhinus Berlepsch die Priorität beanspruchen können. Mit Recht hat Berlepsch (l. c.) dar- auf hingewiesen, dass als Autor für den Namen: erythrognathus nicht Hartlaub, sondern Bonaparte stehen muss. Der Schnabel des vorliegenden Exemplars von H. Storm scheint noch wenig ausgebildet gewesen zu sen, da er am trockenen Balge keine Spur der roten Farbe an der Basis behalten hat. Der ganze Schnabel ist schmutzig grüngelb gefärbt. an der Spitze heller. Die vorliegende Art erythrognathus Bp. in der von Berlepsch fest- gestellten Beschränkung ist bisher in Malakka und Sumatra gefunden, wo die Borneo-Form nicht vorkommt. Auf den Natunas-Inseln scheinen beide Formen nebeneinander vorzukommen. Die Masse des Exemplares sind folgende: Long. tot. 44,0; Ala 16,4; Cauda 25,3; Culmen 3,9; Rictus 4,3; Tarsus 3,9 cm. 9. Pelargopsis fraseri Sharpe. Pelargopsis fraseri Sharpe, Proc. Zool. Soc. 1870 p. 65. Pelargopsis gurial subsp. fraseri Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. XVII p. 106. 1892. Ein Exemplar von den „Sunda-Inseln,“ nach Erinnerung des Steuer- manns, Herrn Derlien, von Deli (Sumatra). Die Kopfplatte ist ockerfarben- grau, die Schnabelspitze dunkel. Von typischen Gurial-Exemplaren ist das Stück durch die blaue Farbe der Flügel und des Schwanzes unter- schieden, sowie durch den mehr blauen Farbenton des blaugrünen Unter- rückens. In dieser Blaufärbung ähnelt das vorliegende Stück den von F. Grabowsky gesammelten Borneo-Bälgen von leucocephala und einem Balge von malaccensis des Braunschweiger Museums; während gouldi von Palawan ein viel matteres Blau an Flügeln und Schwanz und Rücken zeigt und am Unterrücken einen mehr grünlichen Ton. Mir erscheint es sehr zweifelhaft, ob Sharpe bei der subspezifischen Vereinigung der Form fraseri mit gurial Recht hat, ob überhaupt auf die Bildung und Färbung der Kopfplatte ein so grosser Wert gelegt werden darf, dass danach leucocephala und gurial als die beiden Hauptarten der mit rotem Schnabel und blauen Schulterfedern versehenen Pelargopsis-Formen unter- schieden werden dürfen, von denen leucocephala als Unterarten inter- media, gouldi und gigantea, dagegen gurial als solche malaccensis, flore- siana, burmannica und fraseri beigefügt werden. Die beiden Formen fraseri und malaccensis schliessen sich vielleicht natürlicher der leuco- cephala an. Bei diesem Zweifel lasse ich die gut erkennbare Form fraseri lieber als gute Haupt-Art stehen, ohne dass ich damit die Wahrschein- lichkeit verneinen möchte, dass von den genannten Formen noch mehrere spezifisch vereinigt werden müssen, wie dies z. B. Büttikofer (Notes Leyden Museum Vol. IX p. 37 1887) unter dem Namen javana thut. Als Ver- breitung für P. fraseri» wird von Sharpe: Java, Sumatra, Billiton, Borneo und die malayische Halbinsel angegeben. Es mag hier bemerkt werden, dass sowohl bei Salvadori (1874) als auch bei Everett (1889) in deren Verzeichnissen der Borneo-Vögel diese Form fehlt; dieselben führen nur leucocephala von dort auf (Everett daneben nur von Palawan auch gouldi). 10. Haleyon coromandus Steph. Haleyon coromanda Steph., in Shaw’s Gen. Zool. XIII pt. 2 p. 100. 1826. Halcyon coromandus Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. XVI p. 217. 1892. Ein ziemlich grosses Exemplar von den „Sunda-Inseln“ mit langem, blassrotem, an der Basis weisslichem Schnabel und verlängerten weiss- silberblauen Bürzelfedern, an der Kopfplatte höchstens mit einer Spur violetten Glanzes, was auf Jugendzustand schliessen lässt. Ob der Grösse wegen hier die Form oder Unterart rufus Wallace von Celebes, Gr. Sanghir und den Sula-Inseln vorliegt, muss zweifelhaft bleiben. Die Art ist weit verbreitet, z. B. auch in Java, Sumatra, Borneo etc. 11. Eurystomus calonyx Sharpe. Eurystomus calonyx Sharpe, Proc. Zool. Soc. 1890 p. 551. - 5 . Cat. Birds Brit. Mus. XVII p. 38 pl. II Fig. 2. 1892. Ein Balg von den „Sunda-Inseln,“ nach Erinnerung des Steuermanns, Herrn Derlien, von Bulangan (Ost-Borneo), ziemlich genau mit einem Malakka-Balge des Braunschweiger Museums übereinstimmend, das nur einen dunkleren Schnabel von brauner Grundfarbe mit wenig rötlichen Stellen, hauptsächlich am Unterschnabel, zeigt. Das Storm’'sche Exemplar hat einen roten Schnabel mit dunkler Spitze des Oberschnabels, ist daher im Gegensatze zu dem andern, wohl als älter zu bezeichnen. Ich möchte hier nicht die Frage der Artberechtigung von dieser Form, die nach A. B. Meyer und L. W. Wiglesworth auf Celebes und den Sanghir-Inseln Über- gänge zu orientalis zeigen soll (Journ. f. Ornith. 1894 XLII S. 242), sowie von Eur. laetior im Vergleich zu orientalis zu entscheiden wagen. Büttikofer geht aber gewiss zu weit, wenn er sogar pacificus mit diesen Formen nach dem Vorgange Schlegels vereinigen will (Notes Leyden Mus. IX 1887 p. 43). Die Art gehört dem östlichen Asien an und überwintert nach Sharpe auf der malayischen Halbinsel und Borneo. Bis 1890 scheinen die Exem- plare dieser Art von Borneo immer mit als Eur. orientalis aufgeführt zu sein. Es finden sich aber beide Arten dort vertreten. Sharpe führt allerdings nur als einziges ihm bis jetzt bekannt gewordenes Exemplar von calonyx aus Borneo ein solches an, das Everett auf Mt. Penrisen er- beutete (Ibis 1893 p. 562). Wenn Derlien's Angabe richtig ist, würde hiermit ein zweites Borneo-Exemplar bekannt werden. 12. Cymborhynchus macorhynchus (Gmel.) Ein Balg, nur fraglich ob aus Borneo oder Singapore, den ich schon oben (S. 109) besprochen und als wahrscheinlich aus Borneo stammend hingestellt habe. Auch der Steuermann, Herr Derlien, glaubt aus der Erinnerung West-Borneo als Heimat dieses Exemplares angeben zu können. 13. Dissemurus platurus (Vieill.) Dierurus platurus Vieillot, Nouv. Diet. d’Hist. Nat. IX p. 588. 1817. Dissemurus paradiseus Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. III p. 258. (partim.) 1877. Ein flach und weniger gut präparierter Balg mit niedriger Haube und sehr langen äusseren Schwanzfedern (rechts 34,4 cm lang), deren raketenförmiges Ende ziemlich genau mit der Abbildung Fig. 8 bei Sharpe (l. ce.) und der gleichen Bildung bei den mir vorliegenden Bälgen des Braunschweiger Museums von Borneo übereinstimmt, die ich früher mit Salvadori als brachyphorus aufgeführt habe. Die Verlängerung der Stirnfedern ist ähnlich wie bei einem von Platen gesammelten Balge von Borneo, etwas stärker wie dies in Sharpe’s Figur 7 von brachyphorus dar- gestellt ist, geringer dagegen als es in Figur 6 („formosus“ Cab. von Borneo) geschehen ist. Nach den Auseinandersetzungen Büttikofer's (On a collection of Birds from the Western Sumatra, Notes Leyden Museum, IX 1887 p. 50) scheint es nötig zu sein, die Borneo-Vögel mit den Sumatra-Vögeln unter obigem Namen zu vereinigen, während andererseits eine so weitgehende Vereinigung aller Dissemurus-Formen unter dem Namen paradiseus, wie sie Sharpe vorgeschlagen hat, nicht zweck- mässig ist. Der vorliegende Balg soll von den „Sunda-Inseln“ stammen; es scheint, dass dies der Vogel ist, den der Kapitän Storm in seinem oben (S. 129) citierten Briefe als auf der Insel Simalu erbeutet angegeben hat, da kein anderer aus der damaligen Zeit in Frage kommender Balg zu jener Beschreibung passen will. Es würde dies ja bei der Verbreitung der Art über Sumatra, Borneo, Banka, Salanga etc. sehr gut möglich sein. 14. Copsychus saularis musicus (Raffl.) Gracula saularis Linne, Syst. Nat. I p. 165. 1766. Lanius musieus Raflles, Aves Sumatra, Transact. Linn. Soc XIII S. 307. 1822. Copsychus saularis Sharpe, Cat. Birds Brit. Mus. VII p. 61. (partim). 1883. Ein Balg im dunklen schwarz- weissen männlichen Kleide von dem Malayischen Archipel. Nach dem von Sharpe für die Copsychus- Arten und Unterarten gegebenen Bestimmungs-Schlüssel würde Copsychus musicus (Raffl.) vorliegen, da die unteren Flügeldeckfedern weiss mit breiter schwarzer Basis erscheinen In dieser Beziehung stimmt der Balg auch mit zwei früher von mir ausführlich beschriebenen Bälgen des Braunschweiger Museums von Malakka überein (Jahresbericht des Vereins f. Naturw. Braunschweig f. 1880/1 S. 159 S. A. Braunschweig 1831 S. 53). Aber in der Zeichnung der äusseren ganz oder grösstenteils weissen Schwanzfedern weicht er ab. Es sind jederseits die drei äussersten Schwanzfedern abgesehen von der für gewöhnlich ganz verdeckten dunkel gefärbten kleinen Basalstelle an der Innenfahne ganz weiss, die vierte aber zeigt auf der rechten Seite in der Endhälfte einen grossen, etwa die Hälfte der Federbreite und die ganze Spitze einnehmenden weissen Fleck, der an der vierten Schwanzfeder der linken Seite etwas schmaler und in der Mitte am Schafte noch durch Schwarz unterbrochen ist. Nicht genau das- selbe, aber ein ähnliches Färbungs-Prinzip mit noch mehr Weiss zeigt sich nun bei zwei männlichen und mehreren weiblichen von Freiherrn von Richthofen in China gesammelten Bälgen des Braunschweiger Museums von der typischen Form Copsychus saularis (Linn.). Es bildet der vorliegende Balg in dieser Beziehung gewissermassen eine Zwischen- stufe zwischen chinesischen und Malakka-Bälgen, wodurch es mir wahr- scheinlich wird, dass, wie ja auch schon Sharpe angiebt, beide Formen spezifisch zusammengehören und in einander übergehen. Nur möchte ich Öopsychus amoenus Horsf. und Moore nicht ohne weiteres auch damit vereinigt wissen, da diese Form mit dem dunklen Hinterleib und den fast ganz schwarzen unteren Flügeldeckfedern einen ganz anderen Habitus hat. Allerdings führt Sharpe (l. ec. p. 65) als fragliche Hybride eine ganze Reihe von Exemplaren des Britischen Museums auf, die auch für die beiden Formen musicus und amoenus die Brücke schaffen. Sharpe giebt an, dass es fraglich ist, ob sich die typische Form Copsychus saularis südlich bis auf die malayische Halbinsel verbreitet, dass dagegen auf dieser Copsychus musicus vorkommt, um von hier aus Java, Sumatra und Borneo zu erreichen. Es ist mir nach diesen Darlegungen wahrscheinlich, dass der Storm’sche Balg von Makakka stammt. — Aug. Müller (Journ. f. Ornith. 1882 S. 358/60) bezeichnet die von ihm untersuchten Malakka-, 139 Johore- und Salanga-Vögel mit dem Namen mindanensis, was jedoch nicht richtig sein dürfte, da mindanensis einen vollständig schwarzen Schwanz haben soll. Seine Angaben über die Variabilität in der Zeichnung der vierten Schwanzfeder sind aber sehr lehrreich. Auch Vorderman's Aus- einandersetzungen über die Java-Vögel, die er nach Schlegel als minda- nensis aufführt, smd zu vergleichen. (Nat. Tijdschr. v. Ned. Indie Bd. 42 S. 66/9 1883). Ernst Hartert hat die oben gebrauchte ternäre Nomen- clatur und subspezifische Trennung der Form empfohlen (Journ. £. Ornith. 1389 S. 349). 15. Osmotreron vernans (Linn.) Columba vernans Linne, Mant. p. 526. 1771. Osmotreron vernans Salvadori, Cat. Birds Brit. Mus. XXI p. 60. 1893. Zwei Exemplare, nämlich ein leidlich gut präparierter Balg im männlichen Kleide von den „Sunda-Inseln,“ nach Erinnerung des Steuer- manns, Herrn Derlien, aus Banjermassin (SO-Borneo), bei welchem eine sehr dunkle Färbung des weinroten Vorderhalses und eine geringere Aus- dehnung der orangegelben Färbung der Brust bei einem dunkleren und fast reinem Grau des Koptes auffält, und ein noch weniger gut er- haltener Balg im jugendlichen oder scheinbar weiblichen Kleide (ohne Schwanz) wahrscheinlich von Simalu. Abgesehen davon, dass der Schwanz, dessen Form und Färbung sehr charakteristisch ist, fehlt, kann doch durch Vergleichung mit zahlreichen weiblichen Exemplaren von Celebes etc. die Bestimmung festgestellt werden. Auffallend ist, dass die Schnabelwurzel schwarz, die Schnabelspitze grau ist. Ein ganz junges Individuum kann hier nicht vorliegen, da die dritte Schwungfeder jederseits schon die charakteristische Einschnürung zeigt und die Bürzelfedern einen rostbräun- lichen Farbenton an der Spitze besitzen. Der Vollständigkeit wegen muss ich aber noch bemerken, dass die Unterseite verhältnismässig gelb ist und dass an der Brust ein kleiner Schein von weinroter Färbung sich zeigt, was vielleicht auf ein junges Männchen schliessen lässt. 16. Carpophaga consobrina Salvad. Carpophaga consobrina Salvadori, Ann. Mus. Civ. Gen. (2) IV p. 558. 1887. 5 5 . Cat. Birds Brit. Mus. XXI p. 190. 1893. Ein verhältnismässig wenig gut präparierter Balg, wahrscheinlich von Simalu, nach der Erinnerung des Herrn Derlien von der Atjih-Reise mit- gebracht, was als Bestätigung für Simalu gelten kann. Das Gefieder ist am Halse, Kopfe und an der Unterseite ziemlich schmutzig, weshalb sich die richtige Färbung einigermassen schwer erkennen lässt. Das ist jedoch 140 deutlich zu sehen, dass die im Allgemeinen an (0. aenea erinnernde Färbung des Gefieders einige Charaktere zeigt, welche im Vergleich zu aenea als für consobrina charakteristisch aufgeführt sind: die graue Farbe des Nackens ist von der bronze-grünen Färbung des Rückens scharf ab- gesetzt, Stirn- und Kinnfedern sind gleichmässig mit Kopf und Hals grau gefärbt und nicht heller, die unteren Schwanzdeckfedern sind einfarbig, viel dunkler purpur-kastanienbraun, der Schnabel ist an der Basis dunkel, an der Spitze perlgrau. Mit der Abbildung, die Modigliani (Viaggio a Nias tab. XV 1890) von dieser Art giebt, stimmt der Balg im Allgemeinen gut überein, nur ist das Grau dunkler und der Schnabel länger; dieser ist selbst im Vergleiche zu ©. aenea länger und dieker. Was nicht voll- ständig mit der Beschreibung im Catalogue Birds Brit. Mus. übereinstimmt, ist, dass an den untersten Stellen des grauen Halses und an der grauen Farbe des Leibes eine Spur weinroter Färbung sich zeigt, die bei conso- brina eigentlich vollständig fehlen soll, wie bei insularis. Bei Gelegenheit der Original-Beschreibung erwähnt jedoch Salvadori: „collo postico imo et pectore vix vinaceo tinctis,“ was mit der Färbung des Storm’schen Balges übereinstimmen würde. — Die Bestimmung wird wahrscheinlich später noch einmal kontroliert werden müssen; ich halte es aber für zweckmässiger, dies Individuum vorläufig mit dem Namen derjenigen Art zu bezeichnen, die ihr den Charakteren und der Verbreitung nach am Nächsten stehen dürfte, als dasselbe entweder unter dem Namen aenea aufzuführen und damit vorerst weiteren wissenschaftlichen Untersuchungen zu entziehen, oder andererseits sogar als neue Art zu beschreiben. Nach der Präparation und dem Inhalte des oben citierten Briefes des Kapitäns H. Storm ist die Herkunft von Simalu höchst wahrschein- lich. Dies ist aber die nächste grössere Insel nordwestlich von Nias, von wo Carpophaga consobrina Salvad. bisher allein bekannt ist. Die wich- tigsten Masse sind folgende: Ala 23,0; Cauda 13,3; Culmen ca. 2,4*); Rietus 3,4; Tarsus ca. 3,0 cm. Dieselben zeigen im Allgemeinen eine noch geringere Grösse, als Salvadori solche für ein männliches Individuum anführt, weshalb hier vielleicht ein weibliches vorliegt, das noch kleiner sein soll, als das Männchen. Mit den Massen jedoch, die Salvadori bei der Original-Be- schreibung anführt (Ala 23,4—23,0; Cauda 12,0—13,0; Tarsus 3,0—3,1 cm) stimmt der vorliegende Balg gut genug. ») Die Länge der Firste ist vielleicht nur 2,0 zu messen, wenn man annimmt, dass ein Teil der Stirnbefiederung durch Defekt fehlt und die Firste nicht soweit reicht, als es den Anschein hat. Salvadori giebt die Länge des Schnabels auf 1,9—2,0 cm an, _ al 17. Myristieivora bicolor (Scop.) Columba bicolor Scopoli, Del. Flor. et Faun. Insubr. II p. 94 n. 97 (ex Sonnerat) 1786. Myristicivora bicolor Salvadori, Cat. Birds Brit. Mus. XXI p. 227. 1893. Ein Balg von ähnlicher Präparation, wahrscheinlich von Simalu, nach der Erinnerung des Herrn Derlien von der Atjih-Fahrt mitgebracht, vollständig mit Exemplaren des Braunschweiger Museums von Gross- Sanghir und Ceram übereinstimmend, welch’ letztere ich früher als mela- nura aufgeführt habe. 18. Columba grisea G. R. Gray. Carpophaga grisea G. R. Gray, List Birds Brit. Mus. Columbae p. 20. 1856. Columba grisea Salvadori, Cat. Birds Brit. Mus. XXI p. 248 Plate VIl. 1893. Ein Balg von ähnlicher Präparation wie die erwähnte Carpophaga consobrina, daher mit Wahrscheinlichkeit von Simalu, nach Angabe des Steuermanns, Herrn Derlien, von der Atjih-Fahrt stammend, was Simalu als Heimat einigermassen bestätigen würde. Der Balg ist fast vollständig mit der Beschreibung und Abbildung Salvadoris (l. e.) übereinstimmend. Es fällt nur als Verschiedenheit auf, dass die Basalhälfte des Schwanzes und die oberen und unteren Flügel- deckfedern sowie die benachbarten Federn des Hinterleibes und des Hinterrückens nicht grau, wie der übrige helle Teil des Gefieders, sondern fast weiss erscheinen. Der Schnabel erscheint etwas länger, die graue Befiederung der Stirn geht nach vorn schneppenartig bis zur vordersten Horn-Kuppe des Oberschnabels, ähnlich wie dies, allerdings mit bedeuten- der Verlängerung des Gefieders und Anschwellung der Schnabelbasis, bei Lopholaemus antarticus der Fall ist, oder auch ähnlich der Bildung bei Leueosareia picata (Lath) von Australien. Die Schnabelform hat im Übrigen und besonders im Profil viel Ähnlichkeit mit derjenigen von Columba laurivora Webb. und Berth. von den canarischen Inseln und ist jedenfalls sehr verschieden von der Schnabelform der in der Färbung an den vor- liegenden Balg etwas erinnernden Myristivora-Arten. Diese Art gehört bis jetzt zu den grössten Seltenheiten der Museen. Im Britischen Museum befindet sich z. B. nur das eine Exemplar von dem „Indischen Archipel“ ohne genauere Bezeichnung, welches als Typus der Art gedient hat. In anderen Museen finden sich sichere Exemplare von Borneo und Sumatra, welche Inseln wohl als Centrum der Ver- breitung aufgefasst werden können. Im Museum Heineanum wird auch Java als Heimat angegeben. Jedenfalls würde es nicht auffallend sein, wenn die Art auch auf der nahe bei Sumatra liegenden Insel Simalu vorkäme. Die Masse sind folgende: IDEE Long. tot. ca. 38,0; Ala 24,0; Cauda 15,3; Culmen 1,4; Rictus 3,5; Tarsus ca. 2,8 cm. Diese Masse stimmen genügend gut mit den von Salvadori ange- gebenen Massen überein; der Schwanz ist nur wenige Millimeter bei dem Storm’schen Balge grösser. 19. Caloenas nicobarica (Linn.) Columba nicobarica Linne, Syst. Nat. I p. 283 Nr. 27. 1766. Caloenas nicobarica Salvadori, Cat. Birds Brit. Mus. XXI p. 615. 1893. Zwei Bälge in weniger guter Präparation: a ad. mit weissem Schwanze, wegen der geringen Grösse und der kürzeren Kragenfedern vermutlich als 9 anzusprechen und b juv. mit grünlich-schwarzem Schwanze und ohne merkliche Verlängerung der Kragenfedern, beide wahrscheinlich von Simalu, nach der Erinnerung des Steuermanns, Herın Derlien, von der Atjih-Fahrt mitgebracht. Nach der weiten Verbreitung dieser Art zu- meist auf den kleinen Inseln des malayischen Archipels ist das Vor- kommen auf Simalu an und für sich wahrscheinlich. 20. Gallus varius (Shaw & Nodd.) Phasianus varius Shaw & Nodder, Viv. Nat. or Nat. Misc. X pl. 353 [text] (24 Bände: 1790—1813.) Gallus varius W. R. Ogilvie Grant, Cat. Birds Brit. Mus. XXII. p. 352. 1893. Zwei Bälge (a und b) von der „Java-See,“ im Wesentlichen im weib- lichen Kleide, wohl aber als junge Männchen anzusprechen. Der Sporn ist noch gar nicht entwickelt, vielmehr nur durch eine grössere gewölbte Hornplatte angedeutet, die ca. 1 cm über der Hinterzehe liegt, wie Vorder- man solche für das Weibehen genau beschrieben hat (Nat. Tidschr. v. Ned. Indi& 44 S. 232, 1885). Dabei zeigen sich an verschiedenen Stellen die für das männliche Kleid charakteristischen Federn, z. B. die metallisch grün glänzenden Federn mit dunklem Rande am Halse, Nacken und Vorderrücken, die glänzend goldgelb gerandeten verlängerten Federn an den Flügeldecken, die auf 15 cm bezw. 17,3 cm verlängerten Schwanz- federn u. s. w. — Der eine Balg (a) ist in diesem Gefiederwechsel schon etwas weiter vorgeschritten, als der andere (b). Die Art ist auf Java, Lombock, Flores, Kangean und unsicherem Vernehmen nach auch bei Singapore, gefunden. Es ist danach wahr- scheinlich, dass die beiden vorliegenden Bälge von Surabaja (Java) stammen. 21. Orthorhamphus magnirostris (Geoffr.) Oedienemus magnirostris Geoffroy, in Vieill. Nouv. Diet. XXIII p. 231 pl. G. 39 £. 1. 1818. Orthorhamphus magnirostris Salvadori, Ornitologia della Papuasia etc. III p. 290. 1882. Ein Exemplar von den „Sunda-Inseln“, von beträchtlicher Grösse. Die Art ist weit verbreitet, z. B. seit längerer Zeit auf Sumatra, Bangka, 143 Java und Celebes beobachtet. Das Vorkommen auf Borneo und Pala- wan ist neuerdings von Everett und Whitehead nachgewiesen. Das Stück zeigt in einigen Massen, z. B. denen des Schwanzes, des Schnabels und des Tarsus etwas bedeutendere Dimensionen, als sie von Salvadori an- gegeben werden. Die Masse sind folgende: Long. tot. ca. 57,0; Ala 26,2; Cauda 11,3; Culmen 7,0; Rietus 8,4; Tarsus 9,3 cm. 22. Ardea sumatrana Raffl. Ardea sumatrana Raffles, Aves Sumatra, Transact. Linn. Soc. XIII p. 325. 1822. . Salvadori, Ornitologia della Papuasia ete. III p. 340. 1882. Ein Balg von den „Sunda-Inseln“ mit verlängerten Hals- und Hauben- federn, das Gefieder mehr aschgrau, als gewöhnlich. Die Füsse sind relativ gross. Die Masse sind folgende: Long. tot. ca. 97,0; Ala 45,0; Cauda 17,0; Culmen 16,0; Rictus 19,2; Tarsus 16,8 cm. Die Art ist weit verbreitet, von Indien bis Neu-Holland, und kommt z. B. auch in Malakka, Sumatra, Timor, Flores, Borneo, Palawan und Celebes vor. 23. Nettopus coromandelianus (Gmel.) Anas coromandeliana Gmelin, Syst. Nat. I. 2 p. 522 Nr. 90. 1788. Nettopus coromandelianus Salvadori, Cat. Birds Brit. Mus. XXVII p. 68. 1895. Ein Balg, der durch roten Farbstoff an Hals und Brust, sowie durch weisse Farbe am Kopfe etwas verunreinigt ist, aus dem Jahre 1895, ent- weder von Pontianak (Borneo) oder Singapore. Er ist zusammen mit einem Balge von Oymborhynchus macrochynchus eingesendet, bei welchem die Art der weissen Zeichnung der Schwanzfedern auf den Ursprung aus Borneo schliessen liess, und er soll von derselben Stelle sein. So ist denn auch wahrscheinlich, dass dieser Entenbalg von Pontianak stammt. Er stimmt fast genau mit einem von Fr. Grabowsky am Danau Bangkau bei Kendangan in Süd-Ost-Borneo gesammelten und als & bezeichneten Balge des Braunschweiger Museums überein. Übrigens kommt die Art auch in Malakka vor. Nachträglich ist durch den Steuermann, Herrn Derlien, aus der Erinnerung bestätigt, dass die Ente von Pontianak (West-Borneo) stammt. 24. Sula leucogastra (Bodd.) Pelecanus leucogaster Boddaert, Tabl. Pl. Enl. p. 57 (ex Pl. Enl. 973). 1783. Sula leucogastra Salvadori, Ornitologia della Papuasia etc. III p. 421. 1882. Ein Exemplar von der „Java-See,“ von verhältnismässig geringer Grösse der Flügel und des Schwanzes. Die Art ist sehr weit verbreitet und ist z. B. auch in Sumatra, Borneo und Malakka nachgewiesen. Das 144 vorliegende Exemplar kann, wenn es nicht auf dem Meere erbeutet ist, sehr wohl von der Barito-Mündung vor Banjermassin (Borneo) stammen. Die Masse sind folgende: Long. tot. 70,0; Ala 38,0; Cauda > 15,5; Culmen 9,6; Rietus 11,83; Tarsus 4,2 em. 25. Sterna anaestheta Scop. Sterna anaestheta Scopoli, Del. Faun. et Flor. Ins. I p. 92 Nr. 72 (ex Sonnerat) 1786. 5 Howard Saunders, Cat. Birds Brit. Mus. XXV p. 101. 1896. Ein Balg a im ausgefärbten Brut-Kleide von den „Sunda-Inseln“ und zwei Bälge b und e im noch nicht ausgefärbten jüngeren Kleide von der „Java-See.“ Letztere Stücke sind nach der Erinnerung des Steuer- manns, Herrn Derlien, auf der Java-See zwischen Singapore und Bulangan (Ost-Borneo) erbeutet. Der Balg a ist in der Färbung durchaus einem von Platen auf Gross-Sanghir gesammelten männlichen Exemplare dieser Art im Braun- schweiger Museum ähnlich, das ich früher ausführlich unter dem Namen Onychoprion anaesthetus beschrieben und als eine besonders grosse Form dieser Art bezeichnet habe, „die vielleicht verdient, mit einem besonderen Namen benannt zu werden“ (Ornis IV 1888, p. 634/6). Bei dem vor- liegenden in der Zeichnung, Färbung und Gestalt die deutlichen Kenn- zeichen von St. anaestheta tragenden Balge sind Schnabel und Füsse zierlicher gebaut, ähnlich wie bei dem gestopften Exemplare unbekannter Herkunft im Braunschweiger Museum. Von den beiden noch nicht aus- gefärbten Storm'schen Bälgen hat b einen ähnlich zierlichen Schnabel, während bei c derselbe dicker und länger erscheint, gewissermassen die Brücke zu dem Balge von Gross-Sanghir bildend. Letztere beiden Stücke von der „Java-See“ zeigen die weisse Färbung der Kopfplatte und der Zügel ähnlich, wie Howard Saunders die Färbung des Winterkleides be- schreibt, dabei aber an den Rücken und Flügeln die Kennzeichen des unausgebildeten Kleides (immature), wie es ebenda beschrieben wird. Die wichtigsten Masse sind: Long. tot. Ala Cauda Culmen Rictus Tarsus a. 39,6 27,3 19,3 4,1 4,8 2,2 cm . b. 36,0 26,3 14,4 3,75 4,3 DA OEE c. 37,6 > 15,4 4,25 5,0 Dt (abgenutzt) Die Art ist weit verbreitet und z. B. in Singapore, Sumatra, Borneo, Java, Celebes etc. beobachtet. 26. Sterna bergi Licht. Sterna bergii Lichtenstein, Verz. Doubl. p. 80. 1823. , Howard Saunders, Cat. Birds Brit. Mus. XXV p. 101. 1896. Ein Balg von der „Java-See,‘“ nach der Erinnerung des Steuermanns, Herrn Derlien, zwischen Singapore und Bulangan (Ost-Borneo) erbeutet, fast genau übereinstimmend mit eimem gestopften Exemplare des Braun- schweiger Museums aus Java; es zeigt die Schwungfedern an der Aussen- fahne von silbergrauer Färbung (ähnlich auch bei einem von Platen ge- sammelten Balge von Palawan) und die Färbung der dunklen Kopfplatte im Übergange aus dem dunkelbraun und weissgefleckten Zustande des Winterkleides in die tiefschwarze Färbung des Brutkleides, die schon in einigen nachwachsenden Federn angedeutet ist. Die Art ist sehr weit verbreitet und z. B. auf Sumatra, Java, Labuan, Celebes etc. gefunden. Die Masse sind folgende: Long tot. 42,5; Ala 30,0; Cauda 12,4; Culmen 5,8; Rictus 74; Tarsus 3,0 cm. 27. Micranous leucocapillus (Gould) Anous leucocapillus Gould, Proc. Zool. Soc. 1845 p. 103. Micranous leucocapillus Howard Saunders, Cat. Birds Brit. Mus. XXV p. 145. 1896. Ein Exemplar von der „Java-See,“ August 1892, nach der Erinnerung des Steuermanns, Herrn Derlien, zwischen Singapore und Bulangan (Ost- Borneo) erbeutet, im ausgefärbten Brutkleide. Die Art ist weit verbreitet, und auch z. B. in Malakka, Borneo etc. beobachtet. Die Gattung Micra- nous hat Howard Saunders auf Grund des schlanken Schnabels und des Verhältnisses, dass jederseits die drittäusserste Schwanzfeder die längste ist, unterschieden {Ibis 1895, S. 276). Long. tot. 33,0; Ala 21,6, Cauda 10,3: Culmen 3,3; Rictus 4,15; Tarsus 2,05 cm. Die von Herrn Kapitän H. Storm eingesandten Vogel-Sammlungen bieten, wie sich aus den obigen Darlegungen ergiebt, viel für die Wissen- schaft Interessantes dar. Hoffentlich ist es mir möglich, demnächst über neue ornithologische Forschungen desselben zu berichten, bei denen dann im Interesse der Wissenschaft eine ganz genaue Bezeichnung der einzelnen gesammelten Stücke nach Ort, Zeit, Geschlecht u. s. w. erwünscht sein würde. Braunschweig, im April 1896. 10 Bemerkungen über das dpitz-Krokodil von Borneo, Tomistoma Sehlegelii ($. Müll.) von Dr. Heinr. Lenz. Im Jahre 1890 erhielt das hiesige Naturhistorische Museum von Herrn Kapitän H. Storm den Balg eines Krokodils aus dem Asahan- Flusse auf Sumatra (Ostküste, etwas südöstlich von Deli), das sich als Tomistoma Schlegelii (S. Müll.) herausstellte. Später ist diese Art, welche bis dahin nur von Borneo bekannt war, von anderer Seite ebenfalls für Sumatra nachgewiesen und sogar lebend in einem kleinen Exemplar nach Amsterdam gebracht worden (vgl. Weber, Zoolog. Ergeb- nisse einer Reise in Niederl. Ost-Indien, Bd. I, p. 176). Das von Herrn Kapitän Storm gesandte Tier misst 2,70 m, von denen 0,52 m auf den Kopf kommen. Die Schnauze ist ausserordentlich schmal, in der Mitte nur 4 cm breit und erinnert ganz an Gavialis gangeticus (Gm.), nur, dass sie bei dieser Art verhältnismässig länger ist. Die Zähne sind schmächtig und sehr spitz; die obere Reihe misst 39 cm, die untere 32 cm Länge. Die Stirnplatte ist ganz glatt, die Parietalschilder klein, unregelmässig und beiderseits 7 oder 8 in je drei Reihen gestellt. Die Rückenplatten sind bereits sehr kräftig; die grössten messen 61» cm Länge und 4 cm Breite Die aufrechten Kämme auf den äusseren Schwanzplatten nehmen nach hinten bedeutend an Höhe zu, vereinigen sich 47 cm vor dem Ende und erreichen hier ihre grösste Höhe von 6 cm, bei 3'’g cm Breite. Weit mächtiger ist ein zweites Exemplar, welches unser Museum ebenfalls Herrn Kapitän Storm verdankt; es ward 1894 im Kapuak-Flusse, etwas oberhalb Pontianak in West-Borneo mit der Angel gelangen und misst 5,10 m. Bei einem Vergleich mit dem soeben beschriebenen Exemplar fällt am meisten die grosse Verbreiterung der Schnauze auf, so dass man zu- nächst auf den Gedanken kommt, eine andere Art vor sich zu haben. Die Länge des Kopfes beträgt 83 cm, die Breite der Schnauze in der Mitte 131, cm. Die Stirnplatte ist ziemlich glatt. Die Parietalschilder sind ausserordentlich klein, namentlich die äusseren, so dass ihre Stellung in drei Reihen nur noch schwer erkennbar ist; die inneren sind etwas grösser und 10 cm von einander entfernt. Die Nuchalschilder sind sehr breit, die Entfernung der Kämme auf dem ersten Paar derselben beträgt 18SY» cm. Die Länge der grössten Rückenschilder beträgt 11 em, bei 7!» cm Breite. Die Kämme auf der äusseren Reihe der Schwanzschilder nehmen bei dem zweiten Viertel an Höhe zu bis 10 cm, bei 9 em unterer Breite; am 20. Ringe — 1,07 m vom Ende vereinigen sich die zwei Kämme zu einem, der etwa dieselbe Höhe behält und erst ganz gegen das Ende niedriger wird. Die hinteren Extremitäten haben eine Länge von 76 cm, die vorderen von 53 cm. Die Unterschenkel der hinteren Extremitäten sind am Hinter- rande mit einem kräftigen Hornkamm versehen, dessen grösste Schuppe 5 cm lang und 3 cm hoch ist; Oberschenkel und Fuss sind ohne Kamm; ebenso ist bei den Vorderbeinen nur am Unterarm eine Andeutung eines Kammes bemerkbar. Die hinteren Zehen 3 und 4 sind durch eine Haut verbunden Masse in m: 1l, 2: 3. 4. 1. Ganze Länge des Tieres . . . 2270 5,10 — 2. Länge des Kopfes von der Schnanzen spitze bis zur Hinterkante der Stirn- platte 00:52 0,83 Oas 0477 0V637 201733 3. Grösste Breite ae Kalten 1021 0,43 0,36 0,19. 0,27. 0,39. 4. Grösste Breite der Schnauze neben demso WZ ahnen 0030 0,09 5. Kleinste Breite der Schnauze neben dem 4. Zahn . . . 08277, 0,08 0,06 6. Breite der Schnauze unter den NA j löchern . . 2 20.010452 W0mo5n, Olosmıı) 7. Von der Senna renenitze Die zur | vorderen Orbitalecke . . . 0,42 0,62 0,58 | 0,34. 0,465. 0,525 8. Von der vorderen Örbitalecke IB zur Hinterkante der Stirnplatte . . . | 0,12 0,21 0,19 9. Breite der Schnauze in der Gegend der vorderen Orbitalecke . . . .| O1ı 0,24 0,18 10. Dieselbe über die Wölbung gemessen | 0,17 0,35 | 0,26 NRelängerders Orbita ae 0,09 0,09 IP BBreitexder20rbitan 2 070350005 0,055 13. Interorbitalbreite. . . . . . . .| 0.026 | 0,055 | 0,045 14. Grösste Höhe des Kopfes. . . . .| 014 | 0,30 | 0,2 15 Länge der Zalmreihe oben . . . . | 0,39 0,59 0,56 0,33. 0,47. 0,49. 10* 16. Länge der Zahnreihe unten . | 17. Länge des Unterkiefers . . . . .120,59 |?0,93 0,91 18. Länge der Unterkiefersymphyse 6 | 20,32 — 0,40 19. Länge des Schwanzes, vom Hinter- | | rande der Hinterbeine an gemessen | 1,28 2,53 —_ Spalte 1. Masse des kleineren Exemplars von Asahan (Sumatra) (Mus. Nr. 188). E 2. Masse des grossen Exemplars von Pontianak (W-Borneo) (Mus. Nr. 188»). » 3. Masse eines Schädels von Pontianak (Mus. Nr. 28). ® 4. Masse einiger Schädel des Leidener Museums; gütigst mitgeteilt von Herrn Direktor Dr. F. A. Jentink. Über den Fang des grossen Tieres aus dem Kapuak-Flusse bei Pontianak berichtet Herr Kapitän Storm Folgendes: „Wir fuhren am Himmelfahrtstage (den 11. Mai 1893) mit unserem Dampfer langsam den Fluss (Kapuak) hinab, als wir einen grossen Auf- lauf von Eingeborenen am Ufer bemerkten. Ich liess das Schiff der Stelle zusteuern und konnten wir nun bald den Ruf vernehmen: Boyer- bessar, d. h. grosses Krokodil. Bald sahen wir, wie ein gewaltiges Tier das Wasser peitschte. Das riesige Krokodil hatte die Angel*) mit einem toten Affen als Köder verschluckt und bemühte sich nun, wieder frei zu kommen; wobei die auf den Bäumen und in den Prauen sitzenden Malayen ihm von allen Seiten Rotangschlingen über den Kopf warfen, bis dasselbe gefesselt war. Alsdann ging ein Wagehals hin, schnürte dem Krokodil noch extra das Maul zu und band ihm die Beine auf den Rücken. Jetzt lösten die Leute die Baumschlingen und unter ungeheurem Lärm und Jauchzen, einige Übermütige setzten sich rittlings auf den Rücken des Krokodils, wurde das gewaltige Tier nach dem Schiffe bugsiert, wo es nach sechs Stunden starb.“ Erklärung der Abbildungen. Fig. 1. Kopf des kleineren, 2,70 m langen Exemplars von Asahan (Sumatra) Nr. 188 von oben. 2. Derselbe von der Seite. :» 3. Kopf des grossen 5,10 m langen Exemplars von Pontianak (W-Borneo) Nr. 188b von der Seite. - 4. Derselbe von oben. =) Dieselbe ist im Museum neben dem Tier ausgelegt und besteht aus einer scharf S-förmig gebogenen spitzen, etwa 1 cm dicken, vierkantigen Eisenstange, welche an einem geflochtenen Rotangstrick befestigt ist. Re hast a ad Jahresberichte. Bericht der Geographischen Gesellschaft über das Jahr 1894. In den sieben Hauptversammlungen des Jahres 1894 wurden folgende Vorträge gehalten: am 19. Januar: Dr. phil. Zillich: Auf dem Jenissei. Nach Briefen eines Lübeckers; Dr. phil. Lenz: Das Sargassomeer; am 23. Februar: Prof. Sartori: Muselmännisches Leben; am 16. März: Oberstleutnant a. D. Röhr: Mitteilungen über Neapel, Alexandrien und Kairo. Aus Briefen; Oberlehrer Dr. Schaper: Über die Hochflut am 19. Februar 1894; derselbe: Über die Insel Bornholm, namentlich über die anormalen magnetischen Erscheinungen auf derselben; am 20. April: B. Peters: Über die Sträflingskolonie in Französisch- Guyana; Prof. Sartori: Über Kairo als klimatischen Kurort und das Gesellschaftsleben daselbst; anı 26. Oktober: Oberlehrer Dr. Schaper: Über die Störungen in der erdmagnetischen Station durch die elektrische Strassenbahn; am 30. November: Dr. phil. Lenz: Tiersagen der nordamerikanischen Indianer; Major z. D. v. Koschitzky: Vorlegung und Erläuterung einer Anzahl von ethnographischen Gegenständen aus dem Bismarck- Archipel und Malakka, welche dem Museum für Völkerkunde an- gehören; am 14. Dezember: Herm. Linde: Reisebriefe aus Ostindien; Öberlehrer Dr. Schaper: Vorlegung und Erläuterung von Wolkenbildern. Die letzten drei Versammlungen leitete Oberlehrer Dr. Schaper, welcher während der längeren Erkrankung des Vorsitzenden sämtliche diesem obliegende Thätigkeiten freundlichst übernommen hatte. Auch in 150 allen Versammlungen dieses Jahres fehlte es nicht an Schriften, Karten und ethnographischen Gegenständen, welche zur Ansicht vorgelegt werden konnten. Solche wurden der Gesellschaft auch von den Herren Senator Dr. Klügmann, Konsul Krohn und Konsul Michelsen in Lübeck, Kapitän Jäger in Hamburg, Dr. Rich. Kiepert in Berlin, von Oppenheim und Rud. Mayr in Wien und Prof. H. Ave-Lallemant in San Luis (Argen- tinien) zum Geschenke überwiesen, wofür hier der wärmste Dank aus- gesprochen wird. Ein Schriftenaustausch ist mit folgenden Lehranstalten, Instituten und Gesellschaften eingeleitet worden: Schweizerische Naturforschende Gesellschaft in Bern, Naturforschende Gesellschaft in Bem, Universität in Chicago, L’Oriente in Neapel, Geographical-Club in Veracruz und Edinburg, Royal Society. Ausserdem hat die Gesellschaft die Mitgliedschaft des Deutsch-Öster- reichischen Alpenvereins erworben, wodurch ausser der Zeitschrift des Vereins allen ihren Mitgliedern der freie Zutritt zu den Versammlungen der hiesigen Abteilung geöffnet ist. Die von den befreundeten Gesellschaften eingesendeten Drucksachen werden im Lesezimmer des Hauses der Gem. Gesellschaft ausgelegt und kommen dann bei den Mitgliedern des Lesezirkels in Umlauf. Ein Heft der Mitteilungen ist im Laufe des Jahres nicht heraus- gegeben; es war aber am Schlusse des Jahres soweit vorbereitet, dass es im folgenden Januarmonate erscheinen konnte. Die Verzögerung wurde ausser anderen Gründen namentlich durch den reichen, eine grössere Anzahl von Abbildungen umfassenden Stoff herbeigeführt. Zur Her- stellung der letzteren bewilligte die Ges. z. Bef. gem. T'hät. einen ausser- ordentlichen Zuschuss von A 300. Zu der Errichtung eines Aussichtsplatzes auf dem höchsten Punkte des Lübeckischen Staatsgebietes, bei Utecht am Ostufer des Ratzeburger Sees, hat die Gesellschaft einen Beitrag bewillist. Der Aussichtsplatz ist hergerichtet und dem Publikum zur Verfügung gestellt. Aus der Mitgliedschaft der Gesellschaft schieden durch den Tod der Kaufmann F. ©. A. Ehlers, sowie die Kaufleute H. Schultz und Schicke- danz und durch Austritt Landrichter Brodmann. Dagegen sind wieder eingetreten Dampfschiffskapitän Ohlsen, die Kaufleute Brüggen und Boy, Fabrikant Wengenroth, Werftdirektor Brinckmann, Amtsrichter a. D. Wodick, Landrichter Dr. jur. Neumann und Rentner Pfuhl. Die Gesamt- 151 zahl der Mitglieder betrug am Schlusse des Jahres 131, hatte also um vier zugenommen. Aus dem Vorstande traten satzungsgemäss Professor Sartori und Oberlehrer Dr. Hausberg. Ersterer wurde wiedergewählt, für letzteren trat Oberlehrer Dr. Freund ein. Dieser übernahm die Schrift- führung und Oberlehrer Dr. Schaper die Stellvertretung des Vorsitzenden. Auch im verflossenen Jahre sind die Herrenabende an den Freitagen ohne wesentliche Unterbrechung abgehalten worden und haben eine leb- hatte Beteiligung gefunden. Von den Ausschüssen haben derjenige für die Herausgabe einer Lübeckischen Landeskunde, sowie der für Handelsgeographie und Kolonial- wesen eine besondere Thätigkeit nicht zu üben gehabt. Dagegen wurde die erdmagnetische Station im verflossenen Jahre leider in ihren Arbeiten durch den Betrieb der elektrischen Strassenbahn gegen alle Erwartung derartig gestört, dass während des Tages keine Beobachtungen von Wert gewonnen werden konnten. Anfangs wurde versucht, den Dienst zwischen abends 11 Uhr und morgens 6 Uhr fortzusetzen. Die hieraus erwach- sende Arbeitslast erwies sich indes so gross, dass seit dem Herbste diese nächtlichen Beobachtungen nur bei besonderen Veranlassungen angestellt wurden. Bei dieser Sachlage erschien es wünschenswert, zunächst mit Hilfe eigens dazu angefertigter Galvanometer an verschiedenen Punkten neben der Linie der Strassenbahn Untersuchungen anzustellen, um die Gesetze und die Tragweite des störenden Einflusses der Bahn zu er- kennen. Über die vorläufigen Resultate dieser Untersuchung ist der Geographischen Gesellschaft in der Novemberversammlung Bericht er- stattet worden. Im Juli wurden auf den Inseln an der Ost- und West- küste Schleswigs erdmagnetische Beobachtungen angestellt und damit die Vermessung dieser Provinz zu einem Abschlusse gebracht. Im Oktober wurden die Angaben unseres Reiseinstrumentes mit denen der Instrumente des dänischen Observatoriums verglichen, um einen sicheren Anschluss unserer Beobachtungen mit dem dänischen Beobachtungsnetze zu ermög- lichen. "Trotz der misslichen Lage, im welcher sich die Station befindet, konnte über eine eventuelle Verlegung nech kein Beschluss gefasst werden, weil der Sektion bisher seitens der Kanalbehörde keine amtliche Nachricht über die Umgestaltung der Wallanlagen, in denen sich unser Gebäude befindet, zugegangen ist, auch über die von der Strassenbahn innezuhaltende Entfernung noch kein sicheres Urteil abgegeben werden konnte. Die untreiwillige Musse ist insofern von Vorteil, als sie die Möglichkeit bietet, das in den letzten Jahren auf der Lübecker Station und auf den Reisen angesammelte Beobachtuugsmaterial rechnerisch zu verarbeiten und druckfertig zu machen. Die Vorsteherschaft des Museums für Völkerkunde berichtet, dass sich dasselbe erfreulich entwickelt habe und eine Vermehrung der Samm- lung um 314 Nummern aufweise. Dieselbe entstand teils durch Geschenke, teils durch planmässigen Ankauf zur Ausgestaltung einzelner Abteilungen. Für einen solchen Fall hat die Gesellschaft z. Bef. gem. Thätigkeit einen besonderen Zuschuss von # 500 gewährt. Der Kassenbericht wies eine Einnahme von # 1341,11 und eine Ausgabe von X 1288,86 auf. Die Vorsteherschaft ist im Jahre 1894 den Satzungen der Ges. zur Bef. gem. T'hätigkeit gemäss noch unverändert geblieben. Die von den hierzu von der Gesellschaft erwählten Herren H. Boy und H. Born geprüfte und unterschriebene Kassenrechnung schliesst mit einer Einnahme von 4/ 1406,85 (einschliesslich eines Saldos von M 90,17 aus dem Jahre 1893). Die Ausgabenseite weist einen Überschuss von A 675,12 auf, welcher wesentlich dadurch entstanden ist, dass im Jahre 1894 kein Heft der Mitteilungen herausgegeben wurde. Bericht der Geographischen Gesellschaft über das Jahr 1895. Im Jahre 1895 ist eine grössere Reihe von Versammlungen gehalten worden, als in früheren. Es fanden ausser einer Anzahl kleinerer Mit- teilungen folgende Vorträge statt: am 18. Januar: Professor Sartori: Über Montreux und den Genfer See; H. Linde: Briefe aus Indien; am 22. Februar: Major v. Koschitzky: Über Pfeilgitt; Herr Lindenberg: Fahrten auf dem Orinoko; Professor Sartori: Schilderungen von den Marquesas-Inseln; am 15. März: Professor Sartori: Kleinere Mitteilungen, betr. Sibirien, die Ostsee, das Zodiakallicht, die Indianer des Gran-Chaco; am 5. April: Oberlehrer Dr. Schaper: Über die Ziele und Zwecke der Vereinigung von Freunden der Astronomie und der kosmischen Physik; Professor Sartori: Pamir, Tschitral, Kafıristan; Oberlehrer Dr. Freund: Vorlegung und Erläuterung von Waffen aus der Bohndorfschen Sammlung im Museum für Völkerkunde; am 10. Mai: Dr. Lenz: Der aufrechte Gang bei Tieren und Menschen und der neue Affenmensch von Java; Professor Dr. Müller: Über Erdbeben; am 24. Mai: Major v. Koschitzky: Nancy; Oberlehrer Dr. Schaper: Bericht über den deutschen Geographen- tag in Bremen; am 11. Juni: Bericht des anwesenden früheren Direktors der Stern- warte in Peking Dr. Fritsche aus Petersburg über seine fünf Reisen zwischen Petersburg und Peking; am 18. und 25. Oktober: Oberlehrer Dr. Bäthcke: Reise nach dem Orient; amı 15. November: Professor Sartori: Die Republik San Marino; derselbe: Die Gauchos in Argentinien; am 22. November: Herr Baba Bar Ischaja aus Täbris: Armenien und Persien; am 19. Dezember: Oberlehrer Dr. Freund: Madagaskar; Dr. Lenz: Die Tierwelt Madagaskars und ihre geographischen Beziehungen. Zu der Versammlung am 22. November waren die Mitglieder der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Thätigkeit eingeladen, zu der am 11. Juni diejenigen des Herrenabends derselben. Zur Ausstellung gelangte eine bedeutende Zahl von Gegenständen aus dem Naturhisto- rischen Museum und dem Museum für Völkerkunde, ferner Karten, Atlanten, Reise- und Geographische Werke, sowie Photographien. Unter letzteren sind besonders die von Herrn Oberlehrer Dr. Bäthcke vorge- zeigten zu erwähnen, ferner ein von Herrn Weidmann entworfener farbiger Karton von mehr als 100 Typen der Bevölkerung von Ostafrika, welcher von demselben für die bevorstehende Kolonialausstellung in Berlin aus- geführt werden soll. An Geschenken sind eingegangen von: Herrn Konsul Michelsen, Argentinischem Konsul hierselbst: Nützliche Mitteilungen für Einwanderer in Argentinien, fünf Hefte in mehreren Exemplaren; demselben: Message du President de la Republique. Buenos Aires 1895. Herrn A. P. Lorenzen in Kiel: Litteraturbericht für Schleswig-Holstein, Hamburg und Lübeck Nr. 2 und 3; Herrn Professor Dr. Deecke in Greifswald seine Skizzen aus Norrland; demselben: Geologische Sagen und Legenden; Naturforscherverein in Riga: Festschrift zum 25jährigen Jubiläum; Herrn H. J. Sjögren: Bulletin of the Geological Institution of Upsala; der Deutschen Kolonialgesellschaft: Jahresbericht 1894; Herrn Otto Kunze in Leipzig seine Geogenetischen Beiträge. Leipzig 1895. Herrn Henri Moser in Schaffhausen: Bosnien und Herzegowina; Herrn Dr. Pablo Krüger ın Santiago (Chile): La Determinacion Astronö- mica de las Oordenadas Jeograficas en la Expedicion al Rio Palena. Santiago 1895. Herrn Rud. Fitzner: Observaciones hypsometricas y meteorologicas en la Expedicion al rio Palena; Herrn Prof. Dr. Palmen in Helsingfors seine Travaux Geographiques en Finlande; demselben: sein Referat über den Stand der Kenntnis des Vogelfluges; Herrn Rud. Fitzner: Die Regentschaft Tunis (Verfasser); Herın Paul Schreiber in Chemnitz: Über selbstregistrierende Regen- messer und Pegel; Herrn Elisee Reelus in Brüssel: Projet de Construction d'un Globe terrestre a l’Echelle du Cent-Millieme; den Geschäftsführern der Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte in Lübeck die Verhandlungen derselben; Herın G. C. Hahn: Stielers Atlas, grosse Ausgabe; Herın Kapitän Jäger: Grosse chinesische Ehrenflagge, demselben für die tettung von Schiffbrüchigen verliehen; Herrn Landrichter Schmedes: Cigarette aus Rangoon, birmanische und < chinesische Zeitungen. In den ersten Tagen des Jahres ist wiederum ein Doppelheft der Mitteilungen (7 und 8) herausgegeben. Dasselbe wurde von der Geo- graphischen Gesellschaft und dem Naturhistorischen Museum Herrn Senator Dr. Brehmer in Veranlassung seines 25jährigen Amtsjubiläums aus dankbarer Anerkennung seiner Mitwirkung bei ihren Arbeiten gewidmet. Durch den Tod wurde der Gesellschaft ein korrespondierendes Mit- olied, der durch seine Reisen in Ostafrika weitbekannte Herr Oskar Borchert entrissen; ferner Oberlehrer Dr. Timpe und die Kaufleute G. ©. Halın und H. Martens. Durch Austritt verlor sie die Herren E. J. A. Lütgens, von Schirach und Hillmann Dafür traten wieder ein die Kaul- leute J. H. Rehtwisch, G. Gofsmann und Konsul K. Scharff, Assessor Voigtel, Kunstgärtner K. G. Hartwig und Staatsanwalt Dr. Lienau. Aus dem Vorstande schied satzungsgemäss Senator Dr. Brehmer; zum Nachfolger wurde Herr Major v. Koschitzky erwählt. Die Kassen- prüfung übernahmen die Herren Born und Boy. In Schriftenaustausch trat unsere Gesellschaft infolge der an sie er- gangenen Aufforderung mit dem Naturwissenschaftlichen Verein in Osnabrück, ( » lem Naturhistorischen Verein in Bonn, der Niederrheinischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde in Bonn und dem Museum in Stavanger. 155 Die am Freitag Abende stattfindenden Herren-Abende erfreuten sich wiederum eines regelmässigen und lebhaften Besuches. Von auswärtigen Gästen ist Herr Professor Dr. Palmen von Helsingfors zu nennen, sowie Herr Derlien, welcher über seinen Aufenthalt in Kaiser Wilhelms:Land anziehende Mitteilungen machte Am Freitag den 20. September fand sich eine Anzahl von Geographen, welche in Veranlassung der Versamm- lung Deutscher Naturforscher und Ärzte in Lübeck anwesend waren, auf eine an dieselbe gerichtete Einladung ein. Diese genannte Versammlung ist für unsere Gesellschaft wohl das wichtigste Ereignis dieses Jahres gewesen. An ihr beteiligte sich eine grosse Zahl unserer Mitglieder. Für die Sektion Erdkunde waren Professor Sartori als Einführender und Kommerzienrat Scharft als Schriftführer bestimmt. Von den Vor- trägen sind als geographische und ethnologische zu nennen: Über die Ostsee und ihre Entstehung. Professor Rud. Credner-Greifswald; Über das Klima Ostasiens in seinen weltwirtschaftlichen und sanitären Beziehungen. Wilh. Krebs-Dresden. Der Jakobsstab als Hauptinstrument der geographischen Ortsbestim- mung in früherer Zeit. Professor Günther-München. Die aristotelischen Beweise für die Erdkrümmung. Derselbe. Die Sitte des Bauopfers. Oberlehrer Sartori-Dortmund. Bedeutung, Umfang und Behandlungsweise der Maskenkunde. L. V. Frobenius-Dresden. Im April fand in Bremen der Deutsche Geographentag, verbunden mit dem 25jährigen Jubiläum der dortigen Geographischen Gesellschaft statt. — Unsererseits überbrachte Oberlehrer Dr. Schaper eine Glückwunsch- Adresse, welche von der Bremer Gesellschaft mit einem Dankschreiben erwidert ist. Der Gesellschaft wurde der Entwurf für die neuen Satzungen der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Thätigkeit zur Begutachtung vorgelegt. Derselbe fand keinen Widerspruch. Der Bericht der Vorsteherschaft des Museums für Völkerkunde weist mit Befriedigung darauf hin, dass die Sammlung im Jahre 1895 wieder durch Geschenke und Erwerbungen erfreulich vermehrt worden ist. Be- sonders wichtig ist, dass sie auch im Kreise der Ethnologen sich wachsen- der Beachtung erfreut und bei ethnographischen Fachstudien benutzt worden ist. In die Vorsteherschaft trat an der Stelle des Herrn Ober- lehrer Dr. Hausberg Herr Konrad Weidmann ein. Der Beitrag der Ge- sellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Thätigkeit wurde für das Jahr 1896 auf # 1200 erhöht, Die Erdmagnetische Station hat in einem durch den Strassenbahn- verkehr beschränkten Umfange ihre Beobachtungen wieder aufgenommen. Die Pläne für einen Neubau sind gelegentlich der Naturforscher-V ersamm- lung mit den Fachleuten durchberaten. Die Geographische Gesellschaft ist veranlasst, eine Eingabe an die Kanalbaubehörde zu richten, zwecks Gewährung der Mittel für diesen Neubau. Da die Arbeiten am Elbe- 'Trave-Kanal demnächst bereits ihren Anfang nehmen, so ist zu hoffen, dass bis dahin der Sektion für die erdmagnetischen Beobachtungen ein Neubau für das ihr Entrissene gewährt ist. Die von den Revisoren geprüfte und genehmigte Kassenrechnung weist mit Inbegriff eines Saldos von A 675,12 eine Einnahme von I 1795,95 auf. Die Ausgabe betrug AM 1412,42, sodass ein Saldo von At 5383,55 verblieb. Bericht der erdmagnetischen Station für 1894. Die erdmagnetische Station wurde leider im verflossenen Jahre in ihren Arbeiten durch den Betrieb der elektrischen Strassenbahn gegen alle Erwartung derartig gestört, dass während des Tages keine Beobach- tungen von Wert gewonnen werden konnten. Anfangs wurde versucht, den Dienst zwischen abends 11 Uhr und morgens 6 Uhr fortzusetzen; die hieraus erwachsende Arbeitslast erwies sich indes so gross, dass seit dem Herbste diese nächtlichen Beobach- tungen nur bei besonderen Veranlassungen angestellt wurden. Bei dieser Sachlage erschien es wünschenswert, zunächst mit Hülfe eigens dazu angefertigter Galvanometer an verschiedenen Punkten neben der Linie der Strassenbahn Untersuchungen anzustellen, um die Gesetze und die Tragweite des störenden Einflusses der Bahn zu erkennen. Über die vorläufigen Resultate dieser Untersuchung ist der geographischen Gesellschaft in der Novemberversammlung Bericht erstattet worden. Im Juli wurden auf den Inseln an der Ost- und Westküste Schles- wigs erdmagnetische Beobachtungen angestellt und damit die Vermessung dieser Provinz zu einem Abschlusse gebracht. Im Oktober wurden die Angaben unseres Reiseinstrumentes in Kopenhagen mit denen der Instrumente des dänischen Observatoriums verglichen, um einen sicheren Anschluss unserer Beobachtungen in Schleswig mit dem dänischen Beobachtungsnetze zu ermöglichen. Trotz der misslichen Lage, in der sich die Station befindet, konnte über eine eventuelle Verlegung noch kein Beschluss gefasst werden, weil 157 der Sektion seitens der Kanalbehörde bisher keine amtliche Nachricht über die Umgestaltung der Wallanlagen, in denen sich unser Gebäude befindet, zugegangen ist, auch über die von der Strassenbahn innezu- haltende Entfernung noch kein sicheres Urteil abgegeben werden konnte. Die unfreiwillige Musse ist in sofern von Vorteil, als sie die Möglich- keit bietet, das in den letzten Jahren auf der Lübecker Station und auf den Reisen angesammelte Beobachtungsmaterial rechnerisch zu verarbeiten und druckfertig zu machen. Bericht des Ausschusses für die erdmagnetische Station über das Jahr 1895. Wegen der schon im vorigen Jahresberichte erörterten Störungen durch die elektrische Strassenbahn sind die magnetischen Beobachtungen während der ersten sieben Monate des Jahres 1895 unterblieben. Seit September sind aber die Morgenbeobachtungen, welche allein durch die Strassenbahn nicht beeinflusst werden, wieder aufgenommen worden, weil die Fachleute dies gelegentlich der Naturforscher- Versamm- lung als wünschenswert bezeichneten. Die Berechnung der Beobachtungen hat erst gegen das Ende des Jahres erheblich gefördert werden können, weil die Vorarbeiten für die Naturforscher-Versammlung die Arbeitskräfte in Anspruch nahmen. Demnächst werden einige Jahrgänge von Beobachtungen zur Ver- öffentlichung gelangen. Die Untersuchungen über die Einwirkung der elektrischen Strassen- bahn sind bearbeitet. Im Januar des Berichtsjahres sind die Resultate dem Königl. dänischen Observatorium auf dessen Ansuchen mitgeteilt, weil demselben eine gleiche Störung drohte. Herr Professor L. Weber hat ferner am 11. Juni 1895 in einer Sitzung des elektrotechnischen Vereins zu Berlin, in der die Frage der Störung wissenschaftlicher Institute durch elektrische Bahnen zur Dis- kussion stand, eine Arbeit über unsere Untersuchungen mitgeteilt. Seitens des genannten Vereins ist dieser Bericht in der Elektrotechnischen Zeit- schrift 1895 Heft 27 veröffentlicht worden. Gelegentlich der Naturforscher-Versammlung waren Fachleute aus Potsdam, Kiel, Hamburg, Wilhelmshaven, München, Utrecht, Pola und Kopenhagen hier anwesend, welche auch unsere Station mehrfach be- suchten. Die Ziele unseres und anderer Neubaue wurden mehrfach in den nicht veröffentlichten Fachkonferenzen erörtert und die instrumentelle Ausrüstung moderner magnetischer Observatorien wurde besprochen. Für einen Neubau unserer Station ist vom Vorstande des Aus- schusses das Areal der Zentralarmendeputation an der Ratzeburger Allee neben Nr. 47 in Aussicht genommen. Es ist auch bereits ein Plan für den Neubau eines unter- und oberirdischen Observatoriums ausgearbeitet worden; auch sind Schritte gethan, uns von der Kanalbaubehörde einen Beitrag zu den Kosten der neuen Station auszuwirken. Die anliegende Jahresabrechnung weist eime Einnahme von ‚N 1424,44 auf. Diese setzt sich zusammen aus einem Saldo von 1894 im Betrage von 608,04, einem Beitrage der Handelskammer von X 400, einem gleichen Beitrage aus der Stadtkasse und aus .W# 16,40 Zinsen. Da sich die Ausgaben nur auf # 89,35 belaufen, so gehen wir in das neue Jahr mit einem Saldo von # 1335,09, der für die geplante Anschaffung selbstregistrierender Instrumente aufgespart worden ist. Bericht des Museums für Völkerkunde über das Jahr 1894. Das Museum für Völkerkunde hat sich im Jahre 1894 in erfreu- licher Weise entwickelt. Der Katalog weist eine Vermehrung der Samm- lung um 314 Nummern nach. Zunächst hat die Vorsteherschaft die angenehme Pflicht zalılreichen alten Freunden und neu hinzugekommenen Gönnern für eine stattliche Reihe von wertvollen Geschenken, die 96 Nummern des angefügten Re- gisters der Neuerwerbungen füllen, den besten Dank auszusprechen. Durch eine Sendung für die Abteilung Vorderindien erfreute uns Herr tevierförster F. Claudius-Behlendorf, durch eine wertvolle Waffensamm- lung aus Togo Herr J. Blöss.. Herr E. Günther-Sorata sorgte wieder für die Abteilung Südamerika durch Zusendung bolivianischen Thongeschirrs, für dieselbe Abteilung sandte uns Herr Rich. Petersen in Buenos-Aires durch den Vorsitzenden der Geographischen Gesellschaft, Herrn Professor A. Sartori, eine Sammlung aus Argentinien und Feuerland. Endlich er- hielten wir von Herrn Kapitän Michelsen aus Singapore sehr schöne malayische Waffen. Von den übrigen Geschenkgebern wurden besonders die Abteilungen China und Nordeuropa bedacht. Dann aber war die Vorsteherschaft durch die Erhöhung ihres Budgets, die ihr durch Beschluss der Gesellschaft zur Beförderung gemein- nütziger Thätigkeit gewährt worden ist, in der Lage, dem längst gehegten Wunsche einer planmässigen Ausgestaltung unseres Museums durch An- käufe näher zu treten. So konnte zuerst eine Gelegenheit benutzt werden, die Abteilung Östindien, die sich bisher auf wenige Gegenstände in einem Schaukasten beschränkte, durch Ankauf so zu vermehren, dass ihr ein neu beschaffter Schrank im Ostsaale zugewiesen werden musste. Ferner wurde durch die Vermittlung des Vorstehers des Hamburger Museums, Herrn ©. W. Lüders, der unsere Bestrebungen in dankenswerter Weise unterstützt, ein grosser Dajakenschild und eine Sammlung von Isorrotenwaffen aus Luzon angekauft. Endlich aber wurde der Vor- steherschaft auf ihre Bitte vom Vorstande der Gesellschaft zur Beförde- rung gemeinnütziger Thätigkeit ein besonderer Zuschuss von ./ 500 bewilligt, um eine reichhaltige Sammlung aus dem Bisinarckarchipel an- zukaufen, auf welche uns Herr Konsul Hernstein in Hamburg bei seinem Besuche unseres Museums aufmerksam gemacht hatte. Die wichtigsten Stücke dieser Sammlung und die von Herrn Kapitän Michelsen geschenkten malayischen Waffen legte Herr Major v. Koschitzky in der Sitzung der Geographischen Gesellschaft am 30. November vor. Die Erhaltung der Sammlung machte nur geringe Arbeit notwendig, da die bei der Einordnung derselben vorgenommene gründliche Revision und Desinfektion bis auf einen Fall, der rasch zu erledigen war, vollstän- dige Sicherheit gegen Motten geschaffen hat. Den mühevollen Katalogarbeiten hat sich auch in diesem Jahre Herı Major v. Koschitzky gewidmet, für die Bezettelung der Neuerwer- bungen hatten wir uns wieder der Unterstützung des Herrn Konservator G. Grupe zu erfreuen. Die Neuordnung des Versicherungskataloges ist von Dr. Freund in Angriff genommen Nach den Satzungen der Gesellschaft bestand auch in diesem Jahre noch die Vorsteherschaft aus denselben Mitgliedern, wie im vorigen. Den Vorsitz und die Vertretung im Museums-Verwaltungsausschuss führte Oberlehrer Dr. Freund. Der Kassenbericht schliesst bei einer Einnahme von X 1341,11 und einer Ausgabe von A 1288,36 mit einem Bestande von M 52,25. Erwerbungen und Geschenke. Von Herın Kapitän Jäger: Modell eines chinesischen Damenfusses. Von Herrn Förster Claudius-Behlendorf: Gegenstände, welche der Missionär 3ohn aus Banchichota Nagpore im nördlichen Ostindien mitbrachte, eine Götzenfigur aus Bronze, männlich, eine Götzenfigur aus Bronze, weiblich, eme Schnur Bronzeperlen, zwei Leuchter aus Zinn, drei Armreifen. Von Herrn Johannes Blösf: Sachen aus Gross-Popo, zwei eiserne Lanzen, ein Bogen, ein Köcher mit Pfeilen, zwei kleine Dolchmesser, ein grosses Dolchmesser, ein Fetisch von Holz, eine Perlenschnur. Von Herrn Konsul Faber-Lübeck: Meha de Tartago. Licht aus Riemus- hamoc. Angekauft von Frau Reimpell: Ein rundes T'heebrett, ein achteckiges T’hee- brett, ein Paar Kinderschuhe, ein Brieffalzer von Bronze, vier Kelche von Bronze, ein weissbronze Toilettebesteck für indische Damen, im Ganzen neun Gegenstände, zwei Kohlenbüchsen von Metall zum Färben der Augenlider, eine Toilettebüchse, eine Puppe (Kinderspiel- zeug), Modell eines fahrbaren Palemkins, Modell eines Liwah-Tempels, Wasserpfeifen, zwei schön geäzte Bronzeflaschen, ein Teller von Stein (eingelegt), zwei dunkle und eine helle Halskette von Frucht, eine dunkle Halskette von Holz, eine Visitenkartendose von Holz, ein Paar Schuhe (Modell von Alabaster), ein Paar Schuhe (Modell von grauem Stein), Stickereiproben indischer Missionszöglinge, indische Buchstaben darstellend, gestickte Tischdecke aus Leinen, gestickte Tischdecke aus Tuch, gemalte Tischdecke aus Leimen, Halsketten von Filigransilber, Ohrring, drei Nasenringe. Geschenk des Herrn Carl Schrader, Lübeck: Vier Stück altes japanisches Papiergeld. Geschenk der Frau Reimpell, Lübeck: Eine Diener-Mütze indischer Muha- medaner, ein Buch, indisch, ein Brief, indisch, Cholerarezept, indisch, neun Photographien, zwei photographische Inschriften. Geschenk der Frau Rodde, geb. Bruhns: Ein chinesischer Brief, ein chine- sisches Zirkus-Programm. Geschenk des Herrn Konsul Th. F. Harms: Leibriemen nebst Messer aus Wasa, Altmaurische Waffe aus Spanien. Geschenk des Herrn ©. Iwersen: Opiumpfeife aus China. Geschenk des Herrn Marine-Ober-Ingenieur Johannsen: Ein Kasten mit Wachsfiguren auf Holzstäbchen. Geschenk des Herrn Kapitän z. See Riedel: Ein Lied mit Noten (Druck) Hawaii. Geschenk des Herrn Oskar L. Tesdorpf: Eine chilenische 'Thonflasche. Geschenk des Herrn Robert Küstermann: Vier Pfeilspitzen von Stein, eine steinerne Pflugschar vom Stamme der Pottawatonies, ums Jahr 1790 die Gegend des heutigen Millwaukee’s im Staate Wisconsin bewohnend. Geschenk des Kadetten Herrn Hans v. Koschitzky: Chinesisches Brief- papier nebst Umschlag. Geschenk der Frau Ludwig, New-York: Zehn photographische Stereoskop- Ansichten aus Texas. Geschenk der Frau Bispen, Lübeck: Ein Paar Kinderschuhe aus Klein- Russland, ein Handtuch aus Klein-Russland. Geschenk des Herrn Gättens: Ein Tuch, von Kamerunmädchen genäht. Geschenke des Herrn Richard Petersen, Buenos-Ayres: a) aus Feuerland: ein Bootsmodell, eine Halskette von Muscheln, drei Halsketten von Vogelfusshaut, eine Feuerbüchse, ein Korb von Fasern, eine Jagd- tasche von Fasern; b) aus Argentinien (Öhacas-Indianer): ein Feder- kleid, ein Federkopfputz, ein Kugellasso, Stricke von Pferdehaar, zwei Haarnadeln der Frauen; c) aus Bolivien: ein Basthemd der Indianer. Geschenk des Fräulein Marscoff, Lübeck: Ein Paar gestickte Pantoffeln aus Lima. Geschenk von Herrn E. Larsen, Lübeck: Fünf alte Kupfermünzen aus Battak (Sumatra), ein auf ein Stück Bambusrohr geschriebener Brief aus Deli (Sumatra). Geschenke des Herrn Kapitän Michelsen vom Dampfer Teutonia, care of Messr. H. Jebsen & Co., Penang: Ein Blaserohr, Sumatra, drei Köcher, Sumatra, eine Lanze, Sumatra, ein Messer, Sumatra, ein Kries, Sumatra. Geschenke des Herrn Admiral Kühne: Chinesische Visitenkarte des Vize- Königs Li-Hung-Tschang, chinesische Visitenkarte des Admiral Kühne. Geschenk des Herrn ©. W. Lüders, Hamburg: Indigobüchse der Fan. Geschenk des Herrn Tischlermeisters Hempel, Lübeck: 25 Stücke chine- sischen Spielzeugs. Geschenk des Herrn Osterkamp: Eine Opiumpfeife aus China, ein Heftchen Photographien vom Suez-Kanal, eine grössere Photographie vom Suez-Kanal. Geschenk des Herrn Piehl: Ein Paar geschnitzte Fruchtkerne aus China. Vom Kunstgewerblichen Museum überwiesen: Ein Ring, zwei kleine Götzen, eine Perle aus den Mumiengräbern. Geschenk des Herrn ©. W. A. Bruhn: Chinesische Wasserpfeife. Bericht des Museums für Völkerkunde in Lübeck über das Jahr 1895. Auch im Jahre 1895 hat der Bestand des Museums für Völkerkunde zahlreiche Bereicherungen erfahren, indem es um 269 Katalognummern vermehrt wurde. Es entfallen davon 158 auf Geschenke, die anderen auf Überweisungen, zum Teil unter Vorbehalt des Eigentumsrechts. Wenn einerseits die Zurücknahme der meisten Gegenstände der hübschen 11 Dr. Roesing’schen Sammlung von Japansachen eine empfindliche Lücke in die asiatische Abteilung gerissen, so sind durch manche neu hinzu- gekommene Gegenstände wiederum wünschenswerte Fortschritte zu ver- zeichnen, so dass wir nicht anstehen, das Jahr 1895 als ein, für die Ent- wicklung der Sammlungen wichtiges und erfolereiches zu bezeichnen. Die wichtigste Erwerbung dieses Jahres besteht in der Sammlung ost- und zentral-afrikanischer Waffen, welche der Afrikareisende Fr. Bohn- dorff mit Bewilligung von Ratenzahlungen an uns verkaufte. Diese Sammlung enthält hervorragend schöne Waffen aus dem innerafrika- nischen Seengebiet und der deutschen Kolonie in Ostafrika und bildet eine schöne Ergänzung der Borchert'schen Sammlung, welche grösstenteils den ostafrikanischen Küstenländern entstammt. Willkommene Gaben sind uns zugeflossen von einer grossen Zahl gütiger Freunde und Gönner; in grösserem Masse beteiligten sich an Schenkungen: Herr Giffhorn aus Au Cayes, Haiti, Herr Faklam aus Port Durban und Herr Konsul Bremer-Monterey, sowie Herr P. Vorkamp-Fort Dauphin. Die unter dem Vorbehalt des Eigentumsrechts überwiesenen Waffensammlungen des letzteren Herrn erwiesen sich namentlich während des französisch-madagassischen Krieges als interessante Anziehungspunkte. In grösserem Masse als bisher hat unser Museum die. Beachtung auswärtiger Fachleute gefunden; im Sommer unterzog der Direktor des ethnographischen Museums in Oxford, Mr. dw. B. Tylor, dieselbe einer eingehenden Besichtigung. Ferner benutzte der Ethnologe, Herr Leo V. Frobenius unsere Südseemasken zu seinen Studien und zu einem Vor- trage über Maskenkunde in der Abteilung X der 67. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte. Die deutsch-nordische Ausstellung sowohl, wie auch die genannte Versammlung von Gelehrten brachten dem Museum manchen erfreulichen Besuch, brachten uns manchen wertvollen Ratschlag und auch ermutigende Anerkennung. In dankenswerter Weise hat die Dezember-Deliberations-V ersammlung der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Thätigkeit dem Vorstand des Museums die beantragte Bewilligung einer Erhöhung des Jahres- budgets zugestanden. Während des Berichtsjahres sind mit den Erben des Herrn Oskar Borchert Unterhandlungen angeknüpft zwecks Ankauf der im Museum befindlichen ostafrikanischen Sammlung. Leider konnten die Abschlüsse nicht rechtzeitig geschehen und so schwebt diese Angelegenheit zur Zeit noch, wir haben aber begründete Aussicht, vorbehaltlich der Bewilligung der Mittel durch die Gesellschaft, im Spätjahr 1896 in Besitz dieser wünschenswerten Sammlung zu kommen. 165 In die Vorsteherschaft trat an Stelle des satzungsgemäss durch das Loos ausgeschiedenen Herrn Oberlehrer Dr. Hausberg Herr ©. Weidmann am 29. Januar 1895 ein. Der Kassenbericht schliesst bei einer Einnahme von 4JC 1055,09 und einer Ausgabe von ./# 1056.30 mit einem Fehlbetrage von M 1,21, welcher auf die Rechnung des nächsten Jahres übernommen wird. Neuerwerbungen. A. Ankäufe. Bohndorff sche Sammlung: Drei Speere aus Irangi, drei Speere aus Ugogo, sieben Speere aus Uhehe, vier Speere aus Ubena, sechs Speere aus Unjamwesi, fünf Speere aus Urambo, zwei Speere aus Ussukuma, zwei Speere aus Ussui, vier Speere aus Uganda, ein Speer aus Urundi, ein Speer aus Udjiji, zwei Speere aus Uvinsa, drei Speere aus Kawende, drei Speere aus Uguhha, zwei Speere aus Urua, vier Speere vom Aruwimi, fünf Speere der Manijema, vier Speere der Bassonge, zwei Speere aus Ukundja, ein Speer von Tunungua, eine Axt der Bassonge, zwei Häuptlingsstäbe aus Ussukuma, vier Keulen aus Unjamwesi, zwei Keulen der Manijema, vier Stühle (kiti) aus Ussukuma, ein Löffel aus Unjamwesi, ein Köcher der Wanderobbo, zwei Bogen aus Usinja, zwei Bogen aus Unjamwesi, ein Bogen aus Urambo, 48 Pfeile aus dem deutsch-ostafrikanischen Gebiet. B. Geschenke: Von Herrn Arnold-Lübeck: Zwei Blattstreifen mit religiösen Inschriften. Von Herrn Steuermann Derlien-Lübeck: Drei Päckchen Pfeilgift aus Borneo. Von Herrn Linde Lübeck: Zwei Postkarten aus Hyderabad. Von Herrn ©. Iwersen-Lübeck: Eine Haarkette aus Schweden. Von Fräulein Nölting-Lübeck: Ein Halsband aus Tamarindenkernen. Von Herrn Willy Schröder-Lübeck: Ein Paar holl. Kinder-Holzschuhe. Von Herrn ©. Weidmann-Lübeck: Ein Pfeil der Akka-Zwerge. Von Herrn Hempel-Amoy (Süd-Formosa): Ein Schwert, eine Beteltasche, eine Jacke, zwei Schürzen, eine Lanzenspitze. Von Herrn Pastor P. Lütge-Lübeck: Ein japanisches Bilderbuch. Von Herrn Konsul Faber-Lübeck: Ein Modell einer Indianerhütte (Vene- zuela). Von Herrn Senator H. Deecke-Lübeck: Ein Paar Sandalen aus Singapore. Von Herrn Kapitän Michelsen-Penang: Eine Bibel der Klings von Malakka, vier Körbchen aus Penang. 11° 164 Von Herrn Dr. Buchholz-Lübeck: Eine chinesische Schlummerrolle und ein chinesisches Bilderbuch. Von Herrn Regierungs-Rat Dr. Rösing-Lübeck: Ein japanischer Fächer, ein Paar japanische Schuhe, ein Paar japanische Beinschienen, ein Löffel von der Somaliküste, eine Wärmevorrichtung mit Patrone, ein Bronzespiegel, eine Rechenmaschine, ein Theetöpfchen, drei Modelle von Musikinstrumenten. Von Herrn Konsul Krohn-Lübeck: Eine Streitkeule der Indianer aus Rio negro. Von Herrn Chr. Faklam-Port Durban: Ein Gürtel aus Kupferdraht, zwei Pfeile vom Albertsee, zwei Speere der Kaffern, Swaziland, zwei Löffel und zwei Tabaklöffel, zwei Perlengürtel, zwei Perlenbänder, ein Messing-Armreif (Natal), drei Schamschürzen. Von Herrn Blöfs-Togo: Zwei Patronentaschen, drei Holzgötzen, ein Hieb- messer mit Scheide. Von Herrn Konsul Bremer-Monterey: Zwei Bogen, zwei Pfeile, vier Ob- sidiane, ein Topf, ein Bogen, eine Pfeilspitze, elf kleine Idole, ein antiker Krug, sechs Steinidole, sechs Idole von T’hon, ein Drache von Thon, ein Topf mit Figuren. Von Herrn P. Vorkamp-Fort Dauphin: Ein Lendentuch der Howa, ein Schultertuch der Howa, ein Paar Sandalen, ein Reisteller, eine Bambus- stange, zwei Rollen Tabak. Von Herrn Luckmann-Lübeck: Ein gesticktes Täschehen, ein Halsband mit Kreuz, zwei Armbänder, sämtlich aus Tamarinden von St. Helena. Von Fräulein Zernitz-Lübeck: Ein Stück Mumienzeug aus Ägypten. Von Frau Derlien-Lübeck: Eine türkische Schnellwage. Von Herrn Giffhorn-Aux Oayes, Haiti: Sammlung von 45 Nummern Haiti- Sachen, teils aus, europäischen nachgebildeten, Flausstandssachen aus Holz und Blech, teils aus Flechtarbeiten bestehend. Hervor- hebenswert sind geflochtene Eselssättel mit Taschen, Körbe zum Fischfang, sog. Cocomocacs, Stöcke der Eingeborenen etc. Von Herrn Kapitän Jaeger, z. Z. Lübeck: Zwei japanische Bronce- sog. Zauberspiegel. C. Überweisungen. Vom kulturhistorischen Museum-Lübeck: Eine Tscherkessenflinte. Von der geographischen Gesellschaft-Lübeck: Chinesische Ehrenfahne, Herrn Kapitän Jaeger für die Rettung Schiffbrüchiger verliehen, eine Cigarette der Eingeborenen aus Rangun. D. Uberweisungen mit Vorbehalt des Eigentumsrechts. Von Herrn P. Vorkamp-Fort Dauphin, Madagaskar: Zwei Gürtel mit Pulverhorn, ein geschn. Fettbehälter, ein Tabakshorn, zwei Amulette, ein Kopfschmuck, ein Beil, ein Schild, neunzehn Speere, drei Lade- stöcke, sechs Holzlöffel, acht Holzlöffel mit blattf. Stiel, eine Kürbis- flasche, eine Tabakdose, vier Messer in Scheiden, zwei silberne Kopfschmuckstücke, zwei silberne Ohrringe, zwei Kalebassen, ein Musikinstrument, zwei Patronengürtel, ein ovales Schild, ein ovales Schild, schwarz, ein Schwert ohne Scheide, zwei Schlafmatten, ein Wasserschöpfer, zwei Kugeln Kautschuck, zwei grosse Reislöffel, drei Traghölzer von Bambusrohr (verziert) und 36 verschiedene Speere der Howas. Jahresbericht des Naturhistorischen Museums für das Jahr 1894. Die Hoffnungen, welche die Vorsteherschaft an die zweckmässigere Neuaufstellung unseres Naturhistorischen Museums im jetzigen Museums- gebäude und an die dadurch ermöglichte grössere Zugänglichkeit desselben knüpfte, haben sich in befriedigender Weise erfüllt. Nicht nur, dass der regelmässige Besuch ein weit grösserer als in früheren Jahren war, son- dern auch das allgemeine Interesse an unserer Sammlung hat sich ge- hoben. Zahlreicher als bisher sind dem Naturhistorischen Museum von auswärtigen und insbesondere auch von hiesigen Freunden zum Teil sehr umfangreiche und nicht minder wertvolle Geschenke zugeflossen. Allen voran steht auch in diesem Verwaltungsjahre wiederum Herr Kapitän H. Storm vom Dampfer „Lübeck,“ dem wir sechs grosse Sen- dungen von Borneo und Singapore verdanken. Unter den ersteren muss hier besonders an die Orang-Utan-Bälge, -Skelette und -Schädel hinge- wiesen werden, welche uns nicht nur in den Stand setzten, unsere bereits recht ansehnliche Sammlung anthropomorpher Affen durch ausgewachsene männliche und weibliche Exemplare des Orang-Utans zu vermehren, son- dern noch die Mittel an die Hand gaben durch Austausch mit anderen Museen wertvolle, uns bislang fehlende Gegenstände zu erwerben. Die Vorsteherschaft des Naturhistorischen Museums fühlt sich Herrn Kapitän H. Storm für seinen unermüdlichen Fleiss, sein Geschick und seine Fürsorge zu bleibendem Danke verpflichtet. Neben dem Genannten hat ein zweiter Lübeckischer Schiffskapitän, Herr Michelsen vom Dampfer ‚Teutonia,‘ an den Küsten Hinterindiens 166 in Selangor interessante Säugetiere, Vögel, sowie mehrere Wildschwein- und Büffelschädel gesammelt. Der Steuermann desselben Schiffes, Herr J. Kayser, dem wir schon in früheren Jahren manchen Beitrag aus der Tierwelt Hinterindiens verdankten, hat auch dieses Mal seine wenige Musse benutzt, in Selangor Schlangen, Eidechsen, Frösche, Skorpione und sonstiges Kleingetier zu sammeln und durch Übersendung desselben unser Museum zu bereichern. Aus den fernen deutschen Kolonien der Südsee, hat unser lang- jähriger Freund Herr H. Grösser uns eine Sendung von Fischen, Krebsen, Seeigeln usw. von den Marschalls Inseln gesandt und Weiteres in nahe Aussicht gestellt. Auf Sumatra sammelte Herr Ad. Trummer Schlangen, Eidechsen, Frösche und zahlreiche niedere Tiere. Herr Leutnant z. S. Titus Türk brachte von seiner Reise nach der Südsee, den Sunda Inseln und den deutschen Ansiedelungen in Süd- und Westafrika Fische, Krebse und andere Meerestiere. Eine besondere Freude bereitete uns das Eintreffen einer Sendung aus Madagaskar, welche Herr Herm. Vorkamp in Tamatave und Fort Dauphin an der Südspitze Madagaskars gesammelt hatte. Diese Sendung ist für uns um so wichtiger, als sie wesentlich zur Bereicherung desjenigen Bestandes beiträgt, den wir vor etlichen Jahren den Bemühungen des Herın Karl Reuter-Nossibe verdanken. Vor wenigen Tagen traf endlich noch eine Sendung ein von unserem ältesten Freunde, dem Herrn Jakob Behrens. früher San Francisco, jetzt San Jose (Kalifornien). Dieselbe umfasst alles, was Herr Behrens in den letzten Jahren an Käfern in Kalifornien und durch Tausch aus anderen Teilen der Vereinigten Staaten von Nordamerika zusammengebracht hat. Den Käfern war eine grosse Anzahl nordamerikanischer entomo- logischer Broschüren und mehrere grössere Werke hinzugefügt. Die bislang bei uns wenig vertretene Fauna von Mexiko wurde durch den in unserer Stadt weilenden Herrn Konsul Behn um eine An- zahl Säugetiere und mehr als 100 Vogelbälge vermehrt. Von Herrn Tischlermeister Hempel erhielt das Museum ein schönes Exemplar des kleinen Paradiesvogels (Paradisea minor) und von Herrn Kaufmann Schön eine grössere Zahl meist hiesiger Vögel, Käfer und Schmetterlinge. Unter den ersteren sind eine hier geschossene Schnee- eule und eine kleine Rohrdommel (Ardetta minor) von besonderem Interesse. In Betreff der übrigen Geschenke muss auf das anhängende Ver- zeichnis verwiesen werden. Für alle Gaben, grosse und kleine, von Ein- heimischen und im Auslande Weilenden, auch an dieser Stelle nochmals der verbindlichste Dank! 167 Folgende Gelehrte und Fachleute besuchten das Museum zum Zwecke ihrer Studien: Professor Dr. ©. Boettger-Frankfurt a. M.; Dr. Bohls-Ham- burg; Dr. von Brunn-Hamburg; Professor Fischer-Benzon-Kiel; Dr. Gottsche- Hamburg; Professor Kraepelin-Hamburg; Major Reinbold-Itzehoe; Dr. Stolley-Kiel. Material zur Bearbeitung oder Bestimmung ward überlassen an die Herren: Professor W. Blasius-Braunschweig; Professor Dr. ©. Boettger- Frankfurt a. M.; Dr. von Brunn-Hamburg; Brunner von Wattenwyl-Wien; Professor Fischer-Benzon-Kiel; Dr. Friedrich-Lübeck; Professor Kraepelin- Hamburg; A. Kuwert-Wernsdorf!; Dr. Lucas-Berlin; J. G. de Man-Jerseke; Paul Matschie-Berlin; Dr. Prahl-Rostock; Professor Th. Studer-Bern; Dr. Weltner-Berlin. Es sind darüber bis jetzt folgende Publikationen erschienen: Kraepelin-Hamburg: Revision der Skorpione Il (Mitt. d. Hamb. Nat.-Mus. 1894). Studer-Bern: Alcyonarien aus der Sammlung des Naturhistorischen Museums in Lübeck, gesammelt von Kapitän H. Storm; in Mitt. d. Geogr. Ges. und des Naturh Museums in Lübeck, II. Reihe, Heft 7 und 8, Seite 103—128, mit 6 Tafeln. v. Koschitzky-Lübeck: Die Käfer Lübecks I. Ebendas. S. 92—102. Matschie-Berlin: Neu erworbene Säugetiere des Naturhistorischen Museums in Lübeck. Ebendas. S. 129—134, mit Abbildung. Für die uns durch die Bestimmungen geleisteten Dienste sind wir den genannten Herren zu Dank verpflichtet. Mit auswärtigen Museen konnte der Tauschverkehr in ausgedehnterem Masse als in früheren Jahren unterhalten werden. Vom Museum in Prag wurde auf diese Weise eine Kollektion böhmischer Silur-Versteinerungen, sowie eine Anzahl Kopien seltener böhmischer Fossilien erhalten. Das Hamburger Museum überliess uns eine Anzahl ostafrikanischer Säugetiere, zahlreiche Vögel aus Guatemala und interessante Echinodermen aus Ost-Spitzbergen. Vom Albany Museum in Grahamstown erlangten wir wiederum eine Reihe südafrikanischer Vögel und Insekten. Des- gleichen wurde von den Naturalienhändlern W. Schlüter in Halle und G. Schneider in Basel manches wertvolle Stück erworben. Neuer Verkehr konnte mit dem Ungarischen Nationalmuseum in Budapest angeknüpft werden. Unsere Käfersammlung erfuhr gleichfalls im Wege des Tausches eine bedeutende Bereicherung im Verkehr mit dem Berliner Museum für Naturkunde, sowie an hochnordischen Käfern durch das Entgegenkommen der Herren Ullmann und Edw. Ellingsen-Krageroe, 168 In Betreff unserer Bibliothek möchten wir hier nochmals der Schwe- dischen Akademie der Wissenschaft in Stockholm unsern besonderen Dank aussprechen für die Zusendung von mehr als 300 Separatabdrücken ihrer wertvollen Publikationen. Über die weiteren Zugänge giebt das Ver- zeichnis am Schlusse dieses Berichtes Auskunft. ern hiesigen Handelsmuseum wurden die bisher im Naturhisto- rischen Museum aufbewahrten Früchte und Samen übergeben, um mit den’ dort bereits vorhandenen vereinigt zu werden. Auch das Herbarium erfuhr wiederum beträchtliche Vermehrungen, unter welchen hier insbesondere genannt werden mögen: Vier Centurien von Schletterer gesammelter Kappflanzen, Geschenk des Herrn Professor Schinz-Zürich, 300 persische und armenische Pflanzen, gesammelt von Bornmüller und eine beträchtliche Anzahl aussereuro- päischer Gräser, ein Geschenk des Herrn Dr. Klatt-Hamburg. Neben der Einordnung neuer Zugänge wurde eine sorgfältige Durch- arbeitung der Conchyliensammlung vorgenommen und für die Proso- branchiaten fast beendet. Einer Durchbestimmung wurden, zum Teil unter bereitwillig geleisteter auswärtiger Hülfe, unterzogen, die Echino- dermen, Skorpione, Myriapoden, sowie einzelne Gruppen der Fische und Krebse. Die Reihe der in den Museumsräumen aufgehängten Porträts solcher Männer, welche an der Förderung und Vermehrung der Sammlung in hervorragender Weise sich beteiligt haben, wurde um dasjenige unseres hochverdienten Kapitän Johs. Voss vermehrt. Das vorzüglich ausgeführte Bild ward von dem hiesigen Photographen Herrn Johs. Maafs nach einer vorhandenen kleineren Photographie hergestellt und dem Naturhistorischen Museum zum Geschenk gemacht. Besucht wurden die Sammlungen des Museums im Jahre 1894 von 34081 Personen, darunter 1200 zahlende. Der besuchteste Tag war der 25. März mit 652 Personen. Die laufenden Ausgaben des Jahres 1894 stellten sich wie folgt: für Neuanschaffungen . . Mt 597, — Utensilien und Binrieitungscticke 50229 Ausstopfenn u... SUN ER Al ES pInILus I. RE 35! - daselrler:baniumer Voss Te 98,25 = Port und Brachtäen Neal Bücher und Zeitschriften . . . . =» 389,10 -2 G@ehalterundMBohners en el Übertrag M 4397,99 169 Übertrag .M 4397,99 für Druckkosten und Inserate. . . . = 124,78 suuN\lerschiedenes, one alas 81,85 N 4604,62 Der entstandene Fehlbetrag von X 215,16 ward durch Gesellschafts- beschluss vom 2. April 1895 in dankenswerter Weise ausgeglichen. An Stelle des aus dem Vorstande ausscheidenden Herrn Kaufmann F. Jürgens ward Herr Augenarzt R. Jatzow erwählt.e Herr Major von Koschitzky übernahm den Vorsitz. Verzeichnis der neuen Erwerbungen. A. Geschenke. Von Herrn Fischer Detleff-Schlutup: Ein Leng (Lota molva) am 16. März 1594 in der Untertrave gefangen. Ein Goldbutt mit vorne weisser Oberseite; ein 34 cm langer Caranx trachurus. Von Herrn Konsul Th. Fr. Harms hier: Mehrere Serpenthinknollen aus Hainau in Schlesien. Von Herrn Rob. Steinhagen hier: Ein schwarzkehliges Laufhühnchen (Turnix nigricollis), ein weisser Reisvogel, ein Trauerzeisig (Fringilla tristis), Nest und Bier des weissbürzeligen Graugirlitz (Tringilla musica) aus Afrika, ein kleiner Zierfink. Vom Kadetten_v. Koschitzky: Ein Stück versteinertes Holz, am Plöner See gefunden. Von Herrn Kapt. H Storm: Erste Sendung aus Pontianak (West-Borneo): Neun Bälge, neun Skelette und zwölf Schädel vom Orang-Utan (Troglodytes satyrus [L.]), zwei Bälge vom schwarzen Gibbon (Wau-Wau) (Hylobates concolor), zwei Bälge vom roten Lutong (Semnopithecus rubicundus), ein Balg vom grauen Lutong (Semnopithecus pruinosus); ein Balg vom Makak (Cereocebus cynomolgus); drei fliegende Makis mit Jungen (Galeo- pithecus volans), ein Nebelparder (Felix macrocelis), ein malayischer Bär (Ursus malayanus), eine Zibethkatze (Hemigalea derbyanaj, ein Eichhörnchen (Seiurus prevostü), zwei Geweihe vom Muntjac (Cer- vulus muntjac), eine weisse Spitzratte (Gymnura alba), ein Schädel vom Wildschwein (Sus barbatus Müll), zehn Vogelbälge, ein gehörnter Frosch (Megalophys montana), zwei Igelfische und einige kleine Süss- wasserfische, eine Spinnenschildkröte (Pyxis arachnoides Bell) aus Singapore (dort eingeschleppt aus Madagaskar). Zweite Sendung aus Pontianak (West-Borneo): Ein Linsang (Prionodon gracilis) mit zwei Jungen, ein fliegendes Eichhörnchen (Sciuropterus horsfieldi), ein Paradiesfliegenschnäpper (Terpsiphone affınis), ein Eis- vogel, mehrere Eidechsen, Schlangen und Laubfrösche, eine Land- schildkröte (Testudo emys) aus dem bergigen Innern, vier Süsswasser- fische. Dritte Sendung aus Singapore: Sechs grosse Steinkorallen (Tridaco- phyllia lactuca, Turbinaria peltata und mesenterina, Symphyllia erandis, Merulina ampliata, Montipora monticulosa), eine kleinere Madrepora-Art, zwei sehr grosse Melithea ochracea und vier Juncella juncea. Vierte Sendung aus der Nähe von Singapore: Zahlreiche Meeresalgen, darunter namentlich viele Sargassum-Arten und Kalkalgen, zahlreiche Meerschwämme, darunter zwei besonders schöne fächerförmig ge- staltete, ausserdem mehrere Tausend kleinere Meeresschnecken, meist den Gattungen: Ricinula, Natica, Nerita, Neritina, Rotella angehörend, zehn Moostierkolonien (Eschara sp.), eine Orgelkoralle, ein Medusen- stern, eine grosse Seeschlange (Hydrophis striata Schlg) Von Borneo: Ein fliegendes Eichhörnchen (Sceiuropteris setosus), ein grosses Schuppentier (Manis javanica), elf Vögel, einige Käfer und andere Insekten, neun Marabueier, ein Ei vom Grossfusshuhn, ein Schildkrötenei und vier Krokodileier, ausserdem zwei junge Orang-Utan-Schädel. Von den Bali-Inseln: Eine Bambusratte (Rhizomys dekan). Von Herrn Kapt. Johs. Evers: Ein Conglomerat aus Schweden. Von Herrn Fischer Fritz Witt-Gothmund: Ein Stück Holsteiner Gestein vom Brothener Ufer. Von Herrn Fischer Peter Schröder-Niendorf a. d. Ostsee: Ein Sandkrebs (Hyas araneus). Von Herrn J. H. Hartz hier: Ein Stück Lava vom Vesuv. Von Herrn Schwartzkopf jun. hier: Schnabel eines Albatrosses (Diomedea melanophrys) vom Kap Horn. Von Herrn Kaufmann Fr. Jürgens hier: Eine japanische Tanzmaus. Von Herrn Rathgen hier: Eine Warneidechse (Varanus griseus) aus Tunis, eine Eidechse (Lacerta muralis var. tiliquerta) aus Venedig und eme Schlange (Coelopeltis lacertina) aus Dalmatien. Von Herrn Lehrer Heinr. Meyer hier: Ein Stück Braunkohle mit Schwefel- kieskrystallen. Von Herrn Lehrer Braune hier: Mehrere Schlangen und Eidechsen aus Central-Amerika. UN Von Herrn Malermeister Meyer hier: Ein anatolisches Mövchen. Von Herrn Adolph Trummer-Deli (Sumatra): Erste Sendung: Ein Affenembryo, eine Maus, neun Eidechsen, 33 Schlangen, vier Amphibien, mehrere Skorpione, Tausendfüsse, ein Krebs, eine Oykade. Zweite Sendung: Zwei Schildkrötenschalen (Geomyda spinosa). Von Herrn ©. Engelhard hier: Kalkstein mit schönen Dendriten vom Geisberg im Schwarzwald. Von Herren Rupp & Möller-Karlsruhe: 17 ypolierte Gesteinsproben aus Italien, Tirol, Frankreich, Belgien und Skandinavien. Vom Schüler Rohr-Dobbertin: Ein fossiler Schwamm aus dem Silur- geschiebe bei Dobbertin. Von Herrn Jul. Siemfsen-London: 15 Versteinerungen, meist aus dem Gault von Folkestone (England). Von Herrn Hans Burmester: Eine Anzahl Versteinerungen aus England und ein Schwamm von der irländischen Küste. Von Herrn ©. Kluth-Wesloe: Vier Teichmuscheln aus dem Wesloer Moor. Von Herrn H. Grölser-Jaluit (Marschall-Inseln): Eine Anzahl Fische, Krebse, Seeigel, Schlangensterne, einige Holothurien und Nacktschnecken. Von Herrn Augenarzt R. Jatzow: Schwefelkiesstufen und einzelne Krystalle aus den Sulitjelma Gruben in Norwegen. Vom Schüler Ido Meincke: Unterschale einer Schildkröte und ein Wespen- nest aus Venezuela. Vom Schüler Siegfried: Ein Süsswasserschwamm. Vom Bauamt hier: Ein Wespennest, an einer Dachpfanne festsitzend. Von Herrn Konsul Behn hier: 11 Säugetierbälge und 103 Vogelbälge aus Mexiko. Von Herrn Kapt. Michelsen aus Selangor (Hinteriudien): Zwei Schädel vom indischen Wildschwein, ein Schädel vom indischen Büffel, zwei fliegende Hunde, ein fliegendes Eichhörnchen, ein Moschustier, sieben Vögel, zwei Eidechsen und zwei Schildkrötenschalen. Vom Steuermann J. Kayser aus Selangor: Eine Anzahl Eidechsen und Amphibien, darunter ein Nasenfrosch (Megalophrys nasuta), ferner Käfer, Skorpione und Spinnen. Von Frau Dryshaus hier: Ein Stück versteinertes Holz von Lauenburg. Vom Tischlermeister Hempel hier: Ein Paradiesvogel (Paradisea minor) aus Neuguinea. Von Herrn Herm. Vorkamp-Fort Dauphin (Süd-Madagaskar): Zwei kleine Krokodile aus dem Manangarese-Fluss bei Tamatave, zwei Chamäleon und mehrere andere Eidechsen, zwei Schlangen, eine Anzahl Insekten, 172 Tausendfüsser und Spinnen, ein Raupengespiunst zwischen Blättern, Gespinnst von Seidenspinnern, zwei grosse Ameisennester mit den zugehörigen Tieren (Crematogaster Emmae For.), mehrere verzweigte, röhrenförmige Kalksintergebilde von der sandigen Hochebene bei Fort Dauphin, vier Eier einer Reiherart Von Herrn Bruhn hier: ein Kugelfisch. Von Herrn Leutnant z. See Titus Türk: Diverse Fische und Krebse aus der Südsee, Celebes, Angra Pequena und Kamerun. Von Fräulein Fenninger hier: 15 Mineralien aus Ungarn. Von Herrn Schlachthausinspektor Vollers: Trichinöses und finniges Fleisch, Leber mit Echinococcen. Von Herrn Schiffsmakler Jäde hier: Granaten in Granit von Lysekil (Göteborg-Skargard). Von Herrn Johs. Fr. Meyer: Abgestreifte Haut einer sog. Buüllschlange (Crotalus horridus) aus Colorado. Von Herrn Biedenweg hier: Ein Stück Kesselstein. Von Herrn Bergingenieur H. A. Mueller-Hoganas (Schweden): Vier Ab- drücke von Farn aus dem Kohlenwerk Stabbarls bei Hoganas. Von Herrn Gustav Schalkhäuser hier: Eine indische Schamadrossel (Copsychus macrurus). Von Herım Tapezier Jürgens hier: Zwei Tauben (geschuppte Blondinetten). Von Herrn Niklas Stallbaum hier: Ein Stück Glimmerschiefer. Von Herrn Jakob Behrens in San Franeisco: Zwanzig Kasten mit kali- fornischen Käfern. Von Herrn Kaufmann Dan. Heinr. Schön hier: Eine Anzahl meist hiesiger ausgestopfter Vögel, darunter ein Steinadler, ein Seeadler, eine beim Gute Lauen in den 50er Jahren geschossene Schneeeule (Strix nivea), eine kleine Rohrdommel (Ardetta minor), je ein Kasten mit Käfern, Schmetterlingen und Vogeleiern; ausserdem Reptilien und Amphibien in Spiritus, zwei Mappen mit Gräsern und Halbgräsern. B. Durch Tausch wurden erworben: Vom Albany Museum in Grahamstown (Kapland): 20 südafrikanische Vögel, neun Reptilien, diverse Spinnen, Skorpione und Myriapoden, Orthopteren sowie eine Anzahl Pflanzen. Vom Naturhistorischen Museum in Hamburg: Fünf ostafrikanische Affen, ein Opossum, 51 Vogelbälge aus Guatemala und zehn Echinodermen von Spitzbergen. Von der Linnaea in Berlin: Ein Ceratodus Forsteri. Ban Von Herrn W. Schlüter in Halle: Ein Balg vom Augusta-Viktoria-Paradies- vogel (Paradisea Augusta-Victoriae) von Kaiser Wilhelmsland und ein sechsstrahliger Fadenhopf (Parotia sexpennis) von Neu-Guinea, ein Hulman (Semnopithecus entellus) aus Indien, ein Katzenmaki (Lemur catta) von Madagaskar, ein Goldschopfpinguin (Budyptes chrysocoma), ein Lungenfisch (Polypterus senegalensis), ein kleines Flussneunauge (Petromyzon planeri), mehrere Mimicri-Präparate, darunter Kallima philarchus von Ceylon und Lithinus nigrocristatus von Madagaskar. Vom Böhmischen Museum in Prag: 150 Arten böhmischer Silurversteine- rungen, 14 Abdrücke verschiedener, seltener böhmischer Versteine- rungen aus andern Schichten, darunter besonders schöne Fische und Reptilien. Von Herrn J. Schmidt-Görlitz bei Barnewitz: Eine grössere Zahl uns fehlender Histeriden. Von Herrn A. Kuwert-Warnsdorf bei Tharau (Ostpreussen): Eine Anzahl Hydrophiliden und Oleriden. Von Herrn Hofrat Brunner v. Wattenwyl-Wien: Diverse Orthopteren. Vom Museum für Naturkunde in Berlin: Eine Anzahl uns fehlender Laufkäfer. Von Herrn Schuldirektor Ullmann und Edw. Ellingsen-Krageroe (Nor- wegen): Eine Anzahl Käfer aus Norwegen, Finmarken und Lappland. C. Angekauft wurden: Vom Zoologischen Garten in Hamburg: Ein japanischer Riesenmolch (Megalobatrachus maximus) Von der Linnaea in Berlin: Injektionspräparate von der Kreuzotter, dem Rotauge und zwei Präparate des Flusskrebses. Die Bibliothek wurde um folgende Werke vermehrt: 1. Durch Geschenke: Von der Schwedischen Akademie der Wissenschaiten im Stockholm: 56 Separatabdrücke in 4° aus Bd. 11—25 der Handlingar und 265 Separatabdrücke in 8° aus Bd. 1—11 des Bihang und Bd. 23—50 der Ofversigt. Von Herrn Jakob Behrens-San Francisco: Die Käfer und Schmetterlinge der Novara-Expedition. 2 Bde. Erichson, Genera et Species Staphyli- norum. Ashmead, Monograph of Proctotrypidae. Saussure, Synopsis of American Wasps. — Geyllides. Packard, Monogr. of the Geometrid Moths. Ausserdem eine grosse a Anzahl kleinerer nordamerikanischer Schriften entomologischen Inhalts sowie drei Photographien der Albatrosnistplätze auf den Lisankoi Inseln und den Krusensternfelsen nw. von Hawai. Von Herrn Photographen J. Maafs hier: Eine grosse, in Platinverfahren ausgeführte Photographie des verstorbenen Herrn Kapt. Johs. Vols. 2. Durch Schriftenaustausch: Berlin, Gesellsch. naturf. Freunde: Sitzungsberichte 1893 u. 1894. Bonn, Naturhistorischer Verein für das Rheinland und Westphalen: Ver- handlungen. Jahrg. 50. 2 und 51. 1. Bremen, Naturwissenschaftlicher Verein: Abhandlungen, Band XIII. Heft 1. 1894. Breslau, Schlesische Gesellschaft für vaterländische Kultur: 69 u. 70. Jahresbericht nebst Ergänzungsheften I u. Il. Breslau 1892 u. 1893. 71. Jahresbericht. Breslau 1894. Danzig, Naturforschende Gesellschaft: Schriften. Neue Folge, Band 8, Heft 3 u. 4. Danzig, Westpreussisches Provinzialmuseum: Bericht für 1894. Dresden, Naturwissenschaftliche Gesellschaft „Isis“: Sitzungsberichte und Abhandlungen, Jahrg. 1893, Juni—Dezember 1894, Januar—Juni. Frankfurt a. M., Senckenbergische naturforschende Gesellschaft: Bericht für 1894. Frankfurt a O., Naturwissenschaftlicher Verein für den Regierungsbezirk Frankfurt: Helios. 12. Jahrg. 1394. — Societatum Litterae. 8. Jahrg. 1894. Greifswald, Naturwissenschaftlicher Verein für Vorpommern und Rügen: Mitteilungen. 26. Jahrg. 1894. Hamburg, Naturhistorisches Museum: Mitteilungen. Heft XI. 1894. Hamburg, Verein für naturwissenschaftliche Unterhaltung: Band VIII. 1894. Hannover, Naturhistorische Gesellschaft: 42. und 43. Jahresbericht für 1894. Kassel, Verein für Naturkunde: Bericht 39 für 1894. Kiel, Naturwissenschaitlicher Verein für Schleswig-Holstein: Schriften. Band X. 1893. Königsberg, Physikal-ökonom. Gesellschaft: Schriften. 34. Jahrg. 1893. Regensburg, Naturwissenschaftlicher Verein: Bericht IV. Heft für 1892/93. Wiesbaden, Nassauischer Verein für Naturkunde: Jahrbücher. Jahrg. 47. 1894. Zwickau, Verein für Naturkunde: Jahresbericht für 1892 und 1893. Linz, Museum Francisco-Carolinum: 52. Bericht. 1894. Prag, Naturhistorischer Verein „Lotos“: Jahrbuch für Naturwissenschaft Neue Folge, Band 14. 1894 Wien, K. K. Zoolog.-botan. Gesellschaft: Verhandlungen. Jahrg. 1894. Bd. 44. Wien, K. K. Naturhistorisches Hofmuseum: Annalen. Band IX 1394. Jahresbericht für 1893. Budapest, Publikationen des K. Ungar. Nationalmuseums. Vol. XVI 1393 und XVII 1894. Bern, Schweizerische Naturforschende Gesellschaft: Compte rendu 1890 — 1893. Verhandlungen 1890—1893. 73. —76. Sitzung. Bern, Naturforschende Gesellschaft: Mitteilungen No. 1244 - 1334 (1890 — 1893). Zürich, Naturforschende Gesellschaft: Vierteljahrsschrift. 39. Jahrg. und 97. Neujahrsblatt. Amsterdam, Koningl. Akademie von Wetenschapen: Zittingsverslagen af d. Naturk. Jahrg. 1893/94. Haarlem, Mussde Teyler: Archives, Ser. Il. Vol. IV, 2. Stavanger, Museum: Aarsberetning for 1893. Stockholm, Königl. Schwedische Akademie der Wissenschaften: Bihang, Abt. III u. IV. Vol 18 u. 19. 1892—1893. Upsala, Geological Institution: Bulletin, Vol. I. 1892— 1893. Tromsö-Museum: Museums Aarshefter XV 1893 u. XVI 1394. Riga, Naturtorscher-Verein: Korrespondenzblatt 37, 1894. Boston, Amer. Academy of arts aud sciences Proceedings N. S. Vol. 20. 1893. Milwaukee, Public Museum of the City: Twelfth Annual Report 1893—94. New-York, Academy of Sciences: Transactions Vol. XII. 1892—1893. New-York, State Museum: 45 u. 46 Annual Report. Albany 1894. Philadelphia, Academy of natural Sciences Proceedings 1893, part. 2 u. 3. 1894 part. 1. Washinston, Smithsonian Institution: Annual Report for 1891 u. 1392. Bulletin 43. 46. Proceedings of the U. S. Nat. Mus. Vol. 15. 1892. , Report of the National Museum 1891. Departement of Agriculture. North American Fauna No. 8. San Jose, Republ. de Costa Rica: Museo nacional. Anales del Instituto fisico geogr. y del Museo nacional de Costa Rica. Tom. IV. 1891. Carlos Emery: Estudios sobre las Hormigas de Costa Rica. San Jose 1894. Montevideo, Anales del Museo Nacional Anales I u. II. 1894 Batavia, Kon. Natuurkundige Vereeniging in Nederlandsch Indie: Tijd- schrift, Deel 53. 1893. Sidney, Royal Society of N. S. Wales: Journal and Proceedings Vol. XXVH. 1893. Sidney, Australian Museum: Report for 1893. 3. Angekauft wurden: Boulenger, Catalogue of the Snakes Il. London 1894. Simon, Historie naturelle des Araigndes. 2 Bde. Fasc. II u. IIl. Paris. 1893 u. 1894. Mac Lachlan, Trichoptera britannica. Die Fortsetzungen von Martini und Chemnitz, Conchylien-Kabinet. Archiv für Naturgeschichte. Nachrichtsblatt der deutschen Malakozoologischen Gesellschaft. Entomologische Nachrichten, herausgegeben von Karsch. Zoologische Jahrbücher, herausgegeben von J. W. Spengel. Zoologischer Anzeiger, herausgegeben von J. V. Carus. Bibliotheca zoologica. Berliner Entomologische Zeitschrift. Notes fr. the Leyden Museum. Bericht des Naturhistorischen Museums für das Jahr 1895. Das verflossene Verwaltungsjahr war ein recht bewegtes. Im Mittel- punkte desselben stand die 67. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte mit ihren umfangreichen Vorbereitungen, von denen ein nicht geringer Teil in direkter Beziehung zum Naturhistorischen Museum stand. Galt es doch vornehmlich diesen Teil unseres Museums der hervor- ragendsten Gesellschaft deutscher Gelehrter in möglichst würdiger Weise vorzuführen. Da musste manches Stück neu etikettiert, die Aufstellung verbessert, diese und jene Gruppe anders angeordnet, neue Schränke und Schaukästen eingefügt und alsdann alles wieder zu einem möglichst ein- heitlichen Ganzen vereinigt werden. Unsere Bemühungen wurden in hervorragender Weise durch eine Reihe wertvoller Geschenke unterstützt, welche uns teils neu zugingen, teils soweit hergerichtet waren, dass sie zur Ausstellung gelangen konnten. Nach dieser Seite sind wir wiederum dem langjährigen bewährten Freunde unseres Museums, Herrn Kapt. H. Storm zu ganz besonderem Danke verpflichtet. 177 Die Orang-Utan- und Gibbongruppe brachten unsere schon oft ge- nannte Sammlung anthropomorpher Affen zum würdigen Abschluss. Ein über 5 Meter langes Riesenexemplar des Spitzkrokodils von Borneo (To- mistoma Schlegelii) bildete einen ganz besonderen Anziehungspunkt für die Besucher und erregte die ungeteilte Bewunderung der Kenner. Aber auch für kleinere, weniger in die Augen fallende Tiere haben wir Herrn Kapt. Storm zu danken; es mögen hier nur einige Kobold-Makis, ein gelbes Wiesel und ein sehr seltenes kleines Stachel- schwein von Borneo (Trichys lipura) genannt werden. Für vieles andere muss auf das dem Berichte angehängte Verzeichnis der Geschenke ver- wiesen werden. Zu unserm allerlebhaftesten Bedauern ist Herr Kapt. Storm, dem wir so unendlich viel für die Aufklärung der malayischen Lebewelt verdanken, aus seinem bisherigen Wirkungskreise geschieden. Wir geben uns der Hoffnung hin, dass er auch in seiner neuen Heimat sich bald unser wieder erinnern wird. Die Vorsteherschaft des Naturhistorischen Museums glaubte den ver- dienten Mann nicht besser ehren zu können, als dass sie sein lebens- grosses Bildnis in den Sammlungs-Räumen zur Aufhängung brachte. Ausser dem Genannten waren in hervorragender Weise für die Ver- mehrung unserer Sammlung bemüht die Herren Herm. Vorkamp, welcher auch in diesem Jahre interessante Beiträge zur Fauna Süd-Madagaskars lieferte Herr Blöls, von dem wir aus Kl.-Popo eine Sendung von Rep- tilien, Amphibien und Fischen erhielten, welche nicht nur für unser Museum Neues, sondern mehrere überhaupt noch unbekannte Arten ent- hielt. Die Fauna Ost-Afrikas ward durch ein Geschenk des Herrn Dr. Berg an Insekten und Vogelbälgen bereichert, während die bisher wenig vertretene Schmetterlingsfauna Hinter-Indiens einen um so erwünschteren Zuwachs von 170 Exemplaren in 142 Arten durch den schon öfters in unsern Berichten genannten Herrn Kapt. Michelsen aus Selangor erhielt. Endlich sei noch des Herrn Dr. Bohls erwähnt, der uns einige seiner in Paraguay gesammelten Fische und Reptilien überliess. In den letzten Wochen konnte eine günstige Gelegenheit benutzt werden, aus den Händen des Prof. Giglioli-Florenz eine Zahl von 42 Arten Tiefseefische des Mittelmeeres zu erwerben. Unter den hiesigen Förderern sei hier insbesondere der Herren Aug. Golsmann, Konsul Hamann und Emil Possehl gedacht, welche uns Gegenstände der Nordischen Ausstellung oder seltene selbst erlegte Tiere unserer Fauna zum Geschenk machten. 12 178 Die lübeckische Abteilung wurde durch eine vom Hofkonservator Karl Knuth in Schwerin meisterhaft gruppierte Rebhuhnfamilie bereichert. Das Herbarium wurde auch im verflossenen Jahre teils durch Ge- schenke, teils durch Vermittlung verschiedener Tauschvereine nicht un- wesentlich vergrössert und einzelne Familien einer erneuten Revision unterzogen. Die vom Kap der guten Hoffnung in unserm Herbarium vorhan- denen Orchideen und Asclepiadeen wurden von Herrn Schletterer revidiert und durch von ihm gesammelte Arten vermehrt. Herr Apotheker Friedrichsen in Hoyer prüfte die Bestimmung sämt- licher Rubus-Exemplare und fügte fehlende Formen hinzu. Herrn Buser verdankt die Sammlung 80 Arten des von ihm neu bearbeiteten Genus Alchemilla. Die mit Hülfe der Tauschvereine erlangten Arten stammen meist aus Skandinavien, Österreich und den Balkan-Staaten. — Herr Major Reinbold hatte gütigst die Bestimmung der von Herrn Storm bei Singapore gesammelten Algen übernommen. Eine wesentliche Vermehrung erfuhr wiederum die Sammlung von Geschieben aus der näheren und weiteren Umgebung Lübecks durch Herrn Dr. med. Struck. Durch Vermittelung des Herrn Dr. Friedrich wurde die geologische Sammlung bereichert 1. durch eine Bohrprobefolge, von einer Tiefbohrung auf dem Pferde- käuferfelde herrührend (Geschenk der Lübeckischen Aktien- bierbrauerei), 2. durch etwa 25 Bohrproben aus einer bis 314 Meter Tiefe erfolgten Bohrung auf dem Hofe der Lychenheim’schen Brauerei in Schwartau (Geschenk des Herrn Lychenheim und der Hamburger Firma Boldt & Vogel). Weitere Zuwendungen, teils als Geschenke, teils im Wege des Aus- tausches wurden dieser Abteilung insbesondere von den Herren Dr. Gottsche-Hamburg, Dr. Stolley-Kiel und Siem/sen in Hoganäs (Schweden) zu Teil. f Von einem dem Naturhistorischen Museum nahe stehenden Herrn ward demselben ein wertvolles Mikroskop der Firma R. Winckel-Göttingen zum Geschenk gemacht. Dem uneigennützigen Geber sei hier nochmals der ganz besondere Dank der Vorsteherschaft ausgesprochen. Die Bibliothek ward durch grössere und kleinere Geschenke der Herren Zahnarzt Baden-Altona, Dr. Ed. Hahn-Berlin, Prof. Palmen-Helsing- fors und Rentier Pfuhl hier vermehrt; ausserdem erhielt dieselbe reichen Zuwachs durch die auch in diesem Jahre weiter ausgedehnten Tausch- verbindungen. 179 Während der Tage der 67. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte (16.—21. September) war das in unmittelbarer Nähe der Ver- sammlungslokalitäten gelegene Museum während des ganzen Tages ge- öffnet und bildete einen viel gesuchten Anziehungspunkt. Für die bei dieser Gelegenheit herausgegebene Festschrift verfasste der Konservator die Abschnitte „Fauna der Umgegend Lübecks“ und „Das Naturhistorische Museum“; dem letzteren war eine neue Abbildung der Gorillagruppe bei- gegeben. Nach auswärts ward Material zur Bearbeitung oder Bestimmung überlassen an die Herren Prof. Dr. W. Blasius-Braunschweig, Prof. Dr. Boettger-Frankfurt a. M., Dr. Fauvel-Caen (m Frankreich), Apotheker Friedrichsen. Hoyer, Prof. Dr. Kraepelin-Hamburg, Dr. J. G&. de Man- Jereseke (in Holland), Dr. Stolley-Kiel. Bestimmungsarbeiten wurden vom Konservator ausgeführt für das Hamburger Museum (die von Dr. Stuhlmann in Ost-Afrika gesammelten Arachniden), für das Museum in Kiel (die von Dr. Vanhoeffen in Grön- land gesammelten Arachniden), für Herrn Dr. A. Voeltzkow in Berlin (von diesem auf Madagaskar und in Ost-Afrika gesammelte Fische, Krebse und Spinnen). Mit anderen Museen ward, wie in früheren Jahren, ein reger Tausch unterhalten und manches wertvolle Stück erworben. Neben den bereits erwähnten allgemeineren Museumsarbeiten wurde die Neuetikettierung der Skorpione beendet, für deren Durchbestimmung wir Herrn Direktor Kraepelin-Hamburg hier nochmals unsern Dank aus- sprechen. Die Myriapoden wurden von dem Hülfsarbeiter, Lehrer Lange, durch- gearbeitet und neu katalogisiert; Lehrer Strunck beschäftigte sich vornehm- lich mit der Bestimmung neu eingegangener und der Etikettierung der von Herrn Dr. J. G. de Man bearbeiteten Orustaceen, welche Herr Kapt. Storm in den malayischen Gewässern sammelte. Der Konservater selbst vollendete die Ooelenteraten (mit Ausnahme der Schwämme) und fertigte einen neuen Katalog derselben an. Die bereits im vorigen Jahre begonnene Durcharbeitung und Neu- ordnung der Conchylien konnte auch für die Land- und Süsswasser- Conchylien beendet werden. Besucht wurden die Sammlungen des Museums im Jahre 1895 von 21,983 Personen, darunter 1,759 zahlende. Der besuchteste Tag war der 1. Ostertag (14. April) mit 698 Personen. 180 Die laufenden Ausgaben stellten sich wie folgt: KürsNeuanschaftungen nr N Utensilien und Einrichtungsstücke - 1026,46 Nusstopfengeger 550) SPIrIbasiih IR ee 91,92 Sr dasfHlerbarıumer ss rl INH Borsisund@Rrachte mes oe - Bücher und Zeitschriften . . . = 459,16 2 Gehaltenund Eohne ar 7215330 Druckkosten und Inserate . . . = 127,65 Divyersester a ee Se 2000 NM 5349,84. Von der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Thätigkeit wurden At 4800,— vereinnahmt; ein Teil konnte aus dem Erlös für ver- kaufte Doubletten gedeckt werden, der noch verbleibende Rest von At 211,29 ward durch Gesellschaftsbeschluss vom 24. März 1896 in dankenswerter Weise ausgeglichen. An Stelle der aus dem Vorstande ausscheidenden Herren Major z. D. v. Koschitzky und Kaufmann ©. A. Siemsien wurden die Herren Privatier Chr. v. Bernstorff und Kaufmann Fr. Jürgens erwählt. Herr Prof. Dr. Küstermann übernahm den Vorsitz. Verzeichnis der neuen Erwerbungen. A. Geschenke. Von Herrn Dr. Biedermann-Eutin: Eime Anzahl Vögel von den Philippinen, sowie der Schädel eines Murmeltieres. Von Herrn Kapt. Storm aus Pontianak (Borneo): 18 Säugetiere, darunter Tarsius spectrum, Pachyura indica, Putorius nudipes, Gymnura alba, Triehys lipura, alter Balg ohne Schwanz und Fötus mit völlig er- haltenem Schwanz, eme Eidechse, 7 Schlangen und ein Frosch (Rha- cophorus leucomystax). Von Herrn W. Rathgen hier: Zwei Schildkröten (Chelydra serpentina und Cistudo carolina), eine Zornotter (Zamenias gemonensis), Alpensala- mander (Salamandra atra), Amblystoma americana, zwei Frösche (Hyla versicolor und Bufo lentiginosa), sowie Molge viridescens. Von Herrn Dr. Bohls-Paraguay: Mehrere Reptilien, Amphibien und Fische, sowie Verwandlungsreihen von Termiten. Von Herrn Andr. Schultz hier: Ein Wespennest. 151 Von Herrn Giesenberg hier: Ein Wespennest mit Larven. Von Herrn Aug. Gosfmann hier: Eine kleine Rohrdommel (Ardretta minuta), bei der Herrenfähre erlest. Von Herrn Pinkert-Leipzig: Ein Jungfern-Kranich. Von Herrn Martens-Kamerun: Einige Schmetterlinge, darunter Papilio antimachus, Käfer und Seeigel. Von Herın H. Blöfs-Kl.-Popo (West-Afrika): Sechs Häfen mit Eidechsen, Schlangen, Fröschen, Tausendfüsser, Spinnen, Insekten und Krebsen. Ausserdem ein Junges der Schirrantilope (Antilope scripta), ein Roche (Trygon margarita) und ein grosses Exemplar von Trachynotus ornatus, das Nest eines Webervogels, sowie eine schöne Kahnschnecke (Voluta porcina) mit Tier. Von Herrn Dr. E. Berg-Kilimatinde (Ost-Afrika): 34 Vogelbälge und eine Anzahl Insekten. Von Herrn W. Meyer hier: Mehrere Racetauben. Von Herrn Lehrer Meyer-Reecke: Eine Taube mit fahnenlosem Gefieder. Von Herrn Arthur J. Speyer-Altona: Eine Anzahl Spinnen aus Neu-Guinea, Borneo, Mexico, Paraguay und Neu-Caledonien. Von Herrn Herm. Vorkamp-Fort Dauphin (Madagaskar): Erste Sendung: Vier Häfen mit diversen Schlangen, Eidechsen, Krebsen, Spinnen, Skorpionen und zahlreichen Insekten verschiedener Ord- nungen, ausserdem ein Igel (Ericulus setosus) und drei Nachtaffen (Chirogalens milii und Lepidilemur mustelinus), sowie Früchte von Tanghena venifera. Zweite Sendung: Einige Eidechsen, Frösche, Spinnen, Skorpione, Tausendfüsser, sowie eine grosse Menge von Insekten verschiedener Ordnungen. Von Herrn Kapt. Michelsen-Selangor: Zwei Kasten mit 170 Schmetter- lingen in 142 Arten aus Selangor (Hinter-Indien). Von Herrn Kunstgärtner Paulig hier: Ein Schnurwurm aus dem Palmen- haus. Von Herrn Wache hier: Ein Binturong. Von Herrn Karl Topp hier: Mehrere Fische, Weichtiere und Krebse. Von Herrn Dr. E. Vanhoeffen Kiel: Einige seltene Coelenteraten der Kieler Bucht, sowie eme Anzahl Hydroidpolypen aus der Nordsee. Von Herrn Karl Giffhorn-Haiti: Zwei Eidechsen, en Krebs, eine kleine Anzahl von Insekten, einige Korallen und ein Wespennest mit Tieren. Von Herrn Enrique Wulf-Buenos Ayres: Zwei Schlangen, eine Eidechse, ein Hornfisch, sowie eine Anzahl Insekten. 182 Von Herrn Kommerzienrat Stockmann-Helsingfors: Zehn finnische Vogeleier. Von Herrn A. Zerrenner-San Paolo (Brasilien): Ein ' Brüllaffe (Mycetes fuscus) und einige Mineralien aus Brasilien. Von Herrn Leutnant z. See Türk: Eine Anzahl besonders gut konser. vierter Eidechsen, Fische und Krebse von West-Indien und den kanarischen Inseln. Von Herrn Paul Wulff-Deli (Sumatra): Eine Anzahl Reptilien, Amphibien, Käfer und Schmetterlinge von Deli. Von Herrn Dobbertin hier: Nester des Blutschnabelweber. Von Herrn Griesbach-Adlershorst hier: Ein Sperber. Herbarium. Von Herrn Schletterer: Orchideen und Asclepiadeen. Von Heıren Sintonis, Bormüller und Manasadja: Kleinasiatische Pflanzen. Von Herrn Karo: Zwei Centurien-Pflanzen aus Dahurien. Von Herrn Apotheker Friedrichsen-Hoyer (Nord-Schleswig): Eine Anzahl Brombeeren. Von Herrn Oberstabsarzt Krause: Mecklenburgische und holsteinische Pflanzen. Von Herrn Buter: 80 Alchemilla-Arten. Von Herrn Raverschon: 50 Arten spanischer Pflanzen. Von Herrn Kapt Storm: Eine Anzahl Algen von Singapore. Von verschiedenen Tauschvereinen etwa Tausend Arten aus Norwegen, Schweden, Österreich und den Balkanstaaten. Von Mrs. Elda Masson: Etwa 150 nordkalifornische Pflanzen. Mineralogisch-paläontologische Abteilung. Von Herrn Konsul Hamann hier: Asbest aus Perm. Von Herrn Emil Possehl hier: Eisenerze aus Gellivara. Von Herrn Böbs-Transvaal: Goldführender Quarz. Von Herrn Aug. Heuer-Veracruz (Mexico): 20 Silberstufen aus den Minen von Pachuca. Von Herrn Landesgeologen Dr. G. Müller-Berlin: Eine Sammlung von Kreide- und Jurapetrefakten des nördlichen Harzrandes. Von Herrn Aug. Siemsfen hier: Pflanzenabdrücke aus dem Rhät von Hoganäs in Schweden. Von Herrn Kaufmann Jäde hier: Granaten in Quarzit aus Göteborgs Skargard (Schweden). Von Herrn Hafse hier: Eine Anzahl von Versteinerungen aus Altendorf bei Essen, 183 Von Herrn Dr. Struck hier: Diverse Devon- und Juraversteinerungen. Von den Schülern Martin und Otto Rohr-Dobbertin: Mehrere jurassische Kalklinsen, Posidonienschiefer von Dobbertin in Mecklenburg. B. Durch Tausch erworben: Von Herrn Gustav Schneider-Basel: Eine Anzahl uns fehlender Reptilien, Amphibien, Krebse und Spinnen. Von Herrn Dr. ©. Gottsche-Hamburg: Versteinerungen aus der Kreide von Lägerndorf. Von Herrn Dr. Stolley-Kiel: Versteinerungen aus dem Trias von Helgo- land, dem Glimmerthon von Langenfelde, dem Septarienthon von Itzehoe, aus dem präglazialen Thon von Burg in Dithmarschen, Ver- steinerungen von Ipondetgoard, einige silurische Schwämme, sowie eine Kollektion Devon-Versteinerungen. C. Angekauft wurden: Ein Wüstenfuchs, ein Frettchen, eine Rebhuhngruppe. Die Bibliothek wurde um folgende Werke vermehrt: 1. Durch Geschenke. Von Herrn ©. Pfuhl: de Bary und Woronin: Beiträge zur Morphologie und Physiologie der Pilze. Frankfurt 1881. Nägeli, die neueren Algensysteme Zürich 1847. Von der Kommission zur wissenschaftlichen Untersuchung der deutschen Meere in Kiel: Wissenschaftliche Meeresuntersuchungen. Neue Folge. Band I. Heft 2. Kiel 1896. Von Herrn Zahnarzt Baden-Altona: 13 Bände der Stettiner entomologischen Zeitung, Jahrg. 31—34. (1870—1882). 7 Jahrgänge der Berliner entomologischen Zeitschrift, Jahrg. 9—16. (1865—1872). Mitteilungen des Münchener entomologischen Vereins, Band I--V. (1877—1831). Schriften des Vereins für naturwissenschaftliche Unterhaltung in Hamburg, Band I—V. Verhandlungen des Naturwissenschaftlichen Vereins für Hamburg- Altona, Neue Folge No. 1, 3, 4. E. v. Harold, Coleopterologische Hefte XV. Chem. Encyelopedie, Coleopteres. 2 Bände. 81 kleinere entomologische Broschüren. Von Herrn Prof. Palmen-Helsingfors an eigenen Publikationen: Über die Zugstrassen der Vögel. Leipzig 1876. Antwort an Herrn v. Homeyer, bezüglich der Zugstrassen der Vögel. Leipzig 1882. 154 Zur Morphologie des Tracheensystems. Helsingfors 1837. Die Expedition nach der Halbinsel Kola im Jahre 1837. Über paarige Ausführungsgänge der Geschlechtsorgane bei Insekten. Helsingfors 1873. Finnlands Foglar. Helsingfors 1873. Bidrag till Kannedomen on Sibiriska Ishafskustens Fogelfauna. Stock- holm 1873 Traveaux geographiques ex&cutes en Finlande. Helsingfors 1895. Von Herrn Dr. E. Hahn-Lübeck: Berliner entomologische Zeitschrift, Bd. 32, 33, 35 —38. 2. Durch Schriftenaustausch: Berlin, Gesellschaft naturf. Freunde: Sitzungsberichte 1895. Bonn, Naturhistorischer Verein für das Rheinland und Westphalen. Ver- handlungen. Jahrgang 5l, 2 und 52. Bonn, Niederrheinische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde: Sitzungs- berichte 1895, 1. Bremen, Naturwissenschaftlicher Verein: Abhandlungen, Band XI. Heit 27 1895 XIV 1, 28V. 1eundes. Breslau, Schlesische Gesellschaft für vaterländische Kultur: Nichts ein- gegangen. Danzig, Naturforschende Gesellschaft: Schriften. Neue Folge. Band 9. Heft 1. Danzig, Westpreussisches Provinzialmuseum: Nichts eingegangen. Dresden, Naturwissenschaftliche Gesellschaft „Isis“: Sitzungsberichte und Abhandlungen Jahrg. 1894 und 1895, Januar—Juni. Frankfurt a. M., Senckenbergische naturforschende Gesellschaft: Bericht für 1895. Frankfurt a. O., Naturwissenschaftlicher Verein für den Regierungsbezirk Frankfurt: Helios. 13. Jahrg. 1895. Societatum Littarae 9. Jahrg. 1894. Giessen, Oberschlesische Gesellschaft für Natur und Heilkunde: 30. Bericht 189. Greifswald, Naturwissenschaftlicher Verein für Vorpommern und Rügen: Mitteilungen. 27. Jahrgang. 1895. Halle, Leopoldina, Heft 31. 1895. Nova Acta Bd. 63, 1. 1894. Hamburg, Naturwissenschaftlicher Verein: Abhandlungen, Band XIV, 1896. Verhandlungen. 3. Folge. III. 1896. Hamburg, Naturhistorisches Museum: Mitteilungen. Heft XII. 1895. Hamburg, Verein für naturwissenschaftliche Unterhaltung: Band VIll. 1894. Hannover, Naturhistorische Gesellschaft: Niehts eingegangen. Hildesheim, Römer-Museum: Bericht für 1895. Kassel, Verein für Naturkunde; Bericht 40 für 1895. un Kiel, Naturwissenschaftlicher Verein für Schleswig-Holstein: Schriften. Band X 2, 1895. Königsberg, Physikal.-ökonomische Gesellschaft: Schriften. 35. Jahrg. 1895. Offenbach, Verein für Naturkunde: Bericht für 1895. Regensburg, Naturwissenschaftlicher Verein: Nichts eingegangen. ‚Wiesbaden, Nassauischer Verein für Naturkunde: Jahrbücher. Jahrg. 48. 1895. Zwickau, Verein für Naturkunde: Jahresbericht für 1394. Linz, Museum Franeisco-Carolinum: 53. Bericht. 1895. Prag, Naturhistorischer Verein „Lotos“: Nichts eingegangen. Wien, K. K. Zoolog.-botan. Gesellschaft: Verhandlungen. Jahrg. 1895. Bd. 45 und 1896 Bd. 46, Heft 1 und 2. Wien, K. K. Naturhistorisches Hofmuseum: Annalen, Bd. X 1395, XI, 1. 1896. Jahresbericht für 1894 und 1895. Triest, Museo civico di storia naturale: Atti Ser. nove. Vol. III. 1895. Budapest, Publikationen des K. Ungar. Nationalmuseums: Vol. XVII. 1895. Bern, Schweizerische Naturforschende Gesellschaft: Compte rendu 1894. Verhandlungen 1893. 1894 77. Sitzung. Bern, Naturforschende Gesellschaft: Mitteilungen No. 1335—1372. 1894. Zürich, Naturforschende Gesellschaft: Vierteljahrsschrift. 40. Jahrgang und 98. Neujahrsblatt. Amsterdam, Koningl. Akademie van Wetenschapen: Zittingsverslagen af d. Naturk. Jahrg. 1894/95. Haarlem, Musee Teyler: Archives Ser. I. Vol. IV, 1 und V, 1. Stavanger, Museum: Aarsberetning for 1894. Bergen, Museum: Aarbog 1894/95. Stockholm, Königl. Schwedische Akademie der Wissenschaften: Bihang, Abt. III und IV. Vol. 20. 1894. Upsala, Geological Institution: Nichts eingegangen. Tromsö, Museum: Museums Aarshefter XVI. 1894. Riga, Naturforscher-Verein: Korrespondenzblatt 38, 1895. Inschrift 1895. Helsipgfors, Societas pro Fauna et Flora Fennieca: Acta, Vol. VIII—X und XII 1890—95. Meddelanden 13—21. (1892—1895.) Boston, Amer. Academy of arts and sciences: Proceedings N. S. Vol. 21 und 22. 1894/95. Cambridge, Museum of comparative Zoology: Annual Report f. 1894/95. Milwaukee, Publie Museum of the City: Twelfth Annual Report 1894/95. New-York, Academy of Sciences: Transactions. Vol. XIII. 1893/94. New-York, State-Library: 47 Annual Report Albany 1894. New-York, American Museum of Natural History, Central-Park. Annual Report I-—-XV, 1871—1884 und 1884—1894. Bulletin, Vol. I-VII, 1889—95. Memoirs Vol. I, 1—2, 1893—95. Rochester, N. Y., Proceedings of the Academy of Science: Vol. IL, Heft 3 und 4. 1895. Philadelphia, Academy of natural Sciences: Proceedings 1894, part 2 und 3. 1895, part 1—3. Philadelphia, Wagner free Institute of Science: Transact. Vol. III, part 3. 189. Washington, Smithsonian Institution: Annual Report for 1893. Proceedings of the U. S. Nat. Mus. Vol. 16. 1893. Report of the National-Museum. 1892. Departement of Agriculture: Bulletin No. 6 u. 8. North American Fauna No. 10. San Jose, Republ. de Costa Rica: Mus. nacional: Nichts eingegangen. Buenos Ayres, Museo Nacional: Nichts eingegangen. Montevideo, Mus. Nacional: Annales III. 1895. Singapore, Raffles Museum: Nichts eingegangen. Batavia, Kon. Natuurkundige Vereenigung in Nederlandsch Indie: Tijd- schrift, Deel 54. 1894. Sidney, Royal Society of N. S. Wales: Journal and Proceedings Vol. XX VII. 1894. Sidney, Australian Museum: Report for 1894, Records, Vol. II, No. 6 und 7. 1896. 3. Angekauft wurden: British Museum, Cataloge of the fishes. Il. Ed. Vol. I. Zoolog. Adressbuch, Berlin 1895. Forbes, Handbook to the Primates. 2 Vols. Band 1894. Lydekker, Handbook to the Carnivora. London 1895. Simon, Histoire naturelle des traigndes. Bd. I fasc. 4. Paris 1895. Verschiedene kleinere Schriften und Separat-Abdrücke. Die Fortsetzungen von Martini und Chemnitz, Conchylien-Kabinet. Archiv für Naturgeschichte. Nachrichtsblatt der deutschen Malakozoolog. Gesellschaft. Entomologische Nachrichten, herausgeg. von Karsch. Zoolog. Jahrbücher, herausgeg. von J. W. Spengel. Zoolog. Anzeiger, herausgeg. von J. V. Carus. Bibliotheca zoologiea. Berliner entomologische Zeitschrift. Notes from the Leyden Museum. Verhandlungen der Geographischen Gesellschaft, LXXXVII. Versammlung am 26. Oktober 1894. Vorsitzender Oberlehrer Dr. Schaper. 1. Eingetreten K. Pfuhl, Privatmann. Ausgetreten v. Lowtzow. 2. Vortrag des Oberlehrers Dr. Schaper: Über die Störungen, welche die elektrische Strassenbahn auf die Instrumente der erdmagnetischen Station ausübt. Die Störungen treten jeden Tag während der ganzen Betriebszeit auf und bestehen darin, dass der in der Deklinations- richtung hängende Magnet ununterbrochen hin und her pendelt. Es übt nun zwar jeder elektrische Strom, also auch derjenige der Strassenbahn, eine ablenkende Kraft auf Magnete aus, allein eine Rechnung zeist sofort, dass bei der bedeutenden, über 200 m be- tragenden Entfernung der Bahn von der Station die Abweichung schon unter jede nachweisbare Grösse gesunken sein muss. Die Ur- sache der besprochenen Störung kann daher nur die Elektrizität sein, die aus den Schienen in die Erde übertritt. Da ein Schutz dagegen bisher nicht gefunden ist, sind die Arbeitsstunden in der Station auf die Zeit von Mitternacht bis 6 Uhr morgens beschränkt. Unter diesen Umständen musste natürlich von der beschlossenen Anschaffung und Aufstellung registrierender Instrumente abgesehen werden. Da nun demnächst durch den Bau des Elbe-Trave-Kanals überhaupt die Station aus den bisher innegehabten Räumen weichen muss, trat die Frage auf, wo ein passender Platz für sie zu finden sei. Es wurden deshalb im Garten und in den Baracken des Krankenhauses Beobachtungen über die Natur und die Grösse der durch die Strassenbahn hervor- gerufenen Störungen angestellt. Das wesentlichste Resultat ist, dass bei jedem Anfahren eines Wagens eine Welle elektrischer Energie sich im Boden ausbreitet, dass der Wirkungskreis dieser Welle um so kleiner ist, je näher man sich den Enden der Bahn befindet, und dass ein störungsfreier Platz für die Station jedenfalls nur weit ausser- halb der Stadt zu finden ist. 138 An diesen Vortrag knüpfte sich eine lebhafte Debatte, die haupt sächlich darauf hinzielte, dass trotz der grossen Schwierigkeiten die Erhal- tung der erdmagnetischen Station, wenn möglich mit selbstregistrierenden Apparaten ausgerüstet, dringend erwünscht sei und zwar nicht nur im Interesse der Wissenschaft, sondern auch in dem der Ehre der Stadt Lübeck. Es wurde dabei hervorgehoben, dass die Ausgaben für die Er- haltung sich nicht so hoch stellen würden, wie man glaube. LXXXIX. Versammlung am 30. November 1894. Vorsitzender Oberlehrer Dr. Schaper. 1. Dr. Lenz: Tiersagen nordamerikanischer Indianer. Sie bieten manche Bigentümlichkeiten, aber ausserdem überraschende Ähnlichkeiten und Anklänge an die den europäischen Völkern überkommenen Mythen. Hervorragende Rollen spielen in ihnen der Rabe, der Mink (Sumpf otter), der Luchs, der Bär und der Wolf. 2. Major v. Koschitzky lest eine Auswahl von Neuerwerbungen des Museums für Völkerkunde vor und knüpft an dieselben ethnogra- phische Erläuterungen. Beachtung finden namentlich Waffen, Beile und Schmucksachen aus dem Bismarck-Archipel und Waffen der Igorroten von den Philippinen, endlich Blasrohre von den Sunda-Inseln, ein Geschenk des Kapitäns Michelsen, Führers des Dampfers Teutonia. LXXXX. Versammlung am 14. Dezember 1894. Vorsitzender Oberlehrer Dr. Schaper. Vorträge: 1. Herm. Linde: Mitteilungen aus Briefen seines Sohnes. Dieser machte in den Jahren 1892 und 1893 als Maler eine Studienreise durch Vorderindien. In buntem Wechsel, wie dem jungen Künstler, der nicht bloss zu sehen, sondern auch frisch und treffend zu schildern versteht, die Eindrücke kommen, schildert er bald das Leben und den Charakter der Eingeborenen Südindiens, bald das der höchsten englischen Beamtenwelt in Chittor, Tempelbauten in Madura, Dschungel- wanderungen, Gerichtsverhandlungen, den Wallfahrtsort Tripetti, das Leben in Madras und am Hofe des Nizam von Hyderabad, dessen phantastisches Heer ihn zu einem Gemälde von grossen Dimensionen begeistert. 2. Oberlehrer Dr. Schaper demonstriert Zeichnungen der wichtigsten Wolkenformen, welche von einem hiesigen jungen Künstler ausge- führt sind, und knüpft daran kurze Erläuterungen über die Ent- o) Qu stehung und Höhe der Wolkenformen. Infolge einer Anfrage ent- spinnt sich eine längere Debatte über den Wert der Wolkenbeob- achtung für die Wetterprognose, die zu der Anrege führte, derartige Beobachtungen auch hier für lokale Wetterprognose zu verwerten. LXXXXI. Versammlung am 18. Januar 1895. Vorsitzender Professor Sartori. . Aufgenommen ist Kaufmann F. G. F. Golsmann. Mitteilung, dass die Geographische Gesellschaft die Mitgliedschaft des Deutsch-Österreichischen Alpenvereins, Sektion Lübeck, erworben hat. Ihre Mitglieder sind berechtigt, an seinen Versammlungen teil- zunehmen, doch ohne Stimmrecht. Die den Mitgliedern regelmässig; zugehenden Publikationen werden auch der Geographischen Gesell- schaft geliefert. Mitteilungen über die Lübeck bevorstehende Versammlung Deutscher Ärzte und Naturforscher. Zum Einführenden der Sektion „Geographie“ ist Professor Sartori, zum Schriftführer Kommerzienrat G. Scharff, zum Einführenden der Sektion „Ethnologie und Anthropologie“ Oberlehrer Dr. Freund, zum Schriftführer Dr. Th. Hach erwählt. Zu Kassenprüfern der Kassenrechnung des Jahres 1894 werden H. Born und Vizekonsul H. Boy gewählt. Mitteilung, dass der Senat wiederum 400 # für die erdmagnetische Station bewilligt habe. Der für die Wahl eines Vorstehers der Sammlung für Völkerkunde vorgelegte Wahlvorschlag wird genehmigt. . Vorträge: a. Professor Sartori: Über den Genfer See und Montreux, sowie über seinen Aufenthalt daselbst. b. H. Linde: Reisebriefe aus Indien (vgl. LXXXX. Versammlung). LXXXAXII. Versammlung am 22. Februar 1895. Vorsitzender Professor Sartori. . Mitteilung von Eingängen. (Einladung zum 6. internationalen Geo- graphenkongress in London — Jubiläum des Professors Cora in Turin.) Vorträge: a. Major v. Koschitzky: Über Pfeilgift. Der Vortragende be- sprach zuerst die Verbreitung desselben und seine Anwendung an Pfeilspitzen und bei Blasrohren im Kriege und auf der Jagd. Die Verwendung geschieht entweder, um zu töten oder 190 nur zu lähmen, oder durch den verursachten Schmerz die Tiere zu übermässigen Anstrengungen zu veranlassen und so desto leichter in die Hände der Verfolger zu bringen. Dementsprechend giebt es verschiedene Arten von Giften. Einige verursachen Stockung des Atmens, andere Herzlähmung, andere Krämpfe (Starrkrämpfe), noch andere Lähmungen. Es werden dem be’ absichtigten Zwecke entsprechend verschiedene Arten ange- wendet; geschildert wurden vom Vortragenden die dabei her- vortretenden Erscheinungen, sowie die zur Rettung der Ver- wundeten üblichen Mittel. Das Lübeckische Museum besitzt eine grosse Anzahl von solchen Giften und vergifteten Sachen; die letzteren verdankt es dem Steuermann Derlien von dem Lübeckischen Dampfer Lübeck, Kapitän Storm. . Kapitän Jäger zeigt eine der Gesellschaft von ihm geschenkte prächtige und grosse chinesische Flagge vor, welche ihm von der chinesischen Regierung für die glücklich vollzogene Rettung einer grossen Zahl von Schiffbrüchigen, darunter viele Chinesen, verliehen worden war. Steuermann Lindenberg berichtet über seine Erlebnisse bei den Fahrten, die er auf einem deutschen Segelschiffe auf dem Orinoko gemacht hat. Abenteuer im Urwald, Zusammentreffen mit Indianern, Moskitoplagen, die Hauptstadt Ciudad Bolivar und das Leben dort werden in einigen hervorragenden Zügen beschrieben. . Professor Sartori teilt nach französischen Quellen einige Schilde- rungen aus dem Leben der Marquesas-Indianer mit. LXXXXIIN. Versammlung am 15. März 1895. Vorsitzender Professor Sartori. 1. Vorlegung und Genehmigung der Kassenrechnung für das Jahr 1894. 2 [97 Zum Mitgliede des Vorstandes für den ausscheidenden Senator Dr. Brehmer wird Major von Koschitzky gewählt. Mitteilungen des Vorsitzenden, Prof. Sartori, über: a. die Beobachtung des zur Zeit hell leuchtenden Zodiakallichtes, b. die Bodenfläche und den Salzgehalt der Ostsee, c. die Reise des Baron von Toll nach Nordsibirien, d. die Kommandeur-Inseln in der Berings-See, den Ausflug des Forschungsreisenden H. v. Behr in den Grand Chaco. SCIESEE 191 LXXXXIV. Versammlung am 5. April 1895. Vorsitzender Professor Sartori. . Gestorben ist Oberlehrer Dr. Timpe. Ausgetreten sind Major von Schirach und Redaktör Hillmann. . Vorträge: a. Oberlehrer Dr. Schaper: Über die Ziele der Vereinigung von Freunden der Astronomie und der kosmischen Physik. Es handelt sich bei derselben darum, die enorme Arbeitslast, welche jetzt den Sternwarten obliegt und von ihnen gar nicht bewältigt werden kann, dadurch zu erleichtern, dass Laien, welche sich für die Astronomie interessieren, zur Mitarbeit herbeigezogen werden, indem man sie veranlasst, ihre Beobachtungen den Sternwarten mitzuteilen. Solche können schon mit kleinen Fernröhren betreffs des Mondes und des Jupiters angestellt werden. Es wurden viele Beispiele, die sich ausser auf die ge- nannten Weltkörper auch auf die veränderlichen Sterne, neu auftauchende Sterne, glühende Wolken, Nebensonnen, Meteore usw. bezogen, mitgeteilt und der Beweis geliefert, dass der Wissenschaft durch die Hülfe von Laien grosse Dienste er- wiesen werden können. Die Versammlung: beschloss, die Anregung zur weiteren Ver- handlung im Auge zu behalten. Professor Sartori: Über die Pamir, Tschitral und Kafıristan. . Oberlehrer Dr. Freund: Vorlegung und Erläuterung von Waffen aus Deutsch-Ostafrika, welche kürzlich aus der Bohndorff’schen Sammlung vom Museum für Völkerkunde erworben sind. LXXXRV. Versammlung am 10. Mai 1895. Vorsitzender Professor Sartori. 1. Eingänge: a. b. Dankschreiben der Geographischen Gesellschaft in Bremen für den ihr zu ihrem Jubiläum gesandten Glückwunsch. Einladung zum Geographenkongress in London. 2.. Eingetreten ist Konsul K. Scharfl. 3. Vorträge: a. Dr. Lenz: Über den aufrechten Gang der Menschen im Unter- schied von dem der Säugetiere. Unter Vorzeigung von Skeletten und Schädeln wurde dies am osteologischen Baue jener demon- striert. Der Redner ging dann auf die angeblich in Java von einem holländischen Militärarzte entdeckten Knochenrest eines Affenmenschen über und wies auf die grossen Unwahrschein- lichkeiten hin, welche die aus den gefundenen Stücken gezogenen Folgerungen haben. Dennoch sei es von Wichtigkeit, die ge- fundenen Überreste genauer zu untersuchen, da es sich ver- mutlich um eine fossile Art eines grossen Gibbon handle. Es sei aber entschieden zu betonen, dass eine Brücke zwischen dem Knochenbau des Menschen und des Affen sich in keinerlei Weise werde ermitteln lasssen. b. Oberlehrer Dr. Müller: Neuere Anschauungen über Erdbeben. Es werden verschiedene Arten der Erderschütterungen, ihre Aus- dehnung und ihre Verteilung auf der Erdoberfläche erörtert. Reich sind die Gegenden, wo sich Vulkane finden; reicher noch die mit neuen Gebirgen, oder mit solchen an der Meeresküste. Die Dauer der einzelnen Stösse ist nur kurz, die ihrer Wiederholung sehr verschieden. Zu den Nebenerscheinungen gehören Ge- räusche, doch kommen diese nur bei sehr starken vor. Spal- tungen der Erdoberfläche sind gewöhnlich. Hebungen niemals, Senkungen sehr häufig beobachtet. Andere Nebenerscheinungen sind das Versiegen von Quellen oder das Entstehen von neuen. Als Ursachen sind nicht eine einzige, sondern mehrere anzu- nehmen, das Einstürzen unterirdischer Räume, vulkanische Thätiekeit, Explosionen durch Dampfentwicklung im Innern der Erdrinde (freilich von manchen Geologen beanstandet), endlich in den meisten Fällen der tektonische Aufbau der Erd- rinde. Immerhin ist die Theorie der Erdbeben noch sehr wenig entwickelt, so dass die Geologen gegenwärtig besonders darauf ausgehen, Beobachtungen zu machen und zu sammeln, zu welchem Zwecke verschiedene sinnreiche Instrumente erfunden und in Anwendung gebracht sind. Infolge dessen ist man zu der Ansicht gelangt, dass ihre Zahl, ihre Ausdehnung u. dgl viel grösser ist, als man bisher annahm. LXXXXVI. Versammlung am 24. Mai 1895. Vorsitzender Professor Sartori. 1. Gestorben ist G. ©. Hahn, Fabrikbesitzer. 2. Eingegangen ist vom korrespondierenden Mitgliede Prof. Dr. Deecke in Greifswald seine Schrift: Skizzen aus Norrland. 3. Vorträge: a. Major von Koschitzky: Nancy. Es wurden zuerst die geographische Lage der Stadt und die starke Befestigung, mit welcher sie in der letzten Zeit umgeben ist, beschrieben, und hierauf die vielen schönen Bauten eingehend geschildert. Zahl- reiche Photographien unterstützten die Erläuterungen, welche durch manche interessante Mitteilungen über die dort herrschen- den Sitten und Gewohnheiten unterbrochen wurden und an welche sich auch ein Blick auf die Umgegend und die an- ziehendsten Punkte derselben schloss. b. Oberlehrer Dr. Schaper erstattete einen Bericht über den letzten deutschen Geographentag in Bremen. LXXXXVII. Versammlung am I 1. Juni 1895. Vorsitzender Professor Sartori. Dr. Fritsche aus Petersburg, Direktor a. D. der Sternwarte in Peking, berichtete über seine fünf Reisen zwischen Petersburg und Peking und seinen Aufenthalt in dieser Stadt, sowie über die in China herrschenden Zustände. Eingeladen waren die Mitglieder des Herrenabends der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Thätigkeit. LXXXXVIN. Versammlung am 18. Oktober 1895. Vorsitzender Professor Sartori. . Gestorben H. Martens. . Eingetreten II. Staatsanwalt Lienau. Se . Vortrag von Oberlehrer Dr. Bäthcke über seine Reise nach dem Orient (mit der Riesel'schen Reisegesellschaft) unter Vorlegung zahl- reicher Photographieen. NB. Da der sehr interessante Vortrag an diesem Abende nicht be- endet werden konnte, geschah es am 17. Oktober im Herrenabende der Geographischen Gesellschaft. LXXXXIX. Versammlung am 15. November 1895. Vorsitzender Professor Sartori. 1. Gestorben Oskar Borchert, Afrikareisender, korrespondierendes Mitglied. 2. Ausgetreten E. J. A. Lütgens. 3. Als Gast anwesend Herr Baba B. Jschaja aus Täbris, Persien. 13 al 4. Vorträge: Professor Sartori: Die Republik San Marino. Derselbe. Die angebliche Auffindung eines geschwänzten Menschen in Cambodja. Derselbe. Mitteilungen über die Gauchos in Argentinien aus Briefen eines jungen Lübeckers daselbst. 5. Ausgestellt war ein grosser, vom Maler Weidmann hergestellter Karton mit mehr als 100 Typen aus Deutsch-Ostafrika, welcher für die Berliner Kolonialausstellung ausgeführt werden soll. C. Versammlung am 22. November 1898. Vorsitzender Professor Sartori. Vortrag von Baba Bar Jschaja, Privatgelehrtem aus Täbris, über Armenien und Persien, vornehmlich ethnographischen Inhalts. Zu dieser im Vortragssaale des Hauses der Gesellschaft zur Beför- derung gemeinnütziger Thätigkeit gehaltenen Versammlung waren die Mitglieder derselben mit ihren Damen eingeladen. Nach derselben wurde ein Herrenabend gehalten, an welchem der Vortragende als Gast teilnahm. Ci. Versammlung am 20. Dezember 1895. Vorsitzender Professor Sartori. 1. Eingetreten J. H. Rethwisch, Privatmann und K. G. Hartwig, Kunst- gärtner. 2. Eingänge: a. Mitteilung der Geographischen Gesellschaft in Lissabon, betr. die Säkularfeier der Entdeckung des Seeweges nach Ostindien am 9. Juli 1897. b. Mitteilung über eine Eingabe an die Kanalbaubehörde, betr. eine Unterstützung zur Verlegung der erdmagnetischen Station. 3. Ausgelegt war eine grössere Anzahl von Karten, Atlanten, geogra- phischen und Reise-Werken. 4. Vorträge: a. Oberlehrer Dr. Freund: Madagaskar. b. Dr. Lenz: Die Tierwelt Madagaskars und ihre geographischen Beziehungen mit Demonstration einer Anzahl von Madagassischen Gegenständen aus dem Museum. Cil. Versammlung am 17. Januar 1396. Vorsitzender Professor Sartori. 1. Ausgetreten Oberlehrer M. Reuter. 6. . Eingetreten Assessor Voigtel, Privatmann G. ©. E. Stallknecht, Dr. med. Karutz und Dr. med. Uter. Zu Kassenprüfern der Abrechnung für das Jahr 1895 werden H. Born und H. Veers erwählt. Die zur Wahl eines Vorstehers der Sammlung für Völkerkunde an Stelle des ausscheidenden Dr. Zillich aufgestellte Vorschlagsliste wird genehmigt. Mitteilungen und Beschlüsse: a Anzeige, dass die Kaiserl. Russische Geographische Gesellschaft am 2. Februar ihr 50jähriges Jubiläum begehen werde. — Beschlossen wurde, ihr einen Glückwunsch zu senden. b. Wirkl. Geh. Admiralitätsrat Prof. Dr. Neumayer wird am 21. Juni seinen 70. Geburtstag feiern. — Beschlossen wurde, sich an der Herstellung einer Marmorbüste desselben durch den Bildhauer Schaper zu beteiligen. Vorträge: a. J. Gaedertz: Mitteilungen aus Briefen des Kapitän Storm, jetzt im Territorium Washington in den Vereinigten Staaten. b. Professor Sartori: Über die Armenier und über Transvaal. NB. Im Herrenabend am 31. Januar machte S. Cohn sehr inter- essante Mitteilungen über seine kürzlich ausgeführte Reise nach Agypten unter Vorlesung zahlreicher schöner Photographien. N ESS) =] Ciil. Versammlung am 13. März 1896. Vorsitzender Professor Sartori. . Gestorben Schwedisch-Norwegischer Generalkonsul Äkerblom, Mitglied der Gesellschaft seit 1382, Kassenführer 1882—1885. Ausgetreten C. R. Th. Schlie. Eingetreten ©. J. A. Pasedag. Anwesend Exec Dr. Krauel, Gesandter des Deutschen Reiches in Brasilien, Ehrenmitglied der Gesellschaft. Vorlegung und Genehmigung der Kassenrechnung für das Jahr 1395. Das aus der Vorsteherschaft scheidende Mitglied F. ©. Sauermann wird wieder gewählt. . Vorträge: a. Oberlehrer Dr. Schaper: Über neue Untersuchungen aus der Erdphysik, und zwar über erdmagnetische Probleme. Seit Gauls 13* 196 gezeigt hat, dass die Annahme eines grossen Magneten in der Erde nicht ausreicht, das beobachtete Verhalten der Magnet- nadel auf ihr zu erklären, sondern dass man als Ursache eine Kraftquelle, die sich über die gesamte Erde erstreckt, ansehen muss, ist von verschiedenen Seiten versucht, das Gesetz dieser Kraftquelle zu erforschen. Dies Gesetz ist sehr verwickelt und wird um so verwickelter, je mehr die genaueren Untersuchungen zeigen, dass die Richtung der Magnetnadel sich als höchst un- regelmässig erweist. Solche Unregelmässigkeiten sind in der letzten Zeit nachgewiesen worden von Fritsche in der Umgegend von Moskau und von Reykcoorsel in den Niederlanden. Von Bezold zeigt in einer neuen Abhandlung, dass die Ursachen des Erdmagnetismus in zwei Teile zerfallen. Eine regelmässig um die Erdachse verteilte Kraftquelle weist darauf hin, dass sie vielleicht durch die Erdrotation veranlasst ist; wie ja jeder in einem elektrischen Felde rotierende Körper magnetische Kraft- äusserungen entwickelt. Die andere, unregelmässig verteilte Kraft- ursache hat nach von Bezold ihre Centren in der Nähe von Australien und von Südamerika. Gleichzeitig veröffentlicht Dr. Schmidt in Gotha eine Untersuchung, die es als möglich erscheinen lässt, dass elektrische Ströme, welche rechtwinklig die Erdoberfläche durchsetzen, als Ursache eines Teiles der magnetischen Kraftäusserungen angesehen werden müssen- Beide Untersuchungen weisen den magnetischen Forschungen neue Bahnen. b. Professor Sartori machte nach neueren portugiesischen Quellen Mitteilungen über das Volk der Botokuden in Brasilien. CIV. Versammlung am 17. April 1896. Vorsitzender Professor Sartori. Vortrag des k. u. k. österreichisch-ungarischen Hauptmanns a. D. Julius, Ritter v. Payer aus Wien über Polarforschung. Zu dieser Versammlung waren die Mitglieder der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Thätigkeit mit ihren Damen eingeladen und es schloss sich dem Vortragenden zu Ehren ein gemeinsames Abendessen daran, welches lebhafte Beteiligung fand. 197 CV. Versammlung am 15. Mai 1896. Vorsitzender Professor Sartori. . Gestorben ist Konsul Grupe. 2. Eingetreten sind Kaufmann K. N. Schröder und Architekt P. W. Sönnichsen. . Mitteilung: Vom Bürgerausschuss sind der Erdmagnetischen Station A 400 auf drei Jahre (1896—1899) bewilligt. . Vorträge: a. Oberlehrer Dr. Schaper: Über die Pläne, welche für eine Deutsche Expedition zur Erforschung des Südpols ins Auge gefasst sind, und die Aufbringung der erforderlichen Kosten. b. Dr. med. Karutz: Über Ohrenschmuck und Ohrendurchbohrung. Es wurde zuerst die früher auch bei uns allgemeine Sitte, das Ohr zu durchbohren und einen Ring oder dergleichen einzu- hängen geschildert, dann die weite Verbreitung in allen Welt- teilen dargelegt, insoweit sie auf kulturellen Anschauungen beruht. Bei manchen Völkern war es ein Unterscheidungs- zeichen, z. B. von mannbaren Jünglingen, unverheirateten Mädchen usw. Besprochen wurden die Völker, die die Ohren- durchbohrung nicht kennen, noch gekannt haben, deren Zahl aber die geringere ist. Welche die Ursachen dieses Gebrauches gewesen sein mögen, wurde an verschiedenen Beispielen er- läutert, sowie diejenigen Gegenstände, welche zum Schmuck ver- wendet werden. Über die Zeit der Ohrendurchlöcherung und den Akt derselben wurden zahlreiche Mitteilungen gemacht. Betrachtet man die Gegenstände, welche zum Schmuck ver- wendet werden, so erkennt man in ihnen den Fortschritt der Kultur. Die Wirkung des oft sehr schweren Schmuckes auf das Ohr selbst, die Ausdehnung desselben, ist oft sehr gross und hat zu manchen märchenhaften Erzählungen Anlass ge- geben. Kostbaren Ohrenschmuck zeigt schon das Altertum bis auf die neueren Zeiten; häufig war derselbe höchst absonderlich. Zum Schlusse wurden einige Beispiele angeführt von Schmuck, der an den Ohren ohne Durchbohrung derselben angebracht war. Mitgliederverzeichnis. Vorstand. Sartori, Aug., Professor am Katharineum, Vorsitzender. Sauermann, F. C., Kaufmann, Kassenführer. Schreiber, v., S., Rentier. Schaper, ©. W., Dr. phil, Oberlehrer am Katharineum, Stellvertreter des Vorsitzenden. Lenz, H. W. Ch., Dr. phil., Lehrer an der höheren Bürgerschule, Conservator des Naturhistorischen Museums. Freund, K. @. H., Dr. phil., Oberlehrer, Schriftführer. Koschitzky, v., Major z. D. Ehrenmitglieder. Neumayer, Professor, Dr. phil., Wirklicher Geh. Admivralitätsrat, Direktor der Seewarte in Hamburg. Schering, Professor, Dr. phil., Geh. Rat, Direktor der Sternwarte in Göttingen. Krauel, Richard, Dr. jur., Gesandter des Deutschen Reiches in Rio de Janeiro. Förster, Wilh., Dr., Geh. Regierungsrat, Professor, Direktor der Kgl. Stern- warte in Berlin. Korrespondierende Mitglieder. Pauli, Gustav, Privatmann, Berlin. Mechow, von, Major a. D., Ritter, Strassburg. Münzenberger, Adolf, General-Superintendent der Corallitos-Kompagnie, Coral- litos, Chihuahua, Mexiko. Wissmann, v., H., Major, Kais. Reichskommissar in Ostafrika. Kiepert, Rich., Dr. phil., Redaktör des Globus, Berlin. Deecke, W., Dr. phil., Ausserordentlicher Professor, Greifswald. Ave-Lallemant, Hermann, Professor, San Luis, Argentinien. Mitglieder. Baethcke, L. H., Dr. phil, Oberlehrer am Katharineum. Behn, C., Konsul. Behncke, H. L., Kgl. Grossbrit. Vize-Konsul, Weinhändler. Behrens, H., Kaufmann. Bertling, F. H., Senator. Blumenthal, @. ©. O., Betriebsdirektor der Lüb.-Büch. Eisenbahngesellschaft. Bödeker, E. H., Hauptlehrer. Born, Herm., Privatmann. ‚ Boy, H. A. F. J., Kaufmann. Braitström, A. H., Kaufmann. Brattsiröm, K. A., Senator. Brecht, E. W., Geh. Regierungsrat, Eisenbahndirektor. Brehmer, W., Dr. jur., Senator. Brehmer, A., Ingenieur. Brinkmann, A., Werftdirektor. Brockmöller, H. J. J., Kapitän. Brüggen, J. J., Kaufmann. Buck, H. Th., Kaufmann. Burmester, J. J., Schiffsmakler. Carstens, E. H. C., Kaufmann. Carstens, C., Rentner. Cohn, S. L., Kaufmann. Coleman, Ch., Buchdruckereibesitzer. Dade, Heinr., Dr. med., prakt. Arzt. Deecke, J. H. A., Senator. Diestel, J. F. P., Vermessungs-Inspektor. Erasmi, Adolf, Kaufmann. Erasmi, H., Fabrikant. Eschenburg, B. F., Dr. phil, Professor am Katharineum. Eschenburg, H., Senator. Faber, O., Konsul. Fehling, F., Dr. jur., Senator. Fehling, H. W., Kais. Kgl. Österreich. Konsul, Kaufmann. Gaedertz, H., Schifisrheder. Gaedertz, P. M., Schifismakler. Genzken, W. H. A., Dr. phil., Oberlehrer am Katharineum. Görtz, H. A., Dr. jur., Rechtsanwalt. Gos/mann, F. G. F., Kaufmann. Haack, H. M., Kaufmann. Hach, Theod., Dr. jur., Bibliothekbeamter und Konservator. Hahn, J. H., Fabrikbesitzer. Hamann, J. H. W., Kaufmann, Konsul. Hammerich, A. J. K., Dr. med., Arzt. Harms, Th. F., Konsul, Weinhändler. Hartung, K., Kaufmann. Hartwig, F. H. J., Rentier. Hartwig, K. @., Kunstgärtner. Hausberg, H., Dr. phil., Oberlehrer am Katharineum. Heitmann, J. 4A., Schiftskapitän. Heyke, W. H., Kaufmann. Hoffmann, P. M., Direktor der Ernestinenschule. Hoppenstedt, ©. A. E. L., Landgerichtspräsident. Jänisch, Stadtrat a. D. Jürgens, H. F. W., Kaufmann. Korutz, H. C. M. C., Dr. med., Arzt. Kermer, G. R, Oberinspektor der Deutschen Lebensversicherungsgesellschaft. Klug, H., Dr. jur., Senator. Koch, A. F., Hauptlehrer. Koch, E., Kaufmann. 200 Krohn, K. H. A., Konsul. Küstermann, F. H., Dr. phil., Professor am Katharineum. Lange, H., Kaufmann. Lienau, Kay, Dr. jur., Staatsanwalt. Linde, F. A. H., Privatmann. Lübcke, Rob., Buchhändler. Marty, W., Kgl. Portug. Konsul, Kaufmann. Merkus, J. C., Dr. jur., Privatmann. Mertens, K. A. E., Oberlehrer am Katharineum. Meyer-Tranbjerg, Th. Am., Zahnarzt. Mollwo, L. W. H., Professor am Katharineum. Miühsam, S., Apothekenbesitzer. Müller, E. L. J., Dr. phil., Professor an der höheren Bürgerschule. Nachtwey, J. H. F., Kapitän. Neumann, J. M. A., Dr. jur, Landrichter. Nöhring, J. H. F., Photograph. Ollsen, $. H. @., Kapitän. Otte, H. P. K., Bankdirektor. Pabst, Dr. jur., Oberbeamter des Stadt- und Landamtes, Direktor des Statisti- schen Bureaus. Pasedag, ©. J. A, Rentner. Pauli, A. P., Dr. med., Arzt. Peters, B. A. A., Kaufmann. Pfaff, ©. A., Apothekenbesitzer. Pfuhl, C., Privatmann. Pflüg, @. Th. L., Kommerzienrat, Weinhändler. Pierstorff, T’h., Schiftskapitän. Plessing, C. Th., Kgl. Bayer. Konsul, Weinhändler. Posfehl, J. L. E., Kaufmann. Rahtgens, J. N. H., Druckereibesitzer. Rahtgens, C., Druckereibesitzer. Rehder, J., Kegl. Belg. Konsul, Kaufmann. Rehder, B., Baudirektor. Rehtwisch, J. F., Kaufmann. Reimann, @. A., Dr. phil., Direktor der v. Groszheim’schen Realschule. Reimpell. Georg, Kaufmann. ‚Rittscher, A. F., Zimmermeister. Rose, A., Weinhändler. Rose, J. A., Dr. med., Arzt. Sartori, H. F. Th., Architekt. Scharf, Gust., Kommerzienrat, Weinhändler. Scharff, Karl, Konsul, Kaufmann. Schildt, J. H., Maurermeister. Schmidt, @. J. L., Zahnaızt. Schmidt, M., Buchdruckereibesitzer. Schneermann, ©. E. J., Oberlehrer am Katharineum. Schorer, Th., beeidigter Gerichtschemiker. Schröder, K. N., Kaufmann. Schultz, H. J. @. A., Weinhändler. Schulze, F. L. K., Navigationsschuldirektor. Schütt, H. @. L, Schiffsmakler. Siemsfen, ©. A., Kaufmann, 201 Sonder, Oh. ©. A. A. Dr., Apotheker. Sönnichsen, P. W., Architekt. Stallknecht, G. C. E., Privatmann. Steffen, J. H., Kapitän. Stolterfoht, @. N., Fabrikbesitzer. Trautmann, v., A., Hauptmann. Trummer, B. A, Hauptpastor. Uter, F. Ch. W., Dr. med., Arzt. Veers, J. H., Privatmann. Vermehren, J., Dr. jur, Rechtsanwalt. Vermehren, W., Kaufmann. Warncke, H., Kgl. Schwed.-Norw. Konsul, Kaufmann. ‚Wattenberg, O., Dr. med., Arzt. Weidmann, C©., Kunstmaler. Wengenroth, W. Th., Fabrikant. Werner, G. F., Kaufmann. Weyrowitz, J. C., Rentier. Wodick, E., Amtsrichter a. D. Wolpmann, E. A. W., Senator. Zillich, J., Dr. phil, Lehrer an der v. Groszheim’schen Realschule. Ausschuss für Bearbeitung einer Lübeckischen Landeskunde. Senator Dr. Klug. | Oberbeamter Dr. Pabst. Professor Dr. Müller. | Oberlehrer Dr. Genzken. Ausschuss für erdmagnetische Beobachtungen. Professor Dr. Küstermann, Vor- | Th. Schorer. sitzender. Konsul ZH. W. Fehling. Oberlehrer Dr. Schaper. F. H. Bertling. Ausschuss für Handelsgeographie und Kolonialwesen. Vorstand. C. A. Siems/en. \ 8. von Schreiber. Aug. Sartori, Vorsitzender. | S. Mühsam. Vorsteherschaft der Sammlung für Völkerkunde. Oberlehrer Dr. Freund, Vorsitzender. | Oberlehrer Schneermann. Oberlehrer Dr. Hausberg. | Reallehrer Dr. Zillich. Major z. D. v. Koschitzky. | J. H. Veers. WE SO m Femme Verzeichnis der Gesellschaften, Vereine, Redaktionen a. $. W. mit welchen die Geographische Gesellschaft in Lübeck im Schriftenaustausch steht. Berlin, Gesellschaft für Erdkunde. _ Zentralverein für Handelsgeographie und Förderung deutscher Inter- essen im Auslande. — Deutsche Kolonialgesellschatt. — Nachtigal-Gesellschatft. Bonn, Naturhistorischer Verein für Rheinland und Westphalen. — Niederrheinische Gesellschaft. Bremen, Geographische Gesellschaft. Chemnitz, Kgl. Sächsisches Meteorologisches Institut. Dresden, Verein für Erdkunde. Elberfeld, Naturwissenschaftlicher Verein. Frankfurt a. M., Verein für Geographie und Statistik. Freiberg i. $., Geographischer Verein. Giessen, Oberhessische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. Greifswald, Geographische Gesellschaft. Halle a. $., Verein für Erdkunde. —— Kais. Leopoldinisch-Carolinische Deutsche Akademie der Natur- forscher. Hamburg, Geographische Gesellschaft. Hannover, Geographische Gesellschaft. Jena, Geographische Gesellschaft in Thüringen. Kassel, Verein für Naturkunde. Karlsruhe, Badische Geographische Gesellschaft. Kiel, Naturwissenschaftlicher Verein für Schleswig-Holstein. Königsberg, Geographische Gesellschaft. Leipzig, Verein für Erdkunde. — Museum für Völkerkunde. Metz, Verein für Erdkunde. München, Gesellschaft für Erdkunde. Osnabrück, Naturwissenschaftlicher Verein. Stettin, Verein für Erdkunde. Stuttgart, Württembergischer Verein für Handelsgeographie und Förderung deutscher Interessen im Auslande. Zentralkommission für wissenschaftliche Landeskunde von Deutschland. Zwickau, Verein für Naturkunde. Wien, Geographische Gesellschaft. — KR, Geologische Reichsanstalt. — K.K. Naturhistorisches Hofmuseum. — Verein der Geographen an der Universität Wien. — K.K. militär-geographisches Institut. 203 Linz a. D., Museum Franeisco-Carolinum. Herrmannstadt, Siebenbürgischer Karpathenverein. Aarau, Mittelschweizerische Geographisch-Kommerzielle Gesellschaft. Bern, Geographische Gesellschaft. — Schweizerische naturforschende Gesellschaft. — Naturforschende Gesellschaft von Bern. Neuchätel, Societe Neuchäteloise de Geographie. Genf, Societe de Geographie. Leiden, Nederlandsch Aardrijskundig Genootschap. Stockholm, Svenska Sällskapet för Antropologi och Geografi Upsala, Universität. Bergen, Redaktion der Zeitschrift „Naturen.“ — Bergens Museum. Stavanger, Museum. St. Petersburg, K. Russische Geographische Gesellschaft. Kasan, Societe des naturalistes de l’Universite. Helsingfors, Sällskapet för Finlands Geografi. — Geografiska Föreningen. — Societas pro Fauna et Flora Fennica. Moskau, Geographische Sektion der K. Gesellschaft von Freunden der Natur wissenschaften. Paris, Societe de Geographie commerciale. — Societe de Geographie — Societe Academique Indo Chinoise de France. — Le Tour du Monde. Bordeaux, Societe de Geographie commerciale. Havre, Societe de Geographie commerciale. Rochefort sur Mer, Societe de Geographie. Tours, Societe de G&ographie. Manchester, Geographical Society. Edinburg, Royal Geographical Society. Brüssel, Societe royale belge de Geographie. Lüttich, Societe d’Histoire et de Geographie de l’Universite de Liege. Rom, Specola Vaticana Neapel, L’Oriente. Florenz, Afrikanische Gesellschaft von Italien, Sektion Florenz. Lissabon, Sociedade de Geographia. Washington, Smithsonian Institution. — American Colonisation-Society. San Francisco, Geographical society of California. New-York, American Geographical Society. Philadelphia, Geographical Club. Madison, W., Historische Gesellschaft. — Academy of Sciences, Arts and Letters. Chicago, Universität. Santiago, Chile, Deutscher wissenschaftlicher Verein. Sam Jose, Costarica, Instituto Meteorolosico Nacional. >— Instituto Fisico-Geografico Nacional. San Salvador, C. A. Observatorio Meteorölogico y Astronömico. Guatemala, Sociedad Guatemalteca de Ciencias. Tacubaya, Mexico, Observatorio Astronomico Nacional. Xalapa, Observatorio meteorologico, 204 Rio de Janeiro, Brasilien, Sociedade de Geographia. 5. Paolo, Brasilien, Commissäo Geographica e Geologica. Buenos Aires, Argentinien, Instituto Geogräfico Argentino. Cordoba, Argentinien, Academia Nacional de Ciencias. La Plata, Argentinien, Statistische Generaldirektion für den Staat Buenos Aires. Lima, Peru, Sociedad Geografica. Batavia, Java, Bataviaasch Genootschap van Kunsten en Wetenschappen. Brisbane, (Queensland, Branch of the Royal Geographical Society of Australasien. Verzeichnis der seit dem 1. Nov. 1894 eingegangenen Schriften, Erwerbungen und Geschenke. Im Austausch. Von der Gesellschaft für Erdkunde in Berlin. Zeitschrift Bd. 29 H. 4—6. Bd. 30 H. 1—6. Bd. 31 H. 1. 2. Verhandlungen Bd. 21 H.8. 9. Bd. 22 H. 1—10. Bd. 23 H. 1—6. Mitteilungen aus den deutschen Schutzgebieten Bd. S H. 1—4. Ich, S) Iek Ile 2% dem Zentralverein für Handelsgeographie in Berlin. Export. Jahrg. 16 Nr. 44—52. Jahre. 17. 18 Nr. 1-38. der Deutschen Kolonial-Gesellschaft in Berlin. Kolonialzeitung Jahre. 1894 Nr. 12. 13. Nr. 1—38. Nachtigal-Gesellschaft in Berlin. Zeitschrift Jahrg. 7 Nr. 4/5. dem Naturhistorischen Verein in Bonn a.[Ih. Verhandlungen 52. Jahrg. I. Hälfte. der Niederrheinischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde in Bonn. Sitzungsberichte 1895 Nr. 1. Geographischen Gesellschaft in Bremen. Deutsche Geographische Blätter Bd. XVII. Heft 4 XVII. H. 1—4. XIX. Heft 1. 2. dem KÄgl. Sächsischen Meteorologischen Institut in Chemnitz. Deutsches Meteorologisches Jahrbuch 11. Jahre. 3. 12. Jahre. 1. Jahrg. 13. Verein für Erdkunde in Dresden. XXIV. Jahresbericht. Naturwissenschaftlichen Verein in Elberfeld. Jahresbericht 1896 H. 8. Verein für Geographie und Statistik in Frankfurt a.|M. Jahresbericht 1893 bis 1895. der Oberhessischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde in Giessen. 30. Bericht. Geographischen Gesellschaft in Greifswald. Moenfahrt. VI. Jahresbericht. » dem Verein für Erdkunde in Halle a.|S. Mitteilungen 1894. 1895. der Kais. Leopoldinisch- Carolinischen Akademie der Naturforscher in Halle a.lS. Leopoldina H. 31. Akta 63. 1. « = Geographischen Gesellschaft in Hamburg. Mitteilungen Jahrg. 1891/2. H. II. 1896 Bd. 11. 12 nebst Karte. Geographischen Gesellschaft in Jena. Mitteilungen Bd. XIII. XIV. Jahrg. 1895. 1896 6) us e 206 Von dem Verein für Naturkunde in Kassel. 40. und 41. Bericht. Naturwissenschaftlichen Verein für Schleswig-Holstein in Kiel. Schriften, Bd. 10 H. 2. — Litteraturbericht Nr. 3. der Geographischen Gesellschaft in Königsberg. Gustav Hirschfeldt, Gedächtnisrede auf Hans Prutz dem Verein für Erdkunde in Leipzig. Mitteilungen 1894. 1895. Wissenschaftliche Veröffentlichungen Bd. 2. 3 H. 1. Verein für Erdkunde in Metz. Jahresbericht 1894/5 der Geographischen Gesellschaft in München. Festschrift. dem Naturwissenschaftlichen Verein in Osnabrück. Jahresbericht 10. 1895. Württembergischen Verein für Handelsgeographie. Jahresberichte XIII. XIV. der Zentralkommission für wissenschaftliche Landeskunde. Berichte 1893/4. 1894/5. Verhandlungen des 11. Geographentages dem Verein für Naturkunde in Zwickau. Jahresbericht 1894. 1895 der @eographischen Gesellschaft in Wien. Mitteilungen Bd. 37 H. 8—12. Bd. 38. 39 H. 1—7. K. K. @Geologischen Reichsanstalt in Wien. Verhandlungen 1894 H. 10—18. 1895. 1896 H. 1—9. dem K. K. Naturhistorischen Hofmuseum in Wien. Annalen Bd. IX H. 3. 4 Ba.XI. ı. Bd. XII. 1—4 K. K. Militär-Geographischen Institut in Wien. Bd. XIV. Abt. Erdmessung Bd. 5. 6. Verein der Geographen an der Universi‘ät Wien. Berichte über das XVII bis XXI. Vereinsjahr. Museum Franeisco-Carolinum in Linz a. D. Berichte Nr. 53 und 54. Siebenbürgischen Karpathenverein in Herrmannstadt. Jahrbuch XV. XVl. der Mittelschweizerischen Geographisch- Kommerziellen Gesellschaft in Aarau. Schweizerischer Historischer Kalender. Geographischen Gesellschaft in Bern. Jahresberichte 1894 H. 2. 1895 H. 1. 2. : Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft in Bern. Verhandlungen 1894. Naturforschenden Gesellschaft in Bern. Mitteilungen 1335 bis 1372. « = Societe neuchäteloise de Geographie & Neuchätel. Bulletin I. VIL VII. Societe de Geographie de Geneve. Le Globe T. VI. Bulletin 1. 2. Memoires VI. - = Nederlandsch Aardrijkskundig Genootschap, Amsterdam. Tydschritt, 1894 x. 30 US 6. X Aa de Leden. 207 Von der Svenska Leden Sällskapet för Antropologi och Geografi, Stockholm. Yan, NED NO 19 el dem Mineralogisch-Geologischen Imstitute der Universität Upsala. Heft 17—21. der Redaktion der Zeitschrift „Naturen“ in Bergen. Jahrg. 1894 Nr. 10-12. Jahre. 1895. 1896 Nr. 18. Bergen’s Museum in Bergen. Aarbog 1893. 1894/5. dem Museum in Stavanger. Aarsberetning 1894. der K. Russischen Geographischen Gesellschaft in St. Petersburg. Bericht XI. - Mitteilungen XXXI 1—5. XXXI 1. 2. : = Societe des Naturalistes de U’ Universite de Kazan. 8 Abhandlungen. Societe de Geographie Finlandaise in Helsingfors. Fennia Bd. 11. Geografisca Föreningen i Finland in Helsingfors. Vetenskapliga Meddelanden 1893 —1896. Societas pro Fauna et Flora Fennica in Helsingfors. Meddelanden 1891 bis 1895 inkl. Acta Societatis V 3. VII IX. X XI. Herbarium I 89. II 94. Botanische Sitzungsberichte Jahr 1—4 inkl. » Societe de Geographie commerciale de Paris. Bulletin XV 5. XVI 3. XVIl 1—12. XVII 1—8. : = Societe de Geographie de Paris. Bulletin 1894 2—4. 1895 1—4. 1896 1. Comptes rendus 1894 16—19. 1895 1—16. 1896 1—14. dem Herausgeber der Zeitschrift „Le Tour du monde“ in Paris. 1864 Livraison 66—73. 1865. 1866 Live. 1—37. der Societe de Geographie commerciale de Bordeaux. Bulletin 1894 Nr. 20—24. 1895. 1896. Nr. 1—14. Societe de Geographie commerciale du Hävre. \ Bulletin Sept. 1894. 1896 1 und 2 Trim. Societe de Geographie de Rochefort-sur-mer. Bulletin XIV. XV. XVI XVII 1—4. Congres National 1891. Societe de Geographie de Tours. Bulletin 1895 12727 47 1896. 1. - Geographical Society, Manchester. Journal Vol. IX 10—12. X. XI 1—6. Royal Society in Edinburg. Proceedings XX. » Societe Royale Belge de Geographie in ‚Brüssel. Bulletin XVIII 5. 6. XIX XX 1.2. « = Specola Vaticana in Rom. Publicazioni Fasc. IV. Cenni Necrologici. L’Oriente. Revista trimestrale del. Istituto orientale in Neapel. Anno I. Nr. 4. 208 Von der Sezione Fiorentina della Societü Africana d’Italia in Florenz. Bulletino II. Ser. II 3—8. Sociedade de Geographia in Lissabon. Boletim XIII 7—12. XIV 1—12. Actas Vol. XIV. Statuts. 4ieme Centenaire du Depart de Vasco de Gama. » American Geographical Society in Newyork. Bulletin Vol. XXVI. 4. H. 1. 2. XXVIM. RXUIXTT. dem G@eographical Club in Philadelphia. Bulletin I3—5. I 1. Geographical Soc. of the Pacific San Francisco. In memoriam of Th. E. Slevin. Deutschen Wissenschaftlichen Verein in Santiago (Chili). Verhandlung Bd. II 4. III 1/2. Instituto Meteorologico Nacional in San Jose (Costarica). Anales T. V1. Observatorio Meteorolögico y Astronömico in San Salvador C. A. Annuario 1895. Annales 1895. Observatorio Astronömico de Tacubya, Mexico. Boletim 1895 T. 1-—20. 22. 23. « Observatorio Meteörologico Central in Xalapa. Observationes Meteorolögicas 1894 Sept. —Dez. 1896 Jan. März. April. Juli. der Commissao Geographica e G£ologica in Sao Paulo, Brazil. Boletim 90 Nr. 8. 9. Dados climato logicas 1891. 1892. dem Instituto Geogräfico Argentino in Buenos Aires. Boletim XV 5—12. XVI 1—12. XVII 1—6. der Sociedad Geografica in Lima. Boletim Ano IV. T. N. Nr. 3.4. Tomo V 6. (ueenslandbranch of the R. Geographical Society of Australasia in Brisbane. Proceedings Vol. 9. 1895 uhe&er . Geschenke. Die mit einem Stern versehenen Werke sind von den Verfassern überreicht. ®=A. P. Lorenzen: 2. Litteraturbericht für Schleswis-Holstein, Hamburg und Lübeck 1893. Kiel 1894. Kiel 1895. Kapitän Jäger: Birmanische und chinesische Zeitungen *Prof. Dr. Deecke, Greifswald: Skizzen aus Norrland (Nordschweden). Festschrift zum 25jährigen Jubiläum des Naturforschervereins in Riga. H. J. Sjögren: Bulletin of the Geolosical Institution of Upsala. Deutsche Kolonialgesellschaft. Jahresbericht 1894. *Otto Kuntze: Geogenetische Beiträge. Leipzig 1895. * Henri Moser: Bosnien und Herzegowina. Schaffhausen. "Dr. Pablo Krüger: La Determinacion Astronömica de las coordenadas Jeo- eräficas en la Espedicion al Rio Palena. Santiago 1895. *Prof. Palmeen, Helsingtors: Travaux Geographiques en Finlande. Referat über den Stand der Kenntnis des Vogel- zuges. 1891. 209 *Rud. Fitzner: Die Regentschaft Tunis. Berlin 1895. *Dr. Pablo Krüger, Santiago: Observaciones hipsometricas i meteorolögicas en la Espedicion al rio Palena. *Prof. Dr. Deecke, Greifswald: Geologische Sagen und Legenden. =Dr. Paul Schreiber, Chemnitz: Über registrierende Regenwasser und Pegel. *Blisee Reclus, Brüssel: Projet de construction d’un globe terrestre & l’echelle du Cent-Millieme. 1895. Dr. med. Eschenburg: Verhandlungen der Gesellschaft Deutscher Natur- forscher und Ärzte in Lübeck. 11895. * Albert Sanchez: La Cornoide. San Salvador. E. Cords, Bibliothekar in La Plata. Revista VII 1. *= Neumayer, Prof. Dr.: Über Südpolarforschung. *Dr. Hahn, Berlin: Die Stellung Afrikas im Welthandel. R. Michelsen, Konsul: Nützliche Mitteilungen für Einwanderer in Argen- tinien. 7 Hefte. — Message du President de la Republique Argentinoise. Buenos Aires 1895. Publications du Comite d’Egypte. L’Egypte et l’Europe I. II. @. C. Hahn: Stielers Atlas. Grosse Ausgabe. "Dr. Richard Kiepert: Reisekarte des Deutschen Kamerunkomites Dr. Passarge. 1893 —94. Blatt 1—3. Angekauft. A. Herrich: Ostasien, Japan, Korea, Ostchina. Flemming, Glogau. — Neue Spezialkarte von Korea, Nordostchina. Flemming, Glogau. == Neue Spezialkarte von Eritrea, Abessinien und dem östlichen Sudan. Flemming, Glogau. Geschenke für das Museum für Völkerkunde. Landrichter Schmedes: Cigarrette aus Rangoon. Kapitän Jäger: Chinesische Ehrenflagge. Durch Abonnement werden erworben: Petermann’s Mitteilungen. A Globus. meui.cher um Österreichischer Alpenverein. Mitteilungen. : Hefs, Zeitschrift. nalen der. En drosranhie und Maritimen Meteorologie. Geographische Nachrichten. Herausgegeben von Rudolf Fitzner. Mouvement G£eographique. Abgeschlossen den 18. September 1896. Nrhenoung abe Inenmnauer Wi N “ ul ik Mitteilungen Geoeraphischen Gesellschaft und des Naturhistorischen Museums LÜBECK. Herausgegeben von Brofs Aug. Sartori und Dr. Heiner. Benz. Zweite Reihe. Heft 12 und 13. VrReerNN Sr Lübeck. Lübeke & Hartmann. m & =. » H Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft und des Naturhistorischen Museums LÜBECK. Herausgegeben Brof, Aug sarlori und Dr, HleinrzEenz. Zweite Reihe. Heft 12 und 13. Lübeck. IN x A RE da ei ) zu " Inhaltsverzeichnis. x Carl Mollwo, Köln. Über die Beziehungen der geographischen Lage Lübecks und der südlichen Ostseeküsten zu deren Ent- iwickelunsSinwdera@eschichtes Sr ya u Se Dr. Theod. Wetzke. Die GellivaraEıze . . . : ee cc Prof. Aug. Sartori. Der Ausbruch des Vulkans Kine in ya SW MALZIEIS 90. Aa na Rs IE age 1628 Colmar Schumann. Die Untertrave in ihren volkstümlichen Ortsnamen ra En ee ee 2 Majouz D. von Koschitzky. Die Käfer Lübecks". . 2... .....2..88. Otto Ranke. Land- und ae der Umgegend von Lübeck. . . ER aan Hessen Ben U 0)RL, Jahresberichte der Beostaphischen Ges echett 1896. SIE elle Erdmagnetischen Station 1896. . . . . 22-2120. des Museums für Völkerkunde 1896. 1897. . . . = 121. Naturhistorischen Museums 1896. 1897 . . . : 129. Verhandlungen der Geographischen Gesellschaft vom Oktober 1896 bis@Janwausls 99 En 3 Ne ee ee dis: Mitgliederverzeichnis , . . VE En ee no Verzeichnis der Cassleierin, Vereine, Redaktionen u. s. w., mit welchen die Gesellschaft im Schriftenaustausch steht . . = 160. Verzeichnis der eingegangenen Schriften, Geschenke u. s w. . . . = 168. Kan 0 Über die Beziehungen der geographischen Lage Lübeeks und der südlichen Ostseeküsten zu deren Entwickelung in der Geschichte. Von Carl Mollwo, Köln. Vorbemerkung. Die politische Geographie von Fr. Ratzel, das neueste und grundlegende Werk auf diesem Gebiet, ist im Oktober 1397 erschienen. Diese Studie ist schon im Früh- jahr. 1895 im grossen und ganzen in der hier vorliegenden Form niedergeschrieben. Die Anregung dazu gab der Unterricht, den der Verfasser während seiner Studienzeit im geographischen Seminar Ratzels genossen hatte. Insofern geht also diese Arbeit in ihren Grundgedanken teilweise auf die Anschauungen Ratzels zurück. Die politische Geographie von 1897 konnte leider erst wenige Wochen vor der Drucklegung benutzt werden. Es ist noch nicht lange her, dass die Geographie eine Wissenschaft im heutigen Sinn geworden ist. Unter ihren Begründern feiern wir an erster Stelle Carl Ritter. Die Anfänge einer Morphologie der Erdober- fläche finden sich bei ihm zuerst wie in einem Brennpunkt gesammelt. Zu seinen bedeutendsten Arbeiten zählt wohl sein Aufsatz über die räum- lichen Anordnungen auf der Aussenseite des Erdballs und ihre Funktionen im Entwickelungsgang der Geschichte. Ein Moment, das ihm Anlass zu feinsinnigen Ausführungen gab, war die auffällige Verbreiterung der Erd- teile an ihrem Nordrande, die Zusammenballung der Kontinente auf der nördlichen Halbkugel. Dabei machte er die Beobachtung, dass sich Rand- und Binnenmeere ebenfalls nur auf der Nordhemisphäre fänden, dass sie es wären, welche die grossen Landmassen zwar nicht zersprengten, aber auf- lockerten und vor den verderblichen nivellierenden Einflüssen der ge- schlossenen Kontinente bewahrten. An solche Ausführungen Ritters knüpfte Kapp*) an, als er auf die geschichtliche Bedeutung solcher geographischer Gegebenheiten hinwies. Mit seiner Scheidung der Kulturentwickelung in *) E.Kapp. Vergleichende allgemeine Erdkunde in wissenschalitlicher Darstellung. 1868. 2. Aufl. 2; Perioden potamischer, thalassischer und ozeanischer Kultur ist er den Fingerzeigen Ritters gefolgt, indem er noch eindringender als jener auf die Abhängigkeit der geschichtlichen Entwickelung von ihrem Schauplatz hinwies. Das Wasser in seinen verschiedenen Erscheinungsformen ist Kapp das verursachende Element jeder geschichtlichen Bewegung. Ihm scheint nichts lohnender, als die Beziehungen aufzudecken, die zwischen der jedesmaligen Erscheinungsiorm des Wassers und der Geschichte der anstossenden Länder und Völkermassen obwalten. Wie fruchtbar eine solche Betrachtungsweise für die Geschichte ist, zeigt kaum ein Werk besser als die griechische Geschichte von Ernst Curtius. Schon Kapp und noch manche andere haben aus diesen Beobachtungen Anlass genommen, auf die Ähnlichkeit der Entwickelung in den verschie- denen Rand- und Binnenmeeren, auf die geographische Ähnlichkeit des Mittelmeers und der Ostsee hinzuweisen.”) Es wird sich bei genauerer- Betrachtung ergeben, dass die geographischen Bedingungen in diesen beiden Becken zwar ähnlich sind, aber auch so viele Abweichungen aufweisen, dass man die unendlich verschiedene historische Entwickelung der beiden Becken ebenso sehr aus geographischen wie aus historischen Gründen zu erklären genötigt sein wird.”*) Die durchgehende Ähnlichkeit zwischen Ostsee und Mittelmeer liegt fast ausschliesslich in der Eigenschaft beider als Binnenmeere. Beide sind Meerbusen, die den atlantischen Ozean weit in den grossen Kontinent Asien, Afrika, Europa hinein fortsetzen. Zusammengenommen lösen sie Europa als Halbinsel von diesem Kontinent los. In dieser Meerlage Europas liegt der Grund, warum es in seiner Entwickelung der alten Welt so vorangeeilt ist; kein Stück derselben ist allen Einflüssen des Meeres, klimatischen wie kommerziellen, so ausgesetzt gewesen. ®) D. Schäfer, die Hansestädte u. König Waldemar p. 35. „In dem Verkehrsleben des letzten Jahrtausends nimmt die Ostsee ihre Stelle neben, nicht unter dem Mittel- meer ein.“ cf. dazu Ratzel, pol. Geogr. p. 593. "#) Wenn man an das grosse Problem einer lübischen Handelsgeschichte heran- geht, wird man nicht umhin können, auch solchen Gedanken Raum zu geben; weit mehr noch, wenn die Aufgabe sich dahin erweitert, dass die gesamten hansischen und überhaupt auswärtigen Beziehungen Lübecks in den Vordergrund der Betrachtung gestellt werden. Und das wird, wenn anders eine handelsgeschichtliche Darstellung den gesamten Stoff, den ihr Lübeck für die Erkenntnis der hansischen Entwickelung, die hansische Geschichte für die richtige Auffassung spezifisch lübischer Erscheinungen bietet, richtig ausnützen will, geschehen müssen. Erst die Erkenntnis der geographischen Bedingungen, unter denen Lübeck und die hansischen Küsten stehen, kann dazu führen, das Maass, das dem Anteil der Menschen am geschichtlichen Leben hier gebührt, abzuschätzen, und auf der andern Seite dem Walten der Natur das ihre zuzuteilen. 3 Die Funktionen beider Meere sind die gleichen für Europa. Aber in wie verschiedenem Grade haben sie diese erfüllen können. Mare medi- terraneum haben die Alten das Mittelmeer genannt und damit seine Haupt- eigenschaft für ihren Kulturkreis angegeben. Inmitten der ganzen damals bekannten Welt gelesen war es das Meer, das diese Welt mit einander verband zu einer zwar langsam, aber unaufhaltsam vorschreitenden Kultur- gemeinschaft, die nie vollständig wieder verloren gehen kann.*) Seine Ufer treten nirgends weit auseinander; kurze Fahrten, unterbrochen durch Aufenthalte auf zahlreichen eingestreuten Inseln, günstige regelmässige Winde beförderten die Schifffahrt nach allen Richtungen. Die Hauptaxe des Meeres geht von Osten nach Westen. Nur wenige Breitengrade trennten den süd- lichen Rand vom nördlichen, Klimaunterschiede durch Breitenlage sind nur in geringem Masse ‚vorhanden. Dieselben Kulturgewächse, die am Nordrand gedeihen, kommen auch an der Südküste fort. Keine Bucht des Mittelmeeres erstreckt sich soweit nach Norden, dass die Nachteile einer Eisbedeckung in Betracht kommen könnten. Wie anders liegt das alles bei dem Ostseebecken. Ein Gegensatz reiht sich an den andern.**) Wie klein erscheint die Ostsee mit ihren 6963 Quadratmeilen gegen die 45000 des Mittelmeers.***) Der reichen Küstenentwickelung des Mittelmeeres mit den lebhaft gegliederten grossen Halbinseln entspricht zwar manches in der Gestaltung des Ostseebeckens, immer aber ein in weit kleineren Verhältnissen. Während die Längsaxe des südlichen Meeres west-östliche Richtung zeigt, zieht die Hauptaxe der Ostsee von Norden nach Süden.f) Die Ostsee reicht mit ihrem südlichsten Busen an der Oder- und Travemündung bis an den 54. Grad; ihre nörd- lichste Grenze ist die Torneamündung unter 66 Grad. Sie hat demnach eine Längenausdehnung von 180 Meilen, während die grösste Breite von der jütländischen Küste bis zum kurischen Haff nicht über 90 und die Durchschnittsbreite etwa 36 Meilen betragen mag. Die Ostsee beginnt im Süden an Ländern, welche als Kornkammern gelten können, welche reiche *) cf. Baldamus in Ztschr. f. Gymnasialwesen, Bd. 45. NF. 25. 1891. p. 324. ==) Ratzel geht sogar so weit, den Vergleich der Ostsee mit dem Mittelmeer auf- zugeben und das Schwarze Meer heranzuziehen. Er sagt: (Polit. Geographie 1897 p. 594.) „In ihrer beschränkten Lage als letzte, östlichste, sackartig geschlossene Ausbuchtung des atlantischen Ozeans ist die Ostsee eher mit dem Schwarzen Meer als dem ganzen Mittelmeer zu vergleichen. Sie liegt wie jenes an der Schwelle Osteuropas.“ Über die kulturliche Bedeutung beider Becken cf. ibid. p. 593: „Während die Staaten sich be- fehdeten, haben Mittelmeer und Ostsee vermittelnd und verbindend als eine grosse, still wirkende Naturmacht eingegriffen. Zuletzt wurden die Völker an ihren Gestaden einander immer ähnlicher, und unaufhaltsam wird das fortschreiten.“ *#=) Ackermann p. 7. 7) Das Mittelalter war darüber allerdings anderer Ansicht. cf. weiter unten. 1* 4 Obsternten erzeugen, welche das Wachstum von Laubhölzern vorzüglich begünstigen, und berührt im Norden Gegenden, wo kein Hafer und kein Roggen mehr gedeiht, wo die Haselnuss nicht mehr fortkommt, wo Linden und Eichen verschwinden und selbst die Birke verkümmert. Daher zeigt das Ostseegebiet einen ziemlich grellen Unterschied von Norden und Süden. (Kapp.) Diese Differenz zeigt sich nicht nur in geographischer Beziehung oder den physikalischen Verhältnissen, sondern ebenso sehr in der verschiedenen Entwickelung von Süden und Norden im Gang der Geschichte und ist bis heute im Handelsverkehr wirksam. Das ganze Becken der Ostsee zerfällt in 3 Hauptteile, einen west. lichen, westlich der Linie Ystad-Arkona, nach Nordwesten bis zur Linie Marstrand-Skagen reichend, einen nördlichen, der durch die unter 60 Grad gelegene Gruppe der Älands-Inseln abgeschnitten wird, und den grössten, mittleren Teil mit den Einbuchtungen der Odermündung, der Danziger und der Königsberger.Bucht, des Rigaischen und Finnischen Meerbusens.“) Jeder einzelne Teil ist weiter durch eingestreute Inseln, die bei dem westlichen Teil sogar die Physiognomie des Meeres vollständig ändern, feiner gegliedert. Scharen kleiner Inseln folgen dem Zuge der felsigen Küsten des Bottnischen Busens vom 58. Grad an. Für die geschichtliche Entwickelung des ganzen Ostseebeckens kommen eigentlich nur der westliche und der mittlere Teil in Betracht.“*) Der nörd- liche ist erst sehr spät den Seefahrern bekannt geworden, er ist wenig aufgesucht, da die Produkte des Landes einen Handel wenig lohnend er- scheinen liessen; politische Bedeutung hat er erst erhalten, als das asiatische Russland an diesem Punkte das Meer erreichte; ***) handelspolitisch datiert seine Bedeutung von den Anfängen der Risengewinnung in grösserem Massstabe seit den 70er Jahren dieses Jahrhunderts. Es wird so nicht nötig sein, die in Schären aufgelösten Steilküsten des Bottnischen und Finnischen Busens einer Betrachtung zu unterziehen. Sie stehen im Gegen- satz zu den Küsten des mittleren und westlichen Beckens. Schweden hat, trotzdem es eine Küstenentwickelung wie wenige Staaten besitzt, noch heute keine Panzerflotte; seine Marine besteht nur aus kleinen Schiffen, die auch für die Küstenverteidigung genügen. Vom 56. Grad an schützen die *) Ackermann teilt nach der Barre von 20 m (p. 7 u. 20) anders. Als Teilungs- linie zwischen einem östlichen und einem westlichen Teil nimmt er die Linie Jungs- Hoved, Ulfshale a./Moen, Grönsund, Gjedser-Odde-Darsser Ort. 6724 DM. : 239 DOM. *#) Aus diesem Grunde musste auch von’ der Teilung Ackermanns abgesehen werden. ©) ef, ©, Ritter, über räuml. Anordnungen ete. 1850. p. 235 der Einleitung zur allg. vergleichenden Geographie. 5 Schären das Land, an den Süd- und Westküsten die Beschaffenheit der Ränder als Flachküsten. An einigen Stellen erheben sich zwar die Küsten- ränder zu beträchtlichen Höhen über den Meeresspiegel, es zeigt sich aber doch, dass die Küste trotzdem weit hinaus ins Meer reicht, sich flach gegen die Meerestiefe absenkt. Ein ganz vorzügliches Beispiel ist die schwedische Sundküste. Kohl *) führt aus, die beiden Küsten des Sundes seien sehr verschieden. „Jene (d. h. die schwedische) ist zwischen dem Vorgebirge von Kullen im Norden und dem von Falsterbo im Süden sehr geradlinig und obgleich meist hoch und schroff, doch längs des Meeresrandes seicht und mit vielen kleinen Riffen und mancherlei anderen Seegefahren besetzt.“ **) Eine ähnliche Erscheinung wie bei der schwedischen Marine finden wir bei der Flotte Deutschlands. Lange Zeit hiess es, wir brauchten keine Flotte, weil unsere Küsten sich selbst schützten. Sie seien so flach, dass Kriegsschiffe, besonders bei den heutigen Dimensionen derselben, überhaupt nicht an sie herankommen könnten. Leider ist das nur zum Teil wahr, Am meisten könnte man es von der Dünenküste Hinterpommerns be- haupten.“ ***) Zwei Typen der Küste bedürfen noch besonders der Hervorhebung, die Föhrden Holsteins und der in Haffe und Nehrungen aufgelöste Küsten- saum Preussens. Eingeschnitten in den Geestrücken, der als Fortsetzung des uralisch- baltischen Zuges das Rückgrat der jütischen Halbinsel bildet und den ihn am Ostrand begrenzenden Geschiebethon finden wir eine Reihe von Föhrden von Aalborg bis Neustadt. f) Die Gestalt dieser Föhrden ist trotz vieler geringfügiger Abweichungen äusserst gleichartig. Ganz regelmässig mit parallelen Ufern in das Innere eindringenden Buchten ohne Einschnürungen finden sich gar nicht; die =) J. G. Kohl, die geographische Lage der Hauptstädte Europas. Leipzig 1874, p- 982. ==) Vielleicht die beste Anschauung von ÖOstseeflachküsten gewähren die bei D. Schäfer, das Buch des lübischen Vogts auf Schonen, abgedruckten Pläne von Falsterbo und Skanör. ) cf. P. Lehmann, das Küstengebiet Hinterpommerns 1884 und derselbe, Pommerns Küste von der Dievenow bis zum Darss. Breslau 1378. An dieser Küste findet sich z. B. in der Entwickelung von 256 km das Verhältnis von Wasser-Küste zu Lehm-, Thon- oder Kreide-Küsten zu Dünen-Küste wie 2:15 : 25. 7) cf. Hahn, die Städte der norddeutschen Tiefebene in Forschungen zur deut- schen Landes- und Volkskunde I. 1886. p. 157 ff. und Jansen, die Bedingtheit des Verkehrs und der Ansiedelungen der Menschen durch die Gestaltung der Erdoberfläche, nachgewiesen an der cimbrischen Halbinsel. Kiel 1861 p. 87 ff. 6 Regel ist, dass an irgend einer Stelle die Ufer stark zusammentreten, um nach kurzer Zeit abermals zu divergieren. Ja, es ist im Laufe der Ent- wickelung häufig der Fall eingetreten, dass vollständige Abschnürungen früherer Meeresbuchten sich hinter noch bestehenden Föhrden bildeten. Ich erinnere nur an das Beispiel des Gruber Sees hinter Neustadt, des kleinen Kiels in Kiel, des Windeby Noer hinter Eckernförde, des Lin. dauer Noer bei Schleswig, des Haderslebener Damms. Den Föhrden stehen die Buchten von Rostock und Wismar, sowie der Dassower See sehr nahe, wenn man sie auch schwerlich als eigentliche Föhrden bezeichnen würde. In leichtem Bogen zieht sich die Südküste der Ostsee mit einer leisen Wendung nach Östnordost bis Tilsit hin, um dort scharf nach Norden umzubiegen. Ein Blick auf die Karte lässt die schöne Gliederung in eine Reihe von Buchten erkennen. Widerstandsfähigere Schichten haben die ausgleichende Wirksamkeit des erodierenden Küstenstroms mo- difiziert, und eine Reihe von Vorsprüngen hervortreten lassen, die als Grenzpunkte grösserer Busen gelten können. Der Reihe nach sind es die grossen Buchten von Lübeck, von Stettin, Danzig und Tilsit durch Rest: punkte von einander geschieden. Gemeinsam ist dieser ganzen Küsten- strecke der Charakter als Flachküste. Erst in bedeutendem Abstande vom Lande zeigen sich bemerkenswertere Tiefen. Nirgends finden sich grössere Tiefen als 323 m.*) Die tiefste Depression zeigt der Boden des Meerbusens zwischen Utö und Gotska- Sandö. Eine allgemeine Durchschnittstiefe ist nicht anzugeben, da heute noch nicht genügend zahlreiche und systematisch ausgeführte Messungen vorliegen. Man nimmt etwa 45m an.**) Lebhafte Strömungen sind nur an der deutschen Ostseeküste und den Verbindungsstrassen des Östseebeckens mit der Nordsee und dem Ozean zu verzeichnen. ***) Ein hervorstechendes Merkmal der Ostsee ist das fast vollständige Fehlen von Fluterscheinungen. Durch die Bodenschwellen, die die unter- seeische Verbindung zwischen Jütland und Schweden herstellen, und das Fehlen einer offenen Verbindung der Ostsee und Nordsee kommt der Flutstrom in so bedeutend abgeschwächtem Masse in das Ostseebecken, dass seine Wirkungen besonders an der deutschen und russischen Küste fast unmerklich und schwer messbar sind. f) *) cf. Ackermann p. 25. =*) Für die damit zusammenhängende Frage der Hebung und Senkung der Ostsee- küsten, cf. Peschel, Probleme p. 153, 154. ===) cf, O. Krümmel, Handbuch der Ozeanographie Bd. II. 1887. 464. J. G. Kohl, die geogr. Lage der Hauptstädte ete. 1374. p. 332 und Ackermann, p. 133, 142, 7) cf. Ackermann p. 142, 147, Es finden sich aber in der Ostsee Aufstauungen von Wassermengen, die an Grösse der Wirkungen den Fluterscheinungen des Ozeans kaum nachstehen. Durch das Vorhandensein weitgeöffneter Buchten, deren Ufer sich schliesslich im spitzen Winkel vereinigen, verbunden mit dem zeit- weiligen Vorherrschen gewisser Winde kommen in diesen Buchten, ja sogar in den Küstenflüssen, die in diese münden, Aufstauungen vor, die zwar selten mächtig und verheerend sind, aber doch durch Erzeugung von Inundationsgebieten und Hochwassergefahren auf die Anlage von Städten bestimmend eingewirkt haben. Schwankungen des Wasserstandes finden sich besonders im westlichen Teil des Beckens häufig, und auch relativ am bedeutendsten, so in der Kieler Föhrde, der Lübecker und der Wismarer Bucht. An diesen 3 Stellen sind z. B. bei der Sturmflut von 1872, No- vember 13, Wasserstände von über 3 m bis 3,17 m, in Heiligenhafen ein solcher von 2,9 m beobachtet worden.*) Aber auch die bedeutendsten häufiger vorkommenden Stauungen haben wir in diesem Teil der Ostsee zu suchen, in Schleimünde, Kiel und im Fehmarnsund. Starke, andauernd auflandige Winde sind die ge- wöhnliche Ursache dieser Erscheinung, die an Flachküsten für die Orts- ansiedelung von grosser Bedeutung werden können. Die Strecken, die so häufigen, unregelmässig wiederkehrenden Überflutungen ausgesetzt sind, können nie als tauglich für Niederlassungen gelten, ja solche Umstände können wohl alle sonstige Gunst einer Lage illusorisch machen. In die Ostsee ergiesst sich eine grosse Reihe von zum Teil sehr be- deutenden Flüssen. Eine ihrer Hauptwirkungen, verbunden mit der Ab- geschlossenheit dieses Beckens liegt in der allmählich fortgeschrittenen Versüssung der Ostsee, die wieder bei der Breitenlage dieses Meeres die Möglichkeit leichten Gefrierens herbeiführt. Es ist dies eine von den Erscheinungen, die zur Betrachtung der- jenigen Faktoren führen, von denen vornehmlich die Entwickelung der Geschichte im Ostseebecken abhängig geworden ist. Es lassen sich hier mehrere Grundsätze aufstellen. Der Boden bedingt die Geschichte in ge- wissen Grenzen immer. Die Richtung, in der er es thun kann, wird durch den Menschen und die Kraft und Geschicklichkeit, mit der er die natür- lichen Gegebenheiten auszunützen versteht, modifiziert. Nur kurz zu be- handeln sind hier diejenigen Naturgegebenheiten, die der Mensch nicht =) Der Wasserstand der Trave von 7,55 m am 24. Dez. 1890 (Lüb. Blätter 1890 p. 563) war gleich der Höhe der Sturmflut von 1883, Dez. 4.—5. und blieb hinter der vom 13. Nov. 1872 nur um 1,12 m zurück, zu verändern vermag, — z.B. das häufige Vorhandensein einer Eisdecke. Regelmässig am wichtigsten sind diejenigen Naturbedingungen, die dem Trieb des Menschen sich zu erhalten und zu einer höheren Lebenshaltung zu gelangen, dienstbar gemacht werden können. Demgemäss werden die geographischen Bedingungen, die man vom Standpunkt der Entwickelung in der Geschichte in den verschiedenen Zeitaltern und Kulturepochen als förderlich anzusprechen hat, verschieden sein. Was in den Zeiten vor der Erfindung der Schifffahrt, reinsten Jäger- und Nomadenlebens, dem Menschen in diesen Gebieten von höchstem Vorteil gewesen ist, wird nach der Erfindung der Schifffahrt an Nützlichkeit hinter die natürlichen Ge- gebenheiten zurücktreten, die dem Wasser als solchem innewohnen. Während weiter in den ersten Zeiten primitiver Schifffahrt Eisbedeckung, absolut hindernde Strömungen, gefährliche Winde, unnahbare Küsten dem Menschen als unüberwindbare Thatsachen entgegentreten, wird sich im Laufe der Zeiten die Bedeutung aller dieser Faktoren abschwächen, je nachdem der Mensch lernt, durch gesteigerte Technik die teil- weise noch widerstrebende Natur seinen Zwecken dienstbar zu machen. Dann werden feinere Unterschiede in den Strömungs- und Tiefenver- hältnissen der Häfen in erster Linie den Ausschlag geben in der Frage, welche Gegend einer Küste möglichst bedeutende und zahlreiche natürliche Vorteile mit denen vereint, die der menschliche Fleiss und Scharfsinn dem einen oder andern Punkt abzuringen gewusst hat. Das Ideal einer historischen Betrachtung auf geographischer Grundlage würde demnach wohl darin zu finden sein, bei der Beurteilung des Ganzen der historischen Entwickelung immer von der Betrachtung des Verhältnisses auszugehen, in dem in einem gegebenen Zeitpunkt der Vorteil oder Nach- teil der natürlichen Lage einer Gegend zu den Werken des Menschen steht; wie weit der Mensch in jeder Periode sich die Natur unterworfen hat, wie weit er ihr unterworfen geblieben ist. Ein höherer Wert würde diesen Betrachtungen dann noch zuzuweisen sein, wenn es auch hier ge- länge, aus der Entwickelung des Kampfes dieser beiden Kräfte einen Massstab für das in Zukunft Erreichbare und Unerreichbare zu entnehmen. Kehren wir jetzt zu der ersten dieser Fragen zurück, der Frage der Eis- bedeckung des Ostseegebiets, einer absoluten Gegebenheit. Die süd-nördliche Erstreckung vom 54.—66. Grad, bis zum nördlichen Polarkreis ergiebt allein schon die Beschränkungen, die der Schifffahrt auf diesem Meere durch die Eisbedeckung erwachsen. Drei Mal ist im Verlauf unserer Überlieferung (1323/24, 1459 und 1709)*) sogar der extreme ®) Lappenberg, Hamburgische Chroniken p. 235 £. und 396. Re) Fall eingetreten, dass die ganze Ostsee vollständig zugefroren war, so dass eine lang andauernde lebhafte Verbindung zwischen den preussischen, dänischen und schwedischen Küsten entstand.*) Häufiger sind die Belte und der Sund überfroren gewesen. **) Ja es kommt sogar Grundeisbildung in der Ostsee vor.***) In jedem Jahr tritt, verschieden nach der Breitenlage der einzelnen Häfen, ja sogar auch nach der Verschiedenheit ihrer Längenlage, eine mehr oder minder lang andauernde Eisbedeckung der Schifffahrt hinderlich entgegen. Es ist interessant, sich durch eme Zusammenstellung der Eistage in den verschiedenen baltischen Häfen ein Bild von der Bevorzugung der west- lichen und südlichen Küsten zu machen. f) Weiter ist die Anzahl der Eistage zweifellos geringer bei Flussmün- dungsstädten und offenen Rheden, da das bewegte Wasser der Flüsse oder der Wellenschlag der offenen See die Wasserfläche langsamer gefrieren lässt, als das, ja nur schwach salzige Wasser der in Buchten ruhenden Ostsee, ein sehr zu schätzender Vorteil der Städte, die für ihre Häfen Flusslage besitzen und nicht auf Rheden angewiesen sind. Im allgemeinen haben allerdings Häfen mit offenen Rheden, die den Einwirkungen des Wellenschlages und der Meeresströmungen völlig frei ausgesetzt sind, auch vor diesen noch Vorzüge bei der Frage der Eisbedeckung. Diese werden aber reichlich durch die Nachteile, die sich gerade auf ihnen während der Sommermonate geltend machen, aufgewogen. Auch den Winden gebührt in dieser kurzen Betrachtung eine Stelle. Schon Kohlff) machte auf die im Gebiete des Sundes durchaus vor- waltenden Westwinde aufmerksam. Im Zusammenwirken mit der That- sache, dass das Fahrwasser des Sundes nord-südlich verläuft, hat diese Erscheinung den für die Schifffahrt äusserst günstigen Erfolg, dass der =) Kapp, p. 405. ==) cf. Ackermann, p. 271, 272 (1269, 1292, 1333, 1349, 1399, 1402, 1408, 1423, 1545, 1658, 1670). Für 1670 cf. Hansische Geschichtsblätter 1879 p. 98, 99. Dort sind mit starken Vereisungen noch die lahre 1664/65, 1630, 1683 genannt. ##=®) Ackermann, p. 259, 260. 7) Tabelle von Ackermann, p. 261. Danach hat: Tage mit Eisdecke: Tage ohne Eisdecke: Bübeckgu an 32 333 Greifswald (Bodden) . 58 307 Neufahrwasser . . . 8 284 Riga er Eee 126 239 INArWa EN. 137 228 Betersbureae eg. 147 218 Rorneäpe: 233 132 tr) J. G. Kohl, die geogr. Lage der Hauptstädte Europas. Leipzig 1874, p. 332. 10 Seemann diese Westwinde sowohl zur Durchfahrt in nord-südlicher wie in süd-nördlicher Richtung verwenden kann. Ausführlich hat Ackermann darüber gehandelt.*) Im allgemeinen herrschen Südwest- und Westwinde, für die südliche Ostseeküste, also ablandige Winde durchaus vor, besonders tritt dies im Sommer hervor.”*) Innerhalb der westlichen Ostsee sind die Südwestwinde die vorherrschenden, an der Südküste der inneren Ostsee dagegen die reinen Westwinde. Für Lübeck modifiziert sich die Sachlage folgendermassen. Fast das ganze Jahr hindurch herrscht der Westwind vor. Im Januar ist nächst dem W der SW häufig, Während der West im Februar noch der häufigste Wind bleibt, tritt der NW mit dem SW in Konkurrenz und im März tritt zu diesen beiden noch der NO hinzu. Im April geht SW wie W zurück und neben NO und NW wird O häufiger. Vom Mai wird diese Entwickelung rückgängig. © büsst zunächst an Vorkommen ein, dann im Juni NO zu Gunsten des NW. Gleichzeitig wird W häufiger. Im Juli wird O unbedeutend; NW und nächst dem W auch SW treten hervor. Im August spielt schon wieder W die Hauptrolle, NW verliert, SW gewinnt Im September bis Dezember nimmt diese Entwickelung der westlichen und südlichen Winde ihren Fortgang und erreicht im Januar ihre grösste Ausbildung. ***) Vielleicht am wesentlichsten für die Gestaltung des geschichtlichen Lebens im Östseebecken ist die Gestaltung seiner Küste im Einzelnen gewesen. Die verhältnismässig reiche Gliederung des Küstenrandes durch teils scharf eingeschnittene, teils trompetenförmig erweiterte Flussmün- dungen, die Haff- und Lagunenbildung an einzelnen Teilen der Küste und besonders die Verteilung der Halbinseln und Inseln entlang der Küste und selten völlig getrennt von ihr hat verschiedene Möglichkeiten der Ansiedlung und Nutzbarmachung für den kriegerischen und friedlichen Verkehr geschaffen, die wie Hahnf) in seinem Schlusswort aussprieht mit grossem Verständnis, wenn auch vielleicht instinktivem benutzt sind. Eine ganze Reihe von Küstenflüssen und zwei grössere Stromsysteme ergiessen sich in die Ostsee. Beschränken wir uns hier auf den südlichen Teil, so tritt zuerst die Mecklenburger Bucht mit der in ihren westlichen Teil die Lübecker Bucht eingebetteten Travemündung hervor. Das Mündungs- becken der Trave nimmt die südwestliche Ecke der Ostsee ein, wo diese mehr als an einer anderen Stelle, sich trichterartig gegen das Flussgebiet SEl.chsp.l69sfE: cf. 1. c. Tabelle p. 172. ) cf. Schaper, Klimatisches in: die Freie und Hansestadt Lübeck. Lübeck 1890, p. 61. 7) Hahn, in Forschungen z. d. L. u. VK. Bd.1. 11 der Elbe und das westliche und südwestliche Deutschland hin aus- dehnt.“) Es ist darum eines der wichtigsten Eingangs- und Ausgangs- thore des Ostseeverkehrs. In diesem Winkel der lübischen Bucht trifft nieht nur die Hauptrichtungslinie der Ostsee den Zug des uralisch-balti- schen Landrückens senkrecht, sondern es findet auch in letzterem im Hintergrunde der Bucht eine allgemeine Senkung statt, welche sich fast über das ganze Niederschlagsgebiet der Trave und über die benachbarten Teile des Elbegebietes erstreckt. Die Trave hat in ihrem Mündungsbecken nicht ihren natürlichen Lauf, nicht ihre alte Sohle bewahren können. Sie ist schon seit der Mitte des 16. Jahrhunderts regelmässig ausgebaggert und durch die erste Stromregulierung von 1850—54 in ihrem Unterlaufe soweit abgekürzt, dass die Wasserentfernung von Lübeck bis Travemünde jetzt nur noch 23 km beträgt. Dadurch ist die Bedeutung Travemündes um ein Beträchtliches gesunken. Heute können fast alle heutigen Ostsee- dampfer die Stadt selbst erreichen und scheuen die Travefahrt nicht. Man hat dem Fahrwasser bisher schon eine Tiefe von 5,3 m im Minimum gegeben; angestrebt wird eine solche von 6 m.”*) Von Gothmund an beginnt, sie ihr ganzes Flussthal auszufüllen und sich föhrdenartig zu er- weitern; hier lagen die alten Kriegshäfen Lübecks, da die Orlogs- schiffe doch schon zu grossen Tiefgang besassen, um an die Stadt herankommen zu können.***) Die Gunst der Lage dieses Punktes, das von der Elbe bei Geesthacht nur 52 km entfernt ist, hat denn auch, besonders in Verbindung mit der oben erwähnten bedeutenden Senkung des Landrückens gerade in dieser Richtung früh zum Plan einer Kanal- verbindung mit der Elbe geführt. Von der Elbe bei Lauenburg tritt die Delvenau bis an die kurze Scheitelstrecke bei Mölln heran, die Stecknitz füllt von hier an die Senkung bis Lübeck aus, worauf dann die Trave das letzte Bindeglied in der Kette zwischen Nord- und Ostsee wird. Schon in der Mitte des 14. Jahrhunderts ist dieser Plan ausgeführt.) In der heutigen Form ist die Verbindung erst in den Jahren 1391 bis 1398 hergestellt, 77) 1895 ist dann der Ausbau des modernen An- sprüchen an den Durchgangsverkehr entsprechenden neuen Elb-Trave kanals auf derselben Route in Angriff genommen.) *) Müller, Lage, Grenze und Grösse in: die freie und Hansestadt Lübeck. 1890, pP: Bu. a. ar ©. ==) Seoelhandbuch III., p. 49. ###) Mopogr. v. Lübeck, Müller, p. 14. f) Schäfer, die Hansestädte u. König Waldemar, p. 193, 201. Dagegen Brehmer in d. Mitteil. d. Vereins f. Lüb. Geschichte u. Altertumskunde I. Heft 4, 1883 p. 56—60. TIRereES U EBERV 51921390: rt) In den Jahren 1779—1789 liess Hannover, welches damals Lauenburg besass, 12 Zu erwähnen ist hier noch ein Projekt, das allerdings seiner Anlage nach eigentlich in die Besprechung der Verhältnisse gehört, die dazu ge- führt haben, den internationalen Handel von der Ostsee abzulenken, dem Ostseehandel wenigstens Teile seiner Bedeutung zu nehmen. Von Ham- burg her tritt der Travesenke am nächsten das Gebiet der Alster. Das Alsterbassin war der älteste Hafen Hamburgs, nicht die Elbe. Als Ham- burg kurz nach dem ersten Aufblühen der ozeanischen Seeschifffahrt durch einen für den atlantischen Handel gegenüber Lübeck stark begün- stigte westliche Lage Lübeck zu überflügeln drohte, entstand in den 20er Jahren des 16. Jahrhunderts das Projekt, die Alster durch die Beste mit der Trave zu verbinden. 1530 ist dieser Kanal fertig gestellt. Es zeigte sich aber bald, dass das Mittel nicht genügte, um Lübeck Hamburg kon- kurrenzfähig zu erhalten. Schon seit 1546 ist dieser zweite Kanal nicht mehr benutzt. *) Die Mündung der Trave in die Lübecker Bucht ist eine für mittel- alterliche Verhältnisse ausgezeichnete, indem das etwa 2,3 Seemeilen lange Steinriff nach Westen und Nordwesten hin einen Schutz gegen Dünung darstellte; gerade dieses ist aber den heutigen Ansprüchen an Fahrwasser- tiefen äusserst hinderlich. Die Rhede von Travemünde ist eine der besten des ganzen Ostseegebietes.””) Sie hat 12—17 m Wasseıtiefe. Das Seegat von Travemünde ist 152 m breit, die Fahrrinne 105 m. „Ausserhalb der Molen liest eine Barre vor der Mündung, über die durch Baggerung eine Rinne von 90 m Breite und 6,3 m Tiefe offen gehalten wird. Durch Stürme aus NO kann die Tiefe im Seegat bis zu 0,5 m (?) vermindert werden, für die Wiederherstellung derselben bis auf 6,3 m wird in solchen Fällen so schnell als möglich gesorgt.“ Der Hafen ist etwa eine Seemeile lang und 100—125 m breit. Die Tiefe wechselt von 5,7—8,4 m. Das nächste wichtige Mündungsgebiet ist das der Warnow.***) An durch den Obersten Hogreve einen Verbesserungs-Plan ausarbeiten, der aber nur zum ge- ringen Teil, von 1799—1805 durch die Vertiefung der 8 km langen Scheitelstrecke zur Ausführung gelangte. Später richtete die französische Regierung von 1811—1812 ihre besondere Aufmerksamkeit auf diese Verbindung der Ostsee mit der Elbe. Der Stecknitz- kanal wurde zum Schlussglied einer grossen Wasserverbindung der Seine mit der Ostsee bestimmt. Die gesamte Verbindung sollte den Namen Canal de la Seine a la Baltique erhalten. (Franck, der Elbe-Trave-Kanal, Lübeck 1886, p. 5.) cf. Behrens, Topographie v. Lübeck, 2. Aufl. I, p. 38, 39 und Topographie des Stecknitzkanals 1818, Neuerdings Wohlwill in der Zeitschr. f. lüb. Gesch. u. Altertumsk. 1895 p. 290 ff. Die Projekte zur Verbesserung des Stecknitzkanals und die französischen Ännexionen vom Dezember 1810. *) Müller, 1. c. p. 27. ) Segelhandbuch für die Ostsee III. p. 45. 2. Aufl. Hahn, 1. c. p. 156. 13 der linken Seite ihrer Mündung liegt der Vorhafen Rostocks, Warnemünde. Die Stadt besitzt eine relativ gute Rhede von etwa 10 m Tiefe.*) Die Wassertiefe auf der Barre vor der Warnowmündung beträgt 4,25—5 m. Der Hafen hat 2,2—5 m Tiefe. Den Hauptverkehr hatte in älterer und neuerer Zeit Rostock. Es ist mit Warnemünde durch den Lauf der Warnow verbunden. Diese hat augenblicklich 4 m Tiefe, hatte früher bedeutend weniger und soll künftig 4,75 m Tiefe erhalten. Der eigentliche Rostocker Hafen hat heute 3--4,5 m Tiefe. Noch früher als Lübeck hat Rostock es versucht, sich trotz der un- günstigen Wasserverhältnisse der Warnow seine Verbindung mit dem Meer zu erhalten und zu verbessern. Im Jahre 1288 erbot sich ein Rostocker Bürger, Rotger Horn, die Warnow von Rostock bis Warnemünde auf eine Tiefe von 6 Ellen = 3,7 m zu bringen. Ob das Projekt zur Ausführung gekommen ist, erfahren wir nicht, höchst wahrscheinlich ist es.**) Das Hinterland Rostocks ist ein sehr kleines, besonders dadurch, weil es bisher keine Wasserverbindung mit der Elbe wie Lübeck besitzt. Der nächste Flusslauf von einiger Bedeutung ist der Rick, an dem Wiek und Greifswald gelegen sind. Die Wassertiefe wechselt von 3,9 m im Wieker bis 3 m im Greifswalder Hafen. Greifswald hat heute seine einstige Bedeutung als Ostseehafen völlig verloren. Es vermittelt nur noch den Verkehr mit dem östlichen Teil von Rügen. ***) Den zweitgrössten Mündungstrichter der Ostsee besitzt die Oder. Er liest im Hintergrund der pommerschen Bucht. Am innersten Punkt finden wir die grösste Stadt des Unterlaufs und Mündungsgebietes, Stettin. f) Seine Entfernung von der See, von der es besonders noch durch das Haff geschieden ist, ist sehr beträchtlich (68,5 km.) ff) In älterer Zeit kam der eigentliche Stettiner Hafen, der heute 5,5 m bis 6 m Tiefe besitzt, so gut wie gar nicht in Betracht. Die direkt an der Küste liegenden Städte zogen den Verkehr völlig an sich. Erst die Oderregulierung und die wachsende Bedeutung Stettins als preussische Stadt haben den Handel nach Stettin selbst gelenkt. Früher waren Wollin und Cammin an der Dievenow mit 0,5 ım Wassertiefe die Oder- häfen. Beide kommen heute nicht mehr in Betracht. Auch der 2. Oderarm, die Peene, mit 2,5 m geringster Wassertiefe, — Wolgast hat allerdings 5 m Hafentiefe, — hat heute nur noch für den Lokalverkehr Bedeutung. Die *) Segelhandbuch III. p. 66. #=) Schäfer, Hansestädte u. K. W. p. 199. 5 Hahnyapslon: 7) Hahn, p. 152. rr) Segelhandbuch II. p. 200. 14 eigentliche Odermündung ist heute die Swine mit 5,7 m geringster Fahr- wassertiefe. Swinemünde ist der Hafen, den diese Stelle hervorgebracht hat. Hahn sagt darüber ungemein treffend (pag. 153): „Je weiter eine auf Seeverkehr angewiesene Stadt (wie Stettin) vom offenen Meer entfernt und je schwieriger der Wasserweg dorthin ist, desto grössere selbstständige Bedeutung wird der Vorhafen für sich in Anspruch nehmen können.“ So ist auch Swinemünde, der eigentliche Vorhafen Stettins an der Swine, lebhaft emporgeblüht, allerdings nicht lediglich durch die Gunst seiner Lage, sondern vornehmlich durch die unablässige Thätigkeit der preussischen Regierung.*) Swinemünde hat eine vorzügliche Rhede mit 10 m Wasser- tiefe und einen Hafen von bedeutender Grösse und Ausstattung, mit 7 bis 19 m Wassertiefe. ”*) Colbergermünde ist der nächste bedeutendste Hafenplatz der Küste. Ausser seiner Rhede von 12 m Tiefe hat er einen Hafen von 3,5—5 m Wassertiefe.***) Er wird gebildet durch die Mündung der Colbergermünde mit Colberg verbindenden Persante, die vor den meisten Küstenflüssen der Ostseeküste den grossen Vorzug hat, sehr spät und sogar selten, immer aber nur auf ganz kurze Zeit, zuzufrieren. Ausser Rügenwalde, Stolpmünde, Leba, Putzig und Hela, die nie von besonderer Bedeutung für die historische Entwickelung dieser Gegenden gewesen sind, hat keine nennenswerte Ansiedelung einen Platz gefunden bis wir in der Danziger Bucht eintreten. Die Weichselmündung mit dem ihr vorgelegenen Frischen Haff hat eine Reihe von Städten entstehen lassen, die bedeutend waren und bleiben müssen. Ein weites Hinterland dehnt sich hinter diesen Städten aus, wird ihnen durch die Weichsel er- schlossen. Danzig ist die wichtigste dieser Städte. Ebenso wie Stettin ist auch Danzig durch ein relativ langes (95 Seemeilen — 9,5 km) Fahr- wasser von der See geschieden. In der Differenz zwischen der Weichsel- fahrt und der bedeutend längeren Oderfahrt wird man den Grund für die geringere Bedeutung Neufahrwassers gegenüber Swinemünde zu suchen haben. Danzig bietet auf der ganzen Weichselstrecke bis Danzig Hafen- anlagen, die Wassertiefen wechseln sehr stark, von 2,8—7,9 m.}) Wichtig ist der Vorhafen Weichselmünde wegen den starken Befestigungen, die den Eingang ins Weichselgebiet decken. Der Hafen von Neufahrwasser, Danzigs Vorhafen für Handelszwecke, hat eine Rhede von 9—11 m Wasser- ®) cf. P. Lehmann, Pommerns Küste von der Dievenow bis zum Darss. Breslau 1878, p. 22, 23. ") Segelhandbuch III. 194. ) Segelhandbuch III. °p. 227, 228. 7) Segelhandbuch III. 271. 15 tiefe. Diese ist von den Hafenanlagen der Weichselfahrt durch eine Barre abgetrennt, die durch eine Baggerrinne von 7,5 m Tiefe gekreuzt wird. Kurz hinter Danzig wendet sich die Küste in leiser, allmählich stärker werdender Biegung nach Norden; es sind also gemäss der Begrenzung des Themas nur noch die übrigen Häfen des Frischen Haffes, Königsberg- Pillau, Elbing und Braunsberg zu erwähnen. In der Einfahrt in das Frische Haff, an seiner Nordseite, liegt Pillau an der Stelle, wo die Strömung regelmässig eine Wassertiefe von 6,5 m Tiefe in der Einfahrt offen hält. An das Seegat*) schliesst sich nach dem Haff zu das Seetief mit 7 m Tiefe an; es Öfinet sich frei nach der See und dem Haff ohne Barren. Das Fahrwasser von Pillau durch Haff und Pregel bis Königsberg hat 23,3 Seemeilen Länge — (44 km) und 4—5,5 m geringste Tiefen.“*) Der Pregel selbst, an dem Königsberg liegt, erschliesst der Stadt allerdings nur ein kleines Hinterland, ein Nachteil, der aber durch die Grenzlage der Stadt und ihre Landverbindungen nach Westen und Osten gemildert wird. Elbing und Braunsberg stehen weit hinter Königsberg in der Gunst der Lage zurück. Nur Schiffe von 3 m Tiefgang können Elbing erreichen, Braunsberg bietet sogar nur für solche von höchstens 2,3 m die Möglichkeit der Annäherung. Nur im weiteren Sinne könnte man das Kurische Haff mit Memel und Tilsit der Südküste der Ostsee zurechnen. Ein Gemeinsames tritt bei der Betrachtung der Häfen der südlichen Ostseeküsten, — und auf diese wird sich eine Darstellung, die die geographischen Grundlagen der historischen Entwickelung und ihre Ausnützung im Laufe der Geschichte auseinander setzen will, billig beschränken können, — deutlich hervor. Diese Häfen bilden einen Typus der Hafenanlagen, der den Flachküsten eigentümlich ist. Die Städte liegen, dem ursprünglichen Schutzbedürfnis folgend, entweder im Hintergrunde tief in das Land einschneidender Buchten oder, und das ist das gewöhnlichste, an der Stelle des Unterlaufs kleiner Küstenflüsse, die noch von Seeschiffen des frühen Mittelalters zu erreichen waren. Fast alle Häfen, die im Mittelalter Bedeutung gewonnen haben, besitzen, wie die obige Zusammenstellung zeigt, selbst für mässige Ansprüche unserer Zeit keine genügenden Tiefen. Kunst hat früher oder später hier die Mängel der Natur ausgleichen müssen. Es würde demnach übertrieben sein, wenn man die Gründe für die historische Differenzierung in der Entwickelung der einzelnen Küstenstrecken für die ersten Perioden aus dem eben behan- delten geographischen Detail nehmen wollte. Zweitellos liegen aber in ihm *) Segelhandbuch III. 280. ==) Segelhandbuch III. 288. 16 viele Ursachen für die verschiedenartige Entwickelung der einzelnen Städte in späterer Zeit, als durch kunstmässige Behandlung der natürlichen Gunst oder Ungunst der Lage der Mensch immer mehr gelernt hatte, die Natur seinen Zwecken dienstbar zu machen. Es zeigt sich auch hier, dass geogra- phische Gegebenheiten zwar den Einschlag zum Gewebe der künftigen Entwiekelung geben, dass aber der schliessliche Erfolg, das Bild, wie es sich uns heute darstellt, seine charakteristischen Züge von Menschenhand erhalten hat. So ist der politische Wert einer Ortslage nicht konstant. Denn er ist nicht allein durch die geographischen Gegebenheiten bedingt, sondern hängt auch von andern Einflüssen ab. Das zeigt klar das Schwanken in der Bedeutung, das Handelsstädte wie Lübeck, Brügge, Antwerpen, Lissabon, Sevilla und Venedig erlebt haben. Von der grössten Bedeutung für das Verständnis des Ostseegebiets ist die Thatsache der Inselbesetzung dieses Meeresteils.*) Mit Ausnahme von Bornholm und Gothland handelt es sich um eine Reihe von Küsten- inseln, teilweise sogar solchen, die nicht eigentlich dem Meere, sondern Flussmündungen angehören. Die Landbrücke zwischen der jütischen Halbinsel und Skandinavien bildet die Reihe der dänischen Inseln mit Alsen. Die Ausmündung der Ostsee ins atlantische Meer wird durch das mit seinen parallelen Ufern einer Strommündung ähnelnde Kattegat ge- bildet. In seinem südlichen Teil liegen die dänischen Inseln. Drei Ausgänge hat sich zwischen ihnen das Meer offen gehalten, den Sund und die beiden Belte. Man kann, ohne der lokalen Bedeutung des kleinen Belts zu nahe zu treten, von zwei Hauptstrassen sprechen, die die Gliederung dieser Insel- gruppe wesentlich bedingen, Belt und Sund. Bei weitem überragt der Sund den Belt an Bedeutung als Strasse des Verkehrs (cf. oben.) Der Belt scheidet die dänischen Inseln in zwei Gruppen, die sich an die Haupt- inseln Seeland und Fünen anschliessen. Am engsten verbunden mit See- land sind Amager und Saltholm, die Sundinseln. Zwischen beiden hin- durch, am nächsten der dänischen Seite, geht das Fahrwasser des südlichen Sundes. Auf Amager selbst greift noch Kopenhagen über. Zur see- ländischen Gruppe gehören ferner Falster und Moen. Mit der Ost- spitze Moens greift Dänemark am weitesten nach Osten in der Richtung "= #) ‚Ratzel, Pol. Geographie p. 578, 579. Der politische Wert der Inseln ist nicht nach dem Raum zu schätzen. Wichtiger als der Raum der Inseln ist ihre Lage zu ihrem Lande oder zu Nachbarländern. .... In dem engen Raum der Ostsee liegen die deutschen Inseln alle sehr wichtigen Punkten gegenüber. Alsen, Fehmarn und Rügen haben das Gemeinsame, dass sie vor Halbinseln liegen wie abgelöste Trümmer. . .. Auf dem Wege über Rügen hat Schweden in Deutschland eingegriffen und Pommern erworben und über Fünen führt der Weg von den dänischen Inseln nach Süd-Holstein. Die Unterwerfung Alsens hat andererseits die Losreissung Schleswig-Holsteins von Dänemark besiegelt. 17 auf Bornholm aus; mit dem Südende Falsters nähert sich das Inselreich seinem kontinentalen Nachbar Deutschland in Gjedser-Odde auf wenige Stunden Entfernung; Seeland schlägt die Brücke über das Südende des Fahrwassers des Belt nach Fehmarn, der hier nördlichsten Küsteninsel Holsteins. Um Fünen gruppieren sich die kleinen Inseln Langeland, Arö, Alsen und Barsö. Alsen hat Preussen in blutigem Ringen erworben, es ist der erste Schritt auf der dänischen Inselbrücke. Lang legt sich Fünen an die deutsche Küste und greift noch über diese an festländisch dänisches Gebiet hinüber, bis es bei Fridericia fast den Küstensaum des Festlandes berührt, das Fahrwasser auf kurze Strecken fast den Charakter eines Flusses annehinen lässt. Den Mittelpunkt des dänischen Archipels hat immer Seeland gebildet. Nicht allen wegen seiner die andern Inseln überragenden Grösse — Fünen kommt ihm beinahe gleich — sondern wegen seiner besonders bevor- zugten Lage und der dadurch bedingten verhältnismässig stärkeren Bevöl- kerung. Staaten, deren Gebiet sich aus kontinentalem Areal und Inseln zusammensetzt, zeigen gewöhnlich eine verhältnismässig stärkere Bevöl- kerung auf dem insularen Teil. So fallen z. B. heute 57 % der Bevölkerung Dänemarks auf seine Inseln, trotzdem der Raum derselben nur 36,12 % der Gesamtfläche des Reichs ausmacht. Bei der seemässigen Milde des Klimas ist der Flachboden, der auf allen Inseln mit Ausnahme Moens weit überwiegt, grösstenteils als Feld, Wiese und Weide benutzt; schöne Buchenwälder liefern reiche Erträge. Einen Vorteil hat aber Seeland, besonders seine Ostküste, vor allen voraus, die Lage am Sunde. Schon früh ist die Beherrschung des Sundes der Angelpunkt der dänischen Politik gewesen, er ist es immer geblieben und noch heute, wo Deutsch- land den Versuch wagt, Dänemark durch die Schaffung des Nord-Östsee- kanals aus dieser Stellung zu verdrängen, strebt Dänemark in zeitgemässerer Weise als durch eventuelle Sperrung des Sundes durch die Anlage eines Freihafens und möglichste Erweiterung von Handel und Schifffahrt den Schlag, der seiner Sundstellung zugefügt werden soll, zu parieren. (cf. unten.) Bodenbeschaffenheit und Lage der dänischen Länder bedingen, dass Acker- bau, Schifffahrt und Rhederei die natürliche Grundlage der Existenz der Bevölkerung bilden. Der dänischen Monarchie wird heute noch Bornholm zugerechnet. Zwischen Sandhamar, der Südostspitze Schwedens, und Arkona, etwas nach Osten verschoben, erhebt sich diese Felseninsel. Aus Graniten ist sie aufgebaut. Ursprünglich war sie wegen ihrer Lage, besonders weil die Rhede von Rönne Schutz vor den Nordostseestürmen bot, eine Station der 5) 74 Fahrt der Dänen und Deutschen nach Osten. Mit den Fortschritten der Navigation schwand dieser Beruf mehr und mehr. Heute hat Bornholm nicht viel Bedeutung.“) Eine Reihe von Küsteninseln, die grösstenteils zweifellos durch Sen- kung der Küste entstanden sind, zieht sich an der deutschen Küste hin. Auf Alsen, Fünen teilweise parallel, ist schon oben hingewiesen. Die nächste bedeutende Insel ist Fehmarn. Sie war früher eine waldige Insel, jetzt ist sie völlig kahl, aber ungemein bedeutend durch die hohe Blüte von Ackerbau und Viehzucht. Von der weit vorspringenden wagrischen Halbinsel ist sie durch den Fehmarnsund, ein gefährliches Fahrwasser, getrennt. Mit ihr zusammen wird sie früher die eine der beiden südlichen Halbinseln der Ostsee gebildet haben, wie Vorpommern mit Darss, Zingst und Rügen die zweite. Die grösste und schönste deutsche Insel ist Rügen. Von ihr werden durch den von Nordwest eindringenden Jasmunder Bodden zwei nur durch eine schmale Landzunge mit einander verbundene Halb- inseln abgetrennt, die Halbinsel Wittow mit Arkona und Jasmund mit den Kreidefelsen der Stubbenkammer. Nicht mehr als wahre Meerinseln aufzufassen sind die der Mündung der Oder vorgelagerten und das Oder-Haff abschliessenden Inseln Usedom und Wollin. Sie gehören eigentlich noch völlige dem Festlande und Stromgebiet der Oder an. Durch die Swine sind sie von einander, durch Peene und Divenow von der Haffküste losgelöst. Es erübrigt noch, einen Blick auf Oesel und Gothland zu werfen. Das an der schwedischen Küste lang hingestreckte Oesel hat niemals die selbstständige Bedeutung gehabt, wie das mitten in der Ostsee fast im Winkel der West-Ost- und Nord-Süd-Axen der Ostsee gelegene Gothland. Von allen Küsten gleich nahe und fern ist es Gothland lange ge- lungen, den Mittelpunkt eines internationalen Verkehrs zu bilden, eine lange unangreifbare Stütze fand es in seiner insularen Stellung. Sie ge- währte den in jener Zeit unentbehrlichen Schutz vor räuberischen An- griffen, sie bot einen willkommenen Rastplatz auf der langen Meerfahrt von Westen nach Osten.**) Im ersten Teil dieser Bemerkungen ist darauf hingewiesen, dass von rein geographischem Standpunkt aus neben einer Reihe von Verschieden- heiten, die ihren Grund in erster Linie in der Erstreckung des Ostsee- beckens hauptsächlich von Norden nach Süden haben, sich eine Anzahl ®) Ratzel, p. 577. Bornholms Lage zwischen Karlskrona und Rügen hat viel von ihrer Bedeutung für die Beherrschung der Verbindungen zwischen Schweden und Däne- mark mit dem politischen Zurücktreten Dänemarks und Schwedens und damit über- haupt an Wert verloren. ==), cf. H. R. IV. 438. $ 6. 15. 1398. Febr. 22. von Thatsachen finden, die eine Zusammenfassung des Lebens in diesem Gebiet ermöglicht haben. Neben den einigenden Momenten haben sich aber auch Verschiedenheiten ergeben, hauptsächlich die Eigenschaft der Ostsee als Binnenmeer hat es bewirkt, dass man gezwungen ist, die Lebens- erscheinungen dieses Beckens als in sich geschlossen anzusehen. Bei der historischen Betrachtung wird sich herausstellen, dass die Elemente, die rein geographische Verschiedenheiten darstellen, auch historische Ab- weichungen gezeitigt haben, wie die verbindenden Elemente in der physi- kalischen Beschaffenheit auch im Leben der anwohnenden Völker die Ursache zu Vereinigungen und Gleichheiten der Entwickelung gewesen sind. Das ganze Ostseebecken ist im ethnographischen Sinne ein Boden alter Kultur. Wir kennen in unserer Überlieferung keine Periode, in der wir nicht irgend einen Grad von Kultur an seinen Gestaden nachweisen können. Von den Einflüssen der Kultur, die wir uns gewöhnt haben, als die massgebende zu bezeichnen, der griechisch -römisch-germanischen, ist dieses Gebiet erst spät berührt. Nur mit deren Einflüssen hat aber unsere historische Betrachtung zu thun. In diesem, dem historischen Sinn, ist das Ostseebecken ein Kolonialgebiet, ein Gebiet, auf dem eine ältere höhere Kultur in lebhafter Invasion auf eine noch zur selben Zeit bestehende, im Sinne dieser älteren Kultur unreife, getroffen ist und sie teils vernichtet, teils mit überraschender Schnelligkeit, die nicht aus Momenten der inneren Bewegung erfolgte, umgebildet hat. Auf diesem gewaltsamen Wege ist die Kultur des Ostseebeckens im Mittelalter, etwa seit dem 12. Jahrhundert, eine gleichartige geworden. Das Meer hat die angrenzenden Teile zu einem geschlossenen Kulturganzen geeinigt. Eine weitere Ursache der Einheit der Kultur des Ostseebeckens ist die ethnographische Zusammengehörigkeit der Stämme, die die Küsten derselben bewohnen.*) Man kann im grossen und ganzen wohl sagen, dass es allein Germanen sind, Nord-Germanen (Skandinavier und Dänen) und Süd-Germanen (Deutsche) die der Bewohnerschaft der Küsten ihren Charakter aufgeprägt haben. Besonders kulturlich aktiv sind im Ostsee- becken nur die Germanen gewesen. Von den Finnen und den erst spät in das Licht der Geschichte eintretenden Russen ist das nicht zu behaupten. Sie sind den Segnungen deutscher Kultur des Mittelalters, ja noch der *) E. Kapp, vergleichende Erdkunde p. 409. „Schon bald von Beginn des Mittel- alters an erscheint die Ostsee als eine die Völker gemeinsamer Abstammung vereini- gende physische Macht, und hat dieselbe fast durch alle Zeiten hindurch bewahrt.“ „Sie hinderte die Zerstreuung einer stammverwandten Bevölkerung, indem von ihr, als einem grossen geschlossenen Meerbusen, bindende und vermittelnde Wirkungen aus- gingen.“ p. 410. DE, a 20 Neuzeit teilhaftig geworden, ohne aus ihrer Passivität herauszugehen. Sie haben sich rein rezeptiv verhalten, bis erst in unserem Jahrhundert mit dem Auftreten des Panslavismus ein aktives Vorgehen Russlands auch in kultureller Beziehung zu verzeichnen ist, dem das 18. Jahrhundert die politische Grundlage erworben hatte. An dieser Stelle wird es nötig sein, auf die Momente hinzuweisen, die Verschiedenheiten der Entwickelung in diesem Gebiet bewirkt haben. Die klimatischen Unterschiede zwischen Süd- und Nordküste, die engere Verbindung der südlichen mit dem Lande der älteren und reicheren Kultur, mit West-Deutschland, haben es bewirkt, dass zuerst der Süden des Beckens kolonisiert worden ist, ja dass er weit eher bekannt wurde, als der unwirtliche Norden. So ist es gekommen, dass bei einer Betrachtung, die nicht mit grossen Zeiträumen, sondern kleineren, historisch fassbaren rechnet, es sich herausstellt, dass der Süden im Einzelnen in demselben Ver- hältnis zum Norden steht, wie das ganze Gebiet zum Westen Deutschlands. Der nördliche Teil des Ostseebeckens ist vom südlichen kolonisiert, ja teilweise erst entdeckt worden. Es ist interessant, sich diese Thatsache durch eine Betrachtung der alten Karten- bilder der Ostsee und einiger uns erhaltenen Notizen über die Beschaffenheit der an- srenzenden Küsten klar zu machen. Wir besitzen eine Reihe alter Weitkarten, auf denen man das allmähliche Einrücken des ÖOstseegebietes in die bekannte Welt ver- folgen kann.*) In der ältesten Zeit herrscht grosse Unklarheit über die Beschaffen- heit des Nordens von Europa. Bei Dinaiarch**) streckt sich die jütische Halbinsel als Zunge nach Norden. Von Schweden ist ein vager südlicher Umriss vorhanden, nach Norden zu verschwimmt aller Kontur. Die däni- schen Inseln fehlen. Namen sind unbekannt. Nicht viel besser ist es bei Eratosthenes und Hipparch.***) Den Wissensstand des Ptolemaeus}) giebt im ganzen die erste, nicht antike Karte, die wir besitzen, eine angelsächsische des 10. Jahrhunderts, wieder.77) Es ist die sogenannte Struttsche Karte. Sie hat die dänischen Iuseln; die jütische Halbinsel selbst ist weit massiver gezeichnet als früher; Schweden, das ver- sehentlich Island genannt ist, hat eine Nordküste erhalten, ist aber als *) Material liegt vor im sogen. Miltenberger Fragment, ediert von M. Toeppen in Hans. Gesch.-Blätter IV., 1880/81 „über einige alte Kartenbilder der Ostsee‘ und besonders im Atlas dress& pour 1’ histoire de la g6ographie et des decouvertes geogra- phiques depuis les temps les plus recules jusqu’& nos jours par M. Vivien de Saint Martin. Paris Hachette 1874. ==) Pl. II und IV. =>) NP VS undoViE HEISE) VDE: EVENT“ Insel gezeichnet. Die Ostsee öffnet sich demgemäss gegen das nördliche Eismeer; die östlichen und nördlichen Ostseeküsten sind noch völlig un- bekannt. Einen ganz bedeutenden Fortschritt in der Kenntnis dieser Gegenden zeigt die Schilderung Adams von Bremen in seiner Kirchen- geschichte des Erzbistums Bremen. *) Adam kennt die Eider, die Schlei, die nördliche Erstreckung Jütlands bis zum Ottensund. Er giebt die Entfernung von diesem bis nach Schles- wig auf 5—7 Tagereisen an. Er kennt Schleswig, Ripen und Aarhus als bedeutende Handelsstädte, unterscheidet sogar zwischen den verschiedenen Handelsgebieten dieser drei Emporien, indem er Schleswig den Handel mit den Slavengebieten der südlichen Ostseeküste (Slavavia) und Schweden, Samland und dem anschliessenden Überlandhandel nach Griechenland, (p- 368), Ripen den Handel mit Friesland, West-Sachsen und England, Aarhus den mit Seeland, Fünen, Schonen und Norwegen zuweist. Er kennt Helgoland, (Farriam Insulam, quae in ostio fluminis Albiae longo recessu latet, in oceano primum repperisse ... ... ut Heiligland dicatur: Hanc in vita sancti Willebrordi Forsetisland appellari discimus, quae sita est in confinio Danorum et Fresonum.) ÖOdense auf Fünen ist ihm als Bischofssitz bekannt. Seeland liege östlich von Fünen, etwa gleich weit von Odense und Aarhus. Sie sei die grösste der dänischen Inseln. Die Hauptstadt sei Roeschild. Lund liegt an der Küste von Schonen, die kürzeste Überfahrt nach Schonen liege bei Helsingborg. Schonen wird folgendermassen beschrieben: Sconia est pars ultima Daniae, fere insula, undigue enim cincta est mari, praeter unum terrae brachium, quod ab oriente continens Sueoniam distermiant a Dania. Die Ostsee nennt Adam sinus Balticus oder mare Barbarum oder Scythicum, sie erstrecke sich von Westen nach Osten. Die Nordsee ist ihm Oceanus Britannicus oder occi- dentalis. Er giebt an, man könne von ihr weiter fahren nach Ostrogard in Russland (Adam, lib. II, 15—20.) An Flüssen Nord-Deutschlands führt Adam die Peene an, bis zu der die Slaven sitzen sollen, von der Oder östlich wohnen Pommern. An sie schliesst bis zur Grenze Russlands das Polenreich an. Die östliche Ostseeküste sei das Land der Winuler, die zu Russland gerechnet würden. An der nördlichen Ostseeküste wohnen Suedi, die Lage dieser Küste vermutet er als westöstlich. Sechzehn Inseln sind Adam bekannt, Vensyssel, Morsoe, Tisted, Samsoe, Fünen, Seeland, Sprö- goe, Bornholm, Moen, Imbra (?), Falster, Laland, Langland. Kurland und Esthland werden als Inseln unter schwedischer Herrschaft bezeichnet. *), Adami gesta Hammaburg. eccles. Pontific. ed. Lappenberg. Meg. SS. VII p- 367 #f. lib. V. Descriptio insularum aquilonis. cf. Wattenbach II, 72—74. Weiter kennt er Fehmarn, Rügen und Samland. Von dem Innern Schwedens und Norwegens kennt er nur Birka und Drontheim. Das Weltbild des Edrisi von 1154*) zeigt uns eine geringe Zunahme an Kenntnis gegenüber der Struttschen Karte. Auch hier ist, "soviel sich aus der ungenügenden Reproduktion ersehen lässt, Dänemark und Skan- dinavien in eine Reihe von Inseln zerlegt, die der Ostsee zu ungehinderter ' Verbindung mit dem Eismeer verhelfen. Geblieben ist auch die über- triebene Dehnung der westöstlichen Axe der Ostsee gegenüber ihrer nord- südlichen Hauptaxe. Von grösserem Interesse ist eine Segelanweisung des 13. Jahr- hunderts. **) Interessant ist, dass die navigatio nicht den Irrtum der Karten teilt, dass die Küste Schwedens von Falsterbo bis Stockholm westöstlich verlaufe. Sie sagt vielmehr ganz richtig: notandum, quod processus de utlengi versus arnholm magis habet se ad aqui lonem quam ad orientem. Weitere Fortschritte bringt die Karte des Marino Sanuto von 1320.***) Hier taucht zuerst die Gewissheit auf, dass die Ostsee ein Binnenmeer sei. Von besonderem Interesse ist die hier vertretene Auffassung, dass die Hauptaxe der Ostsee die nord-südliche sei. Sanuto hat das sogar übertrieben. In dieser Beziehung bedeutet die folgende kartographische Darstellung in der katalonischen Weltkarte von 13757) einen Rückschrnitt. Im grossen und ganzen ist allerdings die Zeichnung des Ostseebeckens richtiger als früher. ") Peschel, Gesch. d. Erdkunde, p. 144. #=, Navigatio ex Dania per mare Balthicum ad Estoniam (circa 1270) bei Lange- bek Scriptores rerum Danicarum V. p. 622 ff. Leider giebt es keine moderne Ausgabe der kleinen Schrift, und mir ist es unmöglich, alle Einzelheiten zu erklären. Die Ent- fernungen sind nach Ukaesio —= Uggesoe (Langebek: — Seemeilen) angegeben, z. B. von Utlengi, einer kleinen Insel an der Küste von Blekingen in der Gegend von Kristianstad bis Calmar 10 Seemeilen (de Utlengi usque Calmarne X ukaesio.) — Schon in dieser Zeit finden wir nicht allein Küstenschitffahrt, sondern es wurde auch die Fahrt aufs hohe Meer nicht gescheut, z. B. E Arnholm trans mare aland usque lyne- betae multe jacent insule fyghelde nomine ..... et notandum, quod de arnholm usque lynaebetae itur medio inter orientem et aquilonem et si prosper est ventus ab oceidente, potest velificari directa linea de arnholm usque hangethe (Hangö in Finn- land) et de hangethe que finnice dieitur cumiupo usque lowiesud II... . praeterea notandum est, quod si placet, potest velificari de hangethe usque hothensholm (Odens- holm): cum vento aquilonie versus australem plagam et orientalem. ===) PL VIu.3. cf. auch die Ausgabe Lelewels bei Peschel, Geschichte der Erd- kunde, p. 210. 7) Mapamondi vol Dir aytant con ymage del Mone de les Regions que son sus la terra e de diversas manerag de gens que en ela habitan. ed. L. Kraatz Berlin (Um- druck). Sie stammt aus Mallorca. Die Nordküste Deutschlands, welche doch in Wirklichkeit im ganzen unter demselben Parallel verläuft, ist von dem COatalanen in der Mitte in auffallender Weise gebrochen, so dass der eine Teil derselben, der Ost- _ küste Dänemarks gegenüber, in der Richtung nach Nord-Nord-Osten, fast nach Norden emporsteigt, und nur die andere Hälfte in der wirklichen Richtung ostwärts sich hinzieht. Dänemark ist verhältnismässig gross und mit stumpfer Nordküste gezeichnet. Die Südküsten von Norwegen und Schweden sind sehr lang von Westen nach Osten hingedehnt, und liegen in ihrem westlichen Teile ganz nahe an der Nordküste Schottlands, in ihrem mittleren Teil ebenso nahe an der. Nordküste Dänemarks, endlich in ihrem östlichen Teil, etwa bei Bornholm, ebenso nahe an der Nordküste Deutschlands, wo diese gebrochen ist. Die Hauptinseln Dänemarks liegen nicht östlich, sondern nördlich vom dänischen Festlande. Der östliche Teil der Ostsee, welcher mit dem westlichen nur durch einen schmalen Meeresarm bei Bornholm zusammenhängt, ist im Norden nicht geschlossen gezeichnet, da auf der Westseite nur ein mässiger Teil der nach Norden aufsteigenden Küste Schwedens, im Osten ein ebenso mässiger der russi- schen von der Karte noch eingefasst ist; selbst die Nordspitze der Insel Gothland hat auf der Karte keine Berücksichtigung gefunden.*) Auf dieser Zeichnung findet sich zuerst eine Anzahl von Namen, die in der Geschichte schon dieser Zeit von Bedeutung geworden waren: Berge (Bregis), Marstrand (Mastranto), Skanör (Scanor), Dasia, Wiborg (Vibor), Ripen (Ripis), Wismar (Vismarse), Rostock (Roystock), Greifswald (Grisvaldis), Colberg, Stettin (Stetin), Hela (Alech), Danzig (Godanse), Prutenia, Liv- land (Litefanie Paganis), Rivalia, Riga, Seeland (Salendia), Fünen (Finonia), Langland, Rügen (Ruya), Vsby, Oesel (Oxilia). Die Ostsee selbst ist als mar de Lamanya, der östliche Teil als mar de Gotilandia bezeichnet **) In etwa die gleiche Zeit wie die katalonische Weltkarte, gehört das sogenannte Seebuch * = Es enthält Segelanweisungen, die die Ostseeküsten *) Toeppen, Hans. Geschbl. 1880/81, IV. über einige alte Kartenbilder der Ostsee. ==) A questa mar es appellada Mar de Lamanya o mar de Gotlandia e de Sasia, e sapiats, que a questa mar es congelada VI meses de l’ayn axi fort, que hom post avar per esta mar ab carres de bous da quel temporal per la fredor de la tramontana. — Die Cistereienser haben die Ostsee als stagnum bezeichnet. cf. Hans. Geschbl. 1884 p. 42 u. 8. 1886 p. 159. Meckl. UB. IX. 6564. Korner chronica novella 1364. Feit Glossar z. Hans. UB. II. p. 574. ) Das Seebuch von Karl Koppmann mit einer nautischen Einleitung von Arthur Breusing, mit Glossar von Chr. Walther. Bremen 1876. 1. Bd. der niederdeutschen Denkmäler. cf. besonders XII, 1—50 p. XXIX—XXXIL, und page. 51—56. Es ist in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts entstanden. Die beiden niederdeutschen Rezensionen stammen aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. bis zum finnischen Meerbusen nördlich, die ganze Südküste und die des Kattegats bis Marstrand umfassen. Im allgemeinen zeigt sie nicht viel bedeutendere Kenntnisse als die navigatio des 13. Jahrhunderts. Wichtig ist nur, dass das Seebuch Wisby und Gothland, das die navigatio noch als Zentralpunkt des Ostseehandels behandelt hatte, nur noch nebenher erwähnt. Wisby hatte eben im 14. Jahrhundert seine beherrschende Stellung schon verloren. Im engen Zusammenhang mit der katalonischen Weltkarte steht das aus ihr abgeleitete Miltenberger Fragment.*) Die Ostsee zerfällt auch hier durch die Verengung bei Bornholm in ein westliches nur teilweise dar- gestelltes, und ein östliches vollständig gezeichnetes Bassin; die Nordküste Deutschlands ist auch hier in der Gegend von Bornholm gebrochen. Gothland ist auffällig verzeichnet und mit äusserst zackigem Küstenumriss versehen. Die Hauptaxe des östlichen Ostseebeckens verläuft wie früher von West nach Ost. Ausser den schon auf der katalonischen Karte vorhandenen Namen tritt hier zuerst die neue Kolonie Lübecks, Elbing auf. Lübeck selbst fehlt auch auf dem Miltenberger Fragment noch. An Stelle des Litefanie Paganis finden wir Raitlanda Paganorum ver- schrieben aus Curlanda paganorum und Retzinia Paganorum — Lituania Paganorum. Riga und Reval waren 1375 noch in falscher, im Fragment sind sie in richtiger Reihenfolge eingetragen. Lund und Stockholm kommen in ihm zuerst vor. Interessante Erweiterungen des Wissens über die Gestalt der Ostsee zeigt die Karte des Claudius Olavius von 1427.**) Sie zeigt deutlich wie mit der fortschreitenden Kolonisierung des europäischen Nordens die Be- kanntschaft mit diesen Örtlichkeiten auch im Süden wächst Da andere Mittel fehlen, wird es gestattet sein, die uns so überlieferte mangelhafte Kunde auch als Zeichen für die Kulturfortschritte im Norden zu benutzen. Olavius braucht zuerst den Namen Beltes für die neben Seeland und Fünen hinführenden Meeresstrassen. An neuen Namen bringt Clavius Slesuig, Tunsberg, Halandi, Helsingborg, Ystedh. Bei ihm ist die Ostsee nach Norden soweit abgeschlossen, dass sie nur noch durch einen schmalen Wasserzug mit dem Schweden nördlich begrenzenden Meer (mare quietum) in Verbindung steht. Erst in der Ptolemaeusausgabe von 1482 ist die vollständige Abtrennung von Ostsee und Eismeer vollzogen; 1482 tritt zuerst die Unterscheidung des finnischen vom bottnischen Meerbusen auf. ***) ) Toeppen |. ce. ==) Nordalb. Studien I. Waitz, pag. 175—190. ===) Mappamondi di Fra Mauro 1459, Venezia ed. Kiepert 1879. 25 Wenige Fortschritte zeigt die Karte des Andrea Bianco von 1436 in unseren Gegenden. Wichtiger ist die Kunde, die uns die Karte der Frau Mauro aus Venedig von 1459 erschliesste Skandinavien ist hier eine grosse Halbinsel geworden, der nördliche Teil der Ostsee ist fast völlig richtig orientiert, der südwestliche zieht sich noch immer zu weit in dieser Richtung ins Land hinein. Jütland ist hier wieder zur Insel geworden, die dänischen Inseln sind in grosser Zahl verzeichnet und liegen zerstreut im ganzen Kattegat und Skagerrack. Seeland und Fünen (Solant und Feni) sind weit nach Nordwest verschoben. Hier zuerst tritt der Name Lobego für Lübeck auf. Einen auffallenden Rückschritt bezeichnet die Karte des Juan de la Cosa von 1500. Sie ist offenbar mit ganz ungenügender Kenntnis des europäischen Nordens gearbeitet, sie enthält keinen einzigen richtigen Namen. Überhaupt nimmt im Zeitalter der Entdeckungen die Kenntnis dieser Gegenden ganz bedeutend bei den Südeuropäern ab. Das zeigen höchst auffällig die Karten des Hernan Colon von 1527, die ungefähr auf dem Standpunkt des Sanuto von 1320 steht. Auf der Höhe steht erst wieder der Atlas des Ortelius von 1537. Zweierlei ergiebt sich aus dieser Darlegung mit voller Sicher- heit. Äusserst langsam sind die einzelnen Teile des Ostseebeckens in das Licht der Geschichte eingetreten. Nur ganz allmählich verbreitet sich die Kenntnis seiner Umrisse. Zwar sind uns unsere Nachrichten über den Fortgang dieser Kolonisation nur aus zweiter Hand, von Leuten über- mittelt, die dem Gang der Dinge fern standen, von Italienern und Spaniern. Sehr viel unklarer werden aber sie, als die besten Seefahrer des frühen Mittelalters, nicht über die Beschaffenheit dieser Gebiete gewesen sein, als die Anwohner, wenn auch zuzugeben ist, dass diese Gebiete, trotzdem sich im Östseebecken seit 1200 ein lebhafter Verkehr entwickelt hatte, abgeschlossen von der politischen Entwickelung der Dinge im übrigen Deutschland und in Südeuropa, der Weltbühne jener Zeit, gewesen sind.*) Nachdem die natürliche Beschaffenheit der südlichen Ostseeküsten, soweit sie von der See bedingt sind, und somit der eine grosse Komplex der natürlichen Gegebenheiten für die geschichtliche Entwickelung dieser Gebiete, dargelegt und darauf hingewiesen ist, wie sich die überragende Bedeutung der südlichen Teile schon durch die Kartenbilder zeigen lässt, ist darzulegen, welchen Anteil die einzelnen verschiedenen Küstenglieder an der Entwickelung genommen haben. Weiter ist dabei hervorzuheben, *) cf. Lamprecht, Deutsche Geschichte IV, p. 123, 125. wie bedeutend das Hinterland der einzelnen Seestädte oder Küstenstrecke hier eingewirkt hat, wie der politische Wert einer Lage, wie z. B. der Lübecks, nicht auf Lübecks Lage zum Meer allein beruht, sondern sich aus den Beziehungen der Stadt zu See und Hinterland zusammen- setzt. — In fast allen Fällen kommt in unserem Gebiet noch ein Moment für die historische Entwickelung in Betracht, ein rein geschichtliches,*) der Vorsprung, den jede Städtebildung auf jungfräulichem Boden gegen- über der langsameren Entwickelung des platten Landes hat. Das ist eine Thatsache, die sich allerdings später verwischt, aber ihren deutlichen Ausdruck in der schnelleren Entwickelung der städtischen Verhältnisse in Politik und Kultur, und ihrer Loslösung von den Verhältnissen des Hinter- landes findet. In einer Richtung ist allerdings auch diese T'hatsache geographisch zu betrachten, nämlich insofern, als die Städte, wenn auch nicht ohne Territorium, so doch fast ohne räumliche Flächenausdehnung: existieren, als ihre politische Macht nicht von dem Raum, mit dem sie direkt verwachsen, begrenzt ist. Ratzel**) sagt darüber: „Die grösste Verdichtung politischer Kräfte wird in den Städten erreicht; in ihnen ist der Raum aus der Reihe der politischen Hemmungen geradezu aus- gestrichen.“ Es ist oben schon darauf hingewiesen, dass die natürlichen Einflüsse und diejenigen, die aus der Wirksamkeit des Menschen fliessen, zu einander in einem Verhältnis stehn, das in jedem Fall zu untersuchen ist. Beide Gruppen von Einflüssen dokumentieren sich, der Zeit, der Richtung, dem Grad nach, verschieden. Fortwährend treten im Verlauf der Geschichte neue Faktoren auf, die die Entwickelung im Einzelnen modifizieren; sie lassen sich in den Schwankungen, welche die Richtungslinie der Ent- wickelung zeigt, regelmässig im einzelnen nachweisen. So entsteht durch die historischen Einflüsse ein lebhaftes Bild, in dem die Ursachen der Erscheinungen grösstenteils klar liegen. Anders verhält es sich bei dem Aufsuchen des geographischen Ursachen. Sie sind dem Boden immanent. Sie waren von Anfang an da, ändern sich für die historische Betrachtung äusserst selten und zeigen ihre Wirkungen nicht plötzlich, wie neu auf- tauchende historische Faktoren, sondern allmählich, gewöhnlich erst dann, wenn der Mensch sich die Natur an einer neuen Stelle oder in neuer Richtung unterwirft, oder nach mehr oder weniger hartnäckigem Kampf gezwungen wird, dem Kampf mit ihr zu entsagen. Es liegt darin der Grund, weswegen wir eigentlich nur an Wendepunkten der Entwickelung das Walten geographischer Mächte deutlich zeigen können. Nichtsdesto- *) cf. Lamprecht, Deutsche Geschichte 1V, p. 124. os) Pol. Geogr. P: 372. weniger ist ihr Einfluss höchst bedeutend, ja für die allgemeine Richtung der Entwickelung massgebend. Ohne das Vorhandensein der Ostsee als Binnenmeer Nord-Europas wäre die ganze geschichtliche Entwickelung dieser Gebiete undenkbar, das Wie im Einzelnen ist aber nicht durch diese Thatsache allein bedingt, sondern zu gutem Teil auch durch das Thun und Lassen der Menschen, angeregt durch andere Motive, wie Religion, Freiheit u. a m. Kurz, die geographischen Einflüsse spielen ihre Rolle gewissermassen im Hintergrund, sie sind vorhanden, wenn sie auch nicht immer in die Erscheinung treten. Für die Kulturentwickelung im Ostseebecken lassen sich im Ganzen etwa drei Perioden unterscheiden, je nach dem Faktor, von dem die Ent- wickelung am stärksten beeinflusst war. Das Charakteristikum der ersten Periode ist das Zusammenfliessen der Kultur an einem Punkt, in Goth- land. Was an Elementen höheren Lebens überhaupt vorhanden war, strömte hier zusammen. Die zweite Periode ist die der Hansa. Seitdem der Ostseehandel sich von Gothland emanzipiert, seitdem die Herrschaft über die Ostsee de facto auf die Hansa übergegangen ist, gehn von ihr, besonders den Städten des südlichen Ostseerandes, alle Anregungen zum Fortschritt aus. Die dritte Periode lässt sich dadurch aussondern, dass in ihr nicht mehr ein einzelnes Gebiet, nicht mehr die Hansa, diese politische Einheit ohne Territorum trotz der Grösse ihrer Glieder, sondern die Hinter- länder der Ostseeküsten, Brandenburg, Dänemark, Schweden, Russland und in neuerer Zeit Deutschland die bestimmenden Faktoren in der Ge- schichte des Ostseebeckens werden. Die Einheit des Gebietes besteht in dieser Zeit wohl noch im geographischen Sinne, nicht mehr im kulturellen und historisch-politischen. Es sei gestattet, kurz das Wichtigste aus diesen Perioden zu-besprechen. Es wird das den Zusammenhang historischer Entwickelungen mit ihrer geographischen Basis deutlich zeigen. Dabei wird hervorzuheben sein, an welchen Punkten diese Grundlage zum Durch- bruch gelangt oder wo nur geographische Elemente in den Verlauf der Geschichte eingreifen. Für den ganzen rechtselbischen Teil der norddeutschen Tiefebene und für Westrussland bildet die Ostsee mit den in sie mündenden Flüssen und Strömen heute ausser einem Binnenhandelsgebiet das natürliche Aus- gangsthor in den Ozean. Vor dem Entstehen ozeanischer Schifffahrt hatte sie nur die erste Aufgabe, sie war das Becken, in dem der ganze Handel dieser Gegenden sich sammeln musste, aber dieser war bis zu der Zeit ein weit grösserer Teil des Gesamthandels von Europa, als nach der Entdeckung der neuen Welt. Im 12. Jahrhundert zuerst ist das Ostseebecken von der Woge der 23 antik-germanischen Kultur erreicht worden. Von demselben Augenblick an gewinnt die Ostsee ihren spezifischen Charakter als Bindeglied zwischen dem Westen und Osten, dem Süden und Norden Europas. Bis zum 12. Jahrhundert waren slavische Stämme im Besitz der südlichen Ostsee- küsten. Sie hatten sich wie ein Keil zwischen die Nord- und Südgermanen eingeschoben. Die Aufgabe des 12. Jahrhunderts war für Deutschland die Kolenisation dieser Gegenden, um dem deutschen Volkstum des Mutter- landes den Spielraum zu verschaffen, den die in der Heimat überschüssigen Kräfte gebrauchten. Am Südwestwinkel der Ostsee setzte die Bewegung ein. Mit der Eroberung Wagriens durch die Schauenburger, der Grün- dung der ersten deutschen Kolonie Lübeck in der Nähe des slavischen Alt-Lübecks setzten die Deutschen zum ersten Mal ihren Fuss an die Ostsee, sie hatten fortan freie Bahn, auf der sie weiterschreiten konnten, das Meer. Mit diesem Moment änderte sich das äussere Bild der Koloni- sation. Während sich im Lande ein Ring von Kolonien an den anderen schloss, in grossen Massen sich eine Reihe von Dörfern der andern vor- lagerte, gehen von Lübeck strahlenförmig die Einflüsse aus, die die Ostsee allmählich zu einem deutschen Meer gemacht haben. Mächtig blühte die Stadt auf, schnell folgte ein Erfolg dem andern; 1143 ist Lübeck von Adolf II. von Schauenburg gegründet, 1158 wurde es herzoglich sächsische Stadt, 1188 wurde es selbstständig, 1225 befreite es sich von der dänischen Invasion, 1226 ist es reichsfreie Stadt geworden. Die Einflüsse, die von Lübeck auf die baltischen Küsten ausgingen, zeigt nichts deutlicher, als der Zug seines Handels.*) Schon um die Mitte des 13. Jahrhunderts hatte es Dänemark, Schweden, Norwegen, Mecklenburg, Pommern, Preussen und Livland in seinen Bannkreis gezogen. Aber diesem Einfluten west- und südeuropäischer Kultur in den Norden war eine eigenständige Entwickelung im ÖOstseebecken vorhergegangen. Sie hatte die Grundlage gewährt, auf der die neue Invasion den Boden weiterbauen konnte. In Zeiten, wo die Kultur sich noch fortwährend vor verheerenden Angriffen schützen muss, wo der kommende Tag in Frage stellt, was der vergangene geschaffen hat, sind der natürliche Boden für die Entwickelung der Inseln. Keine tellurische Form bietet neben der Möglichkeit leichter Verteidigung soviel Gelegenheit zum Emporarbeiten zu höheren Daseinsformen für den Menschen als Inseln. In der Nabelgegend des Ostseebeckens liegt Gothland. Auf ihr haben wir das erste Centrum der Gesittung und des Verkehrs in der Ostsee zu suchen. Früh bewirkte die günstige Lage Gothlands zu allen benachbarten Küsten, dass sich auf ihr, gleichsam neutralem Boden die *) cf. Meine Arbeit über die ältesten Lüb. Zollrollen III, IlIa. 29 sonst in Kampf gegen einander befindlichen Bewohner der angrenzenden Küsten zum Austausch ihrer Produkte fanden. Diese Stellung hat Goth- land bewahrt von Alters her bis zum Eindringen der deutschen Kultur in das Ostseebecken.*) Im 12. Jahrhundert hat sich auch bier der Ein- fluss deutschen Wesens geltend gemacht. Schon in den 60er Jahren dieses Jahrhunderts hat sich hier eine deutsche Gemeinde, vornehmlich west- fälischen Ursprungs — wie das die Baureste, westfälischer Kunst angehörig, und Spuren westfälischer Rechtsbildung zeigen, — gebildet. Hier zuerst ist die für das Leben der nächsten Jahrhunderte in diesen Gebieten charak- teristische Verschmelzung nordgermanischer, slavischer und südgermanischer (deutscher) Bildungen eingetreten. Dass das deutsche Element schon hier, wo es zuerst auftrat, sich als das mächtigste zeigte, dass es sich die übrigen assimilierte, bis es zur vollen Beherrschung durchdrang, hat der Geschichte der nächsten Zeit seinen Stempel aufgedrückt. Es ist vorhin erwähnt, dass Lübeck die Ausfallpforte deutschen Wesens für das Ostseegebiet gewesen ist. Über Lübeck hinaus reichen die Fäden, die deutsches Volkstum und deutsche Gesittung mit dem Norden verknüpft haben bis nach Westfalen und an den Rhein und nach Norden bis Nowgorod. Lübeck hatte eine zentrale Lage zwischen den Gebieten, die für die Kolonisation des Ostens gebend und nehmend in Betracht kommen konnten. Das hat seine Stellung -anfangs begründet, das hat diese Stellung zu einer unverlierbaren gemacht, bis die Wirkungen der deutschen Kolonisation des Ostens abfluteten, einer Stagnation Platz machten. „Handelsstädte, und als solche muss Lübeck immer betrachtet werden, erhalten eben ihre Bedeutung nicht allein durch den Unter- nehmungsgeist ihrer Bürger, sondern mehr noch durch ihre geogra- phische Lage.“ Die erste Etappe Lübecks in seinem Siegeslauf zur Beherrschung: der Ostsee war Wisby auf Gothland. Von Gothland ging es auf den alten Handelsstrassen nach der Dünamündung, durch die Newa-Mündung, den Ladoga See bis Nowgorod. Langsamer als die Überschwemmung dieser Gegenden mit deutschen Einflüssen gelang die Erringung der Herrschaft für die Deutschen. Livland und Estland gehörten Dänemark, wenn- sie auch nur in loserer Abhängigkeit von dem fernen Inselreich standen. Allerdings — das muss besonders betont werden — waren Dänemark, Schweden und Norwegen damals durchaus deutsch, was Kultur und Sprache angeht. Bis in das 16. Jahrhundert hinein haben die nordischen Könige ihre Staatsurkunden in deutscher Sprache abfassen lassen. Deutsche *) Höhlbaum in Hans. Geschbl. 1871, p. 24 ft. 30 Städte wurden nun die Stützpunkte der deutschen Kolonisation, Centren des Verkehrs und der politischen Macht. Riga entstand fast an der Mün- dung der Düna, die die aus dem Innern Russlands kommenden Wasser- und Landstrassen mit der Küste verbindet. Riga eröffnete und sicherte den Weg nach Smolensk und Polozk, das Wolgagebiet beherrschte handels- politisch der Petershof in Nowgorod Je mehr Lübeck und mit ihm die Hansestädte an der deutsch-baltischen Küste und im fernen Osten immer grössere Teile des Ostseehandels an sich rissen, um so mehr musste die lübische Führung in der Eimung des deutschen Kaufmanns in Wisby in den Vordergrund treten, bis die Zeit kam, da Lübeck selbst an die Stelle der fernen Inselkolonie treten konnte, allerdings mit Hülfe der andern Seestädte der südlichen Ostseeküste, aber als prima inter pares. Am Schluss des 13. Jahrhunderts ist dies Ziel erreicht. Ihm stellten sich eine Reihe von Gegnern entgegen. Es ist ein natürliches Bedürfnis aller Staaten, an die See zu gelangen, eine Grenze zu haben, die mit dem Vorteil leichter Verteidigung im Kriegszeiten die Vorzüge verbindet, die der Umstand ge- währen muss, in Friedenszeiten an ihr keinen konkurrierenden Nachbar zu sehen. Damals zuerst erstarkten im kolonialen Deutschland die Territorial- gewalten. Holstein, Pommern, Mecklenburg, Brandenburg drängten an die See, Dänemark musste dem aufblühenden Lübeck seine beherrschende Stellung neiden. Seit die Ostsee von allen Seiten von Staaten umgeben war, die eine selbstständige Stellung im politischen Sinn einzunehmen vermochten, hat der Kampf um das dominium maris baltici nicht geruht, bald ist er friedlich, bald in kriegerischen Versuchen in die Erscheinung getreten. Im Rostocker Land- und Seefrieden vom 14. Mai 1283 fand die Herrschaft Lübecks wenigstens über die südlichen Ostseeküsten den ersten deutlichen Ausdruck, sie bedeutete politisch zugleich die bewusste Loslösung der Küsten von ihren Hinterländern. Die Städte, die Hansa wollte Herrin der See sein, das Handelsmonopol auf der Ostsee war das lockende Ziel. Der enge Zusammenhalt, den die Städte, die sich im Rostocker Bunde geeinigt hatten, in handelspolitischen Dingen allen andern gegenüber zeigten, verhalf ihnen zu einer Stellung von unberechenbarer Tragweite.*) Die Vlamen und Friesen wurden von dem Handel in der Ostsee, die Gothländer von dem in der Nordsee abgehalten, das Monopol, beide See- fahrten betreiben zu dürfen, besonders aber der schonensche Handel**) fiel ®) Ratzel, pol. Geogr. p. 413. Je lockerer die politische Form eines Staates, um so straffer fasst er den Verkehr zusammen. Vor allem weisen die Bundesstaaten ihrer Zentralgewalt die Verkehrspolitik zu. **) Harry Denicke, die Hansestädte, Dänemark und Norwegen von 1369—1376 p. 55. der entstehenden Hansa, den Städten der südlichen Ostseeküste, an ıhrer Spitze Lübeck zu. Fortan vermittelte nur noch die Hansa zwischen Osten und Westen Ihren Ausdruck gegenüber der älteren Periode fand diese neue Machtkonstellation im der Verlegung des Oberhofs des gemeinen Kaufinanns über Nowgorod von Wisby nach Lübeck. Lübeck war damıt (1293) unbedingt der Vorort der deutschen Städte im Ostseebecken. Eng stand es mit den mecklenburgischen und vorpommerschen Städten zusammen, um ihrem Bunde die Herrschaft zu sichern. Derjenigen Stadt, die ver- möge ihrer zentralen Lage zum alten Deutschland und zu den Quellen des Reichtums der Kolonialstädte, dem Osten und Norden, vor allen be- günstigt war, musste die Hauptbeute des Sieges, die Vorortschaft im Bunde und der Hauptteil des Handels zufallen. Die Hansa war mit dem Schluss des Jahrhunderts Herrin der Ostsee und Lübeck drückte ihr den Stempel seines Geistes auf. Es soll bier nıcht dargestellt werden, wie die Hansa in ihrer Weiter- entwickelung diese Herrschaft ausgeübt, wie sie im Kampf gegen die auf: strebenden politischen Mächte, Dänemark, Holstein, Norwegen und Schweden auf Grund der in ihr in hervorragenderem Masse vorhandenen materiellen Mittel eine politische Stellung aufrecht erhalten hat,*) die weit über der ihrer Gegner stand, trotzdem ihr kein geschlossenes Gebiet, man möchte sagen, ein natürlicher Standort, fehlte.**) Hingewiesen werden muss aber auf die Stellung einzelner hervorragender Glieder der Hansa, die, wenn man von dem Gewicht der Masse, die natürlich in jeder politischen und kommerziellen Vereinigung schwer ins Gewicht fällt, und in der Hansa durch die grosse Anzahl kleiner und kleinster Angehöriger des Bundes repräsentiert wird, absieht, in hervorragender Weise den Oharakter der Hansa und ihre Entwickelung bestimmt haben. Es ist schon oben gezeigt, dass man während des Verlaufs der hansischen Geschichte im Ostsee- becken, — bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts kann man von einer solchen nur sprechen, — wohl berechtigt ist, die Städte der Küste von ihren natürlichen Hinterländern zu trennen. Die historische Entwickelung dieser Städte beruht auf anderen Voraussetzungen wie die des Hinterlandes, wie die des Bodens, dem sie selbst angehören. Man könnte sie als Treibhaus- produkte bezeichnen. Während es völlig klar ist, dass heute Städte nur *) Ratzel, p. 420, 421. Je notwendiger der Güteraustausch wird, desto abhängiger werden die Staaten vom Verkehr. Verkehrsnotwendigkeiten liegen daher auf dem Grunde sehr eigentümlicher ÖOrganisationsverhältnisse der Staaten. .... Die Ver- legung eines Verkehrsweges wird nun eine grosse politisch geographische Thatsache. ==), Dieser Punkt ist weiter unten zu behandeln. Er hat zur Auflösung der Hansa geführt. 32 dann gedeihen können, an Grösse und Macht Fortschritte zu machen ver- mögen, wenn sie ein grosses und reiches Hinterland ausnützen, entweder Oentrum eines solchen oder Ausgangspforte für dieses sind, demgemäss nicht allein die Neigung haben, sondern geradezu in der Zwangslage sind, sich durch Erschliessung aller nur irgend möglicher Kommunikationswege den Absatz der aus dem Hinterlande stammenden inländischen und der für dieses bestimmten ausländischen Waren zu sichern, liegt die Sache für die hansischen Städte im allgemeinen anders. Allerdings zeigt sich in der Entwickelung der einzelnen Städte, mit einander verglichen, ein be- deutender Unterschied, der sich im Verlauf der Jahrhunderte immer mehr verschärft, zwischen denen, die von vornherein über ein grosses und reiches, sich zu ihnen natürlich öffnendes oder künstlich erschlossenes Hinterland verfügten und solchen, denen nur ein kleines oder unbedeutendes geöffnet war, aber es ist das erst eine Entwickelung späterer Zeiten. Für die Zeit der Hansa spielt die Frage, wie eine Stadt sich zu ihrem Hinterland verhält, eine untergeordnete Rolle Es hängt das mit der Thatsache zusammen, dass erst in Zeiten höherer Kultur der Mensch im Stande ist, die Gegebenheiten der Natur völlig auszunutzen, die Vor- teile zu heben, die Nachteile mehr und mehr zu unterdrücken, während für frühere Zeiten politische Machtverteilung, Ungunst der Verhältnisse in sozialer oder materieller Beziehung, wichtiger sind. Die Hansestädte wären niemals zu so bedeutender materieller und politischer Blüte gelangt, wenn sie, wie eben dieselben Städte heute auf ihr direktes Hinterland, auf die kommerzielle Ausnutzung ihres eigenen Bodens beschränkt gewesen wären.*) Ihre Macht beruhte nicht auf ihrem Einfluss in der Heimat, sondern auf ihren auswärtigen Beziehungen, wie ja auch jetzt feststeht, dass der Hansabund nicht etwa auf einem Bund der Städte in der Heimat beruht, sondern dass vielmehr in dem Zusammen- schluss der einzelnen Bürger der Städte im Auslande sein Ursprung zu suchen ist. Der innerste Grund dieses Verhältnisses liegt in dem Zustand des Verkehrs jener Zeit, die Abwandlung dieses Zustandes, der Verfall der Hansa in der Veränderung der Verkehrsmöglichkeiten. Eine das Wesen der Hansa und überhaupt mittelalterlicher Kultur richtig dar- stellende Geschichte muss noch weit mehr als dies heute geschieht, auf diese wirtschaftlich-geographische Grundlage der Entwickelung Rücksicht nehmen. Es sei gestattet, in grossen Zügen dies anzudeuten. *) Ratzel, p. 367. Die deutschen Städte haben weder vor noch nachher eine 30 allseitige Bedeutung im Leben der Nation besessen, wie im 14. Jahrhundert. Die italienischen waren vorausgegangen; hier wie dort traten die Städte zurück, sobald die Entwickelung, welche sie gross gemacht hatte, territorial wurde, d. h. über weitere Gebiete und auf das Land sich ausbreitete. 33 Die ursprünglichen Handels- und Verkehrsbeziehungen sind immer rein lokaler Art. In einem beschränkten Gebiet wird sich bei zunehmender Arbeitsteilung immer das Bedürfnis des Handels zeigen. Er bleibt aber lokal gebunden, weil die Nachbargebiete terrae incognitae, Barbarenländer sind. Ist dieses Gebiet A, gewöhnlich auf Grund besonderer natürlicher Begün- stigungen soweit gelangt, dass es Nachbargebiete, wie B und © an Kultur- höhe überragt, so wird sich bei dem allem menschlichen Handeln, soweit es auf Selbsterhaltung und eigenen materiellen Fortschritt sich richtet, innewohnenden Egoismus bald die Zeit einstellen, wo Kaufleute es vorteil- haft finden, mit Gegenständen, die im eigenen Gebiete in überreichlicher Menge produziert werden, in den Nachbargebieten aber nicht, ins Ausland zu ziehen. Der Kaufmann geht mit seinen Waren in die Barbarenländer, er selbst handelt dort Landesprodukte, grösstenteils solche, die ohne be- deutende Arbeit der dortigen Bewohner gewonnen werden können, in seiner Heimat aber fehlen, ein, und bringt sie in eigener Person zurück, um sie in der Heimat selbst zu verkaufen. Es würde ihm nichts nützen, draussen einen Andern zu bestellen, der die gefährliche Reise für ihn machte, da er ihn nicht erreichen kann bei der Unmöglichkeit schnellen und sicheren Verkehrs. Auf diesem Standpunkt steht die Handelsentwickelung des Östseebeckens bis zur Gründung Lübecks, bis zur Kolonisation der süd- lichen und südöstlichen Ostseeküsten durch die Deutschen. Mit der Niederlassung der Deutschen im Lande der Slawen beginnt die zweite Periode des Handels. ‘Sobald dieser Punkt erreicht ist, geht nicht mehr der westfälische oder rheinische Kaufmann über die See nach Schweden, Norwegen oder Russland um dort die Produkte des damals noch weit waldreicheren Nordens einzuhandeln, um sie im Innern Deutschlands abzusetzen, es schiebt sich eine Mittelsperson ein, der lübische, bald der hansische Kauf- mann. Die Warenzüge des inneren Deutschlands gehen nun nicht mehr im Besitze eines und desselben Händlers bis in den Norden Europas, sondern wechseln in den Hansestädten ihren Besitzer. Bald erwarben die Hansestädte das Monopol dieses Zwischenhandels. Sie schliessen die Vlamen und Friesen vom Handel im Ostseegebiet aus, den Russen und Schweden verwehren sie den Handel im Westen. Aber noch bleibt für den hansischen Kaufmann die Notwendigkeit, die Waren, die er im fernen Norden einhandelte und in seiner Stadt nicht verkaufen kann, selbst in den entlegenen Westen zu führen, um dort auf anderem Markt bei gerin- gerer Konkurrenz sein Glück zu versuchen. Nur selten kann er die eine oder andere Reise machen. An schneller Erledigung seiner Geschäfte hindert ihn die Unzulänglichkeit und Unsicherheit der Verkehrsmittel. 3 34 Das ist der Zustand des Ostseehandels etwa bis zum Ausgang des 13. Jahr- hunderts. Wasserstrassen sind in dieser Zeit die wichtigsten Verkehrswege. Diese Mängel erheischten Abhülfe. Faktoreien treten auf, es bilden sich die Anfänge des Kommissionshandels und Handelsgesellschaften. Wir treten in die Blütezeit der Hansa.*) In solchen Formen bewegte sich der han- sische Handel von den Küsten des atlantischen Ozeans, von Brügge und London, nach Lübeck, Greifswald und Riga. Nur die Küsten werden aber stark von diesem Strom des Verkehrs getroffen. Der Hauptteil der Waren des Westens, besonders Flanderns und Englands, konnte eben nicht etwa von den Hansestädten an ihr direktes Hinterland verhandelt werden, denn dieses konnte sie weder mit Waren, noch mit Geld bezahlen; er ging nach Norden und Osten, wo ein Austausch gegen die Naturprodukte der nördlichen und östlichen Ostseeküsten, die gewisse Waldprodukte damals fast allein für die gesamte derzeit bekannte Welt lieferten, möglich war, wo riesige Verdienste den wagenden Kaufmann locken konnten. Auf solche Weise verdiente der hansische Kaufmann durch seinen Zwischenhandel schnell und viel, das platte Land, zu dem nach unserer heutigen Auffassung die Städte gehörten, hatte wenig Nutzen, oft sogar Schaden von dieser Art des Warenumsatzes. Ein Beweis dafür ist die allmählich fortschreitende Verschuldung des ländlichen Grundbesitzes in Nord-Deutschland gerade während der Blüteperiode der Hansa an städtische Kapitalisten. Diese Art des Handelsbetriebes hat in unseren Gegenden bis in das 16. ja 17. Jahrhundert gewährt. **) Die Erlösung von diesem volkswirtschaftlich höchst beklagenswerten Zustand hat erst die im Verlauf des 16. Jahrhunderts beginnende Kon- solidation der fürstlichen Territorien in Deutschland und die materielle und politische Emanzipation der nordischen Staaten, besonders Englands, Dänemarks und Skandinaviens von der hansischen Bevormundung gebracht. Diese Wendung der Entwickelung musste eintreten, da die Hansa nie über ein geschlossenes Territorium verfügt hat. Sie konnte, als Staaten mit räum- lich bedeutender Grundlage ihr Konkurrenz machten, ja zum Teil kriegerisch entgegentraten, nicht mehr auf ihrer bisherigen Grundlage weiterwirt- schaften. ***) ") cf. H. Denicke, die Hansestädte, Dänemark und Norwegen. p. 49. =") Gegenwart 1853. VII. p. 609. ‚Die grosse historische Bedeutung Lübecks war mit dem Verfall des Hansabundes im 16. Jahrhundert zu Ende. .... Lübecks Handel war seitdem ein blühendes Fortvegetieren auf einem unyerwüstlichen Boden.‘ ===) Ratzel, Pol. Geogr. p. 177. Der weite Horizont des Meeres hatte die Hanse- städte zusammengehalten. Der Zerfall machte dann die natürlichen Bedingtheiten der einzelnen Städte gleichsam frei, besonders die Beziehungen zum Hinterland kamen zur Geltung. Da stieg Rostock über Lübeck empor. 35 Der Bund löste sich auf, die einzelnen Städte traten mehr oder weniger, früher oder später mit Ausnahme Lübecks in das Unterthanen- verhältnis zu den Staaten ihres Hinterlandes zurück, aus dem sie nur durch die für sie selbst allerdings fruchtbare Differenzierung der Ent- wiekelung von Stadt und Land in den ersten Jahrhunderten ihres Be- stehens herausgetreten waren. Von nun an beginnt das Vorwiegen der in sich geschlossenen und durch Verkehrswege innerlich gut verbundenen und ausnutzbaren Raum- und Machtkomplexe der Territorien.*) Von dieser Zeit an treten auch die geographischen Bedingungen, die sich in der Lage der einzelnen Städte selbst finden, wieder in den Vordergrund. Deutlich hat sich das besonders bei Rostock gezeigt. Trotz seiner im Vergleich zum benachbarten Lübeck ungünstigeren Lage erreichte seine Rhederei in dieser Periode eine solche Blüte, dass sie die Lübecks noch 1851 um das Doppelte überragte, nur weil Rostock von nun an ein Hinterland besass, Lübeck nicht. Die Zahl der lübecker Schiffe betrug 1851 etwa 80, die Rostocks über 150. Lübeck, Stralsund und Greifswald, Danzig, Königsberg und Riga sind mit den Fortschritten der Hansa, mit dem Wachstum eines Bundes, der ausschliesslich auf der Gemeinsamkeit der materiellen Interessen dieser Reihe von Städten beruhte, gewachsen. Sie alle verfallen mit dem Verfall der Hansa; sie gehn zurück, als die Zeit kam, in der die materiellen Erfolge der Hansa im Auslande abnahmen. Der volkswirtschaftliche Niedergang Deutschlands im 17. Jahrhundert beraubte dann unsere Ostsee- häfen der letzten Kraft, die alten wichtigen Stellungen im Norden zu be- haupten. Sie besassen fast alle durch ihre Ortslage nur sehr beschränkte Bedingungen für einen kommerziellen Wohlstand (siehe die Bemerkungen über die Hafenverhältnisse), und hatten nur in der Entwickelung ihres Zwischenhandels, in der Vermittelung zwischen dem Norden und den westlichen Ländern eine Quelle reichen Gewinnes gefunden. Sie sanken, weil ihnen grösstenteils die Beziehung zu einem grösseren Hinterland fehlte, auf ihre natürliche Stellung als Häfen von provinzieller und lokaler Bedeutung herab. **) Auch Danzig und Riga sind zurückgegangen, selbst Lübeck vermochte nicht mehr vorzuschreiten. Und doch haben diese drei Städte eine Be- sonderheit vor den übrigen Gliedern der Hansa voraus, sie können Aus- fuhrorte reicher und ausgedehnter Hinterländer sein. Dieses Moment *) Fr. Ratzel, pol. Geogr. p. 358. „Von den von Natur beschränkten Gebieten (z. B. Stadtstaaten) geht die Führung auf die Staaten grösseren Raumes, langsameren aber nachhaltigeren Fortschritts in dem Masse über, als deren grössere Hülfsquellen sich entwickeln. =#) cf, F. Siewert, der deutsche Handel nach den nordischen Reichen. Halber- stadt 1892, p. 4. Bio 36 hatte nieht so stark zur Geltung kommen können, als die Verkehrsein- richtungen selbst noch mangelhaft waren; mit den Fortschritten der materiellen Kultur in ihren Hinterländern wuchsen auch sie wieder, aller- dings in verschiedenem Masse, ja es haben sich ihnen noch weitere Städte hinzugesellt, die trotz ähnlicher geographischer Bedingungen zur Zeit der Hansa unbedeutend geblieben waren, Stettin, Kiel und Petersburg. Während man in der ersten Periode von einer Kulturentwickelung des Ostseebeckens, die sich um einen Mittelpunkt, Wisby, gruppierte, hatte sprechen können, während in der hansischen Periode die Entwickelung sich eng an die Küsten gebunden hielt, wie sie auch von ihnen allein befruchtet wurde, geht sie in der dritten Periode von den Hinterländern aus und influiert auf die Küsten der Ostsee. Zur selben. Zeit trat dann noch eine neue politische und wirtschaft- liche Macht in die Erscheinung, Russland fasste Fuss an der Ostsee, Polen hatte seine Hand schon auf Danzig gelegt und sich so den Weg zum Meere geöffnet. Die Slawen traten von neuem an die Küsten des Meeres. Es beeinnt nun der moderne Streit um das dominium maris baltiei, das offenbar alle Uferstaaten erstrebt haben und erstreben. Ein grosser Unter- schied zwischen den Mittelmeeren, Binnenmeeren und dem Ozean liegt in der Verschiedenheit ihrer Räume. Man konnte daran denken, die sämt- lichen Küsten des Mittelmeeres, des Pontus oder der Ostsee in einer Hand politisch zu vereinigen. Utopisch wäre es, solche Gedanken auf die Küsten eines Ozeans anzuwenden.*) In demselben Masse wie die Meere sich verkleinern, steigt der Wert ihrer Küsten, weil um so leichter von den Küsten aus das engere Meer unter Einfluss zu nehmen ist. Es liegt aber noch ein weiterer Anlass vor, der das Leben in diesem Gebiet von Grund aus umgestaltet hat. Um diese Zeit machten sich die Einwirkungen auch im Östseegebiet geltend, die mit der Entdeckung Amerikas und des Seewegs nach Östindien, kurz mit den Anfängen ozeanischer Seeschifffahrt und atlantischen Handels zusammenhängen. Bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts war die Ostsee für Nordeuropa das gewesen, was das Mittelmeer seit dem Beginn unserer heutigen Kulturperiode für Südeuropa bedeutet hatte, das Meer, die Seestrasse, auf der sich alle Nationen des Nordens fanden, zu Zeiten allerdings von der Hansa okku- piert und im Sinne der Grundlage eines Transportmonopols ausgenützt. Es war die Zeit, als die Flagge der Hansestädte überall wehte. Als aber ihre Herrschaft zuerst in der Fremde gebrochen war, als die Quellen des englischen und russischen Handels versiegten, schwand mit ihnen auch ®) cf. Ratzel, pol. Geogr. p. 599, 592. 37 das Handelsmonopol auf der Ostsee dahin; sie nahm an Bedeutung ab, als der ozeanische Handel ganz andere Erfolge zeitigte, als der bisherige baltische. Gerade die Lage der östlichen Hansestädte, die für die früheren Verhältnisse, den Vermittlerdienst zwischen Westen und Norden und Osten, so günstig gewesen war, brachte ihnen jetzt den Nachteil, dass sie an dem neu entstehenden atlantischen Handelsverkehr weniger leicht Teil nehmen konnten als die westlichen Schwestern, die sie in der vorigen Periode in den Schatten gestellt hatten.*) _ Nur durch die langen Umwege, Belt oder Sund und Kattegat, Skagerak, immerhin gefährliche Fahrwasser, durch die der Seefahrt noch beschwerlichere Nordsee und den englischen Kanal hätten die Ostseestädte an dem Handel, der seit der Mitte des 16. Jahrhunderts in rascher Steige- rung an den Westküsten Europas aufblühte, partizipieren können. Die Ungunst ihrer Lage, die ja immerhin nur eine relative war, wurde durch die geringe Beweglichkeit der damaligen Verkehrsbeziehungen und des kaufmännischen Kapitals zu einer absolut jeden Erfolg hindernden. Die Hansestädte des Ostseebeckens sind in den nächsten 300 Jahren so gut wie ausgeschlossen vom atlantischen Handel; sie blieben es, bis die Vor- züge, die bei veränderter Technik der Schifffahrt ihnen die allmählich steigende wirtschaftliche Bedeutung ihres Hinterlandes gab, es er- laubten, dass auch die Ostseestädte sich in diesem Jahrhundert wieder am Welthandel beteilisten. Ein Hauptverdienst ist da der Anlage von Eisen- bahnen im Innern Deutschlands zuzuschreiben. Die Hamburg-Lübecker Bahn hat Lübeck zum Ostseehafen Hamburgs gemacht. Heute liest es wieder an der grossen Welthandelsstrasse, die England, ja Amerika mit dem tiefsten Innern Russlands und Asiens verbindet, deren letztes Glied zur Umfassung der Erde die neue sibirische Pacifie- bahn darstellt. **) *) Das Loblied auf Lübeck, auf die Bedeutung seiner Stellung, das in diesen Tagen entstand, war mehr ein Lob vergangener Zeiten als ein Bild der augenblicklichen Zustände. Hans. Geschbl. 1879, VII. a. a. 1506 ed. W. Mantels. Och Lubeke, du bist so schone ein plan, So mostu lange in eren stan Tusschen den heren ryke! Dar gaen de vrighen strome tho. Wor vynt men dyn ghelyke ? ==) cf. Dullo, Gebiet, Geschichte und Charakter etc. 1888, p. 140. Fr. Ratzel, pol. Geogr. p. 421, 422. „Eine der Triebkräfte, die dauernd in aller uns bekannten Geschichte wirkt, ist das Streben der Verlegung des Handels vom Land auf das Meer, wo die freisten und billigsten Strassen sind... . . Die Entwickelung der Eisenbahnen hat nun eine neue Aera der Verlegung grosser Handelswege auf das Land hervorgerufen, die ihren politisch wichtigsten Ausdruck in grossen kontinentalen Querbahnen findet, 38 In diesen Dingen liegen einerseits die Ursachen für die seit der Mitte des 16. Jahrhunderts eingetretene Überflügelung Lübecks durch Hamburg, andererseits für das seit 30 Jahren deutlich wahrnehmbare Wachsen Lübecks und seiner Schwesterstädte an der Ostsee. Ein treffendes Beispiel dafür, dass man sich in Lübeck schon kurze Zeit nach Beginn des Emporblühens atlantischen Handels über die wachsende Bedeutung desselben und seine Gefahren für den lübischen klar war, liefert die Geschichte des zweiten Elbe- Travekanals, über den oben berichtet wurde. Weil es der damaligen Technik, vielleicht auch dem vorhandenen Kapital unmöglich war, einen Kanal zu schaffen, der den da- maligen Seeschiffen die Möglichkeit geboten hätte, mit Übergehung Hamburgs den direkten Weg über Lübeck in das Ostseebecken einzuschlagen, und am Widerstand Hamburgs ist der Plan gescheitert, der Kanal bald verfallen. Erst der heutigen Technik ist die Durchführung dieses Projektes mit dem Bau des Nord-Ostseekanals gelungen, allerdings an einer für Lübeck weit ungünstigeren Stelle. Greifen wir nunmehr zurück auf die Entwickelung, die sich aus den Einwirkungen der Hinterländer auf die südlichen Ostseeküsten ergiebt. Sie treten zum ersten Mal an der Stelle hervor, an der sich zuerst eine Macht konsolidierte, die im Besitz der Küsten und des zugehörigen Hinter- landes in sich eine geschlossene politische Kraft darstellte, im Norden der Ostsee. *) Die kalmarische Union von 1397 war das politische Vorspiel zu der grossen Einigung der nordgermanischen Staaten, in der Schweden, beson- ders durch seine Massenwirkung in diesem Bunde mit Dänemark und Norwegen von der Mitte des 16. Jahrhunderts an, seit der Regierung des Hauses Wasa, dominierte. Auch Dänemark zog seinen Vorteil aus dieser Konsolidierung gegenüber der verfallenden Hansa. Kohl sagt**) ganz richtig: „Nach dem Verfall des grossen deutschen Städtebundes bemäch- tigten sich die Dänen wieder mehr der Vorteile ihrer Lage und griffen dann, als Deutschlands Macht im 30 jährigen Krieg tief herabsank, von Kopenhagen aus auch wieder, von verschiedenen Umständen begünstigt, mit ihrer politischen Herrschaft weit in Deutschland hinein, bis zur Elbe und Weser hinab, bis nach Oldenburg und Lauenburg hin.“ Schweden war die Macht, die das dominium maris baltici, das den altersschwachen durch die die übermässig grossen Umwege zur See abgeschnitten werden.‘ Es ist hier darauf hinzuweisen, dass Bernhard Cotta schon im Jahre 1853 diese Entwickelung vorausgeahnt hat. cf. B. Cotta, Deutschlands Boden, sein geologischer Bau und dessen Einwirkungen auf das Leben der Menschen. II. p. 52. Leipzig, Brockhaus 1853. *) Die überragende Bedeutung der südlichen Ostseeküsten, die ja in erster Linie auf dem Gebiet der Kultureinflüsse zu suchen ist, wird dadurch nicht berührt. Sie tritt daher in den ersten Jahrhunderten mehr hervor als später, da sich schon eine gewisse Nivellierung des Kulturstandes herausgebildet hat. ##) p. 348, 39 Händen der Hansa langsam aber unaufhaltsam entelitten war, wenigstens in beschränktem Sinn erwarb. Ein retardierendes Moment ist in dieser Entwickelung nur einmal eingetreten; es zeigt deutlich die Notwendigkeit des Überganges der politischen Macht auf die Territorien, weil sich fortan nur in ihnen die für eine gedeihliche Entwiekelung notwendige politische und wirtschaftliche Zusammenfassung der Kräfte findet. Es war der Auf- schwung des deutschen Ordens zu einer Macht ersten Ranges in baltischen Dingen. Nach dem Abschluss der Kalmarer Union hatte der Ordensstaat, der sich seit einem halben Jahrhundert guten Friedens im Innern erfreut hatte, und während dieser Zeit, allerdings nicht in genügend fester Weise, die Herrschaft im eigenen Haus, sogar über die ihm angehörigen Hanse- städte errungen hatte, gegen die Union eingegriffen. 1398 eroberte er Gothland und Wisby, 1346 war schon Esthland bis Reval in seine Hände gekommen. Aber schon 1407 musste er Gothland preisgeben, wenige Jahre später, 1410, stand er im eignen Land am Rande des Untergangs. 1466 erreichte Polen im ersten Thorner Frieden die Ostsee. Der Orden ist dann von Polen erdrückt worden. So machte dieser Versuch, von deutscher Seite aus eine Herrschaft über die Küsten der Ostsee zu be- gründen, nur Episode. Seit dem Frieden von Brömsebro (1645), in dem Schweden Oesel und Gothland, dem westfälischen Frieden, in dem es Vorpommern mit Stettin, Rügen, Usedom und Wollin, dazu Wismar erworben hat, ist es die erste Macht des Nordens; die selbstständige Bedeutung der Ostsee- küsten, wie sie die hansische Periode gekannt hatte, war damit endgültig auch äusserlich abgeschlossen, nachdem schon ein Jahrhundert unfrucht- barer Stagnation auf ihnen gelastet hatte. Die Hansa gab, als sie vom Meer verdrängt wurde, nicht allein dieses Preis, sondern mit der Herr- schaft über das Meer auch die im eigenen Hause, an den heimischen Küsten. Aber gerade dieses Eindringen nichtdeutscher Mächte in den ungelügen und schon damals nur noch lose zusammenhängenden Bau des alten Reichs erregte lebhafte Opposition, da es mit den Erweiterungs- bedürfnissen eines Reichsgliedes, Brandenburgs, zusammentraf. Branden- burg war ein reiner Binnenstaat, völlig von der See abgeschlossen. Schon im 13. Jahrhundert hatte es den Versuch gemacht, seine Hand auf Stral- sund zu legen, um den Zugang zur See zu gewinnen. Seitdem es unter dem grossen Kurfürsten zu einer selbstständigen politischen Macht zu er- wachsen begann, seitdem es das alte Ordensland, aber ohne seinen natür- lichen Hafen, Danzig, sich angegliedert hatte, musste es lebhafter als je zu Schweden in Gegnerschaft treten, das ihm den Weg an die Küste, be- sonders an die Odermündung, die damalige Lebensader des brandenbur- 40 gischen Staates versperrte.”) Dass dies der brandenburgischen Regierung deutlich war, zeigt besonders der Bau des Spree und Oder verbindenden Friedrich-Wilhelm-Kanals, der Berlin direkt mit der Ostsee in Verbindung setzen sollte. 1720 aber erst hat Brandenburg im Stockholmer Frieden Stettin, Vorpommern bis an die Peene und Usedom und Wollin endgültig erwerben können. Damit war der Aufschwung Stettins besiegelt. Hinter sich hatte es nun die Rumpfprovinzen des entstehenden preussischen Staates, Pommern, Posen, Schlesien, Sachsen und Brandenburg. Unauf- haltsam ist Stettin von dieser Zeit an zur ersten Handelsstadt der preussischen Monarchie, zur bedeutendsten Ostseestadt Deutschlands herangewachsen. Das Hinterland, das ihm bisher nur stossweise, unzulänglich seine Kräfte dargeboten hatte, hat ihm fortan offen gestanden, früher und reichlicher als allen andern Städten. Mit diesem Vordringen Preussens an die See Hand in Hand ging die Zurückwerfung Schwedens aus seiner die Ostsee beherrschenden Position durch Russland. Im Frieden von Nystadt (1721) gingen Livland, Esthland, Ingermanland, Karelen, Oesel und Dagö an Russland verloren. Mit der Regierung Peters des Grossen war Russland im Kampf gegen Schweden auf den Plan getreten, um sich am Wettstreit um die Herr- schaft der Ostsee zu beteiligen. Petersburg ist die Stelle wo es den Schlüssel zum Meer, den es für die Nutzbarmachung seiner weiten Gebiete für den europäischen, den Welthandel brauchte, gefunden hat. Da wo der finnische Busen sich am weitesten in die Niederungen des westlichen Russland eindrängt, wo Wasserwege zur Düna, Dwina und Wolga ihren Ausgang ins Meer nehmen müssen, hat Peter der Grosse Petersburg ge- gründet. Es ist eine Gründung von so bewusster Kühnheit, — die lokale Lage ist für die Entstehung einer Stadt an dieser Stelle äusserst ungünstig wegen der versumpften Niederungen, die sich an der Newa entlang ziehen, — dass man berechtigt ist, Peter einen völlig klaren Blick für handelspolitische Vorzüge zuzusprechen. Petersburg hat denn auch alle Hoffnungen, die man auf die Entwickelung dieser neuen russischen Haupt- stadt setzen konnte, vollauf erfüllt. Seine Mission, Russland westeuropäi- scher Kultur auf dem Wege zu erschliessen, der bei dem Vorhandensein der polnischen Adelsanarchie damals allein möglich war, dem Wasserwege, hat es glänzend durchgeführt. Seit der Konsolidierung des russischen Staates an der Ostsee, dem Zurückdrängen der nordischen Mächte von der schon errungenen Herr- schaft und dem Erstarken der südlichen Küsten der Ostsee unter Preussens j ®) cf. Hans. Geschichtsblätter 1890/91, p. 57. Ulmann, die baltische Politik des grossen Kurfürsten um die Sterbestunde der Hansa, 41 Führung ist das Gleichgewicht im Ostseebecken hergestellt gewesen. Keiner Macht ist es fortan gelungen, die Ostsee zu einem mare clausum zu machen, wie es wohl oft im Sinne Schwedens oder Dänemarks gelegen hat, wie es die Hansa in den Zeiten ihrer grössten Macht thatsächlich durchgeführt hat, dazu noch ohne den Besitz einer territorialen Grund- lage, nur auf Grund ihrer materiellen Überlegenheit gegenüber allen Kon- kurrenten durch faktische Schliessung des Sundes und der Belte durch ihre Flotten. Allerdings ist die Einrichtung des Sundzolles bis in unsere Tage ein finanzielles Hülfsmittel Dänemarks geblieben, doch hat er niemals im Sinne einer Handelssperre von Dänemark ausgenutzt werden können. “) Mit den Friedensschlüssen, die dem Ringen des nordischen Krieges folgten, war die politische Stellung der Ostseeküsten, besonders der süd- lichen für mehr als ein Jahrhundert festgelegt. Die Städte waren mit Ausnahme Lübecks alle in den Verband grösserer Hinterländer eingetreten, sie gingen in politischer Beziehung in Rücksicht auf autonome Verfassung und grösstenteils auch in materieller Beziehung allmählich zurück. Die Städte bedurften dieser Rückbildung hypertrophischer Zustände, wie sie sich auf dem Kolonialboden des früheren Mittelalters hatten ausbilden können, um als nützliche dienende Glieder einem grösseren Organismus einverleibt zu werden. Die Erfolge sind nicht ausgeblieben. Stettin ist das beste Beispiel. **) In unsern Tagen folgten, nachdem die materiellen Kräfte des Hinter- landes durch die politische Einigung Deutschlands 1871 für Ziele ver- wendbar geworden sind, die nur unter der zielbewussten Leitung einer guten Handelspolitik in einem grossen Staatswesen zu erreichen sind, Danzig und Königsberg. Beide sind in lebhaftem Aufschwung begriffen, der nur durch den letzten russisch-deutschen Zollkrieg wesentlich aber wohl nur zeitweilig gehemmt worden ist. Stettin ist ausschliesslich das Produkt des wirtschaftlichen Aufschwunges Preussens. Die industrielle Erstarkung Schlesiens, die erhöhte Betriebsamkeit der landwirtschaftlichen Gewerbe Norddeutschlands, die bedeutende Bevölkerungszunahme in Schlesien, Brandenburg, Posen und Pommern und die damit zusammen- hängende Erhöhung der Konsumtion dieser Provinzen, endlich auch das intensive Anwachsen des grössten Verkehrszentrums der norddeutschen Tiefebene, Berlins, — das sind die fliessenden Quellen der kommerziellen *®) Über die Einführung des Sundzolles vergl. Hans. Geschbl. 1875. D. Schäfer, Zur Frage nach d. E. d. $z. Sie ist etwa um 1425—1429 anzusetzen; die wendischen Städte Lübeck, Hamburg, Lüneburg, Wismar, Rostock und Stralsund waren nach dem Wordingborger Vertrag von 1435 zollfrei. Die Aufhebung erfolgte 1857. =") cf. Fr. Siewert, Gegenwart 32 und 39 vom 24. September 1887. 42 Kraft Stettins geworden. Die übrigen Ostseehäfen sind abgesehen von Lübeck für das grosse Östseegeschäft Deutschlands nur von geringerer Bedeutung. Flensburg und Kiel besitzen nur das handelspolitisch mit Ausnahme Altonas, das aber nach Westen gravitiert, wenig bedeutende Holstein und Schleswig, Rostock und Wismar Mecklenburg als Hinterland. Alle diese Städte leiden unter dem Fehlen eines bedeutenden, produktions- und konsumtionsfähigen Hinterlandes und noch mehr an dem Mangel ausreichenden Verkehrszusammenhanges mit den grossen Zentren des Binnenhandels. Dem ganzen heutigen Seehandel und -Verkehr ist ein stark konzentrischer Zug eigen, und was jene Städte Mecklenburgs früher an Einfluss über ihr räumlich nicht geringes Umland besassen, ist heute von den benachbarten grösseren, mit ungleich vollkommeneren Transport- möglichkeiten zu Wasser und zu Lande ausgestatteten Städten, — Lübeck und Stettin — aufgesogen worden.*) Dabei hat Lübeck sich bisher noch den Löwenanteil zu bewahren gewusst und macht Stettin die lebhafteste Konkurrenz. Es liegt das teils in der wohl vorhandenen Neigung des Mecklenburgers, sich dem Holsteiner und Hanseaten eher anzuschliessen als dem Pommer, besonders aber in der Thatsache begründet, dass Lübeck schon 1851 eine Bahnverbindung mit Mecklenburg besass, Stettin erst 1867 eine solche baute. Nirgends aber ist es schwerer, einmal verlorene Verbindungen wieder anzuknüpfen als gerade im Handel.**) Im Aufschwung begriffen sind weiter Lübeck und Kiel. Bei der Erörterung der geographischen und historischen Stellung dieser beiden Städte springt eine auffällige Beobachtung in die Augen, dass nämlich ganz ähnliche Momente im Leben der Völker regelmässig auch ähnliche Entschlüsse, ähnliche Versuche anregen. Als Lübeck in raschem Sieges- lauf seine, die Hansa und die Ostsee beherrschende Stellung nach dem Ende der grossen Dänenkriege der 60er Jahre des 14. Jahrhunderts erreicht hatte, nachdem es auf einem Punkt innerer politischer Sättigung angelangt war, machte es sich daran, diese Situation durch Erweiterung seiner natür- lichen Verkehrswege zu befestigen. Am Ende des 14. Jahrhunderts baute es seinen Elbe-Travekanal, der ihm das oberelbische Verkehrsgebiet erschloss. Wir stehn heute auf dem Standpunkt, dass wir ‚annehmen, das deutsche Reich sei politisch konsolidiert. Dass die materielle Entwickelung Deutschlands in den letzten 30 Jahren ganz hervorragende Fortschritte gemacht hat, ist eine unanfechtbare Thatsache. Deutschland befindet sich heute etwa in der Lage, in der sich Lübeck nach der damaligen Erreichung *) cf. Siewert, Gegenwart 32 Nr. 39. September 24. **) cf, Dullo, Gebiet, Geschichte und Charakter etc. 1888, p. 129. 43 seiner politischen Ziele befand. Derselbe Wunsch wie damals tritt auch heute hervor: die natürlichen Verbindungen, die für den erweiterten Verkehr, der die regelmässige Folge politischer Ruhezeiten ist, nicht mehr genügend zu sein oder wenigstens die Möglichkeit der Erweiterung zu bieten scheinen, durch künstliche zu vermehren. Das ganze Handelsleben Nord-Deutschlands, ja der ganzen Norddeutschen Tiefebene steht augen- blicklich unter dem Bann eines Gedankens, der Verbindung der nord- deutschen Ströme untereinander durch Wasserstrassen, der Verbindung von Nord- und Ostsee durch den Brunsbüttel-Holtenauer Kanal, die Er- weiterung des alten Eiderkanals.*) Es sind das Ideen von so weittragender Bedeutung, sie schliessen so grosse Entwickelungsmöglichkeiten ein, dass man heute wohl die Not- wendigkeit und den Erfolg dieser Projekte beweisen und abschätzen, nicht aber die Summe ihrer Folgen berechnen kann. Die beiden Projekte er- gänzen einander, nicht so, dass das eine ohne das andere unausführbar wäre; für einen Punkt aber, Lübeck, stehen sie in so untrennbarem Zu- sammenhang, dass nach dem Bau des Nord-Ostseekanals der Bau eines modernen Verkehrsbedürfnissen entsprechenden Elbe-Travekanals eine Lebensfrage geworden ist. Das führt auf die geographische Lage Kiels und Lübecks für Deutschland, zu einander und für jede der beiden Städte einzeln genommen. Kiel hat erst seit der Zeit grosse Bedeutung gewonnen, seit der es an Preussen angegliedert ist, seit 1864. So lange Schleswig- Holstein dänisch war, krankte Kiel an denselben Missständen, die auch dem Handel Königsbergs immer Fesseln anlegen, semer Lage in nächster Nähe zweier Zollgrenzen, ohne die Vorteile eines lreihafens zu besitzen. Seit der Einverleibung der Herzostümer gewann die Lage Kiels an den grossen Strassen Paris-Stockholm-Petersburg und London-Köln-Petersburg und deren Kreuzung mit der Route Konstantinopel-Berlin-London an Bedeutung. **) Seine Wahl zum deutschen Kriegshafen lenkte den Strom der Ein- wanderung in hervorragendem Masse dieser Stadt zu. Kiel teilt mit Lübeck, seiner bedeutendsten Nebenbuhlerin, die Lage im südwestlichsten Winkel der Ostsee, künstliche Beförderungen, die die Zugehörigkeit zu *) cf. Beseke, der Nord-Ostseekanal. Kiel und Leipzig 1893. Für den älteren Eiderkanal cf. Woltmann, Beiträge zur Baukunst schiffbarer Kanäle III. Beschreibung des Schleswig-Holstein-Kanals p. 337 ff. Göttingen 1802. ==) cf, Jansen, die Bedingtheit des Verkehrs und der Ansiedlungen des Menschen durch die Gestaltung der Erdoberfläche, nachgewiesen insonderheit an der cimbrischen Halbinsel. Kiel 1861 und Jansen, Poleographie der cimbrischen Halbinsel in For- schungen zur Landes- und Volkskunde 1886. Heft 8. 44 Preussen Kiel gebracht hat, hat es Lübeck an Einwohnerzahl überflügeln lassen. Hinzu kommt noch die unermessliche Bedeutung, die Kiel als Ausgangshafen am neuen Nord-Ostseekanal gewinnen kann in Gegnerschaft zu Hamburg, das zu weit elbaufwärts liegt, um ebenso viele Vorteile aus dem Kanal ziehen zu können wie Kiel.*) Wenn die Fortschritte, die Kiel bisher gemacht hat, schon ganz hervorragend sind, so werden sie gering erscheinen gegenüber denen, die bei richtiger Benutzung seiner ausserordentlich günstigen Lage seimer noch warten. Anders liegt die Sache bei Lübeck. Durch die Auflösung der Hansa verlor es die politische Macht; mit deren Verlust verfiel auch der lübische Handel, da er sich ebenso sehr an politische als geographische Bedin- gungen geknüpft hatte. So fristete Lübeck sein Dasein durch Jahrhunderte; kaum der Schatten alten Glanzes wohnte noch in seinen ehrwürdigen Mauern. Von der allmählich eintretenden Befestigung der politischen Macht in seinen Hinterländern hatte es nur Nachteil, der kaum ausge- glichen wurde durch die allmählich sich hebende Konsumtionskraft seines Umlandes. Die Gunst seiner Lage und die Tradition wies aber Lübeck im Verhältnis zu Kiel immer noch den bedeutenderen Anteil am deutschen Ostseehandel zu. Es erscheint nicht überflüssig, an diese besondere Rolle Lübecks zu erinnern. Im ganzen 17. und 18. Jahrhundert, als der deutsche Gemeingeist tief gesunken war und der alte merkantile Besitzstand im Norden langsam an England und die Niederlande verloren ging, da hatte der deutsche Handel nach Norden eigentlich seinen einzigen Halt an der Trave.“*) Politische und kommerzielle Macht sind eben untrennbar, und *) Schon früher sind ähnliche Projekte der Verbindung von Nord- und Ostsee aufgetaucht. cf. Jansen 1861, p. 100 und Anm. 1. Dort sind genannt: Eckernförde- Husum, Kiel - Tönning, Neustadt - Brunsbüttel, Travemünde - Brunsbüttel. Jansen hat prophezeit, dass die Bedeutung Lübecks und Hamburgs welken würde, wenn ein solcher Kanal gebaut würde. cf. Sartori, Kiel und der Nord-Ostseekanal. Andere Projekte waren das von Michael in der Zeitschrift für schleswig-holstein-Jauenburgische Geschichte Bd. 19, p. 201 ff. mitgeteilte, das Projekt eines Nord-Ostseekanals im Jahre 1748, und das von der Lübecker Nord-Östseekanalkommission 1865 ausgearbeitete, das die Trace St. Margarethen-Travemünde ins Auge fasste. Denkschrift über den St. Margarethen- Travemünder Nord-Östseekanal mit 3 Karten. Dittmer, Lübeck 1866. ==) of, Siewert, der deutsche Handel etc., p. 4, 1892. *=#) cf, Schrader, die Deutschen und das Meer. Verlag des allgemeinen Sprach- vereins 1896. „Auch in unserem deutschen Volk ist mit dem politischen Frühling, den ihm seine Wiedergeburt gebracht hat, eine solche Sehnsucht nach dem Meere erwacht, das seine Küsten umrauscht und mit einer Reichsflotte ..... . ist es in den Wettbewerb um das Element eingetreten, dem, wie man sagt, kein grosses Volk auf die Dauer ungestraft sich entfremdet,‘“ 45° Seit zwei Jahrzehnten haben schon einsichtige Männer auf die Not- wendigkeit hingewiesen, den alten noch bestehenden Elbe-Travekanal aus- zubauen und den modernen Verkehrsbedürfnissen anzupassen. Es hat erst des Baues des Nord-Ostseekanals bedurft, der Kiel zu einem Nordsee- hafen, Hamburg zum grössten und kapitalkräftigsten Ostseehafen gemacht, Kopenhagen aus seiner beherrschenden Stellung am Sund verdrängt hat, um den Bau des neuen Elbe-Travekanals, dieses für Lübeck wichtigsten Gliedes im System der deutschen Mittellandkanäle, durchzusetzen. Nichts drückt die Notwendigkeit dieses Entschlusses so schroff aus, wie die Moti- vierung, mit der die preussische Regierung beim Landtag die Subvention dieses Kanals empfahl. Es hiess damals, man schulde Lübeck für die enorme Schädigung, die es durch den Bau des Nord-Ostseekanals erleide, zu der es ja auch durch Steuern und Zölle habe beitragen müssen, eine Entschädigung, die es Lübeck wenigstens ermögliche, lebensfähig zu bleiben. Bis jetzt glaubt man an die Zukunft Lübecks, da es sich bisher wenig- stens einzelne Handelszweige, wie den skandinavischen Speditionshandel, zu erhalten gewusst hat. Lübeck ist aber im Laufe des letzten Jahr- hunderts trotz der Fortschritte, die es gemacht hat, durch die immer wachsende Bedeutung Hamburgs zu einem Platz zweiten Ranges herab- gedrückt, es ist abhängig von Hamburg geworden.”) Um dem zu begegnen, ist es nötig, aus dem hamburgischen Hinterland möglichst einen Teil aus- zusondern und wenigstens, was den Östseehandel anbetrifft, zu einem spezifisch lübischen zu machen. Das kann sicher eine Kanalverbindung der Ostsee mit der Elbe oberhalb Hamburgs erreichen. **) Der Kanal wird in erster Linie den bereits bestehenden Verkehr Lübecks und Lauenburgs an sich ziehen, mit der Lübeck-Büchener Bahn konkurrieren, weiter aber den jetzt schon lebhaften Transitverkehr Lübecks nach und vom Norden um ein ganz Beträchtliches steigern. Ein weiteres Moment ist die Aufnahme des Verkehrs mit Massengütern, besonders den schwedischen Erzen, die erst durch die Einführung der billigen Kanal- fracht Lübeck ermöglicht werden kann. Hinzu kommt aber noch der =) cf. Dullo, Gebiet, Geschichte und Charakter des Seehandels der grössten deut- schen Ostseeplätze seit der Mitte dieses Jahrhunderts. Jena 1888 in staatswissen- schaftliche Studien von L. Elster, Bd.2, Heft 3, p.125. „So ist Lübeck der Speditions- vorort Hamburgs für alle überseeischen Waren.‘ ==) cf. Dullo, Gebiet, Geschichte und Charakter etc. 1888, p. 141. „So ist die Stadt unter den grossen deutschen Ostseehäfen die kleinste, ihr Handel am wenigsten umfangreich, dafür aber relativ der wertvollste von allen, was seine Exportartikel wenigstens betrifft, und mit einer Energie, einem Verständnis für die zeitgemässen Forderungen des Verkehrs betrieben, die diesen kleinsten Platz den grössten würdig an die Seite stellt.“ 46 Zuwachs an Verkehr, der durch die Erschliessung einer neuen Strasse sich im mittleren und unteren Elbegebiet bilden wird. *) Zweifellos wird Lübeck fortan Stettin in scharfer Weise Konkurrenz bieten. Nach einer Mitteilung der neuen Stettiner Zeitung hat am 19. März 1835 die Stettiner Kaufmannschaft auf eine Anfrage des Kgl. Oberpräsidenten über die Bedeutung des Elbe’Travekanals geantwortet, dass zur Zeit ein sehr erheblicher Transitverkehr über Stettin zwischen dem Gebiet der mittleren Elbe einerseits, Skandinavien und Russland andererseits bestehe, und dass nach Herstellung des Elbe-Travekanals ohne Zweifel der grösste Teil dieses Verkehrs den Weg über Lübeck nehmen würde.**) Natürlich sind die Gegenbestrebungen, die im Ausland gegen diese neuen deutschen Projekte wirken sollen. Es galt für Deutschland einer- seits alle Kräfte der Küste und des Binnenlandes durch möglichste Ver- vollkommnung seiner inneren Wasserwege zu sammeln, sie der Küste zur Regelung der Ein und Ausfuhr zuzuführen, andererseits dem Ostseehandel einen möglichst kurzen Weg zum Ozean, zur Welthandelsstrasse zu eröffnen. Am meisten muss darunter Kopenhagen leiden. Es hat die grössten Anstren- gungen gemacht, um wenigstens die materiellen Vorteile aufrecht zu er- halten, die es aus seiner Lage an der wichtigsten natürlichen Einfahrt in die Ostsee besass, wenn es schon durch den Nord-Ostseekanal Deutschland gegenüber seiner wichtigsten politischen Drohstellung am Sunde verlustig gegangen ist. Am 9. November 1894 ist der neue Freihafen in Kopen- hagen eröffnet, der durch thunlichste Erleichterung des Verkehrs wenig- stens den Teil des Handels, der eine Erhöhung der Spesen, wie sie der Verkehr im Nord-Ostseekanal immer mit sich bringen wird, nicht ertragen kann, Kopenhagen erhalten soll.***) Wir stehen mit der Eröffnung der neuen Kanäle im Ostseegebiet und dem zu erwartenden Bau des Mittellandkanalsystems vor dem Beginn einer neuen Epoche für das Ostseebecken. Kapp hat auf den allmählichen Übergang von thalassischer Kultur — und als solche kann im grossen und ganzen, wenn man in erster Linie Handel und Verkehr in Betracht zieht, noch heute die des Ostseebeckens bezeichnet werden, — zu ozeanischer hingewiesen. Die Entwickelung im Ostseegebiet bestätigt seine Anschauung. *) cf. Franck, a. a. O. p. 19. Fr. Siewert, Export 1886, März 50. VII. und 13, p. 185, 186, 201, 202. =) Über die Frachtverhältnisse und die Waren, die der Kanal befördern soll, cf. Lübeckische Blätter 1888, p. 239 und 241. Im übrigen cf. Lohmeyer, Bericht über die projectirte Correction des Steckenitzcanals. Lübeck 1878. ”**) Das Projekt ist schon früher aufgetaucht, z. B. 1848. 47 Das Streben geht auch hier unbedingt nach immer weiterer und reich- licherer Erschliessung und Nutzbarmachung ozeanischen Verkehrs und ozeanischer Kulturelemente für das Östseebecken. Ob sich daran eine Verschiebung des politischen Schwergewichts zu Gunsten der nördlichen, südlichen oder östlichen Küsten anschliessen wird, muss die Zeit lehren. Dass fürs erste noch die südlichen Küsten durch Lage und historische Stellung bevorzugt sind. ist klar. Dass aber eine solche Verschiebung innerhalb des Bereichs der Möglichkeit liegt, kann nicht wohl bezweifelt werden. Da wird es Sache der Tüchtigkeit sein, alten Rang und alte Ansprüche, die in der Natur so begründet sind, aufrecht zu erhalten. Die Gellivara-Erze. Von Dr. Theod. Wetzke, Lübeck. Die Fahrzeit von Berlin nach Rom beträgt 40 Stunden, von Rom nach Neapel 6, von Lübeck nach Berlin 4 Stunden. Alles in allem kann man von Lübeck nach Neapel in 52 Stunden gelangen. In 52 Stunden von der feuchtkalten Ostsee zum ausonischen Meer. Sticht man die Strecke Lübeck-Neapel auf der Karte mit dem Zirkel ab und schlägt, Lübeck als Mittelpunkt beibehaltend, in nordnordöstlicher Richtung, so trifft man auf einen Punkt in der Nähe der Grenze von Schweden und Finnland. Dort etwa liegt die kleine schwedische Hafenstadt Lulea Um zu ihr zu ge- langen bedarf es eines weit grösseren Zeitaufwandes. Man kann den Weg auf mehrfache Weise zurücklegen. Entweder direkt von Lübeck, Danzig oder Stettin aus mit dem Dampfer. Aber von diesen Städten gehen keine Touren- oder Personenschiffe nach so hohem Norden, man müsste denn Gelegenheit haben, ein Erzschiff benutzen zu können; immerhin wird sich die Reise selbst nicht unter S4--90 Stunden ausführen lassen. Oder man wählt den Weg über Stockholm und braucht dann von Lübeck bis Stockholm allein 42 Stunden. In Stockholm bleibt es dem freien Belieben überlassen, ob man Luleä zur See oder auf dem Landwege erreichen will. Der Seeweg von Stockholm nimmt glatt 3 Tage in Anspruch. Es ver- kehren zur Sommerszeit in regelmässigen Zwischenzeiten von Stockholm aus abgehend Dampfer bis Haparanda, welche die kleinen Häfen Gefle, Söderhamn, Hundiksvall, Sundsvall, Hernösand, Umeä, Piteä, Luleä an- laufen. Aber auch eine Eisenbahn führt von Stockholm direkt nach Luleä und zwar über Upsala, Änge, Aennais, Boden. Die Eisenbahnfahrt dauert volle 3 Tage, da die Schweden auf dieser nördlichen Strecke in der Nacht nicht fahren. Die Fahrt bis Änge und etwas darüber hinaus soll reich sein an landschaftlichen Scenerien, besonders die Partie über den Anger- mannself; von Angaelf wird die Landschaft öde und trist; Nadelholzwald, von Felsen durchsetzt, und sumpfige Moore ist alles, was sich dem Auge des Reisenden bietet. Luleä selbst ist eine kleine Stadt, die trotz ihrer hohen Lage im Bilde, wie in der Wirklichkeit der Reize nicht entbehrt. Wer sich ihr zu Wasser naht, hat kurz vor der Einfahrt in den eigentlichen Hafen eine grosse Anzahl kleiner Inseln zu passieren, die cykladenartig im Meere zerstreut liegen, und zuletzt eine schmale kanalartige Wasser- strasse, den Tjufholmsund. Dann sieht er die Stadt auf eimer Halb- insel liegen. Luleä liegt zwischen dem 65. und 66. Grad nördlicher Breite, also noch unterhalb des Polarkreises. Es zählt ca. 7000 Einwohner, Schweden und Finnen, erstere an Zahl überwiegend. Siedelnde Lappen giebt es in Luleä nicht. Die Lappen ziehen sich nur in der Winterzeit näher an die Stadt heran und verkaufen die Produkte ihrer Renntierzucht, Fleisch und Felle, um Lebens- und Genussmittel, unter letzteren. besonders Kaffee und Zucker, einzukaufen. Nur Alkohol ist in allen seinen Er- scheinungsformen durch Regierungsverordnung als Handelsartikel mit den Lappen verboten und nur etwa in der Form als Medikament, Hoffmanns- tropfen oder Kölner Wasser vermag hin und wieder ein listiger Finne die Wachsamkeit der Behörde zu täuschen. Übrigens sollen die Lappen es verstehen, sich aus Renntiermilch unter Zuhülfenahme des Fliegenpilzes ein berauschendes Getränk zu bereiten. Der Handel mit den Lappen ist in Luleä wenigstens durchaus kein Tauschhandel, sondern geschieht stets gegen bar. Wie ich berichtet bin, thut der auch den schweifenden Lappen Unrecht, der sie für arm und verkommen hält. Trotz der geringen Produktivkraft ihrer Distrikte, trotz der langen, trostlosen Winternächte wissen sie ihrem Boden durch die Erträgnisse ihrer Viehzucht und Jagd, Produkte in solcher Menge abzugewinnen, dass nicht nur ihr und ihrer Familien Unterhalt gedeckt, sondern über das Bedürfnis hinaus produziert wird. Unter den schweifenden Lappen sollen reiche Leute gar so selten nicht sein, besitzen doch manche unter ihnen Herden von 4000 und mehr Stück Renntieren. : Nach Mitteilungen von dem Geschäftspersonal der Firma Possehl in Lübeck, welche die Gellivara-Erze ausbeutet, besteht die Hauptbeschäftigung der Bevölkerung von Luleä, wie in einer Hafenstadt, natürlich im Handel, besonders mit Holz, welches die nahen Wälder in reichlicher Menge liefern. Die Elfe. (Flüsse) dienen als Transportwege und das auf ihnen geflösste Holz wird dann in den verschiedenen Sägemühlen der Stadt zurecht ge- schnitten. Als Holzarbeiter und im Hafen findet der ärmere Teil Beschäf- tigung, unter den Handwerkern nimmt die Gerberei den ersten Platz ein. An landwirtschaftlichen Betrieb wird man kaum erinnert; auf einigen kleinen Fleckchen Feldes vor der Stadt fristet Hafer im Sommer ein kümmerliches Dasein, und oft mag es den Ackerbauern von Luleä mit 4 50 ihrer Ernte so gehen, wie denen der schlesischen Berge und des Erz- gebirges. Der mit Mühe und Fleiss bestellte Acker brinst die Pflanzung nicht zur Reife. Auch die Viehzucht ist in Luleä gering. Kühe werden nur soviel gehalten, als zur Erzeugung der Bedarfsmilch notwendig er- scheint. Der Pferdeschlag ähnelt dem russischen, klein, aber ausdauernd, harthufig und stark in der Fessel. Die Pferde dienen fast ausschliesslich zum Ziehen und bringen besonders das Wasser aus dem Lule-Elf nach der Stadt, da eine Wasserleitung nicht vorhanden ist. Häuser sind durch- weg aus Holz gebaut, mit einer aus Feldsteinen gemauerten Grundlage. Balken werden übereinander gefügt, die Fugen dicht mit Moos verstopft. Die Balkenschicht wird mit Brettern überkleidet und diese mit Ölfarbe bestrichen oder mit Dachpappe übernagelt. Man schlägt wohl auch in die Balken in horizontaler Richtung kleine Holzpflöcke, um einer Cement- schicht Halt zu geben. Dann gewinnt das Haus das Ansehn eines steinernen. Man übernagelt auch wohl die Balken mit Eisenblech und überstreicht dieses wieder mit der bekannten, sehr haltbaren und wetterfesten schwe- dischen roten Farbe; die Fensterrahmen aber streicht man weiss an. Zur Bedachung der Häuser wird ausschliesslich Pappe verwendet. Die in der geschilderten Weise hergestellten Gebäude sind freilich feuergefährlich, aber sie halten ausserordentlich warm, und das ist für jene Gegenden wohl zureichender Grund, bei dieser Bauart zu bleiben, abgesehen von der Billigkeit des Rohmaterials und der Baukosten. Durch die Abwechslung in der Bemalung der Häuser erhält dann die ganze Stadt jenes farbenfrohe Ansehen, das, einen wirksamen Gegensatz zur Eintönigkeit der Umgebung bildend, den Städten des nördlichen Schwedens eigen ist. Die Strassen der Stadt sind ungepflastert, die Hauptstrasse chaussiert, mit Klinkerstein- trottoirs an den Seiten. Einen Vorzug besitzt die Stadt vor vielen tausenden gleicher Grösse, auch in Deutschland; sie bewerkstelligt ihre Beleuchtung durchweg mit elektrischen Bogenlampen und benutzt nicht, wie man denken sollte, die reichlich zur Verfügung stehende Wasserkraft als Kraftquelle, sondern die Dampfmaschine, obgleich die Kohlen aus England herüber gebracht werden müssen. Ich kann mir recht wohl denken, was diese Beleuchtungsart für eine Stadt bedeutet, die Monde hindurch in kümmer- licher Nacht liegt. Der Sommer bringt reges Leben in die Stadt. Nicht nur ist der Handelsverkehr, den die nördlich gelegenen Bergwerke be- dingen, ein lebhafter, sondern auch Touristen finden sich zahlreich ein, Südschweden, Deutsche und die globetrottenden Engländer. Für deren Unterkunft ist gesorgt. Wer zu längerem Aufenthalt eintrifft, benutzt das als Logierhaus eingerichtete Hotel Wibell oder eine Privatpension. Nur ein Hotel ist vorhanden mit alleiniger Konzession des Ausschankes geistiger 51 Getränke, Punsch, Wein, Bier und Branntwein. Um diesen Mangel an Erfrischungsgelegenheiten einigermassen wett zu machen, benutzen Fremde wie Einheimische reichlich diejenige, welche ihnen in den vorzüglichen Restaurationen der anlegenden Postdampfer geboten ist. Die Sprache ist ausschliesslich schwedisch; mit Englisch soll man allenfalls durchkommen können; deutsch wird nur von wenigen Personen gesprochen. Luleä gegen- über, durch einen breiten Meeresarın getrennt, liegt gleichfalls auf einer Halbinsel als ein besonderer Stadtteil die schwarze Stadt, bewohnt von den Hafenarbeitern und ihren Namen tragend von den ungeheuren Erz- halden, die hier, aus dem Innern kommend, zu Zeiten aufgestapelt werden bis zur Verfrachtung. Hier befinden sich auch die sinnreichen Ladeein- richtungen, die ein rasches Befrachten der Dampfer ermöglichen. In ihrer kühnen Konstruktion erinnern sie an die Wunder des amerikanischen Brückenbaus. Durch Elevatoren gehoben, fährt der Erzzug auf der Lan- dungsbrücke auf. Die Erzwaggons sind so eingerichtet, dass sie sich nach unten mit Klappen öffnen, so dass das Erz direkt von den Waggons durch Rinnen in die Schiffe geleitet werden kann. Der Hafen, nur durch zwei schmale Wasserstrassen mit dem offenen Meere in Verbindung stehend, ist tief genug, um den grössten Seeschiffen den Zugang zu gestatten. Diese Tiefe ist jedoch keine natürliche, sondern hat künstlich mit einem Kostenaufwand von 600000 Kronen hergestellt werden müssen. Die Schiff- fahrt geht hier etwa Mitte Mai oder Anfang Juni auf und etwa Anfang November verlässt der letzte Dampfer den Hafen. Aber auch dann herrscht weder in der Stadt noch im Hafengebiet das Schweigen des Todes, wie wohl sonst in hochnordischen Städten und wie es uns Paul Nordau so ausführlich für Island schildert. Trotz der langen Winternächte, trotz Schneesturm und Kälte hält der Verkehr mit dem südlichen Schweden durch die Bahn an; von Gellivara heran donnern die Erzzüge und fleissig wird beim Scheine der Bogenlampen gearbeitet, um die geförderten Erze in langen Haufen aufzuspeichern und für rasche Verladung im Sommer bereitzustellen. Wie schon mehrfach angedeutet, führt von Luleä eine Bahn nach dem nördlicher gelegenen, 210 Kilometer entfernten Gellivara. Zum Zurücklegen der genannten Strecke bedarf der Zug einer Zeitdauer von etwa 8 Stunden, fährt also sehr langsam. Gellivara im Krikkjokkgebirge liegt am Fusse des Dundret, eines 793 m bohen Berges, 67,6 Grad nörd- licher Breite. Die Stadt hat dasselbe freundliche Ansehen, dieselbe Bauart der Häuser wie Luleä, nur dass sich diese nicht in Strassenzüge ordnen, sondern verstreut durch einander stehen. Die Einwohnerzahl beträgt ca. 2000 Seelen und verteilt sich auf Schweden und Finnen. Auch zwei 4% Lappenfamilien haben sich dauernd in der Stadt niedergelassen. Über- haupt tritt der lappländische Charakter mehr hervor. Die Stadt hat einen Lappmarkt, zu welchem die schweifenden Lappen zum Verkauf ihrer Produkte und Einkauf ihrer Bedürfnisse aus weiter Ferne heranziehen. Auch die Winterzeit veranlasst einen grösseren Zuzug der Landbevöl- kerung zur Stadt oder in die Nähe derselben. Der Sommer aber sieht auch andere Gäste hier. Die nach Luleä kommenden Touristen versäumen es selten, den bequemen Abstecher nach Gellivara zu machen. Besonders zur Zeit der Sonnenwende wird der Dundret eifrig besucht, um von seinem Gipfel aus die Mitternachtsonne zu sehen. Früher besuchte man zu gleichem Zwecke von Haparanda aus den Avasaksaberg, der aber infolge mangelnder Bahnen viel schwerer und unter Aufwand viel grösserer An- strengung zu erreichen ist, als der Dundret. Aber auch sonst mag; es sich wohl verlohnen, im Krikkjokkgebirge zu schweifen, das in seiner Welt- abgeschiedenheit, in seiner starrenden Öde den Charakter des Grossartigen trägt, der den nordischen Landschaften eignet. Was ich über die topographischen Verhältnisse der in Rede stehenden Gegend habe in Erfahrung bringen können, entlehne ich grossenteils Mitteilungen des schwedischen Staatsgeologen Dr. Friedr. Svenonius. Der Schwede ist entzückt von der wilden Naturschönheit gerade dieses Teiles seines Vaterlandes. Er bezeichnet die Gegend als nordische Schweiz, als Paradies des Nordens. Die ganze Landschaft trägt den Charakter eines Hochlandes, aus dem sich eine ganze Anzahl Gipfel bis zur stattlichen Höhe von 1800 m und darüber erheben, zwischen ihnen tief eingeschnittene Thäler mit spaltenreichen,: weit ausgedehnten Eisfeldern und wild hin- schäumenden Wassern. Im Hochgebirge bilden die bewaldeten Strecken nur sehr schmale Streifen, die den Thaleinschnitten folgen und sich je nach der Art der Bäume mehr oder minder nahe an die Schneegrenze heranziehen. Für die letztere kann natürlich keine allgemeine gültige Zahl gegeben werden, sie schwankt je nach der Gunst der Lage zwischen 880 und 1400 m und steigt schnell, je weiter sie nach Osten rückt. Die Mitteltemperaturen giebt mein Gewährsmann für die kälteren Wintermonate Dezember bis Februar auf minus 12 bis 14 Grad Celsius an, für die Monate des Hochsommers auf plus 11 bis 14 Grad an. Das hindert natürlich nicht, dass zu Zeiten das Thermometer im Winter auf minus 40 Grad und darunter fallen, im Sommer auf plus 40 Grad und darüber steigen kann. Das Jahresmittel liegt in der Nähe des Nullpunktes. Von den Nadel- bäumen sind Tannen und Kiefern genannt, von Laubbäumen Birke, Eber- esche, Traubenkirsche und Weidenarten. Die übrige Vegetation schildert Svenonius als ausserordentlich üppig und spricht von lieblichen Blumen- 53 gärten voll Geranien, Aconitum, Echinospermen, Nelken u. s. w. von selten geschauter Grösse und Farbenpracht. Das Letztere will ich ihm wohl glauben, habe ich doch heute noch meine Überraschung über die satten Kolorite der Gentianen und Rhododendron nicht vergessen, die ich auf den hochgelegenen Matten des Dachsteingebirges antraf. Über die Fauna habe ich nicht viel erfahren können. Die Mücken- plage ist im Sommer entsetzlich. An jagdbaren Tieren wurden Elche, wilde Renntiere, weisse Hasen und Füchse, niedere Raubsäugetiere, Reb-, Hasel- und Schneehühner genannt. Etwa eine halbe Stunde nördlich von Gellivara erhebt sich im Kvikkjokkgebirge der Erzberg Malmberget, ein langgestreckter Bergrücken, der sich in drei Erhebungen gliedert, Tingvalls-Kule, Kungsryggen, je etwa 550 m hoch und der Välkomman, etwa 650 m hoch. Obgleich das Erz an vielen Stellen zu Tage tritt, erhebt es sich doch nicht, wie gefabelt worden ist, in stahlblauen Massen weithin strahlend in die Luft, sondern der ganze Erzberg ist fast bis oben hinauf mit Tannen und Kiefern be- waldet, unter denen Rasen und Moos den Felsen bedecken. Aber es bedarf nur eines leichten Abschürfens, um das Erz bloszulegen. Nach Mitteilungen des Herrn Tiemann, Hüttenwerksdirektor in Dort- mund, welche derselbe 1894 im der Dezemberversammlung des Bezirks- Vereins deutscher Ingenieure für Westfalen über die Erzablagerungen in Schweden und Norwegen nach eigener Anschauung gemacht hat, schwankt die Mächtigkeit der Erzlager zwischen 30 und 200 m; vielfach ist dieselbe noch unbekannt. Das Einfallen wechselt von 55 bis 80 Grad und ist ein südliches. Die ganze Länge des Erzvorkommens, in seinen Biegungen ge- messen, beträgt etwa 10 Kilometer, die Breite der erzführenden Gebirgs- partie wird zu 5 Kilometer angenommen. Das Erz kommt zum Teil in sehr langen Linsen vor, welche den Charakter von Erzgängen annehmen, es finden sich auch kurze und schmale Erzlinsen in grösserer Anzahl. Durch Bohrungen ist das Erzvorkommen von den Berggipfeln bis zu einer Tiefe von 80 m unter der Thalsohle festgestellt, die Bohrkerne aus einem Bohrloch zeigen in der Tiefe unter der Thalsohle dieselbe Zusammen- setzung, wie über derselben. Die Eisenerze treten im Malmberge in drei Zügen auf; der erste und Hauptzug von 10 Kilometer Länge; in den Krümmungen gemessen, folgt dem Kamm des Höhenzuges, der zweite weit kürzere, tritt in der halben Höhe desselben auf und der dritte, kürzeste von etwa ein Kilometer Länge findet sich nahe am Fusse. Das Streichen der drei Parallelzüge ist von NW nach SO, der zweite und dritte Zug bestehen aus verschiedenen Erzlinsen bis zu 60 Meter Mächtigkeit; die 54 mittlere Mächtigkeit beträgt etwa 45 Meter. Überdenkt man nochmals die für die Mächtigkeit und Ausdehnung der Erzlager bis jetzt bekannten Zahlen, so muss man ob der Grösse dieser Erzlager staunen; es ist nicht zu viel gesagt, wenn behauptet worden ist, dass diese Erzlager genügen, um den Eisenbedarf der Erde auf Jahrzehnte, ja Jahrhunderte zu decken. Das Erz im Malmberg tritt in einem granitähnlichen Gestein auf, nach der Annahme Porphyr und Hälleflintgneis; dieser Porphyrgneis wird im NW durch ein mächtiges Granitmassiv begrenzt, im S und SW durch grauen und rothen Gneis. In mineralogischer Hinsicht sind die Gellivara-Erze durchweg Magnet- eisenerze, also Eisenoxydosidul. Die Erze sind mehr oder minder rein, ihr Eisengehalt schwankt zwischen 60 und 70 Prozent, der für die Eisen- industrie wichtigste zweite Bestandteil, der in der Form von Apatit vor- handene Phosphor variiert zwischen einigen Hundertsteln bis etwas über zwei Prozent. Aus technischen Gründen hat man eine Einteilung der Erze in fünf Klassen A—E beliebt, die nach dem steigenden Phosphor- gehalt klassifiziert sind. Klasse A hat 67—69 % Eisen und bis 0,05 % Phos- phor, B 67—68 % Eisen und 0,06—0,10 % Phosphor, © 65—68 % Eisen und 0,3—0,7 % Phosphor, D 62—66 % Eisen und 0,8s—1,30 % Phosphor, E 60—62 % Eisen und 1,5 und darüber Prozent Phosphor. Diese Klassen sind natürlich in den Gruben nicht streng geschieden; z. B. werden aus der Kung Oscargrube sowohl B- als C-, als auch D-Erze gefördert; immerhin aber liegen die Erze in grosser Gleichmässigkeit der Zusammen- setzung in dichten Massen beieinander, ein Umstand, der für die Betriebs- technik ausserordentlich wertvoll ist. Die die Klassenunterschiede bedin- genden, begleitenden Mineralien finden sich in den Erzen der A-Klasse ganz fein verteilt, so dass sie dem unbewaffneten Auge nicht sichtbar sind; in den letzten Klassen treten sie als makroskopische Einsprengungen, Nester, Streifen und Schichten auf. Stets vorhanden ist Apatit, meist von spargelerüner oder gelblicher Farbe, ferner kommen vor Hornblende, Glimmer, Feldspath und Quarz. Das Auffinden dieser mächtigen Erzlager ist nicht etwa einem gün- stigen Zufall der jüngsten Zeit zu verdanken, sondern ihr Vorkommen ist nachweislich seit etwa 200 Jahren bekannt. Der schwedischen Regierung kann man nachsagen, dass sie die Bedeutung des Erzvorkommens für ihr Land recht wohl erkannte. Wiederholt sandte sie wissenschaftliche Expeditionen in das Gebiet zur Erforschung desselben und ermunterte und unterstützte Unternehmer durch Verleihung von Gerechtsamen, ja sogar durch Geldmittel. Aber wie im Märchen die Hand verdorrt, die sich vorzeitig nach den Schätzen der Tiefe ausstreckt, so verunglückten 55 auch hier die immer und immer wieder unternommenen Versuche zu gewinnbringendem Abbau. Noch heute erinnern die Namen einiger Gruben an frühere Unternehmer. Ein Lieutenant Tingvall richtete um 1735 zwei Hammerhütten und einen Hochofen ein. Gegen Ende des vorigen Jahr- hunderts kamen die Erzfelder in den Besitz des Barons Hermelin. Der muss ein sehr energischer und umsichtiger Herr gewesen sein. Er baute Wege, zog Ansiedler ins Land, betrieb Hochöfen und Hammerwerke. Aber auch er scheiterte an der Ungunst der Transport-Verhältnisse und Lage. Der Renntierschlitten ist und bleibt em unvollkommenes Beför- derungsmittel für schwere Massengüter. Alle Versuche kamen nicht über den Anfang hinaus, die Erzfelder gingen von Hand zu Hand. Es musste die Zeit der Eisenbahnen, die Zeit einer grossartig entwickelten Technik, die Zeit der Aktiengesellschaft mit ihrer Massierung ungeheuerlicher, mobiler Kapitalien kommen. Mitte der 60er Jahre bildete sich eine englisch-schwedische Gesellschait. Diese wollte den Luleä-Elf kanalisieren und so die Erze ans Meer schaffen. Die Regierung gewährte eine Unter- stützung von einer Million Kronen, das Geld wurde verbraucht, nichts Ordentliches zu Stande gebracht. Anfang der SOer Jahre übernahm eine englische Gesellschaft die Felder „the new Gellivara Company limited.“ Sie setzte sich mit der Svedish and Norvegian Railway Company in Ver- bindung und diese baute bis 1837 die Eisenbahn von Luleä bis Gellivara. Eine weitere Gesellschaft, the Anglo-Scandinavian Steamship Company, übernahm den Export der Erze und schliesslich sollte die Magnetic Iron Mounting smelting Company zu Wolta on Tyne die Erze verschmelzen. Aber auch dies grossartig angelegte Unternehmen ging in die Brüche, Das zuerst erblasene Roheisen war zu reich an Phosphor, desshalb musste die Verarbeitung der Erze in Wolta aufgegeben werden. Die Bergwerks- gesellschaft konnte für ihre Erze keine Käufer finden und ausserdem er- wies sich die Bahn als schlecht gebaut. Die Eisenbahngesellschaft hatte aber wieder kein Geld mehr, die Bahn in Ordnung zu bringen, und so wurden die mit so vielen Hoffnungen gegründeten Gesellschaften aufgelöst. Nunmehr übernahm die Regierung die Eisenbahn und verlieh die Gruben an eine schwedische Gesellschaft, die sich im Jahre 1891 als Actiebolaget Gellivara Malmfailt in Stockholm konstituierte. Welche Entwickelungsstufe die Erzwerke unter dieser neuen Gesellschaft gewonnen haben, erhellt aus den unten angeführten Zahlen. Gegenwärtig wird auf acht Gruben gearbeitet, Hertigen, Frederike, Välkoman, Johan, Josefina, Upland, Tingvallskulle und Kung Oscar. Alle diese Gruben sind Tagebau, d. h. sie werden nach Art unserer Steinbrüche 56 abgebaut, nur die Hermelingrube ist Tiefbau und ausserdem hat man einen Schacht auf Frederike getrieben. Sämtliche Gruben liegen höher, als die Bahnstation Malmberget und sind mit dieser durch Schienenstrang ver- bunden. Der Transport der Erze nach der Bahn erfolgt mittels eines sogenannten Bremmsberges, d.h. einer Vorrichtung, dass die beladene Lowry durch eigene Schwere zu Thale rollt, während die ausgelöste lebendige Kraft benutzt wird, eine leere Lowry von der Bahnstation bis zur Grube empor- zuziehen. Auf der Station Malmberget werden die Erze in die Transport- waggons nach Luleä umgeladen. Die Waggons wieder sind so stark kon- struiert, dass sie das 2'/gfache der sonst üblichen Last, also 25 tons tragen. Ein solcher Erzzug repräsentiert ein gehöriges Gewicht und stellt an den Unterbau der Strecke entsprechende Anforderungen. Die Bohrarbeit in den Brüchen wird mittels langer einmännischer Bohrer ausgeführt, die Bohrlöcher werden in der Stärke von 15—25 mm Durchmesser etwa 31 —4 m tief in das Gestein gebohrt, mit Dynamit geladen und mit elektrischer Zündung abgeschossen. Die Leistung eines Mannes pro Schicht beträgt etwa 10 tons Erz. Im Sommer werden 800 Mann, im Winter 600 Mann beschäftigt. Trotz Tagebau ist weder in der kalten, noch in der warmen Jahreszeit die Arbeit ohne Beschwer,; im Sommer belästigen Hitze, die bis zu 40 Grad ansteigen kann, und Moskitoschwärme, im Winter sind die kurzen Tage, Kälte und Schnee dem Betriebe hinderlich. Die Kälte beträgt mitunter 50 Grad Celsius, bei 40 Grad wird noch in den Gruben bei elektrischem Lichte gearbeitet, da von 10 Grad Kälte an die Luft meist absolut ruhig zu sein pflegt. Der Arbeitsverdienst der Leute beträgt pro Schicht für die Bohrer 4,50—5,65 Mark; für die Trans- porteure 3,40—4,00 Mark. Die Arbeiter rekrutieren aus Schweden und Finnen, letztere an Zahl überwiegend. Lappen sind unter den Gruben- arbeitern nicht; der Lappe eignet sich nicht für solche schwere Arbeit. Die in den Gruben beschäftigten Leute haben sich in Blockhäusern auf dem Malmberge selbst angesiedelt, auch der Betriebsingenieur der Werke hat sich unter ihnen eine stattliche Villa gebaut. Gellivara-Erze werden in Schweden selbst nur in verschwindenden Mengen verarbeitet, die Hauptmasse der geförderten Erze wird nach Deutschland, Österreich, England, Frankreich und Belgien exportiert. Schon in den früheren Jahren sind geringe Erzmengen, wie wir ja gesehen haben, nach dem Auslande gebracht worden und schlesische Hütten haben schon Anfang der SOer Jahre schwedische Erze, darunter auch Gellivara-Erze bezogen. Rechtes Leben ist aber in das Geschäft erst gekommen, seit der Zeit, als die Actiebolaget Gesellschaft Malmfailt den Betrieb über- nommen hat. 57 Im Jahre 1892 wurden im ganzen 120000 tons exportiert, der Export ist gestiegen, so dass er 1896 620000 tons betrug. Deutschland ist einer der Hauptabnehmer dieser Erze erst geworden, als die hiesige Firma L. Possehl & Co. die alleinige Vertretung der schwe- dischen Gesellschaft für ganz Deutschland und Österreich übernahm. Die genannte Firma engagierte sich 1894 nur für Ostdeutschland und führte im ersten Jahre ca. 95000 tons Gellivara-Erze nach Schlesien und Öster- reich ein. 1895 erstreckte sich dann ihr Wirkungsbereich über ganz Deutschland und Österreich und nunmehr kam Verwendung der Gellivara- Erze immer mehr in Aufnahme. 1895 wurden 290000 tons importiert und ausserdem mit den grossen Lagern geräumt, die in den vorangegan- genen Jahren in Westfalen und Rheinland von der Gesellschaft aufge-- speichert worden waren. 1896 betrug der Import ca. 442000 tons und für 1897 ist bereits eine Einfuhr von ca. 700000 tons gesichert. Solche Zahleu sind leicht ausgesprochen, aber nicht so leicht in ihrer Grösse be- griffen. Um die Erzmenge für 1396 nach Deutschland zu schaffen, sind nicht weniger als 168 Dampferladungen von 20005000 tons nötig ge- wesen. Wollte man die 1896 importierten 442000 tons auf der Eisenbahn verfrachten, so würden 44200 Waggons a 10000 kg notwendig sein. Da nun die Länge einer Lowry pp. 6,5 m von Puffer zu Puffer gemessen beträgt, rechnet sich die Erzmenge auf einem fortlaufenden Zuge verladen vorgestellt auf 237 km, d. i. eine Strecke von Hamburg bis beinahe Berlin (296 km). Die in Lule& mit Gellivara-Erze beladenen Dampfer laufen für Ostdeutschland auf Stettin und Neufahrwasser. Die für Westdeutschland bestimmten Erze gehen nach Rotterdam und Amsterdam, um von dort rheinaufwärts an ihren Bestimmungsort zu gelangen. Es ist ewig schade, dass dieser riesige von einer Lübecker Firma bewerkstelligte Import solcher Massen nicht über unsere Stadt geleitet werden kann. Welchen Aufschwung würde Lübeck nehmen, welch lebhaftes verkehrsreiches Bild würde unser Hafen zur Sommerszeit bieten, wenn jene stolzen Ozeandampfer in unseren Wassern über Sommer ihre bunten Wimpel breiten würden. Wie mir gelegentlich vom Chef der Firma Possehl angedeutet wurde, wird es möglich sem, nach dem Fertigstellen des Elbe-Trave-Kanals wenigstens das Erz für einige Hütten Thüringens, des Harzes und Böhmens in Lübeck anlaufen zu lassen. Auch die geplante Einführung von Staffeltarifen für Erze auf den deutschen Eisenbahnen dürfte für einige Hütten den Erz- import über Lübeck gestatten. Wenigstens eine Aussicht, ein Ersatz für die Einbusse, die unsere Stadt notwendigerweise durch den Nordostsee- Kanal erleiden muss. Achten wir aber auch das Stück kaufmännischer Arbeit nicht gering, das in der Einführung und Verteilung. solch’ gewal- 58 tiger Massen liest. Wer selbst in industriellen Betrieben thätig gewesen ist, weiss was es heisst, ein neues Rohmaterial in dieselben einzuführen. Arbeiter, Werkmeister, Betriebsbeamte industrieller Anlagen sind im all- gemeinen solchen Neuerungen nicht geneigt, ändern und stören sie doch die gewohnte Arbeitsweise und erfordern erhöhte Aufmerksamkeit und Beobachtung. Das Trägheitsmoment ist nun einmal em schwerwiegendes Imponderabile nicht nur auf pbysischem, sondern auch auf intellektuellem Gebiet. Seine Überwindung setzt geduldige, unermüdliche Arbeit voraus. Diese in den letzten Jahren erfolgte Einführung und Verteilung der Gellivara-Erze erscheint mir aber auch als ein treffliches Beispiel für die direkte Produktivität der rein distributiven Thätigkeit des Kaufmanns. Noch aber bleibt die Frage zu beantworten, was die deutschen Eisen- hütten veranlasst, Erze aus weiter Ferne heranzuholen, da doch unser Vaterland nicht gerade arm an Eisenerzlagern genannt werden kann. Den ostdeutschen Hütten standen die österreichischen Spateisensteine zu Gebote, den rheinischen und westfälischen Werken die Brauneisensteine des west- lichen Deutschlands. Und grosse, grosse Erzlager kamen hinzu, als durch die politischen Ereignisse des 70er Jahres Lothringen an Deutschland kam, Luxemburg im Zollverbande verblieb. Besonders in der luxemburger und lothringischen Minette war ein geschätztes Material gewonnen, da seine Gewinnung eine wenig kostspielige ist, sein Kalkgehalt an Zuschlägen Ersparungen zulässt. Werden doch die lothringischen Eisenlager allein auf 35000 ha mit 2 Milliarden Tonnen Minette Inhalt geschätzt. Die Antwort auf die zuvor gestellte Frage, warum Deutschland fremde Eisen- erze beziehen müsse, lässt sich kurzer Hand nicht geben. Deutschland hat seine Eisenindustrie auf eine hohe Stufe der Entwickelung gebracht und nimmt unter den Eisen produzierenden Ländern einen hervorragenden Platz ein. Es produzierte 1895 an Thomasroheisen ca. 2900000 tons, d. ı. 50,1 % der Gesamtproduktion, an Bessemer Roheisen ca. 450000 tons, d. i. 7 % der Gesamtproduktion in Höhe von ca. 5". Millionen tons. 1896 war die Produktion Deutschlands noch bedeutend gesteigert. Zur Erzeugung solcher Massen von Roheisen würden die deutschen Erzlager wohl auf längere Zeit vorhalten, doch aber verbietet sich der alleinige Ver- brauch für die deutschen Hütten aus verschiedenen Gründen. Einmal lässt sich aus Minette oder deutschen Eisenerzen allein kein gutes Roh. eisen erblasen aus gleich näher auszuführenden Ursachen. Die deutschen Eisenerze sind arm, d. h. ihr Eisengehalt ist ein geringer, er liegt zwischen 35—45 %, dann aber sind sie sehr phosphorreich, ihr Phosphorgehalt schwankt zwischen !a— a %. Dieser Phosphorreichtum gestattet wohl 59 noch die Verwendung zur Herstellung von Thomasroheisen, nicht aber für Bessemer Roheisen und andere Roheisenspezialitäten. Der durchgängig hohe, 60—70 % enthaltene Eisengehalt der schwe- dischen Erze hat auch den weiteren Vorteil, dass sich mit der gleichen Menge Coke und Zuschlag eine grössere Eisenmetallmenge ausbringen lässt; es werden also durch teilweise Verwendung schwedischer Erze Er- sparungen an Coke gemacht. Weiter ergiebt ein mit schwedischen Erzen beschickter Hochofen wegen des grösseren Eisengehaltes derselben ein grösseres Ausbringen an Roheisen, als ein mit den ärmeren Minetteerzen beschickter Hochofen, was für die Gestehungskost des Roheisens von ganz erheblichen Einfluss ist. Weiter liegt ein grosser Teil der rheinischen und westfälischen Hütten in einer Entfernung von den deutsch-lothringischen Erzgruben, dass der Bezug dieser Erze durch die Höhe der Eisenbahn- fracht bedeutend erschwert wird. Ja ständen den Hütten billige Wasser- frachten (Moselkanal-Zabern) zur Verfügung, so läge die Sache anders. So aber gestaltet sich der Bezug der schwedischen Erze noch vorteilhaft. Auch können die schwedischen Erze einen grösseren Frachtsatz eben wieder ihres höheren Eisengehaltes wegen ertragen. Für die Darstellung des Bessemer Roheisens, des Giessereiroheisen, des Martinroheisen und anderer Spezialitäten muss von vornherein ein phosphorreines oder phos- phorarmes Rohmaterial zur Verwendung kommen und deshalb ist für diese Eisensorten die deutsche Eisenindustrie auf den Bezug phosphor- ‘reiner oder phosphorarmer Erze angewiesen. Da sich solche in Deutsch- land in ausreichender Quantität und Qualität nicht finden, müssen sie vom Ausland — Spanien oder Schweden — eingeführt werden. Vor den spanischen Erzen, deren Einfuhr bislang noch die der schwedischen an Menge etwas übersteigt, haben die schwedischen wieder den Vorzug des höheren Eisengehaltes. Während die spanischen Eisenerze nicht über 55 % Eisen hinauskommen, erreichen die schwedischen phosphorarmen Erze einen Prozentgehalt von 68—70. Die Frage, ob schwedische oder spanische Erze zu beziehen seien, ist für die produzierende Hütte ein reines Rechnungsexempel, welche der beiden sich im Bezug wohlfeiler stellen. Und die spanischen Erze sind nicht die einzigen, welche auf dem Markte mit den Gellivara-Erzen konkurrieren. Einen gefährlicheren Gegner noch haben die Gellivara-Erze in ihrem eignen Vaterland in den Grängesberger Erzlagern, die südlicher in Schweden — der Hafen ist Oxelösund, etwa 60 Grad n. B. — gelegen, den Vorteil kürzerer Seefahrt, billigerer Fracht haben. Alle diese Verhältnisse sind natürlich der Gellivara Malmfält recht wohl bekannt und sie weiss auch recht gut, dass sie den spanischen 60 und Grängesberger Erzen gegenüber insofern im Nachteil ist, als diese fast das ganze Jahr hindurch direkt bezogen werden können, während der Import der Gellivara-Erze sich auf die fünf Sommermonate beschränkt. Deshalb beabsichtigt die Gesellschaft auch die Bahn von Gellivara aus nordwestwärts weiter zu führen bis an die Küste von Norwegen, bis Ofoten-Fjord, den kleinen Hafen Vietoriahavn, der aber, am Ausläufer des Golfstromes gelegen, das ganze Jahr hindurch offen bleibt. Hierüber sprach ich gelegentlich mit einem der Herren von der Gellivara-Gesellschaft und äusserte mein Bedenken, ob diese Bahn im Winter des Schneefalls wegen betriebsfähig bleiben würde Er schien sehr beruhigt darüber. Wenn bei uns, in so hohem Norden, sagte er, Schnee gefallen ist, so liegt er fest und ruhig, weht und treibt nicht. Das was an Schneetreiben im Anfang des Winters vorkommt, ist in seinen Wirkungen leicht durch Holztunnel zu paralysieren. Vielleicht erinnern Sie sich bei dieser Gelegen- heit einer kurzen Notiz im Globus (LXXI Nr. 5), die Palleske über die Bahn brachte. Die Strecke ist bereits traciert und führt durch Gegenden, die Mineralschätze in Hülle und Fülle bergen. Westlich von Gellivara liegen die Ruotevarer Erzlager, noch unangetastet, aber in ihrer Aus- dehnung, wie schon jetzt konstatiert, noch mächtiger sind als die Gellivara- Erzlager, nördlich davon in Svappavara sind gleichfalls unermessliche Erzlager gefunden, Blei und Silbererzlager bei Kerkeyara und Lilpakjakko. So stehen wir denn erst am Anfange der Ausbeutung des Mineralreichtums im nördlichen Schweden und sein Einfluss, seine Bedeutung auf die‘ Montanindustrie Europas wird sich mit den verbesserten Verkehrsmitteln der Neuzeit von Jahr zu Jahr steigern. Steinkohle und Eisen sind die Nerven des heutigen Industrielebens. Von der Steinkohle wissen wir, dass ihr Vorrat noch auf Jahrhunderte reicht. Ein Blick auf die Eisenlager Nordschwedens allein genügt, um uns die Sicherheit zu geben, dass auch für Eisen auf absehbare Zeit gesorgt ist. Weder an Steinkohle noch an Eisen wird es unsern spätesten Nachkommen fehlen und mit diesen beiden Stoffen halten sie die Mittel in den Händen, die Kultur und den Fort: schritt an sich zu fesseln und zu behaupten. Ich bin zu Ende, noch aber habe ich mich der Dankespflicht zu entledigen, für all die Unterstützung, die mir beim Zusammentragen des Materials für diesen Vortrag und bei der Ausarbeitung desselben zu teil geworden ist. In erster Linie muss ich meinen Dank der Firma L. Possehl & Co. hier aussprechen. Sie ist es gewesen, die mir in liberalster Weise die in ihrem Besitz befindliche einschlägige Litteratur, die Daten über Export und Import, die Muster und Abbildungen zur Verfügung gestellt hat. 61 Mein Dank gebührt aber auch den Herren Thilo und Peters von der genannten Firma, die meine wiederholten Nachfragen mit nicht ermüdender Geduld beantwortet haben. Im Rahmen eines Vortrages hat es immer seine Schwierigkeit, an Ort und Stelle die betreffenden Quellenangaben zu machen und deshalb erwähne ich nochmals die hauptsächlichsten derselben: 1. Vortrag des Herrn Direktor Tiemann in Dortmund: Die grossen Eisenablagerungen in Schweden und Norwegen. Stahl und Eisen Nr. 5 des 15. Jahrgangs. 2. Über Silber- und Eisenerze in Norbotten-Säus von Dr. Friedr. Svenonius. Der Ausbruch des Vulkans Kirishima in Japan, 15. März 1896, Von D. Lievre, Unterkommissar der Marine. (Soc. de Geographie commerciale du Hävre. Bulletin 1896, N). Übersetzt von Aug. Sartori. Während meines Aufenthaltes in Japan im verflossenen Märzmonate war ich Zeuge eines jener plötzlichen und gänzlich unerwarteten vulkani- schen Ausbrüche, welche sich in der letzten Zeit mehrfach gezeigt haben. Auf dem Gipfel des Kirishima, auf der Insel Kiushiu, wurde ich durch .eine so unerwartete Eruption überrascht, dass mir die Flucht unmöglich war. Gegen meinen Willen habe ich am Rande des Kraters diesem einzigen und schrecklichen Schauspiele beiwohnen müssen. Unter allen Inseln, aus welchen Japan besteht, ist Kiushiu, etwas grösser als Sizilien und etwas kleiner als Bayern, eine von denjenigen, auf welchen sich die plutonische Macht mit der grössten Stärke offenbart hat. Man kann sagen, dass sie ein Erzeugnis ihrer Vulkane sei. Auf einer Linie von 300 Kilometern von Norden nach Süden reiht sich ein Vulkan an den andern, einige in voller Thätigkeit, mehrere ausgestorben oder mindestens eingeschlafen. Es sind: der Tsurumi yama, nur Schwefeldünste ausstossend; der Atso San, den ich im Juni 1895 bestiegen habe; er besitzt sowohl den schönsten Krater Japans in voller Thätigkeit, als auch den ausgedehntesten der ganzen Erde, denn er hat einen Umfang von bemahe 90 km. Sein letzter Ausbruch fand 1884 statt; der Kirishima; der Mi Taka auf der Insel Sakura. Er stösst Schwefeldünste aus; sein letzter Ausbruch geschah 1828; der Kaimon daka am Eingange der Bai von Kagoshima (ist er- loschen). 65 Seitwärts von dieser Zentralkette liegen: der Onsen, er hatte 1792 einen Ausbruch und stösst seitdem Schwefeldünste aus; der Taka daka, seit mehreren Jahrhunderten erloschen. Hinzu kommt eine Menge kleinerer Vulkane. Die Hauptmasse des Vulkans Kirishima bildet einen Teil des Gerüstes der Insel Kiushiu. Sie ist ihr höchster Punkt und schliesst sich an die lange vulkanische Kette an, welche durch Japan hindurch das ganze Stille Meer mit einem furchtbaren Feuergürtel umgiebt. Obgleich er jetzt nur einen Krater besitzt, ist er doch zu einer noch ziemlich neuen Zeit einer der mächtigsten feuerspeienden Centren des Landes gewesen. Auf einer Strecke von kaum 20 Kilometern öffnen sich in einer Reihe von Nordost nach Südwest die fünf Kraterseeen des Shiratori San, der Nishi Kirishima oder Karakuni Midaka mit seinen beiden Kratern, dem auf dem Gipfel und dem See Onami, der Shimo Oitaka (Oataka) und der Higshi Kirishima oder Takachio (Takaschiho). Wenn man diese Kette aus der Ferne betrachtet, so gewährt sie mit ihrem Fusse von finstern Wäldern, aus welchen die spitzen Piks des Takaschiho und des Karakunimi samt dem verwüsteten Dome des Shimo Oitaka sich emporstrecken, einen sehr grossartigen Anblick. Der Nishi Kirishima ist mit seinen 1839 m der höchste Punkt des Massivs, da der Higashi Kirishima nur 1681 m hat. Aber dieser, ein vorgeschobener Posten, den das Gebirge nach Süden auigestellt hat, verdankt seiner mehr isolierten Lage und den schweren Rauchwolken, in welche er sich kleidet, eine viel grossartigere Majestät. Auf seinem Gipfel stieg vor beinahe 2700 Jahren der Gott Isanagi Isanami, Enkel der Sonne und Grossvater des Jimmu Tenno, des ersten Mikado, vom Himmel herab, um die japanesische Nation zu gründen. Sein Schwert, das himmlische Schwert, ist noch in dem Berge verschlossen. Diese Berge, vielleicht die grossartigsten, welche es auf Kiushiu giebt, sind den Reisenden fast unbekannt; sie werden ohne Zweifel durch ihr ernstes Aussehen und ihre Entfernung von jeder grossen Verkehrsstrasse abgeschreckt. Am 13. März 1896 verliess ich Nagasaki auf dem Keishinmaru, einem jener einzigen Dampfer, welche ohne die geringste Rücksicht auf Bequemlichkeit Reisende und Waren an den Küsten von Kiushiu beför- dern. Keine Kabine, nur eine einfache Kammer für alle im hintern Teile, in welcher sich Besatzung und Passagiere auf Matten ausstrecken. Aber eine Nacht verfliesst schnell. Am andern Morgen rundeten wir den 64 Kaimon daka, eines der mächtigsten vulkanischen Profile von Japan, und wenige Stunden später landete ich in Kagoschima. Meine Absicht war, nordwärts zu gehen, den thätigen Krater des Kirishima zu sehen und die erloschenen Vulkane zu besuchen, die ihn umgeben. Nach Beendigung meiner Bergbesteigungen wollte ich nach Hotoyoshi gehen, und an den Stromfällen des Kumagana abwärts über den Onsen nach Nagasaki zurückkehren. Kagoshima bietet den Augen kein so entzückendes Bild, wie Naga- saki dar. Die Stadt ist allerdings von grünen Hügeln umgeben, aber, versteckt hinter ihren schwarzen Hafendämmen, erdrückt von dem gewal- tigen Sakura jima, der sich mitten auf der Reede erhebt, kommt sie kaum zu Gesicht, wie verloren auf der weiten Ebene, die sie rings umgiebt. Gegenwärtig Hauptort der Präfektur Kagoshima ist sie eine der wichtigsten Städte des südlichen Japans geworden. Ihre Baumwollen- spinnereien, Cigaretten- und besonders Fayence-Fabriken machen sie zu einem der bedeutendsten Industrieplatze von Kiushiu. Verlässt man die Stadt, so erblickt man sofort das entfernte Ziel meiner Wanderung, den Kirishima. Er bläst langsam dicke Dampfwolken zum Himmel. Bis zum Abend verlor ich ihn nicht aus den Augen. Obgleich die Ufer der Bai sehr bevölkert sind, fehlt es doch sehr an Dörfern. Kaschiki, der Hauptort der Unterpräfektur gleiches Namens mit 10000 und Kokubu an der Mündung des Shin-Kawa mit 17000 Ein- wohnern sind die einzigen bevölkerten Orte von einiger Wichtigkeit. Von Hamanoischi, dem Punkte, wo man der Reede den Rücken kehrt, bis Matsunaga durchquert man eine weite, dem Meer abgewonnene Ebene, welche jetzt zum Reisbau dient. Landgüter und Dörfer folgen fast ununterbrochen auf einander an den Ufern des Flusses, welcher sich mitten durch die Felder nach dem Meere schlängelt. Aber in Matsunaga stösst man unmittelbar auf das Gebirge, welches sich wie eine unersteigbare Mauer über die Ebene erhebt. Man muss klettern. Ein Pfad führt schlangenförmig über die Schutthaufen, während an andern Stellen die Felsen über tiefe Schluchten hinüberhängen. Auf der Hoch- ebene giebt es keine Dörfer mehr, kaum hier und dort eine einzelne Hütte, welche sich im Grün versteckt. Eine alte Fichtenallee, zerrissen vom Wind, halb vom Feuer zerstört, bietet quer durch die weite Einöde einen imposanten Blick auf den Kirishama. Aber der richtige Weg verlässt sie. Einige Kilometer über die Höhe weiter senkt er sich plötzlich nach Okubo im Thale von Shinkawa, welches er weiter unten verlassen hatte, und das der rauchende Vulkan in der Ferne auf das Grossartigste krönt. Wiederum kreuzt man den Fluss. Noch einige Male hinauf und wieder hinunter 65 und man befindet sich am Fusse einer halbzerstörten, von Kryptomerien umgebenen Treppe, auf deren Höhe ein Portikus steht, aus rotem Holze. Dieser Tori ist der Eingang zum Dorfe Kirishima. Es wird Nacht; ich kehre in der ersten Herberge, Yoshimatsu, ein. Das Dorf besteht nur aus einer kleinen Zahl von Häusern, welche sich um einen Shinto-Tempel gruppieren. Hier verlässt mich mein bisheriger Führer und kehrt nach Hama- noichi zurück. Der Wirt des Gasthofes, in welchem ich ein Unterkommen fand, Sakomoto Magoso, ist bereit, an seine Stelle zu treten. Da das Programm für den folgenden Tag sehr stark war, machten wir uns an diesem, dem 15. März, schon vor Sonnenaufgang auf den Weg. Wir liessen den Tempel links liegen und benutzten quer durch den Wald die neue Strasse von Hamanoischi nach Miyazaki, welche sich um die Hälfte des Massivs herumschlängelt. Nach eimer Stunde können wir wieder den Vulkan sehen, was im Dorfe nicht möglich war, weil er durch einen Vorsprung des Gebirges und einen dieken Wald verdeckt war. Der Krater öffnet sich nicht auf dem Gipfel, sondern ein wenig weiter nach unten im Südwesten. Von den Dämpfen am vorigen Tage keine Spur mehr. Ein dünner Schleier von weissem Dampfe, so zart wie der eines Kamins steigt an der Seite eines Felsblockes auf dem höchsten Punkte des Grates auf, aber an der Aussenseite. Dann, je näher ich komme, bemerke ich einen leichten roten Dampf, welcher aus dem Krater aufsteigt, ein fast unbemerkbarer Schleier, den die Brise sofort am Himmel zerstreut. Aber kein Geräusch lässt sich hören. Schweigen umhüllt das Gebirge. Wir sind auf der Grenze der Vegetation; der Vulkan ist von einer Toodes- zone umgeben. Keine Pflanze grünt an seinen Seiten, kein Vogel, kein Insekt unterbricht mit seinem Fluge die ängstliche Stille des Himmels. Ist dieses Schweigen, ist sie eine Erinnerung an seinen letzten Ausbruch, bei welchem japanische Touristen in einer Flut kochenden Wassers um- kamen, welches er verräterisch über sie ergoss? Ist es der Anblick der furchtbaren eingestürzten Felsabhänge, auf denen das Auge nicht eine freundliche Farbe erblickt, noch der Fuss eine Stelle, wo er sicher stehen kann? Ich weiss mich nicht auszudrücken, aber die Erinnerung an diesen ersten Anblick des Kirishima verursacht mir noch einen eisigen Schauer, obgleich ich kein Neuling im Besuche von Vulkanen bin. Kein Weg führt zum Krater. Nachdem ich mich mit meinem Führer beraten habe, entscheide ich mich dahin, ihn im Westen zu er- steigen. Hier ist die Höhe am geringsten und der Wind treibt die Dämpfe nach der andern Seite. Ich wählte einen Rücken zwischen zwei Schluchten, wo der Abhang mir minder steil schien, und der Aufstieg begann. Diese 5 66 Schluchten sind im Anfange etwa 50 m breit, aber vereinigen sich beim Gipfel. Sie sind nicht tief, doch nach den ersten Schritten bemerkte ich, dass es klüger wäre, sich davon fern zu halten; jeden Augenblick, ohne eine bemerkbare Ursache, löst sich an ihren Rändern ein Stein und rollt still bis auf den Grund. Ich habe mich seitdem gefragt, ob diese geheimnis- vollen Binstürze nicht von unbemerkbaren Schwankungen des Berges her- rührten, zu schwach, um vom Fusse bemerkt zu werden ungeachtet der angestrengten Aufmerksamkeit, welche ich darauf verwandte. Auf der Mitte des Weges verliess ich meinen Führer, welcher, in seine Gebete ver- sunken, zu langsam marschierte, und setzte meinen Aufstieg schneller fort. Der Boden, auf welchem ich gehe, ist ein harter und glatter Tuff, aus Asche und erstarrter Lava bestehend. Einige Schritte vom Gipfel wird der Abhang plötzlich so steil, dass ich mich frage, ob es nicht klüger wäre, umzukehren, denn ich bin nicht sicher, ob ich zurückkomme. Aber ich bin so nahe beim Gipfel, dass ich trotz allem mich entschliesse, meinen Weg fortzusetzen. Ein einfacher Grat von harter Asche, höchstens vier oder fünf Meter breit, trennte mich vom Krater, welcher sich jenseits senkrecht öffnete. Bis dahin hatte ich nichts gesehen, nichts gefühlt, nichts gehört. Nicht ein Ton dringt aus der Erde, nicht ein Beben erschüttert den Berg Da der Abhang sehr steil ist, krieche ich, das Gesicht fest auf dem Boden. Ich erreiche den Rand des Kraters, ich berühre ihn. Plötzlich lässt sich ein schrecklicher Donner hören. Der Lärm ist so gross, erfüllt die Luft dermassen, dass ich, ganz nahe dabei, keine Richtung erkennen kann, woher er rührt. Meine erste Bewegung ist, mich nach meinem Führer umzuwenden, der ziemlich weit hinter mir zurückgeblieben war. Ich sehe ihn, wie er, die Arme in der Luft, mit aller Schnelligkeit seiner Beine davon läuft. Dann blicke ich nach dem Krater. Eine dicke Säule von weissem Dampf, Rauch und grauer Asche steigt zum Himmel empor, ge- furcht von glühenden Felsblöcken, beleuchtet von roten Flammen, welche ihn wie Blitze umzüngeln. In einem Augenblick berechne ich den äussersten Punkt, wo dieser Regen von Auswürllingen herabstürzen muss; 10 Minuten, vielleicht mehr, braucht man, um in Sicherheit zu sein, und in einigen Sekunden wird der Boden mit Steinen und feurigen Schlacken bedeckt werden. Flucht ist unnütz. Der Tod sicher. Ich sehe nach der Uhr; es ist 8 Uhr 35 Minuten; in einer Minute ist alles vorbei. Die Säule steigt, erhebt sich über mehr als einen Kilometer, krümmt sich, nimmt die Gestalt einer grossartigen Garbe an und auf allen Seiten ertönte ein Flintenfeuer, so gewaltig, dass es selbst das Brüllen des Vulkans übertönt. Es kommt von den weissglühenden Felsblöcken, welche in der Luft platzen. 67 Die Garbe neigt sich und fällt; es ist ein schrecklich schöner Augenblick. Ich befinde mich in der Mitte einer Feuerkugel; der Himmel und die Erde verschwinden, und ich habe nichts vor den Augen, über und unter mir, als einen ungeheuren roten Schleier, welcher sich wie das Bouquet eines unerschöpflichen Feuerwerkes entfaltet. Er rollt sich auf, wendet sich, platzt, fällt und ich empfinde einen Schlag auf den Kopf. Ich wende mich um und lege mich flach auf der Erde nieder, das Gesicht gegen den Boden, die rechte Seite nach dem Krater. In dieser Lage bleibe ich unbeweglich. Wozu sich rühren? Hier oder dort, stehend oder liegend, es ist ja einerlei. Ein Hagel von Steinen fällt auf meinen Rücken und trifft ihn, wie eine Tracht Stockschläge; ein Regen von Körnern aus zusammengeballter Asche, so gross wie Nüsse, hält mich widerstandslos am Boden, wie festgenagel. Um mich her fallen glühende Blöcke, welche tiefe Löcher in den Boden schlagen und mich mit ihren Trümmern bedecken. Einige von diesen ungeheuern Projektilen wurden nach dem Aus- bruche gemessen, und was nach dem Zerspringen noch übrig blieb, betrug nicht weniger als 200 cbm. Aber ich sollte nicht durch Steinigung umkommen; mir stand noch die Verbrennung bevor. Der Krater fing an, einen Strom von feuriger Asche, Steinen und glühenden Felsen auszuspeien In einigen Sekunden ist der Strom über mir. Ich lege meine Hand auf die Augen, um sie zu schützen und zu versuchen, mit geringeren Schmerzen zu sterben. Der Feuerstrom erreicht meinen Körper, ich atme nur noch brennende Dünste ein; die Felsen häufen sich an meiner rechten Seite und drücken sie langsam zusammen, ich ersticke. — Plötzlich fliegt der ganze Haufen, ohne Zweifel durch den Stoss eines grösseren Felsen, auseinander, springt auf und prallt zurück, Splitter schlagen auf meine Fersen und meine linke Seite, welche schwer verletzt werden, ich finde mich stehend, ich weiss nicht wie. Da der Tod mich verschont hat, versuche ich zu fliehen. Ich lasse meinen brennenden Hut neben meinem Regenschirm zurück, raffe meine Uhr, welche an meinem Nacken in einem Klumpen Blutes klebt, auf und fange an herabzusteigen, langsam, schwerfällig, unter einem Platzregen von Steinen, mitten im Rauche, der mich blind macht, von Asche und Felsstücken, welche wie Kaskaden an den Seiten des Berges herunterpurzeln und mir zwischen die Beine rollen. Als ich an den Platz komme, wo ich meinen Führer zuletzt erblickt habe, rufe ich dreimal laut, aber ich höre meine eigene Stimme nicht, und wenn sein Körper vor meinen Füssen gelegen hätte, so würde ich ihn in diesem Strome von Asche und Trümmern, der mir bis an die Hälfte des Beines reicht, nicht 5% 68 sehen. Ich steige weiter hinab, aber wohin soll ich mich wenden. Am Morgen schlenderte ich gleichgültig dahin und in diesem Augenblicke bin ich so abgemattet, dass ich nicht einmal weiss, ob ich auf dem kürzesten Wege das Dorf erreichen werde. Und noch dazu: Wo ist das Dorf? Ehe ich mich in das Unbekannte stürze, bleibe ich einige Augenblicke stehen, um schnell einige Merkmale des Weges zu suchen, und setze dann mechanisch meinen Marsch fort. Noch einige Schritte, und ich bin ausser- halb der gefahrvollen Zone. — Da vernehme ich hinter mir einen zweiten furchtbaren Donnerschlag, als wenn der Berg sich in einer zweiten Sint- flut umwälzte. Ein neuer Ausbruch erfolgt. Die Felsen des ersten sind noch nicht gefallen und schon bersten die der zweiten über meinem Kopfe. Ein letzter Schritt, ein Abschiedsblick auf den Vulkan, und ich bin in Sicherheit. Ich trete in die Region der Kräuter und Gebüsche ein, die ihn um- giebt. Sie steht ganz in Feuer. Die Hitze erstickt mich und die Flammen kriechen an meinen Kleidern wie Fackeln empor, als wenn der Berg einen letzten Versuch machte, mich zu packen. Ich steige in einem Chaos von zusammengebrochenen Felsen, durchkreuzt von tiefen Schluchten, hinab, gelange endlich an den Rand des grossen Waldes, den das Feuer noch nicht angeschnitten hat, und finde einen undeutlichen, kaum betretenen Fusspfad. Ich folge ihm und verbinde meine Wunden möglichst mit meinem Taschentuche. Ich komme über einige mehr betretene Pfade, aber ich schliesse die Augen, um sie nicht zu sehen. Wenn ich mich geirrt habe, wenn ich mich verlaufe, ist es mein Tod, denn kein Mensch wird mich in dem Winkel dieses verlassenen Forstes suchen, wo ich zu- sammengestürzt sein werde. Jeder Schritt, den ich thue, scheint mir der letzte zu sein, den ich thun kann. Im äussersten Momente trete ich hinaus auf eine Lichtung, welche eine Gruppe von Kryptomerien umgiebt. Dort ist der Tempel von Kirishima. Ein Vorübergehender bemerkt mich und hilft mir die bröckeliche Treppe, welche zum Dorfe führt, herabsteigen, während sein Sohn, ein Kind, seinen Gürtel zerreisst und das Blut stillt, welches aus meinen Wunden strömt. Im ersten Hause sinke ich erschöpft auf das Tatami. Ich habe acht Kilometer in zwei Stunden gemacht. Mein Führer ist noch nicht angekommen. Einige Dorfbewohner machen sich auf, um ihm Hülfe zu bringen, wenn er noch am Leben ist. Die Nachrichten, welche sie am Abend bringen, lassen mir keinen Zweifel an seinem traurigen Schicksale. Sie haben ihn aus der Ferne bemerkt, am Abhange des Berges ausgestreckt, aber sie waren bei der Wut des Ausbruches nicht imstande, ihm zu helfen. Erst am zweiten Tage darauf konnten einige kühne Männer während einer kurzen Ruhepause es wagen, 69 seinen Leichnam zu suchen. Der vom Rumpfe getrennte Kopf lag sechs Meter vorwärts. Gewiss überraschte ihn der Tod auf der Flucht, ohne dass er Zeit gehabt hätte, es zu bemerken und zu leiden. Seine halb geschmolzene Uhr lag an seiner Seite. Anderthalb Stunden nach meiner Ankunft im Dorfe kam der Arzt von Okubo, wohin man geschickt hatte, in aller Eile an, befreite mich durch Schnitte mit der Scheere von meinen verbrannten Kleidern, welche am Körper klebten, und machte den ersten Verband. Am Abend erschien ein zweiter Arzt, der von Kokubu, und unterstützte seinen Kollegen. Der Telegraph hatte kaum mein Unglück gemeldet, als die Gouverneure der benachbarten Provinzen Kagoshima und Miyazaki, auf der Stelle ihre Polizei-Inspektoren (Keibu) und die Beamten (Junsa) der benachbarten Örter sandten. So hatte ich vom ersten Augenblicke an die angemessenste Pflege der Ärzte, und ein ganzes Heer von Wärtern und Krankenpflegern, die einsichtig und pflichtgetreu waren. Ich will gar nicht von den vielen Beweisen der Teilnahme seitens der Vertreter der Behörden, als auch aller Beamten, der Priester des Shintoitischen Tempels, der ganzen Bevöl- kerung reden. Am 18. März wurde ich, als mein Befinden sich ein wenig gebessert ‚hatte, in das Krankenhaus von Kagoshima gebracht, wo ich am Abend des 19. ankam. Das Schütteln der Sänfte (kago) machten diese Reise zu einer wahren Tortur. Das Krankenhaus zu Kagoshima war der Hafen, wo ich in langer Ruhe die Anstrengungen und Qualen der vergangenen Tage vergessen sollte. Ich hatte nichts weiter zu thun, als inmitten der Sorgfalt meiner Ärzte, der Aufmerksamkeit meiner Wärter, der zarten Fürsorge seitens der Geistlichen der auswärtigen Nationen, deren Hingabe ja die ganze Welt kennt, zum Leben zurückzukehren. Dieser Ausbruch des Kirishima scheint mir nur eine örtliche Kund- gebung von der allmählich wieder auflebenden Thätigkeit des Vulkanismus zu sein. Seit vielen Jahren konnte der Vulkan als erloschen betrachtet werden, als er im Juli 1891 für eine kurze Zeit seine lange Unthätigkeit unterbrach. Im Oktober 1895 schleuderte ein plötzlicher Ausbruch den innern See und ungeheure Felsstücke in die Luft. Etwa fünfzehn japanische Touristen wurden, wie schon gesagt, bei der Besteigung überrascht und kamen im kochenden Wasser und dem Aschenregen um. Dieser zweite Ausbruch währte etwa einen Monat, worauf der Vulkan wieder in seine frühere Ruhe zurückfiel. Aber es war nur ein bewaffneter Friede, denn 70 das Wasser hörte im Grunde seines Kraters nicht auf zu kochen. Dies Wasser musste noch am Abende vor dem Ausbruche, von welchem ich Zeuge war, vorhanden sein. Das bewiesen die dicken, weissen Wolken, welche aus dem Berge aufstiegen. Es verschwand offenbar in der Nacht, denn am Morgen waren die Dämpfe völlig zerstreut und wurden durch einen leichten, kaum sichtbaren Rauch ersetzt. Vielleicht war es der Ein- bruch des Flüssigen in die geschmolzenen Stoffe des Innern, gefolgt von einigen Einstürzen, welchen die Explosion am 15. März bestimmt Nicht eine Minute konnte man sie voraussehen. Der Ausbruch fand bei ruhigem und klaren Wetter statt; der Himmel war wolkenlos und es gelang nicht, seine Heiterkeit zu stören; es gab weder Sturm, noch Regen, noch Wind. Dem, was man annehmen könnte entgegen habe ich im Mittelpunkte der Thätigkeit, in der ich mich ja befand, keime Bodenerschütterung, weder vor noch während der Explosionen gefühlt. Einige Tage nachher waren in Miyazaki, im Osten, die Erderschütterungen so heftig, dass sie fast Übelkeiten erregten, während man im Westen, nach Kagoshima hin, keine spürte. Diesmal hat der Krater kein Wasser ausgeworfen. Er hat nur Asche, Lapilli, alte Lavastücke, die von den Wänden des Kamins losgerissen waren, und Steine ausgespieen, von einfachen Sandkörnern bis zu Felsen von mehr als 200 Kubikmetern. Diese glühenden Blöcke, schwer, kom- pakt und von einem hellen Gelb, wurden, als sie entzündet waren, bis zu einer Höhe von mehr als einem Kilometer geschleudert. Sie platzten teils in der Luft, teils auf dem Boden, wo sie tiefe Löcher rissen. In den glühenden Dämpfen, welche ich einatmen musste, habe ich keinen sauren, wohl aber einen starken und unangenehmen, dem des Feuersteins, wenn man mit Stahl darauf schlägt, ähnlichen Geruch bemerkt. Allerdings hatte vom ersten Augenblicke an mein Geruch sowie seine Empfindlichkeit verloren, weil die Schleimhäute verbrannten. Der Ausbruch bestand aus zwei langen Eruptionen, welche sich ohne Unterbrechung folgten und hat im ganzen 15 Tage gewährt. Ich schätze, dass ich auf dem Auswurfkegel 15 Minuten geblieben bin, in welcher Zeit ich den ersten Ausbruch erlebte und den zweiten auftreten sah. Die Lava, deren Glanz mit raschen Blitzen die Lavawolke erleuchtete, war augenscheinlich sehr diek und schwerflüssig, wie die Heftigkeit der Ausbrüche bestätigt. Sie hat bis an den Rand des Kraters steigen müssen, da der Schaum der Asche und der Felsen, welcher während einiger Minuten überspülte, mich unter einem Strom von Trümmern begrub. Glücklicher- al weise für mich hörte sie auf zu steigen, denn ich befand mich auf dem niedrigsten Punkte des Grates, und dort würde sie ohne Frage über- geflossen sein. Der Ausbruch am 15. März hat den Krater voll rauchender Asche gelassen. Wenn es nicht einem braven Manne, entschlossenen Führer und ausgezeichneten Familienvater das Leben gekostet hätte, würde ich heute, da meine Wunden vernarbt sind, nicht bedauern, dabei gewesen zu sein, nicht nur, weil es mir gewährt war, ein Beispiel von der Stärke der gewaltigsten Naturmacht zu erleben, sondern auch, weil es mich eine Tugend mehr bei einem der liebenswürdigsten Völker der Erde kennen gelehrt hat. Die Untertrave in ihren volkstümlichen Ortsnamen. (Mit Karte.) Von Colmar Schumann. Als volkstümliche Ortsnamen der Untertrave haben diejenigen Bezeichnungen der Ufer und des Flussbettes zu gelten, die, auf den Karten nur zum kleinsten Teile angegeben, im Munde unserer Bevölkerung, vor- zugsweise der Fischer und Schiffer, fast ausschliesslich in niederdeutscher Form sich erhalten haben. Sie stammen meist aus alter Zeit und sind daher nicht alle mehr gleich verständlich oder zutreffend, teils weil der Wortlaut verändert oder der Ausdruck aus der gewöhnlichen Sprache verschwunden ist, teils weil man den Anlass der Benennung vergessen oder gar das Aussehen des Ortes sich gewandelt hat. Einem bestimmten Grunde verdanken sie sämtlich ihr Dasein, und soweit es nicht Scherz- namen sind, die eigentlich bloss für ihre Schöpfer und deren Zeitgenossen Wert und Bedeutung haben, liefern sie uns ein Bild der jetzigen oder einstigen Ortsbeschaffenheit. Wenngleich ihre Zahl durch verschiedene Umstände abgenommen hat, besonders durch die wiederholte Gradlesung und Verkürzung des Travelaufes, die Veränderung des Wasserstandes und das Schwinden des Fischreichtums, welches auch die aufwühlenden Dampfer verschulden, so ist sie doch noch recht gross, hauptsächlich unterhalb Schlutups. Von der Herrenfähre an abwärts wird mit Waden oder Zug- netzen gefischt, die vielen Buchten schaffen eine reichere Gliederung der Ufer, und so haben die Fischer eine grosse Menge von Zügen, nieder- deutsch Tögen — Einzahl Töög, mittelniederdeutsch toge, wie toch, Fischzug, Zugstelle — mit unterscheidenden Namen versehen, und zwar nach Merkmalen, die zumeist das Ufer bot in Gestalt, Boden, Be- stand und Besiedelung. Zwischen der Herrenfähre und Schlutup befinden sich nur wenige Züge, sie fehlen gänzlich in dem schmaleren Gewässer aufwärts, wo nur Streich- und Stangennetze vom fliessenden Kahne aus zur Anwendung kommen. Daher sind auch hier die Benennungen seltener, zumal in der Nähe der Stadt, wo die Rohrflächen geringer werden. Vor 73 Alt-Lübeck sind fast nur die üblichen Koppelnamen im Gebrauche, z. B. Krumm Wiisch und die beiden Ossenkoppeln bi Ollen-Lübeck. Auf dem rechten Ufer dienen Ballastkuul, Nöötbusch, Glashütt und Treidelhütt zum Anhalt. Die Flusskarten weisen ausserdem eine Wein- brücke auf da, wo heute die Brücke von der Teerhofsinsel zur «Bahn führt. Über diese habe ich nichts erfahren können. Im allgemeinen sagen die Fischer zu der ganzen graden Travenstrecke unterhalb der Krummen Wiese Unnern Krüüz, weil sie, nach ihrer Erklärung, an der Ecke nicht graad daal seilen (segeln) können, sondern krüzen müssen. Von dort an bis zur Stadt hiess es sonst nur Branden Goren (Garten), Nöltings Goren u. s. w. Bei Fehlings Goren endete der Treidelstieg, und danach galt diese Stelle als Stiigenn. Ich beginne meine Aufzählung bei Alt-Lübeck und zerlege, zur besseren Übersicht, die ganze Uferstrecke in drei Teile: von da bis Schlutup, von Schlutup bis Stülper Huuk, von hier bis Travemünde. Ein vierter Abschnitt bringt die Namen des Wasserlaufes und der Strom- piähle, ein fünfter einige aus der Travemünder Bucht. Meinem Zwecke entsprechend gebe ich überall, auch auf der beifolgenden Karte, die niederdeutschen Ausdrücke. Sie stehen freilich nicht mit geometrischer Genauigkeit an ihrer Stelle, doch die Buchten und Vorsprünge schaffen wenigstens für die einzelnen Gruppen völlige Gewissheit, und innerhalb dieser ist die richtige Reihenfolge mir mehrfach verbürgt worden. Die Trave selbst ist dargestellt, wie sie vor den letzten Durchstechungen von 1882 war. Die Schreibart der Namen ist möglichst einfach: im Texte ist Vokallänge vor End- oder Doppelkonsonanten durch Verdoppelung aus- gedrückt, auf der Karte durch das Längezeichen. Z meint den scharfen S-Laut. Die volkstümlichen und niederdeutschen Wörter sind fett gedruckt, die Erklärungen in Schrägschrift. Mnd. bedeutet mittelniederdeutsch, die übrigen Kürzungen sind verständlich bis auf LKN; damit verweise ich des öfteren auf meine im Jahresberichte des Katharineums 1892 und 1893 veröffentlichte Abhandlung: Die Flur- oder Koppelnamen des Lübecker Staatsgebietes, wozu die folgende Arbeit in sprachlicher Hinsicht als Er- gänzung dienen mag. I. Von Alt-Lübeck bis Schlutup. Links. Falkenkroog, Walkenkrug, Wiese, benannt nach einem Wirtshause dieses Namens, im Wiesenbuche 1409—72 Valkenkrogh. LKN. u. Kroch. Deenschenborg, Dänisehburg, Gut, bei welchem 1323 die Dänen lagerten. Goosöwer, Gänseufer. 74 Kalenöwer, bei dem buschfreien Ufer. Adams Höörn, Adams Ecke, Landzunge. Swaanhals, Schwanenhals-ähnliche Halbinsel. Brook, Bruch, Robrwerder, das ganze mit Schilf bewachsene Uferwasser bis zur Ruskuul. Die Stelle hinter dem Schwanhals heisst Achterbrook, dessen Rohrufer den Feerman siin Warder, zur Herrenfähre gehörig. Reem, Riemen, Name mehrerer Rohrstreifen, die jetzt zum grössten Teile verschwunden sind durch die Verlegung des Fahrwassers. Zwischen dem Böbelsten (obersten) und dem Neddelsten (untersten) Reem ‚ging eine Fahrrinne namens Moordensteeg, die einem mit Moorden, Zinsätzen, versehenen Fangkorbe ähnelte Am Lande Kaarkstiig, Kirchsteig der Gothmunder nach Ratekau. Middelhöpen, mehrere kleine Rohrinseln mitten zwischen Reem und Wend- hoop. Hoop, höpen, bedeutet eine Stelle, wo viel zusammen wächst. S. LKN. Wendhoop (Wennhoop) und Kringwarder, eine grosse, halbmondartig, ge- krümmte Rohrinsel, die durch eine Durchfahrt in zwei Teile zerfällt mit den obigen gleichbedeutenden Namen: ringförmige, gewundene Werder. Jene Fahrrinne heisst Basenlok, und zwar Lang Basenlok zam Unterschiede von einer unterhalb befindlichen Ausbuchtung namens Rund Basenlok. Basen wohl s. v. a. Wasen, feuchter, schlam- miger Boden am Ufer. Ruskuul, Ruschkuul, Binsenkuhle. Unter Kuhle verstehen die Fischer ge- wöhnlich eine tiefe Stelle im Wasser. Deren alter Name Dode Man ist in Gothmund noch nicht vergessen. Nach der ältesten Fischerrolle (vor 1399) begann hier die Fischberechtigung der Schlutuper: de stede de geheten ys to deme doden manne baven Symetze. Siims, Dorf Siems, 1307 Cimezen, slavisch. Herrenfeer, s. u. De Avelünsen, Lütt und Groot Aveluns, kleiner und grosser Avelund, zwei bekannte Buchten, getrennt durch den Überrest des alten Bollwerks, das die Fahrbahn nördlich begrenzte, dat Lütt Bolwark. Den Namen Avelund habe ich LKN als Entstellung aus Amelungs (Wisch) erklärt, die niederdeutsche Form bestärkt mich darin, das dänische Lund, Wald, mag mitspielen. Der grosse Avelund gilt als einstiger Orlogs- hafen von Lübeck, Trümmer von drei Kriegsschiffen ruhen auf seinem Grunde. Daher bezeichnen ihn die Fischer auch als bi Wraken, das kleine Bollwerk als Wrakenbolwark, den vordersten Pfahl als Wrakenpaal. Ellernoort, irrig Helleroort, die östliche Spitze des grossen Avelunds. Mnd. ort, äusserster Punkt, Spitze, Ecke, häufige Benennung vorspringender Uferteile, 75 Mölenwiisch, Wiese, durch welche der Kücknitzer Mühlbach abfliesst. Ankeroort, Landzunge an der Bucht bei Herrenwik, in der die Stecknitz- fahrer, früher die Sandböter, bei Unwetter ankern. s. u. Rechts. Groten Hoop, grosse Rohrfläche bei der Israelsdorfer Landebrücke. Wiinkeller, Bucht gegenüber Dänischburg, Scherzname einer fischreichen Stelle. Suurreem s. v. a Suurbrookreem, längliche Landzunge. Suurbrook, Sauerbruch, Name der grossen Sumpfbucht vor Gothimund, die saures Futter liefert (Sprachlich könnte es auch gleich Suderbrook sein, zumal die Bucht südlich vom Brook liegt.) Gootmun, Fischerdorf Gothmund, früher Fischerboden bi Godemanne (Gode- mannes huse) — s. u. —, also ursprünglich Buden, in denen die Lübecker Fischer ihre Gerätschaften bewahrten. Die Gothmunder gehören noch heute zur Jakobi-Gemeinde. S. u. Takenhaal. Sülwerbarg, Silberberg, das hohe Ufer zwischen Gothmund und der Herren- fähre. Hier soll der Fischfang einst sehr sölberbringend gewesen sein. Moor, Moor, die sumpfige Ausbuchtung der Trave am Fusse des Sülwerbargs. Praamlöten, Lose beim Pram, der Fähre, nennen die Gothmunder die von ihnen bisher gepachtete und in Lose verteilte Rohrfläche im Moore, mnd. lot, Los. Godemanshuus, jetzt meist Herrenfeer, Herrenfähre. s. Wehrmann, die älteren Lübeckischen Zunftrollen, S. 478: baven der vere, dar dat het des guden mannes hus. Der gute Mann war der Fährmann im Dienste der Lübeckischen Ratsherren. *Sein Haus lag bis 1850, wo die Halbinsel durchstochen und die Fahrbahn dorthin verlegt wurde, auf dem linken Ufer, wie es auf alten Bildern und Karten zu sehen ist. Das Bollwerk, welches sich von der Halbinsel eine Strecke ost- wärts hinzieht und die Fahrstrasse östlich begrenzt, heisst einfach dat Bolwark. Seinem unteren Ende gegenüber am Ufer Stauoort, Zandspitze, bis wohin das Stau reicht, der zwischen Ufer und Bollwerk eingeschlossene Teil der Trave, wo sich das Wasser bei nördlichen Winden aufstaut. Auf einer Fischereikarte von 1601 ist hier eine Hütte unter dem Namen Stowbode dargestellt, vielleicht eine Fischerbude vom Pachthofe Lauerhof. Greew Eek, Vorsprung ungefähr, wo die Landstrasse nach Schlutup an die Trave stösst, Grenze der auf das Stau folgenden Ausbuchtung des Ufers. Der Name könnte von mnd. greve, dürres Reisich, herrühren oder von greve, Graf, Vorsteher jeder Art, hier etwa Pächter von Lauerhof, welches sich früher bis dorthin erstreckte. 76 Kööngsbargsoort, Ausläufer des Kööngsbarg, Köömsbarg, Königsberges bei Lauerhof, bei Deecke, Lübeckische Ortsnamen aus dem vorigen Jahr- hundert, Kongsberg. Kowiisch, Kuhwiese, das hohe Ufer vor Schlutup. Marienhof und Koorshof, zwei „Züge,“ die nach Gehöften benannt sein sollen, welche dort in älterer Zeit lagen. Groot Buun, grosse Buhne, vorspringende Uferbefestigung von Stein- und Holzwerk. Haleroort, Landspitze der Schlutuper Halbinsel gegenüber Ankerort, jetzt durch die sogen. Travenkorrektion abgeschnitten und in eine kleine Insel verwandelt. Über den Namen s. u. II. Von Schlutup bis Stülper Huuk. Links. Krellenbargs Bucht, jetzige Benennung der Wik oder Bucht, an der das Fischerdorf Herenwiik, Herrenwiik liegt. Dieses, 1250 als Heringwie, 1262 als Harinewie erscheinende, Dorf hat samt der Bucht seinen Namen von dem Umstande, dass der Hering bis hierher aufwärts zieht. Krellenberg hiess der frühere Fährmann im Orte. Auf der erwähnten Karte von 1601 sind hier zwei lübische Kriegsschiffe ab- gebildet. Dies stimmt mit der Behauptung alter Fischer überein, bei Schlutup sei der Manofwarhawen, der Kriegshafen, gewesen. ‘ Tweeteers, eine Einbuchtung der Wik beim Ankeroort, durch deren Rohr- bestand eine enge Fahrkahn zum Lande geht. Mnd. twete, Tiwviete, enger Gang, eigentlich Kerbe, Spalt, der etwas zweiteilt. S. u. Eerskaar. Tweeteersoort, kleine Landspitze darin. Swiintöög, Stelle der Wik, wo das Wasser sehr „murrig,“ schlammig ist und die Netze recht schmutzig werden. Wenzelswiisch, Wenzels Wiese. Rugenoort, bei der durch Winde rauhen Ecke, bildet die Grenze von Krellen- bergs Bucht; anderer Name Heidenkuuloort. Heidenkuul, innerster Winkel der flachen, an die Dummersdorfer Heide stossenden Bucht zwischen Rugenoort und Dummersoort. Musselkrüün: Krüün ist an der Untertrave mehrfach Bezeichnung einer von Buschwerk umgebenen und geschützten Uferstelle, wo die Fischer gern zu rasten pflegen; mnd. krune, Tonsar, Glatze, lateinisch corona, Kranz. Dort befindet sich eine Muschelbank, daher der Name. Bredensteen, lange Uferstrecke, wo vordem ein breiter, grosser Stein gelegen haben wird, wie auf manchen Koppeln, die danach benannt sind. {RX Hogentögen, Züge am hohen Ufer. Sandkuul, Kiesgrube bei Dummersdorf. Gegen Dummersoort, Stelle dicht vor Dummersoort, s. v. a. Dummersdorfoort, Vorsprung der Dwummersdorfer Feldmark. Achter Dummersoort, Stelle dicht hinter dem vorigen. Dummersbeek, Mündung des Dummersdorfer Baches, von den Gothmundern wegen der Schafwäsche Schaapwasch getauft. Krüün, grosse Buschstrecke, zerfällt in Lütt und 6root Steenkrüün. Der Grund ist steinig. Spliitaf, kleine Landspitze, die immerfort absplittert, s. am Schlusse Spalter. Ketelkrüün, kesselförmige Stelle. Beektöög, Zug an einem kleinen Bache. Murmelkuul s. v. a. Mergelkuhle, der Kies ist dort stark mit Mergel ver- mischt. Nien Grawen, am neuen Graben. Deefstiig, Diebsteig, auf dem die Schlutuper, einer Lästerrede zufolge, den Dummersdorfer Bullen gestohlen haben sollen, indem sie ihm Fischer- stiefel an die Vorderfüsse zogen. Kort Schoor, Stelle des Dummersdorfer Schoors oder Steilufers, wo das Fahrwasser ziemlich dicht an dieses herantritt. Meeschenhaken, etwas gekrümmte Uferlinie mit einem Haken, d.h. einer ; nach innen gebogenen Stelle Meeschen deute ich im Vergleiche mit Namen wie Meeschendiik, Meeschensee, als Meisen, womit dann entweder Sumpfmeisen oder auch andere Vögel ähnlicher Art gemeint sein können. Vegl.u. Flücheroort und den Ausdruck Reetmöösch für Rohr- sperling. Ballastkuul, Kiesgrube am früheren Treidelbarg, der noch als Koppelname besteht. Von hier bis zur Herrenfähre mussten einst die Dummers- dorfer die Schiffe aufwärts ziehn oder treideln. Daran erinnert noch der dort stehende Treidelpaal. Seelk, Zeelk, — vgl. Seelkkoppel in der Nähe —, von den Stecknitzfahrern und auf den Karten Silk genannte Bucht am Stülper Huuk, gleich- namig mit dem Teiche vor dem Hirtenberge. Mnd. sele, Niederung, Wiese; also wäre Seelk s. v. a. seleke, kleine Niederung. Heerbarg s. v. a. Hegerberg, Hirtenberg, die einstmals befestigte Anhöhe auf der Halbinsel. An ihrem Fusse kennen die Fischer: Seelkeroort, Spitze am Selk. Honnigkuul, Tiefe an der kleinen Heide, wo die Bienen schaffen. Stülperoortskrüün, Buschstelle, dicht vor der Spitze des folgenden. 78 Stülper Huuk oder Stolper 0ort, die bekannte grosse, hervorragende Ecke — mnd huk, hok, Winkel, — welche das Stülp (s. u) abschliesst. Rechts. Bei Haleroort beginnt die Sluckuper Wiik, die Bucht von Schlutup, auf der Karte von 1601 noch Schluckuper Wik geschrieben, das letzte schriftliche Zeugnis für die ursprüngliche Namensform dieses Fischerdorfes. In LKN. habe ich Slukup, Slucop, und den älteren Namen Vretup — in dem Werke „Die freie und Hansestadt Lübeck,“ Lübeck 1890, S. 315 irrig Veecup geschrieben -— durch die sandige Bodenbeschaffenheit erklärt; sie finden sich auch anderswo. In der Bucht viele Züge. Takenhaal s. v a. Takelhaal, neben Haleroort ein Abhang, an dem vormals Buden zur Aufbewahrung des Takels, des Fischereigerätes, gestanden haben werden, die erste Spur des späteren Fischerdorfes Haal, Haale, ein noch dunkles Wort, kommt in Nordwest-Deutschland mehrfach vor. Ich vermute, dass es nicht Niederung, sondern Abhang bedeutet. Vgl. altnord. halr, Felsen, Abhang, gotisch hallus, Fels, eigentlich: das Emporgetriebene. Dem entspricht der Name des Dorfes Haal oder Haale im Fidergebiete, welches auf einer Höhe mitten in der Niederung liegt. Dann ist Haleroort nicht, wie die Fischer deuten, die Spitze, wo man mit Haal öwer den Herrenwiker Fergen ruft, sondern die Spitze des Hügels oder Hanges, auf dem Schlutup liegt. S. auch u. Ekenhaal. Bodenoort, Vorsprung dicht bei Takenhaal, auf welchem die berufenen Ver- sammlungen der Fischer stattfinden; mnd. bode, bot, Vorladung, ge- botene Zusammenkunft. Langenbasch, beim — jetzt verschwundenen — Ufergebüsche. Depentöög, tiefer Zug. Staalken, Rohr- oder Schilfstelle. Staal oder Steel ist der Unterstock der Sumpfpflanzen, staalken die Verkleinerung davon. Kösterbarg, Höhe, wo der Küster, Preesterbarg, Höhe, wo der Pfarrer wohnt. Kütergang, Schlachtergang, zum Wasser führende Gasse. Mölenbarg, Mühlberg, auch &ogenbarg, wo nach dem Vogel — Goge, Papagoye -— geschossen wurde, (?) und #odenbarg. S. LKN. u. berg. Möölbeek, Mühlbach, Abfluss des grossen Mühlteiches. Holttöög, Holzzug, am Forste. Gegen de Scheed, Stelle dicht an der mecklenburgischen Grenzscheide. Stakenbarg, Höhe mit Stangen zum Trocknen der Netze. Groot Beek, Mündung eines Baches. 79 Zanken, schmale Landstrecke längs des hohen Ufers, wo sich die Fischer um den Platz streiten und zanken. So die Volksdeutung. Etwa s. v. a. Sandken, kleiner Strand? Lütt Beek, kleinerer Bach. Kabelbarg, grössere Anhöhe mit einem Kabel, Zosteil, Schlag Holz. kesen 6röön, am grünen Ufer. Kabeloort s,v.a Kabelbargsoort, Ende der Schlutuper Bucht und Anfang von Lauer Hell, Laue Hell, Hölle, Bucht mit ab/allendem Ufer nahe dem Dorfe Lauen; mud. helle, Halde, abschüssiger Boden. S. LKN: über die Volkssage. Kabelhaken, Krümmung om Kabeloort. Anderer Name Mewenhaken. Davor das Mewenref, Möwenrif. Hensoort, kleiner Vorsprung, Ende der Hell. Ekenhaal, Pichenabhang, s. o. Takenhaal. To’n Grawen, am Graben. Selmersoort s. v. a. Selmsdorfer Ort. Selmerswiik, Wik beim Orte Selmsdorf, mit einer Muschelbank namens Selmersbarg. Nach dem umgebenden Forstorte Hohe Meile heisst die Bucht auch 6root Holtwiik. Selmershaken, Einbiesung des Selmersoort. Selmerswiisch, Wiese beim vorigen. Dabei Poggenkuul, Froschkuhle. Blok, Block, übliche Bezeichnung höherer Landstücke, die rings von nie- dıigeren umfasst werden. Reetoort, Schilfecke, in der Mitte der Bucht. Sandflei, sandiger Abhang mit einem Lits, schmalen Fahrweg: Flei wohl gleich mnd. vlach, vlage, Strecke Landes. Arendsbarg, Berg eines Arend. Bargenoort, Ende des vorigen; dort bergen sich die Fischer bei östlichen Winden unter dem Holze. Auf den Karten &ross #iebelberg genannt. (Bargenoort geht wohl eher auf die Bargen, Muschelbänke, die vormals viel häufiger waren.) - Snikwiik, Schneckenbucht, wegen der Muschelbänke so genannt; die Goth- munder sagen Snitwiik. Anderer Name Lütt Holtwiik. Snikwiiker Haken, Haken bei Bargenoort. Snikwiik öwern Barg, die Stelle der Bucht, wo die Netze über eine Muschel- bank gezogen werden müssen. Zegenstiig, Ziegensteig, steiler Abhang. Geldkuul, Geldkuhle, mag eine ähnliche Bedeutung haben wie oben Sülwer- barg. Die Fischer wissen, dass hier im Forste einen Schatz liege. 830 Ein Mutiger hatte einmal bereits eine schwere Kiste gehoben, als ihm ein: Help God! entfuhr und sie wieder in die Tiefe sank. Klap, eine Art von Schlucht mit steilen Wänden, in der ein Lits (s. Sand- flei) aufwärts führt, Nd. Klapp, Bett, eigentlich Wandbett, Alkoven, durch eine Klappe verschliessbar. Gebelsbarg, auf den Karten Kleiner @iebelsberg, Grenze der Snikwiik. Dannentöög, Tannenzug am Forste. berends Töög, Zug eines Fischers Berend. Schobers Haken, kleine krumme Spitze. Schober wohl Personenname. Busehstiig oder kegen Barg, Stelle dicht vor dem nächsten. Teschower Oort, weit vorgestreckte Landspitze. Anfang der Teschower Wiik beim Dorfe Teschow; davor eine Muschelbank. Teschower Haken, Krümmung des Oorts. Teschower Böken, Teschauer Buchen. Wassentöög, mag ähnlicher Beschaffenheit gewesen sein wie oben Swiintöög; s. 0. Wendhoop. Teschower Kaansted’, Kuhnstelle der Teschower Fischer. Kuultöög, Zug an tiefer Stelle gegenüber von Stülper Huuk. Daambeen, eine lange gerade Strecke. Ob der Name wörtlich zu verstehen ? Vielleicht ursprünglich Dannbööm? S. o. Dannentöög. Teschower Steenoort, Ecke am Dassower See, unterschieden vom Holsten- steenoort auf dem linken Ufer. Nach dem Spitzen Steen, der vor ihm im Wasser liegt, heisst es auch Spitzen Steenoort. Den Gothmundern ist die ganze vorige Stelle bis zum Steenoort Meckelnborger Steenoort. IIL Von Stülper Huuk bis Travemünde. Links. Stülper Haken, Einbuchtung dicht hinter der Huukspitze. Stülper Böök, Zuchen am Stülper Huuk. Gegen Apen, an der Selk, wo die Durchsicht offen ist. Holsten Steenoort, längeres gekrümmtes Buschufer; nach Deecke a. a. ©. die ganze Strecke vom Stülper Huuk bis Reddels Wiik, nach den Fischern nur die nächstgenannten 7 Stellen umfassend. Überall Steingrund. Lütt Krüün. Lütt Steenoort. Groot Krüün. De 6rüft, ein ähnlicher Ort wie oben Klap, auch mit einem Lits; Name gleich hochdeutsch Gruft, welches nebst Grotte durch mittellatein. grupta aus griech. Krypte, verdeckter Gang, entstanden ist. 81 Groot Steenoort. Achtern Oort oder Hinnern Oort, hinter der äussersten Biegung des Ufers. Sögentüög. Die Nöög, Sau, ist ein grosser Steinblock im Wasser. Eerskaar, Kerbe im hohen Ufer; s. Tweeteers. Dat graad Öwer, lange gerade Strecke bis Rendswiik — auf den Karten Reddelswiik — oder Ehlerswiik, flache Bucht, die die Namen anwohnender Landleute trägt. Darin die tiefe Stelle Kuul. Jürgenswiisch, Wiese beim Siechenhause zu St. Jürgen. Hogentöög, Zug am hohen Ufer. Rendswiikoort, Ecke der Bucht, in Travemünde Flüggeroort, Flücheroort geheissen, angeblich von den grossen Scharen der Wasservögel, die dort früher hausten. Scherenswiik, Siechenbucht, am Siechenhause; vor der Bucht viele Scheren oder Riffe. Soodtöög, Zug an der Viehtränke, dem Sood. Jumfernlok, Fahrrinne im Schilfwuchs vor der Fähre. Steernoort, Stelle beim Travemünder Zollhause, dessen Dach ehedem mit einem Sterne versehen war. Weil hier der Standort der Schiffsarbeiter ist, so heisst sie auch Löwenbörse und von den üblichen Aufschneidereien Lögenoort. Trammünn, Tremmünn, Travemünde, alte Form Travenemunde. Rechts. 1. Dassower See. Zauloort, nördliche Ecke des Teschower Steinorts. Zaul, Saul, im Zaul, etwas gebogene Uferstrecke. Name dunkel. Butkuul, Tiefe mit steilen Rändern; mnd. but, abgestumpft u. ähnl. Kraul, im Kraul, flache Ausbuchtung. Das Wort erscheint öfters als Bezeichnung krummer Landstücke, mnd. krouwel, Kreuel, Gabel mit hakenförmigen Spitzen. Vgl. krull, kroll, kraus u. a. m. Deepenoort, Tiefe an der Ecke. Glausch, Bucht mit einem Namen, über dessen Sinn ich nur unsichere Vermutungen hege. Feerkrüün, Buschufer, wo einst eine Führe gewesen sein soll. Reetoort, grösstes Vorgebirge des Dassower Sees. To’n Eschen, alter Eschenbestand. Daneben Hestertöög, Zug bei jungen Bäumen, besonders Buchen, aber auch anderen. Davor die Insel Bookhorst oder Bookwarder, die einzige Horst, wüste Buschstelle im Wasser, in der Untertrave. 82 Jaabsbeek, Jaabs Bach, Kleine Niederung. Sniekenfeld, deutet auf Muschelbänke. Sterliholt, Gehölz vom Gute Sterley. Zamenz, Dorf Zarnewenz, slavisch. Schaarpenoort, windige manan Sleiss Haaw’, Sleuss’ Hafen. Röbeek, kleiner Bach. Zu Rö, Rüde, Jagdhund? David siin Koppel. David ein Bauer in Zarnewenz. Jürgenswiik, Bucht beim St. Jürgen-Krankenhaus von Dassow. Kaarktöög, Kirchenzug, bei der Kapelle des Krankenhauses. Maarwiik, Bucht, in der sich viele Made, Modde, Schlamm, befindet. Darin ein Strang, der sich noch in zwei Inseln aus dem Wasser hebt: Maarwiikwäarder, bei Deecke und auf der Karte von 1601 Madewik- warder, und &ooswarder, Güänseinsel, bei Deecke tosenwarder, auf der Karte @osewarder. Neben beiden noch eine ganz kleine Insel Lütt Warder. Siengwiisch, stark gewundene Uferstrecke; mnd. slengen, winden. Siengwiischoort, langer Ausläufer der vorigen. Swaanbeek, Dorf Schwanbek. Dassow, Städtchen an der hier mündenden Stepenitz, früher Dartzowe, slavisch. Smeedbeek, Bach bei der Schmiede? Dassower Krüün. Rugenoort, scharfe Ecke gegenüber Slengwiischoort. Fast in der Mitte zwischen diesen beiden Kriigwarder oder Graswarder oder Graskriig- warder, kleine Insel, bekannt durch den zwischen Lübeck und Mecklenburg so lange spielenden Graskrieg, wie das Volk den Streit um die Oberhoheit über den Dassower See nennt. Mariensteen, ein grosser Stein im Wasser. Wiicheltöög, Zug bei Weidenbäumen. Groot Geel und Lütt Geel, zwei Utferstellen mit gelbem Lehme. Beenkendörper Wiik, Bucht bei Benekendorf. Darin zwei, auch von Deecke und auf der Karte von 1601 verzeichnete, lange Rohrinseln: Beenken- dörper Warder und Middelwarder. In die Mitte des Sees hinein ziehen sich hier zwei Bänke: Lütt Steert und Groot Steert. Steert, Schwanz, beliebte Bezeichnung von Landstreifen. Holkbööm, Stelle am Ende der Wik, benannt nach einer Gruppe hohler Bäume. Holken, aushöhlen, Holke, Höhlung. Beenkendörper 0ort, Ende der Bucht. Lütt und 6root Sadelkrüün, zwei buchtige Uterstellen, die von weitem wie Sättel aussehen. 83 Borggrawen, Abfluss eines Borms, @xellteiches. Wohl Scherzname. Leemoort, lehmhaltige Ecke. Snakenbeek, Schlangeniwiese. Achtern Grasoort, Stelle dicht am folgenden. Grasoort, dem Zauloort schräg gegenüber. Anfang der Pötnitzer Wik. 2. Pötnitzer Wik und Priwall. Krögerstück, Krögers Ackerstück? S. u. KrT0og. Groot und Lütt Sadelsteen oder Saalsteen, zwei sattelförmige Steine im Wasser, auf denen aber auch der Saal, Seehund, sich zu ruhen pflegt Lang Koppel. Fossbeek, Fuchsbach. Volksdörper Mööl, Volksdorfer Windmühle. Soodtöög, Zug bei der Viehtränke. Bruuns 6Grünn, niedriges Wiesenland eines Bruhns. Melkerbeek, zum Viehmelken geeignete Wiese. Gegen Kroog, Stelle vor dem alten Tegelkroog, Wirtschaft Ziegelkrug. Stakentöög, Zug in der Nähe einstiger Stangen? Timmhöörn, Timms Ecke. Pöötnitz, Gut Pötenitz. Wachgrawen, 6renzgrawen, Zollhaus, alte Grenze des Priwalls gegen Mecklenburg, Anfang der Halbinsel. Auf der Karte von 1601 sind lübeckische und mecklenburgische Schanzwerke neben einander dar- gestellt. Dwas gegen, Quer gegenüber, wenn man vom vorigen Orte hergefahren kömmt. Güteroort, Ecke, wo sich die Regenpfeifer häufig aufhalten, welche die Fischer &üter oder Fleiter nennen. S. Doornkaat-Koolman, ostfries. Wörterb. u. güt. Vgl. Flücheroort. Gegen de Pool, vorm Pfuhl, Sumpfstelle. Steentögen, Züge auf steinigem Grunde, darunter &root Steentöög und Neddelsten Töög, unterster Zug. Slangenbarg, Schlangenberg. Vgl. Snakenbeek. Slangenbargskrüün, Buschufer. Lüttenoort, kleine Ecke vor der westlichen Biesung des Priwalls. Gegen Solte, bei der ehemaligen Solteri, Heringssalzerei. Priwaller &rasoort, bei den Travemündern auch Grasbült, Grasbusch, Süd- westecke des Priwalls. Die Namen gehen auf den üppigen Graswuchs, der sich sonst noch weiter hinein in die Wik erstreckte und dieser Stelle die Benennung Botterboden, Buttertonne, zugezogen hat; mnd. 6% 84 boden, Bottich. Hier liegt Trönnelhöörn, der Winkel, den das Zu- sammenstossen des Priwalls und des Trönnelschors bildet. Trönnelschoor, von den Gothmundern meist Trönnelref, Rundriff, geheissen, eine Sand- und Steinbank, die vom Eingange der Travemünder Fahr- rinne bis zum Teschower Steinort läuft und die Pötnitzer Wik von dem Fahrwasser trennt. Der Name rührt entweder davon her, dass sie von den Wellen so rund und glatt gespült ist — mnd. trent, rund, trendelen, kugeln — oder, wie die Fischer sagen, daher, dass sie infolge dessen Ähnlichkeit mit einer Kegelbahn besitzt. Der südliche Teil, der durch eine Durchfahrt ungefähr vor der Mitte der Pötnitzer Wik von dem Hauptstück getrennt ist, heisst Dregestrang, frucht- barer Streifen, nach seinem üppigen Pflanzenwuchs; niederd. drege, ausgiebig, besonders an Nahrungstoffen. D.-K. ostiries. Wörterb. Auf manchen Karten steht beim Trönnelschor der Name Träger- oder Trägenstieg. Das ist gewiss nichts als Entstellung des unverstandenen Dregestrang. Feerbrügg, vor der Anlegestelle der Travemünder Fähre. Fulenoort, Ecke vor dem Süderbollwerk, wo das Wasser früher durch viele grosse Steine sehr unrein war. Der Name Priwal ist slavisch und bedeutet Brustwehr am Wasser; älteste Form Priwolk 1226. S. LKN. IV. Das Fahrwasser., Tuun oder Kattegat, der, früher schmalere, Zugang zum Moore zwischen Sülwerbarg und Wendhoop. Tuun, Zaun, bezeichnet alles Eingezäunte, nicht nur die Einzäunung selbst. Kattegat, Katzenloch, Katerstieg. Breedling, 1230 Breiding, in der ältesten Fischerrolle Breydyngh, die breite Stelle der Trave zwischen der Herrenfähre und Schlutup, welche durch den Bau der Landstrasse 1830 schon verengert ist Auf den neueren Karten steht der Name sonderbarer Weise am Bollwerk ent- lang, gleich als ob er von Brett herkäme, und danach wird 8. 14 „der Freien- und Hansestadt Lübeck“ irrig behauptet, das Stau werde in seinem oberen Teile durch den Bretling von der Flussbahn ge- trennt (s o. Stauoort.) Denselben Namen trägt bekanntlich die breite Warnow vor ihrer Mündung. Davon stammt in Lübeck und Rostock jreedling als Benennung der Behörde, die im vorigen Jahrhundert — bei Berghaus, Sprachschatz der Sassen, fälschlich noch jetzt — die Stromaufsicht führte. In de Kelen, in der Kehle, die Verengerung des Breedlings bis zum Haleroort. 85 Solttraaw, Salztrave, das Wasser von Schlutup bis Stülper Huuk. Früher war die Trave oberhalb Schlutup nicht brakig. Auf alten Karten In de Reken genannt. 9. u. Stülp, die stülp- oder topfdeckelförmige Verengerung des breiten Gewässers unterhalb des Stülper Huuks. Hals, älterer Name des Einganges zum Dassower See. Jetzt sagen die Fischer meist Vör’'n See. ! Rinn, die Fahrrinne zwischen Travemünde und dem Priwall und weiter hinaus. Die Seite vorm Süderbollwerk heisst Denenrei, Dänenrhede, weil hier die dänischen Schiffe lagen; die andere vorm Norderboll- werk Heckel, wahrscheinlich von den Schanzpfählen der alten Be- festigung am „Müggenbusch.“ 8. Karte von 1601. Vgl. holländ. hekken, Zattenverschlag. Dat Rewiir, die ganze Flussbahn von Lübeck bis Travemünde oder genauer zwischen Stadthafen und Seehafen. Das holländische revier, französ. riviere, Fluss- und Ufergebiet, wovon auch das hochdeutsche Fremdwort Revier, das also eigentlich nur Alussgegend bedeutet. Die Fischer haben statt dessen den Ausdruck Friherrenstroom, d. i. die Strommitte, aus der nach beiden Ufern zu jeder frei fischen, „Strom- tögen‘ machen darf. Die alten Rollen sagen dafür der stad vriheit der Trave und Koggendeep, Tiefe, Fahrrinne für Seeschiffe, in Goth- mund zu Poggendeep, Froschtiefe. geworden.*) Die Flussbahn ist von der Herrenfähre bis Travemünde mit zwei Reihen von Strom- pfählen bezeichnet. Ihre Gesamtnamen Rik, Reken, Paalrak bedeuten alle Reihe von Pfühlen und gehen auf Eine Wurzel zurück. (Vgl. Skagerrak, Felsriffe bei Kap Skagen.) Die wichtigeren haben ihre bestimmten Benennungen; manche davon sind dunkel. Blootwaterpaal oder Halerpaal s. v. a. Haleroortspaal. Rugenoortspaal am Rauhen Ort. Mewenpaal, Mövenpfahl, bei Kabeloort. Dummerspaal, s. v. a. Dummeroortspaal. Treidelpaal, s. o. Ballastkuul in der Salztrave. *) Wie diese Tiefe künstlich geschaffen und erhalten wurde, davon legen Stellen im Kämmereibuche und in den Hanserezessen Zeugnis ab. So heisst es in letzteren unter dem 23. Juli 1466: Oeck weret waer, dat se hedden kortes hier bevoeren van der stad ghemeynem guede den pampoiesz to depende, daer de geladenen schepe myt swarer last oeck anders nicht over vleten unde schepen mochten, gebettert hedden. (Hanserezesse Abt. Il [v. d. Ropp] Bd. V). Pampoeisz ist das holländische Wort Pamphuis, Pamphus, Pampus, Sandbank, Untiefe. Solcher Pampus versperrte ver- mutlich den Breediing. Unsere Fischer verstehen unter Pamphuus, Pampus nur den Pumpesel, Rohrkolben, Typha. Die Grundbedeutung ist noch nicht festgestellt. 86 Dreeangelpaal, Triangelpfahl bei Stülper Huuk. Er hatte als Kennzeichen oben ein Dreieck. Trönnelpaal zwischen Trönnelschoor und Dregestrang, also s. v. a. Trönnel- schoorpaal. Der andere Name Oberster Pfahl bezeichnet ihn als Beginn des Travemünder Pfahlraks Flederpaal, nach dem Ivendorfer Flederbarg, Höhe mit schwarzem Flieder. Ein Riff an seinem Russe heisst ebenfalls Flederbarg. Dodenpaal, Totenpfahl. Dort soll einst die aufgefundene Leiche des Rönnauer Müllers festgebunden sein Reimerspaal, Zeimers Pfahl? Die letzten drei Pfähle steben vor dem graden Öwer. Kuulpaal, Pfahl an der Untiefe der Rendswiik. Heckpaal, nach einem Heck oder Zaunthore? Buchtpaal, am Priwaller Grasort, wo die Siechenbucht Sich öffnet. Hootpaal, Hutpfahl, einst mit einem Aute als Abzeichen. Ollen Kaiser, alter Kaiser, als erster Pfahl so bezeichnet. V. Ortsnamen in der Travemünder Bucht. Plate, Platte, die Sandbank vor der Travemündung, durch welche die Rinne führt. Kunkei oder Achter Süderbolwark, die Bucht nördlich am Priwall, zunächst beim Bollwerk. Wendsiid, Wennsiid, Wendenseite, die mecklenburgische Küste. Scheed, Scheide, die Spitze der Wendsiid, von Travemünde aus gesehen. Schüll, Hängendes Schoor, das, meist überflutete, Vorland der Steilküste, Schoor. Schüll, schull, Scholle, Erdreich. Zwick, Spitze des Vorlands, dreieckiges Stück, vgl. Zwiekel. Älterer Name Meding. Rateschoor, s. v. a. Ratekauschoor, der Strich des Vorlands, über welchen hinweg von bestimmter Seestelle aus der Kirchturm des Dorfes Ratekau in einer Waldlichtung zu sehen ist. Dat Steenref, das lange Steinriff, welches sich schräge vor die Bucht lagert. Dreiden, der Teil der Bucht, welcher zwischen Steinriff, Ufer und einer Linie von der Steinrifftonne bis zur Spitztonne liest. Der Name hängt zusammen mit dreien, drehen, drei, Drehung; weil das Wasser dort so schöölt, Wellen schlägt, müssen die Fischer den Kahn beim Arbeiten drehen. Spaller, das hohe, leicht abspaltende Ufer, welches auch Fallum heisst, s. o. Splütaf; mnd. spalden, spalten. 87 Upp’n Tögen, auf den Zügen, nennen die Fischer die Stelle der Bucht vor der Flussmündung, weil dort zwei Heringszüge sind: de kort Töög und dahinter de hoog Töög. } Scharpenbusch, Dode Man, Katentöög sind drei Züge vor Niendorf, wo die Schlutuper Breetlinge fangen. Ausser den aufgeführten Bezeichnungen gebrauchen die Fischer unter sich, meist scherzweise, noch einige andere, z B. Langen siin Brügg für einen Holzstes, Vadder Knappen siin Stuuw für eine freie Stelle im Schilfe, Vadder Witten siin Köök für den grossen Sadelsteen, auf welchem ein Gothmunder sich Kaffee zu kochen pflegte. Da sie keine allgemeinere Geltung und Wichtigkeit besitzen, habe ich sie nicht mit aufgenommen. Die übrigen noch bekannten habe ich mich bemüht möglichst vollständig zu erkunden und aufzuzeichnen, ehe sie allmählich der Vergessenheit anheim- fallen, und ich glaube, dies ist mir nahezu ganz gelungen. Der weitaus grösste Teil sämtlicher Namen ist mir aus Schlutup und Gothmund zu- gegangen Die Travemünder durften früher nicht in der Trave fischen und wissen aus diesem Grunde damit weniger Bescheid. Doch auch bei ihnen habe ich wie überall die bereitwilligste Teilnahme an meinen Forschungen gefunden. Allen freundlichen Helfern in Stadt und Land sage ich zum Schlusse meinen aufrichtigen Dank. Die Käfer Lübecks. Von Major z. D. v. Koschitzky. 3. Liste. Fortsetzung von Heft 7 und 8, pag. 92—102 und Heft 10 und 11, pag. 81—89. XXXVII. Searabaeiden. Caccobius Schreberi L. Nicht häufig, bei Wesloe.e M. H. $.') Copris lunaris L. M. H. S. Onthophagus vacca L. Sehr selten. M. coenobita Herbst. M. H. 8. fracticornis Preyss. M. H. 8. nuchieomis L. M. H. 8. Aphodius erraticus L. M. H. 8. . subterraneus L. M. fossor L. M. H. 8. var. sylvaticus Ahr. M. H. 8. haemorrhoidalis L. M. scybalarius F. M. 8. foetens F. Nicht häufig, bei Wesloe M. H. 8. fimetarius L.L M. H. 8. ater Deg M. H. S. granarius LL M. H. 8. rufus Moll. M. H. 8. niger Panz. M. plagiatus L. Unter Seetang bei Travemünde. M. inquinatus FE. M. H. 8. nitidulus F. M. j poreus F. Selten, aber an verschiedenen Stellen. scrofa F. Sehr selten, bei Wesloe M. pusillus Herbst. M. H. 8. ») M. = Mecklenburg, H. — Holstein, 8. = Schleswig. * Vom Verfasser nicht selbst gefunden. ?* + 89 a merdarius FL. M. A. 8. prodromus Brahm. M. H. S$. 5 rufipes L M. HA. &. s luridus Payk. M. A. 8. obliteratus Panz. Z. ann rhododactylus Marsh. 8. Oxyomus sylvestris Scop. M. H. 8. Rhyssemus germanus L. In der Sandkuhle vor dem Bursthor, nicht selten. Odontaeus armiger Scop. Bei Travemünde gefunden, sehr selten. M. Psammobius vulneratus Sturm. ‘ M. H. 8. suleicollis Il. M. HA. 8. Geotrupes Thyphoeus L. Sehr selten bei Lübeck, nur auf hoher Haide. Bei Ratzeburg schon häufiger. M. H. stercorarius L.. M. H. 8. spiniger Marsh. M. A. $. sylvaticus Panz. M. H. 8. - vernalis L.L M. H. 8. Trox sabulosus L. M. H. 8. scaber L Selten, im Genist eines hohlen Baumes im Lauerholz gefunden. M. H. 8. Hoplia graminicola F. M. Sericea holosericea Scop. M. H. brunnea L. M. A. 8. Rhizotrogus solstitialis L. M. 4. 8. Melolontha hyppocastani F. Selten. M. H. 8. vulgaris FE. M. H. 8. var. ruficollis Muls. M. H. 8. albida Redtb. M. H. 8. * Anisoplia villosa Goeze. ? Mindestens höchst selten. Phylloperta horticola L.. M. H. 8. Anomala aenea Deg. M. H. 8. oblonga Er. Bestimmt nach Seydlitz. Grosse Seltenheit. Von mir einmal bei Genin gefunden. Oryctes nasicornis L. Früher häufig, jetzt selten. M. Cetonia marmorata F. M. floricola Herbst. M. H. 8. : var. metallica F. M. aurata L.. M. B. S. Ösmoderma eremita Scop. M. Gnorimus nobilis L. M. Trichius fasciatus L. Sehr selten. M. 90 XXXVIIN. Buprestiden. Anthaxia quadripunctata L.L M. H. 8. Agrilus pannonicus Piller. Hier gar nicht so selten. M. virids L.L M. H. 8. elongatus Herbst. angustulus Il. M. H. S. laticornis Ill. Selten. M. olivicolor Kiesw. Selten. $. Tree minuta L.L M. A. 8. troglodytes Gyll. Einmal bei Brandenbaum gefunden. XXXIX. Euenemiden fehlen walırscheinlich hier. XL. Elateriden. Lacon murinus L. M. H. 8. Elater sanguineus L. M. H. 8. einnabarinus Esch. M. sanguinolentus Schrank. : praeustus FE M. H. S : pomorum Herbst. M. H. 8. crocatus Lac. 8. balteatus L. M. - elongatulus F. Cryptohypnus riparius F. Nicht häufig. M. H. 8. pulchellus L. Am Seestrande M. H. 8 Cardiophorus ruficollis L. Selten. M. - nigerrimus Er. musculus Er. asellus Er. M. cinereus Herbst. M. H. 8. equiseti Herbst. M. HA. 8. Melanotus rufipes Herbst. M. H. 8. castanipes Payk. M. H. 8. Limonius pilosus Leske. M. H. 8. : aeruginosus Ol. M. AH. 8. s minutus LM. H. 8. . parvulus Panz. M. Athous porrectus Thoms. (= niger L.) M. H. 8. « haemorrhoidalis FE M. H. 8. 91 Athous vittatus FL. M. A. 8. analis Muls.. M. H. 8. mes pectinicormis L_ M. HA. 8. sjaelandicus Müll. M. H. 8. : tessellatus L.. M. H. 8. Diacanthus impressus F. M. aeneus L.. M. H. 8. var. germanus LM. HA. 8. eruciatus L. Nicht häufig. M. H. bipustulatus L. Selten. 4. $. : einetus Payk. M. AH. 8. Ludius ferrugineus L. Nur die Reste eines einzigen todten Stückes in einem hohlen Baumast im Lauerholz gelunden. M. AH. Agriotes aterrimus L.L M. H. 8. sputator L. M. HA. 8. lineatus L. Nicht häufige. M. A. obscurus LL M. H. 8. pilosus Panz. M. Dilıpanı marginatus L.. M..H. 8. Sericus brunneus L. M. H. Adrastus limbatus FL H. pallens F M. H. 8. Denticollis linearis L. M. H. 8. XLI. Daseilliden. Dascillus cervinus L. Nicht häufig. M. H. 8. Helodes minutus L. Selten. M. A. 8. marginatus FL. M. Microcara testacea L. M. H. 8. Cyphon palustris Thoms. AH. nitidulus Thoms. M. H. 8. coarctatus Payk. M. H. 8. padiL. M. HA. S. variabilis Thunb. M. A. 8. Seyrtes hemisphaericus L. M. H. 8. orbicularis Panz. Vielleicht missdeutet! Nur 1 Stück. A. (Bei Hamburg in grösserer Zahl gefunden.) XLII. Canthariden. . Lampyris noctiluca L. M. H. 8. Podabrus alpinus A. 8. 92 Cantharis violacea Payk. Selten, 1 mal gefunden. M. H. S. . tuscap E SE ERS: rustica Fall. M. 4. obscura L. M. : pulicaria F. « nigricans Müll. Selten. M. H. 8. pellueida F.E. M. H. 8. livida LL M. H. 8. var. rufipes Herbst. 8. Frust 2 Maas! var. liturata Fall. M. H. 8. fulvicollis FL. M. H. 8. thoracica Ol. Selten, im Lauerholz. M. H. 8. flavilabris Fall. Selten. M. H. 8. oralis Germ. Sehr selten, bei Travemünde. A. 8. häufig. discoidea Ahr. E paludosa Fall. AH. 8. Rhagonycha pilosa Payk. M. : fulva Scop. M. AH. 8. E elongata Fall. M. testacea L. M. H. 8. atra L. Silis ruficollis F. Bei Herrenfähre nicht selten. M. AH. Malthinus biguttulus Payk. M. punctatus Fourer. M. H. 8. fasciatus Ol. M. HA. 8. 3 Von dieser Gattung oiebt es Malthodes minimus L.L M. H. 8. | 3 Sg \ hier wohl noch mehr nicht marginatus Latr. M. H. 8. r beobachtete Arten. Malachius bipustulatus L.L M. H. 8. aeneus L. M. H. 8. marginellus F. Sehr selten. M. H. 8. Anthocomus equestris F. M. s fasciatus LL M. H. 8. Axinotarsus‘ pulicarius F._ M. H. 8. . marginalis Lap. Sehr selten. Nur ein Stück im Lauer- holz gefunden. M. Ebaeus praeoceupatus Gemm. Nicht häufig. Charopus flavipes Payk. M. H. 8. Dasytes coeruleus Deg. M. A. 8. 93 Dasytes plumbeus Müll. M. A. 8. fusculus Ill. Selten. subaeneus Schönh. M. Dolichosoma lineare Rossi. Selten, bei Schwartau. M. H. Haplocnemus impressus Marsh. Nur ein Stück bei Genin unter Bichen- rinde gefunden. Phloeophilus Edwardsi Steph: Sehr selten, bei Wesloe AH. 8. XLIII. (Cleriden. Opilo mollis L. M. H. S. domesticus Sturm. In Travemünde gefunden. M. H. 8. Cleroides formicarius L. M. H. ; Clerus apiarius L. Sehr selten. M. Corynetes coeruleus Deg. M. H. 8. Necrobia violacea L. M. H. rufipes Deg. Nicht so häufig, öfter eingeschleppt. H. Elateroides dermestoides L. Männchen bisher nicht gefunden. M. Lymexylon navale L. Lauerholz. XLIV. Bruchiden. Niptus griseofuscus Deg. H. 8. Bruchus sexpunctatus Panz. Nur ein Stück im Lauerholz. M. rufipes F. M. H. 8. latro F. M. H. 8. tursb2 >NZHRS: XLV. Byrrhiden. Dryophilus pusillus Gyl. M. H. 8. Priobium castaneum F. In den Wesloer Tannen. M. H, 8. Anobium pertinax L. M. H. = domesticum Fourer. M. H. 8. fulvicorne Sturm. M. H. 8. rufipes F. M. - paniceum L. M. H. S. Oligomerus brunneus Ol. Zweifelhaft. Soll einmal an einer Weide gefunden sein. Xestobium rufovillosum Deg. M. H. S$. Ernobius abietis FE. M. H. 8. mollis L. M. H. 8. Hedobia imperialis L.L M. H. S. 94 Ptilinus pectinicornis L.L M. H. S. Xyletinus pectinatus F. Dorcatoma serra Panz. Nicht häufig, an Eichenlaub gefunden. Anitys rubens Hoffm. Selten, jedoch dann in grossen Kolonien; in zwei faulen Eichenstämmen, Lauerholz. Es giebt hier noch mehr nicht sicher festgestellte Arten dieser Familie. Bostrychiden. Lyctus unipuuctatus Herbst. M. H. 8. XLVl. Cisiden. Cis boleti Scop. M. H. 8. SZ mieansahr VER : hispidus Payk. M. H. 5 * ; bidentatus Ol. M. AH. nitidus Herbst. A. castaneus Mell. ZH. 2 testiyus Banz. MM: i Rhopalodontus fronticornis Panz. M. H. S x : perforatus Gyll Ennearthron affine Gyll. M. H. 8. * Octotemnus mandibularis Gyll. M. glabrieulus Gyll. H. 8. XLVII. Tenebrioniden. * Blaps mortisaga L. Selten. M. H. = : similis Latr. Selten. M. H. $. + mucronata Latr. Crypticus quisquilius L. M. H. Heliopates gibbus F. Selten im Dünensande des Priwall. M. Opatrum sabulosum L. M. H. 8. Microzoum tibiale F. M. * Bolitophagus reticulatus L. Heledoma agaricola Herbst. Geniner Eichen. M. H. * Diaperis boleti L. Sehr selten. M. Platydema dytiscoides Rossi. Sehr selten, im Lauerholz M. H. 8. Tribolium ferrugineum F. MM. Corticeus fasciatus F. Sehr selten, im Lauerholz. cimeterius Herbst. M. Alphitobius diaperinus Panz. Selten. M. 63 95 Alphitobius mauritanicus FL. A. Tenebrio molitor L. M. H. $. Nalassus striatus Fourer. M. XILVII. Alleeuliden. Allecula morio F. Selten. M. H. Pseudoeistela luperus Herbst. Nicht häufig. an Sträuchern. M. H. murina L. M. H. rufipes F. Selten. M. Eryx ater F. M. H. Mycetochares linearis Il. M. H. $. Überall sehr selten. XLIX. Lagriiden. Lagria hirta L.L M. H. 8. L. Melandrijiden. Tetratoma fungorum F. Selten. A. ancora F. Selten; unter Erlenrinde im Schellbruch M. AH. Eustrophus dermestoides F. Bei Genin, an Eichenpilzen. Hallomenus binotatus Quens. Selten. M. H. Abdera flexuosa Payk. Sehr selten. M. Melandrya caraboides L.L M. H. S. flavicornis Duft. Nur ein Stück im Schellbruch gefunden. Grosse Seltenheit. Conopalprus testaceus Ol. Zwei Stück 9 aus Aststücken gezüchtet. M. H. 8. Ll. Pediliden fehlen. Lil. Anthieiden. Notoxus monoceros L. Sehr häufig. M. H. 8. Anthieus floralis L M. A. ater Panz. M. flavipes Panz. Am Travemünder Strand. M. H. sellatus Panz. Ebenda, Priwall, aber sehr selten. M. AH. Lili. Pyrochroiden. Pyrochroa coceinea L. M. A. 8. purpurata Müll. Selten im Binnenlande AH. $. pectinicornis L. Nicht häufig. M. 4. RR 96 LIV. Mordelliden. Tomoxia biguttata Gyll. M. H. 8. Mordella fasciata FE M. H. 8. aculeata L. M. H. $. bisignata Redtb. Zweifelhatft. Mordellistena abdommalis FL. M. H. brunnea F. M. H. lateralis Ol. M. H. - pumila Gyl. M. H. S. ae Geoffroyi Müll. Sehr selten. Zwei Stück gefunden. M. H. 8. frontalis L.L M. H. 8. flava L. M. H. 8. var. thoracica L_ M. H. 8. LV. Meloiden. Melo& proscarabäus L. Nicht häufig. M. H. 8. - violaceus Marsh. M. H. $. variegatus Donov. M. scabriusculus Brndt. Einmal gefunden. brevicollis Panz. M. Lytta vesicatoria L. Ist von einem Schüler im Schellbruch gefunden worden. Wohl sehr selten. M. LVI. Oedemeriden. Nacerdes melanura L. Von mir immer nur in der Stadt gefunden. M. H. 8. Ischnomera coerulea L. Selten, Lauerholz. M. H. 8. Oedemera femorata Scop. M. virescens L. M. H. 8. lurida Marsh. M. H. 8. Chrysanthia viridis Schmidt. Nicht häufig 4. LVII. Pythiden. Lissodema 4 pustulatum Marsh. Sehr selten. M. H. Salpingus castaneus Panz. M. AH. foveolatus Ljungh. M. H. Rhinosimus ruficollis L. M. H. 8. planirostris FE. M. A. S. LVIN. Cureulioniden. Ötiorrhynchus raucus FL M. A. 8. singularis L. M. H. 8. I Otiorrhynchus sulcatus FE. M. H. 8. E ligustii L. M. A. &. ovatus LM. A. 8. Phyllobius glaueus Scop. M. H. 8. - urticae Deg. In mehreren Spielarten. M. H. 8. argentatus L. M. HA. $. maculicornis Germ. M. H. 8. = oblongus L. M. H. 8. . yore Ib, VE ER SL - pomonae Ol. M. H. 8. viridiaeris Laich. M. = viridicollis F. Sehr selten. M. Polydrusus tereticollis Des. M AH. 8. = fasciatus Müll. flavipes Deg. M. cervinus L.L M. A. 8. mollis Ström. M. H. 8. sericeus Schall. M. A. Seisphilus muricatus FE. M. A. 8. Platytarsus setulosus Boh. A. echinatus Bonsd. &. Barypithes araneiformis Schrnk. Strophosomus coryli FE. M. H. 8. obesus Marsh. M. H. &. faber Herbst. M. A. Eusomus ovulum Il. Brachyderes incanus L. Höchst selten. M. Sitona griseus F. M. AH. :- favescens Marsh. M. HA. 8. tibialis Herbst. M. H. $. lineellus Bonsd. M. Waterhousei Walt. Nur ein Stück gefunden. erinitus Ol. M. A. 8. regensteinensis Herbst. M. H. puncticollis Steph. Selten, Travemünde M. H. 8. lineatus L: M. A. 8. var. geniculatus Fährs. suleifrons Thunby. M. H. $. hispidulus FL. M. A. 8. var. tibiellus Gyll. 93 Sitona humeralis Steph. M. H. 8. Trachyphloeus bifoveolatus Bed. scabriusculus L. M. A. $. alternans Gyll. M. Liophloeus tessellatus Bonsd. M. H. 8. Barynotus murinus Bonsd. M. A. $. Dactylorrhinus plagiatus Schall. $. Chlorophanus viridis LM. A. pollinosus FL H. Tanymecus palliatus F. Bei Moisling an Diesteln, nicht häufig. M. A. Tropiphorus obtusus Bonsd. 4. $. Gronops lunatus F.. M. en punctata FE M. H. 8. fasciculata Herbst. Sehr selten. M. H. arundinis Payk. M. A. rumieis LM. H. 8. meles F. Sehr selten. M. H. 8. polygoni FL. M. HA. S. elongata Payk. M. suspiciosa Herbst. M. H. 8. varlabilis Herbst. $. murina F. M. H. 8. plantaginis Deg, M. H. 8. nigrirostris FL. M. H. 8. Limobius dissimilis Herbst. Ziemlich selten. M. Öleonus affinis Schrank. M. A. $. turbatus Fährs. M. H. sulcirostris L. Bei Wesloe M. AH. $. Lixus paraplecticus L. M. AH. iridis Ol. Von Herrn Schädel ein Stück gefunden. M. cylindricus Herbst. Selten. M. H. Lepyrus capucinus Schall. Selten. M. Hylobius abietis LL M. H. 8. Pissodes pini L. Nicht häufig. M. H. notatus F. Selten. M. piniphilus Herbst. Selten. H. Grypidius equiseti FE. M. H. 8. Erirrhinus scirpi F. M. HA. 8. acıidulus LM. A. 8. e festucae Herbst. Nicht häufe. M. H. 99 Erirrhinus nereis Payk. M. H. 8. 3 scirrhosus Gyll. Selten. Dorytomus vorax F. M. H. 8. 5 macropus Redtb. M. H. : tremulae Payk. M. H. 8. ? = costirostris Gyll. a . suratus Gyll. M. . punctator Herbst. H. tortrix L.L M. H. 8. = dorsalis L.L M. A. ZN affınis Payk. H. 8. - majalis Payk. Soll hier, wenn auch sehr selten, vor- kommen M. SS. Brachonyx pineti Payk. M. Anoplus plantaris Naezen. M. H. S$. Tanysphyrus lemnae F. Höchst selten. M. H. 8. Bagons collignensis Herbst. Nur ein Stück gefunden. = = binodulus Herbst. Hydronomus alismatis Marsh. Höchst selten. $. Cryptorrhynchus lapathi L. M. H. 8. Acalles turbatus Boh. var. parvulus Boh. M. 8. m phlegmatica Herbst. M. H, duplicata Germ. M. H. $. : cerasi L. M. A. S. 4 : aterrima FL M. H. ? = asphaltina Boh. Ein Stück. barbicornis Latr. M. pruni L M. = Bellemhets elephas Gyll. Soll hier gefunden sein. glandium Marsh. M. H. S. nucum L. M. A. 8. tessellatus Frer. Selten. Nur ein Stück gefunden. M. villosus F. Sehr selten. M. HA. 8. Balanobius crux F.L. M. H. 8. brassicae FE M. H. 8. s pyrrhoceras Marsh. M. HA. S. Anthonomus varians Payk. M. A. - rubi Herbst M. H. S. ulmi Deg. Nicht häufig. M. A. pomorum L. M. A. 8. 100 Anthonomus rectirostris L._ M. A. 8. Elleschus scanicus Payk. = : bipunctatus LM. Tychius quinquepunctatus L. Selten, bei Wesloe AH. = venustus F. M. H. 8. meliloti Steph. Ziemlich selten. tomentosus Herbst. M. H. 8. : pieirostris FE M. H. 8. Sibinia viscariae L. Selten, bei Wesloe. M. Mecinus piraster Herbst. M. H. 8. Gymnetrom pascuorum Gyll. Auf Gräsern bei Streckuitz M. H. 8. - beccabungae L. M. H. veronicae Germ. M. H. 8. labile Herbst. M. H. 8. linariae Panz. M. H. 8. tetrum F. An Linaria. M. H. noctis Herbst. M. Miarus LEE HS. Cionus scrophulariae L M. H. 8. tubereulosus Scop. M. H. 8. similis Müll. Bei Brandenbaum an Verbascum. M. 63 = hortulanus Marsh. Sehr selten. M. Stereonychus fraxini Deg. M. H. 8. * Platylaemus solani FE. M. H. 8. Nanophyes lythri F. Im Lauerholz an Teichen. M. H. 8. Orchestes quercus L. M. H. 8. s zutus Ole MErEIES. ilieis F. Nicht häufig. M. A. 8. taoıı LE... (MESEINS: testaceus Müll M. H. 8. var. pubescens Stev. populi FL. M. A. 8. avellanae Donor. M. H. 8. decoratus Germ. M. rufitarsis Germ. M. H. salicis l. MM. Ei 8. stigma Germ. M. H. 8. Rhamphus flavieormis Clairv. 2. 8. Stenocarus cardui Herbst. Sehr selten. Öoeliodes quercus FE. M. H. 8. + 101 Coeliodes ruber Marsh. M. H. 8. erythroleucus Gmel. M. A. 8. rubicundus Payk. M. H. $. Cnemogenus epilobii Payk. M. H. Cidnorrhinus quadrimaculatus L. M. Rhytidosomus globulus Herbst. M. H. 8. Rhinoncus castor FE. M. H. 8. bruchoides Herbst M. H. 8. inconspectus Herbst. M. H. 8. pericarpius L.L M. A. 8. perpendicularis Reich. 4. 8. "Litodactylus leucogaster Marsh. Selten, Travemünde M. H. 8. Phytobius canaliculatus Fährs. Am Ostseestrande bei Travemünde unter Tang und Seegras. M. Waltoni Boh. Ebenda. Selten. comari Herbst. M. quadrituberculatus FL M. H. 8. : quadrinodosus Gyll. M. H. 8. Amalus scortillum Herbst. M. H. 8. Orobitis eyaneus L. &. Ceuthorrhynchidius troglodytes F. M. H. 8. : quercicola Payk. M. H. S. = floralis Payk. M. H. 8. Ceuthorrhynchus quereiti Gyll. M. = syrites Germ. M. H. 8. assimilis Payk. M. H. 8. cochleariae Gyll.. M. H. S. nanus Gyll. M. ericae Gyll. Auf Haiden. M. H. . geographicus Goez. Selten. abbreviatulus F. Selten, auf der Roddenkoppel ge- funden. M. H. cruciger Herbst. M. litura F\ M. 9. 8. asperifolarum Gyll. Nicht häufig. M. H. 8. chrysanthemi Gyll. M. H. 8. melanostictus Marsh. M. A. 8. quadridens Panz. Selten... M. H. 8. punctiger Sahlbg. M. AH. denticulatus Schnk. M. 102 ?* Ceuthorrhynchus biguttatus Boh. - pollinarius Forst. H. 8. . pleurostigma Marsh. H. 8. suleicollis Payk. M. HA. 8. hirtulus Germ. 8. chalibaeus Germ. M. H. 8. erysimi F. M. contractus Marsh. M. H. 8. Phocen sisymbrü FE M. HA. 8. Baris artemisiae Herbst. M. H. T-album L MA. 8. Calandra granaria L. M. H. 8. oryzae L. Eingeschleppt an Reis M. H. * Cossonus linearis FL. M. H. * Rhyncolus ater L. LIX. Apioniden. Apion pomonae F. M. Jah craccae L_ M. H. 8. subulatum Kirb. M. H. 8. penetrans Germ. - onopordi Kirb. M. H. 8. ? -» confluens Kirb. M. vicinum Kirb. M. H. 8. - atomarium Kirb. M. = - Hookeri Kirb. M. fuscirostre FE. M. H. 8. astragali Herbst (= genistae Kirb.) M. urticarıum Herbst. M. H. 8. aeneum F. Bei der Herrenfähre.e M. HA. &. radiolus Kirb. M. AH. 8. saeculare Gozis. M. H. 8. seniculum Kirb. M. H. 8. - viciae Payk. M. H. & = : varipes Germ. M. H. 8. - apricans Herbst. H. 8. ie - ononidis Gyll. M. H. 8. = :» assimile Kirb. M. H. 8. trifoli L. M. HA. 8. flavipes FL. M. H. 8. 105 Apion nigritarse Kirb. Bei Schwartau auf den Wiesen. M. H. S - ebeninum Kirb. HA. 8. punctigerum Thunb. H. $. virens Herbst. M. H. 8. ervi Kirb. M. H. S$. ononis Kirb. M. A. $. minimum Herbst. M. H. 8. aethiops Herbst. HA. $. meliloti Kirb. columbinum Germ. vorax Herbst. M. H. $. pavidum Germ. miniatum Germ. H. 8. frumentarium L. M. H. S. rubens Steph. Sandkuhle vor dem Burgthor. M. H. S. - sedi Germ. M. » wiolaceum Kirb. M. H. 8. aterrimum L. M. H. S$. affine Kirb. AH. humile Germ. M.H. 8. LX. Rhynchitiden. Rhynchites Bacchus L. M. (Von mir bei Wismar gefunden.) : aequatus L.L M. H. 8. alliariae Payk. M. H. S. germanicus Herbst. M. H. 8. aeneovirens Marsh. M. pauxillus Germ. M. cupreus L. Nicht häufig, Schellbruch. M. H. $. planirostris FE. M. H. 8. pubescens F. In einzelnen Jahren häufig. M. H. : betulae L.L M. H. &. Rhinomacer alni Müll. M. H. $. populi L. Ziemlich selten. M. H. LXI. Attelabiden. Attelabus cureulionides LM. A. 8. Apoderus coryli LL M. H. &. 104 LXI. Nemonygiden. Cimberis attelaboides F. Selten, drei Stück an verschiedenen Wald- stellen an Kiefern gefunden. M. H. LXIN. Anthribiden. Tropideres albirostris Herbst. M. Macrocephalus albinus L. Mehrmals im Schellbruch von Schülern gefunden. Selten. M. Anthribus varius F. Bei Genin gefunden. Selten. M. H. 8. LXIV. Mylabriden. Spermophagus cardui Boh. Mylabris cisti F. pisorum L. In Erbsenlagern. HM. seminarius L. Nicht sehr häufig. M. A. villosus F. Selten. M. Land- und Süsswasser-Conchylien der Umgegend von Lübeck. Von Otto Ranke. Die Kenntnis der Conchylien unseres lübischen Gebietes hat sich seit dem Verzeichnis der „Mollusken der Umgegend Lübecks und der Travemünder Bucht“ von dem Hauptlehrer Herrn ©. Arnold (erschienen 1882 im Archiv des Vereins der Freunde der Naturgeschichte in Mecklen- burg, Heft XXXVI, p. 1--16) durch manchen interessanten Fund er weitert, so dass die Anzahl unserer Land- und Süsswasser-Oonchylien jetzt 102 Arten und 15 Varietäten beträgt. Auch sind dem Sammeln insofern weitere Grenzen gezogen worden, als ausser dem engsten Umkreise unserer Stadt auch die weitere Umgebung eine Durchsicht erfuhr. Als Grenzen des behandelten Gebietes gelten Mölln und Gleschendorf, Reinfeld und Travemünde. Leider konnten in den letzten Jahren die Untersuchungen des zu unserem Gebiete gehörigen Teiles der Ostsee nicht fortgesetzt werden, so dass ich für die Kenntnis der Mollusken der Travemünder Bucht auf die Angaben des erwähnten Verzeichnisses verweisen muss. Unterstützt wurde ich bei meiner Arbeit ganz besonders durch den Mittelschullehrer D. Geyer in Backnang, der in freundlichster Weise kritische Formen der hiesigen Sammlung einer Durchsicht und Bestimmung unterzogen hat, und dessen vortrefflich übersichtigsem Werke über die deutschen Land- und Süsswasser-Mollusken ich eine bedeutende Anregung verdanke. Ebenfalls bin ich zu Danke verpflichtet den Herren ©. Arnold und Dr. H. Lenz, welche mir das von ersterem gesammelte Material unseres Museums zu freier Verfügung stellten, den Herren A. Roeper und Dr. ©. Klüss, deren Sammlungen ich habe durchsehen dürfen, sowie meinem Bruder Friedrich für seine thatkräftige Mitarbeit. 106 Das Zeichen (A.) hinter einem Fundorte bedeutet, dass Herr Arnold, die Buchstaben (Fr.), dass mein Bruder Finder der betreffenden Art ge- wesen ist; an eimem Orte mit dem Zeichen ! hat der Verfasser sie selbst beobachtet. Arten und Varietäten, welche im Arnold’schen Verzeichnis noch nicht enthalten waren, sind mit einem T versehen. Für die Anordnung und Bestimmung diente mir Clessins deutsche Exkursions Mollusken-Fauna in der Auflage von 1834 zum Muster. Lübeck, im Januar 1898. Otto Ranke. I. Gasteropoda. ) A. Stylommatophora. Fam. Vitrinidae. Gen. Limax Müll. 7 1. L laevis Müll.: Von Dr. Klüss auf den Wiesen gegenüber der Lachswehr gesammelt (mündl. Mitteilg.); in einem Exemplare am Ufer des Wennsees bei Scharbeutz unter faulem Holze gefunden (Fr.). 2. L. agrestis L.: Gemeinste Art der Gärten; auch in den Wäldern der näheren und weiteren Umgebung nicht selten. os . L. maximus L.: In den Varietäten a. cinereo-niger Wolf: Häufig; meist tieischwarz, selten graulich oder weiss. b. ceinereus List.: In verschiedenen Stadtgärten in Menge (A.)!; in wenigen Exemplaren auch auf den Wallanlagen gefunden (Au, Er). 4. L. variegatus Drap.: In einigen Kellern der inneren Stadt (A.). 5. L. arborum Bouche-Cantr.: In den Wäldern nicht selten, bei nassem Wetter an den Buchen mehrere Meter hoch aufsteigend. Gen. Vitrina Drap. 6. V. pellucida Müll.: An Landstrassen und in lichten Gebüschen unter faulem Holz und in feuchtem Moose durchs ganze Gebiet ver- breitet, meist in nur wenigen Exemplaren. Gen. Hyalina Ferussac. 7. H. cellaria Müll.: Die am besten entwickelten Gehäuse (von meist trüber, weisslicher Farbe) finden sich in den Kellern und Gärten der 1, 13. 14. 107 Stadt; doch ist diese Art auch an feuchten, dunklen Stellen der Wälder (mit oft gelblich durchsichtigen Gehäusen) nicht selten. Die von A. für mutmasslich H. Draparnaldii Beck. bestimmten Stücke sind von Geyer als zu cellaria gehörig bezeichnet worden. . H. nitens Mich.: Seltener als folgende. Beobachtet bei Steinrade (A.), vor dem Mühlenthore (A.), bei Israelsdorf (Klüss), im Schwartauer Holze (A.), am Mühlteiche in Klein-Timmendorf (Fr.) und in den Wäldern am Timmendorfer Strande !. . H. nitidula Drap.: In den Wäldern an feuchten Stellen recht häufig. 710. H. pura Alder: Von A. nicht angegeben. Bisher beobachtet in den Wäldern von Schwartau ! Waldhusen ! Timmendorf ! und Scharbeutz !. j var. viridula Menke: Mit der Hauptform in der Timmen- dorfer Kammer |. H. radiatula Gray: In allen Wäldern unter Laub und im Moose, oft mit voriger zusammen. f var. petronella Charp.: Liebt dunklere, feuchtere Stellen als die Art. Beobachtet im Lauerholze (ein Exemplar, von A. mit crystallina gesammelt), Riesebusch !, Timmendorfer Wohld ! und besonders zahlreich in einem Erlenwäldchen an der Aalbeck bei Niendorf a./O. (Fr.). . H. erystallina Müll.: An denselben Stellen wie die vorige Art, oft mit ihr zusammen. H. fulva Müll.: In allen Wäldern der näheren und weiteren Um- gebung unter Laub und Rindenstückchen.*) Gen. Zonitoides Lehm. 7. nitida Müll.: Im ganzen Gebiete nicht selten, stets am Wasser. Fam. Arionidae. Gen. Arion Fer. . A. empiricorum Fer.: Überall. . A. subfuscus Drap.: Recht häufig, manchmal ohne die dunklen Längsbinden. . Bourguignati Mab.: Sehr häufig in Wäldern und Gärten. Hierher gehört Arnolds Arion hortensis Fer. von Torfwiesen bei Schwartau. Echter A. hortensis ist mir nicht vorgekommen. ®) Diese Art, ebenso wie Patula pygmaea, Helix aculeata und lamellata, sowie Pupa substriata fängt man am besten, wenn man grössere Rindenstücke an laub- reichen Stellen des Waldbodens so niederlest, dass ihre Innenseite den moderigen Blättern zugekehrt ist. 19), +21. [SS [e?} 108 Fam. Patulidae. Gen. Patula Held. P. rotundata Müll.: In den Wäldern überall, meist an trockenen Stellen. P.pygmaea Drap.: Wie Hyal. fulva, oft mit ihr zusammen; meistens in nur wenigen Exemplaren gefunden. Fam. Helieidae. Gen. Helix L. 20. H. aculeata Müll.: Im Schellbruch (Fr.; dort schon 1870 von W.Leche ein Exemplar gefunden), im wilden Riesebusch bei Schwar- tau ! und in der Scharbeutzer Heide !; besonders zahlreich in den Wäldern am Timmendorfer Strande ! und bei Nusse !. H. lamellata Jeffr.: Bisher beobachtet am Schmalsee bei Mölln !, im wilden Riesebusch ! und in den Timmendorfer Wäldern I. An allen drei Stellen sehr gesellig; bei Schwartau und Timmendorf, wo sie mit der vorigen Art zusammen lebt, ist sie bedeutend zahlreicher als diese. . H. pulchella Müll.: Überall, meist an trockenen Stellen. 3. H. costata Müll.: Wie vorige, oft mit ıhr zusammen und dann meistens weniger zahlreich. . H. bidens Chemn.: An feuchten Stellen in den Wäldern und auf Wiesen. . H. rubiginosa Ziegl.: Am Eisenbahndamme (Roeper), am 'Treidel- stieg (A.) und im Garten der Gewerbeschule (A.) in wenigen Exem- plaren, welche Herrn Geyer vorgelegen haben, gefunden und von A. für Hel. sericea Drap. bestimmt worden. H. sericea kommt, ebenso wie die var. liberta West. in unserem Gebiete nicht vor. . H. hispida L.: Gemein und ziemlich veränderlich. Von Varietäten wurden beobachtet: + var. concinna Jeffr.: Mit der Hauptform zusammen nicht selten, gern an besonders feuchten, dunklen Stellen. var. septentrionalis Öless.: In gut ausgeprägten Exemplaren auf den Wällen (A, Fr.) ! gefunden. Diese Varietät wurde von A. für H. liberta West. gehalten; sie ist mit der Hauptform durch Übergänge verbunden (A. s. „Mittelformen zwischen H. hispida L. und hispida Jeffr.“). Auch ein von W. Leche am Stadtgraben früher gesammeltes und für H. liberta bestimmtes Exemplar unserer Sammlung gehört zum Formenkreise der var. septentrionalis Cless. all, 92. 33. 34. 109 .H. strigella Drap.: An zwei nicht näher bezeichneten Orten bei Lübeck in wenigen Exemplaren gefunden (Milde, Hans Arnold); neuerdings in der Kammer am Timmendorfer Strande zahlreich ge- sammelt (Fr.) !. . H. fruticum Müll.: Auf den Wällen und in den Wäldern nicht selten. . H.incarnata Müll.: An feuchten Stellen in Wäldern und Gebüschen ziemlich häufig. . H. arbustorum L.: In der näheren Umgebung der Stadt (von der Herrenfähre bis Moisling) recht häufig; sonst beobachtet: im wilden Riesebusch bei Schwartau (Fr), in Niendorf a/O. !, am Westufer des Hemmelsdorfer Sees ! und bei Nusse |. f. Thomasia Mogq. Tand. (graugelber Untergrund mit weissen Flecken): Auf dem Walle unter der Art nicht selten (A.) !. H. hortensis Müll.: Häufig, doch nicht so gemein wie folgende. Sie schemt bei uns wenig zu Bändervariationen zu neigen; es wurden deren 3 beobachtet. Albine Gehäuse sammelte C. Klüss auf der Roddenkoppel und ich in der Timmendorfer Kammer. y var. fusco-labiata Kregl.: Bei Pansdorf |. H. nemoralis L.: Unsere gemeinste Landschnecke. Von ihr wurden 19 verschiedene Bändervariationen gefunden. H. pomatia L.: Diese Schnecke scheint in früherer Zeit in der näheren Umgebung unserer Stadt nicht selten gewesen zu sein, wofür das Vorkommen alter Gehäuse unter dem Rasen der Bastion Schwansort spricht (Exemplare, bei der Anlage des Elbe-Trave-Kanals gefunden, von Herrn Dr. Friedrich mitgeteilt). Nahe der Stadt ist sie in wenigen Exemplaren lebend beobachtet worden auf der Rodden- koppel (A.), dem Burgfelde (A), in Gärten vor dem Hüxterthore (A.) und Mühlenthore (Gymnasiast Thessmann). Ausserdem bei Hamberge (A.), Reinfeld (Lehrer Rohweder, mündl. Mitteilg.); sehr zahlreich im Travemünder Kurgarten (Leche, A.) !. Ferner bei Ratzeburg am Bahnhof (Roeper), nicht selten bei Mölln (Dr. Friedrich), Ritzerau (Wilde) und Nusse !. Jenseits der Nordgrenze unseres Ge- bietes, in Holstein, ist Hel. pomatia sehr häufig !. Fam. Pupinae. Gen. Buliminus Ehrenbg. B. obscurus Müll. Zahlreich am Timmendorfer Strande an sumpfigen Stellen der Wälder !; ausserdem beobachtet in der Scharbeutzer a7. +38. 39. 40. 43. 110 Heide !, im Riesebusch bei Schwartau (Roeper, A.), auf dem Walle von Lübeck (A.), am Rande eines kleinen Teiches bei Steinrade (A.) und am Ufer des Ratzeburger Sees bei Farchau (A.). Gen. Cochlicopa Risso. . ©. Jubrica Müll.: Häufig. Gen. Caecilianella Bourg. . C. acicula Müll.: In toten Gehäusen gefunden auf dem Walle (Leche, A., Thessmann) ! und auf der Roddenkoppel (A.). Gen. Pupa Drap. P. muscorum L.: An Landstrassen und in trockenen Gärten nicht selten. Die Form ohne Zahn (var. edentula Slavik) ist bei uns häufiger als die typische. P. edentula Drap.: Diese von A. übersehene Art scheint überall häufig zu sein, wo Eschen stehen, an deren glatter Rinde sie über 2 Meter hoch aufsteigt Bisher beobachtet in Eschenbrüchen bei Timmendort, Scharbeutz, am Westufer des Hemmelsdorfer Sees, im wilden Riesebusch (dort auch unter moderigen Blättern), im Schell- bruch, im Gehölz bei Ratzeburg (ein unausgewachsenes, unbestimmtes Gehäuse in der Sammlung A. Roepers) und am Rande des Schmal- sees bei Mölln. Im wilden Riesebusch fand ich ein (leider nicht ausgewachsenes) links gewundenes Exemplar dieser Art. P. antivertigo Drap.: Nicht selten, immer in der Nähe des Wassers, 6— 10 zähnig. P. pygmaea Drap.: Beobachtet im Lauerholze (A.), unter Steinen am Eisenbahndamm (Klüss), im Geniste der Trave (A., Roeper) und am Timmendorfer Strande !. Mit 4 Zähnen (var. quadridens West): Im Travengeniste (Klüss; bei A. unter P. Shuttleworthiana Charp.). . P. substriata Jeffr.: Liebt dieselben Bedingungen wie Hyal. fulva und Pat. pygmaea. Von mir bisher gefunden in den Wäldern von Timmendorf und Scharbeutz, im wilden Riesebusch und im Lauerholze. 2. P. alpestris Ald. (= Shuttleworthiana Charp.): Bei Roggen- horst (A.) und in Klein-Timmendorf (Fr.) !. Exemplare von beiden Fundorten sind von Geyer geprüft worden. P. pusilla Müll.: Recht häufig am Timmendorfer Strande unter Weidenrinde (mit 6 bis 8 Zähnen) !; in der näheren Umgebung Lübecks von A, Wilde und Klüss beobachtet. 44. 46. an. 48. 49. 50. 51. 52. 53. 111 P. angustier Jeffr.: Im Travengeniste (A., Roeper, Klüss), am Timmendorfer Strand im Walde und in einem Garten |. Gen. Balea Brid. . B. perversa L.: Scheint nicht selten zu sein; beobachtet: auf dem alten Schulhofe des Katharineums (Roeper), dem Lorenzkirchhofe (A.), bei Marly (Klüss, Wilde), Roggenhorst (hier vom jetzigen Bürger- meister Herrn Dr. Brehmer zuerst für unser Gebiet konstatiert), Herrenburg (Roeper), Steinrade (A.) und Klein-Timmendorf !. Gen. Clausilia Drap. Cl. laminata Mont.: In den Timmendorfer Wäldern neben Hel. nemoralis die häufigste Schnecke, viele Meter hoch an den Buchen aufsteigend !; ausserdem bei Scharbeutz |, im Riesebusch bei Schwartau (Klüss, Roeper) |, am Ratzeburger See bei Farchau (A.) und auf dem Wege zur Beck (Klüss). Cl. biplicata Mont.: Auf den Wällen in grosser Menge (A) !; ausserdem an Steinen beim Einsegel (Roeper), auf der Roddenkoppel (Klüss) und am Ratzeburger See (Roeper) gefunden. Cl. dubia Drap.: Bisher nur in der Form speciosa Schm. (von Ölessin bestimmt) bei Steinrade (A.) beobachtet; was A. als typische dubia angiebt, ist Cl. pu- mila Ziegl., eine Bestimmung, welche Geyer bestätigt hat. Cl. bidentata Ström (= nigricans Pult.): In der näheren und weiteren Umgebung der Stadt nicht selten. f var. septentrionalis Schm. ist bisher nur bei Mölln am Rande des Schmalsees gefunden worden !. Was sich unter dem Namen dieser Form in unserem Museuın von Padelügge (leg. A.) befindet, ist typische bidentata. Cl. pumila Ziegl,, var. sejuncta Schm.: In Erlen- und Eschenbrüchen nicht selten (meist mit Pupa edentula Drap. zusammen); bisher beobachtet bei Steinrade (A.), der Herrenfähre (Fr.), im wilden Riesebusch bei Schwartau |, den Timmendorfer (Klüss) ! und Scharbeutzer Wäldern !. Die typische Form (mit verbundener Ober- und Spirallamelle) ist nicht gefunden worden. Fam. Suceinidae. Gen. Succinea Drap. S. putris L.: Überall. S. Pfeifferi Rossm.: Nicht selten, doch weniger häufig als vorige. S. oblonga Drap.: Meist an trockenen Orten nicht selten, aber in geringer Anzahl, 112 B. Basommatophora. Fam. Aurieulidae. Gen. Carychium Müll. 54. ©. minimum Müll.: Überall an recht feuchten, moderigen Stellen. Fam. Limnaeida. Gen. Limnaea Lam. 55. L. stagnalis L.: Sehr häufig. Exemplare von mehr als 60 mm Länge sind besonders in den grösseren Seen zu finden. 56. L. aurieularia L.: Überall in unseren fliessenden und stehenden Gewässern, besonders schön ausgebildet in den grösseren Seen. Von einigen Fundorten (besonders Möllner Seen !, Herrenburger Torfmoor (Roeper) und Överdieker See !) neigt die Form des Gehäuses za L. ampla Hartm. hn. Das Vorkommen echter L. ampla ist bei uns noch nicht konstatiert. . L. ovata Drap.: Noch häufiger als vorige; die Länge des Gehäuses a <ı übersteigt nicht selten 20 mm (grösstes Exemplar 27 mm). f var. patula Dac.: Stücke, welche mit Clessins Fig. 239 übereinstimmen, habe ich hin und wieder gefunden. f var. baltica L.: An Phryganeenhülsen auf dem Priwall (A.). 58. L. peregra Müll.: Im Riesebusch (A.), im Lauerholz (Roeper), in Gräben beim Rangierbahnhof (A.) und am Eisenbahndamm vor dem Mühlenthor(A.) gefunden; an letzterer Stelle jetzt noch in grosser Menge !. 59. L. palustris Müll.: Sehr häufig. An Varietäten wurden beobachtet: var. corvus Gmel.: Nicht selten in Tümpeln mit moorigem Grunde: Lauerholz (A., Fr.), Riesebusch (A.), Brothen (A.), Schürsdorfer Moor !, sowie in den grösseren Seen: Lüttauer See bei Mölln |, Ratzeburger See | Hemmelsdorfer ! und grosser Pönitzer See !. In einem Exemplare auch in der Trare (Fr.). Die von A. als subvar. curta Oless. bestimmten Exemplare sind nach Geyer unausgewachsene Stücke von palustris. var. turricula Held: In der Trave bei Genin (A.) und einem Graben beim wilden Riesebusch I. Die von A. im Schell- bruch gesammelten Exemplare gehören zur typischen Form. var. fusca C. Pfeiff.: In der Trave beim Schellbruch (A.) und im Teufelssumpf am Timmendorfer Strande I. 60. L. glabra Müll: In einem Moorgraben bei Blankensee (Fr.), am Schönböckener Wege (Heinr. Jensen), beim Schellbruch (Wilde, A.), im Lauerholze (Fr.), bei Israelsdorf (Klüss) und in Herrenburg (Roeper). 61 64. 65. 66. 67. 70. 71. 113 . L. truncatula Müll.: Bei Sarau (A.), in der näheren Umgebung Lübecks an verschiedenen Stellen (A.), bei Genin (A.), im wilden Riesebusch (Fr.), im Hemmelsdorfer See ! und in Wiesengräben bei Haffkrug !. f var. oblonga Put.: Bei Sarau (A.), Genin (A.) und im Teufelssumpf am Timmendorfer Strande |. Gen. Amphipeplea Nils. 62. A. glutinosa Müll.: Im Mühlenbache bei Herrenburg (Roeper), in der Trave (Klüss), der Schwartau |, im Överdieker See ! und sehr zahlreich in Torfgräben des Schürsdorfer Moores (Fr.) !; dort zwei Exemplare von 19 und 20 mm Länge. Gen. Physa Drap. . Ph. fontinalis L.: In fliessendem und stehendem Wasser häufig Gehäuse von 12 mm Länge sind bei Sarau (A.; von ihm für var. bulla Müll. gehalten, von Geyer als typische fontinalis anerkannt) und bei der Ölever Landwehr (Fr.) gefunden. Gen. Aplexa Flemming. A. hypnorum L.: Nicht selten in Gräben und Teichen, doch weniger häufig als vorige. Besonders zahlreich in einem Teiche bei Stein- rade (A). Gen. Planorbis Guett. Pl. corneus L.: Gemein. Pl. marginatus Drap.: Überall. Die für var. submarginata Jan in Porro bestimmten Stücke des Museums (leg. A. in einem Garten vor dem Holstenthore) sind nach Geyer unentwickelte Exemplare von typischem Pl. mar-. ginatus Drap. Pl. carinatus Müll.: In der Wakenitz (A.), dem Krähenteich (Fr.), der Trave (A.) !, dem Stadtgraben (A.), der Schwartau |, einem Mühl- teiche bei Klein-Timmendorf (Fr.) und im Wennsee bei Scharbeutz !. . Pl. vortex L: An pflanzenreichen Stellen in Wiesengräben und fliessendem Wasser. . Pl. rotundatus Poir.: In der Trave (Fr.), der Wakenitz (A.), in Gräben im Lauerholz (Fr.) und im Schellbruch (A.), sowie in Wald- tümpeln im Riesebusch (Fr.) und Timmendorfer Wohld !. Pl. contortus L.: Überall häufig. Pl. albus Müll.: In der Trave (A.), dem Krähenteiche (Pr.), der Schwartau (A.) und in verschiedenen Gräben (besonders in Torfmooren): 8 72. 18. 74. 7b. 76. IT. +79. 8. 81. 82. eu. Blankensee !, Schützenhof (A ), Treidelstieg (A.), Wesloer Moor (Klüss). Waldhusen !, am Pönitzer See |. Pl. glaber Jeffr.: In emem Graben auf dem Schützenhofe (A.); Bestimmung von Geyer bestätigt. Pl. erista L.: Im Överdieker See !, im Stadtgraben (Leche), im Blankensee !, in einem Teiche in Steinrade (A.) und besonders zahl- reich in einem Teiche an der Strasse von dort nach Krempelsdorf (A.). Pl. complanatus L.: Im Stadtgraben (A.), Mühlenteich (A) und Krähenteich (Roeper). Pl. Clessini Westerl.: Von A. im Stadtgraben und in der Trave bei der Lachswehr gefunden; Bestimmung von beiden Fundorten- durch Geyer bestätigt. Pl. nitidus Müll.: Häufig. Gen. Aneylus Geoffr. A. fluviatilis Müll: In der Trave an Blättern von Nymphaea (Klüss) und an Flossholz (Roeper). . A. lacustris L.: Überall häufig. C. Chiastoneura. Fam. Gyelostomaceae. Gen. Acme Hartm. A. polita Hartm.: In der Kammer am Timmendorfer Strande und im wilden Riesebusch bei Schwartau ! zwischen abgestorbenen Blättern auf Quellboden. Fam. Valvatidae. Gen. Valvata Müll. V. piscinalis Müll.: Häufige. Die von A. für V. depressa ©. Pfeiff. bestimmten Exemplare aus der Trave und Stecknitz (leg. A., Roeper, Klüss) sind Gehäuse von junger piscinalis. V. antiqua Sowerby: Im Krähenteich (Roeper), bei Sarau (A.) und in einem Gehölze bei Niendorf a./O. (A.). Bestimmung von Geyer bestätigt. V. eristata Müll.: In der näheren und weiteren Umgebung Lübecks nicht selten. Fam. Paludinidae. Gen. Vivipara Lam. . V. vera v. Frauenf.: Überall. Ein besonders grosses Exemplar aus dem Krähenteiche ist 45 mm hoch, 32 mm breit (Fr.). 34. 87. 39. RB. 91. +92. 93. 94. 39. 115 V. fasciata Müll.: Wie vorige Grösstes Exemplar aus dem Tremser Teich 51 mm hoch und 32 mm breit (A.). Gen. Bythinia Gray. . B. tentaculata L.: Häufig. Grösstes Exemplar (Krähenteich, leg. Fr.) 16 mm lang. . B. ventricosa Gray: Wie vorige. Gen. Neritina Lam. N. fluviatilis L.: Häufig. var. baltica Nilss.: Im Brackwasser (A., Fr.). ll. Bivalvae. Fam. Unionidae. Gen. Anodonta Cuv. A. mutabilis Cless.: Überall in stehenden und fliessenden Gewässern am häufigsten ist die var. cellensis Schröt, deren Schnabel nur meistens bedeutend schwächer ausgeprägt ist als bei Clessins Fig. 356. Grösste Exemplare: Stücke aus Herrenburg (Roeper) 152 mm, eine zerbrochene Schale aus Rönnau (A.) 193 mm. A. complanata Ziegl.: In der Trave (A., zwei Stücke, welche recht gut mit einigen Exemplaren unseres Museums aus der Elbe [leg. Hoppe] übereinstimmen) und im Ratzeburger See !. Ein Stück aus dem Tremser Teich (in A. s. Sammlung, von ihm als wahrscheinlich complanata bestimmt) gehört wohl zu mutabilis Oless. Gen. Unio Philipps. U. pietorum L.: In der Trave, der Wakenitz und mehreren Seen der Umgegend. U. tumidus Phil.: Wie vorige. U. batavus Lam.: Bisher nur aus der Stecknitz bei Krummesse (leg. Hans Arnold 1834) bekannt. Fam. Gyeladidae. Gen. Sphaerium Scop. Sph. rivicolum Leach: In der Trave und Wakenitz von A. gefunden. Sph. corneum L: Überall. Sph. Draparnaldii Cless: Am Eisenbahndamme (A.). Clessin hat die Bestimmung als wahrscheinlich bestätigt. 96 97 +98 +99 100 101 116 Gen. Calyculina Cless. . C. lacustris Müll.: In der näheren Umgebung der Stadt nicht eben selten; sonst nicht beobachtet. Gen. Pisidium (. Pfeiff. *) . P. amnicum Müll.: In den Gewässern der nächsten Umgebung ziemlich zahlreich, sonst nicht gefunden. . P. henslowianum Shepp.: In der Trave (Klüss). . P. fossarinum Öless.: An Phryganeenhülsen bei Sarau (A., für P. obtusale Pfeiff. bestimmt), in einer Quelle am Timmendorfer Strande ! und in der Medebek im Schellbruch (Fr.). . P. obtusale Pfeiff.: Im Stadtgraben am Mühlenthorwalle (A., unter Sphaer. corneum L.) und in einem Tümpel im Schellbruch (A.). . P. nitidum Jen.: Scheint bei uns recht häufig zu sein; bis jetzt beobachtet in Gräben am Jerusalemsberg und bei Niendorf a./O. (A.,. unter Sphaerium corneum L.), bei Sarau (A.), im wilden Riesebusch bei Schwartau |, in einem Teiche am Westufer des Hemmelsdorfer Sees ! und sehr zahlreich in Waldtümpeln der Schar beutzer Heide !. Diese Spezies, von der Clessin noch 1884 sagte, dass sie aus Deutschland nur in der var. lacustris Ol. von den grossen bayerischen Seen der Voralpen bekannt sei, ist im nördlichen Europa weit verbreitet. Sie wurde an verschiedenen Punkten Nord- deutschlands, in England, Schweden und Norwegen, in Esthland, Finnland und Russland beobachtet (Olessin, briefl. Mitteilg.). Gen. Dreissena Ben. . Dr. polymorpha Pall.: In der Trave (Klüss), dem Ratzeburger See (A.) !, in den Seen bei Mölln ! und im Pönitzer See. *) Die Pisidien unserer Sammlung haben Herrn Clessin vorgelegen, dem ich für seine Bemühung an dieser Stelle meinen besten Dank sage. Das von mir in der weiteren Umgebung Lübecks ziemlich zahlreich gesammelte Material ist leider beim Verschicken verloren gegangen, so dass unsere Pisidienfauna als noch nicht genügend bekannt zu betrachten ist. Jahresberichte. Bericht der Geographischen Gesellschaft über das Jahr 1896. Folgende Vorträge sind im Jahre 1896 gehalten: am 17. Januar durch Herrn Gaedertz: Briefe des Kapitän Storm aus dem Territorium Washinston; Professor Sartori: Armenien und die Armenier; am 15. März Oberlehrer Dr. Schaper: Neue Untersuchungen aus der Erdphysik, besonders über erdmagnetische Probleme; Professor Sartori: Der Fluss Doce und die Botokuden; am 17. April Schiffslieutenant von Payer: Über Polarforschungen. Dieser Vortrag wurde in Gemeinsamkeit mit der hiesigen Sektion des Deutsch-Österreichischen Alpenvereins veranstaltet; am 15. Mai Oberlehrer Dr. Schaper: Pläne für die Erforschung des Südpols. Dr. med. Karutz: Ohrenschmuck und Ohrendurchbohrung; am 29. Oktober Oberlehrer Dr. Schaper: Über Nordlichter; Professor Sartori: Der Sachsenwald; am 27. November Professor Dr. Detmer aus Jena: Über Bahia und seine Reisen in der Provinz gleichen Namens; am 18. Dezember Navigationsschuldirektor Schulze: Über Meeres- strömungen, besonders in der Ostsee; Dr. Lenz: Über den Einfluss derselben auf die Tierwelt. In der Versammlung am 15. März war S. Ex. der Gesandte Dr. Krauel anwesend. Zu den Vorträgen der Herren Schiffslieutenant Payer und Professor Dr. Detmer waren die Mitglieder der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Thätigkeit mit ihren Damen eingeladen. An beide Vor- träge schloss sich ein Abendessen zu Ehren der Redner. Neben diesen durch die Vorlesung von Landkarten, Photographien und naturhistorischen Gegenständen bereicherten Vorträgen dürfen ver- schiedene anziehende Mitteilungen erwähnt werden, welche an den jeden Freitag stattfindenden Herrenabenden gemacht wurden. Besonders hervor- 118 zuheben ist die Ausstellung zahlreicher grosser Photographien, welche Herr S. Cohn bei seinen fesselnden Berichten über seine Reise nach Syrien, Palästina und Agypten zur Anschauung brachte, sowie eine grosse Samm- lung von Photographien aus Madagaskar. Folgende Schriften sind als Geschenke eingegangen: von den Herren: Lorenzen in Kiel: Literaturbericht 3 und 4; Konsul Michelsen hierselbst: Argentinien, Provinz Catamarca; E. Cords, Bibliothekar des Museums in La Plata: Revista VII 1; Admiralitätsrat Dr. Neumayer in Hamburg: Über Südpolar- forschung ; Dr. Ed. Hahn in Berlin: Die Stellung Afrikas im Welthandel; Henry Pensa in Paris: Les Russes et les Anglais en Afghanistan; Professor Dr. Paul Krüger in Valparaiso: Über die Ausführung einer topographischen Aufnahme in Chile, und die barometrische Höhenmessung des Pueblo-Thales in Süd-Chile; Cook in London: Programm seiner internationalen Reisebillets nach Ägypten. Unsererseits wurden veröffentlicht als Heft 9 das fünfte Heft der Beobachtungen der Erdmagnetischen Station und Mitteilungen der Geogra- phischen Gesellschaft und des Naturhistorischen Museums Heft 10 und 11. Durch den Tod verlor die Gesellschaft die Herren Konsul Grupe, dem wir manchen interessanten Vortrag verdanken, und Konsul Pasedag, durch Wegzug die Herren Voigtel und Werftdirektor Brinckmann, durch Austritt die Herren Oberlehrer Reuter, Schlie, Hauptmann von Trautmann und Konsul Harms. ! Es traten ein die Herren Dr. med. Uter, Kousul Hamann, A. H. Brattström, G. Reimpell, P. M. Gaedertz, E. Koch, Assessor Voigtel, Dr. med. Karutz, Stallknecht, der schon erwähnte, uns bald wieder ent- rissene Konsul Pasedag, Architekt Sönnichsen, K. N. Schröder und Freiherr von Haxthausen. Von ihnen sind, wie bemerkt, einige nur kurze Zeit unsere Mitglieder gewesen. Die Gesamtzahl beträgt gegenwärtig 137. Zu Ehrenmitgliedern wurden S. Ex. Dr. Klügmann, Gesandter der Hansestädte in Berlin, und Frithjof Nansen, Professor auf Godthab bei Lysaker in Norwegen, zum korrespondierenden Mitgliede Professor Dr. Paul Krüger in Santiago (Chile) ernannt. Ein Schriftenaustausch wurde mit der Universität Upsala verabredet. An der Feier des 70. Geburtstages unseres Ehrenmitgliedes, Admiralitäts- rates Dr. Neumayer hat sich die Gesellschaft durch ihre Mitwirkung bei der Herstellung seiner Marmorbüste und einen Glückwunsch beteiligt. 119 Aus dem Vorstande trat Herr F. Ö©. Sauermann ordnungsgemäss aus, wurde aber wieder gewählt. Die von den Revisoren Konsul Krohn und Professor Dr. Eschenburg geprüfte Kassenrechnung schliesst mit einer Einnahme von .# 1629,70, wovon A 383,53 dem Saldo des Jahres 1895 angehören. Die Ausgaben betrugen MW 1854,10, so dass ein Fehlbetrag von # 224,40 entstand. Die Unkosten bei den Vorträgen der Herren von Payer und Professor Dr. Detmer, sowie die unerwartete Höhe der Druckkosten für das neueste Heft der Mitteilungen waren die Ursachen des Unterschusses, welcher auf die Rechnung des Jahres 1397 übernommen werden muss. Bericht der Geographischen Gesellschaft über das Jahr 1897. Im Jahre 1897 fanden in sechs Versammlungen folgende Vorträge statt: am 22. Januar von Professor Sartori: Über Bangkok; Bürgermeister Dr. Brehmer: Mitteilungen über den Fang von Elefanten; am 26. Februar Oberlehrer Dr. Freund: Die kleinsten Staaten der Erde; Derselbe: Die Änderung der Temperatur in historischen Zeiten; Professor Sartori: Eine Vulkanbesteigung; am 9. April Dr. Wetzke: Über Gellivara-Erze; Professor Sartori: Die Gründung von Wadjo (Malaischer Roman); am 14. Mai Oberlehrer Schneermann: Nordformosa; Dr. Lenz: Die Auster; am 12. November Dr. med. Karutz: Ein Gang durch die ethnogra- phischen Sammlungen in Bordeaux, Paris und Bremen und seine Lehren für unser Völkermuseum; Oberlehrer Dr. Schaper: Das meteorologisch-magnetische Obser- vatorium in Potsdam; am 17. Dezember Dr. med. Pauli: Reise nach Moskau, Petersburg und Finland. Auch in den an jedem Freitag abgehaltenen und lebhaft besuchten Herrenabenden kamen wiederholt Mitteilungen, wie in den Hauptversamm- lungen, Karten. Illustrationen und Pläne zur Vorlegung. Als Mitglieder wurden die Herren H. J. Paul, J. H. Heitmann, R. H. A. Gosch, J. Ch. G. Boye, Kaufleute, Ch. W. N. A. Schmedes, Land- richter, Werner, Tierarzt, und Dr. med. R. E. W. Nöhring aufgenommen. Durch den Tod verloren wir die Mitglieder A. H. A. Rittscher, Zimmermeister, und das Ehrenmitglied Professor Schering in Göttingen. Zur Bestattung 120 des letzteren wurde ein Kranz abgesendet. Durch Austritt schied aus Herr J. H. Schildt, durch Wegzug Herr Pfuhl. Die Gesellschaft zählt jetzt 5 Ehrenmitglieder, 9 korrespondierende und 127 wirkliche Mitglieder. An Geschenken sind folgende Schriften eingegangen von den Herren: Professor Dr. Supan in Gotha: Unkekannte Polargebiete, mit Karte; Professor Dr. Deecke in Greifswald: Über die sizilianischen Schlammvulkane; Professor Dr. Günther in Leipzig: Hylokinesien; Professor Dr. Richard Brandstetter in Luzern: Die Gründung von Wadjö; Von der Commission directive du Recensement de la Repu- blique Argentine: Second Recensement 1896: Konsul Michelsen in Lübeck: Message du Presedant de la Republique Argentine; Paul Krüger in Santiago: Chile, seine und Dr. P. Stanges Er- forschung der Flüsse Reuhihue und Italafu in Westpatagonien. Als Revisoren der vorjährigen Rechnung sind die Herren Professor Dr. Eschenburg und Konsul Krohn thätig gewesen. Bei ihrem satzungs- mässigen Ausscheiden aus dem Vorstande wurden die Herren v. Schreiber und Dr. Lenz wiedergewählt. Als korrespondierendes Mitglied gewann die Gesellschaft Herrn Dr. Hahn in Berlin zum Austausch der Publi- kationen den Missionsverein „Afrika“ in Magdeburg und den wissenschaft- lichen Verein „Isis“ in Bautzen. Aus den Mitteln des Kolonialausschusses wurden # 300 und aus der Kasse des Herrenabends X 20 für die Erbauung eines Dampfers auf dem Tanganjika-See beigesteuert und dem hiesigen Kolonialverein über- wiesen. Die Abrechnung des Jahres 1897 ist von den Revisoren, Herren Konsul Schulz und Max Schmidt, geprüft und richtig befunden. Bericht der Sektion für erdmagnetische Beobachtungen über das Jahr 1896. Der Sektion standen dieselben Unterstützungen wie im Vorjahre zur Verfügung, nämlich seitens des Staates wie der Handelskammer je # 400. Während der ersten neun Monate ist die tägliche Morgenbeobachtung, wie das im vorigen Jahresberichte motiviert wurde, angestellt: Ausser den hierzu gehörigen absoluten Bestimmungen im eisenfreien Hause sind dann noch einige Beobachtungen in der Umgebung Lübecks gemacht worden. 12 Mit dem 30. September mussten alle Beobachtungen infolge der Ar- beiten am Elbe-Trave-Kanal eingestellt werden. Das eisenfreie Haus wurde Mitte November auf Anordnung der Kanalbaubehörde geräumt. Die Instrumente sind einstweilen im Gartenhause der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Thätigkeit untergebracht. Unter dem 4. November 1896 beantwortete die Kanalbaubehörde das ihr am 2. Dezember 1895 übermittelte Gesuch um Gewährung einer angemessenen Summe für einen Neubau der Station ablehnend. Über die seitdem unternommenen Schritte, für die dem Kanalbau zum Opfer fallenden Stationsräume Ersatz zu schaffen, kann erst der nächste Jahresbericht weiteres mitteilen, da die diesbezüglichen Verhand- lungen noch im vollen Gange sind. Unsere Ausgaben bestanden in folgenden Posten: 1. Instandhaltung, bezw. Ersatz der Instrumente # 20,45 DARNe vanschaftungenWere ee: — Sbeleuchtumestyn 2er Sure 8, — 4. Remuneration für Hülfsbeobachter. . . . = 106— 5. Beobachtungen in Lübecks Umgebung . . - 8,30 6. Umzugskosten und Sonstiges. . . 2... = 35,52 AM 118,27 Zur Verfügung stand am 1. Januar 1397 ein IXassensaldoRvone a NIE Jahresbericht des Museums für Völkerkunde über das Jahr 1896. Wie im vorigen, so sind auch in diesem Jahre unserer Sammlung verschiedene wünscheuiswerte Bereicherungen zugeführt worden. In erster Linie ist der nunmehr zustande gekommene Ankauf der Borchert'schen Sammlung zu erwähnen. Durch das anerkennenswerte Entgegenkommen der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Thätigkeit, die uns die Summe von # 1300 angewiesen hat, wurden wir befähigt, jene Samm- lung zu kaufen, und sind dadurch in die angenehme Lage gebracht, unsere ostafrikanischen Sammlungen in einer Weise zu vervollständigen, wie es nur wenige Museen Deutschlands können. In 236 Nummern enthält die Sammlung an 400 verschiedene Gegenstände, welche demnächst einer genaueren Bestimmung und Katalogisierung unterworfen werden sollen. Gelegentlich dieser Arbeiten soll zugleich die Anlage eines Doubletten- Kataloges über die ganze ethnographische Sammlung in Angriff genommen werden. Neben der Borchert'schen Sammlung verdient besonders noch eine Sammlung von Ohma-, Japan- und Philippinen-Gegenständen Beachtung, die wir aus dem Grupe’schen Nachlass erworben haben. Eine schöne Vervollständigung erfuhr die Abteilung Neuguinea, indem wir von hervor- ragenden Sachen 34 Stück sehr billig ankaufen konnten. An freundlich überwiesenen Geschenken fiel uns manches wünschens- werte Stück zu, so bereicherte Herr Dr. Plehn-Kamerun unsere west- afrikanische Sammlung um 37 Stück, von denen einige sehr wichtig sind; Herr Dr H. Lüders erfreute uns durch Überweisung einer grösseren An- zahl indischer . Gegenstände, teils profanen, teils kulturellen Zwecken dienend. Der durch viele frühere Gaben bekannte Freund unseres Museums, Herr Günther-Sorata, sandte auch in diesem Jahre aus Bolivien mehrere interessante Indianersachen. Herr Vorkamp-Madagaskar vergrösserte seine Sammlung um 26 Nummern, und ausser den genannten Gebern und Gönnern sind noch eine ganze Zahl anderer Freunde des Museums thätig gewesen, an seiner Ausdehnung mitzuarbeiten. Die Vorsteherschaft sagt an dieser Stelle ihnen allen wiederholten Dank und bittet um ferneres Wohlwollen. In der Vorsteherschaft des Museums für Völkerkunde traten während des Berichtsjahres verschiedene Veränderungen ein. Nachdem Herr Ober- lehrer Dr. Zillich satzungsgemäss ausgetreten war, erbat Herr Major z. D. von Koschitzky von der Verwaltung des Museums seine Entlassung, die ihm unter Anerkennung seiner vielfachen Verdienste bewilligt wurde. Gleich- zeitig traten aus dem Vorstande der derzeitige Vorsitzende Herr Ober- lehrer Dr. Freund und Herr Oberlehrer Schneermann. Die Geschäfte wurden bis zu den am 10. November erfolgenden Neuwahlen durch die übrigen drei Vorsteher geleitet. Es traten durch die Wahl folgende Herren ein: Herr Konsul Carlos Behn, Herr Professor August Sartori und Herr Navigationsschuldirektor Dr. Friedrich Schulze. Der Kassenbericht schliesst ab mit # 2542,65 in Einnahmen und Ausgaben (einschliesslich eines Übertrages von .% 38,35 auf das Rechnungs- jahr 1897.) Die Sammlungen vermehrten sich durch Ankäufe, Geschenke und Überweisungen unter Vorbehalt des Eigentumsrechtes in folgender Weise. I. Ankäufe: Borchert'sche Sammlung ostafrikanischer Waffen und Gebrauchsgegenstände, Schmuck, Hausgeräte ete. Grupe'sche Sammlung von Gegenständen aus China, Japan und den Philippinen. Pöhl’sche Sammlung von Neuguineasachen, Waffen, Kleidungsstücken, Schmuck etc. 123 An kleineren Einkäufen sind zu verzeichnen: Von Herrn Lüders-Hamburg: Sechs antike peruanische Krüge. Von Herrn Thiess-Kamerun: Ein Häuptlingsstuhl. Von Herrn Alwert-Lübeck: Vier Halsschmuckketten aus Muscheln. Von Herrn W. Kersten-Lübeck: Eine Keule, ein Bumerang, ein Fischspeer, ein Korb und eine Muschelkette aus der Südsee. II. Geschenke: Von Herrn Kadett Mauve- Plön: Ein geschnitzter Fruchtkern (China). Vom Schüler Siegfried-Lübeck: Ein chinesisches Kartenspiel. Von Herrn Regierungsarzt Dr. A. Plehn-Kamerun: Ein Rasselstock vom Kamerunberg, ein Tanzschmuck, acht Speere, zwei Fetische, eine Holz- schüssel mit Löffel, ein Karawanenhorn, drei Gomba (Musikinstrument), eine Nilpferdpeitsche, ein paar gestickte Pantoffeln, zehn hölzerne Armringe, ein Glasperlen-Armring von Kamerun, ein altes Musik- instrument, ein Frauentanzschmuck aus Yaunde, ein Köcher mit zwölf Giftpfeilen der Bakoko, zwei Pfeifenköpfe der Bali. Von Herrn Kapt. Storm-Borneo: Ein Blasrohr der Dyaks von Borneo, ein Köcher mit Giftpfeilen nebst Giftgefäss. Von Herrn 'Ih. Tessmann-Lübeck: Ein Yerba-Mate Gefäss mit Bambilla (Saugröhrchen) aus Brasilien. Von Herrn H. Dreyer-Lübeck: Ein Armband aus Tamarindenkernen, west- indisch. Von Herrn Kadett Freiherr von Scheele-Plön: Ein Bronceschälchen aus Ostafrika (indische Arbeit). Von Herrn Dr. H. Lüders-Lübeck: Fünf thönerne und hölzerne Püppchen, sechs Döschen, eine liegende Hundefigur aus Thon, ein Elefant (Schnitzwerk aus Ebenholz), eine Vase, drei Körbchen, drei Schreib- federn, eine Broncevase aus Moradabat, eine Bronceschale aus Benares eine Statuette von Benares, Brahmastatuette, ein Ceremonientöpfchen (Mangala-Chänr), ein Handschriftendeckel und zum Beschreiben zuge- schnittene Palmblattstreifen, sog. Olas, ein schärpenartiges Kleidungs- stück. Von Herrn Arthur Stülcken-Birmingham: Zwei aus Fruchtkernen ge- schnittene Vorstecknadeln (Insekten darstellend), ein hoher breitkräm- piger Filzhut aus Brasilien. Von Herrn Luckmann-Lübeck: Ein paar messingene Steigbügel unbe- stimmter Herkunft. Von Herren Gebrüder Behrens-Lübeck: Ein chinesischer Theegötze, aus Wurzeln und Stämmen der Theepflanze, teils roh, teils geschnitzt, zusammengestellte Figurengruppe. 124 Von Herrn Kadett von Laffert-Plön: Eine Glasperlenschnur, Armband eines Duallamädchens. Von Herrn Kadett Graf von Baudissin-Plön: Zierliches Schnitzwerk: Chinese mit indischem Ochsen pflügend darstellend. Von Frau Hugo Zünkel Witwe-Lübeck: Eine chinesische Feldflasche. Von Herrn Jatzow-Lübeck: Eine Naeverskruke, bemalte Holzschachtel aus Norwegen. Von Herrn J. Kayser-Yokohama: Ein Kasten aus Bambusstöcken, japanische Schmetterlinge enthaltend. Von Herrn Dr. Lenz-Lübeck: Ein Kochtopf mit Quirl zum Kochen der Chokolade, eine Pfanne zum Rösten der Frijoles (roten Bohnen) aus Mexiko. IH. Überweisung unter Vorbehalt des Eigentumsrechtes: Von Herrn Vorkamp-Fort Dauphin (Madagaskar): 26 verschiedene Spiesse der Howas. Bericht des Museums für Völkerkunde über das Jahr 1897. Das verflossene Jahr ist als ein für die Entwickelung unseres Museums sehr günstiges zu bezeichnen, dasselbe wurde nicht nur durch umfang- reiche und wertvolle Geschenke bereichert, sondern auch die verschiedenen Ankäufe, welche gemacht wurden, sind in jeder Hinsicht äusserst vorteilhaft gewesen. Die Gesamtzahl der Neuerwerbungen beträgt in 279 Katalog- nummern 448 einzelne Gegenstände. Von ganz besonderem Umfang und Wert sind die Geschenke der Frau Konsul Pasedag, des Herrn Dr. Lüders, des Herrn Stabsarzt Dr. Berg und des Herın Gustav Pauli. Den Genannten sowohl, wie den im nachfolgenden Verzeichnis aufgeführten freund- lichen Gebern sei auch an dieser Stelle der wärmste Dank ausgesprochen. Besondere Erwähnung und Dank verdient auch die Opferwilliskeit der Herren Dr. Karutz und Konsul C. Behn; ersterer ‘unternahm eine Reise ins Land der Basken, um bei jenem interessanten Kulturvolke Ethno- graphisches für uns zu sammeln, und letzterer unterstützte unsere mittel- amerikanische Sammlung durch die leihweise Ausstellung einer Serie von Porträtbüsten historisch berühmter mexikanischer Staatsmänner und Feld- herren. Mit besonderer Freude darf die Vorsteherschaft der Tage gedenken, in denen die 28. deutsche Anthropologen-Versammlung hier stattfand, denn nach den Urteilen namhafter Autoritäten erfreut sich unser Museum einer grossen Zahl ausserordentlich seltener und wertvoller Stücke; ebenso 125 fand die Anordnung und Aufstellung des Museums die allseitige Aner- kennung. Als ein weiterer Vorteil dürfte auch der Umstand angesehen werden, dass durch die von Herrn Dr. Karutz bearbeitete, das Völker- museum betreffende Abteilung der den deutschen Anthropologen und Festteilnehmern gewidmeten Festschrift unsere Sammlung in weiteren Kreisen bekannt geworden ist. Die ausserordentlich starke Vermehrung unserer Sammlung drängt immer mehr die Frage auf, ob es der Vorsteherschaft möglich sein werde, himsichtlich einheitlicher Durchführung der Aufstellung, gewissenhafter Erhaltung, regelmässiger Buchung, Bestimmung und Katalogisierung, sowie der wissenschaftlichen Verwertung alle im Interesse des Museums liegenden Bedingungen zu erfüllen. Die Vorsteherschaft hat diese Frage als eine dringende erkennen müssen und hat daher die nötigen Schritte gethan, um die Anstellung eines Konservators der Sammlung zu befürworten und in die Wege zu leiten. Die Vorsteherschaft des Museums für Völkerkunde bestand im Berichts- jahre aus den Herren: Veers, Joh. Heinr., Privatmann, Vorsitzender. Weidmann, Konrad, Maler. Karutz, Heinr. Ludw. Matth. Rich., Dr. med. Behn, Carlos, Konsul. Sartori, Aug. Heinr. Andr, Professor. Schulze, Franz Louis Karl, Dr. phil, Direktor der Navigations- schule. Am 20. Oktober 1897 übernahm turnusmässig an Stelle des Herrn J. H. Veers Herr ©. Weidmann den Vorsitz. Die Neu-Erwerbungen des Jahres 1897 stellen sich, in Geschenke, Tauschobjekte, Überweisungen unter Vorbehalt des Eigentumsrechts und Ankäufe geordnet, wie folgt zusammen: I. Geschenke: Von Frau Konsul Pasedag-Lübeck: Zehn Hefte mit gemalten Blumen, Früchten etc. aus Java, drei Stücke Schildpatt aus der Südsee, eine japanische Angelruthe, ein japanisches Bilderbuch, ein japanischer Quirl, ein chinesisches Rasiermesser, ein Armband aus Pfirsichkern (Amoy), ein chinesisches Boot aus Pfirsichkern, ein Becher aus Baum- farrenholz (Formosa), ein chinesisches Schulbuch, ein chinesisches Riechkissen, ein chinesisches Armband aus Fruchtkernen, eine chinesi- sche Kette aus Fruchtkernen, zwei chinesische Visitenkarten, ein chi- nesisches Kash, ein Becher aus Hainan, ein chinesischer Kompass, vier Muschelangelhaken aus der Südsee, ein Modell von Japan-Schuhen, is eine Cigarrentasche aus Manilla, eine Tabakstasche aus Japan, ein japanisches Handtuch, eine Mütze aus Persien, zwei chinesische Schiffsbilder, ein chinesisches Geschichtenbuch, zwei gemalte Tafeln mit Fischen, eine gemalte Tafel mit chinesischen Volkstypen, eine gemalte Tafel mit chinesischen Soldaten, eine gemalte Tafel mit chinesischen Schiffen, eine Schlafdecke aus Formosa, achtzehn Photo- graphien aus China, zwölf Photographien aus Manilla, Formosa, Japan, Siam, fünf Photographien aus Japan, ein Satz Specksteingefässe, ein chinesisches Schloss, ein chinesischer Spiegel, ein indisches Körbchen, eine Flöte aus Japan, verschiedene Papierproben, ein Riechkissen, Malerpinsel. Von Herrn Th. Sartori-Lübeck: Ein finnisches Bauernmesser in Leder- besteck mit kunstvoller Arbeit. Von Herrn ©. Spalkhaver-Lübeck: Zwei mit Perlen bestickte Zeuggürtel, angeblich aus Amerika stammend. Von Herrn Dr. phil. Lüders-Oxford: Ein paar gestickte Schuhe (westliches Indien), ein paar gestickte Schuhe (westliches Indien), ein paar Leder- sandalen (westliches Indien), eine bemalte Holzvase (Kaschmir), eine Statuette aus Alabaster (Hanumat darstellend) (Indien), eine Bambus- röhre, durchlöchert, um Zeichnungen mittelst Sand ete. durch rollende Bewegung auf den Fussboden zu malen (Madras), eine Bambusflöte aus Bombay, eine Bambusflöte, Pillagovi (Indien), ein Palmblattkorb (Madras), ein Palmblattkorb, gefärbt, (Madras), sechs Zeugpuppen (Indien), eine Strohrolle zum Aufsetzen irdener Töpfe (Bengalen), eine Rattanrolle zum Aufsetzen irdener Töpfe (Madras), ein Kästchen mit getr. Reis, beim Opferdienst gebräuchlich (Bengalen), zwei Opferkörb- chen aus Rattan (Bengalen), zwei Holzpflöcke mit bunten Rosetten, Ohrschmuck (Centralindien), ein Rosenkranz aus Beeren (Benares), ein Rosenkranz aus Holz der’ heil. Tulsi-Pflanze (Benares), ein Seiten- stein, der Griffel der indischen Schule, zwölf Palmblätter mit Schrift- zeichen, zum Schulgebrauch, eine Matte, auf denen die Schüler sitzen, Halmgeflecht der Cyperus tegeta, ein Bündel beschnittener Palmblätter mit Schutzdeckeln, zum Beschreiben, ein Packet Arsenikpapier für Dokumente (Bengalen), ein Packet blaues Schreibpapier, ein Packet farbiges feines Papier zur Drachenfabrikation, ein Packet Satgong- papier (Bengalen), drei Packete Papier aus Pflanzenstengeln (Bengalen), ein Packet Papier Muräd S’äi (Bengalen), ein Packet Papier Khatölä (Bengalen), ein Packet Papier, enthaltend sechs Sorten Schreibpapier (Nagpur), fünf Tafeln mit Bildern auf Glimmer, schöne Bemalung aus Kultur und Religion (Südindien), ein Satz von 17 feinen, ineinander 127 passenden, lackierten Holzdöschen (Indien), zwölf Armbänder aus ver- ziertem farbigen Glas (Bengalen), ein Götzenaltar, Holzschnitzerei mit vielen Figuren, Darstellung des Himmels, Avalokites’ vava’s genannt (Japan), zehn Armbänder aus schwarzem Glas (Bombay), sechs Arm- bänder aus grünem Glas (Bombay), acht Armbänder aus lackiertem Glas (Bengalen), neun Armbänder aus lackiertem Glas (Rajputana), vier Kupfermünzen vom Congostaat, eine Schachtel Congreve'scher Streichhölzer (England), zwei Becher aus Kuhhorn (Oxfordshire, Eng- land), zwei Polizeiknüppel aus Holz (England). Von Herrn Hauptzollamtsassistent Quistorff-Lübeck: Zwei Banderillas, mit bunten Papierstreifen geschmückte Holzstöcke, bei Stiergefechten ge- bräuchlich (Spanien).r Von Frl. M. Stiehl-Lübeck: Ein paar finnische Bauernschuhe. Von Herrn Professor Stiehl-Lübeck: Ein paar finnische Schlittschuhe. Von Herrn Dr. med. Binder's Erben-Lübeck: Ein Dolchmesser (Westafrika), eine Lanze (z. Zt. unbestimmter Herkunft), ein Blasrohr mit sechs Pfeilen (Borneo). Von Herrn August Lerchen-East London, Kapland: Zwei Halsschmucke mit Perlenstickerei (Kaffernland), ein Halsschmuck aus „Hiobsthränen“ (Kaffernland), eine Tabakpfeife aus Holz (Kaffernland), eine Kale- basse mit Perlenverzierung (Kaffernland). Von Frau Revierförster Hoffmann-Lübeck: Eine Stickerei aus Lima (Peru). Von Herın Stabsarzt Dr. Berg-Posen: Drei Stossspeere der Wahehe, Deutsch- Ostafrika, sieben Wurfspeere der Wahehe, Deutsch-Ostafrika, zwei Speere der Waturu, Deutsch-Ostafrika, vier Speere der Wanjamwezi, Deutsch- Ostafrika, zwei Speere der Wasagara, Deutsch-Ostafrika, ein Speer der Wasukuma, Deutsch-Ostafrika, zwei Elefantenspeere der Usandani, Deutsch-Ostafrika, ein Schild der Wahehe, Deutsch-Ostafrika, ein Schild der Wagogo, Deutsch-Ostafrika, ein Schild der Wasangi, Deutsch- Ostafrika, zwei Schilde der Mässai, Deutsch-Ostafrika, ein Schild der Wataturu, Deutsch-Ostafrika, drei Streitkeulen der Wataturu, Deutsch- Ostafrika, ein Bogen der Wataturu, Deutsch-Ostafrika, Bogen (klein) der Wagogo, Deutsch-Ostafrika, ein Stock der Wahehe, Deutsch-Ost- afrika, ein Stock der Waziba, Deutsch-Ostafrika, zwei Stöcke aus Nil- pferdhaut (Kiboko), Deutsch-Ostafrika, ein Stück rohe Nilpferdhaut, Deutsch-Ostafrika, zwei Musikinstrumente (Kinanda’s), Deutsch-Ostafrika, zwei Ebenholzstöcke aus Lindi, Deutsch-Ostafrika, eine Keule der Zulu, Deutsch -Ostafrika, ein Schwert der Massai, Deutsch-Ostafrika, ein Köcher mit 34 Pfeilen der Wasandani, Deutsch-Ostafrika, ein Köcher mit 20 Pfeilen der südlichen Massai, Deutsch-Ostafrika, zwei Holzpfeile 123 der Nyangai, Deutsch-Ostafrika, zwei silberne Armbänder der Suaheli- frauen, Deutsch-Ostafrika, en Saugröhrchen zum Trinken der Pombe (vom Victoriasee), Deutsch-Ostafrika, zwei Holzfiguren, rohe Schnitzerei (vom Küstenlande), Deutsch-Ostafrika, zwei Speere der Wagogo. Von Herrn Gustav Pauli-Berlin: Eine Tasche aus Candia, eine Tasche aus Marokko, eine Tasche aus Bolivia, ein Leibgurt aus Slavonien, ein Tabaksbeutel aus Ungarn, ein Tabaksbeutel aus Constantinopel, ein Schurz aus Assuan, Oberägypten, ein Kopfband aus Guatemala, zwei Leibgurte aus Guatemala, sechs verschiedene Tücher aus Gua- temala, ein Tuch aus Birma, ein Peitschenstiel aus Peru, eine Peitsche aus Jamaica, eine Peitsche aus Java, zwei Leibgurte aus Bolivia, ein paar Handschulie aus Persien, ein Stück Zeug aus Bitlis (Turkestan), ein Stück Zeug von der Tagulanda-Insel, eine Matte von der Samoa- Insel Manono, eine Matte von der Java-Insel Barean, ein Schwanz des Yak (Hoheitszeichen), Insel Lahore. Von Herrn Professor Aug. Sartori-Lübeck: Eine chinesische Speisenkarte, ein ägyptischer Brief. Von Herrn Steuermann Peters-Lübeck: Zwei Trommeln aus bemaltem und gebranntem Thon, Marokko. Von Frau Kapitän Lorenz-Lübeck: Ein Holzspeer (wahrscheinlich Neu- Pommern, Südsee). Von Herrn Lissauer-Lübeck: Ein paar türkische Pantoffeln. II. Tauschobjekte: Vom Völkermuseum in Hamburg gegen zwei Tanzstöcke von den Marschall- Inseln: Ein Zahn-Meissel der Indianer von Paraguay, zwei geflochtene korbähnliche flache Ringe von den Kei-Inseln, eine Tanzrassel von den Kei-Inseln, ein Frauenkleid (Palmbastgeflecht) der Bakongo (Centralafrika). c Ill. Überweisungen unter Vorbehalt des Eigentumsrechts: Von Herrn Konsul Carlos Behn-Lübeck: Die in Thon modellierten Büsten des Kaisers Maximilian von Mexiko, der mexikanischen Generale Miramon, Mexia, der Präsidenten und Minister Corona, Escobedo, Lerdo de Tajada, Galvan, Portirio Diaz, Hidalgo, Delgado und Cleve- land. Ein Modell eines vollständigen mexikanischen Sattel- und Zaum- zeuges, feine Lederarbeit mit Silberbeschlag, nebst Hutmodell des Reiters, ein Modell des berühmten Aztekenkalenders. IV. Ankäufe: Von Herrn ©. A. Pöhl-Hamburg: Ein Balafo, Musikinstrument der Fulbe, ein Musikinstrument (westafrikanisch), ein Kanoemodell von den 129 Matty-Inseln, drei Keulen von den Matty-Inseln, eine Axt aus Schild- krötenschale von den Matty-Inseln, ein Fischspeer von den Matty- Inseln, zwei Speere von den Matty-Inseln, eine Holzschüssel von den Matty-Inseln, zwei Paddel-Ruder von den Matty-Inseln, sieben Speere von Matty und der Insel Nusa, zwei indische Streitäxte, eine indische Paradeaxt (hammerartig), ein indischer Dolch (tauschiert), ein indischer Dolch (Khuttar), ein indisches Schwert (ciseliert), ein indisches Schwert (eiseliert, sichelförmig gekrümmt), ein indisches Schwert mit gebogener Klinge, ein indisches Schwert mit geflammter Klinge und tauschiert, ein indisches Musikinstrument: Guitarre. Von Herrn Thies-Lübeck: Ein Haussaschwert. Durch Herrn Dr. med. Karutz-Lübeck erworben: Eine Sammlung baskischer Gegenstände: Eine gezähnte Sichel, drei Barette, ein Leibgurt, zwei Garnwickler, zwei Flöten, ein Horn mit Pinsel, ein Wurfkorb, ein Musikinstrument, ein Ball, zwei Knarren, ein Modell vom Wagen, ein Modell vom Schlitten, eime Lampe, ein Topf mit Tragring, ein Quirl, ein Stock aus St. Jean Pied de Port (Basses pyrenees), zwei Layas, ein geschnitztes Brett zum Umwickeln von Wachslichten, ein Holzkasten zum Umwickeln von Wachslichten, ein Spinnrocken mit zwei Spindeln, ein paar Schuhe, ein Tuch und ein Strick, ein paar Schuhe aus Manilahanf, ein Tuch, eine geschnitzte Truhenwand, ein Tuch zum Halten der Haarfrisur bei Frauen aus Bayonne, ein Paar Holzschuhe, em Hut für Pferde, eine Tabakpfeife. Jahresbericht des Naturhistorischen Museums über das Jahr 1896. Das letzte Verwaltungsjahr nahm einen ungewöhnlich ruhigen Ver- lauf. Die Zuwendungen von auswärts erreichten an Zahl und Umfang nicht diejenigen des Vorjahres Herr Kapt. H. Storm, unser eifrigster Sammler, hatte seinen Aufenthalt geändert, Herr J. Blöss in Kl. Popo war leider dem Klima zum Opfer gefallen, auch unter den übrigen Herren waren manche durch persönliche Umstände verhindert gewesen, in gleicher Weise wie früher unseres Museums zu gedenken. Dafür waren in anderen Gegenden neue Freunde erstanden. Herr Konsul Herm. Grösser sandte eine Anzahl Tiere der Marschalls-Inseln ; Herr Ernesto Günther in Sorata (Bolivien) hatte wiederum in rastlosem Eifer eine grosse Sammlung, die mannigfachsten Gruppen der Tierwelt umfassend, zusammengestellt; ins- besondere Schmetterlinge, Geradflügler und Schlangen. Auch die interessante Fischfauna des Titicaca-Sees war durch mehrere Arten vertreten. Das Naturhistorische Museum ist Herrn Ernesto Günther für die, bei dieser 9 130 wertvollen Sendung wiederum bewiesene Umsicht zu ganz besonderem Danke verpflichtet. Herr Steuermann Kayser, von dem das Museum bereits mehrfach Sendungen aus Hinterindien erhielt, benutzte seine Fahrten an den chinesischen und japanischen Küsten, um uns mit einer hübschen und sorgfältig präparierten Sammlung dortiger Schmetterlinge zu erfreuen. Eine weitere Sendung aus Japan, Glas- und andere dortige Schwämme umfassend, ging dem Museum von Herrn Paul Schramm in Yokohama zu. Von Herrn Julius Eisleben in Mozambique erhielten wir mehrere kleine Sendungen Meeresalgen, sowie eine Anzahl von Eidechsen und Insekten. Herr Stabsarzt Dr. Berg erfreute uns durch selbst gesam- melte Tiere der deutschen Schutzgebiete in Ost-Afrika und ergänzte dadurch seine früheren Sendungen. Herr Privatier Spalkhaver hierselbst überwies dem Museum seine umfangreiche Sammlung von Mineralien und ver- steinerten Hölzern. Die Sammlung enthält manch schönes Stück und hat ausserdem besonderen Wert dadurch, dass sie aus älterer Zeit und zum Teil von jetzt nicht mehr vorhandenen Fundstellen stammt. Diesen, sowie allen übrigen Schenkgebern auch an dieser Stelle noch- mals ein herzlicher Dank! Im Austausch mit auswärtigen Sammlern und Museen konnte manches uns Fehlende erworben werden. So erhielten wir durch Vermittelung des Herrn Prof. W. Leche in Stockholm zahlreiche Crustaceen, Echinodermen und andere wirbellose Meerestiere von Spitzbergen und Schwedens West- küste; von Herrn Prof. A. Fritsch m Prag eine Reihe von Versteinerungen aus den verschiedenen Schichten Böhmens; von Herrn Prof. Schmidt- Hagen (Westfalen) einige interessante Versteinerungen des dortigen Devon. In Folge eines besonderen Abkommens zwischen der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Thätigkeit und dem hiesigen zoologischen Garten des Herrn Wache wurde dem Museum bereits eine Anzahl inter- essanter Tiere, darunter mehrere Affen aus Ostafrika, ein Stachelschwein und anderes mehr abgeliefert. Eine, teils vom Hohen Senat, teils von der Gesellschaft zur Beför- derung gemeinnütziger Thätigkeit gewährte besondere Unterstützung setzte das Naturhistorische Museum in den Stand, sich an einer von mehreren Museen der deutschen Küstenländer unternommenen Fischereiausstellung auf der Gewerbeausstellung in Berlin 1896 gleichfalls in entsprechender Weise beteiligen zu können. Das Herbarium wurde durch den Ankauf des vom Medizinalrat Dr. Griewauk in Bützow hinterlassenen sehr umfangreichen und gut er- haltenen Herbarium europaeum vermehrt. Die durch private Unterstützung möglich gemachte Erwerbung ist um so wertvoller, als die in der genannten 131 Pflanzensammlung enthaltenen Exemplare zum grössten Teil von Fund- orten stammen, welche bislang in unserer Pflanzensammlung nicht ver- treten waren. Auch im verflossenen Jahre ward das Herbarium mehrfach von aus- wärtigen Botanikern zu ihren Studien benutzt, teils hier von ihnen ein- gesehen. Insbesondere geschah dies von den Herren Prof. Dr. Schinz- Zürich, Prof. Buchenau-Bremen, Major z. D. Th. Reinbold-Itzehoe, R Schlech- terer-Berlin und Apotheker Friderichsen in Hoyer. Der letztere hatte die Freundlichkeit, die sämtlichen, zwölf Packete umfassenden Arten der Gattung Rubus einer erneuten Revision zu unterziehen. Dem Herbarium in Kew wurden auf Ersuchen für seine Neubearbeitung der Flora des Caplandes die Gräser, Oyperaceen und Restiaceen zur Benutzung überlassen. Unser langjähriges, korrespondierendes Mitglied Dr. F. Klatt in Ham- burg, dem das Herbarium für eine Reihe von ihm ausgeführter Bestim- mungen von Compositen zu hohem Dank verpflichtet ist, und der noch vor kurzem solche aus der Südsee bearbeitet hatte, ward uns durch den Tod entrissen. Wir empfinden diese Lücke in den Förderern unserer Sammlungen schmerzlich. Die Vorsteherschaft wird dem Entschlafenen stets ein ehrendes Andenken bewahren. Die Sammlung von Geschieben aus der näheren und weiteren Um- gebung Lübecks ward auch im verflossenen Jahre wiederum von Herrn Dr. med. Struck aufs Eifrigste vermehrt und in einigen neuen Schaukästen zur Anschauung gebracht. Der Verkehr mit auswärtigen Museen und einzelnen Gelehrten ward in reger Weise unterhalten. ‚Aus der zoologischen Abteilung wurde Material zu Studienzwecken übersandt an die Museen in Berlin, Hamburg und Wien, sowie an die Herren Prof. Dr. Wilh. Blasius-Braunschweig und Dr. J. G. de Man-Jerseke. An Publikationen sind darüber erschienen: W. Blasius: Vögel von Pontianak (West-Borneo), gesammelt von Kapt. Storm, in: „Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft und des Naturhistorischen Museums in Lübeck.“ II. Reihe. Heft 10 und 11. Ss. 90—145. v. Koschitzky: Die Käfer Lübecks. II. Ebendaselbst. S. 80—89. H. Lenz: Einige Bemerkungen über das Spitzkrokodil von Borneo mit 1 Tafel. Ebendaselbst. S. 146—148. J. G. de Man: Die von Kapt. Storm gesammelten Orustaceen. Teil I—V in Zoolog. Jahrb. Bd. IX. R. Schlechterer: Die Dregeschen Asclepiadaceen im Ernst Meyer'schen Herbarium des Lübecker Museums im Botan. Centralblatt 1897. 9# 132 Für die unserm Museum durch diese Veröffentlichungen geleisteten Dienste sind wir den genannten Herren zu besonderem Danke verpflichtet. Über die umfangreichen, meist durch Austausch mit auswärtigen Instituten, gelehrten Gesellschaften und Vereinen erworbenen Zugänge unserer Museumsbibliothek giebt das angehängte Verzeichnis Auskunft; hier möge der Dank für das bewiesene Entgegenkommen Platz finden. Neben der Einordnung der neuen Zugänge ward die weitere Durch- bestimmung der Öonchyliensammlung fortgesetzt; die Pteropoden und Cirri- pedien wurden einer Revision und Neuordnung unterzogen. Bei der Be- stimmung der Schwämme erfreute sich das Museum der in freundlichster Weise geleisteten, sachkundigen Hülfe des Herrn Dr. Weltner-Berlin. Eine völlig veränderte Aufstellung der Schwämme unter Zuhülfenahme eines neuen Schrankes ermöglichte es, die interessanten Wachstumsverhältnisse der s. g. Neptunsbecher (Poterion Neptuni) in anschaulicher Weise zur Darstellung zu bringen. Für die, namentlich durch die umfangreichen Sendungen der Herren Günther und Kapt. Storm stark vermehrte Samm- lung der Reptilien und Amphibien musste gleichfalls ein weiterer Schrank hinzugefügt werden. Die Fischsammlung erfuhr durch die von Herrn Augenarzt Jatzow eilrig fortgesetzten Bestimmungen der Wessel'schen Sammlung, sowie durch die von Herm Dr. Voeltzkow von den ostafrikanischen Gewässern gesandten Meer- und Süsswasserische eine bedeutende Bereicherung. Der Konservator, durch die ihm nach dem Tode des Herrn Konsul Grupe mit dem 1. April übertragenen Geschäfte der allgemeinen Museums- verwaltung vielfach in Anspruch genommen, musste von grösseren Spezial- arbeiten absehen und sich auf die Konservierung, die Einreihung und Bestimmungen der für die verschiedenen Gruppen eingegangenen Tiere be- schränken. Unterstützt wurde derselbe auch im verflossenen Jahre von den Lehrern Herren J. Westphal, K. Strunck und bis Anfang November W. Lange; an die Stelle des letzteren ist Herr Lehrer B. Dühring getreten. Besucht wurde das Museum im Jahre 1896 von 22934 Personen. Der besuchteste Tag war der zweite Pfingsttag mit 710 Personen. Die laufenden Ausgaben stellten sich wie folgt: für Neuanschafftungen . . ... ....# 41950 Schränke und Einrichtungen . . = 1131,49 Ausstopfen.; .. . .. War. 22.0. Sur) Oz SR 39 PILLS RAR EEE RER STH LIKE 88,95 das. klerbanıume em er ar = Potti\undRrachtenure nr SEO : Bücher und Zeitschriften . . . . = 440,40 fürs Gehalterundllöhner 2 22277790.2310,35 Druckkosten re 19,12 SNDILTErSCSHEn ee ee oil ‚4901,69 Beitrag der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Thätigkeit . . . A 4800,— Für Doubletten, Zinsen etc. . . .. = 86,71 Fehlbetrag : 14,98 Der kleine Fehlbetrag von 4 14,98 ward auf das Jahr 1897 über- nommen. An Stelle des aus dem Vorstande ausscheidenden Herrn Prof. Dr. Küstermann wurde Herr Major v. Koschitzky erwählt. Herr Privatier H. Hasse übernahm den Vorsitz. Verzeichnis der neuen Erwerbungen. A. Geschenke. Zoologische Abteilung. Von Herrn Konsul Herm. Grösser-Hamburg: Eine Anzahl Fische, mehrere Dintenfische, Krebse und Haarsterne von Jaluit (Marschalls-Inseln). Von Herrn W. Meyer hier: Ein rotgesprenkelter Blondinettentäuber, ein Schwarzschildmövchen. Von Herrn Ernesto Günther-Sorata (Bolivien): Zwei kleine Affenbälge, ein Fuchs, Kopf eines Zwerghirsches, ein Stachelschwein, mehrere Schlangen- häute, drei Eidechsen, elf Schlangen und zahlreiche Insekten, Spinnen, Tausendfüsser u. s. w. in Spiritus. 135 Schmetterlinge in 63 Arten. Sechs Fische in 4 Arten (Trichomycterus rivulatus ©. V., Orestias euvieri ©. V., pentlandii ©. V. und jussiei ©. V.) aus dem Titicacasee. Von Herrn Steuermann Kayser: Vier Kasten mit chinesischen und japani- schen Schmetterlingen. Von Herrn Julius Eisleben-Mozambique: Drei Eidechsen (Agama mossam- bica), ein Chamäleon, einige Skorpionen, Tausendfüsser und zahlreiche Insekten, besonders Käfer und Geradflügler, ausserdem zwei Skorpione von Beira. Von Herrn F. Peckelhoff hier: Nest eines Zaunkönigs. Von den Schlutuper Fischern Wilh. und Hinr. Voss und Hans Willwater eine nordische Meeräsche (Mugli-chelo), mit der grossen Bretlingswade in der Niendorfer Wiek gefangen. 134 Vom Fischer Herrn W. H. Detlev-Schlutup: Zwei kleine Dornhaie aus der Niendorfer Wiek. Von Herrn P. Derlien-Schlutup: Ein Pärchen vom weissen Säger (Mergus albellus). Von N. N. aus Hamburg: Ein Albatros und eine Sturmschwalbe. (Fund- ort unbekannt.) Von Herrn Paul Schramm-Yokohama: Drei Glasschwämme (Hyalonema Siboldi) und zwei Hornschwämme (Spinosella sp.) aus Japan. Von Herrn Buchhalter Schmidt-Schlutup: Ein Ohrensteissfuss (Podiceps auritus). Von Herrn Stabsarzt Dr. Berg-Ostafrika: Zwei Fledermäuse: (Hipposideros caffer, Sund; Epomophorus comptus, Allen) juv. 12 Vogelbälge, 12 Schlaugen, 6 Eidechsen: Pachydactylus bibronii, Smith; Chamaeleon dilepis, Leach; Zonurus cordylus, L; Geocalamus modestus Gthr. 100 Käfer, 25 Insekten anderweitiger Ordnungen, diverse Spinnen, 3 Tausendfüsser, 7 Skorpionen. Von Herrn Steuermann Rust hier: Ein fliegender Hund (Pteropus con- spicillatus, Gould) aus Tasmanien. Von Frau Ed. Tegtmeyer: Eine gelbe Fächerkoralle und eine rote Horn- koralle aus West-Indien. Von Herrn Aug. Westphal-Bahia: Drei grosse Kalkkorallen (Millepora aleicornis), eine Hornkoralle, eine Eidechse, vier Frösche, zwei Fische. drei Süsswassergarneelen und eine grosse Heuschrecke. Von Herrn Johs. Klempau hier: Ein Stieglitz. Von Herrn Rob. Stemhagen hier: Zwei Wellensittiche. Vom zoologischen Garten hier: Ein brasilianischer Storch (Ciconia maguari), eine rotgrüne Meerkatze (Cercopithecus rufo-viridis) aus Ost-Afrika, ein grosser Brahmaputrahahn, zwei Viscacha (Lagostomus tridactylus), ein Stachelschwein (Hystrix cristata), ein Musang (Paradoxurus leu- comystax) von Borneo (Kapt. Storm), ein Känguruh und ein Kakadu (Cacatua sulphurea Gm.). Herbarium. Von Herrn Jul. Eisleben: Zwei Packete Meeresalgen von Mozambique. Mineralogisch-paläontologische Abteilung. Von Herrn Prof. Buchenau-Bremen: Ein Stück Itakolumit. Von Herrn Konsul L. Ehrtmann-Noworossiisk (Süd-Russland): Ein Mam- muthbackenzahn. Von Herrn Revierförster Claudius-Behlendorf: Zwei Brauneisensteinknollen. 155 Von Herrn Spalckhaver hier: Eine grosse Sammlung von Mineralien, Ver- steinerungen, angeschliffenen Marmorplatten von Blankenburg am Harz und fossile Hölzer von Coburg. Von Herrn Jul. Siemssen-London: Mehrere Versteinerungen von Folkestone. Von Frl. Ada Asschenfeldt: Zwei Stufen Chalcedon (roh und geschliffen) aus Argentinien. - Von Herrn G. Werner hier: Ein Stück fossiles Holz vom Kyfthäuser. B. Durch Tausch erworben: Von Herrn Prof. Fritsch-Prag: Eine grosse Anzahl Versteinerungen aus verschiedenen Schichten Böhmens. Von Herrn Prof. Schmidt-Hagen (Westfalen): Diverse Versteinerungen, namentlich aus dem dortigen Devon. Von Herrn Prof. Leche-Stockholm: Eine grosse Anzahl Echinodermen, Crustaceen und Spongien von Spitzbergen, den norwegischen und schwedischen Küsten. Von Herrn Prof. Andreae-Hildesheim: Eine Faraglioni-Eidechse von Capri. ©. Angekauft wurden: Das grosse von dem verstorbenen Medizinalrat Dr. Griewank in Bützow hinterlassene Herbarium europaeum. Die Bibliothek wurde um folgende Werke vermehrt: 1. Durch Geschenke: Von der Kommission zur wissenschaftlichen Untersuchung der deutschen Meere in Kiel: Wissenschaftliche Meeresuntersuchungen. Neue Folge, Band I. Heft 1. Abt. 1. Kiel 1896. 2. Durch Schriftenaustausch: Berlin, Gesellschaft naturforschender Freunde: Nichts eingegangen. Bonn, Naturhistorischer Verein für das Rheinland und Westfalen: Ver- handlungen. Jahrgang 52,2 und 53,1. Bonn, Niederrheinische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde: Sitzungs- berichte 1895,2. 1896,1. Bremen, Naturwissenschaitlicher Verein: Abhandlungen, Band XIV, 2. Breslau, Schlesische Gesellschaft für vaterländische Kultur: Jahresberichte von 13894—1896. 73. Jahresbericht mit Ergänzungsheft. Danzig, Naturforschende Gesellschaft: Nichts eingegangen. Danzig, Westpreussisches Provinzialmuseum: Bericht 1895. Dresden, Naturwissenschaftliche Gesellschaft „Isis“: Sitzungsberichte und 136 Abhandlungen, Jahrgänge 1894 und 1895, Juli bis Dezember. 1896, Januar bis Juni. Frankfurt a./M., Senckenbergische naturforschende Gesellschaft: Nichts ein- gegangen. Frankfurt a/O., Naturwissenschaftlicher Verein für den Regierungsbezirk Frankfurt: Helios. 14. Jahrg. 1897. Societatum Litterae. 10. Jahrg. 1897. Giessen, Oberhessische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde: 31. Bericht 1896. Greifswald, Naturwissenschaftlicher Verein für Vorpommern und Rügen: Mitteilungen, 28. Jahrg. 1896. Halle, Leopoldina: Nichts eingegangen. Hamburg, Naturwissenschaftlicher Verein: Abhandlungen, Band XIV, 1896. Verhandlungen, 3. Folge IV, 1897. Hamburg, Naturhistorisches Museum: Mitteilungen, Heft XIII, 1896. Hamburg, Verein für naturwissenschaftliche Unterhaltung: Nichts ein- gegangen. Hildesheim, Römer-Museum: Mitteilungen Nr. 6, 1896. Nr. 8, 1897. Kassel, Verein für Naturkunde: Bericht 41 für 1896. Kiel, Naturwissenschaftlicher Verein für Schleswig-Holstein: Schriften, Band XI 1. Königsberg, Physikal.ökonom. Gesellschaft: Schriften, 36. Jahrgang 1396. Offenbach, Verein für Naturkunde: Nichts eingegangen. Osnabrück, Naturwissenschaftlicher Verein: 11. Jahresbericht 1896. Regensburg, Naturwissenschaftlicher Verein: Berichte, V. Heft für 1894 und 1895. Wiesbaden, Nassauischer Verein für Naturkunde: Jahrbücher, Jahrg. 49, 1396 und Jahrg. 50, 1897. Z/Zwiekau, Verein für Naturkunde: Jahresbericht für 1895. Wien, K. K. Zoolog.-botan. Gesellschaft: Nichts eingegangen. Wien, K. K. Naturhistorisches Hofmuseum: Annalen, Band XI, 3 bis 4 1896. Triest, Museo civico di storia naturale: Nichts eingegangen. Budapest, Publikationen des K. Ungar. Nationalmuseums. Vol. X VIII, 3—4, 1896, XIX. 1—4, 1897. Bern, Naturforschende Gesellschaft: Nichts eingegangen. Zürich, Naturforschende Gesellschaft: Vierteljahrsschrift, 41. und 42. Jahrg. 99. Neujahrsblatt. Amsterdam, Koningl. Akademie von Wetenschapen: Zittingsverslagen at d. Naturk. Jahrg. 1896. 157 Haarlem, Musee Teyler: Archives, Ser. II. Vol. V, 2. Stavanger, Museum. Aarsberetning for 1895. Bergen, Museum: Aarbog 1896. Stockholm, Königl. Schwedische Akademie der Wissenschaften: Bihang, Abt. III und IV. Vol. 21, 1896. Upsala, Geological Institution: von der königl. Universitäts- Bibliothek: Zoologiska Studier; Festschrift für Wilh. Lilljeborg 1896. Tromsö, Museum: Nichts eingegangen. Riga, Naturforscher-Verein: Korrespondenzblatt 39, 1896. Helsingfors, Societas pro Fauna et Flora fennica: Acta, Vol. XI, 1895. Vol. 12 und 13, 1396. Meddelanden 22, 1896. Boston, Amer. Academy of arts and sciences: Proceedings N. S. Vol. 23 und 24, 1896. Cambridge, Museum of comparative Zoology: Nichts eingegangen. Milwaukee, Public Museum of the City: 14. Annual Report 1895/96. New-York, Academy of Sciences: Nichts eingegangen. New-York, State Library: Nichts eingegangen. New-York, American Museum of Natural History. Central-Park: Annual Report XXVII, 1395, Bulletin, Vol. VIII, 1896. Rochester, N. Y. Proceedings of the Academy of Science, Vol. III, Heft 1. 1896. Philadelphia, Academy of natural Sciences: Proceedings 1896, part 1—2. Philadelphia, Wagner free Institute of Science: Transactions Vol. IV, 1896. Washington, Smithsonian Institution: Annual Report for 1894. Proceedings of the U. S. Nat. Mus. Vol. 17, 1894. 18, 1895. Report of the National-Museum 1893. Departement ot Agriculture: Bulletin Nr. 11 und 12. Bendire: Life histories of N. Amer. birds. Washg. 1895. Goöde and Beau: Oceanie Ichtyology. 2 Vols. Washg. 1895. San Jose, Republica de Costa Rica, Museo nacional: Estudos sobra las Hormigas de Costa Rica por Carlos Emery. San Jose 1894. Tusts College, Mass. U. S. A. Studies Nr. IV. Sept. 1895. Buenos Aires, Museo nacional: Tom IV. 1895. Montevideo, Anales del Museo Nacional: Anales IV, V und VII 1896. WAL, akeko)rr. Santiago, Deutscher wissenschaftlicher Verein: 11. Jahresbericht 1896. Batavia, Kon. Naturkundige Vereenigung in Nederlandsch Indie: Tijdschrift, Deeln5541895: Sidney, Royal Society of N.S Wales: Journal and Proceedings Vol. XXIX. 183. 138 Sidney, Australian Museum: Records Vol. III, Nr. 1, 1897. Memoir III, Nr. 1 und 2, 1897. 3. Angekauft wurden: Kirby, Handbook of the order Lepidoptera Vol. I—-IV. London 1894—96. Zoological Record, Vol. XXXII for 1895. London 1897. Verschiedene kleine Schriften und Separatabdrücke, insbesondere über Crustaceen und Arachniden. Die Fortsetzungen von: Martini und Chemnitz, Conchylien-Oabinet. Archiv für Naturgeschichte. Nachrichtsblatt der deutschen Malakozoologischen Gesellschaft. Entomologische Nachrichten, herausgegeben von Karsch. Zoologische Jahrbücher, herausgegeben von J. W. Spengel. Zoologischer Anzeiger, herausgegeben von J. V. Carus. Bibliotheca zoologica. Berliner Entomologische Zeitschrift. Notes fr. the Leyden Museum. Jahresbericht des Naturhistorischen Museums für das Jahr 1897. Im verflossenen Verwaltungsjahre konnte die Hauptthätigkeit auf die Durcharbeitung und weitere Ausgestaltung einzelner Museumsabteilungen verwandt werden, da die Zusendungen auswärtiger Freunde und Sammler nicht in so reichem Masse erfolgten, wie dies in früheren Jahren bisweilen der Fall gewesen war. Der Grund hierfür liegt zum Teil darin, dass mehrere unserer eifrigsten Sammler ihren Aufenthaltsort geändert und im neuen wenig Gelegenheit fanden, oder sich dort noch nicht so eingelebt hatten, dass sie unseres Museums in gewohnter Weise gedenken konnten. Auch der Tod hat eine empfindliche Lücke in den Kreis unserer Museums- freunde gerissen. Der langjährige Freund und eifrigste Förderer unserer Sammlungen, seit vielen Jahren unser korrespondierendes Mitglied, Herr Jakob Behrens in San Jose-Californien, ist im Alter von 73 Jahren aus dem Leben geschieden. Seit einer langen Reihe von Jahren fern unserer Vaterstadt, knüpften ihn dennoch bis zum letzten Augenblicke die innigsten geistigen Bande an dieselbe. Noch mit unserem hochverdienten Milde befreun- det und von ihm für die Insekten welt interessiert, hat ihn seine Liebe zu dieser auch in der Ferne nicht verlassen; umgeben von so vielen neuen Formen er- wachte sie vielmehr stärker und stärker. Die Beschäftigung mit den Insekten, insbesondere mit Käfern und Schmetterlingen, war seine Freude und Er- 139 holung. Mit allen namhaften nordamerikanischen Entomologen in Ver- bindung und stetem Austausch, gewann seine Sammlung nicht nur bald bedeutenden Umfang, sondern erlangte auch durch die von den ersten Autoritäten gemachten Bestimmungen, sowie durch die zahlreichen ihr einverleibten Originalexemplare und Typen einen hohen wissenschaftlichen Wert. Mit schwerem Herzen trennte sich Behrens bereits bei Lebzeiten von seiner Schöpfung und machte sie unserm Naturbistorischen Museum zum Geschenke Hier wusste er sie nicht nur gut geborgen. sondern auch nach ihrem Werte geschätzt. Das war sein Wunsch und die Gewissheit der Erfüllung diente ihm zur Beruhigung; wir aber haben die Verpflich- tung, den Schatz zu hüten und wissenschaftlich weiter zu verwerten. Ferner erhielt die Insektensammlung dieses Mal seitens des Museums für Naturkunde in Berlin reichlicher ausgefallene Zuwendungen aus den deutschen Schutzgebieten. Da es den Zwecken unserer Sammlung am meisten dienen konnte, solche Gegenden, wie Ost- und insbesondere Westafrika, welche bereits gut vertreten waren, noch weiter zu vervollständigen, so sind wir Herrn Geh. Rat Professor Dr. Moebius zu besonderem Dank ver- pflichtet, dass er unsern nach dieser Richtung hin kundgegebenen Wünschen nach Möglichkeit Rechnung zu tragen versuchte. Auch unsere einheimische Käfersammlung erfuhr eine wichtige Be- reicherung dadurch, dass Frau Dr. F. Nölting die Sammlung ihres ver- storbenen Mannes, des. langjährigen Freundes Mildes, unserm Museum zum Geschenk machte. In der erwähnten Sammlung sind manche in der. Umgegend Lübecks nicht mehr anzutrefiende Arten vertreten, andere stammen von jetzt verschwundenen Fundorten. Endlich sei erwähnt, dass Herr Kunstgärtner Hartwig uns eine nicht unbedeutende Sammlung exo- tischer und einheimischer Schmetterlinge überwies, unter denen besonders die farbenprächtigen indischen Arten von besonderem Werte sind. Auch durch Tausch konnte die Schmetterlingssammlung vermehrt werden. Eine Anzahl interessanter oder seltener südamerikanischer Arten erlangten wir auf diesem Wege von Herrn G. Weymer in Elberfeld. Herr Kaufmann Tegtmeyer hier erfreute uns durch Schwämme, Con- chylien und andere Meerestiere aus den tunesischen Gewässern, während Herr v. Minden höchst interessant- und eigentümlich geformte Bade- schwämme des adriatischen Meeres zum Geschenk machte. Herr Steuermann Stolterfoht brachte uns von Zanzibar den zoologisch hochinteressanten Schädel eines Dujong (Halicore dujong) mit. Durch Herrn Lieutenant zur See Titus Türk erhielt das Museum einen grossen Heringshai (Lamna cornubica) aus der Nordsee. 140 Die durch Fürsorge früher dort weilender Lübecker im Museum bereits gut vertretene Fauna Madagaskars ward durch die Herren Herm. Vorkamp und Gerh. Reuter um weitere Exemplare bereichert Unter den gesandten Tieren befand sich auch ein zweites Exemplar des merkwürdigen Fingertiers (Chiromys madagascariensis), gut in Spiritus konserviert. Die aus dem hiesigen Zoologischen Garten dem Museum erwachsenen Zuwendungen hörten leider mit dem Eingehen des Gartens auf. Eine ganz besondere Beachtung verdient in diesem Jahre unser Herbar. Abgesehen von einzelnen kleineren Ergänzungen erfuhr dasselbe eine hervorragende Bereicherung durch ein 1000 Arten umfassendes, von japanischen Gelehrten herausgegebenes Herbar dortiger Pflanzen. Dasselbe ward dem Museum von dem in Yokohama weilenden Kaufmann Joh. Georg Gust. Eschenburg zum Geschenk gemacht: Wir möchten diese Gelegenheit nicht unbenutzt lassen, dem hochherzigen Geber hier noch- mals unsern Dank auszusprechen. Die bisher wenig vertretene Flora West-Afrikas erfuhr eine Bereiche- rung durch die Erwerbung mehrerer Öenturien von Zenker im Hinterlande von Kamerun gesammelter Pflanzen. Unser Herbar, das zur Zeit etwa 35000 Arten Phanerogamen und 9000 Arten Oryptogamen umfasst, ist besonders reich an südafrikanischen Pflanzen und enthält bekanntlich auch das früher im Besitze des Prof. E. Meyer, Königsberg, befindliche Herbar mit den von Drege, Ecklon und Zeyher gesammelten Cappflanzen. Diesetwegen ward unser Herbar bereits wiederholt von auswärtigen Botanikern, welche sich mit der Bearbeitung der Flora des Caplandes beschäftigten, benutzt. In diesem Jahr entlieh za demselben Zwecke das Herbarium des Kew-Garden in England und das botanische Museum in Berlin mehrfach einzelne Familienfascikel, um sie für ihre Publikationen zu benutzen. Zu demselben Zwecke wurden eine Anzahl Meeresalgen Herrn Major v. Reinhold überlassen, auch nahm der genannte Algenforscher wiederholt in unserm Museum Einsicht in unser Algenherbar. Herrn Apotheker Friderichsen in Hoyer (Nord-Schleswig), dem Spe- zialisten für die so schwierige Gruppe der Brombeeren, wurden auf sein Ersuchen die sämtlichen Brombeeren unsers Herbars (12 Fascikel) für seine Studien leihweise überlassen. Herr Dr. Friedrich vervollständigte das Herbarium Lübeckischer Pflanzen durch eine Anzahl seltener oder neuer Arten und Varietäten. Herr Kapitän ©. A. Pöhl in Hamburg machte dem Herbar ein Geschenk von 62 Arten Farne, welche seinerzeit von Frau Amalie Dietrich in Australien gesammelt waren. 141 Die zahlreichen auch in diesem Jahre uns wiederum zugegangenen kleineren Geschenke finden sich in dem angehängten Verzeichnis auf- geführt. Allen denen, Einheimischen und Fremden, welche die Bestrebungen des Museums bereitwillig unterstützt haben, sagen wir auch an dieser Stelle nochmals unsern verbindlichsten Dank. Für die Deutsche Anthropologische Gesellschaft, welche in der ersten Augustwoche des vergangenen Jahres hier ihre Jahresversammlung abhielt, bildeten die anthropoiden Affen einen besonderen Anziehungspunkt und wurden dieselben von einzelnen Gelehrten zu wiederholten Malen nach verschiedenen Seiten hin einer gründlichen Untersuchung und Betrachtung unterzogen. Der Konservator hatte den auf diese Affengruppe bezüglichen Teil der vom Museum gemeinsam herausgegebenen Festschrift verfasst. Die von Herrn Kapitän Storm an den Küsten von Atjeh, Borneo, Celebes, Malakka und in der Javasee mit unendlichem Fleiss gesammelten Crustaceen wurden von dem, besten Kenner derselben in jenen Meeres- teilen, Herrn Dr. J. G. de Man in Jerseke (Niederland), bearbeitet. Die darüber in den Zoologischen Jahrbüchern veröffentlichten Publikationen sind jetzt vollständig erschienen und umfassen 185 Arten, von denen 24 mit 5 Gattungen für die Wissenschaft neu sind; dieselben sind auf den bei- gegebenen 14 Tafeln abgebildet. In den Belegstücken zu diesen Publi- kationen besitzt unser Museum einen bedeutenden wissenschaftlichen Schatz und möchten wir nicht unterlassen, Herrn Dr. J. G. de Man auch hier unsern aufrichtigen Dank auszusprechen für die grosse Mühe, welcher er sich durch die Bearbeitung der Sammlung unterzogen hat. Verbindungen mit auswärtigen Gelehrten wurden weiter gepflegt und Gelegenheiten benutzt neue anzuknüpfen; ebenso war der Austausch mit wissenschaftlichen Anstalten, Vereinen und Gesellschaften ein reger; die Erfolge dieser Verbindungen liegen teilweise in dem angehängten Ver- zeichnis der eingegangenen Schriften vor. Die bis dahin vorhandenen Bücher und Drucksachen wurden einer Sichtung unterzogen, diejenigen mit vorwiegend mathematischem, physikalischem und meteorologischem Inhalt an die Stadtbibliothek abgegeben, die übrigen, beschreibend natur- wissenschaftlichen Inhalts aber gebunden, katalogisiert und geordnet auf- gestellt. Die bereits in den Vorjahren begonnene Durcharbeitung der Con- chylien ward von den Herren Arnold und Prof. Dr. Küstermann fortgesetzt und fast vollendet. Die Cephalopoden wurden ebenfalls einer Revision unterzogen und neu katalogisiert. Auf Grund des vom British Museum 142 neu herausgegebenen, jetzt vollständig vorliegenden Catalogue of Snakes ward eine gänzlich neue Etikettierung der Schlangen vorgenommen. Die noch vorhandenen Restbestände unbestimmter Fische, sowie die neuen Eingänge konnten sämtlich bestimmt und eingeordnet werden. Von hiesigen Fischen wurden in der Lübeckischen Abteilung Ent- wieklungsreihen des Dorsches und der Plattfische aufgestellt und zugleich die verschiedenen Nährtiere, die Köder und Fangmethoden zur Anschauung gebracht. Eine bessere Aufstellung der hiesigen Süsswasserfische konnte in Angriff genommen werden. Beabsichtigte weitere Ausgestaltungen der Lübeckischen Abteilung mussten aus Mangel an Material, Geld und Ar- beitskräften leider im verflossenen Jahr noch unterbleiben. Dagegen war es möglich, in der allgemeinen Abteilung eine passende Auswahl durchscheinender oder völlig durchsichtiger Meerestiere in flachen Schränken, welche unmittelbar vor den Fenstern angebracht sind, in zweck- mässiger und belehrender Weise aufzustellen. Ebenso ward der Versuch gemacht, durch ausgehängte farbige Tafeln die Kenntnis der für den Obst- und Gartenbau besonders schädlichen oder nützlichen Tiere zu erleichtern. Die Schausammlung der Versteinerungen erfuhr vornehmlich in den Gruppen: Devon, Perm, Jura und Kreide Erweiterungen und Ergänzungen. Ein allgemeines Interesse dürfte der Abguss des im Berliner Museum im Original vorhandenen Urvogels (Archaeopteryx Simensii) beanspruchen; auch die Geschiebesammlung aus hiesiger Gegend, vom Brothener Ufer und dem Boltenhagener Strande konnte durch manches interessante Stück bereichert werden. Die, hiesigen Tiefbohrungen entnommenen Bohrproben wurden um weitere drei vermehrt, welche von der Firma Charlotte Erasmi, dem städtischen Elektrizitätswerk und Herrn Strack-Travemünde freundlichst überlassen wurden. Besucht wurde das Museum im Jahre 1897 von 22437 Personen; der besuchteste Tag war der zweite Pfingsttag mit 715 Personen. Die Durchschnittszahl des Sonntagsbesuches betrug 264. Die laufenden Ausgaben stellten sich wie folgt: 1. Neuanschaffungen . . „2... ......46 526,40 2. Einrichtungskosten 1.22 123 2.2.22 104516 3 Au sstopie We a EN) ZALSPIMILUSUR ER rest NE in 54,70 HanElerbark tig BD Eat K 69,40 6» Brachtaund. Bortia. were ever er er. 9er 7. Bücher, Zeitschriften, Buchbinder . = 673,70 143 Seklülteleistumeenea nr 2222702615:50 OED)ruUekkostenger a EEE 3452 NONDDILVERSESEN SE NTREN RER EL SIE YELENIR- 65,59 11, Konserven 0 re ISO MN 5169,34 Fehlbetrag von 1896 : 14,98 Mt 5184,24 Denselben stehen an Einnahmen gegenüber: Beitrag der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Thätigkeit . . . 4 5000,— Für Doubletten, Zinsen etc. . . . fe 78,48 At 5078,48 Der demnach sich ergebende Fehlbetrag von #£ 105,354 ward auf das Jahr 1895 hinübergenommen. An Stelle der aus dem Vorstande ausgeschiedenen Herren Chr. von Bernstorff und Privatier H. Hasse wurden die Herren Kaufmann ©. A. Siemssen und Dr. med. M. Linde erwählt. Der Vorsitz übernahm Herr Dr. med. Struck. Verzeichnis der neuen Erwerbungen. A. Geschenke. Zoologische Abteilung. Von Herrn Herm. Vorkamp, Madagaskar: Ein Aye-Aye, ein Fossa, ein Ichneumon. Von Herrn Gerh. Reuter, Nossibe: Vier Glashäfen, enthaltend: Sieben Schlangen, sechs Eidechsen, ein Wels, ca. 30 Käfer, einige Gerad- flügler und andere Insekten, vier Raupen, diverse Tausendfüsser, zwei Kugelasseln, sieben Skorpione, diverse Spinnen und zwei Einsiedler- krebse. Von Museum für Naturkunde, Berlin: Aus den deutschen Schutzgebieten 146 Arten Käfer, 158 Arten Schmetterlinge, einige Reptilien, Fische, Krebse, Arachniden und Myriapoden. Von Herrn Kunstgärtner Gust. Hartwig: Elf Kasten mit Schmetterlingen. Von Herrn Maschinisten Stolterfoht: Schädel eines Dujong (Halicore dujong) von Zanzibar. Aus dem Nachlasse des Herrn Dr. Binder: Mehrere einheimische Reptilien, Versteinerungen und Mineralien der Umgegend und des Harzes, Missgeburten von Kälbern, Schafen und Enten, ein Bärenschädel. 144 Von Herın Kaufmann Ed. Tegtmeyer, hier: Mehrere Muscheln, Schwämme und Hornkorallen von Tunis. Von Herrn Th. Teschau, Deli (Sumatra): Eine Anzahl Käfer. Gradflügler und einige Tausendfüsser. Von Herrn Lieutenant z. See Titus Türk: Ein grosser Heringshai (Lamna cornubica Gm.) aus der Nordsee. Von Herrn Dillner, Schlutup: Ein Brachvogel (Numenius arcuatus) und eine grosse Rohrdommel (Botaurus stellaris). Von Herrn Chr. Brandt, hier: Ein Hornissennest. Von Herrn Gust. Buck: Ein Schlangenkopffisch (Ophiocephalus punctatus) Östindien, (aus dem Aquarium.) Von Frau Dr. Nölting: 42 Kasten mit Käfern und einige entomologische Bücher. Von Herrn v. Minden: Fünf Badeschwämme aus der Adria von besonders interessanter Form. Von Herrn Th. Buck: Eine Schlange (Oxyrhopusimmaculatus) aus Caraccas (Südamerika). Von Herrn Höltke: Eine Boa (Python sebae) aus Kamerun. Von Herrn Dr. med. Struck: Mehrere Nester einheimischer Vögel, ein Hermelin, eine Seeschwalbe (Sterna anglica). Von Herrn Senator Herm. Eschenburg: Eier vom Auerhuhn und Birkhuhn. Von Herrn Fischer Johs. Vollert: Ein Uferläufer (Actitis hypoleucos), an der Wakenitz geschossen. Von Herrn Th. Engelhard, hier: Eine Ringelnatter. Von Herrn Becker, Capstadt: Drei Nester mit Gelegen dortiger Vögel. Herbarium. Von Herrn Joh. Georg Gust. Eschenburg, Yokohama: Ein Herbarium von 1000 Arten japanischer Pflanzen. Von Herrn Oberlehrer Dr. Friedrich, hier: Eine Anzahl kritischer Pflanzen der Lübecker Flora. Mineralogisch-paläontologische Abteilung. Von Herrn Oberlehrer Schneermann, hier: Diatomeenerde von Osterohde bei Eschede. Von Herm Collignon, hier: Bruchstück vom Unterkiefer eines Mammuth aus Mexiko. Von Herrn Franz Stüve, hier: Eine Eisenniere. Von Herrn $. Cohn, hier: Zwölf verschiedene Thonsorten aus Bornholm. Von Herrn Rittergutsbesitzer Herm. Eckhoff auf Gr. Lüblow (Pommern): Zwei Haifischzähne, ein Orthoceras, ein Belemnit aus dem blauen T'honmergel. Von Herrn Dr. Sonder, Oldesloe: Fischabdruck aus Berlin. 145 B. Durch Tausch erworben: Von Herrn G. Weymer, Elberfeld: Eine Anzahl südamerikanischer und indischer Schmetterlinge, mehrere Libellen aus Ostafrika. Von Herrn Prof. A. Fritsch, Prag: Eine Anzahl Steinkohlenpflanzen aus Böhmen. C. Angekauft wurden: Von Herrn C. Pöhl, Hamburg: Eine Kollektion Vögel von der Insel Kalawang (Malay. Arch.) Von Herrn Dr. Krantz, Bonn: Ein Gypsabdruck vom Urvogel (Archaeop- teryx Siemensi) aus Solenhofen. Von Herrn Dr. Verhoeff, Bonn: 39 Arten deutscher Myriapoden. Vom Botanischen Museum, Berlin: 200 Pflanzen, gesammelt von Zenker im Hinterlande von Kamerun. Die Bibliothek wurde durch folgende Werke vermehrt: 1. Durch Geschenke: Von Herrn Dr. Ed. Hahn, hier: Berl. Entomol. Zeitschrift. 1887, 18394 bis 1896. Sitzungsberichte d. Ges. naturforsch. Freunde in Berlin. Jahrg. 1888—1897. Correspondenzblatt der deutschen Anthropol. Gesellschaft. Jahrgang 1892—1897. 2. Durch Schriftenaustausch: Berlin, Gesellschaft naturforschender Freunde: Sitzungsberichte. Jahrgang 1396 bis 1897. Bonn, Naturhistorischer Verein für das Rheinland und Westfalen: Ver- handlungen. Jahrg. 53,2 und 54,1. Bonn, Niederrheinische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde: Sitzungs- berichte 1896,2 und 1897,1. Bremen, Naturwissenschaftlicher Verein: Nichts eingegangen. Breslau, Schlesische Gesellschaft für vaterländische Kultur: 74. Jahresbericht mit Ergänzungshett 5. Danzig, Naturforschende Gesellschaft, Schriften, N. F. Bd. 9. Heft 2. 1897. Dresden, Naturwissenschaftliche Gesellschaft „Isis“: Sitzungsbericht und Abhandl. Jahrgang 1896, Juli bis Dezember. 1897, Januar bis Dezember. Frankfurt a/M., Senckenbergische naturforschende Gesellschaft; Bericht 1897. Frankfurt a./O., Naturwissenschaftlicher Verein für den Regierungs-Bezirk Frankfurt: Helios. 15. Jahrg. 1898. Societatum Litterae. Jahrgang 11,7—12,4 1898. 10 146 Greifswald, Naturwissenschaftlicher Verein für Vorpommern und Rügen: Mitteilungen, 1.—22. Jahrgang 1369—1891. Hamburg, Naturhistorisches Museum: Mitieilungen, Heft XIV, 1897. Hamburg, Verein für naturw. Unterhaltung: Verhandi. Bd. IX. 1896. Hannover, Naturhist. Gesellschaft: Festschrift zur Feier des 100jährigen Bestehens (Geschichte und 44.—47. Jahresbericht) 1397. W. Brandes, Flora der Provinz Hannover, 1897. Provinzial-Museum: Kat. der Vogelsammlung der Prov. Hannover, Kat. der syst. Vogelsammlung, Kat. der Säugetiere. Kassel, Verein für Naturkunde: Bericht 42, 1897. Königsberg, Physikal-ökonom. Gesellschaft: Schriften, 38. Jahrg. 1897. Wien, K. K. Zoolog.-botan. Gesellschaft: Verhandlungen Bd. 47. Wien, K. K. Naturhist. Hofmuseum: Annalen Bd XI. 1-4. Triest, Museo eivico di storia naturale: Flora dı Trieste del Marchesetti 1897. Linz, Museum Franeisco-Carolinum. 55. Bd 1897. Bibl.-Kat. 1897. Budapest, Publikationen des K. Ungar. Nationalmuseums: Vol. XX, 4. XXI 1—2. Basel, Naturforschende Gesellschaft: Verhandl. Bd. XII, Heft 1. 1898. Zürich, Naturforschende Gesellschaft: Vierteljahrsschrift, Jahrg. 42 und 43, Heft 1. Genf, Societe Helvetique des Sciences naturelles: Compte rendu 1895,96 Actes, 78. Sitzung. 79. Jahresversammlung 1896. Amsterdam, Koningl. Akademie von Wetenschapen: Zittingsverslagen af d. Naturk. Deel V. Jahrg. 1897. Haarlem, Musde Teyler: Archives, Ser. II. Vol. V, 3 und 4, Vol. VI, 1. Edinburgh, Royal Society, Proceedings Vol. XXI. Stockholm, Königl. Schwed. Akademie d. Wissenschaften: Bihang, Abt. III und IV. Vol. 2221897 Upsala, Geological Institution: von d. k. Univ.-Bibl.; 27 div. Schriften und Jahresberichte. Bulletin Vol. IH. P. I. Nr. 5. P. U. Nr. 6. Tromsoe, Museum: Aarshefter 18. Aarsberetning, 1894. Riga, Naturforscher-Verein: Korrespondenzblatt 40. Boston, Amer. Academy of arts and sciences: Vol. XXXIL, 5—17, Vol XXXIHL, 1—12. Cambridge, Museum of comparative Zoology: Annual Report 1895,96; 1896,97; Bulletin Vol. XXXL 6 und 7; XXXI, 1-6; XXXILH, 4; XXXVII, 5. New-York, State Library: 48 Annual Report. New-York, American Museum of Natural History. Central-Park: Annual Report XXVII, 1896, Bulletin, Vol. IX, 1897. 147 Philadelphia, Academy of natural Sciences: Proceedings 1396, 3. 1397, 1—3. Philadelphia, Wagner free Institute of Science: Transaction Vol. V, 1898. Washington, Smithsonian Institution: Report of the National-Museum 1894. Departement of Agriculture: Yearbook 1897. Chicago, Academy of sciences. 39. Annual Report 1896. Bulletin Nr. 1. The Lichen flora. Buenos Aires, Museo national: Tom V. 1896/97. Memoria 1394 bis 1896. Montevideo, Anales del Museo Nacional: Anales VIII, 1898. Batavia, Kon. Naturkundige Vereenigung in Nederlandsch Indie: Tijd- schrift, Deel 56, 1897. 58, 1898. Singapore, Dr. R. Hanitsch-Raffles Museum: Annual Report 1897. Sidney, Australian Museum: Records Vol. III, 2,3 1897. Memoir III, 3—6, 1397. Report 1896. Sidney, Royal Society of N.S. Wales: Journal and Proceedings Vol. XXX 1396. Brisbane, Queensland Museum, Annals Nr. 4. 1897. 3. Angekauft wurden: Kirby, Handbook of the order Lepidoptera Vol. V. London 1897. Delage A. Herouard: Zoologie concrete. Tom.I et II. Paris 1396 et 1897. Simon: Histoire naturelle des Araigndes. Tom. II. Paris 1397. Fleischmann: Lehrbuch der Zoologie. Wiesbaden 1898. Eckstein: Forstliche Zoologie. Ritzema—Bos: Tierische Schädlinge und Nützlinge. Berlin 1891. Kiesewetter und Reibisch: Der Naturaliensammler. Martin: Taxidermie, 2. Auflage 1897. Verschiedene kleinere Schriften, insbesondere über Crustaceen und Arachniden. Die Fortsetzung von: Martini und Chemnitz, Conchylien-Oabinet. Nachrichtsblatt der deutschen Malakozoologischen Gesellschaft. Entomologische Nachrichten. Zoologische Jahrbücher. Zoologischer Anzeiger. Zoologisches Centralblatt. Bibliotheca zoologica. Berliner Entomologische Zeitschrift. Stettiner Entomologische Zeitung. Notes fr. the Leyden Museum. 10* [0) [571 Verhandlungen der Geographischen Gesellschaft, CVI. Versammlung am 30. Oktober 1896. Vorsitzender Professor Sartori. . Auf Antrag der Vorsteherschaft werden die Herren Ausserordentlicher Gesandter und bevollmächtister Minister Dr. Klügmann in Berlin und Professor Frithjof Nansen in Godthab bei Lysaker (Norwegen) zu Ehrenmitgliedern der Gesellschaft ernannt. . Einer an die Gesellschaft vom Verein für Lübeckische Geschichte und Altertumskunde ergangenen Aufforderung zur Beteiligung an der Bildung eines Ortsausschusses für die Anthropologenversammlung im August 1897 wird zugestimmt. CVIl. Versammlung am 13. November 1896. Vorsitzender Professor Sartori. . Aufgenommen ist Herr v. Haxthausen, Rittmeister z. D. . Ausgetreten wegen Wegzuges sind die Herren Assessor Voigtel und Hauptmann von Trautmann. . Dr. Paul Krüger, Professor der Topographie an der Universität St. Jago (Chile) wird zum korrespondierenden Mitgliede ernannt. . An dem Ortsausschuss für den in Lübeck abzuhaltenden Anthropologen- kongress werden als Vertreter der Geographischen Gesellschaft die Herren Prof. Sartori, v. Schreiber und Dr. Karutz sich beteiligen. . Eingegangen ist u. a. eine Einladung zur Beteiligung an der Er- innerungsfeier für die Entdeckung des Seeweges nach Indien in Lissabon. 5. Oberlehrer Dr. Schaper: Über Nordlichter. Von einem Hinweis auf die gemachten Beobachtungen ausgehend bespricht der Redner zuerst die Edlundsche Theorie, die Experimente von Edlund und Hoppe, 149 dann die Theorie, welche die Nordlichter als Wirkungen Elektrischer Potential-Differenzen zwischen der Erdoberfläche und,den oberen Luftschichten betrachtet, schildert und begründet endlich die Paulsens- sche Theorie, welche das Polarlicht als Fluorescenzerscheinung ansieht, bei der die elektrischen Erscheinungen sekundär auftreten. . Sodann spricht der Vorsitzende, Prof. Sartori, über den Sachsenwald. CVIll. Versammlung am 18. Dezember 1896. Vorsitzender Professor Sartori. . Der Vorsitzende zeigt an, dass a. Konsul Pasedag gestorben und b. Werftdirektor Brinckmann wegen Wegzuges ausgeschieden sind, und ce. Minister Dr. Klügmann in Berlin für seine Ernennung zum Ehrenmitgliede seinen Dank abgestattet habe. d. Desgleichen Herr Frithjof Nansen. . Schreiben des Senates, nach welchem der Gesellschaft ein solches der Geographischen Gesellschaft in Lissabon zugestellt wird. Dieselbe erbittet geographische Daten über Lübeck. — Der Senat soll ersucht werden, angemessene Schriften und Werke, namentlich ein Exemplar der neuen Bearbeitung der Lübeckischen Topographie, zur Verfügung zu stellen . Einladung zum Geographentage in Jena Ostern 1897. . Navigationsschuldirektor Dr. Schulze: Über die Strömungen in der westlichen Ostsee. . Dr. Lenz: Einfluss der Strömungen auf die Verbreitung der Tiere in der Ostsee. CIX. Versammlung am 22. Januar 1897. Vorsitzender Professor Sartori. 1. Aufgenommen sind die Herren J. H. Paul und J. H. Heitmann. [8%] . Zu Revisoren der Jahresrechnung werden die Herren Professor Dr. Eschenburg und Konsul Krohn erwählt. . Professor Aug. Sartori sprach über Bangkok ‚und legte eine grosse Zahl vortrefflicher Photographien dieser Stadt vor. Hieran schlossen sich Mitteilungen der Herren Bürgermeister Dr. Brehmer und Haupt- pastor Trummer, (namentlich über Elefanten-Jagden) und Gaedertz sr. an. 150 CX. Versammlung am 26. Februar 1897. Vorsitzender Professor Sartori. 1. Ausgetreten ist Herr Maurermeister Schildt. on Dt 189) . Für den Tanganjika-Dampfer werden vom Kolonialausschusse und aus weiteren Beiträgen MW 320 bewilligt. 3. Eingegangen ist eine Aufforderung der Exposition internationale de Bruxelles zur Ausstellung von geologischen und geographischen Gegen- ständen, Modellen u. dgl. . Oberlehrer Dr. Freund: Die kleinsten Staaten. . Derselbe. Die Änderung der Temperatur in historischen Zeiten. . Professor Aug. Sartori: Eine Vulkanbesteigung. CXI. Versammlung am 9. April 1897. Vorsitzender Professor Sartori. . Aufgenommen ist Herr R. H. A. Gosch, Kaufmann. . Eingegangen sind: a. Aufforderung der Kamerun-Hinterland-Gesellschaft zur Zeich- nung von Aktien und zur Teilnahme an ihren Bestrebungen. Da die Geographische Gesellschaft eine rein wissenschaftliche Vereinigung ist, wird die Aufforderung an den hiesigen Kolonial- verein überwiesen. b. Einladung zur Teilnahme an dem in der Osterwoche stattfin- denden Deutschen Geographentage. c. Einladung der Geographischen Sektion der Versammlung der deutschen Naturforscher und Ärzte in Braunschweig (20. bis 25. September 1897). Dr. Wetzke: Über Gellivara-Erze. 4. Oberlehrer Dr. Freund: Über das Programm der bevorstehenden Ver- & DU sammlung der Deutschen anthropologischen Gesellschaft. . Professor Sartori: Über Kreta. . Derselbe. Die Gründung von Wadjö. Ein malaiischer Roman. CXll. Versammlung am 14. Mai 1897. Vorsitzender Professor Sartori. 1. Aufgenommen ist Landrichter Chr. N. W. A. Schmedes. . Eingegangen sind die Einladungen zu dem am 2. bis 5. August dieses Jahres in Lübeck stattfindenden deutschen Anthropologen-Kongress, sowie zum Internationalen Kongress in Brüssel. . Vortrag des Herrn Oberlehrer Schneermann über Nordformesst 4. Vortrag des Herrn Dr. Lenz über die Auster. 1%) a 151 CXIll. Versammlung am 12. November 1897. Vorsitzender Professor Sartori. . Aus der Gesellschaft ausgeschieden ist wegen Wegzuges Herr K. Pfuhl. . Aufgenommen sind die Herren J. Ch. G. Boye, Kaufmann, und J. Werner, Tierarzt. . Durch den Tod hinweggenommen sind Herr Zimmermeister Rittscher und unser Ehrenmitglied, Herr Professor Dr. Schering in Göttingen Zu seiner Bestattung wurde ein Trauerkranz dahin abgesendet. Von Herrn Dr. Krüger in Santiago, Chile, ist der Dank für seine Ernennung zum korrespondierenden Mitgliede unserer Gesellschaft eingegangen. Vortrag des Herrn Dr. med. Karutz über die von ihm in Augen- schen genommenen ethnographischen Sammlungen in Bordeaux, Paris und Bremen, und die Lehren, welche sich für ihn daraus über die, unter unserer Aufsicht stehende Ethnographische Sammlung im Museumsgebäude ergeben bätten: — Die an diesen Vortrag sich anschliessende Besprechung führte zu der Ansicht, dass die Anstellung eines eigenen Konservators bei der erwähnten Sammlung in hohem Grade zu wünschen sei. | Vortrag des Herın Oberlehrer Dr. Schaper: Über das neue meteoro- logisch-magnetische Observatorium in Potsdam. CXIV. Versammlung am 17. Dezember 1897. Vorsitzender Professor Sartori. . Vorgelegt wurde eine Mitteilung und Aufforderung der Geographischen Gesellschaft in Berlin zur Beteiligung am VII. Internationalen Geo- graphen-Kongress, und Benennung eines Vertreters unserer Gesellschaft in dem Komitee, welches die vorbereitenden Geschäfte zu über- nehmen hat. . Vortrag des Herrn Dr. med. Pauli über seine kürzlich gemachte Reise nach Moskau, Petersburg und Finland. CXV. Versammlung am 14. Januar 1898. Vorsitzender Professor Sartori. . Auf Antrag des Vorstandes wird Herr Dr. phil. Ed. Hahn in Berlin zum korrespondierenden Mitgliede ernannt und mit der Vertretung unserer Gesellschaft beim VII. internationalen Geographentage beauf- tragt. 152 Ausgeschieden ist Herr Architekt Schildt. Eingetreten ist Dr. med. R. Nöhring, praktischer Arzt. Als Gast anwesend ist der Nordpolfahrer, Herr Kapitän Bade. . Vortrag des Herrn Oberlehrer Schneermann über die Wilden in Nordformosa, Anschlüsse an früher gemachte Mitteilungen. . Dr. phil. Ed. Hahn spricht über die neuesten Entdeckungen zur ältesten Urgeschichte Egyptens. . Vortrag des Herrn Meyer-Tranbjerg über eine Reise in Kleinasien. CXVI. Versammlung am 18. Februar 1898. Vorsitzender Professor Sartori. . Ausser anderen geschäftlichen Mitteilungen wird angezeigt, dass ein Glückwunsch an die Geographische Gesellschaft in Halle zu ihrem 25jährigen Jubiläum abgegangen ist. Aufgenommen ist Oberlehrer Heberle. . Vortrag des Herın Gaedertz sr.: Geographische Betrachtungen in Hinsicht auf die geographische Lage Lübecks. — (Diese Abhandlung ist durch den Druck vervielfältigt worden). . Mitteilungen des Oberlehrers Dr. Schaper über das Brockenobser- vatorium. Derselbe wird beauftragt, der Geographischen Gesellschaft in Hamburg die Glückwünsche unserer Gesellschaft zu ihrem 25jährigen Bestehen persönlich zu überbringen. CXVIl. Versammlung am Il. März 1898. Vorsitzender Oberlehrer Dr. Schaper. Professor Dr. Deecke in Greifswald hält einen Vortrag über den Kaukasus. CXVINl. Versammlung am 1. April 1898. Vorsitzender Professor Sartori. . Eingänge: a. Dankschreiben der Geographischen Gesellschaft in Halle für den ihr übersandten Glückwunsch zu ihrem 25jährigen Bestehen. b. Einladung zur Naturforscherversammlung in Düsseldorf. c. Von einem Freunde der Wissenschäft in Hamburg ist ein Beitrag von # 600 für die Weiterführung unserer, von Ober- lehrer Dr. Schaper geleiteten Erdmagnetischen Station angeboten worden Dieselbe ist in ihrem Bestehen durch die in der Nähe [80 I) > sw Io) 153 entstandenen Strassenbahnlinien bedroht und muss verlest werden wenn sich ein passender Platz findet. Bemerkung. Leider hat dies nicht gelingen wollen und die Station hat ihre Arbeiten vorläufig ganz aufgeben müssen. . Vortrag des Gymnasial-Oberlehrers Heberle über die Battas (Battaks) nach Berichten von Fräulein Buchholz unter Vorlegung und Er- läuterung von zahlreichen Photographien. Dr. Lenz spricht über die San-Jose-Schildlaus unter Vorlegung von Exemplaren. CXIX. Versammlung am I0O. Juni 1898. Vorsitzender Professor Sartori. Aufgenommen ist Th. Lange, Privatmann. Satzungsgemäss scheidet Oberlehrer Dr. Schaper aus dem Vorstande, wird aber einstimmig wieder gewählt. Aufgenommen wird Dr. Mollwo, Sekretär der Handelskammer. . Oberlehrer Schneermann hält einen Vortrag über die Falklandinseln. Oberlehrer Dr. Schaper macht Mitteilungen über die Alpen (Dolo- miten) nach eigenen Anschauungen. CXX. Versammlung am 25. November 1898. Vorsitzender Professor Sartori. ÖOberlehrer Dr. Schaper verlässt Lübeck, um einer Berufung als Direktor des Realgymnasiums in Meiningen zu folgen. Zum Nach- folger im Vorstande wird Gymnasial-Oberlehrer Schneermann erwählt. Aufgenommen ist Kaufmann Kohrs. B. Peters macht Mitteilungen über Tibet nach den Mitteilungen des Amerikaners Rockhill, welcher den Versuch machte, von China aus in Tibet einzudringen, aber umkehren musste, ehe er Lassa erreicht hatte, ferner über die Schwaben im Kaukasus und über New-Yorker Zustände. Professor Aug. Sartori machte dazu einige Bemerkungen über Indische Philosophie und Navigationsschul-Direktor Dr. Schulze berichtete über seine jüngst nach New-York gemachte Reise und besonders über die Niagara-Fälle. CXXI. Versammlung am 20. Januar 1899. Vorsitzender Professor Sartori. Ausgetreten ist Herr Mühsam. Aufgenommen wurden Kaufmann Adolf Messtorff und Rechtsanwalt K. F. Weyrowitz. 154 Sr) Wegen seiner grossen Verdienste um die Geographische Gesellschaft wird Herr Direktor Dr. Schaper in Meiningen zu ihrem Ehrenmitgliede ernannt. 4. Herr Prof. Dr. Deecke in Greifswald, korrespondierendes Mitglied der Geographischen Gesellschaft, hat ein Exemplar seines grossen Werkes Italien“ als Geschenk überreicht. 5. Der Vorsitzende macht Mitteilungen über Leuchtfeuer. Nach dem berühmten Pharus in Alexandrien soll das erste bei Livorno errichtet sein. Die Hansa errichtete schon zwischen 1212 und 1220 ein solches bei Falsterbo, dann folgte Travemünde 1246. 6. Vortrag von Dr. Lenz über lebende und ausgestorbene Laufvögel.*) Redner wies zunächst auf den Gegensatz zwischen Laufvögeln und allen übrigen Vögeln hinsichtlich ihres Körperbaues und ihrer Be- fiederung hin, wobei die letztere als Dunenkleid geschildert wurde. Als Aufenthaltsort seien nur grosse Ebenen denkbar; wo solche nicht vorhanden seien, wäre frühes Aussterben oder Ausgerottetwerden unvermeidlich. Als Beispiele wurden die Riesenvögel Neuseelands und Madagaskars und die Dronte von Mauritius angeführt und Teile oder Nachbildungen dieser Vögel vorgezeigt. Als dem Aus- sterben nahe werden Kiwi oder Schnepfenstrauss und Kasuar bezeichnet; ihnen schloss sich das Emu Neu-Hollands, der Pampasstrauss Süd- amerikas und der afrikanische Strauss an. Den Schluss des Vor- trages bildete der Hinweis auf die Rentabilität einer Straussenzucht in Deutsch-Ostafrika. 7. Dr. med. Karutz wies in seinem Vortrage über die Spanischen Stier- kämpfe auf die verschiedene Beurteilung und die abweichenden Dar- stellungen der Stiergefechte hin, die eine Besprechung von Seiten eines Augenzeugen immer noch interessant genug erscheinen lassen. Die verschiedenen Ansichten, welche über den Ursprung der Stier- kämpfe herrschten, werden erwähnt und darauf ein kurzer Abriss ihrer Geschichte gegeben, die bis in. das elfte Jahrhundert zurück- reicht. Bis in das achtzehnte waren es sportartig betriebene Ritter- spiele, seitdem gewerbmässig aufgeführte Schauspiele für den Mata- dorenkünstler. 1830 sollte eine tauromachische Hochschule gegründet werden. Heute kann man dreierlei Arten der Stiergefechte unter- scheiden, das portugiesische, die Corilladen (?) und die eigentliche Corrida. Bei der ersten werden die Stiere, deren Hörner gedeckt sind =) Rinem in der Gesellschaft ausgesprochenen Wunsche zufolge werden die Redner ersucht werden, eine Inhaltsangabe ihrer Vorträge für die „Mitteilungen“ ein- zureichen. 155 und den Pferden nicht gefährlich werden können, nicht getötet, sondern nur zu blinder Wut gereizt. Die Novillas sind das Liebhabertheater, die Dilettantenbühne unter den Stiergefechten, denn der Stier wird durch eine Ochsenheerde wieder aus der Arena herausgeführt. Die heutige Corrida ist nichts als ein nationales Fest der Spanier, ja sie hat sich schon den Süden Frankreichs erobert. Die Stiergefechte in Bayonne unterscheiden sich in Nichts von denjenigen jenseits der Bidassoa. Der Vortragende beschreibt dann eingehend den Verlauf einer Corrida, deren erster, die Picas, derjenige Teil ist, welcher das Odium auf das Gefecht geworfen hat Vieles an ihnen wird von Fremden übertrieben, oder missverstanden, ein verrohender Einfluss auf den Volkscharakter darf nicht zugestanden werden. Das Publikum ist viel zu sehr mit dem Fortgange des Kampfes, mit den Leistungen der Teilnehmer beschäftigt, um sich in raffinierter Grausamkeit an den Leiden der Pferde zu weiden. Auch sieht man in ihrem Opfer nur das Mittel, den Stier zu ermüden und für den Espada gefahrloser zu machen. Dabei soll dieser Teil des Schauspiels keineswegs entschuldigt, das Peinliche seines Anblicks nicht verheimlicht werden. Im Übrigen bietet aber das Stiergefecht eine Fülle interessanter, feiner und anregender Details, die seinen Besuch auch für den Fremden lohnen, und die durchaus nicht nur Empfindungen des Ekels und der Abscheu in ihm erwecken, wie von sehr vielen Reiseschriftstellern behauptet sind. Mitglieder-Verzeichnis. Vorstand. Sartori, Aug., Professor am Katharineum, Vorsitzender. Schneermann, Karl Konrad Joseph, Oberlehrer am Katharineum, Stellvertreter des Vorsitzenden. Sauermann, F. C., Kaufmann, Kassenführer. Schreiber, v., S., Rentier. Lenz, H. W. Ch., Dr. phil., Lehrer an der Realschule, Konservator des Natur- historischen Museums. Freund, K. G. H, Dr. phil., Oberlehrer, Schriftführer. Koschitzky, v., Major 2. D. Ehrenmitglieder. Neumayer, Professor, Dr. phil., Wirklicher Geh. Admiralitätsrat, Direktor der Seewarte in Hambure. Krauel, Richard, Dr. jur.. ‚Gesandter des Deutschen Reichs a. D. in Freiburg im Breisgau. Förster, Wilh., Dr. phil, Geh. Regierungsrat, Professor, Direktor der Kgl. Sternwarte in Berlin. Nansen, Frithjof, Godhab bei Lysaker, Norwegen. Dr. Kligmann, Ausserordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister der Hansestädte, Berlin. Korrespondierende Mitglieder. Pauli, Gustav, Privatmann, Berlin. Mechow, von, Major a. D., Ritter, Strassburg. Münzenberger, Adolf, General-Superintendent der Öorallitos-Kompagnie, Coral- litos, Chihuahua, Mexiko. Wissmann, v., H., Major. Kiepert, Rich., Dr. phil., Redaktör des Globus, Berlin. Deecke, Wilhelm, Dr. phil., Ausserordentlicher Professor an der Universität Greifswald. Aveö-Lallemant, Hermann, Professor an der Universität San Luis, Argentinien. Krüger, Paul, Dr. phil., Professor an der Universität Santiago, Chile. Hahn, Eduard, Dr. phil., Berlin. Hiesige Mitglieder. Baethcke, Ludwig Hermann, Dr. phil, seit 1582. Behn, Carlos, seit 1891. Behncke, Heinrich Leo, seit 1882. Behrens, Heinrich, seit 1882. 157 Bertling, Heinrich Friedrich, Senator. Bödeker, Eduard Heinrich, seit 1892. Born, Hermann, seit 1880. Boy, Hermann August Friedrich Josef, seit 1893. Boye, Johannes Christian Gottfried, seit 1897. Brattström, Karl Alfred, Senator, seit 1892. Brecht, Ernst Walter, seit 1882. Brehmer, Wilhelm, Dr. jur., Senator. Brehmer, August, seit 1882. Brockmöller, Heinrich Johann Julius, seit 1892. Brüggen, Heinrich Joachim, seit 1894. Buck, Heinrich Theodor, seit 1882. Burmester, Johannes Jakob, seit 1883. Carstens, Ernst Heinrich Karl, seit 1883. Carstens, Casimir, seit 1893. Cohn, Salomon Lazarus, seit 1892. Coleman, Charles, seit 1887. Dade, Heinrich, Dr. med., seit 1889. Deecke, Johannes Hermann Adolf, Senator, seit 1884. Diestel, Johannes Franz Paul, seit 1885. Erasmi, Adolf, seit 1882. Erasmi, Heinrich Christian Theodor, seit 18837. Eschenburg, Bernhard Friedrich, Dr. phil., seit 1882. Eschenburg, Johann Hermann, Senator, seit 1891. Faber, Otto Ludiwvig, seit 1888. Fehling. Emil Ferdinand, Dr. jur., Senator, seit 1884. Fehling, Hermann Wilhelm, seit 1882. Freund, Karl Gottfried Heinrich, Dr. phil., seit 1885. Gaedertz, Paul Maximilian, seit 1896. Gaedertz, Heinrich, seit 1882. Gagzow. Richard, Dr. med. Geise, Otto Karl Gustav, Dr. phil., Senatssekretär, seit 1899. Genzken, Wilhelm Hermann August, Dr. phil., seit 1883. Görtz, Heinrich Adolf, Dr. jur, seit 1883. @osch, Heinrich Rudolf, seit 1897. Haack, Heinrich Matthias, seit 1892. Hach, Arnold Heinrich Theodor, Dr. jur., seit 1889. Hahn, Julius Hermann, seit 1892. Hamann, Johann Heinrich Wilhelm, seit 1896. Hammerich, Adolf Johann Karl, Dr. med., seit 1882. Hartung, Karl, seit 1884. Hartwig, Karl Gustav, seit 1895. . Hartwig, Friedrich Heinrich Johannes, seit 1885. Hausberg, Heinrich, Dr. phil., seit 1883. Haxthausen, v., Otto, seit 1896. Heberle, Karl Wilhelm Otto, seit 1898. Heitmann, Johannes Adolf, seit 1883. Heitmann, Joachim Heinrich, seit 1897. Heyke, Wilhelm Heinrich, seit 1882. Hoffmann, Paul Moritz, seit 1882. Hoppenstedt, Karl Ernst August Ludwig, seit 1891. Jänisch, Edmund, seit 1885. 158 Karutz, Heinrich Ludwig Matthias Richard, Dr. med., seit 1896. Kermer, Gustav Rodo, seit 1883. Klug, Heinrich, Dr. jur, Bürgermeister, seit 1882. Koch, Adolf Ferdinand, seit 1891. Kohrs, Wilhelm, seit 1898. Koschitzky, von, Max Friedrich Franz Edgar Bogislav, seit 1889. Krohn, Karl Heinrich August, seit 1882. Küstermann, Friedrich Hermann, Dr phil., seit 1882. Lange, Hermann, seit 1882 Lenz, Heinrich Christian Wilhelm, Dr. phil. seit 1882. Linau,. Kay, Dr. jur., seit 1895. Linde, Friedrich August Hermann, seit 1882. Lübcke, Robert, seit 1887. Marti, Wilhelm, seit 1884. Merkus, Johann Kaspar Wilhelm, Dr. jur.. seit 1892. Mertens, Christian Adolf Edward, seit 1883. Mestorff, Peter Johann Adolf, Kaufmann, seit 1899. Meyer-Tranbjerg, Theodor Amandus, seit 1891. Mollwo, Ludwig Wilhelm Heinrich, seit 1882. Mollwo, Karl, Dr. phil., seit 1898. Mueller, Friedrich Emil, Dr. med., seit 1899. Müller, Ernst Ludwig Julius, Dr. phil., seit 1882. Nachtwey, Heinrich Johannes Friedrich, seit 1892. Neumann, Johann Martin Andreas, Dr. jur., seit 1894. Noering, Alfred Georg, Dr med. seit 1899. Nöhring, Johannes Heinrich Franz, seit 1885. Nöhring, Feichard, Dr. med, seit 1897. Ohlsen, Simon Heinrich Gottfried, seit 1884. Otte, Hermann Peter Karl, seit 1883. Pabst, Gustav, Dr. jur., seit 1882. Paul, Hermann Julius, seit 1897. Pauli, Anton Philipp, Dr. med., seit 1883. Peters, Berthold Adolf August, seit 1893. Pfaff, Karl August, seit 1890. Pflüg, Georg Theodor Ludwig, seit 1882. Pierstorff, Theodor, seit 1883. Plessing, Karl Theodor, seit 1886. Possehl, Johann Ludwig Emil, seit 1883. Rahtgens, Johann Nikolaus Hinrich, seit 1882 Rahtgens, Karl Gottfried Lueian, seit 1892. Rehder, James, seit 1884. Rehder, Peter, seit 1885. «® Rehtwisch, Julius Friedrich, seit 1895. Reimann, Gustav Adolf, Dr. phil., seit 1882. Reimpell, Georg, Kaufmann, seit 1896. Rose, Adolf, seit 1885. Rose, Johann Adolf, Dr. med., seit 1882. Sack, Theodor Karl Gustav, Dr. phil., seit 1899. Sartori, August Heinrich Andreas, seit 1882. Sartori, Heinrich Friedrich Theodor, seit 1882. Sauermann, Friedrich Karl, seit 1886. Scharff, Heinrich Gustav, seit 1887. \ 159 Scharf, Karl, seit 1895. Schmedes, Christian Nicolaus Wilhelm Adolf, seit 1897. Schmidt, Gustav Ludwig Julius, seit 1883. Schmidt, Max, seit 1885. Schneermann, Karl Konrad Joseph, seit 1890. Schorer, Theodor, seit 1883. Schreiber, von, Sigismund, seit 1883. Schröder, Karl Nikolaus, seit 18396. Schultz, Heinrich Josef Georg August, seit 1883. Schulze, Franz Louis Karl, Dr. phil., seit 1886. Schütt, Heinrich Gotthard Ludwig, seit 1883. Siemssen, Christian August, seit 1883. Sönmichsen, Peter Wilhelm, seit 1886. Steffen, Jacob Hinrich, seit 1893. Stolterfoht, Gottlieb Nikolaus, seit 1887 Trummer, Ludwig Adolf, seit 1893. Üter, Friedrich Christian Wilhelm, Dr med, seit 1896. Veers, Johann Heinrich, seit 1890. Vermehren, Julius, Dr. jur., seit 1885. Warncke, Hermann, seit 1884. Wattenberg, Oskar, Dr. med., seit 1892. Weidmann, Konrad, seit 1892. Wengenroth, Wilhelm Theodor, seit 1893. Werner, Gustav Ferdinand, seit 1882 Werner, Johannes Karl, seit 1897. Weyrowitz, Karl Johann, seit 1885. Weyrowitz, Karl, Rechtsanwalt, seit 1899. Wodick, Edmund, seit 1893. Wolpmann, Emil August Wilhelm, Senator, seit 1893. Zillich, Johannes, Dr. phil., seit 1884. Verzeichnis der Gesellschaften, Vereine, Redaktionen, mit denen die Geographische Gesellschaft in Lübeck im Schriftenaustausch steht. Afrika, Monatsschrift des Evangelischen Afrika-Vereins. Bautzen, Naturwissenschaftliche Gesellschaft Isis. Berlin, Gesellschaft für Erdkunde. — Zentralverein für Handelsgeographie und Förderung deutscher Inter- essen im Auslande. — Deutsche Kolonialgesellschaft. Bonn, Naturhistorischer Verein für Rheinland und Westfalen. — Niederrheinische Gesellschaft. Bremen, Geographische Gesellschaft. Chemnitz, Kgl. Sächsisches Meteorologisches Institut. Dresden, Verein für Erdkunde. Elberfeld, Naturwissenschaftlicher Verein. Frankfurt a. M., Verein für Geographie und Statistik. Freiberg i. S., Geographischer Verein. Giessen, Oberhessische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. Greifswald, Geographische Gesellschaft. Halle a. 5., Verein für Erdkunde. — Kaiserlich Leopoldinisch-Carolinische Deutsche Akademie der Naturforscher. Hamburg, Geographische Gesellschaft. Hannover, Geographische Gesellschaft. ‚Jena, Geographische Gesellschaft in Thüringen. Kassel, Verein für Naturkunde. Karlsruhe, Badische Geographische Gesellschaft. Kiel, Naturwissenschaftlicher Verein für Schleswig-Holstein. Königsberg, Geographische Gesellschaft. Leipzig, Verein für Erdkunde. — Museum für Völkerkunde. Metz, Verein für Erdkunde. i München, Gesellschaft für Erdkunde. Osnabrück, Naturwissenschaftlicher Verein. Stettin, Verein zur Förderung überseeischer Handelsbeziehungen. Stuttgart, Württembergischer Verein für Handelsgeographie und Förderung deutscher Interessen im Auslande. Zentralkommission für wissenschaftliche Landeskunde von Deutschland. 161 Zwickau, Verein für Naturkunde. Wien, Geographische Gesellschaft. — R.K. Geologische Reichsanstalt. — K.K. Naturhistorisches Hofmuseum. — Verein der Geographen an der Universität Wien. — K.K. Militärgeographisches Institut. Linz a. D., Museum Franeisco-Karolinum. Herrmannstadt, Siebenbürger-Karpathenverein. Aarau, Mittelschweizerische Geographisch-Kommerzielle Gesellschaft. Bern, Geographische Gesellschaft. — Schweizerische Naturforschende Gesellschaft. — Naturforschende Gesellschaft von Bern. Neuchätel, Societe Neuchäteloise de Geographie. Genf, Societe de Geographie. Leiden, Nederlandsch Aardrijskundig Genootschap. Stockholm, Svenska Sällskapet för Antropologi och Geografi. — Svensca Turist vorenisung. Upsala, Universität. Bergen, Redaktion der Zeitschrift „Naturen.“ — Bergens Museum. Stavanger, Museum. St. Petersburg, K. Russische Geographische Gesellschaft. Kasan, Societe des naturalistes de l’Universite. Helsingfors, Sällskapet för Finlands Geografi. — Geografiska Föreningen. E> Societas pro Fauna et Flora Fennica. Moskau, Geographische Sektion der K. Gesellschaft von Freunden der Natur- wissenschaften. Paris, Societe de Geographie commerciale. — Societe de Geographie. — Societe Academique Indo-Chinoise de France. — Le Tour du Monde. — Revue Geographique Internationale. Bordeaux, Societe de Geographie commerciale. Havre, Societe de Geographie commerciale. Rochefort sur Mer, Societe de Geographie. Tours, Societe de Geographie Manchester, Geographical Society. Edinburg, Royal Geographical Society. ‚Brüssel, Societe royale belge de Geographie. — Neue Universität. Lüttich, Soeiete d’Histoire et de Geographie de l’Universite de Liöge. Rom, Specola Vaticana. Neapel, L’Oriente. Florenz, Afrikanische Gesellschaft von Italien, Sektion Florenz. Lissabon, Sociedade de Geographia. Washington, Smithsonian Institution. = American Colonisation Society. San Francisco, Geographical Society of California. New-York, American Geographical Society. — Journal of School Geography. Philadelphia, Geographical Club, | il 162 Madison, Wisconsin, Historische Gesellschaft. — Academy of Sciences, Arts and Letters. Chicago, Universität. Santiago, Chile, Deutscher wissenschaftlicher Verein. San Jose, Costarica, Instituto Meteorologico Nacional. — Instituto Fisico-Geografico Nacional. San Salvador, ©. A. Observatorio Meteorölogico y Astronömico. Guatemala, Sociedad Guatemalteca de Ciencias. Tacubaya, Mexico, Observatorio Astronomico Nacional. Xalapa, Observatorio Meteorologico. Rio de Janeiro, Brasilien, Sociedade de Geographia. San Paolo, Brasilien, Commissäo Geographica e Geologica. Buenos Aires, Instituto Geogräfico Argentino. Cordoba, Argentinien, Academia Nacional de Ciencias. La Plata, Argentinien, Statistische Nationaldirektion für den Staat Buenos Aires. Lima, Peru, Sociedad Geografica. Brisbane, Queensland, Branch of the Royal Geographical Society of Australia. Verzeichnis der eingegangenen Schriften, Geschenke u. S. W. Schriften. Prof. Dr. Supan in Gotha: Über unbekannte Polargebiete. Prof. Dr. Deecke in Greifswald: Über sizilianische Schlammvulkane. Bibliothek der Länderkunde. Dritter und vierter Band. Italien. — Von Prof. Dr. W. Deecke. Dr. Paul Krüger, Valparaiso. Reisepläne zur Erforschung von Westpatagonien. Blumenthal, Eisenbahn-Betriebsdirektor a. D.: Verschiedene ältere Karten von Europa und Deutschland. Durch Abonnement werden erworben: Petermann’s Mitteilungen. Globus. Deutscher und Österreichischer Alpenverein. Mitteilungen. - Hefs Zeitschrift. Annalen der Io roerachie und Maritimen Meteorologie. Mouvement Geographique. Zeitschrift für Binnenschiffahrt. Abgeschlossen den 10. März 1899. —_ ee _ KR RUND RE: Stawort \\ N N 2 Lült Bolwark = = Bredling 2) te Unter lrave of} XEo0 No. ff} in ihren volkstümlichen Inamen, S JE E4 / \- pr. .. er \ /rammünn ’P: Lüchentorn © l Sternort —_ Rjleckel __Yarderbolmark % EEE 7 1 ZAR Re g > Hotpal Ri f © Ser Q Buchtpal Primal \ A Äy v nn N h > “ 7 N / L ® Memenstem Ibendorpz g sort am Priwal e aN 7 Slangenbarg E \ Nbütt Ort z Ban = GI Wendsid RL SAL Ode, Stentög NG ei lerıd,s e ey > —— N = S - s Be r — S| Dodenpal S Pag a3 Sn Pöbritz —— _ Hühnitz — N N 2 Jo ru [ ART % DIS S depal I s I ı 3] o PR | Timmkörn \ — z «ff . Erskar ) : OnVN In | Sakenty Sögentög /u5ag NS Ay \ / Krog Heike 3 [ Melk. j Aelvtern Ortf Trönneloal / bek 7 S 2) S: Bruns 6; _— —, Ss . a N Yolksd = 2 = Dummersdörp “ Ra 2 WSdörper yoy q 35 8: Fossheg, S % \Eernort A kange Koppel =; VG ee 1 Z ör 0 EC ETER el lee Spitxen / kün ) Sadelste, Ge, NT Bring N Ghebargio, "sten / 2 “ He / ; e = er, Ankerort%e, Selurort en I / ı Volksdörp Komisch Alk LESEN schoen N Is a NT A pero lner Mk _——Stenort, Kuaubort H N, N 2 7 S \Wertzelsmisch Yeztenkul sü Dreangelpal [ IR S en } Schaprmnschpal ee Kaull a AN , ge y >Ofbse ) ® 1% /Presterbarg dumm ısor Aha > u RT aan N ı/kütergang Slukuper Kubelpal Dummerspal Reken N „Selktwik SS. s utbku ae i Br N - Kasal. Namen“ In de ala Sn öbern "SS De yer He —\ Wik, Jort\ er NN m SS Borggr“ _Mölen- io" A 5 y >, N / dia f Rn RE, Hensort 5 Selmersmwik = SS Taschor Kraul 4 — DRTORNS 0 a * 1 y% SO nn. r (por ) SE nn Grot Sadelkrün er Sn NEN Be ea Sa Er Se er / 5 Depenort EL Seo x Pod 8 Akten N u Y 2 n vS ’ Lütt Sadelkrün, RS N Färkrür Se "__orstort Hogemil = Relort ü . en 7 Benkendörpe Hestertög_ / B.Warder a =, Q / - n Middelmarder : hütt Gel Jabs Bek \ Grot Gel b.- N rn Sterl- Deus II icheltög Selmsdörp Snickenfeld Sterliholt Scharpenort ‚Sleisd. Hao TI Vürgens Wik David N nabe _—Rarktög S NMHarlonsten \ NHarrikmarder o Gosmwarder E N 2 sLütt Warder Nugenort \ uud Dassomerkrün, Bi) re, 2799 ekenhus Mitteilungen Geographischen Gesellschaft Naturhistorischen Museums LÜBECK. vom Redaktions-AusSehuss. Zweite Reihe. Heft 14. Y———ı CD Ye nn Tor Lübcke & Nöhring. Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft Naturhistorischen Museums LÜBECK. Zweite Reihe. Heft 14. Ita, NT, Lübcke & Nöhring. Inhaltsverzeichnis. Otto Ranke. Die Brombeeren der Umgegend von Lübeck Dr. P. Friedrich. Nachträge zur Flora von Lübeck Derselbe. Litteratur zur Landes- und Volkskunde des Tfibeckischen Staatsgebietes. 3. Bericht (für die Jahre 1893—1900) Dr. Karutz. Aus dem Lande der Basken . ; Major z. D. von Koschitzky. Die Käfer Lübecks . : Jahresberichte der Geographischen Gesellschaft 1898. 1899 . des Naturhistorischen Museums 1898. 1899 des Museums für Völkerkunde 1898. 1899 Verhandlungen der Geographischen Gesellschaft vom März 1899 bis Mai 1900 Mitgliederverzeichnis . ; 3 Verzeichnis der Gesellschaften, Vereine, Redaktionen it denen fe Geographische Gesellschaft in Lübeck im Schriftenaus- tausch steht . a ED a ER are Verzeichnis der als Geschenke eingegangenen Schriften u. 8. w. . — a S De Y Ha FR ih korah Bine Korean halle ue. Enadiih a H - $ ne NER N NE iz tanes, Ehe Aa Die Brombeeren der Umgegend von Lübeck. Von Otto Ranke, stud. med. Unter den sogenannten plastischen Arten, d. h. solchen, welche durch Einfluss der klimatischen und Bodenverhältnisse funktionelle Veränderungen erleiden, sind die Brombeeren ganz besonders zu nennen. Der Unterschied der Sonnenpflanzen — mit kurzen, kompakten Gliedern, schmaleren, oft gefalteten oder lederartigen Blättern mit stärker filziger, grauer oder weisser Unterseite, mit stärker entwickelten Dornen und Drüsen, dunkler gefärbten Griffeln (bei R. rhombifolius, chloroscarythros, pallidus, nemorosus u. a.) — von den Schattenpflanzen — mit gestreckten Gliedern, oft nur vereinzelten Stacheln, grossen, flachen, schlaffen, unterseits grünen, oft ganz kahlen Blättern, der schwächeren und spärlicheren Trichombildung an beiden Achsen und den lebhafter gefärbten Blüten (besonders auffallend bei R. macrophyllus, Sprengelii und chloroscarythros) — und die den oben angeführten oft sehr ähnlichen Unterschiede, welche durch feuchten oder trockenen Standort hervorgerufen werden, sind bei den meisten Arten sehr ausgesprochen. Dieses Moment, mehr aber noch der Umstand, dass die oft nahe mit einander verwandten Arten zur Bildung von Hybriden neigen, welche im Laufe der Zeit zum Teil — durch Rückkreuzung? — zu samenbeständigen Arten werden, ja, dass Rubus caesius sogar nach neuerer Anschauung durch eine hervorragend liederliche Aufführung eine ganze ursprünglich hybride Gruppe von Brombeeren (die Corylifolier) erzeugt hat: diese Umstände haben die Brombeeren von jeher als „schlechte Arten“ charakterisiert und bei den Botanikern, welche nichts Höheres, als die von ihnen der Natur beigelegte Gesetzmässigkeit kannten, in argen Verruf gebracht. So ist es erklärlich, dass erst unser Jahrhundert in seiner Neigung zur Spezialistik die Rubusarten genauer erforscht hat. | Das Studium der europäischen Brombeeren, das im Laufe der Jahr- zehnte neben vielem Verdrehten manches Interessante zutage gefördert hat, geht aus von der Frage nach dem Artbegriff; ihr verdankt das erste, grundlegende Werk auf diesem Gebiete, verdanken die „Rubi Germanieci“ 1 2 von A. Weihe und Ch. G. Nees von Esenbeck ihre Entstehung. Die Rubi Germanici wurden in einer Zeit herausgegeben (1822—1827), wo die Theorie der ontogenetischen Metamorphose der Pflanze, von ©. Fr. Wolf in seiner „I'heoria generationis“ zuerst aufgestellt (1759) und von Goethe phantastisch ausgebaut und weiteren Kreisen mitgeteilt (1790), die ganze wissenschaitliche Welt in Erstaunen und Freude versetzte. Zugleich aber regte sich schon — wenn auch noch unausgesprochen — der Gedanke an eine Uebertragung dieser Theorie auf das Gebiet der Phylogenese: der feste Linnesche Artbegriff kam ins Schwanken. Auf den varietätenbildenden Einfluss, welchen besonders Klima und Bodenbeschaffenheit auf die Pflanze ausübten, hatten Sprengel und Wildenow, auch Nees von Esenbeck selber hingewiesen. Wenn auch dieser Gedanke in seinem und Weihes Werke nicht hervortritt, so waren die Rubi germanici doch ein schlagender Beweis dafür, dass die bisherige Artenbezeichnung bei weitem nicht ausreichte; um genauere Kenntnisse zu erlangen, wurde der Weg der Spezialistik betreten, auf dem gerade die spätere T'heorie der Entstehung der Arten manchen Anhaltspunkt fand. So ist in den Rubi germaniei die Linnesche Kenntnis von 3 holzigen Brombeerarten (incl. R. Idaeus) auf 47 erweitert, von denen 40 von den Verfassern selbst, die übrigen von Borkhausen (tomentosus), Köhler (villicaulis und Reichenbachii) und Waldstein und Kitaibel (hirtus) benannt sind. Ausser Weihe, welcher in der Flora Siles. von Wimmer und Grabowski (1529) und dem Compend. Fl. Belg. von Lejeune und Courtois (1831) weitere neue Arten beschrieb, würdigten in der Folgezeit besonders Kaltenbach (Gegend von Aachen, 1845), Betcke (Mecklenburg, 1847), Metsch (Thüringen, 1856), P. J. Müller und Wirtgen (Rheingebiet, 1858 bis 1869), sowie Marsson (Pommern, 1869) die Brombeeren eng begrenzter deutscher Gebiete genaueren Studiums. Durch ihre Arbeiten, ganz besonders durch P. J. Müllers arten- schaffenden Eifer, war die Zahl der Rubusspecies der Legion genähert, die Synonymik völlig verwirrt; das Verdienst hier Klarheit geschaffen zu haben, gebührt dem unermüdlichen Batologen Dr. W. ©. Focke, dessen „Synopsis Ruborum Grermaniae“ 1877 erschien. Unterstützt durch Männer wie Köhler, Wirtgen, Bayer, Banning, Braun, Maass, Progel u. a. konnte er die Brombeeren ganz Deutschlands — mit Ausnahme weniger süddeutscher Gebiete — bearbeiten. Ihn trieb zu diesem Studium der bestimmte Gedanke, das Wesen der „Species“ aus dem Formengewirre der Brombeeren zu erkennen, wozu ihm Darwins um diese Zeit erscheinende „Entstehung der Arten“ neuen Ansporn gab. (Vgl. Syn. pe. 5). 3 Seine Auffassung der deutschen Brombeeren ist im wesentlichen heute noch die allgemeine. Er stellte 9 Grundtypen auf, an welche sich ein grosser Teil der übrigen Formen ohne Schwierigkeit als Neben- oder Mitteltypen anreihen lässt; die übrigen bezeichnete er als Blendarten (solche, die aus ursprünglichen Kreuzungen als samenbeständig hervorgegangen sind) und primäre Bastarde.!) So beschreibt er in der Synopsis 75 Arten (72 des Subgenus Eubatus), denen eine grosse Menge von Unterarten, ver- mutlichen und sicher erkannten Bastarden hinzugefügt ist. Durch lebhaften Verkehr mit englischen, französischen, dänischen, auch östreichischen Batologen wurde es ihm in späteren Jahren möglich, die Brombeeren verschiedener Länder vergleichend zu überschauen und so, ausser über die Verbreitung der einzelnen Arten (1895), auch über die zweckmässigste Beurteilung und Einteilung der ganzen Geschlechter (Einteilung in „Phratrien“ und „Genen“, 1894) neue Kenntnisse zu erwerben. Eine genauere Erforschung der von Dr. Focke noch weniger berück- sichtigten, bei grösstenteills hybrider — oft schwer zu deutender — Abstammung schwierigsten Gruppe der Corylifolier blieb nordischen Batologen vorbehalten; der Schwede Lindeberg, die Dänen Prof. Lange und G. Jensen, besonders K. Friderichsen und ©. Gelert arbeiteten auf diesem Gebiete. Von den beiden zuletztegenannten wurden eine Beschreibung der Brombeeren Dänemarks und Schleswigs mit besonderer Berück- sichtigung der Corylifolier und die „Rubi exsiccati Daniae et Slesvigiae“ herausgegeben. Nachdem durch diese und einige kleinere Arbeiten derselben Verfasser in die wirre Schar der Corylifolier Ordnung gebracht war, konnte von Friderichsen die Synonymik durchgearbeitet und eine zusammenfassende Übersicht einzelner Corylifoliergruppen — in der Art von Fockes Schrift über Rubus Menkei -— vorgenommen werden (1897). !) In hybrider Erklärung fast aller heutigen Brombeeren aus wenigen, teilweise idealen — ausgestorbenen — Arten hatte sich ©. Kuntze vor Erscheinen der Synopsis versucht („Reform deutscher Brombeeren“). Erstaunliches leistet auf diesem Gebiete Dr. Utsch („Hybride des genus Rubus“, 1895), dessen Bestimmungen — leider! — in dem „Herbarium europaeum“ von Dr. ©. Baenitz in Exsiccaten verteilt werden. So findet sich in dieser Sammlung z. B. der R. plicatus W. N. unter nicht weniger als 6 Bezeichnungen: No. 9088: R. (villicaulis > macrophyllus) x plicatus; No. 9089: R. villicaulis X plicatus; No. 9510: R. caesius >= (plicatus >< macrophyllus); No. 9519: R. (candicans > macrophyllus) x plicatus; No. 9554: R. plicatus > macrophyllus; No. 9578: R. Sprengelii X villicaulis, f. viridis Utschl 4 Inzwischen hatte auch ein deutscher Batologe den Corylifoliern sein Interesse zugewendet. Ein Jahr nach dem Erscheinen der „Danmarks og Slesvigs Rubi“ veröffentlichte Dr. E. H. L. Krause, welcher vorher schon die Brombeeren kleinerer Gebiete bearbeitet (Rubi Rostochienses 1880, Rubi Berolinenses 1885) und mehrere neue Corylifolier-Species aufgestellt hatte, in den Berichten der deutschen botanischen Gesellschaft (Bd. VI) seine Mitteilungen „Über die Rubi Corylifolü.“ Hier sucht er der Abstammung der einzelnen Corylifolier, welche er in den Rubi Berolinenses noch tür „Mittelglieder zwischen den sommer- und wintergrünen Arten“ gehalten hatte, auf die Spur zu kommen und sie durch den Namen der Stammart (R. caesius wird als aller Mutter aufgefasst) mit vorgesetztem semi- (resp. hemi-) zu bezeichnen. Zwei Jahre später bearbeitete er die Rubi in Dr. P. Prahls kritischer Flora von Schleswig-Holstein etc. Hier sind die 11 an eben genannter Stelle angeführten hybriden Gruppen bereits auf 20 angewachsen; zugleich wird auch hier zuerst darauf aufmerksam gemacht, dass wohl ein Teil derselben von R. Idaeus abstamme, eine Meinung, die in den „Bastarden des Rubus Idaeus“ (1591) genauer begründet und weiter ausgeführt wird. In späteren Jahren wurden von ihm auch die übrigen Brombeeren als wahrscheinlich hybrid angesehen. Nachdem er in der „Synopsis prodromalis specierum Ruborum moriferorum europaearum et boreali- americanarum“ (1893) ausser R. caesius 10 deutsche Stammarten aufgestellt hatte, suchte er die ganze Zahl der Brombeerspecies auf Bastarde dieser Arten zurückzuführen. Wie diese, von den verschiedensten Männern vorgenommenen, zu- sammenfassenden Arbeiten spezielle Forschungen auf enger beschränktem Gebiete voraussetzten, so ist auch eine höhere zu gewinnende Kenntnis nur auf Grund von Speeialarbeiten möglich; denn wenn sich überhaupt irgendwo die allmähliche Entstehung einer solchen plastischen Art, wie die Brombeeren es sind, beobachten lässt, so ist es in einem eng begrenzten Bezirke möglich, in welchem nicht nur auf die leicht erkennbaren und konstanten Arten, sondern auch auf die verschiedenen — besser oder weniger deutlich ausgeprägten — Formen und Varietäten Rücksicht genommen werden kann. In diesem Gedanken machte ich mich an die Untersuchung der Brombeeren unseres lübeckischen Florengebietes, als dessen Grenzen ich — im Anschlusse an Dr. Friedrichs „Flora der Umgegend von Lübeck“ — Mölln und Gleschendorf, Reinfeld und Dassow ansehe. Ueber die Rubusflora dieses Gebietes finden sich schon einige zerstreute Nachrichten. In Betckes „Monographischer Beschreibung der 5 Brombeersträucher Mecklenburgs“ (Meckl. Arch.. Heft 4, 1850) sind erwähnt: R. suberectus, fruticosus (= plicatus), discolor (= villicaulis f. thyrsanthoides), radula, glandulosus (— Bellardii), eorylitolius (— maximus), dumetorum, f. pilosus u. f. tomentosus (zu R. nemorosus und ciliatus), caesius var. parvifolius, palustris, Pseudo-caesius und Pseudo Idaeus. Dr. H. Lenz nennt in seiner 1869 im Meckl. Arch. erschienenen Übersicht der lübeckischen Flora (einem Nachtrag zu Häckers Flora von Lübeck, 1844): R. fruticosus (— thyrsoideus), Sprengelii, discolor (= villicaulis, besd. f. thyrsanthoides), thyrsiflorus (= pyramidalis, stark drüsige Form), glandulosus (= Bellardii), plicatus, caesius, Idaeus, saxatilis, und (in einer Anmerkung) radula, nemorosus, Schlechtendalii.!) In Fockes Synopsis werden von Lübeck genannt: R. gratus und macrophylus. Krause giebt in den Rubi Rostochienses ausser den von Betcke genannten Arten an: R. sulcatus, candicans, obotriticus (unten bei R. *atrocaulis), marchicus, pyramidalis und rudis; in den Rubi Berolinenses: R. marchieus und nemorosus; in Prahls kritischer Flora von Schleswig-Holstein ete.: R. Ernesti Bolli, suleatus, nitidus, septimus, Sprengelii, Hansenii (= hypomalacus), thyrsanthus, danicus, macrophyllus, radula £. viadricus, pallidus, rudis, pyramidalis, vestitus, Bellardii, hemithyr- soideus, nemorosus, confusus, caesius f. echinatus und herbaceus; in den Mitteilungen der philomathischen Gesellschaft in Elsass- Lothringen („Die elsässischen Brombeeren“, 1897): R. bremon (NNo. 20, 23 und 24 seiner Sammlung) und R. aestivalis (No. 220). Friderichsen und Gelert erwähnen in der botanischen Zeitschrift von Kopenhagen (Bd. XVII, Heft 3, 1889 und Heft 4, 1890) den R. commixtus; Friderichsen in seinen „Beiträgen zur Kenntnis der Rubi Corylifolii“: R. polycarpus, fasciculatus und ciliatus, var. roseus; OÖ. Gelert in den „Batologischen Notizen“ im botan. Centralblatt (Bd. XXVI. 1889): R. fissus, cimbricus, Fioniae, gothicus, Wahlbergii f. umbrosus, eiliatus und commixtus mit der Form glandulosus. !) Unter dieser Bezeichnung findet sich keine Pflanze in unserem Herbar; sollte Rubus gratus (Waldhusen) gemeint sein? Endlich sind die lübeckischen Brombeeren in Dr. Friedrichs Flora der Umgegend von Lübeck von mir — nach grossenteils falschen oder (in hybrider Deutung) gewagten Bestimmungen — aufgezählt. Näheres darüber findet sich im Folgenden bei den einzelnen Arten. Die Zahl der bei Lübeck beobachteten Brombeeren beläuft sich nach dem hier erwähnten Material und meinen eigenen fünfjährigen Unter- suchungen auf 45; davon sind 11 Corylifolier, welche sich im allgemeinen an die Knicks halten. Über die Häufigkeit der wälderbewohnenden Arten können, nach dem Bestande einzelner Wälder, folgende Bemerkungen gemacht werden: In den Wäldern am Lüttauer See bei Mölln wurden beobachtet: Idaeus, suberectus, plicatus, sulcatus, villicaulis, *insularisf, rhom- bifolius, macrophyllus, Sprengelii, atrichantherus, rudis, chloros- carythrosf, pyramidalıs, Bellardii, caesius; im „Hevenbruch“ bei Nusse: saxatilis, Idaeus (mit der Form chlorocarpus), “insularisf, Sprengelii, conothyrsus, hypomalacus, leucostachysf, radula, rudis, pallidus, Bellardii, caesius; in der „Graskoppel“ bei Reinfeld (zum Teil nach schriftl. Mitteilg. des Herın ©. Rohweder): saxatilis, Idaeus, suberectus, plicatus, sulcatus, *insularis, macro- phyllusf, silvaticusf, Sprengel, radula (mit £. mollisf), rudis, pallidus*, Loehri, vestitus, pyramidalis, Bellardi, caesius; im „Kannenbruch“ bei Krummesse: Idaeus, plicatus, Arrhenii, Sprengelii, atrichantherus, radula, pyra- midalis, Bellardii, caesius; im Lauerholze: saxatilis, Idaeus, suberectus, fissusf, plicatus, sulcatus, Maassiif, thyrsoideus, villicaulis, Sprengelii, Arrheniif, cimbrieusf, leuco- stachysf, radula, rudis, pallidus, Bellardii, caesius; in den Schwartauer Wäldern: saxatilis, Idaeus, fissus, plicatus, thyrsoideus, *atrocaulisf. Sprengelii hypomalacus, leucostachysf, radula, rudis, pallidus, Bellardii, caesius; im „Beutz“ bei Waldhusen: Idaeus, suberectus, sulcatusf, *insularis, *atrocaulisf, hypomalacus, radula (mit £. mollis), pallidus; Das Zeichen 7 bedeutet, dass die Art in dem betreffenden Walde nur ver- einzelt beobachtet wurde. 7 im Timmendorfer „Wohld“: Idaeus, suberectus, plicatus, sulcatusf, *atrocaulis, Sprengelii, hypomalacus, leucostachys, radula, rudis, pallidus, Bellardii, caesius; in der „Neukoppel“ bei Haffkrug: Idaeus, plicatus, thyrsoideus, hypomalacus, leucostachysf, radula, pallidus, Bellardii, caesius; in der „Scharbeutzer Heide“: Idaeus, suberectus, plicatus, Sprengelii, hypomalacus, vestitus, pyramidalis, radula, rudis, pallidus, Bellardi, caesius; im Spechser Holz bei Ahrensböck (Erichsen, mdl. Mitteilg.) ausser den gewöhnlichen Arten: *atrocaulis, hypomalacus, atrichantherus, pallidus, chloroscarythros. Bei meiner Arbeit unterstützten mich durch Mitteilung von Stand. orten und Zusendung von Exsiccaten die Herren Dr. P. Friedrich, Rektor ©. Rohweder in Plön (früher Zarpen bei Reinfeld) und F. Erichsen in Hamburg (sammelte im Sommer 1898 bei Ahrensbök und Gleschendorft) ; das reiche Rubusmaterial des lübeckischen Museums wurde mir durch die Freundlichkeit des Herrn Senator Dr. Brehmer und Prof. Dr. H. Lenz, Conservators des naturhistorischen Museums, erschlossen; ihnen allen sei hier herzlich gedankt. Ganz besonderen Dank schulde ich den Herren K. Friderichsen in Hoyer, welcher in freundlichster Weise unser Material durchsah, mir über kritische Formen Aufschluss gab und Vergleichsmaterial zusandte, und Öberstabsarzt Dr. E. H. L. Krause in Saarlouis für die Bestimmung mancher Arten und Nachrichten über unsere Rubusflora. In der Anordnung und Benennung der Arten bin ich, soweit es ging, Dr. W. ©. Fockes Bearbeitung der Brombeeren in der „Flora der nord- westdeutschen Tiefebene“ von Dr. F. Buchenau (1894) gefolet; für die Corylifoier nahm ich mir die „Danmarks og Slesvigs Rubi“ von K. Friderichsen und ©. Gelert zum Muster. Erklärung der Abkürzungen: Br.: Sen. Dr. Brehmer, Er.: F. Erichsen, F.-B.: Professor von Fischer-Benzon, Fl.L.: Flora der Umgegend von Lübeck von Dr. P. Friedrich, im Programm des Katharineums zu Lübeck, 1895, Fr.: Dr. P. Friedrich, Oberlehrer am Katharineum zu Lübeck, Frid.: K. Friderichsen, Gel.: ©. Gelert, Dr. Dr. Dr. Dr. Griew.: C. Griewank, ehemals Pastor in Dassow, H.: Häcker, Hb. Kr.: Herbarium des Herrn Dr. E. H. L. Krause), Kr.: Dr. E. H. L. Krause, Pr. Fl.: Dr. P. Prahls kritische Flora der Provinz Schleswig- Holstein ete., Rohw.: ©. Rohweder, Willebr.: Willebrand, ehemals Pastor in Kladow. (Mecklenburg). Von Standorten mit dem Zeichen ! haben dem Verfasser Exem- plare vorgelegen; an Standorten mit !! hat er selbst die betreffende Pflanze beobachtet. Die Nummern, welche zur näheren Bezeichnung einzelner Exemplare von häufigen Brombeeren — deren Standorte im allge- gemeinen nicht angegeben sind — sich finden, beziehen sich auf das vom Verfasser angelegte Herbarium Ruborum Lubecensium, welches im Herbar unseres naturhistorischen Museums aufbewahrt wird. Mit einem * vor dem Namen endlich sind solche Arten gekenn- zeichnet, welche sich einer Haupt- oder Collectivspecies unterordnen lassen; so z.B. R. *insularis und *atrocaulis unter villicaulis,* Loehri unter pallidus, die Corylifolier unter R. milliformis K. Fr. und O. Gel. u. a. Zur Bestimmung und Vergleichung benutzte Litteratur. A. Weihe und Dr. Ch. G. Nees von Esenbeck: Rubi Germanici 1322. E. F. Beteke: Monographische Beschreibung der Brombeersträucher Mecklenbures. Mecklenburger Archiv, Jahrgang 1847. Th. Fr. Marsson: Bearbeitung der Brombeeren in .der Flora von Neu-Vorpommern, 1869. W. ©. Focke: Synopsis Ruborum Germaniae, 1877. Vorläufige Mitteilungen über die Verbreitung einiger Brombeeren im westl. Europa. Abhandlungen d. nat. Ver. zu Bremen, Bd. XII, 3. 1893. !) Die mir von Herrn Dr. Krause gütigst mitgeteilten Nummern seines Herbars habe ich angegeben, weil sich bei der wechselnden Begrenzung der Arten und Formen nur durch das Zitieren bestimmter Exemplare eine klare Synonymik erreichen lässt. Seine Bestimmungen, die zwar zum Teil nur provisorisch sind, da er die Formen noch nicht alle genau untersucht hat, sowie die Bestimmungen O. Gelerts, an welchen einige unserer Brombeeren von ihm gesandt wurden, habe ich bei den Nummern mitgeteilt. 9 Über Rubus Menkei und verwandte Formen, ibid. XIII, 1, 1894; Bearbeitung der Brombeeren in Prof. Dr. Fr. Buchenaus Flora d. nordwestdeutsch. Tiefebene, 1894; Über R. melanolasius und andere Unterarten des R. Idaeus. Abhdle. d. nat. Ver. zu Bremen, XIII, 3, 1896. Dr. E. H. L. Krause: Rubi Rostochienses. Mecklenburger Archiv, 1880; Rubi Berolinenses. Verhandl. d. bot. Ver. der Prov. Brandenburg. Jahrg. 26., 1885 (geschr. 1882); Die Rubi suberecti des mittleren Norddeutschland. Berichte d. deutsch. bot. Gesellsch. Bd. IV, 1886; Über die Rubi corylifolii. ibid. Bd. VI, 1888; Bearbeitung der Brombeeren in Dr. P. Prahls kritischer Flora der Prov. Schleswig-Holstein ete. Teil 1 und 2, 1889 und 1890; Bastarde des Rubus Idaeus. Abhalg. d. nat. Ver. zu Bremen, XII, 1,1891. Synopsis prodromalis specierum Ruborum moriferorum europaearum et boreali-americanarum i. d. botan. Jahrbüchern von Engler, Bd. XVI, Heft 4/5, Beiblatt No. 39, 1893. Die elsässischen Brombeeren. Mitteilg. der losen Gesellsch. in Elsass-Lothringen, V, 2, 1897. Die Brombeeren der Provinz Westpreussen. Schriften der natur- forschd. Gesellsch. m Danzig, IX, 3, 1898. K. Friderichsen und ©. Gelert: Danmarks og Slesvigs Rubi. Botan. Tidsskrift, Kjobenhavn, XVI, 1 und 2, 1887; Les Rubus de Danmark et de Slesvig. ibid., Heft 4, 1888; Om Rubus commixtus og narstaaende Former, ibid. XVII, 3, 1839; Rubus *commixtus, nova subspecies. ibid., Heft 4, 1890; K. Friderichsen: Über Rubus Schummelii Weihe, eine weitverbreitete Art. Bot. Centralblatt, Bd. LXVI 1896; Beiträge zur Kenntnis der Rubi Corylifolii. ibid. Bd. LXXIL, 1897; Die Nomenklatur des Rubus thyrsoideus ibid. Bd. LXXVIL 1899. Ö. Gelert: Batologische Notizen im botanisch. Centralblatt, Bd. XXV], 1889; Brombeeren aus der Provinz Sachsen. Verhandlungen des botan. Vereins der Provinz Brandenburg. 38. Jahrg. 1896. Verzeichnis der Brombeeren Lübecks. A. Subgenus Cylactis Focke. 1. R. saxatilis L. An schattigen Stellen der Wälder, meist auf Quellboden oder in Erlenbrüchen: Pirschbachwiesen bei Mölln (Fr.!), Hevenbruch bei Nusse!!, Farchau (Fr.!), Graskoppel bei Reinfeld 10 (Rohw. schrift. Mitteilung), Schellbruch (Dr. Ave 1820!), Lauerholz (H.!), Paddelügger Holz (H.!), Kuhbruch bei Schwartau (Fr.!) Riese- busch (H.))!!, Waldhusen (H.!)). B. Subgenus Idaeobatus Focke. 2. R. Idaeus L. In der typischen Form überall im Innern und am Rande der Wälder, besonders zahlreich an Waldblössen und unter Nadelholz; je nach dem Standorte (ob sonnig oder schattig) ist die Blattunterfläche stärker oder schwächer filzigG. An Abänderungen wurden beobachtet: Schlitzblättrige Formen: Bei Pogeez (Fr.!), im Riesebusch bei Schwartau (Fr.!), am Timmendorfer Strande!!. Die Form mit gelben Früchten (f. chlococarpus RE. H. L. Krause in Prahls Flora); Am Drüsensee bei Mölln (Thran, mdl. Mitteilg.) und in einem Walde’ bei Nusse (Fr. Past. Harder, mdl. Mitteilg.); beide Funde bedürfen der Bestätigung; {. maritimus Arrh.: auf Dünensand am Timmendorfer Strande!!, Unsere Pflanze weicht von der Beschreibung Arrhens (in der Monogr. R. S.) und der Auffassung Fockes (Abhandlg. d. nat. Ver. zu Bremen, XIII, 3) etwas ab, doch stellt Friderichsen sie zu Arrhens R. *maritimus. Die selten über 50 cm hohen, nie „blühreifen“ Schösslinge sind mit zartem, aber dichtem Filz und gedrängten Nadelstacheln von 2 mm Länge bekleidet; Schösslingsblätter klein, lederig, stark gefaltet, meist dreizählig, seltener durch Lappung des Endblättchens angedeutet fünf- zählig; Seitenblättchen breiteiförmig, Endblättchen am Grunde tief herzförmig, meist nur kurz zugespitzt. Blätter des Blüten- standes meist ungeteilt, rundlich. Staubblätter nach dem | Verblühen nicht auf die Griffel neigend („in stylos incum- bentes“ Arrhen); Früchtchen filzig, schwach gerillt. 6. Subgenus Eubatus Focke. I. Series Suberecti. 3. R. suberectus Anderss. An sonnigen Waldwegen etc. nicht selten (Griew.!, Br.!, Koeppel nach Kr., schriftl. Mitteilg,') Fr.!, Rohw.!!); Zweige mit rinnigen Blattstielen, gestielten Seitenblättchen, faltigen Blättchen der Blütenzweige (var. sextus E. H. L. Krause) kann ') Schlagbrügger Holz. Hb. Kr. No. 317: R. aestivalis x Idaeus—=hy. suberectus sensu latiore. 11 man — besonders auf sonnigen Stellen — nicht selten an Exemplaren der typischen Form beobachten.) . R. fissus Lindl. Weniger häufig als voriger, manchmal mit ihm zusammen. Beobachtet: Blankensee!!, Lauerholz (Fr.!)!, nahe dem Eutiner Bahnhofe von Schwartau (Fr.!,!! — von Kr. anfangs für seinen R. Ernesti Bolli gehalten; später stellte er die Exemplare selbst zu fissus —), Waldhusen (Gel. 89, Fr.!)!!.?) Hierher gehört wahrscheinlich auch R. Ernesti Bolli m Prahls Krit. Fl. I, pg. 51 von Süsel, leg. E. H. L. Krause.) . R. pliecatus W. N. An Knicks und Waldrändern, besonders auch auf moorigem Boden häufig. (H.!, Griew.!, Br.!, Koeppel nach Kr., schriftl. Mitteilg.*), Fr.!, Rohw.)!! Stark rispige Formen, bei denen die äusseren Blättchen der Schösslingsblätter oft sehr deutlich gestielt sind, wurden im Spät- sommer nicht selten beobachtet; besonders auffällige derartige Exem- plare aus der Grönauer Heide!!, von Paddelügge!!, und dem Rande des Timmendorfer Wohldes!!. Eine Pflanze, die mit diesen Merkmalen noch einzelne Haare auf dem Schössling vereinigte, sammelte ich auf Moorboden am Timmendorfer Strande.°) Mehr oder weniger schlitzblättrige Formen (f. dissectus Lge.): am Rande des Lüttauer Sees bei Mölln!!! am Fuchsberg im Lauer- holz (Lenz!) und an Feldwegen bei Schönböcken und Schürsdorf!!. . R. *#opacus F, am besten wohl als Form (kaum Bastard!) zu plicatus zu stellen, sammelte ich im Gehölze hinter Paddelügge (Frid. vid.). >R. septimus E. H. L. Krause (nach dem Autor‘) Bastard zwischen subereetus und plicatus): Lütjenhofer Buchenkoppel bei !) No. 8 (St. Georgsberg bei Ratzeburg, leg. Fr.) ist im Hb. Kr. No. 319: R. aestivalis > Idaeus; No. 9 (Paddelügge,!!): Hb. Kr. No. 318: R. hybridus suberectus sensu strieto; No. 11 (Forstort Schwerin, leg. Br.) Hb. Kr. No. 196: R. aestivalis. 2) No. 1 (Waldhusen, leg. Fr.): Hb. Kr. No. 627: R. hy. fissus; No. 5 (Schwartau, leg. Fr.): Hb. Kr. No. 220: R. aestivalis; No. 6 (Schwartau, !!): Hb. Kr. No. 242: R. hy. fissus. ») Hb. Kr. No. 230: R. hy. fissus (nach Gelert plicatus f. dissectus). *) Mannhagener Zuschlag bei Mölln. Hb. Kr. No. 194: R. aestivalis. °) R. plicatus f. No. 1 (zwischen Buntekuh und Paddelügge,!!): Hb. Kr. No. 201: R. aestivalis; R. plicatus f. No. 2 (Rand des Timmendorfer Wohldes,!!): Hb. Kr. No. 200: R. aestiyalis; R. plicatus f. No. 3 (Schwartau, Kaltenhofer Strasse, leg. Fr.): Hb. Kr. No. 199: R. aestivalis; 6) Berichte der deutschen bot. Gesellsch. IV, pg. 81; Prahls Fl. pe. 51. 9 10. 12 Dassow (Griew. nach Kr. in Pr. Fl.); hierher stellte Dr. Krause eine von typischem R. plicatus durch kurzgestielte Seitenblättchen und ein wenig schwächere Stacheln nur kaum abweichende Form, welche unter der Art am Kaltenhofer Wege bei Schwartau steht (leg. Fr.!).") Letztere wurde von Friderichsen für eine Form des R. plicatus erklärt. R. Ernesti Bolli E. H. L. Krause. Bisher nur bei Schlag- brügge (Ratzeburg) gefunden (Köppel nach Kr.).”) Das dortige Exem- plar ist ein „peraestivalis > semivestitus“, wahrscheinlich plicatus > rhombifolius (Kr. schriftl. Mitteilung). R. sulcatus Vest. Hält sich — mehr als R. plicatus — an die Nähe der Wälder. Durchs ganze Gebiet nicht selten (Griew.!, H.!, Br.! Koeppel nach Kr. schriftl. Mitteile.?), Rohw. nach schriftl. Mitteilg., Fr.!)!!*) Stark rispige Herbstzweige (f. serotinus Lindebg.) sind auch bei R. sulcatus nicht eben selten. R. nitidus W. N. °) Von Herrn Sen. Dr. Brehmer im Lauerholz hinter Karlshof gesammelt (!) und von Dr. Focke als R. nitidus bestätigt. Der Standort konnte später nicht wieder aufgefunden werden. II. Series Rhamnifolii. R. vulgaris W. N. ist bisher nur in einer schmalblättrigen Form bei Waldhusen an mehreren Stellen beobachtet worden (Griew. 53!, Fr.!)!!® R. rhamnifolius W. N. bei uns nur in der subsp. Maassii F.’) In einer zarten Schattenforrm am Rande des Lauerholzes bei Karlshof!!; kräftige, den Typus gut charakteri- sierende Pflanzen im Rittbrook nahe dem Forsthausel!.®) ») Im Hb. Rub. Lubec. R. plicatus f. No. 3. ?) Zitiertt in den Rub. Rost.,, Nachtrag als „R. plicatus mit etwas behaartem Schössling“, in Krauses Rubi suberecti des mittl. Norddeutschl. pg. 81 und in Prahls krit. Fl. pg. 5l als R. Ernesti Boll. ®) Carlower Holz. Hb. Kr. No. 202: R. aestivalis. ) No. 4 (Schwartauer Gehölz, leg. Br.): Hb. Kr. No.198: R. aestiyalis; eine wahr- scheinlich durch Caesiussaft vermischte, dem NR. sulcatus sehr nahe- stehende Form wurde in der Israelsdorfer Baumschule (Br. 1877 — Hb. Kr. No. 195: R. aestivalis) gefunden. 5) Zitiert von ©. T. Timm in den Ber. d. deutsch. bot. Ges. Bd. IV, 1886, pag. CLXVI als neu für Schleswig-Holstein und in Prahls Fl., pag. 51. ) Fl. L. pg. 18: R. suleatus X villicaulis; EHb. Kr. No. 731 (leg. Fr.) R. cf. hy. Ernesti Boll. ) Fl. L. pg. 18: R. pliecatus x villicaulis. ) No. 1 (Karlshof): Hb. Kr. No. 553: R. cf. hy. mucronatus. No. 2 (Rittbrook): Hb. Kr. No. 551: R. cf. hy. mucronatus. 11. 12. 13 IH. Series Candicantes. R. thyrsoideus Wimm. (R. arduennensis Lib.!) An vielen Stellen, doch nirgends häufig: im Ziegelholz (Fr.!)!!?) und an der Stecknitz (Fr!) bei Mölln, Pfaffenmühle (Fr.!)) und Bäk (©. T. Timm)*) bei Ratzeburg, Pogeez (Fr.!); in näherer Umgebung Lübecks in den Sandbergstannen !!?) und beim Forsthause Rittbrook !!;°) ausserdem bei Schwartau am Eutiner Bahnhof, ’) Zarnewentz und Schwanbeck®) bei Dassow (Griew. 1850 und 53°) und in der Neukoppel bei Haffkrug!!!®) Bei unseren Exemplaren passen die wenig kantigen Schösslinge auf R. *candicans, doch wurzeln sie, soweit ich beobachtet habe, nicht (mit Ausnahme der Pflanzen bei Schwartau). Die Blätter sind meist recht breit, kommen aber auch schmal, wie bei *candicans, vor. Der Blütenstand ist an demselben Orte (besonders auffallend bei Mölln und im Rittbrook) bald lang und schmal (*candicans), bald kurz und breit (*thyrsanthus und *Grabowskii)'!!). Die Farbe der Blütenblätter findet sich in Abstufungen vom schönsten Rosa (Hafikrug, im Schatten) bis zu fast völligem Weiss (sonnenständige Exemplare bei Mölln). Die Fruchtknoten haben bald vereinzelte Haare (*Grabowskii,) bald sind sie kahl. Ich möchte daher — zum mindestens für unser Gebiet! — von einer Trennung des R thyrsoideus in *candicans und *thyrsanthus (und *Grabowskii), wie es noch in Friedrichs Fl. v. Lüb. durchge- führt ist, absehen. IV. Series Villicaules. R. villicaulis Köhl. Typisch ausgebildeter villicaulis scheint bei uns selten zu sein; er wurde beobachtet am Walkmüllerholz bei Mölln (Fr.!)12), im Lauerbolz bei Israelsdorf (Griew. 52!)!! und auf Lehmboden bei Bargerbrück (Fr.)). !) Vel. K. Friderichsen: Die Nomenclatur des R. thyrsoideus. ») Hb. Kr. No. 804 >, Hb. Kr. No. 811 J *), Zitiert in den Berichten der deutsch. bot. Ges. Bd. VI, 1888, pag. CX als R, thyrsanthus F. 5) Hb. Kr. NNo. 522 und 523 | 6) Hb. Kr. No. 521 zwischen hy. Grabowskii und hy. Langei. ”, Hb. Kr. No. 626 °), In einer Schattenform mit unterseits grünlichen Blättern. °) Zitiert Rub. Rost. pg. 191 (als *candicans), Pr. Fl. pg. 64 (als *thyrsanthus). 10) Hb. Kr. No. 520: R. hy. Langei. ın) ‚An R. *insularis Aresch. erinnernd“ (vel. Frid. u. Gel.: Danmarks og Slesvigs Rubi. pg. 63). ‘2, Hb. Kr. No. 68: R. bremonfs villicaulis. zwischen hy. Grabowskii und hy. Langei. ala, var. thyrsanthoides E. H. L. Krause (=R. discolor Betcke nec Weihe). Wesloer Tannen (Br.!) und bei Dassow an mehreren Stellen (Willebr. u. Griew.!).*) n. var. argyriophyllus. Schösslinge kantig, gefurcht (an sonnigem Standort rotbraun), kräftig bewehrt mit teilweise rückwärts gekrümmten Stacheln, mit ziemlich zahlreichen, kurzen Haaren und vereinzelten gelben Sitzdrüsen bekleidet. Schösslingsblätter fussförmig — fünfzählig, unregelmässig gezähnt, unterseits grau („graufilzig“!) -— bis silberweissfilzig. Endblättchen am Grunde herzförmig, an sonnigen Stellen rundlich mit kurzer, aufgesetzter Spitze; im Schatten breit- eiförmig, in eine kurze Spitze verschmälert. Infloreszenzen nach dem Standorte verschieden: auf moorigem Boden zusammengesetzt, traubig endigend; in Knicks oft sehr entwickelt, unten durchblättert, manch- mal über !/a Meter lang. Blütenstandsachse rotbraun, dicht behaart, mit ziemlich kräftigen, aus breiter Basis rückwärtsgekrümmten Stacheln bewehrt; Blütenstielchen mit zahlreichen gelben Nadel- stacheln besetzt. Kelch graufilzig, nach der Blüte locker zurück- geschlagen; Blütenblätter hellrosa, im Schatten rosenrot. Staubgefässe die Griffel überragend; Fruchtknoten mit einzelnen Haaren oder kahl. Früchte gut entwickelt, glänzend schwarz. Diese Form ist in unserem Gebiete beobachtet in Knicks bei Einhaus (Fr.!?)!! und sehr zahlreich in den Hecken von dort nach Harmsdorf und zum Behlendorfer Forst!!; in der Grönauer Heide auf Moorbeden!!; in Hecken beim Klingenberg am grossen Pönitzer Seel! und zwischen der Scharbeutzer Heide und den Schürsdorfer Abbauen!!; auf moorigem Boden („Haffwiesen“) und in einer Hecke bei Haffkrug!!?) Eine Schattenform, die man fast für einen Aestivalen (oder Rhamnifolier) halten möchte, mit kahlem, grünem Schössling, sehr vereinzelten Stacheln, grossen, schlaffen, unterseits fast grünen Blättern und recht schwacher Infloreszenz mit schön rosenroten Blüten sammelte ich am Rande des Behlendorfer Forstes. Diese auffallende Pflanze, welche weiter verbreitet zu sein scheint (Frid., schriftl. Mitteilg.), hielt ich anfangs mit Herrn Friderichsen für den echten R. argenteus W.N., der bisher in einer !) Zitiert von Betcke pg. 103; Hb. Kr. No. 796: R. cf. hy. Langei, f. thyrsan- thoides in Prahls Flora. 2) Hb. Kr. No. 803: R. cf. hy. Langei; in Fl. L. pg. 19 unter dieser Bezeichnung. 3) Hb. Kr. No. 72: R. cf. aestivalis x vestitus. Nach der Nomenclatur in Pr. Fl. R. villicaulis *insularis; als solcher in Fl. L. pg. 19. der Beschreibung und Abbildung in den R. Germ. (pg. 45, Tab. XIX) völlig entsprechenden Form noch nicht wieder aufgefunden ist. R. argenteus W. N. scheint (nach Beschreibung und Abbildung, sowie nach ÖOriginalexemplaren Weihes im lüb. Herbar) ein ausge- zeichnetes Glied einer ganzen Reihe von Brombeeren zu sein, welche etwa in der Mitte zwischen den Serien der Aestivales (besonders nitidus) und Villicaules stehen, zu denen (nach Frid., schrift. Mitteilg.) wohl auch R. *Selmeri Lindebg. und R. villicaulis var. rotundifolius G. Br. gehören. Auffallend ist bei unserer varietas argyriophylla die Ähnlichkeit kräftiger Exemplare mit R. *atrocaulis P. J. Müll, so dass man sich veranlasst sehen könnte, sie für eine Form desselben zu halten; doch sind die Unterschiede (besonders die grossen, runden Blätter, die weissfilzige Unterfläche, die stellen- weise fast traubig verkürzten Infloreszenzen) wieder so bedeutend, dass ich sie lieber zu villicaulis stelle, von dem ich den R. *atrocaulis nur für eine Subspecies ansehe. Häufiger als der typische R. villicaulis sind verhältnismässig stark behaarte und reichdrüsige Formen, welche zwischen ihm und dem folgenden etwa die Mitte halten, und zwar weissblütig: bei Ratzeburg (Koeppel nach Kr.)‘), Pansdorf!!, Luschendorf!!?) und am Rande des Timmendorfer Wohlds!!?); rotblühend®): bei den Schiesständen an der Untertrave!!, in Hecken zwischen Gotmund und Israelsdorf!! und auf Moorboden am Timmendorfer Strande!!?). 13. R. *insularis Aresch. Am Südrande des Lüttauer Sees bei Mölln!!, in einer Hecke bei Nusse!!, am Rande des Behlendorfer Forstes nach Albsfelde zu!!, in einer Hecke nahe bei Zarpen!! und in Niendorf bei Zarpen (Rohw.!); ausserdem im Schwartauer Gehölz (Br.!)), im „Beutz“ zwischen Waldhusen und Ratekau!! und bei- Ahrensböck an mehreren Stellen (Er., mdl. Mitteilg.). var. mutatus ©. Gel. Eine mit Herrn Gelerts Diagnose in den „Brombeeren aus der Provinz Sachsen“ recht gut übereinstimmende t) Zitiert in Pr. Fl. pg. 66 unter R. villicaulis £. Selmeri Lindebg. 2) Hb. Kr. No. 71: R. ef. aestivalis x vestitus; Fl.L. pg. 19: Eine der £. marchicus Kr. verwandte Mittelform zwischen R. villicaulis und vestitus. °) Hb. Kr. No. 70: R. cf. aestivalis x vestitus; nach der Nomenclatur in Pr. Fl. und in der Fl. L. pg. 19: R. villicaulis £. Selmeri. * Fl. L.: R. rhombifolius auf Autorität Dr. Fockes. °) Hb. Kr. No. 625: R. semi- (aestivalis > bremon). ©) Hb. Kr. No. 69: R. cf. aestivalis x vestitus. 14. 16. 17 18 19 16 Strauchgruppe dieser wohlausgeprägten Pflanze findet sich am Timmen- dorfer Strande auf feuchtem Sandboden !!?) R. *atrocaulis P. J. Müll. (= R. villicaulis f. rectangulatus G. Maass, R. Langei G. Jens). Häufig (F.-B.!, Fr.!, Rohw.!, Er.!)!! Eine Form mit sehr kräftigen Stacheln und dicht behaarten Achsen wurde beobachtet im Rittbrook bei Wesloe unter der typischen Form!! und im Holze bei Waldhusen (Griew. 53!).?) . R. rhombifolius Whe Diese prächtige Pflanze wurde bisher nur bei Mölln beobachtet: am Hegesee (Fr.!, Er.)!!, Schmalsee (Fr.!)!! und Lüttauer See (Fr. !)!! R. gratus F. Von Dr. Focke?) ohne nähere Bezeichnung von Lübeck angegeben; ausserdem bei Waldhusen an mehreren Stellen (Griew. 531,%) Fr.\5)!! Gleschendorf (Er) und Ahrensböck (Er.) beobachtet. . R. danicus FL. Von Zarnewentz bei Dassow (Griew. nach Kr.)®) angegeben; mir ist diese Brombeere nicht vorgekommen. . R. macrophyllus W. N. „In der Gegend von Lübeck“ (Focke),”) am Schmalsee bei Mölln mit R. rhombifolius Whe. (Fr.!)!! und am Rande der Graskoppel bei Reinfeld !! . R. silvaticus W. N. Am Rande der Graskoppel bei Reinfeld (Rohw.), Niendorf bei Zarpen (Rohw.!) und bei Ahrensböck an mehreren Stellen (Er.!). Rubus laciniatus Willd. Im Lauerholz unter Kiefern nahe einer jungen Baumpflanzung angesiedelt, wahrscheinlich mit Baum- samen ‚eingeschleppt (Fr.!). V. Series Sprengeliani. 20. R. Sprengelii Whe. Recht häufig in Knicks und auf Waldblössen, oft in grosser Menge, durch seine Blütenfarbe eine unserer schönsten Brombeeren (Willebr.,®) Griew. 521?) H.1,1°) Br.!, Rohw., Fr.!!1)!\. Ä) Hb. Kr. No. 623: R. cf. hy. macrothyrsus; in Fl. L. pg. 19: Eine der £. marchicus Kr. sich nähernde Form. ) Wahrscheinlich ist dies der Rub. Rost. pe. 193 angeführte R. *obotriticus E. H. L. Krause. ) Syn. Rub. Germ. pg. 215. ) Unter R. vulgaris W. N. ) Hb. Kr. No. 519: R. hy. Langei (leg. Fr. am Wege nach Sereez). ) Zitiert in Pr. Fl. pg. 68. Syn. pg: 217; zitiert in Pr. Fl. pg. 69. Zitiert von Betcke pe. 138 u. Rub. Rost. pg. 197 (leg. Willebr. b. Israelsdorf.) No. 5 (leg. Griew. im Lauerholz): Hb. Kr. No. 834: ef. R. hy. Sprengelü. Zitiert in Pr. Fl. pg. 58. ) No. 7 (leg. Fr. bei der Waldhalle von Mölln); Hb. Kr. No. 700: cf. hy. Sprengel. 2. 22. 1KQ R. Arrhenii Lge. Bisher beobachtet im Niendorfer Holz (Holstein, leg. ©. T. Timm),!) im Lauerholz (am Rand des „Lustholzes“) !!, im Kannenbruch bei Krummesse!! und im Gehölz hinter Paddelügge!!.?) VI. Series Adenophori. R. conothyrsusF. Zahlreich und in schön entwickelten Exemplaren auf dem Hohen Koberg (im kleinen Hevenbruch, unter Buchen) bei Nusse und in einer Hecke von da nach dem Dorfe Koberg!!; in einer weniger gut entwickelten Kolonie auf Moorboden in der Grönauer Heide!!. . R. eimbrieus F. An mehreren Stellen in der Grönauer Heide!!, ausserdem im Lauerholze (©. Gel.) beobachtet. Eine wahrscheinlich. zu R. cimbricus gehörige Schattenform, ebenfalls im Lauerholz (52!) gesammelt, fand sich in G. Griewanks Herbar unter R. Sprengelü mit der Bemerkung: „Nach Betckes Dafürhalten eine grössere Form von R. Sprengelii Whe. et N. Ich zweifle!“ . R. Schummelii Whe., nur in der var. hypomalacus F. (als Art). Auf humusreichem Buchen- und Nadelwaldboden, auch in Knicks am Rande der Wälder. Im südlichen Gebiet beobachtet bei Mölln an mehreren Stellen (Fr. !) und bei Nusse!!; im nördlichen häufig: Schwartau (Fr.!?)) !!?), Pariner Berg,?) im „Beutz“ bei Ratekau!!, im „Spann“ am Hemmelsdorfer See!l, Timmendorfer Wohld!!, Neukoppel bei Haffkrug!!, Wäldchen am Wennsee bei Scharbeutz!!, Scharbeutzer Heide!!, Gleschendorf (F.-B.°), Er.) und Ahrensbök (Er., mdl. Mitteilg.). Der R. *hypomalacus F. findet sich bei uns meistens in der f. Hansenii E. H. L. Kr. (als Art)’); die f. velutinus W.N. (unter R. macrophyllus), die sich nur durch längere Staubgefässe und weniger zahlreiche Drüsen unterscheiden lässt, sammelte ich am Rande der Scharbeutzer Heidel!. !) Angegeben i. d. Bericht. der deutsch. bot. Ges. 1882, Ber. d. Kommiss. für die Flora von Deutschland, Abschn. VII. (Schlesw.-Holst.). und ?) Hb. Kr. No. 706: R. hy. Arrhenii. ®) Hb. Kr. NNo. 641, 774 und 781: R. hy. semi Hansenii. *) Hb. Kr. NNo. 735 und 754: zwischen R. hy. gratus u. hy. Hansenii. 5) Hb. Kr. No. 414: R. caesius >< vestitus. °) Zitiert in Pr. Fl. pg. 60 unter R. Hansenii Krause; im Hb. Kr. NNo. 779 783: R. hy. paene Hansenii [R. paene — (vestitus X aestivalis))] und R. hy. Hansenii. ?) Als solche in Fl. L. pe. 18. 18 25. R. mucronatus Blox, bisher nur in der f. atrichantherus E. H. L. Krause (als Art. Am Ost- rande des Lüttauer Sees bei Mölln!!, bei Zarpen an mehreren Stellen (Rohw.)!!, im Kannenbruch bei Krummesse!!, an der Land- strasse zwischen Schönböcken und Paddelügge!! und im Spechser Holz bei Ahrensböck (Er.!). Eine schwache Schattenform mit meist dreizähligen Blättern am Schössling und spärlichen Stieldrüsen: in der Wüstenei bei Zarpen!! und im Gehölz hinter Paddelügge!!.!) Eine auffallende Form mit sehr verschiedenartigen Stacheln am Schössling und zahlreichen, teilweise sehr langen Drüsen an beiden Achsen sammelte Dr. Friedrich am Blöcken bei Mölln unter Nadelholz auf sehr humusreichem Boden (!!).?) Da typischer R. *atrichantherus Kr. in der Nähe (am Lüttauer See) wächst, möchte ich diese Pflanze für eine durch Bodenverhältnisse bedingte Form desselben halten. Eine interessante, an R. infestus Whe. in mancher Beziehung erinnernde Pflanze (Schössling kräftig bestachelt mit zahlreichen, verschieden grossen Stachelhöckern,; Blätter eingeschnitten gezähnt, in der Form an die des R. cimbrieus F. erinnernd, doch am Grunde weniger tief herzförmig und kürzer gespitzt; Blütenstandsachse mit kräftigen Stachelhöckern und spärlichen, rückwärtsgekrümmten, breit- basigen Stacheln; Blütenblätter weiss mit schwachem Anflug von rosa, auffallend schmal; Staubgefässe die Griffel beträchtlich über- ragend; Früchte mittelmässig entwickelt) sammelte ich unter R. vestitus und villicaulis in einer Schlucht am Överdiek bei Gross Timmmendorf. Die Möglichkeit, dass es ein Bastard des R. vestitus ist (vielleicht mit R. caesius oder einem Corylifolier nach der Meinung Friderichsens), ist nicht ausgeschlossen. Einen Rubus „perbremon > Bellardii se. pallidus > vestitus“ (nach ©. Gelert R. flensburgensis K. Fr.) giebt Dr. Krause vom Kleinfelder Zuschlag bei Schönberg (leg. ©. Koeppel) an.?) ') Hb. Kr. NNo. 752 und 624: R. semi- (aestivalis x bremon). 2, Fl. L. pe. 19: „Ein Bastard von R. Bellardii mit einer der hochwüchsigen Hiemalesarten, dem R. atrichantherus Kr. sehr nahe stehend;“ Hb. Kr. NNo. 643, 644, 756: ck. R. hy. mucronatus. °®) Unter R. flensburgensis Lge. in Pr. Fl. pe. 85; Hb. Kr. No. 610. 19 VI. Series Vestitıi. 26. R. vestitus W.N. Durchs ganze Gebiet, mit Ausnahme der Strecke von Lübeck bis Ratzeburg, verbreitet, doch nicht überall häufig. Es lassen sich unterscheiden: var. « leucostachys Schleich. In nächster Umgebung der Stadt selten: bei der Treidelhütte (Nolte 20),!) Rittbrook!!, Rand des Schellbruchs!!, an der Ostseeküste vom Timmendorfer Strand?) bis Haffkrug (und weiter nach Holstein hinein) sehr häufig, charakte- ristisch für die dortigen Knicks. Von dort geht R. *leucostachys ziemlich weit ins Binnenland: Gross Timmendorf!!, Kuhlsee bei Schürsdorf!!, Ahrensböck (Er.), Horsdorf!!,?) Parin!!, Schwartau !!; ausserdem in Hecken bei Gross Steinradel!, bei Zarpen (Rohw., Fr.!) und vereinzelt bei Nussel!. > f. viridis Lge. (zarte Schattenform, Unterseite der Blätter grün): am Rande der Scharbeutzer Heide!i, in einer Schlucht bei Kattenhöhlen!!, Sarau bei Ahrensböck (Er.). Eine Form mit „scharfgesägten, oberseits kahlen Blättchen; Schössling mit zahlreichen, kurzen Stieldrüsen“: bei Zarpen (Rohw. nach Kr.);t) Hr. Rohweder schreibt darüber: „Eine besondere Form soll ich nach Kr. gesammelt haben; mir ist davon nichts bekannt.“ var. ß chloroscarythros E. H. L. Krause. Zahlreich im süd- lichsten Teile des Gebietes: Kleinfeld -Schönberg und Schlagbrügge (leg. Koeppel nach Kr.)?) und bei Ahrensböck (Er.); ausserdem (ver- einzelt) beobachtet in den Brunsmarker Tannen ‘bei Mölln!!, bei Zarpen (Rohw., mdl. Mitteilg.), in einer Hecke bei Schürsdorf!1,°) in einer Schlucht am Överdiek!!, in Knicks bei Scharbeutz!! und Sierksdorf (Frl. P. Kirchner!). An sonnigem Orte verlieren die Blüten von R. *chloroscarythros oft ihre leuchtende Farbe (vgl. Einleitg.); ein solches Exemplar wurde in Fr.s Fl. L. pg. 19 als „Mittelform zwischen R. leucostachys und chloroscarythros“ aufgeführt. t) Zitiert in Pr. Fl. pg. 74. 2) NNo. 9 und 10 als „rotgrifflige Form“ in Fl. L. pg. 19 angegeben; No. 9 ist im Hb. Kr. No. 23: R. vestitus. ®) No. 8, nicht ganz normaler Herbsttrieb mit unterseits angedrückt weissfilzigen Blättern. Diese Pflanze nannte Dr. Focke nach wenig instruktivem Material R. Linde- bergii P. J. Müll. (als solcher in Fl. L. pg. 19); Hb. Kr. No. 751: R. semivestitus. %) Zitiert in Pr. Fl. pg. 74. °) Zitiert in Rub. Rost., Nachtrag; In Pr. Fl. pg. 74; Hb. Kr. NNo. 21 und 22. 6, Hb. Kr. No. 24. [} = 20 27. R. pyramidalis Kaltenb. Nicht selten; aus dem südlichen Teile 6%) des Gebietes liegen keine Beobachtungen vor (Griew. nach Kr.,!) H.!, Br.!, Rohw., Fr.!)!!.2) Eine f. umbrosa mit fast kahlen 'Turionen; Blätter gross, dünn, oft dreizählig, unterseits schwach behaart, grünlich; Blütenstand lang, durchblättert, mit nur sehr vereinzelten Stieldrüsen: In einer Hecke zwischen Pansdorf und Gross Timmendorf mit typischem pyramidalis zusammen!!. Eine vielleicht nur zufällige (?hybride) Form mit verhältniss- mässig kräftigen Stacheln und zahlreichen, langen Stieldrüsen im Blütenstande (,„R. radula, f. ad R. Rothii?) accedens“ nach Focke) sammelte Sen Dr. Brehmer in den Wessloer Tannen.‘) Eine wahrscheinlich hybride Pflanze aus der Gruppe der Vestiti, welche nach Friderichsen am nächsten mit R. Menkei *hirsutus verwandt ist, sammelte Fr. am Südrande des Lüttauer Sees bei Mölln(!!); leider sind die Bedingungen zu einer kräftigen Entwicklung der wenigen Sträucher so ungünstig, dass sich über Abstammung oder Identität nichts Genaues sagen lässt. VII. Series Radulae. R. radula Whe. Im ganzen Gebiete sehr häufig (Griew.,’) F.-B.!, Fr.!,°) Rohw.!, Er., Koeppel nach Kr.”)!!). Einen blühenden Schösslingstrieb sammelte Kr. bei Trave- münde (Gneversdorf).®) Von der typischen Form weichen durch rundliche, schwach- bewehrte Schösslinge, schmale Blätter und verkürzte Infloreszenz die Pflanzen von Waldhusen (bei der Haltestelle, leg. Fr.!), Ratze- burg (Piaffenmühle, Fr.!) und Klein Grönau (nahe dem Seekruge, ") R. Rost. pg. 198, Pr. Fl. pg. 74. ?) No. 3 (Schwartau, Waldrand unterhalb Emanuelsruhe!!): Hb. Kr. No. 736: cf. R. pyramidalis; No. 9 (Militärschiesstände an der Untertrave!!): Fl. L. pe. 19: R. pyramidalis („Annäherung an R. rhombifolius“), Hb. Kr. No. 737: „steht zwischen pyra- midalis und silvaticus“; No. 10 (in einer Hecke bei Scharbeutz!!): Fl. L. pg. 19: R. pyramidalis („Annäherung an R. rudis“), Hb. Kr. No. 750: R. semivestitus; No. 11 (Rand der Scharbeutzer Heide!!): Hb. Kr. No. 755: R. pervestitus x semibellardii. ®, Fl. L. pg. 19: R. pyramidalis („Annäherung an R. radula“). *) R. thyrsiflorus £. exsecatus Br. in sched.; thyrsiflorus Lenz in seiner „Über- sicht der lübeckischen Flora.“ 5) Zitiert von Betcke pe. 110, R. Rost. pg. 199. ®) No. 3 (Schwartau): Hb. Kr. No. 817: R. hy. radula. ”) Hb. Kr. No. 816: R. hy. radula. °) Hb. Kr. No. 820: R. hy. radula primo axi florens. 21 Fr.!)!! ab. Eine ziemlich extreme Form dieser Richtung sammelte Fr. bei Schwartau (Waldhütte!). f. mollis OÖ Gel. (= viadricus E.H.L.Kr.)!) ist nicht selten; schon von Kr. von Lübeck ohne genauere Bezeichnung angegeben. ?) Es lassen sich zwei Typen dieser Varietät unterscheiden: «. Schattenform mit sehr breiten, gekerbten, unterseits grünen Blättern, Achsen wenig bestachelt, mit zerstreuten Haaren und - Drüsen; Blütenstand sehr verkürzt; Blütenstielchen dünn, teilweise wagerecht abstehend, mit sehr schwachen Stacheln; Staubgefässe verhältnismässig kurz. So häufiger: Dassow (Griew. 491),?) Timmen- dorfer Strand, am Rande der Kammer!!, im „Spann“ am Hemmels- dorfer See!!, an der Eutiner Bahn zwischen Schwartau und Pansdorf!!, im „Beutz“ zwischen Waldhusen und Ratekau!!, bei Zarpen (Rohw.!) und am waldigen Ufer des Ratzeburger Sees bei Einhaus!!. p. Blätter fein und scharf gesägt, unterseits angedrückt filzig; Achsen lang und dicht behaart (Drüsen sehr viel kürzer als die Haare); Blütenstand lang und schmal, durchblättert. Diese Form ist manchmal mit typischem radula durch Übergänge verbunden; be- sonders ausgeprägt ist sie gefunden bei Waldhusen!!, in.der Grönauer Heide!! und bei Ratzeburg (Pfaffenmühle, leg. Fr.!). An diesen Typus schliesst sich eine sehr extreme, dem R. echinatus Lindl. ähnliche Form an,*) die vielleicht hybriden Ursprungs ist (Früchte meist fehlschlagend). Sie hat sehr dicht behaarte, reichlich mit Drüssen und Stachelhöckern versehene Turionen; die Stacheln sind schmal und nicht ganz gleichartig. Schösslingsblätter sehr lang gestielt; Blättehen breit, unterseits kurz- haarig und angedrückt graufilzig, mittlere Seitenblättchen auffallend eckig. Infloreszenzen manchmal über 1 m lang, durchblättert, mit ziemlich starken, geraden Stacheln bewehrt; Blütenästchen 5—7blütig, mit feinen, gelben Stacheln besetzt, Terminalblüte sehr kurz gestielt; Blütenblätter breiter als bei radula; Staubgefässe wenig länger als Griffel. Diese Form fand ich in mehreren Exemplaren am Timmen- dorfer Strande in einer Hecke’) und sehr zahlreich in Knicks bei Waldhusen; an letzterer Stelle ist sie nicht immer genau von *mollis ß zu trennen. ) Als solcher in Fl. L. pg. 19. % Pr. Fl. pg. 70. ®) Hb. Kr. No. 815: R. hy. radula. *) Fl. L. pg. 19: R. radula £. viadricus Kr. ») Hb. Kr. No. 810: R. cf. hy. radula, 29. R rudis W. N. Im ganzen Gebiet nicht selten, an lichten Wald- plätzen oft in grosser Menge (Br.!,!) Focke,?) F.-B.!, Fr.!, Rohw.,t) Er.)!!?) Entgegen Fockes Syn. pg. 526 („Stachelhöckerchen stets sehr kurz, mehr fühlbar als sichtbar“) sind die Stachelhöcker nicht selten recht derb und deutlich ins Auge fallend, besonders bei No. 1 (Mölln, Scharberg, leg. Fr.) und No. 6 (Schwartauer Au, leg. Br.).*) Bei einer forma aprica findet sich das in besonders auffallendem Masse: Die Achsen der Turionen und Infloreszenzen sind von Stachelhöckern und kleinen Stacheln sehr rauh, Schösslinge kurzgliedrig, stark ver- zweigt, Schösslingsblätter unterseits von kurzen Striegelhaaren gelblich grau; Blütenstandsachse deutlich kantig.’) So beobachtet am Timmen- dorfer Strand, Rand des Wohldes!!®) und im „Spann“ am Hemmels- dorfer See!!. Einen „ef. hybridus rudis, vergens ad pallidum“ giebt Kr.”) aus dem Mannhagener Zuschlag bei Mölln an (leg. © Koeppel).?) . R. pallidus W. N. Wie voriger, oft an denselben Orten (Fr.!, Rohw.,?) Er.)!. Am besten ist der typische pallidus mit seinen dunkelroten Griffeln und den zahlreichen Stacheln in der mässig entwickelten, oft korallenrot gefärbten Rispe an sonnigen Standorten vertreten: No. 1 (Rittbrook, leg. Fr.!), No. 5 (Eutiner Bahnhof bei Schwartau, leg. Fr.!),1%) No. 3 (Graskoppel bei Reinfeld!!, am Rande des Timmendorfer Wohldes!! und im Wahlsdorfer Holz bei Ahrens- böck (Er.). Gewöhnlich aber fallen diese auffallendsten Merkmale weg (Griffel gelblich, bräunlich oder hellrot); doch ist er im ganzen formenbeständig und stets leicht zu erkennen. An besonders auffallenden Formen wurden beobachtet: ein blühender Schösslingstrieb am Kuckucksberge bei Mölln (Fr.! — No. 6); £. laciniatus: am Rande des Timmendorfer Wohldes!!; Dr Pr. Pl. pg=12: 2) Rub. Rost. pg. 199 und Pr. Fl. pg. 72. ®) No. 10a (Schwartau, Eutiner Bahnhof, leg. Fr.): Hb. Kr. No. 821: hy. rudis; No. 10b (von demselben Standort, Material von einer etwas kümmerlichen Pflanze): Hb. Kr. No. 818: zwischen hy. rudis und hy. pallidus, in Fl. L. als „merkwürdige Mittelform zwischen rudis und pallidus“ angeführt; No. 13 (Ziegelholz bei Mölln, leg. Fr.): Hb. Kr. No. 812: hy. rudis. Br. KlLPE72. 5) Vel. R. Bellardii f. Griewankorum E. H. L. Krause in Prahls Fl. pg. 80! 6%) Hb. Kr. No. 613: zwischen hy. rudis und No. 647 (she. R. pallidus £.!). n Hp. Kr. No. 822. 8) Pr. Fl. pg. 72 unter R. rudis — vgl. oben No. 10b!. EBLDHL. PER 10) Hb. Kr. No. 679: R. hy. pallidus, eine Pflanze mit weniger zahlreichen, viel kräftigeren Stacheln als bei typischem pallidus, allmählich lang, nicht schief zugespitztem Endblättchen und etwas längeren Staubgefässen: zahlreich an der Landstrasse zwischen Niendorf und Häven!! (No. 9); eine forma umbrosa mit breiterem Endblättchen, verhältnis- mässig kräftigen Stacheln und rein grünen Griffeln: in einer bewal- deten Schlucht der Kammer bei Kattenhöhlen!!;!) eine sonderbare sonnenständige Form, die der oben an- geführten forma aprica des R. rudis analog ist: Schössling verhältnismässig dicht bestachelt, Blätter runzlig, lederartig, In- floreszenzen sehr dicht mit gelben Nadelstacheln und verschieden langen Stieldrüsen (einige doppelt so lang, als der Durch- messer des Blütenstielchens) versehen; Griffel dunkelrot. In einem einzigen Exemplare am Rande des Timmendorfer Wohldes (ganz nahe dem apriken rudis)!. Für eine zufällige Varietät, als welche ich die Pflanze anfangs ansah, möchte ich sie nicht halten, da sie fünf Sommer hindurch sich ganz gleich geblieben ist; gegen hybride Abstammung (Meinung Dr. Fockes, dem Zweige zugesandt wurden) sprechen die durchaus normal entwickelten Früchte. Vielmehr glaube ich au einen Einfluss des Bodens und des exponierten Standes, ob- wohl typischer pallidus — und typischer rudis — unter scheinbar ganz gleichen Bedingungen sich in nächster Nähe finden.) 30. Rubus *Loehri (Wirtg.) Frid. in sched. (als subsp. von pallidus).’) Eine Pflanze, welche ich mit Frid. zu dieser Art stellen möchte, ist gesammelt worden in Blankensee am Rande des Moors (Fr.)!! und sehr zahlreich unter den Kiefern am Hünengrab!!, in einem Knick zwischen Grönau und dem Seekrug (Fr.)!, in der Gras- koppel bei Reinfeld als vorherrschende Art!! und im Walde hinter Paddelügge!!.t) Diese Pflanze unterscheidet sich von R. pallidus recht auf- fallend durch sparsamere, kräftigere, gleichgrosse Turionenstacheln, langgestielte, breite Endblättchen; der Blütenstand ist bei kräftigen Exemplaren reichblütig, nach oben deutlich verjüngt mit fast recht- ı) Hh. Kr. No. 827: cf. hy. pallidus X hy. gratus. 2 ”) Hb. Kr. No. 647: R. hy. semipallidus; ©. Gelert nannte dasselbe Exemplar 1895 R. Schleicheri Whe. °®), Fl. L. R. pallidus £. Simonisianus E. H. L. Kr. °) Hb. Kr. No. 611: R. cf. pallidus, eimbrieus ähnelnd; von Gel. 1895 als R. Koehleri W. N. bezeichnet. 24 winklig abstehenden unteren Blütenästen, welche von dichtem Haar- filz und etwas längeren Stieldrüsen zottig sind; die Staubgefässe überragen die stets gelblich-grünen Griffel; der Kelch ist an der Blüte abstehend, liegt der wohlentwickelten Frucht locker an. Unsere Pflanze steht dem R. *Loehri f. leptopetalus Frid. in sched. (prius R. pallidus var. fusciformis K. Fr.) ziemlich nahe; dieser unterscheidet sich durch schmalere Endblättchen, einen breiteren, nach oben gleich bleibenden Blütenstand mit kürzerem Haarfilz und sehr schmale, kleine, „an R. Bellardii erinnernde“ Blumenblätter. Die Frage, wie nahe unsere Pflanze dem typischen R. Loehri Wirtgens steht, wage ich noch nicht zu entscheiden, da die Exemplare unseres städtischen Herbars (von Ooblenz, les. Wirtgen) eine genaue Vergleichung nicht zulassen; jedenfalls sind auch sie dem R. pallidus viel näher verwandt als dem R. rudis (vgl. Fockes Syn. pg. 328)). IX. Series Glandulosıi. 32. R. Bellardii W. N. Im ganzen Gebiet an schattigen Stellen der Buchenwälder nicht selten, gern auf quelligem Boden; selten unter Kiefern (Waldhalle bei Mölln, sehr zahlreich Fr.,!!) (Willebr.,') H.!, Br.!, Lenz!, Rohw., Fr.!)!!. R. Bellardi ist die formenbeständigste unserer Brombeeren. Die Blätter sind meistens Steilig; fussförmig 5zählige wurden an ganz normalen Pflanzen beobachtet im Timmen- dorfer Wohld!!,?) in der Scharbeutzer Heide!!?) und in der Neu- koppel bei Haffkrug!!. Blühende Schösslingstriebe sind nicht selten; eine besonders üppige derartige Pflanze, bei welcher der unterste Blütenast zu einer eigenen, schmalen Infloreszenz sich entwickelt, sammelte ich im Timmendorfer Wohld.*) Eine sublaciniate Form wurde beobachtet in einem Eichen- wäldchen bei Pansdorf!!. Die f. Griewankorum E. H. L. Krause (= ß ferox Marss.) ist eine sonnenständige Form mit schwachkantigem Schössling, kräf- tigeren Stacheln und oft sehr langer, durchblätterter Infloreszenz, welche besonders zur Bildung 5zähliger Blätter neigt. Sie wurde beobachtet in der Neukoppel bei Haffkrug!! und am Kuckucksberge !) Zitiert Beteke pg. 125; R. Rost. pg. 201. 2) Hb. Rub. Lub. No. 13, mit allen Übergängen des dreiteiligen Blattes zum fünfzähligen. ®) Hb. Rub. Lub. No. 12. % Hb. Rub. Lub. No. 11. 25 bei Mölln (Fr!) Ob diese kräftiseren Exemplare wirklich von Bellardii als Form unterschieden werden dürfen, ist mir zweifelhaft; an dem Platze in der Neukoppel, wo ich 1894 die f. Griewankorum gesammelt hatte, fand ich in den folgenden Jahren nur typischen Bellardii ! Ra Semnesı Cornyalukolin 33. R. *slesvicensis Lge. In einer Varietät mit kahlen Schösslingen sehr zahlreich in Hecken bei Scharbeutz !!. 34. R. *polycarpus G. Braun.!) In der f. ruber Focke sehr zahlreich bei Schwartau an der Eutiner Bahn (Fr.!)!!,?) in der Neukoppel bei Haffkrug!!.?) f. spinosissimus P. J. Müll. (unter R. corylifolius Sm.). Auf sehr humusreichem Boden nahe der Neukoppel!!, wahrscheinlich eine standörtliche Abänderung (beeinflusst durch Sonne und Boden) der vorigen Pflanze. Eine sehr stark- und langdrüsige, verschiedenstachelige Pflanze, welche dem R. *hystricopsis K. Fr. in sched. nahesteht, vielleicht eine Form desselben, sammelte ich zahlreich in einer Hecke bei Fresenholt (nahe Kattenhöhlen an der Timmendorfer Kammer).‘) . R. “commixtus Fr. u. Gel. — R. *fasciculatus P. J. Müll. erw.).°) Wohl nicht selten.°) Schwartau (Fr.!),”) Gothmund (Fr.!) und am rechten Traveufer bei der Herrenfähre (©. Gel.);®) nach Gel. gehören hierher auch zwei Pflanzen von Schönberg-Zarnewentz (leg. ©. Koeppel).?) (3%) (bt ‘) In Friderichsens „Beiträgen zur Kenntnis der Corylifolier“ unter R. *oreogeton F. erw., dort von Lübeck angegeben (pg. 14). ®) Fl. L. pg. 18: eine Brombeere, welche wahrscheinlich aus einer Kreuzung zwischen R. Hansenii und Bellardii hervorgegangen ist; Hb. Kr. NNo. 402 und 403: R. hy. Berolinensis Kr. ®) Fl. L. pg. 19: ein vermutlicher R. Bellardii x caesius; Hb. Kr. No. 404: R. hy. Berolinensis Kr. R. “Berolinensis Kr. und R. *polycarpus G. Br. nach O. Gel. (Brombeeren aus d. Proy. Sachsen) Synonyma; vgl. auch K. Friderichsens „Bei- träge“ pe. 14! 4 Fl. L. pg. 19: R. pallidus > caesius (Jensenü Lee.); Hb. Kr. No. 824: R. caesius x cf. radula. °) She. Frid. „Beiträge“ pg. 19. °) Von Lübeck zitiert von Frid. ibid. pe. 24. °) Fl. L. pg. 19: R. radula x caesius; Hb. Kr. No. 392: R. caesius x semibremon. Dieser Pflanze soll No. 393 sehr ähnlich sein (Kr., schriftl. Mitteilg.: R. percaesius x semibremon, Gneversdorf bei Travemünde, leg. Kr.). Wahrscheinlich gehört auch sie zu R. *commixtus F. G. (?var. ambifarius P. J. M.). °) Die Beobachtungen von ©. Gel. sind mitgeteilt im Bot. Centralbl. 1889, Bd. 26, 8.2. ®) Hb. Kr. NNo. 808 und 832: R. caesius x semibremon. f. glandulosus Fr. Gel. Am Traveufer bei der Herren- fähre (Gel.). var. ambifarius P. J. Müll. (als Art). Harmsdorf bei tatzeburg!!, Pansdorf!!, Hemmelsdorf!!, in Hecken zwischen Trave- münde und Niendorf zahlreich!!, am Timmendorfer Strande!! und am Wieschendorfer Wege bei Dassow (Griew. 49 sub nom. R. dume- torum W. N. var. glabratus Whe!). p 36. R. *Fioniae Frid. Im Lauerholz (Gel.). 37. R. *centiformis K. Fr. In zwei verschiedenen, nicht genau zu fixierenden Formen bei Stockelsdorf (Fr.!) und am Timmendorfer Strande!!. 38. R. *acuminatus Lind. (= R. *gothicus F. G.).!) Häufig bei Mölln (Fr.!)?2) und am Timmendorfer Strande!!; sonst am Mönkhofer Wege (Fr.!) und im Lauerholze (Gel.) beobachtet. An Formen wurden unterschieden: f.Sidforssii Gel. (wahrscheinlich ein caesius X thyrsoideus). In einer Hecke zwischen Schönböcken und Paddelügge!!. Ziemlich ähnlich ist ein R. thyrsoideus > caesius, den Fr. unter den Eltern am Ziegelholz?) und am Blöcken bei Mölln sammelte. f. decipiens F. G. Am Rande des Timmendorfer Wohldes!!. 39. R. #Wahlbergii Arıh. Bei Dassow (Griew. sub nom. R. dume- torum W. N. 8 silvestris!®) und Koeppel)’) und in einer Hecke bei Fresenholt!! f. umbrosus F. G. Im Lauerholz (Gel.) f. praecox K. Fr. Einen R. Wahlbergii, der (nach Frid.) wahr- scheinlich zu dieser Form gehört, sammelte ich an einem Feldwege bei Paddelügge. 40. R. *nemorosus Hayne. In typischer Form sehr verbreitet in der weiteren Umgebung vom Timmendorfer Strande!! (Wohld, Överdiek, Fresenholt, Scharbeutzer Heide ete.); ausserdem bei Dassow (Griew.),‘°) Ratzeburg (Koeppel nach Kr.)”) und Mölln (Waldrand bei der Burg Paetzke, leg. Fr.!)®) beobachtet. ", Als solcher in der Fl. L. pg. 19. 2) Hb. Kr. No. 412: R. cf. bremon > caesius (Schmalsee, leg. Fr.). ®) Hb. Kr. No. 825. %) In Betcekes Monogr. unter R. dumetorum; Hb. Kr. No. 448: R._ cf. bremon x caesius. °) In Prahls Krit. Fl. unter R. hemithyrsoideus. 6%) In Betckes Monogr. unter R. dumetorum; R. Rost. pg. 207. ”) Pr. Fl. pg. 84. ®») Hb. Kr. No. 411: R. hy. nemorosus. 27 Eine heterakanthe, sonst aber typische Form sammelte Fr. am Mönkhofer Wegel!). Durch Reichdrüsigkeit abweichende Formen, die vielleicht Hybride mit dem Kreise des R. *oreogeton F. (polycarpus Br.) sind, findet man nicht selten; auffallende Exemplare derart bei Scharbeutz an der Landstrasse!! und im Spechserholze bei Ahrens- böck (Rr.!). +1. R. *eiliatus Lindebg. Im Lauerholze (Gel... Häufiger in der vansroseusek, Ga(— BR. JKıschii, BsHsTgRemamise)p)r Bei Blankensee!!, zwischen Rosenhagen und Pötnitz am Strande der Ostsee (Griew.!), bei Mönkhof (Br.!), Steinrade!!, in einem Knick zwischen Pansdorf und Luschendorf!!, bei Ahrensböck (Er.) und verschiedentlich am Timmendorfer Strandel!. var. grandis Neum. (= R. *trichotantherus K Fr. in sched.). Eine nach Frid. wohl hierher gehörige Pflanze sammelte ich in einer Hecke bei Scharbeutz. Nahe verwandt mit R. *ciliatus var. roseus F. G. ist ein ver- mutlicher R. Sprengelii x caesius,’) den ich bei Blankensee°) und in einem Knick bei Buntekuh sammelte. 42. R. *Warminsii G. Jens. In typischer Form bisher nur bei Ahrens- böck (Er., mdl. Mitteilg.) beobachtet; in der f. glaber F. G. anscheinend nicht selten: Pansdorf!!, am Timmendorfer Strande!!, in einer Hecke ‘am Knirkerkruge nahe dem Pönitzer See (Er.)!!, häufig bei Ahrensböck (Er., mündl. Mitteilg.). 45. R. *maximus Marss.t) Am Bache hinter der Lütgenhofer Wind- mühle bei Dassow (Willebr., Griew.!). Nach Friderichsen ist diese Pflanze — zum mindesten das Material unseres Herbars — sicher echter R. maximus Marss. Pflanzen, welche. sich von R. caesius L. durch kanutige Schöss- linge, 5zählige, unterseits stärker behaarte Schösslingsblätter, stärker b) Als solcher in Friderichsens „Beiträgen“ von Lübeck und Ratzeburg angeführt. >) Als solcher in Fl. L. pg. 18. ®) Hb. Kr. No. 447: R. caesius > (aestivalis x semibremon). %) Als R. corylifolius in Betckes Monogr. pg. 114—117; R. confusus E. H. L. Krause in R. Rost. pg. 202; als solcher in Prahls Fl. pg. 86. 44. AB. zusammengesetzte Infloreszenzen etc. unterscheiden, ohne dass sie doch zu einem Formenkreise der Corylifolier gestellt werden können, !) sind nicht eben selten (Griew., Fr.!)!!. R. caesius L. Sehr häufig und recht veränderlich. Die ver- schiedenen aufgestellten Varietäten ?) sind meistens durch den Standort bedingte Abänderungen ; teilweise gehören sie zu R. semi- caesius. R. caesius > Idaeus. Nicht selten. Bei Mölln an verschiedenen Stellen (Fr.!), Mönkhof!!, Lauerholz!!, Dassow (Griew.),?) Paddelüggel!, Schwartau (Fr.!), Timmendorfer Strand !! ete. !) R. semicaesius E. H. L. Kr. in Pr. Fl. pg. 86. 2) She. Pr. Fl. pg. 87. 3) R. Pseudo - caesius und Pseudo - Idaeus in DBetckes Monogr. pg. 143; R. Rost. pg. 212. 29 Nachträge zur Flora von Lübeck. Von Dr. P. Friedrich. Seit dem Erscheinen meiner Flora *) ist die Kenntnis unserer heimischen Pflanzenwelt durch den Nachweis sowohl bisher übersehener Abarten und Formen, als auch neuer Standorte von eingewanderten und eingeschleppten Pflanzen nicht unbeträchtlich erweitert worden. Das folgende Verzeichnis enthält ausser diesen Funden die Standorte einer Anzahl älterer Pflanzen aus dem Griewankschen Herbar, das seit einigen Jahren dem lübeckischen Museum einverleibt ist. Die Brombeeren, die in den letzten Jahren genauer als in den meisten übrigen Lokalfloren untersucht worden sind, haben von seiten des stud. med. O. Ranke in diesem Hefte eine besondere Bearbeitung erfahren. Von den meisten Pflanzenfunden sind Belegexemplare dem Herbarium lubecense des Museums einverleibt:. Die Zahl der Standortskarten ist entsprechend den neueren Funden vermehrt worden. Von Standorten mit ! haben dem Verfasser Exemplare vorgelegen, an Standorten mit !! hat er selbst die betreffende Pflanze beobachtet. Ranuneulaceen. Thalietrum flexuosum. An Knicken nahe dem Steinrader Wege bei Krempelsdorf (Brehmer 52, Haecker 56 !). Die hier seit Jahrzehnten vergeblich gesuchte Pflanze konnte in diesem Jahre wieder nach- gewiesen werden !!. Pulsatilla pratensis. Kiefernwald zwischen Wesloe und Brandenbaum (Wentorf 1895), auf Flugsand südlich von Herrenburg 98!!. — Mit Sommerblüte bei Travemünde (Krause 84). Anemone nemorosa X ranunculoides. Teufelssumpf bei Timmendorf mit Viola epipsila (Ranke 98) !. =) Flora der Umgegend von Lübeck. Lübeck. Verlag von Lübcke & Hartmann. 1895. 47 8. 4°. 30 Berberidaceen. Berberis vulgaris. Zahlreiche grosse Sträucher im Kiefernwald zwischen Wesloe und Brandenbaum, besonders im Forstort Hammer !!. Nymphaeaceen. Nymphaea alba, mit blassroten Blumenblättern. Bruch bei Nädlershorst (Brehmer 95) I. Violaceen. Viola Riviniana x flavicornis. Vossberg bei Mölln 98 !!. Silenaceen. Tunica prolifera. Heidberg bei Mölln 95 I!. Cucubalus baccifer. Landungsbrücke der Sommerfähre am Priwall bei Travemünde (Dr. Sonder-Oldesloe 96). Viscaria vulgaris. Fredeburg nahe der Büchener Bahn massenhaft (95, 96) !!, Einhaus 95 !!, Gothmund 96 !!, Insel Buchwerder (Haecker) !. Silene diehotoma. Auf einem”Felde bei Zarpen (Ranke 96) !. S. nutans KRiesebusch bei Schwartau 95 !1. Melandryum album X rubrum. An der Strasse bei Talkau 96 !!. Lyehnis flos euceuli. Weissblühend. Trems (Thomsen 96) !. Hypericaceen. Hypericum montanum. Farchau und Waldesruh 95 !1. H. hirsutum. Zwischen Pohnsdorf und’Rensefeld (Strunck 93) |, Knick bei Lokield 98 !!. Papilionaceen. Ulex europaeus. Massenhaft nahe der Strasse bei Niendorf südlich von Mölln 96 !!. Angepflanzt in der Scharbeutzer Heide (Ranke 96) !. Sarothamnus scoparius. Prächtige, übermannshohe Sträucher in der Grandkuhle beim Forsthaus Ritzerau 98 !!. Medicago sativa X falcata. Travemünde, auf Dünensand, wohl an- gesät 96 !!, Strasse bei Brandenbaum (Strunck 96) !. Trifolium fragiferum. Travewiesen (salzig) oberhalb Oldesloe 98 !!. Vicia silvatica. Im Bartelsbusch bei Berkenthin zahlreich 95 !!, Unter- trave bei Dummersdorf (Griewank 50) !. Lathyrus sativus. Zahlreich als Unkraut zwischen Erbsen auf dem Altmöllner Berg 96 !! und dem Kukuksberg bei Mölln 98 !!. L. vernus. Riesebusch bei Schwartau nahe der Eisenbahn, zahlreich auf unterem Geschiebemergel 99 ||, Riesebusch-Gehege (Ranke 95). al Rosaceen. Geum urbanum X rivale Häufig im Kannenbruch bei Cronsforde (J. Schmidt 94). Potentilla intermedia. Um Lübeck noch alle Jahre beobachtet. Mölln 96 I!. Sanguisorba minor. Die vor 40 Jahren am Eisenbahndamm bei Einhaus mit Esparsette angesäten Pflanzen gehören nach Prof. Haussknecht (briefl. Mitteil.) zu S. muricata. Asrimonia odorata. Weder in der Haeckerschen Flora (1844) noch in dem Verzeichnis von Lenz (1869) angegeben, aber um Lübeck nicht selten und stellenweise zahlreich, Gr. Sarau 95 !!, Culpin 95 II, Kaltenhofer Weg bei Schwartau 96 !!, Lauerholz 96 !!. Im Griewank- schen Herbar befindet sich ein von Gr. 1552 im Lauerholz gesam- meltes und richtig bestimmtes Exemplar. Pomaceen. Pirus Malus. Nicht selten in Laubwäldern, besonders um Reinfeld !!. Baum mit 40 cm dickem Stamm im Schellbruch (Elle). Crataegus monogyna f. splendens. Mit zur Hälfte roten Blumen- blättern: Knicke zwischen Curau und Schwinkenrade 1900 !!, Forstort Hammer bei Brandenbaum (Elle 1900 !). Önagraceen. Circaea alpina. Strecknitzer Gehölz (Haecker) !. C. lutetiana X alpina. Forst Reinfeld westlich Heidkamp (Ranke und Rohweder 96) |. Saxifragaceen. Saxifraga granulata. Mit winzigen, wenig entwickelten Blumenblättern. Zwischen Waldesruh und Ratzeburg 95 !!. Umbelliferen. Archangelica littoralis, gehört zu den von der Elbe eingewanderten Stromthalpflanzen. Sie konnte im Möllner See und bei der Hahnen- burger Schleuse, an der Stecknitz bei Berkenthin und Moisling nach- gewiesen werden 94, 96 !! und ist höchst wahrscheinlich durch das ganze Delvenau-Stecknitzthal verbreitet. An der Trave steigt sie über Oldesloe aufwärts bis zur Nütschauer Mühle !!. Peucedanum Oreoselinum. An der Strasse zwischen Hollenbek und Berkenthin 98 !! und bei Kählstorf an der Stecknitz 99 !!, Schwartau: an der Strasse nach Pansdorf, zahlreich (Ranke 95). Anthriscus vulgaris. Herrenburg (J. Schmidt 95). 32 Araliaceen. Hedera Helix. Blühend an einer Kopfweide bei Gneversdorf 98 !!, an Kiefern im Forst Schwinkenrade 1900 !!. 3 Caprifoliaceen. Lonicera Perielymenum. Mit vergrünten Blüten: Erster Fischerbuden (Tessmann 96) !. Linnaea borealis. Bei Lübeck verschwunden. Forstort Greven bei Gudow (Apotheker Greuel 97) !. Valerianaceen. Valerianella dentata f. dasycarpa. Brothener Ufer bei Travemünde mit Linaria Blatine 95 !!. Compositen. Petasites offieinalis. Siechenhaus bei Dassow (Griewank 45) I. Aster novi Belgii. An der Stecknitz bei Klein Berkenthin 98 !!. Inula salicina. Reinfeld (Sonder 95). > tudbeckia laciniata. An der Stecknitz bei der Berkenthiner Schleuse 95 !!, hier schon von Klatt (64) beobachtet. Durch den neuen Schleusenbau ist dieses Vorkommen wahrscheinlich zerstört. Galinsoga parviflora. Bahnhof Ratzeburg 95 !!. Chrysanthemum suaveolens. Um Lübeck an den Eisenbahnen weit verbreitet. Mölln !!. Auf Feldern bei Krempelsdorf 1900 !!. Senecio viscosus. Schwanebek bei Dassow (Griewank 49) !, ältester Nachweis bei Lübeck. Haltestelle Berkenthin 98 I. S. erucaefolius. Auf dem Priwall am Nordrand des Kiefernwaldes 98 !!. Carduus nutans. Zahlreich bei Brandenbaum 99 I. Cirsium acaule x oleraceum. Ein Exemplar an einem Wege bei Rensefeld 98 !!. Rhodoraceen. Ledum palustre. Bei Wesloe am Landgraben wieder gefunden durch Förster Kluth 97 |. Einzige Pflanze im lübeckischen Staatsgebiet. Hypopityaceen. Pirola chlorantha. Vier Exemplare im Kiefernwald zwischen Branden- baum und Wesloe (J. Schmidt 95). P. minor. Riesebusch !!, Lauerholz an mehreren Stellen !!. P. secunda. An der Schlutuper Chaussee (Travetannen Nolte 21, Haecker 63 !, Junge 89 !) noch zahlreich 99 !!, stellenweise zahl- reich auch im Kiefernwald zwischen Wesloe und Brandenbaum 82—99 I. Chimophila umbellata. Wesloer Kiefern (Strunck 94) !. De el Gentianaceen. Sweertia perennis. Der einzige lübeckische Standort, auf dem Torfmoor bei Curau, ist noch erhalten (Fräul. Riedel 98) !. Erythraea pulchella. Schlagsdorf (Apotheker Greuel). Borragineen. Cynoglossum officinale. Zahlreich unter Kiefern bei Sparkuhls Fabrik !! und auf der T'heerhofinsel seit vielen Jahren !!. Solanaceen. Hyoscyamus niger. Priwall, bei der Sommerfähre zahlreich 96 !!. Serophulariaceen. Verbascum Thapsus x nigrum. Insel Buchwerder (Griewank 26./6. 50) !. Linaria vulgaris. Mit Pelorienblüten zahlreich von Junge (94 !!) bei Strecknitz beobachtet. L. Elatine. Auf den Feldern (Mergelboden) bei Nütschau verbreitet 98 !!. Digitalis purpurea. Im Lauerholz östlich von der Kaisereiche, zahl- reich !!. Veronica polita. In und um Lübeck auf Gartenland verbreitet !!, Felder bei Travemünde 96 !!. V. opaca. Beim Schlachthause 96 !! und bei der Travemünder Ziegelei mit voriger 96 II. Euphrasia Nach R. von Wettstein (Monographie der Gattung Euphrasia. Mit 14 Tafeln und 4 Karten. Leipzig 1896. 4°.) giebt es in der lübeckischen Flora folgende drei Arten: E. stricta Host (nemorosa auct.). Unsere häufigste Art (Wettstein 2,2% (0,86 11083), E. gracilis Fries, auf Heideboden und trocknem Sand, z. B. Mölln !!, Waldhusen und Rugenberg !! (Wettst. a. a. O. S. 146). E. curta Fries (canescens Prahl), auf lehmigem, feuchten Boden (Priwall!!) und Mergelboden, z. B. Sereetz, Gr. Sarau, Holstendorf, Campow, Alt-Möllner Berg !!. E. curta Fries f. glabrescens Wettst. Wiesen bei Genin !! (Wettst. En es (Ob Sr Alapl)) Eine grössere Anzahl unserer Funde baben Wettstein vorgelegen. Labiaten. Mentha nemorosa. Möllner See 96 II. M. nemorosa X aquatica. Ratzeburger See bei Campow 95 I. 3 34 Origanum vulgare. An buschigen Uferabhängen an der Trave aufwärts bis Lokfeld bei Reinfeld 98 I. Galeopsis pubescens. 1845 in Lübeck eingeschleppt, jetzt verbreitet bis Offendorf 95 !!, Kreuzkamp 99 !! und Travemünde 99 !!. In der Nähe der Waldhalle bei Schwartau sehr zahlreich unter Fichten zusammen mit G. Tetrahit. Mischformen zwischen beiden wurden hier bisher nicht gefunden. | Ajuga genevensis. Wanderpflanze auf der Linie Lauenburg— Lübeck— Travemünde, meist auf Sandboden. Neue Standorte: Mölln, Bahnhofs- anlagen 96 !!, an der Strasse von Gretenberge bis Anker 98 I, Wakenitzthal westlich von Nädlershorst 98 !!, Holzlagerplätze von der Struckfähre bis zu den Vorwerker Wiesen 98 II. Primulaceen. Anagallis coerulea. Domhof in Ratzeburg, eingeschleppt (Bornitz 95). Primula officinalis. Dermin 95 !!, Treidelstieg nördlich Ballastkuhl (Hoffm. 95), Grellberg bei Pansdorf mit Peucedanum Oreoselinum (Ranke 96) I. P. elatior £. sileniflora Schmidt. Israelsdorfer Holz (Brehmer 99) !. Samolus Valerandi. Auf Salzwiesen an der Trave von Oldesloe bis zur Nütschauer Mühle 98 !!. Euphorbiaceen. Tithymalus Cyparissias. Bei Lübeck zuerst 1386 beobachtet. Neue Standorte: Brandenbaum (Strunck 97) !, Wesloe (Kochen 97), Bahnhof Waldhusen (v. Grossheim 95) !. T. exiguus. Auf einem Felde zwischen Grönau und Blankensee (J. Schmidt 95). Ulmaceen. Ulmus montana. Eine grosse alte Ulme, die nach der Ansicht des Forstmeisters Eilers nicht angepflanzt ist, steht im Bartelsbusch nahe Gr. Disnack; die zahlreichen jüngeren Ulmen in der Nähe sind durch Selbstaussaat entstanden. Mehrere mittelhohe Bäume im Braken bei Schattin, nicht angepflanzt. Cupuliferen. Fagus silvatica. Mit gelbgefleckten Blättern: ein kleiner Baum in der Schlucht bei Pogeez 94 !!. Blutbuchen entstehen hie und da durch Selbstaussaat der gewöhnlichen Art, z. B. mehrere Exemplare im Farchauer Holz, davon eins im Garten des Forstmeisters Eilers in Farchau. 35 Salicaceen. Salix Caprea X cinerea. Kuhbruch bei Schwartau, männlich 95 !!. S. Caprea X aurita. Waldrand am hohen Buchberg bei Gr. Disnack 96 !!. S. aurita x cinerea. Mit androgynen Kätzchen: Kuhbruch bei Schwartau 95, 96 I. Merkwürdige Vergrünungen und Verholzungen (Kätzchen bis 3 dm lang und stark verzweigt) konnte ich seit 15 Jahren an einigen Kopfweiden (S. alba männlich, S. alba x fraeilis weiblich) an den Rethteichwiesen bei Gotzels Garten beobachten. Populus alba. Zahlreich verwildert im Kupfermühlenthal bei Ratze- burg, in einem Knick beim Forsthaus Waldhusen und im Trave- münder Kurpark. Juncaginaceen. Triglochin maritima. Travewiesen aufwärts bis zur Stecknitzmündung!!!. Najadaceen. Potamogeton alpinus var. rivularis Sonder. In der Bäk bei Mechow (Buchenau 96) !. P. acutifolius In einem Moor zwischen Cashagen und Dissau (J. Schmidt 92). Orchidaceen. Goodyera repens. Die vom Förster Japp 1894 bei Brunsmark auf- gefundene Orchidee wächst in einem ca 78 Jahre alten Fichten- und Kiefernwalde, der auf einer ehemaligen Schafweide angelegt worden ist.*) Sie ist also nicht Restpflanze aus der Kiefernzeit, sondern eingeschleppt. Spiranthes autumnalis. Die vom Lehrer Wienke bei Campow 1892 entdeckte Pflanze (95!!) wächst unter einem reinen Bestande von alten Weissbuchen zusammen mit Euphrasia curta und Gentiana campestris. Alle Bemühungen, diese seltene Orchidee an anderen ähnlichen Stellen in unserer Flora aufzufinden, waren bisher erfolglos. Liparis Loeselii. Curauer Moor (J. Schmidt). Malaxis paludosa. Im’ Moor bei Buchholz am Ratzeburger See (Greuel 94). Liliaceen. Gagea minima. Apotheker Volk hat die Pflanze früher auf dem Exercierplatz bei Ratzeburg gefunden. Hier ist sie durch Anlegung von Schützengräben und Wallaufschüttungen vernichtet. Allium vineale. Wilhelmshöh 96 !!, Gothmund 96 !!. *) J. Schmidt in den Schriften des naturwiss. Vereins für Schleswig-Holstein. Bd. XI, Heft 1, S. 90. g# 36 Öyperaceen. Öyperus fuscus. Herrenfähre (Griewank 52) !. Gladium Mariscus Moor zwischen ÖOvendorf und Warnsdorf (“riewank 51) |. Scirpus uniglumis. Priwall (Herb. Lub.) !. S. setaceus. Alt-Möllner Berg 96 !!, Brandenbaum (Brehmer) !. S. compressus. Am Karpfenteich bei Orummesserhof (Brehmer 71) !. Uarex digitata. Kupfermühlenthal bei Ratzeburg mit Melica nutans 96 !!. Ü. extensa. Die von ©. Griewank auf dem Poetnitzer Moor (49) ! und den Teschower Wiesen (51) ! gesammelten und als O. extensa be- zeichneten Exemplare gehören zu CO. flava. Gramineen. Panicum sanguinale Unkraut im Garten der Domapotheke zu Ratzeburg 95 !!. Setaria glauca. Bahnhof Reinfeld (Sonder 93). Anthoxanthum odoratum var. villosum. Bei Siems und der Herren- fähre sehr verbreitet (Haussknecht) 1. Calamagrostis lanceolata f. canescens. Schmalsee 96 !!. Ö. epigeios f. glauca. Am Ufer des Schmal- und Lüttauer Sees bei Mölln verbreitet I. ©. lanceolata x arundinacea (Hartmanniana). Schmalsee bei Mölln mit den Eltern. Bei einem Besuche der Fundstelle mit Herrn Dr. Prahl am 11./8. 95 konnten drei Formen des Bastardes fest- gestellt werden: Die Granne beginnt | Länge der Haare 1. sublanceolata in ®a Höhe des Rückens — Spelze 2. Mittelform in der Mitte : : — a Spelze 3. subarundinacea | unter - z !a Spelze Koeleria glauca. Unter Kiefern südlich von Falkenhusen in wenigen Exemplaren (J. Schmidt 95). Catabrosa aquatica. Am Landgraben bei Wesloe (Haecker) !. Dactylis glomerata. Ährchen in Laubsprosse auswachsend (vivipara). Alt-Fresenburg bei Oldesloe 98 !!. Festuca arundinacea. An der Stecknitz bei Mölln sehr verbreitet 96 !!. Sie wird auch im übrigen Stecknitzthal noch zu finden sein und gehört wahrscheinlich zu den von der Elbe her eingewanderten Stromthalpflanzen. Lolium multiflorum. Bei Dassow an Chausseegräben (Griewank 47) !. Coniferen. Juniperus communis. Ein kümmerlicher Strauch auf dem Waldhusener Moor, das einzige noch erhaltene wildwachsende Exemplar im lübecker Staatsgebiete, verdient besondere Schonung. Pinus silvestris. Im Gegensatz zu E.H.L. Krause, der als Westgrenze der Kiefer im Mittelalter die Linie Rostock—Geesthacht—Göhrde annahm,*) suchte ich auf Grund von Urkunden und Funden von Holzresten aus früheren Jahrhunderten nachzuweisen, dass die Kiefer während des Mittelalters auch weiter westlich, um Lübeck und im östlichen Holstein, wenn auch nur in kleineren Beständen oder vereinzelt vorkam.**) Dieser Ansicht ist Krause später ebenfalls beigetreten.***) Bei der Dürftigkeit der Quellen über das Vorkommen der Kiefer in früheren Zeiten beansprucht jede Erwähnung dieses Baumes in älteren Schriften ein gewisses Interesse. Es sollen daher folgende Stellen mitgeteilt werden. In dem 1721 in Hamburg erschienenen Buche: Rhodisches Antiquitäten-Cabinet oder Accurate Beschreibung und Verzeichniss verschiedener Antiquitäten, welche von dem weyland Hoch -Ehr- würdigen Herrn Chr. Detlev Rhoden, Inspectore und Praeposito auf der Insul Femern .... in denen Grab-Hügeln der Alten allhie in Hollstein gefunden worden .... heisst es auf 8.6: X u. XI: zwey grolse Messer | und zwar | wie aus allem erhellet | Opfermesser | sind . in dem grofsen Tumulo bey dem Dorffe Cölln | unter vielen Össibus | jedoch ohne Urna | etwa 3 Fuls tieff | anno 1701 vor- gefunden. Bey diesen Messern befand sich auch ein Stücklein Führen-Holtz | welches an der einen Seiten schwarz | an der anderen aber weiss gewesen. Dagegen heisst es in dem mir von Herrn Öberforstmeister Eilers in Farchau mitgeteilten Forstbereitungsprotokolle vom Monat Sep- tember 1744, Amt Ratzeburg: »Wie denn auch insonderheit mit darauf zu sehen sey, dass, weilen es in denen Ämtern des Herzoe- thums Lauenburg an Tannen-Holtz fehle, ob nicht an Ort und Enden in denen Amts-Forsten, wo sich der Forstgrund dazu geschicket, gute Tannenkämpe angelegt und besamt werden können.« *) Englers bot. Jahrb. XI, S.123 ff. und XII, S.46 ff. — Petermanns Mitteilungen 1889 S. 114 u. 115 nebst Karte. ==) P. Friedrich, Flora der Umgegend von Lübeck. 1895, S. 7 ff. — Beiträge zur Lübeckischen Flora S. 300 in der Festschrift zur 67. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte. 1895. ===) Floristische Notizen V, S. 3 im botan. Centralblatt Bd. 75, 1898. 38 Furenholt wird im Rechnungsbuche der St. Katharinenkirche zu Lübeck vom Jahre 1561 erwähnt.*) Brehmer legte in der Versammlung des technischen Vereins Spähne von eichenen und föhrenen Pfählen vor, die bei Abgrabung der Bastion Scheune aufgefunden waren.”*) Auch bei den letztjährigen Kanalarbeiten konnten unter der Bastion Schwansort neben vorherrschenden Bichen- bohlen Stücke von Kiefernholz nachgewiesen werden. Filices. Botrychium Lunaria. Oberbüssau und Gr. Grönau (J. Schmidt 93). . Polystichum ceristatum. Waldhusen 96 !!, Gr. Parin 99 !. Cystopteris fragiliss. An Waldwegen bei Israelsdorf 96 !!, Wilhelms- quelle bei Schwartau (Ranke 95) !, an Knicken bei Gr. Parin nicht selten 97, 99 I. Asplenium Trichomanes. An der durch Nolte nachgewiesenen Fund- stelle in St. Georgsberg, zwischen Buchenwurzeln hinter dem Amts- richtergarten, vor einigen Jahren durch Apotheker Greuel wieder aufgefunden. An einem Knick am Nordrand der Beutz bei Offendorf 99 I. Asplenium Ruta muraria. Die Pflanze breitet sich an den Bauten des Ratzeburger Domhofs, meist feuchten Spalten folgend, immer mehr aus. % 8 a =) Mittheil. des Ver. für Lüb. Gesch. u. Alterthumsk. 1898, Heft 8, S. 131. =>) Sitzungsprotokolle des techn. Vereins. Lübeck 1872, S. 38. 39 Litteratur zur Landes- und Volkskunde des Lübeekischen Staatssebietes. | 3. Bericht (für die Jahre 1893-1900). Zusammengestellt von Dr. P. Friedrich. I den sieben Jahren seit dem Erscheinen des letzten Litteratur- verzeichnisses (Mitteilungen 2. Reihe, Heft 5 u. 6, Lübeck 1893) sind Arbeiten über die Landes- und Volkskunde unseres kleinen Staatsgebietes in grosser Zahl erschienen. Vier Ereignisse sind es, welche die grösste Zahl der aus Lübeck hervorgegangenen wissenschaftlichen Arbeiten ver- anlasst haben: die Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte (1895), die Versammlung der deutschen anthropologischen Gesellschaft (1897), das 100jährige Jubiläum des Museums (1900) und der Bau des Elbe- Trave-Kanals. I. Landesvermessung und Karten. Landes-Triangulation. Polar-Öoordinaten, geographische Positionen und Höhen sämtlicher vom Bureau der Landes-Triangulation bestimmten trigonometrischen Punkte. Herausgegeben von der trigonometrischen Abteilung der Landesaufnahme. Berlin, Mittler & Sohn. 4°. 1. Theil. Provinz Schleswig -Holstein, grossherz. oldenburg. Fürstenthum Lübeck, freie und Hansestadt Lübeck. Mit 14 Beilagen (404 8.) 1878. Diestel. Kilometerzeiger für das Gebiet der freien und Hansestadt Lübeck. Lübeck, Januar 1887. Druck von Max Schmidt. 8 Seiten. 4°. Dem Verzeichnis liegen die Messtischblätter der K. Preuss. Landes- aufnahme zu Grunde. Liebenow, W. Special-Karte der Grossherzogthümer Mecklenburg-Schwerin und -Strelitz. freien Städte Hamburg und Lübeck, nebst den an- grenzenden Landesteilen als besonderer Abdruck aus der Karte von Mittel Europa. 1:300000, 70x90 em. Hannover, W. Oppermann, 1892. Lith. 42 3,50. Politisch koloriert. # 4,—. 40 Weimarer Hand- und Reisekarten aller Länder der Erde. 30. Aufl. Weimar, geograph. Institut, 1897. No. 17. Preuss. Provinz Schleswig-Holstein mit Lauenburg und den freien Hansestädten Hamburg und Lübeck. Rev. von C. Riemer. 1:445000, 615x50 cm. MH 1-—. Plan des Lauerholzes nebst-Umgebung. Bearbeitet im Katasteramte zu Lübeck auf Grund der Gemarkungskarten sowie unter Benutzung der Forstkarten und Messtischblätter. Lübeck, Hermbergsche Druckerei. December 1894. 1:10000. „C 0,60. Sauber ausgeführte Karte mit verschiedenen Farbendrucken für Wege, Wald, Wiesen, Wasser und Ortschaften. Die Darstellung des Wegenetzes im Lauerholz ist veraltet. Karte des Israelsdorfer Revieres. Entworfen, gezeichnet und für den Druck bearbeitet im Katasteramt auf Grund der Gemarkungs- karten, sowie unter Benutzung der berichtigten Forstkarten. Mass- stab 1:15000. Herausgeg. von der Forstverwaltung im Mai 1899. Hermbergsche Steindruckerei, Lübeck. Verlag von R. Quitzow. 801090120. Die in Oktav gefaltete, sauber ausgeführte Karte ist als eine Neuauflage der vorigen zu betrachten. Sie ist die erste Karte, welche das Wegenetz richtig darstellt. Die Nadel- und Laubholzbestände, sowie die Moore sind durch besondere Farbentöne bezeichnet. Der neue Avelunddurchstich und die Schlutuper Bahn sind bereits eingezeichnet. Il. Allgemeine landeskundliche Werke über das ganze Gebiet. Staatshandbuch der freien und Hansestadt Lübeck auf die Jahre 1893 —99. Lübeck. Druck von Gebr. Borchers. 1893—99. 8°. Lübeck. Festschrift, den Theilnehmern der 67. Versammlung deutscher Naturforscher und Arzte gewidmet von dem ärztlichen Verein und dem naturwissenschaftlichen Verein zu Lübeck. Mit 27 Tafeln. Lübeck 1895. Druck von H. G. Rahtgens. 348 Seiten. 8°. Inhalt: 1) Führer durch Lübeck. 2) Überblick über die Geschichte Lübecks, von Dr. ©. Wehrmann. 3) Lübecks Gesundheitswesen, von Dr. Riedel. 4) Beiträge zur Geologie Lübecks, von Dr. P. Friedrich. 5) Klimatisches über Lübeck, von Dr. Schaper. 6) Meteorologisches über Lübeck, von demselben. 7) Beiträge zur Lübeckischen Flora, von Dr. P. Friedrich. 8) Fauna der Umgegend Lübecks, von Dr. H. Lenz. 9) Das naturhistorische Museum in Lübeck, von demselben. Die einzelnen Abschnitte werden unter den entsprechenden Rubriken besprochen. Jahr- und Auskunftsbuch der freien und Hansestadt Lübeck, der Kegl. Preuss. Provinz Schleswig-Holsten und des Fürstenthums Lübeck. 1894/95. Lübeck, Edm. Schmersahl. XI, 376, 22 S., 9 Tafeln. Gr. 8°. M A—. LI VII. Die freie und Hansestadt Lübeck. S. 277—348. Mit einem Stadtplan. Das Buch soll als Nachschlagebuch Auskunft über alle staatlichen und städtischen Einrichtungen erteilen. Teil VIII zerfällt in 12 Abschnitte: Frei- staat Lübeck, Finanzwesen, Handel und Verkehr, Gewerbe, Industrie und Landwirtschaft, Bauordnung, Kirchen- und Schulwesen, Justiz-, Polizei-, Bevölkerungs- und Verkehrswesen, lübisches Recht; als Anhang Kunst- und Wissenschaften u. s. w. und — kaum glaublich — unter freie und Hansestadt Lübeck in etwa zwei Spalten das Fürstentum Lübeck. Lübeck. — H. A. Daniel, Handbuch der Geographie, bearb. von B.Volz. 6. Aufl, Band 3. Leipzig 1395. 8°. Lübeck. 1) Freie und Hansestadt. 2) Die Stadt. — Brockhaus’ Kon- versationslexikon. 14. Aufl, Bd. 11. 1894. S. 323—326. Mit Plan der Stadt und Strassenverzeichnis. Band 17, Supplement. 1897. I WR, 8 Lübeck. — Meyers Konversationslexikon. 5. Aufl, Band 11. 1896. S. 534—538. Mit Plan (1: 20000) und Karte des nördlichen Landgebietes (1: 250000). Band 19, Jahressupplement 1898—99. 039,8 Lettau, H. Kleine Heimatskunden von Deutschland. No. 8: Provinz Schleswig-Holstein und die freien Städte Hamburg und Lübeck. Leipzig 1898. E. Peter. 8 Seiten, mit einer farb. Karte. # 0,15. Ill. Natur. l. Geologisches. Friedrich, P. Beiträge zur Geologie Lübecks. Mit 2 Tafeln. — Lübeck. Festschrift, den Theilnehmern der 67. Versammlung deutscher Natur- forscher und Ärzte gewidmet. 1895. 8. 229—246. 8°. Inhalt: Verzeichnis der Sedimentärgeschiebe aus dem unteren Geschiebemergel des Brothener Ufers, der geologische Bau der Stadt, die Lokalmoräne von Ivendorf, 4 Tiefbohrungen (die 1894—95 in der Brauerei von Lychenheim in Schwartau ausgeführte drang bei einer Tiefe von 316 m bis in den Grünsandstein der oberen Kreide hinab und lieferte Wasser mit 3,5% Salzgehalt. — Mitgeteilt auch in den Lüb. Blättern 1895 S. 285). Friedrich, P. Über den geologischen Bau unseres Landes und die technische Verwertung unserer Bodenschätze Vortrag im lüb. Industrieverein. Lübeck 1897. 5 S. Fol. Abdruck in den Vater- städtischen Blättern. Lübeck. Jg. 1897, No. 28—31; z. T. in der Thonindustrie-Zeitung, Jg. 21, No. 85. 1897. Zu den technisch wichtigen Ablagerungen gehören die steinfreien Diluvialthone, die Schreibkreide des Klützer Winkels, der Gyps von Segeberg und die zu erhoffenden Kalisalze. Friedrich, P. Geologische Aufschlüsse vor dem Burgthore. Mit einer Tafel. Lüb. Blätter 1897, No. 24, S. 29596. 4°. Die Bodenprofile, welche beim Bau des Elbe-Trave-Kanals freigelest wurden, widerlegen die noch immer verbreitete Annahme einer früheren Ein- mündung der Wakenitz in die Trave vor dem Bursthore. Keilhack, K. — Thal- und Seebildung im Gebiet des Baltischen Höhen- rückens. Mit einer Tafel. — Verhandlungen der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Bd. XXVI, No. 2 und 3. Berlin 1899. S. 129139. 80. K. sucht in seinem Vortrage u. a. nachzuweisen, dass beim Zurück- weichen des Inlandeises am Schlusse der Eiszeit ein Arm der Urweichsel durch das heutige untere Oderthal in den Stettiner Stausee (Meereshöhe 20—25 m), von hier durch das Thal der Trebel über Ribnitz in den Stausee der Lübecker Bucht mit 15 m Meereshöhe floss. »In dieser Höhe aber liegt ein neuer Wasserpass, der den Abfluss dieses vierten, westlichsten Stausees nach Süden hin wieder in das alte Elbe-Thal hinein vermittelte. Der Abfluss erfolgte durch das Thal, welches heute von der Stecknitz durchflossen und von dem im Bau begriffenen Elbe-Trave-Kanal in zweckmässiger Weise benutzt wird.« Diese Annahme K.'s müssen wir aus mehrfachen Gründen als falsch bezeichnen. Die höchste Stelle des Stecxnitz-Travethales liegt nicht 15 m, sondern 20 m hoch. Lepsius, Richard. Geologische Karte des deutschen Reichs, auf Grund der unter ©. Vogels Redaktion in Justus Perthes’ Geograph. Anstalt ausgeführten Karte in 27 Blättern in 1 :500000. Gotha, Justus Perthes. 1894—97. Sect. 7: Hamburg. Die Darstellung des lübeckischen Diluviums ist trotz wiederholter Veröffentlichungen meinerseits falsch. Die mit brauner Farbe (b?) wie auf der Meynschen Karte als Alt-Diluvium bezeichneten Ablagerungen bilden als Abschmelzprodukt des letzten Gletschers die jüngste Ablagerung unseres Diluviums. 2. Gewässer. Ergebnisse der Beobachtungsstationen an der deutschen Küste über die physikalischen Eigenschaften der Ostsee und Nordsee und die Fischerei. Veröffentlicht von der Ministerial-Kommission zur Unter- suchung der deutschen Meere in Kiel. 1873—93. Berlin 1874 — 94. Quer A Über den Inhalt vergl. das 2. Litteraturverzeichnis $. 68. Seit dem Jahre 1894 ist die Veröffentlichung der »Ergebnisse« eingestellt, da bei den Zusammenstellungen der Mittelwerte in den physikalischen Beobachtungen (spec. Gewicht und Temperatur des Wassers u. s. w.) sich bereits seit mehreren Jahren keine erheblichen Änderungen ergeben hatten. Die Beobachtungen werden an denjenigen Stationen fortgesetzt, die teils wegen der Fischerei Bedeutung haben, teils über die charakteristischen Unterschiede des westlichen und des östlichen Teiles der Ostsee Aufschluss geben. Karsten, G. Die physikalischen Beobachtungen an den Stationen. Über die bisherigen Ergebnisse und über fernere Aufgaben zur Physik 43 der deutschen Meere. Mit 3 Abbildungen. — Wissenschaftliche Meeresuntersuchungen, herausgeg. von der Kommission zur wissen- schaftlichen Untersuchung der deutschen Meere in Kiel und von der Biologischen Anstalt auf Helgoland. Neue Folge, Bd. 1, Heft 2 S. 145 —180. Kiel und Leipzig 1896. 4°. S. 154. 7. Travemünde. Beobachter: Fischmeister Schroeder. Die Beobachtungen der physikalischen Erscheinungen der Ostsee bei Travemünde sind in monatlichen Werten für die Jahre 1891—93 tabellarisch zusammen- gestellt. Hochwasser in Lübeck am 1. u. 2. Januar und am 19. u. 20. November 1895. — Lüb. Blätter 1893, S. 12 u. 548. Kurze Angaben der beobachteten Wasserstände. Sturmfluth 1872. Vaterstädt. Blätter. Lübeck 1897, No. 45, 49. Der Priwall. Vaterstädtische Blätter, Unterhaltungsblatt der Lübeckischen Anzeigen. 1899, No. 18. Beschreibung einer früheren, jetzt freigelegten Durchbruchstelle (wohl von 1286) auf dem Priwall und der Veränderungen im Mündungsgebiet der Trave seit dem Mittelalter. Etwas über hiesige Eisverhältnisse in den letzten 25 Jahren. Vaterstädt. Blätter. Lübeck 1898, No. 10. In einer Tabelle sind für die Jahre 1872—98 diejenigen Zeitabschnitte zusammengestellt, in denen die Untertrave mit Eis bedeckt und die Schiff- fahrt unterbrochen war. Friedrich, P. Die Versorgung unserer Industrie mit (srundwasser. Vortrag im Industrieverein am 18. April 1898. Jahresbericht des lübeck. Industrievereins 1898. Fol. 4 8. Friedrich, P. Die Versorgung der Stadt Lübeck mit Grundwasser. Mit 3 Tafeln. Lübeck, Verlag von Edm. Schmersahl Nachf. (R. Brunn). 1898. 298. 4°. (Sonderabzug aus den Lüb. Blättern 1898.) #2 1,50. Der Verfasser verbreitet sich zunächst über die Mängel der jetzigen Versorgung Lübecks mit Wakenitzwasser, indem er besonders die grosse Wasservergeudung (Lübeck übertrifft hinsichtlich seines Wasserverbrauchs — 247 ] pro Kopf und Tag im Jahre 1897 — alle Städte Deutschlands) und die willkürliche Art der Wasserbesteuerung geisselt, und entwirft ein Bild von den Erscheinungsformen des lübeckischen Grundwassers. Für eine Grundwasserversorgung im Grossen kommt nur die sogenannte artesische Schicht unter dem unteren Geschiebemergel in Betracht. In dieser konnte durch etwa 150 Tiefbrunnen eine Bewegung des Grundwassers aus dem ganzen Niederschlagsgebiet der Trave in der Richtung auf Lübeck nachgewiesen werden. Die bisherigen Beobachtungen lassen auf einen grossen Wasservorrat schliessen. Auf Grund von zahlreichen Analysen ist das Wasser der über- wiegenden Mehrzahl der Brunnen als vortreffliches Trinkwasser und weiches oder fast weiches Wirtschaftswasser zu bezeichnen. Die beigefügten Tabellen und Tafeln geben ein hinreichend klares Bild aller Verhältnisse. Besprechungen im Gesundheitsingenieur 1899 und in der Gesundheit. 44 Friedrich, P. Beiträge zur lübeckischen Grundwasserfrage I. und II. Lüb. Blätter 1899. S. 54-55 u. 1900. S. 150-153, 190-195. Mit 2 Tafeln. 4°. Enthalten als Nachtrag zur vorigen Arbeit die Bearbeitung der neuesten Bohrungen. Ein besonderer Abschnitt ist der Grundwasserversorgung Trave- mündes gewidmet. Durch Messungen der Wassermengen an den Überlauf- brunnen im Travethal und durch gleichzeitige Beobachtung der Wasserstände der Ostsee konnte nachgewiesen werden, dass das tiefere (artesische) Grund- wasser in die Travemünder Bucht ausströmt. 3. Klima und Himmelserscheinungen. Ergebnisse der Beobachtungsstationen an der deutschen Küste ... 1873-93. B. Meteorologische Beobachtungen. No.2. Lübeck. (Siehe Gewässer.) Schulze, F.L.K. Jahresübersichten der meteorologischen Beobachtungen in Lübeck für 1893—99. — Lüb. Blätter 1894. S. 100, 1895. S. 45, 1896. S. 74, 1897. S. 155-—157, 1898. S. 34, 1899. S. 65, 1900. S. 107. Tabellarische Darstellungen des Luftdruckes, der Temperatur, der absoluten und relativen Feuchtigkeit u. s. w. (in Monatsmitteln, Maxim. und Min.). Jeder Tabelle ist ein kurzer erläuternder Text beigefügt. Schaper, W. Meteorologisches über Lübeck. Mit einer Tafel. — Lübeck, Festschrift, den Theilnehmern der 67. Versammlung deutscher Natur- forscher und Ärzte gewidmet... Lübeck 1895. 8. 285—292. 8°. Die kurze Arbeit behandelt vorwiegend die Beziehungen zwischen den meteorologischen Verhältnissen und den Hochwassern in Lübeck. Wie bei der klimatischen Betrachtung ist auch hier nur der Zeitraum 1887 bis 1894 berücksichtigt worden. Die Arbeit umfasst alle steigenden Wasser, die am Pegel an der Struckfähre eine Höhe von 0,65 m über Mittelwasser erreichten. Schaper, W. Klimatisches über Lübeck. Mit 11 Tafeln. — Lübeck, Festschrift, den Theilnehmern der 67. Versammlung deutscher Natur- forscher und Arzte gewidmet ... Lübeck 1895. S. 249 —281. 8°. Die bis zum Jahre 1884 in Lübeck angestellten meteorologischen Beobachtungen sind von demselben Verfasser bereits in einem Beitrage zur Landeskunde von Lübeck (Die freie und Hansestadt Lübeck. 1890. S. 51—72) bearbeitet worden; das in der vorliegenden Abhandlung bearbeitete Beobach- tungsmaterial stammt aus den Jahren 1887 bis Ende 1894. Berichte der Sektion für erdmagnetische Beobachtungen für die Jahre 1888—96. — Mitteilungen der geographischen Gesellschaft und des naturhistorischen Museums in Lübeck. 2. Reihe, Heft 1-—13. Lübeck 1890—99. 8°. Schaper, W. und Linde, H. Beobachtungen über das Nordlicht am 18. August 1893. — Mitteilungen der geographischen Gesellschaft und des naturhistorischen Museums in Lübeck. 2. Reihe, Heft 7 u. 8. Lübeck 1895. S. 140—143. Mit Abbildung. 8°. Schaper, W. Erdmagnetische Station zu Lübeck. Heft 5. — Mitteilungen der geographischen Gesellschaft und des naturhistorischen Museums in Lübeck. 2. Reihe, Heft 9. Lübeck 1896. 47 Seiten. 8°. 45 Die dem Direktor der Seewarte, G. Neumayer, zu seinem 70. Geburtstage gewidmete Arbeit umfasst die erdmagnetischen Beobachtungen des Verfassers aus den Jahren 1889—91. Sie zerfällt in folgende Abschnitte: 1. Allgemeine Vorbemerkungen über Deklination, Horizontalintensität und Inklination. 2. Variationsbeobachtungen für die Jahre 1859, 1890, 1891. 4. Pfilanzenverbreitung Knuth, P. Phaenologische Beobachtungen in Schleswig-Holstein in den Jahren 1892—95. Heimat, 3. Jahrg. S. 49—55, 4. Jahrg. S. 76—81, 5. Jahrg. S. 66—71, 6. Jahrg. S. 30—37. Kiel 1892—95. 8°. Die lübeckischen Beobachtungen stammen von ©. Ranke. Schmidt, Justus. Dritter Jahresbericht über die Thätigkeit des Botanischen Vereins zu Hamburg. Heimat, 4. Jahrg. 1894, S. 182—185. In der kurzen Aufzählung neuer Pflanzenfunde befinden sich auch solche aus dem lübeckischen (Gebiete. Prahl, P. Laubmoosflora von Schleswig-Holstein und den angrenzenden Gebieten. — Schriften des naturwissenschaftl. Vereins für Schleswig- Holstein. Band 10. Kiel 189. S. 147—223. 8°. Diese Zusammenstellung umfasst zahlreiche Funde aus der Umgegend von Ratzeburg und Lübeck. Die Angaben von lübeckischen Funden beziehen sich vorwiegend auf die von Haecker gesammelten und im lübeckischen Museum aufbewahrten Laubmoose. Ranke, Otto. Die Brombeeren der Umgegend von Lübeck. — Mitteil. der geograph Gesellschaft und des naturhistor. Museums in Lübeck. 2. Reihe, Heft 14. Lübeck 1900. 28 Seiten. 8°. Die vorliegende Arbeit ist die Frucht einer mehrjährigen, eifrigen und mühevollen Durchforschung unserer heimischen Brombeerflora. Wir können dem Verfasser die Anerkennung nicht versagen, dass er als Schüler des Gymnasiums den Mut gehabt hat, sich in das Studium unserer schwierigsten Pflanzengattung zu vertiefen und dass es ihm neben treuer Pflichterfüllung gegenüber der Schule gelungen ist, ein reiches z. gr. T. selbst gesammeltes Material aus allen Teilen unseres Gebietes mit seltener Formenkenntnis gründlich zu bearbeiten. Ranke unterscheidet abgesehen von Abarten und Formen 45 Brombeerarten. Erichsen, F. Unsere Knicke und ihre Pflanzenwelt. Heimat, Jahrg. VIII. Kiel 1898. S. 163—170 und 180-—-188. Die inhaltreiche Arbeit behandelt den Nutzen der Knicke für die Vieh- und Landwirtschaft, ihre Entstehung und Bewirtschaftung und zuletzt die Zusammensetzung ihrer Flora. Die Zahl der knickbewohnenden einheimischen Holzgewächse beträgt einschliesslich 8 Rosen- und 35 Brombeerarten 79. Dazu kommen etwa 23 fremde Arten. Die vorherrschenden Kräuter sind Überbleibsel einer vormals verbreiteten Waldflora. Obgleich die Arbeit ganz Schleswig-Holstein umfasst, verdient sie doch auch in unser Verzeichnis aufgenommen zu werden, denn die hier beschriebenen Verhältnisse passen ebenfalls auf die Knicke, die das Lübecker Land in tausenden von Reihen durcheittern und neben Laubwäldern und Seen wesentlich zur Belebung unseres Landschaftsbildes beitragen. 46 Friedrich, P. Flora der Umgegend von Lübeck. Lübeck 1895. 47 Seiten 4° DBeigabe zum Jahresbericht des Katharineums zu Lübeck, Ostern 1895. Verl. von Lübcke & Hartmann. M 1,—. Eine kritische Zusammenstellung der lübeckischen Flora nach dem Vorbilde der Prahlschen Flora von Schleswig-Holstein. Durch zahlreiche neuere Beobachtungen, namentlich von W. Brehmer, OÖ. Ranke und dem Ver- fasser, hat sich das Bild unserer Flora seit Haeckers Flora (1844) beträchtlich verändert und erweitert. In der Einleitung sind die charakteristischen Züge unserer heimischen Pflanzenwelt sowie die urkundlichen Aufzeichnungen über unsere Waldbäume knapp zusammengestellt. — Bespr. von Dr. Prahl in der Heimat, 5. Jahre. Kiel 1895, S. XIV. Friedrich, P. Beiträge zur lübeckischen Flora. — Lübeck, Festschrift, den Theilnehmern der 67. Versammlung deutscher Naturforscher und Arzte gewidmet. Lübeck 1895. S. 295—307. 8°. Eine knappe Darstellung der Eigentümlichkeiten der lübeckischen Flora im Anschluss an die vorige Arbeit. Es werden die boreal-alpinen und die atlantischen: Pflanzen hervorgehoben, die um Lübeck ihre West- bezw. Ost- grenzen erreichen, ferner die Stromthalpflanzen, der Elsbeerbaum, die Eibe, die Kiefer und die Kieferbegleitpflanzen. Prahl, P. Flora der Provinz Schleswig-Holstein, des angrenzenden Ge- bietes der Hansestädte Hamburg und Lübeck und des Fürstentums Lübeck. 2. verm. u. verb. Aufl. des 1. Teils der kritischen Flora der Provinz Schleswig-Holstein u. s. w. Kiel 1900. Universitätsbuch- handlung (Paul Toeche). VII, 67, 244 S. 8°. Die erste Auflage dieses vortrefflichen Buches war seit mehreren Jahren vergriffen. Trotz des Bestrebens des Verfassers, dasselbe zur Bestimmung der im Gebiete vorkommenden Pflanzen durch eingehendere Beschreibung derselben geeigneter zu machen und namentlich auch die wichtigeren Abarten und Bastarde aufzuführen und zu beschreiben, ist der Umfang der ersten Auflage nur um mehrere Druckbogen vermehrt worden. Die Tabellen zur Bestimmung der Gattungen sind beibehalten, doch werden die grösseren Pflanzenfamilien gesondert behandelt. Die Diagnosen dürften auch dem An- fänger leicht fasslich sein. Friedrich, P. Nachträge zur Flora von Lübeck. — Mitteilungen der geograph. Gesellschaft und des naturbistor. Museums in Lübeck. 2. Reihe, Heft 14. Lübeck 1900. 9 Seiten. 8°. Enthält Angaben über neue Standorte von heimischen und in den letzten Jahren eingewanderten und eingeschleppten Pflanzen, ferner geschicht- liche Mitteilungen über die Kiefer in Holstein und Lübeck. 5. Tierverbreitung. Dahl, Friedrich. Die Tierwelt Schleswig-Holsteins. Heimat, 4. Jahre. 1894. 8. 1—8, 49—60, 113—141, 193— 205, 217—247. Die inhaltreiche und mit zahlreichen charakteristischen Skizzen ver- sehene Arbeit enthält in systematischer Ordnung die Beschreibungen der Lebensverhältnisse aller einheimischen Wirbeltiere. Besondere Tabellen er- möglichen ein leichtes Bestimmen der Familien, Gattungen und Arten. Auf lübeckische Vorkommnisse wird häufig Bezug genommen. 47 Lenz, H. Die Fauna der Umgegend Lübecks. — Lübeck, Festschrift, den Theilnehmern der 67. Versammlung deutscher, Naturforscher und Arzte gewidmet .... Lübeck 1895. S. 311—325. 8°. Es werden die charakteristischen und die weniger häufig vorkommenden Säugetiere, Vögel, Fische und niederen Tiere, sowie die sämtlichen 140 Mol- luskenarten aufgezählt. Eine eingehendere Darstellung ist der Fauna der Käfer gewidmet, der einzigen bei Lübeck bisher genauer und zwar durch Major v. Koschitzky durchforschten Insektengruppe. Koschitzky, von. Die Käfer Lübecks.. — Mitteilungen der geograph. Gesellschaft und des naturhistor. Museums in Lübeck. 2. Reihe, Heiisuss, Ss, 2102, Heft 10.0, 14,8. 81==89-2Hent 127uF 18: S. 88—104. Lübeck 1895, v6, 99. 8°. Aufzählung der bisher in der engeren Umgebung Lübecks beobach- teten Käfer. Duncker, Georg. Neue und seltene Fische der Neustädter Bucht. — Mitteilungen der geograph. Gesellschaft und des naturhist Museums in Lübeck. 2. Reihe, Heft 10 u. 11. Lübeck 1896. S. 780. 8% Ergänzung zu dem Verzeichnisse der Fische der Travemünder Bucht von H. Lenz (ebenda Heft 3, S. 52—64). Struck, R. Über einige neue UÜbereinstimmungen zwischen Larven- gehäusen von Trichopteren und Raupensäcken von Schmetterlingen. Illustrierte Wochenschrift für Entomologiee Band 1, S. 615 ft. Neudamm 1896. 8°. Struck, R. Neue und alte Trichopteren-Larvengehäuse. — Illustrierte Zeitschrift für Entomologie Bd. 4. No. 8, 10, 13, 17, 19, 21, 22. 17 Seiten mit 31 Abbildungen nach Zeichnungen von H. Zetzsche, Lübeck. Neudamm 1899. 8°. Der Verfasser teilt zahlreiche neue Beobachtungen über den Bau der Gehäuse und .die Entwickelung der Larven der bisher noch wenig beachteten Gruppe der Trichopteren (Köcherfliegen) aus der Umgegend von Lübeck mit. Die Zahl der Bautypen, unter welche Hoffmann die europäischen Larvengehäuse eingereiht hat, konnte von Struck um einige neue ver- mehrt werden. Struck, R. Lübeckische Trichopteren und die Gehäuse ihrer Larven und Puppen. Mit 6 Tafeln. — Das Museum zu Lübeck. Festschrift zur Erinnerung an das 100jährige Bestehen der Sammlungen der Ges. zur Bef. gemeinn. Thätigkeit. Lübeck 1900. 8. 77—110. 8°. Der Verfasser hat in den letzten vier Jahren die lübeckische Trichopteren- fauna (Köcherfliegen) durchforscht und von den 210 deutschen Arten bis jetzt 55 Arten in der engeren Umgebung Lübecks aufgefunden. In der vorliegenden Arbeit beschreibt er eingehend den Aufbau der Gehäuse und die Entwickelung der Larven nach Familien geordnet. Eine Liste am Schlusse lässt leicht erkennen, zu welcher Jahreszeit die hiesigen Larven im erwachsenen Zustande leben und in welchen Gewässern sie anzutreffen sind. 48 Ranke, Otto. Land- und Süsswasser-Conchylien der Umgegend von Lübeck. — ‚Mitteilungen der geograph. Gesellschaft und des natur- histor. Museums zu Lübeck. 2. Reihe, Heft 12 u. 13. Lübeck 1899. 8. 105—116. 8°. Die Kenntnis der Conchylien des lübeckischen Gebietes verdanken wir in erster Linie den langjährigen Arbeiten des Hauptlehrers Arnold. Das von ihm 1882 (im Archiv des Vereins der Freunde der Naturgesch. in Mecklen- burg, Heft 36, S. 1—16) veröffentlichte Verzeichnis wird in der Rankeschen Arbeit durch neun neue Arten, neun neue Abarten und zahlreiche neue Fundstellen bereichert. IV. Bevölkerung, 1. Siedelungen, Ortsnamen, Mundartliches, Sitte und Brauch, Sage und Aberglauben. Hach, Th. Moislinger Urnenfriedhof. Lübeckische Blätter 1893, S. 531 und 532. 4°. Kurzer Bericht über die Ausgrabung von etwa 40 leider fast sämtlich zertrümmerten Urnen aus der jüngeren Eisenzeit. Festschrift zur XXVII Versammlung der Deutschen Anthropologischen Gesellschaft. Mit 43 Tafeln. Lübeck, August 1897. 135 Seiten. 8°. Das vornehm ausgestattete Werk zerfällt in folgende Abschnitte: 1) Theod. Hach, geschichtlicher Überblick über Forschungen zur vorgeschichtlichen Altertumskunde in Lübeck. 42 Seiten. K. Freund, die prähistorische Abtheilung des Museums zu Lübeck. 32 Seiten und 15 Tafeln. 3) R. Karutz, das Museum für Völkerkunde zu Lübeck. 35 Seiten und 23 Tafeln. 4) H. Lenz, die Anthropoiden des Museums zu Lübeck, und L. Proschownick, einige Bemerkungen zu den Lübecker Anthropoidenbecken. 26 Seiten und 5 Tafeln. Eine Besprechung dieser Schrift von R. Virchow in der Zeitschrift für Ethnologie Jahrg. 29, Heft 3 u. 4, S. 139—140 ist in den Lübeckischen Blättern Jahrg. 1897 S. 420 abgedruckt worden. IS) Hach, Theodor. Geschichtlicher Überblick über die Forschungen zur vorgeschichtlichen Alterthumskunde in Lübeck. — Festschrift zur XXVIII. Versammlung der Deutschen Anthropologischen Gesellschaft. Lübeck, August 1897. 1. Abhandlung. 42 Seiten. 8°. Der Verfasser giebt einen geschichtlichen Überblick über die Entwick- lung der anthropologischen und vorgeschichtlichen Forschungen in Lübeck, sowie kurze Biographieen derjenigen Männer, die einen hervorragenden Anteil an diesen Lokalforschungen genommen haben, z. B. von Hövelen, Melle, Dreyer, Claudius, Haug, Klug, Arndt. 49 Freund, K. Die prähistorische Abteilung des Museums zu Lübeck. — Festschrift zur XXVIH. Versammlung der Deutschen Anthropo- logischen Gesellschaft. Lübeck, August 1897.- 2. Abhandlung. 32 Seiten und 15 Tafeln. 8°. Beschreibung des Bestandes der prähistorischen Abteilung des lübecki- schen Museums, soweit sich die Funde auf Lübeck und die benachbarten Teile des Fürstentums Lübeck und des Herzogtums Lauenburgs beziehen. 1. Die Steinwerkzeuge, 2. Die Bronzen, 3. Die prähistorischen Grabstätten unseres Gebietes, 4. Alt-Lübeck. Freund, K. Zur Einführung in die Lübeckische Prähistorie. Vortrag auf der 28. allgemeinen Versammlung der deutschen Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte in Lübeck, 1897. — Correspondenzblatt der deutschen anthropologischen Gesellschaft. No. 9. München 1897. S. 93—95. 4°. Freund, K. Die vorgeschichtlichen Altertümer im Lübecker Gebiete. Programm der Realschule zu Lübeck. Lübeck 1898. Druck von Max Schmidt. 29 S. 4°. Die im lübeckischen Museum aufbewahrten vorhistorischen Werk- zeuge, Hausgeräte und Waffen werden in chronologischer Reihenfolge (ältere und jüngere Steinzeit, Bronze- und Eisenzeit) aufgezählt und be- schrieben. Die Darstellung deckt sich inhaltlich und in der Form z. T. mit der vorigen Arbeit. Lenz, H. Die altsächsischen Bauernhäuser der Umgegend Lübecks. Nach den Erhebungen der Commission zusammengestellt. Zeitschrift des Vereins für Lübeck. Gesch. u. Alterthumskunde. Bd. 7, S. 262 — 290. Mit 12 Tafeln. Lübeck 1898. 8°. Der Verein für Lüb. Geschichte und Alterthumskunde setzte im Jahre 1890 eine aus drei Mitgliedern bestehende Kommission ein, um Erhebungen über die im lübeckischen Gebiete zur Zeit noch vorhandenen alten Bauern- häuser und deren Einrichtungen anzustellen. Das reichhaltige Material, das durch Fragebogen vorbereitet nach eigener Anschauung gesammelt wurde, ist vom Verfasser nach Ortschaften geordnet und zum Schluss noch einmal nach allgemeinen Gesichtspunkten zusammengestellt. Die Tafeln enthalten charak- teristische Aussen- und Innenansichten von Bauernhäusern, Grundrisse und Skizzen von »Pferdeköpfen, Donnerbesen und Mühlen.« Mollwo, Carl. Über die Beziehungen der geographischen Lage Lübecks und der südlichen Ostseeküsten zu deren Entwickelung in der Ge- schichte. — Mitteilungen der geographischen Gesellschaft und des naturhistorischen Museums in Lübeck. 2. Reihe, Heft 12 u. 13. Lübeck 1899, S. 1—47. 8°. Der Verfasser entwirft zunächst ein Bild von den physikalischen Ver- hältnissen der Ostsee und besonders der deutschen Flussmündungen, er skizziert dann die Entwickelung des Kartenbildes der Ostseeländer und sucht 4 50 endlich darzulegen, welchen Anteil die einzelnen Küstenglieder an der geschichtlichen Entwickelung genommen haben. Lübeck, »die Ausfallpforte deutschen Wesens für das Ostseegebiet,« steht mit seinem Siegeslauf zur Beherrschung der Ostsee und mit seinem späteren wechselnden Geschick im Vordergrund der Betrachtung. Vaterstädtische Blätter. Altes und Neues aus Lübeck. Unterhaltungs- blatt der Lüb. Anzeigen. Lübeck, Gebr. Borchers. 1896—1900. Fol. Das seit dem October 1896 als Sonntagsbeilage der Lübeckischen An- zeigen erscheinende Blatt enthält zahlreiche Darstellungen von Sitten und Gebräuchen aus früheren Jahrhunderten, von sprachlichen Eigentümlichkeiten, Naturereignissen und allen wichtigen Vorgängen in dem städtischen Gemein- wesen. Die bisher erschienenen. Jahrgänge enthalten u.a.: Altes aus Lübeck und Umgegend, Handwerksgebräuche in früherer Zeit (1897), Beiträge zur lübeckischen Volkskunde (Volks- und Kinderreime), lübeckische Ausdrücke und Redensarten (1397 No. 35—50), vom Lübecker Martensmann (1898 No. 3—4), die - Träger (1898 No. 11—23, 42, 45, 46, 1899 No. 1, 8), Lübecker Dienst- mädchen (13898 No. 20), Lübecker Humor u. v. a. Beyer, W. G. Die wendischen Schwerine. Ein Beitrag zur Erläuterung des slavischen Götzendienstes. Jahrb. des Vereins für mecklenb. Gesch. u. Altertumsk. Jahrg. 31. S. 58—139. Schwerin 1867. 8°. Der Verfasser sucht nachzuweisen, dass sich das Wort Schwerin aus dem wendischen Wort Zuerin entwickelt hat und einen heiligen Hain zur Aufzucht wilder, dem Kriegsgott geweihter Pferde bedeutet. Der Abschnitt über den Schwerin bei Lübeck (8. 131—133, abgedruckt in der Eisenbahn- Zeitung 1896, No. 140) enthält Angaben aus dem Lübeckischen Urkundenbuche und von einer im Schweriner Archiv aufbewahrten, vom Mathematiker Tile- mann Stella gezeichneten Karte des lübeckischen Landgebietes aus der Zeit um 1560. Schumann, ©. Nachtrag zu den Flur: oder Koppelnamen des Lübecker Staatsgebietes. Wissenschaftliche Beigabe zum Jahresbericht No. 740 des Katharineums, S. 61—69. Lübeck 1893. 4°. Schumann, Colmar. Die Untertrave in ihren volkstümlichen Ortsnamen. Mit Karte. — Mitteilungen der geographischen Gesellschaft und des naturhistorischen Museums in Lübeck. 2. Reihe, Heft 12 und 13. Lübeck 1899. S. 72—87. 8°. Die Arbeit dient in sprachlicher Hinsicht als Ergänzung zu der von dem Verfasser in den Jahresberichten des Katharineums 1892 und 1893 ver- öffentlichten Abhandlung über die Flur- und Koppelnamen des Lübecker Staatsgebietes. ‘ Der Verfasser erklärt hier diejenigen Bezeichnungen der Ufer und des Flussbettes, die, auf den Karten nur zum kleinsten Teile angegeben, im Munde unserer Bevölkerung, vorzugsweise der Fischer und Schiffer, fast ausschliesslich in niederdeutscher Form sich erhalten haben. Die mehr als 250 Ortsnamen umfassende Aufzählung zerfällt in folgende Abschnitte: 1. Von Alt-Lübeck bis Schlutup. Von Schlutup bis Stülper Huk. Von Stülper Huk bis Trayemünde. Das Fahrwasser. Ortsnamen in der Travemünder Bucht. eg 51 Hach, Ed. Zur Erklärung der Namen einiger Lübeckischen Ortsbezeich- nungen. Mittheil. des Ver. für Lüb. Geschichte u. Alterthumskunde. Heft 8 (1897), Ss. 3—10. Lübeck 1899. 8°. Schumann, ©. Erklärung auffälliger Ortsnamen in Lübeck und Um- gegend. Vaterstädt. Blätter 1900, No. 16, S. 123-—127. Die Strassennamen sind einer Arbeit von W. Brehmer über den gleichen Geeenstand (Zeitschr. d. Ver. f. Lüb. Gesch. u. Alterthumsk., Bd. 6, 1890), die übrigen hauptsächlich den Arbeiten des Verfassers über unsere Flurnamen und über die Untertrave entnommen. Kruse, W. Aus dem Lübeckischen Volksmunde. — Mittheil. des Ver. für Lüb. Geschichte u. Alterthumskunde, 1893, 6 Heft. Lübeck IC, 8. 1 0 Volksreime, die sich auf die Auslegung des Läutens beziehen. Aus dem Volksmunde. Ebenda. S. 47—48. - Volksreime, mitgeteilt von A. Grube, H. Sartori und A. Benda. Schumann, ©. 1 Fischerlieder aus Gothmund bei Lübeck. Am Urquell Bd. 4, S. 164—167. 2. Glückrohr-Trinkrunde der lübischen Fischer. Am Urquell Bd. 4, S 244245. Schumann, ©. Beiträge zur Lübeckischen Volkskunde. Mittheilungen des Ver. für Lüb. Geschichte und Alterthumskunde. Heft 6 (1893 —94) S. 11—15, 27--32, 42—45, 59-—-64, 172—175, 184—137. — Heit 7 (1895 — 96) S. 10—13, 27—31, 44—48, 53—63, 74—79, 39 —94, 126—123, 136—144, 156—160, 172—175. — Heft 8 (1597 —98) 8. 70—81. Lübeck 13895—99. 8°. Der Verfasser ist seit zwei Jahrzehnten bemüht gewesen, die bei uns noch gebräuchlichen niederdeutschen Ausdrücke für Tiere, Pflanzen, Krank- heiten, Nahrungsmittel u. s. w. zu sammeln. Das erste Stück dieser Samm- lung (die Ausdrücke für Tiere, Pflanzen, Arzneimittel und Krankheiten) ist bereits in dem früheren Litteraturverzeichnis aufeeführt. In die Zeit seit 1593 fallen folgende Abschnitte: V. Teile des menschlichen und tierischen Leibes. VI. Nahrungsmittel, Speisen und Getränke. VII. Backwaren. VIII. Kleidung. IX. Hausrat. X. Stadt und Dorf. XI. Erdoberfläche. XII. Landwirtschaft. XIII. Zeiten, Wetter, Himmel. XIV. Fischerei und Schifferei. Schumann, ©. Beiträge zur Lübeckischen Volkskunde. — Lübeckische Blätter 1899 S. 63, 100—101, 140, 166, 178, 206, 273, 323, 334. Fortsetzung der vorigen Zusammenstellung XV. Stand und Beruf. — Die Arbeit ist noch nicht vollendet; dem Verfasser ist leider die Gelegenheit, dieselbe in den hiesigen Blättern fortzusetzen, entzogen. 52 Schumann, Colmar. Volks- und Kinderreime aus Lübeck und Umgegend. Beiträge zur Volkskunde. Lübeck 1899. Verl. von Gebr. Borchers. XVI und 206 S. 8%. 4 1,50. Durch eigene Nachforschungen, durch zahlreiche Mitteilungen der Schulkinder und der übrigen Bevölkerung jst es dem Verfasser in mehr- jähriger Arbeit gelungen, eine Sammlung von mehr als 700 Volks- und Kinderreimen zu schaffen. Der Zweck der Sammlung ist ein doppelter: sie will die Teilnahme unserer Bevölkerung an diesen eigenartigen, z. er. T. uralten Dichtungen wecken und zeigen, welch ein Schatz sich auch in unserer Gegend erhalten hat, sie will ferner ein Glied sein in der Kette wissenschaft- licher Forschungen auf dem Gebiete der deutschen Volkskunde In die Sammlung sind auch die meisten der von E. Deecke 1850 zusammengestellten 100 lübschen Volksreime mit aufgenommen worden. Die meisten dieser Volksreime erschienen zuerst in den Vaterstädtischen Blättern. Aus der alten Zunftzeit. — Mittheil. des Ver. für Lübeck. Geschichte u. Alterthumskunde, 1893, 6. Heft. Lübeck 1895, S. 53—59. 8°. Aufzeichnung aus dem Jahre 1825 über die Gebräuche, die ein fremder Zimmergeselle bei seiner Einwanderung in Lübeck zu. beobachten hatte. Bruns, F. Lübeckische Kleidertrachten im Ausgange des Mittelalters. Lüb. Blätter 1896, No. 38, 39. 4°. Maass, J. Fischer-Krustag zu Schlutup. Mittheil. des Ver. für Lüb. Geschichte u. Alterthumskunde Heft 7 (1896) S. 164—172. Abdruck in der »Heimat« Jahrg. VII. Kiel 1897. S. 80—84. 8°. Hach, Th. Vom Klosterkinderfest um 1790. Mittheil. des Ver. f. Lüb. Geschichte u. Alterthumskunde Heft 9 (1899) S. 41—55. 8°. Schacht, Aug. Hansische Sagen. Erzählungen aus Alt-Hamburg, sowie aus der Vergangenheit der Hansestädte Lübeck und Bremen. Hamburg 1894. Kloss. IV u. 166 8. 380. #2. S. 87—144: Lübeckische Sagen: die Erbauung der Dom- und der Marienkirche, Hauptmann Jäger, das Mädchen zu Ross, die Martensmühle, der goldene Pokal, die unschuldig Verurteilte, der schwarze Tod, das steinerne Kreuz u. Ss. w. 2. Bevölkerungsstatistik, @esundheitsverhältnisse und Geschichte i der Epidemieen. Übersichten der Geborenen und Gestorbenen in der Stadt Lübeck. Zusammenstellungen des statistischen Amtes, durch das Medicinal- kollegium monatlich im Amtsblatt der freien und Hansestadt Lübeck (Lübeckische Anzeigen) veröffentlicht. Fol. Statistisches Jahrbuch deutscher Städte. Herausgegeben von M. Neefe. Jahrg. 1—8. Breslau 1890—1900. Verlag von W. G. Kom. 8°. Bevölkerung. Bearbeitet im Statistischen Amte der Stadt Berlin 53 unter Leitung des Directors R. Böckh. 1. Jahrg. II, 2. Jahrg. II, 3. Jahrg. XVI, 4. Jahrg. X, 5. Jahrg. XXIV, 6. Jahre. XXVII, 7. Jabrg. XXIL, 8. Jahrg. XXIL Für die Städte mit mehr als 50000 Einwohnern wird durch zahlreiche Tabellen nach den Ergebnissen der Volkszählungen und auf Grund ander- weitiger Mitteilungen die Bewegung der Bevölkerung, die Zahl der Geburten, Todesfälle, Eheschliessungen, Ehescheidungen, der Wohnstätten, Haushaltungen u. s. w. veranschaulicht. Hauptresultate der Volkszählung im Lübeckischen Staate vom 2. December 1895. Lüb. Anzeigen 1895, 15. Dezember. Fol. Die wichtigsten Ergebnisse der Berufsstatistik im Lübeckischen Staate nach der Zählung vom 14. Juni 1895 bearbeitet vom Statistischen Amte. Lübeck 1896. Druck von Gebr. Borchers. 4°. Beilage zu den Lüb. Blättern 1896. Erläuternder Text ebenda S. 430 ff. Die wichtigsten Ergebnisse der Wohnungsstatistik in der Stadt Lübeck nach der Volkszählung vom 2. Dezember 1895 bearbeitet vom Statistischen Amte. Lübeck 1897. Druck von Gebr. Borchers. 9 Seiten. 4°. Beilage zu den Lüb. Blättern 1897, No. 51 (Tabellen). P. Wohnungsverhältnisse in Lübeck. Lüb. Blätter 1897 8. 645—649, 658—662. 49. P. Zur Wohnungsstatistik Lübecks. Lüb. Blätter 1898. S. 106-108. 4°. Die wichtigsten Ergebnisse der Gewerbestatistik im Lübeckischen Staate nach der Zählung vom 14. Juni 1895 bearbeitet vom Statistischen Amte (2. Teil der Berufsstatistik). Lübeck 1898. 13 Seiten. 4°, Beilage zu den Lüb. Blättern 1898, No. 27. Mit erläuterndem Text ebenda S. 327 ff. Zur Geschichte der Pest, 1625. Lüb. Blätter, Jg. 1893, S. 411—412. 40°. Bericht aus der Originalhandschrift des im Jahre 1614 an die lüb. Domkirche berufenen Pastor M. B. Blume. Riedel. Lübecks Gesundheitswesen. Mit 11 Tafeln. — Lübeck, Festschrift, den Theilnehmern der 67. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte gewidmet. 1895. 8. 87—226. 8°. Die umfangreiche und gründliche Arbeit behandelt die sämtlichen hygienischen Einrichtungen Lübecks, ferner die ärztlichen Zustände, die ansteckenden Krankheiten und Seuchen der früheren Jahrhunderte und der Jetztzeit. Eine grössere Zahl von statistischen Tabellen, Kartenskizzen und Kurventafeln sind beigefügt. 54 3. Wirtschaftliche Kultur, Handel, See- und Flussschiffahrt, Kanalbau, Fischerei, Forst- und Landwirtschaft, &ewerbe und Industrie. Berichte der Handelskammer zu Lübeck über die Jahre 1892-—98 (unter Berücksichtigung des Lübecker Handels- und Schiffahrts -Verkehrs zur selben Zeit). Lübeck 1893—99. Druck von H.G. Rahtgens. 3°. Tabellarische Übersichten des Lübeckischen Handels in den Jahren 1892—98. Zusammengestellt im Bureau der Handelskammer. Lübeck. Edm. Schmersahl. 1893—99. 4°. Mollwo, Carl. Die ältesten lübischen Zollrollen. Lübeck, Druck von Max Schmidt. 1894. 97 S. 8°. # 1,0. In dieser Arbeit sucht der Verfasser darzustellen, wie sich der Handel Lübecks im einzelnen am Ende des 12. und Anfang des 13. Jahrhunderts ausgestaltet hat, und wie der Rat der Stadt nach Ausweis der beiden ältesten Zollrollen versucht hat, ihn zu beeinflussen. Siewert, Franz. Geschichte und Urkunden der Rigafahrer in Lübeck im 16. und 17. Jahrhundert. Hansische Geschichtsquellen. Heraus- gegeben vom Verein für Hansische Geschichte. Neue Folge Bd. 1. Berlin. Verl. von Pass & Garleb, 1897. XV u. 501 S. 8°. Die Grundlage zu diesem Werke bilden neben den Hanserecessen, dem hansischen Urkundenbuch und den lübecker und livländischen Urkunden- werken hauptsächlich die Urkunden des lübecker Staatsarchivs und das von der lübecker Rigafahrer-Gesellschaft hinterlassene Archiv. Der Verfasser schildert in vier Abschnitten die Compagnieen Lübecks, die Organisation und die politische Thätigkeit der Rigafahrer-Compagnie und den Handels- und Schiffahrtsverkehr mit Riga. Die grössere Hälfte des Buches (S. 211—480) nehmen Urkunden und Akten der Rigafahrer-Compagnie ein. Bruns, F. Lübecks Handelsstrassen am Einde des Mittelalters. Hansische Geschichtsblätter. Bd. VII. Leipzig 1897. 8. 41—87. 8°. Auf Grund eines reichen urkundlichen Materials hat es der Verfasser versucht, die von Lübeck ausstrahlenden Landhandelsstrassen zu rekonstruieren, und zwar in folgender Reihenfolge: 1. die westlichen, 2. die südlichen und 3. die östlichen Handelsstrassen. S. Einiges von unseren alten Kaufmannscompanieen. Vaterstädt. Blätter. Lübeck 1897. No. 46—48. Fol. Von See nach Lübeck. Ein Wegweiser für Seeschiffer und Steuerleute mit einer Entfernungstabelle und drei Kartenblättern. Herausgegeben auf Veranlassung der Handelskammer. Lübeck, Druckerei von H. G. Rahtgens. 1895. 80 Seiten. Gr. 8°. Die Druckschrift enthält eine Segelanweisung, eine Zusammenstellung der Schiffahrtsverordnungen, alle mit dem Verkehr in Verbindung stehenden Einrichtungen Lübecks, ferner eine kurze Beschreibung der an der Untertrave 55 liegenden Ortschaften, nautische Tabellen u. s. w. Beigefügt sind folgende vom Reichsmarineamt 1894 herausgegebene Karten: 1. Hafen von Travemünde, 1:10 000. 2. Die Trave von Travemünde bis Lübeck, 1:50 000. 3. Hafen von Lübeck, 1:10 000. Gaedertz, Heinrich. Betrachtungen über die Zuknnft Lübecks. Vor- trag, gehalten in der geographischen Gesellschaft am 24. Februar 1898. Lüb. Blätter 1898, S. 99£., 112f., 119. 40°. G. befürwortet die Vertiefung der Pötnitzer Wiek bis auf 29 Fuss. Vertiefung des Seeweges der Trave. Denkschrift der Handelskammer. Lüb. Anzeigen 1899, 29. und 30. April. Fol. Die Trave gestattet von Travemünde bis Lübeck (23 km) nur einen Höchsttiefgang von 5 m. Die Denkschrift begründet eingehend die Not- wendigkeit einer vorläufigen Vertiefung bis auf 7,5 m. Wohlwill, Adolf. Die Projekte zur Verbesserung des Stecknitzkanals und die französischen Annexionen vom December *1810. Zeitschrift des Ver. für Lüb. Geschichte und Alterthumskunde. Bd. 7, 8. 262 — 311. Lübeck 1898. 8°. Der Verfasser schildert, vorwiegend auf Grund der Stecknitz-Kanal-Akten des K. Staatsarchivs in Schleswig und des Staatsarchivs in Lübeck, die Pro- jekte zur Verbesserung des Stecknitz-Kanals in der zweiten Hälfte des 18. und zu Anfang des 19. Jahrhunderts. Possehl, E. Über die Notwendigkeit und den Nutzen des Elbe-Trave- Kanals für Lübeck. Vortrag, gehalten am 9. März 1892 in der General-Versammlung des lüb. Zweigvereins des Centralvereins zur Hebung der deutschen Fluss- und Kanalschiffahrt. Lübeck. Lübcke & Hartmann. 1892, 21 S, eine Karte. Abgedruckt in den Mittheil. des Centralvereins für Hebung der deutschen Fluss- und Kanal- schiffahrt. Februar 1894. S. 60—66. 4°. Rehder, P. Entwürfe zu einem Elbe-Trave-Kanal zwischen Lauenburg und Lübeck. Mit einer Übersichtskarte (1:100 000) und einer Profil- tafel. Lübeck 1892. Gebr. Borchers. 52 Seiten. 4°. Eine eingehende Darstellung der beiden Kanalprojekte, die für die Ver- bindung von Lübeck mit Lauenburg in Betracht kamen: A. Neuer Entwurf des Elbe-Traye-Kanals in der Linie des Stecknitz-Kanals. B. Entwurf des Elbe-Trave-Kanals in der Wakenitzlinie. Entwürfe zu einem Elbe-Trave-Kanal zwischen Lauenburg und Lübeck. Mit 2 Tafeln. Lübeck. Lübcke & Hartmann (1895). 528. M1—. Rehder, P. Der Elbe-Trave-Kanal. Vortrag. Mittheilungen des Central- Vereins für Hebung der deutschen Fluss- und Kanalschiffahrt. Februar 1894. 8. 534—41. 4°. Der Vortragende eiebt eine Übersicht über den erst generell bearbei- teten Kanalentwurf. Rehder, P. Vortrag, gehalten in der General-Versammlung des Kanal- Vereins zu Lübeck am 23. Mai 1894. Lübeck, Druck von H. G. Rahtgens. 27 S. 8°. Herr Baudirektor Rehder, der Erbauer des Elbe-Trave-Kanals, giebt hier einen allgemeinen Überblick über den Entwurf des Kanals und hebt diejenigen Gesichtspunkte hervor, die bei Feststellung des Entwurfs mass- gebend gewesen sind. Der Elbe-Trave-Kanal. Kurzer Überblick. Lübeck, April 1894. Gebr. Borchers. 11 Seiten 8°. Erläuterungen zu dem Entwurfe über den Umbau des alten Stecknitz- Kanals zu einem Elbe-Trave-Kanal innerhalb des preussischen Staatsgebietes. Lübeck 1895. Druck von Gebr. Borchers. 1. Bau- abteilung: 22 S. und 4 Anlagen. 2. Bauabteilung: 353 8. und 5 Anlagen.e Fol. Rehder, P. und Hotopp. Erläuterung, betreffend die Konstruktion und Betriebseinrichtung der Krummesser Schleuse. Mit 8 Tafeln. Lübeck 1898. Druck von Gebr. Borchers. 7 8. 4°. Rehder, P. Der Elbe-Trave-Kanal. Vortrag im Vaterstädtischen Verein, abgedruckt in den Lüb. Blättern 1899, S. 69—79, und in den Vater- städt. Blättern 1899, No. 7. Nach einem Rückblick auf die Geschichte des Stecknitz-Kanals und die neueren Projekte entwirft R. ein Bild von der künftigen Beschaffenheit des Kanals und von dem augenblicklichen Stande der Arbeiten. Der Elbe-Trave- Kanal, das erösste Kulturwerk Lübecks, wird 67 km lang und erhält sieben Schleusen. Scheitelstrecke 30 km lang, der Wasserspiegel derselben liegt 12 m über der Trave bei Lübeck und 7,17 m über der Elbe bei Lauenburg. Vorläufige Mindestkanaltiefe 2 m, vorläufige Mindestkanalsohlenbreite 22 m. Rehder, P. Der Bau des Elbe-Trave-Kanals. Vortrag, gehalten im Oentral-Verein für Hebung der deutschen Fluss- und Kanalschiffahrt am 5. Mai 1899. — Zeitschrift für Binnenschiffahrt. Jahrg.V, Heft 11 u. 12. 11 Seiten und eine Tafel. Berlin 1899. Fol. Der Vortragende giebt nähere Mitteilungen über die Bauausführungen und den augenblicklichen Stand der Kanalarbeiten, indem er die Abänderungen des eenerellen Entwurfs besonders erläutert, und beschreibt die vom Bau- inspektor Hotopp erfundene und für den Kanal allgemein angewandte Schleuseneinrichtung. Die Grundsteinlegung fand statt am 31. Mai 1895, der erste Spatenstich geschah am 30. Juli 1896, die Bauzeit wurde auf 3" Jahre bemessen. Die anschlagmässige Bausumme beträgt 232 Millionen Mark, der Beitrag Preussens 7Y» Millionen. Karte der Einmündung des Elbe-Trave-Kanals und des Kanalhafens sowie der Einmündung des Kanalhafens in die Seehäfen bei Lübeck. Unter Berücksichtigung der Lage der vorhandenen Eisenbahn- und 57 Wasserwege. Nebst Erläuterungen (11 Seiten). Lübeck 1896. Gebr. Borchers. 8°. A 0,80. Die im Massstab 1:5000 gehaltene Karte stellt die bisherige Lage der Gewässer, Wege und Ländereien und zugleich die durch den Bau des Elbe- Trave-Kanals hervorgerufenen Veränderungen in der Topographie Lübecks dar. Die durch den Bau des Kanals neu gewonnenen Wege sind mit einem braunen, die neuen Wasserflächen mit einem blauen Tone belegt. Elbe-Trave-Kanal. Übersichtskarte über den ganzen Lauf nebst Längenprofil und Querprofilen sowie Erläuterungen (11 Seiten). Die Karten gezeichnet im Katasteramt. Lübeck 1897. Druck u. Verlag von Gebr. Borchers. 5%. MH 2,50. Die Erläuterungen sind nach den Vorträgen und nach besonderen Mitteilungen des Erbauers des Kanals, des Wasserbaudirektors P. Rehder, zusammengestellt. Massstab der Übersichtskarte 1: 100 000. Längenprofil: Massstab für die Längen 1: 100 000. ’ - = Höhen 1:500. Querprofie: - 1: 500. Der Elbe-Trave-Kanal. Mit 2 Tafeln und 126 Figuren im Text. Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure Bd. 44, No. 24 (16./6. 1900). S. 753—785. Fol. Nach den von der Kanalbaubehörde zur Verfügung gestellten amtlichen Interlagen bearbeitet. Die am Tage der Kanaleinweihung veröffentlichte Arbeit behandelt unter Zugrundelegung zahlreicher Zeichnungen 1. die Vorgeschichte des Kanals, 2. die Kanallinie, 3. die Schleusen (die Schleusen des Elbe-Trave-Kanals sind Bauwerke völlig neuer Art. Hinsichtlich der Grundzüge der Anlage und der angestrebten Wirkung wird auf die Arbeit von Arnold, die Hotopp- schen Betriebseinrichtungen der Schleusen des Elbe-Trave-Kanals in derselben Zeitschr. 1899, S. 614 ff. nebst Abbildungen verwiesen), 4. den Wakenitzdüker, 5. die Brücken (bearbeitet vom Reg.-Baumeister ©. Bernhard). Der Bau des Elbe-Trave-Kanals und seine Vorgeschichte. Mit 18 Portraits, 20 Abbildungen und 1 Landkarte. Festausgabe der Lübeckischen Anzeigen zur Eröffnung des Elbe- Trave-Kanals, 16. Juni 1900. Druck und Verlag von Gebr. Borchers, Lübeck und Lauenburg (Elbe). 1900. 64 S. Quer 8°. Inhalt: Geschichtliches von H. Zabel. Der Kanal in amtlicher und parlamentarischer Behandlung von H. v. Trützschler. Die Ausführenden des Baues von W. Dahms. Die Beschreibung des Kanallaufes und seiner Bauten von W. Dahms. Die Hotoppschen Betriebseinrichtungen der Schleusen nach Prof. H. Arnold. Ergebuisse der Beobachtungsstationen an den deutschen Küsten 1873—93. ©. Fischerei. No. 7: Travemünde (siehe Gewässer). Die monatlichen Werte sind auch in den Lüb. Blättern veröffentlicht. Fischfang in Travemünde. Aufgegeben von der Commission zur wissen- schaftlichen Untersuchung der deutschen Meere. Station Trave- münde. — Lüb. Blätter 1593—1900. Fol. Monatliche Zusammenstellungen des Travemünder Fischfanges (Häring, Bretling, Dorsch, Butt, Lachs) nach Gewicht und Geldwert. Statistisches Jahrbuch deutscher Städte. Herausgegeben von M. Neefe. Jabrg. 1—8. Breslau 1890—1900. Verlag von W. G. Korn. 8°. Die Gewerbe, von M. Neefe. 1. Jahrg. IX. Tabellarische Zusammenstellungen der Hauptergebnisse der bei den Berufszählungen vom 5. Juni 1882 ermittelten Gewerbestatistik für die Städte mit mehr als 50 000 Einwohnern. Der, Verkehr, von @G Koch. 1. Jahre x, 22 Jahnepxak . Jahrg. VIII, 4. Jahrg. VII, 5. Jahrg. XII, XIII, 6. Jahrg. IX, X, . Jahrg. XII, XII, 8. Jahrg. VIII, IX. Tabellarische Übersichten über den Strassenbahn-, Post-, Telegraphen- und Fernsprechverkehr in den oben bezeichneten Städten. Güterverkehr, von K. Zimmermann. 2. Jahrg. XII, 3. Jahrg. XVIIL Tabellarische Übersichten über die Grösse der Seeschiffahrt, Binnen- schiffahrt und des Eisenbahnverkehrs in den oben bezeichneten Städten. Johannsen. Lübecks Industrie -Verhältnisse im Jahre 1895, 1896. Jahresberichte des lübeckischen Industrievereins. 48.38. Fol. Statistische Angaben über die lübeckischen Fabriken nach Gruppen geordnet, über die Anzahl der Dampfkessel, der Arbeiter und Unfälle. Die Kt BL) Fischindustrie wird ausführlicher besprochen. Johannsen. Jahresbericht über die Thätigkeit des Gewerbeaufsichts- beamten für den Aufsichtsbezirk Lübeck im Jahre 1895. Lübeck, Verl. Lübeke & Hartmann, 1896. 16 S. 8%. A 0,50. Friedrich, P. Blütezeit und Niedergang unserer Ziegelindustrie, dargelegt an den Lübeckischen Ziegelrohbauten. Lübeck, Edm. Schmersahl Nachf., 1897. 58 S. 8°. Sonderabzug aus den Lüb. Blättern 1397, S. SIäfl. AL 0,80. Der Verfasser beweist an zahlreichen Beispielen und auf Grund von Schriftstücken aus dem lübeckischen Staatsarchiv die Überlegenheit des mittel- alterlichen Backsteinmaterials gegenüber den Ziegelfabrikaten der heutigen lübeckischen Ziegeleien; er bespricht zugleich ausführlich die Massregeln, die zur Herstellung von wetterfesten, den mittelalterlichen ebenbürtigen Back- steinen anzuwenden sind. Vergl. Besprechungen der Arbeit im Centralblatt der Bauverwaltung Jg. XVII, No. 4; im norddeutschen Baugewerksanzeiger Jg. 8, No. 6; Ziegel und Öement Jg. 10, No. 10. 59 Friedrich, P. Brennversuche mit lübeckischem Ziegelthon. Lüb. Blätter 1899 S. 660—663. 4°. Die Brennversuche, welche auf Veranlassung des lübeckischen Industrie- vereins in dem Thonindustrielaboratorium von Seger & Oramer in Berlin ausgeführt wurden, haben bewiesen, dass der lübeckische Ziegelthon zu Ver- blendsteinen wohl geeignet ist. Metzger, Max. Lübecker Ofenkacheln der Renaissancezeit. — Das Museum zu Lübeck. Festschrift... Lübeck 1900. S. 123—152. Mit 11 Figuren im Text und 3 Tafeln. 3°. Nach einer kurzen Darstellung der Geschichte der Kachelform und der Töpferkunst in Deutschland und insbesondere in Lübeck beschreibt der Verfasser eingehend eine grosse Zahl von Kacheln und Kachelmatrizen, welche aus einer hervorragenden Ofenfabrik der Renaissancezeit in der Marlesgrube stammen. Die Blütezeit dieser Kunsttöpferei fiel in die Jahre 1550 —1600. 4. Geschichte. Hoffmann, Max. Geschichte der freien und Hansestadt Lübeck. I. Hälfte, V, 213 S. mit einer Tafel; Il. Hälfte, mit einer Auswahl Lübeckischer Münzen, beschrieben von Carl Curtius. III, 242 S. mit zwei Tafeln. Lübeck, Verlag von Edm. Schmersahl, 1889 u. 1892. 89... M 150. Hasse, P. Die Anfänge Lübecks. Vortrag, gehalten bei der Feier des 150 jährigen Bestehens. Lübeck, Verl. Lübcke & Hartmann, 1893. 23.89.80. 900,50. Wehrmann, ©. Überblick über die Geschichte Lübecks. — Lübeck. Festschrift, den Theilnehmern der 67. Versammlung deutscher Natur- forscher und Ärzte gewidmet... .. Lübeck, H. G. Rahtgens, 1895. S. 18—82. 89. Lübeck, herausgegeben von Carl Griese, Text und Zeichnungen von O. Schwindrazheim. Druck und Verlag Carl Griese, Hamburg. 1895. (85 S. Text mit zahlreichen Abbildungen und 50 Tafeln.) Fol. #2 25. Das reich ausgestattete Prachtwerk giebt eine volkstümlich gehaltene Darstellung der Geschichte Lübecks (»von Lübecks Werden und Wachsen, seinem Ringen und Reifen, seinem Bluten und Blühen bis zur Jetztzeit«) unter besonderer Betonung der Kulturgeschichte. Die Tafeln enthalten durchweg neue Originalaufnahmen von lübeckischen Architekturen und Strassenbildern; die überaus zahlreichen Textillustrationen bieten ein wert- volles kulturhistorisches Material und geben uns eine Vorstellung von den reichen Schätzen von Altertümern, die in unseren öffentlichen Gebäuden, besonders im Museum, erhalteu sind. Bödeker, H. Geschichte der freien und Hansestadt Lübeck. Lübeck, Verl. Lübeke & Hartmann, 1898. 44 8. 80%. #M 0,15. Schulbuch für die Präparandenanstalt, Mittelschule und achtklassige Volksschule. 60 Bruns, F. Verfassungsgeschichte des Lübeckischen Freistaates 1848— 1898. Lübeck, Gebr. Borchers. 185 Seiten. 49%. MA. Holm, Adolf. Lübeck, die Freie und Hansestadt. Mit 122 Abbildungen aus dem Kunstverlage von Lübeck. Bielefeld u. Leipzig, Verl. von Velhagen & Klasing, 1900. 150 8. 8°. Leinwbd. M 4. Siehe: Lübeck (V, 1). V. Besondere Ortskunde. 1. Lübeck und Führer. Statistisches Jahrbuch deutscher Städte. Herausg. von M. Neefe. Jahrg. 1—8. Breslau 1890—1900. Verlag von W. G. Korn. 8°. Gebiet, Lage und natürliche Verhältnisse der Städte, von M. Neefe und K. Singer. 1.—8. Jahrgang. I, 5.—. Jg. II. Angaben über geographische Lage, Höhenlage, Stromgebiets- und Flusslage, politisch-geographische Lage, Umfang, Ausdehnung und Fläche, ortsanwesende Bevölkerung (in den Stadtteilen), Gesamtfläche nach Art der Benutzung, Einteilung zu Verwaltungszwecken, meteorologische Verhältnisse (Luftdruck, Lufttemperatur, Niederschläge, Grundwasserstand) für die Städte mit mehr als 50000 Einwohnern. Jahresberichte des Vereins von Kunstfreunden in Lübeck. Mit Licht- druckbildern als Beilage. Bericht 1—16. Lübeck 1880—95. In Kommission bei Bernh. Nöhring. 4°. Enthalten wertvolle Berichte über die Bau- und Kunstthätigkeit in Lübeck. Lübeckisches Adressbuch für 1893—1900. Lübeck 1895—1900. Druck und Verlag von Max Schmidt. 8°. Dorn, Alex. Die Seehäfen des Weltverkehrs.. 2 Bände. Wien, volks- wirtschaftl. Verlag von Al. Dorn. 1891. 8°. — Bd. 1, S. 800810: Lübeck (mit Hafenbild und Plan in 1:17900). Heer, J. ©. Im deutschen Reich. Reisebilder. Zürich, Alb. Müller. 1895. 229628. 2.8.0 Eine grössere Zahl von Teilnehmern des Hamburger Schriftstellertages besuchte auch Lübeck. Der Verfasser, ein Schweizer, schildert auf S. 161 — 175 (abeedruckt in den Lüb. Blättern 1895, S. 345 ff.) die Eindrücke unserer Stadt. Kunhardt, J. Lübecks Vorstädte vor 70 Jahren. Erinnerungen einer alten Frau. Lübeck, Lübcke & Hartmann, 1898. 72 Seiten. (Sonder- abzug aus den Lüb. Blättern 1897.) 8°. 41. »Es war die Liebe zur engeren Heimat, die diese Zeilen entstehen liess, um in anderen Herzen gleiche Saiten erklingen zu lassen, wie sie durch fröhliche Jugenderinnerungen angeschlagen werden.« Brehmer, W. Beiträge zu einer Baugeschichte Lübecks. 5. Die Befesti- gungswerke Lübecks. Mit 16 Ansichten und Kartenskizzen im Text 61 und 8 Kartentafeln. Zeitschrift d. Ver. f. Lüb. Gesch. u. Altertums- kunde Bd. 7, S. 341—498. Lübeck 1898. 8°. Die umfangreiche Abhandlung enthält die erste zusammenhängende Darstellung der ehemaligen Befestigungen der Stadt Lübeck, ausserdem eine Geschichte der Landwehr, durch welche die städtische Feldmark gesichert wurde, und der ehemaligen Befestigung von Travemünde Als Quellen dienten vornehmlich eine grössere Zahl von Ansichten der Stadt aus früheren Jahrhunderten, ferner einige sorgfältig gearbeitete Grundrisse der Festungs- werke (der älteste von 1620), mehrere Gutachten des Ingenieurs Johann von Brüssel von 1634 und 1635, Abrechnungen der Bauverwaltung und die Tagebücher des Ratsherrn Henrich Brokes aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts. Lenz, H. Das naturhistorische Museum in Lübeck. Eine Skizze seiner Entwiekelung und seines gegenwärtigen Zustandes. Mit einer Tafel. — Lübeck, Festschrift, den Theilnehmern der 67. Versammlung deutscher Naturforscher und Arzte gewidmet .... Lübeck 1893. S. 329—348. 8°. Führer durch das Museum in Lübeck. 2. bedeutend verm. Auflage. Lübeck 1896. 8°. HL 0,30. Derselbe. 3. Aufl. mit Titelbild und Grundrissen. Lübeck 1899. # 0,30. Diese Auflage ist völlig umgearbeitet und weit übersichtlicher gestaltet worden, als die früheren. Das Museum zu Lübeck. Festschrift zur Erinnerung an das 100jährige Bestehen der Sammlungen der Gesellschaft zur Beförderung gemein- nütziger Thätigkeit. 13500 —1900. Lübeck, Druck von Ch. Coleman, 1900. 2783 S. und 19 Tafeln. 8°. Inhalt: 1) H. Lenz, die Sammlungen der Gesellschaft zur Beförderung ge- meinnütziger Thätigkeit. Begründung und Entwicklung derselben im 1. Jahrhundert ihres Bestehens. S. 1—76. Mit 2 Tafeln. 2) R. Struck, Lübeckische Trichopteren und die Gehäuse ihrer Larven und Puppen. S. 77—110. Mit 6 Tafeln. 3) Th. Wetzke, der Indigo. S. 111—122. 4) M. Metzger, Lübecker Ofenkacheln der Renaissancezeit. S. 123 —152. Mit 11 Fig. und 3 Tafeln. 5) v. Lütgendorff-Leinburg, die Werke Lübeckischer Maler in der Gemäldesammlung des Museums zu Lübeck. S. 153—194. 6) R. Karutz, eine Sammlung peruanischer Altertümer. S. 195 — 211. Mit 29 Figuren. 7) R. Karutz, die afrikanischen Bogen, Pfeile und Köcher im Lübecker Museum für Völkerkunde. S. 213—246. Mit 5 Tafeln. 8) Th. Hach, einige silberne Zunftgeräte im Museum Lübeckischer Kunst- und Kulturgeschichte. S. 247—278. Mit 4 Tafeln. Sämtliche Zeichnungen sind von dem Lübecker Lehrer Zetzsche nach der Natur entworfen; sie zeichnen sich durch Einfachheit, Klarheit und künstlerische Auffassung aus. Schmidt, Ad. Lübeck. Mit Originalzeichnungen von A. Westphalen. Zur guten Stunde. Jahrg. 6, Heft 25. 62 Hundert Ausflüge in Lübecks Umgegend. Wegweiser durch die nähere und weitere Umgebung Lübecks nebst einem Führer durch die Stadt Lübeck. Herausgegeben von Edm. Schmersahl. 2. Aufl. Mit 3 Karten und einem Plane von Lübeck. Lübeck, Verlag von Edm. Schmersahl. 1894. 128 und 68 Seiten. 8°. Dasselbe. 3. Aufl. Mit 1 Plan und 3 Karten. Lübeck 1899. Verlag von Edm. Schmersahl Nachf. (Rich. Brunn). II, 128 S. 80. 2. Der Stadtplan ist gänzlich veraltet; die mehrfarbige Hauptkarte (1:120 000) lässt an Deutlichkeit, Sauberkeit der Ausführung und Stoff- auswahl noch viel zu wünschen übrie. Lübeck und seine Sehenswürdiskeiten. Den Teilnehmern am 3. all- gemeinen deutschen Journalisten- und Schriftstellertage dargebracht vom Empfangsausschusse m Lübeck am 2. Juli 1594. Lübeck, Bernh. Nöhring. (1894) 36 8. 8°. Umdruck der von Dr. Th. Hach besorsten eleichbetitelten 2. Auflage des »neuen (von Max Grube bearbeiteten) Führers durch Lübeck u. s. w. Lübeck. B. Nöhring. 1890.« Führer durch Lübeck. Mit Titelbild. — Lübeck, Festschrift, den Theil- nehmern der 67. Versammlung deutscher Naturforscher und Arzte gewidmet. Lübeck 1895 8. 1-17. 8°. Der Führer enthält in gedrängter Form eine Beschreibung der hervor- ragenden Bauwerke und der wichtigsten öffentlichen Einrichtungen der Stadt. Wehrmann, ©. Führer durch Lübeck nebst einem Überblick über die Geschichte von Lübeck. Mit einem Titelbild: Lübeck vom Petrikirch- turm aus gesehen. Lübeck, R. Quitzow. 1897. 82 8. 80. A 1,20. Das Buch, das diesen Titel mit Unrecht trägt, entstand auf folgende Weise. Aus der Festschrift zur Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte in Lübeck (siehe $. 40) wurden die beiden ersten Abschnitte heraus- gelöst und mit einem neuen Titelblatt versehen. Wehrmann hat nur den zweiten Abschnitt (Überblick über die Geschichte) verfasst. Lübeck. Seine Bauten und Kunstwerke. 58 Darstellungen in Lichtdruck mit Text. Lichtdruck und Verlag von Joh. Nöhring, Lübeck [1896]. 11 Seiten und 37 Tafeln. Fol. Geb. # 25. Richter's (früher Seelig’s) Führer. Ostholstein. Touristenführer durch das östliche Holstein, das Fürstenthum Lübeck und die Städte Lübeck und Kiel. Mit 5 Karten und 2 Stadtplänen. 12. Aufl. Hamburg, Verlagsanstalt und Druckerei. [1898]. 111 S. Kl. 80. M 2. Meyers Reisebücher. Ostseebäder und Städte der Ostseeküste. Mit 12 Karten und 16 Plänen. Leipzig und Wien, Bibliograph. Institut. 1899. X12300:7 16084 8:00,90 73: IV. Lübeck und Schleswig-Holstein. Mit Plan von Lübeck (1:20 000) und Karte der Umgegend (1:250 000). Lübeck: S. 199—207, Travemünde, Niendorf, Timmendorf, Scharbeutz: S. 208—213. 63 Neuer Führer durch Lübeck für Einheimische und Fremde mit beson- derer Berücksichtigung seiner Bau- und Kunstdenkmäler, herausgee. nach den Bearbeitungen von Baurat A. Schwiening, Reg.-Baumeister M. Grube, Dr. Th. Hach u. s. w. 5. Aufl. mit einem kolorierten Stadtplan. Lübeck 1900, Verl. von B. Nöhring. 36 S. 8°. 0,75. Woerl. Führer durch Lübeck und Umgebung. Mit Karte und Plan. 6. Aufl. Würzburg, L. Woerl. 1896. 16 Ss 89%. #H 050. — Nut 18997 36,8. 90 050. Holm, Adolf. Lübeck, die Freie und Hansestadt. Mit 122 Abbildungen aus dem Kunstverlage von Joh. Nöhring in Lübeck. Herausgeg. auf Veranlassung des Vereins zur Hebung des Fremdenverkehrs in Lübeck. Bielefeld und Leipzig, Verl. von Velhagen & Klasing. 1900. 150 S. 8°. Leinwbd. #4. Das geschmackvoll und reich ausgestattete Buch ist — der vor kurzem verstorbene Verfasser, Professor der Geschichte in Neapel, war seborener Lübecker — mit tiefem Verständnis und warmem Patriotismus geschrieben. Die Darstellung ist so fesselnd, dass kaum einer, der das Buch zur Hand nimmt, es hinlegen wird, ohne dasselbe bis zu Ende gelesen zu haben. Der Einheimische wird erstaunt sein über die reichen Kunstschätze, die unsere Stadt birgt, der Fremde wird von dem Wunsche beseelt werden, diese Stadt mit ihrer reichen Geschichte und der Fülle alter Bauwerke zu schauen. Aber wir raten ihm dringend, sich zu beeilen, da auch in Lübeck die Zahl der alten Giebelhäuser von Jahr zu Jahr sich verringert. — Nach kurzen Vergleichen der deutschen Meere mit dem Mittelmeer, Lübecks mit Venedig, entwirft der Verfasser ein Bild von der Entwickelung Lübecks »auf dem Hintererunde der Weltgeschichte.« 45 Seiten sind der Beschreibung der heutigen Stadt und ihrer Hauptsehenswürdiekeiten gewidmet. Mantau, Oscar. Lübeck. — Der Bär. Illustrierte Wochenschrift. Jg. 26, No. 15 u. 16. S. 235—238, 251—252. Mit 14 Abbildungen nach Aufnahmen von E. Tesdorpf. Fol. Pläne. (Siehe auch Abschnitt I.) Plan von Lübeck mit Strassenverzeichnis. 1:10000. Verlag von H. G. Rahtgens. Lübeck 1873. Neu bearbeitet 1899. 8%. 4 0,50. Plan von Lübeck und Umgebung. Handausgabe des grossen Plans von Lübeck nebst Umgebung [1:5000] in 9 Blättern, entworfen auf Grund der Karten des Katasteramts vom Vermessungsinspektor Diestel. 1:10000. Lübeck, Verlag und Druck von H.G. Rahtgens [1893]. In 80 gebrochen M 3. Karte von Lübeck und Umgebung, entworfen auf Grund der Karten des Katasteramts vom Vermessungsinspektor Diestel. 9 Blätter. 1:5000. Lübeck, Druck von H. G. Rahtgens. 1893. Bebauungsplan für die Vorstädte der Stadt Lübeck und die Anschluss- verbindungen mit der inneren Stadt, festgestellt durch Rat- und 64 Bürgerschluss vom 16. Juli 1394. 4 Blätter. 1:5000. Lithographiert nach einer Karte des Vermessungsinspektors Dieste. Druck von H. G. Rahtgens. Lübeck 1896. 4 10. Die von der Bebauung auszuschliessenden Flächen werden durch einen roten Farbenton bezeichnet, das Villenviertel in der Vorstadt St. Jürgen ist grün, der innere Wegebezirk violett umrandet. Übersichtsplan von Lübeck. Nach den Specialplänen des Kataster- amtes unter Leitung des Vermessungsdirektors Diestel gezeichnet. Autographiert von Hanke. 24 Blätter im Massstab 1:1000 (Bestand von 1900). Lübeck, Druck von H.G. Rahtgens. Noch nicht erschienen. Seit 1593 wird die Stadt von seiten des Katasteramtes neu vermessen. Die beiden neu entstandenen Katasterkarten (1:100 und 1:200) sind durch Pantographie in den Massstab 1:1000 verkleinert. Der aus 24 Blättern bestehende Plan, dessen Herausgabe beabsichtigt wird, gehört hinsichtlich der Sauberkeit, Gefälligkeit und Genauigkeit der Ausführung zu den besten kartographischen Leistungen der Neuzeit. Er enthält die Nummern der Häuser und zahlreiche Höhenaneaben (aller Nivellementsbolzen und der Strassenkreuzungen). Die Strassen, Häuser, Gärten und Anlagen heben sich durch Farbentöne ab. 2. Landgebiet und Travemünde. Ostseebad Travemünde, ca. 35 Minuten von Lübeck. Verl. des Bade- ausschusses (1897), 24 S., Plan und 4 Ansichten. Kl. 8°. Wehrmann, ©. Die Seebadeanstalt in Travemünde. Zeitschr. des Ver. f. Lüb. Gesch. u. Alterthumskunde Ba. 7, S. 108—129. Lübeck 1898. 80. — Z. T. abgedruckt in den Lüb. Blättern 1894, S. 667—669. Der Verfasser schildert die Entwickelung der 1802 gegründeten See- badeanstalt Travemünde, besonders in den ersten Jahren ihres Bestehens. Travemünde. Druck von H. G. Rahtgens in Lübeck. 1899. Doppel- blatt in 4°. Prospekt mit einem Plan und einer Ansicht der nen angelegten Strandpromenade. Travemünde und die Seebadeanstalt. Lübeck 1899. Gebr. Borchers. 56 S., 10 Tafeln und 1 Plan. 8°. y- Aus dem Lande der Basken. Ein Vortrag aus dem Jahre 1897. Von Dr. Karutz, Lübeck. Als im ewigen Kreisen der Allmaterie vor zahllosen Jahrmillionen die ungebrochenen Jugendkräfte unseres Sternes sich jene Welt erschufen, auf der die rätselhafte Wurzel des organischen Lebens dem Boden ent- keimen und den Wunderbaum treiben konnte, dessen Schönheitsharmonie uns entzückt und dessen vielgestaltete Fülle uns verwirrt; als die vulka- nischen Riesenmächte unseren Erdteil über die heissen Wogefluten des Urmeeres erhoben, und all die mannigfachen mechanischen Wirkungsformen elementarer Bewegung ihm seine heutige Gestaltung gaben, türmten im Südwesten Europas gewaltige Graniteruptionen und emporgeschleuderte Schichtenbildungen von Kalk, Schiefer und Sandstein die langen Kämme und spitzen Zacken der Pyrenäen auf. Einst die Küste einer Insel, die Nordafrika bis zum Atlas mit der iberischen Halbinsel umschloss, bis die andrängenden Meere sich die Strasse von Gibraltar erzwangen, im Süden die Wüste Sahara, im Norden das französische Tiefland trocken gelegt wurden, heute eine Grenzmauer zwischen dem spanischen Hochplateau und der stromreichen sonnigen Gascogne erhebt sich das Pyrenäengebirge im östlichen und mittleren Abschnitt zu den schwindelnden Schneehöhen von 8000 und 10000’ Mächtige Kalkstein- und Marmormassen bilden den Grundstock des Maladetta, Vignemale, Mont Perdu, kahle Granit- gipfel ragen wie die Zinnen und Türme einer gigantischen Riesenburg in den flimmernden Glanz der heissen, südfranzösischen Sonne Die Westpyrenäen, in denen sich die südliche der beiden Centralketten zum atlantischen Ocean vorschiebt, wirken viel weniger grossartig, ihre Schiefer- und Sandsteinschichten erreichen nirgends die Schneegrenze; je weiter nach Westen, desto niedriger die Höhen, desto seltener die Granitkuppen, die aus der Kammlinie sich ablösen, und bei der spanischen Grenzstadt Irun beherrscht bereits die Peüa de Aya trotz der geringen Höhe von nur 700 Metern durch die weithin sichtbaren fünf Zacken ihrer starren Felsenwand die Landschaft. Die südwestlichen Ausläufer der Pyrenäen verschlingen sich mit den östlichen Armen des cantrabrischen Gebirges 5 66 zu einem dichten, unregelmässigen Netz sich kreuzender Bergzüge, aus dem sich wohl zwei parallele Hauptkämme, von der Bidassoa zum Quell- gebiet des Durango und an der Küste entlangziehend, unterscheiden lassen, deren mannigfache, regellos in allen Richtungen sich verästelnde Verbindungen aber dem Lande sein charakteristisches Relief verleihen. Durch die tief einschneidenden Thäler, durch ihre ungewöhnlich steilen, abschüssigen Wände erscheint das ganze Gebirge viel höher, als es in Wirklichkeit ist; im Durchschnitt mag es 1500—2000 ’ erreichen, nur in der Sierra de Durango erhebt die grotesk geformte, imposante Masse der unvermittelt aus weiter stromdurchfurchter Ebene jäh aufsteigenden Felsen ihre Kalksteingipfel bis zur Höhe von 4000 Mit Ausnahme dieser höchsten Spitzen breitet sich über alles Land eine üppige Vegetation mitteldeutschen Charakters. Birke und Esche träumen hier im Schutze der schmalen Thalsohle, Buche und Eiche trotzen Wetter und Wind an freien Bergeshängen, Farren und Moose klettern bis zu den sturm- umrüttelten Spitzen und Kämmen hinauf. Daneben aber schatten breit- blätterige Platanen ihre hellen Stämme und vielbesungene Edelkastanien wiegen ihre feinen Federbälle auf schlanken hängenden Zweigen. In zahlreichen kieselrollenden Rinnen stürzen sich spritzende Wasser die jähen Hänge hinunter zu den kichernden, schäumenden Forellenbächen, wandern mit ihnen zu kollernden polternden Flüsschen und strömenden grünen Flüssen, um vereint ihrer Sehnsucht zum lockenden Meere zu folgen, unbekümmert um das Opfer des trauernden Küstenlandes, das sie auf ihrem Zuge durchbrechen und zerstückelt, zerrissen hinter sich lassen. Der Boden des Landes besteht im östlichen Teil aus Granit, Kreidekalk, Sandstein und Mergelschiefer, im Westen aus schwärzlichem eisenhaltigen Kalk, Sandstein und Schiefer; im Süden senkt er sich mählich zum castilianischen Hochplateau, im Norden tritt der Sandstein bis unmittelbar an den Ocean heran, im ewigen unerbittlich harten, unabwendbar aus- sichtslosen Kampf mit des Biscayischen Meeres flutender Riesenkraft zu Klippen zerrissen, zu Riffen zertrümmert, in Risse, Spalten und Klüfte zernagt. Den Flussmündungen hat sich ein Alluvialstreifen von feinem weissen Sand vorgelagert, über dem die leuchtend grüne Mauer heran- ziehender Wogen in spritzender Brandung krachend zerschellt, eine wabernde Lohe um den Brünhildefelsen des Baskenlandes. So von Mutter Natur mit herber spröder Art bedacht,‘ ernst und verschlossen auf den ersten Blick, aber bei aller abwehrenden Grösse auch der zutraulichen Lieblichkeit nicht entbehrend und bei besserer Bekannt- schaft als treu und dankbar erprobt, liegt im Nordwesten Spaniens und im äussersten Südwesten Frankreichs jenes Land, das die letzten Reste 67 ureuropäischen Volkstums bis auf unsere Tage bewahrt hat. So lag es wenigstens damals vor den Augen der alten Iberer, die, aus den Ebenen vertrieben oder in natürlicher Expansion sich ausbreitend, in die grünen Berge zwischen Ebro, Pyrenäen und Ocean wanderten, und deren Nachkommen noch heute, nach Jahrtausenden, den Boden ihrer Väter bebauen. Ein Rätselgeschlecht, diese Basken, diese Euscaldunac, wie sie in ihrer eigenen Sprache sich nennen. Wieder und wieder weckt es die Frage, »woher es kam und wess’ sein Nam’ und Art,« doch ebenso olt entweicht es vor unserem suchenden Blick in das Nebelgrau dunkelster Vorzeit zurück, jeder Lösung seines Rätsels spottend, jede Enthüllung seines Stammesgeheimnisses sphinxartig verwehrend. Wie die Alten schon über die iberischen Völker philosophierten, so grübelt und streitet unsere Wissenschaft seit Leibnitzens Tagen über das Baskenproblem, ohne es zu lösen. Noch heute wissen wir nicht, in welche Völkerfamilie man die 600.000 Menschen einreihen soll, wann und woher ihre Ahnen gekommen, wieweit und mit welchen Stämmen sie gemischt sind. Der Ausgangspunkt für fast alle Untersuchungen über die Basken war ihre eigenartige, jeder Analogie in Europa entbehrende Sprache; sie gab zu den gewagtesten Theorien Veranlassung und besonders diejenigen, welche von der Sprachwissenschaft allein die Lösung ethnologischer Fragen erwarten, suchten nach Wortähnlichkeiten in Asien, Afrika. Amerika, um daran ihre Hypothesen zu knüpfen. So schlossen spanische Autoren aus dem Flussnamen Araxes auf eine Wanderung der unmittelbaren Nachkommen Noah's nach Spanien, zumal auch der Berg Avalar zweifellos mit dem Ararat, die Stadt Armentia mit Armenien zusammenhinge, und dergl. ähnliche einfache Wortanklänge täuschten die Spanier in Amerika und auf Tahiti. Dabei ist aber höchst interessant, dass moderne wissenschaftliche Forscher durch eingehende Sprachenvergleichung zu derselben Auffassung von der Zusammengehörig- keit der Basken und der Indianer gekommen waren. Das Euscara nämlich ist im @egensatz zu den flektierenden indo- germanischen Sprachen ein agglutienierendes und incorporierendes, ein anfügendes und zusammenfügendes Idiom, und solche giebt es auch bei den Indianern Amerikas. Daraus entwickelten Ethnologen, wie Horatio Hale, die Hypothese, dass die prähistorischen Küstenbevölkerungen des westlichen Europas bereits den atlantischen Ocean durchquert und Amerika besiedelt hätten, als die indogermanischen Völker von Osten her Europa besetzten. Die Basken wären der in Europa gebliebene Rest dieses autochthonen Urvolkes. 68 Bereits Wilhelm von Humboldt hat in seiner klassischen »Prüfung der Untersuchungen über dieUrbewohner Hispaniens« gegen diese Hypothese Stellung genommen. Die Sprachverwandtschaft sei nicht eine stammliche, sondern eine dynamische, der gleiche Charakter der Sprachen habe nicht notwendig den gleichen Ursprung zur Voraussetzung, sondern sei nur ein Zeugnis für eine in beiden Fällen gleich frühe Bildungsstufe. An diesem Punkte begegnen sich, wie man sieht, die beiden grossen Strömungen in der Völkerkunde, der Völkergedanke und die Anthropo- geographie, die Selbstheit und die Übertragung. Hale hatte aus der Sprachenähnlichkeit die Verwandtschaft deduciert, Humboldt liess nur das gleiche Stadium der kulturellen Entwickelung zu. Wir treffen immer und überall auf diesen Gegensatz, der es so unendlich erschwert, im einzelnen Falle die Wahrheit zu ergründen, weil dort zu viel, hier zu wenig combiniert wird. Im Congobecken giebt es Bogen mit ähnlicher Besehnung mittelst Rotang-Wülste, wie in Neu-Guinea. Muss daraus schon die Notwendigkeit stammlicher Zusammengehörigkeit hervorgehen ? Gewiss ist Nachahmen leichter als Erfinden, wie es Ratzel immer betont, aber man sehe sich die Bronzebeile unserer prähistorischen Zeit und diejenigen Westafrikas, die Gesichtsurnen Ägyptens und Mexikos an, um einzugestehen, dass gleiche Kulturstufe gleiche Erfindungen schafft. Die- selbe schwierige Stellung erwartet uns bei dem Urteil über baskische Sprache und Ethnographie. Schon Humboldt selbst wollte es nicht in Abrede stellen, dass »die Basken und die Völker keltischen Ursprungs von Irland und Wales im nördlichsten Teile des atlantischen Meeres beständige Nebenbuhler der Skandinavier gewesen sind« und wenn natürlich an eine Besiedelung der gesamten neuen Welt durch das den Basken entsprechende europäische Urvolk aus hundert Gründen nicht gedacht werden kann, so besteht doch neben der linguistischen auch eine Reihe anthropologischer und ethnologischer Ähnlichkeiten, die nicht ohne Interesse sind. Als ich in [run das verqualmte Coupe betrat, sah ich eim paar Bauern auf den verschlissenen Polstern sich rekeln, deren Gesichtsprofil mich sofort ungemein fesselte. Es waren die bekannten Züge des nordamerikanischen Indianers, seine Adlernase, seine breit auseinanderstehenden Jochbeine, sein breiter bartloser Mund, seine grossen ruhigen Augen. Später sah ich freilich ebensoviel gerade, wenn auch immer kräftig entwickelte Nasen, und gebogene giebt's auch bei Germanen, Semiten, Papuas und Anderen. Ähn- liches gilt für die Anklänge auf ethnologischem Gebiete, die Leidenschaft für Spiel und Tanz, die Art dieser Spiele, die sogenannte Couvade, das Männerwochenbett, die Speisenbereitung, die Schwitzbäder und Anderes. 69 Wenn man für diese amerikanische Theorie die versunkene Atlantis wieder heraufholt, so muss man bei Betrachtung der erstaunlichen Süd- seefahrten der Polynesier, der ans Wunderbare grenzenden Ausdehnung polynesischer, d. i. malaiischer Kultur über den gesamten stillen Ocean bis zu den Westküsten der neuen Welt die Notwendigkeit dafür leugnen und muss einräumen, dass die geographische Entfernung an sich ein Hindernis für die baskische Einwanderung in Amerika nicht gewesen sein kann. Auffallender wäre schon das Verschwinden dieses hypothetischen Seeverkehrs vom atlantischen Ocean gegenüber der bis auf den heutigen Tag unverändert lebhaft erhaltenen Schiffahrt des Pacific. Diese zuletzt erwähnte Theorie erklärt das problematische Urgeschlecht der Basken für autochthon in Europa oder lässt sich wenigstens nicht darüber aus, ob und woher es in unseren Erdteil eingewandert ist. Eine Zeit, die alle europäischen Völker aus Asien, als der Heimat der Arier und der Wiege des Menschengeschlechtes überhaupt herleitete, wandte ihre Anschauungen natürlich auch auf die Basken an. Diese oder viel- mehr die seit Humboldt unbestritten als ihre Ahnen anerkannten Iberer der alten Schriftsteller sollten der erste Vorstoss jener gewaltigen Völker- wanderungen gewesen sein, die zwei Jahrtausende lang ihre Menschen- massen von den Hochländern Irans über Europa ausschütteten. Einige hielten sie für stammverwandt den Kelten, andere erkannten auf Grund sprachlicher und ethnologischer Vergleiche den Unterschied zwischen beiden, jedoch auch sie glaubten an die Einwanderung von Asien her. »Ich würde die Muthmassung wagen, sagt Humboldt, dass, wenn man einmal alle Völker von Osten nach Westen wandern lässt, die Iberer sich von der grossen Völkerstrasse Thraciens südwärts, die Kelten nord- wärts geschlagen haben.« Gail identificiert die Iberer mit den Pelasgern, andere suchen ihren Ursprung in Latium und Etrurien, noch andere leiten sie von den Arabern ab. Am meisten scheint an Boden in der neueren Zeit die bereits von Leibnitz ausgesprochene Ansicht von der afrikanischen Her- kunft der Iberer zu gewinnen. Danach wären hamitische Stämme, ver- wandt vielleicht den Ureinwohnern der canarischen Inseln, den Guanchen, vom Nordrand Afrikas, gedrängt, wie Niebuhr meint, durch die medischen Völker des Herakleszuges, über die Strasse von Gibraltar gezogen, hätten die iberische Halbinsel — wie die Einen wollen, durch Überwältigung der Kelten, wie die Meisten annehmen, als freies unbewohntes Land — in Besitz genommen, später die Pyrenäen überstiegen und Gallien bis in die Loire- und Rhonegegenden, Italien und die Inseln des westlichen Mittel- meeres besetzt, vielleicht auch einen Teil Britanniens occupiert. 70 Wenn ich mir diese letztere Ansicht von dem Zusammenhang der Basken mit hamitischen Urstämmen zu eigen mache,*) so muss ich freilich zugeben, dass die Beweisführung nur spekulierend und theoretisierend sich bewegen kann in jenen vorgeschichtlichen Fernen, aus denen kein Doku- ment, keine Erinnerung uns wegleitend herüberleuchtet. Spurlos, wie kaum je eime andere Menschenthat, ist jene Kultur vom Erdboden ge- schwunden, von der Strabons berühmtes Citat uns die einzige Kunde überbracht hat. »Die Turdetaner, sagt er, — das sind die Bewohner ungefähr des heutigen Andalusiens — sind als die gebildetsten aller Iberer bekannt; sie bedienen sich der Schreibkunst und haben Schrift- bücher ihrer alten Denkzeit, auch Gedichte und Gesetze in Versmaass seit 6000 Jahren, wie sie behaupten.« Welcher Art diese Kultur gewesen, ob sie von dem einbrechenden keltischen Barbarentum vernichtet wurde oder welche blutigen Völkerkämpfe sonst sie zertreten haben mögen, wir können es nicht sagen. Nur soviel hat uns die Sprachforschung gelehrt, dass die heutigen Basken die direkten echten Nachkommen jener Iberer sind. Vor Kelten, Phöniciern, Karthagern, Römern und Goten in die unzugänglichen Berge zurückweichend, die sie noch heute in zäher An- hänglichkeit an Sitte und Sprache gegen die Castilianos verteidigen, haben sie sich durch Jahrtausende nicht gänzlich, aber doch aussergewöhnlich stammesrein erhalten. Mässig dunkle Hautfarbe, dunkelbraune und graue Augen, braunes Haar, schwache Bartentwickelung, stark entwickelte, ge- bogene Nase mit schmalem hohen Rücken, fleischiges kräftiges Ohr, mittelgrosse kräftige Statur mit gedrungenem Oberkörper scheinen mir den ursprünglichen Typus darzustellen. Blondes Haar und blaue Augen verraten vielleicht gotisches Blut. Man sollte überhaupt meinen, dass die Unzahl von erbarmungslosen Eroberungskriegen, denen die pyrenäische Halbinsel hülflos preisgegeben worden, dass die unaufhörlichen Durchzüge [remder Völkerschaften und Heereskörper nicht ohne bestimmenden EBin- fluss auf die Reinheit der Rasse bleiben konnten. Und in der That stellt die heutige Bevölkerung Spaniens das Muster eines unentwirrbaren Rassen- gemisches vor. Um so erstaunlicher erscheint die relative Stammesreinheit der Basken und mag sich zum Teil nur daraus erklären, dass die von Norden her über die Pyrenäen ziehenden Kelten, Goten und Franken vorwiegend den Flussläufen folgend, die in das heutige Navarra und Arragonien führenden Pässe wählten oder, vom Rhonefluss kommend, längs dem Mittelmeergestade sich Bahn brachen. So blieb der nordwest- lichste Teil der Halbinsel seitab liegen. Dazu kam die aus Heimatsliebe ®) Für die eingehendere Behandlung dieser Frage vergleiche man meine Arbeit Zur Ethnographie der Basken,« Globus, Bd. LXXIV, Heft 21 und 22, und Selbsterhaltungstrieb geborene, im Bunde mit der natürlichen Festung ihrer Berge unüberwindliche Tapferkeit der Basken, und endlich die Unzugänglichkeit der brandunggeschützten Küste, an der wohl einzelne phönieische und später römische Faktoreien bestanden, aber niemals die Fremdherrschaft in gleichem Umfange wie im Herzen der Provinz Hispania durchgedrungen war. Erst in neuerer und neuester Zeit, glaube ich, schreitet das Baskentum mit beschleunigten Schritten seinem Untergange zu. Im Jahre 1376 nahm ihm Alfons Xi. den grössten Teil seiner Fueros, die allgemeine Wehrpflicht führt die Basken in die übrigen Provinzen Spaniens und schickt sie mit veränderten Anschauungen, mit verändertem Charakter in die Heimat zurück, die spanische Sprache ist obligatorisch geworden und droht das uralte Buscara zu verdrängen. Man wehrt und sträubt und stemmt sich dagegen, der Baske hasst den Spanier wie den Tod, es wird ihm aber auf die Dauer nichts nützen. Mählich wird eine neue Zeit geboren und, in den allgemeinen Niedergang Spaniens hinein- gerissen, werden die Provincias Vascongadas ihren Typus mehr und mehr verändern. An der Physiognomie des Menschenschlags, an seinen Sitten und Bräuchen sieht man heute deutlich, wie von Süden und Westen her der Kreis um die letzte Hochburg des Iberervolkes sich enger zieht, wie Stück für Stück von ihren Mauern bröckelt, Stein auf Stein in die Tiefe rollt und zu Schutt und Staub vergeht. Der uralte Baskentanz, den schon Strabon beschreibt, und den ein- förmige Weisen auf Flöte und Trommel begleiten, weicht dem Walzer. Ich sah das einmal recht gut in Portugalete. Ein wunderbarer September- sonntag hatte hunderte von Menschen auf die breiten Quais am flutenden Nervion gelockt, die Plaza fasste kaum die wogende lebenlachende Menge. Bald sonderte sie sich in drei Gruppen. In der einen Ecke drang die zitternde Stimme eines verstimmten Leierkastens mit ihren »Donauwellen« mit Mühe zu all den walzenden Paaren im Kreise herum, in einer zweiten Ecke des Platzes hüpfte eine kleinere Gruppe nach Mandolinen- klang und Tingeltangelsang «den Pas basque, in einem abgelegenen Winkel endlich konnten zwei Stadtmusikanten mit ihrer vaterländischen Trommel, ihrer primitiven heimischen Flöte und dem schlichten traditionellen Takte ihrer Lieder nur einige kleine Kinder und halbwüchsige Mädchen zum Nationaltanz begeistern. Die ehemalige Volkstracht ist längst geschwunden. Auf einem grossen Volksfest in Fuenterrabia, das alljährlich am 8. September die Aufhebung der französischen Belagerung von 1638 feiert und tausende von Menschen zu Kirchgang und Procession vereinigt, hoffte ich wenig- stens etwas zu sehen, was unseren deutschen Volkstrachten entspräche. Doch ausser emigen Verkleidungen in der Procession, meist religiösen Sinnes, war nichts zu entdecken. Unter all den aus Stadt und Land herbeigeeilten französischen und spanischen Basken war nicht ein eim- ziges charakteristisches Kostüm. Früher hat es ein solches gegeben. Auf der ethnographischen Ausstellung in St. Jean de Luz, der ersten in ihrer Art, die Kunst und Volkstum der Basken zusammenfassend zu veranschaulichen suchte,*) war nach Art der Pariser Museen das Innere einer baskischen Küche mit ihren Bewohnern in natürlicher Grösse reproduciert. Hliiernach bestand der Anzug der Männer aus schwarzem Jaquet, Kniehosen und Strümpfen, weissem Hemd mit hohem, bis auf die Wange reichendem weichen Kragen, roter Schärpe um die Hüfte und einer flachen dunklen Mütze Die Frauen trugen silbergestickte schwarze Mieder, vorn über dem sichtbar bleibenden Hemd geschnürt, bunte Kleider, Schärpe, Umhängetücher. Von dieser nur bei den französischen Basken gebräuchlichen, wohl in späterer Zeit, ohne Zusammenhang mit dem primitiven Sohn der Guipuzcoaberge entstandenen Kleidung lebt heute nur noch die Mütze und die Schärpe der Männer. Die letztere ist ca. 2 Meter lang und wird mehrere Male um den Leib geschlungen, weicht übrigens meist schon dem elastischen Gürtel inter- nationaler Form und Arbeit. Die erstere, Boina, dagegen ist mit ihrer charakteristischen, dem tam-o-chanter ähnlichen Form heute das allgemeinste ethnographische Abzeichen des Basken. Sie verlässt seinen Kopf vom Morgen bis zum Abend nicht, beim Essen nicht, im Zimmer nicht, ja es wurde mir eine Anekdote erzählt, Jemand habe seinem Schwiegersohn vorgeworfen, er wäre abtrünnig seinem Vaterlande geworden, hätte spani- sche Sitten angenommen, nähme er doch sogar seine Mütze im Zimmer ab. Die Boina ist durchweg aus blaugefärbter Wolle. Rote Boinas, sog. chapelgorrys, waren im Karlistenkriege das Abzeichen der Regierungs- partei und werden heute von Zollbeamten und Gendarmen auf dem Lande getragen. Die weisse Boina, chapelchuri, giebt der Anhänger des Prätendenten Don Karlos auch jetzt noch seinen Kindern, wie er sie seiner Zeit im Kriege selbst getragen. Ausser der blauen Boina ist im französischen Baskenland nur noch die Makhila charakteristisch, ein eigenartiger aus dem Mispelstrauch ge- fertigter Lanzenstock, ohne den man an Sonntagen kaum eine Hand in Bayonne, St. Jean de Luz, St. Jean Pied de Port u. s. w. sieht. Jenseits der Pyrenäen hat sich dagegen mehr Eigenart erhalten. Ausser der Faja, dem bereits genannten Leibgurt, sieht man überall noch die charakte- ”) Vergl. meinen Aufsatz im Internat. Archiv für Ethnographie, Bd. XI, 73 ristische Fussbekleidung, bei gutem Wetter die Espartinyak, Schuhe mit Hanfsohlen und Leinwandrücken, bei schlechtem Wetter und im Winter die abärkak, sandalenartig flache Schuhe aus ungegerbtem Rindsleder von so einfacher Form, dass es glaublich erscheint, sie habe sich seit Jahrtausenden nicht verändert. Zu ihnen gehört ein Waden- tuch, das mittelst Schnürbändern aus Wolle an Schuh und Unterschenkel befestigt und gleichfalls wohl ein Überbleibsel aus ältester Zeit sein mag. Zugleich ein schätzbares Dokument für den Gegensatz zwischen Iberern und den hosentragenden Kelten. Zur Ethnographie der Basken gehören weiter die Wagen und Schlitten, die Ackerbauwerkzeuge, die Musik- instrumente, die Gegenstände zum Spinnen, Kochen, Haushalt überhaupt, Schnitzereien, der Wurfkorb nebst Ball und Anderes mehr, wozu ich ebenfalls auf die bereits erwähnte Arbeit im »Globus« verweise. Als Krieg und Not die Iberer in die stillen Thäler bannten, deren schroffe waldbedeckte Wände ihnen zuerst unüberwindlich scheinen moch- ten, ist ihr Leben wohl einfach und karg gewesen. Aber diese Einfachheit ihres Lebens, das stete Ringen mit einer spröden widerspenstigen Natur schärfte Mut und Verstand, kräftigte Wollen und Können, vertiefte Empfinden und Heimatsliebe. Stolz und Selbstbewusstsein, Genügsam- keit, Treue und Fleiss sind die hervorragenden Charaktereigenschaften des Basken, und wer die gewaltige, an Klippen und Felsentrümmern tosend emporgeschleuderte Brandung sieht, wer von den schwindelnden Gebirgskämmen die jähen Sturze hinunterschaut, über die ihn sein Reit- esel gelassen und sicher trägt, die das Ochsengespann mit den schwersten Lasten sicher überwindet, wer an fast senkrechten Wänden die weissen Caserios aus dem Gezweig ihrer reichen Obstgärten, aus dem grünen Blättergewebe der Kastanien und zwischen den hellen Linien lichtstäm- miger Platanen hervorleuchten sieht, wer auf sturmgeschüttelter Halde den Bauer sein Maisfeld bestellen, in wildestem Wogenwirbel die schmalen Boote die Küste umschwärmen sieht zum Sardinenfang, kann nicht genug Achtung dem Volke bezeugen, das nicht nur allen Stürmen der Jahr- hunderte getrotzt, nein, dessen Land heute zu den reichsten, frucht- barsten und dichtest bevölkerten Provinzen Spaniens sich rechnen darf. Alle Reisenden haben nur eine Stimme über den vortrefflichen Eindruck, den die baskischen Provinzen im Vergleich zum eigentlichen Spanien machen, jeder rühmt die Rührigkeit und Emsigkeit, die alle Dörfer und Städte durchzieht, den peinlichen Fleiss, mit dem jeder Fuss des Landes ausgenutzt ist, den Einklang zwischen Genügsamkeit und Wohlstand, der keine jammernde Armut, kein strassenlungerndes Elend aufkommen lässt. Nicht ein bettelndes Kind drängt sich, wie in Spanien, Italien und sonst 4 im Süden, störend in den Weg des Fremden. Freilich, wenn das Spanien der Gegenwart eine einzige grosse Urkunde alter geschwundener Pracht darstellt, so haben auch seine nördlichen, seit dem 14. Jahrhundert ihm angegliederten Provinzen dein Wechsel der Zeiten sich nicht ent- ziehen können. Die Mühle dort am plätschernden Gebirgsbach, dessen fleissige Wasser auf die primitive Horizontalturbine poltern, ein düsterer viereckiger Turm mit der wundervollen Ornamentik gotischer Bögen um die Fensterluken, mit monumental aus mächtigem Sandsteinblock gehauenen Familienwappen über der Thür; in den Städten Terracottafacaden herrlichster, durch Porträt- medaillons unterbrochener Ornamentik, uralte Schnitzereien an den Stütz- balken überhängender Dächer, an den T'horen wunderliche Klopfer und Riegel, in den Kirchen der aufdringliche Goldglanz katholischen Reich- tums, all das sind die Spuren dahingegangener Grösse. Um die Karlisten- türme auf den Höhen Iruns krächzen die kreisenden Rabenschwärme ihr Jammerlied über verlorene Freiheit der Euscaldunae, an den Klippenufern der Biscayasee singt in brausenden Akkorden die machtfrohe Brandung von jenen Tagen, da des Atlanties fliinke Wogen nach den Canarien, nach Terra nova und Grönland den baskischen Ruhm getragen, die zerwehten, zerbröckelten Felsennester, die aus dem Versteck schützender Schluchten zu reichem Fang ihre Flotten entsandten, erzählen von jenem Helden- geschlecht, dem Sebastian Elcano, der erste Weltumsegler, entstammt, das Juan de la Cosa, den besten Piloten zu Columbus Zeiten, Miguel Lopez de Legaspia, den ersten Kolonisten der Philippinen, hervorbrachte, das lange vor Marco Polos unsterblicher Reise ins Land Kattein den Seecompass benutzte, dessen Tapferkeit und Tüchtigkeit durch's ganze spanische Mittelalter so sprichwörtlich war, wie heute noch die Ehren- haftiekeit seiner Söhne. Von dem Posten eines Kolonialministers, der dreissig Jahre durch einen Geistlichen verwaltet war, sagt der bekannte Schriftsteller des 16. Jahrhunderts, Las Casas, er käme eher einem Basken, als einem Geistlichen zu. In zahllosen Kämpfen haben sich die baskischen Flotten für Casti- liens Krone geschlagen, unter einem Oquendo, einem Churruku gegen Eingländer, Franzosen und Niederländer siegreich bestanden; zwischen den verwitterten Steinen verfallender Kastellruinen lebt heute allein noch das Gedächtnis an die stolze Zeit der nationalen Grösse, wo über die blauen Fluten des unbegrenzten Oceans ausschauende Turmeszinnen den heimkehrenden Schiffen fröhliche flatternde Banner wiesen. Durch diesen reichen historischen Rahmen gewinnt zweifellos die Küste des Baskenlandes für uns ein erhöhtes Interesse. Aber neben dieser Poesie romantischer Burgruinen, neben dieser Schönheit der welken Blätter ist ihr landschaftliches Bild so voller unendlicher Reize, so reich an grandios imposanten Wirkungen nicht weniger als an intim zarten, diskreten Stimmungen, dass man, vom Zauber einer fremden Welt um- fangen, von den fächelnden Schwingen eines weichen West umrauscht, von den strablenden Farben des Himmels und des Meeres geblendet, in fast südlich lässiger Freudigkeit, in wunsch- und willenlosem Geniessen sich ans Leben schmiest. Im Norden fällt in unser Gebiet Biarritz, seit den Tagen des zweiten Kaiserreichs das fashionableste Seebad der Welt. Drei vorgeschobene malerische Felsencaps bilden hier zwei flache Buchten, auf deren sonnen- flimmerndem Sand in wechselnder Ebbe und Flut die langen Wellenzüge zu spritzenden sprühenden weissen Brandungsschaumcascaden zerschellen. Die nördliche Bucht vereinigt zwischen dem ehemaligen Schloss der Kaiserm Eugenie, jetzt zum Hotel de Palais umgewandelt, und dem Rocher de vierge vor den grossen Bädern und auf den breiten Quais, die zur Flutzeit die aufgeregten Wellen erreichen, ein buntes internationales Leben. In der grossen freien Halle mit dem einzig prächtigen Blick zum grenzenlosen Ocean hinaus lauscht Paris und New-York, London und St. Petersburg der schmeichelnden Stimme eines modernen Troubadours, aus einem zauberschönen Palmengarten klingt die russische National- -hymne über die vom Alliancetaumel berauschten Franzosenköpfe. Die südliche Bucht, Küste der Basken genannt, ist noch flacher als die nördliche, sodass mit grösserer Gewalt noch unaufhaltsam die Wellen gegen die herrlich geformten Felsenufer schlagen, und zwischen beiden tritt machtvoll und grotesk in wundervollen malerischen Klippenformen das Kap L’Atalaye mitten in die brausenden wirbelnden Wogen. Um- kränzt vom perlenden Schaumring lockender Wasser ist dies wohl der herrlichste Punkt von Biarritz, der weit nach Norden und Süden die Küste beherrscht, sie mit Biarritz selbst und seinem Strand zum sonnigen Bilde umfasst und uns zugleich den weiten blauen Ocean zu Füssen lest, in dem das träumende Auge nicht aufhört, sehnend sich zu verlieren, dessen sonnig südlichem Glanz, dessen tropischer Klarheit, dessen ewig- alten, ewig-jungen Schmeicheimelodien die Sinne sich gefangen geben. — Vom Strande steigen wir breite Steinterrassen empor, schlendern durch Menschen-, Wagen-, Reiterüberfüllte Bazarstrassen zum Bahnhof nach Bayonne, das ich viel französischer fand, als die Reiseschriftsteller es wahr haben wollen, jedenfalls viel weniger spanisch. Es ist eben Basken- land, das hier am Adour beginnt, nach Südosten und Süden sich in die Pyrenäen bis nach Mauleon und zum Pass von Roncevalles erstreckt, im 76 Südwesten die Bidassoa erreicht. Eine Reihe prächtiger Badeorte hat die durch herrliche Brandung und durch mildes Klima gleich ausgezeichnete Küste besetzt, namentlich ist jetzt St. Jean de Luz, im Mittelalter durch den Walfischfang blühend, dann verarmt und durch Überschwemmungen im Anfang dieses Jahrhunderts versandet, als billiges Seebad beliebt. Hinter Hendaye, der Zollstation für aus Spanien kommende Züge, überschreitet die Bahn den Grenzfluss Bidassoa, an dessen linkem Ufer der steile Felsen aus den Fluten emporsteigt, der seit fast anderthalb Jahrtausenden die Feste Fuenterrabia trägt. Einst blühend und reich, in allen Kämpfen Spaniens umlagert, zerschossen, siegreich und erobert in wechselndem Kriegsglück, heute eine einzige, grosse Ruine, erscheint Fuenterrabia schon an der Landesgrenze als echtes Wahrzeichen des alten und des neuen, des heroischen und des epigonenhaft verkommenen Spaniens. Durch die wappengeschmückte Porta de Santa Maria treten wir in die enge düstere, steil zur gotischen Kirche emporleitende Calle Mayor. Wunderliche, vom Alter gebeugte Häuser nicken uns schwer- mütig zu, die reichen Wappen an ihren Facaden blicken voller Hohn auf den Schmutz der Gasse, lahme schmiedeeiserne Balkons stützen sich schwer auf geschnitztes Holzgebälk und bedenklich neigen sich die vor- gebauten Dächer über die Gallerien. Vom Schloss, dessen nördlicher Teil schon die Wende des 9. Jahrhunderts sah, stehen nur noch Ruinen, die Wälle der Stadt sind Ruinen, die Thore, die Paläste Ruinen. Nirgends eine Spur pietätvoller oder historisch interessierter Sorge um die Erhaltung der unvergleichlichen Pracht, die hier einst am Gestade des Oceans, unter südlicher Sonne, vor dem Riesenhintergrund der leuchtenden Pyrenäen die Fahne Castiliens dem französischen Erbfeind entgegenhielt. Kaum ein anderer Ort wird in gleichem Masse durch seine unbeschreiblich malerische Lage so ergreifen, durch die Fülle seiner Ruinen zugleich so traurig stimmen, wie Fuenterrabia, das 900 Einwohner zählende Fischer- städtchen an der Bidassoa. Auf breiterer Geleisespur eilt nun die spanische Bahn über Renteria, das schon von Strabon genannte Oiason, nach Pasajes, einem gleichfalls uralten, an der fast geschlossenen grünen Bai von Pasajes liegenden Fischerdorf. In zwei mächtigen Felsenmauern drängt sich hier das can- tabrische Gebirge um eine schmale Riesenpforte ins Meer hinaus, um die donnernd und scheltend Einlass begehrt, spielt und wühlt die west- liche Dünung, während drinnen in dem klaren Becken der Bai die tiefe spiegelreine Flut den bergankletternden Häusern, den ruhenden Dampfern und gleitenden Booten ihr Bild zurückwirft. Hier waren im 16. und 17. Jahrhundert die Flotten der baskischen Walfischfänger vereinigt; 17 hier wurden aus heimischen Wäldern die Schiffe gebaut, die von den treuen Provinzen freiwillig der castilianischen Krone gestellt, ihre Siege erfochten; von hier segelte noch 1776 Lafayette nach Amerika. Heute liegt auch über den Pasajes-Wassern jene Friedhofsstille, in der die Menschen nur flüstern, die Winde lautlos vorüberziehen, die Todten nicht zu stören, die hier unter den Steinen vom Lebenskampf sich ruhen. Neben Fischfang beschäftigt die Bewohner von Pasajes nament- lich der geringe Dampferverkehr, den die exportierenden Hüttenwerke von Renteria und Lezo heranziehen; eine Strassenbahn verbindet es mit San Sebastian, der Hauptstadt der Provinz Guipuzcoa. Hiermit betreten wir einen Boden, der bereits von den Römern be- siedelt war und im ganzen Mittelalter für die historische Entwickelung des Landes hochbedeutsam gewesen ist Im Jahre 18513 dann bis auf wenige Häuser und Kirchen dem Erdboden gleich gemacht, erholte sich San Sebastian langsam, bis im den letzten zwei Jahrzehnten ihre zu- nehmende Beliebtheit als Badeort die Stadt völlig umgestaltete und ihr ein modernes Gepräge aufdrückte. Mit allen Vorzügen eines Kurortes aus- gestattet, einem milden konstanten Klima, der denkbar schönsten land- schaftlichen Umgebung, der bequemen Lage an der grossen Durchgangs- linie Paris—Madrid, gewinnt es durch seine grossstädtische Physiognomie und nicht zum wenigsten durch die Anwesenheit des königlichen Hof- lagers während des Sommers noch mehr an Reiz. Zehntausend Badegäste strömen jährlich an den Strand von St. Sebastian. Die Stadt liest auf einem angeschwemmten Landstreifen. zwischen dem Uruafluss und der Concha, einer muschelförmigen Bucht des atlantischen Oceans; vom Monte Urgull und dem Monte Igueldo flankiert, von der felsigen Insel Santa Olara geteilt, empfängt eine Gigantenpforte die in tiefer Dünung sich heranwälzenden Wasser und führt sie zur Flutzeit bis an die Mauern der Quais. Hier an der Concha, von der breiten Tamariskenallee, die sie umzieht, von den Terrassen der grossen französischen Hotels, die sich hier den glänzenden Villen ebenbürtig anreihen, vom anlagen- geschmückten Platze vor dem Casino, wo Abends eine tausendköpfige Menge den öffentlichen Concerten lauscht, geniesst man eines der schönsten Städtepanoramen der Welt: In südlichen Glanz ist Meer und Himmel getaucht, mit oceanischer Frische gewürzt schwingt sich von den waldigen Bergeshöhen leichtstreichelnder Winde kosender Gruss, um die klippengehüteten Felsgiganten spielt, hüpfend und springend, haschend und fliehend, lachend und scheltend die nimmermüde Brandung in weissem leuchtendem Reigen. Die Concha San Sebastians öffnet sich gegen Nordwesten. Wenn nun am Sommerabend die Sonne sich zum 78 Horizonte wendet und gerade gegenüber dem Eingang der Bucht in den elitzernden Ocean taucht, dann hüllt ein Purpurschleier Meer und Land und Himmel ein, verklärend die Höhen, vertiefend die Fluten, deren stürzende Kämme, umwoben, durchzogen vom lichten Farbenton, leis- rauschend ihren Weg zum Uter ziehen. Zum prächtigen Wanderweg ladet der Kastellberg ein, zu dessen Füssen ein kleiner piergeschützter Hafen die Fischerboote und die paar Dampfer aufnimmt, die in San Sebastian sich ihre Fracht suchen. Ein breiter Fussweg windet sich rings um den Monte Urgull, überall mit köstlichem Blick auf den Hafen und den ihn umziehenden Kreis der Stadt, auf das weite weite Riesenfeld des Weltmeers, auf die trotzigen im Sprühnebel lodernder Brandung verschwindenden Klippen der canta- brischen Küste, auf die höher ünd höher sich türmenden Gipfel der Waldberge, die landeinwärts dieses ‚entzückend schöne Bild umrahmen. An den Gräbern der englischen Officiere vorüber, die bei der Verteidi- gung von San Sebastian im Franzosenkriege 1813 und in den Karlisten- kämpfen von 1835 und 36 gefallen sind, geht der Weg zum Castello de la Mota empor. Blutgetränkte Stätte ruhmvollster Erinnerung, seit last 1000 Jahren von baskischen Männern geschirmt. Hier füllt sich unser Auge noch einmal gierig mit der Schönheit dieser Erde: bis hin an den sonnigen schaumumsäumten Strand von Biarritz im Norden, bis zur Mündung des Nervion im Westen liegt des atlantischen Meeres ewige Jugend uns zu Füssen, zur Linken löst sich aus seinen feuchten Nixenarmen der Monte Igueldo, um gen Süden und im Kreis sich wendend gegen Osten in wunderbar pittoreskem Höhenzug bei Pasajes dem Ocean wieder die Hand zu reichen. So ruht San Sebastian, umfangen vom schützenden Arm der Mutter Erde an der athmenden Brust des Vaters Okeanos, überleuchtet von der heissen Feuerglut einer südlichen Sonne. Wie Bidassoa und Urumea, so wurden auch die übrigen Fluss- mündungen schon früh der Ort baskischer Niederlassung, zu römischen, vielleicht schon zu phönicischen Zeiten gab es hier Fischerplätze, die im Mittelalter zu reichen blühenden Handelshäfen und Flottenstationen sich entwickelten. Der östlichste von ihnen ist Zarauz an der Mündung des Orio, von San Sebastian durch eine astündige Eisenbahnfahrt zu er- reichen, die uns in ihrem kurzen Wandelbilde den charakteristischen Typus der baskischen Lande entwickelt, jene eigenartige Mischung von massiver Grossartiekeit und freundlicher Lieblichkeit, die man vielleicht nirgendwo so ausgeprägt wiederfindet. In kühn geschwungenen Bogen und Schleifen schlingt sich das eiserne Band um die kulissenartig sich 79 vor- und entgesenschiebenden Höhenzüge, geduldig folgt es jedem Winke der regellos durcheinandergeworfenen Thäler, nach rechts, nach links ausbiegend vor den scharflinigen Bergstürzen, olt fast zurückkehrend an seinen Ausgangspunkt, um auf anderem Wege dem Labyrinth zu ent- fliehen. Wurd’s ihm allzubunt, liess es sich die grünen Riesenmauern öffnen und zog sich in hallenden Tunnels zum nächsten Sonnenthale hin, um dasselbe krause Spiel zu wiederholen. So glaubt man sich ein- gesperrt in kratertiefen Gebirgskesseln, die von frechen Dämonen zu breiten Riesenlöchern in die Erde gestossen sind. Der grünen Kastanien- und Eichenwälder diskret gedämpftes Licht aber, die fruchtbaren Mais- felder, die vollen Obstgärten, die zierlich feinen und doch entschlossen festen Silhouetten der welligen Hügelkäimme am farbentiefen Himmels- grund, die lachende jubelnde Sonnenheiterkeit, die bis ins tiefste Thal, bis in die engste Schlucht ihr Leben trägt, all das legt sich auf die ernsten Faltenzüge des Baskenlandes wie eine weiche streichelnde Liebes- hand, glättend, lösend, befreiend, schafft Lust an der Arbeit und Treue zur Heimat in seinem Volke. An tiefen grünen Alpenseen vorüber, den Orio mehrmals überschreitend bringt uns die Bahn nach Zarauz. Nur ein paar alte morsche Festungstürme sind vom Zarauz des Mittelalters geblieben, ein paar schiefe Steinwappen an rissigen Mauern, ein paar gotische Blumenkronen über windfreiem Fensterloch. Jung und schön aber, wie je, stürzt sich der Atlantic mit jauchzendem Zuruf in die weitgeöffneten Felsenarme der Zarauzer Küste, umfängt sie auf weissem ruhigen Ufersand schaumleuchtend mit packender Brandungs- kraft zum uralten Frohgetändel. Bei Zarauz beginnt eine breite vortreffliche Fahrstrasse, die längs dem jäh in die Tiefe stürzenden Sandsteinufer meilenweit dicht über der Brandung des Weltmeeres nach Westen führt, Guetaria,*) Zumaya, Deva, Motrico, Ondarroa und Lequeitio mit einander verbindet. So viele Namen, so viele altberühmte Felsenstädte von unbeschreiblich malerischer Schön- heit. Heute sind's verfallene stille Fischerorte, in denen das Brausen des Windes und das Rauschen der Welle fast das einzige Leben sind, wenn nicht die Glocke zur Messe ruft oder Abends der Pelotaball aus der Cesta geschleudert unter dem Zuruf des Volkes gegen die Wand des Fronton klappt. In tiefe Schluchten versteckt, auf ragender Klippe drohend, klam- mern sich die Städte an die schützenden Berge der Heimat, zwischen seltsamen, in geschnitzten Holzbalkonen vorgebauten oder turmartig ”) Vergl. meinen Artikel »Guetaria im Baskenlande,« Globus, Bd. LXXIII, No. 11. s0 düsteren Steinhäusern erklettern ihre schmalen Strassen, oft in senk- rechten Treppen, die steilen Hänge. Bei Lequeitio, das ebenso wie Öndarroa bereits in der Provinz Viscaya liegt, verlässt unser Weg das Meer, um in starker Steigung das Küstengebirge zu überwinden und in das breite Thal des Mundäcaflusses hinabzusteigen. Hier liegt Guernica, früher das nationale Centrum der Basken, denn hier trat alle zwei Jahre — bis zur Aufhebung der Fueros — der Landtag unter einer 1000jährigen im Nationalliede besungenen Eiche zusammen. Gernikako arbola da bedeinkatuba Enscaldunen artean guztiz maitatuba; Eman da zabalzazu munduban frutuba Adoratzen zaitugu, Arbola santuba. Mit ähnlich monotonem Reim vielleicht so zu übersetzen: Heilig ist uns Guernicas Baum Der Basken heissester Liebestraum Trag deine Frucht bis an der Welten Saum Wir lieben dich, du heiliger Baum. Eine schmale Wasserscheide trennt das Mundäcathal vom T'hal des Nervion, an dessen Mündung Bilbao, die grösste, reichste, bekannteste Stadt der baskischen Provinzen liegt. Seit Alters ist der Eisenreichtum des cantabrischen Gebirges bekannt. Durch die Entdeckung neuer Lager in seiner Nähe aber, durch ihre rationelle Ausbeutung ist Bilbao zu einem der wichtigsten Häfen ganz Spaniens geworden. An den Quais des Nervion, der bei der Flut für Schiffe bis zu 2000 Tonnen befahrbar ist, laden oft 120, 130 Dampfer gleichzeitig ihr Eisenerz. Zwei Eisen- bahnen und zwei elektrische Tramways verbinden das Centrum der 70000 Einwohner zählenden Stadt mit der Mündung des Flusses, wo der herrliche Strand und die kräftige Brandung von Portugalete und Las Arenas grosse Schaaren von Badegästen anziehen. Von dem kilo- meterlangen frei ins Meer hinausgebauten Steinpier blickt das Auge mit Entzücken auf den wundervollen Aufbau des Pyramidenberges Serantes, in seinen Linien so vollendet regelmässig, wie die ägyptischen Bauten einstiger Jahrtausende, im Osten auf die ausgeschweifte Bucht von Las Arenas, auf die tiefe Schönheit des Meeres vor uns mit den ziehenden Dampfern und schaukelnden Fischerbooten. Vom Baskentum ist in Bilbao nichts übrig wie das Pelotaspiel, im übrigen ist die Stadt spanisch. Zahlreich ist die deutsche Kolonie, durch die Kruppschen Eisenwerke und die Firma Siemens & Halske, die mit 81 ihren elektrischen Drähten das ganze Baskenland durchzogen, jeden Forellen- bach als Stromquelle benutzt, fast jedes Dorf, jede schmutzige Kneipe, jede Hütte mit dem Licht ihrer Glühkörper modernisiert hat. Eine prächtige tunnelreiche Gebirgsbahn führt von Bilbao über Orduna nach Süden zum Ebro, zur Verbindung mit der Madrider Strecke. Hier ist überall das Baskentum ganz oder fast ganz geschwun- den; wollen wir noch etwas davon sehen, so müssen wir im östlichen Teil Viscayas und in Guipüzcoa bleiben. An den wundervollen nackten Kalksteinfelsen von Durango, an den berühmten Waffenfabriken Eibars, dem Kloster Loyola, der Wiege des Jesuitenordens, den düsteren Palästen Vergaras, Tolosas, Hernanis trägt uns die Bahn durch eine fesselnde reiche fruchtbare Gebirgslandschaft, die, von typisch baskischem Charak- ter, hier wie bei Zarauz durch die tiefen "l'häler, die schroffen durch Kastanienwald gemilderten Wände, die sorgfältigen Felder. die schim- mernden Obstgärten, die blinkenden Flussläufe, die leuchtenden Caserios, den Fleiss und die Freundlichkeit der Menschen einen sonnig frohen Eindruck hinterlässt. Hier wirft noch die Laya den spröden Boden, hier erzwingt eiserne Zähigkeit und peinlichste Sorgfalt die üppigen Mais- und Weizenähren, schneidet die Sichel die Halme, führen uraltgeformte Schlitten noch das Farrenkraut von den windigen Halden, tragen uralte Karren mit knirschenden Vollrädern die Marmorplatten aus den Stein- brüchen in die Städte. In phlegmatischer Ruhe zieht das Ochsengespann mit dem Schaffellumkleideten Joch die schwersten Lasten die steilsten Wege empor, mit ruhigem langen Schritt geht die schlanke sehnige Baskengestalt daneben, die Castiga, den Stachel in der Hand, womit er die Tiere lenkt. Ernst und gleichmütig blickt das grosse Auge unter der Boina hervor, ruhig, selbstbewusst, wunschlos zufrieden ist jeder Schritt, jede Bewegung dieser glücklichen Menschen. Vor der Hausthür der Sandalenmacher auf seiner schmalen Schusterbank, die spinnenden - Frauen mit ihrem uralt einfachen Rocken, die Marktweiber zwischen den Tomatenschüsseln und Sardinenkörben, die dunklen schlanken Mädchen mit dem bauchigen Wasserkruge auf dem stolzen Kopfe, die starknackigen Matrosen und Fischer am Hafen, in ihnen allen dieselbe klassische Ruhe, dieselbe Harmonie der Bewegungen. Und doch auch wieder, welche Elasticität, welche Kraft, welche nüsternschwellende Energie. Spiel und Wetten ist die Leidenschaft des Basken, doch immer nur da, wo es heisst, körperliche Gewandtheit zu zeigen. Keinem Dorf fehlt der Ball- spielplatz, wo bewundernde Zurufe des Volks die Geschicklichkeit der Spieler begleiten und belohnen; auf den Märkten lassen sie ihre Ochsen schwere Steine vom Fleck ziehen und wetten darauf, Strickziehen, 6 32 Stangenwerfen, Wettrudern ist überall da bald insceniert, wo sich Basken begegnen, auch Sängerkriege mit officiellen Preisen giebt es in diesem patriarchalischen Lande noch. Alles Reste jener gewaltigen nationalen Kraft, die einst im Baskenvolke sich bethätigen konnte. Hoffen wir, dass der Rest seiner Eigenart und seiner Kraft noch lange dem zersetzenden spanischen Einflusse widerstehen und ein leuch- tendes Beispiel allen Völkern und vor allem uns Deutschen bleiben möge, nationalen Sinnes und nationaler Treue. — vn 83 Die Käfer Lübecks. Von Major z. D. v. Koschitzky. 4. Liste. Fortsetzung von Heft 7 u. 8, pag. 92—102, Heft 10 u. 11, pag. 31-89, Heft 12 u. 13, pag. 83—104. LXV. Hylesiniden. Hylastes ater, Payk. M. A. S. angustatus, Herbst. M. palliatus, Gyllh. M. A. 8. Hylursus lisgniperda, FE. M. H. Myelophilus piniperda, L. M. : minor, Hartig. Hylesinus crenatus, FE M. H. 8. s fraxinı, F. M. nn. S$. LXVI. Seolytiden. Scolytus intricatus, Ratzeb. M. LXVII. Tomieiden. * Cryphalus abietis, Ratzeb. M. HA. $. Taphrorychus bicolor, Herbst. M. * Tomicus sexdentatus, Eichh. M. acuminatus, Gylih. larieis, FE. M. H. 8. * " suturalis, Gyllh. M. curvidens, Germ. chalcographus, L. Selten. - bidentatus, Herbst. M. H. Dryocoetes autographus, Ratzeb. M. HA. © E villosus, F. M. ») M. —= Mecklenburg, H. = Holstein, $S. = Schleswig. = Vom Verfasser nicht selbst gefunden. * E23 34 Xyleborus dispar, F. M. Saxeseni, Ratzeb. Selten. M. Tripodendron domesticum, L. M. H. 8. lineatum, Oliv. M. LXVIN. Platypiden fehlen. LXIX. (Cerambieiden. Spondylis buprestoides, L. Lauerholz. M. H. Prionus coriarius, L. Nicht häufige. M. H. $. Stenocorus sycophanta, Schrank. M. H. $. mordax, Deg, M. H: 8. bifasciatus, F. M. H. $. inquisitor, L. M. H. Oxymirus cursor, L. M. Toxotus meridianus, Panz. Am häufigsten hier von brauner Färbung. M. H. 8. Grammoptera ruficornis, F. M. A. 8. Leptura livida, FF. M. HA. S$. s maculicornis, Deg. Nicht häufe. M. H. rubra, L M. H. scutellata, F. Sehr selten, zwei Weibchen gefunden. M. AH. virens, L. Soll hier einmal gefunden sein, jedenfalls ein- geschleppt mit Holz von Finnland. chrysomeloides, Schrk. M. H. 8. quadrifasciata, LL M. H. 8. aethiops, Poda. M. H. 8. melanura, L. M. H. nisra, L. M. H. Molorchus minor, L. Sehr selten, 1 Stück vor dem Mühlenthor ge- funden. M. H. S Gracilia minuta, FL. M. H. = Öriocephalus rusticus, L. M. Tetropium luridum, L. bei Wesloe M. AH. Asemum striatum, L. M. Callidium variabile, L. M. H. 8. alni, L. aeneum, Deg. Ausserst selten, von Boy gefunden. A. violaceum, L. Nicht häufige. M. H. ‘ Semanotus undatus, L. AH. 8. Hylotrupes bajulus, L. Gemein. M. H. 8. n x 85 Clytus arcuatus, L. Selten. M. AH. arietis, L. M. H. S. Cerambyx cerdo, L. M. H. 5 Scopolü, Füssl. Mehrfach gefunden, z. B. bei der Jahns- eiche Selten. M. H. Aromia moschata, L. M. H. 8. Acanthoecinus aedilis, L. M. H. 8. Liopus nebulosus, L. M. H. 8. Pogonochaerus bidentatus, Thoms. Selten. M. H. hispidus, Schrk. M. H. 8. fasciculatus, Deg. Sehr selten. M. scutellaris, Muls. Sehr selten. Lauerholz. M. Lamia textor, L. bei Wesloe gefunden. M. H. Monochammus sutor, F. Einmal am Domhof gefunden, die Reste eines toten Stücks bei Schlutup. Vermutlich von Norden mit Holz eingeschleppt. M. Mesosa nebulosa, F. Sehr selten, Lauerholz M. H. Agapanthia lineaticollis, Don. M. AH. violacea, F. Äusserst selten. M. Saperda populnea, L.. M. H. 8. carcharias, L. M. HA. 8. scalaris, L.. M. H: Tetrops praeusta, L M. H. S. Oberea oculata, L. Hier höchst selten (1 Stück von Milde gef.). M. linearis, L. Selten, an Nusshecken bei Siems. M. H. Phytoecia cylindrica, L. Sehr selten, 1 Stück gefunden. M. HA. 8. LXXX. Chrysomeliden. Donacia cerassipes, F. Auf dem Tremser Teich. M. dentata, Hoppe M. A. E versicolora, Brahm. M. H. $. : aquatica, L. Lauerholz, Zwillingsteich. M. HA. $. sparganii, Ahr. Lac. M. H. 8. limbata, Panz. M. H. 8. bicolora, Zschach. M. obscura, Gyllh. thalassina, Germ. Höchst selten. M. impressa, Payk. A. 8. - antiqua, Kunze. Selten. H. » clavipes, FL. M. H. 8. 36 * Donacia fennica, Payk. semicuprea, Panz. M. H. S. vulgaris, Zschach. M. H. 8. simplex, FE. M. H. 8. cinerea, Herbst. M. H. 8. Plateumaris sericea, L. M. H. S. braccata, Scop. H. consimilis, Schrank. M. H. 8. 5 alfınis, Kunze M. H. Bene subspinosa, F. M. A. 8. flavicollis, Marsh. M. H. 8. Lema ranella L.ıuM. Ha)S: - Erichsoni, Suffr. Sehr selten, Lauerholz. M. H. $. lichenis, Voet. M. HA. 8. melanopa, L.. M. H. S. Crioceris lilii, Scop. M. H. 8. merdigera, LL M. H. 8. 12 punctata, L. Nicht häufig, M. H. S. asparagi, L. M. H. 8. Olytra quadripunctata, L. Bei Schwartau. M. H. ‘ Gynandrophthalma salicina, Scop. M. H. 8. au, 6 punctatus, L. M. AH. 8. sericeus, L. M. H. 8. = - nitidus, L M. H. 8. chrysopus, Gmel. An Echium vule. M. A. labiatus, L. M. H. 8. Moraei, L M. H. 8. vittatus, F. Selten, bei Schwartau an Skabiosen. M. H. pygmaeus, FL. A. fulvus, Goeze M. H. 8. pusillus, FE A. 8. z rufipes, Goeze M. H. 8. Adoxus obscurus, L. Selten, bei Wesloe M. H. Colaphus sophiae, Schall. M. H. Gastroidea polygoni, L. M. H. 8. Chrysomela haemoptera, L. M. H. 8. - goettingensis, L. M. H. 8. . staphylea, L. © : limbata, F. Nach Mildes Angabe. Von mir nie gefunden. M. H. 8. 87 Chrysomela sanguinolenta, L. M. marginalis, Duft. M. H. 8. : carnifex, F. Nicht häufig. M. H. © . marginata, L. Sehr selten. M. H. 8. analis, L.. Auf den Sandfeldern hinter Wesloe M. oricalcia, Müller. M. AH. 8. brunsvicensis, Grav. Sehr selten. M. H. 8. hyperici, Forst. M. H. var. gemellata, Duft. M. varlans, Schaller. M. H. 8. fastuosa, L M. H. 8. graminis, L. Im Lauerholz, höchst selten. M. - polita, Suffr. M. H. * Phytodecta rufipes, Deg. M. - viminalis, L. Selten. M. H. 8. olivacea, Forst. M. H. 5 punctata, FL. M. H. S. z pallida, L. A. ee vulgatissima, L. Selten. M. H. 8. vitellinae, L. M. H. 8. EI thasen aucta, FE M. 2. 8. marginella, L. M. HA. 8. hannoverana, F. Im Stecknitz-Thal. M. H. 8. - var. calthae, Weise. Im Stecknitz-Thal. A. Prasocuris phellandrii, L. M. H. S. junci, Brahm. Bei Padelügge. M. H. Phaedon armoraciae, L. Selten. M. H. 8. “= - cochleariae, F. M. H. 8. ? - pyritosus, Ross. Plagiodera versicolora, Laich. M. H. £& Melasoma aenea, L. M. H. 8. collaris, L. Recht selten, Waldhuser Moor. M. popali, L.L M. H. 8. tremulae, FE. M. H. Aselastica alni, L. M. HA. 8. Phyllobrotica quadrimaculata, L. Selten, bei der Herrenfähre. M. H. S. Luperus flavipes, L. M. H. 8. pinicola, Duft. = - xanthopoda, Schrank. M. Lochmaea capreae, L._ M. H. 8. & Ko) 88 Lochmaea crataegi, Forst. M. H. 8. Trirrhabda viburni, Payk. ES: Galerucella nymphaeae, L. M. H. 8. aquatica, Foucr. M. H. 8. lineola, F. M. HA. 8. luteola, Müll. calmariensis, L. M. HA. 8. - tenella,.-L.. M. HA. $. Galeruca tanaceti, LL M. H. $. pomonae, Scop. M. H. 8. interrupta, Ol. Vor dem Burgthor. M. H. Podagrica fuscicornis, L. M. HA. 8. en, rufipes, L. M. A. 8. nitidula, L. M. A. $. aurata, Marsh. Im Schwerinholz. A. 8. helxines, L. M. H. S$. Modeeri, L. M. H. 8. impressa, F. M. transversa, Marsh. A. $. ferruginea, Scop. M. H. 8. = ÖOchrosis salicariae, Payk. M. Epitrix pubescens, Koch. M. A. atropae, Foudr. Selten, August im Kannenbruch. AH. Hypnophila obesa, Waltl. H. Mantura rustica, L M. A. 8. chrysanthemi, Koch. Vor dem Holstenthor. M. H. 8. Chaetocnema concinnae, Marsh. M. H. 8. tibialis, Il. aridula, Gyllh. M. A. 8. Psylliodes chrysocephala, L. M. AH. S$. : cyanoptera, Il. M. A. fusiformis, 1Nl. affınis, Payk. M. H. 8. cuprea, Koch. Im September auf Sisymbrium bei Genin. eircumdata, Rdt. Selten, bei Travemünde auf Disteln. cucullata, Il. M. H. 8. dulcamarae, Koch. M. H. 8. hyoscyami, L. M. H. 8. Haltica lythri, Aub. M. H. oleracea, L.L M. H. &. M. 89 Bathophila rubi, Payk. M. H. S. un flexuosa, Il. M. H. 8. exclamationis, Thunb. M. H. 8. ochripes, Curt. M. A. 8. var. cruciata, Weise. Bei Genin. sinuata, Steph. M. A. $. nemorum, L. M. H. S. vittula, Redt. M. HA. $. aterrima, Schrank. M. AH. 8. - nigripes, F. M. H. 8. Aphthona nonstriata, Goeze. M. H. 8. euphorbiae, Schrank. M. Longitarsus anchusae, Payk. An Echium vulgare. M. H. 8. parvulus, Payk. M. A. &. holsaticus, L. Nicht gerade häufig. M. A. 8. quadrisignatus, Pontopp. brunneus, Duft. luridus, Scop. M. H. 8. nasturti, F. M. H. 8. suturellus, Duft. A. 8. tabidus, F. Im Herbst bei Brandenbaum. M. H. 8. atricillus, L.L M. H. 8. exoletus, L M. H. - ochroleucus, Marsh. M. H. 8. Dibolia occultans, Koch. M. H. 8. Apteropeda orbiculata, Marsh. M. globosa, Il. A. $. Sphaeroderma testaceum, F. Bei Vorwerk. A. 8. Hispa atra, L. Im April auf dem Wege nach Buntekuh fand ich einige Stücke in den aufgethauten Gräben schwimmend. M. H. 8. * Qassida murraea, L. M. H. 8. sanguinosa, Sufir. M. H. 8. vibex, L M. H. 8. denticollis, Suffr. M. sanguinolenta, Müll. M. H. 8. vittata, Villers. M. A. 8. nobilis, L.L M. H. 8. margaritacea, Schall. Nicht häufig, an Eschenbusch. M. H. 8. hemisphaerica, Herbst. M. H. 8. JERS) “ Coccinella 7 punctata, L.L M. H. . M. H 90 Cassida nebulosa, L. M. H. 8. subferruginea, Schrank. M. H. 8. flaveola, Thunb. M. A. $. viridis, L M. H. 8. LXXXI. Coceinelliden. a 13 punctata, LL M. H. 8. Lecontei, Muls. Von dieser ‘aus Californien bekannten Art fand ich 1890 einige Stücke auf Kreuzblütlern im Schellbruch. Auch fand ich einmal ein solches in den Allgauer Alpen. Beide Funde entsprechen genau den in der Sammlung des Museums vorhandenen Stücken von Lecontei aus Californien. Es scheint dies Tierchen vor längerer Zeit schon eingeschleppt zu sein und sich in Deutschland verbreitet zu haben. 7 maculata, F. M. Adonia variegata, Goeze MH. 8. Anisosticta 19 punctata, L. M. H. 8. Adalia obliterata, L. M. H. 8. bipunctata, L. M. S. 5 punctata, L. us: 11 punctata, L. Am Seestrande M. H. 8. 10 punctata, L M. H. 8. var. 10 pustulata, LL M. A. 8. hieroglyphica, L. Selten, bei Schwartau. M. H. 8. 14 pustulata, LL M. H. 8. 18 punctata, Scop. A. 8. var. impustulata, L. M. A. 8. i en 16 punct. var. 12 punctata, L. Muls M. HA. 8. Mysia oblongoguttata, LL M. H. 8. Halyzia ocellata, L. Ziemlich selten. M. - 16 guttata, L.. M. 14 guttata, L. M. 18 guttata, L. M. 22 punctata, L. M. conglobata, L. : Bienen chrysomelina, F. maculata, F. Subcoceinella 24 punctata, L. M. H. 8. 91 Subeoceinella var. livida, Herbst. M. H. 8. var. haemorrhoidalis, F. M. H. 8. ?®Cynegetis impunctata, L. M. Rhizobius litura, F. (Ränder des prosternum spitz sich treffend.) M. A. S. subdepressus, Seidlitz. (Ränder des prosternum im Bogen sich vereinigend.) Cocceidula scutellata, Herbst. M. H. 8. rufa, Herbst. M. H. 8. Chilocorus renipustulatus, Scriba. M. H. 8. bipustulatus, LL M. H. 8. Exochomus.4 pustulatus, LM. H. nigromaculatus, Goeze. M. H. flavılabris, Mot. Seymnus haemorrhoidalis, Herbst. M. H. 8. Zu 1: capitatus, F. A. 8. subvillosus, Goeze. suturalis, Thunb. M. H. S. minimus, Rossi. M. nigrinus, Kugelann. M..H. 8. pygmaeus, Foucr. M. H. 8. frontalis, FE. M. H. 8. pulchellus, Herbst. M. Nachtrag. Oalosoma sycophanta, L., wurde an zwei Stellen wiedergefunden. Interessant war der letzte Fund des Herrn Lehrer Strunk, bei welchem sich ein Weibchen von sycophanta mit einem Männchen von inquisitor paartee M. H. Trechus palpalis, Dej. An der Herrenfähre. 2 mal gefunden. Dyschirius salinus, Schaum. Travemünde M. Harpalus 4 punctatus, Dej. An der Ostsee. Höchst selten. Bradycellus similis, Dej. Vor dem Burgthor. M. H. 8. Zu XXIII: Endomychus coceineus, L. Im Lauerholz. M. Jahresberichte. Bericht der Geographischen Gesellschaft über das Jahr 1898. Im Jahre 1898 fanden sechs Versammlungen statt. In diesen wurden folgende Vorträge gehalten: am 14. Januar Oberlehrer Schneermann: Die wilden Völker auf Formosa, Dr. Ed. Hahn aus Berlin: Über die neuesten Entdeckungen zur ältesten Urgeschichte Ägyptens, Dr. Meyer-Tranbjerg: Eine Reise durch Kleinasien ; am 18. Februar Heinr. Gaedertz, Schiffsmakler: Geographische Be- trachtungen in Rücksicht auf die Zukunft Lübecks, Öberlehrer Dr. Schaper: Das meteorologische Observatorium auf dem Brocken ; am 11. März Professor Dr. W. Deecke in Greifswald: Der Kaukasus; am 11. April Oberlehrer Heberle: Über die Battas (Battaker) auf Sumatra, Dr. Lenz: Die Schildlaus; am 10. Juni Oberlehrer Schneermann: Die Falklands-Inseln, Oberlehrer Dr. Schaper: Aus den Alpen; am 25. November Berthold Peters: Mitteilungen aus der alten und der neuen Welt, Navigationsschul - Direktor Dr. Schulze: Ein Besuch beim Niagarafall. Neben diesen regelmässigen, deu Vorträgen und Besprechungen gewidmeten Versammlungen fanden auch an den, durch jene nicht in Anspruch genommenen Freitag-Abenden zwanglose Herrenabende statt, in denen fast regelmässig Mitteilungen und Erörterungen aus dem Gebiete der Geographie zur Verhandlung kamen. Als Mitglieder aufgenommen wurden die Herren Oberlehrer E. W. Heberle, Th. Lampe, Dr. Mollwo, Sekretär der Handelskammer, und Kaufmann Wilh. Kohrs. Ausgetreten sind die Herren J. Paul, Kaufmann, und W. Vermehren. Die Zahl der gegenwärtigen wirklichen Mitglieder beträgt 131. Zum korrespondierenden Mitgliede wurde Dr. Ed. Hahn, z. Z. in Berlin, ernannt. Als Geschenke sind eingegangen von: Direktor Blumenthal: Ältere Landkarten; Öberlehrer Schumann: Namen der Traveufer; A. Schück in Hamburg: Erdmagnetische Beobachtungen in der Hamburger Bucht; Carlos Behn: Karte des Vulkans Popokatepetl. Zum Mitgliede des Vorstandes wurde für Direktor Dr. Schaper Ober- lehrer Schneermann erwählt. Zu dem 25jährigen Jubiläum wurde an die Geographische Gesell- schaft in Hamburg em Glückwunschschreiben gerichtet und von Dr. Schaper als Vertreter unserer Gesellschaft persönlich überbracht. In gleicher Veranlassung wurde der Geographischen Gesellschaft in Halle ein Glückwunschschreiben zugesandt Bericht der Geographischen Gesellschaft über das Jahr 1899. In sechs ordentlichen Sitzungen haben folgende Vorträge statt- gefunden: am 20. Januar von Dr. Lenz: Über die Laufvögel, Dr. med. Karutz: Über die spanischen Stiergefechte; am 10. März von Hauptpastor Trummer: Über den Solling, Oberlehrer Schneermann: Über Porto Alegre, Tierarzt Werner: Über Bombaymosaik ; am 14. April von Oberlehrer Schneermann: Über Professor Deeckes Werk »Italien«; 94 am 13. Oktober von Dr. Merkus: Über die Buren; am 24. November von Oberlehrer Schneermann: Eine Wanderung durch das Wesergebirge von Alfeld bis zur Porta, Prof. A. Sartori: Über die sozialen Einrichtungen der Eskimos; am 22. Dezember von Prof. A. Sartori: Aus dem heiligen Lande, Dr. Ed. Hahn: Bericht über den internationalen Geographen- kongress in Berlin. Die Herrenabende der Gesellschaft haben auch in diesem Berichts- jahre regelmässig stattgefunden. Zu dem Empfange der Teilnehmer des Glacial- Ausfluges vom VII. internationalen Geographenkongress in Berlin, welcher Lübeck be- rührte, hatte sich infolge einer Aufforderung durch den Vorstand der Gesellschaft ein grösserer Ortsausschuss gebildet. Den Vorsitz in dem- selben führte Herr Bürgermeister Dr. Brehmer, die Geschäftsleitung hatte Herr Direktor Prof. Dr. Müller. Nachdem einige Mitglieder unserer Gesellschaft schon am Sonnabend den 7. Oktober an der Exkursion in Lauenburg, welche unter der Führung der Herren Prof. Wahnschaffe und Dr. G. Müller stand, teilgenommen und dort die Herren des Glacial- Ausfluges begrüsst hatten, erfolgte der Empfang der 38 Teilnehmer in unserer Stadt am Abend des 7. Oktober im Ratskeller bei einem fest- lichen Abendessen, an dem sich auch 41 Lübecker beteiligten. Am Sonntag den 8. Oktober morgens wurden unsere Gäste in Gruppen zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt und dann nach einem Gabelfrühstücke im Hause der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Thätigkeit zum Bahnhofe geleitet. Am Abende hatte Herr Bürgermeister Dr. Brehmer, bei dem Frühstücke der stellvertretende Vorsitzende der Geographischen Gesellschaft, Oberlehrer Schneermann, die Begrüssung der Gäste über- nommen. Die Dankesworte der Scheidenden, sowie ein Schreiben des Leiters der Exkursion, Herrn Professor Wahnschaffe, haben gezeigt, dass die festliche Begrüssung der geographischen Forscher in unserer Stadt eine wohlgelungene war, an welche alle Gäste und einheimischen Teil- nehmer sich gern erinnern werden. An Geschenken gingen folgende Schriften ein von den Herren 1. Prof. Deecke in Greifswald: »Italien,« 2. Gustav Königswald: »Rio grande do Sul,« 3. A. Klossowsky: »Notre Planete,« 4. Prof. Zdenko, R. v. Schubert und Soldern: »Bochara und Samarkand.« 95 Seitens der Gesellschaft wurde Heft 12 und 13 der Mitteilungen als Doppelheft fertiggestellt und im Tauschverkehr den befreundeten wissen- schaftlichen Gesellschaften übersandt. Als Mitglieder traten die Herren A. Mestorf, Rechtsanwalt Weyro- witz, Oberlehrer Sack, Senatssekretär Dr. Geise, Buchhändler Rich. Brunn, Dr. Siemers, Oberlehrer Dr. Öhnesorge, Direktor Rey, Privatmann S. Michelsen, Kaufmann Brüggmann und Steuerrat Rheinen der Gesell- schaft bei. Dagegen schieden die Herren Apotheker Mühsam, Kunst- gärtner K. G. Hartwig und Kommerzienrat Pflüg aus. Unserem langjährigen Vorstandsmitgliede Dr. Schaper, der 1598 als Direktor des Realgymnasiums nach Meiningen gegangen war, wurde für seine grossen Verdienste um die Gesellschaft wie um die geographische Wissenschaft das Diplom eines Ehrenmitgliedes verliehen. Leider dürften nach dem Scheiden desselben die erdmagnetischen Beobachtungen, welche infolge der Arbeiten am Elbe-Trave-Kanal schon 1896 eingestellt weraen mussten, kaum wieder aufgenommen werden. Veränderungen im Vorstande haben im Berichtsjahre nicht statt- gefunden, als Revisoren der vorjährigen Kassenrechnung waren die Herren Meyer-Tranbjerg und Druckereibesitzer Rahtgens thätig. Im Verkehr mit auswärtigen Gesellschaften wurde der Wiener geographischen Gesellschaft zur Feier ihres 25jährigen Jubiläums ein Glückwunschtelegsramm gesandt und der amerikanischen geographischen Gesellschaft in New-York zu dem Tode ihres Präsidenten kondoliert. Bericht des Naturhistorischen Museums über das Jahr 1898. Die Hauptarbeiten des letzten Jahres beschäftigten sich mit der inneren Ausgestaltung der Sammlungen. Die Gruppen der Säugetiere und Vögel konnten um eine Anzahl interessanter indischer Arten vermehrt werden, unter denen sich manche wertvolle Typen befinden. Die anthropomorphen Affen wurden von Professor Selenka-München einem eingehenden Studium unterzogen. Für die Fortsetzung seiner Studien wurden ihm noch einige Schädel nach München leihweise über- lassen. Der englische Anthropologe Laurence H. Duckworth aus Cambridge hielt sich zu gleichem Zwecke einige Tage hier auf. Die Reptiliensammlung wurde einer Umstellung unterzogen und konnte die Neuetiquettierung der Schlangen zu Ende geführt werden; 96 ebenso ward die Neuaufstellung der Fische beendet, denen besonders an ostafrikanischen Arten aus den Sammlungen des Dr. A. Voeltzkow eine dankenswerte Vermehrung erwuchs. Der Konservator hat in Gemeinschaft mit Herrn Augenarzt Jatzow eine Bearbeitung dieser Sammlung für die wissenschaftlichen Ergebnisse der Reisen des Dr. A. Voeltzkow in Mada- gaskar und Ost-Afrika in den Jahren 1839—95 in den Abhandlungen der Senckenbergischen naturforschenden Gesellschaft Bd. 21 als Heft 3 unter dem Titel: Fische von Ost-Afrika, Madagaskar und Aldabra er- scheinen lassen. Die Durchbestimmung der Conchylien war von den Herren Prof. Dr. Küstermann und Arnold zu Ende geführt, so dass jetzt alle unsere Schaltiere, nach dem Paetel'schen Katalog geordnet, übersichtlich auf- gestellt sind und jede Art mit Leichtigkeit gefunden werden kann. Die Öephalopoden wurden gleichzeitig vom Konservator einer Durchsicht unterzogen. Die Insekten, der besonderen Sorgfalt der Herren Major v. Koschitzky und Kaufmann Jürgens anvertraut, erfuhren aus den deut- schen Schutzgebieten, sowie durch Geschenke der Herren Julius Eisleben- Mozambique und Otto Wilms-Sumatra erfreuliche Bereicherungen. Die Crustaceen bildeten auch in diesem Jahre wiederum das Haupt- arbeitsfeld des Konservators, der hierin in eifrigster Weise von dem Lehrer Strunck unterstützt wurde. Die wissenschaftlichen Sammlungen der Herren Dr. Voeltzkow in Ost-Afrika und Madagaskar, Prof. Plate an der chile- nischen Küste und Prof. Schauinsland- Bremen von Laysan, Neuseeland und anderen Inseln des stillen Oceans wurden dem Konservator zur Bearbeitung anvertraut. Die bereitwilligst zugesagte Überlassung von Doubletten wird bei dem nahen Abschluss der Arbeiten die Crustaceen- sammlung unseres Museums in erfreulicher Weise mit wertvollem Mate- rial bereichern. Für die weitere Ausgestaltung der Lübeckischen Abteilung des Naturhistorischen Museums wurden vorbereitende Schritte gethan, um die Lebensverhältnisse, die Beziehungen zum Menschen, den Schaden und Nutzen der Tiere unserer nächsten Heimat dem Besucher in möglichst anschaulicher Weise vor Augen zu führen. Nachdem die Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Thätigkeit die nötigen Mittel auf unsern Antrag bewilligt, wird diese wichtige Samm- lung ihrem nutzbringenden Ziele näher gebracht werden können. Einen ähnlichen Zweck, die im Museum ausgestellten Gegenstände dem Verständnis des Besuchers mehr und mehr zu erschliessen und damit nutzbarer zu machen, verfolgen die vom Museums-Verwaltungs-Ausschuss angeregten und seit Michaelis ins Leben getretenen sonntäglichen, unent- geltlichen Vorträge im Museumssaale. Mitglieder des Vorstandes, Freunde der Sammlung liehen, ausser dem Konservator, dem Unternehmen in dankenswerter Weise ihre Unterstützung. Nach auswärts wurden aus der zoologischen Abteilung Crustaceen an das Musee d’ Histoire natur. in Paris und Madagaskarschietterlinge an das British Museum in London leihweise für dortige wissenschaftliche Arbeiten überlassen. Das Museum für Naturkunde in Berlin empfing einige neue, von Th. Studer beschriebene Korallen der Storm’schen Sammlung. Aus dem Herbar entliehen: Apotheker Friedrichsen-Hoyer eine An- zahl Rubus-Arten; Prof. Fischer-Benzon-Kiel Lübeckische Flechten; der botanische Garten in Kew (England) Cap-Gräser; Prof. Urban-Berlin die südafrikanischen Euphorbiaceen und I’hymelaeaceen; Dr. Gilge die Gentianaceen; Prof. Engler die Combretaceen und die südafrikanischen Geranium-Arten; Dr. Diels die Gattung Qliffortia; Prof. G. Lapriore die Amaranthaceen. Das Botanische Museum in Berlin hatte zugleich die Freundlichkeit, eine grössere Anzahl bisher in unserem Herbar als unbestimmt aufbewahrte Pflanzen des Caplandes und von Hildebrandt auf Madagaskar gesammelte Arten zu bestimmen, wofür wir auch hier unsern Dank aussprechen möchten. Zu besonderem Dank sind wir Dr. G. Stapf in Kew verpflichtet für die Bestimmung einer Anzahl Drege'scher Gräser Südafrikas. Herr Prof. L. Radlkofer hatte auf unsere Bitte die Freundlichkeit, die sämtlichen Sapindaceen einer Revision zu unterziehen. Die Verbindung mit Miss Jessie L. Hussey in Port Elliot (Süd- Australien) brachte im Wege des Austausches unserm Herbar eine grössere Auswahl gut präparierter südaustralischer Pflanzen; in ähnlicher Weise erfuhr die Algensammlung durch Herrn Dr. Becker-Grahamstown eine Bereicherung durch südafrikanische Arten. Auch sonst wurden die Ver- bindungen mit auswärtigen Instituten und einzelnen Gelehrten nach Kräften gepflegt. Besondere Aufmerksamkeit ward der Vermehrung unseres Schriften- austausches gewidmet, der z. Zt. mit 74 über die ganze Erde zerstreuten Anstalten und Gesellschaften unterhalten wird. Die Mineralien wurden durch Vermittelung des Herrn ©. A. Siemslen um hübsche Schaustücke, die wissenschaftliche Sammlung um eine kleine Zahl interessanter, bisher fehlender Stufen vermehrt. Die geologisch-palaeontologische Sammlung wurde durch Geschenke und Tausch erweitert und ergänzt, insbesondere durch die Herren Dr. 7 98 Stolley-Kiel, Prof. Fritsch-Prag, Dr. Gottsche-Hamburg und den Landes- geologen Dr. Müller-Berlin. Der Sammlung einheimischer Gesteine und Versteinerungen wurde unter anderem eine Anzahl interglacialer Stücke aus einem, bei Gelegenheit des Schleusenbaues bei Lauenburg gemachten Aufschlusse eingereiht. Die Sammlung von Proben aus Tiefbohrungen in Lübeck und Um- gegend wurde durh Vermittelung des Herrn Dr. Friedrich um einige weitere vermehrt. Es wäre ausserordentlich wünschenswert, wenn die Ablieferung solcher Proben mit den entsprechenden Tiefenangaben regelmässig an das Museum erfolgte, da sie hier mit den bereits vor- handenen ein wertvolles Material zur Beurteilung des geologischen Baues unserer Gegend abgeben würden und zur Ergänzung der in der Lübeckischen Abteilung aufgehängten geologischen Karte und Profile dienen könnten. Besucht ward das Museum im Jahre 1598 von 23266 Personen; der besuchteste Tag war der erste Ostertag mit 635 Personen. Die Durch- schnittszahl des Sonntagsbesuches betrug 290. Die laufenden Ausgaben stellen sich wie foigt: 1. Neuanschaffungen . ..0.....0. 290229385 2. Binrichtungskosten. 0... 272.0..2289428 Su-Aussiopiene. ae en 34050 AENSPIEILUSSE: We a Te 96,63 HU Eerbarse an lose or Brachtsundeb ons > 7. Bücher, Zeitschriften, Buchbinder . = 797,65 8: \Eülfeleistungen 2% Pr una E26 0 IDruckkostenn Sr B 18,45 TO:HDıversestl ah... ak RER 79,36 IHRNONSELVAtOLN re a OR Mt 5152,44 Fehlbetrag von 1397 _ : 105,84 NM 5258,28 Denselben stehen an Einnahmen gegenüber: Beitrag der Gesellschaft zur Beförde- rung gemeinnütziger Thätigkeit . . A 5000,— Für Doubletten, Zinsen u.8s.w.. . . =: 36,70 At 5036,70 99 Der demnach sich ergebende Fehlbetrag von X 221,53 ward von der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Thätigkeit nachbewilligt. An Stelle des aus dem Vorstande ausgeschiedenen Herrn Dr. med. Struck ward Herr Prof. Dr. Küstermann erwählt. Den Vorsitz übernahm Herr Senator Dr. Brehmer. Verzeichnis der neuen Erwerbungen. A. Geschenke. Zoologische Abteilung. Von Herrn Dr. Pauli, hier: Orustaceen und Conchylien von Chios. Von Frau Schroeder, hier: Ein ausgestopfter Hund. Von Herın W. Meyer, hier: Ein Blondinettentäuber, ein Mövchentäuber, ein blauschwarzer Anatolier. Von Herrn Conrad Schramm, Buenos-Aires: Das Nest eines Ofenvogels (Furnarius rufus). Von Herrn Tegtmeyer, Puerto-Cabello: Eine Leuchtzirpe. Von Herrn Tegtmeyer, hier: Schwämme aus Tunis. Von Herrn Dr. Struck, hier: Dreizehise Möve, Wachholderdrossel, Nest eines Zaunkönigs, Wasserratte, Hühnerhabichte, Sammlung nützlicher und schädlicher Insekten, Sammlung von 50 einheimischen Haarflüglern mitsamt den von ihren Larven angefertigten Gehäusen. Von Herrn Dr. Linde, hier: Eine Spechtmeise, mehrere Vogelnester, Bau der Holzameise. Von Herrn Wilms, Sumatra: Mehrere Schlangen, sowie eine Anzahl dor- tiger Schmetterlinge und anderer Insekten, Spinnen und Tausend- füsser u. s. w. Von Herrn K. G. Hartwig, hier: Nester der Amsel und des Grünhänflings. Von Herrn Jul. Eisleben, Mozambique: Fledermäuse, Vögel, Reptilien, Insekten, Spinnen und Tausendfüsser. Von Herrn Dir. Johs. Arnold, Wilhelmsburg bei Hamburg: Barten des Fin-, Sai- und Blauwals. Von Herrn Revierförster Claudius, Behlendorf: Skelett des Nörz (Putorius lutreola). Von Herrn v. Minden, hier: Interessant geformte Badeschwämme. Vom Museum für Naturkunde in Berlin aus den Doubletten der aus den deutschen Schutzgebieten eingegangenen Sammlungen: Eine grössere Anzahl Insekten der verschiedenen Ordnungen, ausserdem Reptilien, Spinnen und Krebse. 7#® Von Von Von Von Von Von Von Von Von Von Von Von Von 100 Herbar. Herrn Oberlehrer Dr. Friedrich: Eine Anzahl kritischer Pflanzen der lübecker Flora. Herrn stud. Otto Ranke: Eine Anzahl hiesiger Brombeerarten. Mineralogisch-paläontologische Abteilung. Herrn Dr. Struck, hier: Versteinerungen aus dem Jura Bayerns und Schwabens. der Kanalbaubehörde: Schädel von Bos primigenius, bei den Arbeiten des Elbe-Trave-Kanals aufgefunden. B. Durch Tausch erworben. Miss Jessie L. Hussey, Port Elliot (Süd-Australien): Zwei Hundert südaustralische Pflanzen. Herrn Dr. Becker, Grahamstown (Süd-Afrika): Eine Anzahl süd- afrikanischer Meeresalgen. Herrn Arthur J. Speier, Altona: Eine Anzahl Insekten und bio- logischer Gegenstände. Herrn Dr. Stolley, Kiel: Eine wertvolle Kollektion von ihm selbst in den russischen Ostseeprovinzen gesammelter cambrischer und silurischer Petrefacten. Herrn Prof. Frie, Prag: Eine grössere Anzahl permischer und carbonischer Pflanzen. Herrn Dr. Gottsche, Hamburg: Einige eocäne Versteinerungen von Hemmoor in Nord-Hannover. Herrn Landesgeologen Dr. Müller, Berlin: Zahlreiche Tertiärversteine- rungen aus Lüneburg. ©. Angekauft wurden: Herrn Dörries, Hamburg: Ein weissmähniges Löwenäffchen (Hapale oedipus), ein Schopfpinguin (Spheniscus demersus) und ein Spiegel- fasan (Polyplectron chinquis). Die Bibliothek wurde durch folgende Werke vermehrt: 1. Durch Geschenke: Herrn Dr. Ed. Hahn, hier: Berl. Entomol. Zeitschrift 1897. Sitzungs- berichte d. Ges. naturforsch. Freunde in Berlin. Jahrgang 1897. Correspondenzblatt der deutsch. Anthropol. Gesellschaft. Jahrg. 1898. 101 2. Durch Schriftenaustausch: Bautzen, Naturwissenschaftl. Gesellschaft Isis: Sitzungsberichte und Ab- handl. 1896— 1897. Berlin, Gesellschaft naturforsch. Freunde: Sitzungsberichte. Jahrg. 1898. Bonn, Naturhistorischer Verein für das Rheinland und Westfalen: Ver- handlungen. Jahrg. 54,2 und 55,1. Bonn, Niederrheinische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde: Sitzungs- berichte 1897, II und 1898, I und II. Bremen, Naturwissenschaftl. Verein: Beiträge zur Landeskunde Heft II; Abh. BEABERIVE 3, DV 2UBSVA Breslau, Schlesische Gesellschaft für vaterländische Kultur: 75. Jahres- bericht mit Ergänzungsheft 6. Danzig, Naturforschende Gesellschaft: Schriften, N. F. Bd. 9, Heft 3—4. Danzig, Provinzial-Museum: XIX. Amtl. Bericht 1898. Dresden, Naturwissenschaftliche Gesellschaft »Isis«: Sitzungsbericht und Abhandlung 1898, Januar bis Juni. Frankfurt a./M., Senckenbergische naturforschende Gesellschaft: Bericht 1898. Katalog der Reptilien-Sammlung II, 1898. Frankfurt a./O., Naturwissenschaftl. Verein Regierungs-Bezirk Frankfurt: Nichts eingegangen. Fulda, Verein für Naturkunde: Bericht 1898. Greifswald, Naturwissenschaftl. Verein für Vorpommern und Rügen: Mit- teilungen 30. Jahrgang 1899. Hamburg, Naturhistorisches Museum: Mitteilungen Heft XV, 1898. Hamburg, Naturwissenschaftl. Verein: Verhandlungen, 3. Folge V, 1897. 3. Folge VI, 1899. Hamburg, Verein für naturwissenschaftl. Unterhaltung: Nichts eingegangen. Hildesheim, Römer-Museum: Bericht 1896—98. Kassel, Verein für Naturkunde: Bericht 43, 1898. Kiel, Naturwissenschaftl. Verein für Schleswig-Holstein: Bd. XI, 2. 1898. Königsberg, Physikal.-ökonom. Gesellschaft: Nichts eingegangen. Krefeld, Verein für Naturkunde: Jahresbericht 1898. Münster, Westfälischer Provinzial-Verein: Jahresbericht 26. 1897/98. Nürnberg, Naturhistorische Gesellschaft: Abhandl Bd. XI. 1898. Osnabrück, Naturwissenschaftl. Verein: 13. Jahresbericht 1898. Regensburg, Naturw. Verein: Berichte 6. Heft. 1896—1897. Wiesbaden, Nassauischer Verein für Naturkunde. Jahresbücher Bd. 51. 1898. Zwickau, Verein für Naturkunde: Jahresbericht 1897. Wien, K. K. Zoolog. botan. Gesellschaft: Verhandlung. Bd. 48. Wien, K. K. Naturhistorisches Hof-Museum: Annalen Bd. XIII 1. 102 Prag, Naturhistorischer Verein »Lotos«: Jahresbücher Bd. 16, 1896. Ba. 17, 1897. Prag. Gesellschaft des Museums des Königreiches Böhmen: Bericht 1897. Triest, Museo civico di storia naturale: Nichts eingegangen. Linz, Museum Francisco-Carolinum: 55. Bd. 1897. 1898. Graz, Steiermärkisches Landesmuseum Johanneum: Jahresbericht 1897. Budapest, Publicationen des K. Ungarischen Nationalmuseums: Bd. XXI 3—4, XXII 1—2. Basel, Naturforschende Gesellschaft: Nichts eingegangen. Zürich, Naturforschende Gesellschaft: Vierteljahrsschrift, Heft 2—4 und 44, Heft 1—2. Neujahrsblatt 1899. Genf, Societe Helvetiqgue des Sciences naturelles: Nichts eingegangen. Amsterdam, Königl. Akademie von Wetenschapten: Verslagen van de Gewone Vergaderingen des Wis- en Naturkundige Afdeeling, Deel VI 1898. Haarlem, Musee Teyler: Archives, Ser. Il Vol. VI 2, 1898. Edinburgh: Nichts eingegangen. Bergen, Museum: Aarbog 1897. Stockholm, Königl. Schwed. Akademie der Wissenschaften: Bihang, Abt. III und IV Vol. 23, 1898. Upsala, Geological Institution: Nichts eingegangen. Tromsoe, Museum: Aarshefter 19. Aarsberetning 1895 und 1896. Stavanger, Museum: Aarsberetning for 1396 und 1897. Helsingfors, Societas pro Fauna et Flora Fennica: Acta Vol. XIII und XIV 1897 und 1898. Meddelanden 23. 1898. Riga, Naturforscher-Verein: Korrespondenzblatt 41. Boston, Amer. Academy of arts and sciences: Vol. XNXXIHI 13—27. Vol. XXXIV 1—. Cambridge, Museum of comparative Zoology: Annual Report 1897, 98. Bulletin Vol. XXXII 7—9. Buffalo, Society of natural sciences: Bulletin Vol. V 1—5. Milwaukee, Public Museum: 16. Annual Report 1897—98. New-York, Academy of sciences: Transactions Vol. XVI 1896, 97. Annals Vol. X 1—12 1898. New-York, American Museum of Natural History Oentral-Park: Annual Report 1897. Bulletin, Vol. X 1898, XI P. 1 1898. Memoires Vol. 13, I 1—2. Philadelphia, Academy of natural Sciences: Proceedings 1398 1—2. Philadelphia, Wagner free Institute of Science: Nichts eingegangen. Washington, National Museum: Report 1595 und 1897. Proceedings Vol. 19, 1897 12 div. Hefte The Microscope. Directions for 105 collecting and preserving scale insects. Bulletin M 47. Jordan und Evermann: The Fishes of North- and Middle-America. Vol. 1. Washington 1896. Washington, Department of Agriculture: Bulletin 10, 11,50. Report 1898. North American Fauna .& 14, 1899. Wisconsin, Academy of sciences, arts and letters: Transactions Vol. XI 1896 — 97. Wisconsin, Geological and Natural History. Survey: Bulletin 1 u. 2. 1898. Rio de Janeiro, Museo nacional: Revista do Museo National Vol. I 1896. Buenos Ayres, Museo nacional: Nichts eingegangen. Montevideo, Anales del Museo Nacional: Anales IX und X 1898. Para (Brasilien), Museum Paraense: Boletin do Paraense Vol. I M 1-3, 1897 —98. Säo Paulo, Commissäo Geographical Geologica de Säo Paulo: Boletin N 10—14 1895—97. Flora Paulista. Batavia, Kon. Naturkundige Vereenigung in Nederlandsch Indie: Nichts eingegangen. Singapore, Dr. R. Hanitsch-Raffles Museum: Nichts eingegangen. Sidney, Australian Museum: Records Vol. III 2—3 1897. Memoir III 7. 1898. Sidney, Royal Society of N. S. Wales: Journal and Proceedings Vol. XXXI 1897. 3 Angekauft wurden: Katalog der Handbibliothek des Dresdener Museums. Das Tierreich. Lief. 1—7. Herausgegeben von der Deutschen Zoolog. Ges. Ver- schiedene kleinere Schriften, insbesondere über Crustaceen, schädliche und nützliche Tiere. Häckel, die Kunstformen in der Natur. Die Fortsetzungen von: Martini und Chemnitz, Conchylien-Cabinett. Nachrichtsblatt der deutschen malakozoologischen Gesellschaft. Entomologische Nachrichten. Zoologische Jahrbücher. Zoologischer Anzeiger. Zoologisches Zentralblatt. Bibliotheca zoologica. Berliner Entomologische Zeitschrift. Stettiner Entomologische Zeitschrift. Notes fr. the Leyden Museum. 104 Bericht des Naturhistorischen Museums über das Jahr 1899. Mit dem Ablauf des verflossenen Jahres konnte das Naturhistorische Museum auf einen Eutwickelungsgang von hundert Jahren zurückblicken. Durch die Schenkung der von dem hiesigen Arzte Dr. Joh. Jul. Walbaum hinterlassenen Sammlungen von naturhistorischen Gegenständen ward der Grund gelegt, auf dem sich durch stetige Fürsorge berufener, opferwilliger Männer unser Naturhistorisches Museum und mit und neben ihm die übrigen Abteilungen des Gesamtmuseums entwickelt haben. Zur Erinnerung an diesen Gedenktag ward eine umfangreiche, wür- dig ausgestattete Festschrift herausgegeben, zu welcher aus sämtlichen Abteilungen des Museums Beiträge geliefert wurden. Das Naturbistorische Museum war durch eine mit vielen Abbildungen reich ausgestattete Abhandlung des Dr. R. Struck über die Trichopteren der Umgegend Lübecks vertreten. Ein kurzgefasster geschichtlicher Über- blick des Gesamtmuseums wurde von dem Konservator verfasst. Wenige Tage nach der Jahreswende, am 7. Januar, ward im Vor- tragssaal des Museums unter zahlreicher Beteiligung ein die Bedeutung des Tages würdigender Festakt gehalten. Der Hohe Senat ehrte den Konservator Dr. Lenz, welcher fast 25 Jahre in nie rastender Thätigkeit dem Museum vorgestanden und dem es wesentlich zu danken ist, dass dasselbe zu seiner jetzigen Blüte gelangte, in ausserordentlicher Weise und unter besonderer Hervorhebung der erwähnten Verdienste durch Verleihung des Titels ‚Professor.«c Am 29. Januar 1900 vereinigten sich die Vorsteher im Hause des Vorsitzenden, um den Gedenktag des Konservators in ehrender Weise zu begehen. Die im Vorjahre begonnenen sonntäglichen Vorträge wurden bis in den Juni fortgesetzt und im. Herbste wieder aufgenommen. An natur- wissenschaftlichen Themen behandelte Prof. Dr. Küstermann Bandwürmer, Lehrer Strunck unsere Schlangen, Gewerbeschuldirektor Wekwerth die essbaren Pilze, der Konservator in zwei Vorträgen Freunde und Feinde unserer Obstbäume, die Wespen, ihr Leben und ihre Bauten, Korallen und Korallenriffe, nützliche Raubtiere. Die Vorträge erfreuten sich stets eines zahlreichen Besuches. Die Zuwendungen von auswärts waren im verflossenen Jahre nicht besonders zahlreich, wohl aber in einzelnen Fällen recht wertvoll. Herr Kapitän Drewes schenkte seine umfangreiche Sammlung chinesischer Schmetterlinge, einige Käfer und andere Insekten. 105 Herr Waldemar Paulsen in Guadalajara (Mexiko) sandte eine Anzahl gut präparierter mexikanischer Vogelbälge, Herr Dr. Weltner-Berlin die von ihm selbst gesammelten und bestimmten deutschen Süsswasser- schwämme. Zu ganz besonderem Danke ist die Vorsteherschaft Herrn Dr. Biedermann-Eutin dafür verpflichtet, dass er seine selbst erlegten oder gezogenen Raubvögel, meist den hiesigen Arten angehörend, in mustergültig gestopften Exemplaren dem Museum zum Geschenk machte. Als wertvolle wissenschaftliche Ergänzung fügte Herr Dr. Bieder- mann eine Anzahl äusserst sauber präparierter Skelette von Raubvögeln und Säugetieren hinzu, ausserdem 80 Kolibribälge, den Backenzahn eines Mammuths, sowie Schädel mit Gehörn vom männlichen und weiblichen Steinbock (Caprea Ibex) der Schweiz, zwei Prachtstücke dieses in der Schweiz nicht mehr anzutreffenden Tieres. Da Herr Dr. Biedermann auch früher schon sein Interesse in leb- hafter Weise unserm Naturhistorischen Museum zugewandt hatte, so gereichte es der Vorsteherschaft zur ganz besonderen Freude, ihm die einzige ihr zur Verfügung stehende Auszeichnung zu teil werden zu lassen und Herrn Dr. Biedermann zu ihrem korrespondierenden Mit- gliede zu ernennen. Die bereits früher in Angriff genommene Neuaufstellung der Rep- tilien und Amphibien wurde unter Zuhülfenahme eines weiteren fünften Schrankes zu Ende geführt: Auf solche Weise ward es möglich, auch die grösseren Exemplare und die interessanteren Arten in angemessener Weise dem Beschauer zu Gesicht zu bringen. Die Vogel- und Korallensammlung konnte durch mehrfache An- käufe charakteristischer oder für die Systematik wichtiger Arten be- reichert werden. Besondere Aufmerksamkeit ward der Ausgestaltung der Lübeckischen Abteilung zugewendet. Für die Raubvögel wurde ein grosser neuer Schrank beschafft, dessen Mitte von einem Bussardhorst mit Alten und Nestjungen ein- genommen wird. Um diese Mittelgruppe sind die übrigen einheimischen Raubvögel in geeigneter, die systematischen Gruppen möglichst berück- sichtigender Anordnung aufgebaut. Bei den Singvögeln konnten abgängig gewordene Exemplare meist durch neue ersetzt, die beabsichtigte Neuaufstellung jedoch noch nicht durchgeführt werden. Von der im Lübeckischen Saale befindlichen Erhöhung wurden die bisher dort aufgestellten Conchylien entfernt und in die allgemeine Sammlung gebracht, um Platz für die Aufstellung zweier neuen Schränke für die Insektenschausammlung zu gewinnen. Von Insekten waren bis- her, soweit es sich um Lübeckische Arten handelt, nur Käfer und Schmetterlinge aufgestellt; jetzt sind auch die übrigen Ordnungen in aus- reichender Weise zur Geltung gekommen. Neben diesen systematischen Sammlungen haben biologische Platz gefunden. In möglichst lehrreicher und leichtverständlicher Weise sind, unterstützt durch kurze, gedruckte Erläuterungen, bis jetzt die dem Garten schädlichen Insekten berücksichtigt worden, in weiteren Schau- pulten werden die für Wald und Feld in Betracht kommenden eine Stelle finden. Das Leben der Aas- und Laufkäfer, der Schlupfwespen, des Mai- käfers, der Wespen, Hummeln, des Ameisenlöwen und der Maulwurfsgrille ist gleichfalls veranschaulicht. Das Herbar erfuhr durch Geschenke und Ankäufe eine grössere Bereicherung als in den letzten Jahren. Insbesondere waren es Pflanzen- sammlungen aus Kamerun, Portoriko, Südaustralien, Südbrasilien, Carolina, Spanien und anderen Ländern Südeuropas, welche hinzukamen. Nach auswärts wurden leihweise einzelne Pflanzenfamilien für wissen- schaftliche Arbeiten überlassen an die Herren Professor Engler, Dr. Diels, Dr. Gilg-Berlin, Professor Schintz-Zürich, Dr. Hallier-Hamburg und Professor Radlkofer-München. Die mineralogische Sammlung ward. durch eine Anzahl bisher fehlender, besonders fühlbare Lücken ausfüllender Stufen ergänzt; der Schausammlung konnte eine prächtige Moriongruppe aus der Schweiz einverleibt werden. Die geologisch - paläontologische Sammlung erfuhr unter der be- sonderen Fürsorge des Herrn Dr. med. Struck gleichfalls manche Bereicherung. Die zuletzt erwähnten Abteilungen zogen die besondere Aufmerksam- keit der unser Museum am 8. Oktober besichtigenden Teilnehmer des Glacial- Ausfluges auf sich, welchen Besucher des 7. internationalen Geographen-Kongresses von Berlin aus hierher über Lüneburg und nach Stettin weiter wandernd unternommen hatten. Besucht ward das Museum im Jahre 1899 von 26 840 Personen; der besuchteste Tag war der zweite Pfingsttag mit 866 Personen. Die laufenden Ausgaben stellten sich wie folgt: 107 ISNeuanschaftungenn u ISO 2. Einriehtungskosten . . . . „= 905,85 Sg AusstopienWen re u 10) AUSPIH USER) a. al aalalune 27,90 Hipklerbarns th. alerts a2 990 6. Fracht und Porti BER SEIN 170,68 7. Bücher, Zeitschriften, Buchbinder . - 742,87 82 klülteleistungennrr E72 EN 686,40 I Druckkostenw eier IOSIDıversesbam une. tal Me 73,60 IS Konseryators wa a FaRn-51500 Al 5207,25 Fehlbetrag von 1898 : 221,58 Mt 5428,83 Denselben stehen an Einnahmen gegenüber: Beitrag der Gesellschaft zur Beförde- rung gemeinnütziger Thätigkeit. . .# 5721,58 Für Doubletten, Zinsen u. s.w.. . . = 56,50 MM 5778,08 Der Überschuss von .# 349,25 wird zusammen mit einer dem Natur- historischen Museum von der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Thätigkeit besonders bewilligten Summe von MW 200 in erster Linie für die Fortführung der Lübeckischen Abteilung in der oben erläuterten Richtung Verwendung finden. An Stelle der aus dem Vorstande ausscheidenden Senator Dr. Brehmer und Hauptlehrer a. D. Arnold wurden Dr. med. Struck und Reg.-Rat Dr. Geise erwählt. Den Vorsitz übernahm Kaufmann Fr. Jürgens. Verzeichnis der neuen Erwerbungen. A. Geschenke. Zoologische Abteilung. Von Herrn Kapt. Drewes: Eine Sammlung chinesischer Schmetterlinge, 60 Arten, und Käfer, 20 Arten, in meist zahlreichen Exemplaren. Von Frau Anna Elfeld, Maracaibo: Eine Koralle (Madrepora palmata). Von Herrn Möller, hier: Ein weisser Säger (Mergus alba) vom Ratze- burger See. Von Herrn Dr. Biedermann, Eutin: Ein Kaiseradler, zwei Steinadler, zwei Seeadler, ein Lämmergeier, zwei Bussarde, sechs Mäusebussarde und Von Von Vom Von Von Von Von Von Von Von Von Von 108 zwei Nestjunge, zwei Wespenbussarde, eine Sumpfweihe mit Nest- jungen, vier Habichte, ein Thurmfalke, drei Nestjunge vom Sperber, ein Nestjunges der Waldohreule, ein Rothuhn, ein Auerhahn und Henne, ein rothalsiger Steissfuss, ein Ohrensteissfuss, zwei Junge vom Haubentaucher, ein Polarseetaucher, ein Singschwan, eine Mantel- und eine Silbermöve, SO Kolibris; ein Mammuthbackenzahn. Von folgenden Tieren die Skelette: Kaiseradler, Fischadler, Habicht, Wespenbussard, Zwergadler, Waldohreule, Rauhfussbussard, Hauben- taucher, Fischotter und Igel. Herrn P. Dillner, Schlutup: Ein Sandregenpfeifer (Aegialites hiati- culus) von Schlutup. Herrn Dr. Weltner, Berlin: Eine Sammlung deutscher Süsswasser- schwämme. B. Durch Tausch erworben: Naturhistorischen Museum in Hamburg: Zwei Meteorsteine. Herrn Arthur Speier, Altona: Eine Anzahl Insekten und biologischer Gegenstände. C. Angekauft wurden: verschiedenen Handlungen: Biologisches Material für die Insekten- sammlungen. Herrn Dörries, Hamburg: Ein Königsgeier (Sarcorampha papa), ein afrikanischer Schreiadler (Haliaetus vocifer). Herrn Blohm, hier: Ein Opossum (Dasypus auritus). Herrn Kirschmann, Interlaken: Eine Gruppe grosser, schöner Rauchquarze. verschiedenen Handlungen: Eine Anzahl Mineralien. Zenker gesammelte Kamerun-Pflanzen. Sintenis gesammelte Portorico-Pflanzen. Die Bibliothek wurde durch folgende Werke vermehrt: 1. Durch Geschenke: Herrn Dr. Ed. Hahn: Berliner Entomologische Zeitschrift. Sitzungs. berichte der Ges. naturf. Freunde in Berlin. Correspondenzblatt der deutschen Anthropol. Gesellsch.; sechs Hefte Marschall, Zoologische Vorträge. 2. Durch Schriftenaustausch: Bautzen, Naturwissenschaftl. Gesellsch. Isis. Berlin, Museum für Naturkunde, zoolog. Abt. Bd. I, Heft 1—3. Führer. Berlin, Gesellschaft naturf, Freunde: Sitzungsberichte Jahrg. 1899. 109 Bonn, Naturhistorischer Verein für das Rheinland und Westfalen: Ver- handlungen. Jahrg. 56, 1. Bonn, Niederrheinische Gesellsch. für Natur- und Heilkunde: Sitzungs- berichte 1899, 1. Bremen, Naturwissensch. Verein: Abhandlungen, Bd. XVI, 2. Breslau, Schlesische Gesellsch. für vaterländische Kultur: 76. Jahresbericht. Danzig, Naturforschende Gesellsch. Danzig, Provinzialmuseum: Amtl. Ber. 1899. Dresden, Naturwissensch. Gesellsch. »Isis«: Sitzungsbericht und Abhand- lung 1898, Juli bis Dezember. Elberfeld, Naturwissensch. Verein: Jahresber. Heft 9. Frankfurt a./M., Senckenbergische naturforschende Gesellsch.: Bericht 1899. Frankfurt a.O., Naturwissensch. Verein, Regierungsbez. Frankfurt: Helios, Bd. 16, 1899. Fulda, Verein für Naturkunde. Giessen, Oberhessische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde: Berichte 1897, 98, 99. Greifswald, Naturwissensch. Verein für Vorpommern und Rügen. Hamburg, Naturhistorisches Museum: Mitteilungen Heft XVI, 1899. Hamburg, Naturwissensch. Verein: Verhandlungen. Hamburg, Verein für naturwissensch. Unterhaltung: Bd. V und VI. 1883, 18837. Hildesheim, Römer-Museum. Kassel, Verein für Naturkunde: Bericht 44, 1899. Kiel, Naturwissensch. Verein für Schleswig-Holstein. Königsberg, Physikal.-ökonom. Gesellsch.: Schriften. 39. Jahrg. 1898. Krefeld, Verein für Naturkunde. Münster, Westfälischer Provinzial-Verein. Nürnberg, Naturhistorische Gesellschaft. Osnabrück, Naturwissensch. Verein. Regensburg, Naturwissensch. Verein. Wiesbaden, Nassauischer Verein für Naturkunde: Jahresbücher, Bd.52, 1899. Zwickau, Verein für Naturkunde: Jahresber. 1899. Wien, K. K. Zoolog.-botan. Gesellschaft: Verhandlungen. Bd. 49. Wien, K. K. Naturhistorisches Hof-Museum: Annalen. Bd. XIII, 2—4, XIV, 1-—2. Prag, Naturhistorischer Verein »Lotos«. Prag, Gesellsch. des Museums des Königreiches Böhmen. Linz, Museum Franeisco-Carolineum: 56. Bd. 1898, 57. Bd. 1899. Graz, Steiermärkisches Landesmuseum Johanneum. 110 Budapest, Publikationen des K. Ungarischen Nationalmuseums: Bd. XXII, 3 und 4. Basel, Naturforschende Gesellschaft: Bd. XII, I 1898. ‘Zürich, Naturforschende Gesellschaft. Genf, Societe Helvetigue des Sciences naturelles: 80. und 81. Jahres- versammlung. Compte rendu. . 97—98. Amsterdam, Königl. Akademie von Wetenschapten: Verslagen van de Gewone Vergaderingen des Wis- en Naturkundige Afdeeling, Deel WAKE IRB, Haarlem, Musee Teyler: Archives, Ser. II, Vol. VI, 3 und 4. 1899. Liverpool, Museum: Bulletin Vol. II. 1—4. Bergen, Museum: Aarbog 1398, 99. Heft 1, 1900. Stockholm, Königl. Schwedische Akademie der Wissenschaften: Bihang, Abt. III und IV, Vol. 24, 1899. Handlinger Bd 29, 2. 1896. Bd. 30, 3. 1897. Bd. 31, 5. 1898. Öfversigt 54 und 55. Upsala, Geological Institution: Bulletin. Vol. IV. P.I. & 7. Nordens Jäglar. Tromsoe, Museum: Aarshefter 20. Aarsberetning 1397. Stavanger, Museum: Aarsberetning for 1898 und 1899. Helsingfors, Societas pro Fauna et Flora fennica. Riga, Naturforscher-Verein: Korrespondenzblatt 42. Arbeiten. N.F. 8 und 9. Boston, Amer. Academy of arts and sciences. Vol. XXXIV, 6—23. XXXV, 1—3. 1899. Cambridge, Museum of comparative Zoology: Annual Report 1898, 99. Bulletin Vol. XXXU bis XXXV, 7. Buffalo, Society of natural sciences: Bulletin Vol. VII. Milwaukee, Public Museum. New-York, Academy of sciences: Annals Vol. XL, 3. XU, 1. New-York, American Museum of Natural History Central-Park: Annual Report 1898. Bulletin XI, P. 2, 1899. Massachusetts U. S. A., Tufts College: Studies & 5. März 1898. Chicago, Academy of sciences: Bulletin M 2, 1897. 40. Annual Report 97. Philadelphia, Academy of natural sciences: Proceedings 1898, 3. 1899, 1 und 2. Washington, National Museum: Report 1896. Proceedings Vol. 20. Jordan und Evermann: The Fishes of North- and Middle-America: Vol. II und III. Washington 1898. Washington, Department of Agrieulture: North American fauna M 15, 1899. Wisconsin, Academy of sciences, arts and letters: Transactions Vol. XII, 1, 1898: Wisconsin, Geological and Natural History. Survey. 111 Rio de Janeiro, Museo nacional. Buenos Ayres, Museo nacional: Comunicaciones Tomo I, 3 und 5. Anales Tomo VI, 1899. Montevideo, Anales del Museo Nacional: Anales XI und XII, 1899. Para (Brasilien), Museum Paraense: Boletin do Paraense Vol. II, N 4, 1898. Säo Paulo, Commissäo Geographical Geologica de Säo Paulo. Batavia, Kon. Naturkundige Vereenigung in Nederlandsch Indie: Tijd- schrift. Deel 58, 1898. Sidney, Australian Museum: Records Vol. III, 6. 99. Memoir III, 8. 9. 1899. Report 1898 The Tunicata in the Austral-Museum. Sydney N. S. W. 1899. Sidney, Royal Society of N. S. W.: Journal and Proceedings Vol. XXXI, 1898. Plate I zu Vol. XXXU. Kapstadt, South African Museum: Annals Vol. I, P. I. 3. Angekauft wurden: Das Tierreich, Lief. 8 und 9. Häckel, die Kunstformen in der Natur. Heft 3 und 4. Nehrkorn, Katalog der Eiersammlung. Gürich, das Mineralreich. Delage und Heronard, Traite de Zoologie conerete. Tome VIII und II, 1. Parker, Vorlesungen über elementare Biologie. Meyer, erstes mikroskopisches Praktikum. Blücher, der praktische Mikroskopiker. Tubeuf, Pflanzenkrankheiten. Die Fortsetzungen von: Martini und Chemnitz, Conchylien-Cabinett. Nachrichtsblatt der deutschen malakozoologischen Gesellschaft. Entomologische Nachrichten. Zoologische Jahrbücher. Zoologischer Anzeiger. Zoologisches Centralblatt. Bibliotheca zoologica. Berliner entomologische Zeitschrift. Stettiner entomologische Zeitschrift. Notes fr. the Leyden Museum. Zoological Record. Vol. 15, 1898. 112 Bericht des Museums für Völkerkunde über das Jahr 1898. Das Jahr 1898 bedeutet für das Museum für Völkerkunde einen Wendepunkt in seiner Geschichte. Was bei dem ersten Versuche, die Gesamtheit seines Besitzstandes auf Inhalt und Wert öffentlich zu prüfen und im Kreise wissenschaftlicher Forschung und authentischer Sach- kenntnis mit einer Darstellung desselben aufzutreten, sich als zwingende Notwendigkeit ergab; was seit langem innerhalb der Vorsteherschaft als im Interesse der Sammlung unumgänglich erkannt, was in letzter Zeit im Schrift und Wort vertreten, bewiesen und erbeten war, das hat uns das verflossene Jahr gebracht. Die Organisation der Verwaltung ist durch Berufung eines Konservators in festere und geschlossenere Form gebracht worden und hat hierdurch diejenige Grundlage erhalten, welche zum weiteren Ausbau des Museums uns die allein richtige zu sein schien. Das letztere dankt der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Thätigkeit für das bereitwillige Entgegenkommen, das sie seinen Wünschen und An- trägen gegenüber gezeigt hat, und hofft, dass die zukünftige Entwicklung der Sammlung von der Richtigkeit seiner Forderungen den Beweis, für die Nützlichkeit derselben erfreuliche Belege erbringen wird. Es ist nun freilich richtig, dass die Fülle der Arbeit und die Art der Thätigkeit, die gegenwärtig und in Zukunft von der Leitung des Museums wird geleistet werden müssen, recht gut die ganze Kraft eines Mannes in Anspruch nehmen könnte. Da unter der Eigenart unserer Verhältnisse hierfür die Bedingungen nicht geschaffen werden können, so wird vielleicht der Umfang und das Tempo der Museumsarbeit in der ersten Zeit hinter manchen Erwartungen zurückbleiben. Wir bitten m diesem Falle, das mit den angedeuteten Verhältnissen entschuldigen zu wollen; von der Fülle der an uns gestellten Anforderungen und von der Art ihrer Erledigung werden die Jahresberichte ein erklärendes und, wie wir hoffen, befriedigendes Bild geben. Obwohl die erwähnte Änderung der Organisation an unserem Museum erst mit dem 1. Januar 1899 in Kraft tritt, hat die äussere und innere Verwaltung doch bereits im verflossenen Jahre diejenigen Wege eingeschlagen, welche es späterhin weiter zu verfolgen gedenkt. In zahl- reichen Änderungen der Aufstellung innerhalb der alten Schränke kamen strengere geographische und ethnographische Gesichtspunkte zum Aus- druck; neue Schränke und Schaupulte wurden an passender Stelle ein- gereiht; eine grosse Reihe von Gegenständen konnte an der Hand einer neu angeschafften Litteratur, auf Grund von Mitteilungen auswärtiger Ethnographen und nach Vergleichen mit dem Besitz fremder Museen richtig bestimmt werden. Bei den Erwerbungen wurde eine aktivere Politik betrieben und durch mehrere vorteilhafte Ankäufe belohnt; mit der wissenschaftlichen Bearbeitung und einer ausgiebigeren Verwertung des Materials wurde begonnen. Alles in Allem darf das Museum auf ein arbeitsvolles und erfolgreiches Jahr zurückblicken. Verwaltung: Die Vorsteherschaft hat im Jahre 1898 keine Veränderung erfahren; sie bestand wie im Vorjahre aus den Herren Rentier J. Veers, Maler Konrad Weidmann, Dr. R. Karutz, Prof. Aug. Sartori, Konsul Karl Behn, Direktor Dr. Schulze. Vorsitzender war Herr Weidmann. Das Budget schloss mit einem Fehlbetrage von W 51,15 ab, der auf das Jahr 1899 übernommen wird und bei dem zu bemerken ist, dass das Berichtsjahr bereits mit einem von 1397 überkommenen Deficit von /Jt 152,01 beginnen musste. Mehr als die Hälfte des von der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Thätigkeit bewilligten Beitrages wurde auf die Vermehrung der Sammlung verwendet; doch waren darunter Erwerbungen, die bereits im Jahresbericht für 1897 aufgeführt worden sind. Wesentlich mehr als früher wurde für die Bibliothek, ungefähr die gleichen Beträge wie sonst für Verwaltung und Aufstellung verausgabt. Die Zugänge des Jahres 1898 haben an Zahl nicht die Höhe des Vorjahres erreicht, umfassen jedoch zum Teil wertvolle und alte Stücke und haben manche grössere Lücke unserer Sammlung ausgefüllt. Es sind 145 Gegenstände in 127 Katalognummern, zu denen eine von Herrn Maschinist Spethmann gütigst, unter Vorbehalt des Eigentums, überwiesene Sammlung von 149 Gegenständen kommt, die besonders schöne Serien aus Deutsch-Neu-Guinea enthält. Der Art ihrer Erwerbung nach verteilen sich die Zugänge folgendermassen: 12 Geisichenke: Von Herrn Malermeister Spiralski-Lübeck: Modell eines Auslegerbootes von Ceylon. Von Herrn Maschinist Spethmann-Lübeck: drei chinesische Feuerwerks- körper, chinesische Dochte zur Lichtfabrikation, chinesische Räucher- stäbe (yos-sticks) und Opferpapier, ein Kamm aus Kanton, ein chinesischer Farbentopf, japanische Briefe, ein Kasten mit Gebäck aus Japan, ein Fruchtmesser aus Annam, eine Schamkalebasse aus Deutsch-Neu-Guinea (Angriffshafen) mit Brandmalerei. Von Herrn von Brocken-Haiti: eine Peitsche und ein Säbel von Haiti. Von Herrn Dr. Lüders-Oxford: eine Thonfigur (indischen Wasserträger darstellend) aus Lucknor, zwei indische lackierte Leuchter, zwei 8 irdene Schälchen und eine Lampe aus Bengalen, eine Steinfigur (Siva’s Stier), eine Bronzestatuette des Garuda aus Südindien, eine Brahmanenschnur und eine Schnur zum Tragen des Täli aus Madras, Bronzestatuetten der Annapüruä aus Benares und Südindien, des Bälakrishna und der Devi aus Südindien, des Gane’sa, des Vishnu, des Krishna aus Benares, des Hanumat, eine Steinstatuette des Gane’sa mit der Ratte aus Südindien, ein bronzener Löffel aus Bengalen, ein bronzenes Amulettkästchen mit Phallus aus Krystall aus Südindien, zwei indische gestickte Decken, ein bronzener Teller aus Benares, ein Küchenmesser, ein Cocosnussschraper und eine Schöpfkelle aus Bengalen, eine bronzene Glocke aus Benares, Kiesel- steine und Fossile (Repräsentanten Vasudeva’s, Siva’'s, Vishnu'’s, Brahman’s, der Sonne und des Mondes) aus Südindien, ein bron- zenes Schälchen, ein Korb aus Südindien, eine eiserne Pincette aus Bengalen, zwei kupferne Schälchen und ein Löffel aus den nord- westlichen Provinzen, bronzene Schälchen ebendaher, Bronzefiguren einer Schlange, eines Pferdes, eines Rhinoceros aus Jaipur, bronzene Reiterstatuette, wahrscheinlich des Bäli Räjä, bronzene Lampe und Parfumfläschehen aus Bengalen, zwei bronzene Vorhängeschlösser, eine Blechbüchse mit Ingwerpulver aus Indien, eine Holzvase und ein kupferner Korb aus Kaschmir, eim einsaitiges Musikinstrument aus Bambus, die Saite aus dem Mantel des Bambusinternodiums herausgelöst und durch Klötzchen gespannt gehalten, von Südindien, eine Anzahl Kauri-Muscheln von Südindien. Von Frau Emilie Borchert-Lübeck: ein Satz pommerscher Wursthörner. Von Herrn Oberleutnant Schelle: ein chinesisches Schriftstück, enthaltend die Proklamation der Übernahme Kiautschou’s durch den Gouverneur Rosendahl im März 1898. Von Frl. Luise Burjan-Lübeck: zwei finnische Badeschwämme. I. Ankäufe. A. Europa: ein Satz Wursthörner von Rügen, ein baskischer Weinschlauch, als Pulverhorn umgearbeitet, ein türkischer Säbel (Kandjar). B. Asien: zwei Holzschnitzereien (Elephanten) aus Ceylon, ein chinesisches Luntenschlossgewehr mit schöner Einlegearbeit, ein japanischer Säbel mit Beistecker, eine japanische Theaterlanze mit gebogener Holzklinge, zwei Lanzen und ein Hackmesser mit Scheide aus Celebes, ein Sum- pitan (Blasrohr) der Dajaken (Borneo), ein hinterindisches Musik- mit Resonanzboden aus Fruchtschale und instrument, violineartig, ul, | Griff aus Bambus, ein tscherkessischer Säbel, ein Säbel und ein Dolchmesser aus Persien. C. Afrika: ein geschnitzter Holzstuhl aus Kamerun, ein prachtvoll tau- schiertes Beduinengewehr, ein Wurfspeer und ein Schurz unbekannter Herkunft, ersterer wahrscheinlich aus Uganda, zwei Beile aus Togo, mit ornamentierten vogelkopfartigen Klingen, ein Dolch der Man- dingos, ein Musikinstrument, eine Metallrassel und ein halbmond- förmiger Brustschmuck aus Horn, von den Fulbe, ein Lederschild (klein, kreisrund), ein Kopfischemel, ein Wurfspeer und ein Bogen mit drei Pfeilen von den Inhambany-Kaffern, eine Holzmaske von Lagos, mit dem typischen kammartigen Scheitel, der hier noch über- ragt wird von einem Aufsatz aus zwei sich kreuzenden bemalten Holzringen, die wohl in der so gebildeten Achtertour eine Nach- ahmung des Turbans sein sollen, zwei Hüte aus Adamaua, von Stroh geflochten und mit Leder besetzt, ein Bogen, ein Köcher mit Pfeilen, ein Holzmörser mit Stössel, zwei Antilopenhörner mit Trage- band und eine Peitsche aus Rochenschwanz von Togo. D. Amerika: eine Rassel aus Venezuela, ein Modell einer Jangada aus Brasilien. E. Australien und Oceanien: eine Keule mit Steinkugel (Palao) aus Neu-Pommern, ein Bogen und sechs Pfeile, bemalt und geschnitzt, von der Nordküste von Kaiser WilhelmsLand, ein Schild (Holz mit Rotangumwindungen) von French Island. Bibliothek: Von der Überzeugung ausgehend, dass unser Museum der littera- rischen Hülfsmittel nicht länger entbehren könne, dass wir vielmehr zum Bestimmen der Eingänge, Nachprüfen des alten Bestandes, zur Bearbeitung und Verwertung unseres Materiales umfangreicherer und neuerer Litteratur bedürfen, haben wir ausser dem fortlaufenden Abonnement auf das Inter- nationale Archiv für Ethnographie noch folgende Werke angeschafft: Centralblatt für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte. Bd. 1—3. H. Schurtz »Katechismus der Völkerkunde.« Parkinson »Im Bismarck-Archipel.« Finsch »Ethnologischer Atlas zu »Samoafahrten«.« Kubary »Ethnographische Beiträge zur Kenntnis des Karolinen- archipels.« 3 Bde. de Olereg en Schmeltz »Ethnographische beschrijving v. de W. en Noord- kust v. Nederl. Nw. Guinea.« Bastian » Völkergedanke « [02 Finsch »Bekleidung, Schmuck und Tätowirung der Papuas.« Planten en Wertheim »Verslagen etc. op de Keyeilanden« mit Atlas. v. Luschan »Das Wurfholz in Neu-Holland.« Egerton »Indian and Oriental Armour.« Jung »Der Weltteil Australien.« Gerland »Atlas der Ethnographie. « »Mitteilungen aus der ethnographischen Sammlung der Universität Basel« Heft 1 u. 2. Verwertung der Sammlung: a. Publikationen. Die im Jahre 1897 von Herrn Dr. Karutz in den baskischen Provinzen erworbene Sammlung lieferte ihm das Mate- rial zu einer grösseren, im Globus, Bd. LXXIV, Heft 21 und 22 erschienenen Arbeit »Zur Ethnographie der Basken.« b. Vorträge. An den Sonntags-Vorträgen, die versuchsweise im Berichts- jahre eingeführt wurden, und zu denen wenigstens im Anfange eine stattliche Zahl von Zuhörern sich im Vortragssaale einfand, beteiligte sich das Museum mit dem am 4. Dezember von Heırn Dr. Karutz gehaltenen Vortrage über »die Anfänge der Schiffahrt.« Der reiche Besitz der Sammlung an instruktiven Modellen diente zur willkom- menen Veranschaulichung des Vorgetragenen. c. Anderweitige Benutzung. Herr Kustos Heger vom Museum in Wien erhielt für eine Publikation die Photographien unserer vier wertvollen Trobriand-Schildee Die Eingänge sind stets im Schaukasten für Neuerwerbungen ausgelegt und durch zahlreiche Mitteilungen im den Lübeckischen Blättern angezeigt gewesen, wobei meist eine kurze Erklärung beigefügt wurde. Bericht des Museums für Völkerkunde über das Jahr 1899. Der letzte Jahresbericht hat schon darauf hingewiesen, dass mit dem 1. Januar 1899 sich auch im Museum für Völkerkunde diejenige Umgestaltung der Organisation vollziehen würde, welche vor längerer oder kürzerer Zeit fast alle anderen der vereinigten Lübecker Sammlungen erfahren haben, der Übergang der eigentlichen Verwaltung aus den Händen der Vorsteherschaft in die eines Konservators. Das ist nun geschehen. Die Vorsteherschaft hat den ihr seit drei Jahren als Mitglied angehörenden Herın Dr. Karutz in dieses Amt berufen und verspricht sich von der neuen Einrichtung im Sinne rascher und richtiger Entwickelung bleiben- den Nutzen für das Museum. Der vorliegende Jahresbericht ist der erste, den wir als Beleg für die Richtigkeit unserer Auffassung darzubieten haben, und wir freuen uns, durch ihn und in ihm feststellen zu können, dass unsere Erwartungen durchaus erfüllt sind. Das verflossene Jahr war für die Vergrösserung unserer Sammlung ebenso reich, wie für den inneren Umbau wichtig und für die sichtbare Verwertung bemerkenswert, daneben sind planvolle, umfangreiche und vielarmige Beziehungen angeknüpft, Samenkörnern gleich, die vorläufig zwar noch unter der Oberfläche verborgen liegen, später aber, wie wir zuversichtlich hoffen dürfen, aufgehen und zum fruchttragenden Baume emporwachsen werden. Können wir daher mit Befriedigung auf das vergangene Jahr zurückblicken und allen Freunden - unseres Museums den Bericht über das Jahr mit Genugthuung unter- breiten, so können wir es mit um so grösserer Sicherheit thun, als uns alle Anzeichen für eine Fortdauer unserer Erfolge vorhanden zu sein scheinen. Die Thätigkeit des Konservators fand bei Beginn dieses Jahres als nächstliegende Aufgabe die Weiterführung der mit der notwendigen Neu- ordnung des Museums verknüpften Arbeiten vor. Zum Abschluss konnten diese freilich nicht gebracht werden; in der Abteilung Oceanien mussten die »Carolinen« und die »Fidschi-Inseln,« im asiatischen Saale »der malayische Archipel« unberücksichtigt bleiben. Beendet wurde dagegen die Neuaufstellung der melanesischen Sammlung, gänzlich umgestaltet die Abteilungen Ostafrika, Südafrika, Madagaskar, China und Japan, erheblich verbessert die Schaustellung der indischen Gegenstände. Die erste und die letzte dieser genannten Abteilungen des Museums waren zugleich diejenigen, denen die meisten Erwerbungen des Jahres zufielen, die Arbeit in ihnen war also eine zweifache, und das Resultat der Neuordnung ein doppelt erfreuliches. Bei »China« und »Japan« hatten wir wieder mit der recht unprak- tischen Anlage unseres ursprünglichen Schrank-Materiales zu kämpfen. Fast alle Schränke unseres Museums sind nämlich um die Hälfte zu flach, sodass sie Objekte von einiger Grösse überhaupt nicht oder nur auf Kosten der Übersichtlichkeit aufnehmen können. Eine Entschuldigung für diese Anlage kann nur in einigen wenigen Fällen im Raummangel gefunden werden, weitaus die meisten Schränke hätten einen grösseren Umfang vertragen, ohne dass sie die Circulation des Publikums, die zukünftige Vergrösserung der Sammlung, den Zutritt des Lichtes, oder was sonst immer Berücksichtigung verdient, beeinträchtigten. In der chinesischen und japanischen Abteilung haben wir deshalb kurzer Hand den Versuch gemacht, den Schränken durch Anbau die doppelte Tiefe zu geben, und gewannen hierdurch nicht nur an Platz, sodass wir zwei Schränke zu anderweitiger Benutzung freibekamen, sondern erzielten auch eine Übersichtlichkeit der Aufstellung, die früher nicht zu erreichen war. In einem anderen Falle haben wir uns auf die Weise geholfen, dass wir zwei kleine, für eine genügende Schaustellung fast unbrauchbare Schränke zu einem einzigen vereinigten und ihm durch Ersatz der Holzwände durch Glasscheiben das für uns so nötige Licht zuführten. In der Abteilung »Ostafrika« ist endlich die von dem verstorbenen Herın Oskar Borchert überwiesene, später angekaufte Sammlung kata- logisiert und mit den Nummern unseres allgemeinen Kataloges bezettelt worden. Gleichzeitig mit dieser zeitraubenden Arbeit sind die bisher getrennt lagernden Bestände der Borchert'schen, Bohndorffschen und Dr. Berg’schen Sammlung gemeinsam einer vom ethnographischen Gesichts- punkte ausgehenden Neuordnung unterworfen, die dem Fachmanne durch ihre Geschlossenheit, dem Laien durch grosse Schilder mit geographisch zusammenfassender Aufschrift eine rasche Orientierung ermöglicht. Abgesehen von dieser vielseitigen revisionistischen Thätigkeit wurde die Museumsleitung durch die Arbeit des Katalogisierens, Einreihens und Aufstellens der in diesem Jahre besonders zahlreichen Eingänge in An- spruch genommen. Im ersten Quartal kam ausserdem die Herausgabe einer neuen Auflage unseres Museumsführers hinzu, deren Redaktion dank den einschneidenden Veränderungen innerhalb der Sammlung fast einer vollständigen Neubearbeitung gleichkommt. War das Jahr 1899 auf dem Gebiete innerer Verwaltung, wie man sieht, reich an Arbeit, so war es zugleich auch für diejenigen Bestrebungen erfolgreich und fruchtbringend, welche die Beziehungen des Museums einerseits zur fachmännischen Welt, anderseits zum Publikum pflegen und dementsprechend auf eine teils wissenschaftliche, teils pädagogische. Ver- wertung des Materials hinwirken. Diese Verwertung des Museums für Völkerkunde umfasst in der Hauptsache Publikationen in wissenschaftlichen Zeitschriften und Vorträge. Dass einzelne Gegenstände leihweise der Gewerbeschule überlassen wurden, dass wir den »Lübeckischen Blättern« und den Tages- zeitungen eine Reihe von Artikeln lieferten, die auf jeweilige Neuerwer- bungen aufmerksam machten, sei nur nebenbei erwähnt. Die Publikationen sind teils solche, die sich ausschliesslich mit Stücken unserer Sammlung beschäftigen, teils solche, in denen der Bestand unseres Museums zur Besprechung allgemeinerer ethnographischer Fragen herangezogen werden konnte. Die nötigen Zeichnungen hat auch in diesem Jahre Herr Lehrer Zetzsche ausgeführt, dessen sorgfältige und verständnisvolle Arbeit und dessen stets bereites Entgegenkommen uns zu grossem Danke verpflichtet. Die Veröffentlichungen selbst sind folgende: Dr. Karutz: »Drei Knochengeräte von den Anachoreten.« Internat. Archiv f. Ethnographie, Bd. XI. Derselbe: »Mitteilungen aus dem Museum für Völkerkunde zu Lübeck,« ebenda. Derselbe: »Zur Verbreitung der gezahnten Sichel.« Globus, Bd. 76, Heft 10. Derselbe: »Ursprung und Formen der Wiege« Globus, Bd. 75, Heft 15. 5 Derselbe: »Der Stand der Bogen- und Pfeilforschung.« Globus, Bd. 76, Heft 24. Die Vorträge. Die 1898 eingeführten Sonntags-Vorträge im Vortragssaale des Museums wurden mit kurzer Sommer-Unterbrechung im vergangenen Jahre fortgesetzt, ohne dass wir freilich eine merkliche Zunahme des Interesses von seiten des Publikums wahrnehmen konnten. Ob der Grund dieser Erscheinung allein in der Wahl der Vortragsstunde zu suchen ist, lassen wir dahingestellt. Jedenfalls erscheint es uns not- wendig, einmal zwar in unseren Bestrebungen fortzufahren, zweitens aber innerhalb dieser Bestrebungen sorgfältig und unverdrossen die verschie- densten Wege zu sondieren, auf denen wir zu unserem Ziele gelangen können. Die eingehendste Untersuchung der Fragen, die hier in Betracht kommen, dünkt uns durchaus unumgänglich, wenn nicht die relative Unfruchtbarkeit der bisher aufgewendeten Mühen die Freude an dieser Art der Museumsthätigkeit dauernd lähmen sollen. Von unserer Seite wurden im vergangenen Jahre vier Beiträge zum Vortragscyklus geliefert. Herr Dr. Karutz sprach über 1) »Verkehrs- und Transportmittel der Naturvölker,« 2) »Wie entstand der Ohrring;< 3) »Die Maty-Insel,« 4) »Mit dem Pfeil und Bogen.« Im Sommer sprach Herr Dr. Karutz ausserdem an einem Herren- abende der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Thätigkeit über die »Völkerkunde unserer Südseebesitzungen.« 120 Vorsteherschaft und Verwaltung. Die Vorsteherschaft des Museums für Völkerkunde bestand im Jahre 1899, nachdem Herr Veers im regelmässigen Turnus ausgeschieden und Herr Dr. Karutz zum Konservator gewählt war, aus den Herren ©. Weid- mann, Konsul Karl Behn, Prof. August Sartori, Direktor Dr. Schulze. Vorsitzender war Herr Konsul Behn. Die rührige und erfolgreiche Thätigkeit, welche Herr Veers während seiner sechsjährigen Zugehörigkeit zur Vorsteherschaft des Museums ent- wickelt hat, verdient auch an dieser Stelle rühmend und dankbar hervor- gehoben zu werden. Das Budget des verflossenen Jahres, das vom Jahre 1893 einen Fehlbetrag von X 51,15 übernahm, schliesst mit dem sehr erheblichen Deficit von A 581,64 ab. Die Ursachen hiervon haben wir bereits in der Begründung unseres Nachbewilligungsgesuches ausführlich besprochen. Der bescheidene Umfang unseres Budgets machte es uns unmöglich, bei einigem Aufwand für Ankäufe, mit den etatmässigen Mitteln alle die Ausgaben zu bestreiten, die ein ungewöhnliches Wachstum der Sammlung, ihre erweiterte Ausnutzung und ihre notwendige Neuordnung erforderten. Die Mehrausgaben betrafen daher in der Hauptsache die Kosten der Verwaltung und den für Ersatz, Umbau, Erweiterung des Schrank- Materiales angesetzten Posten. Vermehrung der Sammlung. Die Zugänge des Museums für Völkerkunde waren im Berichtsjahre aussergewöhnlich zahlreich; im Ganzen konnten wir unserm Bestande 624 Gegenstände zuführen. Nach der Art der Erwerbung verteilen sich diese so, dass 311 Stücke angekauft, 13 Stücke uns aus dem Dubletten- bestande des Kgl. Museums für Völkerkunde in Berlin zugewendet, 500 Stücke geschenkt werden sind. Da aus praktischen Gründen die Aufzählung aller Eingänge (unabhängig von der Art der Erwerbung), nach Weltteilen geordnet, weiter unten erfolgt, so seien hier die Namen aller Geschenkgeber zusammenfassend genannt. Es sind Herr Pastor Becker, Herr Konsul Karl Behn, Herr Bornhöfft-Lübeck, Herr W. Brehmer und Herr Brockmann-Bangkok, Herr Kapitän Christiansen-Flensburg, Frau Anna Elfeld-Caracas, Herr Lehrer A. Grage-Lübeck, Herr Dr. Karutz-Lübeck, Herr Oberleutnant z. S. Kühne-Kiel, Herr Dr. med. Linde-Lübeck, Herr Johs. Lüders-Triest, Herr Rechtsanwalt van Ossenbruggen-Makassar, Frau Konsul Pasedag-Lübeck, Frl. Lina Stahr, Herr Stapelfeldt, Frl. Voss-Lübeck, “Herr Justin Zintgrafi-Detmold. 121 Herrn Dr. K. Hagen vom Hamburger Museum für Völkerkunde sind wir ausserdem für die gütige Vermittlung beim Ankauf einer Sammlung australischer Ethnographica zu Dank verpflichtet. Neben den Erwerbungen unseres Museums darf der Jahresbericht auch dieses Mal wieder Überweisungen erwähnen, die unter Vorbehalt des Eigentumsrechtes von Herrn Oberleutnant z. S. Kühne eingegangen sind, 271 Gegenstände, von denen ein grösserer Teil allerdings wieder zurückgegeben wurde. Die Erwerbungen. I. Europa. Geschenke: Von Herrn Grage: Ein Satz Lübeckischer Wursthörner. Von Herrn Dr. Karutz: Eine gezähnte Sichel aus Einbeck (Han- nover), vergl. Globus LXXVI, Heft 10. Ankäufe: drei Pfeifenköpfe, ein Kaffeesieder von Messing aus Konstanti- nopel, vier Pfeifenköpfe (Thon) aus Ungarn, ein Taschenmesser aus Kroatien, ein Rosenkranz aus der Schweiz, ein Strohhut aus Tirol, eine russische Knute aus dem Kaukasus, eine »Tschudra,« bunt- bemalte Holzflasche, aus Rumänien. } I. Asien. Persien: Ankäufe: ein Pulverhorn aus Kamelhaut, ein Paar Stroh-Schuhe. Arabien: Ankäufe: eine Turbanschnur. Überwiesen wurde ausserdem eine beim Bau des Elbe-Trave-Kanals ge- fundene Münze. Ceylon: Geschenk: Von Herrn W. Brehmer-Bangkok: das Modell eines Ausleger- bootes. Ankäufe: ein Kammbügel, zwei Armbänder und zwei Haarpfeile aus Bronze, ein eiserner Schreiberiffel und ein beschriebenes Palmblatt, zwei aus Ebenholz geschnitzte Figuren eines Königs und eines Kuli, ein Satz geflochtener Körbe, zwei Modelle eines Ochsenkarrens und einer Jinrikscha, acht singhalesische Teufelstänzermasken; von ihnen sind sieben Einzelmasken, während die achte den von Grünwedel im Internat. Archiv für Ethnographie, Bd. VI abgebildeten und be- sprochenen grossen Schnitzwerken entspricht, welche den Raja-Mulu- Sanni-Teufel mit seinen 13 Untersannis darstellen. In der Hauptfigur sind nur einige unwesentliche Abweichungen, in den einzelnen Masken- bildern der Flügel dagegen sehr viele Verschiedenheiten zwischen un- serem und den an genannter Stelle publicierten Stücken vorhanden. 1200 Vorder-Indien: Geschenke: Von Herrn Dr. med. Linde-Lübeck: ein kleiner Heiligenschrein, eine 53 cm hohe, aus braunem Holz geschnitzte Statuette Vischnu’s, eine 30 cm hohe analoge Statuette Lakschmi's, eine Brozestatuette der vierarmigen Lakschmi. Ankäufe: Fünf Handmalereien auf Marienglas, mit Darstellungen von Volkstypen und von mythologischen Gestalten, achtzehn Thon- modelle, in einzelnen Figuren und in Gruppen indisches Volksleben darstellend, dreissig Armbänder aus Glas, Lack, Muschel, Bronze, fünf Zehenringe aus Silber, vier Fussgelenkschmucke aus Silber, Blei, Bronze, zehn Stücke Kopfschmuck aus Messing, Perlen, Gold, zehn Kupfermünzen, Kaurimuschelgeld, eine Gebetskette der Sivaiten aus Fruchtkernen, zwei Körbe, ein Gebetsack, ein eisernes Messer zur Opiumgewinnung, zwei Kämme aus Silber, ein gestrickter Beutel, ein Steinbeil, eine wilde und eine veredelte Baumwollfrucht, ein Stück Zuckerrohr, zwei Wasserpfeifen, ein kupferner Blasebalg, eine »Lota,« bronzene Bettlerschale, zwei Hausgötzen und zwei Puppen aus Madura, eine aus Baummark geschnitzte Pagode, ein Bier- schoppen (Bambus) mit Saugrohr aus Sikkim, eine Erdhacke, ein Handbesen, ein Paar Schuhe, zwei Wasserpfeifen, fünf Kupfer- münzen aus Nepal. Tibet: Geschenke: Von Herrn Johs. Lüders- Triest: Zwei Gebetsmühlen aus Kupfer- bezw. Messingblech. Ankäufe: ein Bergschuh aus Tierhaut mit Tuchschaft, drei Stücke Käse aus Yak-Milch, als Bergproviant verwendet, ein knöcherner Finger- ring (zum Nähen), eine Gebetsmühle aus Messingblech, ein aus Holz geschnitzter, ornamentierter Dolch zum Vertreiben böser Geister, eine Maske der Geistertänzer aus Pappe und buntem Tuch, eine Gebetsflagge, zwei Tempelhörner, Trompeten aus menschlichen Knochen, eine Schädeltrommel aus zwei mit der Konvexität an einander befestigten Schädeldächern, die auf der Schnittfläche mit Haut überspannt sind, eine kupferne Reliquienkapsel mit bronzenem Buddhabild. Hinter-Indien: Geschenk: eine Tuchprobe aus Siam von Herrn Brockmann-Bangkok. Malayischer Archipel: Geschenke: Von Herrn Rechtsanwalt van Ossenbruggen-Makassar: eine gezähnte Sichel aus Atjeh. Vergl. Globus Bd. XLXXVT, Heft 10. Von Herrn Brockmann-Bangkok: Zwei javanische Krisse. 123 Von Herrn Missionar Renken, Mandomai, Borneo: ein Balai Panti, Votivhäuschen der Dajaken. Eine nähere Beschreibung an anderer Stelle mir vorbehaltend, erwähne ich hier nur, dass auch Herr Renken Panti und nicht Punti schreibt, wie Herr Dr. Schmeltz für richtig hält (Internat. Arch. f. Ethn. XI, S. 248). Ankauf: ein Brustpanzer aus Messingketten und Büffelhornplatten von den Sulu-Inseln. China: Geschenke: Von Herrn Bornhöfft-Lübeck: ein sehr schönes grosses Modell einer Dschunke. Von Frau Konsul Pasedag-Lübeck: ein kunstvoll graviertes antikes Speisegefäss aus Zinn, drei Stücke fossilen Elfenbeins, drei von Berg- krystall und zwei von Goldquarz, em Angelhaken mit Schnur. Von Herrn Kapitän Christiansen-Flensburg: ein Original-Sarg. Ankäufe: eine Bronze (Jomas), ein Musikinstrument »Ohe,« ein kastenartiger Resonanzboden mit darüber zitterartig gespannten Metallsaiten. Japan: Geschenk: Von Frau Konsul Pasedag-Lübeck: ein Kästchen aus Rohr mit aufgeklebter Zeugfigur. Sibirien: Ankäufe: eine Tabakspfeife und eine Schachtel aus Baumrinde. II. Afrika. Geschenke: Von Herrn Dr. med. Linde-Lübeck: eine altägyptische Toten- urne, bei Theben gefunden, ursprünglich mit Hafer gefüllt; nach- träglich ist sie mit einer Inschrift — erste Strophe des altägyptischen Totenbuches — versehen. Ferner vier Topfscherben mit griechi- scher und koptischer Inschrift. Von Herrn Justin Zintgraff- Detmold, Vater des verstorbenen Afrikaforschers Dr. Zintgraff, sind uns auf Empfehlung des Herrn Prof. v. Luschan vom Kgl. Museum für Völkerkunde in Berlin folgende Gegenstände geschenkt worden: zwei geflochtene Taschen, eine Rochenschwanz-Peitsche und drei Matten aus Kamerun; eine Mütze, ein Pfeifenkopf, drei Töpfe, zwei Täschchen, eine Halskette (Messing), ein Armring, ein Amulett (Antilopenhorn), ein Löffel, fünf Messer und ein Schwert nebst Scheiden, sechs Speere der Bali. Überwiesen wurde uns vom Kol. Museum für Völkerkunde in Berlin folgende Sammlung: ein Paar Velschoen und ein Knöchelband aus Deutsch-Süd-West- Afrika, eine Trommel und zwei Fussrasseln aus Ngolo, eine Paddel aus Fiko am Abo, ein Messer (mit Scheide) eines 124 Ewe-Jägers, ein Lederarmring aus Löso (Togo), eine Kuhglocke der Wabena, ein Schwert der Massai, Riemen aus Kuhhaut von den Konde, Stat. Langenburg, ein Perlenarmband und ein Perlenhalsband von den Makua (Ostafrika). Ankäufe: fünfzehn Nachbildungen der durch Dr. Stuhlmann von ostafrika- nischen Negern gefertigten Gesichtsabgüssen (durch Vermittlung des Kgl. Museums für Völkerkunde in Berlin), ein Holzmörser mit Stössel aus Nubien, ein Blasebalg der Schmiede, ein »Kale,« Lochspiel, ein Thonkrug und ein Musikinstrument aus 15 aneinander gelegten Rohr- stäben, aus denen die Saiten herausgeschnitten sind, von Gabun, ein Thonkrug aus Bidda, ein Thonkrug aus Dahomey, drei geschnitzte Paddeln aus Benin, gleich denen, welche im letzten Jahresbericht des Leidener Museums auf Tafel IX, Fig. 23 und 23a abgebildet sind, ein Thonkrug vom Congo, zwei geschnitzte doppelte Nacken- stützen, zwei T'hon-Schalen und eine Streitaxt der Matabele, eine Streitaxt der Bamangwato. IV. Amerika. Geschenke: Von Frl. Voss-Lübeck: neun aus Holz geschnitzte Zahnstocher und ein in Fischform gepresstes Guaranä, als Heilmittel gegen Durch- fall gebrauchtes Extrakt von Paulinia sorbilis, aus Amazonas. Von Herrn Stapelfeldt-Lübeck: eine Vase aus der Frucht von Bertholetia excelsa (Paranuss) aus Brasilien. Von Herrn Konsul Karl Behn-Lübeck: ein Stroh - Regen- mantel aus Mexiko. Von Frl. Stahr-Lübeck: zwei Puppen aus Labrador (in Missions- anstalt gefertigt). Ankäufe: eine doppelte Rohrflöte von den Chamacrios-Indianern in Bolivia, eine Sammlung von 72 altperuanischen Grabfunden, zu deren näherer Beschreibung auf die Arbeit des Herrn Dr. Karutz in der Festschrift des Lübecker Museums hingewiesen wird, die aus An- lass des 100 jährigen Bestehens unserer Sammlungen im Januar 1900 erschienen ist. V.. Australien. Ankäufe: ein Bumerang aus Süd-West-Australien, mit eingeschnittenen Rautenornamenten; zwei Bumerangs, zwei »Yarra,« Schilde, in Zick- zackfeldern rot bemalt, ein Wurfbrett, gleich dem in von Luschan’s Arbeit »Das Wurfholz in Neu-Holland und in Oceanien,« Sonder- abdruck der Bastian-Festschrift, Taf. X, Fig. 10 abgebildeten, eine 125 Keule »nulla-nulla,« zwei Jagdspeerspitzen, ein Fischnetz, zwei Halsbänder aus Menschenhaar, ein Halsband aus Korallen, ein Halsband aus Rohrstengeln, ein Gürtel von Menschenhaaren, zwei Tanzschmucke, Büschel von Emu-Federn, ein »Cooger,« »Doktor- instrument,« ein 34 cm langes, rundes, an einem Ende zugespitztes Holzstäbchen mit eingebrannter Verzierung (?) in Form einer rings herumlaufenden Spirale, aus Nord-West-Australien. VI Oceanien. Kaiser Wilhelms-Land: Geschenke: Von Herrn Oberleutnant z. S. Kühne: zwei geschnitzte Kanu- schnabel (vergl. Finsch, Annalen des Wiener Hofmuseums 1885, Taf. XXI], Fig. 4), fünf Brustschmucke (vergl. Finsch 1. c. Taf. XVI, Fig. 2 und Taf. XVII, Fig. 2), sechs Armbänder aus Geflecht, Nassa- muscheln und Abrusbohnen, eine do. Stirnbinde, eine Stirnbinde aus Geflecht und Hundezähnen, zwei Halsbänder aus Geflecht und Nassa- muscheln, zwei Beinschmucke (?) aus Geflecht und Hundezähnen (In dem Katalog der Biröschen Sammlung (Budapest 1899) werden ähnliche oder gleiche Stücke als Haarzierreifen beschrieben. Das als besonders schön dort hervorgehobene Flechtwerk ist auch an unseren Stücken ausgezeichnet kunstvoll und sorgfältig], eine Stirn- binde aus Geflecht und Coix-Samen, ein Haarkörbchen aus Rohr, mit Nassa und Cuscustell besetzt (Finsch, Ethnolog. Atlas Taf. XVILL, Fig. 1), drei Muschelarmringe aus Tridacna, ein Muschelarmring aus Trochus, am Rande graviert (vergl. Finsch, Annalen Taf. XVII, Fig. 5 und 6), ein Halsschmuck aus zwei Eberhauern von der Insel Ragetta (vergl. Finsch, Atlas, Taf. XXI, Fig. 1), eine geschnitzte Kalabasse von der Tami-Insel, zwei Gras-Schurze, ein Halsschmuck aus Faserschnur und Conusringen, ein Halsschmuck aus Coixsamen und Nassa, ein Halsschmuck aus Coixsamen, ein Ohrschmuck aus zwei Schildpattringen, die durch eine 54 cm lange, kunstvoll aus Gras geflochtene Kette verbunden sind, drei Haarkämme bekannter Form, zwei Rindengürtel, eine Schamkalabasse (Finsch, Annalen 1888, Taf. XVII), ein bemalter Festschurz, ein Festschurz, mit Nassamuscheln besetzt, eine gestrickte Beteltasche, mit Muscheln, Zähnen, europäischen Perlen besetzt, ausserdem hängt an ihr ein 13 cm langer Talisman, aus Holz geschnitztes menschliches Gesicht (Ahnenbild) (vergl. Katalog der Birö-Sammlung S. 55 u. Taf. XII), eine gestrickte Tasche, mit Coixsamen besetzt, ein ornamentiertes Bambusrohr mit vier spitzen, 11—12 cm langen, dünnen Knochen- 126 stäbchen, die wohl teils als Ahlen, teils als Essgeräte verwendet wurden. Dass sie als letztere gebraucht wurden, hat Herr Leutnant Kühne selbst beobachtet. Im Innern des Rohres ein Futter aus Pflanzenfaser, in welchem die Spitzen der Stäbe stecken; eine Kopfbank (Finsch, Annalen 1888, Taf. XVII), ein Kürbisgefäss für Betelkalk, ein Bambusgefäss zu demselben Zweck, vier geschnitzte und bemalte Paddeln, ein geschnitztes Tanzbeil, ein Sagoklopfer, sechs Steinbeile, eine Trommel, ein Knochendolch, eine geschnitzte Schüssel von der Tami-Insel, vier Bogen, 37 Pfeile, 14 Kinderpfeile, ein Fischspeer, ein Tanzspeer mit Knochenspitze und Schmuck aus Cusceusfell mit Nassamuscheln, ein 148 cm langer, 30 cm breiter, geschnitzter und bemalter Holzschild, ein Talisman, Ahnenfigur oder Gerät (?), eine 27 cm hohe, mit gespreizten Beinen stehende männ- liche Figur auf 29 cm hohem, stösselartigem Sockel; letzterer ent- spricht ziemlich dem in Fig. 1, Taf. X der Biröschen Sammlung abgebildeten und als »Holzinstrument« unbekannten Gebrauches beschriebenen Stücke. Von Herın Brockmann-Bangkok: zwölf Armbänder, ein Brust- schmuck aus Cymbium (Finsch, Atlas, Taf. XXIII), zwei bemalte Rindenschurze, vier Haarkämme, vier Festschurze, vier Brust- schmucke aus Fell, fünf Ohrschmucke, Ballen aus Cuscusfell, ein Gürtel aus gefärbten Pflanzenfasern, zwei Schamkalabassen, 10 ge- strickte Taschen, ein Brustschmuck aus Eberhauern, ein Stirnband, ein Halsschmuck aus Ovula ovum, ein Halsschmuck aus Hunde- zähnen, fünf Knochengeräte (Brecher und Schaber), z. T. graviert, zwei Sagoklopfer, zwei Steinäxte. vier Essstäbe, Bügel aus gebogenen Palmblattrippen (s. Int. Arch. f. Ethnogr. Bd. IX, S. 203), ein Holz- schlägel, als Messer bezeichnet, vielleicht Tapaklopfer, zwei Kopfbänke des von Luschan’schen monoxylen Typus, zwei Holzschnitzereien, als Tanzschmucke bezeichnet, jedenfalls Ahnenbilder. »Eine genauere Veröffentlichung der wichtigen Stücke dieser beiden Sammlungen behalte ich mir übrigens für später vor. Die Beschreibung fällt hier aus diesem Grunde so ober- flächlich aus.« Dr. Karutz. Ankäufe: eine Trommel, angeblich von der »Tiger-Insel,« mit stilisiertem, in vertieften Streifen erhaben geschnitztem Eidechsenornament. Matty-Insel: Geschenke: Von Herrn Oberleutnant z. S. Kühne: drei Schlagwaffen aus Holz und Schildkrot, zwei Paddeln, fünf Speere, ein Tanzspeer, zwei 127 Tanzkeulen, ein Holzschwert, eine Holzkeule, eine Tridacna-Axtklinge, eine Schildkrot-Axt, ein Hut. »Hinsichtlich näherer Beschreibung verweise ich auf die im Internat. Archiv f. Ethnographie, Bd. XII, erscheinende Arbeit »Zur Ethnographie der Matty-Insel«.« Dr. Karutz. Bismarck-Archipel: Geschenke: Von Herrn Oberleutnant z. S. Kühne: zwei Steinkeulen und eine Pflanzenfaser-Schnur aus Neu-Pommern, ein Speer, 340 cm lang (Partington, Album, III, Taf. 37, *& 1) und ein Kap-Kap, Muschel. schmuck mit durchbrochener Schildpattscheibe, aus Neu-Mecklenburg. Ankäufe: eine Schädelmaske, eine ruderförmige Holzkeule und eine Pan- flöte aus Neu-Pommern, ein Federschmuck und eine Blasekugel aus Neu-Mecklenburs. Salomons-Inseln: Geschenk: Von Herrn Oberleutnant z. S. Kühne: zwei Buka-Speere. Ankauf: ein Ruder von Malayta (Schmeltz, Katal. d. Godeffroy Mus. Taf. XXI, 7). Samoa-Inseln: Ankäufe: ein Kava-Becher, sechs Keulen. Neu-Hebriden: Ankauf: ein Ceremonialspeer von Esperitu Santo. Tonga -Inseln: Ankauf: ein Schurz. Tahiti: Ankauf: ein Kopfschmuck. Neu-Seeland: Ankauf: eine Watwawa (Holzaxt). Photographien etc. Herr Oberleutnant z. S. Kühne schenkte neun Photographien von Ein- geborenen des Kaiser Wilhelm-Landes, Herr Lehrer A. Grage eine grössere Reihe Abbildungen ethnographischen Inhalts. Bibliothek. Auf die litterarischen Hülfsmittel zur Verwaltung und Vermehrung unserer Sammlung wurde auch im Berichtsjahre die gleiche Sorgfalt ver- wendet, wie im vergangenen. Es sind angeschafft a. im Abonnement Internationales Archiv für Ethnographie, Centralblatt für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte, Globus, 128 b. Andree »Ethnographische Parallelen,« erster Teil, Haberlandt » Völkerkunde ‚« Parkinson »Zur Ethnographie der Salomoinseln,« Kollmann »Der Nordwesten unserer ostafrikanischen Kolonie,« Werther »Die mittleren Hochländer des nördlichen Ostafrika,« Grosse »Die Anfänge der Kunst,« Stolpe »Entwickelungserscheinungen der Ornamentik,« Balfour »The natural history of the Musical bow,« Partington »Ethnographical Album of the Pacifie« I--IM. Ausserdem sind an Geschenken eingegangen: Bericht des Museums für Völkerkunde zu Hamburg für das Jahr 1897, Rijks Ethnographisch Museum te Leiden, Verslag van den Direkteur over het tijdvak von 1. Jan. 1897 tot 30. Sept. 1898, Katalog der Ludwig Birö'schen Sammlung aus Berlinhafen, Buda- pest 1399. Das Museum für Völkerkunde dankt am Schlusse dieses Berichtes noch einmal allen Denen, die durch ihre Schenkungen seinen Bestand vergrössert und seine Bestrebungen unterstützt haben. Es hofft, dass die Überzeugung, diese Schenkungen nicht nutzlos hinter Schloss und Riegel aufgespeichert, sondern zu lebendiger Arbeit sichtbar verwertet zu sehen, ihm die alten Freunde erhalten und neue Freunde zuführen möge ee S\ mm ummmeantid: ll. Verhandlungen der Geosraphischen Gesellschaft, CXXIl. Versammlung am 10. März 1899. Vorsitzender Professor Sartori. Nach Aufnahme dreier neuer Mitglieder in die Gesellschaft, der Herren Oberlehrer Dr. Sack, Senatssekretär Dr. Geise und Dr. med. Mueller, berichtete Herr Hauptpastor Trummer in fesselnder, launiger Weise von seinen Wanderungen im Solling. Eine grosse Sammlung guter Abbildungen unterstützte den Vortrag. Der Solling ist kein Touristenwald; wer etwa wähnt, hier Naturgenuss mit Wohlleben verquicken zu können, wird bald zu der Einsicht kommen, dass er besser thut, auf letzteres zu verzichten. Dagegen wird ihn ersterer auf Schritt und Tritt begleiten. Im Bädecker wird man den Wald nur so nebenbei erwähnt finden, und kein einziges seiner Gasthäuser erfreut sich des leitenden Sternes.. Am günstigsten gelegen zum Eintritt in das Gebiet ist Dassel, das man auf einer Nebenbahn von Salzderhelden, der Station der Hauptbahn Hannover - Göttingen, erreicht. Man möge nicht unterlassen, der altehrwürdigen Bierstadt Einbeck einen Besuch abzustatten. Dassel, der Hauptort der frühe- ren Grafschaft gleichen Namens, deren Grafen einst zu den zwölf Geschlechtern gehörten, aus denen Sachsens Herzöge hervorgingen, hat eine Eisenhütte und gute Steinbrüche. Wie alle Ortschaften, die sich einer auch nur einigermassen geschützten Lage rühmen, bezeichnet sich auch diese als Kurort, doch sollte man nicht zu vertrauensselig den blossen Willen für die That nehmen. Der in der Nähe liegende Burgberg zeigt hübschen Buchenbestand und bietet dem Wanderer in einer kleinen Wirtschaft, die den anheimelnden Namen »Sängers- lust« führt, Gelegenheit zur Stärkung. Die Aussicht vom Berge ist zwar nicht sehr umfassend, immerhin doch aber lieblich zu nennen. Weit schöner als Dassel liegt südlich Relliehausen, das auch m 0) 130 Bezug auf Unterkunft sich besser zu ruhigem, stärkendem Aufenthalt empfiehlt. In der Nähe des Ortes Sievershausen gelangt der Wanderer in eine der schönsten Partien des Solling. Eine Bergkuppe gewährt eine weite Rundschau über die umliegenden Höhen; in der Ferne heben sich die Berge des Harzes mit dem Brocken am Horizont ab. Man schreitet unter herrlichen Buchenwaldungen dahin, die von Zeit zu Zeit von saftig grünen Wiesen unterbrochen sind. Geschäftig eilen klare Bächlein durch Wald und Matten; kurz, hier tritt dem Fussgänger reine, friedliche Natur entgegen. Der eigentliche Mittel- punkt des Solling ist Neuhaus, das 400 m hoch liegt, und über dem sich der Moosberg noch 150 m höher erhebt.. Der Ort ist sehr alt, denn schon 815 liessen sich Mönche aus Corbie in Frankreich hier nieder. Die schönen Wiesen um Neuhaus dienten früher den berühmten Isabellhengsten des hannoverschen Marstalles zur Weide. Von Neuhaus nach Süden zu unternimmt man einen lohnenden Ausflug nach Amelith und Nienover mit seinem alten Schloss. Auf dem Wege stösst man auf zahlreiche Meile. Nach Osten zu ist zu empfehlen eine Wanderung über Lauenberg, Fredelsloh nach Hardegsen, einem an der Espolde gelegenen freundlichen Städtchen. Ein sehr schöner Weg führt von Neuhaus nach Holzminden im Weserthal, von wo aus man der alten Abtei Corvey und dem frühern Schlosse, jetzt Porzellanfabrik, Fürstenberg einen Besuch abstatten sollte. Ein beliebter Ausflugsort der Holzmindener ist Schiesshaus, das rings von schönen Wäldern eingeschlossen liest. Am äussern Rande des Waldes seien noch erwähnt im Norden Stadtoldendorf mit dem eine eigenartige Flora und Fauna zeigenden Holzberg, sowie im Süden das idyllisch gelegene Carlshafen, in dessen Um- gebung auserwählte Spaziergänge den Besucher zum längern Bleiben einladen. Den Mitgliedern der Gesellschaft wurde im Auftrage des Sollings-Vereins ein von diesem herausgegebener, sehr hübsch aus- gestatteter Führer durch den Solling überreicht. Herr Oberlehrer Schneermann machte hierauf einige Mitteilungen aus Porto Alegre. Er schilderte das Äussere und Innere der Stadt, gedachte der Einrichtung der Häuser und verbreitete sich über das Leben und Treiben der Einwohner. Die bei der Stadt Cachoeira ge- legenen Schlachtereien wurden kurz beschrieben. Redner schloss mit einigen Bemerkungen über das Kunstleben der Bevölkerung. Alsdann zeigte Herr Tierarzt Werner sehr hübsche Proben von Bombay- Mosaiken vor und erläuterte deren Herstellung in eingehender Weise. Die ausgestellten Kästchen zeugten von grosser Kunstfertigkeit und [597 131 fanden allseitigen Beifall. Mit der am Schlusse seines Vortrages aus- gelegten ethnologischen Bildersammlung kennzeichnete sich der Herr Vortragende als ein zielbewusster, eifriger Freund der Völkerkunde. Eine kurze Besprechung über einige Punkte des Vorgetragenen be- schloss den sehr anregenden Abend. CXXIIl. Versammlung am 14. April 1899. Vorsitzender Professor Sartori. Als Geschenk des Verfassers ist eingegangen: Rio Grande do Sul, von Koenigswald. Die Abrechnung für das Jahr 1898 ist von den Revisoren geprüft und richtig befunden. Am Ende des Jahres war ein Saldo von Jt 966,857 vorhanden. Oberlehrer Schneermann berichtet über den Inhalt des dritten und vierten Bandes der Bibliothek der Länderkunde: Italien. Von Professor Dr. W. Deecke. An einer eingehenden Bearbeitung der Halbinsel Italien fehlt es zwar nicht; denn schon im Jahre 1893 erschien in Kirchhoffs Länder- kunde die Abhandlung von Th. Fischer: Das Halbinselland Italien, wie gleichfalls in demselben Jahre gesammelte gemeinverständliche Vorträge von R. Virchow und W. Wattenbach herausgegeben sind. Wenn es Herr Professor Dr. Deecke trotzdem unternahm, für die Bibliothek der Länderkunde den Staat Italien neu zu bearbeiten, so hatte er umsomehr Berechtigung dazu, weil er auf diese Weise eine gute Gelegenheit fand, das Fazit seines wiederholten Aufenthaltes und seiner zahlreichen Beobachtungen in jenem Lande zu ziehen. Die geographische Wissenschaft ist Herrn Prof. Deecke für seine Arbeit zu höchstem Danke verpflichtet. .Das vorliegende Werk rechtfertigt voll und ganz die Erwartungen, die man an den Namen des Verfassers knüpfen musste, und auch der nicht wissenschaft- lich durchgebildete Leser wird die Überzeugung gewinnen, dass Deeckes Italien einen Triumph deutscher Wissenschaft und deutschen Fleisses darstellt. Ich habe daher die Hoffnung gehegt, dass den Mitgliedern der Gesellschaft eine kurze Inhaltsangabe des geistreichen und belehren- den Werkes wohl erwünscht sein könne, zumal da der grosse Umfang desselben und die Mannigfaltigkeit des Gebotenen es nicht jedem unserer Mitglieder ermöglichen, sich selbst ein Urteil zu bilden. Der Name Italien ist bis heute nicht genügend erklärt, doch findet er sich urkundlich schon im Jahre 90 v. Chr. Was der BR Verfasser über Grenzen, Grösse und Umriss des Landes angiebt, darf ich wohl als bekannt voraussetzen. Bei der Besprechung der Italien umgebenden Meere wird die Tiefe des westlichen Mittelmeeres auf 3731 m, die des adriatischen auf 1589 m, die des jonischen auf 3968 m und die des Mare Africano zwischen Sizilien und Afrika auf 1623 m angegeben. Der Salzgehalt des Mittelmeeres ist infolge der umliegenden, stark erwärmten Länder- massen ein sehr hoher und schwankt zwischen 3,30 und 3,85 %. Folgen dieser Erscheinung sind die eigentümlich tiefblaue Farbe, sowie die ausserordentliche Klarheit des Wassers, die es ermöglicht, die Einzelheiten des Bodens bis 20—30 m unter der Oberfläche zu erkennen. Wesentlich bedingt durch den Salzgehalt sind die Strömungen des Mittelmeeres. Im südlichen Tyrrhenischen Meere ist eine Strömung vorhanden, welche sich an der Küste von Nord- kalabrien in einen nördlich verlaufenden und einen nach Süden abzweigenden Strom teilt. Ersterer geht bis zum Golf von Genua, letzterer durch die Meerenge von Messina ins Jonische Meer. In der Adria zieht ein Küstenstrom von den Pomündungen südlich längs des Ufers hin. Von Gezeiten kann man im Mittelmeere kaum reden. So be- trägt im neapolitaner Hafen die Flut nur 3—4 Dezimeter, wohingegen die flachere Adria 0,5—0,6 m aufweist. Ein quer über das Land gelestes Nivellement hat ergeben, dass die Adria etwas höher steht als das Tyrrhenische Meer, wahrscheinlich infolge der Anziehung aller umgebenden Landmassen. Die Temperatur der Meere um Italien ist bei 550 m gleichmässig 12,7—13 °, an der Oberfläche ist sie natürlich schwankend. Eisbildung kommt an den italienischen Küsten nicht vor; im Winter beträgt die durchschnittliche Wärme des Meeres 13—14° und steigt im Sommer bis auf 20—22°. Es folgt im vierten Kapitel eine äusserst klare und übersicht- liche Beschreibung des italienischen Alpenlandes, woran sich eine Charakterisierung des Apennin schliesst Der hervorstechende Zug des letzteren Gebirges besteht in den zahlreichen kurzen Ketten, die hintereinander liegen und sich gegenseitig ablösen. Das innerhalb des apenninischen Bogens gelegene Hügelland zeigt ein sehr wechselndes Relief und ist seiner Entstehung nach durchaus nicht einheitlich. Als Endpunkt des Apennin ist die Landenge zwischen dem Golf von Tarent und dem von Policastro anzusehen; die kalabrische Halbinsel besitzt wesentlich anders gebaute und geformte Berge, die mit dem nördlichen Sizilien und Sardinien-Korsika zusammengehören. 133 Es handelt sich hier um isolierte Gebirgsstücke, welche in unregel- mässiger Weise miteinander in Verbindung treten und ungleichartige Bodenformen erzeugen. i Die mittlere Höhe Italiens hat Leipoldt auf 517 m berechnet, also 2,4 mal höher als die Deutschlands. Sehr eingehend wird der geologische Aufbau des Landes be- handelt. Auf der Apenninen-Halbinsel sind fast ausschliesslich die jüngern Bildungen der tertiären Perioden entwickelt. Die aller- jüngsten, quartären Ablagerungen sind in der Hauptmasse auf die Po-Ebene beschränkt, während die vulkanischen Steine sich über das ganze Gebiet verteilen, in grosser Ausdehnung jedoch längs der tyrrhenischen Küste erscheinen. Die Westalpen bis zum Monte Rosa stellen das Grundgebirge dar, das aus mächtigen, vielfach körnigen und dann granitartigen Gneisen besteht, die nach oben hin mit Glimmerschiefern wechseln und schliesslich von diesen ersetzt werden. Es kann kein Zweifel bestehen, dass durch den Druck bei der Entstehung der Alpen überall grosse und häufig tief einschneidende Veränderungen Platz gegriffen haben, sodass uns die Gesteine in anderer als ursprüng- licher Gestalt vorliegen. Zum Grundgebirge gehören ferner die Inseln Korsika und Sardinien, ein Teil des toskanischen Archipels, die Nordspitze Siziliens und die kalabrischen Berge. Über dem Grundgebirge liegt die Serie der paläozoischen Forma- tionen. Dieselben enthalten nirgends erhebliche Kohlen, und alle Ver- suche, solche nachzuweisen, sind als aussichtslos zu bezeichnen. Während der Entstehungszeit der mesozoischen Formationen (Trias, Jura, Kreide) ist das heutige Italien der Platz mannigfacher Niveauverschiebungen gewesen, welche an einem und demselben Punkte erst grosse Tiefen, dann trocknes Land und schliesslich wiederum ein Meer schufen, das bei Beginn des Tertiärs aufs neue weichen musste. Die ausgebreitetste Formationsgruppe in Italien ist das Tertiär. Unter gewaltigen Prozessen hat nach Ablauf ihrer älteren Hälfte die Faltung der Alpen und des Apennins und damit die Entstehung der heutigen Halbinsel begonnen. Zur ältesten Tertiärzeit bedeckte das Meer gleichmässig Alpen, Apennin und einen grossen Teil des Mittelmeerbeckene.. Dann beginnt die Zeit der Gebirgsfaltung. In den Alpen wölbten sich die ersten Ketten auf, und die Niederung, die uns heute als Po-Ebene entgegentritt, grenzte sich zuerst ab. Auch Korsika und Sardinien sind damals wohl in ihren Grund- 154 zügen angelegt, freilich nur als Teil eines grössern tyrrhenischen Festlandes. Der Zeit des mittlern Tertiärs gehört der Apennin in seinen Grundzügen an, und am Schlusse dieser Periode muss ein Archipel oder ein zerrissenes Küstengebiet existiert haben, in dessen Lagunen Gipse und organischer Moder sich ausschieden. Aus diesen Gipsen sind die Schwefellager hervorgegangen, die wir von Bologna bis Sizilien verfolgen können. Das tyrrhenische Festland war damals der 'Tummelplatz viel- köpfiger Mastodon- und Elefantenheerden, deren Knochen im Sande des Strandes eingebettet wurden. Damals hat eine Sandbrücke von diesem italienischen Gebiete nach Nordafrika geführt. Im Pliozän, d.h. der obersten Schichtungszeit des Tertiärs, kam das ganze Apenningebiet mit Ausnahme der höchsten Teile wieder unter Wasser; nach Meinung einiger Geologen muss die Senkung gegen 1000 m betragen haben. Aber auch dieser Zustand war nicht von Dauer; eine aber- malige Faltung schuf endlich den zusammenhängenden 'Gebirgs- bogen des Apennins. Gleichzeitig ging die tyrrhenische Ländermasse ein, und nur Korsika, Sardinien und der toskanische Archipel blieben davon übrig. An der Innenseite des Apenninbogens stiegen die Reste der innern Ketten als Trias-, Jura- und Kreide-Klippen an den Tag und nahmen das heutige Toskana ein. Zugleich verlegten sich die Eruptionszentren von Norden nach Süden. So waren Alpen und Apennin fertig, als am Ende der Tertiär- epoche die Eiszeit hereinbrach. Nur die höchsten Gipfel der Alpen ragten aus dem Eismeer heraus. Man hat früher angenommen, dass die Gletscher die Rinnen des Lago Maggiore, Lago di Lugano und Lago di Como ausgehöhlt hätten. Das trifft aber beim Comer-See nicht zu und ist bei den andern mindestens zweifelhaft. Vielmehr scheinen alle drei vordiluviale Vertiefungen zu sein, die allerdings durch das Eis vom Schutt gereinigt sein können. Die seit lange thätigen, in der Erdkruste erfolgenden Prozesse sind noch nicht zu Ende geführt, der Boden Italiens ist noch nicht zur völligen Ruhe gelangt. Dies beweisen die vielfachen Erdbeben, sowie auch die Strandverschiebungen an den Küsten. Italien ist ein klassischer Boden für praktische und theoretische Untersuchungen über die geheimnisvollen Vorgänge im Innern der Erde, da es, von Island abgesehen, die grösste Zahl thätiger Vulkane 135 in Europa aufzuweisen hat. An nicht weniger als 21 Orten ist vulkanische Thätigkeit bemerkbar, und 7 Eruptionsgebiete sind noch in vollem Betrieb. Nach ausführlicher Schilderung der Vorgänge, die zu einem Ausbruch führen, und der Erscheinungen, die ihn beim Vesuv und Etna begleiten, wendet sich der Verfasser der Beschreibung der an- dern Äusserungsstellen vulkanischer Energie zu. In den phlegräischen Feldern westlich von Neapel glaubt man eine Mondlandschaft zu erblicken, weil sich Kessel an Kessel und Trichter an Trichter drängt. Bekannt ist die Solfatara bei Pozzuoli, die seit 2000 Jahren sich in demselben Zustande befindet. Ausser den Vulkanen auf festem Lande besitzt Italien solche im Meer, die allerdings an der Oberfläche des Wassers bald von den Wellen zerstört werden. So tauchte im sizilischen Meere im Jahre 1832 ein Vulkan auf, anfänglich 250 Fuss hoch, der aber schon nach fünf Monaten 24 Klafter tief unter der Oberfläche lag. Auch bei Lipari müssen 1888—92 auf dem Meeresgrunde heisse Wasser oder Laven gefördert worden sein, da das Kabel nach dieser Insel zerrissen, seine Kautschukumhüllung geschmolzen und mit Schlacken verkittet war. Ein innerer Zusammenhang der italienischen Vulkane mit ein- ander besteht nur in ganz geringem Masse. So arbeiten z. B. Vesuv und die Solfatara, obgleich kaum 20 km entfernt, ganz unabhängig von einander. Die italienischen Laven sind ihrer Gesteins-Beschaffenheit nach sehr verschiedener Natur: teils kieselsäurereiche Felsarten, teils Trachyte mit Feldspat und reicher an Kalkerde und Alkalien. Nach 100 Jahren giebt ein Lavastrom den ergiebigsten Boden für Wein- und Gartenbau ab, da er keines mineralischen Düngers bedarf. Die wundervollen Örangengärten Sorrents, die Weingelände des mittlern Kampaniens wachsen und gedeihen auf demselben Tuffe und haben mit ihrer Üppigkeit und ihrem reichen Ertrage diesem Landstriche den Namen des glücklichen eingebracht. Während man früher die Erdbeben als unzertrennlich von dem Vulkanismus ansah, ist man heute der Ansicht, dass sie auf tektoni- schen Vorgängen, auf Auslösung von Spannungen bei der Falten- bildung, auf Bewegungen längs der Verwerfungsklüfte und bei der Entstehung neuer Spalten und nur zum kleinsten Teil auf vulkani- schen Kräften beruhen. Italien ist nun infolge seines zerstückelten Gebiets, seines Reichtums an alten und neuen Lavaschloten, an zur 136 Höhlenbildung neigenden Kalkmassen eines der meist erbebenden europäischen Länder, und nach den bösen Ereignissen der fünfziger Jahre, bei denen 10000 Menschen erschlagen und verwundet, sowie 50 Ortschaften verwüstet wurden, hat man über das ganze Land ein Netz von Erdbeben-Beobachtungsstationen eingerichtet. Aber die Erdbeben vorauszusagen und die Bevölkerung zu warnen, das ist ihnen noch nicht gelungen. Was die Hebungen und Senkungen der Küsten betrifft, so herrscht darüber noch nicht völlige Klarheit. Prof. Deecke scheint allerdings bei Capri eine Senkung anzunehmen, da diese Insel eine durch mehrere Bruchlinien abgetrennte und in sich zerspaltene Scholle darstellt, die sehr gut eine langsame eigene Bewegung be- sitzen kann. Dafür spricht die Thatsache, dass der Zugang zu der blauen Grotte jetzt durch ein ehemaliges Fenster erfolgt, der eigent- liche Eingang aber unter dem Wasser liest und zum Eintritt des blauen Lichtes dient. Eine weitere Eigentümlichkeit des Landes sind die Schlamm- vulkane oder Salsen, aus denen zäher Schlamm in kurzen Strömen ausfliesst. Sie haben mit dem eigentlichen Vulkanismus nichts zu thun, sondern sind eine Folge der Zersetzung von Thonen oder Mergeln unter Bildung von Kohlenwasserstoffen. Sie findet sich im Apennin und in Sizilien. Wir wenden uns nunmehr dem Klima der Halbinsel zu. Im allgemeinen darf man es als mild bezeichnen; immerhin sind die einzelnen Teile des Landes in ihrem Klima recht verschieden. So hat Oberitalien ein Kältemaximum von —10°, Mittelitalien von —6°, Unteritalien von —3° und Sizilien von +0°. Die Apennin- kette hält dabei die kalten Nord- und Nordostwinde von den westlich gelegenen Landesteilen ab, sodass die adriatischen Küsten rauhere Winter und heissere Sommer haben als die an der T'yrrhenis. Die lombardische Ebene trägt infolge ihrer Abhängigkeit von den Alpen einen ausgeprägten kontinentalen Charakter. Im allgemeinen nimmt die mittlere Wärme von Norden nach Süden natürlich zu. In Mailand ist die Durchschnittstemperatur des Januar 0,5°, die des Juli 24°, für Rom gelten die Zahlen 7,5 und 24,5, für Neapel 8,2 und 23,s, für Palermo 10,9 und 22,0°. Die Niederschläge fallen der Hauptmenge nach in den Herbst- und Wintermonaten. Im Sommer regnet es in vielen Teilen so gut wie gar nicht; wenn es aber regnet, so geschieht dies in Form heftiger Güsse, bei denen häufig in kurzer Zeit mehr Wasser fällt a als bei einem deutschen Landregen. Auf den Bergen in der Höhe erfolgt der Niederschlag naturgemäss meist als Schnee. Der Gran Sasso behält die Schneedecke bis in den Sommer hinein; der Aspro- monte in Kalabrien und die Nebroden in Sizilien haben noch Anfang April ein winterliches Aussehen, und der Etna wird erst im August an seiner Spitze schneefrei. Infolge der im Februar oder März auftretenden, heftigen Regen- güsse zeigen die italienischen Flüsse fast regelmässig Überschwem- mungen. Aus schmalen Wasserfäden werden dann reissende Ströme, welche mit verheerender Gewalt über die fruchtbaren Gelände des Gebirgsfusses hereimbrechen und durch die mitgeführten Sinkstoffe reiche Felder auf Jahre hinaus verschottern. Das Wasser der Flüsse hat meist eine gelbbraune Farbe, die sich bei Hochwasser noch vertieft. Man spricht vom gelben Tiber, der im Frühjahr oft gelbbraun aussieht; der Arno ist stets schmutzig und der Ofanto bei Überschwemmungen beinahe schokoladenbraun; keiner der vom Apennin zum Po oder zur Adria gehenden Flüsse besitzt das klare Wasser eines Gebirgsbaches. Die von den Flüssen in den Tiefen angehäuften oder direkt ins Meer geworfenen Massen von Gestein haben nun mancherlei Ver- änderungen im Küstenlaufe und in der Gestaltung des Tieflandes veranlasst. Am deutlichsten zeigt sich dies im Delta des Po. Sein Gefälle beträgt im ersten Abschnitt bis Turin ungefähr 2! m auf einen Kilometer, im zweiten bis Piacenza nicht ganz 1 m und im dritten nur '% m. Hier beginnt dann die Ablagerung des mit- geschleppten Gesteins. Auch die Etsch schüttet von Legnago an, wo sie mit dem Po parallel läuft, den Boden auf. Um die Über- flutungen der beiden Flüsse einzuschränken, hat man sie seit mehreren Jahrhunderten mit hohen starken Dämmen umgeben. Die Deiche des Po sind über 1000 km lang und bestehen aus mehreren parallelen Linien, von denen der Hauptdamm den Fluss unmittelbar begleitet. Er ist oben 8 m breit und liegt mit seiner Krönung über dem Hochwasser. Die Folge ist, dass sich der Schotter im Bette des Flusses selbst ansammelt und die Sohle desselben stetig erhöht. Bei Ferrara fliesst der Po ungefähr 1m über dem Niveau der Stadt. Die umgebenden Flächen können daher nicht entwässert werden und sind Herde verderblicher Wechselfieber. Der Sand des Po wandert an der Ostküste Italiens hinaus bis um den Monte Gärgano; die Versandung der Häfen von Barletta, 138 Trani, Molfetta und Bari jedoch kommt auf Rechnung des Ofanto, der viel Thon und Lehm mit sich reisst. An der Küste zwischen Tiber- und Arnomündungen führt ein Uferstrom das Sediment nach Norden und stösst dabei auf mehrere Hindernisse, die es zwingen, sich vor ihnen abzulagern. Der Lauf der Flüsse wird dadurch an ihrer Mündung gehemmt, und die Neu- bildung von Sümpfen ist unvermeidlich. Besonders verrufen sind hier die Maremmen von Toskana, deren Fieberdünste im Sommer die Einwohner vertreiben, die Städte entvölkern und den übrig bleibenden Bewohnern eine stete Todesgefahr bereiten. Indessen hat man viel gethan, um einigermassen dem Fieber Einhalt zu gebieten. So hat man durch Stauung die Bäche gezwungen, ihre festen Stoffe auf dem umliegenden Boden abzusetzen, diesen zu erhöhen und das Grundwasserniveau zu senken. Eine besondere Stellung unter den stehenden Gewässern nehmen die Kraterseeen ein im römischen und neapolitanischen Gebiet. Eine Entwässerung dieser Kessel muss vielfach künstlich durch Graben eines Emissars bewerkstelligt werden. So misst der des Albanersees 1200 m, der des Nemisees gar 1600 m. Ausser dem oberirdischen, in den Flüssen und Seeen ausge- prägten Wassersystem haben wir besonders in Unteritalien noch ein unterirdisches, welches in der Terra d’Otranto das erste völlig ersetzt. Der Sabato, ein Nebenfluss des Sabore, rinnt aus vielen bei Avellino unter dem Schotter plötzlich hervorbrechenden Quellen zusammen. In Unteritalien münden die Wasser meist unmittelbar oder nach kurzem Laufe wie vom Karst in das Meer. Als Anhang der Hydrographie noch einige Worte über Wasser- leitungen. Die römische Leitung liefert 414 1 auf den Tag und Kopf der Bevölkerung. Ebenso grossartig ist die neapolitanische, die das Wasser aus 40 km Entfernung herbeiholt, und es durch eigenen Druck in das Rohrnetz verteilt. Beide übertreffen soll aber die Leitung, die Apulien und die Häfen dieses Gebietes mit Wasser zu versorgen hat. Die Schwierigkeiten sind aber so gross, dass ein Zustandekommen des Unternehmens noch durchaus nicht sicher ist. Der Verfasser wendet sich nunmehr der Pflanzenwelt und dem Tierleben zu. Für die meisten subtropischen Gewächse bildet der Apenninkamm die Nordgrenze. Wo sie doch weiter gegen Norden wachsen, bedürfen sie besonderer Pflege und sorgfältigen Schutzes vor der Kälte. 139° Unter den Bäumen fallen am ersten Cypressen und Pinien auf. Sonst findet sich in Mittelitalien auch die Seekiefer und ist für die Befestigung des Flugsandes von Wichtigkeit. Tannenwälder sind in Italien selten, überhaupt ist das Land an Wald arm. Nur auf ab- gelegenen Hochebenen sind noch Buchen- und Eichenwälder vor- handen. An sonstigen Laubbäumen kommen die Platane, der Ahorn und die echte Kastanie viel vor. Der Lorbeer verwildert bereits in Südtirol und reicht bis Sizilien. Wichtig ist die Weide, die das Material zu Flechtarbeiten liefert; als Heilmittel dient der Saft der Manna-Esche; durch ihre Blüten fallen auf der Granatapfel und der Erdbeerbaum, während die Myrte mit ihrem zierlichen Laub die Klüfte und Abhänge überzieht. In neuester Zeit hat man in sumpfigen Gegenden viel den Eukalyptus angepflanzt, besonders in den pontinischen Sümpfen trifft man viel den schlanken hohen Baum mit dem blaugrünen schmalen Laube und der eigentümlichen gelblichweissen Blüte. Der Maulbeer- baum gedeiht vorzüglich in der lombardischen Ebene und ist für die dortige Seidenindustrie von grösstem Werte. Sizilien und Kalabrien sind in den tieferen Teilen mit zahllosen Zitronen- und Orangengärten bedeckt, wo das dunkle Laub, die weissen Blüten und gelben oder gelbroten zu Hunderten am blühenden Baume hängenden Früchte einen entzückenden Anblick gewähren. Neben dem Feigenbaum wachsen in den Gärten die Mandel- und Pfirsichbäume. Der Ölbaum ist ein graurindiger unansehnlicher Baum mit zugespitzten Blättern und fingergliedlangen grünen, braunen oder roten Früchten. Ohne den Ölbaum würde Italien einen viel kahleren Eindruck machen, da er das charakteristische graugrüne Band bildet, welches sich in Unter- italien um den Fuss der Gebirgskette schlingt. Alle nicht von Korn oder Olivenhainen bedeckten unteren Gehänge sind fast ausnahms- los mit Wein bepflanzt. Die Rebe bildet Lauben oder rankt sich von Baum zu Baum. Der Blumenflor Italiens ist herrlich. Wer zur Frühlingszeit im Gebirge gewandert ist, wird mit Freuden an die Anemonen, Veilchen, Narzissen zurückdenken, die wie ein bunter Teppich den Boden über- kleideten. Im Sommer ist das Land verdorrt, das Gras in der Campagna verbrannt; erst im Herbst erwacht die Vegetation aufs neue und feiert in dem Grünwerden der Gräser und dem Erblühen mancher Feldblumen einen abgeschwächten Frühling. Der Ausdruck eines ewigen Frühlings für Italien ist durchaus falsch; man könnte für Sizilien eher sagen, dass es zwei Winter habe, einen regnerischen und einen heissen. Die Tierwelt bietet wenig Charakteristisches. In den Dickichten der Bergplateaus und Kämme der Basilicata finden sich noch einige Rudel Wölfe, sonst sind sie ausgerottet. Die Vogelwelt ist die gleiche wie in Mitteleuropa, nur erscheinen eine ganze Zahl unserer Sänger vorübergehend im Winter als Strich- oder Zugvögel Die Waldungen sind still und ohne Gesang, einmal weil jeder essbare Vogel abgeschossen wird, und dann, weil die Tiere dort nicht nisten. Unter dem Bestand an Vögeln räumen Bussarde, Habichte, Falken erheblich auf, weil sie als ungeniessbar nicht geschossen werden. Die ganze Reichhaltiskeit der Meeresfauna wird enthüllt durch einen Blick in die Aquarien der zoologischen Station zu Neapel, die von Prof. Dohrn gegründet, mit deutschen Beamten und deutscher Unterstützung arbeitet und bereits vielen hundert Gelehrten von un- schätzbarem Nutzen gewesen ist. Die Bevölkerung des italienischen Bodens hat seit alter Zeit mannigfach gewechselt, dabei sich aber eine Reihe gemeinsamer Eigenschaften gewahrt, von denen folgende hervorgehoben werden: Mittlerer bis kleiner Wuchs, dunkle Haarfarbe, lebhaftes Temperament, Freude an Musik und schönklingender Rede, natürlicher Anstand, dabei aber Grausamkeit und Roheit gegen die Tiere. Dazu kommen noch die Leidenschaft des Spieles, die Neigung zur Politik und öffentlichen Diskussion und eine grosse körperliche Abhärtung. Für das italienische Volksleben ist die scharfe provinzielle Schei- dung sehr charakteristisch. Ein regionaler Patriotismus, der sich sogar bis auf die einzelnen Kommunen erstreckt, hält unausgesetzt den Gefühlen für die Einheit das Gleichgewicht. Jedoch werden sich diese Gegensätze wohl im Laufe der Zeit abstumpfen. Wie in Deutschland werden auch in Norditalien durch die Ein- führung der Eisenbahnen die Volkstrachten mehr und mehr verdrängt. Nur Mittel- und Unteritalien sowie die Inseln haben die bunten Gewän- der und den mannigfaltigen blitzenden Schmuck der Frauen erhalten. Einfacher gekleidet sind die Männer, unter denen sich die Hirten und Fischer, in Venedig auch die Gondolieri auszeichnen. Die provinziellen Eigenheiten prägen sich ferner in der Sprache aus, deren Dialekte beinahe zu besondern Sprachen geworden sind. Eine gewisse Scheu vor regelmässiger, gleichmässiger Arbeit kehrt in allen Lebenslagen und Stellungen in Italien wieder. Daher die nie abreissenden Bauspekulationen, daher die kleinen betrüge- rischen Kniffe im Handel und der Ruf der Unzuverlässigkeit, den leider die italienischen Kaufleute im Handel geniessen. Die Leidenschaftlichkeit des Naturells kommt in der Liebe und allem, was damit zusammenhängt, in der Familienehre und bei der Rache zum vollen Durchbruch. Das Duell spielt eine wichtige Rolle in den höhern Gesellschaftskreisen, doch auch die untern Klassen greifen leicht zu Revolver und Dolch. Auch die Frauen in Mittel- und Unteritalien benutzen mit Vorliebe die Schusswaffe, um Krän- kungen oder böswölliges Verlassen zu rächen. Furcht vor drohender Entführung oder vor plötzlich aufflammender Leidenschaftlichkeit muss wohl als Grund dafür angesehen werden, dass junge Mädchen der bessern Stände nie allein die Strasse betreten dürfen. In die Schule werden sie durch Bedienstete gebracht, ja, vornehme Institute lassen die Mädchen morgens im Omnibus abholen und mittags wieder nach Hause fahren. Die Frau der mittleren Stände ist mehr als bei uns auf das Haus und die Familie angewiesen, da sie am öffentlichen Leben nicht teilnehmen darf und für vieles, das wohl erlaubt wäre, ihr die Vorkenntnisse mangeln. Die Familienbande sind sehr stark und schliessen die Mitglieder immer wieder zusammen. Familieneinfluss spielt bei Besetzung von Stellen, Vergebung von Benefizien oder Heiraten die erste Rolle, wie ja auch aus Italien der Ausdruck »Nepotismus« stammt. Das Zusammenleben in einer fest umschlosse- nen, gut begrenzten Gemeinde und an geschützten Orten bildet einen uralten Charakterzug der italienischen Bevölkerung derart, dass das gesamte römische Weltreich nur die erweiterte städtische Gemeinde war, deren Rechte und Satzungen allmähliche Ausdehnung erfuhren. Wohlbefestiste Landgemeinden und Städte hatte Rom zu unterwerfen, ehe es Herrin in Italien wurde, und diese Munizipien haben nach der Kaiserzeit m der Periode der Völkerwanderung ihre Rechte wieder hergestellt, geschützt und erweitert. In der Campagna, in Campanien, im Apennin und im innern Sizilien liegen Städte, Flecken und Dörfer auf Bergkuppen und an Berge gelehnt. Da der Platz meist sehr beschränkt ist, so sind die Strassen eng und gewunden; einige freie Plätze vor den Kirchen oder dem Rathaus genügen dem Bedürfnis nach frischer Luft; Gärten sind noch jetzt eine Seltenheit. Das Innere ist meist ent- setzlich schmutzig; alle Haustiere treiben sich auf der Strasse umher. Orte von 10000 Einwohnern haben in Unteritalien vielfach noch keine Beleuchtung; die nordtoskanischen und oberitalienischen Ort- 142 schaften sind sauberer und besser gehalten, manche derselben haben sogar elektrisches Licht eingeführt. Die Höhenlage erfordert die Herstellung von Wasserleitungen. Oft endet der Acquedotto am Fusse des Hügels, sodass das Wasser mühsam in Fässern, Eimern, Krügen hinaufgeschleppt werden muss. Die Instandhaltung der Wasserleitung ist eine Hauptaufgabe der kommunalen Behörden und ein stehender Posten des Budgets. Die Häuser sind im Gebirge aus Kalksteinen aufgeführt, in vulkanischen Gegenden aus Tuff. Erstere haben nur wenig Halt und können den Erdbebenstössen keinen Widerstand leisten. Wo Schnee und Regen reichlich fällt, sind schräge Dächer üblich. Das flache Dach hat seine Hauptverbreitung an den kampanischen und unteritalienischen Küsten, sowie in Sizilien. Es ist asphaltiert, für den Regen undurchdrinslich gemacht und dient zum Aufenthalt am Sommerabend, zum Garten, zum Hühnerstall und zum Boden. Das Tuffhaus muss mit starkem Verputz versehen werden und lässt auch dann noch dem Winde freien Durchzug. Dass das Abfuhrwesen in Italien noch meist durchaus im Argen liegt, dürfte bekannt sein. In manchen deutschen Dörfern sieht es zwar auch nicht sehr sauber aus, solch’ ekelhafter Schmutz wie in den italienischen würde aber nie und nimmer geduldet werden. Die Einwohnerzahl des Königreichs Italien wird nach der letzten Berechnung von 1897 auf 31290000 angegeben. Sie hat sich seit einem Jahrhundert um das Doppelte vermehrt, trotzdem Hundert- tausende jährlich ihr Glück auswärts suchen. Das bebaute Land kann bei den hohen Pachten und drückenden Steuern kaum mehr Menschen ernähren, und die Industrie ist erst in der Entwickelung begriffen. Deshalb müssen viele Italiener ihr Brot in der Fremde suchen; man findet sie in allen Ländern und Kontinenten. So waren z. B. in Argentinien im Jahre 1897 über 700000 ansässig. Der Verfasser wendet sich nach eingehender Behandlung der Geschichte des Landes den Produkten desselben zu. Dass Italien sehr wenig Kohlen besitzt, ist schon hervorgehoben ; hinzufügen wollen wir noch, dass Oberitalien sich aus Deutschland, das übrige Land aber aus England versorgt. Wenn nun Kohlen und verwandte Stoffe auch dem Lande ab- gehen, so birgt es doch in seinen Bergen eine ziemliche Anzahl von verschiedenartigen Erzen. Die Edelmetalle, vor allem Gold sind freilich nur in geringem Mass vertreten, meistens sind es Zink-, Blei- und Eisenerze, die in den krystallinen Gesteinen in Nestern oder auf Gängen in abbauwürdiger Menge vorkommen. Silberhaltiger Blei. glanz tritt im den Schiefern und Kalken der Insel Sardinien auf. Die Lager von Iglesias sind reich und in grossem Massstabe durch fremdes Kapital dem Bergbau erschlossen. Bemerkenswert ist die Zinnobergrube bei Serravezza, die zusammen mit andern 19450 Ton- nen Quecksilbererz lieferte. Zinkerze finden sich in den Alpen und in Toskana, Eisenerze auf Elba, in den Alpen und in Sardinien. Mit einem Landesprodukt hat Italien lange Europa und einen beträchtlichen Teil der Erde versorgt, mit dem Schwefel. Die Produktionsorte sind bei Ravenna, S. Marino, Benevent, in Sizilien bei Girgenti u.a. Obgleich der Bergbau zum Teil recht primitiv ist, wurden im Jahre 1895 gegen 500000 Tonnen ausgeführt, wovon Deutschland gegen 17000 Tonnen verbrauchte. Als Bausteine kommen in erster Linie Kalktuff oder Travertine in Betracht, die frisch gebrochen weich und leicht bearbeitbar, aus- getrocknet ziemlich hart sind und sich in grossen _Quadern, sowie in beliebiger Menge herbeischaffen lassen. Granit wird besonders am Lago Maggiore gewonnen und ähnelt sehr dem Striegauer Granite Schlesiens. Pflastersteine geben für Rom, Neapel, Messina, Catania die Laven der Vulkane. Die Steine sind zwar billig, werden aber auch rasch glatt und müssen durch den Meissel künstlich gerauht werden. An heilkräftigen mineralischen, kalten und warmen Wassern ist Italien sehr reich; es giebt gegen 1000, von denen freilich nur etwa ein Drittel in Benutzung genommen ist. Berühmt sind die Schwefel- quellen von Lucca, ebenso die der Solfatara, die heute den Neapoli- tanern dienen und mittelst zweier kleiner Bahnen leicht erreichbar sind. Grossen Ruf haben auch die Thermen von Casamicciola und Lacco Ameno auf der Insel Ischia. Sie sind bis zu 84° heiss, salzig und teilweise schwefelhaltig. Auch Sauerbrunnen besitzt Italien mehrere Hunderte. Die Apenninhalbinsel ist ein waldarmes Land. Die Entwaldung rührt schon aus dem Altertum her und geht stetig weiter. Ein baumarmes Land ist dagegen die Halbinsel nicht. Überall stehen Pinien, Kastanien, Maulbeer- und Olivenbäume, Pappeln ete., sodass eine weite Rundsicht dadurch verhindert wird. Während wir aber ge- wohnt sind, eine breite Krone auf gedrungenem Stamm mit kräftigen Ästen zu sehen, sind dort alle Bäume in die Höhe getrieben, die Krone klein gehalten, um den Feldern nicht zu viel Licht zu nehmen. 144 Wie in Griechenland sind es in Italien die Ziegen, welche keinen Wald hochkommen lassen, die jungen Triebe immer wieder abfressen, sich aber nicht an die Dorne wagen und diesen dadurch gestatten, sich auszubreiten und anderes junges Laubholz zu ersticken. Forst- gesetze sind freilich erlassen, stehen aber nur auf dem Papiere. Neben einigen Hochwaldungen im Apennin und auf den Inseln, neben den Nadelholzungen bei Ravenna, Pisa und in den Pontini- schen Sümpfen hat Italien nur Stangenholz, aus dem man die für die Heizung der italienischen Häuser fast ausschliesslich angewandte Holzkohle gewinnt. Sie muss durch Fächeln in Brand erhalten wer- den; daher sind in jeder. Haushaltung Fächer anzutreffen, die mit besonderer Geschicklichkeit gehandhabt werden. Die Köhler kaufen eime bestimmte Fläche, holzen sie ab, ent- rinden die Stämme und bauen dann aus fusslangen Stücken die Meiler. Sind diese ausgebrannt, so wird in Säcken oder Körben auf Maultieren die Holzkohle zu 'Thal befördert und verkauft. Sind die Köhler mit dem gepachteten Distrikt fertig, so ziehen sie weiter. Dass sie in keinem guten Rufe stehen, dürfte bekannt sein. Die Landwirtschaft wird in dreierlei Weise betrieben. Entweder gehören Grund und Boden Grossgrundbesitzern, die Körner auf weiten Schlägen bauen und nach der Ernte die Felder brach liegen lassen, oder der Boden ist in kleine Parzellen zerstückelt, wird gartenähnlich bebaut und intensiv ausgenützt. Die dritte Art ist der Terrassenbau des Gebirges, bei dem die Parzellen nicht so klein sind, einmal gedüngt werden und je nach Güte und Lage ein- bis zweimal bebaut. Da die meisten dieser Terrassen nur auf Saumpfaden zu er- reichen sind, so muss Dung, Saat, Ernte auf den Rücken der Esel, Maultiere oder Menschen hinauf- und herabgefördert werden. Wein, Olive, Mais, Hafer, Roggen, Flachs, Hanf werden so gezogen und geben gute Erträge. Eines der wichtigsten Landesprodukte ist der Wein. Man zieht die Reben in Lauben, zwischen Pappel- und Maulbeerbäumen oder an Pfählen wie in Deutschland. Sie gedeihen überall mit Ausnahme der unwirtlichen Höhen und geben nächst Wasser das wichtigste Getränk. Die Kelterei geschieht entweder durch neueste Maschinen oder durch die Füsse der Menschen nach altväterlicher Gewohnheit; zwischen beiden Arten stehen die urzuständlichen Maschinen mit mächtigem Hebelarm, an den sich mehrere Menschen hängen, um die Trauben auszudrücken. Den Most lässt man in Fässern gähren 145 und sich abklären. Von grösstem Wert sind die kühlen Keller, die man in dem Tuffe leicht ausgraben konnte. Die Fässer bestehen meist aus dem Holz der’ echten Kastanie, die sehr zähe Dauben liefert. Die Aufbewahrungsart in Schläuchen ist noch nicht abgeschafft, wenigstens bei kleineren Quantitäten, während grössere nur in Fässer gefüllt werden. In Thongefässen wird nichts mehr aufbewahrt. Die Traubensorten sind wenig scharf geschieden. Im allgemeinen walten die roten Spielarten vor, Weissweine bilden eine provinzielle Eigentümlichkeit. Es muss jedoch betont werden, dass Italien mit der Weinbereitung noch lange nicht auf der Höhe steht. Die meisten Weine halten sich nicht mehr als ein oder zwei Jahre und werden in diesem Zeitraum verbraucht. Die Gesamtweinproduktion Italiens ist auf 24 Mill. Hektoliter veranschlagt worden, im Werte von einer Milliarde Franken. Nach dem Wein kommt an Bedeutung für das Land das Olivenöl. Ja, eigentlich müsste man ihm vor jenem den Vorzug geben, da der Italiener wohl ohne Wein, nicht aber ohne Öl aus- kommen. kann. Es giebt ihm Licht und dient zur Bereitung aller Speisen, weil Butter wenig benutzt wird und sich im warmen Süden nicht hält. Die Ernte erfolgt im Herbst durch Schlagen mit langen Stöcken gegen die Zweige, wobei die reifen Früchte abfallen und nachher aufgelesen werden. Das feinste Öl erhält man aus reifen, ausgelesenen Früchten, die mit der Hand in Leinwand gepresst werden. Die Gesamtproduktion alles Öles beträgt im Durchschnitt für 200 Millionen Lire. Die als Agrumi bezeichneten Orangen, Apfelsinen und Zitronen wachsen hauptsächlich in Sizilien und Unteritalien. Alle werden in besonderen Gärten gezogen. Das Reifen geschieht bis zum Dezember und Januar, das Pflücken von Januar bis März. Was noch nicht reif ist, bleibt sitzen. 1890 wurden über 17 Millionen Orangen- und Zitronenbäume gezählt, deren jeder durchschnittlich 230 Früchte trug. Der Anbau von Baumwolle hat augenblicklich für den Weltmarkt keine Bedeutung; sie wird meist im Lande selbst verarbeitet. Gesteigert hat sich in den letzten Jahren die Tabakkultur. Sizilien liefert noch etwas Zuckerrohr; der Anbau geht aber von Jahr zu Jahr wegen der niedrigen Zuckerpreise zurück. Prachtvolle Wiesen bedecken die lombardische Ebene, wo sie im Winter unter Wasser gehalten und im Sommer berieselt werden. In günstigen Lagen lassen sich 6—9 Schnitte erzielen. 10 146 Als Ganzes betrachtet, ist die Landwirtschaft der wichtigste Erwerbszweig der Italiener. Sie hat aber mit mancherlei Schwierig- keiten zu kämpfen, so mit der Konkurrenz anderer Länder, mit hohen Steuern und mit den Pachtverhältnissen. Neben Geldpacht ist Naturalpacht gebräuchlich, wobei meist der Grundeigentümer die Steuern zahlt, der Pächter ihm aber von seinen Erträgen die Hälfte abzuliefern hat. Die Arbeiter, die nicht genug haben, um zu pachten, gehen in Tagelohn und verdienen höchstens 1» Lire täglich. Im ganzen hat Italien 20 131500 ha produzierenden Bodens, von denen 125 Mill. Lire Grundsteuer erhoben wird. Die Viehzucht steht auf keiner hohen Stufe, und Verbesserungen der Rasse sind erst in neuerer Zeit eingeleitet. Das Pferd ist meistens nur Luxustier. Klein und zierlich, dabei aber sehr ausdauernd, ist es imstande, bergauf, bergab zu traben oder zu galoppieren. Das Ziehen besorgen die Esel und Maul- tiere. Erstere sind unentbehrlich für den Landhaushalt und nie unbepackt. Sie sind bald der Gegenstand der Liebkosung, bald grausamer Prügel. In Toskana, in der römischen Campagna und in Apulien ist das grosshörnige, silbergraue Rind heimisch mit "» m langen, schön- geschwungenen, weissgefleckten Hörnern. Da die Campagna und die Maremmen Winterweide gestatten, so ziehen die Hirten mit ihren Rindern von weit her bis an die Küste hinab. Die Rinder des Apennins haben kürzeres Gehörn und sind kleiner. Eine eigen- tümliche Gewohnheit findet sich im unteritalienischen Orten, wo die Kuh vor dem Hause des Milchkäufers und in seiner Gegenwart gemolken wird. Der Treiber versteht es aber, aus einem an seinem Leibe verborgenen Schlauche Wasser zufliessen zu lassen, auch soviel Schaum zu erzeugen, dass die Gläser bald voll erscheinen. In den pontinischen Sümpfen, auf Sardinien und bei Catania haust der Büffel, oft bis zur Schnauze im Wasser, um sich Kühlung zu schaffen oder den Fliegen zu entgehen. Die Hirten der Campagna sind zwar malerische Gesellen, werden aber möglichst gemieden. Die Bacheria, die Seidenraupenzucht, ist sehr verbreitet. Die Raupe lebt von dem weissen Maulbeerbaum, der daher viel an- gepflanzt ist. Die Seidenproduktion betrug von 1892—1893 3000-4000 Tonnen Rohseide, sodass Japan und China von Italien überflügelt sind. Diese Rohseide hat einen Wert von über 268 Millionen Lire. 147 Die Jagd ist em Hauptzeitvertreib der Italiener; es jagt Hoch und Gering, Alt und Jung. Hirsche sind selten, auch Rehe, denen die Wölfe sehr nachstellen. Am meisten werden Vögel gejagt, teils mit der Flinte, teils mit Netzen. Kein Vögelchen ist seines Lebens sicher: Finken, Lerchen, Nachtigallen, Rotkehlchen u. a. unterliegen der steten V ertilgung, In allem, was Vogeljagd betrifft, ist der Italiener ein grausamer Barbar und macht sich über unsere Vogelschutzgesetze lustig, die ja nur dazu dienen, ihm die Braten zu liefern. Zu wahren Schlächtereien artet auf den Inseln im Frühjahr und Herbst der Wachtelfang aus. In grossen Netzen fangen sich oft 1000 Tiere auf einmal. Von hoher Bedeutung für die Bewohner ist die Fischerei, welche in ausgedehnter Weise betrieben wird. Fische, Mollusken, Krebse, Seeigel stehen in jeder Küstenstadt auf dem Markte feil. Für die Volksernährung sind Tunfische und Heringsarten von grösster Wichtigkeit. In Öl eingemacht hält sich der Tunfisch lange und kann selbst weite Versendung in Büchsenverpackung vertragen. In Menge verzehrt das Volk die Sardelle, die in Öl gebacken wird. Fast ebensoviel wird Anchovis gefangen und verspeist. Hochseefischerei ist noch wenig entwickelt. Nur von Neapel und Torre del Greco fahren Flotillen in die afrikanischen Gewässer, um dem Schildkrötenfang und der Korallenfischerei obzuliegen. Korallen mit lebhafter Farbe sind in Italien ein beliebter Schmuck und sollen auch gegen den bösen Blick schützen. Sowohl Korallen als auch Schildpatt werden vielfach nachgemacht und besonders den Fremden aufgehalst. Das dem Handel, dem Verkehr und der Industrie gewidmete Kapitel enthält eine Reihe schätzenswerter Tabellen über die Marine, den Schiffsverkehr und die Ein- und Ausfuhr. Zunächst wird darauf hingewiesen, dass die Italiener die Väter der heute gebräuchlichen kaufmännischen Methoden geworden sind. Überall am schwarzen Meere standen ihre Faktoreien, aus denen die Waren des Orients nach Europa gebracht wurden, bis sich Genueser, Pisaner, Florentiner und Venetianer in ihrer Eifersucht gegenseitig aufrieben. Seit dem 16. Jahrhundert beschränkte sich der Handel auf das Mittelmeer und verfiel mehr und mehr, bis sich der von Sardinien mit Genua nach 1859 über das gesamte Land verbreitete. Heute besitzt Italien eine Handelsmarine von über 6000 Seglerın und 350 Dampfern mit zu- sammen 780000 Tonnen. 10° a) 208 Die Einfuhr in 1896 belief sich auf 1183,5 Millionen Lire, die Ausfuhr auf 1072 Millionen Lire. Eingeführt müssen werden Kohlen, Getreide und Baumwolle; ausgeführt werden Seide und Seidenwaren, Öl, Wein, Südfrüchte, Strohwaren, Eier, Schwefel, Marmor, Reis und Weinstein. Die Industrie ist mit Ausnahme der landwirtschaftlichen noch im Entstehen begriffen. Seidenspinnereien gab es in der Provinz Florenz z.B. 34 mit 1341 Arbeitern; Wollen- und Baumwollenfabriken beschäftigten 1894 über 30000 Arbeiter und fertigten Produkte für 75700000 Lire. Eine speziell italienische Industrie ist die Strohflechterei. Der Mittelpunkt ist die Provinz Modena, wo man aus Weidenbast die Späne schneidet und diese zu Bändern zusammenflicht. Das Strohgras wird vornehmlich in Florenz verarbeitet. Eisengiessereien und Schmelzöfen bestehen nur wenige, die meisten in Ligurien und bei Neapel. Eine Kanonengiesserei wurde in Terni, nördlich von Rom gegründet, und Schiffswerften sind die Cantieri Orlando zu Livorno und Armstrong bei Pozzuoli. Chemische Produkte fertigt das Land nur in geringer Menge, da die deutsche und englische Ware den Markt völlig beherrscht und weniger kostet. Die vorzüglichen Thone haben an vielen Punkten Ziegeleien und Töpfereien hervorgerufen, und Glasbläsereien sind eine Spezia- lität Toskanas. In Venedig fertist man buntes Glas und spinnt das- selbe kunstvoll zu allerhand Gegenständen. In Murano bei Venedig besteht eine berühmte Mosaikfabrik. Glasperlen werden massenhaft ausgeführt und hatten in den S0er Jahren allein einen Wert von über 7 Mill. Lire. Ein anderes Gewerbe, die Goldschmiedekunst, erfreut sich inter- nationaler Begünstigung. Rom, Florenz und Venedig sind die nam- haftesten Plätze dafür. Genua und Neapel haben ferner Korallen- arbeiten, Perlenschmuck und Schildpattartikel als Besonderheit. Auffallend ist an vielen Orten der Hausierhandel, in dem vielfach die jungen Leute und Männer ganzer Dörfer lange Zeit abwesend sind, aber zu einem bestimmten Tage wieder heimkehren. Mit der Landwirtschaft im Zusammenhang stehen Zuckerraffinerien, Spirituosenfabriken und vor allem die Bereitung der weltbekannten Nudeln. Einzelne Provinzen liefern 55000 Centner und darüber. Die besten Nudeln stammen aus dem Neapolitanischen. Die Kapitel 13—16 sind den staatlichen Einrichtungen, der Kirche, der Kunst und Wissenschaft, sowie der Chorographie des Landes gewidmet. te In der gesamten Verwaltung ist mit bewunderungswürdiger Konsequenz die reine Lehre des Konstitutionalismus durchgeführt. Es ist der Selbstverwaltung und Selbstbestimmung weitester Spiel- raum gewährt, sodass Freiheit des Einzelnen und der grossen Körper- schaften die eigentliche Signatur der italienischen Staatsverfassung ist. Aber eine solche freiheitliche Verfassung setzt Gewissenhaftigkeit und Uneigennützigkeit der Beamten voraus. Davon ist aber wenig zu merken. Die Ehrenämter sind gewissermassen die Milchkühe, die man melken muss, solange man am Ruder ist, und öffentliche Gelder scheinen nur dazu vorhanden zu sein, um sich mit ihnen unter irgend emem Vorwande die Taschen zu füllen. Dass das Volk unter diesen Verhältnissen leidet, ist selbstverständlich ; eine straffere Re- gierung thäte not, und ein besser gestelltes Beamtentum würde ein wahrer Segen sein. Die Friedensstärke des Heeres beträgt bei allgemeiner Wehrpflicht 205000 Mann, die sich im Kriegsfalle auf über 3 Millionen erhöhen. Gegenwärtig bestehen 12 Armeekorps, zu 2 Divisionen, 4 Brigaden und 8 Regimentern jedes, nebst 1—2 Regimentern Kavallerie und 2 Regimentern Artillerie. Dazu kommen noch die Gendarmen (Cara- binieri) und deren Schülerbataillone, die nur aus tüchtigen, um- sichtigen und vor allem ehrlichen Männern sich zusammensetzen. Rekrutierung und Mobilisierung der Armee fällt den 24 Divisions- kommandos zu. Die Kriegsrüstung erfordert einen für das verschuldete Land fast zu hohen Aufwand von Geld, nämlich ein Siebentel der gesamten Staatsausgaben. Man macht daher die angestrengtesten Versuche, die Ausgaben einzuschränken. Im Jahre 1897 besass das Land 328 Kriegsfahrzeuge, unter denen Schlachtschiffe und Blokadebrecher bedeutend überwiegen, während Kreuzer nur in geringer Zahl vorhanden sind. Den Abschnitt über die Gerichtsverfassung leitet Prof. Deecke mit der Bemerkung ein, dass dieselbe nach französischem Muster gebildet ist und auf dem Code Napoleon fusst. Die Stellung der Richter ist im allgemeinen ziemlich unabhängig, doch leidet die Rechtsprechung an zwei Fehlern: an der Überbürdung der Richter und an den Künsten der Verschleppung. Die Zahl der Verbrechen ist in Italien ungemein gross. So kamen im Jahre 1892 auf 100000 Einwohner 2179,63 Verbrechen, eine Ziffer, die augenscheinlich durch die traurige wirtschaftliche Lage des Landes hervorgerufen wird. Durchschnittlich werden 10mal soviel Morde begangen als bei uns, die Verletzungen ohne tötlichen Ausgang sind noch weit zahlreicher. Dagegen ist in betreft des Dieb- stahls unser Vaterland Italien überlegen. Zur Erleichterung der Überwachung hat man die Zuchthäuser und Sträflingsanstalten auf Inseln oder isolierte Felsen verlegt, an deren Fuss die Wachen umherwandern. Vielfach werden die Sträf- linge unter scharfer Aufsicht in Bergwerken und ähnlichen Betrieben beschäftiet. Vollständig ungenügend ist die Überwachung der unter Polizeiaufsicht gestellten Entlassenen. Sie verschwinden, wenn sie wollen, oder gehören der Camorra an. Die geheimen Gesellschaften, die eine verbotene Steuer von andern Unbeteiligten einziehen, sind eine alte italienische Ein- richtung. Berühmt sind die Carbonari aus dem Anfange unseres Jahrhunderts, ebenso die Camorristen, deren Wühlereien der rasche Sieg Garibaldis in Unteritalien zu verdanken ist. Heute ist die Camorra nur noch ein verbrecherischer Bund. Dass das Brigantentum in Latium und Unteritalien, sowie auf Sizilien und Sardinien noch nicht ausgerottet ist, dürfte bekannt sein. Fremde sind aber im allgemeinen ziemlich sicher, da die Leute nicht wissen, ob die Beute lohnt, und da sie bei Einmischung einer fremden Macht doppelt scharfe Verfolgung befürchten müssen. Die Finanzangelegenheiten des Staates sind an die Ministerien der Finanzen und des Schatzes verteilt. Versteuert ist alles Denk- bare und fast alles mit Abgaben überlastet. Daher sind Steuer- hinterziehungen an der Tagesordnung, ja, werden gewissermassen als Sport betrieben. Der grösste Teil der Staatseinnahmen wird zur Bestreitung der Kosten für Heer und Marine und zur Verzinsung der riesig an- geschwollenen Staatsschulden verbraucht. Allein für letztere sowie für schwebende Schuld waren im Budget 1897/98 beinahe 800 Mill. Lire bestimmt! Zur Aufgabe des Schatzministers gehört ausser der Schulden- überwachung die Beaufsichtigung der mit der Ausgabe von Papier- geld beauftragten Bankinstitute Es sind fünf an der Zahl. Banco di Napoli und di Sicilia, welche aus alten Kapitalstiftungen hervor- gegangen sind, dürfen ihre Reineinnahme nur zu gemeinnützigen und wohlthätigen Zwecken verwenden. Eine Art Landplage sind die Baubanken, weil sie nur kümmer- lich vegitieren und die Städte mit scheusslichen neuen Stadtvierteln beschenkt haben. Bankinstitute werden überall mit der grössten 151 Leichtigkeit gegründet, verfallen aber sofort wieder, wenn die Gründer ihr Geschäft gemacht haben. Die erste Eisenbahnlinie Neapel-Portici wurde im Jahre 1839 eröffnet. Heute besitzt das Land rund 16000 Kilometer Schienen- wege. Ausser einigen kleineren haben augenblicklich vier grosse Aktiengesellschaften die gesamten Eisenbahnen in den Händen. Von ihren Roheinnahmen bezieht der Staat 27a %, der Reservefonds 10 % und die Gesellschaft für den Betrieb 621g %. Der Staat ist Eigentümer und hat an die Gesellschaften auf 60 Jahre verpachtet und leistet einen Beitrag zu den Baukosten. Bei dieser Zwitter- stellung zwischen dem Staat als Eigentümer und den Gesellschaften als Betriebsunternehmern blieben die Eisenbahneinrichtungen vielfach hinter denen anderer Länder zurück. Die Bahnhöfe sind veraltet und höchst unbequem, die Zuverlässigkeit des Dienstes ist sehr schwankend, doch fährt man auf den Bahnen im allgemeinen sicher. Die Beamten werden dürftig bezahlt und sind Trinkgeldern sehr zugänglich; Klagen über die Unsicherheit des Passagiergepäckes sind nicht selten. Das Strassennetz hat eine bewunderungswürdig rasche Ausgestal- tung erfahren. Allerdings hat sich im Gebirge der Verkehr an die neuen Wege noch nicht gewöhnt, sondern schlägt stets die alten, steilen, kürzern Maultierpfade ein, weil man wenig fährt, mehr reitet und die Waren auf Lasttieren befördert. Ausser auf diesen werden Lasten und Personen auf zweiräderigen Karren fortbewegt. In den ebenen Gebieten verkehren auf und neben den Strassen seit 1878 eine Menge von Dampftrams, die zusammen eine Länge von 2851 km erreichen. An Pferde- resp. Maultierbahnen, sowie mit Motoren betriebenen Schienenwegen ist in den Städten kein Mangel; ebenso finden sich Seilbahnen in Neapel, Orvieto, auf dem Vesuv u. a. Schiffbare Wasserstrassen besitzt das Land wenig, eigentlich nur das Stromgebiet des Po. Im ganzen sind 1540 km schiffbare Flüsse und 1055 km Kanäle vorhanden. Post und Telegraph unterstehen einem eigenen Minister und werfen einige Millionen Reinertrag ab. Die Beförderung von Personen und Briefschaften liegt im Gebirge in den Händen von Privatunter- nehmern, doch ist eine Fahrt in einer solchen Personenpost höchst ungemütlich und gelegentlich nicht ohne Gefahr. Noch immer ist trotz des herrschenden Schulzwanges in Italien die Zahl der Analphabeten sehr bedeutend. Betrug sie doch 1881 bei den Rekruten noch 47,74 %, bei den sich verheiratenden Männern 46,68 % und bei den Frauen gar 68,90 %! Kein Wunder daher, dass öffentliche Schreiber noch immer in den grössern Städten anzutreffen sind. Der Volksschulunterricht ist zwar kostenfrei, umfasst aber nur die Zeit vom sechsten bis zum neunten Jahre. Bei den höheren Schulen, die man einteilt in ginnasi (Progymnasien) und licei (Schulen von Obersekunda an aufwärts), sind die Leistungen recht bescheiden und kommen beim Reifeexamen denen eines deutschen Obersekundaners kaum gleich. Bei der Frühreife der italienischen Knaben glauben die ginnasisti und natürlich erst recht die liceisti sich in alle poli- tischen Dinge mischen zu müssen. Sie veranstalten politische De- monstrationen, bringen Ministern Katzenmusiken und werden von Deputierten als die Träger des Idealismus gefeiert und beruhigt. Dass sie später auf der Universität recht unruhige Elemente sind, leuchtet ein. Die Erziehung der Mädchen liegt fast ganz in den Händen geistlicher Orden und geschieht meist in Internaten. Das Internats- wesen ist ebenso ausgebreitet wie in Frankreich und muss als ein Krebsschaden für das Land angesehen werden. An Hochschulen besitzt die Halbinsel siebzehn staatliche und vier private. Nicht alle haben aber sämtliche Fakultäten. Die Studienzeit ist in Jahre eingeteilt, nicht wie bei uns in Semester. Für jedes Jahr ist ein bestimmtes Pensum vorgeschrieben. Am Schlusse ıst ein Examen erforderlich, dessen Bestehen die Erlaubnis giebt, die Disziplinen des nächsten Kursus zu hören. Für die Durch- gefallenen pflegt im März ein zweites Examen abgehalten zu werden. Ein Wechsel der Universität während des Studiums kommt selten vor; die Zuhörerschaft trägt daher, ausser in Neapel, ein durchaus provinzielles Gepräge. Den Schluss des Studiums bildet das Examen um die Laurea, welche Staatsexamen und Doktor zugleich ist; die Arbeit (tesi) und die Thesen (tesine) werden nicht gedruckt. Gross ist der Andrang zur Juristerei und zur Medizin, da ja besonders die erstere den Weg zur politischen Karriere eröffnet. Theologie ist nirgends vertreten, da die Geistlichen in besonderen Priesterseminaren ausgebildet werden. Die Professoren werden, da Kollegiengelder nicht erhoben wer- den, ausschiesslich vom Staate besoldet. Sie spielen im öffentlichen Leben eine hervorragende Rolle Ihre Stellung ist unabhängig, da 155 sie nur dem Minister und in Disziplmarsachen dem consiglio superiore unterworfen sind. Aus dem sehr eingehend behandelten Abschnitt über Kirche und Kultus seien hervorgehoben die Stellung des Papstes gegenüber der Regierung, die Verschleuderung der vom Staate eingezogenen Kirchengüter, sowie die Beteiligung der Bewohner am religiösen Leben. Dass die katholische Kirche durch Prunk, Umzüge und Schaustellungen den Sinn des Volkes zu fesseln sucht und versteht, wird überzeugend nachgewiesen. Viel Aberglauben steckt noch im italienischen Volke; man trägt ein Amulet, um dem Einfluss der bösen Geister zu entgehen; beson- ders gefürchtet ist der böse Blick (mal occhio), während man die »Hexen« aufsucht, um von ihnen Wichtiges zu erfahren. Eine grosse Rolle spielen die Wallfahrten, und da viele be- suchte Heiligtümer bestimmten geistlichen Orden zugehören, so sorgen diese natürlich für den Besuch und Ruf. Solche geistliche Orden sind in Italien trotz der staatlichen Reform noch in grosser Menge vorhanden. Von Mitgliedern nichtkatholischer Religionsgesellschaften sind zu erwähnen gegen 60.000 Protestanten, darunter 22000 Waldenser, und gegen 50000 Juden. Protestanten wie Juden haben alle Ausgaben für kirchliche Zwecke selbst aufzubringen. Dass das italienische Volk Jahrhunderte hindurch Grosses, ja Unsterbliches in der Kunst und Wissenschaft geleistet hat, ist un- bestreitbar. Noch immer ist Italien das klassische Land der Kunst, an dessen Reichtum sich jahraus, jahrein Tausende von Fremden erfreuen. Auch der Verfasser unseres Werkes hat viele Jahre lang am Lebensbaum italienischer Kunst sich gelabt, und mit besonderer Wärme spricht er in dem der Kunst gewidmeten Kapitel von der Architektur, Malerei und Skulptur der Halbinsel. Der Musikverständige wird die Bemerkungen über italienische Musik mit Interesse lesen. Nach einer Untersuchung über den Stand der Schauspielkunst und des T'heaters beschäftigt sich Herr Prof. Deecke ausführlich mit der Sprache des Landes und dem Wesen der einzelnen Dialekte Hieran schliesst sich in knappen Umrissen eine Litteraturübersicht, beginnend mit Dante und endigend mit Fogazzaro und Carducci. Bemerkenswert sind die Angaben über die Akademien, in denen sich das wissenschaftliche Leben vereinigt. Man zählt deren 17 in ver- schiedenen Städten, zu denen noch einige Gesellschaften hinzukommen. Die Aufgabe aber, die archäologischen Funde zu beschreiben, hat der [SH 154 Staat selbst in die Hand genommen, wie er auch die Fundstücke selbst in Kunstsammlungen ersten Ranges aufbewahrt. Dass auch in den exakten Wissenschaften Italien berühmte Männer gestellt hat, das bezeugen die Namen Galilei, Leonardo, da Vinci, Torricelli, Volta, Galvani und Schiaparelli. Allerdings soll nicht verschwiegen werden, dass die heutige Wissenschaft in Italien auf keinem Gebiete an die Vergangenheit heranreicht. Den Schluss dieses geistreichen Kapitels bildet ein Bericht über das italienische Zeitungswesen. Die wichtigsten Blätter werden auf- gezählt und dabei die Erscheinung erwähnt, dass selbst die grössten nur selten mehr allgemeinen und belehrenden Inhalt haben. Die periodisch erscheinenden Zeitschriften bedienen sich durchgehends eines fliessenden Stiles und guter Ausdrucksweise. Witzblätter sind selten und reichen, da für harmlosen Witz und Humor den Italienern der Sinn abgeht, bei weitem nicht an die deutschen heran. CXXIV. Versammlung am 13. Oktober 1899. Vorsitzender: Professor Sartori. Der Vorsitzende legt einige als Geschenke eingegangene Bücher und Kartenwerke sowie einige Glacialprofle von Lauenburg vor, welch letztere den Mitgliedern zur Verfügung stehen. Als neue Mitglieder sind aufgenommen: Herr Buchhändler Richard Brunn, Herr Dr. Siemers, Herr Oberlehrer Dr. Ohnesorge, Herr Direktor Rey. Ausgetreten ist Herr Kunstgärtner K. Gustav Hartwig. Herr Dr. Merkus hält den angekündigten Vortrag »Über die Buren,« in welchem die geschichtliche Entwicklung dieses Volkes und seine gegenwärtige politische Lage mit Rücksicht auf den Krieg mit Eng- land dargestellt wird. An den lebendigen Vortrag schliesst sich eine längere Diskussion. CXXV. Versammlung am 24. November 1899. Vorsitzender: Professor Sartori. Der Vorsitzende teilt mit, dass folgende Schriften eingegangen sind: Eine Denkschrift über den Congres Colonial interne, vom französi- schen Ministerium der Post und Telegraphie. Prof. Dr. Günther »Über Erdbeben in Deutschland.« Klossowsky »Notre Planete.« Buschau »Bornholm.« Prof. Zdenko Ritter Schubert v. Soldern »Bochara und Samarkand.« Von Herrn Prof. Dr. Wahnschaffe- Charlottenburg ist ein Dankschreiben eingelaufen, betr. die freundliche Aufnahme, welche den Teilnehmern des Glacial- Ausfluges seitens der Geographischen Gesellschaft zu Teil geworden. Herr Oberlehrer Schneermann hielt den angekündigten Vortrag über »Eine Wanderung durch das Wesergebirge« An der Hand einer Tafelskizze veranschaulichte er die Lage der einzelnen Ketten des Gebirges, sowie der in Frage kommenden Örtlichkeiten und gab eine eingehende Schilderung des Gebietes von Alfeld a. d. Leine bis zum Wittekindsberge Vom Hils ausgehend, führte er die Zuhörer über den Kamm des Ith und rühmte dessen landschaftliche Schön- heit, die sich in malerischen Felsgruppen, und prächtigen Buchen- wäldern darthut. Auch die Osterwalder Berge sind reich an schattigen Wegen und freundlichen Ausblicken. Durch den Saupark bei Springe, vorbei an dem Kaiserlichen Jagdschloss, ging die Wanderung auf den Deister und dann westwärts zur alten Rattenfängerstadt Hameln. Der Klüt am linken Weserufer gehört wegen der umfassenden Aus- sicht zu den viel besuchten Punkten der Gegend. Als nächstes Ziel galt der Süntel mit dem steil aufragenden Hohnstein, und über die Paschenburg, vorbei am lauschig gelegenen Steinbergen mit seinen gewaltigen Buchen, wurde nach kurzem Besuch des Schlösschens Ahrensburg das Schwefelbad Eilsen erreicht, das sich an den schön bewaldeten Harrl anlehnt. Den Glanzpunkt der Weserberge bilden die Luhdener Klippen bei Rinteln, von deren Höhe der Blick auch den Teutoburger Wald und das Steinhuder Meer umfasst. Am Schluss der Ausführungen standen die Beschreibung der beiden Pfeiler der Westfälischen Pforte und ein Dichtergruss an die lieb- liche Weser. Der Vorsitzende, Herr Prof. Sartori, machte eine Reihe von Mit- teilungen über »Die sozialen Verhältnisse der Eskimos.« Er betonte das unterscheidende Merkmal ihrer Organisation: die grosse Schwäche der Autorität. Bei ihnen giebt es keinen Befehlshaber, keine Gerichte, keine Volksversammlungen zum Ausdruck der Einheit. Nur freie Versammlungen sind ihnen eigen, in denen satirische Wettkämpfe stattfinden. Zwar giebt es Häuptlinge, aber ohne zwingende Macht, nur als Führer der gemeinsamen Jagden, sowie Priester oder Zauberer, 53 156 denen mancherlei Verpflichtungen obliegen. Jedes Individuum hat, der Natur des Landes entsprechend, die Mitwirkung anderer zum Leben nötig. So auch die Familie. Daher beziehen im Winter mehrere Familien eine Hütte, die so leichter zu erwärmen ist. Die einzelnen Haushaltungen sind dabei stets durch Zeltwände getrennt. Die Bewohner eines solchen Hauses gehen gemeinsam auf die Jagd; sie alle nehmen teil an der Jagdbeute. Reicht diese einmal nicht aus, so werden die Kinder vor den Erwachsenen begünstigt. CXXVI. Versammlung am 22. Dezember 1899. Vorsitzender: Professor Sartori. Als neue Mitglieder sind aufgenommen: Herr Privatmann Michelsen, Herr Assessor Brüggmann, Herr Steuerrat Rheinen. Ausgetreten ist Herr Kommerzienrat Pflüg. An Geschenken sind eingegangen: Günther »Geograph. Studien« 1—6, Sonderabdrücke von Arbeiten des Dr. Karutz. Vortrag des Herrn Prof. Sartori »Aus dem heiligen Lande.« Bericht des Herın Dr. Ed. Hahn über den internationalen Geographen- Kongress in Berlin. Vortragender überwies der Gesellschaft eine Samm- lung der bei Gelegenheit des Kongresses überreichten Publikationen. CXXVII. Versammlung am 19. Januar 1900. Vorsitzender: Professor Sartori. Eingegangen ist die Festschrift des Lübecker Museums, herausgegeben aus Anlass des hundertjährigen Bestehens der Sammlungen. Herr Dr. Ed. Hahn berichtet über den Internationalen Geographen- kongress in Berlin vom 28. September —4. Oktober 1899. Es war das erste Mal, dass der Internationale Geographenkongress nach Deutschland kam und wir Deutsche können damit zufrieden sein, denn es war ein voller Erfolg. Unter dem Vorsitz Herrn von Richthofen's tagte die Versamm- lung, etwa 1700 Teilnehmer, darunter wohl 600 Fremde (ein noch nicht erreichter Prozentsatz), in dem wunderschönen, eben neu be- zogenen Abgeordnetenhause Die Kongressteilnehmer haben viel weniger unter der angeblich schlechten Akustik des Hauses zu leiden gehabt, wie die Klagen aus dem Hause vermuten liessen. Der Kongress stand als Ganzes ohne Zweifel im Zeichen der antarktischen Forschung. In dieser Hinsicht war nicht nur der hochverdiente alte Präsident der Royal Geogr. Society, Sir Clemens Markham aus London, gekommen, sondern auch der in deutschen Kreisen wohlbekannte Sir John Murray, der Leiter der grossen Challenger-Expedition. Die markanteste Persönlichkeit des Kongresses war und blieb Frithjof Nansen, der geniale Lenker der Fram. Neben ihm nahm ein gut Teil der Aufmerksamkeit, jedenfalls viel mehr wie im Programm, der Leiter der künftigen deutschen Südpolarexpedition, Prof. v. Drygalski, in Anspruch. Sonst war die glänzendste Sitzung — und für die deutsche Wissenschaft eine sehr ehrenvolle — die eine Nachmittagssitzung, in der nacheinander Graf Goetzen und Schweinfurth über die Gegend der Nilquellen, Hans Meyer vom Kilimandjaro, Dr. Passarge über die Kalahari und Prof. Regel über Kolumbien sprachen. Aber auch Geologie und Biologie, Meteorologie und Anthropologie, Schulgeographie, Kartographie und die neue Wirtschaftsgeographie kamen zu ihrem vollen Recht. Besonders stark vertreten war die Seenforschung, zu der ein Franzose, ein Italiener, ein Russe und zwei Deutsche sprachen. Als wichtigste Resultate der Geschäftsdebatten lassen sich wohl bezeichnen, dass die Annahme der Celsiusgrade durch die Engländer einen Schritt vorwärts gekommen ist, ferner wurde die Angabe der Entstehungsdaten und des Massstabes auf Karten gewünscht und schliesslich die Bibliographie, die der verdiente Hr. Baschin-Berlin seit Jahren herausgiebt, zur internationalen Annahme empfohlen. Wie bei allen internationalen Kongressen nahm eine glänzende Geselligkeit einen grossen Teil der Teilnehmer in Anspruch. Der Reichskanzler lud 500 Teilnehmer zu sich; die Stadt Berlin (Souper für 1800 Teilnehmer im Zoologischen Garten), die Gesellschaft für Erd- kunde traten als Gastgeber auf. Auf Veranlassung des Kaisers fand eine Festvorstellung (Die Meistersinger) im Theater statt. Die festliche Seite des Kongresses trat noch besonders stark hervor bei dem über- aus glänzenden Empfang m Hamburg, bei dem aber die Wissenschaft leider garnicht mehr beteiligt war. Bekanntlich schloss sich an den Geographentag, dem eine An- zahl anderer wissenschaftlicher Ausflüge vorausgegangen war, eine IS) 158 Exkursion zur Untersuchung einiger glazialgeologisch wichtiger Punkte in der norddeutschen Tiefebene an, der für unsere alte Stadt beson- deres Interesse hatte, weil die etwa 40 Teilnehmer den ersten Abend in unsern Mauern zubrachten. Unter ihnen hatten wir das Vergnügen, Herrn v. Drygalski zu sehen. Dr. Hahn konnte damit schliessen, dass ihm von Seiten aller Teilnehmer an diesem Ausflug, die er seit jener Zeit getroffen hat, versichert sei, wie gerne sie in lebhaftester Art an die an- genehmen Abendstunden und den folgenden herrlichen Vormittag in unserer Stadt zurückdenken. Darauf las Herr Professor A. Sartori eine Reiseskizze eines englischen Juristen, welcher 1894 die hohe Tatra besucht, die Döbschauer Eis- höhle besichtigt und die Lomnitzer Spitze bestiegen hat. Aus der Versammlung wurde im Anschluss daran darauf hingewiesen, dass die Tatra schon seit längerer Zeit von deutschen Touristen eifrig besucht wird. CXXVIII. Versammlung am 23. Februar 1900. Vorsitzender: Professor Sartori. Eingegangen sind Direktor Dr. Schaper »Die erdmagnetischen Elemente für Frank- furt a./M.« Dr. Karutz »Knochengeräte von den Anachoreten.« Pauli »Aus meinem Reiseleben.« Herr Peters machte Mitteilungen über die Buren, sowie über die Negerbevölkerung in den Vereinigten Staaten. CXXIX. Versammlung am 23. März 1900. Vorsitzender: Professor Sartori. Eingegangen sind Schriften von Herın Dr. Karutz (Zur Ethnographie der Matty-Insel) und von Herrn Stiehl. Vortrag des Herrn Dr. Dade über »Akklimatisierung, ihre Bedin- gungen und Aussichten.« CXXX. Versammlung am 25. Mai 1900. Ausgetreten ist Herr Regierungsrat Dr. Geise. Vorstandswahlen für die ausscheidenden Herren Prof. Sartori und Prof. Freund. Gewählt werden Direktor Dr. Müller und Dr. Karutz. 3. Herr Professor Sartori, der langjährige Vorsitzende der ’ 8] fe} Geographischen Gesellschaft, wird in Anerkennung seiner grossen Verdienste zum Ehrenvorsitzenden ernannt. 4. Herr Oberlehrer Schneermann hielt den angekündigten Vortrag »Im bayerischen Hochlande.« Eingehend besprach er das Isarthal bei Mittenwald, sowie das Leben und Treiben in diesem schön gelegenen Städtchen. Der Wetterstemgruppe wurde bei der Schil- derung des Schachen bei Elmau ausführlich gedacht, auch Walchen- und Kochelsee noch mit in den Bereich des Vortrages gezogen. Ein Album mit Photographien der erwähnten Örtlichkeiten war ausgelegt. 160 Mitglieder - Verzeichnis, Ehrenvorsitzender. Sartori, August, Professor. Vorstand. Müller, E. L. J., Dr. phil., Direktor der Realschule, Vorsitzender. Schneermann, Karl Konrad Joseph, Oberlehrer am Katharineum, Stellvertreter des Vorsitzenden. Sauermann, F. C., Kaufmann, Kassenführer. Karute, Richard, Dr. med., Schriftführer. Koschitzky, v., Major z. D., Bibliothekar. Schreiber, v., S., Rentier. Lenz, H. W. Ch., Dr. phil., Professor, Lehrer an der Realschule, Konservator des Naturhistorischen Museums. Ehrenmitglieder. Neumayer, Professor, Dr. phil., Wirklicher Geh. Admiralitätsrat, Direktor der Seewarte in Hamburg. Krauel, Richard, Dr. jur, Gesandter des Deutschen Reichs a. D. in Freiburg im Breisgau. Förster, Wilh., Dr. phil., Geh. Regierungsrat, Professor, Direktor der Kgl. Sternwarte in Berlin. Nansen, Frithjof, Professor, Godhab bei Lysaker, Norwegen. Dr. Klügmann, Ausserordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister der Hansestädte, Berlin. Schaper, Dr. phil., Direktor des Realgymnasiums in Meiningen. Korrespondierende Mitglieder. Pauli, Gustav, Privatmann, Berlin. Mechow, von, Major a. D., Ritter, Strassburg. Münzenberger, Adolf, General-Superintendent der Corallitos - Kompagnie, Corallitos, Chihuahua, Mexiko. Wissmann, v., H., Major. Kiepert, Rich., Dr. phil., Redakteur des Globus, Berlin. Deecke, Wilhelm, Dr. phil., Ausserordentlicher Professor an der Universität Greifswald. Ave-Lallemant, Hermann, Professor an der Universität San Luis, Argentinien. Krüger, Paul, Dr. phil., Professor an der Universität Santiago, Chile. Hahn, Eduard, Dr. phil., Berlin. Hiesige Mitglieder. Baethcke, Ludwig Hermann, Dr. phil., seit 1882. Behn, Carlos, seit 1891. Behncke, Heinrich Leo, seit 1882. Behrens, Heinrich, seit 1882. 161° Bertling, Heinrich Friedrich, Senator. Bödeker, Eduard Heinrich, seit 1892. Born, Hermann, seit 1880. Boy, Hermann August Friedrich Josef, seit 1893. Boye, Johannes Christian Gottfried, seit 1897. Brattström, Karl Alfred, seit 1892. Brecht, Ernst Walter, seit 1882. Brehmer, Wilhelm, Dr. jur., Senator. Brehmer, August, seit 1882. Brockmöller, Heinrich Johann Julius, seit 1892. Brumn, Richard, seit 1899. Brüggen, Heinrich Joachim, seit 1894. Buck, Heinrich Theodor, seit 1882. Brügmann, A. E., seit 1899. Burmester, Johannes Jakob, seit 1883. Carstens, Ernst Heinrich Karl, seit 1883. Carstens, Casimir, seit 1893. Cohn, Salomon Lazarus, seit 1892. Coleman, Charles, seit 1887. Dade, Heinrich, Dr. med., seit 1889. Deecke, Johannes Hermann Adolf, Senator, seit 1884. Diestel, Johannes Franz Paul, seit 1885. Erasmi, Adolf, seit 1882. Erasmi, Heinrich Christian Theodor, seit 1887. Eschenburg, Bernhard Friedrich, Dr. phil., seit 1882. Eschenburg, Johann Hermann, Senator, seit 1891. Faber, Otto Ludwig, seit 1888. Fehling, Emil Ferdinand, Dr. jur., Senator, seit 1884. Fehling, Hermann Wilhelm, seit 1882. Freund, Karl Gottfried. Heinrich, Dr. phil., seit 1885. Fromm, Rudolf, seit 1900. Gaedertz, Paul Maximilian, seit 1896. Gaedertz, Heinrich, seit 1882. Gagzow, Richard, Dr. med., seit 1898. Genzken, Wilhelm Hermann August, Dr. phil., seit 1883. Görtz, Heinrich Adolf, Dr. jur., seit 1883. Gosch, Heinrich Rudolf, seit 1897. Hach, Arnold Heinrich Theodor, Dr. jur., seit 1889. Hahn, Julius Hermann, seit 1892. Hamann, Johann Heinrich Wilhelm, seit 1896. Hammerich, Adolf Johann Karl, Dr. med., seit 1882. Hartung, Karl, seit 1884. Hartwig, Friedrich Heinrich Johannes, seit 1885. Hausberg, Heinrich, Dr. phil., seit 1883. Hazxthausen, v., Otto, seit 1896. Heberle, Karl Wilhelm Otto, seit 1898. Heitmann, Johanmes Adolf, seit 1883. Heitmann, Joachim Heinrich, seit 1897. Heyke, Wilhelm Heinrich, seit 1882. Hoffmann, Paul Moritz, seit 1882. Hoppenstedt, Karl Ernst August Ludwig, seit 1891. Jänisch, Edmund, seit 1885. 11 162 Karutz, Heinrich Ludwiy Matthias Richard, Dr. med., seit 1896. Kermer, Gustav Rodo, seit 1883. Klug, Heinrich, Dr. jur., Bürgermeister, seit 1882. Koch, Adolf Ferdinand, seit 1891. Kohrs, Wilhelm, seit 1898. Koschitzky, von, Max Friedrich Franz Edgar Bogislav, seit 1889. Krohn, Karl Heinrich August, seit 1882. Küstermann, Friedrich Hermann, Dr. phil., seit 1882. Lange, Hermann, seit 1882. Lenz, Heinrich Wilhelm Christian, Dr. phil., seit 1882. Linau, Kay, Dr. jur., seit 1895. Linde, Friedrich August Hermann, seit 1882. Lübcke, Robert, seit 1887. Merkus, Johann Kaspar Wilhelm, Dr. jur., seit 1892 Mertens, Christian Adolf Eduard, seit 1883. Mestorff, Peter Johann Adolf, seit 1899. Meyer-T'ranbjerg, Theodor Amandıus, seit 1891. Michelsen, K. G., seit 1899. Mollwo, Ludwig Wilhelm Heinrich, seit 1882. Mollwo, Karl, Dr. phil., seit 1898. Müller, Ernst Ludwig Julius, Dr. phil., seit 1882. Nachtwey, Heinrich Johannes Friedrich, seit 1892. Neumann, Johann Martin Andreas, Dr. jur., seit 1894. Noering, Alfred Georg, Dr. med., seit 1899. Nöhring, Johannes Heinrich Franz, seit 1885. Nöhring, Richard, Dr. med., seit 1897. Ohlsen, Simon Heinrich Gottfried, seit 1884. Ohmesorge, Wilh., Dr. phil., seit 1899. Otte, Hermann Peter Karl, seit 1883. Pabst, Gustav, Dr. jur., seit 1882. Paul, Hermann Julius, seit 1897. Pauli, Anton Philipp, Dr. med., seit 1883. Peters, Berthold Adolf August, seit 1893. Pfaff, Karl August, seit 1890. Pierstorff, T’heodor, seit 1883. Plessing, Karl Theodor, seit 1886. Possehl, Johann Ludwig Emil, seit 1883. Rahtgens, Johann Nikolaus Hinrich, seit 1882. KRahtgens, Karl Gottfried Lucian, seit 1892. Reehder, James, seit 1884. Rehder, Peter, seit 1885. Rehtwisch, Julius Friedrich, seit 1895. Reimann, Gustav Adolf, Dr. phil., seit 1882. Reimpell, Georg, seit 1896. Rey, Adolf, seit 1899. Feheinen, Georg Wilhelm Ludwig, seit 1899. Rose, Adolf, seit 1885. Rose, Johann Adolf, Dr. med., seit 1882 Sack, Theodor Karl Gustav, Dr. phil., seit 1899. Sartori, Heinrich Friedrich T’heodor, seit 1882. Sauermann, Friedrich Karl, seit 1886. Scharff, Heinrich Gustav, seit 1887. 163 Scharff, Karl, seit 1895. Schmedes, Christian Nicolaus Wilhelm Adolf, seit 1897. Schmidt, Gustav Ludwig Julius, seit 1883. Schmidt, Max, seit 1885. Schneermann, Karl Konrad Joseph, seit 1890. Schorer, Theodor, seit 1883. Schreiber, von, Sigismund, seit 1883. Schröder, Karl Nikolaus, seit 1896. Schultz, Heinrich Josef Georg August, seit 1883. Schulze, Franz Lowis Karl, Dr. phil., seit 1886 Schütt, Heinrich Gotthard Ludwig, seit 1883. Siemers, Eduard Wilhelm Rudolf, Dr. med, seit 1899. Siemssen, Christian August, seit 1883. Sönnichsen, Peter Wilhelm, seit 1886. Steffen, Jacob Hinrich, seit 1893. . Stolterfoht, Gottlieb Nikolaus, seit 1887. Trummer, Ludwig Adolf, seit 1893. Uter, Friedrich Christian Wilhelm, Dr. med., seit 1896. Veers, Johann Heinrich, seit 1890. Vermehren, Julius, Dr. jur., seit 1885. Warncke, Hermann, seit 1884. Wattenberg, Oskar, Dr. med., seit 1892. Weidmann, Konrad, seit 1892. Wengenroth, Wilhelm T’'heodor, seit 1893. Werner, Gustav Ferdinand, seit 1882. Weyrowitz, Karl Johann, seit 1885. Weyrowitz, Karl, seit 1899. Wodick, Edmund, seit 1893. Wolpmann, Emil August Wilhelm, Senator, seit 1893. Zillich, Johannes, Dr. phil, seit 1884. a — — Fr 1b“ 164 Verzeichnis der Gesellschaften, Vereine, Redaktionen, mit denen die Geographische Gesellschaft in Lübeck im Schriftenaustausch steht. Deutschland. Afrika, Monatsschrift des Evangelischen Afrika-Vereins. Berlin, Gesellschaft für Erdkunde. — Zentralverein für Handelsgeographie und Förderung deutscher Inter- essen im Auslande. — Deutsche Kolonialgesellschaft. Bonn, Niederrheinische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. Bremen, Geographische Gesellschaft. Dresden, Verein für Erdkunde. — Zentralkommission für wissenschaftliche Landeskunde Deutschlands. Elberfeld, Naturwissenschaftlicher Verein. Frankjurt a. M., Verein für Geographie und Statistik. Giessen, Oberhessische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. Greifswald, Geographische Gesellschaft. Halle a. $., Verein für Erdkunde. — Kaiserlich Leopoldinisch - Carolinische Deutsche Akademie der Naturforscher. Hamburg, Geographische Gesellschaft. Hannover, Geographische Gesellschaft. Jena, Geographische Gesellschaft in Thüringen. Kassel, Verein für Naturkunde. Kiel, Naturwissenschaftlicher Verein für Schleswig-Holstein. Königsberg, Geographische Gesellschaft. Leipzig, Verein für Erdkunde. — Museum für Völkerkunde. Metz, Verein für Erdkunde. München, Gesellschaft für Erdkunde. Osnabrück, Naturwissenschaftlicher Verein. Stettin, Verein zur Förderung überseeischer Handelsbeziehungen. Stuttgart, Württembergischer Verein für Handelsgeographie und Förderung deutscher Interessen im Auslande. Zwickau, Verein für Naturkunde. 165 Osterreich. Wien, Geographische Gesellschaft. — K.K. Geologische Reichsanstalt. — K.K. Naturhistorisches Hofmuseum. — Verein der Geographen an der Universität Wien. — K.K. Militärgeographisches Institut. Linz a. D., Museum Franeisco-Karolinum. Herrmannstadt, Siebenbürger-Karpathenverein. Schweiz. Aarau, Mittelschweizerische Geographisch-Kommerzielle Gesellschaft. Bern, Geographische Gesellschaft. — Schweizerische Naturforschende Gesellschaft. — Naturforschende Gesellschaft von Bern. Neufchätel, Societe Neuchäteloise de Geographie. Genf, Societe de Geographie. Holland. Amsterdam, Nederlandsch Aardrykskunde Genootsschap. Belgien. Brüssel, Societe royale belge de Geographie. Lüttich, Societe d’Histoire et de Geographie de l’Universite de Liege. Frankreich. Paris, Societ6 de Geographie commerciale. — Societe de Geographie. — Le Tour du Monde. Bordeaux, Societe de Geographie commerciale. Havre, Societe de Geographie commerciale. Rochefort sur Mer, Societe de Geographie. Tours, Societe de Geographie. Italien. Rom, Specola Vaticana. Florenz, Societe Africaine d’Italie, Sektion Florenz. Spanien. Lissabon, Sociedade de Geographia. Grossbritannien. Manchester, Geographical Society. Edinburg, Royal Geographical Society. Schweden und Norwegen. Stockholm, Svenska Sällskapet för Antropologi och Geografi. — Svensca Turist vorenigung. Bergen, Redaktion der Zeitschrift „Naturen.“ — Bergens Museum. Stavanger, Museum. Russland. St. Petersburg, K. Russische Geographische Gesellschaft. Kasan, Societe des Naturalistes de l’Universite. Helsingfors, Sällskapet för Finlands Geografi. — Geografiska Föreningen. — Societas pro Fauna et Flora Fennica. 166 Vereinigte Staaten von Nordamerika. Washington, Smithsonian Institution. San Francisco, Geographical Society of California. New-York. American Geographical Society. Madison, Wisconsin, State Historical Society. — Academy of Sciences, Arts and Letters. Südamerika. Santiago, Chile, Deutscher wissenschaftlicher Verein. San Paolo, Brasilien, Commissäo Geographica e Geologica. Buenos Aires, Instituto Geogräfico Argentino. Cordoba, Argentinien, Academia Nacional de Ciencias. Lima, Peru, Sociedad Geografica de Ciencias. Australien. Brisbane, Queensland, Branch of the Royal Geographical Society of Australia. Verzeichnis der als Geschenke eingegangenen Schriften u. Ss. W. Schriften. Koenigswald: Rio Grande do Sul. Berlin 1898. Prof. Dr. $. Günther: Über Erdbeben in Deutschland. Münchener Geographische Studien, 1—6. München 11896...99. A. Klossowsky: Notre Planete. Odessa 1899. Dr. Buschan: Bornholm, im Globus Bd. 75 1899. Prof. Ritter Z. Schubert v. Soldern: Bochara und Samarkand. Wien 1898 —-99. Dr. R. Karutz: Knochengeräte von den Anachoreten, im Internat. Archiv für Ethnographie Bd. XII, Leiden 1899. Zur Ethnographie der Matty-Insel. Ebendaselbst. Zur Ethnographie der Basken, im Globus Bd. 74. Braun- schweig 1898. @. Pauli: Aus meinem Reiseleben. Berlin 1900. Durch Abonnement werden erworben: Petermann’s Mitteilungen. Globus. Deutscher un Österreichischer Alpenverein. Mitteilungen. : He/s Zeitschrift. nalen den Erehaeenkl und Maritimen Meteorologie. Mouvement Geographique. Zeitschrift für Binnenschiffahrt. Abgeschlossen den 30. September 1900. ERSIHTENAN ld I ENkaN DT TR RER EN N ROELBTHERLGN Nr Kan NBEREIDE Kalk allows Nahe CPpErieh ER NIIT D Hit ann ll Ha“ Rn” un Ina UA ® N me Mitteilungen Geographischen Gesellschaft Naturhistorischen Museums LÜBEOK. Herausgegeben vom Redaktions-Ausschuss, Zweite Reihe. Heft 15. DR N Mitteilungen der (eographischen _ Gesellschaft und des Naturhistorischen Museums LÜBECK. Herausgegeben - vom Redaktions-Ausschuss, wanna Zweite Reihe. Heft 15. Tr Lübeck. ZLDüpceEke & Möhrings. ea ao) ML . a $ ß Men y n B f ” U ISE 5 6 R i | ä a = B Mr ki I Inhaltsverzeichnis. DESRTarurtzae Dierateikanischen Hlörnermasken ns Bericht der Geographischen Gesellschaft über das Jahr 1900 . . 2... = 9. Verhandlungen der Geographischen Gesellschaft vom November 1900 bis ENSDEIELOO SE ee. ee ge a e \ o) ® ae ar uıge Rn WER AN 7 NT Die afrikanischen Hörnermasken. Von Dr. Richard Karutz Lübeck. Ei x y“ a Be Ha RN ‘ N h 5 en h N ala AN at ERS N So N \ . £ £ e { x Rh; i Ä Sy { EEE er! Die über alle Welt verbreitete Sitte, zeitweilig Körper und Gesicht durch Hüllen, Verkleidungen oder Masken zu verdecken, ist schon zu einer Zeit der Aufmerksamkeit der Beobachter nicht entgangen, als es sich noch mehr um die Entdeckung von Ländern als von Völkern, mehr um die Erweiterung politischer Macht oder Befriedigung angeregter Aben- teuerlust handelte, als um ein bewusst vergleichendes, phantasiefrei beobachtendes, objektiv und kritisch untersuchendes Studium der Lebens- äusserungen exotischer Rassen. Die oft unerklärlich seltsame, oft wild- verzerrte oder durch ihren treffenden Realismus überraschende Form der Masken, ihre zuweilen jedes Maass übersteigende Grösse, das fremde groteske Bild der lärmenden Tänze und Feste, bei denen sie sichtbar wurden, und deren Eindruck durch die nächtliche Stunde, durch die mondlichtumzauberten Waldplätze oder Dorfstrassen noch gesteigert war, all das trug mühelos dazu bei, dass wir in den Berichten der Reisenden aus Gegenden, in denen der Brauch überhaupt bekannt ist, eine Notiz über Masken selten vermissen. Als sie dann später durch die wachsende Materialaufspeicherung in unseren Museen der näheren Betrachtung in immer grösserer Zahl zugänglich wurden und durch die auf engem Raume deutlicher in die Augen springende Universalität ihres Vor- kommens zu entsprechenden Vergleichen herausforderten, wurden sie bald zu einem interessierenden Gegenstande -.ethnographischer Arbeit. Anfangs einfach beschreibende Darstellung, dann systematisierende Ein- teilung, ist die Maskenkunde inzwischen in das Stadium der psycholo- gischen Ergründung der Sitte eingetreten. Im Sinne einer solchen Entwicklung der Anschauungsweise unseres Gegenstandes bedeutet die vorliegende Arbeit insofern einen gewissen Rückschritt, als sie sich nicht ausschliesslich der Untersuchung des Geisteslebens der Naturvölker bedient, um aus ihm den Gedankengang zu konstruieren, auf dem man zur Erfindung der Maske, zu der Lust oder Notwendigkeit gekommen sein mag, sich bei gewissen Gelegenheiten zu vermummen. Sie geht vielmehr zunächst nur von der Form aus, sucht deren Vorbilder im Wirklichkeitsleben der. Völker zu bestimmen 1* 4 und wendet sich dann erst den psychischen Vorstellungen zu, um aus ihnen die Ursachen für die Übertragung jener Vorbilder bezw. für die unmittelbare Schöpfung der Formen zu ergründen. Nachdem Andree bereits 1886!) die Masken eingeteilt hatte in solche des Kultus, des Krieges, der Totenausstattung, der Justiz, der Schauspiele und Tänze; nachdem Dall?) die nordwestamerikanischen Masken in ihrer Gesamtheit untersucht, und Frobenius?) speciell die afrikanischen Vorkommnisse studiert und in umfassender Darstellung ihren Beziehungen zur Weltanschauung der Neger und zu den Geheim- bünden nachgeforscht hatte, war es vielleicht verspätetes und eitles Bemühen, aus der Fülle der über die weite Welt verstreuten Formen ein einzelnes Motiv herausnehmen und untersuchen zu wollen, den um- fassenden Standpunkt allgemein vergleichender ethnologischer Betrachtung also mit dem niedrigeren, aussichtsbeschränkteren einer Einzeluntersuchung zu vertauschen. Allein, es scheint nur so. Denn wenn auch jener erstere Stand- punkt als der höhere und idealere immer das letzte Ziel bleiben soll, so darf man über ihn den Weg doch nicht vergessen, der zu ihm hinführt, und den wir uns zuvor in der Nähe recht genau angesehen haben müssen, wenn wir bei dem Ausblick von oben keine Täuschungen über seine Richtung erleben wollen. Das ist aber, soweit ich beurteilen kann, nicht im ausreichenden Masse geschehen. Andere sind hierüber der gleichen Ansicht, wie das Kopfschütteln beweist, mit dem das gross angelegte, in seinen Voraussetzungen, Beweisen und Folgerungen so geschlossen und sicher auftretende Maskenwerk von Frobenius aufgenommen wurde. Ich habe selbst neulich in einem kurzen Abriss über westafrikanische Masken‘), der nach der Sachlage allerdings keine eingehendere Kritik geben konnte, auf die Unmöglichkeit hingewiesen, einen manistischen Zusammenhang zwischen den Masken und Geheimbünden Westafrikas heute überall bereits als ausgemacht zu betrachten. Vorsichtige Ethnologen betonen immer von neuem, dass unsere Kenntnisse von der Bedeutung der einzelnen Masken zu endgül- tigen Schlüssen noch lange nicht ausreichen, und ermahnen, wie neuer- dings noch v. Luschan?°) und Foy‘), zu fortgesetzten Einzelunter- suchungen an Ort und Stelle. !) Archiv für Anthropologie, Bd. XVI und »Ethnographische Parallelen und Vergleiche« II. S. 107. ”) Third annual report of the bureau of Ethnology. °) »Die Masken und Geheimbünde Afrikas«. Nova Acta Ac. Caes. Leopoldino. — Carolinae Germ. Halle 1899. »Globus», die Arbeit wird noch im laufenden 79. Bande erscheinen. Verh. d. Berlin. Anthropol. Gesellsch. 1899, S. 632. »Tanzobjekte vom Bismarck-Archipel ete.< Publikat. a. d. Kgl. Ethnographisch. Mus. zu Dresden, 1900. ST og _ u Sen Danach also däucht mir in der That der Rückschritt nur ein scheinbarer, er ist besser als eine Kontrolle unserer Operationsbasis auf- zufassen, die gesichert sein muss, bevor wir von ihr unseren weiteren Vormarsch antreten können. Derartige Detailuntersuchungen sind übrigens in der Völkerkunde nichts Neues, einzelne Waffenarten, einzelne Ornamente haben den Stoff? zu Monographien geliefert, die als Stützen umfassenderer For- schungen nötig waren, und die ihre Unentbehrlichkeit am besten bewiesen haben durch die fruchtbringenden Anregungen, die von ihnen ausgingen, und durch die erhellenden Streiflichter, die sie auf. weitere Gebiete der grossen Völkerkunde warfen. Von dieser ist die Maskenkunde ja schliess- lich nur ein Teil und darf sie nur ein Teil sein. Selbstständigkeitsgelüste führen nicht blos auf die Höhe der Einsamkeit, sondern auch in die Tiefe des Irrtums. In ähnlicher Weise scheint es möglich, dass auch die Specialunter- suchung dieser Arbeit, mag sie zunächst von einem einzigen Motive inner- halb eines einzigen Verbreitungsgebietes der Masken ausgehen, dennoch zur Lösung der grossen Fragen beiträgt, die uns die Maskenkunde hin- sichtlich Entstehung und Übung der Sitte aufgiebt. Vielleicht sogar reichen ihre Wirkungen darüber hinaus in die allgemeine Ethnologie. Zur Rechtfertigung dieser Schrift muss ich noch einen weiteren Punkt berühren. von Luschan zeigte im Jahre 1599 der Berliner Anthropologischen Gesellschaft!) eine Sammlung von Masken und Kopf- aufsätzen aus Kamerun, die Herr Conrau geschenkt hatte, und an denen sich vielfach das Hörnermotiv findet; er besprach bei der Gelegen- heit kurz die verschiedenen Erklärungsversuche und meinte dann: »Zur endgültigen Entscheidung kann die Frage natürlich niemals durch blosse museale Arbeit, sondern nur an Ort und Stelle und mit Hülfe der ein- heimischen Bevölkerung gebracht werden«. A priori ist dieser Standpunkt für eine vorsichtige Behandlung der Frage gewiss empfehlenswert, ich habe in meinem vorhin genannten Aufsatz ebenfalls darauf hingewiesen, dass die Beziehungen der einzelnen Masken zu den Geheimbünden durch zielbewusste Untersuchungen an ‚Ort und Stelle den fremden Kultureinflüssen zum Trotz mannigfach geklärt werden könnten. Allein, es ist mir zweifelhaft, ob wir in der Deutung der Maskenmotive ebenso erfolgreich sein würden, und ob wir verpflichtet sind, jegliche Combination auszusetzen, bis uns Eingeborene ihre Meinungen, um nicht zu sagen ihr Wissen, über sie mitgeteilt haben. Im Jahre 1859 schrieb Bastian) »Der Götzendienst in Bonny findet sich indess schon in dem Auflösungsstadium begriffen, wie er überall EAMAON ?) »Die Westküste von Afrika«, Ausland 1859, No. 38. 6 dem Eindringen fremder Ideen weicht.< Wenn schon damals die heid- nischen Vorstellungen im Verschwinden begriffen waren, was will man heute, nach einem halben Jahrhundert des intensivsten europäischen und islamitischen Einflusses in diesen Gegenden, an Ursprünglichkeit noch erwarten? Die meisten der alten Gebräuche sind dahin. Erhält sich hier und da ein »Überlebsel«, so ist es in weitaus den meisten Fällen ein unbewusster Besitz, und seine Bedeutung im stürmischen Wechsel der letzten Generationen aus den Köpfen der Leute geschwunden. Ich bin durchaus phantastischen Spekulationen, in die so leicht europäische Begriffe und Vorstellungen hineingeraten, abgeneigt; die tolgenden Blätter werden es hoffentlich beweisen. Dass ein Schöpfen an der Quelle das Ideal der ethnologischen Forschung ist, wissen wir Alle, aber die Westküste Afrikas ist kein centralbrasilianischer Urwald. Nicht einmal auf dem entlegenen Neupommern konnte sich das Bewusst- sein von der Bedeutung der Schädelmaske erhalten, wie wir aus den Mitteilungen von Finsch wissen, um wieviel mehr sollten nicht auf dem westafrikanischen 'Tummelplatze der verschiedensten Rassen und Kulturen die Grundanschauungen sich verflüchtigt und die Grundbedeu- tungen sich verloren haben ! Ich meine daher, dass in manchen Fällen Museum und Litteratur uns der Wahrheit näher bringen werden, als die Aussagen der jetzt lebenden Negergeneration, und dass wir zu ihrer vorsichtigen Benutzung auch heute schon berechtigt sind. Was endlich die Wahl des Hörnermotivs zum Vorwurf dieser Arbeit betrifft, so erklärt sie sich einmal aus der höchst eigenartigen, in die Augen stechenden Form, die niemanden vorübergehen lässt, ohne ihn einen Augenblick zu fesseln und zur Frage zu drängen, was und wieviel hinter dieser Form wohl stecken möchte, dann aus der Zahl der bis- herigen Erklärungsversuche, aus der hervorgeht, wie sehr auch Andere an der fremdartigen Erscheinung der Hörnermasken Anteil genommen haben, endlich aus einer jener Zufälligkeiten des Lebens, die sich unge- wollt, ungesollt uns in den Wes stellen und die Richtung unseres Denkens beeinflussen. Der zufällige Erwerb einiger bis dahin überhaupt unbekannter Stücke war es hier, der mich dem Problem näher brachte, mich mit all seinen vielen neugierigen Fragen und nicht gegebenen Antworten anregte und anreizte, der mich dazu trieb, zu vergleichen, zu suchen, zu versuchen. Ich bin aber davon überzeugt, dass erst die Mosaikarbeit vieler solcher und besserer Untersuchungen uns sichtbar weiter bringen und das Bild zusammenstellen wird, aus welchem die Erkenntnis von Sinn, Entstehung und Entwicklung der Masken uns entgegenleuchtet, 1 Die Formen. Abgesehen von einzelnen ungeformten Verhüllungen, wie die Stroh- bündel der Aba Queta bei den Ama Xosa-Kaffern !), stellen die afrika- nischen Masken bald Tierköpfe, bald menschliche Köpfe und Gesichter dar, von denen ein Teil wiederum tierische Embleme, Hörner und Nach- bildungen oder ornamentale Stilisierungen von Schlangen, Vögeln, Eidechsen trägt. Die Hörner sind unter diesen bei weitem in der Mehr- zahl und würden schon deshalb das grössere Interesse beanspruchen können, wenn nicht ausserdem hinzu käme, dass in den Tiermasken fast ausschliesslich gleichfalls gehörnte Tiere vertreten sind, und dieses Zusammentreffen den Schluss auf eine Zusammengehörigkeit nahelegte, die einer Prüfung notwendig bedarf. Die in Betracht kommenden Tiere sind an erster Stelle die Antilope, dann Rind und Ziege, über deren Ver- hältnis zu jener ich im Laufe der Arbeit zurückkommen werde. Die gehörnten Masken nun, von denen allein die Rede sein soll, kommen im ganzen westlichen und, soweit hier die Maske überhaupt bekannt ist, centralen Afrika vor, ihre Formen aber wechseln innerhalb dieses Gebietes ebensosehr, wie die Art der Verbreitung, die sich unseren heutigen Kenntnissen sprunghaft, sporadisch, nur an einigen Stellen geschlossen, typisch zeigt. Hierdurch rechtfertigt sich von neuem die vorhin gegen einen Rückschrittsvorwurf in Schutz genommene Detail- untersuchung, da es ausgeschlossen ist, von vornherein alle jene Masken als ein einheitliches Ganzes aufzufassen, ihre Bedeutung und ihren Ursprung von einem einzigen Gesichtspunkt aus zu prüfen. Im Anfange der Untersuchung haben wir vielmehr die einzelnen Formen festzulegen und gegen einander abzugrenzen, später mögen wir dann das Gemein- same an ihnen herausheben und sie, wenn möglich, in einen organischen Zusammenhang zu bringen versuchen. Die bisherigen Erklärer haben das, wenn ich richtig sehe, nicht immer oder wenigstens nicht immer deutlich gethan, sie sprachen entweder von Hörnermasken im allgemeinen und differenzierten nicht, oder sie beschränkten sich auf ein örtliches Vorkommnis und beachteten nicht die anderweitigen Analogien der Erscheinung. Selbst das grosse Werk von Frobenius, das immer eine gute Quelle hierhergehörigen Materiales bleiben wird, berücksichtigt unseren Gegenstand nur flüchtig, es lässt mehrfach durchblicken, dass sein Verfasser einer totemistischen Erklärung zuneigt, bleibt aber in der Begründung zu aphoristischh um nicht einer breiteren und tieferen Einzelbetrachtung als Ergänzung zu bedürfen. Dazu kommt, dass Frobenius zu wenig systematisch arbeitet und ı) Abbildung bei Frobenius, S. 33, 8 daher nicht die auffallendsten Widersprüche vermeidet. So erklärt er die Hörner einmal als den primären Teil des Schädelpfahles, !) zu dem das Menschengesicht erst sekundär hinzugetreten ist, ein anderes Mal erkennt er in den Hörnern den Beweis für die Abwandlung aus Tier- masken: dort also persönlichster Ahnenkult mit Votivgabe, hier reinster Totemismus mit kompliciertem unbeweisbarem Formübergang. Das Werk desselben Verfassers über den Ursprung der afrikanischen Kulturen beschränkt sich, ebenso wie die »Urgeschichte der Kultur« von Schurtz, auf die im allgemeinen gegebene Erklärung »Totemismus« für die Tiermasken, »Animismus« für alle anderen Masken, ohne auf irgend eine Form einzugehen — für den Charakter der beiden Compen- dien ja auch der richtige Standpunkt. Eine bewusste Trennung und gesonderte ‚Untersuchung ist, soweit ich beurteilen kann, hier zum ersten Male durchgeführt. Ich teile die afrikanischen Hörnermasken ihren Formen nach in vier Hauptgruppen, nämlich in I. Tierköpfe, II. Geflochtene Masken mit Tierhörnern, III. Menschenköpfe mit Hörnern, IV. Menschenköpfe mit hörnerartigem Aufsatz. Gruppe 1. Gehörnte Tiermasken kennen wir in Afrika aus Kamerun, Kalabar, von der Elfenbeinküste und dem Hinterlande der Goldküste, sie sind für die ersteren drei Gebiete durch unser Museumsmaterial, von der Gold- küste dagegen nur durch eine Bemerkung Maclaus’?) bezeugt: »Nur nordwestlich der Aschanti bei den Agni und Pakhalla werden Masken gebraucht im Kulte des Sakarabro. Es sind das holzgeschnitzte Ochsen- köpfe von natürlicher Grösse, die mit langen, den ganzen Körper des Trägers bedeckenden Fransen aus Haaren versehen sind.« Ich habe die genannten Stämme auf den Karten nicht finden können, aber nord- westlich der Aschanti beginnt sehr bald die französische Kolonie » Elfenbein -Küste« im Stromgebiet des Komoe, und wieder nicht viel weiter westlich fliesst der Bandama nach Süden, an dem ein Ort Tiassale liest... Von hier sind zwei Hörnermasken, ein Tierkopf und ein gehörnter Menschenkopf in das Musee de Trocadero zu Paris gelangt. Wahrscheinlich geht man nicht fehl, wenn man jene schriftliche Mitteilung mit diesem Befunde im engeren Zusammenhang bringt und annimmt, dass sich das heutige Verbreitungsgebiet der Tiermasken auf ') »Die Kunst der Naturvölker«, Westerm, Monatshefte. 1895/96, ®) Bei Frobenius, S. 102. 9 die Küste Oberguineas beschränkt, wobei sie im Westen mehr sporadisch, im Osten mehr geschlossen erscheint. Eine Fülle von Masken ziemlich einheitlicher Form ist aus Kamerun bekannt geworden, Frobenius hat ein ganzes Dutzend davon publiciert, das Lübecker Museum für Völkerkunde besitzt vier weitere, deren Abbil- dung und Beschreibung hier folgen. Fig. 1. »Tanzmaske aus Kamerun«, K. No. 1211, Geschenk des Kaiserlichen Regierungs- arztes Herrn Dr. Plehn. 1896. Ein 50 em hoher Tierkopf mit 33 cm langen, schwach S-förmig gekrümmten Hörnern; der weitausgezogenen Schnauze legen sich seitlich zwei gut halb so lange Wülste an, die vielleicht die Nüstern bedeuten sollen, die Augen springen als aufliegende rhomboide Klötzchen über die Oberfläche vor, die Stirn ist in zwei excentrisch aufeinanderliegenden Kreisplatten geschnitzt, die durch abwechselnd schwarz, rot und weiss ge- malte Ringe den Eindruck von Zielscheiben her- vorrufen,; neben dem Ansatz der Hörner gehen die auf der Aussenfläche muldenförmig ver- tieften Ohren gerade nach oben, das Maul ist längsgespalten und trug früher jedenfalls eine Eisenzunge, wie man sie bei anderen Exem- plaren sieht. Auf der Rückenfläche ist der Kopf durch Schneiden und Brennen zu einer napfför- migen kreisrunden Vertiefung ausgehöhlt, die der Grösse eines Mannskopfes entspricht ünd die wagerechte Tragweise der Maske ermöglicht. Gesicht und Hörner sind in der Art und Farbe der genannten Stirnscheiben bemalt. Fig. 2. »Tanzmaske aus Kamerun«, KR. No. 1210, Geschenk desselben Herrn. Ein mit den Hörnern 81 cm hoher Tierkopf, ohne Bemalung, roher gearbeitet als der vorher- gehende; das Gesicht ist gleichfalls sehr lang, die Schnauze tritt etwas weniger scharf hervor, die Nüstern sind durch zwei aufliegende kreis- runde Platten mit gewulstetem Rande ausgedrückt, die Hörner fast bis zur gegenseitigen Berührung stark nach innen convex und gegen die Spitzen zu leicht nach vorn gekrümmt. Fig. 4. Fig. 3. Fig. 3. »Tanzmaske aus Kamerun, K. No. 2736, angekauft. Ein 53 cm hoher Tierkopf mit Hörnern, die abgebrochen, da- her in ihrer ganzen Länge nicht zu be- stimmen sind, offenbar aber schwach S-förmig gebogen waren, an den platten runden Kopf setzt sich eine zur Mitte hin schmaler werdende, am Ende jedoch wieder 10 cm breite, nicht geöffnete Schnauze, auf der die beiden Nasenlöcher eingebrannt sind; neben ihrer Wurzel sind die Augen durch je zwei aufliegende rhomboide Klötzchen markiert. Dahinter steigen die Ohren als blattförmige, aussen wenig konkavierte, flügelartig aufrechtstehende Plättchen em- por. Die Lage der. Nasenlöcher und der Augen lassen die Vermutung, es handle sich um einen Krokodilkopf, am glaub- haftesten erscheinen, wenn man auch nach der Schnabel-Form der Schnauze zugleich an eine Ente denken könnte. In einem Aus- schnitt des Kopfes ist mittelst eines Zapfens befestigt die — sit venia verbo — Büste eines Mannes, aus Holz in der Art der Bakundu-Idole geschnitzt. Tierkopf und Menschenfigur sind in Streifen, Ringen, Tüpfeln schwarz, rot und weiss bemalt. Die Rückenfläche zeigt einen gleichen Aus- schnitt für den Kopf des Maskenträgers, wie Fig. 1 und 2. Fig. 4 »Maske aus Kamerun«, K. No. 2665, angekauft. Ein 65 cm hoher Tierkopf mit fast geraden, nur wenig nach innen konkaven, spitz auslaufenden llörnern, sehr roh ge- arbeitet, Augen und Ohren überhaupt nicht vorhanden, die Schnauze springt als drei- 11 eckige kantige Leiste heraus, ohne in den Einzelheiten differenziert zu sein, das Maul zeigt den Einschnitt für die — fehlende — Eisenzunge, die Rückfläche den bekannten Ausschnitt für den Kopf des Tänzers. Die Maske ist weiss bemalt, die auf der Abbil- dung gezeichneten Tüpfel, Ringe und Streifen sind rot. Zur Vervollständigung der Formen müssen hier noch einige Masken aufgeführt werden, deren Abbildungen ich dem Werke von Frobenius entnehme. Fig. 5. Fig. 5. »Ekongolo-Maske«, im Ethno- graphischen Museum zu München, bei Frobenius Fig. 66 auf Tafel IX. Die Schnauze des gehörnten Tierkopfes wird durch den Kopf eines Krokodils ge- bildet, das von oben her über das Gesicht der Maske kriecht. Fig. 6. »Ekongolo-Maske«, im Ethno- graphischen Museum zu München, bei Frobenius Fig. 64 auf Tafel IX. Der Tierkopf ist viel kürzer und ge- drungener als die bisherigen, dabei stehen aber die Hörner, die sich ebenso wie in Fig. 2 fast berühren, ihrer Länge nach in dem- selben Verhältnis zum Kopfe wie dort. Ich darf nebenbei bemerken, dass die Hörner in .anderen Fällen (vergl. Froben. Fig. 62 und die schon erwähnte neue Conrau’sche Sammlung in Berlin) sich noch weiter nähern und sogar mit einander verschmelzen. Fig. 7. Maske im Hamburger Museum, deren Bestimmung »Cabinda« Frobenius (Fig. 57 auf Tafel VIII) berechtigterweise in Kamerun umgewandelt hat: Der läng- liche Kopf, das Maul mit der Eisenzunge, die ausgezogene Schnauze, die kreisförmige Platte auf der Stirn beweisen ihre Zuge- hörigkeit zu den Ekongolo-Masken Njati, 12 Bemerkenswert ist das Doppelpaar der Hörner, die als meist charakteristischer Teil erhalten blieben, ja im Übermass der Phan- tasie noch multipliciert wurden, trotzdem das Gesicht in der Stilisierung fast unter- gegangen war. Fig. 8. »Njatic, Maske aus Kamerun, im Besitze des Herrn Missionar Antenrieth, bei Frobenius Fig. 59 auf Tafel VII. Der Kopf gehört wieder zu den kurzen Formen und ähnelt demjenigen der Fig. 6. Die Kreisscheibe auf der Stirn scheint zum gemalten oder geschnittenen Ornament ge- worden zu sein. Fig. 9. »Njatic, Maske aus Kamerun, im Besitze desselben Herrn, bei Frobenius Fig. 55 auf Tafel VII. Der Kopf ist noch weiter stilisiert, die Ohren fehlen, die Hörner sind ganz zur Seite gerückt und haben fast die Formen von Zacken einer Krone erhalten, das untere Ende aber mit dem für die Eisenzunge geöffneten Maule spricht deutlich für den Tierkopf. 13 Die verschiedenen Formen dieser neun Masken lassen sich, wie ich glaube, sämmtlich auf eine einzige, nämlich den Antilopenkopf, zurück- führen. Zwar sagt Hutter!) von den Masken der Bali » .... Ungleich besser als die Menschengesichts-Masken ist die Nachbildung von Schädeln der Büffel und Rinder, wobei sowohl die allgemeine Form als insbesondere die charakteristischen Unterschiede der beiden Köpfe sehr gut beobachtet und auch technisch vorzüglich zum Ausdruck gebracht sind.« Allein gerade unser seltenes, in seiner Verbindung mit einem Menschenkopf bis dahm wohl einziges Stück aus dem Hinterlande von Kamerun, zeigt auf dem phantastischen Krokodilkopf die echten Antilopenhörner; die “ Mehrzahl der mir bekannten Masken hat lange, gestreckte, hochragende Hörner, und wo sie kürzer und stärker gekrümmt sind, bleibt einmal ihr Grössenverhältnis zum Kopf ebenso wie bei den gestreckten, sitzen sie andererseits z. T. wieder auf echten schmalen Antilopenköpfen, sodass ihre Form keineswegs für eine andere Tiergattung, für Rinder z. B., die allein wohl in Betracht kommen, beweisend ist. Ein weiterer Grund dafür, den Antilopenkopf für den Ausgangspunkt der Masken zu halten, ist für mich die Art und Weise, in der diese getragen werden. Die horizontal dem Kopfe aufliegende Maske mit den nach hinten oben gerichteten Hörnern entspricht, wenn sie den Bewegungen der Tänzer folet, wohl der elastischen schlankhalsigen Antilope, aber nicht dem schwerfälligen Rind. Endlich ist, wenn auch an dieser Stelle noch mit Zurückhaltung, daran zu erinnern, dass die Antilope das autochthone, jagdbare, schnell- füssige Wild ist, während das Rind später als Haustier importiert wurde. Doch das ist ein Punkt, auf den ich später noch einzugehen habe. Wie sehr die Antilope als Vorbild der Masken an erster Stelle steht, geht ferner aus den Vorkommnissen der übrigen Ober-Guinea-Küste hervor. Fig. 10. Maske aus Alt-Calabar, im Museum für Völkerkunde zu Hamburg, bei Frobenius Fig. 83 auf Tafel VIII; eine kleine, aus geschwärztem Holz gefertigte Vorleg-Maske, mit schräg gestellten Augen, spitzen Ohren, parallelen, nach hinten ge- bogenen, langen Hörnern. Das Vorbild ist offenbar in einer Antilope oder in einer Ziege zu suchen. Fig. 10. !) Aus Frobenius, 8. 82. 14 Fig. 11. »Masque -fetiche en bois« Tiassale, im Musee de Trocadero. zu Paris (K. N. 37951). Ich verdanke die Photo- graphie der Maske der gütigen Erlaubnis des Herrn Direktor Hamy. Ein länglicher Tierkopf mit unverkennbaren Antilopen- hörnern, deren Windungen durch einge- schnittene und z. T. bemalte Ringe markiert sind. Kleine spitze Ohren setzen neben der Hörnerbasis an, die Schnauze ist ebenso in die Länge gezogen, wie bei den Kamerun- Masken, die Augen sind durch kurze eylin- drische, vorn bemalte, Knöpfe dargestellt. Fig. 11. Gruppe Il. Die geflochtenen Masken mit Tierhörnern habe ich aus verschiedenen Gründen zu einer besonderen Gruppe zusammengefasst. Einmal stellen sie einen geographisch und formal völlig abgeschlossenen Typus dar, zweitens spielen sie in der Frage nach dem Ursprung der Hörnermasken bezw. des Hörner-Motivs eine selbstständige und bestimmende Rolle, endlich erlaubt die Indifferenz ihrer Form, die eigentlich nur eine Hülle, höchstens wegen der Augenröhren als Gesicht zu bezeichnen ist, gar nicht ohne Weiteres die Zuteilung zu Tier- bezw. Menschenmasken. Dieser Senegal-Typus variirt in den einzelnen Exemplaren sehr wenig oder eigentlich nur bezüglich der Art der Hörner, die teils glatte Ochsen-, teils gedrehte und gewundene Antilopenhörner sind. Im übrigen bestehen die Masken alle aus einem von Rohr geflochtenen Helm, etwa von der Form eines Kegels, der auf einen Ring aufgesetzt ist, wobei der Übergang zwischen diesen beiden sich oft mehr oder weniger ver- wischt; das Geflecht, das vorn zu einer dreieckigen ‘Spitze ausgezogen ist, wird durch eine Mittelleiste verstärkt, die von vorn nach hinten über die ganze Maske hinwegzieht und mit Fransen aus Pflanzenfasern ver- ziert ist. In zwei kreisrunde Ausschnitte sind kurze Röhren, gleichfalls aus Rohr geflochten, eingelassen und stellen die Augen vor; von den. Seiten des Helms steigen die Hörner, bald in der Mitte, bald etwas weiter nach hinten ansetzend, in die Höhe, an den unteren Rand der Maske ist ein langer Behang aus Palmblattfasern geheftet. Frobenius hat von diesen Masken fünf abgebildet, vier mit Ochsen-, eine mit Antilopenhörnern, ich füge diesem Materiale ein Stück aus dem Lübecker Museum und drei weitere aus dem Musee de Trocadero hinzu. u 15 Fig. 12. »Maske aus Senegambien«, K. No. 2735 (Lübeck). Der Helm ist 30 em hoch, der Behang 90 em lang. Die Ochsen- hörner stecken mit der für Schnüre durch- bohrten Basis in kleinen geflochtenen Ringen und sind mit ihnen zusammen an der Maske befestigt, deren Oberfläche in einem — defekten — Harzüberzug schmückende rote Bohnen und gezackte Streifen von Palın- blättern eingeklebt zeigt. Die Spitzen der Hörner sind gleichfalls mit Bohrlöchern ver- sehen, deren Bedeutung aus dem in Fig. 15 abgebildeten Pariser Stück erhellt. Fig. 13. »Coiffure de eirconcis«, Casa- mance, im Musee de Trocadero, Paris, K. No. 33155. . Die beiden Hörnerspitzen sind durch einen langen Fransenbehang mit einander verbunden. Fig. 14. »Masque de circoncis«, Casa- mance, ebendort, K. No. 1409. Der Faserbehangtehlt, dasschöneGehörn ist das einer Antilope, sonst weicht die Form, die man hier am deutlichsten erkennen kann, vom Typus nicht ab. 16 Fig. 15.» Masque de circoncis«, Casa- mance, ebendort. Die Spitzen der sehr langen Antilopen- Hörner sind durch eine Guirlande von Blattfasern verbunden. Gruppe III. Fanden wir die Tierköpfe und die ge- flochtenen Masken auf relativ kleine Bezirke beschränkt, aber hier in grösserer Zahl, so treten die Formen der dritten Gruppe, Menschenköpfe mit Hörneraufsatz, verstreut ziemlich über das ganze. Verbreitungsgebiet der afrikanischen Maske auf. Centralafrika, Congobecken, Loango, Benin — und Elfen- beinküste liefern, meist vereinzelte, Beispiele. Soweit diese räumlich von einander getrennt sind, so sehr weichen auch ihre äusseren Erscheinungen von einander ab, gemein- sam ist ihnen allen nur die merkwürdige Verbindung eines Gehörns oder hornartigen Aufsatzes mit dem Menschen- gesicht. Die Masken dieser Gruppe sind es in erster Linie, die das Interesse der Ethnologen herausgefordert haben. Fig. 16. »Wadumbo-Maske«, im Kol. Museum für Völkerkunde zu Berlin, K. No. Ill. E. 2593, von Stuhlmann mitgebracht, vergl. »Mit Emin Pascha ms Herz von Afrika« 8. 558. Sie ist die am weitesten östlich ange- troffene Maske, ein ausgehöhlter Holzklotz, etwa von der Form eines Granatgeschosses ; der lichte Durchmesser ist aber so klein, dass — nach brieflicher Mitteilung des Herrn Dr. Stuhlmann — ein menschlicher Kopf gar nicht hineinpasst. Das als lach konkave Mulde gearbeitete Gesicht hat die Form eines Kreissektors, seine einzelnen Teile sind sehr roh gearbeitet; über den spitz ausgezogenen Scheitel ziehen zwei sich kreuzende Streifen 17 bemalten Kerbschnitts, die zunächst den Eindruck von Bändern machen, sich aber auch am Kinn, am un- teren Stirnrande und auf dem Helix der Ohrmuscheln finden. Auf der Höhe des Scheitels stehen zwei kurze, gerade, etwas divergierende Stümpfe von cylindrischer Form und im ganzen Verlaufe mit queren ringsherumgehen- den Einschnitten versehen. Die Ab- bildung bei Frobenius (Fig. 22 auf Tafel III) ist insofern nicht richtig, als bei ihr diese genannten Fortsätze nach aussen gekrümmt sind, wie etwa das Gehörn mancher Gemsen ; in Wirk- lichkeit sind sie ganz gerade und können nur als Stümpfe bezeichnet werden. Fig. 17. »Maske der Bakuba«, im Kgl. Museum für Völkerkunde zu Berlin, vom Stabsarzt Dr. Wolf gesammelt (»Im Innern Afrikas« S. 255). Die im Gesicht sehr sorgfältig gearbeitete Holzmaske trägt auf ihrem kahlen Scheitel zwei stumpfkegelige lange Fortsätze, die ziemlich weit von einander abstehen; sie sind vollkommen glatt, was besonders erwähnt werden muss, weil die ‚Abbildung bei Frobenius (Fig. 15 auf Tafel I) an der Horn-Basis eine schräglaufende Rinne zu zeigen scheint, die man als Spiralwindung eines Hornes auffassen könnte; der be- treffende Streifen ist aber in Wirklichkeit ein Rotangband, welches ein den Hinterkopf der Maske vorstellendes, den Kopf des Tänzers hinten verhüllendes Tuch festhält. Fig. 18. »Loango-Maske«, im Museum zu Bremen, die Abbildung ist Frobenius (Fig. 31 auf Tafel II) entnommen. Sehr langes Gesicht mit zwei 15 cm langen divergierenden Hörnern, die schwarz 2 Fig. 21. 13 gebraunt und von der Basis bis zur Spitze stark spiralig gewunden sind, ähnlich manchen Schneckengehäusen. Fig. 19. »Mukisch-Maske der Kioke« nach Cameron, die Abbildung ist Ratzel, »Völkerkunde«, I. S. 561, entnommen. Eine geschnitzte und bemalte Gesichts- maske, mit einem Paar gewundener Ochsen- hörner, die wagerecht von den Schläfen nach der Seite abgehen. Ob die Hörner wirkliche und festgebundene oder in Holz nachgeahmte sind, jedenfalls ist ihr Charakter als Ochsenhörner unverkennbar. Fig. 20. »Maske vom unteren Niger« im Museum zu Bremen, die Abbildung, ist Frobenius (Fig. 73 auf Tafel VI) entnommen. Ein Kopfaufsatz, der zwei abgewandte menschliche Gesichter trägt, deren jedes mit einem langen — abgebrochenen — gedrehten, von der Scheitelmitte schräg nach vorne aufsteigenden Horn versehen ist. Fig. 21: »Maske aus Neu-Calabar«, Rijks Ethnograph. Museum zu Leiden, Ab- bildung nach Frobenius, Fig. 69 auf Tafel VI. Flache Holzplatte mit ziemlich roher Darstellung eines Gesichtes; von den oberen Ecken steigen pyramidenspitze schmale Ohren in die Höhe, in der Mitte der oberen Kante zwei breite, kantige, schräge von hinten nach vorn abgeschnittene, senkrecht und parallel verlaufende Fortsätze. Fig. 22. »Masque Fetiche de la cöte de Guinde«, Collections de l’Oeuyre de la Propagation de la Foi m Lyon, No. 633, entnommen von Frobenius (Fig. 105 auf Tafel X), der sie als Maske von Yoruba bezeichnet. Typischer Kopf der sog. Lagosmasken, mit Schnittnarben; von der Stirn gehen zwei kurze kegelförmige, in der unteren Fig. 23. 19 Hälfte quergerillte, in der oberen glatte Fortsätze aus, hinter ihnen steigen zwei fast fünfmal so lange, leicht nach innen konkave Hörner empor, die in der unteren Hälfte mit spiralig herum laufenden Rillen versehen, in der oberen glatt sind und spitz enden. Um die Hörner ist eine Schmuck- kette von Kaurimuscheln geschlungen. Fig. 23. »Maske aus Akkra« im Ham- burger Museum für Völkerkunde, von Frobenius, dem die Abbildung (Fig. 114 auf Tafel XI) entnommen ist, als »Grebo-Maske« bestimmt. Flaches Brett, auf dem die einzelnen Gesichtsteile scharf hervorspringen, die Nase als dünne dreieckige Platte, der Mund als rechteckiger Klotz, die Augen als massive Cylinder. Vom oberen Rande der Stirn gehen nach unten zwei Hörner ab, die frei über der Maskenfläche liegen und bis zu den Augenbrauen hinunterreichen. Auf der Abbildung machen die Hörner leider den Eindruck, als lägen sie reliefartig der Stirn direkt auf, in Wirklichkeit sind sie aber frei nach unten und etwas nach vorn gestellt. Fig. 24. »Maske aus West- afrıka«, im Museum für Völker- kunde zu Lübeck, K. No. 2753; ohne genaue Bestimmung, doch völlig analog dem Typus der vorhergehenden Maske und des- halb so überaus interessant, weil die dort mit der Spitze nach unten gerichteten Hörner hier ihre natürliche Stellung behalten haben. Es ist eine 26 cm hohe, flache, vorn plane, hinten mulden- förmig ausgehöhlte, geschwärzte Holzplatte;, der Mund roh aus 9% 20 einem fast würfelförmigen Klotz geformt, dessen drei freie Seiten durch eine mit weissem Kalk ausgefüllte Rille halbiert werden, sodass die obere Hälfte nun die Oberlippe, die untere die Unterlippe bildet. Nase und Augen sind wie in Fig. 23, neben der ersteren dient je ein kleines Loch zum Durchsehen für den Maskenträger; von den Ecken der Stirn gehen zwei 12 cm lange, runde Hörner nach oben, die an der Basis 12 cm, zwischen den nach innen ge- bogenen Spitzen nur 4!/, cm von einander entfernt sind. In Gesicht und Stirn ist ein Winkellinien-, unterhalb des Mundes ein eigenartiges, einem korrumpierten Haken- kreuz ähnliches Ornament eingeschnitten. Fig. 25. »Masque fetiche en bois«, Tiassale, im Musee de Trocadero zu Paris, K. No. 37151. Ein ovaler Kopf mit breiter Nase und dicken Lippen, hoch geschwungenen Augen- brauen, hoher Stirn und Andeutung des Kopf- haares als aufliegendem Wulst. Von den Seitenrändern steigen zwei breite, gegen das Ende hin sich verjüngende Hörner auf, die zuerst senkrecht nach oben gerichtet, dann im Bogen nach innen gewandt fast hori- zontal verlaufen. Fig. 26. »Maske aus Senegambien«, Lübecker Museum für Völkerkunde, K. No. 2734, angekauft unter obiger Bezeich- nung und darum unter derselben hier auf- geführt, obwohl die Bildung des Gesichtes und die Art seiner Verbindung mit dem Kopf an die von Büttikofer beschriebene Sandeh-Maske und die auf Taf. VIII des Frobenius’schen Werkes abgebildete Liberia- Maske, Fig. 15, erinnert. Die Maske ist aus einem massiven, 43 cm hohen und 25 cm dicken Klotz hellen Holzes gearbeitet und schwarz bemalt. Die untere Hälfte ist cylindrisch geformt und für den Kopf des Maskenträgers aus- gehöhlt, die obere ist massiv und ver- 2] schmälert sich gegen den Scheitel hin, der von einem in der Mitte 8, cm breiten, mondsichelförmigen Kamm nach Art der früheren bairischen Raupenhelme überragt wird. Vom vorderen Ende dieses Kammes ziehen schräge nach unten zwei erhaben ge- schnitzte, durch Kerbschnitt verzierte Streifen, die wohl in Franzen auslaufende, in Mandingo- manier bearbeitete Lederbänder vorstellen sollen, und die zwischen sich die abnorm lang, dreieckig ausgezogene Stirn als glatte, dem Cylindermantel des ganzen Kopfes ent- sprechend gewölbte Fläche fassen. Das eigentliche Gesicht, von der Nasenwurzel bis zum Kinn noch nicht halb so lang wie die Stirn, ist reliefartig herausgearbeitet, in den einzelnen Teilen ziemlich roh: die Ohren als unregelmässige Mulden, der Mund als kurzer, rechtekiger Ausschnitt. Die Nase springt mit hohem Rücken stark hervor, ihre Spitze ist dabei aber breit und ab- geplattet. Die Augen liegen unter der rechtwinklig abgesetzten Stirn und sind durch die beiden hübsch geschwungenen Augenlider, ohne Pupille, markiert. Die Haarfrisur ist durch reiche und sorgfältige Kerbschnitzerei dargestellt, die auf der einen Kopfhälfte parallel gestrichelte Rhomben- figuren, auf der anderen durch rechtwincklig sich kreuzende Einschnitte wie zerhackt aus- sehende kreisrunde Felder oder Rosetten zeigt. Den Seitenflächen des Kopfes liegt nun jederseits ein mit der Konkavität nach oben und mit der Spitze nach vorn gerichtetes Horn auf, das ebenfalls durch Kerbschnitt verziert ist, und zwar sind an der Basis sechs Querringe, auf dem übrigen Horn kurze Schräglinien in Form einer Art Fisch- grätenmuster eingeschnitten. Zum Durch- sehen für den Maskenträger dienen je zwei Längsausschnitte zur Seite des Gesichtes, die zwischen sich eine mit eingeschnittenen Winkellinien verzierte Spange lassen, 22 An den Schluss dieser Gruppe stelle ich eine Maske, die sowohl hierher, wie zu der nächsten Abteilung gerechnet werden kann, da sie sowohl Hörner, wie einen hornartigen Aufsatz auf einem Menschen- kopfe zeigt. Fig. 27. »Maske der Lussambo am Sankurru«, im Kel. Museum für Völker- kunde zu Berlin, K. No. III. ©. 1953, von Wissmann mitgebracht (siehe «Meine zweite Durchquerung« Tafel bei S. 40). Ein länglicher, bemalter Kopf mitlangem Faserbehang. Auf dem Scheitel ein kurzer, runder und stumpfer Fortsatz, seitlich am Kopf je eine halbmondförmige vierkantige Leiste, deren Mitte in der Höhe der Augen liest, und die von da im Bogen nach vorn gerichtet einmal nach oben weiterzieht und frei endet, zweitens nach unten sich auf die Backe bis zur Höhe der Nasenspitze fort- setzt. Die Abbildung bei Frobenius (Fig. 14 auf Tafel II), sowohl wie im Reisewerk Wissmanns, und daher auch die neben- stehende, kann zu Missdeutungen dadurch Anlass geben, dass auf ihr die Leiste in der Mitte eingeschnürt scheint, also den Eindruck erweckt, als wären es zwei Leisten, die von einem Punkte des Kopfes ausgingen, während es in Wirklichkeit nur eine einzige, überall gleich dicke Bogenleiste ist. Gruppe IV. »Menschenköpfe mit hörnerartigem Aufsatz«, schon diese Ueberschrift der letzten Gruppe unserer Maskenformen deutet eine gewisse Ein- schränkung des Hörnermotivs für die hierhergerechneten Stücke an, und da dieses Motiv der Gegenstand der Untersuchung ist, so könnte man versucht sein, die folgenden Masken als nicht hierhergehörig- zurückzuweisen. Die Gruppe bildet m der That eine Art Anhang, aber sie ist durchaus nöthig, um den bisher aufgestellten Erklärungen des Hörner- motiys gerecht zu werden, und um dem Vorwurfe zu begegnen, als sei nicht alles geschehen, um jenen den Beweis für ihre Richtigkeit zu erleichtern, 23 Von dem bei Frobenius abgebildeten Material müssen fünf!) Masken hierher gerechnet werden, deren Köpfe ein, zwei oder mehrere, bald te} )) je b) b) grössere bald kleinere Aufsätze besitzen, die als Hörner aufgefasst werden könnten. Fig. 28. »Maske der Wasära- Warua am Luapula«, im Kgl. Museum für Völker- kunde zu Berlin, K. No. III E. 1922a, bei Frobenius Fig. 13 auf Tafel I. Ovales Gesicht, das in der Mitte des Scheitels überragt wird von einem kurzen, abgebrochenen, nicht bearbeiteten, stift- förmigen Fortsatz, dessen Basis für die Auf- hängeschnur durchlocht ist. Fig. 29. »Masque de la danse du diable«, im Musde de Douai, bei Frobenius Figur 102 auf Tafel X, und von ihm als Maske von Yoruba bestimmt. Charakteristischer Negerkopf im Benin- Stil. Das Haar ist durch zwei seitliche Wülste markirt, zwischen denen sich ein 15 cm hoher stabförmiger, nach oben sich verdickender und stumpf endender Fortsatz erhebt. Fig. 30. Loango-Maske«, im Rijks Ethnographisch Museum zu Leiden, Serie . 945 No. 11, bei Frobenius Figur 26 auf Tafel I. Ein fast rechteckiger Kopf mit flach muldenförmigem Gesicht; auf dem kahlen Scheitel sitzen seitlich von der Sagittallinie zwei längliche Wülste, die en face gesehen, 1) Wenn man sich nur auf die Frobenius’schen Tafeln verlässt, so gehört noch ein weiteres Exemplar hierher, nämlich die in Figur 25, Tafel I abgebildete Maske aus Cabinda, ein ovales, von einem Federbehany umrahmtes Gesicht; aus der Mitte des mit langem Kopfhaar bedeckten Scheitels erhebt sich eine kurze kegelförmige Spitze. Bei der Autopsie der Maske im Hamburger Museum habe ich mich aber vergeblich nach diesem Scheitelaufsatz umge- sehen; vielleicht ist ein Stück des Aufhängedrahtes versehentlich auf die Photographie geraten, jedenfalls ist der Scheitel in Wirklichkeit ohne jeden horn- oder kegelförmigen Stift, er ist ganz glatt nur, bedeckt von dem eigenartigen, das lange Europäerhaar nachbildenden Büschel. 24 mit der einen Kante nach vorn gestellten dreiseitigen Pyramiden gleichen. Die dem Kopfrande angepasste konkave Unterfläche reicht dabei jedoch, spitz ausgezogen, nach vorn bis auf die Stirn. Fig. 31. »Maske aus Porto novo«, im Rijks Ethnographisch Museum zu Leiden, bei Frobenius Figur 106 auf Tafel X. Kopf vom Typus dersog. »Lagosmasken « ; gekrönt von einem eigenartigen Diadem aus fünf vom oberen Stirnrande aufsteigenden Säulchen, die durch ein breites, zopfartig ge- drehtes Band unter einander verbunden sind. Fig. 32. »Maske«, unbekannter Herkunft, im Provinzial-Museum zu Hannover, von Frobenius (Fig. 123 auf Tafel III) in das Ogowe-Gebiet verwiesen. Dem Scheitel sitzen, aus kreisrund vor- springendem Sockel heraustretend, drei kurze, ein wenig divergierende kolbige Wülste auf, der mittlere genau auf der Sagittalnaht, die beiden anderen seitlich davon, in derselben Ebene. Fig. 32. Soweit das Maskenmaterial, auf das sich die nachfolgenden Aus- führungen stützen, und das, wenn nicht alle, so doch die wichtigsten der bisher überhaupt bekannten Typen enthält. Die Verwendung. Die Frage, zu welchem Zwecke die in unseren Museen liegenden Masken früher thatsächlich gebraucht worden sind, “gehört zu den heikelsten, die die Ethnographie zu beantworten hat. Schon was die äusserlichen Anlässe der Verwendung belanst, sind wir meist schlecht, oft gar nicht unterrichtet, wollen wir aber gar tiefer in die Rätsel der wunderbaren Gebilde eindringen, fragen wir nach den inneren Gründen des Maskengebrauches, nach der Symbolistik der Formen, so stehen wir bisher vor fast verschlossenen Thüren. Nur durch einige Ritzen und Spalten in diesen Thüren können wir flüchtige unsichere Schatten im Raum hinter ihnen erhaschen, und nur mit ein Bischen Phantasie, die freilich keine Phantasterei werden darf und soll, vermögen wir die Schatten zu fester umrissenen, klareren Bildern zu gestalten. Geben wir uns zunächst aber Rechenschaft von dem, was wir wirklich sehen. Gruppe I. Von den Tiermasken sind uns nur diejenigen Kameruns durch Berichte von Buchner, Pauli und Anderen einigermassen lebendig geworden, ihre eingehende Untersuchung aber steht noch aus, wenn sie auch mit der fortschreitenden Durchforschung unserer Kolonien mit Sicherheit erwartet werden kann. : Bis heute wissen wir, !) dass bei Tänzen und Totenfesten zu Ehren eines dem Ekongolo-Bunde angehörigen Verstorbenen Antilopenmasken mit dem Namen Nyate oder Njati von Vermummten getragen werden, die die fröhlich dabeistehende Volksmenge durcheilen, sie necken, von ihr Geschenke erhalten und mit dem Ruf »Ekongolo, Ekongoio« begrüsst werden. Nach Hutter?) tragen die Bali im Hinterlande von Kamerun bei Beerdigungen Masken, doch geht aus der Mitteilung dieser Nachricht bei Frobenius nicht hervor, ob das nur Menschengesichter, wie Fig. 84 in des Letzteren Maskenwerk, oder auch die technisch gerühmten Nach- bildungen von Büffel- und Rinderschädeln sind. Diesen Litteraturnotizen kann ich aus einem Schreiben des Herrn Dr. A. Plehn, Kaiserlichen Regierungarztes in Kamerun, das die Schenkung der in Fig. 1 und 2 abgebildeten Stücke begleitete, folgendes hinzufügen: »Die Masken werden bei gewissen Festen von vermummten Leuten auf dem Kopf getragen, welche dann gewissermassen als Baubau !) Max Buchner »Kamerun« 18837. >») Frobenius, I—c, S. 83, 26 oder »Schwarzer Mann« Weiber und Kinder ängstigen, tanzen, Scherz treiben und sich wahrscheinlich auch wohl etwas dabei schenken lassen. Wenn eine Art religiösen Kult’s damit ursprünglich zusammengehangen hat, so dürfte das jetzt so ziemlich vergessen sein. Der Gebrauch dauert fort. ..... Bei den Totenfesten erscheinen z. T. sehr geschickt nach- gebildete ganze Tiergestalten, die mehrere Männer umschliessen: Seekühe (Manga’s), Krokodile, Antilopen- oder Büffelköpfe-, auch wohl Phantasie- gebilde ete. — Diese Schaustellungen finden nachts statt. Ich glaube, die Träger vermitteln als »Diener« den Verkehr mit dem eigentlichen »Retische. ... . ...« Man wird beim Lesen dieser Mitteilung versucht, die in ihrem ersten Teile erwähnte Verwendung, offenbar diejenige der Buchner’schen Ekongolo -Totenfeste, als eime Degeneration der nachher genannten, umfangreicheren, nächtlichen Feiern aufzufassen. Festzuhalten ist jeden- falls der Gebrauch von Tiermasken bei Totenfesten in Kamerun. Für die beiden letzten Masken dieser Gruppe ist die Art der Verwendung nicht bekannt, ‚wenigstens wenn man eingesteht, dass die Bezeichnung »Fetischmaske« gar nichts besagt; von den Maclau’schen Masken heisst es,') dass sie im Kulte des Sakarobro gebraucht werden, doch vermag ich über diesen Kult nichts zu sagen. Gruppe Il. Die geflochtenen Masken aus Senegambien gehören zu der Tracht der neubeschnittenen Jünglinge; das geht einmal aus den Museumsnotizen »colffure de circoneis«e, »masque de circoneis« etc. hervor, zum Andern aus Citaten, die Frobenius ?) darüber anführt. »Am Gambia tragen die Neubeschnittenen zuweilen eine besondere Tracht, eine Mütze von wunderlicher Form mit eim paar ÖOchsenhörnern daran. So bekleidet begehen diejenigen, die tiefer im Lande wohnen, grosse Unordnungen, erpressen Geld und nehmen sich die ausschweifendsten Freiheiten. Die am Senegal sind weniger wild und begnügen sich mit dem, was ihnen gegeben wird. Jannequin sagt, die Knaben Senegambiens hätten einen Monat lang nach der Beschneidung die Freiheit zu plündern und alle Arten von Gewaltthätiekeiten an den Jungfern zu begehen, nur nicht zu morden und ihre Person zu rauben.« 27 Gruppe. IH. Verschiedenheit der Form und Herkunft, Einheitlichkeit in Bezug auf das Fehlen jeglicher genauer Kenntnis über Verwendungsart sind mit einer Ausnahme die Eigenschaften der Masken der dritten Gruppe. Die Ursache dieses Mangels wird für einzelne Fälle charakterisirt durch das, was Herr Dr. Stuhlmann mir über seine Wadumbo-Maske schreibt, »ich habe sie seiner Zeit in einer Gegend gefunden, die wir mit Krieg durchziehen mussten. Ich habe demnach auch die Besitzer nicht ordentlich gesehen; die Maske war das einzige gesehene Stück. Auch sonst gab es dort keine Masken. Es kann demnach auch ein Phantasiestück, ein Spiel- zeug gewesen sein, sie war ungebraucht.« Hiernach, nach der unzuläng- lichen Kopfgrösse und nach dem Fundorte (in einer. Hütte) ist die Bezeichnung als Kriegsmaske dem Stücke also bis auf Weiteres noch vorzuenthalten. Ueber die nächste in Fig. 17 abgebildete Maske der Bakuba liest die kurze und wenig bedeutungsvolle Notiz Wolf’s !) vor, »wird bei festlichen Gelegenheiten vom Vortänzer getragen«, die Loango-Maske der Fig. 18 trägt den Museums-Vermerk ?) »wird von den Fetischdoktoren bei Todesfällen in Verbindung mit einem den ganzen Körper bedeckenden Gewande von grauen Federn getragen;« ausführlicher und brauchbarer sind aber nur die Mitteilungen Cameron’s und Anderer über die Mukischmasken, zu denen die m Fig. 19 abgebildete gehört; um die in Wäldern hausenden Dämonen zu vertreiben, maskieren sich die Fetisch- priester als »Scheinteufel«, vor denen nun die echten Geister sich erschreckt aus dem Gebiete des betreffenden Dorfes zurückziehen. Anderswo machen die Mukischi den Eindruck gewerbsmässiger Tänzer, die mit dem Fetisch- wesen nichts zu thun haben, zuweilen scheinen sie mit dem Beschneidungs- gebrauche zusammenzuhängen °?). Uns interessiert hier die verschiedene Auffassung des Mukisch erst in zweiter Linie, da wir es zunächst mit der Cameron’schen Hörnermaske zu thun haben, und für sie natürlich auch die Cameron’sche, von* den Eingeborenen erkundete, Erklärung berück- sichtigt werden muss. Über die Maske der Fig. 26 liegt zwar keine Mitteilung über die Verwendung vor, ja, wir haben gesehen, dass sogar ihre Herkunft nicht ganz sicher ist und dass die ihr mitgegebene Angabe »Senegambien« mit einigem Rechte in »Liberia« umgewandelt werden könnte. In diesen beiden Fällen geht man aber wohl nicht fehl, wenn man die Maske mit den Pubertätsfesten der Jünglinge in Verbindung bringt und damit den geflochtenen Hörnermasken an die Seite stellt. !) Wissmann, »Im Innern Afrikas«. ®) Frobenius, 1. ce. S. 16. °) Ausführliche Litteratur bei Frobenius, 1. c, 8. 3: ia: 28 Gruppe IV. Noch trauriger sind die Nachrichten über die Masken mit hörner- artigen Aufsätzen. Ausser der »masque de la danse du diable« der Fig. 29, einer Bezeichnung, die aus dem Eindruck der Form auf die Phantasie des Sammlers entstanden sein dürfte, finde ich nichts brauchbares über die Verwendung. — Ich wende mich jetzt zu den Erklärungsversuchen, mit denen man bisher dem Hörnermotiv der afrikanischen Masken beizukommen sich bemüht hat. Die Hörner als Teufelssymbol. Für uns Europäer haftet einem gehörnten Fratzengesicht unmittelbar der Eindruck des Teuflischen an, das die Erinnerung an Satanas, den abgefallenen Engel des Herrn, und an die bildlichen Darstellungen wachruft, in denen die christliche Kunst des frühen Mittelalters den Menschenverführer, das Prinzip des Bösen, mit möglichst abschreckenden tierischen Emblemen — Anklängen an antike Figuren — ausgestattet hat. Es ist nun richtig, dass Hörnermasken mit roh und bizarr geschnittenen Negerköpfen, ihren aufgerissenen Augen und breiten Lippen, ihren Schnittnarben auf dem schwarz gefärbten Grunde des Gesichts, wohl geeignet sind, bei uns einen solchen Eindruck hervor- zurufen, und ich glaube, «dass auf einem subjektiven Gefühl dieser Art die Erklärung des Hörnermotivs als einer Teufelsdarstellung beruht. Ein originaler Bestandteil der Negerreligion konnte der gehörnte Satan nicht sein, das verstand sich für einen Ethnologen von selbst — »in Wirklichkeit,« sagt Lubbock,') »besitzt kein einziges wildes Volk in seiner Mythologie ein überirdisches Wesen, welches die charakteristischen Kennzeichen des Satans besitzt« — und so kam man auf den Gedanken, es möchte sich bei den Hörnermasken um eine Nachahmung der Teufels- bilder handeln, die in jüngerer Zeit von europäischen Händlern, im älterer von Missionaren eingeführt sein könnten. Die Erklärung stammt von Staudinger, der anfänglich nur jene Händler meinte, als er 1897 im der Berliner Anthropologischen Gesell- schaft?) bei Gelegenheit der Demonstration von Lagosmasken sagte: »Bezüglich der abenteuerlichen Form, namentlich auch der den Teufels- masken ähnlichen, bemerke ich, dass leider eine Beeinflussung von ausserhalb in jüngster Zeit mitunter ausgeübt wurde, indem Kaufleute ") »Entstehung der Civilisation«, Deutsche Übersetzung, 8.120: 2) Verhandlungen, $. 110. 29 nach Westafrika deutsche bezw. europäische Masken, wohl aus Papier- mache bestehend, einführten. Speciell wurde mir auf Bulbine von einer grösseren Maskeneinfuhr Mitteilung gemacht. « Es ist aber sofort klar, dass die ganze Erklärung einmal nur einen geringen Bruchteil aller Hörnermasken, die zur Gruppe III gehörigen Vorkommnisse auf der Guineaküste, trifft, dass sie andererseits nur für die modernsten Arbeiten der dortigen Negerschnitzkunst gelten kann und. für die beglaubigt älteren Stücke nicht in Betracht kommt. Dadurch verliert sie für das Hörnermotiv, das weit im Innern des Kontinents, fernab von der Einfuhr europäischer Massenartikel, ja in Gegenden gesehen wurde, die noch unberührt von fremden Einflüssen waren, ihre Wichtigkeit. Später hat Staudinger in dem Teufel, den die Missionare ihren Pfarrkindern in effigie zeigten, das Vorbild zu den gehörnten Masken zu finden geglaubt. Bei der oben schon erwähnten Demonstration der Conrau’schen Sammlung von Bangwa-Masken!) bespricht von Luschan das Hörnermotiv dieser letzteren und sagt: ». ... . Die eine Betrachtung versucht. sie von europäischen Teufelsdarstellungen abzuleiten, die möglicherweise so gut, wie etwa die Armbrust, der Helm und der eiserne Panzer, von den Portugiesen im 16. Jahrhundert nach Westafrika gebracht worden sein könnten,«e worauf Staudinger noch einmal auf seine früheren Aeusserungen verweist und hinzufügt »ebenso ist ihnen (den Westafrikanern) schon zur Zeit der früheren Berührungen mit Europäern durch die Missionen der Spanier, Portugiesen u. s. w. jeden- falls der Teufel im Bildnisse vorgeführt worden. Möglicherweise ahmen also die jetzigen Masken diese Vorbilder nach.« In einem kleinen Artikel »Aus der Fetischstadt Issele am unteren Niger«?) giebt H. Seidel Beschreibung und Abbildung des Ju-Ju- Hauses in Issele, einem Orte 35 Km. westlich vom Niger im Lande Benin. Unter den verschiedenen grossen und kleinen geschnitzten Figuren, die das Bild zeigt, befindet sich ganz links eine lebensgrosse, anscheinend schwarz gefärbte, weibliche Figur, an deren Schläfen zwei kurze, spitze, hornartige Fortsätze dem Kopf aufsitzen. Seidel, der Staudinger’s Ansicht über die Zeichnung eingeholt hat, fährt hier nun fort: »Sollte es Haarschmuck sein?« fragt Herr Staudinger und ant- wortet sogleich: »Kaum! Ich‘ denke vielmehr an den Teufel, den die Eingeborenen zur Zeit der Portugiesen gewiss in effigie zu sehen bekommen haben, und der ihnen unbedingt imponiert hat:. Gegen diese Erklärung ist um so weniger einzuwenden, als wir schon durch Bastian wissen, dass der Teufel am unteren Niger allseitige Verehrung geniesst, !) Verhandl. der Berlin. Anthrop. Gesellsch. 1899, S. 632. ?) »Globus«, Bd. LXXIV, S. 8. 30 wofür seine häufige »Repräsentation aus Lehm« hinlänglich Zeugnis giebt. Zuweilen »erscheint er nachts als gespensterhafter Schatten, um Schrecken zu verbreiten«, und wenn er auch nicht, wie der christliche Teufel, für den Neger das, Böse schlechthin bedeutet, so verlangt er doch seiner Gemütsart entsprechend, beständig reichliche Opfer zur Erhaltung der guten Laune«. Diese Berufung Seidel's auf Bastian zur Unterstützung der Teufels- hypothese ist völlig verunglückt, ja, man sagt nicht zu viel, wenn man sie für höchst unlogisch und wissenschaftlich unmöglich erklärt. Wenn Bastian von Teufeln der Neger spricht, so ist es ganz klar, dass er Dämonen, Geister, unirdische, übermächtige Wesen meint, und er hat gewiss nicht geahnt, dass man seinen Ausdruck sans facon christlich nimmt. Es sei noch einmal an das Lubbock’sche Citat erinnert, dass es bei den Naturvölkern keinen Teufel giebt. Ob es böse Dämonen giebt, wie Seidel am Schlusse abschwächend erwähnt, ist an dieser Stelle ohne jeden Belang, da es sich ja um die Form, um die Erklärung von Hörnern handelt, die das specifische Zeichen des christlichen Satans sind. Wie ist es möglich, eine solche Erklärung sichern zu wollen durch den Hinweis auf das Vorkommen von Lehmfiguren, die »den Teufel Shugudu« darstellen! Das sagt nämlich die von Seidel. angeführte Stelle bei Bastian, nichts weiter. Hier sind Wort und Beeriff, Form und Inhalt mit einander bös verwechselt. Bleiben wir lieber bei Staudinger selbst, von dem die Hypothese der europäischen Vorbilder für das Hörnermotiv stammt. Man muss zugeben, dass der Kopf der besagten Figur, den ich nebenstehend abbilde, etwas Teuflisches im Ausdruck hat, aber man lasse sich nicht täuschen, das Teuflische ist es nur für uns, es entsteht einzig und allein durch die hörnerartigen Fortsätze, nichts anderes an der Gestalt zeigt irgend eine Ähnlichkeit mit sonstigen »satanischen« Symbolen. Deckt man sich gleichzeitig die Hörner dieses Kopfes und den eigentümlichen Kopf- aufsatz der mittleren lebensgrossen Person zu, betrachtet man beide Gesichter ohne störende Zuthaten, so bleibt bei beiden die gleiche grinsende Negerphysiognomie übrig, sowohl bei der »Teufels- figur« wie bei der anscheinend den Raum beherrschenden Gestalt in der Mitte. /weitens könnte für die Staudinger'sche Erklärung der Umstand sprechen, dass die Hütte eine lebensgrosse, als Nachbildung eines Euro- päers aufgefasste, Figur enthielt, und dass um so leichter auch der hörnergekrönte Kopf auf eine Imitation zurückgeführt werden könnte. Dem widerspricht der typisch negerhafte Ausdruck des Gesichtes, das schon gestreifte Fehlen anderer Teufelssymbole und der weibliche Fig. 33. 31 Geschlechtscharakter, der bisher, wie es scheint, übersehen worden ist. Angenommen, die Neger hätten bildnerische Darstellungen Satan’s nach- geahmt, so kann ich weder in ihnen noch in der Stellung der männ- lichen Bevölkerung Afrikas zu ihren Frauen einen Weg zu der Erklärung finden, warum sie den Teufel in weiblicher Gestalt sich denken und abkonterfeien sollten. Bei uns Christen ist er bis auf den heutigen Tag sogar sehr männlich. Weiter, die Artder Nachahmung von Teufelsvorbildern. Ich glaube nicht, dass es erlaubt ist, Gegenstände der materiellen Kultur, wie Armbrust, Helm, Panzer, mit Bildern zu verwechseln, die ein Missionar seinen Schulkindern zeigt. Jene waren greifbare Dinge, in den Händen der Eingeborenen in ihrem praktischen Werte erprobt, als nützlich und darum begehrenswert erkannt; sie nachzubilden, drängte der egoistische Wunsch, zu besitzen, es den Fremden gleichzuthun oder sich seiner mit gleichen Waffen zu erwehren. Aber ob es denkbar ist, dass die Neger nach gelegentlichen Abbildungen Satans lebensgrosse Gestalten oder Masken schnitzten, möchte ich sehr bezweifeln. Technisch betrachtet, müssten diese, wie mir scheinen will, ganz andere, der Originalgrösse näher kommende Vorbilder verlangen, das geistige Niveau des imitirenden Negers reicht kaum bis zur Über- tragung zeichnerischer Darstellungen auf plastische Bildwerke, wenn man nicht einen sehr starken und nachhaltigen Eindruck oder einen durch den Erwerbssinn concentrirten Trieb voraussetzt. Bei dem letzteren habe ich z. B. die Elfenbeinschnitzereien im Auge, in denen man an der Loangoküste unsere Visitenkarten resp. die geschriebenen Namenszüge imitierte, die wir dem Künstler vorlesten. Wenn dies Moment bei der Herstellung der Masken und jener Figuren fehlte, so wird man von einem mächtigen Eindrucke des christlichen Satans kaum reden dürfen in Gegenden, in denen sonst vom Wirken der Mission nichts zu spüren ist. Ich kann mir überhaupt nicht denken, dass die Missionare der Spanier und Portugiesen sd oft mit dem Bilde des Satans bei der Hand waren, im Gegenteil, das Kruzifix lag ihnen viel näher, es hing jedem Priester und Mönch zur Seite des Faltenrocks. Warum sehen wir denn von ihm keine Imitation? Musste es den Negern nieht ebenso fremd, sonderbar, »fetischartig« erscheinen, wie Zeichnungen vom Teufel, musste es ihnen nicht ebenso imponiren, von den fremden Zauberern als Amulett getragen und behandelt, wie gelegentliche Satanbilder ? Hiermit kommt man in der Deutung des Hörnermotivs nicht weiter. Ich komme noch einmal auf den weiblichen Geschlechtscharakter der Figur in dem Iu-Ju-Hause in Issele zurück. Staudinger hatte gefragt »Sollte es Haarschmuck sein ?« und geantwortet »Kaum«. Damit ist aller- dings kein Argument gegen den Haarschmuck geliefert, aber ich glaube ebenfalls nicht, dass es ein solcher ist. Warum aber fragt Staudinger nach Haarschmuck ?, warum nicht nach Haartracht? In dem Falle würde 32 der weibliche Charakter des seltsamen Teufelsbildes zu seinem Rechte kommen, da wir wissen — der folgende Abschnitt wird davon eingehender handeln —, dass die Frauen an diesen Küsten hörnerartige Trachten unter den formenreichen Kunstwerken zeigen, zu denen sie mit mühe- voller Geduld ihre Haare zurechtzubauen verstehen. Selbst wenn ich also von dem Fehlschlusse Seidels absehe, türmt sich mir eine Zahl von Gegengründen gegen die Staudinger’sche Hypothese auf, die es mir unmöglich macht, ihr auch nur im be- scheidensten Umfange Recht zu geben. Ich will nicht bestreiten, dass es heutzutage vorkommen kann, dass importierte Teufelsmasken einen Neger einmal zur Nachahmung reizen, aber wie die Einfuhr von Masken nach Afrika ihren Grund darin hat, dass man einheimische hier vorfand und darum ein Geschäft zu machen glaubte mit deren Ersatz durch billige Europa-Ware, so ist auch das Hörnermotiv älter als die Be- kanntschaft mit dem christlichen Teufel, es ist selbstständig entstanden und entwickelt, unabhängig von Missionaren mit ihren Bibeln und Kaufleuten mit ihrem Faschings- Plunder. Die Hörner als Haartracht. Eine andere Erklärung für das Hörmermotiv giebt von Luschan, der in ihm die Darstellung von Haarfrisuren sieht. Er sagt im dem Abschnitt » Völkerkunde« des Werkes »Deutschland und seine Kolonien«:!) In dieser (der Haartracht) entwickeln die Togofrauen ebenso wie die von Akkrä grosse Mannigfaltigkeit. Des Vergleiches halber gebe ich hier und auf S. 203 auch einige Abbildungen von Akkrä-Frauen. !) Berlin 1897, S. 214. 33 Man sieht da eine merkwürdige Neigung zur Bildung von allerhand Hörner- und Hörnchenformen und begreift, wenn man derartige Haar- trachten kennt, dann auch die sonst fast unverständlichen und häufies auch wirklich missverstandenen und für Tierhörner gehaltenen Frisuren an manchen _ westafrikanischen Schnitzereien.«e Bei Gelegenheit der schon mehrfach erwähnten Demonstration der Bangwa-Masken in der Berliner Anthropologischen Gesellschaft!) kommt von Luschan auf seine Erklärung der Hörner aus den Haartrachten »die oft ganz bizarre, hörnerartige Formen annehmen« zurück und fährt im unmittelbaren Anschluss daran fort: »Inzwischen ist es nicht uninteressant, festzustellen, wie derartige Hörner sich an Bakundu-Schnitzwerken noch weiter ent- wickelt haben. ... . .« Aus jener ersten Bemerkung konnte man schliessen, dass ihr Autor nur die Masken der entsprechenden Herkunft, aus Lagos und Dahomey, meinte, und die unmittelbare Anschaulichkeit der beigegebenen Ab- bildungen von Haartrachten liess die Erklärung auf den ersten Blick sehr glaubhaft erscheinen. In der zweiten aber liegt eine Ver- allgemeinerung, der man die Pflicht der Beweisführung keineswegs er- sparen kann. Ganz abgesehen von der Notwendigkeit, die Maskentypen in gesonderten Gruppen zu behandeln, und einzig bei jener Conrau’schen Sammlung geblieben, muss man aus den anschliessenden Worten von Luschan’s über die Entwicklung der Hörner zu Ringformen entnehmen, dass nach seiner Meinung auch die Stücke jener Sammlung zu denjenigen Masken gehören, an welchen das Hörnermotiv aus der Haartracht entstanden ist. Ich kann wenigstens aus dem Zusammenhang nichts anderes herauslesen, obwohl es mir schwer fällt, zu glauben, dass von Luschan wirklich der Ansicht ist. Die mächtigen widderhornartig oder doppelt waldhornförmig gebogenen Hörner stehen im ihrer Grösse völlig ohne Verhältnis da, sobald man sie als Haarfrisur nimmt, ihre Entwicklung zum Ringe, die man an Serien verfolgen kann, bleibt ausserhalb des Verständnisses, wenn man gerade aufrechtstehende Zöpfe als ihren Ausgangspunkt betrachtet, während sie sich zwanglos begreifen lässt, wenn man von Natur gebogene Tierhörner an ihre Stelle setzt. So nehme ich an, dass der Autor der Frisur-Erklärung die charakteristischen Akkrä-Zöpfe so bestimmt vor Augen hatte, dass er ihre Wirkung als Vorbilder für Masken weiter reichen liess, als er ursprünglich wollte, oder bei kritischer Untersuchung anerkennen würde. Nach meiner Meinung sind schon aus den oben angegebenen Gründen, die sich bei näherem, mir nicht möglichen, Studium wohl noch vermehren liessen, die Kamerunkopfaufsätze von der in Frage stehenden Erklärung ausgeschlossen. Ebenso bleiben natürlich die !) Verhandlungen 1899, S. 632. 34 Tierköpfe und die geflochtenen Masken aus Senegambien wegen ihrer natürlichen Antilopen- bezw. Ochsenhörner ausser Betracht, sodass wir hier vornehmlich die dritte Rubrik, die gehörnten Menschenköpfe, zu behandeln hätten. Der von Luschan’schen Erklärung zuliebe ist schliesslich die Klasse IV aufgestellt worden, um ihr eine vorurteilslosere Beurteilung zu sichern und ihr die Möglichkeit zu geben, durch Heranziehen recht vieler, auch weniger streng hierhergehöriger, Formen ihre Richtigkeit zu beweisen. Sehen wir uns die Voraussetzungen an, auf denen die Theorie beruht, so ist zweierlei zuzugeben, einmal, dass sich auf afrikanischen Masken Haarfrisuren plastisch dargestellt finden, zweitens, dass es in Afrika hörnerartige Haartrachten giebt. Fig. 36. Fig. 37. Ersteres wird bewiesen durch die sog. Lagosmasken, deren schwarz- gefärbte, in Feldern mit längs- und querlaufenden Einschnitten ver- “sehene Scheitel die gekünstelten Frisuren der Gegend zeigen (vergl. Fig. 36, eine Maske aus dem Museum für Völkerkunde zu Lübeck, K. No. 1693); durch ähnliche Bildungen in Senegambien, wie Fig. 26 beweist, und aus Liberia, von denen es bei Büttikofer heisst: ') »Die Masken der Soh stellen Frauengesichter vor, bei welchen die eigentümlichen Haarfrisuren sorgfältig nachgeahmt sind«; durch Vorkommnisse endlich, wie ich eines hier in Fig. 37 aus dem Museum für Völkerkunde in Lübeck abbilde. Die ohne nähere Angabe eingelieferte, nach Vergleich mit einer Abbildung bei Frobenius (Taf. VII, Fig. 81) aber und Nachprüfung des Exemplares durch Autopsie im Hamburger Museum (K. No. 1542) mit »Alt-Kalabar« bezeichnete Maske zeigt einen von tiefen Parallel- furchen durchzogenen Aufsatz, der nicht anders wie als Haarfrisur deutbar ist. !) Reisebilder aus Liberia, II. 35 Weitere Beispiele findet man auf den Tafeln des Frobenius- schen Werkes. Auf der anderen Seite ist es richtig, dass unter den Tausenden bis zur äussersten Kompliziertheit gekünstelter afrikanischer Haartrachten auch solche in der Form von Hörnern vorkommen. Besonders scheinen sie ausser den schon erwähnten Gegenden der Ober-Guinea-Küste im südlichen Kongobecken beliebt zu sein, wie die hier nach Ratzel') wiedergegebenen Köpfe eines Maschukulumbe (Fig. 38) und eines Mrua (Fig. 39) zeigen. Ausserdem enthält die Litteratur manche Angaben über derartige Frisuren, die freilich infolge häufigen Fehlens von Zeichnungen und wegen der Abhängigkeit von dem persönlichen Eindruck des betreffenden Reisenden nicht immer einwandsfrei sind oder Formen vermuten lassen, die von denen des Masken-Hörnermotivs so sehr abweichen, dass sie nicht das Vorbild des letzteren gewesen sein können und deshalb aus der Beweisführung hier ausscheiden. Bei Johnston?) heisst es z. B. »Die Männer (der Wabuma, ober- halb Stanley Pool) tragen das Haar gewöhnlich wie Hörner, entweder oben auf dem Kopf oder als Zopf oder zu beiden Seiten an der Backe herab- hängend, und auch als eine Art Chignon.« Es geht aus der Wortstellung hervor, dass unter Horn nur ein steif gedrehter Zopf gleichviel welcher Form verstanden ist, die Beschreibung sagt keineswegs, dass das Haar 1) Ratzel »Völkerkunde« I. S. 398 und 550. 2) »Der Kongo« $. 190. BE 36 auf dem Scheitel wirklich wie zwei gerade aufrechtstehende Tierhörner geformt war. Bastian!) erzählt in seinem »Besuch in San Salvador«: »Andere Neger drehen das Haar in ein über der Stirn hervorragendes Horn«, Masken solcher Form sind mir aber nicht bekannt geworden. Man sieht, dass hochstehende Zöpfe der Anschaulichkeit halber leicht mit Hörnern. verglichen worden sind, dass aber sehr selten ihre Ähnlichkeit mit einem Gehörn zu so bestimmten Beschreibungen Anlass gab, wie sie von den Manganja ?) vorliegen »Beliebte Motive (der Frisuren) sind Büffelhörner zu beiden Seiten des Kopfes.« Immerhin, Hörnerfrisuren kommen vor, und es lässt sich kein Grund dagegen anführen, weshalb nicht auch sie plastisch dargestellt werden sollen, wenn andere Haar- trachten mehr oder weniger realistische Wiedergabe finden. Ich habe selbst im vorigen Abschnitte die Wahrscheinlichkeit hervorgehoben, dass es sich bei dem »Teufelsweibe« in der Seidel’schen Ju-Ju-Hütte um eine Haartracht handeln könne, die von der benachbarten Küste mehrfach beglaubigt ist. Im Berliner Museum sah ich einige Schnitzereien, Fetischbilder, Idole oder Ahnenfiguren aus dem Kongobecken, auf denen die trefllichen Darstellungen der Haarfrisuren überraschten, und unter ihnen auch solche mit einer Art Gehörn, das wohl als Frisur gedeutet werden könnte: zwei wurstförmige, mässig spitz endende Aufsätze sind an der Basis in Spiralwindungen ausgeschnitzt, die den Drehungen eines Zopfes durchaus ähneln. Der eimzige Umstand, der stutzig macht, ist der, dass diese Drehungen sehr früh und plötzlich abbrechen, dass sie nicht bis zur Spitze fortgeführt sind, wie es bei einer Haarfllechte zu erwarten wäre und auf den Abbildungen der Akkrä- Frauen (s. 0.) auch thatsächlich zu erkennen ist. Die glatten Spitzen und die Beschränkung der Windungen auf den unteren Teil finden sich dagegen in natura bei den Antilopen- hörnern, deren Concurrenz in dem Streite um das Motiv der Hörner- masken hier bereits auftaucht, und wenn auch zugestanden werden kann, dass jener Mangel möglicherweise in der Oberflächlichkeit der Technik begründet ist, so darf doch mit Recht der Anspruch auf genaue Prüfung jedes einzelnen Falles erhoben werden, bevor die Vor- bildlichkeit der Frisur für die Hörner in der Plastik in weiterem Umfange feststehen soll. Ich denke hierbei an Loango-Fetischbilder, wie das im Berliner Museum unter III. ©. 8113 verzeichnete, eines der bekannten mit dem Zauberspiegel, in dem der Fetisch den Schuldigen erblickt. Statt, wie sonst, auf der Brust, sitzt hier das Glas an der Stelle des Gesichtes, der unförmliche Kopf wird von einem Paar schräge und leicht gebogen ») 1859, 8. 76. ?) Ratzel »Völkerkunde« I. S. 398. 37 nach hinten oben gerichteter paralleler Knochenplatten als Hörner über- ragt, aus deren Richtung und Material ganz klar hervorgeht, dass mit ihnen keine Nachahmung einer Haartracht, sondern diejenige echter — auch aus Knochen bestehender — Tierhörner gemeint ist. Mit der Sicherstellung der beiden oben erwähnten Punkte, Nach- bildung von Haartrachten auf Schnitzereien und Vorkommen von hörnerartigen Haarfrisuren ist noch keineswegs der Beweis geliefert, dass nun die Hörner der Masken aus der Absicht hervorgegangen sind, solche Frisuren realistisch darzustellen. Wir haben die einzelnen Stücke zu unter- suchen, ihre Form mit Form und Vorkommen von Haartrachten der- selben Gegend zu vergleichen, wir werden auch die Verwendungsart, soweit sie bekannt, prüfen müssen, da sie möglicherweise andere Erklärungen der Hörner beansprucht, und dürfen schliesslich nicht vergessen, dass die Haartracht bald beim männlichen, bald beim weiblichen Geschlecht in Afrika die phantastischen Bilder zeitigt, unter denen das Hörnermotiv als eines der seltsamsten und interessantesten im die Augen fällt. Sehen wir uns nun unsere Masken, zunächst der dritten Gruppe, genauer von diesen Gesichtspunkten an. Die Wadumbo-Maske (Fig. 16) legt beim ersten Blick den Gedanken an eine Haartracht nahe, die beiden kurzen, cylindrischen, geraden Stümpfe auf dem Scheitel könnten wohl die Nachbildung von Zöpfchen sein, deren Drehungen durch die quere Riffelung markiert sind. Von den Wadumbo heisst es aber in dieser Beziehung bei Stuhlmann!) >»... . die gleich den Wäwira und Wassongöra ihr Haar in dick pomadisierte Stränge flechten«, und diese Bemerkung spricht sehr gegen jene Annahme. Denn unter Strängen kann man nur zwar fest gedrehte, aber liegende oder hängende Zöpfe, niemals starr aufrechtstehende Hörner verstehen, also die Formen, wie sie bei den Negerfrisuren so häufig und auf den Stuhlmann’schen Abbildungen bei den Wäwira zu erkennen sind, deren Haartracht ausdrücklich als derjenigen der Wadumbo gleich- artig erwähnt wird.?) Um hierin ganz sicher zu gehen, wandte ich mich an Herrn Dr. Stuhlmann persönlich mit der Anfrage, ob er bei den Wadumbo Haarformen gesehen habe, die ein Vorbild zu ihrer Maske hätten abgeben können. Die mit liebenswürdiger Bereitwilliskeit gewährte Auskunft lautete: »Keine der dortigen Völkerschaften hat hornartige Haarfrisuren, sondern Strähne, meist mit rotem Fettlehm beschmiert, die um den Kopf herumhängen«. Ein realistisches Vorbild liegt also für die eigenartige Scheitel- krönung der Maske in der Haartracht ihres Künstlers nicht, immerhin 1) ].c. 8. 558. 2) 1. c. 8. 406. 38 halte ich es für denkbar, dass die offenbar sehr wenig hervorragende Geschicklichkeit des Schnitzers die gedrehten Strähne nicht anders an dem Kopfe anbringen konnte, als in der vorliegenden Form von sichtbar hochstehenden Zöpfen. Die letzteren selbst sind richtig getroffen, nur ihre Stellung zum Kopf ist durch die vom Können nicht unterstützte Absicht, das Haar darzustellen, deplaziert. Weitere Vermutungen erübrigen sich durch unsere Unkenntnis von Verwendung und Sinn der Maske. Die von Luschan’sche Theorie würde, wenn seine Ansicht richtig ist, die Erklärung nicht treffen, da sie ja Hörnerfrisuren zum Ausgangs- punkt nimmt, die bei den Wadumbo nicht vorkommen, sondern sie höchstens streifen, da die Haartracht einen unfreiwilligen Anstoss zur Hörnerbildung an einer Maske gegeben hat. Die nächste Maske ist die der Bakuba; über die Frisuren dieser Leute sagt Wissmann:!) »sie tragen das Haar kurz geschoren, nur auf dem Hinterhaupt bleibt ein Büschel stehen, um ein... . Hütchen daran zu befestigen.« Eine Haartracht, die so in die Augen springt, wie das Gehörn unserer Maske, wäre sicherlich von dem Forscher bemerkt und erwähnt worden, zumal er überall hierauf geachtet und die Frisuren anderer Stämme des Kongobeckens, der Kioque, der Tupende, Baluba, Kalunda, Badinga ausführlich beschrieben hat. Bei all den letzteren wird das Haar wohl in Zöpfe geflochten oder in Bündel und Spitzen gedreht, aber diese Zöpfe und Spitzen hängen in das Gesicht hinein oder um das Gesicht herum, stehen höchstens — und dann in grösserer Zahl — ganz kurz nach oben, sodass sie »frisch emporsprossenden Kakteen sehr ähnlich sehen.« Nirgends ist von hochragenden Wülsten die Rede, die durch ihre Zweizahl und durch ihre Form einen Vergleich mit Hörnern zulassen könnten. Von den Basanschi am unteren Kassai heisst es zwar ?); »Das Haar tragen sie zu einem starken Wulst vereint, der sich quer über den Scheitel nach den Ohren zieht und von dem aus vier Zöpfe hornartig nach vorn abstehen.« Aber auch ohne dass eine Ab- bildung diese Haartracht anschaulich macht, erkennt man aus der Be- schreibung, dass die beiden Hörner unserer Maske keine Nachahmung einer solchen sein können, selbst wenn sie von den Bakuba, nicht von den weitab wohnenden Basanschi berichtet wäre. Dort die Zweizahl, der glatte Scheitel, das senkrechte Aufsteigen, hier der Wulst mit vier nach vorn gerichteten Spitzen. Endlich sind die Hörner viel zu lang, um Haartracht zu sein, und wenn man einwenden wollte, dass sie vom Künstler absichtlich übertrieben dargestellt seien, um recht aufzufallen, so begreift man einmal nicht, weshalb die Haartracht einer solchen Auf- merksamkeit gewürdigt wird, und beachtet zweitens nicht, dass alle !) »Im Innern Afrikas«. S. 242, 2) 1. c, 8. 388, 39 anderen Teile gerade dieses Stückes ausserordentlich sorgfältig gearbeitet und gut getroffen sind. Um für die Loango-Maske der Figur 15 das Vorbild in der Haar- frisur zu finden, habe ich vergebens die Bemerkungen und die Photo- graphien durchgesehen, die uns über die Loango-Neger Auskunft geben, und die Erinnerung wachgerufen, die ich selbst von ihrer äusseren Er- scheinung bewahre. Bastian sagt von ihnen, dass ihr Haar kurz- wollig anliegt, dass die Knaben den Kopf geschoren haben, bis auf einen Halbmond über der Stirn, die Mädchen atısser einem Bürstenbüschel auf dem Scheitelwirbel, dass Erwachsene eimen schmal abgetrennten Kranz oder. verzierende Linien auf dem niedrig geschorenen Hinterkopf tragen, viele den grössten Teil des Kopfes glatt rasiert haben. ') Dazu tritt die nicht verwertbare Bemerkung »Nach Süden treten sonderbare Frisuren zu Tage, wie sie sich auch im Osten unter verschiedenen Formen finden. « Nirgends aber zeigen uns die Abbildungen Hörnerfrisuren, alle die Figuren z. B., die auf den bekannten geschnitzten Blefantenzähnen zu Hunderten vorkommen, haben kurz geschorenes Haupthaar. Während im südlichen Kongobecken die Mode der komplizierten Haarfrisuren sich auch oder ausschliesslich auf das männliche Geschlecht erstreckt, so beginnt mit Loango die Sitte mehr das Vorrecht der Frauen zu werden. Damit vergleiche man die Notiz über die Verwendung der Maske seitens der Fetischdoktoren bei Todesfällen und gestehe ein, dass sich die Annahme einer Haarfrisur als Vorbild der Hörner nicht auf- rechterhalten lässt. In der Fig. 19, der häufig citierten, von Cameron gezeichneten Maske eines Scheinteufels von Kibokwe, Lunda, sind die horizontalen, geschweiften Ochsenhörner zu deutlich, als dass sie für unsere Frage berücksichtigt zu werden brauchten; der eime, schräge nach vorn aufragende, gleichmässig gedrehte Fortsatz in der Fig. 20 ist, obwohl abgebrochen, länger als das ganze Gesicht, und sein Durchmesser entspricht der Hälfte bis dem Drittel des sagittalen Durchmessers des ganzen Kopfes, er entspringt ausserdem soweit nach hinten, dass fast der ganze Scheitel freibleibt, und das Horn an die hintere Peripherie des Kopfes gerückt erscheint. Die Andeutung einer Haarfrisur kann ich darin nicht erkennen. In der Fig. 21 haben die beiden’ Stirnfortsätze eine Form, die weder an echte Tierhörner noch an hornartig aufrechtgedrehte Haarzöpfe erinnert. Allein die ganze Maske ist so steif und eckig, dass die vier- kantigen Aufsätze sich ihrem Gesamtcharakter angemessen einfügen und vielleicht nur als unbeholfener Ausdruck — oder auch als beabsichtigte Stilisierung — von im Grunde rund gedachten, hörnerartigen Gebilden zu verstehen sind. !) »Die deutsche Expedition an der Loangoküste,« I, S. 133 und 153, 40 Unter diesen Umständen ist allerdings die Form so wenig ein Grund gegen die Annahme eines Frisur-Vorbildes wie für diejenige von Tierhörnern, sie ist zu unbestimmt, zu stilisier, um nach dieser oder jener Seite hin ein Urteil zu gestatten. Angenommen aber, und ich glaube es, dass überhaupt Hörner unter den abgeschrägten Zapfen gemeint sind, so haben wir uns an dieser Stelle zu fragen, ob eine Haarfrisur überhaupt vorbildlich gewesen sein kann, ob es eine ähnliche Haarfrisur im der Herkunftsgegend der Maske giebt. Sie stammt von Neu-Kalabar. Meine Erinnerung weiss so wenig, wie die Litteratur, die ich befragen konnte, etwas von hörnerartigen Haartrachten in dieser Gegend.') Es ist richtig, dass wir hier, mit der Küste von Oberguinea, zu denjenigen Negern kommen, die mit peinlicher Sorg- falt, tagelanger Geduld und raffinierter Erfindungskunst ihre kurzen Haarlocken zu den wunderlichsten Frisuren zusammenzuschweissen ver- stehen. Joseph Berger?) erzählt von den Negern. der Dahomeyküste: »Sonderbarer Weise waren die Köpfe dieser Kerle mit kleinen Hörnern geziert. Sie hatten nämlich Haarbüschel so zusammengedreht und mit Baumfasern umwickelt, dass sie vom Schädel hornartig abstanden. Einige trugen sogar sechs bis zehn solcher Teufelsabzeichen.« Zöller sagt von den Togonegern: »Drei Viertel, Männer wie Frauen, tragen das Haar kurz geschoren. Welche Verschiedenheit aber unter dem übrig bleibenden einen Viertel! Am beliebtesten sind drei Hörner — je eins an der Seite und eins über der Stirn — eine Frisur, die ihrem Träger ein mephistophelisches Aussehen giebt.«?) Auf den Beninbronzen sieht man vereinzelt Hörner- frisuren, wie die aus einem Kataloge von Webster in Bicester entnommene Figur 40 zeigt. Eine Reihe hoher, wulstiger, einfacher und paariger, hornartiger Haartrachten teilt end- lich Passarge von den Neaumdere-Frauen in Adamaua mit (Fig. 41/42). ') Hierbei ist jedoch allerlei in Erwägung zu ziehen. Einmal gingen wir von der Calabar- Maske aus, um für deren Hörner Vorbilder in !) So heisst es bei Mockler Ferryman »Up the Niger« ganz unbestimmt: »some tribes shave she head, whilst others wear the hair long (often in plaits). *) »Unter den modernen Landsknechten« 1885, S. 110, ») »Das Togoland« 1885, S. 97. *) »Adamaua«, S. 270, 41 Fig. 41. Fig. 42. Haartrachten zu suchen, und fanden solche in Adamaua, Dahomey, Togo, in Gegenden, die nicht ohne Weiteres mit der Nigermündung zusammengeworfen werden dürfen. An der letzteren selbst sahen wir keine, dort wo wir sie trafen, vermissten wir wieder die Masken, denen sie als Vorbilder hätten dienen können. Ein gemeinschaftliches Vor- kommen muss aber, sollte man meinen, für den Beweis des ursächlichen Zusammenhanges verlangt werden, es kann nicht genügen, dass überhaupt bei Negern hörnerartige Haarfrisuren und dass überhaupt bei Negern hörnertragende Masken gesehen werden. Bei der räumlichen und ethnographischen Entfernung also zum Beispiel zwischen den Ngaumdere-Frauen und den Bewohnern Neu-Calabars ist nicht daran zu denken, der ersteren Haarfrisur in den Masken der letzteren wieder- erkennen zu wollen. Die Adamauaformen kann man noch aus einem anderen Grunde sofort ablehnen, sie sind Frauentracht. Wenn man auch wenig über den Gebrauch der Masken weiss und im Besonderen die hier gerade in Betracht kommende Neu-Calabar-Maske gar nicht kennt, so ist doch soviel sicher, dass die Verkleidungen hier fast ausschliesslich von den Ver- bindungen der Männer bei ihren festlichen oder ceremoniellen Umzügen getragen werden. Es wäre widersinnig, zu glauben, dass Masken, vor deren Anblick noch dazu die Frauen meistens sich verbergen und ver- stecken müssen, mit der Nachbildung einer weiblichen Haartracht geschmückt sein sollten. Auf diesen Punkt scheint mir bisher zu wenig geachtet zu sein, und doch spielt er auch für die westlichen Teile der hier besprochenen Gegenden eine Rolle. Er schafft ausserdem einen Gegensatz zwischen den plastischen Werken der Negerkunst im Allge- meinen und den von ihr geschaffenen Masken als einer Teilerscheinung derselben. Das Vorkommen von Hörnern bei jenen, die wie in der Figur der Ju-Ju-Hütte als Nachbildungen von Frisuren angesprochen werden können, zerstreut nicht die Bedenken, die man aus obigem Grunde gegen einen gleichen Zusammenhang bei den Masken erheben muss, Man kann das eine zugeben und das andere ablehnen, 42 Auch weiter im Westen sind es vorwiegend die Frauen, die ihren Frisuren die imposanten Formen abzugewinnen verstehen, von denen wir hier sprechen. — Im Hamburger Museum liegt ein messingenes Fetisch- messer aus Dahomey (Porto novo), dessen Griff eine reitende Amazone zeigt, mit einer Haarfrisur aus zwei hintereinander gestellten parallelen, dicken, cylindrischen, hornartigen Zöpfen — nicht ausschliesslich, wie Berger's und Zöller’s Beobachtungen lehren, aber doch so häufig, dass wir zu einiger Vorsicht in der Beurtheilung der Hörnermasken allen Grund haben, einer Vorsicht, die wir um so leichter üben können, als wir bisher von Gegenden mit männlichen Hörnerfrisuren keine Hörnermasken bekommen haben. Angenommen aber auch, das wäre der Fall, oder man dürfte die Masken dieser Küsten gemeinsam behandeln, so fällt auf, dass nur vereinzelt Haargebilde zustande kommen, die in der Reproduktion auf der Maske als Gehörn, als Tierhörner imponieren könnten; Bilder, wie die hier aus Berger (S. 111) entnommene Figur 43, sind äusserst selten, und selbst auf dieser wird man einerseits die Kürze der Hörn- chen, andererseits das gleichzeitige Stehen- bleiben des übrigen Haupthaares nicht ver- gessen dürfen, wenn man gehörnte Masken mit ihr vergleichen will. Wir befinden uns hier bei Negern, die ihre Masken äusserst naturalistisch, gut charakterisirt und in einzelnen typischen Zügen, zu denen auch die Haartracht gehört, wahrheitsgetreu zu gestalten ver- mögen, bei Negern andererseits, die, wie man weiss, eine Vorliebe für groteske Formen ihrer Schnitzereien besitzen. Sie würden sich schwer- lich die günstige Gelegenheit haben entgehen lassen, Wunderbauten von 6 und 10 Hörnern, von strahlenartig abstehenden Zöpfen u. s. w. nachzubilden, wenn es solche am Schnitzorte der Masken gäbe, oder wenn ihre Träger die Vorbilder zu den Masken gewesen wären. Der andere Fall aber, dass von all diesen wunderlichen Zöpfen und Zöpfehen immer nur ein symmetrisches Paar ausgewählt sein sollte, um die Haartracht vorzustellen, ist gleichfalls nicht gut einzusehen. Ich bim mit diesen schon mehr allgemeinen Bemerkungen etwas weit vom Ausgangspunkte, der Neu-Oalabar-Maske, abgekommen — dass die Stirnfortsätze dieser letzteren nicht die Haartracht wiedergeben, ging schon im Anfange der Untersuchung klar hervor —, und in westlichere Gebiete der Sklavenküste gelangt. Von hier liegt in der Fig. 22 eine Maske vor, bei der eine Reihe der in den letzten Zeilen erhobenen Ein- wände fortfällt und die deshalb für die von Luschan’sche Hypothese verwertet werden kann. Wir haben eine Maske mit Hörnern aus einer 43 Gegend, in der es Hörnerfrisuren giebt, wir haben einen wahrscheinlich weiblichen Kopf, der festlich mit Ketten aus Kauris und Muschelscheiben geschmückt ist, im Einklang mit dem Vorwiegen weiblicher Haartrachten der Art, wir sehen Hörner, die kurz, gleichmässig kegelig, mit guter Andeutung der Windungen, vom Vorderscheitel leicht divergierend auf- wärtssteigen, wie es die Zöpfe der Frisuren thun, und wir haben vier Hörner, also die sonst vermisste Multiplizität. Es scheinen mithin Gründe genug vorhanden zu sein, um durch diese Maske die von Luschan’sche Hypothese für erwiesen zu halten. Ich will mir jedoch kein Urteil dar- über, weder nach der einen, noch nach der anderen Seite hin erlauben, da es durchaus abhängig sem müsste von der Bedeutung und Verwen- dung der Maske. Beides ist uns vollständig unbekannt, und inzwischen muss die Spekulation mit zwei Möglichkeiten rechnen. Entweder ist es ein Frauenkopf, dann würde das vordere Paar Hörner die Haartracht markieren, das hintere Paar, die viel grösseren und dickeren Hörner aber eine groteske, beabsichtigte Karrikatur derselben Haartracht sein, die dem Negercharakter dieser Gegend wohl entsprechen könnte. Oder es ist ein männlicher Kopf, dann würde ich die Verschiedenheit in der Form beider Hörnerpaare stärker betonen, in den langen, schlanken, leicht konkaven, echten Tierhörnern völlig ähnlichen, hinteren Aufsätzen ein Attribut er- blicken, das den Stirnfortsätzen der vorigen Maske, all den Hörnern überhaupt entspräche, die wir bisher an Masken gefunden, während das vordere Paar niedriger, gedrungen kegelförmiger Spitzen eine Verviel- fältigung darstellen würde, wie sie beispielsweise der Kamerun-Kopfauf- satz der Fig. 7 zeigt. Ich pflichte im Stillen dieser letzteren Auffassung bei, sie offen zu proklamieren, halte ich mangels jeder Kenntnis über das- Stück nicht für ratsam. In der Fig. 23 sind die beiden vor der Stirn liegenden Hörner ohne Zweifel als wirkliche Hörner und nicht als Haartracht aufzufassen; ihre mit der Spitze nach unten gerichtete Stellung und ihr Ansatz un- mittelbar an der Augenbraue kann nur im ersteren Falle als mangelhafte bezw. vereinfachte oder durch ein Ausweichen vor dem krönenden Strahlenkranze verständliche Technik erklärt werden, nicht aber, wenn sie die Nachbildung einer alltäglich gesehenen, unzählige Male in natura selbstgefertigten, wohlbekannten Haartracht sind. Auch charakterisiert ihre gleichmässig glatte Rundung und ihre Konkavität die Wülste hin- reichend als Tierhörner, ein dritter Grund wird später noch genannt werden. Die folgende, aus dem Lübecker Museum stammende Maske, schliesst sich, wie in der Form der Augen-, Nasen- und Mundbildung, so auch in der Erklärung der hörnerartigen Aufsätze der vorigen Maske an. Sie, die hier über den Scheitel hinausragen — in wichtiger Er- gänzung der technisch bedingten Umkehrung der natürlichen Stellung 44 bei jener —, könnten also schen durch Analogieschluss für echte Tierhörner erklärt werden, wenn nicht ihr Ansatz aussen am Seitenrande der Stirn, ihre gleichmässig runde und spitz zulaufende Form und ihre nach innen gerichtete, mit den Spitzen einander zuneigende Stellung den Beweis bereits vorher geliefert hätten. Ebensowenig braucht es des Beweises für die Pariser Maske aus Tiassale (Fig. 25); ihre Hörner sind so typisch tierisch, dass Niemand auf den Gedanken kommen würde, sie als Haarzöpfe anzusprechen. Wichtig und interessant ist die Maske der Fig. 26, da der Künstler auf ihr die Haarfrisur so sorgfältig und unverkennbar realistisch wieder- gegeben hat, dass sie unmöglich missverstanden werden kann. Der Haarfrisur nun liegen die beiden seitlich angebrachten, schräg nach vorn gerichteten Hörner auf, ihre Form ist diejenige echter Tierhörner, es ist ganz offenbar, dass beide Teile nichts miteinander zu thun haben. Was die Hörner hier bedeuten, wird später auseinandergesetzt werden, an dieser Stelle genügt es, zu zeigen, dass die Hörner der Maske keine Haartracht sein können, und festzustellen, dass auf einer Maske Hörner neben eimer typischen Frisur vorkommen. Auf der Grenze zwischen der dritten und vierten Gruppe unserer Masken steht die in Fig. 27 abgebildete von den Lussambo. Die zu beiden Seiten des Kopfes angebrachten vierkantigen Bogenleisten, deren frei vorragende obere Enden auf den ersten Blick den Eindruck von Hörnern hervorrufen, haben, wie ihre Form und Stellung beweisen, nichts mit der Jiaartracht zu thun. Letztere ist möglicherweise durch den kurzen Stumpf markiert, der auf dem Scheitel steht und vielleicht einen zusammengerafften Frisurknoten bedeutet. In dem Reisewerk Wissmann’s (»Meine zweite Durchquerung . . .) kann ich keine Notiz über die Haartracht der Lussambo, die darüber Aufschluss geben. würde, finden. Ist es aber der Fall, so würde hier die von Luschan’sche Hypothese wieder nur sehr sekundär zu ihrem Rechte kommen; denn ein- mal ist von wirklichen Hörnerformen in dieser Frisur nicht die Rede, andererseits besitzt die Maske ausgesprochen hörnerartige Fortsätze, die ersichtlich keine Frisur sind. Stellt der Scheitelstumpf einen Haarknoten vor, so ist nichts weiter bewiesen, als dass überhaupt das Haar auf Masken dargestellt wird, und das ist niemals bestritten worden. Ich wende mich schliesslich zu den Masken mit hörnerartigem Aufsatz, um bei ihnen die Frisur-Hypothese zu verfolgen; sie sind freilich im Anfange nicht von ihr gemeint gewesen, sie mögen aber der Vollständigkeit halber und als eventuelle Stützen derselben hier angefügt werden. Die erste der in dieser Gruppe zusammengestellten Masken, von den Wasära-Warua, wird von einem Fortsatz überragt, der roh, unbearbeitet, abgesplittert, an der Basis durchlocht ist, mit der Haartracht sicherlich nichts zu thun hat und wohl richtig als 45 stehengebliebener oder — als Handhabe beim Arbeiten bezw. zum Aufhängen — stehengelassener Rest des Holzstückes aufgefasst wird, aus dem die Maske gefertigt wurde. Mit der Frisur hängt er ausserdem schon deshalb nicht zusammen, weil diese auf andere Weise, durch die Strichelung des oberen Kopfrandes, dargestellt ist. Nebenbei erwähne ich kurz den von Wolf mit- gebrachten Reisefetisch von Sankurrun — Berliner Museum II €. 3623 —, der auf dem Kopf sowohl eine richtige Haarfrisur wie eme eiserne, hormartige Spitze zeigt, ein weiterer Beweis für die Unabhängigkeit beider Formen. Das Gleiche ist der Fall bei dem Bali-Idol, das im Lübecker Museum liest und hier unter Fig. 44 abgebildet ist; es ist em 68 cm grosses Schnitzwerk, das auf einem 15 cm hohen Sockel mit abgeschrägten Kanten einen menschlichen Kopf darstellt, dessen unverhältnismässig langer Hals durch Längs- und Querkerben in schachbrettartig abwechselnd helle und geschwärzte Quadrate geteilt ist. Aus dem platten Gesicht springen die Nase als dreikantige Pyramide und die Augen als halbkugelige Wülste hervor, auf denen die Lidspalte durch Bogen- schnitte, die Pupille als runde Grube markiert ist. Der Mund wird durch einen muldenförmigen Aus- schnitt gebildet, an dessen Rande kurze Einschnitte Fig 44. die Zähne darstellen. Das Haar wird durch einen geschwärzten Kreis auf dern Scheitel angedeutet, auf letzterem erheben sich zwei doppelt S-förmig gekrümmte Hörner, die im mittleren Drittel mit eigentümlichen, wie »Spritzer« aussehenden, kurzen schrägen Ein- schnitten verziert sind. Aus ihnen glaubte ich zuerst entnehmen zu sollen, dass die Kopfansätze Eidechsen oder Schlangen darstellen; da aber keinerlei andere anatomische Andeutung vorhanden ist, so muss man doch wohl Hörner in ihnen erkennen. Der knüppelartige Fortsatz der Niger-Maske in Fig. 29 wird schwerlich für einen Zopf erklärt werden; abgesehen davon, dass er ebensolang, wie der ganze Kopf ist, abgesehen von vielen anderen Gründen, die dagegen sprechen, genügt der Hinweis, dass das Haar thatsächlich schon dargestellt ist, nämlich durch die beiden seitlichen Wülste, zwischen denen jener Fortsatz herauskommt; also der gleiche Befund, wie bei Fig. 26 und 28. Der Kopf der Fig. 30 scheint dagegen in seinen länglich giebelisen Aufsätzen in der That eine Haartracht zu besitzen, irgend etwas hörnerartiges ist an den Wülsten nicht zu entdecken. Über die Verwendung und Bedeutung der Maske im Ungewissen, würde ich mich 46 bis zum Eintreffen anderer, von den Eingeborenen selbst gegebener Erklärung für jene Auffassung entscheiden. Den Aufbau der Fig. 31 kann man in der Erinnerung an früher erwähnte Vorkommnisse auf den ersten Blick gleichfalls versucht sein, als Haartracht, als eines einer jener complicierten, aus multiplen Zöpfen bestehenden Gebilde, aufzufassen. Allein bei näherem Zusehen erkennt man, dass diese Zöpfe von einem um den Kopf gelegten Riemen ent- springen, dass sie durch das breite geflochtene Band hindurchgehen, welches den Kopf wie ein Planetenring umgiebt, dass das Haupthaar durch Strichelung des geschwärzten Scheitels in der Art der »Lagosmasken« anarkiert ist. Dem Ganzen haftet etwas diadem- und kronenartiges an. Wieviel davon aus Europa stammt, bleibe dahingestellt, glaubhaft aber wäre es, wenn das Vorbild der Maske, wenn auch nicht in einem modernen Karnevalsgesicht im Staudinger’schen Sinne, so doch vielleicht in einer jener Messingkronen gesucht würde, die afrikanischen » Königen« häufig von Forschungsreisenden als Dank für Gastfreundschaft und von Beamten als Ersatz für verlorene Herrschaft geschenkt worden sind. Doch sei dem, wie ihm wolle, eine Haarfrisur kann auch hier nicht das Muster gewesen sein. Die letzte Maske endlich bleibt wie ihrer Herkunft nach unbekannt, so in der Deutung ihrer Kopfaufsätze unsicher. Die Haartracht einer bestimmten Gegend lässt sich zum Vergleiche nicht heranziehen, weil wir diese Gegend eben nicht kennen, aber unwahrschemlich ist ‘es immerhin nicht, dass die drei Wülste ebenso viele, vielleicht mittelst einer aus Kohle, Russ, Erdnussöl gekneteten öligen Masse zusammen- geballte Haarknäuel bedeuten). Fasse ich die ganze Betrachtung zusammen, so komme ich zu dem Schluss, dass aus einer Imitation der natürlichen Haartracht auf west- afrikanischen Masken eine Hörnerform nur in verschwindend seltenen Fällen entstehen kann, dass es überhaupt möglich ist nur bei einzelnen Lagos- und Dahomeymasken, dass aber auch bei ihnen in der Mehrzahl den Schnitzern andere Vorbilder vorgelegen haben. Die von Luschan- sche Hypothese muss in der Verallgemeinerung, als wären alle Hörner- masken durch sie zu erklären, abgewiesen werden, sie ist aber auch für diejenige Gegend, deren Vorkommnisse sie ursprünglich gemeint hat, in den meisten Fällen unhaltbar geworden und bedarf des Ersatzes durch andere Erklärungsversuche. 1) Ratzel »Völkerkunde« I. 8. 576. 47 Die Hörner als Amonssymbol. Eine dritte, wohl von Bastian zuerst ausgesprochene Ansicht erkennt in den Hörnermasken altägyptische Anklänge. Um uns mit diesem Gedanken kritisch abzufinden, haben wir die Frage zu erwägen und zu beantworten, ob es überhaupt denkbar ist, dass wir in dem ma- teriellen und geistigen Besitzstande heutiger west- oder centralafrikanischer Neger Spuren der hohen Kultur jenes alten Nilreiches begegnen können. Diese Frage muss nun, wie es scheint, in der That bejaht werden. Weder Zeit noch Entfernung noch Kulturabstand beeinträchtigen die Beweis- kraft, die einzelnen - Thatsachen nach der Richtung hin zugesprochen werden muss. Schon a priori ist es unwahrscheinlich, dass eine vieltausendjährige Kultur ohne Einfluss auf ihre Umgebung geblieben sein, dass sich während der für unsere heutigen Begriffe unfassbar langen Dauer einer gewaltigen Staatseinheit gar keine Beziehungen zum Auslande gebildet haben sollten. Man spricht zwar immer von der Erstarrung des altägyptischen Wesens, der Kunst, Religion u. s. w. im Nillande. Einmal ist das aber keines- wegs im Sinne einer absoluten Abgeschlossenheit zu verstehen, eine solche ist schlechterdings undenkbar und unmöglich, selbst eine chinesische Mauer schied nur relativ. Andererseits soll unter dem Ausdruck das Fernbleiben von Einflüssen verstanden werden, die von aussen her, von anderen Kulturstaaten nach Ägypten eindringen konnten, weniger die Wirkungen, die, von ihnen ausgehend, die Unkultur des eigentlichen Afrikas zu befruchten vermochten. Man hat hinsichtlich der Beziehungen Ägyptens zu Asien und Europa mit der Zeit manche Theorie begraben, manche Auffassung ändern müssen, man wird vielleicht, durch bestimmtere Beweise einst unterstützt, auch dahin kommen, die Bedeutung der alt- ägyptischen Kultur für die afrikanischen Naturvölker anders zu würdigen, als es bisher vielfach geschehen ist. Die politische Expansion des ägyptischen Reiches schlug, soweit wir aus geschichtlichen Quellen schöpfen können, alle drei Richtungen ein, die ihr offenstanden, nach Osten zum roten Meere, nach Westen in die libysche Wüste und nach Süden im Thale des Nils stromaufwärts. Für uns kommen die beiden letzteren Wege in Betracht, weil nur sie zu den Verbreitungsgebieten der afrikanischen Maske bezw. der Hörnermaske im Besonderen führen, der südliche, der die centralafrikanischen Länder eröffnet, der westliche, der, wenn auch erst indirekt über die Wüsten- oasen, zu dem westlichen Sudan hinüberleitet. Wieweit das eigentliche Staatsgebiet des alten Ägypten im Süden reichte, ist mit Sicherheit wohl nicht anzugeben. Im sog. Alten Reiche — ich folge hier der Darstellung Eduard Meyers m »Geschichte des alten Ägyptens« aus Okens Allgemeiner Geschichte 143. Abteilung — und zum zweiten Male unter der 12. Dynastie unterwarf sich das Pharaonenreich die nubischen Stämme bis oberhalb des zweiten Kata- raktes, wo Usertesen III. selbst eine Stelle bei dem heutigen Dorfe Semne als die Südgrenze Ägyptens bezeichnete und durch militärische Stationen gegen die Neger des Südens sichern liess. Thutmosis I. erweiterte diese Grenze bis zum dritten Katarakt, nördlich von Dongola, Thutmosis III. sogar, wie es nach Meyer wenigstens scheint, bis unterhalb des vierten Katarakts, in die Gegend des heutigen Meraui, und »es ist möglich, fährt Meyer!) fort, dass die Macht des Königs sich noch viel weiter, bis in den Sudan hinein, erstreckt hat, aber dass er selbst hier gekämpft habe, wird nie erwähnte. Später entstand hier das selbstständige Reich von Napata, das sich sogar, im 8. Jahrhundert, eine Zeit lang das eigentliche Ägypten unter- warf, in seiner ganzen Kultur aber ein durchaus ägyptischer Staat und zwar em Priesterstaat in noch weit höherem Grade war, als das Reich der thebanischen Amonspriester. Die weitere Entwicklung altägyp- tischer Beziehungen zu den afrikanischen Naturvölkern geht von diesem Reiche Napata aus. Sudanneger leisteten dem Könige Pi’anchi Heeres- folge auf seinen Broberungszügen gegen Unterägypten, zur Zeit der Perserkriege sind das Land Aloa am blauen Nil, oberhalb Chartums, und Nubien die beiden Hauptbestandteile des Königreiches Kusch, das afııkanische Blement trat im Reiche immer mehr hervor, Horsiatef nennt die Krone, die Amon ihm verleiht, die »Krone des Neger- landes«. Der Mittelpunkt des Reiches verschob sich aus dem schmalen nubischen Nilthal im das Steppenland von Berber und Chartum, das heutige Begerauie (das Meroe Herodots) wurde die gewöhnliche Residenz der Könige. Hier und sogar noch weiter südlich in Naga und im Wadi essofra erstanden Tempel und Pyramiden mit königlichen Grabkammern. Im Westen finden wir die libysche Wüste bis zur Amonsoase unter der Herrschaft Ägyptens. Die politische Grenze des alten Ägyptens blieb also, so vorgeschoben sie im Süden vom Standpunkte der Ägypter auch sein mochte, immer- hin recht weit nördlich und östlich, wenn wir sie im Verhältnis zu den geographischen Breiten und Längen betrachten, um die es sich hier handelt, und unter denen die Hörnermasken verbreitet sind. Allein die politische Grenze fällt durchaus nicht mit der kulturellen zusammen. Es genügt, zum Beispiel an die Verbreitung französischer Sitten und Künste zu erinnern, die bei Weitem die Machterenze und — ein modernes Wort zu gebrauchen — die Interessensphäre des mächtigen 49 Staates überschritt, m der sie ihren Ursprung und ihre Entwicklung genommen. Und wenn man dagegen die viel primitiveren Verhältnisse jener vorchristlichen Jahrtausende hervorheben will, den langsameren und beschränkteren Verkehr, den grösseren kulturellen Abstand zwischen dem eivilisierten Nilreiche und den umwohnenden Negervölkern, und die vielleicht dadurch verursachte Trägheit der Assimilation, so liefert andererseits die vorgeschichtliche Zeit Europas eine Fülle von Beispielen für die enormen Ausdehnungen, die ein friedlicher Handelsverkehr selbst unter derartig ungünstigen Bedingungen erreichen, für die überraschend grossen Entfernungen, über die zufälliger und mählicher Güteraustausch von Weiler zu Weiler, von Stamm zu Stamm im Laufe der Jahrhunderte fremde Producte verstreuen können. »Es giebt und gab unter ihnen (den Naturvölkern), sagt Ratzel!), mehr Verkehr, als man beim ober- flächlichen Hinschauen glaubt. « Wenn uns also die Überlieferungen im Westen nur bis zur Oase Siwa weisen, so bleibt es nicht ausgeschlossen, dass die Einflüsse des Nillandes auf nördlicheren Bahnen sich bedeutend weiter nach Westen und später von dort nach Süden und Südwesten bemerkbar machten, und wenn wir die Südscheide des alten Ägyptens, geschichtlich beglaubigt, nicht viel oberhalb Chartums annehmen dürfen, so liegt hierin keinerlei Recht - und keinerlei Verpflichtung zu der Annahme begründet, auch die ägyptische Kultur habe an dem Zusammenflusse des blauen. und des weissen Nils ihre Grenzpfähle aufgestellt. Ich kann Stuhlmann nicht zustimmen, wenn er”) gegenüber einer von KarlPeters aufgeworfenen Vermutung meint, es sei durchaus irrig, ein Hinaufreichen altägyptischer Kultur bis Uganda anzunehmen, weil man den Nil damals nicht weiter kannte, als bis zum heutigen Wadi Halfa, der Nil nach der Ansicht der Pharaonen bei der Insel Philae ent- sprang. Es mögen vielleicht andere Gründe gegen altägyptische Anklänge in Ugandas Kultur sprechen, dieser hier angeführte jedoch kann nicht als stichhaltig angesehen werden. Bücher haben ihre Schicksale, sagt man. Wie sie, so auch manches Andere, so auch ethnographische Stücke; freilich nur sie, nicht aber auch die geistigen Vorstellungen, die sie gezeugt, werden exportirt. Kannten die griechischen und kleimasiatischen Künstler frühester Zeiten die nordischen Lande, zu denen sich ihre Fibeln und Ringe verirrten ? Weit früher als wissenschaftliche Forschung oder politische Herrschaft erobern sich die unscheinbar kleinen Stücke des materiellen Kultur- besitzes fremde unbekannte Länder; das Aufhören der politischen effektiven Macht — in unserem Falle Ägyptens bei Chartum — beweist 1) Grundzüge der Völkerkunde«, Kap. 7. ?) »Mit Emin Pascha ins Herz von Afrika«, S. 847 50 nichts gegen ein Weiterreichen der Kultur, ebensowenig thut das aber auch hier die geographische Unkenntnis der Pharaonen in Bezug auf die Nilquellen und deren Länder. Wir sind nun aber auch imstande, in diesem Punkte unsere anfänglich nur auf Wahrscheinlichkeits- und Analogieschlüsse gegründeten Vermutungen durch das Material ethnographischer Museen bezw. durch das Ergebnis moderner Forschungsreisen wesentlich zu stützen. Freilich wird es notwendig sein, die Schlüsse sehr vorsichtig zu ziehen. Wenn z. B. die altägyptische Harfe und Laute über den ganzen Norden und einen grossen Teil des Innern von Afrika verbreitet sind, so ist die erste Folgerung vielleicht, diese Musikinstrumente hätten die Grenzen Ägyptens bereits zu Zeiten der Pharaonen überschritten. Ebensosehr ist es aber möglich, dass sie sich dort bis in die neuere Zeit erhielten und erst in der Ära des beweglichen, Nordafrika von Grund aus umgestaltenden Islams nach Süden und Südwesten vordrangen. Für die Frage der altertümlichen Form ist das im Grunde gleich- gültig, die weitgehende Übereinstimmung mit den auf Zeichnungen thebanischer Gräber bekannt gewordenen oder in natura uns über- kommenen Instrumenten bleibt in beiden Fällen gleich interessant. Für unseren Gegenstand aber, für uns, die wir in modernen Gebilden die offiziellen Religionssymbole des altägyptischen Götterglaubens wieder- erkennen sollen, wird das Auftreten des Muhamedanismus zu einem Momente wichtigster, z. T. ausschlaggebender Bedeutung. Ist es sicher, dass erst mit den in Nordwest-, Südwest- und Ost-West-Richtung vor- schreitenden Wellen der islamitischen Völkerbewegungen jene Instru- mente über Ägypten hinaus gelangten, so werden wir uns nicht ohne Weiteres für berechtigt halten dürfen, an ihnen oder anderen Besitz- stücken der Negervölker, speziell der uns hier beschäftigenden Masken, gefundene Hörnerschnitzereien auf antike Amonsdarstellungen zurück- zuführen. Wir würden vielmehr bei der nivellierenden Kraft der isla- mitischen Kultur den Hülfsbegriff des »Überlebselse nicht entbehren können, wollen wir dennoch an derartige Zusammenhänge glauben. Das würde z. B. im ganzen Central- und Westsudan ebenso wie in Nordafrika zutreffen, wo der Islam, teils von Norden her (Fessan etc.) teils vom Nil, vom ägyptischen Sudan kommend, all den rassenverschie- denen Völkern dieser Gebiete neben vielem anderen — und um bei den Musikinstrumenten zu bleiben — auch Geige und »Rabbabae, die grosse Laute mit dreieckigem Holzrahmen und schüsselförmigem Resonanz- boden !), obwohl im alten Agypten bereits bekannt, gebracht hat. Der Islam drückte ihnen aber auch den typischen Stempel seines einheitlichen !) Mitteilungen a. d. ethnograph. Sammlung d. Univers. Basel, 2. Heft 1895. S. 147. 51 Wesens auf, er überzog alle Ursprünglichkeit und Selbständigkeit mit einer glatten, gleichmachenden Decke, die durch Jahrhunderte geschichtet so 'stark geworden ist, dass alles, was wir hier an Hörnermotiven finden, mit doppelter Vorsicht hinsichtlich des antiken Ursprunges betrachtet sein will. Dass wir überhaupt berechtigt sind, die Möglichkeit eines solchen Ursprunges zu erwägen, kann wohl nicht bestritten werden. Nur einige Bemerkungen hierüber. Barth erzählt aus Damerghu:!) »Einige lassen (als Haartracht) nur einen langen Büschel stehen. Dies war die alte Sitte der Senagha und erinnert an die Haarlocke des Horus auf ägyptischen Monumenten.« Weiter sagt er:”) »Es will scheimen, als ob die Sourhay (Leute des Timbuktulandes) in noch bei weitem älteren Zeiten (als historisch) verschiedene Institute von den Ägyptern empfangen haben« und »Eine merkwürdige Tradition haftet an dieser Stelle (Burrum, früher ein Hauptsitz der Sourhay am Niger), welche sagt, dass vor Alters ein Pharao von Ägypten her in diese Landschaft gekommen und von hier wieder zurückgekehrt sei... .. Die ganze Geschichte Sourhay’s weist nach Ägypten.« °). Ich habe ferner darauf hinzuweisen, dass an den neuerdings entdeckten Benin-Bronzen anfangs ägyptische Einflüsse vermutet wurden, und zu erinnern an die drei im Pariser Musee de Trocadero befindlichen Bildsäulen der drei Dahomeykönige Geso, Glele und Behanzin, von denen eine den Kopf und Körper eines Fisches, eine zweite Rumpf und Kopf eines Zebras hat. Die Beispiele liessen sich wohl noch vermehren, soviel steht aber wohl sicher, dass wir berechtigt sind, die Möglichkeit altägyptischer Einflüsse im Westen und Südwesten der nördlichen Afrika- hälfte in Erwägung zu ziehen. Etwas anderes freilich ist es, ob wir nicht allzu spekulativ werden, sobald wir darangehen, in Gegenständen des heutigen materiellen Besitzes der betreffenden Negerstämme Überlebsel zu sehen, die wie Inseln aus dem gleichförmigen Meere islamitischer Kultur noch hervorragen, nachdem sie deren nagenden Wassern Jahr- hunderte hindurch widerstanden haben. Ich wenigstens wage es nicht, die Hörnermasken Senegambiens und Guineas, die hörnertragenden Idole der Nigerländer aus Resten altägyptischer Götterdarstellungen zu erklären, solange nicht neue Funde oder Entdeckungen irgend welcher Art eine unanfechtbare Entscheidung hierüber gestatten. Anders liegt vielleicht die Sache für den südlichen Weg :alt- ägyptischer Kulturexpansion. Hier ist vor Allem wichtig das (Gebiet Centralafrikas, das von den Njam-Njam und verwandten Stämmen an 1) »Reisen und Entdeckungen in Nord- und Centralafrika«. Bd. II. S. 28. Al. ec. 8.7434. »)l.c. Bd.V. S. 194. 52 den Nilquellen bewohnt wird. Hier liegt das Centrum eines grossen Verbreitungsdistriktes für die ersterwähnten an alt- ägyptische Formen gemahnen- den Harfen- und Lauten -In- strumente. Von den Njam- Njam (Fig. 45) haben sie nach Ratzel!) ihren Weg zu den Bongo und Nachbar- völkern genommen, die Njam- Njam sind nach überem- Fig. 45. stimmendem Urteile zahlreicher Afrikaforscher (Bastian und anderer) mit den Fan verwandt, aus deren Gebiete die an ihren Enden zu menschlichen Köpfen ausgeschnitzten Harfen und die Guitarren mit ovalem Resonanzboden und nach vorn gebogenem Halse bekannt sind.?) Die Beziehungen jenes Volkes nach aussen hin haben wir also in erster Reihe zu untersuchen, wenn wir die Möglichkeit einer Invasion altägyptischer Formen discutieren wollen. Es geht aus den Beschreibungen Schweinfurth’s°?) zur Genüge hervor, dass zur Zeit dieses Forschers von irgend einer Beeinflussung durch muhamedanische Kultur bei den Njam-Njam nicht die Rede war. Er hatte ein im grossen Ganzen reines Naturvolk vor sich, das freilich noch ein Volk von Anthropophagen, doch in seiner Art hochentwickelt war und in einer relativ vollkommenen Abgeschlossenheit eine auffallende Originalität ausgebildet hatte Wenn hierher überhaupt arabischer Kulturbesitz gelangte, so war es nur auf dem Wege möglich, der auch Schweinfurth ins Land geführt, nämlich vom ägyptischen Sudan aus. Wir wissen nun, dass recht bald nach dem Besuche Schweinfurth’s die politischen und sozialen Verhältnisse dieser Gegend unter dem Einflusse der vordrängenden Araber sich völlig geändert haben, und bekannt mit der Kraft arabisch-muhamedanischer Einwirkung auf die Neger, dürfen wir hieraus den Rückschluss ziehen, dass bis zu dieser Zeit eben keine oder wenigstens keine regelmässigen Beziehungen zum muhamedanischen Ägypten bestanden. Ein Ausspruch Ratzel’s*) stützt diese Meinung: »Dass Handel von Nubien aus mit den Negerländern im Süden schon zur Zeit der alten Ägypter getrieben wurde, steht ausser Zweifel. Die schwarzen Sklaven und das Elfenbein auf den ägyptischen Märkten t) »Völkerkunde« I. S. 534. ) Festschrift zur XX VIII. Vers. d. Deutsch. Anthrop. Gesellsch. Lübeck 1897. Tafel XX. »Im Herzen von Afrika« 11. »Völkerkunde« III. S. 145. 3 FS —\[ 53 beweisen es zur Genüge. Der Handel muss sogar lebhaft gewesen sein. In den Jahrhunderten des Verfalls und der Verödung Nubiens liess dieser Verkehr indessen so sehr nach, dass, als in diesem Jahrhundert der weisse Nil wieder aufgeschlossen ward, diese hochgeschätzte Ware des Elfenbeins sich in grosser Menge bei den Uferbewohnern vorfand, welche den in mächtigen Rudeln in den Sümpfen und Urwäldern hausenden Elefanten nur des Fleisches wegen jagten und die Zähne kaum verwendeten. « Wenn also, und das ist kaum zweifelhaft, die Saiteninstrumente der Njam-Njam fremdländischer Import sind, so werden wir in Bezug auf ihre Herkunft nur nach Ägypten und in Bezug auf ihre Herkunfts- zeit mit grössester Aussicht auf Wahrscheinlichkeit in die Zeit des alten Ägyptens verwiesen. Noch ein anderer Punkt darf hier nicht vernach- lässigt werden. Sind die Instrumente arabisch-ägyptischer Abstammung, so muss der bildnerische Schmuck, den sie bei den Njam-Njam und bei den Gabunstämmen erhalten haben, eine spätere selbstständige Zuthat dieser Völker sein. Dem steht ja an sich gewiss nichts im Wege. Aber wenn man die menschliche Köpfe vorstellenden plastischen Schnitzereien an den altägyptischen Harfen sieht‘), so legt ihre Ähnlichkeit den Gedanken an nordische Beeinflussung doch recht nahe. Charakteristisch ist ferner die Ähnlichkeit unserer Congo-Guitarre 2) mit den dreisaitigen, mittels eines Plektrum geschlagenen Lauten Altägyptens, ihrem wenig gebogenen Halse und ihrem kahnförmigen länglich ovalen Resonanzboden. Nach Ratzel°) reicht »die altägyptische kleine Mandoline mit vorgebogenem Halse« heute bis zu den Ovambo unter dem 20° südl. Breite. Über weitere Beziehungen Centralafrikas zu dem Pharaonenreiche reihe ich noch einige Bemerkungen anderer Forscher an. Bei den Monbuttu findet Ratzel »ihr dem altägyptischen ähnliches Ruhebett aus Bambusstäben und Rohr bemerkenswerth.<« %) »Eine andere Analogie (zwischen Njam-Njam und Fan), sagt Bastian°), wird in einer aus einem Ankauf von Fan-Gerätschaften neuerdings gemachten Erwerbung geliefert, indem dieselbe die, in eigen- tümlicher Weise an das altägyptische Chnob erinnernde, Form der Monbuttu-Schwerter wiederholt, die gleichfalls von Schweinfurth über- bracht sind.« Letzterer selbst sagt bei der Beschreibung der der 1) z. B. bei Erman »Ägypten im Altertum« I. $. 342, >) Lübecker Anthropologenversammlung loc. eit. ®) »Anthropogeographie« I. Aufl. S. 179. %) »Völkerkundec I. S. 543. °) »Schweinfurth’s Reisen«, Anhang zu »Die Deutsche Expedition an der Loangoküste«, 54 nubischen »Rababa« ähnlichen Leier der Mittu'): »In diesem und vielen ähnlichen Anzeichen scheinen untrügliche Beweise für die Verwandtschaft geboten, welche die heutigen und ehemaligen Bewohner des Nilthales mit den centralsten Teilen des Continents in Beziehung setzen.«e Bei Besprechung der Kentniss des Eisens und seiner Bereitung bei den Afrikanern sagt Ratzel?) ».... wie denn überhaupt die Über- legenheit der Afrikaner in manchen Künsten auf die jahrtausendlange Berührung mit der Kultur Ägyptens und Westasiens zu einem guten Theile zurückzuführen sein möchte. Selbst in Einzelheiten der Form von Werkzeugen, Musikinstrumenten und anderem wiederholen sich echt ägyptische Urbilder bei den südlichsten Stämmen des Erdteils, wie wir z. B. bei den Ovambo (von Monbuttu und anderen zu schweigen) finden werden.« Von den ältesten Berichten über die Kongoreiche sagt Bastian’) »sie schildern uns ein künstlich kompliziertes Staatssystem, barocke Re- ligionsanschauungen, fortgeschrittene Kunstfertigkeit, als ob es sich nicht um die stupiden Negervölker Afrikas handle, sondern etwa um Indien oder um halbverwischte Reminiszenzen aus altägyptischer Oultur. Welcherlei Beziehungen hier vor alter Zeit bestanden haben mögen, in wieweit versprengte Ideen aus jenen alten Culturländern bis an die West- küste Afrikas gelangt sein könnten, bleibt ferneren Untersuchungen zu überlassen.« Ähnlich heisst es bei Ratzel®) »Die Einrichtungen, die Lacerda und Livingstone aus Kasembo, Pogge und Buchner aus Muata Jamvo’s Reich beschreiben, erinnert teils an Indisches, teils an Alt- Ägyptisches.« Vieles in diesen letzten Aussprüchen mag über's Ziel hinausschiessen, soviel steht für mich fest, dass während des jahrtausendelangen Be- stehens des altägyptischen Reiches Produkte seines Kunst- und Hand- werksgewerbes über die Chartumer Grenzfeste hinaus in das Innere Afrikas gekommen sind. Das zunächst im Allgemeinen. Wende ich mich nun zu meinem Hörnermotiv afrikanischer Masken, so knüpft ihre Ver- wandtschaft mit antiken Formen an den bekannten Tierkultus der Ä gypter an. In primitiv fetischistischer Anschauung stellte man sich vor, dass die zu Dämonen personifizierten übernatürlichen Machtwesen zu den Dingen der Erde, zu Bäumen, Steinen, zu von Menschen geschaffenen Gegenständen, ?) besonders aber zu Tieren in Beziehung treten könnten, dass sie sich in Tiergestalt selbst manifestierten. »Wie es sich für ein ı) Joc. eit. Bd. I. S. 449. 2) »Völkerkunde« Ba. I. S. 29. ®) loc. eit. Bd. I. S. 351. *) »Grundzüge der Völkerkunde«. Kap. 7, °) Meyer, loc, eit. 8. 31. 55 Bauernvolk gehört, werden namentlich Haustiere weithin verehrt, vor allem Stiere, Kühe und Widder, daneben Vogelarten, der Sperber, Ibis, die Gans, ferner Affen und Schlangen oder auch bösartige und furcht- bare Tiere, wie der Geier, das Krokodil, der Löwe, der Skorpion.« Die in diesen Tieren internierten Dämonen sind anfänglich im Wesentlichen Lokalgötter. Ptah von Memphis erscheint als Apisstier, Ambis von Sepa als Schakal, der Gott von Mendes als Ziegenbock, Hathor von Anut als Kuh, Horus von Edfu als Sperber, Amon von Theben als Widder u. s. w. Um diese Lokalgötter gruppiert sich geschlossen als politische Einheit der Gau, sodass man an eine Art sozialen (im Gegensatz zum Familien-) Totemismus zu denken versucht ist. »Noch in der Römerzeit, erzählt Meyer (l. ce. S. 30) nach Plutarch (de Js. 72) hat die Bevölkerung zweier Gaue, von denen der eine den Hund, der andere den Oxyrynchosfisch verehrte, einen förmlichen Krieg mit emander geführt, der damit begann, dass die Oxyrynchiten ihren fischessenden Nachbaren zum Ärger ein paar Hunde schlachteten und verzehrten.« Zwischen dem Gotte und dem ihm heiligen Tiere besteht keine voll- kommene Wesenseinheit, der Gott ist nicht das Tier selbst, er offenbart sich nur in dessen Gestalt, er wird darum zugleich in menschlicher Gestalt gedacht und dargestellt, dann aber tritt wenigstens zu dem Menschenleib der Kopf des Tieres oder zum menschlichen Kopfe die symbolischen Hörner des Widders oder der Kuh. Später erfolgen Umdeutungen der Gottheiten, Hathor, die ursprünglich in einer Kuh hausende Schutzgottheit von Anut wird zur Himmelsgöttin und Sonnen- mutter, und schliesslich fasst man alle Himmelsgöttinnen als Kühe auf und stellt sie entsprechend mit der Sonnenscheibe zwischen den Hörnern dar. (Meyer, 1. c. S. 75.) Im neuen Reiche gewann der Lokalgott der Residenz Theben, Amon Re, so stark an Ansehen, dass er alle anderen Gottheiten Ägyptens zurück- drängte und anscheinend zum Nationalgotte wird, und — was für uns überaus wichtig ist — das zu einer Zeit, wo auch in Nubien zahlreiche Tempel erstehen. Der jeweilig regierende König wird zum Landesgotte der Nubier erhoben, auf den Sculpturen sieht man Amenhotep III »den von seinem Abbild auf Erden geliebten« König in Verehrung vor sich selbst, und in der Apotheose dargestellt als Mondgott mit dem krummen Horn Amon’s hinter den Ohren (Meyer, S. 252). Wir hatten oben gesehen, dass das Reich von Napata sich als selbstständiger Staat vom eigentlichen Ägypten loslöste, dass seine Kultur aber die rein ägyptische war und blieb. Bei ihm lag die Pflege der politischen und kommerziellen Verbindung mit dem Sudan, und in dieser Beziehung ist es für unseren Gegenstand von grosser Bedeutung, dass gerade bei ihm die Amonsverehrung sozusagen die Staatsreligion war. »Der Hauptgott ist, wie Herodot angiebt, Amon; die Könige des neuen 56 Reichs haben ja überall für die Verbreitung des Dienstes ihres Haupt- gottes Sorge getragen. Sein Hauptheilistum liegt bei Napata am Fuss des »heiligen Berges«, des heutigen Gebel Barkel, unterhalb des vierten grossen Kataraktes. Als Landesgott Nubiens wird er stets mit dem Widderkopf dargestellt und als ein von dem menschengestaltigen Amon von Theben, den man in den Inschriften an seiner Seite verehrt, gesondertes Wesen betrachtet.« (Meyer 1. c. S. 336.) Man sieht, an der Grenze des Sudan, dort wo Jahrhunderte und Jahrtausende hindurch eine Diffusion ägyptischer und negroider Elemente stätthatte, war das Amonsbild in, wie man annehmen darf, zahllosen Bildern, Sceulpturen, Schnitzereien auf Tempeln, Statuen, Statuetten und Amuletten verbreitet '), jaim Verhältnis zum übrigen Lande ganz besonders verbreitet; hier war es der Inbegriff aller religiösen Vorstellungen und die dominirende Erscheinungsform des äusserlichen gottesdienstlichen Lebens. So betrachtet, gewinnt die Wahrscheinlichkeit an Raum, dass die Amons- hörner über Ägypten hinaus ihren Weg nach Centralafrika genommen haben, ich will nicht sagen, als Träger derselben Idee, wie sie die Ägypter mit ihnen verbanden — wenigstens wird hierüber kaum je einwandsfreie Entscheidung möglich sein — sondern nur als Anschauungs- objecte, als Vorlagen meinetwegen für eigene Bildnerei, wobei freilich das Fremde, _ Seltsame, Unverstandene, gewiss mit geheimnissvoller Tradition Umwobene an ihnen vorzugsweise — je weiter nach Süden, je weiter vom Ursprunge entfernt, desto mehr — zu dem Wertvollen und Aussergewöhnlichen im Negerleben Verwendung fand, zu den kunstvoll geschnitzten Musikinstrumenten, zu Kriegs- und Festtänzen und Ähnlichem. Ich halte es also für möglich, dass die z. T. ziemlich anthropomorphen gehörnten Tierköpfe an den Harfen der Njam-Njam (Fig. 45), dass die »Manjinje« der Bongo (Fig. 46)?), nach Schweinfurth mit einem Schnitzwerk geziert, das einen Menschenkopf darstellen soll, der oft in zwei Hörnern endet, ihren Schmuck aus Altägypten her- stammender Tradition verdanken. Eine andere Frage ist nun die, ob wir auch die Hörner afrikanischer Masken auf solche Motive zurück- führen dürfen. Hierin ist, wie ich gestehen muss, alles Theorie und Speculation, Vermutungen mögen sich hin- 1) Die Sammlungen enthalten Belege hierfür; so sah ich im alten Museum zu Berlin, unter No. 4663 verzeichnet, ein flaches, wohl aus einem Kasten stammendes Schnitzwerk, einen betenden König mit Ochsenhörnern in durch- brochener Arbeit darstellend. 2) Hier könnte man sonst fast an den türkischen Halbmond denken, 57 reichend begründen lassen, Beweise aber werden wir schwerlich, weder für noch gegen, beibringen können. In Betracht würden die Masken der dritten Gruppe, soweit sie aus dem Kongobecken, aus Loango, von der Guineaküste stammen, zu ziehen sein, nur sie zeigen die Hörner auf einem so ausgesprochen menschlichem Kopfe, wie er zur Annahme einer Entlehnung verlangt werden muss. Unter ihnen sind nun wieder zweien namentlich, abgesehen von Gehörn, Formen eigentümlich, die eine Ent- lehnung aus dem alten Ägypten befürworten könnten. Die eigenartig massiven Leisten auf der Fig. 27 abgebildeten Maske der Lussambo bilden, wie früher schon festgestellt, eine Halbmondfigur, die der anatomischen Lage nach genau der ÖOhrmuschel entspricht oder doch dicht hinter ihr liegt. Ich kann nicht umhin, dieser Abbildung (S. 22) einen Kopf Amenhotep’s III. an die Seite zu setzen, den ich Lepsius’s Denkmälern (III. 75a) entnehme. Der König erscheint hier (Fig. 47) in vergötterter Gestalt, als Mond- gott mit dem krummen Horn des Amon hinter den Ohren. Man wird zu- geben müssen, dass der Vergleich zwischen den beiden Bildern eine gewisse Ähnlich- keit ergiebt und der Hypothese eines inneren Zusammenhanges zwischen ihnen Fig. 47. zu Hülfe kommt. Die zweite Maske, die ich hierher rechne, ist die im Fig. 25 ab- gebildete, mit der auffallenden Form ihrer Augen und Augenbrauen. Allein diese Ähnlichkeiten oder Anklänge sind wohl nur zufällige, bedingt durch die Art der Entstehung, auf die später zurück- zukommen ist. Hinsichtlich des Amonshornes der Fig. 27 spitzt sich die Frage schliesslich dahin zu, ob in den vorspringenden Leisten der Maske über- haupt Hörner dargestellt sind oder nicht. Ist das der Fall, so wäre es die einzige afrikanische Maske, deren Hörner nicht die verhältnismässig gerade und spitze Form der Antilopen- und Ochsenhörner, sondern die dem afrikafremden Widder eigentümlichen, halbmondförmig gekrümmten des Amonstieres besitzt. Ob das alles genügt, an ein Überlebsel uralter ägyptischer Bezie- hung bei der Erklärung der seltenen Maske zu glauben, muss ich dahin gestellt lassen. Wenn Wolf in seinem Berichte über die Sankurru- Rassenreihe. Mit ihren südlichen Nachbarn, den Baluba, haben sie nichts Expedition !) sagt; »Mit den Bakuba beginnt nach Norden zu eine neue 58 gemein. Die Bakuba wanderten nach ihrer Angabe ursprünglich von Nordosten ein« und ?) »woher kommt diese Kultur? (Bakuba) .... Es bleibt nur der Norden. Wohl liegt die weitere Frage nahe, ob nicht diese autochthone centralafrikanische Kultur mit der altägyptischen in Verbindung stehe«, so sind das schliesslich nur subjektive Empfindungen und Eindrücke, wie sie auch bei der Beurteilung unserer Maske vor- herrschen müssen, solange uns greifbare Beweisstücke nicht vorliegen. Ich bin daher davon entfernt, eine Entscheidung zu treffen, die auch nur wieder subjektiv sein könnte und die Frage nicht fördern: würde, es lag mir nur daran, sine ira 'et studio die Bastian’sche Hypothese zu prüfen, ihre Möglichkeiten zu erwägen, ihre Grenzen oder ihre Ausdeh- nung zu bestimmen. Dass sie von allen afrikanischen Hörnermasken nur auf die eine der Lussambo anwendbar ist, glaube ich annehmen zu sollen, ob sie auf diese angewendet werden muss, die Frage meine ich weder bejahen noch verneinen zu können. Für den Fall, dass man mit jenen merkwürdigen Gebilden der Lussambo-Maske wirklich Tierhörner gemeint hat, sind übrigens Be- ziehungen zu Urbildern denkbar, die im nächsten Abschnitte besprochen werden. Auf ihn verweise ich deshalb zur weiteren Erörterung der Frage. Wir wissen das aber noch gar nicht, und so bleibt die Aussicht, dass die Eingeborenen einem glücklichen Forscher zu Hülfe kommen und ihm verraten, was für ein besonderes Attribut sie eigentlich ihrem Kopfe haben zuerkennen wollen. Ist es vielleicht nur eine missratene Ohrmuschel? (Zur Rechtfertigung dieser vielleicht wild anmutenden Erklärung wiederhole ich, dass der Halbmondfortsatz in Wirklichkeit homogen und nicht so mächtig ist, wie auf der hier der Abbildung im Reisewerk nachgezeichneten Figur.) Ich will nicht behaupten, dass diese Deutung die einzig richtige ist, dass nicht auch ihr vielerlei Bedenken entgegenstehen, aber vielleicht nähert man sich der Wahrheit doch mehr, wenn man nicht in die Ferne ver- gangener Jahrtausende schweift, sondern sich in der Nähe jüngerer, auf den Nachahmungstrieb des Künstlers frischer wirkender Vorbilder hält. Das könnten aber recht gut entweder die Ohrmuscheln sein, deren anatomische Bildung oft als Bogenleiste wiedergegeben wird, oder diejenigen Stücke männlichen Kopfschmuckes, zu denen wir uns nun wenden. ı) Wissmann »Im Innern Afrikas«, S. 238, ”) dort, S, 254. Die Hörner als Trophäe. Wenn wir hinsichtlich eines Kunstwerkes die Unterscheidung machen können, ob es bestimmten materiellen Vorbildern nachmodelliert ist, ob es die Fleischwerdung einer konkreten Vorstellung oder endlich, ob es aus der reinen abstrakten ästhetisch bewegten Phantasie des Künstlers herausgeschaffen ist, so dürfen wir für die Kunst der primitiven Völker von der letzten Entstehungsart wohl absehen. Was sie schaffen, ist nicht das Kind einer Träumerdämmerungsstunde, in der em der Aussenwelt abgekehrtes, in reine, formale Linienschönheit schwelgend versenktes Auge die Hand des Künstlers führt, sondern es liegt ihren Schöpfungen die ganz bestimmte Absicht zu Grunde, etwas auszudrücken, was ihre Ge- danken beschäftigt und ihre Instinkte berührt. Wir gehen wohl nicht mehr fehl, wenn wir heute über die geometrischen Ornamente als erstes Mittel der Zierkunst anders denken, wie früher, wenn wir den uranfäng- lichen Trieben zur Körperschmückung Motive zuerkennen, die mit der reinen Ästhetik nichts zu thun haben; ja sogar die Musik hat neuerdings den Nimbus der reinen Kunst abstreifen und sich in die Kette der von der Völkerkunde in ihrer natürlichen Entwicklung erkannten Erscheinungs- formen menschlicher Psyche, hier als Arbeitsrhythmus,') einreihen müssen. Eine Untersuchung der Hörnermasken kann also für die Deutung der Motive, aus denen sie hervorgegangen sind, die reine nebelhafte Phantasie, so bequem sie auch wäre, als Erklärung nicht annehmen, sie hat nach den Vorbildern zu suchen, die das Leben der Völker ihren Schnitzereien geliefert hat, mag dieses Leben das materielle, mag es das geistige sein. In das Gebiet des ersteren gehörten die drei bisher vor- getragenen Deutungsversuche, auch die Bastian'sche Hypothese von der Verbindung mit der altägyptischen Religion, denn, wie ich bereits betonte, selbst für den Fall ihrer Richtigkeit hätte man nur die Nach- ahmung von Amonsbildern, nicht aber eine Übertragung der ihnen zu Grunde liegenden Idee, nicht eine völlige Durchdringung des Negergeistes mit Vorstellungen anzunehmen, die ihrerseits wieder unabhängig selbst- ständige Entstehung von Bildnissen und — zur Darstellung des betreffenden Gottes — von Masken zur Folge gehabt hätte. Um nun bei diesen materiellen Vorbildern zu bleiben, möchte ich eine Möglichkeit der Entstehung des Hörnermotivs hervorheben und in kurzer Ausführung wahrscheinlich zu machen suchen, die man. bisher nicht beachtet hat, diejenige nämlich aus der Nachbildung echter, am Kopf des Kriegers befestigter Tierhörner. 1) Bücher, »Arbeit und Rhythmuss, 60 Wie uns von den alten Germanen bekannt, so treffen wir auch bei afrikanischen Negerstämmen Tierfelle als Kleidung, und zwar nicht nur zu Schurzen oder Umhängen zurechtgeschnittene Stücke Fell, sondern die ganzen Häute, wie sie vom Körper abgezogen sind, mit Schwanz und Kopf. Mit dem Kopfstück, das später über den Kopf des Kriegers gestülpt wird, trennt man zugleich die Hörner des Tieres ab, die nun einen imposant hochragenden Schmuck darstellen. In Speke’s »Entdeckung der Nilquellen« zeigt die Tafel!) »Kamrasi’s Magier den Regenmesser suchend« einen hockenden Krieger, dem ein solches vollständiges Tierfell über dem Rücken hängt, und der, von hinten betrachtet, mit den Hörnern auf dem Kopf durchaus den Vorstellungen entspricht, die wir uns von unseren Altvordern machen und wie sie in allen unseren Darstellungen alter Germanen ihren Ausdruck finden. Die Scene spielt in Unyoro, der Landschaft nordwestlich vom Viktoria-Nyanza, die charakteristische Ge- stalt des Kriegers bilde ich hier in Fig. 48 ab. Aus dem benachbarten Uganda über- liefert uns Speke dieselbe Sitte, nur dass sich hier Horn und Fell getrennt haben, und ersteres als selbstständiger Kopf- schmuck erscheint. Auf der bei Seite 278 im Bd. I des genannten Werkes eingefüsten Tafel ist in Fig. 5 ein Kopfputz abgebildet, der aus einem von Muscheln zusammengesetzten Bande und einer daran befestigten kurzen Hornspitze besteht, und den ich hier gleichfalls reproduziere (Fig. 49). Der in Fig. 1 derselben Tafel gezeichnete Krieger trägt auf dem Scheitel einen aus zwei solchen mit der Basis verbundenen, aufrechtstehenden Hornspitzen her- gestellten mondsichelartigen Aufsatz (Fig. 50). Ebenso fand Speke diesen Hörnerschmuck im Südwesten des Sees, in der Landschaft Karagwe, wie die Tafel bei S. 291 desselben Bandes aus dem Orte Ngambezi, zeigt; Fig. 48. Fig. 50. ) Deutsche Ausgabe, 1864, Bd. Il. 8. 212. 61 Baker denselben (Fig. 51) in M’ruli östlich des Albert Nyanzas (»Der Albert Nyanza«, II. S. 68); Peters giebt!) die sehr instruktive Abbildung eines Kawirondo-Mannes, der zwei Antilopenhörner mittelst eines Leder- bandes seitlich am Kopfe, hinter den Schläfen und über den Ohren befestigt hat. (Fig. 52.) Fig. 52. Fig. 53. Ich möchte hierbei zugleich auf die, S. 283 desselben Werkes gegebene, Abbildung eines Stammesgenossen des vorigen aufmerksam machen, die ich hier ebenfalls des Vergleiches halber wiedergebe (Fig. 53). Die Haarfrisur dieses Kawirondo-Mannes besteht aus zahlreichen gedrehten Locken-Strängen, die vom Scheitel nach allen Seiten herunterfallen. Ausserdem erhebt sich auf dem Scheitel selbst senkrecht nach oben und ragt von der Stirn wagerecht nach vorn je ein’ antilopenhornartiges Gebilde, dessen Ansatz nach der Abbildung unmittelbar im Haupthaar liest, und das daher für eine gleichfalls gedrehte Locke, für einen Teil der Haar- frisur also gehalten werden kann. Freilich erregt die ungemein naturalistische Form dieser Haartracht einiges Bedenken, sodass man vielleicht die Hörner für echte, in demselben Sinne wie in der Fig. 52 angebrachte Antilopenhörner ansprechen muss, deren Befestigung am Kopfe nur in der Abbildung undeutlich geworden ist. Sie würden sich dann unserer Ausführung über Trophäenhörner anschliessen. Ist es dagegen Haarfrisur, so muss man sagen, dass die Vorbilder zu ihr offenbar in echten Antilopenhörnern gelegen haben, deren Schmuck man auf diese Weise nachahmte. Es läge dann auf diesem Wege 1) »Die Deutsche Emin Pascha -Expedition«, $. 282. 62 vielleicht die Erklärung für manche hörnerartigen Haarfrisuren (vergl. Fig. 38). Wir kennen hiermit also ein ethnologisch ziemlich einheitliches Gebiet, in welchem die Sitte, echte Tierhörner am Kopfe zu tragen, bekannt ist oder doch bekannt war — denn sie scheint sich im Zeitalter europäischer Einflüsse rasch verloren zu haben, Kollmann berichtet in seinem Werke über den Nordosten unserer Deutsch - Ostafrikanischen Kolonie nichts darüber, während das Berliner Museum einen Kawirondohut mit zwei), einen anderen sogar mit einer ganzen Aureole von Antilopen- hörnern besitzt. Damit aber nicht genug. Vom Nordrande des Viktoria Nyanza, von Uganda aus weiter nach Norden vordringend, finden wir den gleichen Hörnerschmuck am Kopf der Krieger wieder, wenn auch mit der unwesentlichen, durch die Kulturverhältnisse erklärten, Abänderung, dass die Antilopen zuweilen den Ochsen als Lieferanten Platz machen müssen, und dass die Hörner nicht am Kopfe selbst, sondern an den Kopfbe- deckungen befestigtsind. Wirkennen geflochtene mehr oder weniger kegelförmige Hüte mitangebundenen Hörnern von den - verschiedenen Negerstämmen des oberen Nils, den Schuli ?), den Dinka und Schilluk (Fig. 54). Ebensolche kommen aber auch an der Westküste vor. »Die Offiziere der Dahomey- Amazonen, sagt Hartmann’), pflegen ein Fellkäppehen mit ange- hefteten polierten Antilopenhörnern und einigen Kaurischnecken anzulegen.« Aus Togo besitzt das Berliner Museum Hörnerhüte, und wenn wir noch weiter nach Westen gehen, so begegnen wir in Senegambien derselben primitiven Art des Hörner- schmuckes, wie wir sie am Viktoria Nyanza gesehen. Tardieu®) erzählt von der Kleidung der Mandingos »dans leur costume de guerre, ils portent autour de la tete des cornes de chevre qui leur donnent un air d’une remarquable etrangete« und bildet dazu auf Tafel IV einen »Mandingue du Wolli« ab, mit einem Stirnband, unter das vorn ein nicht ganz klar erkennbarer Schmuck, vielleicht das Gehörm mit einem Stück der Schädelplatte von einer ganz jungen Antilope, an den Seiten Fig. 54. ») III. E. 6299. 2) Ratzel » Völkerkunde« I. S. 502. ®) Verhandl. d. Berlin. Anthropolog. Gesellsch. 1891. S. 69. %) »Senegambie« Paris 1850. S. 19. 63 dicht hinter den Ohren je ein Antilopenhorn geklemmt ist. Der Kopf ist hier in Fig. 55 wiedergegeben. Hüte mit spitzen, teils divergierenden, teils conver- gierenden Hörnern liegen aus dieser Gegend im Berliner Museum. Das Hamburger Museum besitzt, unter ©. 1362, von ÖOrango, Bissagos Inseln, »Hörner aus Holz geschnitzt, werden bei Tänzen auf dem Kopf befestigt«: mit roten Zeuglappen verzierte, an der Basis für die Befestigungsschnur durchlochte Holzkeulchen in Form kurzer, leicht gebogener Antilopen- bezw. Ochsenhörner. Ferner enthält dieselbe Sammlung von den Bissagos-Inseln strohgeflochtene Hüte mit echten Antilopenhörnern. Wir wissen nun also, dass der ganze Sudan, vom Nilquellengebiet bis zum Atlantischen Ocean, die Sitte des am Kopfe befestigten Hörnerschmuckes kennt. Ich sage Schmuck, und sage damit, verführt durch den ersten Eindruck, den die betreffenden Bilder machen, eigentlich schon zu viel; denn es bleibt a priori durchaus ungewiss, ob man sich wirklich schmücken wollte, als man die Hörner am Kopf befestigte. Andererseits sage ich aber mit »Schmuck« auch zu wenig, denn ich schliesse mich denen an, die in ihm — das gilt natürlich für die frühesten Zeiten allein — nur das scheinbar Primäre erkennen, das sich in Wahrheit meist als das Spätere, Abgeleitete offenbart, und ich suche deshalb auch für den Hörnerputz der Negerköpfe nach ethnologisch greifbareren Ursachen. Zweierlei scheint mir da in Betracht zu kommen, zwischen dem die Wahl zunächst schwierig ist, die Auffassung der Hörner als eines Fetisch und diejenige als einer Trophäe. Es ist bekannt, dass Antilopenhörner überall in Afrika zu der Ausrüstung von Priestern und Zauberern gehören, dass es als Amulett, als Medizinbehälter und dergleichen eine grosse Rolle spielt. Bei den Obambas (Congo Francais) werden nach Guiral die Fetische und die Medizin in Antilopenhörnern aufbewahrt. Morgen!) erzählt: »Neben der Stammesmarke wird dem als voll angesehenen Jaundejüngling von dem Priester ein geweihter Fetisch in Form eines Antilopenhornes ausgehändigt, das derselbe stets bei sich, meist um den Hals gehängt, zu tragen hat. Dieses soll ihn im Kampfe gegen die Geschosse seiner Feinde, auf der Jagd gegen die Krallen der wilden Tiere, im gewöhnlichen Leben aber vor Krankheit ete. bewahren.« Als Schmuck oder Amulett tragen die Bari am oberen Nil das Gehörn von Üephalolophus mergeus. Bei den Vorbereitungen zum Pubertäts- feste der Yaunde wird aus einer Antilope in Rehgrösse Medizin »s0« gemacht. Die Hörner dieser Antilope dienen als Medizinbehälter, Fig. 55. 1) »Durch Kamerun von Süd nach Nord.« 8. 51. 64 welche gegen Krankheit und Unglück verschiedener Art schützen sollen. (Mitteil. aus den Deutschen Schutzgebieten. Bd. VII. S. 53.) Im »Globus«, Bd. 77, S. 260 bildet von Luschan einen Lehnstuhl aus Urua ab, auf dessen Rückenwand zwei Paar Antilopenhörner im Hochrelief herausgeschnitzt sind; er erwähnt dazu das häufige Vor- kommen des Antilopenhorn- Amuletts in Ostafrika und hält es für möglich, dass auch jenen die Bedeutung eines schützenden Zeichens zukomme. Die Beispiele liessen sich beliebig vermehren. Man könnte nun sagen, dass die am Kopf oder Hut befestigten Hörner in diese Klasse der Fetische gehören und ihre auffällige Erscheinung nur einer be- sonderen, an sich wenig belangreichen veränderten Tragweise verdanken. Allen als Fetisch kommt dem Antilopen- oder Öchsenhorn keine spezifische Eigenschaft zu, die zu einer solch auffallenden Tragweise verleiten könnte. »Les gris-gris«, sagt Tarrieu, »jouent en effet un tres-grand röle dans la vie du negre. Ce sont des talismans ou des amulettes, dont la forme varie depuis la coquille roulee jusqu’a la corne de cheyvre.« Die Ogowe-Völker haben, nach Guiral, Ochsen- und Antilopenhörner als Fetische, aber auch Muscheln, Hautstücke, Federn u. s.w. »Jeder Gegenstand«, sagt Lubbock,!) »kann zu einem Fetische werden, es bedarf nicht der Nachahmung einer Menschengestalt, obwohl dieselbe auch anwendbar ist. Selbst eine Maisähre entspricht dem Zwecke. Ein intelligenter Neger sagte zu Bosman: »Wünscht einer von uns ein wichtiges Unternehmen zu beginnen, so suchen wir vor allen Dingen einen Gott aufzufinden, der das beabsichtigte Werk begünstigt. Zu diesem Zwecke verlassen wir unsere Hütten und erwählen das erste Geschöpf, das uns in den Wee läuft, zu unserem Gott. Statt dessen genügt auch ein unbelebter Gegenstand, der uns gerade in den Wurf kommt, zum Beispiel ein Stein, ein Stück Holz oder sonst etwas Derartiges.« Das Antilopenhorn hat vor anderen Fetischen also nichts voraus, was Anspruch auf besondere Beachtung verdient; es liegt andererseits nicht in der Gewohnheit der Fetischbehandlung, die Gegenstände be- sonders auffällig zu tragen, man hängt sie hin, wo gerade Platz ist — um den Hals, an die Finger — oder an den Teil, zu dem sie in besondere innere Beziehung treten — wie ans Schwert z. B., an den Köcher, den Bogen. Die Hörner, die am Kopfe getragen werden, haben diesen beson- deren Platz offenbar nur deshalb erhalten, weil sie ihn auch am Tiere einnehmen, mit anderen Worten, sie sind nicht für sich, als Gegenstand, als Fetisch, als Objekt des’ Fetischismus zu verstehen, sondern in ihrer ‘) »Die Entstehung der Civilisation.« S. 276. 65 — ehemaligen — Verbindung mit dem Tier. Das Gehörn ist der am meisten auszeichnende Schmuck des Tieres; um es zu erlangen, muss man aber das Tier zuvor erlegen, der glückliche Schütze nimmt dann, wie bei uns, den Siegespreis an sich und trägt ihn mit Stolz, zum Neide der weniger Glücklichen, sichtbar zur Schau, ihn, der zuvor den Kopf des getöteten Wildes geziert hat. Der Hörnerschmuck ist aus der Trophäe hervorgegangen, darum kommt er nur dem Manne und Krieger zu, wo- bei das martialische, den Feind schreckende Aussehen als weiteres — nicht primäres Moment — hinzukommt. Fast alle hierüber vorliegenden Berichte lassen jeden Zweifel über die kriegerische Natur unseres Schmuckes schwinden. Die Befestigung beider Hörner des Tieres, in derselben früheren natürlichen Anordnung ist das Gegebene und Häufigere. Wir finden aber auch den Schmuck in Gestalt nur eines Hornes, z. B. auf den Hüten oder Helmen aus Togoland im Berliner Museum, und ähnliche »Einhornhelme« kommen unter den Bronzen von Benin vor. Ich meine natürlich nicht die kegelförmigen, oft phrygischen Mützen sich nähernden, spitzen Kopfbedeckungen, sondern diejenigen Helme und Hüte, die oben platt oder abgerundet, überragt werden von mehr oder weniger spitzen, schlanken Fortsätzen. Hagen!) bildet auf der Tafel V seiner »Alter- tümer aus Benin« eine Reliefplatte ab, mit drei Figuren, »die den König mit seinen beiden Begleitern darstellen«, und deren Helme mir zu dieser Kategorie zu gehören scheinen. Der wundervolle Reichtum des Fig. 56. Fig. 57. ') S. A. a. d. Jahrbuch der Hamburgischen Wissenschaftlichen Anstalten, XVII. Hamburg 1900. 66 Fig. 58. Fig. 59. Berliner Museums liefert weitere Beispiele und unter den Abbildungen der Kataloge von Webster in Bicester, die mir vorliegen, zeigt manche ein derartiges, in späterer, vorgeschrittenerer Kunsttechnik mit dem Helm enger verschmolzenes Horn auf dem Scheitel (Fig. 56—59). Der seitlich von der Schläfe‘ emporragende Fortsatz der Fig- 59 gehört, mag er eine Feder, mag er ein Horn sein, als Trophäerschmuck gleichfalls hier- her, nicht minder jene breiten, wie flache, mit dem Handeriff nach oben gestellte Keulen wirkenden Schmuckplatten, die an so vielen Beninbronzen die beiden Seiten des Kopfes zieren. Kehren wir noch einmal zu den »Einhornhelmen« zurück, so ist es interessant und wichtig, daran zu erinnern, dass wir ihnen in einer anderen, weit entfernten Gegend Afrikas wieder begegnen. Der Kopf des bereits erwähnten Reisefetisch vom Sankurru, im Berliner Museum und von Wolf mitgebracht, hat eine geschnitzte typische Negerfrisur westafrikanischen Geschmacks und ausserdem eine — eingelassene — kegelförmige eiserne Spitze, die dem Scheitel senkrecht aufsitzt. Im Wissmann’schen Werke »Im Innern Afrikas« bringt die bei Seite 262 eingeschobene Tafel zwei Baluba- fetische, Vollfiguren bewaffneter Krieger, deren den Ih Hüten des Nilquellengebietes ähnlicher Helm eine kegel- A) Da) I förmige Spitze trägt. Den Kopf des einen, des Makabu- 6 A DBuanga bilde ich hier in Fig. 60 ab. Fig. 60. 67 An die Loangoidole, deren Hörneraufsatz im Abschnitt über »die Hörner als Haartracht« bereits besprochen wurde, sei hier nochmals erinnert. Ich bin hiermit schon einen Schritt weiter gegangen, als ich im Augenblicke beabsichtigte, nämlich von den in natura beglaubigten Hörnerhüten — die Hörner paarig oder einfach — zu ihrer Darstellung in der bildenden Kunst, und dabei von einem nördlichen geographischen Bezirke abgekommen, aus dem wir für diesen Punkt höchst wertvolle Stücke kennen. Im Berliner Museum liegen aus Senegambien statuettenartige Idole, deren Köpfe Hüte mit spitzen Hörnern tragen, und aus Nord-Kamerun hölzerne Kopfaufsätze, die unten wie die Hörnerhüte des Nilquellen- gebietes geformt, darüber in einen mit Hörnern geschmückten mensch- lichen Kopf geschnitzt sind. Binger hat auf seiner, 1837—1889 vom Niger nach Grand-Bassam an der Elfen- beinküste ausgeführten Reise einen Helm in Katon erworben, den ich hier (Fig. 61) nach der Zeichnung im »Globus« !) wieder- gebe. In dem von Seidel verfassten Referat über die Expedition heisst es: »In dem Leichengefolge sah Binger einen jungen Mann, welcher sich durch eine höchst merkwürdige Kopfbedeckung auszeichnete. Er trug nämlich einen hölzernen Helm, der aus einem einzigen, in Feuer geschwärzten Stück gefertigt war und von vorn in einer Vertiefung das Reliefbildnis eines Menschen mit gespreizten Armen und Beinen zeigte. Auf beiden Seiten der Nische erhob sich je Fig. 61. ein grosses schwarzes Horn, das durch weiss übermalte Felder schachbrettartig geteilt war«. Wir befinden uns hier in dem Lande der Mandingos und Mandingo- verwandten Stämme, von denen uns der aus der Trophäe hervorgegan- gene Hörnerschmuck an Kopf und Hut bekannt ist. Wir gehen gewiss nicht fehl, wenn wir die Katon-Schnitzerei als die Nachahmung echter Hörner auffassen. Von den Bongos sind Musikinstrumente bekannt, die in Menschen- köpfe mit Hörnern ausgeschnitzt sind, im Hamburger Museum liegen von den Bissagos Fetische oder Ahnenbilder, aus hellem Holz geschnitzte, von Ochsenhörnern gekrönte menschliche Köpfe. DEIEXASO! 5* 68 Ich kann nun nicht umhin, in all den vorgebrachten Thatsachen einen räumlich und entwicklungsgeschichtlich organischen Zusammenhang zu erkennen. Teils in lebenden Überresten, teils in der darstellenden Kunst erhalten, sehen wir über ganz Centralafrika, von den Nilquellen einerseits nach Westen den Erdteil durchquerend bis zur Küste des atlantischen Oceans, mit südlichen Ausläufern in der Richtung der Guinea- Küsten, andererseits nach Süden zum Viktoria-Nyanza und weiter ins südliche Kongobecken dringend und auch hier, unterhalb des Äquators, die Küste erreichend, die Sitte, Jagdtrophäen in Gestalt des Tiergehörns am Kopf, am Hut, am Helm zu tragen. Wir sehen ferner, dass diese Trophäen, wie überall so hier, zum Schmucke werden, der so beliebt und gesucht ist, dass er auch im nachahmenden Schnitzwerk, sei es eine Kopfbedeckung, sei es eine plastische Portrait- (Ahnen-) Figur, nicht mehr fehlt. Es ergiebt sich für mich von selbst der Schluss, dass dieselben Hörner auch an den Masken der entsprechenden geographischen Provinzen vorkommen werden, und umgekehrt, dass, wo Hörner an solchen Masken vorkommen, sie eine Nachbildung des ursprünglichen Trophäenschmuckes sind. Ich rechne hierher zunächst alle geflochtenen Masken bekannter Form aus Senegambien und die Masken der Dou, von denen Maclau berichtet!): »Die Mohamedaner in Kong und den Mandingostaaten feiern ein nächtliches Fest, dessen Hauptfiguren Dou genannt werden. Das bezeichnet Polizeiwächter. Sie veranlassen des Nachts auf den Strassen noch Umherirrende in die Hütten zu gehen. Die Dou haben Masken von rotem oder schwarzem Stoff, an denen Hörner befestigt sind.«e Ich stellte weiter oben die Forderung auf, dass man, um allzufrei in der Luft schwebende Folgerungen zu vermeiden, möglichst in ein und der- selben Gegend Urbild und Spätform beglaubigt finden müsse. Hier ist die Forderung erfüllt, wie aus Vorstehendem klar und ohne Weiteres erhellt, und ich glaube daher, dass das Hornmotiv der genannten Masken sich auf dem Wege über die Trophäe entwickelt hat. Eine komplizierte Erklärung dieser Masken giebt Frobenius m einer allerdings unzusammenhängenden und für mich unübersichtlichen Darstellung, die ich vielleicht nicht richtig verstanden habe, der ich aber so, wie sie vorgetragen wird, nicht beipflichten kann. Er sieht in dem Flechtwerk und in den Faserbehängen der Senegalmasken Beziehungen zu den Geisterhütten und den Hüttenmasken ?), erkennt in den Hörnern animalistische Züge, ohne deren Entstehung oder Verbindung näher zu erklären, trennt dann später aber ausdrücklich die Hütte von dem tierischen Element in den Grundmotiven der Maske und meint, die senegambischen 1) loc. eit. 8. 174/75. 2) ]oc. eit. 8. 174/75. 69 Geflechte stellten keine Menschengesichter, sondern Ochsenköpfe vor, sie seien von den Ochsen- und Büffelköpfen Kameruns abzuleiten. Die Begründung dieses Zusammenhanges fehlt, es wird durch nichts bewiesen, dass die Kamerunmasken in der sogenannten »Vorströmung« nach Nordwesten versetzt sind und eine so tiefgehende, sonderbare Um- wandlung eingegangen sind, wie der Unterschied der Typen zur Voraus- setzung macht. Die Erklärung lässt ferner die Rassenverhältnisse im Sudan und an der Oberguineaküste allzusehr ausser Acht, sie vernach- lässigt auch die Thatsache, dass nicht auf allen geflochtenen Masken Ochsenhörner vorkommen, dass neben ihnen Antilopenhörner häufig angetroffen werden. Freilich giebt es in Kamerun ebenfalls Antilopen- kopf-Aufsätze, doch exemplifiziert Frobenius ausdrücklich auf Ochsen- köpfe: »Dazu'!) gemahnen die Hörner dieser Senegalmasken an Ochsen- köpfe als Kopfmasken, die auch in diesen Gegenden nicht selten sind.« Eine einwandfreie Behandlung der Frage ist nicht möglich, ohne den Unterschied der Ochsen- und Antilopenköpfe sich klar zu machen. Mit dem allgemeinen Ausdruck »animalistisch«e kommt man nicht weiter, sobald man an die ernsthafte Beantwortung des »Woher« und »Warum« der Masken und der ihnen zu Grunde liegenden Ideen geht. Ich ver- weise auf meine früheren Ausführungen, nach denen ich den Antilopen- kopf als das eigentliche, erste und hauptsächliche Vorbild der Kameruner Tanzmasken hinstellen musste. Die natürlichen Vorläufer der Senegal- masken sind gleichfalls die Antilopenhörner — die Jagdtrophäe —, an deren Stelle erst später und vereinzelt, nachdem aus der Trophäe der Schmuck geworden war, die Ochsenhörner getreten sind. Vielfach viel- leicht nur mangels des Besseren, eigentlich Erstrebten, vielfach im Schmuckbedürfnis, das die traditionelle Form beibehielt, ohne ihren Ursprung zu kennen. Die von Frobenius selbst immer betonte und verlangte entwick- lungsgeschichtliche Betrachtung der Formen vermeidet bei ihm nicht eine Reihe von Lücken, die weder von ihm ausgefüllt sind, noch meines Erachtens überhaupt ausgefüllt werden können, sie findet dagegen auf dem Wege, den ich angegeben habe, eine fast ununterbrochene Aufein- anderfolge von sichtlich zusammengehörigen Erscheinungen, die zusammen- gefügt, ein klares befriedigendes Bild wie von selbst ergeben. Ich habe noch einen Augenblick bei der Verwendung unserer Senegalmasken zu bleiben, um zu sehen, ob sie zu meiner Auffassung passt. Ich will dabei nicht auf die allgemeine Frage der Masken- entstehung eingehen, auch nicht im Besonderen die Beziehungen der Geflechtmasken zu den Geheimbünden hier wieder berühren, die ich ») loc. cit. S. 203. 70 an anderem Orte!) besprochen, und für die ich an die Stelle der Frobenius’schen Vergeistigungstheorie materiellere Motive einzusetzen versucht habe. Ich halte mich nur an die Hörner, und finde, dass sie im Anschluss an meime dortigen Ausführungen ganz ausgezeichnet zu der Trophäentheorie passen. Die Masken werden von den neu- beschnittenen Jünglingen getragen, die soeben in den Bund der waffen- fähigen, heiratsberechtigten, reifen Männer aufgenommen worden sind, überall haben wir gesehen, dass die Tierhörner das schmückende Attribut des Mannes und Kriegers sind, der Zusammenhang der männlichen Trophäe mit der Aufnahme in den Männerbund ist so schlüssig und klar, dass es gewiss keinen Zwang voraussetzt, ihm zuzustimmen. Als weitere Stütze meiner Ansicht ist der wechselnde Sitz der Hörner an den Masken zu betrachten, die bald weiter nach vorn, bald weit nach hinten gerückt sind, wie es beim Tragen der Hörner als Trophäe eben vorkommt, sowie endlich die an Fig. 14 sehr gut er- kennbare ursprüngliche Form des Maskenhelmes, die an diejenige der Hörnerhüte anklingt. ; Zweitens gehört hierher die in Fig. 26 abgebildete Maske aus Senegambien. Form und Stellung charakterisierten die beiden der Haarfrisur aufliegenden Wülste als echte Tierhörner, im Zusammenhang mit der Trophäe aber verstehen wir erst ihre eigentliche Bedeutung; sie liegen genau so, wie die echten Hörner, am Kopf des Negers unter dem Stirnband befestigt, mit der Spitze nach vorn gerichtet. Die Maske ist ein ganz ausgezeichnetes Beweisstück für die Erklärung des Hörnermotivs aus der Trophäe und ein integrierendes Glied in der Kette der seine Entwicklung demonstrierenden Formen. Da ihre Ver- wendung ferner aller Wahrscheinlichkeit nach gleich den geflochtenen Senegambienmasken sich an die Pubertätsfeste der Jünglinge knüpft, so bildet sie auch ein weiteres Argument für die vorgetragene Auf- fassung von der Entstehung des Maskengebrauches in dieser Form. Die dritte Reihe hierhergehöriger Masken dürfte von den sog. Grebomasken gebildet werden, zu deren Typus Fig. 23 und 24 unseres Materiales gehören. Frobenius hat auf die Übereinstimmung in der röhrenförmigen Bildung der Augen aufmerksam gemacht?) und leitet daraufhin jene direkt von den Senegalmasken ab. Wohl mit Recht, da auch die Völkerbeziehungen, die ihrerseits wieder die Erklärung der Hörner als Nachbildung eines Trophäenschmuckes am glaubhaftesten erscheinen lassen, dem entsprechen. Dabei mache ich noch auf einen Punkt aufmerksam, auf den kein Hauptgewicht gelegt werden soll, der aber ein Glied in der Kette mehr ‘) »Zur westafrikanischen Maskenkunde«., Globus, Bd. LXXIX. 2) loc. cit. $S. 206. 1 ist. Auf der Maske Fig. 23 sind die Hörner umgekehrt, mit der Spitze nach unten dargestellt. Ich erwähnte das schon früher und führte es auf technische Ursachen zurück. An dieser Stelle unseres Gedanken- ganges könnte man versucht sein, sich daran zu erinnern, dass auch die wirklich am Kopfe angebrachten Trophäenhörner zuweilen umgekehrt, unter das Kopfband gesteckt, getragen wurden (Speke a. a. 0.). Tritt das Horn dann an den Hut oder Helm, so wird die Tragweise mechanisch unnatürlich und unmöglich, sie hört von selbst auf, an der Maske aber mag sie einmal mit Übergehung einer Entwicklungs- phase sich wieder einstellen. Die Senegal- und Grebomasken gehören zusammen und bilden, wenn wir die Verbreitung der Hörnertrophäe in Ursache und Wirkung, Urbild und Nachahmung, graphisch darstellen wollten, das Ende des einen Schenkels eines Winkels, der seinen Scheitelpunkt im östlichen Sudan, im Stromgebiet der Nilquellen hat, während der andere, etwas kürzere, am Westufer des Viktoria-Nyanza nach Süden zieht. Nahe dem Scheitelpunkte dieses Winkels liest die Heimat der Wadumbo-Maske, die ich im Abschnitte über die Haartracht eingehend beschrieben habe. Dort musste mangels einer beweisenden Deutung die Ungeschicklichkeit des ausführenden Negers zu Hülfe genommen werden, um die Möglichkeit, dass es sich um Haarzöpfe handle, gelten lassen zu können. Mit derselben sehr dehnbaren und wissenschaftlich nicht sehr schätzens- werten Ausflucht kann man die geographische Höhe des Gebietes der Hörnertrophäen benutzen, um zu behaupten, dass die gerillten Stümpfe der Wadumbo-Maske (Fig. 16) ungeschickte Nachahmungen von Hörner- schmuck seien, die man bei feindlichen Nachbarstämmen etwa, im Kriege, an den Köpfen der Männer gesehen und aus dem Gedächtnis später nachgeformt habe. Doch lege ich hierauf kein Gewicht und gebe gern zu, dass die Spekulation ziemlich zwecklos ist. Festgefügt aber steht der Zusammenhang im Übrigen. Vom Viktoria-Nyanza nun zum Kongobecken ist ein kurzer Weg, und wenn auch die Zwischenglieder fehlen, so möchte ich es doch für möglich halten, dass die Masken der Bakuba (Fig. 17) und der Lussambo (Fig. 27) gleichfalls als Nachbildungen von Hörnertrophäen zu erklären sind. Die Form und Stellung der Kopfaufsätze auf der ersteren imponieren durchaus als Nachbildungen angebundener echter Hörner, und ferner mag es erlaubt sein, noch einmal auf die horngeschmückten Helme der Balubafetische zu verweisen als auf Beweisstücke für das Vorkommen der in Rede stehenden Trophäensitte im Kongobecken, und betreffs der Lussambo-Maske daran zu erinnern, dass die Hörner sowohl mit der Spitze nach oben wie mit der Spitze nach unten am Kopfe 72 befestigt wurden, und dass bei stark gekrümmten Exemplaren wohl eine Mondform herauskommen könnte, die eine Erklärung der eigentümlichen Leiste in sich schlösse '). Die Hörner im Schädelkult. So zwingend mir die Beweise für den Ursprung der Hörner an den Masken des westlichen Sudans aus der Trophäe zu sein scheinen, eben- sosehr ist zuzugeben, dass ohne die Zwischenstufen der Hörnerhelme eine gleiche Sicherheit nicht behauptet werden darf, dass meine Annahme also für Centralafrika zwar eine sehr wahrscheinliche Vermutung, aber doch immer nur eine Vermutung bleibt. Da nun die materielle Kultur hier versagt, so wird es für die einigermassen erschöpfende Behandlung der Frage unumgänglich sein, sich mit den Anschauungen, Vorstellungen und Gebräuchen der Neger zu beschäftigen, und zu versuchen, ob sich aus ihnen irgendwelche Beziehungen oder gar Erklärungen des Masken- motivs entnehmen lassen. In erster Linie haben wir uns zu diesem Zwecke mit dem Ideencomplexe abzufinden, der unter dem Worte »Schädelkult« begriffen ist, mit der Einschränkung, dass es unsere Sache nur ist, die Vorkommnisse in Afrika und die Benutzung von Tier- schädeln als Erscheinungsform der Ideen zu berücksichtigen. Die Summe der geistigen Vorstellungen, die dem Schädelkult zu Grunde liegen, hat ihre Componenten, wie man weiss, überall in der Welt, und ihr Faecit ist eine überaus grosse Zahl äusserlich verschiedener, innerlich eng verwandter Gebräuche, die von Andree?) schon im Jahre 1878 unter einheitlichem Gesichtspunkte zusammengestellt worden sind. Wie aus Europa und Asien, so kennen wir auch aus Afrika die Sitte, Tierköpfe als Opfergaben zu conservieren und zwar als Opfergaben, die teils auf Gräbern verstorbener Stammesgenossen, teils an sakraler Stätte den Gottheiten dargebracht werden. Pfähle mit Ochsenschädeln stehen auf den Gräbern der Bari am weissen Nil’), die Köpfe der bei Beerdigung von Hererohäuptlingen geschlachteten Ochsen hängt man an einem ı) Für den Fall, dass sich die Frage erhebt, ob die Sitte des Trophäentragens autochthon oder abgeleitet sei, bemerke ich kurz, dass bereits auf altägyptischen Denkmälern Neger abgebildet werden, mit Hüten, die unseren Trophäen- hüten vom Nil und Sudan gleichen, und an denen als Schmuck oder Trophäe eine Feder angebracht ist (lıepsius, s. Ratzel, » Völkerkunde« III. S. 21). 9 —_ »Ethnograph. Parall. u. Vergleiche«. °®) »Der Albert Nyanza«, Jena 1867. I. S. 87, 75 Fig. 63 Pfahle über dem Grabe auf). Ebenso auf Madagaskar (Fig. 62 und 63). ?) Die in Hörner auslaufenden Votivpfähle auf den Bongogräbern gehören vielleicht hierher.°) Ausserhalb der Bestattungsplätze sind gleichfalls, und vielleicht noch häufiger, Beweise eines Schädelkultes gesehen. Schweinfurth schreibt von den Niam-Niam:*) »Bei keinem Weiler fehlen die zur Befestigung von Jagd- und Kriegstrophäen dienenden Pfähle, an welchen die Insassen in prahlerisch ostensiver Weise die Beweise ihrer Tapferkeit zur Schau stellen. Schädel von Antilopen aller Art, von Meerkatzen, Pavianen, Wildschweinen, von Schimpansen und Menschen- schädel fanden sich bunt durcheinander an den Ästen der Votivpfähle gespiesst«. Von den Landschaften Kebu und Akposso in Togo erzählt Plehn:°) »Ein eigenartiges Fetischzeichen habe ich nur hier gefunden: es besteht aus Unterkiefern von Wild, die an einer Schnur aufgereiht oder an einem senkrecht in die Erde gesteckten Stock aufgeschichtet werden. Es ist ein Fetisch der Jäger und heisst in Akposso aluku.« Bastian berichtet aus Kalabar:®) »Der mittlere Hof enthielt einen Holzpfeiler, um dessen Mitte ein eiserner Ring genagelt war, als schützender Fetisch, und zu gleichem Zweck hingen oberhalb jeder Thür Fischknochen herab. In dem benachbarten Cameron legt man auf einem solchen Fetischstock die 1) eitirt bei Andree. Die historische Notirung, die Frobenius in ihnen sucht, beruht auf einer falschen Voraussetzung; siehe die Anmerkung 5 zu Seite 75. ®) nach Frobenius »Die Kunst der Naturvölker«, in Westermann’s Monatshefte 1895/96. S. 596. ®) Schweinfurth, »Im Herzen von Afrika« I. S. 333. #) loc. eit. I. S. 556. °) »Beiträge zur Völkerkunde des Togo-Gebietes«, Inaug.-Dissert. Halle, 1898, S. 6. ®) »Geographische und ethnologische Bilder.« Jena, 1873. S, 138, 74 Knochen eines Vogels, der innerhalb des Hauses gestorben sein muss. Eine andere Form dieses Fetisches (Ekponyong genannt) ist ein mit Zeug umwundener Pfeiler, auf den ein Schädel gestellt wird«. In Bonny sah derselbe Forscher ') in einem innen und aussen mit Ziegen- schädeln bedeckten Fetischhause ein janusartiges Doppelbild, einen Mann und eine Frau darstellend, die Rücken an Rücken gelehnt sassen und am Halse zusammengebunden waren. Die Figuren sollten die Vorfahren des Ebani-Volkes sein. In den Fetischhäusern am Ogowe fand Oskar Lenz?) Gorilla- schädel, die als heilig verehrt wurden. Zahlreiche Beispiele sind ferner von der Loangoküste bekannt. »Als Priester der Mutter Erde wacht der Ganga Ilombo (in Loango) an dem aus Tierschädeln aufgebauten Iombo über das Gedeihen der Pflanzen.«°®) Bei Massaba bestand der Fetisch der Erde, Umkissie-Boma, in einem unter schattigem Baume aus Knochen und Tierschädeln aufgerichteten Haufen, vor dem die Erstlinge der geernteten Früchte lagen.*) In dem Walde bei Chicambo steht im Dickicht verborgen und abgelegen vom Wege der Fetisch Kamba, ein fossiler Elfenbeinzahn, mit Ochsenhörnern, sowie Zähnen und Schädeln von Hippopotamus umgeben. ..... . »Diese Gottheit steht unter der Hut des Grundherrn, dem die Schädel aller wilden Tiere, die im Walde getötet werden, abgeliefert werden müssen.<®) »Von den auf der Jagd getöteten Tiere, heisst es dort an anderer Stelle, gehört ein Bein, mit Fleisch daran, dem Grundherrn, und der Knochenschädel dem Fetisch, auf dessen Platz er niedergelegt wird.« °) »Für den Fetisch der Erde, den Kissie insie, findet sich ein aus den Schädeln getöteter Tiere und sonstigen Landesprodukten aufgesta- pelter Pyramidenhaufen; dort finden die jährlichen Ceremonien statt, um gute Ernten, Fischfang oder Jagd zu sichern. « ‘) Ratzel bildete nach Max Buchner einen »Fetisch unbekannten Zweckes (Blitzfetisch?) in Lunda« ab, bestehend in einer aus einem Baumstumpf geschnittenen menschlichen Figur und einem daneben auf einen Baumzweig gesteckten Schädel (Völkerkunde I, Einl. S. 33). In der Nähe des Lagers®) (am Ulangale, bei den Maschische) finden wir ein interessantes Grabdenkmal, die Ruhestätte eines grossen Jägers. Auf dem Grabhügel liegen in buntem Gewirr eine Anzahl von grossen 2) ebenda, S. 164. \ 2) »Skizzen aus Westafrika«. ®) »Die Deutsche Expedition an der Loangoküste« I. S. 38. 4) ebenda, S. 50. °) ebenda, S. 53/54. 6) ebenda, S. 158. ?) ebenda, $S. 202. %) Wissmann »Im Innern Afrikas«, $, 46, I ot und kleinen Antilopenhörnern, Schädeln und Knochen«, »neben: Fetisch- hütten sehen wir!) ein Häuschen, in welchem Schädel und Gehörn. des erlesten Wildes als Jagdtrophäen und glückverheissende Reliquien auf- bewahrt werden.« In Bihe sah Serpa Pinto?) in fast allen Dörfern Jagdtrophäen in Form konischer Hürden, auf denen Antilopen — und andere Schädel aufgestellt waren. Aus dem benachbarten Kongolande berichtet Chavanne?) über eine im Dorfe N’findam’bumhe aufgerichtete Skeletpyramide von Anti- lopen- und Büffelschädeln, sowie von den an den Vorderfronten der Hütten als Fetische präparierten Hörnern derselben. Wollen wir für alle die genannten Thatsachen die Erklärung geben, so erinnern wir uns an das Zugeständniss Andree’s, dass es nicht immer gelingt, alle die Motive zu ergründen, welche der Darbringung der Schädel als Opfergabe zu Grunde liegen. *) Am sichersten geht man, wie mir scheinen will, wenn man zur Deutung möglichst wenig complicierte geistige Vorstellungen und Combinationen auf Seiten der Neger in Anspruch nimmt. Schweinfurth vermied es vorsichtig, auf die ihm und Heuglin von den Chartumern gegebenen Erklärungen der Bongo-Grabpfähle als einer Art Chronik Gewicht zu legen. °). Sehen wir uns nun die Berichte der verschiedenen Reisenden genauer an, so finden wir in den weitaus meisten Fällen irgend eine Beziehung des betreffenden Gebrauches zur Jagd. Die von der Jagd heimgebrachte Beute liefert ihr bestes Stück teils als Opfer an die helfenden Geister, teils als Trophäe und glückbringendes Erinnerungs- zeichen an die öffentlichen Plätze und die sichtbaren Aussenwände der Wohnungen, teils als letzte Widmung dem dahingegangenen 'Stammes- genossen und besonders dem toten Häuptling. Diesen, den glücklichsten Jäger seines Dorfes (in der ursprünglichen Bedeutung) ehrt man im Tode am besten durch die Gaben, die ihm im Leben die liebsten waren, und !) ebenda, S. 144. 2) »Serpa Pinto's Wanderung quer durch Afrika«. Deutsche Übers. Leipzig, 1881. S. 163. 3) »Alter und neuer Congo«. S$. 266. %) loc. eit. S. 129. °) loc. eitat. $S. 129. Ganz unberechtigt schreibt Frobenius »Die Bedeutung derartiger Ausschmückung bietet die Mitteilung Heuglins und Schweinfurth's über den Sinn eben solcher Grabpfähle der Bongo. Diese sind in gleicher Weise mit vielen Kerben und Einschnitten verziert, Jede dieser Kerben nun bezeichnet einen vom Verstorbenen im Kriege Erschlagenen. Es’ liegt also eine Art historischer Notierung ihnen zu Grunde.« Ausdrücklich aber sagt Schweinfurth, die Chartumer hätten ihm und Heuglin das weisszumachen gesucht, nach Aussage derBongoselbst wäre dasjedoch durchaus nicht der Fall, (loc. eit. S. 333.) 16 wie man im Norden dem toten Könige das Ross mit ins Grab gab, oder wo das nicht möglich, wenigstens einen Teil von ihm, wie Schädel oder Zähne), so schmückt man in Afrika das Grab durch eine erinnernde Jagdtrophäe?). Zuweilen sind zwar die geopferten Schädel, massenhaft zusammengehäuft, das Zeichen dafür, dass man den toten Häuptling seiner Würde und Macht entsprechend durch umfangreiche Leichen- festlichkeiten geehrt hat, aber auch das ist, wieder nur eine Ehrung, bei der die ursprüngliche Jagdtrophäe infolge einmal der Anforderungen an die Quantität des Opfers, zum anderen der Lebensweise und Beschäf- tigung sesshafter und Viehzüchter gewordener Stämme durch die zahmen Haustiere ersetzt worden ist. Die zu Grunde liegende Vorstellung schaut noch deutlich aus den aufgespeicherten Schädeln heraus, es ist diejenige der Aufbewahrung und der Widmung von Jagdtrophäen. In demselben Sinne erkläre ich mir die in Hörnern auslaufenden Votivpfähle der Bongogräber. Man hatte die letzteren mit Pfählen umstellt, deren mehr oder weniger durchgearbeitete oder geglückte Schnitzerei die Portraits der Verstorbenen darstellen sollten®), hatte anfänglich, ebenso wie in den früher genannten Gegenden Afrikas, echte Hörner als Trophäen und Votivgaben aufgehängt — Fig. 64. »Die Kugur sind Stangen oder Äste, welche in der Mitte der Dörfer eingepflanzt, und an denen die Stirnzapfen von Ochsen befestigt sind. Es sind die Stätten, an denen die Schutzgeister der Schilluk und Bongo wohnen«*) — und vereinigte dann diese beiden Dinge. Die Trophäe oder Votivgabe wurde in die Reihe der Pfähle eingestellt, und später, um sie dauerhafter zu machen oder um schon verloren gegangene zu ersetzen, schnitzte man sie aus Holz, das der Symmetrie halber die gleiche, übrigens meist recht rohe Form der Bildpfähle erhielt. Frobenius nimmt — nicht als Erster — an, dass die Plastik der Naturvölker d. h. im Besonderen die Darstellung der menschlichen Gestalt aus dem Geisterpfahl hervorgegangen ist, der seinerseits den einfachen auf die Gräber gestellten Ast zum Ursprung hat. Innerhalb dieser Entwicklung wäre die Verbindung der Masken und Idole mit 1) Langkavel »Pferde und Naturvölker«. Int. Arch. für Ethnopraphie, LS. 53. 2) Ob die primäre Vorstellung hierbei diejenige der Furcht vor der Wiederkehr der Seele und vor der Rache der letzteren gewesen ist (vergl. Koch »Zum Animismus der südamerikanischen Indianer«, Internat. Archiv für Ethno- graphie, Bd. XIII Supplement), kann als für uns hier unwesentlich ausser- halb der Erörterung bleiben. 3) Schweinfurth. loc. eit. S. 312. #) citiert nach Frobenius »Die Kunst der Naturvölker«, Westermann’s Monats- hefte 1895/96. 8. 596. 17 Fig. 66. Fig. 65. dem Hörnerattribut derart entstanden, dass ursprünglich Ochsen- oder Antilopenhörner den Kerbpfahl gekrönt haben, dass dann die Hörner in Holz nachgebildet und bei dem Übergang des Pfahles in die volle Menschenfigur an ihr erhalten geblieben sind.) Ob diese Hypothese von der Entstehung der plastisch dargestellten Menschen- gestalt richtig ist, will ich dahingestellt sein lassen. Ich möchte nur auf einen Einzelirrtum aufmerksam machen, den Frobenius in der Beweis- führung begeht. Er sagt,?) dass die Hörner sich beim Übergange des Kerbpfahls in die Menschenfigur als Ohren der letzteren erhalten und weist dazu auf das bekannte, bei Ratzel?) abgebildete Götzenbild vom Niger hin. Ich finde nun in dieser Abbildung (Fig. 65) eine so deut- liche Ohrbildung — und zwar menschliche Ohrbildung seitlich am Kopfe — dass ich nicht gut begreife, wie sie zu übersehen ist und wie die Hörner als Ohren aufgefasst werden können. Es ist das vielleicht ein neben- sächlicher Punkt, allein da sich der Verfasser darauf als ein Glied der Entwicklungskette stützt, da eine andere von ihm abgebildete und hier in Fig. 66 wiedergegebene Schnitzerei infolgedessen nicht als » Übergang dazu« d. h. zum erstgenannten Idol aufgefasst werden kann, und da endlich die Frobenius’schen Beweisführungen manche so schwache Punkte aufweisen, so verdient das Versehen klargestellt zu werden. !) ebenda. 2) ebenda, $. 598. ®) »Völkerkunde« I. S. 34. 78 Ich glaube nicht an einen so unmittelbaren Übergang eines Hörner- pfahles in eine hörnergekrönte Menschenfigur; wir hätten dann wohl mehr Beweisstücke letzterer Art bei den Naturvölkern. Ich kann mir ausserdem nicht denken, dass Vorstellungen, die zur Errichtung von Trophäen und Votiygaben führten, zu einer Zeit bestanden haben sollen, als die betreffenden Menschen noch keinerlei, wenn auch roheste, Versuche in der Plastik gemacht hatten. Ich trenne vielmehr die beiden Entwicklungsreihen, die zu gehörnten menschlichen Köpfen führen, nämlich diejenige der Hörnernachbildungen und diejenige der Formung menschlicher Gesichter und Figuren, Idole und Masken. Wie beide Reihen sich dann vereinigen, ist eine Frage, die nun zur Untersuchung kommt, die aber gleichlautend für alle Fälle vielleicht nicht wird beantwortet werden können. Zunächst schliesse ich diese Ausführungen über den Schädelkult an das an, was über die Hörner als Kopfschmuck gesagt. wurde, und finde, das tertium comparationis in der Trophäe kann nicht verkannt werden. Wie der Einzelne das Erinnerungszeichen an seinen guten Schuss sichtbar seinen Stammesgenossen am Kopf sich befestigt, so teilt sich . die Freude an einen besonders seltenen und gefahrvollen Fang (Gorilla und derart.) der ganzen Stammesgemeinschaft mit, und die Trophäe wird zum Gedächtnisse auf öffentlichem Dorfplatz aufbewahrt. Dass sich hieran in beiden Fällen die Ideen der Votivgabe, der Schutzkraft, der Gewährleistung künftiger gleicher Erfolge anschliessen, ist nicht blos in Afrika, sondern überall der gewöhnliche Gang menschlichen Glaubens und Aberglaubens. Eine besondere Ursache für diesen Übertritt in die geistige Sphäre berührt Bastian in seinem Bericht über Sch weinfurth’s Reisen !) »Der Reisende beschreibt dann die in den Dörfern der Niam- Niam aufgerichteten Jagdtrophäen und Knochenanhäufungen, und auch diese erhalten ihr Seitenstück an der Loango-Küste, wo sie bei den durch die Dichtigkeit des Ackerbaues entvölkerten Jagdgründen eine symbolisch religiöse Bedeutung angenommen haben.« Ein neues Glied aber fügt sich hier in die Kette der geistigen Vorstellungen, geeignet, nicht nur deren Kreis weiter zu erschliessen, sondern auch sie innerlich zu vertiefen. Die Beziehungen der Trophäe — im weiteren Sinne, d.h. mit ihren oben besprochenen Umwandlungen in Schmuck, Gedenkzeichen, Votivgabe — zu ihrem Besitzer hören mit dem Tode nicht auf. Das zeigt sich einmal in der Aufstellung auf den Gräbern, es tritt andererseits dann zu Tage, wenn sich die Lebenden die abgebrochene Brücke zum Verstorbenen wieder aufbauen, wenn der Tote sinnlich wahrnehmbar wieder unter sie tritt. Mit dem Toten ersteht auch die Trophäe wieder im Ahnenkult. ') »Die Deutsche Expedition an der Loangoküste« II. $. 348. 2y Dass dieses Frühstadium religiöser Kulte in Afrika nicht weniger vorkommt, als in den übrigen Erdteilen, ist bekannt. Schweinfurth konnte, wie bereits erwähnt, die Portrait-Pfosten der Bongogräber als Ahnenbilder feststellen. »Die Ausdrücke für Gott in den verschiedenen südafrikanischen Kaffernsprachen deutet Bleek auf den Zusammenhang des Begriffes eines höchsten Wesens mit dem Ahnenkulte dieser Völker.« !) »An der Loango-Küste wird der Körper, -meist nach vorheriger Entfernung der Eingeweide, mit Branntwein gewaschen und mit Salz gefüllt, um dann auf einem Gerüste über rauchendem Feuer gedörrt zu werden. Während dieser Zeit sitzt eine als Ebenbild des Verstorbenen angekleidete Puppe, vor welcher die hinterlassenen Reichtümer auf Tischen ausgebreitet sind, in einer geschmückten Halle, um dort die Besuche der Leidtragenden zu empfangen.« ?) Aus Yoruba berichtet Bastian: »Zu bestimmten Zeiten wird ein Totenopfer gebracht, wobei der Hausvater einen Widder schlachtet und das Blut in eine Grube unter die Erde fliessen lässt. Ist die Familien- mahlzeit beendet, so wird einer der Knochen angekleidet, am liebsten in dem Anzuge eines weissen Mannes, und dann durch die Stadt umher- getragen, als der Knochen des Vorfahrens, indem Frauen vorausgehen, die sein Lob singen. Bei der Besprechung der Geheimbünde von Ogbomascho heisst es ferner: »Die Stadt Ogbomascho wird gewöhnlich zweimal jährlich der Gewalt des Oro übergeben‘... Während der ganzen Nacht geht dann der Geist der Vorfahren mit eimer mächtigen Bambuspeitsche umher, in einer Begleitung sonstiger Masken, die mehr oder weniger stereotyp sind.« Aus dem Bezirk Bukoba meldet Richter:?) »Die religiösen Vor- stellungen bestehen in der Anschauung, dass die Seelen der Abgeschiedenen die Schutzgeister der Lebenden bilden und mit diesen ständig in Verkehr stehen . . . .« Von den Balüng in Kamerun. erzählt Conrau t) die interessante An- sicht, dass nach dem Glauben der Leute viele Geister ihrer Verstorbenen in das Land der Weissen gingen und dort die von ihren Stammesgenossen begehrten Sachen anfertigten, die dann von den Weissen abgeholt und nach Afrika gebracht würden. Mit diesen wenigen Beispielen sei es des Beweises für die .all- gemein bekannte Sache genug. !) Ratzel »Völkerkunde« I. 8. 176. >) loc. eit. I. S. 360. ®) Mitteilungen aus den deutschen Schutzgebieten, Bd. XII. $. 97. *) ebenda, Bd. XI. S. 198. 80 Der Ahnendienst nun oder Manismus, wie ihn Frobenins mit einem sehr brauchbaren neuen Namen getauft hat, führt uns wieder zu unseren Masken zurück. Frobenius leitet die afrikanische Gesichtsmaske — und um die (gehörnten) menschlichen Gesichtsmasken handelt es sich in diesem Abschnitt allein — ähnlich der neupommerschen und der altperuanischen aus der Schädelmaske ab und stellt den entwicklungsgeschichtlichen Zusammenhang folgendermassen dar:!) »Zuerst tanzte der Neger mit dem Schädel oder Kopfe des Verstorbenen im Munde, von ihm Be- geisterung erwartend. Mit Zugrundelesung des Knochengerüstes des vorderen Schädelteiles, auf dem mit Wachs oder Kalk die das Gesicht. ergänzenden Formen gebracht wurden, entstand die ursprüngliche Schädelmaske, die der Tänzer umband oder mit den Zähnen erfasste. Später ward an Stelle des Schädelbein-Gerüstes ein solches aus Flechtwerk hergestellt, au£ das in gleicher Weise die Gesichtsform aufmodelliertt wurde. Endlich ward die Maske nicht mehr geklebt, sondern aus Holz geschnitzt.« Man wird darüber streiten können, ob sich die Sache wirklich so verhalten hat, ob wirklich überall der echte Schädel der Holzmaske voraufgegangen ist; das Fehlen jeglichen Beweisstückes berechtigt zu einem gründlichen Misstrauen. Aber zweifellos ist wohl, dass die Idole sowohl wie die meisten Masken in irgend einer, bald festeren, bald lockeren Beziehung zum Manismus stehen. Wir wissen ja leider von Bedeutung und Verwendung der meisten Masken herzlich wenig und dürfen uns daher keinen allzu weitgehenden und allzu sicher auf- tretenden Spekulationen überlassen; wir dürfen noch nicht sagen, dass immer und überall jede Maske den Verstorbenen selbst vorstellen soll oder gar die persönliche Reincarnation des Ahnen ist. Aber dass sehr viele Masken in der That nicht blos aus manistischen Ideen heraus entstanden, sondern auch vor lebendig in dem Augenblicke manistisch denkenden Negern gebraucht sind, scheint mir nicht bestreitbar zu sein. In solehen Fällen tritt der Schädelkult mit all seinen Voraussetzungen und Wirkungen in Kraft, die Beziehungen, die man zu dem Grabe des Toten durch Auflegen, Aufhängen und Anhäufen von Schädeln und Hörnern einging und pflegte, unterhält man auch zu der darstellenden Maske. Die Hörner an ihr sind die Zeichen der Ehrung und des ehrenden Besitzes, des votierenden Dankes und Respektes, aus der Trophäe zum sakralen Attribut emporgestiegene Krone des erst erlegten, dann geopferten Wildes. Auf zwei Wegen komme ich somit zu der Überzeugung von der ursprünglichen Trophäennatur der Hörner an der Mehrzahl der west- !) Maskenwerk. S. 185. 81 afrikanischen Masken unserer Typen 2 und 3; auf demjenigen direkter Nachahmung des Hörnerschmucks an Kopf und Helm lebender Per- sonen — wie vorwiegend im Sudan — und auf dem des Schädelkultus und Manismus — wie vorwiegend in Centralafrika. Anders scheinen wir den Hörnermasken der Kalabar und Kamerun umschliessenden seographischen Provinz gegenüber zu stehen. Denn hier finden wir die Gesichtsmasken nicht allein mit Hörnern, sondern auch mit anderen tierischen Emblemen und Tierfisuren besetzt, wir finden ferner Tiermasken, wir sehen ausserdem, dass diejenigen Tiere, denen die Hörner entstammen, im Kultus eine bestimmte Rolle spielen, wir wissen endlich von Tänzen, die vorwiegend bei Leichenfeierlichkeiten gebräuchlich, sich Tierkopf-Masken als Kopfaufsätze bedienen. All das lässt darauf schliessen, dass der Neger hier in innigerer geistiger Beziehung zum Tiere lebt, als dort, wo er den Schädel oder das Gehörn des erlegten Tieres als Trophäe oder als Votivgabe aufbewahrt, dass seme Gedankenwelt hier nicht das tote Tier mit dem toten oder manistisch in der Maske repräsentierten Vorfahren in Beziehung bringt, sondern vielmehr den toten Stammesgenossen mit dem lebendigen Tier, kurz, dass hier Seelenvorstellungen existieren, die das Weiterleben des Gestorbenen im Tiere zur Voraussetzung machen. Eine andere Frage ist es, ob in den betreffenden Masken diese Anschauungsweise ihren Ausdruck findet. Mit den Tiermasken und tierischen Formelementen menschlicher Gesichtsmasken in Afrika hat sich meimes Wissens bis jetzt nur Frobenius in seinem Maskenwerk beschäftigt, soweit es sich um Erklärung, nicht blos um Beschreibung handelt. In seiner cha- rakteristischen Art geschieht das in kurzen lapidaren Sätzen, denen eine weitgreifende wie eingehende Beweisführung als Grundlage und Stütze fehlt: »Totemismus einerseits und eine Fülle verschiedener nicht zu- sammengehöriger Mythen andererseits sind für Afrika nachgewiesen. Totemismus und Stammeseinteillung auf Grund animalistischer Welt- anschauung. Das Totem-Tier ist Incorporations- oder Incarnationsform der Ähnen.«') »Gehörnte Masken sind häufig. Der Kreis dieser Er- schemungen ist interessant und leicht verständlich.«”) »Das Material an tierischen Elementen in den Masken ist nicht reich. Die Formen klingen ebenso aus wie die Anschauungen des Animalismus.«°) Für die Klarheit unserer Betrachtungen halte ich es für zweck- mässig, die beiden Begriffe des Animalismus und des Totemismus strenge auseinanderzuhalten. Sie gehören ja beide zusammen, insofern Dloe. eit. S. 192. 2) ebenda, S. 195. ®) ebenda, $. 196. 32 totemistische Stammesgliederung der soziale Ausbau einer animistisch- animalistischen Weltanschauung ist und ohne die letztere nicht gedacht werden kann, bei Tänzen mit Verwendung von Tiermasken kommt uns auch sogleich die Erinnerung an nordamerikanische Verhältnisse mit ihrem so stark hervortretenden und so allgemein die Indianer be- herrschenden Totemismus. Allein in Westafrika liegen die Sachen doch etwas anders. - Frobenius sagt:!) »Am ausgeprägtesten ist der Totemismus bei den Betschuanen und den Völkern der Goldküste erhalten. Aber an der ganzen Westküste liessen sich Spuren (Speiseverbote, Heiratsgesetze etc.) nachweisen. Im Loangogebiet, ist weitgehende Zergliederung und Zer- setzung von Sitte und Anschauung zu vermerken. « Bei Bastian?) lese ich: »Ausser dieser individuellen Xina wird nun oft noch eine in der Familie aus alter Tradition erbliche Xina be- obachtet, und eine solche treffen wir besonders bei einigen Völkern im südlichen Afrika, wie bei den Herero, wo sie sich mit der Eyanda oder Abkunft verknüpft, sowie bei Stämmen der Bechuana, wo bald das Kro- kodil, bald der Affe oder ein Fisch das heilige Tier ist uud zugleich als Wappen dienen könnte, ähnlich den Tierwappen der Aschanti an der Goldküste.«e An anderer Stelle?) wird gesprochen vom Hai als dem Fetisch der Neu-Kalabaresen, vom Affen als dem Fetisch von Killibium, von der Taube als dem von Akrika, und ferner »Religiöse Gelübde, ähnlich den Mokissos in Loango, werden auch hier (Kalabar) vielfach übernommen und bestehen meistens in der Enthaltung von bestimmten Speisesorten. Wer das seiner Familie heilige Tier töten sollte, hat sichere Strafe zu erwarten.« ®) Über die einschlägigen Verhältnisse an der Goldküste lese ich bei Beaton (The Ashantees«, S. 119): »Most of the tribes regard animals as their fetish. The Acevas regard the Nyena as their god; the resi- dents in Anamabor and neighbourhood revere the alligator; the Crobboes believe in the snake as their idol, almost all the Darkies adore the vulture.«< Dagegen bei Cruickshauk:°) Es existiert ferner unter ihnen die merkwürdige Tradition, welche den gemeinsamen Ursprung dieser Stämme bezeichnen dürfte, dass alle diese Volkschaften ursprünglich in zwölf Familien oder Stämme zerfallen gewesen seien. .....« Der Verfasser citirt dann betreffs Etymologie der einzelnen Namen Bowdick (Mission from Cape Coast Castle to the Ashantee, 1819), nach dem dar- DEITCHRS:1924 2) loc. eit. I. $S. 356. ®) »Die Westküste von Afrika«. #) ebenda. 8. 145. °) »Ein achtzehnjähriger Aufenthalt auf der Goldküste Afrika'se. Aus dem Englischen. Leipzig. 8. 21. 83 unter vertreten sind »Büffelochs«, »Papagei«, »Waldkatzes, »Hunde«, »Panther«, aber auch »Getreidehalm«, »Pisang«, Röthel«, »ein Ort, wo Palmöl eingesammelt wird«. Man sieht aus diesen z. T. eigenartigen Benennungen, wie vorsichtig man mit der Behauptung echt totemistischer Motive für die Stammes- gliederungen sein muss. Mindestens aber muss man zugeben, dass nur ganz vereinzelt in Afrika aus den animalistischen Ideen eine so klare Scheidung zu sozialen Zwecken sich herauskrystallisiert hat, wie an der Goldküste. Vorsichtig meint Ratzel:!) »Ob diese Scheu (der Makonde, Leopardenfleisch zu essen) damit zusammenhängt, dass jeder von diesen Stämmen sein nationales Tier hat, z. B. die Batlapi auffallenderweise den Fisch, die Bakuena das Krokodil, die Bakatla den Affen, ähnlich wie gewisse Aschanti-Stämme die Wildkatze, andere den Büffel, gleichsam als Wappentier ehren, ist schwer zu sagen, denn von den Ursachen dieses Glaubens, ganz wie von denen ihrer anderen abergläubischen Meinungen, geben sich diese Völker keine Rechenschaft. « Vorsicht ist auch für die Beurtheilung der von Frobenius heran- gezogenen Speiseverbote nötig. Wenn Bastian erzählt, *) dass dem Kinde, sobald es zu Verstande gelangt, verschiedene Speisen vorgesetzt werden, und diejenige, gegen welche es Abneigung zeigt, ihm fortan als Xina gilt, dass die ihm vom Ganga auferlesten Verbote im späteren Alter nicht mehr bindend sind ; wenn er von einem Neger berichtet, der unter seinen Ringen »einen ausdeutete, dessentwegen er den Fisch Viala auf Reisen nicht essen dürfe, obwohl es ihm in seinem Dorfe zustände« ; wenn wir von ihm erfahren, dass die Eltern an der Loangoküste vor dem Kinde allerlei Bruchstücke ausbreiten, die von verschiedenen Tieren oder Pflanzen hergenommen sind, und dabei beobachten, nach welchem es greift, um ihm dann das Verbot aufzuerlegen, nie von solchen Tieren oder Pflanzen während seines Lebens zu geniessen, und wenn die Pfeifen, die von den Ganga gebraucht werden, aus den Hörnern der jedesmal. dem Mokisso heiligen Tiere, deren Fleisch dem Ganga verboten ist, gemacht werden müssen, der Ganga aber »divinirt«, welches Tier oder welcher Teil eines Tieres seinem Mokisso beliebt ist, so liegt in dem Allen mehr fetischis- tischer Aberglaube als animalistische oder gar entwickelt totemistische Anschauung. Das geht auch aus der Bemerkung Lubbock’s hervor (Die Ent- stehung der Civilisation, Deutsche Übersetzung, 1875, 8. 281): »Bei den Eingeborenen von Whydah (Westafrika) wird, wie wohl bei fast allen Negern, das Tier oder die Pflanze, die zum Fetisch erwählt ist, nicht gegessen. « ı) »Völkerkunde«. I. 8. 177. ?) Die Deutsche Expedition an der Loangoküste«. 1. $. 188. 6* 84 In anderen Fällen ist die Entstehung der Abstinenzgebote mehr materieller Natur. Andree führt unter der Rubrik »Heilige Tiere« des Abschnittes über Speiseverbote in seinen »Ethnographischen Parallelen und Vergleichen« an:!) ».. .. während der Dinka, dem das Rind für rein und edel gilt, und der in gewisser Hinsicht einen Kultus mit ihm treibt, niemals ein Tier seiner Herde schlachtet, jedoch ruhig das gefallene und von einem Anderen getötete Rind verzehrt«.. Und vergleiche ich die hier citierte Stelle bei Schweinfurth selbst,?) so steht da weiter: »Alles Dichten und Trachten der Dinka dreht sich um Rinderbesitz und Rindererwerb. ... Wenn diese Gebräuche, die sich bei der Mehrzahl afrikanischer Hirtenvölker wiederholt, dazu angethan erscheinen, auf einen in seinen bestimmten Formen längst erstorbenen Rinderkultus hin- zuweisen, welcher, wie die Viehrasse selbst, unwiderruflich nach Indien deutet oder vice versa, — dem möchte ich zu bedenken geben, dass die Dinka keineswegs abgeneigt scheinen, teilzunehmen an irgend welchem statthabenden Schmause von Rinderfleisch, das Rind, welches geschlachtet wird, darf nur nicht das ihrige sein.« Andererseits fehlt gerade dort, wo.Hörnermasken bezw. Antilopen- masken im Gebrauch sind, das entsprechende Speiseverbot, in Kamerun ausserdem jeder andere sich Tiermasken bedienender Geheimbund, den Bali fehlt nach einer Bemerkung Conrau’s jede Fetischverbindung. Unwahrscheinlich wird der Totemismus weiterhin durch die in Fig. 5 abgebildete Maske gemacht, denn wenn die Antilope in ihr das Totem- tier darstellt, so weiss man nicht, welchen Zweck die Eidechse, also etwa ein zweites Totemtier, in der Schnitzerei noch haben kann. Der von Plehn in oben erwähntem Brief genannte Brauch, bei Totenfesten Nachts ganze Tiergestalten zu markieren, macht die Wahrscheinlichkeit auch nicht grösser, da neben Antilopen, Seekühen, Krokodilen auch Phantasiegebilde unter den Vermummungen vorkommen. Nach unserer heutigen Kenntnis: des Schutzgebietes muss eine totemistische Grundlage für die Tiermasken Kameruns verneint werden, vorläufig thun wir jedenfalls, wie ich glaube, besser, den Totemismus aus dem Spiele zu lassen. Zur Deutung der westafrikanischen Tiermasken — denen sich gewisse Idole Kameruns und Kalabars anschliessen — sind dann jene Vorstellungen heranzuziehen, die man als animistisch -animalistische bezeichnet. Nach ihnen sind die Tiere den Menschen innig ver- wandte Wesen, sind sie die Heimstätten der Seelen der Verstorbenen. Wir kommen damit noch einmal in Berührung mit der altägyptischen religion, die wir früher als eine mögliche Quelle der Vorbilder DS-HL22} ®) loc. eit. I. 8. 175/176. 85 für afrikanische Hörnermasken zu behandeln hatten. Wir hörten dort, dass die ersten Anfänge des ägyptischen Tierkultus die Dämonen der Naturkräfte ausser in leblose Gegenstände namentlich in Tiere ver- legten; wir sehen hier bei den Negern die Tiere mit menschlichen Eigen- ‚schaften ausgestattet und als Aufenthaltsorte der Ahnenseelen. Das Gemeinsame des Animismus springt in die Augen. Wir finden also in der That — freilich nicht m dem damaligen Sinne — Beziehungen Innerafrikas zu Ägypten. Aber es ist keine Abhängigkeit von dieses Nillandes alter Kultur, was den Negern ihre Anschauungskreise gezeichnet hat, sondern eine gänzlich unabhängige und selbstständige, im Zeit- abstande parallel laufende geistige Entwicklung. Entsprechend diesem Zeitabstande sind in der ägyptischen Religion die anfänglichsten Bezie- hungen zwischen den Verstorbenen — das sind die Dämonen — und den lebenden Tieren, zwischen dem Manismus und dem Animalismus für uns nicht mehr erkennbar. Die Naturvölker Afrikas aber leben in ihnen noch heute oder wurden wenigstens bei Beginn der modernen ethnographischen Forschung noch in ihnen lebend getroffen. »In Chedima!) (vom Zaire bis Zumbe) werden die Löwen als Aufenthaltsort der Seelen verstorbener Fürsten geehrt, und nach deren Tode weiht man ihnen das Dorf.< In der Sprache der Ägyptologen würde das heissen, der Löwe war der Lekalgott des betreffenden Ortes oder Gaues. »Die Nupi?) oder Nufi (mit der Hauptstadt Beda unter dem Sultan von Bondu) verehren Soko durch seine Mittler in menschlichen Figuren oder in denen von Affen, Schlangen, Fischen u. s. w.e Die Baschilange stellen sich die Geister der Verstorbenen nicht als Menschen, sondern als Tiere (Affen etc.) vor. An die früher erwähnten Statuen der Dahomey-Könige im Musee de Trocadero muss hier erinnert werden; ferner ist hier der Ort, die Busch- mannzeichnungen zu nennen, die, an Höhlen- und Felswänden angebracht, oft Männer mit Rehbockköpfen darstellten und erklärt wurden, als »Männer, die gestorben sind und nun in Flüssen leben und welche zur selben Zeit verderbt wurden, wie die Elentiere«,?) sowie die von Barth im westlichen Fessan entdeckten und mit jenen Antilopenmenschen von Ratzel in Verbindung gebrachten Felsskulpturen %). Die Kaffern leiten Glück und Unglück von den in Schlangen wohnenden Geistern der Abgeschiedenen ab,°) Dinka und Schilluk haben denselben Glauben. Bei den Zulus wird eine Anzahl von Tieren geschont, ja verehrt, weil ı) Bastian »Die Deutsche Loango-Expedition. II. S. 244. 2) ebenda. I. S. 113. 3) Ratzel, »Völkerkunde« I. S. 78. %) ebenda III. S. 40. )/ebenda I. S. 174. 86 man glaubt, dass Geister Verstorbener in ihnen ihre Wohnung auf- geschlagen haben. ') Von dem Pembi-König Mamma ging die Sage, er habe sich in ein Krokodil verwandelt. 2) Aus Kamerun hören wir:?) »Weit und breit im Waldlande herrscht der Glaube, dass sich gewisse Leute in Tiere verwandeln können, namentlich in Elefanten, Krokodile und Leoparden.« »Auf der Station Caulwell hatte ich einst einen Schlangenhalsvogel abgebalgt. ..... . Dieser sagte, ich hätte einen Häuptling getötet, der sich in diesen Vogel verwandelt habe, um Kriegszauber aus dem Wasser zu holen.« »Egungun heisst Knochen oder Skelet und man nimmt an, dass der Egungun ein von den Toten auferstandener Mann sei. .... Die Maske ist gewöhnlich ein sehr hässliches Gesicht mit einer langen spitzen Nase und dünnen Lippen; manchmal ist es auch ein Tierkopf.« *) Animistisch-animalistische Ideen haben ursprünglich wahrscheinlich auch dort 'geherrscht, wo wir heute nur mehr Tierverehrung kennen, wie bei den Balunda, die in Krankheitsfällen vor einem mit Lehm bestrichenen Gras-Alligator, dem Cowries als Augen eingesetzt sind, tanzen, °) in Akkra, wo Bastian in den Umzäunungen der Fetischhütten heilige Ziegen sah, u. s. w. Die Anschauung, dass die Seelen der Verstorbenen in Tiere über- gehen, ist somit für grosse Strecken Afrikas und im Besonderen für die Herkunftsgebiete der Tiermasken erwiesen. Es scheint auf den ersten Blick danach notwendig oder doch im höchsten Maasse dringend, die Deutung der letzteren gleichfalls in diesem Gedankenkreise zu suchen. Ausser der genannten allgemeingültigen Weltanschauung könnte dafür die Ver- wendung der Masken bei Leichenfesten sprechen. Obwohl nämlich Dr. F. Plehn in seinem Aufsatze »Über einige auf Krankheit und Tod be- zügliche Vorstellungen und Gebräuche der Dualaneger« °) sagt »Nach der Beerdigung ist der Verstorbene ein bidimmo, ein Geist geworden«, von Tänzen spricht, die »durchaus den bei anderen Festlichkeiten anscheinend im ganzen Kamerungebiet üblichen« entsprechen, von Masken irgend welcher Art aber gar nichts erwähnt, so ist doch nach den Mitteilungen Dr. A. Plehn’s, Buchner's, Pauliis und anderer nicht daran zu 1) ebenda I. 8. 267. ?) Graf von Zech, »Vermischte Notizen über Togo«, Mitteilungen aus den Deutschen Schutzgebieten. Bd. XI. S. 97. ») Conrau »Einige Beiträge über die Völker zwischen Mpundu und Bali«, Mitt. a. d. Deutsch. Schutzgebieten. XI. S. 199/200. #) Frobenius »Maskenwerk«. S. 92. °) Bastian, Loangoexpedition. I. S. 196. °) Mitt. a, d, Deutsch. Schutzgebieten. VII. S. 89, 87 zweifeln, dass die Antilopenköpfe bei Leichenfeierlichkeiten aufgesetzt werden. Wieweit der Gebrauch und in welchem Umfange er vorkommt, können wir nach unseren heutigen Kenntnissen freilich nicht sagen. Mag man anfänglich denken, dass die religiöse Bedeutung nach Art von Mysterien nur in gewissen Verbindungen, den sog. Geheimbünden, Orden, Klubs oder wie man die geschlossenen Gesellschaften der Männer — vereinzelt auch der Frauen — nennen will, gepflegt wird, so kommt _ man davon wieder ab, sobald man von den Balis hört, dass sie keine derartige Verbindungen kennen und dass sie doch Masken gebrauchen. Hier ist noch Vielerlei für die Lokalforschung zu thun. Zweitens scheint dafür zu sprechen die in unserer Fig. 3 abgebildete Maske mit ihrer Veremigung eines gehörnten krokodilartigen Tieres mit einer menschlichen Figur, die nach ethnologischen Anschauungen nur als Ahnenbild zu deuten ist. Das Bild des Verstorbenen wird also in innigster Verbindung mit dem Tiere bei Tänzen getragen, die zu der Feier seiner Bestattung stattfinden, eine Gleichzeitiekeit, die eine gemein- same Idee zur Ursache haben muss. Drittens ist es Pflicht, noch einmal darauf hinzuweisen, dass das erste und hauptsächlichste Vorbild aller Tiermasken im Kamerun-Kalabar- Elfenbeinküsten-Gebiet die Antilope ist, und dass wir in demselben Gebiet die Antilope und ihr Substitut, die Ziege, im Kultus häufig eine vor- ragende Rolle spielen sehen. Im Orden des Egbo, der nach Bastian auf den Messen des Innern entstanden ist, wird die Ziege heilig gehalten und »um einen Besuch zu ehren, vorzüglich einen europäischen, pflegt man am Kameroon die Egboe-Ziege vorzuführen, deren Anblick dem Volke sonst nur sehr selten gestattet ist.«') In Ogbomascho ist das Zeichen des Schango ein gegabelter Stock, der als Schutz des Eigentums aufgesteckt wird. »Der Eghbo-Mann, d. h. der mit der Vollstreckung (der Strafe) Be- auftragte, trägt eine vollständige Verkleidung, bestehend in einem schwarzen Netzwerk, welches vom Kopf bis zu den Füssen die Haut bedeckt, einem Hut mit langer Feder, Hörner auf der Stirn... .«?) Die Maske unserer Figur 21 mit zwei kurzen, im Sinne der ganzen etwas kantig, klotzig ausgefallenen Form brettartigen Hörnern in der Mitte der Stirn und mit den spitzovalen Ohren, deren Gestalt sich unmittelbar an diejenige der Kamerun-Köpfe anschliesst, könnte recht wohl auf diesem Wege gedeutet werden. Allein es steigen neben solchen Wahrscheinlichkeitsbeweisen für eine animalistische Entstehung der 'Tiermasken auch schwere Zweifel und gewichtige Bedenken gegen diese Anschauung auf. Wenn die Neger — !) »Die Westküste von Afrika«. *) ebenda. 88 möchte es auch nur in einem Teile der Gesamtheit, m den Männer- vereinigungen sein — wirklich der Überzeugung wären, !) dass die Seelen ihrer Verstorbenen in Antilopen übergingen, und aus dieser Überzeugung heraus bei den Leichenfeierlichkeiten durch die bekannten Kopfaufsätze ihre Toten wieder erstehen liessen, so müsste” man erwarten, dass in Kamerun, dass wenigstens dort, wo der Gebrauch noch allgemein ist, die Antilope ein geheiligtes oder, um diesen Ausdruck nicht ethnologisch zu missbrauchen, ein bevorrechtigtes Tier ist. Man sollte glauben, dass sich die Neger der Jagd auf dieselben Tiere, in denen sie ihre Ahnen ver- körpert glauben, enthalten. Und sie thun das ja auch in der That, wie aus dem Berichte Conrau’s über seinen Schlangenhalsvogel aufs Deut- lichste hervorgeht. Nichts dergleichen aber hören wir von den Antilopen. Zu Conrau sagte sein Führer am Berge Diungo »Wenn du 1'/, Monate später gekommen wärst, wenn das Gras ganz dürr ist, so würdest Du hier eine Menge Antilopen haben schiessen können ;« ?) er hätte es gewiss nicht gesagt, wenn ilim die Antilope ein Ahnentier gewesen wäre, Oder wo haben die Antilopen eine Stellung, wie etwa die Fidechsen in Bonny, denen Jedermann vorsichtig ausweicht, die der Weisse am besten gar nicht ansehen soll, die dem Hause Ehre und Glück’ bringt ? °) Wenn es von den Bali heisst, dass sie das Krokodil abergläubisch fürchten und nicht zu bewegen sind, an der Jagd auf ein solches teil- zunehmen, !) so darf man auch diese Bemerkung nicht sogleich ani- malistisch verwerten. Erklärt sich die Furcht auf der eimen Seite aus der schlimmen Erfahrung, , die man mit dem Tier gemacht hat, zur Genüge, so beweist die Verbindung von Ahnenbild und Krokodil auf unserer Maske 3 wohl einen inneren Zusammenhang, aber noch keinen animalistischen Zusammenhang. Das Lübecker Museum besitzt einen Kameruner Bootsschnabel, dessen Schnitzerei unter Anderem einen auf einem Elefanten reitenden Mann darstellt. Man sieht, dieselbe Verbindung von Mensch und Tier, und die Unmöglichkeit, hier an einen Glauben vom Weiterleben der Seele im Elefanten zu denken, springt in die Augen. Vor der Elefantenjagd hat noch niemals ein Neger sich gescheut. Die totemistischen Anschauungen waren bereits für die Erklärung der Tiermasken nicht verwendbar, wie wir oben gesehen haben, aber auch die allgemein-animalistischen Ideen sind mit äusserster Vorsicht in dieser Richtung zu benutzen. ‘ Möglicherweise bringt eine schärfere 1) besser gewesen wären, denn dass sie es heute nicht mehr sind, geht aus den Berichten über die eigenartige Anschauung hervor, nach der die Verstorbenen als Weisse angesehen werden. ?) Mitteil. a. d. Deutsch. Schutzgebieten, XI. $. 207. ®) Köler »Einige Notizen über Bonny.« Göttingen 1848, *) Conrau. 8, 61, 89 Erkenntnis des Wesens der Geheimbünde neue Anhaltspunkte. Wer es mit Frobenius heute bereits als ausgemacht ansieht, dass Manismus und Animalismus ihre Entstehungsmotive sind, macht sich auch mit ihm einer unvorsichtigen Beurteilung der Details schuldig, für die zu früheren Beispielen ein weiteres hier angeführt werden soll. In einem Zusammen- hange, der die Überzeugung des Verfassers von dem animalistischen Ursprunge der Hörnermasken deutlich durchblicken lässt '), exemplifiziert er auf eine in Textabbildung 20 gezeichnete Maske, »deren Hörner auf einen Ochsen, deren Zähne auf einen Eber schliessen lassen.«c Nach der Abbildung aber ist weder von einem Ochsenkopf noch von einem Bber- kopf, weder von Zähnen noch von echten Hörnern zu sprechen. Die »Beschneidungstracht eines Fürstenknaben aus Kaarta (nach Grey)« zeigt einen nur als Phantasiegebilde zu bezeichnenden, am ehesten noch einem Pferdekopf gleichenden Aufsatz, der vor der Stirn horizontal nach vorn wegstehend und ebenso über den Nüstern gleichfalls wagerecht nach vorn stehend je zwei schlanke hornartige Spitzen trägt. Mit diesen stiess der im feierlichen Umzuge durch die Dörfer ziehende Jüngling nach den Leuten, wenn er unter Drohungen von ihnen Lebensmittel und dergl. erpresste. Von der Darstellung eines bestimmten Tieres, der totemistische oder ähnliche Anschauungen zu Grunde liegen, kann gar keine Rede sein, ein Beweis übrigens mehr, dass wir berechtigt sind, in erster Linie die Zeremonien der Beschneidungsfeste hinsichtlich ihres rein animistischen Grundgedankens im Frobenius’schen Sinne recht vorsichtig zu beurteilen. Gerade für sie liegen weniger komplizierte Entstehungsursachen viel näher, wie ich früher bereits ausgeführt habe. Alle Schwierigkeiten werden nun behoben, wenn man von dem dunklen Gebiete der Weltanschauungen, der transcendentalen Ideengänge, der Vorstellungen vom Leben nach dem Tode zurückgeht zu jenen einfacheren Trieben und Gedanken, die im täglichen Leben der primitiven Menschen wurzelnd sich unmittelbar aus deren Beschäftigungen, aus den materiellen Bethätigungen ergeben. Ich komme dann wieder auf den Schädelkult zurück, wie er entstanden ist aus der Freude, der Genugthuung, der dankbaren Erinnerung an errungenen Jagdtrophäen, und glaube an einen Zusammenhang zwischen ihm und den Tiermasken, insofern derselbe Gedankengang, der zur Niederlegung von Schädeln auf Trophäenpfosten und auf Gräbern führt, Anlass geben konnte, die be- treffenden Tiere bei Gelegenheit von Festen wieder zu beleben, wobei die Form dieser Rekonstruktion hier, wie überall, die Maske sein müsste. So erzählt Lenz°) »Es werden auch solche Tänze zur Freude über Jagdzüge etc. ausgeführt, auch Vermummungen kommen bei diesen !) Maskenwerk, 8. 194. ?) loc. citat. $. 88, 90 Tänzen vor, und ein Trupp von Fan, der mich einmal im Okande-Land aufsuchte, führte eine Reihe von schauerlichen Tänzen auf, bei denen sich der Mann durch Umhängen von Tüchern und Matten in alle möglichen wilden Tiere verwandelte und unter dem Jubelgebrüll seiner Landsleute äusserst groteske Bewegungen ausführte«. So wie hier nun die Tiere nachgebildet werden im Gefühl der Freude und des Triumphes nach glücklicher Jagd, so wäre es denkbar, dass eine gleiche Wieder- belebung stattfände auch dann, wenn der Schädel bereits die ursprüng- liche Bedeutung als Trophäe verloren und sie mit einer kulturellen ver- tauscht hat. Wenn man Schädel zur Ehrung der Verstorbenen auf die Gräber stellte, so war es nicht ausserhalb desselben Gedankenkreises, bei den Festen, die man zu Ehren des Verstorbenen feierte, bei den Tänzen, die man bei seiner Beerdigung aufführte, die Tiere wieder erstehen zu lassen in Masken. Damit würde auch die Verbindung von Ahnenfigur und Tiergestalt (Krokodil, Elefant) erklärt werden, als Ausdruck der Beziehungen, die den Verstorbenen auf der Jagd mit dem betreffenden Tiere verbanden. Dass eim Schädelkult in Kamerun existiert, geht aus einem im Februar 1898 an mich gerichteten Briefe des Herrn Dr. A. Plehn her- vor, in dem es heisst: »Fetische« im engeren Sinne, die eine Art Ver- ehrung erfahren, und zu deren Kult auch heute noch Menschenopfer oder vielmehr Verwendung frischer Schädel gehört, sind anderer Art... bei dem kürzlichen Tode des King Bell traten die Geheimbünde wieder lebhafter hervor, und verschiedene Morde in der ferneren Umgebung sind zweifellos auf Schädeljäger zurückzuführen, welche auf Betreiben von Geheimbündlern handelten, zu denen namentlich ältere Verwandte Bell’s gehören«. Dass dieser, das edlere Menschenwild benutzende Schädelkult von den Tiermasken zu trennen ist, spricht natürlich nicht gegen einen Ursprung der letzteren aus dem Gedankenkreise Jagdtrophäe - Tier- schädelopfer bezw. -aufbewahrung, für den die Voraussetzungen bewiesen werden durch eine Stelle bei Zenker (»Yaunde:, in Mitteilungen aus den Deutschen Schutzgebieten, Bd. 8, 8. 39): »Unter dem Dache werden auch Schädel von Kleinwild und verzehrten Hunden, oft in grosser Zahl angebracht; grössere Schädel werden auf das Dach gelegt, wie die von Büffeln, Antilopen, Schweinen und Affen, um dadurch den durchreisenden Fremden zu zeigen, dass der Besitzer dieses Weilers ein glücklicher und grosser Jäger ist. « Wie die Tiermasken aus dem Jagdtrophäen - Tanze, so erklären sich in demselben Sinne und in derselben Zwanglosigkeit die Idole des Kamerun-Hinterlandes, die Ahnenbilder mit den gehörmten Köpfen, wie unsere Figur 44 eines zeigt, wobei es freilich nicht ausgeschlossen wäre, dass hier ein noch direkterer Einfluss statthatte dank Hörnerhelme y1 oder Hörner-Kopfschmucke, die vom Sudan her nach Südwesten ins Kamerun-Gebiet vorgedrungen waren. Die zu Grunde liegende Idee bleibt dabei aber dieselbe. So scheiden von den beiden oben angenommenen Ausnahmen die Kamerun-Beispiele aus, und es bleibt uns nur die Kalabar-Provinz für die Möglichkeit übrig, dass in den Masken die sichtbaren Zeichen einer animalistischen Anschauung, die in den Tieren den Sitz der Ahnenseelen sieht, anzuerkennen sind. Was hier am meisten für eine derartige An- schauung spricht, sind die Übergänge zwischen Tier- und Menschenformen, die wir an Idolen des Nigerlandes — wie z. B. an dem in Fig. 65 abge- „bildeten — sehen, und zu denen auch wohl die Vorkommnisse weiter im Westen gehören, die Seidel erwähnt »Ganz besonderes Ansehen im Lande der Ephe geniesst Legba, der Gott der sinnlichen Liebe Die Ohren gleichen denen der Rinder (oder wahrscheinlicher wohl Anti- lopen. D. Verf.) ... häufig treten am Kopfe noch Hörner auf und verstärken das stierähnliche Aussehen des Götzen.« Hierhin gehören ferner die plastischen Holzschnitzereien vom unteren Niger, von denen vorhin zwei Stücke in den Figuren 65 und 66 abgebildet wurden. Für einen einwandfreien Beweis genügt das jedoch nicht, und da es ein Analogieschluss wahrscheinlich macht, dass die Anschauungen nach Art und Entwicklungsgrad an dieser Stelle keine anderen sind, als sonst in den verwandten Gebieten, da weiterhin im Westen wieder Masken erscheinen, die sich den östlichen Vorkommnissen anschliessen (vergl. Fig. 11 und Fig. 25), so halte ich es auch für die Kalabar-Pıovinz zunächst für richtig, die Motive für die Hörnermasken in einem ursprünglich aus der Jagdtrophäe hervorgegangenen Schädelkultus zu suchen. Für die nähere Ausführung und Begründung dieses Gedankens ‚fehlen mir jedoch die thatsächlichen Unterlagen. Wenn ich hiermit meine Untersuchung der afrikanischen Hörner- maske vorläufig schliesse, so thue ich es im Bewusstsein, bei Weitem nicht alle Tiefen des Problems erschöpft zu haben, aber freilich in der Überzeugung, dass man augenblicklich nicht viel weiter wird kommen können, sollen die Schlussfolgerungen auf. sicherer Grundlage stehen bleiben. Die wesentlichsten Ergebnisse scheinen mir zu sein, dass eine neue Fülle von Thatsachen den Warnungen vor der Annahme allzu 92 komplicierter Vorstellungen als Grundmotive der Masken Recht giebt; dass statt totemistischer und animalistisch-animistischer Anschauungen auf der einen Seite für die strohgeflochtenen Masken mit echten Hörnern sowie für die Gesichtsmasken mit in Holz nachgeahmten Hörnern die unmittelbaren Vorbilder gefunden worden sind in der Hörnertrophäe des Kriegers, auf der anderen Seite für die Tiermasken die Jagd-Schädel- trophäe als Ausgangspunkt der Sitte wie der Maskenform durch eine kritisch vergleichende Untersuchung des Materials als im höchsten Grade wahrscheinlich erkannt wurde. Endlich hat sich die anfängliche Ver- mutung, aus der Form der Masken Aufschluss erhalten zu können über Entstehung und Bedeutung der Maskensitte überhaupt, als eine — wenn auch auf beschränktem Gebiete — zutreffende erwiesen. Dort wie hier sind wir, wie ich glaube, einen Schritt weiter gekommen in der Ergründung des so schwierigen und so dunklen Kapitels der Ethnologie, das die »Maskenkunde: als Überschrift trägt. m — x FSeenpsneomn DDyDyDyDyDyyDyBHHTE a SSSFrEnNH-Spansurwm 95 Verzeichnis der Abbildungen. Tanzmaske aus Kamerun Tanzmaske aus Kamerun Tanzmaske aus Kamerun Maske aus Kamerun . : Ekongolo-Maske aus Kamerun Ekongolo-Maske aus Kamerun Maske aus Kamerun . R Njati, Maske aus Kamerun . Njati, Maske aus Kamerun . Maske aus Alt-Calabar Maske aus Tiassal6 . Masken aus Senegambien Maske aus Senegambien Maske der Wadumbo Maske der Bakuba . Maske aus Loango . Mukisch-Maske der Kioke Maske vom unteren Niger Maske aus Neu-Calabar Maske von der Guinea-Küste . Maske aus Akkra oder Grebo-Maske Maske aus Westafrika Maske aus Tiassal& Maske aus Senegambien Maske der Lussambo Maske der Wasära-Warua Yoruba-Maske Loango-Maske Maske aus Porto novo ; Maske unbekannter Herkunft . Schnitzwerk aus Issele am Niger . Seite 9 » 1) 10 10 11 12 12 12 12 13 14 15 16 16 17 17 18 18 18 19 19 20 20 21 22 23 24 24 24 24 30 94 Fig. 34. ı8. ae Haartrachten der Akkrä-Frauen . » 836. Lagosmaske . le En » 37. Maske aus Alt- lehren 2 B » 38. Haartracht eines Moschukulunbe & » 39. Haartracht eines Mrua „, » 40. Bronzeplatte aus Benin 41. 2 5) Haartrachten aus Ngaumdere , » ds » 43. Neger aus Dahomey . » 44. Schnitzwerk der Bali. » 45. Harfe der Njam-Njam » 46. Musikinstrument der Bongo . » 47. Kopf Amenhotep's II. . » 48. Krieger aus Unyoro » 49. ; N Neger aus Uganda . » 51. Neger aus M’'ruli. » 52. i n Kawirondo-Neger. » 54. Hut der Schilluk » 55. Mandingoneser 6. A R 2a. Beninbronzen » 57.J 58. N o \ Beninbronzen » 59.J » 60. Baluba- Fetisch » 61. Helm aus Katon . » 62. | © \ Votivpfähle aus Madagaskar » 63./ » 64. Grabpfahl der Bongo > (0% \ 66.J Idole vom Niger . —.0. . Seite 32 34 34 35 35 40 41 42 45 52 56 57 60 60 60 61- 95 Bericht der Geographischen Gesellschaft über das Jahr 1900. Das Jahr 1900 hat die Zahl der Mitglieder von 139 auf 141 erhöht. Gestorben ist Herr Kaufmann H. J. Brüggen, ausgetreten Herr Hauptlehrer Koch, eingetreten dagegen sind die Herren Rudolph Fromm, A. Schweighoffer, Prof. Jorns und Major a. D. Schaumann. Aus dem Vorstande schieden der langjährige Vorsitzende, Herr Professor August Sartori, und Herr Prof. Dr. Freund aus. An ihrer Stelle wurden Herr Direktor Dr. Müller und Herr Dr. Karutz gewählt. Herr Professor Sartori wurde zum Ehrenvorsitzenden ernannt. Kassen -Revisoren waren Herr Consul Scharff und Herr Prof. Dr. Lenz. Die Gesellschaft versammelte sich, ausser zu den wie sonst regel- mässig an den Freitagen stattfindenden Herrenabenden, zu einer ausser- ordentlichen und sechs ordentlichen Sitzungen, in denen folgende Vorträge gehalten wurden: Am 19. Januar: Herr Dr. Hahn »Über den internationalen Geographen - Kongress in Berlin.« Herr Prof. Sartori »Über die Tatra.« Am 23. Februar: Herr Peters »Über die Buren.« » Über die Negerbevölkerung in den Vereinigten Staaten. « Am 25. März: Herr Dr. Dade »Über Akklimatisierung, ihre Bedingungen und Aussichten. « Am 25. Mai: Herr Oberlehrer Schneermann »Im Bairischen Hochlande.« .96 Am 9. November: Herr Dr. Karutz »Ansichten aus Venezuela.« »Über bisher unbekannte Waffen aus Deutsch- Togo. « »Über schottischen Aberglauben.« Am 21. Dezember: Herr G. Werner »Von Oberammergau zum Ortler.« Herr Dr. Schulze »Mitteilungen aus Briefen eines Vielgereisten.« Am 17. November fand eine ausserordentliche Versammlung im grossen Saale der Gesellschaft z. B. g. Th. statt, zu der die Mitglieder der Gesellschaft und diejenigen der Lübecker Abteilung der Deutschen Kolonialgesellschaft nebst ihren Damen eingeladen waren. In ihr sprach Herr Prof. Erich v. Drygalski über den Plan und die Aufgaben der Deutschen Südpolar-Expedition. Die Geographische Gesellschaft hat mit Beihülfe der Firmen W. L. Behncke, Lange & Scharff, H. J. Schultz, Massmann & Nissen der Expedition 500 Flaschen Rotwein zur Verfügung gestellt. Auch von den drei Konserven-Fabriken Charlotte Erasmi, G. €. Hahn & Co., Lübecker Conservenfabrik vorm. D. H. Carstens ist der Expedition eine Zuwendung ihrer Erzeugnisse gemacht worden. An Geschenken gingen ein: 1. «Das Museum zu Lübeck«, Festschrift zum 100jährigen Be- stehen der Lübecker Sammlungen. 2. Dr. Schaper »Die erdmagnetischen Elemente für Frank- furt a. M.< 3. Dr. Karutz »Knochengeräte von den Anachoreten.« »Zur Ethnographie der Basken.« »Zur Ethnographie der Matty-Insel.« 4. A. Pauli »Aus meinem Reiseleben.« EN 5. »Report of the Census of Cuba 1899« vom War Department in Washington. Die Gesellschaft hat den Kreis ihres Schriftenverkehrs erweitert um den Omithologischen Verein der Stadt München und die Gesellschaft für Erd- und Völkerkunde in Giessen, sie selbst hat das 14. Heft der zweiten Reihe ihrer »Mitteilungen der‘ Geographischen Gesellschaft. und des Naturhistorischen Museums in Lübeck« herausgegeben, das Beiträge der Herren stud. med. Ranke, Prof. Dr. Friedrich, Major v. Kosehitzky, Dr. Karutz enthält. 97 Verhandlungen der Geographischen Gesellschaft. 131. ordentliche Versammlung am 9. November 1900. Die erste, zahlreich besuchte Versammlung der Gesellschaft in diesem Winter wurde von dem Vorsitzenden, Herrn Direktor Dr. Müller, mit einer längeren Ansprache eröffnet, im der er auf die inzwischen ein- getretenen Veränderungen im Vorstande hinwies und mit warmen Worten der grossen Verdienste des früheren langjährigen Vorsitzenden, nun- mehrigen Ehrenvorsitzenden, Herrn Prof. Sartori, gedachte. Der Vor- sitzende teilte dann mit, dass die Gesellschaft ein Mitglied, Herrn Brüggen, durch den Tod verloren hat, dass ihr dagegen Herr Fromm und Herr Schweighoffer als neue Mitglieder beigetreten sind. Vorgelegt wurde das neue Heft der »Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft und des Naturhistorischen Museums«, das Beiträge von den Herren stud. med. Ranke, Prof. Dr. Friedrich, Dr. Karutz, Major v. Koschitzky enthält; sowie ein vom norwegischen Kultusministerium geschenktes Werk. Darauf hielt Herr Dr. Karutz die angekündigten Vorträge. Er legte zuerst zehn von Herın Apotheker Scherling in Ciudad Bolivar geschenkte Photographien vor, die Landschaften und Volkstypen aus Südost-Venezuela darstellen, gab dazu einige ethnographische Erläuterungen und ging vor- nehmlich auf die seit der Entdeckung Amerikas oft ventilierte, durch Karl v. d. Steinen gelöste Karaibenfrage ein; er zeigte ferner einige Bogen und Pfeile aus Deutsch-Togo, deren bisher völlig unbekannte Formen uns wertvolle Aufschlüsse über die Beziehungen der alten Togo- bevölkerung zu den centralafrikanischen Waldstämmen liefern, und demonstrierte schliesslich eine schottische Rachefigur (corp ereadh) aus dem Museum für Völkerkunde, die Gelegenheit zur Besprechung allgemein- fetischistischer, alter und neuer abergläubischer Vorstellungen und Ge- bräuche gab. 98 Ausserordentliche Versammlung am 17. November 1900. In der ausserordentlichen Versammlung am 17. November, zu welcher der grosse Saal der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Thätig- keit die Mitglieder der Geographischen Gesellschaft mit den eingeladenen Mitgliedern der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Thätigkeit und der Lübecker Abteilung der Deutschen Kolonialgesellschaft nebst ihren Damen vereinigte, hielt Herr Prof. Erich v. Drygalski den angekündigten Vortrag über den Plan und die Aufgaben der Deutschen ' Südpolarexpedition. Redner verstand es, durch die vortreflliche Klarheit seiner Darlegungen in der zahlreichen Zuhörerschaft das interessante und bedeutende Werk zur lebendigen Anschauung zu bringen, dessen Leitung er übernommen, dessen Durchführung ihn Jahre lang im Eise des Polar- meeres festhalten, und über dessen wissenschaftliche Ergebnisse er uns nach seiner Rückkehr hoffentlich selbst wieder Bericht erstatten wird. Von Lichtbildern unterstützt, besprach Herr v. Drygalski Construktion und Einrichtung des in Kiel für die Expedition im Bau befindlichen Schiffes, er setzte den Reiseplan auseinander, nach dem die Fahrt über Kapstadt nach den Kerguelen geht, von hier aus gegen den magnetischen Südpol vorgedrungen, später über das Weddelmeer die Rückreise ange- treten werden soll, und erörterte eingehend diemannigfachen geographischen, geologischen und biologischen Aufgaben, die seiner harren. Gleichzeitig mit der deutschen — vom Reichstage bewillisten — Expedition wird eine englische von Neuseeland aus die gleichen Ziele verfolgen; eine schottische und eine schwedische sind ausserdem in Vorbereitung. Wir wünschen dem schon in Grönland so sehr bewährten Gelehrten einen vollen Erfolg und eine glückliche Heimkehr. 132. ordentliche Versammlung am 21. Dezember 1900. Der Vorsitzende, Herr Direktor Prof. Dr. Müller, teilte mit, dass 1. als neue Mitglieder der Gesellschaft beigetreten sind Herr Prof. Jorns und Herr Major Schaumann, dagegen ausgetreten ist Herr Ober- lehrer Koch, 2. der Ornithologische Verein der Stadt München und die Gesellschaft für Erd- und Völkerkunde in Giessen in Schriftenaustausch mit der Gesellschaft getreten sind, 3. von dem War-Department im Washington eingegangen ist »Report on the Census of Cuba 1899, 99 4. die Geographische Gesellschaft unter der gütigen Beihülfe der Firmen W. L. Behncke, Lange & Scharff, H. J. Schultz, Massmann & Nissen der Expedition des Herın v. Dıygalski etwas mehr als 500 Flaschen Rotwein gestiftet, und die drei Konserven-Fabriken Charlotte Erasmi, G. €. Hahn & Co. und die Lübecker Konservenfabrik zu dem gleichen Zwecke für 300 Mark Konserven zur Verfügung gestellt haben. Darauf hielt Herr G. Werner seinen angekündigten Vortrag »Von Oberammergau zum Ortler«. Vortragender, der die Passionsspiele seit 1570 regelmässig besucht hat, gab interessante Vergleiche zwischen den damaligen und den heutigen Verhältnissen von Oberammergau und schilderte dann mit plastischer Anschaulichkeit und warmem Enthusiasmus seine Wanderungen durch die bairischen und Tiroler Alpen. Photographien und Karten unterstützten die Darstellung des Redners. Herr Direktor Dr. Schulze nahm dann das Wort zu dem zweiten Vortrage des Abends »Mitteilungen aus Briefen eines Vielgereisten«. Schicksal und Abenteuerlust haben den Schreiber der Briefe erst nach Guatemala, dann nach fast allen andern mittelamerikanischen Republiken, nach Westindien, endlich als Soldat der Union nach Kuba, in die Ver- einigten Staaten und nach den Philippinen verschlagen; die an den Vortragenden selbst gerichteten Briefe — mochten sie die Leiden und Freuden des Plantagenbeamten, die Interna der nordamerikanischen Militärverhältnisse oder das Leben an Bord der Truppen-Transportschiffe schildern — wirkten durch die Unmittelbarkeit der Eindrücke, die Schärfe der Beobachtung und den Humor der Darstellung ausserordentlich anregend. 133. ordentliche Versammlung am 25. Januar 1901. Die sehr stark besuchte Versammlung wurde von dem Vorsitzenden - der Gesellschaft, Herrn Direktor Dr. Müller, mit der Mitteilung eröffnet, dass der Gesellschaft als Mitglied beigetreten sei Herr Lehrer Westphal, ausgetreten dagegen Herr Dr. Theodor Hach. Die Geographische Gesellschaft zu Lissabon hat das Ableben ihres Vorsitzenden angezeigt. Dann hielt Herr Oberlehrer Dr. Zillich den angekündigten Vortrag: »Auf dem Mont-Saint-Michel en mer (Normandie)«. Vortragender besuchte diesen interessanten, historisch bedeutungsvollen und landschaft- lich hervorragenden Berg von St. Malo aus, wohin ihn eine über England angetretene Reise nach den Kanalinseln führte, im Sommer des vorigen Jahres. Eine geschichtliche Übersicht über die auf dem Berge erbaute Abtei und eine durch Abbildungen unterstützte eingehende Beschreibung ihrer einzelnen Teile waren neben der freundlichen. Schilderung von mi ‘ 100 Reiseerlebnissen der Gegenstand des fesselnden Vortrages. Eine kurze Diskussion über Flugsand- und Springflut- Verhältnisse an der norman- nischen Küste schloss sich an. Darauf nahm Herr Prof. Sartori das Wort zu dem zweiten Vortrage des Abends und schilderte nach einem Artikel m »Le Tour du monde« einen Ausflug nach Piemont. Unser Herr Ehrenvorsitzender lieferte damit wiederum einen Beweis seiner ungeschwächten Teilnahme für die Gesellschaft. 134. ordentliche Versammlung am 22. Februar 1901. Vorsitzender: Direktor Dr. Müller. 1. Mitteilungen: Herr Fabrikant Wengenroth ist aus der Gesellschaft ausgetreten, neu eingetreten Herr Nottebohm. 2. Eingänge: Dr. Karutz: »Weitere Bemerkungen zur Ethnographie der Matty-Insel.« Sonderabdruck aus dem Intern. Archiv für Ethnographie. Derselbe: »Eim Pangkoh der Dajaken«, Sonderabdruck a. d. »Globus«. Statistisches Album der portugiesischen Übersee - Bisenbahnen. Topographische Karte des nordwestlichen Argentiniens. Schreiben des Herrn Ministers Dr. Klügmann, betr. Zusendung der Berichte über das Gouvernement Kiautschou. 3. An Stelle des aus dem- Vorstande ausscheidenden Herrn Major v. Koschitzky, dem der Vorsitzende den Dank der Gesellschaft für seme Thätigkeit ausspricht, wird Herr Oberlehrer Dr. Ohnesorge gewählt. oO h) {o) oO 4. Der Jahresbericht für 1900 wird verlesen und genehmigt, ebenso die von den Revisoren für richtig befundene Abrechnung. 5. Herr Prof. Küstermann verliest den Bericht der Sektion für erdmag- netische Beobachtungen über ihre Bemühungen um Erhaltung der Station (s. u.). Die Gesellschaft nimmt einstimmig folgende Anträge an: a) Die Sektion für erdmagnetische Beobachtungen wird zum 31. März ds. Js. für aufgelöst erklärt. b) Die dann im Besitz der Sektion befindlichen Gelder sind von der Geogr. Gesellschaft zinstragend zu belegen und als ein besonderer Fonds für wissenschaftliche Zwecke, an erster Stelle für periodisch nach je etwa 10 Jahren stattfindende Wiederholungen der Schaper- schen erdmagnetischen Landesvermessung der Umgebung von Lübeck, zu verwalten. 6. 101 c) Das astronomische Universalinstrument wird, unter Vorbehalt des Eigentumsrechtes der Geogr. Gesellschaft, dem Katharineum über- wiesen. b) Das Exner’sche Elektrometer wird der staatlichen Realschule, das Seismometer nebst zugehöriger Uhr der Navigationsschule zu Eigentum überlasen. e) Das Reiseinstrument und der Erdinduktor werden Herrn Direktor Dr. Schaper in Meiningen vorbehältlich des Eigentumsrechts der (Gesellschaft und unter der Bedingung zur Verfügung gestellt, dass die Instrumente zurückzuliefern sind, sobald sie von der Eigen- tümerin zu eigenem Gebrauche zurückgefordert oder von Dr. Schaper nicht mehr zu wissenschaftlichen Zwecken benutzt werden. f) Die sonst noch vorhandenen, für erdmagnetische Beobachtungen bestimmten kleineren zumeist von dem früheren Leiter und von Ausschussmitgliedern der Station selbst angefertigten Apparate gehen in den. Besitz des Herrn Dr. Schaper über. “= Die auf die erdmagnetische Sektion bezüglichen Schriften sind dem Vorsitzenden der Geogr. Gesellschaft, die im Besitz der Sektion vorhandenen Gelder dem Kassenführer der Geogr. Gesell- schaft bis zum 31. März 1901 auszuliefern. Der Vorsitzende spricht im Namen der Gesellschaft den Herren der Sektion den Dank für ihre Arbeiten aus und bittet die Anwesenden, sich zum Zeichen der Zustimmung von ihren Sitzen zu erheben. (Geschieht.) Er verliest ferner ein Schreiben der Handelskammer, die dem Vorsitzenden der Sektion, Herrn Prof. Küstermann, gleich- falls ihren Dank übermittelt. Herr Dr. Karutz legt einige Proben afrikanischen Eisengeldes, seltene Stücke vom Sansha und Gabun, sowie einen Tintenfisch- Köder aus Tonga vor und erwähnt kurz die Stellung des Octopus in der poly- nesischen bezw. samoanischen Mythologie. Der von Herrn Direktor Dr. Schaper in Meiningen übersandte Vortrag »Eine Besteigung des Gross-Glockners«, den der Verfasser verhindert war selbst hier zu halten, kommt zur Verlesung. Einige Lichtbilder gaben die schönsten Gletscherpartien wieder. 102 Bericht der Sektion für erdmagnetische Beobachtungen. Anschliessend an den letzten Jahresbericht für 1896 erlaubt sich der Vorstand der. Sektion für erdmaenetische Beobachtungen, der (eographischen Gesellschaft folgende Darlegungen über seine Bemühungen für den Fortbestand der Station und das Scheitern derselben, sowie seine Vorschläge für die Abwicklung der Angelegenheit zu unterbreiten. Am 31. Januar 1897 richtete die Sektion für erdmagnetische Beobachtungen an den verehrlichen Vorstand der Geographischen Ge- sellschaft die Bitte, bei einem hohen Senate zu beantragen, als Beitrag zu den Kosten eines Neubaues der Station eine Summe von etwa 12000 M. zu bewilligen, eventuell behufs Förderung der Angelegenheit und für die Verhandlungen mit den in Betracht kommenden Instanzen eine Kommission zu ernennen. Am 12. April 1897 trat diese Kommission zu einer Beratung zu- sammen. Der Senat hatte Herrn Senator Bertling, die Geographische Gesellschaft ihren damaligen Vorsitzenden, Hermm Prof. Sartori, ab- geordnet. Aus Interesse an der Sache wohnte auch Herr Senator Dr. Fehling, als Direktor der Gesellschaft zur Beförderung gemein- nütziger Thätigkeit, mehreren Kommissionssitzungen bei. Senator Bert- ling teilte mit, dass der Senat durch den hanseatischen Bundes- bevollmächtigten, Herrn Dr. Klügmann, die Marinebehörde sondiert habe, ob nicht von Reichswegen für die Errichtung einer neuen Station ein einmaliger Beitrag zu erlangen wäre. Es sei die Antwort gekommen, dass dazu. jedenfalls eine warme Befürwortung des Wirkl. Geh. Ad- miralitätsrats Herrn Dr. Neumayer Vorbedingung sei. Senator Bertling und Dr. Schaper reisten darauf nach Hamburg, brachten aber die Nachricht zurück, dass man nach Neumayers Ansicht von Seiten des Reiches keine Beihülfe erhoffen dürfte, da die einzelnen erdmaenetischen Stationen prinzipaliter als Sache der Einzel- staaten betrachtet würden. Neumayer habe gememt, ob denn nicht bei wohlhabenden Lübeckern eine Geldunterstützung für ein der Stadt zur Ehre gereichendes wissenschaftliches und der Schiffahrt nützliches Unternehmen zu finden wäre, Schritte, die in dieser Richtung unternommen wurden, hatten nicht den gewünschten Erfolg. Von einigen Seiten wurde hervorgehoben, dass augenblicklich der im Bau begeriffene Kanal und seine demnächstige Fruchtbarmachung das Hauptinteresse des Staates und der Kaufmann- 103 schaft in Anspruch nehme, von anderer Seite wurde bemerkt, dass die in Aussicht genommene Baustelle an der Ratzeburger Allee wahrscheinlich durch die geplante Schlutuper Bahn störend beeinflusst werden würde und dass der Bestand der Station überhaupt einzig an die Person unseres Dr. Schaper gebunden sei. Man beschloss, die Sache einstweilen ruhen zu lassen, einen günstigeren Zeitpunkt abzuwarten, inzwischen nach einer passenderen Baustelle Umschau zu halten und während dessen das Interesse der Lübecker für unsere Sache durch Wort und Schrift rege zu erhalten. Unterdes wurde Herr Geh. Rat Prof. Dr. v. Bezold, Direktor des königl. preuss. meteorologischen Institutes, gebeten, sein sachverständiges Urteil darüber abzugeben, ob unsere durch den Kanalbau und die elektrische Strassenbahn zur Unthätigkeit verurteilte Station nach ihren bisherigen Leistungen es verdiene, erneuert zu werden, ob sich vielleicht die Möglichkeit darbiete, unsere erdmagnetische Station den preussischen Instituten in der Weise anzugliedern, wie unsere meteorologische Station dem preussischen Beobachtungsnetze eingefügt sei, und ob zum Neubau der Station vielleicht von seinem Institute eine Summe von etwa 6000 M. in Aussicht gestellt werden könnte. Bezolds Antwort lautete sehr entmutigend. Der Herr Geh. Rat teilte zunächst mit, dass nach den in Greenwich gemachten Erfahrungen elektrische Bahnen noch in einer Entfernung von 6—8 km auf erd- magnetische Beobachtungen störend einwirkten und kommt nach längeren Auseinandersetzungen zu folgendem Resultate: Ist es nicht möglich, in sehr grosser vollkommen einwandfreier Entfernung von Lübeck ein neues, verhältnismässig kostspieliges Observatorium für alle vorkommenden Untersuchungen zu errichten, so wäre es immer schon als ein Vorteil zu betrachten, wenn unter Verzicht auf streng korrekte absolute Werte in grösserer Nähe von Lübeck ein einfacheres Observatorium zu Studien- und Unterrichtszwecken vorhanden wäre, das sich gelegentlich auch an der magnetischen Detailforschung der Landesaufnahme beteiligen könnte Die Leistung eines Zuschusses zur Bestreitung der Kosten aus preussischen Staatsfonds muss als ausgeschlossen bezeichnet werden. So standen die Sachen um Michaelis 1898, als sich Dr. Schaper, dem Schöpfer und Leiter unserer erdmagnetischen Station, die Gelegenheit darbot, die Leitung des Herzogl. Realeymnasiums in Meiningen zu über- nehmen. Dass damit über unsere Anstalt das Todesurteil gesprochen war, ist einleuchtend. Wie sehr aber Schaper an diesen, für die Wissenschaft und die Nautik wichtigen Beobachtungen hing, und wie sehr er die seinem Lieblingsfach in Lübeck gewordene Unterstützung zu schätzen wusste, erhellt aus einem Briefe, m welchem er uns aus Meiningen schreibt: 104 »Es bleibt mir noch übrig, der angenehmen Pflicht des Dankes mich zu erinnern, den ich allen den Herren schulde, die sich seit fast 2 Jahr- zehnten in wahrhaft seltener Weise um den Erdmagnetismus in Lübeck bemüht haben, immer bereit, ihre kostbare Zeit und ihren stets be- währten Rat in den Dienst dieser Wissenschaft zu stellen. Ging es auch oft nicht so rasch und so durchgreifend, wie ich es gewünscht hätte, so muss ich jetzt, wo ich aus zeitlicher und räumlicher Ferne das Gesamtbild überschaue, sagen: Kein Erdmagnetiker konnte als Privatmann in einer andern Stadt oder Stellung so günstige Bedingungen für die Ausführung seiner Bestrebungen finden als ich sie in Lübeck angetroffen habe. Ich kamı allen Beteiligten, Behörden wie Personen, nur immer und immer wieder versichern, dass ich mich tief in ihrer Schuld fühle. Dass auch die Geographie sich der durch Lübeck erhaltenen För- derung wohl bewusst ist, ist aus Wagners Geographischen Jahrbüchern und aus Günthers Geophysik (2. Aufl.), wie aus den Verhandlungen des 8. Geographentages in Berlin ersichtlich; auch haben das ja bekannte Fachleute gelegentlich in Lübeck ausgesprochen. Ich füge dem nur hinzu, dass in all diesen Fällen mein Name zu stark hervorgehoben ist, und dass das Verdienst der Lübecker Freunde in auswärtigen Kreisen noch nicht nach Gebühr gewürdigt ist. Wer die Sachlage kennt, muss erstaunt sein, dass in einer Handelsstadt so viel Interesse für wissen- schaftliche Forschung lebt und sich bethätigt.« Der Vorstand der erdmagnetischen Station zögerte nach Schapers Weegange noch einige Zeit mit der Abfassung eines endgültigen Berichtes über die Station, noch immer die schwache Hoffnung hegend, das eine der jüngeren an unsere höheren Schulen berufenen Kräfte Schapers Werk wieder anfassen werde. Dass diese Hoffnung nicht in Erfüllung ging, ist nicht zu verwundern, da sich nur selten ein junger Physiker, welcher sich dem Lehrfach widmen will, den Erdmagnetismus als Lieblingsstudium erwählt, und da ein aussergewöhnlicher Mut dazu gehörte, eine Arbeit fortzuführen, an der Schaper verzweifelte, der von seiner Studienzeit her in der Erforschung des Erdmagnetismus seme Freude und Erholung fand. Müssen wir somit auf die Fortführung der Lübecker erdmagnetischen Station verzichten, so fragt es sich jetzt, was mit den vorhandenen Geld- mitteln und Apparaten geschehen soll. Herr Direktor Schaper, dem diese Fragen vorgelegt wurden, rät dringend, die vorhandenen Geldmittel (Anfang dieses Jahres 3030,82 M) der Geographischen Gesellschaft oder der Gesellsch. z. Beförd. gem. Thätigk. zu übergeben, damit die Mittel vorhanden sind, um etwa alle 10 Jahre in Lübeck und seiner Umgebung durch magnetische Beob- achtungen, die jedesmal 1 oder 2 Wochen in Anspruch nehmen dürften, festzustellen, wie sich während dieser Zeitperiode die erdmagnetischen Componenten in unserm Gebiete geändert haben. Hierdurch würden erst 105 die von Schaper mit so viel Mühe und Sorgfalt gewonnenen Resultate dauernden Wert bekommen, da ja der Hauptzweck aller erdmagnetischen Beobachtungen darin besteht, die Gesetze für die Änderungen des Erd- magnetismus kennen zu lernen. Schaper meint, wenn er selbst solche Vergleichsbeobachtungen der- einst nicht anstellen könne, so würde jedenfalls das Königl. Preuss. meteorologische Institut in Potsdam bereitwillig Beobachter zur Verfügung stellen, wenn nur Lübeck im Stande wäre, die daraus erwachsenden Kosten zu tragen. Unsere Instrumente für diesen Zweck aufzubewahren, würde aber keinen Nutzen haben, da dieselben inzwischen verrosten und verderben würden, und da ein fremder Beobachter lieber seine eigenen gewohnten Instrumente mitbringen würde, als sich mit ihm unbekannten, wenn auch gut erhaltenen Apparaten erst einzuarbeiten. Der Vorstand der Sektion kann Schapers Vorschlage, die vorhandenen Gelder für eine- spätere erdmagnetische Landesaufnahme aufzubewahren, nur von ganzem Herzen zustimmen, zumal dieselben von Senat und Bürgerausschuss, von der Handelskammer und der Gesellsch. z. Beförd. gem. Thätigk. ausdrücklich für erdmagnetische Beobachtungen bestimmt sind und also von uns nicht ohne weiteres für andere Zwecke verwandt werden dürften. Ausserdem hat Schaper gewiss recht, wenn er schreibt: »Es ist mir klar, dass die periodische Fortführung der erdmagnetischen Beobachtungen unterbleibt, wenn keine Stiftung an die Verpflichtung dazu erinnert und ihre Durchführung sichert. « Was soll dann aber mit unsern Instrumenten geschehen, die seit 1598 im Hause und Gartenpavillon der Gesellsch. z. Beförd. gem. Thätigk. aufbewahrt werden ? Den grössten Verkaufswert dürfte das im Jahre 1888 sehr preis- würdig für 680 fl. erworbene astronomische Universalinstrument von Pistor und Martin haben. Wir schlagen vor, dieses Instrument, welches auch Schaper früher schon benutzte, um seine Primaner mit astronomischen Beobachtungen bekannt zu machen, einstweilen dem Katharineum zu überweisen. Die Geographische Gesellschaft könnte sich ja das Eigentums- recht vorbehalten, um das Instrument später vielleicht einmal einem sich bildenden Vereine von Freunden der Astronomie oder einem anderen Institute zu gute kommen zu lassen. Noch kostbarer ist das 1891 von Diederichs in Göttingen für 1200 M. nach Schapers Angaben gebaute Reiseinstrument, welches Schaper für seine magnetische Landesvermessung gebraucht hat. Dieses Instrument befindet sich jetzt auf der Pariser Weltausstellung. Wir erhielten nämlich im August 1898 vom deutschen Reichskommissar Richter ein Schreiben, worin es hiess, dass die Sachverständigen- Kommission den grössten Wert darauf lege, dass das von der Firma Diederichs gefertigte Instrument für die Ausstellung zur Verfügung 106 gestellt würde. Nachdem sich dann Diederichs bereit erklärt, den Reise- apparat unentgeltlich wieder wie neu aufzuarbeiten und die Kommission für Mechanik und Optik die Kosten und die Sorge für den Transport nach Paris, für Aufstellung, Bewachung, Rücktransport und Versicherung übernommen hatte, rechneten wir es uns zur Ehre an, das Instrument für die Ausstellung herzugeben. So schön das Instrument nun auch ist, so würde 'es doch schwer zu verkaufen sein, da solche Apparate nur von wissenschaftlichen Insti- tuten angeschafft werden und die Leiter derselben stets das Allerneueste und Vollkommenste und zwar nach eigenen Ideen Gebaute zu haben wünschen. So meinte z. B. Schaper, dass auch an diesem verhältnis- mässig neuen Instrumente schon einige Änderungen gemacht werden müssten, wenn es dasselbe leisten solle, wie das neue Wild’sche Instrument. Genau dasselbe gilt von dem Erdinduktor, der 1394 von Diederichs in Göttingen für 478,55 M. angefertigt wurde. Die zahlreichen übrigen kleineren Apparate unserer Station, die zum Teil von uns selbst, zum andern Teile nach unseren Angaben von hiesigen Tischlern und Mechanikern angefertigt wurden, würden über- haupt nicht zu verkaufen sein. Um alle diese speziell für erdmagnetische Forschung angeschafften Apparate auch in Zukunft in den Dienst der Wissenschaft zu stellen, sieht der Vorstand der Sektion keinen andern Weg, als sie Schaper zur Verfügung zu stellen, der, wie er uns schreibt, in dem Falle, dass ihm diese Sachen zur Benutzung übergeben würden, in dem günstig gelegenen Garten neben seiner Amtswohnung und dem Realgymnasium in Meiningen ein »absolutes Häuschen« errichten und dort mit seinen alten lieben Magneten für den Wissenschaftszweig arbeiten würde, der nun einmal in seinem Leben eine ausschlaggebende Rolle spiele. Wir würden vorschlagen, mit Schaper abzumachen, dass die beiden kostbaren Apparate (das Reiseinstrument und der Erdinduktor) wieder an die Geographische Gesellschaft in Lübeck zurückgeliefert werden müssten, wenn sie nicht mehr von Schaper für erdmagnetische Unter- suchungen benutzt würden. Wie ernst es Schaper noch heute mit dem Erdmagnetismus meint, geht schon daraus hervor, dass er auch jetzt schon in Meiningen mit einem von der technischen Hochschule in Darmstadt hergeliehenen Wildschen Instrumente magnetische Messungen vornimmt. Vielleicht wäre es Schaper auch noch nahe zu legen, die mit unsern Instrumenten gemachten Beobachtungen, wenigstens auszugsweise, in den Mitteilungen unserer Geographischen Gesellschaft zu veröffentlichen. Hier sei auch noch erwähnt, dass der ungenannt bleiben wollende Hamburger Herr, welcher Schaper 1898 für den Bau einer neuen Station 500 M. zur Verfügung stellte, diese Summe nachträglich für magnetische 107 Beobachtungen in Meiningen bestimmt hat, an welche Stadt den Herrn noch Familienbeziehungen knüpfen. Diese Summe gedenkt Schaper für den Bau seines »absoluten Häuschens« zu verwenden. Ausser den bisher erwähnten Instrumenten besitzen wir dann ferner noch ein von Exner erworbenes Elektrometer zur Untersuchung der Luftelektrizität. Weil das Katharineum und auch Schaper bereits ein solches Instrument besitzt, so schlagen wir vor, dasselbe der Realschule anzubieten. Dann haben wir noch emen uns 1882 vom Reichspostamt über- wiesenen Seismographen und eine uns von der Geographischen Gesellschaft dazu bewilliste Uhr. Diese ist eigens für unsere Station gebaut worden und so ein- gerichtet, dass sie nicht nur für den Erdbebenanzeiger, sondern auch für die geplanten selbstregistrierenden magnetischen Instrumente dienen könnte. Die Uhr hat SO M. gekostet, würde aber für einen Privatmann, wie Uhrmacher Blanck, der sie geliefert hat, meint, nur 15 M wert sein. Wir glauben, dass beide zusammengehörige Apparate am ersten vom Katharineum nutzbar gemacht werden können und daher diesem zu überweisen wären. Nach dem letzten veröffentlichten Bericht der Sektion über das Jahr 1896 stand am 1. Januar 1897 ein Kassensaldo von 1991,43 M. zur Verfügung. Dazu kamen 1897 von der Stadtkasse 400 M., von der Handels- kammer 400 M. und 49,75 4. Zinsen, was als Einnahme 2841,18 M. ergab. Da die Ausgaben nur 32,20 M betrugen, schloss das Jahr mit einem Saldo von 2808,98 M. ab. \ Hierzu kamen 1898 aus der Stadtkasse 400 M. und 63,95 M. Giro- Zinsen. Von dieser Einnahme im Betrage von 3272,95 M. gingen an Ausgaben ab 14,65 NM, sodass am 1. Januar 1899 eine Summe von 3258,25 M. zur Verfügung stand. Dieses Saldo vermehrte sich im Laufe des Jahres 1899 nur um 81,44 M. Zinsen, woraus sich eine Einnahme von 3339,72 M. ergab. Hiervon mussten an Herrn Architekt Th. Sartori für Ausarbeitung von Entwürfen und Kostenanschlägen zum Bau eines neuen Observatoriums 300 M. und für eine Transportkiste und Porto 8,90 M gezahlt werden, sodass die Sektion am 1. Januar 1900 noch über eine Summe von 3030,82 M verfüste. Nach Darlegung der Verhältnisse erlaubt sich der Vorstand der erdmagnetischen Sektion seine Vorschläge in folgenden Sätzen zusammen- zufassen : 108 Wir ersuchen die verehrliche Geographische Gesellschaft ergebenst, 1. die vorhandenen Gelder zinsbringend als einen Fonds für . periodische Wiederholung der Schaperschen erdmagnetischen Landesvermessung zu verwalten, 2. das astronomische Universalinstrument, sowie das Seismometer nebst zugehöriger Uhr dem Katharineum zu überweisen, wobei sich die Geographische Gesellschaft in Bezug auf das Universal Eigentumsrecht vorbehält, 3. das Exnersche Elektrometer der hiesigen Realschule zur Ver- fügung zu stellen, 4. alle übrigen, speziell für erdmagnetische Beobachtungen be- stimmten Apparate Herrn Direktor Dr. Schaper für wissen- schaftliche Beobachtungen in Meinigen zukommen zu lassen, daran aber die Bedingung zu knüpfen, dass das Reiseinstrument und der Erdinduktor wieder an die Geographische Gesellschaft in Lübeck zurückzuliefern sind, wenn dieselben nicht mehr von Schaper für wissenschaftliche Messungen benutzt werden, nach Abwicklung dieser Dinge die Sektion für erdmagnetische Beobachtungen für aufgelöst zu erklären und 6. unserm Kassenführer, Herrn Senator Bertling, mitzuteilen, wem (S1} die Kasse der Sektion zu überantworten ist, und den unter- zeichneten Vorsitzenden anzuweisen, wohin die auf die Station bezüglichen Schriftsachen abzuliefern sind. Hiermit vor dem Abschlusse seiner siebzehnjährigen Thätigkeit stehend, ist es dem Vorstande der Sektion Bedürfnis, auch seinerseits allen Behörden, Körperschaften und einzelnen Personen, welche durch ihre liebenswürdige, opferbereite Unterstützung das ganze Unternehmen erst ermöglicht haben, seinen tiefempfundenen Dank zu sagen. Herrn Direktor Dr. Schaper aber, dem geistigen Urheber unserer Station, dessen Verdienste um die Erforschung des Erdmagnetismus von berufendster Seite voll gewürdigt werden, wollen auch wir, die wir per- sönliche Zeugen seiner selbstlosen, unermüdlichen, vor keiner Schwierigkeit zurückschreckenden Arbeit gewesen sind, an dieser Stelle unsere bewun- dernde Anerkennung zum Ausdruck bringen. Wir würden uns freuen, wenn die verehrliche Geographische Gesellschaft, auf unsere Vorschläge eingehend, es Schaper möglich machte, sein Lebenswerk, welches in Lübeck durch widrige Umstände unterbrochen wurde, in Meiningen zum Nutzen der Wissenschaft und Nautik weiter zu führen. Das würde ihm gewiss der angenehmste Dank von unserer Seite sein! Lübeck, 28. November 1900. Prof. Küstermann, Vorsitzender der Sektion für erdmagn. Beobachtungen. 109 135. ordentliche Versammlung am 29. März I901. Der Vorsitzende, Herr Direktor Dr. Müller, legte mehrere für die Bibliothek der Gesellschaft eingegangene Schriften vor, darunter die von Herrn Minister Dr. Klügmann geschenkten Berichte über die Entwickelung des Kiautschou-Gebietes. Dann hielt Herr W. Kohrs seinen angekündigten Vortrag über »Reisen in Norwegen«. Der Vortragende, der seit 15 Jahren Schweden und Norwegen nach allen Richtungen und auf jede Weise bereist hat, erzählte in liebenswürdiger und anschaulicher Rede von den Reiseverhältnissen, von Land und Leuten der nordischen Reiche und verbreitete sich im Besonderen über die Gegend am Svartis-Gletscher, etwa in Höhe des Polarkreises, die er im vergangenen Jahre durchstreift hat. Den anregenden Schilderungen von dem Leben dort oben an der schwedisch-norwegischen Grenze, von den Rentierherden und Lappenzelten, von den landschaftlich grossartigen und geologisch interessanten Gebirgs- formationen folgte eine kurze Diskussion. Herr Prof. Sartori besprach dann an der Hand einer ihm zuge- stellten Sammlung die Frage, ob es ein eigentlich lübeckisches Volkslied gäbe, wie solches von Hamburg und Bremen im Umlauf ist. In der nächsten Versammlung, im April, werden Herr Peters und Herr Werner sprechen. 136. ordentliche Versammlung am 26. April 1901. Die letzte der regelmässigen Winterversammlungen, die denselben guten Besuch aufwies, wie alle früheren, wurde vom Vorsitzenden, Herrn Direktor Dr. Müller, mit einem Bericht über den Stapellauf des Schiffes der Deutschen Südpolarexpedition eröffnet, dem er als Vorsitzender der Gesellschaft auf der Howaldt-Werft in Kiel beigewohnt hat. Die Gesell- schaft wird Ende Juni eine gemeinsame Falırt nach Kiel zur Besichtigung des Schiffes unternehmen. Nach einigen geschäftlichen Mitteilungen des Vorsitzenden nahm dann Herr B. Peters das Wort zu seinem Vortrage über »Reiseschilderungen und Eindrücke aus. Italien und der -Riviera«, der namentlich persönliche Erlebnisse und durch subjektives Urteil unmittelbar wirkende Beschreibungen aus Florenz, Rom, Neapel, Genua, Montecarlo und Nizza brachte. Zahlreiche Karten, Pläne, Photographien und Mappen mit den bekannten und doch immer wieder neuen herr- lichen Bildern von den klassischen Stätten antiker Kultur erhöhten noch wesentlich das Interesse an dem liebenswürdigen Vortrage. u +! ) IE A Mitteilungen —» der Geographischen Gesellschaft Naturhistorischen Museums in LÜBECK. Herausgegeben Re INsg/E vom Redaktions-Ausschuss. ya nal Mı Zweite Reihe. Heft 16, \ ® U — = auf @ T Lübeck. ZübcEe & Nöhring. 1902. Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft und des Naturhistorischen Museums LÜBEOK. Herausgegeben vom Redaktions-Ausschuss. Zweite Reihe. Heft 16. a Lübeck. Lübbecke & Nöhring. 1902, NEBAuNDSsaR * = \ \ “u ash a te Ir n NEAR EN Te En I: A m RM A: a \ v 4 ; N ; “ j \ N Inhaltsverzeichnis. Dr. Rudolf Struck. Der Verlauf der nördlichen und südlichen Haupt- moräne in der weiteren Umgebung Lübecks, mit 1 Karte . Prof. Dr. P. Friedrich. Der Untergrund von Oldesloe nebst einer kurzen Darstellung der Geschichte der ehemaligen Saline, mit 2 Tafeln . Bericht der Geographischen Gesellschaft über das Jahr 1901 Verhandlungen der Geographischen Gesellschaft vom November 1901 bis April 1902 Bericht des Naturhistorischen Museums über das Jahr 1900 e = Pi = = = = 1901 Bericht des Museums für Völkerkunde über das Jahr 1900 z z z z z z z z 1901 Mitgliederverzeichnis Een \ : Verzeichnis der Gesellschaften, Vereine, Redaktionen, mit denen die Geographische Gesellschaft in Lübeck im Schriftenaustausch steht Verzeichnis der Eingänge für die Bibliothek Verzeichnis der im Abonnement gehaltenen Zeitschriften etc. Re Der Verlauf der nördlichen und südlichen Hauptmoräne in der weiteren Umgebung L.übecks. Von Dr. Rudolf Struck Lübeck. 2 m > 9 I — ae j % h IE ee >; | g R : x 3 2 B R Y ee - , & i i ZIEH “ h 5: 4 ; D Nachdem seit dem Jahre 1887 durch Mitglieder der preussischen geologischen Landesanstalt u. A. durch Berendt, Wahnschaffe, Schröder und Keilhack gewisse Bodenbildungen Preussens als Endmoränen erkannt und hinsichtlich ihrer äusseren und inneren Aus- bildungsweise und ihrer Verbreitung auf das Eingehendste untersucht und bekannt gemacht worden waren, beschrieb 1894 E. Geinitz!) vier in Mecklenburg von ihm entdeckte Endmoränen, von denen er zwei, die besonders scharf und zusammenhängend entwickelt waren, als nördliche und südliche Hauptmoräne bezeichnete. Von diesen beiden Endmoränen, welche durch Mecklenburg hindurch im Allgemeinen in der Richtung von SO nach NW und in einem Abstande von 30 Kilometer von einander auf dem nördlichen und südlichen Rande der Seenplatte verlaufen, verfolgte Geinitz die nördliche bis zum Nord- ufer des Dassower Sees; die südliche bis in die südöstliche Umgebung von Mölln (Gudow, Lehmrade). Zwei Jahre später (1896) zeigte Gottsche°), dass auch in Schleswig- Holstein Endmoränen vorhanden seien, indem er einen 240 Kilometer langen, von der dänischen Grenze bis zur Lübecker Bucht bei Süsel sich erstreckenden Endmoränenzug nachwies. Wiewohl es nun angesichts der Bedeutung, welche die Endmoränen für die Gestalt und die Beschaffenheit der Oberfläche des norddeutschen Flachlandes haben und bei dem grossen Interesse, welches denselben von seiten der geologischen Wissenschaft in den letzten Jahren entgegen- gebracht worden ist, nahe gelegen hätte, einerseits dem Verlaufe der südlichen Hauptendmoräne durch Lauenburg und Holstein hindurch und andrerseits dem der nördlichen Hauptendmoräne zwischen den beiden Punkten, wo die genannten Gelehrten ihre Untersuchungen abgeschlossen hatten, nachzuspüren, so waren doch bisher in dieser Hinsicht, wiewohl es an Anregungen hierzu nicht gefehlt hatte?), keine eingehenderen Untersuchungen angestellt worden. !) Die Endmoränen Mecklenburgs, in Mitteilungen aus der grossh. Mecklenburg geologischen Landesanstalt. 1894. 2) Die Endmoränen und das marine Diluvium Schleswig-Holsteins. 1. ®) Beiträge zur Geologie Lübecks, von Dr. Friedrich. Festschrift zur 67. Ver- sammlung deutscher Naturforscher und Aerzte. 4 Im vorigen und in diesem Jahre unterzog ich mich, nachdem schon mehrere Jahre hindurch in der Lübeckischen Enclave Nusse befindliche Endmoränenreste mein Interesse erregt und mir den Gedanken, dem Zusaınmenhange derselben mit dem Geinitz’schen Zuge nachzuforschen, nahe gelegt hatten, dieser Aufgabe. ; Die Ergebnisse meiner Beobachtungen habe ich bereits in einem auf der Hamburger Naturforscher-Versammlung dieses Jahr gehaltenen Vortrage!) kurz erörtert und möchte ich dieselben jetzt nochmals in erweiterter Form in diesen Mitteilungen bekannt geben. Ehe ich mich aber meinem eigentlichen Thema zuwende, halte ich es nicht für unangebracht, kurz die Merkmale anzuführen, welche dem Stande der neueren Forschung entsprechend zur Zeit das Wesen einer Endmoräne in massgebender Weise charakterisieren. Anfänglich galt, wie aus der Litteratur hervorgeht ?), das zug- und wallartige Auftreten von Blockpackungen (Geschiebepackungen) als einzige charakteristische Eigentümlichkeit einer Endmoräne, und suchte man hiernach zunächst im Wesentlichen den Verlauf einer solchen festzustellen. Auch den erwähnten, Schleswig-Holstein durchquerenden End- moränenzug, legteGottsche hauptsächlich nach diesem Merkmale, welches er gleichfalls als das eigentlichste Kennzeichen einer solchen Bildung ansah, fest. Er berücksichtigte hierbei aber gleichzeitig noch eine andere Form der Endmoräne, welche man in der Folge kennen gelernt hatte, und die dadurch charakterisiert wird, dass die sie bildenden Blöcke und Felsen nicht zu Wällen und Kuppen aufgeschüttet und aufgetürmt, sondern über eine grössere Fläche hin ausgebreitet wurden (Bestreuung, Beschüttung), in umfangreicher Weise. Ausser diesen » Aufschüttungsmoränen« kommen, wie Schröder) einige Zeit später zeigte, ferner Endmoränen vor, welche aus steil empor- gepressten Schichten des Untergrundes (aus Geschiebemergel sowohl wie aus dessen Ausschlämmprodukten: Thonen, Mergelsanden, Sanden und Granden von verschiedenster Korngrösse) bestehen, die häufig, aber nicht immer von einer dünnen Decke von Blöcken bedeckt sein können. Diese »Staumoränen« gehen häufig in Aufschüttungsmoränen und Bestreu- D) Vgl. das Referat über denselben im Centralblatt für Mineralogie ete. No. 22. 1901. *) Wahnschaffe, die Ursachen der Oberflächengestaltung des norddeutschen Flachlandes. 1901. pag. 138 und 157. Keilhack, die Stillstandslagen des letzten Inlandseises etc. im Jahrbuch der preussischen geolog. Landesanstalt für 1898. pag. 96. Schröder, Aufschüttungsformen des Inlandeises. Jahrbuch der preuss. geolog. Landesanstalt für 1897. pag. 89. ®) H. Schröder, Endmoränen in der nördlichen Uckermark und Vorpommern. (Zeitschr. d. deutschen geolog. Ges. 1894, S. 293—301.) 5 ungsgebiete über, und nicht selten hat man Gelegenheit zu beobachten, dass Aufschüttung und Stauchung vereint bei der Schaffung der End- moränen thätig gewesen sind. Weitere Forschungen, die in Ostpreussen u. A. durch Gagel') und Müller?), und in Westpreussen u. A. durch G. Maas?) angestellt wurden, ergaben endlich das Resultat, dass daselbst in einzelnen Gebieten Endmoränen auftreten, welche nicht aus Geschiebepackungen bestehen, sondern deren einzelnen Teile (Kuppen oder Rücken) einerseits nur durch Grundmoräne (den oberen Geschiebemergel), andrerseits -durch dessen Ausschlämmprodukte (Sande, Grande, Kiese, T'hone) und zwar wiederum durch jede dieser Bildungen allein für sich, oder gleichzeitig durch verschiedene derselben gebildet werden. In seiner Arbeit über die Endmoränen Schleswig-Holsteins (Bd. I. S. 10) gab Gottsche eine Zusammenstellung über die Grössenverhältnisse und die allgemeine Erscheinungsweise — die äussere und innere Ausbildungs- weise — der Endmoränen in verschiedenen Ländern. Vergleicht man hinsichtlich der Letzteren die norddeutschen End- moränen mit den von Gottsche angeführten (skandinavischen, amerika- nischen u. s. f.) so sieht man, dass jetzt, wie aus den mitgeteilten Ergebnissen der neueren Forschungen hervorgeht, keine wesentlichen Unterschiede mehr zwischen diesen und jenen bestehen. *) — I. Der Verlauf der südlichen Hauptendmoräne im Lauenburgischen und im südlichen und mittleren Holstein. Es war anfänglich meine Absicht, die Untersuchungen hinsichtlich des weiteren Verlaufes der südlichen Hauptmoräne dort zu beginnen, wo E. Geinitz die seinigen im Mecklenburg-Lauenburgischen Grenz- gebiete abgeschlossen hatte. Da jedoch seit dem Frühjahr dieses Jahres in diesem Teile Lauen- burgs die geologisch-agronomische Landesaufnahme von seiten der preussischen geologischen Landesanstalt in Angriff genommen worden ist, so begann ich meine Beoabachtungen erst an dem Westrande des Stecknitzthales. Hier fand ich bei dem, wenige Kilometer südwestlich von Mölln belegenen Dorfe Breitenfelde die Spuren eines Endmoränen- zuges, den ich — wie aus der dieser Arbeit beigegebenen, nach der Liebenow’schen und Meyn’schen geologischen Karte im Massstabe von 1:300000 angefertigten Karte, ersichtlich ist — quer durch Lauenburg 1) Jahrbuch der geolog. Landesanstalt für 1898. pag. CCLXI. 2) do. do. » 1897. pag. LXIV. >) do. do. » 1898. pag. CCH. *) Vgl. auch R. Michael. Jahrbuch der preuss. geolog. Landesanstalt für 1897 pag. LVII, 6 und das südliche und mittlere Holstein hindurch, in mehr oder weniger geschlossenem Zusammenhange bis in die Nähe des Gr. Plöner Sees verfolgen konnte, und den ich, da weder nördlich noch südlich von demselben in diesem Gebiete Lauenburgs ein gleich deutlich ausgeprägter und zusammenhängender Zug vorhanden ist, als die Fortsetzung der Gei- nitz’schen südlichen Hauptmoräne glaube ansehen zu müssen. Auf der Strecke zwischen Breitenfelde und Gudow-Lehmrade ver- läuft die Letztere, wie man aus dem Vorkommen von Sandrgebiet am östlichen Stecknitzthalrande, südlich von Mölln, schliessen muss, nördlich um Mölln herum, und geht man wohl nicht fehl, wenn man in dem ungemein coupierten Terrain im Norden und Nordwesten von Mölln (Sterleyer Berg, Sitzkrug, Herzberg, Bullenberg, Vossberg), Keilhack’schen Anschauungen folgend, den Ausdruck der Stillstandslage des Eisrandes und damit die Fortsetzung des in Rede stehenden Zuges erblickt, der dann im Westen und Südwesten von Mölln in längerer Ausdehnung durch das Stecknitz- und Mühlenbachthal unterbrochen wird. Die Länge des von mir zu schildernden Zuges lässt es in mancher Beziehung angebracht erscheinen, einzelne Teile desselben für sich im Zusammenhange zu beschreiben und möge zunächst die im Lauen- burgischen Staatsgebiete befindliche Teilstrecke Breitenfelde-Mollhagen besprochen werden. — Teilstrecke Breitenfelde — Mollhagen. Messtischblätter: Nusse 937; Trittau 936; Eichede 938. Die Endmoräne hält auf dieser Strecke im allgemeinen eine nord- westliche Richtung ein; nur zweimal ändert sie dieselbe, um für eine kurze Entfernung direct nordwärts zu streichen, nämlich zwischen dem Forstgehege Kl. Hevenbruch und Ritzerau und zwischen Sirksfelde und dem Scheidekathen bei Lüchau. Sie wendet sich von Breitenfelde zunächst nach dem mecklen- burgischen Dorfe Walksfelde und von dort in die Forstgehege Damm und Gr. und Kl. Hevenbruch. Vom westlichen Rande des Letzteren zieht sie über den, am Wege zwischen Ritzerau und Sirksfelde isoliert hoch aufragenden Buchberg in den, westlich von ersterem Orte in der Lübeckischen Enclave Nusse belegenen Forst (Gehege Radeland), wendet sich aus diesem durch die Gehege Grünwalde und Mannhagen in die südliche Umgebung von Sirksfelde (Forstgehege: Sirksfelder Zuschlag) und verläuft weiter über Lüchau, Sandesneben und Bullenhorst in den, bis nahe an letzteren Ort reichenden Forst Schönberger Zuschlag. Zwischen Lüchau und Sandesneben liegt die Endmoräne auf der nördlichen Umrandung emer etwa 2 Kilometer langen und bis 1 Kilo- meter breiten, flachen Mulde, welche im Osten von dem, von Sirksfelde nach Lüchau streifenden, im Westen von dem, sich zwischen Sandesneben und dem Schönberger Zuschlage über Bullenhorst hinziehenden - Teile . des Endmoränenzuges, im Süden von einer, zwischen Sirksfelde und Wentorf sich erstreckenden, niedrigen Bodenschwelle begrenzt wird. Der- selbe teilt sich bei Lüchau (Scheidekathen) in zwei Teile. Ein Teil zieht in einzelne, von einander getrennt liegende Hügel aufgelöst, in die Niederung am Rande der Mulde entlang direct über Sandesneben, dessen Kirche auf einem solchen Hügel erbaut ist. Ein anderer Teil streicht dicht nördlich um dieses Dorf herum auf einem, hier bis auf 80 Meter Meereshöhe sich erhebenden Höhenrücken nach Bullenhorst, woselbst eine Wiedervereinisung beider Teile stattfindet. Zwischen dem Schönberger Zuschlage und Franzdorf, bei welchem Orte die Endmoräne durch mehrere, am südlichen Dorfausgange sich zu mässiger Höhe erhebende und, aus unausgewaschener, blockreicher Grundmoräne und fluvioglacialen Sedimenten zusammengesetzte Kuppen gebildet wird, findet für eine Strecke von etwa 1 Kilometer — und ferner zwischen diesem Punkte und einer, wenige hundert Meter westlich von Franzdorf belegenen Buschkoppel, für eine gleiche Entfernung eine Unterbrechung des Zusammenhanges des Zuges durch das Schön- berger Moor statt. Von dort aber verläuft die Endmoräne durch den Forst Steinburg hindurch wieder in geschlossenem Zusammenhange bis hinein in das Dorf Mollhagen. Sie zeigt auf dieser Strecke grösstenteils eine derart andere äussere Ausbildungsweise und eine andere Form des Auftretens, als während ihres ganzen übrigen Verlaufes zwischen Breitenfelde und dem Schönberger Zuschlage, dass es angebracht erscheint, beide Teil- strecken gesondert zu betrachten. Auf ihrem Wege zwischen den zuletzt genannten Orten weist die Endmoräne im allgemeinen eine grosse Einheitlichkeit hinsichtlich ihrer äusseren Beschaffenheit auf, insofern sie ausschliesslich in Gestalt von teils langgestreckten, wall- und rückenartigen, teils glocken- und kegel- förmigen, häufig steil abgeböschten Kuppen und Hügeln von verschiedenem Umfange und ungleicher Höhe, die entweder einzeln für sich, oder meisten- teils in Gruppen beisammen, zugartig hinter oder nebeneinander angeordnet sind, — auftritt. Strecken, woselbst sie sich hierbei nur wenig aus dem Relief der sie umgebenden Landschaft hervorhebt — zwischen Breitenfelde und Walksfelde, Sirksfelde und Lüchau — wechseln mit solchen, wo sie durch die Form, Beschaffenheit und Höhe ihrer Hügel in auffälligen Gegensatz zu ihrer Umgebung tritt, ab. Besonders deutlich ausgeprägt erscheinen die ihr eigentümlichen Terrainformen auf fast allen den Teilen des Zuges, wo derselbe im Walde liest, wie im Forste Schönberger Zuschlag, in der Sirksfelder Gegend, im Ritzerauer Forste und endlich in den Gehegen Gr. una Kl. Hevenbruch, Auf den Kuppen der an letzterem Orte verlaufenden Endmoränen- strecke ist noch teilweise eine nicht ganz unbedeutende Bestreuung vor- handen, welche sonst bis Franzdorf hin nirgends mehr vorkommt, da alle Felsen, welche hier einstmals die Endmoränenoberfläche krönten, für die Herstellung der Steinknicke und der Cyclopenmauern — wie solches” besonders in Sandesneben in die Augen fällt — Verwendung gefunden haben, oder dem Wegebau zum Opfer gefallen sind. \ In der Umgebung von Ritzerau und Sirksfelde tragen einige durch | ihren Umfang und ihre Höhe besonders über das umliegende Gelände dominierend hervortretende Hügel besondere Namen: so, der hart an der Landstrasse von Nusse nach Koberg im Forste Kl. Hevenbruch belegene »hohe Koberg«, ferner, der westlich von Ritzerau im Lübeckischen, am - Wege nach Sirksfelde 10—15 Meter sich über das ihn umgebende Terrain, und 64,4 Meter über den Meeresspiegel aufragende »Buchberg« —- und endlich der im Forste Sirksfelder Zuschlag, hart am Waldesrande und an der lübeckischen Grenze befindliche »Lempkenberg«. Auch der in demselben Walde, dicht an der von Sirksfelde nach Koberg führenden Chaussee belegene, sogenannte »Wallberg«, der auf seinem breiten Gipfel einen Ringwall') trägt, dürfte eine Endmoränen- kuppe sein. Ueber den inneren Aufbau der einzelnen Wälle, Hügel und Kuppen dieser Endmoränenstrecke gewähren zahlreiche, meist in der Nähe der Dörfer belegene Kiesgruben, obwohl dieselben grösstenteils nur wenig umfangreich sind und wenig in die Tiefe gehen, einen genügenden Einblick. Bei Breitenfelde waren in einem, an der südlichen Seite des Dorfes sich hinziehenden, wallartigen Rücken, hart am Dorfausgange 1—2 Meter mächtige, teils durch Geschiebemergel, teils durch lehmigen Sand bedeckte Blockpackungen freigelest. In einer im Dorfe Walksfelde belegenen Kiesgrube befanden sich Blockpackungen im Hangenden von einer horizontal lagernden, '/, Meter mächtigen Thonschicht, die ihrerseits von einer geschiebereichen Geschiebemergelschicht und Decksandschicht von gleicher Mächtigkeit überlagert wird. Eine Kuppe des, im Forste Gr. Hevenbruch befindlichen Endmoränen- zuges erwies sich aus teils horizontal parallel, teils discordant parallel, struierten Bryozoensanden, die von einer 1 Meter starken, von lehmigen Decksande überlagerten Blockpackung bedeckt waren, zusammengesetzt. Der hohe Koberg zeigte in einem 6—8 Meter hohem Anschnitte gefaltete Bryozoenhaltige Feinsande, bedeckt von einer °/, Meter starken Schicht blockreichen lehmigen Sandes. Am Buchberge sowie in der, bei der Försterei zu Ritzerau im Walde belegenen Grube, waren verschieden mächtige Schichten von Geschiebe- I) Siehe: Zeitschrift d. Ges. £. Schleswig-Holstein-Lauenburgische Geschichte. Bd. X, pag. 18. H. Handelmann, Vorgeschichtliche Befestigungen. IEND'/ Siehe Seite 18. Endmoräne bei Bollmoor. 9 paeckungen, die mit fluvioglacialen Sedimenten (Granden "und Sanden) wechsellagerten, zu beobachten. Blockpackungen, nur von einer geringen Humusdecke bedeckt, waren ferner in einer, unmittelbar bei der Bullen- horster Mühle belegenen Grube, — Blockpackungen im Liegenden von Ausschlämmprodukten des oberen Geschiebemergels von verschiedener Mächtigkeit, oder von diesem selbst — bei Sirksfelde am östlichen Dorf- eingange, bei dem Gehöfte Scheidekathen südwestlich von Lüchau, sowie bei Sandesneben aufgeschlossen. Die Endmoräne erweist sich somit in diesem ganzen Gebiete — wie aus den angeführten Beobachtungen hervorgeht, — im Wesentlichen als eine Aufschüttungsmoräne. Dass andrerseits auch die aufstauchende Kraft des Gletschers bei der Schaffung derselben mitgewirkt hat, geht einmal aus dem Profile am hohen Koberg hervor und tritt auch besonders ausgeprägt in zwei Gruben beim Lüchauer Scheidekathen im die Erscheinung, woselbst die den Geschiebepackungen an- und aufgelagerten sedimentairen Schichten teils steil aufgerichtet, teils gefaltet sind. Auf der Teilstrecke Franzdorf-Mollhagen zeigt die Endmoräne, wie bereits oben angedeutet wird, eine andere äussere Ausbildungsweise wie bisher. Sie tritt einmal in der Form der Beschüttungsmoräne auf und bildet andrerseits einen einzigen, imposanten, über 1 Kilometer langen Wall. Die Beschüttung befindet sich auf der ebenfalls oben bereits erwähnten, nahe dem westlichen Dorfausgange und der nach Gr. Schönberg führenden Chaussee, auf der Flur des letzteren Ortes liegenden Busch- koppel, welche sich nur wenige Meter über das an sie angrenzende flache Gelände erhebt und ca. 400 Meter lang und 150 Meter breit ist. (Abb. 1.) . Nirgends auf der langen Strecke bis zum Stocksee hin ist eine Beschüttung wieder in solchem Umfange und in solch’ trefflicher Erhal- tung wie hier vorhanden: Hier ruht thatsächlich noch nahezu Fels an Felsen !), sowie dieselben zur Zeit als der Gletscherrand sich an dieser Stelle befand, abgelagert wurden! In nordwestlicher Richtung reihen sich an dieses Beschüttungsgebiet hinter einander liegend zwei etwa 200 Meter breite und lange sumpfige Weidekoppeln, welche gleichfalls, aber nicht ganz so dicht, dafür aber teilweise mit noch gewaltigeren Felsen bedeckt sind. Dann folgen in derselben Richtung ebenfalls hinter- einander auf dem, hier rasch bis auf 70 Meter Meereshöhe sich erhebendem Terrain, der eine stets höher liegend als der andere. mehrere kuppel- ) Gottsche (Endmoränen I, 45) bezeichnet als Felsen solche Blöcke, welche in einer Richtung wenigstens 20 cm (8 Zoll rh) messen. W. O. Focke (»Zur Kenntnis der Bodenverhältnisse im niedersächsischen Schwemmlande« in den Abhandlungen d. naturw. Vereins zu Bremen Bd. IV, 316) schreibt: »Als „grosse Blöcke“ kann man solche Steine bezeichnen, welche ein einzelner Mensch nicht zu bewegen vermag«, 10 förmige, stein- und zum teil auch felsbedeckte Hügel, und an diese wiederum schliesst sich unmittelbar an ein noch 10—15 Meter höher aufragender, im östlichen Teilecirca 200, im westlichen circa 100 Meter breiter, beiderseits steil abfallender Wall, der anfangs für 600 Meter von Süden nach Norden gerichtet ist, dann jäh im rechten Winkel umbiegt, und sich nun noch westwärts, direct auf den Forst Steinburg zu, für eirca 500 Meter erstreckt. Der nur mit Haidekraut und Gräsern bestandene Rücken und grösstenteils auch die seitlichen Abhänge dieses Walles, welcher infolge seiner allseitig freien und hohen Lage noch gewaltiger erscheint, als er es an und für sich ist, sind bedeckt mit Felsen von verschiedener Grösse. Fast noch mehr als ihn jetzt noch bedecken, dürften, wie die zahl- reichen, an seiner Oberfläche vorhandenen Vertiefungen beweisen, bereits von Menschenhänden entfernt worden zu sein.') Von seinem südlichen Ende aus sendet der Wall, welcher im Uebrigen, wie in zwei hier belegenen Mergelgruben zu sehen ist, ausschliesslich aus unausgewaschenem, sehr blockreichen Geschiebemergel aufgeschüttet zu sein scheint, einen mit dem von O. nach W. streichenden Schenkel in gleicher Richtung verlaufenden etwa 200 Meter breiten Ausläufer in den Forst Steinburg. Die Aussicht von dem Kamme des Walles ist nach allen Himmels- richtungen mit Ausnahme der westlichen, wo der Forst Steinburg die Fernsicht behindert, eine ganz ausserordentlich umfassende. Nach Nordwesten gewahrt man am Rande des Waldes die Mühle bei Mollhagen und in weiter Ferne über ein ebenes waldreiches Gelände hinweg die Gegend zwischen Bargteheide und Ahrensburg. An den Fuss des nach Norden und Nordosten zu besonders ab- schüssigen Walles schliesst sich zunächst ein flaches, teilweise sandigen Boden zeigendes Gelände, das in derselben Richtung dann rasch bis !) Bei Handelmann, der Limes Saxoniae in den Kreisen Stormarn und dem Herzogthum Lauenburg. Archiv des Vereins für die Geschichte des Herzog- thum Lauenburg. II. Heft 3. page. 106, finde ich hierzu folgende Notiz: »Wann sich der Name Stenberg in Stenborg — Steinburg umgewandelt hat, mag dahingestellt bleiben, aus dem Berg ist öfter in der Volksmeinung und im Volksmunde eine Burg geworden, wenn grosse Steinblöcke vorlagen, welche als Fundamentsteine gelten konnten. Jetzt ist damit zum Behuf von Häuser- und Wegebauten auch hier ziemlich aufgeräumt; aber vor circa fünfzig Jahren war die Bergkuppe mit einer Menge planlos umherliegender grosser Granitfelsen bedeckt Auch war daselbst eine Vertiefung, aber ohne Stein- mauer, welche man für einen vormaligen Keller hielt; dabei ist jedoch zu bemerken, dass in früheren Zeiten auch öfter nach Schätzen gegraben war. Ziegelsteine und Dachziegel sind, soweit erinnerlich, niemals gefunden worden; dagegen sind damals Gräben und Umwallung noch mehr hervorgetreten als jetzt. Auch in dem holsteinischen Gehege Steinburg liegen grosse unbehauene Felsen, nicht auf einer Stelle, sondern sehr zerstreut herum. 11 Eichede, dem höchstbelegenen Dorfe zwischen Lübeck und Hamburg ansteigt. Von dem östlichen Fusse desselben fällt das gesamte Gelände allmählig in die weite Niederung ab, welche sich von Schiphorst nach dem Schönberger Moor hin erstreckt. Auf dem jenseitigen Rande des Letzteren erblickt man, dicht nördlich vor dem Walde Breitenbruch einzelne Häuser und die Kirche von Sandesneben und darüber am fernen Horizonte die Höhen des Vossberges jenseits des Stecknitzthales. Nach Südosten und Süden senkt sich das Terrain vom Fusse des Walles ebenfalls allmählig herab und geht in eine weite Mulde über, welche die Fortsetzung der Thalsenke zwischen Franzdor£ und Schiphorst sowie des Schönberger Moores darstellt. Dieselbe wird im Westen von einem z. Thl. bis auf 89,7 Meter Meereshöhe sich erhebenden, bis in den Forst Schattredder und die Ort- schaft Dwerkathen sich erstreckenden, im Süden von einem sich zwischen Gr. und Kl. Schönberg hinziehenden Höhenzuge begrenzt. Aus ihr entspringt ein im Wesentlichen in nord-südlicher Richtung fliessender und bei Trittau sich in die Bille ergiessender Bach (Mühlenbach). Ueber diese Mulde und die Gegend bei Schönberg hinweg sieht man am fernen Horizonte die Höhen des Forstes Hahnheide bei Trittau (97,s,, Hahnheider Berg) und das am nördlichen Abhange desselben belegene Dorf Feilberg in ca. 82 Meter Meereshöhe. Dieser Wall, sowie das kleine Beschüttungsgebiet bei Franzdorf sind so überaus charakteristische Bildungen der Oberfläche unseres Landes und kommen in gleicher Weise weder in anderen Teilen Lauenburgs noch in dem südlichen und mittleren Holstein — abgesehen von dessen östlichstem Teile — vor, dass es sehr zu bedauern wäre, wenn sie der allmähligen Zerstörung durch die fortschreitende Kultur, durch land- und forstwirt- schaftliche Meliorationen, zum Opfer fallen würden. Obwohl für den Wall, wenngleich auch bereits an seiner Vernichtung durch Anlage von Mergelgruben gearbeitet wird, eine völlige Zerstörung in absehbarer Zeit nicht zu befürchten ist, so liegt doch hinsichtlich des Beschüttungsgebietes die Gefahr nahe, dass dasselbe, da es so dicht bei bewohnten Orten belegen und bequem zu erreichen ist, und der Werth der Felsen infolge des Ausbaues und der Ausbesserung des Wegenetzes täglich grösser wird — in kurzer Zeit vom Erdboden verschwunden sein wird. Es dürften daher vor allen Dingen dieses Beschüttungsgebiet, aber auch der Wall — zumal ihr Werth in dieser Hinsicht noch dadurch ein grösserer wird, dass sie von den nahe belegenen grossen Städten, Altona - Hamburg, Kiel, Lübeck so leicht zugänglich sind — zu jenen Natur- denkmälern gehören, auf deren Bedeutung für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung die Regierungskreise Preussens aufmerksam gemacht und deren Erhaltung durch den Staat als im Interesse der Nachwelt liegend, angeregt zu haben — u. A. ein Verdienst des Prof. Conwentz, 12 Direktors des westpreussischen Provinzialmuseums in Danzig, sowie des Ober- lehrers Wetekamp, Mitglied des preussischen Abgeordnetenhauses ist. !) Als Fortsetzung der Endmoräne nach Westen schliesst sich an den Wall zunächst wiederum ein etwa 200 Meter langer und 100 Meter breiter, aber weit niedrigerer, wallartiger Rücken an, der hier über die Lauenburgische Grenze hinüber in den holsteinischen Forst Steinburg führt. Tritt man in umgekehrter Richtung auf dem Rücken dieses Walles, den ein Steinknick, neben welchem der Fusspfad herläuft, krönt, aus dem Walde heraus und schaut nach Osten, so hat ıman den Anblick, wie ihn das Bild 2 wiedergiebt. ; Unwillkürlich hatte ich, als ich zum ersten Male diese Stelle betrat, den Eindruck, als befände ich mich auf einem alten Grenzwalle, und sogleich tauchte in mir die Vermutung auf, dass derselbe ein Teil des Sachsenwalles oder Limes Saxoniae, der von Karl dem Grossen zwischen dem nordelbischen Sachsen und dem Gebiete der Slaven festgesetzten Grenze, sein könnte. Die Durchsicht der Litteratur über den Limes ergab- nun, dass in der T'hat dieser Endmoränenwall von Handelmann?) als einer der Punkte, welche derselbe nach Adam von Bremen’) auf seinem Wege zwischen Elbe und Trave berührt, angesehen wird, nämlich als der Ort Liudwinestein. — Bangert,*) dem die neueste und sehr eingehende Arbeit über die Sachsengrenze im Gebiet der Trave zu verdanken ist, schliesst sich der Annahme Handelmann’s an. Während aber Handelmann wie viele andere ältere Forscher den Limes als eine befestigte Linie (befestigten Grenzwall) ansah und daher auch an die Möglichkeit einer Befestigungsanlage an diesem Punkte dachte — betrachtet Bangert denselben als eine politische Grenze und Liudwinestein nur als einen Punkt, der sich infolge der für ihn (Bangert) bei der Aufsuchung !) Siehe: »Ueber die Herstellung von Naturschutzgebieten in Deutschland« in Beiträge zur nordwestdeutschen Volks- und Landeskunde, herausg. vom Naturw. Verein zu Bremen. Heft 3. 1901. pag. 257 u. folg. ?) Siehe die pag. 10 ceitierte Arbeit, S. 106. °) Buch II, Kapitel 15b: »Die Grenze erstreckt sich vom östlichen Ufer der Elbe bis zu einem kleinen Bach, den die Slaven Mescenreiza nennen, von welchem die Grenze aufwärts läuft durch den Delvunder-Wald bis zum Delvunda-Fluss, und so gelangt sie nach Horchenbici und Bilenispring und kommt von da nach Liudwinestein und Wispircon und Birznig, Dann geht sie auf Horbistenon zu bis zum Walde Travena und aufwärts durch denselben hindurch nach Bulilunkin.c Handelmann fügt in seiner Arbeit, der diese Uebersetzung entnommen ist, hinzu: »Ein Zusatz (Schol. 13) besagt berichtigend, dass die Travenna ein Fluss sei, und dass an diesem Flusse ein einziger Berg Alberc (der Segeberger Kalkberg) liegt.« #) Die Sachsengrenze im Gebiete der Trave, Im Jahresbericht des Real- progymnasiums in Oldesloe 1892/93, 13 des Limes massgebenden Momente, nämlich seiner Beziehungen zu den Gemarkungsgrenzen der umliegenden Dörfer, ferner zu den Grenzen der im Lande der Slaven befindlichen Bistümer Lübeck und Ratzeburg einerseits, und der des sächsischen Erzstiftes Hamburg - Bremen andrerseits, sowie endlich zu der Lauenburg-Holsteinischen Landesgrenze — für einen Grenzpunkt in dieser Gegend besonders gut eignete. — Von anderen Punkten des Limes zwischen Elbe und Trave wird Horchenbiei als das Dorf Hornbek erklärt. Bilenispring wird meist mit dem Gebiete, wo die Bille entspringt, in Verbindung gebracht. Während Handelmann denselben ganz allgemein als Quellgebiet der Bille auffasste, deuten Andere ganz bestimmte Orte in dem Bereiche der Billequelle mit dieser Bezeichnung, so Dührsen den Sirksfelder Wallberg, Beyer Bullenhorst bei Wentorf und Bangert das Dorf Linau. Müsste man nicht aus vielerlei Gründen Bangert’s Ansicht über den Verlauf des Limes zwischen Elbe und Trave beipflichten, so hätte es, wenn man sich hinsichtlich der Deutung Bilenispring’s Handelmann anschliesst und wenn man erwägt, dass die Bille aus dreien Bächen sich zusammensetzt, die wie einerseits aus der Schilderung des Verlaufes der Endmoräne zwischen Walksfelde und Mollhagen hervorgeht, und wie andrerseits noch gezeigt werden soll, alle drei bis hart an dieselbe heranreichen, und indem man endlich annimmt, dass »der Verlauf des Limes durch natürliche Linien beeinflusst sein kann« !) — etwas Bestechendes für sich, die Endmoräne, die zur Zeit, als die Grenze festgelegt ward, da sie noch nicht des Felsenmaterials, das sie früher bedeckte, beraubt worden war, in ganz anderer Weise wie jetzt, markant von ihrer Umgebung sich abhob und eine natürliche Grenzlinie bildete — als einen Teil des Limes zwischen Horchenbiei und Liudwinestein anzusehen. — Wie auch auf der weiteren Strecke von der Trave bis zum Stocksee, die Endmoräne mit dem Limes in auffälliger Weise zusammenfällt, wird später angegeben werden. Im Forste Steinburg zieht die Endmoräne am Nordrande desselben in rein westlicher Richtung hin und bildet schmale, längliche, hinter und nebeneinander liegende, teilweise nicht unerheblich mit Felsen bestreute Rücken, welche gegen den Ausgang des Waldes hin nach und nach an Höhe abnehmen. An sie schliessen sich in nördlicher Richtung auf Mollhagen zu mehrere Weidekoppeln, auf denen als Reste ehemaliger Beschüttung noch hie und da zusammengetragene Haufen von Felsen sich bemerkbar machen, und endlich dicht vor der Haltestelle Mollhagen eine Gruppe verschieden gestalteter Hügel, deren höchster (63 m ü. M.) eine 1) Bangert 1. c. 14 Mühle trägt. In einem derselben befindet sich eine schon sehr ausgebeutete Kiesgrube, in welcher Blockpackungen, zwischen denen sich eine Geschiebe- mergelbank einschiebt, zu beobachten sind. Dicht vor dem Bahnübergange durchschneidet der von Eichede nach Mollhagen führende Fahrweg noch eine niedrige Kuppe, an derem Aufbau, wie eine Abgrabung an der südlichen Wegeseite lehrt, ebenfalls Geschiebe- packung beteiligt ist. — Im Vorlande der bisher bekannt gewordenen Endmoränenzüge Norddeutschlands erstrecken sich in der Regel — wie die Untersuchungen von E. Geinitz für Mecklenburg, von Gottsche für Schleswig-Holstein und von Berendt, Wahnschaffe, Keilhack, Schröder, Müller und Gagel und anderen Gelehrten für das preussische Staatsgebiet ergeben haben — verschieden breite Gebiete, welche nur mit den Aus- schlämmprodukten der Grundmoräne, hauptsächlich mit geschichteten Sanden von verschiedener petrographischer Ausbildung bedeckt sind. In der Nähe ihres Ursprunggebietes, also am Eisrande, pflegen diese geschichteten Bildungen aus grobkörnigem Materiale zu bestehen, auch pflegt hier die Landschaft häufig noch flachwellig zu sein, je weiter aber von denselben entfernt, desto feinkörniger werden dieselben und desto ebener und flacher wird die Landschaft. Diese flachen Sandgebiete, welche als Haidesandlandschaft, Haidesandebene und von Keilhack »nach Analogie mit den isländischen Vorkommen« als Sandr bezeichnet werden, pflegen einerseits so regelmässig vor den norddeutschen Endmoränen zur Beobachtung zu gelangen, dass Keilhack!) von einer gesetzmässigen Lage der Endmoränen auf der Grenze zwischen fruchtbaren Geschiebe- mergelflächen und weiten unfruchtbaren Sand- und Kiesgebieten sprechen konnte und Schröder‘) den Endmoränen eine durchaus hervor- ragende topographische Bedeutung zuerkannte, insofern, als sie die Scheide bilden zwischen zwei wesentlich von einander unterschiedenen Landschafts- formen: der Grundmoränenlandschaft und der Haidesandlandschaft (Sandr). Andrerseits hat es sich aber herausgestellt, dass die Haidesand- ebenen vor den Endmoränen gelegentlich völlig fehlen können. Geinitz, ’) Wahnschaffe,*) Gagel°’) und Andere haben über solche Fälle be- richtet und Keilhack (Die Stillstandslagen des letzten Inlandeises u. s. w. im Jahrb. d. geolog. Landesanstalt für 1898, pag. 105) schreibt: »Auf ') K.Keilhack, Die Endmoränenzüge Norddeutschlands, i. Himmel u. Erde. X. Jahrg., pag. 158. *) Schröder, Aufschüttungsformen des Inlandeises. Jahrb. d. preuss. geolog. Landesanstalt £. 1897, pag. 103. ®) Geinitz, 1. ec. pag. 11, 12, 16, 17. *) Wahnschaffe, Die Ursachen der Oberflächengestaltung des norddeutschen Flachlandes, pag. 144. °) Gagel, Bericht über die Aufnahmearbeiten auf den Blättern Lötzen, Steinort und Kruglanken im Jahrbuch d. geolog. Landesanstalt für 1898, page. CCLX. ‘5 919g oyorg ‚JIOPZUBIT 194 Sunnonsogqsf9otg ‘7 gay 15 der rund 700 Kilometer langen, in der Karte dargestellten Strecke der Endmoräne grenzen an dieselbe nach S. hin auf einer Länge von 650 Kilometer Sandebenen und nur auf etwa 50 Kilometer liegt‘die Geschiebe- mergelfläche der Grundmoränenlandschaft auf beiden Seiten der End- moräne.« — Keilhack fügt auch gleich eine Erklärung für das Fehlen der Sandebene hinzu indem er fortfährt: »Man wird annehmen müssen, dass auf dieser etwa '/,, des Ganzen betragenden Strecke aus Gründen, deren Ermittelung wohl kaum mehr im Bereich der Möglichkeit liegen dürfte, das Verschwinden des Eises an seinem Rande nur zum kleinen Teil durch Abschmelzen, zum grösseren durch Verdunstung” in derselben Weise erfolste, wie in ausgedehnten Gebieten am Rande des Grön- ländischen Inlandeises.« — Geinitz (l. c.) erklärte das Vorkommen von Geschiebemergel- flächen an Stelle von Sandr mit der Annahme, dass der Gletscher bezw. Zungen desselben oscillierend durch Lücken, die zwischen einzelnen Teilen der Endmoräne vorhanden waren, aufs Neue vorgedrungen und wieder Grundmoräne abgelagert haben, und Wahnschaffe (l. e.) führt als Grund für das Vorkommen von Geschiebemergel im Vorlande der ucker- märkischen Endmoräne zwischen Neuhof und Feldberg an, dass das Gebiet der Endmoräne hierselbst sehr hoch liegt und, dass daher die Schmelzwasser an dieser Stelle sehr wahrscheinlich unter das Eis in die tiefe muldenförmise Depression, in der Feldberg mit dem Haussee und dem Breiten Lueinsee liegt, zurückströmten. Auch im Vorlande der südlichen Hauptendmoräne sind während ihres Verlaufes durch das Lauenburgische Gebiet keine eigentlichen Haidesandebenen ausgebildet. Vor den Teilstrecken Lüchau — Sandes- neben — Bullenhorst einerseits und Franzdorf— Forst Steinburg andrer- seits treten an ihre Stelle jene breiten, bereits beschriebenen Mulden, aus welchen die Schmelzwasser, die Sande und sonstigen Abschlämmprodukte mit sich führend, unbehinderten und infolge ihres, hier durch die be- deutende Höhenlage des Eisrandes gegenüber dem Vorlande bewirkten, grossen Gefälles — raschen Abfluss nach Süden zum Elbstrome fanden. Die Sandesnebener Mulde, welche heute nach Osten mittels eines schmalen, durch den Endmoränenzug Sirksfelde — Lüchau hindurchführenden Gra- bens zu jener Niederung, welche sich vom Duvenseer Moor über Ritzerau bis m die Umgebung von Nusse hinzieht, entwässert wird, entsandte die Schmelzwasser während der Zeit, als der Eisrand auf ihrer nördlichen Seite lag, über den Muldenrand durch die rinnenartige Senke, welche sich aus der Umgebung von Wentorf in südwestlicher Richtung zum Thale des Mühlenbachs zieht, und in welche heute der Oberteich eingebettet liest, und ein Nebenbach des Letzteren zur Bille und damit zur Elbe fliesst. Die Franzdorf — Schönberger Mulde wird noch heute wie damals durch den Mühlenbach direct in die Bille entwässert. 16 An die Endmoräne zwischen Ritzerau— Buchberg — Walksfelde schliesst sich nach Süden bezw. Südwesten ein flachwelliges, sandiges Gelände, welches allmählig in das über 2 Kilometer in nordsüdlicher Richtung sich hinziehende und bis 1'/, Kilometer breite, bei Sirksfelde unmittelbar an die Endmoräne heranreichende Koberger Moor übergeht. Dieses sandige Gelände dürfte im Verein mit dem erst in späterer Zeit entstandenen Moor, aus welchem die Bille nach Süden fliesst, als ein kleines sandrähnliches Gebiet anzusehen ein. Vor dem Zuge Breitenfelde— Walksfelde ist ebenfalls keine Haide-. sandebene entwickelt: Die Schmelzwasser fanden dem Anscheine nach ihren Abfluss in die vor derselben befindliche flache, zum Mühlenbache und dem Stecknitzthale führende Depression. Was nun schliesslich das Hinterland des in Rede stehenden End- moränenzuges anbetrifft, so wird die Endmoräne auf der zuletzt erwähnten Teilstrecke Breitenfelde— Walksfelde im Norden begrenzt durch eine Mulde, die sich von Poggensee aus nach Alt-Mölln am Stecknitzthalrande hin ausdehnt. Auf dem nördlichen Rande derselben sind mehrere Kuppen von mässiger Höhe aufgesetzt, in denen, wie mehrere Anschnitte bei Poggensee lehren, ungemein blockreicher, sandiger Geschiebemergel, bezw. Blockpackung aufgeschlossen ist. Möglicherweise ist hier eine weitere, weniger deutlich ausgeprägte Endmoränenstaffel entwickelt. Nach Norden von diesem Gebiete dehnt sich weithin — auch im Hinterlande der Strecke Walksfelde — Ritzerau — eine flachwellige Grund- moränenlandschaft, welche von der, den Hof-See und den Nusser See entwässernde Steinau in tiefem Erosionsthale durchströmt wird. Zwischen Lüchau und Ritzerau erstreckt sich in nordsüdlicher richtung das bis 4 Kilometer lange und 1500 Meter breite Duvenseer Moor, welches aus einem Stausee hervorgegangen sein dürfte. Auf der weiteren Strecke Lüchau— Mollhagen schliesst an die Endmoräne nach Norden, teilweise höher als diese über den Meeresspiegel emporragend, eine mässig coupierte Grundmoränenlandschaft. Teilstrecke Mollhagen — Hoisbüttel. Messtischblätter: Eichede 839; Trittau 936; Ahrensburg 935 und: Bargteheide 938. Von Mollhagen verläuft die Endmoräne nicht weiter nach Westen sondern nach Süden, und zwar zieht sie sich vom Nordrande des Stein- burger Forstes zunächst durch diesen und weiter auf dem Kamme jenes Höhenzuges, der wie oben angegeben ward, die Franzdorf-Schönberger Mulde nach Westen begrenzt, hin als eine flachwellige Zone ungemein blockreicher Grundmoräne. Wo der Geschiebemergel ausgewaschen ist, wie es z. B. durch einen, den Forst Steinburg durchquerenden Bach 17 geschieht, kann man den Blockreichtum erkennen: das Bett dieses Letzteren gleicht nicht nur dem eines Gebirgsbaches, sondern auch in den Ufer- wandungen bemerkt man an einzelnen Punkten etwa 1 Meter hoch Block auf Block gepackt. Der Geschiebereichtum dieser Zone giebt sich ferner kund in der Bestreuung, welche in dem kleinen, südwärts vom Ausgange des Forstes, dicht beim Dorfe Sprenge belegsenen Wäldchens vorhanden ist und zeigt sich endlich im östlichsten Teile des noch weiter südlich, auf demselben Höhenzuge belegenen Forstes Schattredder, wo durch die Erosion eines Baches derart zahlreiche Felsen freigelest worden sind, dass der Eindruck von Bestreuung hervorgerufen wird. Im westlichen Teile dieses Waldes, hart an der von Oldesloe nach Schwarzenbeck führenden Bahn, erscheinen dann wieder die so charakteristischen Terrainformen der Aufschüttungs- moräne und stellen den Anfang eines Zuges dar, der von hier durch die nördliche Umgebung von Trittau und die südliche und südwestliche von Ahrensburg in nahezu lückenlosem Zusammenhange verläuft. Es zeichnet sich dieser Teil der südlichen Hauptendmoräne, der bis zu der Gegend süd- westlich von Ahrensburg, wo ihn die Lübeck-Hamburger Bahn schneidet, in gleicher äusserer Ausbildungsweise in die Erscheinung tritt, wie zwischen Breitenfelde und Franzdorf und der von dort ab bis zu seinem Ende nördlich von Hoisbüttel als ein im allgemeinen schmaler Höhenzug, welcher auf seinem Rücken, teils zu Gruppen angeordnete, teils isoliert aufragende kegel- und glockenförmige Hügel trägt, dahinzieht — dadurch ganz besonders aus, dass er nur ganz wenige Stellen aufzuweisen hat, wo er nicht als ein topographisch markantes und der von ihm durch- zogenen Gegend ein durchaus charakteristisches Gepräge aufdrückendes Gebilde darstellt und ferner dadurch, dass er sich sowohl gegen sein Vor- wie sein Hinterland scharf umgrenzen lässt. Die einzelnen Kuppen und Rücken desselben besitzen nicht nur sehr deutlich und charakteristisch ausgeprägte Formen, sondern ragen auch meist nicht unerheblich, (grösstenteils um 20—830 Meter) über das nähere Vor- und Hinterland empor. Wo dieselben nicht im Walde liegen — wie in der Umgebung des Ortes Bollmoor, ferner zwischen dem Grossen See und Oetjendorf und endlich zwischen Wulfsdorf und Hoisbüttel — kontrastieren sie überdies in landschaftlicher Beziehung noch dadurch lebhaft mit ihrer Umgebung, dass sie vielfach nicht unter den Pflug gezwungen, sondern nur mit Haidekraut oder niedrigem Buschholz bewachsen sind, und dass ferner diese dunklen Haidehügel in buntem Wechsel mit den Hügeln, welche in Kultur genommen und mit Getreide oder Gräsern bestanden sind, gleichzeitig vorkommen. Vom Südrande des Forstes Schattredder zieht sich die Endmoräne zunächst als ein schmaler Zug in südlicher Richtung entlang der Bahn 2 18 zum Nordende des Lütjensee's und weiter, dem Ostufer desselben entlang, durch den Forst Bergen in die Umgebung des Dorfes Bollmoor, wo sie an Ausbreitung gewinnend, das Gebiet zwischen dem Südufer des Lütjen- see’s und dem Forste Bergen einerseits, und dem Gronensee und dem Mönchteich andrerseits einnimmt. Vom Westufer des Letzteren verläuft sie weiter, in einem 1—11/ Kilometer breitem Zuge. für eine kurze Strecke westwärts bis zum Orte Siekerberg, wendet sich von dort in scharfem Winkel nach Norden und streicht über Hoisdorf bis nahe an Oetjendorf. Von hier aus schlägt sie wieder die westliche Richtung ein und durchquert das Gebiet der Ham- burgischen Enclave Gr. Hansdorf und weiterhin den Holsteinischen Forst Hagen. Bereits in Letzterem biegt sie allmählig nochmals nach Norden um und vollendet diese Richtungsänderung gerade dort, wo sie auf der Wulfsdorfer Feldmark von der Lübeck-Hamburger Bahn durchschnitten wird, um schliesslich zwischen Wulfsdorf und Hoisbüttel in rein nördlicher Richtung zu verlaufen. In trefflichster Weise zeigt die Endmoräne die, ihr auf dieser Strecke eigentümliche Entwicklung ihrer äusseren Formen in der Umgebung von Bollmoor. (Abb. 3 und 4.) Der imponierende Eindruck, den hier die teils langgestreckten, schmalen, rückenartigen, teils kegelförmigen, steil abgeböschten, meist mit Haidekraut bewachsenen Endmoränehügel auf den Beschauer machen, wird noch dadurch erhöht, dass sich an ihre Nordseite keine coupierte Grundmoränenlandschaft unmittelbar anschliesst, sondern, dass sich sowohl im Hinterlande wie im Vorlande weite Wasserflächen: der Lütjensee, der Grossensee und der Mönchteich ausbreiten, über deren Wasserspiegel einzelne Kuppen bis über 30 Meter (71,9 über dem Meeresspiegel) emporragen.') Von diesen Seen repräsentiert der schmale, langgestreckte Grossensee den Typus eines Rinnensee’s, während der Lütjensee als ein Stausee anzusehen sein dürfte. Bestreuung ist auf den Endmoränehügeln der Bollmoorer Gegend ebensowenig wie sonst auf der ganzen, in Rede stehenden Strecke zu beobachten. Aufschlüsse, aus welchen die geognostische Zusammensetzung der einzelnen Kuppen zu ersehen war, waren hier zwar in grösserer Anzahl, jedoch nur in geringer räumlicher Ausdehnung vorhanden. !) Vor wenigen Jahren noch stellte die Endmoräne bei Bollmoor ein Stück unverfälschter Natur dar. Seit der Zeit hat das Beispiel eines Hamburgers, der sich auf einer der Kuppen eine Villa erbaute, Nachahmung gefunden; an mehreren Punkten wurden in diesem Jahre Häuser: erbaut, und es ist zu befürchten, dass von dem ursprünglichen Charakter dieser Gegend bald nicht mehr viel übrig sein wird. "zp oog oyorg DENOWY UOA TEIPNS JOIdEH soyaıuye apurg "IT ‘gay 19 Eines der instructivsten Profile — aus welchem man vielleicht auf einen einigermassen ähnlichen Aufbau bei den anderen Kuppen schliessen darf — konnte an der Wand einer, in einem zwischen Lütjensee und Bollmoor belegenen Hügel befindlichen Sandgrube beobachtet werden. Dort war die Schichtenfolge von oben nach unten: !/s Meter blockreicher, lehmiger, ungeschichteter Sand; 3—4 Meter discordant parallel geschichtete grobkörnige Spathsande; 2 Meter Blockpackung — bis zur Sohle. Mehrere Meter mächtige, nur von einer geringen Humusdecke über- lagerte Blockpackungen waren ferner in den, dem Gastwirte Witt in Boll- moor gehörigen, hart am Mönchteich, unweit des Gasthauses, belegenen Kiesgruben freigelegt. In dem zwischen dem Grossensee und Hoisdorf sich hinziehenden Teile des Endmoränenzuges gelangten nur wenige Aufschlüsse zur Kenntnis, und waren Blockpackungen dort nicht bemerkbar. Eine, vom Fahrwege zwischen Siekerberg und Bornbeck durchschnittene, steile Kuppe erwies sich als aus, in einem Winkel von etwa 40° aufgerichteten, geschichteten Spathsanden, die von einem 1/,—'/, Meter mächtigen, blockreichen, lehmisen Sandediscordant bedeckt waren, aufgebaut. In dem nun folgenden Stücke der Endmoräne aber bis zu ihrem Ende reiht sich ein Aufschluss an den andern, so dass man einen recht genauen Einblick in die innere Ausbildungsweise derselben erhält. Dicht südlich vor dem, circa 2 Kilometer nördlich von Hoisdorf belegenen Oetjendorf sind hart an der Landstrasse mehrere ‚grössere Kiesgruben vorhanden, in welchen in den letzten Jahren ein reger Abbau stattgefunden hat. In der dem Dorfeingange am nächsten in einer flachgewölbten Kuppe belegenen Grube sind Blockpackungen in solchem Umfange und in so typischer Ausbildung wie sonst an keiner anderen Lokalität in dem ganzen Endmoränenzuge vom Stecknitzthale bis zum Stoeksee aufgedeckt. (Abb. 5 und 6.) Die südliche, etwa 20 Meter lange und 5—6 Meter hohe Wand besteht völlig aus Blockpackung: Hier ruht Fels auf Fels, Stein auf Stein, und das sandig-lehmige Bindemittel zwischen denselben ist in nur geringer Menge vorhanden. Die höchste Höhe der Blockpackung dürfte etwa 7—8 Meter betragen, denn wie Schürflöcher an der Sohle der Grube dicht vor der Südwand zeigen, erstreckt sich die Geschiebepackung noch 2 Meter und mehr in die Tiefe. Zum Vergleiche hiermit sei mitgeteilt, dass Gottsche (End- moränen I, 44) das von ihm selbst beobachtete Maximum der Block- packungen auf der nördlichen Hauptendmoräne auf 5 Meter, das von anderer Seite konstatierte Maximum auf 61/2 Meter angiebt. Die mittlere Mächtigkeit der Blockpackungen dürfte ebendaselbst nach Gottsche etwa 2—3 Meter betragen. 9F 20 An der südwestlichen Wand der Grube schieben sich zwischen die Blockpackungen Lagen von groben Granden und Sanden ein, so dass eine Wechsellagerung dieser Bildungen wahrzunehmen ist. An der Westwand nehmen die Letzteren an Mächtigkeit beträchtlich zu, die Blockpackungen dagegen bedeutend ab, und die Nordwand endlich besteht nur noch aus horizontal lagernden, geschichteten Spathsanden. In einem nur 200 Meter von dieser Grube südlich belegenen Auf- schlusse bilden Geschiebepackungen den Kern des Hügels. Über denselben lagern mehrere Meter mächtige discordant parallel struierte Grand- und Sandschichten, die ihrerseits wieder von einer 1 Meter starken block- reichen Geschiebemergelschicht bedeckt werden. In der Hamburgischen Enclave Gr. Hansdorf liest die Endmoräne zu einem grossen Teile im Walde und wird sowohl im Vor- wie im Hinterlande flankiert von sumpfigen Niederungen und kleinen Mooren und Wassertümpeln. Bei Schmalenbeck bildet sie in diesem Gebiete die Hügelgruppe der »Rauhen Berge« und unmittelbar an der westlichen Grenze zwischen den Fahrwegen, die von Schmalenbeck und von Ahrensfelde nach Ahrensburg führen, die bis 71 Meter über dem Meeresspiegel sich erhebende Hügel- gruppe der » Vierberge«. In den Vierbergen sind sowohl auf Hamburgischem, als auch auf Holsteinischem Gebiete mächtige, seit vielen Jahren in Betrieb befindliche Kiesgruben vorhanden, die wiederum einen sehr instruktiven Einblick in die innere Beschaffenheit dieser Hügel gewähren. Der von Ahrensburg nach Ahrensfelde führende Fahrweg durch- schneidet auf Holsteinischem Gebiet einen Teil des grössten der die Vierberge bildenden Hügel. Betritt man diesen Durchschnitt von Ahrens- burg aus, so gewahrt man gleich am Eingange an der linken (nördlichen) Wand von unten nach oben folgendes Profil: 1 Meter horizontal lagernde Blockpackung;; 2—-3 » Merselsand; 3—4 » discordant parallel struirte Grande und Sande, Bänke gröberen Gerölls einschliessend. Weiterhin waren an derselben Wand in der Richtung des Weges nach Osten zunächst für 15 Meter dieselben sedimentairen Schichten ohne die Blockpackungen und darauf, bis zum östlichen Ende des Durchschnittes, mehrere Meter hohe Geschiebepackungen, teils von ungestört lagernden 1—2 Meter mächtigen, geschichteten, sandigen und thonigen Bildungen, teils von einer nur geringen Decksandschicht überlagert, entblösst. Vom Eingange des Wegedurchschnittes aus erstreckt sich gleichzeitig in nördlicher Richtung in denselben Hügel hinein eine Kiesgrube. Wenige Meter vom Fahrwege, und mithin von der angeführten, horizontal lagernden Blockpackung entfernt, waren hier ebenfalls Block- 21 packungen zu beobachten, aber nicht in ungestörter Lagerung, sondern sammt den eng mit ihnen verknüpften, geschichteten, groben Sanden und Granden steil emporgerichtet. (Abb. 7.) In den, auf dem Hamburgischen Anteile der Vierberge belegenen Aufschlüssen waren im vergangenen Sommer (1901) nur fluvio-glaciale Sedimente (Thone, Grande, welche kleine Bänke gröberen Gerölls um- schlossen, und Sande) freigelegt und zwar in sehr gestörter Lagerung, so dass man den Eindruck gewann, dass die Kräfte, welche die Stauchun- gen und Druckerscheinungen bewirkten, hier in ganz besonders energischer Weise zur Entfaltung gekommen sein mussten. Das sich zunächst an die Vierberge anschliessende Endıossar stick liegt wieder im Walde (Forst Hagen) verborgen. Die Kuppen nehmen hier nach Nordwesten hin an Höhe allmählig ab, und es findet an der nordwestlichen Grenze des Waldes eine Unterbrechung des Zuges durch eine schmale, sumpfige Niederung — in welcher die Lübeck-Hamburger Bahn entlang geführt ist — statt. Jenseits derselben streicht die End- moräne, wie bereits oben erwähnt wurde, nunmehr in nordwestlicher bis rein nördlicher Richtung auf der Wulfsdorfer Feldmark weiter in Gestalt eines scharf umgrenzten, wallartigen, bis Wulfsdorf orographisch nicht bedeutend sich bemerkbar machenden, von dort aber kräftig aus der angrenzenden Landschaft hervortretenden Höhenzuges bis Hoisbüttel. Bis zu den Abbauen nördlich von Wulfsdorf bleibt derselbe von gleicher Breite (etwa 1--1'!/ Kilometer); dort verschmälert er sich um die Hälfte und stellt schliesslich in der Hoisbütteler Gegend nur mehr einen wenige hundert Meter breiten Wall dar, der etwa 1’/, Kilometer nordwestlich von diesem Orte plötzlich in auffälliger Weise allseitig und steil in die ihn umgebende Niederung abfällt. (Abb. 8.) Der wallartise Charakter dieses ganzen Zuges tritt überdies noch da- durch besonders hervor, dass ihn auf seiner Innenseite eine mehrere hundert Meter breite Niederung, in welche die — jetzt abgelassenen — Teiche, der neue Teich und der Bredenbecker Teich eingebettet sind, und auf der Aussenseite weite Moore und flache Haidegebiete begleiten. Von den auf seinem Kamme liegenden Hügelrücken und einzelnen Kuppen, von denen die am höchsten sich erhebenden besondere Namen tragen, so der Schü-Berg (63 Meterü. M.) und der Bocks-Berg (63,3 Meter ü. M.) hatman einen trefflichen Ueberblick über das Endmoränenstück von den Vier- bergen bis nach Hoisbüttel und gewahrt bei klarem Wetter in südlicher Richtung die Türme Hamburgs. Ein immitten der zerstreut liegenden Gehöfte, welche die Ortschaft Wul£fsdorf bilden, etwa 500 Meter von dem Damme, welcher den Neuen Teich von dem Bredenbecker Teich scheidet, entfernter Hügel dieses Zuges, ist seit mehreren Jahren zwecks Kiesgewinnung in umfangreicher Weise abgetragen worden und giebt hierdurch Gelegenheit zu beobachten, 22 dass die Hauptmasse desselben aus unterem Geschiebemergel und diesen überlagernden gestauchten Bryozoensanden besteht, um welche mantel- förmig herum mehrere Meter mächtige, nur von einer geringen Humus- decke bedeckte Blockpackungen zur Ablagerung gelangt sind. Auch der weiter nördlich, dicht vor Hoisbüttel belegene Schü-Berg offenbart — wie in einer, an seiner Nordseite belegenen Sandgrube ersichtlich ist, — dass bei der Schaffung dieser Endmoräne die auf- stauchende Kraft des Gletschers besonders zur Wirkung gelangt ist, insofern er sich aus, in einem Winkel von etwa 40 Grad aufgerichteten, bryozoenreichen Spathsanden, die von einer "/s Meter starken Geschiebe- mergeldecke überlagert werden, aufgebaut erweist. Und endlich sind auch in den, am nördlichen Ende des Walles befindlichen, ausgedehnten Kiesgruben, woselbst Blockpackungen im Verein mit fluvioglacialen Bildungen, die stellenweise von Geschiebe- mergel bedeckt werden, auftreten, die Spuren intensiver aufstauchender Thätigkeit des Gletschers bemerkbar. — Werfen wir nun noch emen kurzen Blick auf das Vor- und Hinter- land dieses Endmoränenzuges Mollhagen— bezw. Dwerkathen — Hoisbüttel, so fehlen vor dem ersten Teile desselben wiederum eigentliche Sandr. Die Schmelzwasser des Gletschers, dem dieses Stück der südlichen Haupt- moräne seine Entstehung verdankt, fanden Gelegenheit zum Abflusse in das nahe gelegene, breite, nordsüdlich sich erstreckende Thal, in das der bereits erwähnte Mühlenbach zur Bille fliesst, vermittels mehrerer von der Endmoräne aus zu diesem Thale hinziehender Senken, an deren Aus- waschung sie wohl gleichzeitig mitwirkten. In einer derselben liegt jetzt der Drathteich, in einer anderen der Mönchteich und der Stenzerteich eingebettet. Auch fanden sie ihren Weg andererseits durch die Rinne des Grossensee und die von diesem See direct südlich zur Bille hin- führende, jetzt von einem kleinen Bache durchflossene Mulde. Vor dem folgenden Teile des Zuges — Westufer des Grossensee bis zum westlichen Rande des Forstes Hagen, also in der ganzen süd- lichen Umgebung von Ahrensburg, erstreckt sich weithin nach Süden und Südwesten ein ebenes Gelände, in welchem öde Gebiete sandigen, oder sehr steinigen Bodens, weite Haideflächen und sumpfige Niederungen, in welche kleine, teilweise abflusslose Wasserbecken eingesenkt sind, sowie endlich kleine, unter Ackerbau genommene Gebiete in buntem, Wechsel durcheinander liegen. Vor der Strecke Wulfsdorf — Hoisbüttel schliesslich dehnen sich, teil- weise unmittelbar vom Fusse des steil abfallenden Endmoränenwalles aus, weithin ebene Sandflächen, welche teils mit Haidekraut und mit Nadelholzwaldungen bestanden, teils von Torfmooren eingenommen sind. Dieselben gehören einer nach Osten buchtenartig vorspringenden Zunge des Geschiebesandgürtels, welcher parallel dem Hügellande auf dem 23 Rücken der eimbrischen Halbinsel im allgemeinen in nordsüdlicher Rich- tung verläuft und dem Gebiete der Haidesandlandschaft oder der Sandr, welche im Vorlande der Endmoränen in Preussen und in Mecklenburg sich befinden, entspricht. ') Die südliche Hauptendmoräne liest also hier zuerst, seitdem sie den Stecknitzthalrand verlassen hat, auf der Grenze zwischen dem Hügellande und Geschiebesand- bezw. Haidesandebene, in demselben Grenzgebiete, in welchem auch die von Prof. Gottsche entdeckte, nördliche Haupt- endmoräne von der dänischen Grenze herab bis in die nördliche Umgebung von Nortorf dahinzieht. i Es lag nahe, anzunehmen, dass die Endmoräne von Hoisbüttel ab nordwärts nunmehr in diesem Gebiete, wohin ihr Verlauf selbst in so eklatanter Weise geleitet hatte, aufzusuchen sei, und in der That zeigte die weitere Verfolgung derselben, dass diese Annahme im Wesentlichen richtig war. Ehe ich mich nun zur Beschreibung des weiteren Verlaufes der Endmoräne wende, sei noch kurz des Hinterlandes der zuletzt beschriebenen Strecke gedacht. Das Hinterland des zwischen dem Forste Steinburg und Oetjendorf belegenen Teiles derselben hat man gute Gelegenheit zu überblicken, wenn man mit der Bahn von Oldesloe südwärts nach Schwarzenbeck fährt. Man bemerkt dann, wie die ebene Grundmoränenlandschaft, welche die Bahn von Rolfshagen aus durchschneidet, bis nahe an die Endmoräne heranführt und erst wenige Kilometer nördlich von derselben einer nicht besonders stark coupierten Grundmoränenlandschaft Platz macht. Am stärksten coupiert tritt die Grundmoränenlandschaft im Forste Hainholz nördlich der Endmoräne zwischen Siekerberg und Hoisdorf auf. — Im Hinterlande der südlich von Ahrensburg belegenen Strecke findet sich eine flachwellige Geschiebemergellandschaft, die, soweit sie mir bekannt geworden ist, auch mit der Annäherung an die Endmoräne keine stärkere Oberflächenbewegung zeigt und östlich der Zugstrecke Wulfsdorf-Hoisbüttel schliesslich zwischen dieser und dem Orte Ahrensburg: breitet sich ein ebenes Gelände mit sandigem, unfruchtbaren Boden aus. 'Teilstrecke Hoisbüttel — Vineier. Messtischblätter: Ahrensburg 935; Bargteheide 938; Leezen 744. Von Hoisbüttel ab zeigt die Endmoräne auf ihrem weiteren Wege nicht mehr einen so trefflichen Zusammenhang wie bisher, sondern weist, wenn auch nur für kurze Entfernungen, häufig Unterbrechungen auf. Dieses macht sich bereits gleich auf dem an die zuletzt geschilderte ') Vgl. Gottsche, Endmoränen I, 14. 24 Strecke sich anschliessenden Stücke Hoisbüttel—Vincier mehrfach be- merkbar, in noch stärkerer Weise aber auf ihrem Verlaufe von letzterem Orte ab bis zu ihrem Endpunkte in der Nähe des Stocksee's. Auf dieser letzten Strecke tritt sie, wie hier gleich erwähnt sein mag, — von wenigen Ausnahmen abgesehen — auch bei weitem nicht ' mehr so deutlich aus dem Relief ihrer Umgebung hervor wie bisher, und auch in ibre innere Ausbildungweise ist häufig, infolge Mangelns geeigneter Aufschlüsse, kein genügender Einblick zu gewinnen. Die Fortsetzung derselben nach Vincier zu findet sich bei Bünning- stedt, einem 2 Kilometer östlich vom Hoisbütteler Walle, jenseits der von der Hunnau durchflossenen Niederung belegenen Dorfe. Von hier streicht sie in nordöstlicher Richtung über Delingsdorf in die südliche Umgebung ‘von Bargteheide in der Form eines flach- welligen, schmalen Höhenzuges, auf dem bei der Ortschaft Kremerberg, sowie auf halbem Wege zwischen Delingsdorf und Bargteheide mehrere kuppelförmige Hügel, Letztere den Namen Bornberge tragend, zu bemerkenswerter Höhe (58,: Meter ü. M.) aufragen. — Nach Westen flacht dieser Höhenzug rasch ab und wird dort teilweise direkt von einer Zunge der Haidesandebene, im Osten aber in längerer Ausdehnung vom Bargteheider Moor flankiert. Auskunft über die geognostische Zusammensetzung dieser Zugstrecke gewähren einige Kiesgruben bei Delingsdorf und besonders solche bei den Abbauen bei Kremerberg. An den Wänden einer der Letzteren waren folgende Profile von oben nach unten zu konstatieren: An der Nordwestwand: !/, Meter Humus, a > Packung kleiner, nicht über kopfgrosser Geschiebe, a; >. sandig-thonige Schicht, 4—5 » bis zur Sohle Geschiebepackungen, deren Blöcke nach der Tiefe zu an Grösse zunahmen, mit geschichteten groben Granden wechsellagernd. An der Nordwand: !/, Meter Humus, Ja > Packung kleiner Geschiebe, »/, » Mergelsand, 4 » Blockpackung, mit geschichteten Granden wechsellagernd. An der Nordostwand: '/; Meter ungeschichteter Geschiebesand mit Blöcken, a» Geschiebemergel mit vielen über kopfgrossen Blöcken, /; >» Geschiebepackung, I :» Mergelsand, 2 » bis zur Sohle geschichtete Grande mit Lagen von Blockpackung. DD 5 Auch hier nehmen also wieder Blockpackungen, aufs Engste mit glacialen und fluvio-glacialen Bildungen verknüpft, an der Bildung der Endmoräne teil. Bargteheide selbst liegt in einem ebenen Gelände, das sich nord- wärts bis zu den 2 Kilometer entfernten, dicht südlich vor dem Dorfe Elmenhorst liegenden Siebenbergen erstreckt und im Osten, wie ein Blick von dem nach Vorburg-Tremsbüttel hinführenden Fahrwege nahe dem Bahnhofe lehrt, in eine, sich von Nordosten nach Südwesten, parallel der Bahn hinziehende, weite Mulde übergeht, die am fernen Horizonte von den Höhen bei Fichede und jenem, zwischen dem Forste Steinburg und Dwerkathen sich erstreckenden, die Endmoräne auf semem Rücken tragenden Höhenzuge begrenzt wird. Die Siebenberge ragen als eine Gruppe glockenförmiger, durch Abbau sehr zerstörter Hügel etwa 15 Meter hoch über ihre Umgebung (65,5 Meter über dem Meeresspiegel) empor und bilden den Anfang eines etwa 1!/s Kilometer breiten, leicht zu umgrenzenden Endmoränenzuges, der von hier, ohne auszusetzen, bis zu dem etwa 6 Kilometer nördlich belesenen Dorfe Tönningstedt streicht. Die an ihrem Aufbau beteiligten, an der Sohle derselben lagernden Blokpackungen sind von mächtigen fluvio-glacialen Sedimenten und teilweise auch von Geschiebemergel bedeckt. Da man hieraus auf ein häufiges Schwanken des Gletscher- randes schliessen darf, so geht man wohl nicht fehl in der Annahme, dass die scheinbare Unterbrechung des Zuges in der nördlichen Umgebung von Bargteheide darauf beruht, dass die beim ersten Stillstande des Eis- randes abgelagerten Blockpackungen durch ein oder mehrmaliges Vor- dringen desselben eingeebnet und mit Thonen und Sanden und auch Grundmoräne beschüttet wurden. Sowohl die äussere als die innere Entwicklung dieses Zuges, der im Allgemeinen parallel dem von Elmenhorst nach Sülfeld—Tönningstedt führenden Fahrwege verläuft, erweist sich als eine sehr einheitliche. Wiederum sind es die charakterischen, teils langgestreckten, teils kuppel- und glockenförmigen, hinter und nebeneinander gereihten Hügel, welche denselben zusammensetzen, und die auch hier wiederum, indem sie zum- teil 20—30 Meter über die angrenzende Landschaft emporragen, be- stimmend für die Oberflächenconfiguration dieser Gegend sind. Block- packungen, häufig im Verein mit fluvio-glacialen Sedimenten sind an ihrem Aufbau im Wesentlichen beteiligt, wie an zahlreichen Punkten, so u. A. in den Kiesgruben, welche sich in den Siebenbergen, ferner bei den Gehöften Neuenteich und Hambergen und endlich in den, in der Nähe des Gehöftes Bargerhorst die höchste Erhebung dieses Zuges bildenden Hügeln (C6,2 Meter über dem Meeresspiegel) sich befinden — wahrzunehmen ist. — Stauchungserscheinungen machten sich hier nur in geringem Maasse bemerkbar. Bestreuung konnte nirgends beobachtet 26 werden, doch liegen die Blockpackungen so dicht unter der Oberfläche, dass bei jedem tieferen Pflügen massenhaft. Blöcke zu Tage befördert werden. Für den in Angriff genommenen Bau einer Chaussee von Elmenhorst nach Sülfeld sind auf diese Weise gewaltige Mengen von Blöcken und Felsen dem Boden entrissen worden. Trotzdem der Grund so steinigt ist, ist doch der grösste Teil der Endmoränenhügel in Kultur genommen worden und findet als Ackerland oder Weideland Verwendung. Der .landschaftliche Charakter dieser Zug- strecke ist daher ein anderer, weit freundlicherer als der der Strecke Bollmoor—Hoisdorf. Unmittelbar nördlich von Sülfeld durchbricht die von Nordwesten kommende Norderbeste den Zug, der jenseits des tiefen, steilrandigen Erosionsthales über Tönningstedt, entlang des nach dem Gute Borstel führenden Fahrweges bis dicht vor das Letztere dahinzieht, wobei die Höhe der Hügel allmählig abnimmt. Auf der Feldmark von Tönningstedt eben nördlich des Dorfes be- findet sich in den Endmoränenkuppen eine Reihe von sehr umfangreichen Kiesgruben, die seit Jahren ausgebeutet werden. Ungemein gross ist hier die Zahl der aus den Geschiebepackungen stammenden silurischen Kalke, so dass man unwillkürlich an die von Stolley !) hervorgehobene Erscheinung der Geselligkeit gewisser Geschiebe erinnert wird. Während sich im Westen bis dicht an die Endmoräne hier eine Zunge der Haidesandebene, die wie hier, so auch auf dem weiteren Verlaufe nach Norden grösstenteils nachträglich in ein Torfmoor um- gewandelt worden ist, ausbreitet, lest sich nach Norden vor dieselbe zwischen Tönningstedt und Vincier als ein gewaltiger Riegel, der sich zu der ansehnlichen Höhe von 77,2 Meter Meereshöhe erhebende Kling-Berg. Von seinem Gipfel, der eine überraschende Fernsicht, im Norden über Segeberg hinaus, gewährt, sieht man, wie derselbe nach Norden und Süden steiler als nach Osten und Westen allseitig in die flachere Landschaft, die ihn umgrenzt, abfällt und wie er seinen Namen nicht zu Unrecht trägt, da zahlreiche schmale Wasserrinnen nach allen Himmelsrichtungen von seiner Peripherie ihren Ursprung nehmen. Ob der Kling-Berg, wie man infolge seiner Lage und seiner äusseren Gestalt wohl annehmen könnte, als ein Endmoränenwall anzusehen ist, muss, da kein Aufschluss über seinen geognostischen Aufbau genügende Kunde giebt, in Zweifel gelassen werden. ‘) Stolley, Geologische Mitteilungen von der Insel Sylt. III. 62. N Verlauf der nördlichen und südlichen N dinoräne =— Wndmorane. in der weiteren Umgebung Lübecks 2130 Honikude Schönmohld LE fra nbek. GE \ / Westenst u 2 ame MET - by BZ arg a ‚Sehunals weh Vantehth OMeRingrade —— Licklingen SICHASJIE f / IR stedt de un (2 Neuro \ \ \ . e) Has al Langkıharm an i III N [4 vdel delt en hattendorf 5 Sr h a ‘ = ZN Ayzusen / FINE Brafnfeld ] ARE Andsberr“ ! _ 5) l ytchegde N Hampnodf . a" Bee BD Hr ? eg, Eraser a) — Braak‘ 7 »W Far EZ 7 EL Wikhave Gremsdinie zrisch ( : schen. der ‚Hlandschaft - Hug ZUR JE und dem Gebiet Eranzdorf Sn ultenkarl 2 ne Tratteat Hohen pen | ansuhn J Ne _ Trzafrie IN S hrdsch Voynga Alenzatı ö Le 5 4 Eu v / AN ° / \ MKudas eo i entf Nu \ \ All \ ak No7 7 f nr N Barghorst = Z ° tessehrmde Z Gleschendf, We N 6 N tinımendf, \ Ik Fark LRPELH, \ Ö RS 2x welt Se I Cana Gr Rarın Le) =, Tüfk en Ss & Nidplde RS: Un 2 1 — Pan 214 ER AN [ U 1% An herdensdf \ He S A Schenkenderg srl Plästerauf \ > Furtess y | | | j; Syıypak rade & >= anıdesn . 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Hier wird, um das Material für den Bau einer Chaussee nach Oldesloe zu beschaffen, ein flacher Hügel in ausgedehntem Umfange abgegraben, und sind dadurch teilweise von Geschiebemergel bedeckte, mächtige Blockpackungen, von denen, wie auch an den sie unterteufenden und sie überlagernden fluvioglacialen Bildungen starke Druck- und Stauchungserscheinungen bemerkbar waren, blossgelegt. Von Vincier verläuft die Endmoräne bis zu dem etwa 8—9 Kilometer entfernten Dorfe Schwissel stets in nördlicher Richtung über Tralau, Neversdorf und Bebensee, und zwar vom Dorfe 'Iralau ab hart am rechten Thalrande des Travethales entlang. Bis Neversdorf tritt sie hier als ein schmaler, wenig markant gegliederter, im allgemeinen flachwelliger, über seine Umgebung aber doch wirkungsvoll hervorragender und daher meist eine weite Fernsicht, namentlich nach Osten und Westen gewährender Höhenrücken auf. Denselben krönen bei Tralau für eine Strecke von 1'/s Kilometer eine Reihe von charakteristischen Endmoränenkuppen und weiter nördlich zwischen 'Tralau und Neversdorf mehrere flache, langgestreckte Hügel. Bis in die Nähe von Tralau ist im Bereiche der Endmoräne unfrucht- barer, mit Nadelhölzern und Haidekraut bestandener Sandboden vorhanden, nordwärts von diesem Orte wird auf ihr wieder Ackerbau betrieben. Zwischen Neversdorf und Schwissel löst sich der Zug wieder in einzelne Hügel, die sich durch keine besondere Höhe auszeichnen, auf. Er liegt hier zwischen dem Fahrwege, der in gerader Linie nordwärts nach Schmissel führt und dem Travethale, und für eine Strecke von 11a —2 Kilometer sogar so hart auf dem, hier steil abgeböschten Rande desselben, dass er, als die Traye in einer späteren Phase der Abschmelz- periode in breitem Strome das jetzt für sie viel zu weite Thal erfüllte, von derselben bespült ward. Mehrere Hügel dieses Teiles der Endmoräne zeigen eine nicht unerhebliche Beschüttung mit Felsen auf, und in mehreren, allerdings nur bis 3 Meter tiefen Anschnitten, sind Blockpackungen von gleicher typischer Beschaffenheit wie bei Oetjendorf, nur von einer dünnen Humusschicht bedeckt, freigelegt. — Andere, nahe vor Schwissel ‘gelegene steile Kuppen, erwiesen sich als aus gestauchten Sanden und Granden bestehend. 28 Vom jenseitigen Traveufer aus dehnt sich in dieser Gegend eine, nur geringe Höhendifferenzen zeigende Grundmoränenlandschaft, die von der Bahn zwischen Oldesloe und Neumünster durchschnitten wird, weithin nach Osten aus, während sich im Vorlande der Endmoräne, die Haide- sandebene bald in geringerem, bald in grösserem Abstande, ausbreitet. Eben nördlich von Schwissel ändert die Endmoräne plötzlich ihre bisherige Streichrichtung und wendet sich aufs Neue westwärts. Als ein mässig breiter, geringe Höhenunterschiede aufweisender Rücken, der wie eine, in seinem an der Chaussee von Segeberg nach Leezen führendem Teile (nahe dem Chausseewärterhause) belegenen Kies- grube lehrt, durch Aufschüttung (Geschiebepackung) entstanden ist, erstreckt sich dieselbe bis zu dem östlichen Rande der sich zwischen Wittenborn und Leezen in nordsüdlicher Richtung hinziehenden, nahezu 1 Kilometer breiten Senke, an derem westlichen Rande gegenüber das Dorf Kükels liest. Etwa 1'/s Kilometer von diesem Orte entfernt, zwischen ihm und den Dörfern Fredersdorf und Todesfelde, befindet sich ein Endmoränen- stück von so eigenartiger äusserer Gestalt, wie es bisher auf der be- schriebenen Strecke noch nicht vorgekommen ist. Von Nordosten nach Südwesten erstrecken sich in diesem (Grebiete drei wallartige, steilab- geböschte, parallel miteinander verlaufende Rücken, an deren Flanken sich schmale, grabenartige, grösstenteils trockene Rinnen dahinziehen. Während die Länge der beiden östlichen Wälle annähernd die gleiche ist und ungefähr 1 Kilometer beträgt, ist der westliche Wall nur etwa halb so lang, und von gleicher Länge ist auch die‘ vor seiner westlichen Flanke belegenen Rinne. Die Breite der Rinnen ist ebenfalls annähernd dieselbe und beträgt grösstenteils etwa 50 Meter. Die den östlichsten Wall begrenzenden Rinnen vereinigen sich dadurch, dass sich der Wall, der an seinem südlichen Ende 150 Meter breit ist, nach Norden bis auf 50 Meter ver- jüngt, und bilden zusammen eine über 100 Meter breite, mit Moor erfüllte, steilrandige Mulde, die sich noch für 200 Meter nördlich erstreckt, in welcher der von Fredersdorf nach Kükels führende Fahrweg entlang läuft und in der sich eine rundliche, aus fluvioglacialen Sedimenten auf- geschüttete Kuppe erhebt. Die beiden anderen Wälle sind 250 Meter breit und verschmälern sich nicht. Nach Süd-Westen flachen die Wälle ab und finden jenseits des Fahrweges zwischen Fredesdorf und Todes- felde ihre Fortsetzung in mehreren, zwischen diesem und dem Moor belegenen Kuppen. In einem kleinen, zwecks Gewinnung. von Material zur Anlegung eines Weges durch einen der Wälle geschaffenen Anschnitte, waren Grande, die in Blockpackungen übergingen, entblösst. Wie felsbestreut diese Wälle ehemals gewesen sein müssen, geht aus der gewaltigen Ver- 29 wendung von solchen in Todesfelde und in Bark hervor, woselbst um jedes Gehöft ein Wall von Steinen, bezw. Felsen aufgeführt ist, und einzelne Gebäude völlig aus Feldsteinen errichtet, sind. Etwa 1 Kilometer nördlich von Kükels findet sich, hart am Rande der weiten flachen Geschiebesandebene, ein weiteres, auf Wittenborn hin- führendes Endmoränenstück. Dasselbe besteht in einer Bodenschwelle, welche durch den Mözener See — über dessen Wasserspiegel sie sich im Durchschnitt um 25—30 Meter erhebt — von der im Osten ent- wickelten, durch die Mözenau und die Trave vielfach zergliederten Grund- moränenlandschaft getrennt wird, und auf welcher ein schmaler Zug hintereinander liegender, steil abgeböschter, glocken- und kegelförmiger, teilweise in geringem Masse mit Felsen bestreuter Kuppen aufgesetzt sind. Zwischen Wittenborn im Süden einerseits und Schackendorf im Norden andrerseits, dehnt sich im Westen von Segeberg ein von der Trave in nordsüdlicher Richtung durchströmtes, in der Nähe von Witten- born bis auf 61,ı Meter sich erhebendes Geschiebemergelgebiet. Zwischen diesem wiederum und der Haidesandebene, die einerseits grösstenteils in Moore umgewandelt ist, deren Sande andrerseits westlich von Wittenborn zu mächtigen Binnenlandsdünen aufgetürmt sind, erstreckt sich von letzterem Orte nach Fahrenkrug ein niedriger, in einem Wege- einschnitte eine, in Grande eingeschlossene Geschiebepackung kopfgrosser Blöcke zeigender, — zwischen Fahrenkrug und Schackendorf andrerseits ein auf 69 Meterü.M. sich erhebender, schmaler Höhenrücken, welche als die Fortsetzung der Endmoräne in diesem Gebiete anzusehen sein dürften. Von dem Letzteren, der hinsichtlich seiner Endmoränennatur noch der näheren Untersuchung bedarf, hat man eine ähnliche umfassende Aussicht auf die ganze Umgebung Segebergs, wie von dem 90,» m hohen Kalkberge. Die Aussicht ist aber von hier insofern günstiger, als die Höhenzüge dieser Gegend nicht wie vom Kalkberg aus flach erscheinen, sondern kräftig und deutlich modelliert aus der übrigen Landschaft hervortreten, und so imponiert denn von hier — wenn man nach Osten schaut — ganz besonders als ein auffälliger, einheitlicher Gebirgszug der Kagelsberg, die Stipsdorfer Höhen und der Segeberger Kalkberg. Nach Norden und Westen schweift der Blick über die weite Geschiebesand- bezw. Haidesandebene, und namentlich nach Westen hlickend, hat man auch ohne, dass man sich daran erinnert, dass bereits seit langer Zeit von mehreren Geologen (s. Gottsche, Das marine Diluvium, pag. 66) das Vorkommen von marinen Thonen am Fusse dieses Berges — sowie bei Tarbeck — als ein Anzeichen einer ehemaligen Verbindung zwischen Nordsee und Ostsee, gedeutet worden ist, den Ein- druck, als stände man hier am Rande der Geest oder einer Meeresküste. Ausser bei Segeberg finden sich einer älteren Formation angehörende Gesteine noch bei Muggesfelde, wo miocäner Glimmerthon ansteht und 30 bei Sandesneben, wo die Meyn’sche geologische Karte einen Tertiärpunkt (Miocän) verzeichnet.') Es sind dieses so wenig zahlreiche derartige Vor- kommen im Bereiche der südlichen Hauptendmoräne während ihres Verlaufes durch Lauenburg und Holstein, dass hier kaum ein solcher Causalnexus zwischen diesen beiden Erscheinungen bestehen dürfte, wie Schröder?) ihn infolge des zahlreichen Auftretens von Kreide- und Tertiärpunkten in der Umgebung einer Endmoräne der nördlichen Ucker- mark glaubte annehmen zu müssen. Nicht unerwähnt möchte ich es jedoch lassen, dass ich Gelegenheit hatte, am östlichen Travethalrande, wenige Kilometer südlich von Segeberg bei Herrenmühle, einen mit Schreibkreide derart durchsetzten Geschiebemergel zu beobachten, dass man auf den ersten Blick annehmen konnte, anstehende Kreide vor sich zu haben. Wie mir mitgeteilt ward, haben in der That dortselbst angestellte Bohrungen unter dem Mergel Kreide angetroffen. Es ‚scheint ferner hier. der Ort zu sein, des ungemein häufigen Vorkommens von Geschieben des Holsteinischen Jura an zahlreichen Orten der Endmoräne im Lauenburgischen und Südholsteinischen zu gedenken. Ausser an den, bereits vor langer Zeit durch Meyn°) und !) Was Meyn zur Angabe dieses Vorkommens bewogen hat, dürfte, wenn ich recht unterrichtet bin, aus einer Mitteilung in seinem Werke »Geognostische Beschreibung der Insel Sylt und ihrer Umgebung« hervorgehen, woselbst es Seite 625 heisst: »Aus dem Herzogtum Lauenburg, das grossenteils von derselben Miocän- formation unterteuft ist, erhielt ich kürzlich Nachricht über ein noch viel ‚schöneres Vorkommen (— nämlich von Limonitsandstein, der — nach Meyn — aus weichem, feinkörnigen, glimmerreichen und rostfarbenen Sande besteht, in welchem verhärtete kugelrunde. Concretionen desselben Sandes eingebettet liegen — Anmerkung des Verf.) wobei nicht nur die unverwitterte Kugel, sondern auch die daraus entstandene Eisensteinniere, welche mit hartem, sandigen Eisenoxydhydrat einen weissen Sand einhüllt, beobachtet wurde. Herr Pastor Oatenhusen in Sandesneben schreibt über eine dasige Brunnen- grabung, nachdem er die oberen Schichten vorher charakterisiert, am 5. Mai 1876 wörtlich: »— dann kam eine Schicht sehr fetter Thonerde ganz von Silber- glanz durchzogen (Glimmerthon). . Zerrieb man sie mit den Fingern, so wurden diese fettig und grauweiss glänzend. Darauf folgte eine 14 Centimeter dicke Lage Ocker und unter dieser weissgelber Sand, in welchem jetzt, bei einer ganzen Tiefe von 15 Metern, sich Wasser zeigt. Aber in diesem Sande, 12—13 Meter unter der Erde, fanden sich nach Meinung der Leute Kanonen- kugeln und Hohlgeschosse. Zehn völlig runde Vollkugeln haben bei einander gelegen, jede von 16 Centimeter Durchmesser und 11—12 Kilogramm Gewicht, dem Anschein nach von Eisenstein, wenn es solchen giebt (sandiger Sphärosiderit).« u. s. w. 2) H. Schröder, Endmoränen in der nördlichen Uckermark und Vorpommern. Zeitschrift d. Deutschen geolog. Gesellschaft 1894, Bd. XLVI, pag. 300. ?) Meyn, Zeitschrift d. Deutschen geolog. Gesellschaft 1867, XIX, pag. 41 ff. und 1874, XXVI, pag. 356. 31 Gottsche!) bekannt gewordenen Fundorten — Vierberge, Wulfsdorf und Hoisbüttel bei Ahrensburg — und ausser bei Ritzerau, woselbst Stolley°) und ich 1895 das Vorhandensein dieser Gesteine konstatieren konnten, fand ich in diesem Jahre dieselben in lokaler Anhäufung vor bei Mollhagen, bei Oetjendorf und bei Kremerberg, nördlich von Ahrens- burg. Für die Richtigkeit der zuerst von Meyn ausgesprochenen An- sicht, dass diese Jurageschiebe Reste zerstörter Schichten des benachbarten Untergrundes darstellen, dürfte der Nachweis weiterer Fundorte derselben in der Nähe der bereits bekannten, nicht ohne Belang sein | Zwei Kilometer östlich des Fahrenkruger Höhenzuges und von diesem durch das tiefe Travethal geschieden, erheben sich zwischen dem Ihlsee und dem Dorfe Gr. Rönnau zwei 300—400 Meter im Durchmesser habende, ziemlich kreisrunde mit Kiefern und Haidekraut bestandene Hügel auf 40 Meter Meereshöhe, in derem nördlicheren ausgedehnte Blockpackungen, bedeckt von mehrere Meter mächtigen, sedimentairen Schichten, vorhanden sind. Jenseits der Traveniederung, nahe dem östlichen Ausgange von Gr. Rönnau, befindet sich wiederum ein weiteres Stück Endmoräne in Gestalt einer schmalen Terrainerhebung, welche nur undeutlich gegliedert ist, und sich wenig hinsichtlich ihrer Oberflächenformen und Höhen- verhältnisse von dem sie umgebenden Gelände abhebt. Dieselbe verläuft an der Ostseite des von Rönnau nach Muggesfelde führenden Fahrweges bis zur östlichen Umgebung des Blunker See’s und zeigt sich hier sowohl wie südlich bei den Abbauen zu Krems — die Aufschlüsse liegen hart am Fahrwege — als durch Aufschüttung zustande gekommen. In ersterer Gegend befindet sich ‘die Endmoräne auf einer 500 Meter breiten Landenge zwischen dem Blunker See und einer schmalen Niederung, welche die Fortsetzung der rinnenartigen von SO. nach NW. streichenden Mulde, in der ein Teil des Wardersee’s eingebettet ist, nach Nordwesten bildet. Auf den ersten Blick könnte man geneigt sein, in. diesem Teile des Wardersee’s sowie in dem in gleicher Richtung sich erstreckenden Blunker See ein Erosionsthal, in welchem die Schmelzwasser, als der Gletscher im Gebiete des Wardersee’s und östlich davon — hier ist wieder eine Endmoränenstaffel entwickelt — stand, nach Westen abflossen, zu sehen. Dass dieses aber nicht der Fall gewesen, dass die Schmelzwasser der letzten Vereisung diese Landenge nicht überflutet haben. dürfte aus der Erwägung hervorgehen, dass die Meereshöhe der Landenge 45 bis 50 Meter, die der Gegend zwischen Krems und Warder, wo jetzt die Trave abfliesst, aber nur 30, höchstens 35 Meter beträgt. !) Gottsche, Die Sedimentairgeschiebe d. Provinz Schleswig-Holstein. 1883. 2) Stolley, Einige neue Sedimentairgeschiebe etc. in Schriften d. naturw. Vereins f. Schleswig-Holstein. Bd. XI, Heft 1, pag. 143. 32 Es musste mithin der See, dessen Wasserspiegel jetzt in etwa 26 Meter Meereshöhe liest, schon bei einem Aufstau von nur 5—10 Meter seinen Abfluss in der jetzigen Weise nehmen und die erwähnte Thal- mulde muss daher in einer früheren Zeit entstanden sein, sei es durch tektonische Einflüsse — wie man infolge des auffälligen Parallelismus, den sie mit anderen, zwischen ihr und dem Plöner belegenen, rinnenartigen Mulden, — in deren Eine der Muggesfelder See, der Nehmser See und die Garbecker Au, in deren Andere der Seekamper und der Seedorfer See eingebettet liegen, zeigt, glauben möchte, — oder durch den Gletscher und die Schmelzwasser der Hauptvereisung. Zwischen dem Blunker See und dem Muggesfelder See nimmt die Endmoräne noch einmal wieder die für sie so charakteristischen Terrain- formen an und in gleicher äusserer Form erscheint sie zwischen Damsdorf und dem Dorfe Stocksee, nahe dem westlichen Ufer des Sees gleichen Namens. Der Boden dieses letzten Teiles derselben ist ungemein reich an Geschieben: wo an den Abhängen der Hügel Erosion stärker hat wirken können, ist dieses besonders ersichtlich. Ein etwa 500 Meter südlich vom Dorfeingange von Stocksee, auf der Höhe des Rückens, am Rande des Waldes belegener kleiner Aufschluss, wies auch hier wieder Block- packung: auf. Auch der Geschiebesand im Vorlande dieses Zuges, zwischen Dams- dorf und Stocksee, westwärts nach Tarbeck zu, und südwärts über Tens- feld hinaus, zeigt einen auffälligen Reichtum an Geschieben. Stellenweise findet man in Anschnitten, die Geschiebe ohne Zwischen- lagerung von Sand aufeinander ‘gepackt in ähnlicher Weise, wie die gerundeten Blöcke eines Strandwalles. Vom Nordufer des Muggesfelder Sees, woselbst sie ihre Anwesen- heit durch das Vorkommen von Geschiebepackung in einer, am Rande der Niederung, gegenüber der Mühle belegenen Grube verrät, bis in die Nähe von Damsdorf, ist die Endmoräne durch die Erosionsthätigkeit jener Schmelzwasser, welche in einem späteren Abschnitte der Abschmelz- periode, als sich der Eisrand im Gebiete des Plöner Sees und jenseits desselben befand, in dieser Gegend ein mächtiges Thal eingruben, zerstört worden. Dieses Erosionsthal führt aus dem Plöner See an Teensfeld, Mugges- felde, Blunk, Petluis und Daldorf vorbei bis in die Gegend von Ricklingen, wo es in die weite Thalsenke übergeht, in welcher die Radesforder Au und die Rothmühlenau, durch deren Zusammenfluss die Oster-Au entsteht, dahinfliessen. Zwischen Tensfeld und dem Plöner See dient das Thal, welches hier 500-1000 Meter breit ist, und zum teil hohe, schroffe Ränder zeigt, der Tensfelder Au als Bett. Von Tensfeld ab nach Süden und Westen nimmt das Thal an Breite zu, wird aber allmählig immer flacher. 'ZI 291g oypıg "SANqUIIg 99810] U SOfemusug.Lowpurf sop Opurf sSOyomso A ‘= 'gdy ‘aosuolyn] AP apunadasyuıgp wT SIESESEEIS ‚100WJ[oF 194 9Ugaowpur ‘e aav RE EN) N ; ENT N: "GT 9908 oyprg 'J1opuslpH :Sunypedy9olg 9 ‘gay EN EN "6T ONOS ayprg Fopwlpo :Sunspedyaorg ‘9 gay u I ‘ \ Zn Po A: TE sestauc kpackung: N Aufgestauchte Blockpackung So Er a Vierberge bei Ahrensburg. - a I ur 1 t a u ‘1g aag oyaıg -yngstog] 194 [eauoup.topunr ‘8 gay Abb. 9. Siehe Seite 40. Aufgestauchter, Druckschieferung zeigender Geschiebemergel. Endmoräne: Rauhe Berg bei Ratekau. WTA "IF OS ayaıs "FIOPSUBT 194 SIaqaı9 :AUBIOWUIPUT ‘or 'gay au PN D2 At De N 33 Zwischen Petluis und Brandsmühle fliesst in ihm die Blunker-Au hin, und zwischen Daldorf und Brandsmühle die Brandsau, die hier die Erstere in sich aufnimmt und sich nach Süden zur Trave begiebt. Um unter heutigen Verhältnissen nach Westen durch dieses Thal abfliessen zu können, müsste der Wasserspiegel des Plöner See’s, der sich jetzt in 21,8 Meter Meereshöhe befindet, um mindestens 17 Meter höher liegen und, um das Thal selbst schaffen zu können, müssen, da sich der Rand desselben jetzt stellenweise 10 Meter und mehr über der Thalsohle be- findet, zur Zeit der Abschmelzperiode die Wasser desselben Sees noch um mindestens 10 Meter — im Ganzen also um etwa 27 Meter aufgestaut gewesen sein. — Gelegentlich der Erwähnung der Beziehungen der südlichen Haupt- endmoräne zum Limes Saxoniae, deutete ich bereits an, dass solche auch noch auf anderen Teilen des Zuges bemerkbar seien. Dieses ist, wie ich hier anführen möchte — auf der Strecke von Vincier ab, woselbst die Endmoräne zuerst den Travethalrand erreichte, bis zu ihrem Endpunkte am Stocksee der Fall. Die Grenze zwischen Slaven und Sachsen bildete, wie ältere und neuere Forscher (Janssent, Bangert l. ce.) annehmen, in dieser Gegend ebenfalls das Travethal bis zur Einmündung der Brandsau in dasselbe; von dort ab das Thal, in welchem Letztere fliesst, und hierauf das eben beschriebene Erosionsthal, welches an Blunk (Bulilunkin) vorbeizieht, in welchem die Blunkerau und die Tensfelderau fliessen und das »die Flussgebiete der Trave und der Schwentine miteinander verbindet. « In diesem entlang verläuft die Grenzlinie bis im die Nähe von Hornsmühlen, an welchen Ort hin Bangert (l. c. 27) den vadum Agrimeswidil, die Furt Agrimeswidil verlegen möchte, und begiebt sich darauf entlang den Gemarkungsgrenzen von Damsdorf und Stocksee zum Stocksee (stagnum Colse). Auf dieser letzten Strecke fallen Endmoräne und Sachsenwall wieder völlig zusammen, wie zwischen Vincier und Schwissel. In der Voraussetzung, dass die Endmoräne wie bisher, so auch ferner in dem Grenzgebiete zwischen dem Geschiebesande und der Hügel- landschaft verlaufen würde, glaubte ich sie vom Stocksee ab in dem Gebiete, welches sich zwischen diesem und Neumünster erstreckt, auffinden za können. Es gelang mir jedoch nicht, dieselbe hier mit Sicherheit nachzuweisen, und muss es späteren Untersuchungen vorbehalten bleiben zu entdecken, ob und wo sie sich mit dem von Gottsche nachgewiesenen Zuge vereinigt. ») K. Jansen, Bemerkungen zum »limes Saxoniae Karl des Grossen« von Beyer, in der Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holstein-Lauenburgische Geschichte. Bd. XVI, pag. 353. 34 Die Klingenberge zwischen Bornhöved und Neumünster sind zwar ohne Zweifel ein Stück einer Endmoräne und nicht ein von Menschen- händen errichteter Wall, wie Schröder und Gloy'!) es meinten, allein, da sie im Gebiet des Geschiebesandes liegen, so dürften dieselben wohl zu einer älteren Endmoränenstaffel derselben Abschmelzperiode gehören. Bemerkenswert ist, dassin dem Vorlande der nördlichen Hauptmoräne von Blocksdorf aus, woselbst dieselbe das Grenzgebiet zwischen der Geschiebesand- und Hügellandschaft verlässt, bis zum Schwentinethal in der Nähe von Preetz hin, keine Sandr, sondern ein mit Geschiebemergel bedecktes Gelände sich ausbreitet. Es dürfte dieses vielleicht dadurch zu erklären sein, dass die Schmelzwasser hier Gelegenheit fanden, in zahlreichen breiten Rinnen zum westlich und südlich gelegenen Geschiebe- sandgebiete abzufliessen. Zu solchen Rinnen, welche, wie ein Blick auf die Karte des deutschen Reiches, Blatt 82 (Neumünster) oder auf die Meyn'sche Karte lehrt, radiär zu Letzterem gerichtet sind, dürfte erstens die gehören, in welcher der Post-See, der Brahm-See und der Borgsdorfer See bei Nortorf, zweitens diejenige, in der der Bordesholmer- und der Einfelder-See nördlich von Neumünster, drittens diejenige, in der die Droge-Eider und der Bothkamper-See, und viertens, die, in welcher der Post-See, die Kührener Au, der Stolper-, der Schieren- und der Born- höveder See — sich befinden. Auch vor der Strecke dieser Endmoräne, von Preetz ab bis in die Gegend von Süsel, sind eigentliche Sandr nicht vorhanden. An ihrer Stelle erstrecken sich hier die grossen, von der Schwentine durchflossenen Seen (Plöner See, Diek-See, Keller-See u. v. A.), welche dem Anscheine nach zur Zeit der Abschmelzperiode den Schmelzwassern hier als Sammel- beeken dienten. Aus ihnen flossen dieselben einerseits nach Süden in das Thal der Schwartau, (vgl. unten Seite 42) und andrerseits aus dem Plöner See durch das erwähnte Erosionsthal nach Westen ab. — Werfen wir nun an dieser Stelle und ehe wir auf die Besprechung des Verbindungsstückes der nördlichen Hauptendmoräne zwischen dem Dassower See und Süsel eingehen, nochmals einen kurzen Blick auf den Verlauf der im vorhergehenden beschriebenen Endmoräne im Allgemeinen und ihrer inneren und äusseren Ausbildungsweise im Besonderen zurück, so ist in ersterer Hinsicht noch zu erwähnen, dass die Endmoräne in gleicher Weise, wie es an anderen Endmoränen Norddeutschlands beobachtet worden ist, meist auf den höchsten Punkten der von ihr durchlaufenen Gegend in wechselnder Meereshöhe liegt — man vergleiche die auf der, dieser Arbeit beigegebenen Karte eingetragenen Zahlen! — ı) Vgl. Zeitschrift der Ges. f£. Schleswig-Holstein-Lauenburgische “Geschichte, Bd. IV und Band V, pag. 26 und Gloy, Der Gang der Germanisation in ” Ostholstein in »die Heimat«, 4. Jahrg. No. 7 und 8, pag. 156. 35 und dadurch mehrfach die Wasserscheide zwischen zwei Flussgebieten, z. B. auf der Strecke Sandesneben —Mollhagen zwischen den: Zuflüssen der Bille und der Trave und auf der Strecke Vincier—Segeberg zwischen den Zuflüssen der Stör und der Trave, bildet. Meist überragt sie in dieser Lage das an sie angrenzende Gelände ihres Hinterlandes, weniger häufig wird sie von Letzterem noch an Höhe übertroffen. Auch in Bezug auf die äussere Ausbildungsweise bestehen zwischen dieser Endmoräne und anderen norddeutschen Endmoränen — abgesehen davon, dass die Höhe derselben von der Anderer — z. B. der ucker- märkischen, die sich auf 50 Meter über die nächste Umgebung erheben!) — übertroffen wird, keine wesentlichen Unterschiede. Hinsichtlich der inneren Ausbildungsweise aber scheint dieselbe sich von Anderen, namentlich von der von Gottsche in Schleswig-Holstein nachgewiesenen, insofern zu unterscheiden, als die Blockpackungen verhältnismässig häufig (in 20 von 40 Fällen) nicht nur von fluvio- glacialen Sedimenten von verschiedener Mächtigkeit, sondern auch von Geschiebemergel (in 10 von 40 Fällen) bedeckt waren. — Diese Ver- hältnisse erklären sich zwar in ungezwungener Weise als durch Oscillation des Eisrandes hervorgerufen — man könnte aber auch durch dieselben zu der Annahme verleitet werden, dass diese Endmoräne nicht der Abschmelzperiode der letzten (dritten) Vereisung ihre Entstehung ver- danke, sondern der der Hauptvereisung. Abgesehen davon, dass alle bisher bekannt gewordenen Endmoränen Norddeutschlands von ihren Bearbeitern als Rückzugsmoränen der letzten Vereisung angesehen werden,?) so kann hiergegen zunächst der Einwand erhoben werden, dass auch in gleicher Häufigkeit wie von Geschiebe- mergel, die Blockpackungen von keiner weiteren Bildung oder nur von einer geringen Humus- oder Geschiebesanddecke bedeckt waren und mithin als oberflächliche Blockpackungen im Sinne G ottsche’s bezeichnet werden müssen. Weil er in den echten (oberflächlichen) Blockpackungen keine (oder nur selten) Kalke zu beobachten Gelegenheit hatte, glaubte Gottsche (l. e. p. 47) diejenigen Blockpackungen, in denen Kalke in grösserer Zahl auftreten entweder für ältere (einer älteren Eiszeit angehörende), oder nur als blockreiche Teile von Korallensand betrachten zu müssen. Es dürfte hiernach auch die von mir nachgewiesene Endmoräne, in deren Geschiebepackungen Kalksteine nirgends fehlen, vielmehr in gleicher Häufigkeit wie krystallinische Gesteine vorkommen, nicht zur ») H. Schröder, im Führer durch Teile des norddeutschen Flachlandes für die Ausflüge des VII. Internationalen Geographen-Kongresses u. s.w. pag. 62. 2) Wahnschaffe, Die Ursachen der Öberflächengestaltung des norddeutschen Flachlandes. pag. 159. gH 36 Zeit der letzten Abschmelzperiode entstanden sein. Hiergegen möchte ich jedoch zu bedenken geben, dass auch auf der Verbindungsstrecke der nördlichen Hauptendmoräne, zwischen dem Dassower See und Süsel, also in einer Endmoräne, deren Entstehung sicher in die Zeit der letzten Vereisung zu verlegen ist, Kalke in gleicher Häufigkeit wie krystallinische Gesteine zu finden sind. Gegen die Annahme, dass die in Rede stehende Endmoräne bereits während der Abschmelzperiode der Hauptvereisung entstanden ist, dürfte ferner einzuwenden sein, dass doch wohl voraussichtlich solche markante, aus der übrigen Diluviallandschaft hoch hervorragende Bodenbildungen, wie sie die Endmoränenkuppen des beschriebenen Zuges auf weite Strecken hin bilden, der Zerstörung und Einebnung durch die über sie hinweg- rückenden Gletscher der dritten Vereisung anheim gefallen sein würden. — Schliesslich muss ich hervorheben, dass ich, wiewohl ich mehrere Punkte, welche in dieser Hinsicht besonders in Betracht kamen — Kremerberg, Hoisbüttel, Vierberge, Oetjendorf — mehrfach besucht habe, nicht Gelegenheit hatte, die Blockpackungen eingebettet in typischen Bryozoen- sanden zu beobachten. Dieses Argument würde allerdings nur dann ins Gewicht fallen, wenn. die bisher für die geologischen Verhältnisse Schleswig-Holsteins maassgebende Anschauung richtig ist, dass nur die aus dem unteren Geschiebemergel, der Grundmoräne der zweiten Vereisung, ausgeschlämm- ten Spathsande Bryozoen enthalten, der Decksand, als eine aus dem oberen Geschiebemergel, der Grundmoräne der dritten Vereisung, hervor- gegangene Bildung, aber keine. Dem Begriffe des Decksandes oder Geschiebesandes, welche Bildung im Uebrigen in Schleswig-Holstein weder der Art, noch der Zeit der Entstehung nach, wie aus der Litteratur hervorgeht, !) und wie E. Stolley’°) kürzlich an einem Beispiele, dem auf der Moräne (der Hauptvereisung) am roten Kliff auf Sylt ruhenden Geschiebedecksande Meyn’s, bezw. dem, dieselbe Bildung bezeichnenden Decksande Zeise’s°) in überzeu- gender Weise nachgewiesen hat, etwas Einheitliches darstellt — wurden neuerdings, nachdem in Schleswig-Holstem hauptsächlich durch Gottsche Endmoränen der letzten Vereisung entdeckt worden waren, auch die Blockpackungen der Letzteren und deren Aequivalente, die Geschiebe- bestreuungen, eingereiht. *) ) ”) E. Stolley, Geologische Mitteilungen von der Insel Sylt III, page. 83 fi. ’) O. Zeise, Beitrag zur Geologie der nordfriesischen Inseln (Schr. d. naturw. Ver. £. Schleswig-Holstein, Bd. VIII, H. 2. 1891). *) Gottsche, Endmoränen I, 53 ff. 37 !) Meyn bezeichnet in seiner Schrift »Die Bodenverhältnisse der Provinz Schleswig-Holstein«, pag. 28, mit Geschiebesand, bezw. Geschiebedecksand nur jenen Sand, welcher das von ihm als Haide- rücken auf dem Kamme und der westlichen Seite der Halbinsel gekennzeichnete, in der Tiefe aus in ungestörter Lagerung befind- lichem Mitteldiluvium (Moränenmergel, Korallensand, Blocklehm) bestehende Gebiet bedeckt. Ein Geschiebesand (bezw. Decksand) im Osten der Halbinsel, in der fruchtbaren Hügellandschaft, wird in der genannten Arbeit nicht erwähnt. Der Geschiebesand des Haiderückens ist ein schwach lehmiger, aber stark eisenschüssiger, meist ungeschichteter Sand, der gewöhnlich ausserordentlich reich an Grand und stark gerundeten, nicht über kopfgrossen, ausschliesslich aus harten Gesteinen bestehen- den Geröllen ist, die nicht aus der Verwaschung, seiner Unterlage stammen. !) Stellenweise wird dieser unfruchtbare Geschiebensand 30—40 Fuss, ist aber oft nur 2—3 Fuss mächtig. Als jungdiluvialen Geschiebedecksand bezeichnete Meyn ferner 2) auch eine auf Sylt auf der Moräne (am roten Kliff) bezw. auf älteren Bildungen (an anderen Punkten der Insel) ruhende sandige Bildung von ähnlichem Charakter wie der Geschiebedecksand des Festlandes. Gottsche schildert 1885?) den Geschiebe- oder Geschiebe- decksand im Allgemeinen als einen Sand von ähnlicher petro- graphischer Ausbildungsweise wie Meyn, bezeichnet ihn aber im Gegensatz zu dem Letzteren als einen meist geschichteten Sand und betont, dass er durch Ausschlämmung des »oberen Geschiebelehms«, des »Blocklehms« Meyn’s entstanden sei. Zwar führt Gottsche ferner nur an, dass dieser Sand im ganzen mittleren Strich Schleswig-Holsteins als eine wenig mächtige Decke auftritt — doch geht aus dem ganzen Zusammenhange, in welchem der Geschiebe- sand besprochen wird, hervor, dass Gottsche mit demselben auch den, aus dem Blocklehm des Hügellandes ausgewaschenen Sand gemeint hat. — Die späteren Arbeiten desselben Gelehrten (u. A. »Die Endmoränen und das marine Diluvium Schleswig-Holsteins«, 1. c. pag. 29; ferner Meyn, geognostische Beschreibung der Insel Sylt u. s. w., pag. 44, vgl. auch Gottsche, Sedimentärgeschiebe, pag. 6. 2) ibidem pag. 43, 44. 3) Sedimentärgeschiebe, pag. 6, Bd. I, pag. 47—50) bestätigen die letztere Ansicht vollauf,, und 1901 beschreibt Gottsche') den Decksand aus der Umgebung von Hamburg folgendermassen: »Der Decksand ist ein grob- und ungleichkörniger, meist kalkfreier Sand; sein eratisches Material besteht vorwiegend oder ausschliesslich aus krystallinischen Gesteinen, harten Sandsteinen und Feuerstein. In der nächsten Umgebung von Hamburg ist derselbe nicht als Blockpackung entwickelt, obwohl die Endmoränen des östlichen Holsteins dem Alter nach und im Wesen ganz unserem Decksande entsprechen.e — Haas?) unterscheidet einen Geschiebedecksand oder Geschiebe- sand des hügeligen Ostens von einem Decksand des Westens. Den Ersteren, dessen petrographischer Habitus ein gleicher wie der des Geschiebesandes von Gottsche ist, bezeichnet Haas als ein Schlämmprodukt des oberen Geschiebemergels; unter den Begriff des letzteren (des Decksands des Westens) fasst,er einen Sand vom Charakter des Geschiebesandes des Ostens, ferner den Blachfeldsand und den Haidesand L. Meyn’s zusammen und erklärt ihn entstanden »durch die Umarbeitung des ursprünglich auch im Westen vorhandenen Korallensandes durch die Abschmelzwasser der zweiten Inlandeisbedeckung und durch eine Vermischung der von diesen mitgeführten Auslaugungsprodukte des oberen Geschiebe- mergels, also des ursprünglichen Geschiebedecksandes mit diesem umgearbeiteten Korallensande.« — 1) Hamburg in naturwissenschaftlicher und medizinischer Beziehung, pag. 17. 2) Geologische Bodenbeschaffenheit Schleswig-Holsteins 1889, pag. 77—79. Ausser Blockpackungen nehmen aber, wie die innere Zusammen- setzung der Endmoränenkuppen des von mir im Lauenburgischen und im Holsteinischen nachgewiesenen Zuges lehrt, hierselbst ebenso wie in Preussen und in Mecklenburg die mannigfachsten Derivate des oberen Geschiebemergels (der Grundmoräne der dritten Vereisung), geschichtete und ungeschichtete Sande, Mergelsande und Thone, an ihrem Aufbau teil — es müssen daher auch diese Bildungen dem Begriffe des Deck- sandes eingereiht werden. In einer solchen Bildung nun, in einem, die Blockpackungen einer Endmoränenkuppe überlagernden, geschichteten, groben, geröllreichen Spathsande (siehe das Profil Abb. 10), hatte ich Gelegen- heit Bryozoen in solcher Menge zu beobachten, dass dieser Sand nicht von dem typischen Korallensande, dem Ausschlämmprodukte der Grund- moräne der Hauptvereisung zu unterscheiden war. Der Punkt, wo dieses Vorkommen konstatiert werden konnte, be- findet sich nicht im Bereiche der südlichen Hauptmoräne, sondern in 39 dem der nördlichen, nämlich in dem, am östlichen Rande des Schwartau- thales bei Pansdorf auf 62,0 Meter Meereshöhe aufragendem Grellberge. Da, wie bereits wiederholt erwähnt wurde, diese Endmoräne zur Zeit der letzten Vereisung entstanden ist, dürfte an dem oberdiluvialen Alter dieses Korallensandes kein Zweifel bestehen können. Findet diese Beobachtung in Zukunft auch von anderer Seite Bestätigung, und ist demgemäss der Gehalt an Bryozoen kein aus- schliessliches Charakteristikum der aus der Grundmoräne der Haupt- vereisung ausgeschlämmten Sande, so besitzt einmal auch der von mir erhobene Einwand, — um auf diesen kurz zurückzukommen — dass ich die Blockpackungen des von mir beschriebenen Zuges nicht als der Zeit der Hauptvereisung angehörige betrachten könne, da ich dieselben nirgends in typischem Korallensande eingebettet vorfand, keine Gültigkeit. Es dürften sich aber ferner durch diese Entdeckung für die Alters- stellung mancher diluvialer Bildungen Schleswig-Holsteins bedeutsame Consequenzen ergeben, und manche über die Entstehung und Beschaffen- heit der Oberfläche dieses Landes ausgesprochene Ansichten eine Änderung erleiden. — Der Verlauf der nördlichen Hauptmoräne zwischen dem Dassower See und Süsel. Messtischblätter: Travemünde 662; Schwartau 661 ; Süsel 577; Lübeck 747. Am Schlusse der Besprechung des Verlaufes der nördlichen Haupt- moräne in Mecklenburg erwähnte E. Geinitz (l. ce. pag. 19), dass die- selbe von der nördlichen Umgebung des Dassower See’s aus, voraus- sichtlich durch die Umgebung Lübeks (Ivendorf) in die als holsteinische Schweiz bekannte Landschaft weiter verlaufen werde. Untersuchungen, die ich im letzten Frühjahre in dieser Hinsicht anstellen konnte, bestätigten vollauf die Geinitz’sche Vermutung. Es verläuft in der That von Teschow, am Südufer des Dassower See’s eine Endmoräne, parallel der Ostseeküste durch das Lübeckische Staatsgebiet über Ivendorf, Rönnau und weiterhin im Oldenburgischen Staatsgebiete über Ovendorf, Ratekau, Pansdorf, Luschendorf, Schürsdorf, Pönitz und Stawedder bis zum Süseler See, woselbst sie sich an den, von Gottsche von der dänischen Grenze durch Schleswig-Holstein bis hierher nach- gewiesenen Zug anschliesst. Auf der, zwischen dem Dassower See und der Trave belegenen Halbinsel, bildet dieselbe bei Teschow einen schmalen, von Osten nach Westen streichenden, aus Kuppen und Rücken von charakteristischer Form zusammengesetzten und aus den, ihn umgebenden Gelände nicht besonders auffällig hervortretenden Zug. 40 Sehr undeutlich und wenig charakteristisch ausgeprägte Terrain- formen zeigt die Endmoräne während ihres Verlaufes durch das Lübeckische Staatsgebiet. Hier würde sie schwer festzustellen sein, verriete sie sich nicht durch die bei Ivendorf und Rönnau aufgeschlossenen Blockpackungen. Hart an der ÖOldenburgischen Landesgrenze bildet sie aber bei Ovendorf mehrere auffällige, wallartige, bis auf 34,2 Meter Meereshöhe sich erhebende Rücken. In den Blockpackungen, welche in diesen Hügeln abgebaut werden, kommen ebenso wie in denen von Teschow, Ivendorf und Rönnau Geschiebe des obersenonen Grünsandes, des jüngsten Gliedes der Kreide, in lokaler Anhäufung vor.!) Auf ihrem weiteren Wege durch die südliche Umgebung des Himmelsdorfer See’s, zwischen diesem und dem Waldhusener Forste, zeichnet sich die Endmoräne wiederum nicht durch eine bemerkenswerte Entwickelung ihrer äusseren Form aus, ausgenommen am Südrande des Gehölzes «Beutz«, woselbst sie in der Gestalt eines etwa 200 Meter langen und 5—10 Meter breiten Felsenwalles erhalten ist. In der Nähe von Ratekau, am westlichen Abhange des »Hoheliedese, eines sich in mehreren Terrassen auf 53 Meter über den Meeresspiegel erhebenden, dem Himmelsdorfer See im Südwesten vorgelagerten und wohl einen Stauriegel darstellenden Höhenrückens, bildet die Endmoräne einen langgestreckten, nach allen Seiten steil abfallenden, den Namen »Rauhe- Berg« tragenden Hügel, dem eine wallartige, ebenfalls allseitig eine steile Abdachung zeigende Kuppe aufgesetzt ist. Ein, in dem nördlichen Teile desselben belegener Wegedurchschnitt lehrt, dass er der aufstauchenden Thätigkeit des Gletschers seine Entstehung verdankt, indem an der süd- lichen Wand gefaltete und aufgestauchte Sande, an der nördlichen Wand, Druckschieferung zeigender Geschiebemergel zu beobachten ist. (Abb. 9.) Von Ratekau — das in den, um seine Gehöfte befindlichen Oyclopen- mauern, und in seiner, aus Feldsteinen erbauten Kirche den Steinreichtum seiner Umgebung aufgespeichert hat — ab, verläuft die Endmoräne bis in die Nähe von Pansdorf entlang des östlichen Randes einer weiten flachen Niederung (Ruppersdorfer Moor), welche sich zwischen diesen beiden Orten erstreckt und tritt hier in Gestait zweier kleiner Beschüttungs- gebiete und mehrerer, hinter einander liegender, schmaler, niedriger, wall- artiger, aus Blockpackungen und Granden aufgeschütteter Rücken in die Erscheinung. Bei Blumenhof, dicht südlich von Pansdorf, erklimmt sie den öst- lichen Rand des Schwartauthales, auf dem sie von nun ab, grösstenteils einzelne, von einander getrennt liegende, hünengrabähnliche, oder glocken-: und kegelförmige oder wallartige Hügel — und nur einmal, in dem ı vel. P. Friedrich, Beiträge zur Geologie Lübecks, in d. Festschrift d. 67. Ver- sammlung deutscher Naturforscher und Aerzte 1895. 41 Gebiete der »Fierth« zwischen Schürsdorf und dem Gr. Pönitzer See, eine Gruppe von solchen — bildend, liegt, — und den sie für kürzere Entfernungen selbst darstellt. Ueber den inneren Aufbau dieser Hügel gewährt eine im Grellberge bei Pansdorf (vgl. oben Seite 38) befindliche Kiesgrube einen trefflichen Einblick. (Abb. 10.) An der östlichen Wand derselben konnte folgende Schichtenfolge von oben nach unten wahrgenommen werden: 2—3 Meter geschichtete, geröllreiche, bryozoenhaltige Spathsande, deren Schichten den Contouren des Hügels folgen ; 2—3 Meter Geschiebemergel; 1 Meter schmale, sandige und thonige Schichten ; 1 Meter Blockpackung bis zur Sohle. Eine Kuppe bei Pansdorf, und mehrere, unmittelbar östlich von Luschendorf befindliche, nach Osten zu steil, nach dem Thale zu weniger steil abfallende Kuppen zeigen eine starke Beschüttung. Von der Fierth ab zieht die Endmoräne, ähnliche Terrainformen wie bisher zeigend, hart am östlichen Ufer des Gr. Pönitzer See’s entlang bis zum Kl. Pönitzer See und erweist sich auch hier, wie mehrere Auf- schlüsse beim Dorfe Pönitz lehren, als Aufschüttungsmoräne. Wie fels- bestreut hier die Gegend ehemals war, zeigen die an beiden Seiten des von der Gronenberger Mühle nach dem Hofe Gronenberg führenden Weges und auf dem Petersberge befindlichen Oyclopenmauern, und die überall auf der Höhe des Letzteren lagernden Haufen von Felsen und Blöcken. Ausserordentlich reich an Solchen ist auch der Boden des, in dieser Gegend sich an die Endmoräne anschliessenden, stark coupierten Teiles des Hinterlandes, so dass man fast geneigt sein könnte, denselben noch mit zur eigentlichen Endmoräne zu rechnen. Auf der letzten Strecke endlich, zwischen dem Kl. Pönitzer See und dem Süseler See verläuft dieselbe auf einem, teilweise über 800 Meter breiten Höhenrücken, der im Osten zur nahen Ostsee eine allmählige, zu dem, ihn auf der West- seite begleitenden Taschensee und der, den Süseler See mit jenem ver- bindenden tiefen Mulde, aber, eine schroffe Abdachung zeigt — und ist hier in der Form kleiner, entlang dem von Stubbenberg nach Stawedder führenden Fahrwege liegender, und je weiter nach letzterem Orte zu, desto höher aufragender — im Walde Neukoppel mit Felsen beschütteter — glockenförmiger Kuppen entwickelt. Nach Norden bezw. Osten grenzt auch an dieses Endmoränenstück, abgesehen von dem nördlichsten Teile zwischen dem Kl. Pönitzer See und Stawedder, wo die Endmoräne zu nahe an die Küste herantritt, bis zur See hin eine flachwellige Grundmoränenlandschaft. Wie die End- moräne zwischen dieser und dem sandigen Gelände des Vorlandes in jäher Weise die Scheide bildet, ist besonders trefflich auf der Strecke zwischen Pansdorf und Schürsdorf zu bemerken. 42 Im Vorlande ebendesselben Zuges, und zwar zwischen dem Süseler See und der »Fierth« befinden sich an Stelle der Haidesandlandschaft, der Gr. Pönitzer See, der Kl. Pönitzer See, der Taschen See und jene, bereits erwähnte Mulde zwischen diesem und dem Süseler See. Die Letztere sowie die Seen bildeten hier offenbar ein Sammelbecken für die Schmelz- wasser, aus denen diese durch, jetzt mit Alluvionen erfüllte Rinnen in das Schwartauthal abgeleitet wurden. Heute findet ihre Entwässerung — auch die des Taschen-See, der mittels eines künstlichen Kanals mit dem Kl. Pönitzer See verbunden ist, — nicht mehr durch jene statt, sondern durch eine tiefe Schlucht bei der Gronenberger Mühle zur Ostsee. Auf der übrigen Strecke befinden sich vor demselben zwar auch keine eigentlichen Sandr, aber doch kleine, sandrähnliche, z. T. in späterer Zeit in Moore umgewandelte Gebiete, die sich bis in die Nähe der jetzigen Flussbetten der Schwartau und der Trave erstrecken: Pansdorfer Haide. Techauer Sandfeld, Seeretzer Haide (Sandfeldtannen, Seeretzer Tannen), (Abbildung 11.) Es ist dieses Fehlen der Sandr hierselbst wohl darauf zurückzuführen‘ dass die Schmelzwasser auch hier in ähnlicher Weise wie z. B. bei Franzdorf, raschen Abfluss von den Höhen herab in das jetzt von der Schwartau durchströmte Thal fanden, welches sie nach Süden in die weite Mulde, in der Lübeck liegt, führte. Da der Abfluss dieser Mulde zur Ostsee durch den Eisrand verlegt war, stauten sich die Schmelzwasser in dieser, sowie in den mit ihr zusammenhängenden Thälern (Travethal, Stecknitzthal, Wakenitzthal u. s. w.) so hoch auf, bis sie die höchste Stelle des Stecknitz-Travethales, die sich 20 Meter über dem Meeresspiegel befindet, überfluthen und damit durch das Delvenauthal zur Elbe gelangen konnten. !) In dieser Stauhöhe dürften sich voraussichtlich, falls diese Hypothese richtig ist, Stauterassen im Bereiche der Lübeckischen Mulde und der erwähnten, mit ihr communicierenden Thäler finden lassen ! In den Letzteren setzten die Schmelzwasser auch die thonigen Bestandteile, die sie mit sich führten, ab, und es entstanden dadurch hier jene völlig steinfreien Bänderthone, welche Meyn früher als alt- diluviale ansah und als solche auf seiner geologischen Karte verzeichnete, deren richtiges (oberdiluviales) Alter aber neuerdings erkannt und auf ) Man vergleiche die von K. Keilhack aufgestellte Hypothese in dessen Arbeit: Die Stillstandslagen des letzten Inlandseises u. s. w. im Jahrbuch d. preuss. geolog. Landesanstalt f. 1898. pag. 126. Siehe auch: P. Friedrich, Litteratur zur Landeskunde und Volkskunde des Lübeckischen Staatsgebietes, in den Mitteilungen d. geograph. Gesellschaft u. des Naturhistor. Museums in Lübeck. 1900, 2. Reihe, Heft 14. pag. 4. 43 deren Wert für mannigfache industrielle Zwecke aufmerksam gemacht zu haben, ein Verdienst Prof. Dr. Friedrich's!) ist. Der Umstand, dass in Fällen, wo die Haidesandlandschaft im Vor- lande der Endmoränen fehlt, diese alsdann in der Nähe von Senken liegen, die heute teils wasserleer sind, teils noch Seen und Flüssen als Betten dienen, legte den Gedanken nahe, in der fruchtbaren Hügel- landschaft des Ostens Holsteins die Endmoränen an solchen Orten auf- zusuchen. Es führte diese Erwägung zur Auffindung von Endmoränen- teilen bei Gnissau am östlichen Rande jener weiten Niederung, in der ein Teil des Wardersee’'s eingesenkt liegt, sowie bei Heilshoop und Zarpen, welche Punkte zu einer, zwischen der nördlichen und der südlichen Hauptendmoräne liegenden, Staffel gehören, die sich am östlichen Ufer des Gr. Plöner See an die dort von Gottsche nachgewiesenen, einzelnen Endmoränenteile (Steinbusch, Bösdorf) anschliessen dürfte. Ausser diesen Endmoränenfragmenten sind mir solche in den südlich bezw. westlich von der südlichen Hauptendmoräne belegenen Gebieten bekannt geworden, bei Hamfelde, südlich von Trittau, ferner bei Winsen und Kattendorf in der Nähe von Kaltenkirchen in Holstein und endlich bei Ricklingen zwischen Segeberg und Neumünster. Es wird späteren Untersuchungen vorbehalten bleiben müssen, nach- zuweisen, ob und welche Beziehungen diese isolierten Punkte zu einander und etwa zu den von Gottsche (Endmoränen I, pag. 51 ff.) angeführten, von ihm 15—40 Kilometer westlich von der nördlichen Hauptmoräne beobachteten, vereinzelten Endmoränenvorkommnissen ?) haben. Die dieser Arbeit beigegebenen Photographien sind zumteil von mir selbst aufgenommen worden, zumteil verdanke ich sie Herrn Lehrer K. Strunk, hierselbst, der mir auf den vielen Wanderungen und Fahrten während des verflossenen Jahres, die mit der Verfolgung der Endmoränen verknüpft waren, allezeit ein treuer, stets hülfsbereiter Reisegefährte war. Herın Strunk auch an dieser Stelle meinen herzlichsten Dank für die zahlreichen mir geleisteten, wertvollen Dienste auszusprechen, ist mir eine angenehme Pflicht! !) Dr. P. Friedrich, Beiträge zur Geologie Lübecks, in d. Festschrift z. 67. Ver- sammlung deutscher Naturforscher und Aerzte. pag. 126 und Ueber den geologischen Bau unseres Landes und die technische Verwertung unserer Bodenschätze. Vortrag im lüb. Industrieverein. Lübeck 1897. Abdruck in den Vaterterstädtischen Blättern, Jg. 1897, No. 28—31. ?) Auch Stolley (Geologische Mitteilungen von der Insel Sylt I, 158), führt einen solchen einzelnen Punkt an, nämlich bei Itzehoe. BR ee) SRH [en RR li N j et Der Untergrund von Oldesloe nebst einer kurzen Darstellung der Geschichte der ehemaligen Saline. Von Prof. Dr. P. Friedrich in Lübeck. Mit 2 Tafeln. I. Die Salzquellen und ihre Ausnutzung. In dem ganzen Niederschlagsgebiet der Trave zeigt das Grundwasser hinsichtlich seiner chemischen Zusammensetzung nirgends so schroffe Gegen- sätze wie in der Stadt Oldesloe. An zahlreichen Stellen quillt Salzwasser aus der Erde hervor, Brunnen mit salzigem und süssem Wasser liegen dicht neben einander, Salzwasser und Süsswasser wurden wiederholt in dem- selben Bohrloch erbohrt. Eine grössere Zahl von Salzpflanzen auf den Wiesen zwischen der Beste und dem Kurpark lassen erkennen, dass hier salziges Wasser den Boden durchtränkt. Zu ihnen gehören Spergularia salina, Melilotus macrorrhizus, Apium graveolens, Aster Tripolium, Glaux maritima, Samolus Valerandi. Fröhlich und Nolte fanden 1827 im Salzteich interessante marine Algenformen; im sogenannten Inhalationsteich — jetzt Lawn-tennis- platz — entdeckte Dr. Sonder eine marine Enteromorpha. !) Salzpflanzen, z. B. Samolus Valerandi, begleiten die Trave aufwärts bis zur Nütschauer Mühle. Schon H. Steffens erwähnt aus dieser Moorniederung einige Salzquellen. ?) Die frühere Salinenverwaltung liess hier, auf der Feld- mark Brennermoor, 24 m tief bohren und traf eine 2 prozentige Sole an.) Die Hauptsammelstelle der Salzquellen befindet sich in der Stadt Oldesloe und zwar in der schmalen, jetzt in Gärten umgewandelten Thal- sohle zwischen dem Kirchhügel und der Beste. Das salzige Grundwasser kommt hier der Erdoberfläche so nahe, dass u. a. Herr Stoffers beim Fundamentieren seiner Scheune eine starke Salzquelle erschloss. Diese Quellen werden, ebenso wie die Stadt Oldesloe, in der Geschichte zum ersten Male erwähnt in einem Berichte Helmolds über den Streit Heinrichs des Löwen mit dem Grafen Adolf I. von Holsten um den Besitz seiner Salzquellen (1152).*) Die Lüneburger, welche damals den ganzen Norden Europas mit Salz versorgten, beklagten sich über den Wettbewerb der Oldesloer Saline und baten ihren Landesherrn, Heinrich den Löwen, um Beistand.°) Dieser wies seinen Lehnsmann, den Grafen Adolf, darauf hin, dass er nicht mit dem Salzwerke belehnt wäre und !) Briefl. Mitteilung von Herrn Apotheker Dr. Sonder 1902. *) H. Steffens, Beobachtungen und geognostische Untersuchungen, im Auftrage der Königl. Rentekammer in Kopenhagen angestellt. Um 1803. Im Auszug mitgeteilt in der Denkschrift von F. v. W (arnstedt) über die Travensalzaer Saline bey Oldesloe. 1833, S. 7—14, 4°. ®) Briefl. Mitteilung von Herrn Stadtrat Relling in Oldesloe 1900. *) Helmolds Chronik der Slaven I, 76. °) Conqueruntur ii, qui sunt Luneburgi, quod Sulcia nostra devorata sit, propter Suleiam, quam coepistis habere Thodesloe. 48 verlangte wenigstens die Teilung des Gewinnes.!) Als der Graf sich weigerte, auf einen solchen Vorschlag einzugehen, liess Heinrich der Löwe die Salzquellen verschliessen. ?) Ob die Quellen schon früher den Umwohnern bekannt gewesen sind und zur Salzgewinnung benutzt wurden, lässt sich nicht nachweisen. Hegewisch meint, dass die Salzquellen im Jahre 1140, dem Jahre, in welchem Graf Adolf die fremden Kolonisten aus Holland, Flandern und Westfalen ins Land rief, noch nicht bekannt gewesen seien, da nach Helmold der Graf in seiner Einladung Wagrien als ein holz-, vieh- und fischreiches Land empfehle, nicht aber auch als ein salzreiches.°) Bangert dagegen sücht nachzuweisen, dass der vielfach bezeugte Quellenkultus der alten Deutschen sich auch auf die Oldesloer Salz- quellen erstreckte und dass Vicelin, der Gründer der Oldesloer Kirche, als Stelle für die Kirche den durch das ganze Mittelalter hindurch ausser- halb der Stadt gelegenen Hügel (Sultebaghe — Sülzhügel, 1483) darum gewählt habe, weil sich hier das Heiligtum eines heidnischen Quellen- gottes befand. ') Die Salzquellen können nach ihrer Zuschüttung nicht lange unbe- nutzt geblieben sein, denn schon gegen Ende desselben Jahrhunderts, also nach spätestens 47 Jahren wird in einer Papsturkunde (von Inno- cenz III.) unter den Besitztümern des St. Johannes-Klosters in Lübeck auch eine »salina in Todeslo« genannt.°) Aus dem 13. Jahrhundert erfahren wir nichts über eine Saline. Das 14. Jahrhundert bringt uns nur ein paar dürftige Nachrichten. Im ältesten Oldesloer Kirchenbuch, das schon vor 1371 angelegt worden ist, steht in den Eintragungen des Kirchherrn Hermann Dusecop: Item curia humuli, quam bene- ke wacker habuit supra salinam. °) Dass mit »salina« nicht blos die Bezeichnung einer Örtlichkeit, sondern wirklich ein Salzwerk gemeint war, geht aus der grossen Zahl der Urkunden hervor, welche das Lübeckische Urkundenbuch (Bd. VII—X) und die Urkundensammlung der Gesellschaft für Schleswig-Holstein- ') Rogamus ergo, ut detir nobir medietatem Suciae vestrae possimusque tolera- bilius ferre derolationem civitatis nostrae. ) Fontes salis, qui erant Thodeslo, ipro tempore obturari feecit. ®) Hegewisch, über die verlorene Salzquelle bei Oldesloe. Schleswig-Holstei- nische Provinzialberichte. Bd. I. Altona und Kiel 1797, S. 9—13. Friedrich Bangert, Od und Oda. Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig- Holstein-Lauenburgische Geschichte. Band 20. Kiel 1890, S. 215 ff. Schleswig-Holstein-Lauenburgische Regesten und Urkunden, her. von P. Hasse. 1886. I, 211. — Bangert, a. a. OÖ. 8. 217. Fr. Bangert, das älteste Oldesloer Kirchenbuch. Schriften des Vereins für schleswig-holsteinische Kirchengeschichte. II. Reihe, II. Band, 1. Heft. Kiel 1901, $. 30. a m I —_ [-} 49 Lauenburgische Geschichte (Bd. IV) aus dem Zeitraum von 1429 bis 1495 enthalten. In der Mehrzahl derselben handelt es sich um den Verkauf oder die Herstellung von Salzpfannen !) oder um die königliche Erlaubnis zur Salzgewinnung,’) in einigen um den Verkauf des Salzes oder um Beschwerden über die schlechte Beschaffenheit desselben, °) in drei Urkunden endlich um die Herstellung und Vertiefung von Brunnen. *) Während des ganzen Jahrhunderts war die Saline grösstenteils im Besitz von Lübecker Bürgern. In einem zwischen König Johann und Herzog Friedrich geschlossenen Erbteilungsvertrag von 1490 finden sich die Worte: »item veerhundert Mark Hovestools, da de Sülte tho Oldeschlo vor verpandet is.« °) Alles was aus den. folgenden Jahrhunderten über die Saline ver- öffentlicht worden ist, stammt z. gr. T. aus den Akten des Salinen- archivs, z. T. ist es Selbstgesehenes und Selbsterlebtes. Das im Rathaus zu Oldesloe aufbewahrte, viele Aktenstücke umfassende Archiv enthält gewiss noch einen reichen historischen Stoff, bei der Kürze der mir gestellten Frist war es mir aber nicht möglich, dasselbe zu benutzen, und ich muss mich auf die Darstellungen des Grafen von Dernath, von Schrader und Ludwig Meyn beschränken, die alle drei aus dem Salinenarchiv geschöpft haben. Im Jahre 1556 erteilte König Christian Ill. vier Hamburger Bürgern, Ahrend Paulsen, Peter von Cöllen, Valentin Lichthave und Claus von Engelsen, durch eine Oktroy die Erlaubnis, das Salzwerk wieder her- zustellen und es 50 Jahre lang zu besitzen unter der einzigen Ver- pflichtung, dass sie jährlich eine Last Salz an den königlichen Hof ablieferten. ©) Zur Zeit des dreissigjährigen Krieges wurde die Saline von neuem verpachtet. Der Betrieb aber konnte nicht aufblühen, weil die Lüneburger es durch ein Anerbieten von jährlich 100 Tonnen Salz beim König ) Lübeck. Urkundenbuch VII, 326, 410, 450, 650. VIII, 213, 434, 603. IX, 103. RE A2T. 5) Urkundensammlung d. Ges. f. Schl.-Holst.-Lauenb. Gesch. IV, 183, 313, 332, 333. >) Lüb. Urk. VII, 565, 823, 827. VIII, 16. IX, 909. *) Lüb. Urk. VII, 741 (24. Juni 1437). VIII, 318, 363 (1445 und 1446). °) Ludwig Meyn, Anfang und Ende der Salzgewinnung in den Herzogtümern. 9 Briefe in den Itzehoer Naehrichten, Jahrgang 1868. Mit einigen Kürzungen und Änderungen wieder abgedruckt in .der Heimat, Monatsschrift des Vereins zur Pflege der Natur- und Landeskunde in Schleswig-Holstein, Hamburg, Lübeck und dem Fürstentum Lübeck. 11. Jahrgang, Kiel 1901. 8. No.1,2, 3,8. 6) Graf von Dernath, historische Bruchstücke zur Aufklärung der Geschichte der Oldesloer Salzwerke.. Neues Kielisches Magazin vor die Geschichte, Statsklugheit und Statenkunde, her. v. V. A. Heinze. Bd. II. Kopenhagen 1734. 8. 84. 4 50 Christian IV. durchsetzten, dass er den Pächtern verbot, jährlich mehr als 60 Last Salz herzustellen.) Der Amtsverwalter Hausmann, der 1669 die Saline übernahm, verwendete grosse Summen zu neuen Brunnen- arbeiten. 1680 befand sich das Werk in den Händen einer Gesellschaft, die aus dem Rat Brügmann, dem Kommissar Gerkens und den Gebrüdern Husfeld bestand. Obgleich sie 30000 Rthlr. zur Verbesserung der Saline, in erster Linie für Brunnenbauten verausgabt hatten, wurde durch sie trotzdem der Betrieb nicht vergrössert. Die missliche Lage, in der sich die Oldesloer Saline im Anfang des 18. Jahrhunderts befand, verstanden die Lüneburger von neuem aus- zunutzen. Sie boten 1711 dem Könige für die Gewährung des Allein- handels mit ihrem Salz jährlich 3000 Thaler und einen Vorschuss von 30000 Thalern. Der Vertrag wurde am 12. August 1712 abgeschlossen. Schon im Jahre 1729 befand sich die Saline wieder in den Händen einer Gesellschaft. Die Mitglieder derselben verloren ihr Vermögen, ebenso mehrere spätere Unternehmer. ?) Die grossen Geldverluste waren hauptsächlich hervorgerufen durch immer wieder von neuem aufgenommene Ausschachtungen von Brunnen, in der Erwartung stärkere Salzquellen zu finden, und durch die grosse Vergeudung des schönsten Buchenholzes zum Eindampfen der gering- wertigen Sole. Mit Errichtung eines Gradierwerkes im Jahre 1750 beginnt nun eine ganz neue Epoche für die Saline.e Der neue Besitzer, der könig- liche Hofmeister von Vieregg, ‘erbaute das erste Gradierhaus ?) in einer Länge von 465 Fuss, er legte zur Bewegung der Pumpen an der Beste ein Kunstrad von 32 Fuss Durchmesser an *) und kaufte den grössten Teil des späteren Salinengrundes und die Besitzung der mährischen Brüder; allein da er den Ertrag doch nicht höher als auf 2000 Tonnen Salz bringen konnte, war sein gesamtes Kapital von 50000 Thalern ver- braucht, als er 1768 starb und die Saline in Konkurs verfiel. Die Ver- dienste, die sich Vieregg um die Saline erworben hatte, wurden von dem späteren Besitzer von Dernath durch ein Denkmal in den Gradier- häusern in würdigster Weise anerkannt. °) !) Ebenda S. 35. — Caspar Dankwerth sagt in seiner »newen Landesbeschrei- bung der zwey Herzogthümer Schleswich und Holstein 1652. Fol.« über die Saline S. 238: »Zu unsere Zeiten hat sich einer gefunden, der da vermeynet gehabt, die Sültze zu Oldeschlo wieder in schwang zu bringen, aber vergeblich und umbsonst, wiewol es nach der Zeit ein wenig damit wieder angegangen, gestalt noch heut zu Tage daselbsten Saltz, nicht zwar in menge, gesotten wird.« 2) Graf von Dernath, a. a. OÖ. S. 37. Meyn, Heimat 1901, S. 55. >») Das erste Gradierwerk wurde 1599 von Matthias Meth in Karschau bei Merseburg errichtet. *) Es befand sich nicht weit unterhalb der Bestebrücke. °) L. Meyn, Heimat 1901, S. 55. 5l Aus der Konkursmasse erstand Kammerrat Schrader aus Braun- schweig das ganze Werk, alle Gradierhäuser, alle Gerechtsame, ein schönes Wohnhaus u. s. f. für 3200 Rthlr. Auch Schraders Geldmittel waren zu klein und das Werk wäre nach wenigen Jahren zu Grunde gegangen, wenn er nicht vom Grafen von Dernath unterstützt worden wäre. 1773 übernahm dieser, ein Mann von seltener Thatkraft und warmer Vaterlandsliebe, die ganze Saline und brachte den ganzen Betrieb zu einer Vollkommenheit und einer räumlichen Ausdehnung, wie sie die Saline weder vorher noch nachher gehabt. !) Er schuf statt der zwei vorhandenen kleinen fünf grosse Salzpfannen, er erbaute ein zweites Kunstrad an-der Trave und zwei Windmühlen, die zusammen 50 Pumpen trieben. Die 465 Fuss langen Gradierwerke wurden bis 2300, zuletzt bis 3500 Fuss erweitert. Die Beste teilte das Werk in einen Süder- und einen Norderbau. ?) Zu den drei vorhandenen Salzbrunnen schuf er noch vier, darunter den 110 Fuss tiefen »neuen Segen« unterhalb des Friedhofes. Über den Gesamteindruck des Werkes schreibt Schrader in den Schlesw.-Holstein. Provinzialberichten Jg. 1791 H. 1, S. 3: »Um das Wasser aus den verschiedenen Brunnen in die Bassins der Gradierhäuser zu bringen, sodann zu der Höhe der Wände zu erheben und diesen Mechanismus in mittlerer Zeit, da das Wasser von oben herunter tröpfelt, unaufhörlich Tag und Nacht zu wiederholen, sind 60 bis 70 achtzöllige Pumpen nötig, deren jede 4 Fuss Hub hat. Diese Vorrichtung erfordert eine ansehnliche Summe bewegender Kräfte. Zwei grosse Kunsträder von 34 Fuss im Durchmesser und drei holländische Windmühlen, welche jetzt zu diesem Zwecke im Gange sind, vermögen kaum die verlangte beständige Bewegung zu bewirken und werden von drei Rosskünsten unterstützt... Der Zusammenhang dieser Werke, die Cirkulation des Wassers über der Erde und die Leitung, Pressung und Hebung der Sole unter (derselben von einem Gebäude zum andern stellt ein kunstvolles Ganzes dar, welches dem Mechanismus der Bergwerke gleicht und der Aufmerksamkeit des Mechanikers, sowie jedes Forschenden um ‚so mehr werth ist, da die bergigte Lage des Ortes mehrere Triebwerke und eine grössere Anstrengung der Erfindungskraft erfordert, als in der Ebene nöthig gewesen sein würde. « Die vom König verliehenen Gerechtsame hatten einen grossen Umfang. »Der Inhaber der Saline konnte Wasserwerke in den Flüssen bauen, soweit die Staatsverträge mit Lübeck es nicht hinderten ; er konnte 1) Graf von Dernath, a. a. O. S. 41. ?2) Der Bau der Gradierwerke wird vom Grafen von Dernath eingehend beschrieben in seinem Aufsatz »über das Salzwesen unseres Vaterlandes« in den Schlesw.-Holstein. Provinzialberichten 1789, H. 2, S. 159 ff. 4* 52 jeden Platz, dessen er bedurfte, von der Regierung unentgeltlich fordern, von den Bürgern expropriieren. Die Saline hatte das Recht zu malzen, zu brauen und zu brennen. Unentgeltlich durfte sie Steine, Lehm, Sand und Moor auf jedem Regierungsgrund graben, auf Privatgründen gegen Wertentschädigung. Ferner hatte die Saline Stempelfreiheit, ein politisches Schutzversprechen gegen Behinderung des Salzhandels durch Hamburg oder Lübeck, Versprechen der Freiheit des Salzes von allen Zöllen und Abgaben auch bei der Ausfuhr. Alle Materialien, welche die Saline bedurfte, konnten zollfrei und abgabefrei dem Werke zugeführt werden. Das Kapital, das in der Saline steckte, war frei von Vermögenssteuer. Die einzige Abgabe bestand in 200 Mark Rekognition für jede Pfanne; und auch für diese wurde Nachlass zugesichert in Kriegszeiten und sonstigen Kalamitäten.« !) Und trotz dieses glänzenden Freiheitsbriefes teilte Graf von Dernath das Los seiner Vorgänger, auch er setzte sein ganzes Vermögen zu und starb in Dürftiskeit. Von ihm kaufte die Saline 1793 der Geheimrat Graf Münster-Meinhövel; 1797 wurde sie Staatseigentum.°) Seit 1794 führte sie den Namen Travensalze. Die grösste Salzausbeute lieferte die Saline am Ende des 18. Jahr- hunderts unter von Dernaths Leitung. Sie betrug damals jährlich 14—18000 Tonnen?) gesen 7258 Tonnen im Jahre 1844 und 7360 Tonnen 1845.) Schon in den ersten 10 Jahren ihrer dominialen Zeit wurden 38000 Mark für Steinsalz verausgabt, ebenso in den Jahren 1829 bis 1830 etwa 10000 Mark. Im Jahre 1845 begann diese Anreicherung von neuem und hat bis zu den letzten Tagen der Saline gedauert. °) Nach einer grösseren Reihe von Jahren mit Unterbilanz brachte der Be- trieb im Jahre 1845 zum ersten Male wieder einen Überschuss. Einnahme an Salz, Miethe u. s. w. . .. .26326 Rthlr. Ausgalbenul.l ci een De RE 2316 VE Überschuss . . . 2 Te, ©) Die Saline beschäftigte im Jahre 1844 32, 1845 40 Arbeiter. 1) L. Meyn, a. a. ©. S. 56. 2) Mit dem Betriebe und der Rentabilität der Saline in dieser Zeit beschäftigen sich folgende Aufsätze: Graf von Dernath, Gedanken über die Oldesloer Saline (Schlesw.-Holstein. Provinzialberichte 1797, H. 4, S. 327—334), Apotheker J. O. Lorenzen, einige Bemerkungen über die Saline zu Oldesloe (ebenda 1798, H. 1, S. 1—12), Salineninspektor Knutsen, auch etwas über die Travensalzer Saline bei Oldesloe (ebenda 1798, H. 3, S. 207—241). Schlesw.-Holstein. Provinzialber. 1789 H. 2, S. 159 —160 und 1797 H. 4, S. 328. *) Schleswig-Holstein.-Lauenburg. Landesber., hrsg. v. H. Biernatzki 1846, S. 382. L. Meyn, Heimat 1901, S. '92. Schlesw.-Holst.-Lauenb. Landesber. 1846, S. 124. o a w NEINDINIIIS a 53 Das Oldesloer Siedesalz hatte einen gelblichen Schem. Schrader führte diesen weniger auf eine Beimengung von Eisen zurück als viel- mehr auf die Lauge eines Steinkohlenflötzes, das die Wasserader wahr- scheinlich berührte. Durch zahlreiche Untersuchungen von Öldesloer und Lüneburger Salz stellte er fest, dass jenes trotz der merklichen Färbung dem Lüneburger Salze in keiner Weise nachstand. !) Der österreichische Statthalter. von Holstein, von Gablenz, liess die Saline 1865 eingehen; die Brunnen wurden zugeschüttet und die Mühlen, die Gradierhäuser und alle Gebäude mit Ausnahme des Inspek- torates, der heutigen Realschule, abgebrochen. Dieses Gebäude und der Name Salinenstrasse werden allen den künftigen Geschlechtern die Erinnerung an einen Industriezweig übermitteln, der 700 Jahre hindurch, fast seit der Gründung der Stadt, mit wechselndem Glück hier betrieben wurde, der mit dazu beitrug, den Namen Oldesloe weithin bekannt zu machen und in dem letzten Jahrhundert seines Bestehens durch zahl- reiche maschinelle Einrichtungen der breiten Besteniederung ein eigen- tümliches Gepräge verlieh. . Ein grosser, sorgfältig ausgeführter Plan im Maassstab 1:1000, dessen Einsicht mir Herr Stadtrat Relling freundlichst gestattete, giebt ein anschauliches Bild von dem Betriebe und der Ausdehnung der Saline in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts. Im der jetzt zu Garten- land umgewandelten Besteniederung am Fusse des Kirchhügels befanden sich dicht bei einander 4 Brunnen, der Löwen-, Holz-, Buchen- und Föhrenbrunnen, dicht bei der heutigen Schwefelquelle, nahe der Brunnen- strasse, der von Jüdicher 1703 angelegte Königsbrunnen. Zwei grosse Wasserräder, das Traverad und das Besterad, sowie drei holländische Windmühlen auf dem mährischen Berg und den beiden Höhen im jetzigen Kurpark schufen die bewegenden Kräfte In der Nähe der heutigen gr. Salinenstrasse befand sich das eine Gradierwerk, der Norder- bau, im Kurpark das zweite aus 2 Teilen bestehende Gradierwerk, der Süderbau (Siehe die Kartenskizze auf Taf. I). Gestänge bewegten sich nur wenige Fuss über dem Boden zwischen den Mühlen und den Wasser- rädern einerseits und den Brunnen und Gradierwerken andrerseits Tag und Nacht hin und her und setzten zahlreiche Pumpen in Thätigkeit zum Heben des Wassers aus den Brunnen und auf die Gradierwerke. Das Gestänge vom Traverad führte durch einen Tunnel im Kirchberg hindurch zur Beste. Das Solbad besteht seit 1813; durch seinen neuen Besitzer, Herrn N. Dürkopp-Bielefeld, ist es 1399 völlig umgestaltet und bedeutend 1) Schrader, Naturgeschichte der Oldesloer Sülze und ihrer Produkte. Schlesw, Holstein. Provinzialberichte 1790, Heft 6, S. 597—610; 54 erweitert worden. Die Quellen, welche jetzt zu Badezwecken verwendet werden, die Kaiserquelle und die Schwefelquelle (Analysen im nächsten Abschnitt), liegen dicht am Kurhause. ') II. Brunnengrabungen und Bohrungen auf Salzwasser. Die Salzquellen, welche Heinrich der Löwe verstopft hatte, lagen in der schmalen Niederung zwischen der Beste und dem Kirchhügel. Sie waren sicher nicht reichhaltiger gewesen als alle später erschlossenen Quellen. Das einzige Zeugnis für ihre grössere Ergiebigkeit waren die Klagen der Lüneburger: »Unser Salzwerk ist zu Grunde gerichtet wegen des Salzwerkes, das ihr zu Oldesloe angelegt habt«e. Aber Hegewisch hat ganz Recht, wenn er meint, dass die um ihren Handel besorgten Lüneburger die Grösse des Gegners und ihren eigenen Verlust absichtlich übertrieben haben. ?) Jahrhunderte hindurch stellte man sich nun die ehemaligen Quellen reicher vor als sie gewesen waren, und als alle erschlossenen Quellen stets nur eine schwache Sole lieferten, so machte man unter Vergeudung bedeutender Summen immer und immer wieder Anstrengungen, die ehemalige Quelle wie einen verborgenen Schatz zu heben. Die erste beglaubigte Nachricht über eine Brunnenarbeit enthält das lübeckische Niederstadtbuch vom 24. Juni 1437 (Lübeckisches Urkundenbuch VL, 741).?) !) Spalckhaver, Oldesloe und die Salzquellen am Ufer der Trave. Schleswig- Holsteinische Provinzialberichte 1812, S. 450--457. Fr. Hagelstein, über die bei Oldesloe angelegte Salzbadeanstalt. Ebenda 1813, S. 345—351. : Lorentzen, über das Solbad Oldesloe, im 66. Stück des Altonaischen Merkur 1812? (nach Hagelstein). Fr. Hagelstein, Bemerkungen über das Baden in Beziehung auf die Salz- und Schwefelsalzbäder zu Oldesloe. Lübeck 1816. 8°. Sool- und Moorbad Oldesloe in Holstein, herausgegeben von der Direktion. Um 1898. -8°. ®) Hegewisch, über die verlorene Salzquelle bei Oldesloe. Schleswig-Holstein. Provinzialberichte 1797. H. 1, S. 9—13. ; ®) ..... hebbet ensgedregen myt Nicolawere Verneheim van Prage, dat he den sulten sod senken schal vorteyn vote deper vppe der suluen grund, de he to jare sach, dat schal he vuldeen vnde nicht myn, id en were denne dat em sodane gewalt schege an watere van vnder vpp, dat men irkennen konde, dat he dat nicht mochte vullenbringen, so scholden se eme sines arbeides lonen na redelicheid der dupe, de he myn wan XIIII vote gesenket helft. Auer dat an der beteringe der solen, de he makende werd, schal em nicht affgebroken werden. Desse senkinge schal he don vnder eren kosten vnde he schal allene vor sine personen vorarbeiden vnde regeren na siner veruaringe dat beste he kan. Vor desse senkinge scholen se em geuen vrye koste sine 55 Die damaligen Besitzer der Saline, lübeckische Bürger, beauftragten einen Brunnenmacher, den vorhandenen Brunnen um 14 Fuss zu vertiefen. »Hulpen ok God almechtich, dat he de solen beter makende . . .« lässt deutlich erkennen, welche Mühe und welchen Kostenaufwand die Ver- arbeitung der geringwertigen Sole den damaligen Besitzern der Saline verursachte. Im Jahre 1669 wurde der alte Hauptbrunnen wieder gereinigt. 50 Mann arbeiteten "Tag und Nacht, 4 grosse Eimer förderten den Boden, 4 Pumpen waren unablässig in Thätigkeit. Als man nach vier Wochen die Tiefe von 37 Fuss erreicht hatte, brachen plötzlich so grosse Mengen von Triebsand empor, dass die Arbeiter sich nur mit Mühe retten konnten und der Brunnen in kurzer Zeit fast ganz versandete. Darauf hob man um den Brunnen herum auf einer Quadratfläche von 100 Fuss Seitenlänge den Boden aus. Bei 10 Fuss Tiefe entdeckte man nicht weit vom alten Brunnen einen zweiten kleineren, mit Bohlen ausgesetzten Brunnen, der von einem aus mächtigen glasierten Backsteinen (jeder 22 Pfund schwer) aufgebauten Mauerschacht umgeben war. Es führt hier zu weit, an der Hand eines alten Aktenstückes') den Fortgang der Arbeit zu schildern. Die Schwierigkeiten nahmen zu und, obgleich man die Ratschläge erfahrener Ingenieure aus Amsterdam, Lübeck, Hamburg - und Magdeburg befolgt hatte, musste man schliesslich die ganze Arbeit als ergebnislos einstellen. Im Jahre 1699 liess König Friedrich IV. an einer vom alten Brunnen etwa: 250 Schritte entfernten Stelle beim Bestethor, südöstlich von der Beste, nahe der späteren Badeanstalt, einen neuen Brunnen, den »Königs brunnen« anlegen.?) Obgleich 40 Soldaten täglich daran arbeiteten, einen viereckigen aus vierkantigen Holzbalken bestehenden Brunnenschacht abzusenken, hatte man nach 5 Wochen erst eine Tiefe von 8 Fuss erreicht. Die Arbeiten wurden dann auf mehrere Jahre durch den Krieg unter- tijd vth, de he verarbeidet, vnde darto vertich mark lub, vnde van den su- luen XL marken scholen se em geuen van der ersten wekene an, alse he den arbeit betenget, vort to isliker wekene is twe rede mark vmbeworen sunder ienigerleye list. Hulpen ok God almechtich, dat he de solen beter makede in deme grade dat verdendel, wen se nu io, so scholen se em geuen bouen de vorscreuenen XL Mark noch © Mark lubesch. Wurde se auer beter eyn halft verdendel, so schal he hebben vor de beteringe L Mark edder darna alse de beteringe wurde, na tale der grade. Ausführlicher Bericht wegen der Oldesloer Sülze. Anno 1669. Beilage III zur Denkschrift von F. v. W (arnstedt) über die Travensalzaer Saline bey Oldesloe. 1833. 4°. — Dasselbe Manuskript ist jedenfalls auch dem Grafen von Dernath bekannt gewesen (Neues Kiel. Magazin. Bd. I. Kopenhagen 1786, S. 91 ff.). ?) Der Brunnen lag dicht bei der heutigen Schwefelquelle und ist bis 1865 benutzt worden. » 2 56 brochen. Die Truppen des Herzogs Wilhelm von Celle zerstörten den Brunnen und alles dabei befindliche Baugerät. Erst 1703 wurden die Arbeiten unter der Leitung des im Wasserbau erfahrenen König]. Equipagemeisters Jüdicher wieder aufgenommen. Dieser befürchtete, dass ein Balkenbrunnen in der Tiefe niemals den Druck des Triebsandes aushalten könne und entschloss sich daher, durch einen runden Mauer- schacht, den er »Fortuna rotunda« nannte, die tiefe Ursprungsstätte der Sole zu erreichen. Zunächst fertigte Jüdicher mit vier Meistern der benachbarten Rolfshagener Kupferhütte in einem unter freiem Himmel befindlichen Schmiedefeuer einen 1700 Pfund schweren eisernen Ring von 30 Fuss Umfang an; auf diesen wurde ein Rahmen von Eichenholz und darauf ein Mauercylinder von eigens zu diesem Zwecke gebrannten Steinen aufgesetzt. Die Fortuna rotunda wurde bis zu 127 Fuss Tiefe versenkt. Der Erfolg entsprach nicht den Hoffnungen. Der Triebsand füllte den Brunnen bald bis zu 20 Fuss “unter Flur, und die anfangs 2'/, prozentige Sole wurde schwächer. Der Bau hatte die kolossale Summe von 10000 Thalern verschlungen. ') Der Missmut über die Erfolglosig- keit des Unternehmens kommt in dem letzten Bericht Jüdichers an die dänische Rentekammer vom 17. Nov. 1704 mehrfach zum Ausdruck. Da heisst es u. a.: »So kommet mir jetzo der Saltzbrunnen als ein gestrandetes und verunglücktes Schiff vor, welches in dem Stande, worin er jetzo stehet, so verantwortlich und wohl er auch aufgebauet und voll- führet sein mag, zu nichts anderem dienet, als ein Wahrzeichen für künftige Zeiten abzugeben. Und da ich, der in dieser Affaire des Saltz- brunnens gebrauchet worden bin, ebenso wenig als ein Subalterner eines gestrandeten Schiffes, ehe absolvieret werden kann, bevor alles unter- suchet worden, so stelle ich hiemit alles Ew. Exec. Gutbefinden anheim, in der unterthänigsten Hofnung, dieselben werden als aequissimi Öensores Ihrer Königl. Majestät die Sachen solchergestalt vorstellen, dass ich zu meiner Befreyung diejenige allergnädigste Versicherung erhalte, welche mein Gemüth in seine vorige Assiette und Ruhe versetzen können.« ?) Alle bisherigen Versuche, tiefere Senkbrunnen anzulegen, waren vor- zeitig abgebrochen worden, weil die im Grunde des Schachtes befindlichen Arbeiter vor plötzlich einbrechendem Triebsande flüchten mussten. So lange man nicht im stande war, die Erde im Grunde des Schachtes zu entfernen, ohne das Empordringen des Triebsandes befürchten zu müssen, so lange } ») L. A. G. Schrader, Abriss einer Geschichte, der Gestalt und des Betriebes der Oldesloer Sülze. Schlesw.-Holstein. Provinzialberichte IV, 1790, S. 411 ff. L. Meyn, Heimat 1901, S. 53 ff. ?) Deutsche Übersetzung des Berichtes. Diese und die Abschriften von anderen sich auf die Brunnenarbeiten von 1669 und 1699 —1704 beziehenden Akten konnte ich bei Herrn Stadtrat Relling einsehen, 57 war jeder Versuch von Brunnenanlagen in dem quellenreichen Oldesloer Grunde von vornherein verlorene Arbeit. Einen grossen Fortschritt in der Brunnentechnik bezeichnet daher die Erfindung des Sackbohrers. Mit Hilfe dieses Werkzeuges konnte die Erde in der Tiefe des Brunnen- schachtes unter Wasser entfernt werden, und ein Einbrechen von Trieb- sand war durch den Wasserdruck ausgeschlossen. Mit diesem noch jetzt häufig angewendeten Hilfsmittel suchte Graf von Dernath im Jahre 1782 dicht beim Hauptbrunnen einen neuen Brunnenschacht von 6 Fuss innerem Durchmesser abzusenken. Bei 32 Fuss traf man auf einen grossen Stein. Ein Leerpumpen des Schachtes hätte nur einen starken Auftrieb von Sand und Wasser zur Folge gehabt, Dernath entschloss sich daher, um den Stein mittelst eines Taues zu heben, zur Anwendung einer 7 Fuss hohen hölzernen Taucherglocke. Schon hatte ein mutiger Zimmergeselle unter den Augen einer grossen Zuschauermenge wiederholt Tauchversuche bis zum Grunde des Schachtes ausgeführt, da wurde plötzlich die eigentliche Hebearbeit durch einen Sandauftrieb im Brunnen und durch Bodenrisse am Brunnen vereitelt. Der Brunnen wurde nun so wie er war mehrere Jahre in Benutzung genommen. Graf Dernath hat das Verdienst, die erste Bohrung nicht nur in Oldesloe, sondern wahrscheinlich im ganzen nordelbischen Gebiete aus- geführt zu haben. Im Jahre 1785 liess er im alten Brunnenschachte ein 35 Fuss langes, aus 4 Zoll dicken. kiefernen Leisten zusammen- gesetztes, mit eisernen Bändern umgebenes und unten mit einem ge- schärften Kranze versehenes Rohr von 2 Fuss 4 Zoll lichter Weite in den Brunnen hinablassen und ein zweites Rohr aufsetzen. Durch Weg- nahme der Erde mit Hilfe des Sackbohrers und des Erweiterungsbohrers, der sogenannten »eisernen Hand«, und durch gleichzeitige Belastung des Rohres und beständiges Hin- und Herdrehen desselben gelang es, die Bohrrohre noch vor Jahresschluss bis zu 82, in den folgenden Jahren bis 110 Fuss Tiefe hinabzubringen. Dernath hat den Fortgang der Bohrarbeit bis Ende 1785 kurz beschrieben. ‘) Die dem Berichte bei- gegebene Tafel veranschaulicht den ganzen Bohrapparat mit Bohrgerüst, wie er noch heute im Gebrauch ist. Die Belastung wurde durch geschickt angebrachte Flaschenzüge unterstützt. Der Brunnen erhielt den Namen »der neue Segen«. Der geologische Befund beschränkt sich auf folgende Angaben Dernaths (a. a. ©. S. 105 und 111): !) Graf von Dernathb, Versuche bei Brunnenarbeiten, gemacht von dem Eigen- thümer des Oldesloer Salzwerks. Mit Tafel. — Neues Kielisches Magazin vor die Geschichte, Statsklugheit und Statenkunde Bd. 1. Kopenhagen 1786, 8. 88—112. 8°, 58 Bis 83 Fuss: vorwiegend sandige Ablagerungen, bei .32 Fuss grosser Stein, » 99 » zäher übelriechender Lehm, » 101'), » grober Sand mit gleichem Geruch, dann Steine von Handgrösse, » Lehm. Im Jahre 1803 erhielt Henrich Steffens, damals Dozent der Philosophie in Kopenhagen, später Professor an der Universität Breslau, von der dänischen Regierung den Auftrag, die Salzquellen bei Oldesloe sowie die Gipsberge bei Segeberg geognostisch zu untersuchen und Vorschläge zur besseren Ausnutzung derselben zu machen. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sind in den »geognostisch-geologischen Aufsätzen« von H. Steffens, Hamburg 1810 erschienen, z. T. auch in der Denkschrift von Friedrich von Warnstedt über »die Travensalzaer Saline bey Oldesloe« S. 7—14 abgedruckt. !) Steffens kommt zu dem Schluss, dass die Oldesloer Quellen »Abkömmlinge aus einer edleren ‚Quelle in der Tiefe sind«:, man müsse diese salzreiche Ursprungsquelle aufsuchen und sich durch die Schwierigkeiten, die mit einer solchen verknüpft wären, nicht abschrecken lassen. Als den günstigsten Ort zu einer grossen Brunnenanlage bezeichnet er den Winkel zwischen Trave und Beste bei ihrem Zusammenfluss. Erst im Jahre 1830 nahmen auf eine Verfügung der dänischen Rentekammer die Bohrversuche ihren Anfang. Mit der Leitung der- selben wurde der Kalkbergkontrolleur J. Sunne aus Segeberg betraut. Die Bohrarbeiten dauerten vom 10. Sept. 1830 bis zum 8. Sept. 1832. In dieser Zeit wurden drei Bohrungen ausgeführt, eine mit einer eisernen Röhre, zwei mit hölzernen Rohren (sogenannten Pumpenbäumen aus Buchen- und Kiefernholz). Während die beiden ersten Bohrungen schon bei 21 und 22 m Tiefe aufgegeben werden mussten, konnte die dritte bis zu 90 m hinabgetrieben werden. F. von Warnstedt, der in dek oben genannten Denkschrift einen kurzen Bericht Sunnes über alle drei Bohrungen und das ausführliche Tagebuch ?) desselben über die dritte und Hauptbohrung abdruckt, rühmt mit Recht die unverdrossene Ausdauer und die Gewandtheit, mit der Sunne trotz unzulänglicher Hilfsmittel aller Schwierigkeiten Herr wurde. Die geologischen Ergebnisse der drei Bohrungen waren nach Sunnes Bericht folgende: !) Henrich Steffens, Was ich erlebte. Aus der Erinnerung niedergeschrieben. Band 5, Breslau 1842. S. 66. ®) Copia des Journals geführt während der Bohrversuche in der Travensalzer Saline von John Sunne. 15 Quartseiten. 1. 59 Bohrung mit eisernem Rohr. Bei 20,1 m: Granitblock, il » wurde dieser zermalmt im Lehm. 2. Bohrung mit Holzrohr. - 13 Fuss nordwestlich vom Brunnen »gute Augusta«. Bis 13 m: Sand, » 18,4 » >» 21,0» SE2le 52 « 22,4 >» Lehm mit Braunkohle, Sand, blauer Lehm, stark mit Kohle versetzt, “harter blauer Lehm. 3. Bohrung mit Holzrohr. 24 Fuss westlich von der »guten Augusta«. 0 bis 4 » 13 » 15 » 16 » 17,4 » 17,5 » 20,5 9 20,9 » 22 » 22,5 » 25 » 25,8 » » 26,3 » 29,1 » 30 » 30,2 » 31,5 » 43,5 » 43,7 » 47,7 » 90 In dem letzten Bohrloch war man bei 43,5 m Tiefe in ein mäch- tiges Lager von Lehm (Geschiebemergel) eingedrungen und hatte es beim Einstellen der Bohrung bei 90 m noch nicht durchteuft (siehe das m: » » Profil auf Tafel I]). Dammerde, grober, dann feiner Sand, Sand mit Braunkohlen, feiner Sand mit Lehm, grober weisser Sand, blauer Lehm, grober und feiner grauer Sand mit Braunkohlen und Muscheln, blauer Lehm mit Kohlen gemischt, blauer Lehm, Sand mit Lehm, grauer Gravier und Sand, blauer Lehm mit Braunkohlen gemischt, blauer Lehm, grünlicher Lehm, gelber Lehm, Braunkohle mit Lehm und Blättern, Gravier, fetter blauer, dann brauner Lehm, grauer Sand, blauer Lehm, stark mit Sand gemischt, brauner fetter Lehm. Trotz grosser Anstrengungen und Kosten haben auch diese Bohrungen ihren Zweck, die Erschliessung einer salzreicheren Wasserschicht, nicht erreicht. 60 Im Jahre 1846 wurden die Arbeiten vom damaligen Salineninspektor Kammerrat Kabell wieder aufgenommen und zu einem endgiltigen Ergebnis geführt, das zwar endlich völlige Klarheit über die Grund- wasserverhältnisse in den grösseren Tiefen brachte, zugleich aber auch die mehrhundertjährigen Hoffnungen mit einem Schlage zerstörte. Kabell führte in der Umgebung der Saline 6 Bohrungen aus (No. 1—6 auf Taf. I). Da das Trockenbohrverfahren angewandt wurde, konnten die Bodenproben genau bestimmt werden; die von Kabell seinem kurzen Bericht ') beigefügten Bohrprofile behalten aus diesem Grunde ihren bleibenden wissenschaftlichen Wert. Wohin die Bohrproben gekommen sind, konnte nicht festgestellt werden, sie befinden sich weder in Oldesloe, noch in den Bergämtern zu Lüneburg und Hannover, noch im Öber- bergamt Clausthal. Von Bohrung No. 6 besitzt das lübeckische Museum eine vollständige Reihe von Proben, von Bohrung No. 4 hat das ham- burgische Museum eine einzige Probe. Bohrloch No. 1. 0 bis 1,8 m: Mutterboden, » 2,5 » feiner Sand, » 2,8 » blauer Lehm, » 9 » grober Sand mit Geröll, ........ Jh, Salz » 21 » grober und feiner Sand, ........ In > » 21,6 » blauer Lehm, » 44 » Sand mit 4 dünnen Lehmstreifen, ./,%% > » 455 » blauer Lehm mit Gerölle, » 46 » grober Sand mit Gerölle. Bohrloch No. 2. Bis 14,7 m: Brauner Lehm, 9 Vor te ner Sand er 2°), Salz. Bohrloch No. 3. Bis"321! m: Beinergsand... sen ee 2%, Salz. Bohrloch No. 4. Bis S m: Torf und grober Sand mit Gerölle, » 22 » feiner Sand, » 23,4 » lehmiger feiner Sand, »80 » Sand, !) Kammerrat Kabell, über die geognotischen Verhältnisse des südwestlichen Holsteins. Mit Tafel. Amtlicher Bericht über die 24. Versammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte in Kiel im September 1846. Kiel 1847. 4. S. 273—-276. Bis 4 » » » 15,3 16,3 17,4 16765 20,5 22,3 23 24,5 26,4 30 30,2 31,5 33,6 43,5 47,7 125,7 » dann 61 m Sand mit Braunkohle, Lehm » undeGeröllen r...n. 22 2%, Salz Sand mit Braunkohle, Sand mit Gerölle, grober Sand mit Braunkohle, ....2/,Y/, > grüner Thon von Veilchen- geruch, braungrauer Mergel, (Geschiebemergel). Bohrloch No. 5. : Dammerde, grober und feiner Sand, feiner lehmiger Sand, oroberg Sand ee 2°/, Salz blauer Lehm, Sand mit Braunkohlenteilen, blauer Lehm, Sand mit Gerölle, SroberkSsandn rer a > blauer Lehm, grünlicher Lehm, Braunkohle, Gran ee 20» blauer Lehm, brauner Lehm, sandiger blaugrauer Lehm,....... De braungrauer fetter Lehm, nachher mit Sandadern und Gerölle, ATI Süsswasser. Bohrloch No. 6. Das lübeckische Museum besitzt von dieser Bohrung eine voll- ständige Sammlung von Bohrproben. Geologischer Befund: nach Kabell: auf Grund der lübeckischen Proben: m: Dammerde, » » » Sand mit Gerölle, sandiger grauer Lehm mit Gerölle, grauer Lehm, Spatsand mit Bryozoen (Bryozoen- sand), hellgrau, mit Salzsäure brausend, grauer Geschiebemergel, Bis 12,s m feiner Sand, 15,4 16,3 16,7 18,6 19,5 20,5 21,9 25,8 29,2 „2 3l, » feiner Sand mit Glim- mer, Sand mit Gerölle, Grand mit Gerölle, sandiger Lehm, blauer Lehm, grober Sand mit Gerölle, sandiges Moor (Bezeich- nung der Probe: »mit Holz und Moor stark vermischter Sand und Lehm«), Sand mit Gerölle, sandiges Moor (Bezeich- nung der Probe: »san- dig - thonig - moorige Masse mit Ästen und anderen Holzteilen «), grüner Thon von Veil- chengeruch (»graulicher Thon, schwefelwasser- stoffhaltig, später nach Veilchen riechend«), grober Sand mit Ge- rölle, 62 feiner hellgrauer mit Bryozoen, Spatsand sehr feiner schwach thoniger kalk- haltiger Sand mit Glimmer, scharfer hellgrauer Spatsand mit Bryozoen, Grand (Feuersteine, Granit, Quarz) mit Bryozoen, grauer Geschiebemergel, grauer Geschiebemergel mit boh- nengrossen Bruchstücken von Kreide, Granit, Feuerstein, grober grauer Quarzsand mit ver- einzelten Feldspaten, schwarzbraune sandige Modde mit Spongillennadeln und Diato- meen, grober dunkelgrauer kalkfreier Sand mit Bruchstücken von Kalk- stein, Feldspat, Feuerstein und Stücken aus der vorigen Ab- lagerung, schwarzbraune sandige Modde mit Spongillennadeln und Diato- meen, grünlichgrauer schwachsandiger, kalkfreier Thon mit Spongillen- nadeln und Brackwasser-Diato- meen, hellgrauer grober Quarzsand mit Steinen, 63 Bis 31,» m feiner Sand, Probe fehlt. » 32,5 » blauer Thon, grauer Geschiebemergel, » 42,3 » fetter brauner Thon, » » » 43,2 » feiner Sand (»thoniger » Mergelsand, Schlieksand mit vielem Kalk«), » 44,7 » sandiger grauer Lehm » Geschiebemergel, (»mit Rollsteinen, kalk- haltig«), » 48,5 » weisser Sand. » feiner kalkreicher, z. T. thoniger Sand. Die Bohrungen No. 1 bis 4 und No. 6 sind nicht tiefer als die von Sunne ausgeführten und bringen nichts Neues. Bohrloch No. 5 hat die mächtige Geschiebemergelablagerung zum ersten Mal durchstossen und ist bei 125 m Tiefe in eine ganz neue, bisher nie erreichte Sand- ablagerung eingedrungen. Aus dieser Sandschicht kam Wasser mit grosser Gewalt empor und floss aus den Rohren heraus; aber es war nicht, wie man allgemein erwartet hatte, eine hochprozentige Solquelle, sondern Süsswasser. Ein Geschiebemergel von etwa 94 m Mächtiskeit trennt hier zwei gänzlich von einander abweichende Arten von Grundwasser. Über dem Geschiebemergel fliesst in allen Sandschichten Salzwasser, unter dem Geschiebemergel Süsswasser. Nach diesen Erfahrungen wurden von seiten der Saline keine weiteren Bohrversuche unternommen, man begnügte sich nun mit dem Solwasser der schon vorhandenen Brunnen. Nachdem die Saline ein- gegangen war (1865), hatte nur noch das Solbad ein Interesse an der Erschliessung von Salzwasser. Dicht bei der Badeanstalt wurde die sogenannte »Kaiserquelle mit 2,3°, Salzgehalt bei 40 bis 50 m Tiefe in den letzten Jahrzehnten wiederholt erbohrt, 1876, 1893 und 1399. Anfangs wurde für die Schwefelbäder eine im Jahre 1812 vom damaligen Salineninspektor Lorenzen in der Nähe der Beste entdeckte Schwefel- quelle verwendet. ') Die jetzige Schwefelquelle befindet sich gegenüber dem Kurhause, dicht bei dem eingefassten Laufbrunnen. Von vollständigen Analysen der Oldesloer Salzquellen liegen bis jetzt folgende vor. ı) Fr. Hagelstein, Bemerkungen über das Baden in Beziehung auf die Salz- und Schwefelsalzbäder zu Oldesloe. Lübeck 1816. 80. 64 n 1 ı >) lz 8) I 1 hin a a sind enthalten: 1876. 1898. moor. a Th. Schorer. | Chr. Sonder. Treue. Himly. Chlornatrium ... . ..... | 22,z1e7 gr. | 22,9500 gr. | 20,172s gr. | 12,0453 gr. Chlorkaliume Fr — Spur 0,2149 — Chlormagnesiuüm . ... 0,0773 0,2134 0,3296 0,2737 Chlorealeumer rm — — 0,11 _ Kohlensaures Natrium . . _ — O,1628 _ » Galeciumer.. ,2350 0,1500 0,0 0,3150 N Magnesium . O,c166 0,0974 0,0 0,1234 » Eisenoxydul 0,0025 Spur 0,0109 0,0032 Schwefelsaures Calcium . 0,3617 0,6625 0,6554 0,3133 Organische Stoffe . . . . 0,0540 0,0224 — (0,0334 *) Schwefelwasserstoff: 1,1, Rem bei 0° C. und 760 mm Druck. IH. Bohrungen auf Süsswasser. Die Stadt Oldesloe besitzt noch keine centrale Wasserversorgung. Obwohl bei dem Einschnitt der Oldesloe-Hagenower Bahn, 2 km von der Stadt entfernt, ein starker Grundwasserstrom mit Süsswasser ange- schnitten worden ist, der seit mehreren Jahren als mächtige Quelle zu Tage tritt und allem Anscheine nach die ganze Stadt mit einem einwand- freien, wohlschmeckenden Grundwasser versorgen könnte, entnimmt die ganze, 5000 Seelen zählende Einwohnerschaft das Trink- und Nutzwasser heute noch so wie in früheren Jahrhunderten fast ausschliesslich Flach- brunnen, der Trave und der Beste. Wie man früher eifrig bemüht gewesen war, in grösseren Tiefen salzreicheres Wasser zu erbohren, ebenso hat man in den letzten drei Jahrzehnten zahlreiche Versuche zur Erschliessung von Süsswasser unter- nommen. In beiden Fällen waren die Erfolge nur wenig befriedigend, die Sole war immer arm an Salz, das Trinkwasser war in den meisten Brunnenanlagen zu reich an Salz. Die von Privaten unternommenen Brunnenbohrungen — es sind die zahlreichsten — haben keine wissen- h) 1) Th. Schorer, Lübecks Trinkwasser. Lübeck 1877, S. 111. 2) Sool- und Moorbad Oldesloe in Holstein, her. von der Badedirektion, S. 8. ®) Mitgeteilt von Herrn Relling-Oldesloe. 65 schaftliche Ausbeute geliefert. Es fehlen die Angaben über die Tiefen, Wasserstände und Bodenarten. Von den folgenden Brunnen habe ich wenigstens einige Angaben ermitteln können. Il, N) Am Bahnhof, gebohrt von Beyer 1576, 75 m tief. Bei 72m wasserreiche Kiesschicht. Steighöhe des Wassers 1,3 m unter Flur, also rund + 16, m NN (Bahnhof + 18 m NN.) Salz- gehalt fast '/2 °/.. ') Papierfabrik, Beyer 1875, Bohrstelle 10 m tiefer als der Bahnhof. Brunnen 50 m tief. Wasser anfangs wohlschmeckend, später salzig. ?) Ebenda, Vagt 1897, 43 m tief. Steighöhe des Wassers etwa 9 m über Flur. Da der Brunnen kein Filter hatte, verstopfte er sich bald. Vor etwa 3 Jahren wurden hier vom Brunnen- macher Sternal zwei neue Brunnen erbohrt. °) Rentier Martens, Mährischer Berg, 1894. Bei 100 m Tiefe wurde Süsswasser erbohrt, das 1 m über Flur stieg. Der Brunnen versiegte nach 5 Jahren. ‘) Gercken, Schützenstrasse. Brunnenmacher Stockhusen, 1901. Der filterlose 2zöllige Brunnen ist 15 m tief (2:m Kies, 13 m Thon, dann Sand). Das wohlschmeckende, eisenhaltige Wasser stieg bis 2 m über Flur; bei 0,1» m Höhe laufen stündlich 2 3 cbm Wasser aus. ’) Gänsezüchterei von P. Jacobsen, an der Strasse nach Pölitz. Der Brunnen ist etwa 42 m tief und liefert überlaufendes süsses eisenreiches Wasser. Bei 9 m wurde eine Sandschicht mit Salzwasser durchbohrt, das jetzt an der Aussenseite des Rohres mächtig emporquillt. Also auch hier, 1 km von der Kabellschen Bohrung No. 5 gen Südost fliesst Süsswasser unter Salzwasser. °) Eine unerwartete Bereicherung erhielt die Kenntnis von den Unter- erundverhältnissen von Oldesloe im Jahre 1877 durch Bohrungen von seiten des preussischen Staates. Beim Abteufen eines Schachtes im Segeberger Kalkberge zur Anlage eines Salzbergwerkes mussten kolossale Mengen D) Salzwasser gepumpt und in die Trave abgeleitet werden. Bericht vom Eisenbahndirektor Benda. Sitzungsprotokolle des lübeck. technischen Vereins 1876, S. 61. >) Ebenda. 5) 5) ) 9) Briefl. Mitteilung des Herrn Stadtrat Relling. Briefl. Mitteilung von Herrn Martens. Briefl. Mitteilung vom Brunnenmacher Stockhusen. Briefl. Mitteilung von Herrn P. Jacobsen. 66 Dadurch wurde nicht nur die ganze Fischwelt in der Trave bis nach Lübeck hin vernichtet, auch die Anwohner, die ihr Trink- und Wirt- schaftswasser bisher dem Flusse entnommen hatten, gerieten in die grösste Bedrängnis. Der Staat musste durch eine grössere Zahl von Bohrbrunnen diesem Übelstande abzuhelfen suchen. So entstanden die Überlaufbrunnen der Herrenmühle, der Sühlener Mühle, der Nütschauer Mühle, der Springbrunnen auf dem Marktplatz und mehrere andere Brunnen in Oldesloe. Die Bohrproben gelangten zum Teil in das Oberbergamt in Claus- thal und wurden von diesem dem Provinzialmuseum in Königsberg geschenkt, zum Teil sind sie in Oldesloe geblieben und werden jetzt in der Realschule aufbewahrt. Prof. Jentzsch hat die Bohrergebnisse auf Grund der Königsberger Proben 1884 im Jahrbuch der preussischen geologischen Landesanstalt veröffentlicht. ) Die in der Oldesloer Real- schule aufbewahrten Proben, deren Durchsicht mir von Herrn Prof. Lichtenberg in Oldesloe freundlichst gestattet wurde, stammen nur zum Teil von den gleichen Bohrungen, die meisten gehören anderen Bohrungen an und sind bisher unbekannt geblieben. Die Probenfächer haben eine Kantenlänge von nur 3 cm, der Inhalt ist oft sehr gering, eine einzige Probe charakterisiert zuweilen eine Ablagerung von 10 bis 20, einmal sogar von 55 m Mächtigkeit. Da allem Anscheine nach das Spülverfahren angewandt wurde, so ist es oft unmöglich, au den ver- änderten Proben richtig zu erkennen, ob es sich bei einem thonigen Sand oder Grand oder sandigen Thon wirklich um diese oder vielleicht um Geschiebemergel handelt. Von allen diesen Bodenarten erhalten wir bei Spülbohrungen häufig ein falsches Bild. Ich habe mich im Folgenden möglichst an die Bohrproben gehalten. Hamburger Strasse bei Gastwirt Ramm. Taf. II No. 9. Bohrproben im Provinzialmuseum zu Königsberg, nach Jentzsch. Bis 9,0 m: Spatsand, » 40,10 » grauer Geschiebemergel, arm an Geschieben, » 5l,sı » Spatsand. ') Alfred Jentzsch, Beiträge zum Ausbau der Glacialhypothese in ihrer Anwen- dung auf Norddeutschland. Jahrbuch der K. Preuss. geologischen Landes- anstalt und Bergakademie zu Berlin für 1884. Berlin 1885. 8. 499—501. 67 Hamburger Strasse vor dem Holzplatz von Herrn Schröder. Mens, 106 IND, 1% Bohrproben im Provinzialmuseum zu Königsberg, nach Jentzsch. Bis 2,10 m: Schutt, » 22,69 » grauer thonähnlicher Geschiebemergel, » 74,se » Spatsand. Hamburger Thor. Tara Not Bohrproben in der Realschule zu Oldesloe (die Proben 1—5 fehlen). Bis 12 m: Grauer feiner Spatsand, 2.19.98 » » thoniger Sand, » 1 D » stark » » >». Ida » » Sand mit Braunkohlenstückchen, » Dil » sandiger Geschiebemergel, » 32,23 » thoniger Kies, wohl nur Spülrückstände des Geschiebemergels, » 838,21 » grauer Geschiebemergel, » 41,» » hellgrauer feiner Spatsand mit Braun- kohlen, Wasserandrang, » 51, » grauer Geschiebemergel. Am Bestethor. Taf. II No. 14. Bohrproben in der Realschule zu Oldesloe. Bis 3,11 m: Schutt, » Trı » grauer kalkhaltiger Spatsand, » 80» grauer Geschiebemergel, » 10,5 » schwach thoniger Sand, » 17,0 » hellgrauer grober Spatsand mit Bryozoen, >» 21, » grauer Geschiebemergel, » 23,0 » feiner grauer Sand, Wasserandrang, » 26,62 » grauer Geschiebemergel, » 33,57 » Spatsand, » 45,91 » desgleichen mit Steinen, » 60,52 » feiner Spatsand, » 65,94 » grauer Geschiebemergel, » 71,9» » Steingrus, wohl beim Spülen von Geschiebemergel zurückgeblieben, » 75,29 » grauer Geschiebemergel, » 80,70 » » Spatsand mit Bryozoen, Bis 96,62 m: » 100,0 » 102,0 » 105,19 » 111,0 » 111,37 » 112,16 63 Sand und Grand, feiner heller Spatsand mit Bryozoen, Grand, feiner hellgrauer Spatsand mit Bryozoen, grober thoniger Sand, dunkler schwach thoniger Sand, hellgrauer mit Salzsäure lebhaft brau- sender Sand. Marktplatz. Taf. TI No. 15. Bohrproben in der Realschule zu Oldesloe. Bis 2,0 m: » 7,50 » 8,50 » 12,50 » 2A,2s 27 a2 » 830,66 » 33,66 » 35,66 » 87,48 » 88,58 » 52,38 » 54,ıs » 97,58 » : 99,58 » 100,30 » 101,30 » 112,72 » 117,98 » 125,92 , 139 » 141 » 145 Aufgefüllter Boden, gelber grober Sand, grauer Sand, mit Salzsäure schwach brausend, grober thoniger kalkreicher Sand, grauer Spatsand mit Bryozoen und Braunkohlenresten, grauer feiner thoniger Sand, > » stark thoniger Sand, desgleichen, aber noch feiner, grauer Geschiebemergel, » Spatsand mit Bryozoen, Grand, grauer Geschiebemergel, » sandiger Thon (vielleicht auch Geschiebemergel), grauer Geschiebemergel, thoniger grober Sand, Braunkohle, Steingrus, gelber Sand mit Steinen, grauer Spatsand mit Bryozoen. Wasser- andrang, Salzwasser, grauer Geschiebemersgel, hellgrauer grober thoniger Sand, » Spatsand mit Steinen, Wasserandrang, hellgrauer Quarzsand mit Feuersteinen, Wasserandrang. 69 Pferdemarkt A. Taf. II No. 16. Bohrproben in der Realschule zu Oldesloe. Bis 1,6 m: Aufsefüllter mooriger Boden, » 400 » gelber grober Sand. » 4,0 » hellgrauer Spatsand, » 5,00 » » feiner Spatsand mit Bryozoen, >» Om» » schwach thoniger Sand, » 10,00 » » grandiger Sand, » 15,40 » » feiner Spatsand mit Bryozoen, » 21,0 » dunkler mooriger grober Sand mit Spongillennadeln und zahlreichen Brack- wasserdiatomeen, » 23,50 » hellgrauer stark thoniger kalkreicher Sand, » 24,50 » feiner Sand mit zahlreichen Torfstückchen, » 26,50 » hellgrauer feiner Spatsand, » 3l,co » grauer Geschiebemergel, » 37,90 » » sandiger Thon mit winzigen Steimen, vielleicht Geschiebemergel, » 42,00 » thoniger Sand, » 46,16 » feiner hellgrauer Spatsand mit Braun- kohlenresten, » 48,60 » Grand, » 5l,ıo » Geschiebemergel, » 58,60 » feiner hellgrauer Spatsand, » 60,50 » . thoniger Sand, wahrscheinlich sandiger Geschiebemergel, » 120,335 » Geschiebemergel (nur 2 Proben. vorhanden), » 127,50 » grober dunkelgrauer Sand mit Salz- wasser, haselnussgrosse Steine (Feuer- stein, Feldspat), » 129,50 » „Sand und Steine‘ im Bohrbericht, 2 Proben (No. 30 und 31) fehlen. » 158,738 » feiner hellgrauer Spatsand mit Salzwasser. Pferdemarkt B. DaraleNoszilkd: Proben im Provinzialmuseum zu Proben in der Realschule Königsberg, zu Oldesloe. nach Jentzsch. Bis 3 m: ) Grauer (oberfläch- Gelber Thonmersgel, » 6,5» glich gelber) Thon blaugrauer Thonmergel, und Thonmergel, Bis 6,0 m Spatsand, » 11,70 » Thonmergel, > 120) \ Spatsand, » 20,00 » » 25,20 » lehmiger Sand, » 37,00 » Thonmergel, » Ada » le Spatsand mit ne Braunkohlenresten, » 56,18 » » 60,11 » _ Geschiebemergel, » 66,69 » Steinlager, » 105,78 >» Thonmergel » 108,8 » grauer Diluvial- Mergel mit kl. Ge- schieben. » 122,86 » grober Spatsand 70 gelber Spatsand mit Bryozoen, blaugrauer Thonmergel, grauer Spatsand, grauer Kies, dunkelgraue, sandreiche Modde mit Limnaea ovata, Spongillenna- deln u. Brackwasserdiatomeen, blaugrauer Thonmergel, feiner weisser Spatsand mit Braun- kohlenresten, grauer Spatsand mit Braunkohlen- grauer Kies, [resten, feiner grauer Spatsand, Geschiebemergel, Steine, Geschiebemergel, grauer Geschiebemergel. Die Proben von 108,29 m an fehlen. Lübecker Strasse neben Keil’s Hotel. Taf. II No. 18. Proben im Provinzialmuseum zu Königsberg, nach Jentzsch. Proben in der Realschule zu Oldesloe. Bis 2 m: Schutt, » 15,10 » ; aan Spatsand, bei 6,45 m Tiefe ein Bänkchen grauen Lehmes ent- a haltend, » 52,16 » grauer Geschiebemer- gel, scheinbar ohne Geschiebe, » 55,00 » Spatsand. Schutt, hellgrauer Spatsand, wasserhaltig, hellgrauer schwach thoniger Sand, bryozoenführender Spatsand, wasserhaltig, dunkler humoser thoniger Sand mit Spongillennadeln u. Diatomeen, grauer Geschiebemergel, schwach thoniger Spatsand. Salzwasser. 71 Hamburger Kinderpflegeheim, Königstrasse. Da IR Noz12: Ingenieur R. Gliemann, Hamburg. Trockenbohrung bis 45 m. Lichte Weite der Futterrohre beim Bohren: 145, 109 und 77 mm. 63 Bohrproben. Unter den zahlreichen in den beiden letzten Jahrzehnten in Oldesloe ausgeführten Bohrungen ist nur eine einzige zu nennen, von der eine vollständige Reihe von Bohrproben erhalten ist. Im vorigen Jahre sollte im Hamburger Kinderpflegeheim ein Brunnen angelegt werden. Die erste artesische Wasserschicht lieferte Salzwasser mit 2,5°/, Salz. Da vor 60 Jahren unter Kabells Leitung in der benachbarten Besteniederung (Kabell No. 5) bei 125 m Tiefe Süsswasser erbohrt war, konnte dem Unternehmer der Rat erteilt werden, auch hier tiefer zu bohren. Bei 103 m wurde dann in der That eine zweite wasserführende Schicht an- getroffen. Das Wasser stieg bis 0,5 m über Flur, hatte also eine viel grössere Druckhöhe als das Salzwasser (8,0 m unter Flur) und erwies sich als schmackhaftes, schwach eisenhaltiges Trinkwasser. Die jetzige Pumpe wird durch Gasmotor getrieben. Während des Stillstandes der Pumpe laufen aus einem Schwanenhals in der Königstrasse, wohin eine Leitung gelegt ist, 2000 Liter stündlich frei aus. Bohrprofil: 0 bis 5,so m: Gelber Geschiebemergel, FR » 7,o » eisenschüssiger schwach thoniger Grand, g » 8.20 » grauer Geschiebemergel, is » 920 » grauer Grand, i = » 12,50» » Geschiebemergel, S > 18 » grandiger Sand, — » 13,00 » grauer Thonmergel, 8 » 22,50 » » grober, dann feiner bryozoen- A reicher Spatsand, &n » 23,0 » grauer Mergelsand, 3 R2ADMEN » Geschiebemergel, 0 » 32,80 >» » Sand und grandiger Sand mit = Salzwasser, = » 88 » schwarze sandige Modde, » 833,90 » grauer kalkfreier Quarzsand mit Feld- spat und Feuerstein, = » 35,50 » schwarze sandige Modde, S » 35,50 » dunkler humoser kalkfreier Sand, "On » 37 » grünlichgrauer, kalkhaltiger sandiger Thon, > » 37,00 » blaugrauer fetter Thon mit Feldspat- pn körnern und Feuersteinsplittern (umge- arbeiteter Geschiebemergel), 72 Bis 113 >» grauer Geschiebemergel mit dünnen Einlagerungen von grobem thonigen Sand von 61,10 bis 61,6o und 93,20 bis 93,so m Tiefe, » 105,10 » grauer thoniger grandiger Sand, » 115,60 » grauer z. T. grandiger Sand mit schwachem Kalkgehalt. Süsswasser, Steishöhe 0,75 m über Flur. IV. Geologische Ergebnisse. Für die folgenden Betrachtungen möchte ich von der letzten Bohrung ausgehen, einmal weil sie das reichhaltigste, in seinen wichtigsten Teilen durch keine Spülung veränderte Material geliefert hat, vor allem aber weil durch sie eine 4,60 m mächtige interglaciale Ablagerung erschlossen worden ist. Die interglacialen Schichten sind folgende: 32,0 bis 33 m: schwarze sandige Modde, » 33,90 » dunkelgrauer kalkfreier Sand von Quarz, Feldspat und Feuerstein, » 35,50 » schwarze sandige Modde, z. T. braun- kohlenartig fest und auffallend leicht, » 35,50 » dunkelgrauer humoser kalkfreier Sand, » 37» grünlichgrauer kalkhaltiger sandiger Thon, » 837,10 » blaugrauer fetter Thon mit Feldspat- körnern und Feuersteinstücken, Neritina fluviatilis und Charenfrüchten. Der Geschiebemergel, der das unmittelbare Liegende dieser Inter- glacialschichten bildet und, wie nicht weniger als 27 Bohrproben aus je 2 zu 2 m Tiefe erkennen lassen, eine einheitliche Ablagerung darstellt, muss wegen seiner bedeutenden Mächtigkeit von 66 m als unterer oder Hauptgeschiebemergel betrachtet werden. Folglich gehören die inter- glacialen Schichten zum Interglacial II; die mächtigen bryozoenführenden Spatsande und Grande über denselben sind dann als Vorschüttungssande aus der Zeit des Vorrückens des letzten Inlandeises und der Geschiebe- mergel über diesen Sanden und Granden als die Grundmoräne aus der letzten Vereisung aufzufassen. Die Proben dieser Bohrung werden in je einer vollständigen Reihe im Lübecker und Hamburger Museum aufbewahrt. Herr Prof. Dr. Gottsche 73 stellte mir freundlichst auch die Schlämmrückstände der Hamburger Proben zur Verfügung. Herr Hauptlehrer a. D. Arnold in Lübeck bestimmte die Konchylien, Herr Dr. Heiden in Rostock die Diatomeen, Herr Dr. ©. Weber in Bremen die übrigen Pflanzenreste,. Den drei Herren spreche ich hier nochmals meinen Dank aus. 1. Der grünlichgraue Thon (35,5 —37 m). Tierreste. Bruchstücke von Fischschuppen, Rissoa cf. octona, Jugendform, unvollständig, Hydrobia cf. ventricosa oder ulvae, Bythinia ventricosa, 3 vollständige Exemplare, Neritina fluviatilis, einzelne vollständige Exemplare und zahl- reiche Bruchstücke, Cardium edule, 2 winzige Bruchstücke, cf. Tellina baltica, Bruchstück, cf. Mactra sp., kleines Bruchstück mit dem mittleren Teile der Schlossleiste, Spongilla lacustris, zahlreiche Nadeln. Von den zahlreichen ÖOstracoden konnte Herr Prof. Lenz nach Brady, Monography of recent british Ostrocoda 2 Arten feststellen: Cytheridea torosa (Jones) (die vorherrschende Art) und Pontocypris mytiloides Norm; wohl auch Cytheridea punctillata Brady. Das Zusammenvorkommen dieser Konchylien und Ostracoden weist auf eine Brackwasserbildung hin. Cardium edule, ‚Tellina baltica, Rissoa und Hydrobia leben in der Ostsee und gehen in der Untertrave bis zur Herrenfähre aufwärts, Bythinia ventricosa gehört dem Süsswasser an, kommt aber noch bei der Herrenfähre in schwachem Brackwasser vor, Neritina fluviatilis ist im Süss- und Brackwasser gleich häufig. Die drei Östracoden leben in der Nordsee und im nödlichen atlantischen Ocean, Mactra fehlt in der Ostsee und beginnt erst im Kattegat. Pflanzenreste. Herr Dr. Weber bestimmte in einer kleinen Thonprobe: Hypnum sp., 1 Blattbruchstück, Pinus cf. silvestris, Pollen, zahlreich, Picea cf. excelsa » > Potamogeton sp., Epidermisfetzen, ziemlich zahlreich, Alnus sp., Pollen, ziemlich zahlreich, 74 | Pollen, je einmal sicher. Ziemlich zahl- reich andere, von denen zweifelhaft ist, zu welcher der beiden Arten sie gehören, Quereus sp., Pollen, ziemlich zahlreich, Nuphar luteum, 1 Sternzelle, Tilia sp., Pollen, ziemlich zahlreich. Betula sp. Corylus Avellana | Aus dem Schlämmrückstand einer Probe (Hamburger Museum) bestimmte Weber Früchte von Najas major, Nixkraut. Letzteres kommt im Salz- und Brackwasser der Ostseeküste vor, die Pollen der Bäume weisen auf die Nähe von Wäldern hin. Diatomeen. (5. = Süsswasser, Br. = Brackwasser, M. — Meerwasser.) I, Amphoxarlibyca@Ehrbe ir sr SB 2. » robusta/,Grega., ı Al. lee er Ve 3. Mastogloia Smithii Thwait. . . . . 5. 0 8b: 1Bi, 4. Navicula stauroptera Grun. var. parva , (Ehrb)) a BlSE 5. > humilis@Donkın 22 Era 6. » disito-radiata Greg. 1. DE BraoNMe %% » interrupta Ktzia m. Laken. ey, Sr BEN 8. > didymap Bhrbye VB ee VI 8) » SmithirBrebe nel re Be NT 10. > SsculptanBhrbue. ee 11. limosa Ktz. ! SE (v. Heurck, Syn. Pl. x f. 18, oo, 21) 12. Cocconeis Pediculus Ehrb. Ash. Jeir, (13. » Placentula Ehrb. Se Br 14. Epithemia turgida (Ehrb.) Ktz. „deb. JBRR, 15. » Sorex Ktz. SB 16. » gibba Ktz. SE Sm 17. » Zebra (Ehrb.) Ktz. . .S. Br. 18. » Argus Ktaz. en SWL! le). > eibberulasktzar eye M. 20. Synedra atınisıKtzun en. Var ee EBT\Te 21. Fragilaria capucina Desm. Ä IS: 22. » construens (Ehrb.) Grun. IS 23. » mutabilis (W. Sm.) Grun. 3 IS: (v. Heurck, Syn. Pl. XLV £. 12, 13) 24" Surirella striatula. Mlurpine ee 2 ee BaNMe 25. » ovalis Breb. var. ovata Ktz.. . ... .. .8. Br. 26. Campylodiscus Echineis Ehrb. . . .. 2. „0. Br M (nur ein Bruckstück) 75 27. Campylodiscus Olypeus Ehrb. . . . .. 0 Br. Diese Art bildete die Hauptmasse, der de an- deren nur vereinzelt beigemischt waren. Es fand sich kein vollständiges Exemplar von €. Clypeus. 28. Nitzschiana acummata (W. Sm.) Grun. . . ».. Br. 29. » eircumsuta (Bailey) Grun. ....... Br. BU MelosiranarenariagMooren sn 2. an Sr 31. Cyclotella Meneghiniana Ktz. . . . . . 8. Br. 32. Terpsino& americana Bailey var. ira klin Br. M. (Heiden, Diatomeen des Coventer Sees bei Doberan. Fig. 23. Mitt. der Grossh. Mecklenb. geol. Landesanstalt X No. 21.) 33. Actinoptychus undulatus (Ehrb.) Ralfs . . . . . M. 34 Actinocyclusı erassusYH. v. HH... an M. 35. Chaetoceras, Dauersporen. Auf Süsswasser, Brackwasser und Meerwasser verteilen sich diese Arten in folgender Weise: 5 AlHKan: 25 7.u or Ve EEE Er oR.SE 199 ER N SE SWEDT“ 9 EL N N SR TER 4» NE LER Tee Br. 9» RE SR A Br. M. Bu» REEL ENTT RA T EISEN EDER M. Es stehen also 16 Salzwasserarten 5 Süsswasserarten gegenüber, 13 kommen im Süss- und Brackwasser zugleich vor. Die in der Indivi- duenzahl bei weitem vorherrschende Art, Campylodiscus Clypeus, gehört dem Brackwasser an. Hiernach charakterisieren auch die Diatomeen den grünlichgrauen Thon als eine Brackwasserbildung. Nach Gottsche'!) gehören von den.interglacialen marinen Ablage- rungen Holsteins zum Interglacial II sicher die Austernbänke von Blankenese und Tarbeck, sehr wahrscheinlich die Austernbank von Stöfs bei Lütjenburg, möglicherweise der Thon von Fahrenkrusg. Von dem letztgenannten Fundort hat Cleve 74 Diatomeen be- schrieben. ?) Von diesen kommen auch im Oldesloer Thon vor: !) C. Gottsche, die Endmoränen und das marine Diluvium Schleswig-Hol- steins. II. Das marine Diluvium. Hamburg 1898 [Sonderabdruck aus den Mitteiluugen der Geograph. Gesellschaft in Hamburg, Bd. XIV] S. 56. 2) P. T. Cleve und A. Jentzsch, über einige diluviale und allaviale Diatomeen- schichten Norddeutschlands. Schriften der physik.-ökonom. Gesellschaft zu Königsberg. 21. Jahrg. 1880. Königsberg 1881. 4°. S. 132—134. 76 Actinoptychus undulatus . . . RE M. Navıcula@dıdyamaee BT » du otosraciata Br » INtEEU PEN ESTER N: » Snnithiel se ON RB NUM“ Nitzschia acumnata rer: Synedra, jattımisa we Bro An N Es sind dies sämtlich Salzwasserformen. Auffallenderweise fehlt die häufigste Art von Oldesloe, Campylodiscus Clypeus, bei Fahrenkrug. Die oben genannten Vorkommnisse von Austernbänken beweisen eine frühere Verbindung zwischen Nordsee und Ostsee, die sich nach Gottsche!) von Itzehoe und Rensing durch das heutige Thal der Osterau über Fahrenkrug, Tarbeck, Ploen und das Thal der Kossau in die Kieler Bucht erstreckte. Von dieser Wasserstrasse führte eine schmale Bucht südwärts bis in die Gegend von Oldesloe. Mit dieser Annahme sind nun freilich die Höhenlagen der hier - in Betracht kommenden Ablagerungen schwer in Übereinstimmung zu bringen. Nach Gottsche liegen die Oberkanten für das Interglacial von Blankenese + 40—62 m NN. Tarbeck + 65—69 » >» Fahrenkrug + 48 Stöfs bei Lütjenburg + 40 » 0» Der interglaciale Thon von Oldesloe erreicht dagegen nur etwa — 20 m NN. Den bedeutenden Niveauunterschied von 60 bis SO m bei zusammengehörigen Ablagerungen können wir nur durch das spätere Eintreten von Hebungen und Senkungen des Bodens erklären. 2. Die sandige Modde. Pflanzenreste. Früchte von Chara sp., Potamogeton perfolatus, Carex sp. cf. Cirsium palustre, sämtlich im Schlämmrückstand (Hamb. Mus.). In einer kleinen Probe der braunkohlenartigen Modde bestimmte Weber: Pilzmycelfäden, spärlich, Algensporen, ziemlich zahlreich, Sphagnum sp., zahlreiche Sporen, Hypnum sp., ein Blattbruchstück, t) Gottsche a. a. O0. 8. 66, U Polystichum sp., ziemlich zahlreich, Pinus cf. silvestris, Pollen, ziemlich zahlreich, Picea cf. excelsa, Pollen, sehr spärlich, Potamogeton sp., Stammstück, Epidermis; cf. Phragmites com- munis, Epidermis; Graminee oder Cyperacee, Epidermis- fetzen, ziemlich zahlreich, Betula sp., Pollen, einmal sicher; von den meisten zweifelhaft, ob hierzu oder zu Corylus gehörig, Alnus sp., Pollen, spärlich, Quercus sp., Pollen, ziemlich zahlreich, Ericacee, Pollen, spärlich. Diatomeen. 18 np hore@libyicawEhr.ben a a Sr: 2. Cymbella aequalis W. Sm.. . . DLR. De (v. Heurck, Syn. Pl. Im & 9), 3: » Cistula Hempr., var. maculata Ktz. .S. (v. Heurck, Syn. Pl. I f. 16). Nur 1 Bruchstück. Von mehreren anderen Bruchstücken von Cymbella konnte die Art nicht bestimmt werden. ö 4. Stauroneis anceps Ehrb. . a > [Sb Zwei weitere St.-bruchstücke waren so unvoll- ständig, dass die Arten sich nicht bestimmen liessen. 5. Navicula viridis Ktz. IS 6. » oblonga Ktz.. SB: Ü. » dicephala W. Sm. 6 IS 3. » Reinhardtii Grun. A | IS: (v. Heurck, Syn. Pl. VII B 6) 9! » interrupta Ktz. (d Exemplare) . . . . Br. M. 10. » elliptica)kazus ar Bel Be SWBr: N. > pusillassW2, Smase ane Br: 12. » ambigua Ehrb. forma craticulla . . . 8. 3. » sphaerophoray Kira re e as Br 14. » Bupulanktze ee RS 15. Pleurosigma attenuatum W. Sm PEN olS: 16. Gomphonema subclavatum Grun. var. montanum Schum. . . 2... .8. IK » acuminatum Ehrb. forma Brebissonii Ktz. . . IS: (v. Heurck, Syn. Pl. XXI ER. 23) 78 18. Gomphonema acuminatum Ehrb. var. elongatum W. Sm. ....». (v. Heurck, Syn. Pl. XXI £. 23) 118), » eonstrietum Ehrb. var. capitatum Ehrb. 1 (v. Heurck, Syn. Pl. XXIV EL. 7) 20. Cocconeis Pediculus Ehrb. . 21. » Placentula Ehrb. 2 22. Epithemia turgida (Ehrb.) Ktz. . Br. 23. >» Sorex Ktz. Br. 24. » gibba Ktz. 5 ® 25. > gibba Ktz. var. Darallela Cum. 5 26. » » var. ventricosa (Ktz.) Grun. S. Br. 27. » Zebra (Ehrb.) Ktz. 28. Fragilaria capucina Desm. . (v. Heurck, Syn. Pl. XLV f. 2). amnnmmmnmm u») - 20) » mutabilis (W. Sm.) Grun. BES: 30. » » var. intermedia Grun. S. al: » brevistriata Grun. . us! 32. Cymatopleura Solea (Breb.) W. Sa, ES 33. Campylodiscus Echineis Ehrb. . ....... Br. M. (sehr kleines Bruchstück) 34. » ElypeusuEhrbe u ee une Br. (sehr kleines Bruchstück) 35. » hibernicus Ehrb. var. noricus (Ehrb.) S. (ein Bruchstück) 36. Hantzschia amphioxys (Ehrb.) Grun. . ... . 8. Br. 37. Nitzschia sigmoidea (Ehrb.) W. Sm. . ....%8. (v. Heurck, Syn. Pl. LXIII £. 7) Mehrere Bruchstücke von Nitzschia waren unbestimmbar. 38: Melosira arenariayMoore in a. sb Diese 33 Arten verteilen sich nach ihrem Lebenselement wie folgt: JANSEN RSREL n aot RS AMDE: BE DE N TEEN DR Br. ARE rel 2: SEEN 4 Br. M. Die Bra e und Meeresformen treten nicht blos in der Zahl der Arten (3), sondern auch in der der Inviduen ganz zurück, indem von Naviecula interrupta Ktz. nur 5 Exemplare, von Campylodiscus Echineis Ehrb. und ©. Clypeus Ehrb. nur je ein sehr kleines Bruchstück gefunden wurden. Das Überwiegen der reinen Süsswasserformen charakterisiert die Modde als eine Süsswasserablagerung. 79 Mit dem Brackwasserthon desselben Bohrloches hat die Modde nur 13 Arten gemein: Amphora libyca Ehrh. SERRIBDREN es Ticino Br. INayacula@interruptagRtzy I I a re Br. M. Cocconeis Pediculus Ehrb. Br. > Placentula Ehrb. Br. Epithemia turgida (Ehrb.) Ktz. » Sorex Ktz. > gibba Ktz. DR, » Zebra (Ehrb.) Ktz. . Fragilaria capucina Desm. > mutabilis (W. Sm.) Grun. . 2 nnnnnnmn SI ler} Campylodiscus’ Echmeis Ehrb.. . . .r2.. „2.0.0: Br. M. » Glypeusp Ehre Sea Br. MelosınagarenariayMoores. u. Sa easBr: Aus der zweiten Interglacialzeit sind in Schleswig- Holstein bisher folgende Süsswasserablagerungen bekannt geworden: !) 1. das Torflager von Lauenburg, 2 » » Fahrenkrug, 308 » im Bette des Kaiser-Wilhelm- kanals bei Grünenthal. Die wenigen Pflanzenreste von Oldesloe — Diatomeen sind nur von Oldesloe bekannt — stimmen mit den Floren dieser 3 Torflager überein und gehören wie diese unserem jetzigen gemässigten Klima an. 3. Die übrigen interglaeialen Funde in Oldesloe. 1. Kabellsche Bohrung No. 6. Eine vollständige Sammlung der Bohrproben befindet sich im lübeckischen Museum. Die interglacialen Ablagerungen 20,5 bis 21,» m: schwarzbraune sandige Modde mit Spongillennadeln und Diatomeen, » 23,1 » dunkelgrauer kalkfreier Sand, » 25,s » schwarzbraune sandige Modde mit Spongillennadeln und Diatomeen, » 298 » grünlichgrauer Thon mit Spon- gillennadeln und Brackwasserdiato- meen, entsprechen genau denjenigen aus der Bohrung im Hamburger Kinderheim. 1) C. Weber, Versuch eines Ueberblicks über die Vegetation der Diluvialzeit in den mittleren Regionen Europas. Naturwissenschaftliche Wochenschrift Bd. XIV. 1899. S. 539. s0 2. Kabellsche Bohrung No. 4. 46,3 bis 48 m: grünlich-grauer kalkhaltiger Thon. Das Hamburger Museum besitzt von allen Kabellschen Bohrungen nur diese eine Probe. Ein Stück davon zeigte unter dem Mikroskop zahlreiche Spongillen und vereinzelte Diatomeen. Im Schlämmrückstand fand Gottsche Bruchstücke von Neritina fluviatilis und winzige Fisch- zähne. Wahrscheinlich gehört der hangende Sand mit »Braunkohle« von 41,2— 46,3 m gleichfalls dem Interglacial an und ist gleichbedeutend mit unserer sandigen Modde. Kabell sagt von diesen Ablagerungen: »Nur der grünliche "Thon der Bohrlöcher No. 4 und 6, wahrscheinlich auch No. 5, enthält keinen Kalk, auch gehört derselbe zugleich mit den sandigen Moorschichten No. 6 einer Süsswasserbildung an. Ich habe eine wohlerhaltene Süss- wasserschnecke und Samen darin gefunden. Auffallend ist es, dass dieser Thon zuerst widerlich riecht, aber bald einen ziemlich starken, ange- nehmen Geruch nach Veilchen annimmt und jahrelang behält.« ') Kabell hat hiernach das Interglacial schon richtig erkannt. Die von ihm beobachtete Süsswasserschnecke ist wohl Neritina fluviatilis. Mehrfach wird der widerliche Geruch des Bodens und des Wassers in anderen Bohrungen erwähnt. Es handelt sich dabei wahrscheinlich stets um die- selbe interglaciale Schicht, und ich möchte annehmen, dass die Schwefel- quelle beim Kurhause ihren Ursprung in der gleichen Ablagerung hat. 3. Bohrung von Sunne, 1830— 1832. Sunne giebt in seinem Bohrbericht mehrfach an: »blauer Lehm mit Braunkohlen gemischt«, bei 30— 30,2 m: »Braunkohle mit Lehm und Blätterne. F. von Warnstedt, der den vollständigen Bohrbericht von Sunne veröffentlicht hat, ?) sagt, doch wohl auf eine Mitteilung Sunnes hin oder auf eigene Beobachtungen gestützt: »Bis zu einer Tiefe von ungefähr 70 Fuss fand man Sand, in welchem sich eine Sole angab von nicht völlig 2°/,; alsdann stiess man auf eine 1 Fuss starke und nach einigen Fuss Sand wiederum auf eine 2 Fuss starke Braunkohlen- schichte. Darauf folgte wieder eine 6—S Fuss mächtige Thonschichte ; hierauf wieder Sand, bis man reichlich in 100 Fuss Tiefe auf ein Thon- lager stiess.« ?) Diese Angaben erinnern ganz an unser Interglacial. Forchhammer erwähnt in seiner Abbandlung »Danmarks geognostiske Forhold« ein Gyrogonit-Laget (Characeenlager) unter Oldesloe bei 80 Fuss Tiefe!) Da diese Arbeit 1835 erschienen ist und der Sunnesche tl) Kabell, a. a. ©. S. 274. ®) F. von Warnstedt, die Travensalzaer Saline bey Oldesloe. 1833. S. 17—34. ») Ebenda S. 14. *) Georg Forchhammer, Danmarks geognostiske Forhold. Kjöbenhavn. 1835. 4°. S.91. 81 Bericht am Schluss eine Anweisung Forchhammers zu Pumpversuchen erwähnt, so kann sich der ebengenannte Characeenfund nur auf diese Bohrung beziehen. 4. Bohrung vom Grafen von Dernath, 1785. Die Bohrstelle für den Brunnen »neuer Segen« befand sich in der Nähe der vorigen und der von Kabell No.5. Graf von Dernath giebt (S. 58) von 25>— 29,7 m zähen übelriechenden Lehm an. Geruch und Niveau passen zu unserem interglacialen Thon. 5. Papierfabrik. 1897. Bohrtiefe 48 m. Nach einer brieflichen Mitteilung von Herrn Stadtrat Relling wurde bei ungefähr 40 m eine Moorschicht durchbohrt. 6. Bohrung Pferdemarkt B. 1877. Die Proben aus dieser Bohrung befinden sich im Provinzialmuseum zu Königsberg und in der Realschule zu Oldesloe. Die Probe No. 7 von 20—25, 20 m, welche Jentzsch (S. 70) mit »lehmiger Sand« bezeichnet, ist eine dunkle sandreiche Modde mit zahlreichen Spongillennadeln und Diatomeen und winzigen Schalenresten von Konchylien. 7. Bohrung Pferdemarkt A. 1877. Bohrproben in der Realschule zu Oldesloe. Die Probe aus der Tiefe von 15,40—21,80 m, ein grober mooriger Sand, zeigt unter dem Mikroskop Spongillennadeln und meist gut erhaltene Diatomeen in einer Fülle, wie ich sie in keiner anderen Öldesloer Probe sehen konnte. Herr Dr. Heiden, der so freundlich war, eine kleine Probe von 6 und 7 zu prüfen, fand in ‚beiden: Epithemia turgida (Ehrb.) Ktz. Campylodiscus Echineis Ehrb. » Clypeus Ehrb., ausserdem in No. 6 noch ein Exemplar von Amphora robusta Greg. Nach diesen auch im Thon der Kinderpflegeheimbohrung vorkommenden Formen sind die Moddeablagerungen in No. 6 und 7 wahrscheinlich als Brackwasserbildungen zu betrachten. Daran ändert auch ein ziemlich gut erhaltenes Exemplar von Limnaea ovata nichts; diese ist zwar ein Süss- wasserbewohner, kommt aber auch im Brackwasser vor. 8. Bohrung in der Lübecker Strasse 1877. Die Probe No. 5 (26,77-41,s2 m) in der Bohrprobensammlung der Öldesloer Realschule, ein schwachthoniger Sand. fiel mir durch ihre dunkle Farbe auf. Unter dem Mikroskop zeigte sie ziemlich zahlreiche Spongillennadeln und vereinzelte Diatomeen. Es handelt sich also auch hier um eine inter- glaciale Ablagerung entsprechend den beiden Bohrungen vom Pferdemarkt. Die winzige Probe ist hier ein Beleg für eine 15 m mächtige Ablagerung, 6 82 vielleicht aber bezieht sie sich nur auf einen Teil der Sande, die zum grossen Teil Spatsande sein dürften. Darüber werden wohl auch die Königsberger Proben, die Jentzsch als Spatsande bezeichnet, keinen Aufschluss geben: Die bisher nachgewiesenen Interglacialfunde verteilen sich auf eine Fläche (Papierfabrik - Pferdemarkt) von 1 Km Länge. Bei: künftigen Bohrungen wird sich, wenn auf die Bohrproben mehr geachtet werden wird als bisher, die Zahl dieser Funde noch bedeutend vermehren. Ihre Oberkanten zeigen nur geringe Abweichungen von einander, sie liegen mit Ausnahme von Kabells Bohrung No. 4 (Oberkante — 38 m NN.) zwischen — 7 und —20 m NN. Auf Grund der vorliegenden Tier- und Pflanzenfunde erhalten wir von Oldesloe in der Interglacialzeit folgendes Bild. Von dem oben ge- nannten Verbindungsarm zwischen Nord- und Ostsee zweigte eine schmale flache Bucht mit nur schwach brackigem Wasser südwärts ab bis nach Oldesloe. Das Wasser süsste bald ganz aus und die wenigen Salzwasser- formen aus der Tier- und Pflanzenwelt erloschen. Laub- und Nadelholz (Eiche, Birke, Erle, Haselnuss, Linde, Fichte, Kiefer) bedeckte die Ufer, die Funde aus den spärlichen Probenresten (Characeen, Froschkraut, Wasserhahnenfuss, Najas major, gelbe Wasserrose) lassen darauf schliessen, dass auch das Wasser von einer artenreichen Flora belebt war. Das ist ein Vegetationsbild aus der Zeit vor dem Einbruch der letzten Vereisung, wie wir es heute noch bei uns zu sehen gewohnt sind. Die Bohrungen geben auf dem verhältnismässig kleinen Stadt- gebiete so abweichende Profile, dass es unmöglich ist, die Einzelprofile zu einem richtigen Gesamtbild zu verbinden und durch sie eine klare Vorstellung von dem Aufbau des Diluviums zu gewinnen. Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchungen lassen sich in folgende Sätze zusammen- fassen : 1. Die in 8 bis 9 Bohrungen nachgewiesenen Brackwasser- und Süsswasserschichten unter der Stadt Oldesloe gehören dem zweiten Inter- glacial an. 2. Die Gesamtmächtigkeit der hangenden Sande, Grande, Thone und Geschiebemergel — 16—27 m, in Bohrung No. 12: 33 m und in Kabells Bohrung No. 4 sogar 44 m — ist viel grösser als in allen bis jetzt bekannten gleichaltrigen Interglacialfunden Schleswig-Holsteins und entspricht am besten den Interglacialaufschlüssen, welche Jentzsch von Marienburg und Dirschau beschrieben hat. !) ») A. Jentzsch, däs Interglacial bei Marienburg und Dirschau. Jahrb. der k. preuss. seol. Landesanstalt für 1895. Berlin 1896. S. 166—208. — Das Profil durch Dirschau ist auch abgedruckt in dem Werke von F. Wahnschaffe über. die Ursachen der Oberflächengestaltung des norddeutschen Flachlandes. 2. Aufl. Stuttgart 1901. S. 229. 83 3. Die hangenden Spatsande sind z. T. als Vorschüttungssande beim Vorrücken des letzten Inlandeises aufzufassen. 4. Der mehrfache Wechsel von Geschiebemergelbänken und Spat- sanden deutet auf ein wiederholtes Vorrücken und Abschmelzen des Inlandeises dicht hinter der Endmoräne hin. !) 5. Der mächtige Geschiebemergel im Liegenden der interglacialen Schichten bildet die Grundmoräne aus der zweiten oder Haupteiszeit. 6.. Keine der Oldesloer Tiefborungen hat die Unterkante des Diluviums erreicht. V. Das Grundwasser von Oldesloe. ! 1. Flachbrunnen. Die Sande in den Niederungen der Trave und Beste führen Süss- wasser nur in ihren obersten Lagen, in grösserer Tiefe immer Salzwasser. Daher sind die verhältnismässig wenigen Brunnen, die in dem niedrigen, unterhalb der 10 Meterkurve liegenden Stadtgebiete in Benutzung stehen, Flachbrunnen. In der ganzen Besteniederung fehlt auch diese flache Süsswasserschicht, und die Anwohner holen das Trinkwasser aus grösserer Entfernung oder entnehmen es der Beste. Auch in den höher gelegenen Stadtteilen müssen Brunnengrabungen mit grosser Vorsicht ausgeführt werden. Der obere Geschiebemergel bildet hier fast überall die Decke. In dem darunterliegenden Spatsand stösst man meist erst auf eine Süsswasserschicht, dann auf Salzwasser ; bisweilen fehlt das Süsswasser. Beispiele: 1. In der Gasanstalt wurde vor einigen Jahren ein Brunnen bis in die Süsswasserschicht abgesenkt. Als man noch ein paar Fuss tiefer grub, drang Salzwasser ein. 2. Gärtnerei von Pietsch, hinter der Gasanstalt. Beim Bau des Gewächshauses traf man bei 2 m Tiefe Salzwasser, das jetzt durch ein 3 m liefes Siel zur Trave abfliesst. 3. Neubau in der Lübecker Strasse kurz vor der Segeberger Eisenbahn. Bei 18 Fuss Tiefe Süsswasser, in einem andern Neubau, 200 Schritte entfernt, bei 20 Fuss Salzwasser. °) 4. An der Segeberger Strasse wurde bei 30 Fuss Tiefe stark- salziges Wasser erreicht; der Brunnen wurde zugeworfen. ?) !) Nach den Untersuchungen von Herrn Dr. R. Struck (der Verlauf der nörd- lichen und südlichen Hauptendmoräne in der weiteren Umgebung Lübecks. Mitteilungen der geogr. Gesellsch. in Lübeck. H. 16, 1902) zieht die End- moräne von Bargteheide über Sülfeld, Vinzier und Tralau nordwärts. *) Mitgeteilt vom Brunnenmacher Stockhusen. 6* 34 In dem südlichen Stadtgebiete liegen die Verhältnisse etwas gün- stiger. Brunnen mit gutem Wasser sind hier in grösserer Zahl vorhanden. Zu diesen Flachbrunnen gehört die mit bunten Klinkern eingefasste Quelle in der Brunnenstrasse. Ein Brunnen oberhalb des Kurhauses versorgt die meisten Wohnungen dieser Strasse mittelst einer Röhren- leitung mit wohlschmeckendem Grundwasser. 2. Artesische Brunnen, d. h. Brunnen mit in den Rohren aufsteigendem Wasser. Alle in den letzten Jahrhunderten im Bestegebiet ausgeführten Brunnengrabungen und Bohrungen trafen aufsteigendes Salzwasser mit einem Salzgehalt bis 2°/, %/, an (Salzwasseranalysen S. 64). Kabell erbohrte Salzwasser auch am Hamburger Thor (No. 2), in der Nähe der Papierfabrik (No. 1) und an der Trave bei der Segeberger Eisenbahn (siehe Karte). Das gleiche Ergebnis lieferten die fiskalischen Bohrungen in der Hamburger Strasse, am Markt, am Pferdemarkt, am Bestethor und in der Lübecker Strasse (No. 8, 9, 11, 14—18), endlich auch Boh- rungen am Bahnhof, bei der Zuckerfabrik und in der. Gänsezüchterei von Jacobsen. Der ganze Untergrund von Oldesloe ist auch in grösserer Tiefe von Salzwasser durchtränkt. Nur an wenigen Stellen schiebt sich artesisches Süsswasser ein. Ein ergiebiger Süsswasserstrom wurde 1901 in der Schützenstrasse auf dem Gerckenschen Grundstücke schon in einer Tiefe von 15 m erbohrt (siehe S. 65 und Taf. II). Der Salineninspektor Kabell durchbohrte 1846 zum ersten Mal auf dem alten Salinengrunde (Taf. II No. 5) den dort 82 m mächtigen unteren Geschiebemergel und entdeckte tief unter den salzwasserführenden Sanden eine neue Grundwasserschicht mit Süsswasser. Süsswasser wurde in grösserer Tiefe, meist unter Salzwasser, später noch an folgenden Stellen erbohrt:: 1. im Garten von Herrn Martens, am Mährischen Berg, bei 100 m, 2. im Hamburger Kinderpflegeheim, in der Königstrasse, bei 103 ın, 3. in der Papierfabrik in mehreren Bohrungen bei 45—50 m. Der Chlorgehalt betrug in der Bohrung von 1875: 390 mg im Liter, im grossen Brunnen (1899): 124 » » » im kleinen » » ls 8, 8 4. in der Gänsezüchterei von P. Jacobsen, Pölitzer Strasse, 42 m (S. 68). Die einzige Bohrung, von der sowohl Bohrproben als vollständige Analyse vorliegen, ist die im Kinderpflegeheim. Nach einer Analyse im hygienischen Institut zu Hamburg sind in 1 Liter Wasser enthalten: 35 86 mg Kalk (Cao), 12,7 » Magnesia, 1,;s » Eisenoxyd, 5,5 » Schwefelsäure, 128,0 » Chlor. Härte — 18,6 ° (franz.). 123 mg Chlor entsprechen einem Salzgehalt von 0,08 — !/;o "l- Der Chlorgehalt hat sich zwar im Laufe des Jahres vergrössert — er betrug Ende März nach einer Bestimmung von Herrn Dr. Sonder in Oldesloe 198 mg —, das beeinträchtigt aber die Verwendbarkeit des Wassers als Trinkwasser durchaus nicht. Zur Zeit fliessen aus einem Schwanenhals in der Königstrasse stündlich 2000 Liter aus. Später soll das Rohr bis zum neuen Praeparandeum verlängert werden. Die Wasser- menge ist hinreichend, um die sämtlichen Häuser der Königstrasse zu versorgen. Der Eisengehalt liesse sich durch Verwendung von Ent- eisenungsanlagen, wie sie in den Hamburger Marschdörfern und im lübeckischen Staatsgebiete in einzelnen Haushaltungen eingeführt sind, leicht beseitigen. !) Die oben genannten Tiefbohrungen ergeben für die Verteilung von Salz- und Süsswasser folgendes Profil: Sande mit Salzwasser, unterer Geschiebemergel, Sande mit Süsswasser. Genaue Messungen der Druckhöhen beider Grundwasserarten liegen nur aus der Kinderpflegeheimbohrung vor. Das Süsswasser steigt dort noch fast 1 m über Flur (+ 16 m NN.), das Salzwasser blieb über 8 m unter Flur. Den stärkeren Druck des Süsswassers erwähnt auch Kabell aus seiner Bohrung No. 5; mit der Beobachtung im Kinderpflegeheim stimmt ferner das Überlaufen des im Garten von Martens am mährischen Berg (etwa + 16 m NN.) erbohrten Süsswassers überein. Gleiche Beobachtungen hatte Kabell 1847 bei einer Tiefbohrung in der Nähe von Bramstedt machen können. Auch hier nahm mit der zunehmenden Tiefe der Salzgehalt des Wassers ab; aus 182 Fuss Tiefe stieg Süsswasser mit grosser Gewalt über die Bohrrohre empor. Es liegt nahe, aus den vorliegenden Beobachtungen die Schluss- folgerung zu ziehen, dass man in Oldesloe überall Süsswasser antreffen wird, wenn man nur möglichst tief, wenigstens bis zur Unterkante des unteren Geschiebemergels bohrt. Die vom preussischen Staat ausgeführten ı) Näheres in einem Bericht von Prof. Dunbar über Nutzbarmachung eisen- haltigen Grundwassers in der Zeitschrift für Architektur- und Ingenieurwesen, Hannover. 1898, Jg. 44, No. 45 u. 46, 86 Tiefbohrungen auf dem Markt und Pferdemarkt erschlossen wider Er- warten Salzwasser auch noch unter dem mächtigen Geschiebemergel ; erst unter einem noch tieferen Geschiebemergel stiess man in der Markt- bohrung bei 139 m Tiefe auf Süsswasser. Danach hätte auch die Weiter- führung der Bohrungen auf dem Pferdemarkt noch Süsswasser geliefert. Die Ergebnisse der Bestethorbohrung sind sicher ungünstige gewesen; auch hier dürfen wir noch einen tieferen Geschiebemergel annehmen und darunter Süsswasser. Das Schema: Oben Salzwasser, unten Süsswasser wird für den ganzen Untergund Oldesloes zutreffen, jedoch mit der Ein- schränkung, dass auch noch unmittelbar unter dem unteren Geschiebe- mergel neben Süsswasser Salzwasser fliesst. Das tiefste bisher erschlossene Grundwasser von Oldesloe speist schon seit über 30 Jahren den Springbrunnen auf dem Marktplatz. Das Wasser enthält etwas mehr Salz als das Tiefwasser im Kinderpflegeheim und ist durch Humussäure schwach gefärbt. Nach einer Analyse von Herrn Dr. Sonder enthält es im Liter 250 mg Kalk, 0,5 » Eisenoxyd, 350 » Chlor = 0,06 °/o Kochsalz. Die zwei Wasserstandsbestimmungen im Kinderpflegeheim und die wenigen mitgeteilten Analysen bilden den ganzen Schatz von genauen Angaben über das Oldesloer Grundwasser. Trotz der grossen Summen, die von seiten der einzelnen Bewohner, der Stadtgemeinde und des preussischen Staates auf der Suche nach Trinkwasser ausgegeben worden sind, ist die Gelegenheit versäumt worden, durch genaue Höhenbestim- mungen, Wasserstandsmessungen und chemische Analysen ein möglichst klares Bild von den Erscheinungsformen der verschiedenen Grundwasser- arten zu gewinnen. Nur das eine steht fest, dass die jetzige Wasser- versorgung der Stadt Oldesloe teils mit salzigem Wasser, teils mit süssem Wasser aus Flachbrunnen von ganz geringer Tiefe, teils mit dem Wasser der Beste und der Trave, in welche die Abwässer der Stadt einfliessen, eine sehr wenig befriedigende ist. Diese Übelstände werden Oldesloe früher oder später in die Notwendigkeit versetzen, eine centrale Wasser- versorgung einzuführen. Die Stadt ist in der glücklichen Lage, zwischen Öberflächenwasser und Grundwasser wählen zu können, zwischen dem Wasser der Trave, ehe diese die Stadt erreicht und dem mächtigen Grundwasserstrom, der durch einen Einschnitt der Hagenower Eisenbahn in dem »Ritzen«, etwa 2 Km von der Stadt entfernt, aufgeschlossen worden ist. Wir kommen schliesslich zu der Frage über die Herkunft des Salzwassers, und an diese Frage knüpfen sich die anderen an: Befindet 87 sich das Salzwasser im Gebiete von Oldesloe in Ruhe oder Bewegung und in welcher Richtung fliesst es weiter? Weil uns die Druckhöhen des Grundwassers unbekannt sind, so sind wir hier statt auf Schluss- folgerungen nur auf Vermutungen angewiesen, Nur das eine scheint gewiss, das salzige Wasser steigt in Oldesloe und in der Nähe der Stadt nicht aus grösseren Tiefen in die Höhe, sondern es fliesst seitwärts zu. Seinen Ursprung müssen wir in der Segeberger Gegend suchen, wo das Steinsalz in mehreren Bohrungen schon bei 100 m Tiefe erreicht wurde. Auf Grund von Wasserstandsmessungen an mehreren hunderten von Tiefbrunnen in der weiteren Umgebung Lübecks und unter Benutzung des mir zugänglichen geologischen Materials habe ich in mehreren Arbeiten!) nachzuweisen versucht, 1. dass im Niederschlagsgebiet der Trave und ihrer Nebenflüsse das gesamte tiefere, sogenannte artesische, d. i. das in den Brunnen- rohren in die Höhe steigende Grundwasser in den Poren von feineren und gröberen Sanden zwischen und unmittelbar unter dem unteren Geschiebemergel in Bewegung ist und zwar von allen Seiten auf Lübeck zu fliesst, um sich unter der Stadt und deren Nachbarschaft zu sammeln, entsprechend der Vereinigung aller Oberflächengewässer in der Trave, 2. dass dieses Grundwasser mit geringem Gefälle langsam nordwärts fliesst und in der Lübecker Bucht an denjenigen Stellen in die Ostsee emporsteigt, wo die immer schwächer werdenden Ablagerungen des Geschiebemergels sich völlig auskeilen. °) Das Grundwasser dieses grossen Gebietes zeichnet sich durch einen auffallend niedrigen Chlorgehalt aus. Letzterer beträgt im vielen Brunnen nur 10—17 mg im Liter und steigt nur in wenigen Fällen über 30 mg. Mitten durch den Bereich dieses salzarmen Wassers fliesst im schwachen Bogen, ungefähr der Richtung der Trave entsprechend, ein schmaler Salzwasserstrom hindurch. Es wird durch folgende Stellen bezeichnet: !) Lübeckische Blätter, Jahrgang 1898, 1900, 1902. 4°. 2) Die Überlaufbrunnen im Gebiet der Untertrave bis ‚hinauf nach Lübeck laufen bei Nordostwind und höherem Wasserstand der Ostsee in der Trave- münder Bucht stärker. An einem Überlaufbrunnen auf dem Priwall, 100 m von der See entfernt, wurden während der Monate November und Dezember 1891 täglich die ausfliessenden Wassermengen gemessen. Die Kurve dieser Werte und die Kurve der gleichzeitigen Wasserhöhen bei Travemünde laufen parallel. Siehe Lübeck. Blätter 1900, S. 150 und Taf. 2. — Zuflüsse von Grundwasserströmen am Meeresgrunde, deren Ursprung im Binnenlande zu suchen ist, sind bei der Ausbesserung zerrissener Seekabel nachgewiesen worden (Vortrag von P. Reibisch vom 31. Jan. 1902 im Ver, f, Erdkunde zu Dresden). 88 1. Salzwiesen bei Tralau, an der Trave oberhalb Oldesloe, 5—6 km von Oldesloe entfernt, mit Triglochm maritima und Arenaria marina. Hier wurde noch in der Mitte des 18. Jahrhunderts Salz gewonnen. 2. Salzwiesen zwischen Nütschau, Wolkenwehe und Oldesloe 24m tiefer Brunnen auf der Feldmark Brennermoor mit 2 prozentiger Sohle. 3. Oldesloe mit seinen Salzquellen und Salzwiesen an der Beste und den zahlreichen Salzwasserbohrungen. 4. Salzwiesen am Nordende des Herrenteiches bei Reinfeld mit Glaux maritima, Samolus Valerandi, Triglochin maritima und Carex distans. 5. Eine Salzquelle, die bei der Fundamentierung der Reecker Eisen- bahnbrücke (1864) zum Vorschein kam.!) Dicht oberhalb der Brücke sollen sich am rechten Traveufer noch mehrere Salzquellen befinden. In starker Verdünnung durch Süsswasser, aber seinen salzigen Charakter durch den Geschmack noch immer verratend, erscheint dieser Salzwasserstrom am Südende der Stadt Lübeck und durchfliesst den östlichen Teil der Altstadt. Auf seinem weiteren Laufe ist er noch in einigen Brunnen Schlutups nachgewiesen. Die hierher gehörigen Brunnen sind folgende: Chlorgehalt : Salzgehalt in 1 Liter fo mg 6. Überlaufbrunnen bei der Schwellentränke, bei den Vorarbeiten zum Elbe-Trave-Kanal 1897 erbohrt, 17 m tief, wieder beseitigt. Das Wasser schmeckte ziemlich stark salzig . . . . .... — —_ 7. Brunnen in der früheren Genossenschafts- | meierei, Parade No. 8. 41 mtief . ..... 1193 0,2 8. Brunnen in der Wäschefabrik von Werner & Brandes, Parade No. 6. 32 m tief ..... s10 0,13 9. Probebohrung für das projektierte Schwimmhallenbad, Parade No. 1. Artesische Schicht von 29,0 —45 m Tiefe . ...... 756,2 0,12 10. Überlaufbrunnen in der Sägemühle von E. Meyer, 2. Wallstrasse No. 7. 21 m tief . . 1044 0,17 11. Brunnen in der Bleicherei von Deich- mann, nahe der Moltkebrücke. 23 m tief . . . 511 0,05 12. Probebohrung von Gebr. Buck in Schlu- tup.Netwan40) mütiefe.e nt. Dan a ee. 601 0,1 !) Nach einer Mitteilung des früheren Eisenbahndirektors Benda. 89 Zu beiden Seiten dieser Salzwasserströmung befinden sich Brunnen, deren Wasser zwar nicht den geringsten Salzgeschmack besitzt, wohl aber durch einen auffallend hohen Chlorgehalt von 100 — 370 mg im Liter sich von dem übrigen Grundwasser unterscheidet. Auch diese Mischungs- zone hat eine ganz geringe Breite. Das Salzwassergebiet von Oldesloe stellt nun allem Anscheine nach nur em Stück dieser schmalen Salzwasserströmung dar. Seine grosse Ausdehnung sowohl in der Oberfläche als in die Tiefe lässt zunächst auf einen ganz bedeutenden Wasserreichtum schliessen. Dieser Reichtum an Salzwasser steht aber in gar keinem Verhältnis zu dem unbedeu- tenden Salzwasserstrom, der von Oldesloe über Reinfeld bis über Lübeck hinaus festgelegt ist. Der scheinbare Widerspruch lässt sich nur auf folgende Weise erklären: Das Salzwasser, das in Oldesloe die mächtigen Sandablagerungen oberhalb des unteren Geschiebemergels und z. T. in und unter demselben bis stellenweise zu 159 m Tiefe durchtränkt, befindet sich in Ruhe, es bildet gewissermassen einen unterirdischen See. Ein schwacher von Tralau herkommender Salzwasserstrom speist diesen See, ein schwacher Salzwasserstrom verlässt den See, die Überlauf- stelle befindet sich vielleicht dicht unterhalb der Stadt. mag Surabpyey og A Basyordcl Jo1ogyadsuf sauoynal DIRYPSTPIY anppmupiugp YyPSIPUDVI]OH ah) "IIPDAJSUNY | ra ADIMPRG LISNDYALI2PDIH | er MDPILPALON TDULI7DS 2AOYRA] -Job10 1109921807) 14101090 SM pwobmaLıoa 2423599 ARPoF »1100270. 100 Y 207 aaumy - LI) VE OL ee ZAHL EHI ANLIPIRT SV HL TI « 2 Ms y ryrPurapaafg 9% muunagburidg pl HS FIPPIYPM Sy SL HOUSE Al we- og, »uaung uoa bung 'g\ uumyobaflopunsg obanqump 39 -Druoss X yast \oyd- +bungramyp '\y Jo6L. "UI 115 - WORZWUYIS” VASL MUAUBY «u “ '6 BL Ppoapg ug pbumgurmp 3 bag aypsauypru 'SU1Dy° )% SL oypay 0a uobunsyog 9-V -ualloıpbuo- 1ossparxjvg ap.ımar ‘o pumg sy’ woau zuousbsn»- o77P uf 2 VOBH- mbunajoguawunig © Bi "PPA0Q DL], una p SNDPYPRS y 20) zu goy A D URSIOIDF OU. POPPIOSUDH SSISISI KSIITTTTTTTTTFSCCTCTCICIS Joyuyogj m V Y 0081 1. 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Die Zahl der Mitglieder hat sich im Berichtsjahre auf der gleichen Höhe von 141 gehalten, die das vergangene erreicht hatte. Die Gesell- schaft hat durch den Tod 3 Mitglieder, Herrn Kaufmann Heitmann, Herrn Apotheker ©. Pfaff und Herın Senator Deecke, sowie das korrespondierende Mitglied Herrn Ad. Münzenberger, Chihuahua (Mexico), verloren, ausgetreten sind ferner die Herren Dr. Theoder Hach, Fabrikant Wengenroth, Präsident Hoppenstedt und Oberinspektor Kermer. Dagegen sind 7 neue Mitglieder aufgenommen worden, näm- die Herren Nottebohm, Lehrer Westphal, Bankdirektor Bruch, Oberlehrer Dr. Brüsch, Postdirektor Daniels, Professor Dr. Ernst und Schiffsmakler Möller. Aus dem Vorstande schieden satzungsgemäss aus Herr Major von Koschitzky und Herr Sauermann; an des Ersteren Stelle, der eine Wiederwahl ablehnte, trat Herr Oberlehrer Dr. Ohnesorge in den Vorstand, Herr Sauermann wurde wiedergewählt. Kassen -Reyisoren waren Herr Max Gaedertz und Herr Max Schmidt. Die Gesellschaft versammelte sich, ausser zu den wie sonst regel- mässig an den Freitagen stattfindenden Herrenabenden, zu sechs ordent- lichen Sitzungen, von denen die letzte gemeinsam mit der Abteilung Lübeck der Deutschen Kolonialgesellschaft veranstaltet war, und in denen folgende Vorträge gehalten wurden: Am 25. Januar: Herr Dr. Zillich: »Auf dem Mont Saint-Michel en mer (Normandie).« . Herr Prof. Sartori: »Ein Ausflug nach Piemont.« Am 22. Februar: Herr Dr. Karutz: »Demonstrationen aus dem Museum für Völker- kunde. « 5 Herr Direktor Dr. Schaper -Meiningen: (Verlesung des eingesandten Manuscriptes) »Eine Besteigung des Gross - Glockners.« 92 Am 29. März: Herr W. Kohrs: »Reisen in Norwegen.« Am 26. April: Herr B. Peters: »Reiseschilderungen und Eindrücke aus Italien und der Riviera. « Am 8. November: Herr Direktor Dr. Fr. Schulze: 1. »Über moderne Nautik.« 2. »Briefe aus dem amerikanischen Feldlager auf den Philip- pinen.« Am 20. Dezember: Herr Oberlehrer Dr. Sack: »Auf »Wilder Fahrt« in der Ost- und Nordsee. « Herr Oberleutnant z. S. Roehr: »Meine Beteiligung an der Seymour- Expedition. « Der Vorstand hat sechs Sitzungen abgehalten. An Geschenken gingen ein: Dr. Karutz »Weitere Bemerkungen zur Ethnographie der Maty- Insel.« S.-A. aus dem Internat. Archiv für Ethnogr. »Ein Pangkoh der Dajaken.« S.-A. aus dem Globus. »Zur westafrikanischen Maskenkunde«, ebenso. Album der Eisenbahnen in den portugiesischen Kolonien. Topographische Karte des nordwestlichen Argentiniens. Dr. Sack, »Ein Beitrag zur Untersuchung der täglichen Varia- tionen der erdmagnetischen Inklination und Total-Intensität. « S.-A. a. d. Osterprogr. d. Katharineums. Vom Kriegsministerium der Vereinigten Staaten: »Report on the Census of Porto Rico, Washington 1900. « Von Herrn Minister Dr. Klügmann »Denkschriften betr. die Entwicklung des Kiautschou-Gebietes. « Jahresbericht der Kgl. Preussischen geologischen Landesanstalt für 1900. Arbeitsplan derselben für 1901. Von Herrn Dr. Eduard Hahn - Berlin: »Festschriften des Geographentages zu Breslau.« Die Gesellschaft ist in Schriftenaustausch mit der Naturforschenden Gesellschaft in Nürnberg getreten, von ihren eigenen »Mitteilungen« ist das 15. Heft der zweiten Reihe erschienen mit einer Abhandlung des Herrn Dr. Karutz »Die afrikanischen Hörnermasken« (mit 66 Abbil- dungen). 93 Verhandlungen der Geographischen Gesellschaft. 137. ordentliche Versammlung am 8. November 1901. Der Vorsitzende, Direktor Dr. Müller, begrüsste in dieser ersten Winterversammlung die zahlreich erschienenen Mitglieder und forderte zu reger, fördernder Arbeit auf. Es folgten einige geschäftliche Mit- teilungen über das soeben verteilte 15. Heft, sowie das in Vorbereitung begriffene 16. Heft der »Mitteilungene.. Gedacht ward des in Mexiko im letzten Sommer verstorbenen korrespondierenden Mitgliedes Adolf Münzenberger, sowie der verstorbenen Mitglieder Kaufmann Heitmann, Mitglied seit 1897, und Apotheker Pfaff, Mitglied seit 1890. Ausgetreten smd Landgerichtspräsident Hoppenstedt und Oberinspektor Kermer, neu eingetreten die Herren: Prof. Dr. Ernst, Oberlehrer Dr. Brüsch, Post- direktor Daniels, Bankdirektor Bruch. Neu in Schriftenaustausch mit der Geographischen Gesellschaft ist getreten die Naturforschende Gesell- schaft in Nürnberg. Von Dr. Ed. Hahn (z. Z. Berlin) gingen mehrere Schriften als Geschenke, von der Geologischen Landesanstalt in Berlin Bericht und Arbeitsplan für 1901 ein. Bei der Abfahrt des Südpolar- schiffes »Gausse war die Geographische Gesellschaft durch Direktor Dr. Pabst vertreten. Hierauf hielt Navigationsschuldirektor Dr. Schulze seine angekündigten Vorträge »über moderne Nautik« und »Mit- teilungen aus dem amerikanischen Feldzuge auf den Philippinen«e. Beide Vorträge wurden durch Lichtbilder illustriert, für welche die hiesige Firma Heinr. Dräger einen von ihr selbst gefer- tigten Apparat in dankenswerter Weise zur Verfügung gestellt hatte. 138. ordentliche Versammlung am 20. Dezember 1901. Die Sitzung fand gemeinschaftlich mit der Abteilung Lübeck der Deutschen Kolonialgesellschaft und unter ausserordentlich grosser Betei- ligung im Vortragssaale der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger 94 Thätigkeit statt. Herr Direktor Dr. Müller eröffnete die Sitzung mit der Mitteilung, dass die Gesellschaft durch den Tod ein Mitglied, Herrn Senator Deecke, verloren hat, dass dagegen neu eingetreten ist Herr Schiffsmakler Möller. Durch Akklamation wurde das ausscheidende Vorstandsmitglied, Herr Sauermann, wiedergewählt. Herr Oberlehrer Dr. Sack hielt dann seinen angekündigten Vortrag »Auf Wilder Fahrt in der Ost- und Nordsee.« Vortragender hat mit dem auf sog. Wilder Fahrt, d. h. ausserhalb eines regelmässigen Turnus fahrenden Dampfer eines befreundeten Kapitäns im vergangenen Sommer Reisen nach Riga, von hier durch den Nord-Ostsee-Kanal nach Dünkirchen, dann nach Sunderland und zurück um das Kap Skagen nach Warnemünde gemacht. Er gab sehr anschauliche, zum Teil humorvolle, immer auf ‚guter Beob- achtung beruhende Schilderungen von dem Leben in russischen, franzö- sischen und englischen Seehäfen und von seinen Eindrücken und Beobachtungen, die letzteren wissenschaftlich erläutert, während der Seefahrt. Der Vorsitz der vereinigten Sitzung ging nun auf die Kolonial- gesellschaft über. Herr Admiral Kühne dankte für das Entgegenkommen der Geographischen Gesellschaft und gab dann Herrn Oberleutnant z. 8. Röhr das Wort zu seinem Vortrage über die Erlebnisse auf der Seymour- Expedition im Juni 1900. Der Vortragende hat diesen von dem gemein- samen Expeditionskorps des internationalen Geschwaders zum Entsatze der Pekinger Gesandschaften unternommenen Zug als Führer der Hansa- kompaenie, d. hı. des von der Besatzung des grossen Kreuzers »Hansa« gestellten Detachements mitgemacht und konnte daher aus der Unmittel- barkeit eignen Erlebens heraus von den heissen Kämpfen, den grossen Strapazen und den durch Versagen der englischen Führung und Disciplin herbeigeführten Schwierigkeiten jener Zeit berichten. In ruhiger, einfacher und sachlicher Rede, der die Zuhörer mit wachsender Spannung folsten, entwickelte Herr Oberleutnant Röhr die Vorgänge, die jenen Entsatz- versuch bedingten, die ihn begleiteten und die ihn schliesslich scheitern liessen, und mit Stolz vernahm man aus dem Munde des die Thatsachen an der Hand übersichtlicher Oroquis referierenden Mitkämpfers die füh- rende Rolle der deutschen Truppenteile, denen allein es zu verdanken war, dass der Rückzug des Korps möglich, ja schliesslich noch ein sieg- reicher wurde. In schwungvollen Worten, unter Hinweis auf das berühmt gewordene Kommando »Germans to the front« und mit einem Hurrah auf die deutsche Marine in China dankte Herr Admiral Kühne dem Redner. ug 95 139. ordentliche Versammlung am 17. Januar 1902. Die Versammlung, zu der die Mitglieder der Gesellschaft zur Beför- derung gemeinnütziger Thätigkeit mit ihren Damen eingeladen waren, fand unter sehr starker Beteiligung und unter denı Vorsitz des Herrn Direktor Dr. Müller im grossen Saale der Gesellschaft statt. Als Redner war der berühmte Gelehrte Herr Wirkl. Geh. Admiralitätsrat Professor Dr. von Neumayer aus Hamburg gewonnen worden, der sich in liebenswürdiger Weise zu einem Vortrage über Meteore und Meteoriten bereit erklärt hatte. Der Vorsitzende begrüsste die Anwesenden, indem er auf die Gepflogenheit der Geographischen Gesellschaft hinwies, bei besonderen Anlässen die Mitglieder der Gemeinnützigen Gesellschaft zu sich eim- zuladen, und hiess dann insbesondere Herrn Geheimrat von Neumayer, das langjährige Ehrenmitglied der Geographischen Gesellschaft, will- kommen. In freier schöner Rede entwickelte dieser nun die Bedeutung des Studiums der Meteore für die Kenntnis des Kosmos, die geschicht- liche Entwicklung der Anschauungen über ihr Wesen und ihre Herkunft, die Beweise für ihren kosmischen Ursprung, die Zusammensetzung, das Vorkommen, die verschiedenen Typen sowie die Art und die Schwierig- keiten ihrer Beobachtung und Untersuchung. Durch Mitteilung zahl- reicher eigener Erlebnisse und Erfahrungen verstand es der Vortragende, der selbst seiner Zeit am Observatorium in Melbourne sich eingehend mit der Meteorfrage beschäftigt und sie wirksam durch wissenschaftliche Forschung gefördert hat, die Beweiskraft seiner Ausführungen zu ver- stärken und seinen vornehmen Vortrag, für den lauter Beifall der Zuhörer dankte, noch lebendiger und intimer zu gestalten. 140. ordentliche Versammlung am 14. Februar 1902. Die sehr zahlreich besuchte Versammlung wurde von dem stell- vertretenden Vorsitzenden, Herrn Oberlehrer Schneermann, mit der Mit- teilung eröffnet, dass Herr Direktor Dr. Müller aus dem Vorstande aus- geschieden und dass für ihn eine Neuwahl erforderlich sei. Es wurde darauf Herr Navigationsschuldirektor Dr. Schulze in den Vorstand gewählt. Zu Kassenrevisoren wurden Herr Boy und Herr Messtorff gewählt. Herr Oberlehrer Schneermann teilte weiter mit, dass Herr Kaufmann Köhnke der Gesellschaft beigetreten, Herr Dr. Nöhring ausgetreten ist, erwähnte einige Schriften-Eingänge und machte auf das neue Buch des korrespon- dierenden Mitgliedes der Gesellschaft, Herrn Dr. Eduard Hahn, » Ursprungs- gebiet und Entstehungsweise des Ackerbaues« aufmerksam. 96 Darauf hielt Herr Dr. med. Struck den angekündigten Vortrag über »Endmoränen in der näheren und weiteren Umgebung von Lübeck«; er besprach in Kürze seine eigenen, im demnächst erscheinenden Heft der »Mitteilungen« der Geogr. Gesellsch. veröffentlichenden Forschungen über diesen Gegenstand und demonstrierte zahlreiche Photographien und Präparate zur Erläuterung seiner werthvollen Ausführungen, die nament- lich auch auf die strittigen Fragen der Moränenforschung eingingen. Im kommenden Sommer gedenkt Herr Dr. Struck seine Forschungen fortzusetzen und zum Abschluss zu bringen. Herr Oberlehrer Schneermann nahm sodann das Wort zu einem Vortrage über »Swanetien und seine Bewohnere. An der Hand des jüngst von der Gesellschaft angekauften grossen Merzbacher'schen Werkes »Aus den Hochregionen des Kaukasus«, das bei der Gelegenheit vor- gelegt wurde, gab er eine eingehende Beschreibung der prachtvollen Landschaft dieses Teils des Kaukasus, seiner historischen Vergangenheit, der anthropologischen und ethnologischen Art seiner Bewohner und des heutigen Lebens der in abgeschlossenen Thälern seit Jahrtausenden ungestört, aber auch in degenerierender Einsamkeit und Inzucht lebenden Swaneten. 141. ordentliche Versammlung am 7. März 1901. Der Vorsitzende, Herr Oberlehrer Schneermann, teilte mit, dass der Vorstand ihn zum Vorsitzenden und Herrn Prof. Dr. Lenz zum stell- vertretenden Vorsitzenden gewählt habe, er gedachte der kurzen, aber erfolgreichen Thätigkeit seines Vorgängers, des Herrn Direktor Dr. Müller, in warmen Worten, legte die Abrechnung für das Jahr 1901 vor und erwähnte den Eintritt dreier neuer Mitglieder, der Herren Kaufmann R. Möller, Dr. med. Struck und Zahnarzt Hegewisch. Herr Dr. Karutz demonstrierte dann eine ungarische Rachepuppe aus dem Museum für Völkerkunde und verwies ‘dabei auf seine früher in der Gesellschaft gemachten Mitteilungen über schottische Rachepuppen und über die ethnographische Bedeutung und Verbreitung des m ihnen zum Ausdruck ‘kommenden Sympathiezaubers. _ Weiter sprach Herr G. Wemer über »Hörnerschlittenfahrten im Riesengebirge«; er erzählte in seiner liebenswürdigen Art von seinen eigenen Erlebnissen und Beob- achtungen in diesem Sport, wies auf die zunehmende Verbreitung der Fahrten hin, die sogar schon vom Stangen’schen Reisebureau von Berlin aus arrangiert werden, besprach die Versuche, die man im Harz mit ihrer Einführung gemacht hat, und die Möglichkeit, die dem Riesen- gebirge ähnlichen Verhältnisse in den Vogesen dazu zu verwerten. In 97 der Diskussion wurde auf die Schlittenfahrten in Davos und auf die Frage der Entstehung des Schlittens im Gebirge aufmerksam gemacht. Dann nahm Herr Stadtrat Michelsen zu seinem sehr beifällig auf- genommenen Vortrage: »Die Centenarfeier am 22. März 1897 an der Riviera« das Wort. Die zur Winterkur m Mori versammelten Deutschen haben den hundertjährigen Geburtstag Wilhelms I patriotisch und herz- lich gefeiert. Vortragender beschrieb den Verlauf dieses Festes und gab dem Bilde einen wohlgelungenen Rahmen gut gesehener und fesselnd erzählter Ausschnitte aus Natur und Leben an der Riviera. 142. ordentliche Versammlung am 21. März 1902. Die Versammlung, zu der mit ihren Damen die Mitglieder der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Thätigkeit und der Kolonial- gesellschaft eingeladen waren, fand unter Vorsitz des Herrn Oberlehrer Schneermann und unter starker Beteiligung der Mitglieder und Gäste im grossen Saale der Gemeinnützigen Gesellschaft statt. Herr Dr. med. Brühl aus Berlin sprach über »Streifzüge durch das nördliche Eismeer«. Der mit einer kurzen Pause fast zwei Stunden dauernde Vortrag war durch eine seltene Lebendigkeit und plastische Anschaulichkeit ausgezeichnet, die von einer ununterbrochenen langen Reihe von Lichtbildern unterstützt, die Reise von Geestemünde, dem Ausgangspunkte der Expedition, der Herr Dr. Brühl als Schiffsarzt angehörte, durch die Nordsee nach Tromsö, weiter über den Polarkreis nach der Bäreninsel, Spitzbergen und König Karl-Land und wieder zurück über Hammerfest und Tromsö nach Bremen, ein geschlossenes, lebensvolles, und wie selbsterlebt illusionierendes Bild vor den Augen der Hörer erstehen liessen. Die humorvolle Beschreibung der beschränkten Raumverhältnisse an Bord des kleinen Fischdampfers, wie die Wiedergabe der Erlebnisse auf Seehund-, Eisbär-, Walross: und Renntier-Jagden, die reizvollen Schilderungen der norwegischen Fjorde, der unzugänglichen Bäreninsel-Küsten, der Gletscher und Eisberge Spitz- bergens, wie die vielen Aufschlüsse über Pflanzen- und Tierwelt, über Klima und Geologie der arktischen Breiten, und die offenbar unter dem Eindruck frischester Erinnerung niedergeschriebenen Hymnen auf die fremde Schönheit der Mitternachtssonne, alles das wurde mit gleicher Lebendigkeit gesprochen und mit gleichem Interesse gehört. Die tech- nische Vollendung der photographischen Aufnahmen und der künstlerische (Geschmack in der Wahl ihrer Motive lieferten Lichtbilder, deren Schön- heit das meiste von dem in den Schatten stellte, was den Mitgliedern der Gesellschaft bisher bei Vorträgen gezeigt worden war. 98 143. ordentliche Versammlung am II. April 1902. Vorsitzender: Oberlehrer Schneermann. Die sehr gut besuchte Versammlung wurde. mit der Mitteilung eröffnet, dass Herr Oberförster Elle zu Carlshof der Gesellschaft als Mit- glied beigetreten sei. Nach Vorlesung einiger Neueingänge erteilte der Vorsitzende Herrn Oberlehrer Dr. Hausberg das Wort zu einem Vortrage über den Bayerischen Wald. Nachdem der Vortragende in der Einleitung‘ über die Litteratur des Gebietes gesprochen hatte, erörterte er den Namen und die Ausdehnung des Waldgebietes, das als sogenannter oberer oder hinterer Wald das Grenzgebirge zwischen Böhmen und der Oberpfalz, südöstlich vom Touser Pass umfasst. Es ist ausgezeichnet durch die Doppelgestalt seiner Gipfel Osser, Falkenstein, Arber, Rachel u. s. w. Der vordere Wald wird begrenzt durch das Ilzthal im Südosten und das tegenthal im Westen. Das Gebirge fällt steil zur Donau ab. Es folste nun eine eingehende Schilderung der Grenzkammer, des geognostischen Aufbaues, der Eigenart des Waldbestandes, der Pflanzen- und Tierwelt, sowie der Beschäftigung und Lebensweise der Bewohner. Der Vortrag wurde mit reichem Beifall aufgenommen. Sehr interessante Bemerkungen machte sodann Herr Professor Dr. Lenz über die Achatindustrie im Nahethale. Diese schon im 15. Jahrhundert geschichtlich nachweisbare Industrie ist eine Folge der geologischen Erscheinung, dass im Melaphyr des Hunsrücks durch Gas- bildung Hohlräume entstanden, die durch Quarze in verschiedenen Farben (als Jaspis, Amethyst, Opal u. s. w.) ganz oder zum Teil ausgefüllt wurden. Auch Achate, d. h. Quarzsorten in verschiedener Mengung, fanden sich in sog. Mandeln vor. Die gesteigerte Nachfrage nach diesen Mineralien überstieg aber bald die Ausbeute, man war deshalb genötigt, sich in andern Ländern nach ihnen umzusehen. Heute liefern Brasilien und. Australien grosse Mengen schön gefärbter Achate. Der Redner wandte sich sodann der Schilderung der »Schleifer« im Idarthale zu. Die Triebkraft giebt der Idarbach, der aber oft nur Wasser für einige Stunden liefert. Die Art des Schleifens und Steinschneidens, des Durch- bohrens und Gravierens der geschliffenen Steine, dieses alles wurde mit grösster Anschaulichkeit geschildert und durch Gesteinproben und Photo- graphien wirksam erläutert. Als dann der Vortragende zum Schluss noch hervorgehoben hatte, dass auch viele Diamanten im Nahethale ver- arbeitet würden, und dass durch die jetzt ermöglichte künstliche Färbung der Achate die Industrie am Hunsrück die ganze Welt versorgt, erntete er für seine lehrreichen Ausführungen den lebhaften Beifall der Versammlung. Der Vorsitzende dankte beiden Vortragenden, teilte mit, dass bis zum Herbst die Vortragsabende nunmehr aufhören und empfahl den zahlreichen Besuch der auch ferner regelmässig stattfindenden Herren- abende. 99 Bericht des Naturhistorischen Museums über das Jahr 1900. Im verflossenen Jahre hat in allen Abteilungen des Naturhisto- rischen Museums eine rege T'hhätigkeit geherrscht. In der weiteren Durch- bestimmung und genaueren Ordnung der Conchylien, der mineralogischen und paläontologischen Gruppe, der wissenschaftlichen Insektensammlung und des Herbars traten die Arbeiten weniger nach aussen hervor, sie blieben, wenngleich oft die mühsameren, im Innern der Schränke und Schubladen verborgen. Bei den Säugetieren, Vögeln, Reptilien und den Schausammlungen der Lübeckischen Abteilung waren die Anderungen und Neuschaffungen den Besuchern sichtbarer. Dank der auch im verflossenen Jahre wiederum in erfreulicher Weise hervortretenden Unterstützung auswärtiger und einheimischer Freunde unserer Sammlungen erfuhren insbesondere die Gruppen der Säuger und Vögel umfangreiche und wertvolle Bereicherungen, welche die weitere Aufstellung mehrerer grosser Schauschränke nötig machten. Unser jetziger Assistent, Dr. R. Biedermann-Eutin, schenkte ein im Aostagebiet der grajischen Alpen 1897 erlegtes Alpensteinbockpaar, das von der kunstfertigen Hand des Hofpräparators Knuth in Schwerin in lebensvoller Weise modelliert ward. Von unserm alten, bewährten Freunde, dem Kapitän Hugo Storm, erhielt das Museum zwei prächtige Schneeziegen, welche derselbe auf den Höhen des Felsengebirges im Westen der Vereinigten Staaten Nord- amerikas selbst erlegt hatte. Der Schenkgeber fügte in zwei weiteren Sendungen eine Anzahl kleinerer nordamerikanischer Säuger, sowie einige früher auf Sumatra erbeutete Affenbälge hinzu. Herr Otto Sartori bereicherte die Sammlung mit einem grossen, in den Wildnissen Nordpatagoniens geschossenen Silberlöwen. 100 Endlich gelang es, zwei ausgewachsene, vorzüglich erhaltene Bälge des in Ostgrönland lebenden Moschusochsen, eines Stieres und einer Kuh, zu sehr billigen Preisen zu erwerben und, ebenfalls von Herrn C. Knuth in Schwerin ausgestopft, zu einer Gruppe vereinigt aufstellen zu können. Unter den Vögeln erfuhren insbesondere die Raubvögel Bereiche- rungen durch Geschenke des Herm Dr. Biedermann. Die dem Leben abge- lauschten Stellungen der Vögel wenden stets von Neuem die Aufmerk- samkeit dem neuen grossen Raubvogelschranke zu, in welchem die Adler und Geier jetzt vereinigt sind. Neben dem fliegend dargestellten grauen Geier, dem abfliegenden Steinadler, einem Kaiser- und Seeadler verdienen zwei Alpenlämmergeier verschiedener Altersfärbungen ganz besonders hervorgehoben zu werden. Neben diesen grossen Raubvögeln haben rechts die Eulen, links die Falken in einem besonderen Schranke Platz gefunden. Unter den Falken sei ein mit geschmückter Jagdkappe zur Beize fertiger isländischer Jagdfalke besonders erwähnt. Die Sammlung chinesischer Vögel ward in erfreulicher Weise durch die Fürsorge des Herrn Kapitän G. Kley um 45 gut präparierte Tiere vermehrt. Die Reptilien und Amphibien wurden neu aufgestellt und konnten die Krokodile und Amphibien unter Zuhülfenahme eines neuen 6. Schrankes weit besser zur Geltung gebracht werden. Unser korrespondierendes Mitglied, Herr Ernesto Guenther in Sorata, brachte bei seinem Besuche in Lübeck wiederum eine grössere Sammlung von Schmetterlingen und anderen Insekten, von Schlangen und Eidechsen in Spiritus aus Bolivien mit, unter denen Einiges ganz neu für unsere Sammlung, Anderes als erwünschte Ergänzung früherer Sendungen willkommen war. Aus Südafrika erhielt das Museum eine kleine Sendung dortiger Tiere durch Herrn Lerchen. Durch Ankauf konnte ein gut erhaltener grosser Mammutstoss- zahn aus Sibirien, eine Sammlung von Conchylien und wirbellosen See- tieren aus Neuseeland, sowie Vertreter der die unterirdischen Höhlen des Karstes bewohnenden Tiergruppen erworben werden. Die Aufmerksamkeit der Museumsbesucher dürfte endlich noch durch ein gut präpariertes mächtiges Wildschwein, welches aus Mecklen- burg stammt, gefesselt werden. Das Herbar wurde durch Geschenke und Ankäufe von Pflanzen aus Kamerun, Südbrasilien, Argentinien, den Vereinigten Staaten von Nord-Amerika und Mexico vermehrt. Besonderen Dank sind wir Herren Professor Schinz-Zürich für 100 Kappflanzen und Dr. Schlechter für 40 ostafrikanische Pflanzen schuldig. 101 Nach auswärts wurden Verbindungen mit dem Botanischen Museum in Berlin, Zürich und Hamburg unterhalten und verschiedene Pflanzenfamilien für wissenschaftliche, insbesondere monographische Arbeiten dorthin leihweise überlassen. Die mineralogische Sammlung wurde durch Geschenke interes- santer schweizer Mineralien wiederum seitens unseres Assistenten Herrn Dr. Biedermann vermehrt und konnten daneben einige Lücken durch Ankäufe ausgefüllt werden. Schliesslich hat die Vorsteherschaft die angenehme Pflicht, dem Professor Laurence Duckworth in Cambridge (England) ihren aufrichtigen Dank auszusprechen für ein Geldgeschenk, welches derselbe nach Been- digung seiner an den Anthropoiden unserer Sammlung gemachten Studien dem Museum überreichte. Dasselbe ward zur Erwerbung eines Nashorn- schädels verwendet, der infolgedessen auf der Etikette als Geschenk des genannten Herrn bezeichnet worden ist. In der Lübeckischen Abteilung wurde die Raubvogelgruppe um einen Sperber- und Eulenhorst mit Bruttieren und Nestjungen vermehrt. Im Singvogelschrank konnte die Neuaufstellung unter Einfügung charak- teristischer Nester durchgeführt werden; auch erfuhren die Kriechtiere und Fische eine Neuaufstellung, die letzteren in dem.Leben nachgebildeten Schwimmstellungen neben möglichster Erhaltung der natürlichen Farben. ‚Eine zweckmässige Aufstellung der Säugetiere konnte noch nicht ‚geschaffen werden, jedoch gelang es, eine hübsche Fuchsgruppe mit Jungen zu erwerben. Besondere Aufmerksamkeit wurde der Weiterführung der Sammlung schädlicher und nützlicher Insekten unserer nächsten Umgebung gewidmet und konnten den im vorigen Jahre bereits zur Aufstellung gelangten Insekten des Gartens in weiteren 7 Kasten solche für Forstkultur und Landwirtschaft wichtige hinzugefügt werden. Das Leben dieser Insekten ‘ward ebenfalls durch Beigabe von Larven, Puppen, Frassstücken und kurzen Erläuterungen dem Verständnis der Besucher näher zu bringen versucht. Daneben fanden die Entwicklungen eimheimischer Schmetterlinge mit ihren betreffenden Nährpflanzen und die Sammlung hiesiger Raupen eine Neuaufstellung. Allen Freunden und Förderern des Naturhistorischen Museums sei auch hier nochmals der aufrichtige Dank der Vorsteherschaft ausgesprochen und zugleich die Bitte hinzugefügt, auch fernerhin an der Weiter- entwicklung unserer Sammlungen in gleicher Liebe mithelfen zu wollen. Besucht ward das Museum im Jahre 1900 von 23175 Personen, 102 Die laufenden Ausgaben stellten sich wie folgt: Von der Gesellschaft zur Beförderung gemeinn. Thätigkeit. M. 5549,25 durch: Geschenkes" N an. Me RN > OL. Ausgaben RR RE EEE » 5.696,36. Der Fehlbetrag von M. 45,36 ward auf das Jahr 1901 hinüber- genommen. An Stelle des aus dem Vorstande ausscheidenden Augenarztes R. Jatzow wurde der Oberstabsarzt a. D. Dr. F. Prahl erwählt. Den Vorsitz behielt Kaufmann Fr. Jürgens. Verzeichnis der neuen Erwerbungen. A. Geschenke. Von Herrn Th. Heitmann, hier: Ein Fuchs. Von Herrn Dr. R. Biedermann, Eutin: Eine Gruppe des Alpensteinbockes (Männchen und Weibchen) Capra Ibex; ein alter weiblicher Lämmer- geier (Gypaetus barbatus) und ein etwas jüngerer männlicher Lämmergeier aus dem Alpengebiet; Balg vom Königsparadiesvogel (Cieinnurus regius) Weibchen; Schädel vom Eisfuchs, Schädel vom männlichen und weiblichen Alpensteinbock; Gehörne vom virgini- schen Hirsch (Cervus virginianus), von Cervus campestris, von Subulo rufus, von Hyelaphus porcinus und vom sibirischen Reh; zwei Eier von Megapodius tumulus, drei Eier von Sphaeniscus magellanicus; 124 Arten griechicher Landconchylien, von denen 81 Arten für die Sammlung neu waren; ein Uhupaar (Bubo maximus) von den Karpathen; ein Alpenmauerläufer (Tichodroma muraria) aus der Schweiz; ein Habicht (Astur palumbarius) aus Ostgalizien, Auerhahn, Auerhenne und Rothuhn aus der Schweiz. Von Herrn Lerchen, East London (Südafrika): Eine Anzahl Schlangen und Eidechsen, Skorpion und eine Vogelspinne. Von Herrn Otto Sartori, Argentinien: Ein Silberlöwe, Magensteine von Guanaccos, zwei Stücke fossiles Holz. Von Herrn Capt. Hugo Storm, Tower (Ver. Staat. v. Nord-Amer.): Zwei Schneeziegen (Caprovis montana), eine Wildkatze, zwei Stinktiere, ein Mink (Putorius vison), ein Murmeltier (Arctomys monax), eine Waldratte, ein Eichhörnchen. Eine Affenfamilie aus Ost- Sumatra. Zweite Sendung: Ein Waschbär, zwei Eichhörnchen, drei Waldmäuse, ein Wiesel. Von Herrn Rathgen, hier: Ein Rippenmolch (Molge waltli) und Spelerpes ruber, Von Von Von Von Von Von Von Von Von Von Von Von Von Von Von 105 Herrn ©. A. Siemsfen, hier: Ein Papagei (Platycercus eximius). Herrn Ernesto Günther, Sorata: Eine grosse Anzahl Schlangen und Eidechsen, diverse Insekten, zwei Peripatus-Arten (P. soratanus und intermedius Bouy.), eine Fledermaus, ausserdem mehrere Hundert Schmetterlinge, Herrn Kapt. G. Kley, China: 45 chinesische Vogelbälge, teils aus dem Innern, teils von verschiedenen Küstenplätzen. Herrn H. Buck, hier: Ein Widderschädel, ein Rehbockschädel, eine Hirschstange, Becken einer Riesenschildkröte; 16 Gläser mit einheimischen Reptilien und Amphibien, vier Gläser mit ausser- europäischen Schlangen und Skorpionen. Herrn W. Meyer, hier: Eine weisse anatolische Mövchentaube mit blauem Schwanz. Herrn Hartwig jun., hier: Mehrere Schlangen und Eidechsen aus Java; ein Skorpion. Herrn Tierarzt Werner, hier: Zwei Harballen, verschiedene Parasiten von Haustieren. Herrn Direktor Johs. Arnold, Hamburg: Drei Pferde- und 1 Kameel- schädel. Herrn Fr. Peckelhoff, hier: Nest einer Zwergmaus (Mus minutus) mit dem Tier. Herrn Prof. Schinz, Zürich: 100 Kappflanzen (Südafrika). Herrn Dr. Schlechter, Berlin: 50 ostafrikanische Pflanzen. Herrn Bade, Schlutup: Versteinertes Holz. Herrn W. Ludwig, hier: Versteinertes Holz. Herrn Dr. Biedermann, Eutin: Eine grössere Anzahl schweizerischer Mineralien, darunter Bergkrystalle mit Rutilnadeln und Byssolith ; Eisenrosen, krystall. Pennin mit Diopsid, gedrehte Rauchquarze, rother krystall. Fluorit. Ferner: Unter- und Oberkieferstücke vom Mastodon angustidens und Rhinoceros ineisivus aus den Steinbrüchen bei Winterthur in der Schweiz, Überreste eines Tertiär-Reptils von Piracicaba (S. Paolo, Brasil.); Pentacrinus subangularis aus dem schwäbischen Jura, zahlreiche andere Petrefakten aus dem ägypti- schen Tertiär, den Solenhofener Schichten, Fussspuren vom Chiro- therium u. s. w. Herrn Herm. Hase, Guanacevi (Mexico): Eine Silberstufe aus den dortigen Gruben. 104 B. Angekauft wurden: Von Herrn E. Dörries, Hamburg: Ein Mammutstosszahn aus Sibirien. Von Herrn ©. Knuth, Schwerin: Eim Wildschwein und eine Fuchsgruppe mit Jungen. Von Herrn J. F. G. Umlauff: Eine Sammlung von Conchylien, Krebsen und Stachelhäutern aus Neu- Seeland. Von Haferlandt & Pippow, Berlin: Höhlentiere des Karstes. Vom Museum in Tromsö: Zwei Bälge des Moschusochsen (Ovibos moschatus) aus Ostgrönland. Vom Botanischen Museum in Berlin: 75. Kamerun - Pflanzen. Aus Andreasberg im Harz: Eine Anzahl bisher der Sammlung fehlender Mineralien. Die Bibliothek wurde durch folgende Werke vermehrt: 1. Dureh Schriftenaustausch: Bautzen, Naturwissenschaftliche Gesellschaft »Isis«. Berlin, Museum für Naturkunde, zool. Abt.: Bd. I. Heft 4. Bericht 1899. Berlin, Gesellschaft naturf. Freunde: Sitzungsberichte Jahrg. 1900. Berlin, Märkisches Provinzialmuseum: Festschrift zum 25jährigen Be- stehen. 1901. Bonn, Naturhistorischer Verein für das Rheinland und Westfalen: Verhandlungen Jahrgang 56, I. 57, I. Bonn, Niederrheinische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde: Sitzungs- berichte 1899, II. 1900, I. Bremen, Naturwissensch. Verein: Abhandlungen, Bd. IV—V. 5. VI-IX. XI und XVL 3. Breslau, Schlesische Gesellschaft für vaterländ. Kultur: 77. Jahresbericht. Ergänzungsheft 7. Colmar im Els., Naturforschende Gesellschaft: Mitteilungen, Neue Folge Ba. IV. 1893 Bd. V. 1899. Danzig, Provinzial- Museum. Dresden, Naturwissensch. Gesellschaft »Isis« : Sitzungsbericht und Abhand- lungen 1899 — Juni 1900. Elberfeld, Naturwissensch. Verein. 105 Frankfurt a/M., Senckenbergische naturforschende Gesellschaft: Bericht 1900. Frankfurt a/O., Naturwissensch. Verein, Reg.-Bez. Frankfurt: Helios, Bd. 17 1900 Litt. 12. Jahrg. Fulda, Verein für Naturkunde. Giessen, Oberhessische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. Greifswald, Naturwissensch. Verein für Vorpommern und Rügen: Mit- teillungen 31. 1900. Hamburg, Naturhist. Museum: Mitteilungen Heft XVII. 1900. Hamburg, Naturwissensch. Verein: Verhandlungen 3. F. VII. 1900. Abhandlungen XVI. 1900. Hannover, Naturhist. Gesellschaft: 48. und 49. Jahresbericht 1900. Kassel, Verein für Naturfreunde: Bericht 45. 1900. Hildesheim, Römer-Museum: Mitteilungen 9—13. 1900. Königsberg, Physikal.-ökonom. Gesellschaft: Schriften 40. Jahrg. 189. Münster, Westfälischer Provinzial-Verein: 27. Jahresbericht 1898/99. Nürnberg, Naturhist. Gesellschaft. Osnabrück, Naturwissensch. Verein. Regensburg, Naturwissensch. Verein: Heft VI. 1898 —1900. Wiesbaden, Nassauischer Verein für Naturkunde: Jahresbücher Bd. 53. 1900. Zwickau, Verein f. Naturkunde. Wien, K. K. Naturhist. Hof-Museum: Annalen, Bd. XIII. 4. XIV. 1—4. XV. 1—2. 1900. Prag, Naturhist. Verein »Lotos«: XVII, 1898. XIX, 1899. Prag, Gesellschaft des Museums des Königreiches Böhmen. Linz, Museum Franeisco -Carolineum: 56. Bd. 1898. 58. Bd. 1900. Bibliotheks - Katalog 1900. Graz, Steiermärkisches Landesmuseum Johanneum. Budapest, Publikationen des K. Ungarischen National-Museums: Bd. XXIII 1—4. Basel, Naturforschende Gesellschaft: Bd. XI. 1 u 2. VII. 1 u 2. XII. 1. Rütimeyer: Gesammelte kleine Schriften, 2 Bde. 1898. Zürich, Naturforschende Gesellschaft: Jahrg. 44. 3—4. 45. 1—2. 1900. Genf, Societe Helvetique des Sciences naturelles. Amsterdam, K. Akademie von Wetenschapten: Verslagen van de Gewone Vergaderingen des Wis- en Naturkundige Afdeeling, Deel VIII 1900. Haarlem, Musee Teyler: Archives, Ser. II Vol. VI. 5. 1900. VII. 1u. 2. 1900. Liverpool, Museum: Bulletin. Vol. III. 1. Edinburg, Royal Society: Proceedings XXI. Bergen, Museum: Aarbog II. 1900 Heft 1 u. 2. Aarsberetning 1899 u. 1900. 106 Stockholm, K. Schwedische Akademie der Wissenschaften: Bihang, Abt. III. u. IV. Vol. 25. 1900. Briefe von J. Müller. Upsala, Geologisches Institut: Bull. Vol. IV. P. 2. No. 8. Tromsö, Museum. Stavanger, Museum. Helsingfors, Societas pro Fauna et Flora fennica. Riga, Naturforscher- Verein: Korrespondenzblatt 43. Boston, Amer. Academy of arts and sciences: Vol. XXXV. 4—27. Cambridge, Museum of comparative Zoology: Annual Report 1899/00. Bull. Vol. XXXVI 1. — XXXVIL, 3. 1900. Buffalo, Society of natural sciences: Bull. Vol. VI, 2—4. Milwaukee, Public Museum: Annual Rep. 1898/99. New-York, Academy of sciences: Annals Vol. XI, 3. XII, 2 u. 3. XIII, 1. 1900. Memoirs Vol. II 1, 2. 1900. New-York, American Museum of Natural History, Central-Park: Bull. XI, 3. XII u. XII. 1900. Memoirs II, 6. IV, 1-2. Rochester, N. Y. Rochester Academy of Science: Proc. III. 2. Massachusetts, U. S. A., Tufts College. Chicago, Academy of sciences: Bull. 5. 1898. Philadelphia, Academy of natural sciences: Proceedings 1899, 3. 1900 u 2% Washington, Department of Argieulture: North Amer. fauna 16—19. Bull. 12—14. Wisconsin, Academy of sciences, arts and letters: Transactions Vol. XI. 2. 1900. Washington, National Museum: Bull. 47. 1900. "The fishes. Nutting: Amer. Hydroids P. I. Plumularidae Wash. 1900. Proceedings Vol. 21 Buenos Ayres, Museo national: Comunicaciones Tomo I. 6 u. 7. Montevideo, Anales del Museo Nacional: Anales XIII, XIV, XV, XVII, XVII. 1901. Para (Brasilien), Museum Paraense: Boletin do Paraense Vol. III. 1. 1900. Batavia, Kon. Naturkundige Vereenigung in Nederlandsch Indie: Tijd- ‘schrift Deel 59. 1900. Sidney, Australian Museum: Records Vol. III. 6—8. 1900. Memoirs III. 10. 1900. Brisbane, Queensland Museum: Annals No. 4. 1897. No. 5. 1900. Sidney, Royal Society of N. S. W.: Journal and Proceedings Vol. XXXII. 1899. Kapstadt, South African Museum: Annals Vol. I. 2. 3. Vol. II. 1—4. 107 2. Angekauft wurden: Das Tierreich. Lief. 10—15. Häckel, Die Kunstformen in der Natur. Heft 5. Hertwig, Lehrbuch der Zoologie. 5. Aufl. 1900. Naumann-Zirkel., Elemente der Mineralogie. 13. Aufl. 1898. Riesenthal, Raubvögel. Hamann, Europäische Höhlenfauna. Chun, Aus den Tiefen des Weltmeeres. Wilsmann-Kuhnert, In den Wildnissen Afrikas und Asiens. Die Fortsetzungen von: Martini und Chemnitz, Conchylien - Cabinett. Nachrichtsblatt der deutschen malakozoologischen Gesellschaft. Entomologische Nachrichten. Zoologische Jahrbücher. Zoologischer Anzeiger. Bibliotheca zoologica. Berliner entomologische Zeitschrift. ° Stettiner entomologische Zeitschrift. Notes fr. the Leyden Museum. Zoological Record. Vol. 26. 1899. 109 Bericht des Naturhistorischen Museums über das Jahr 1901. Das Naturhistorische Museum hat auch im verflossenen Jahre nicht stille gestanden. Fast aus allen Abteilungen kann über weitere Ausgestaltungen, vorteilhaftere Aufstellungen und beachtenswerte Neu- erwerbungen berichtet werden. In der Säugetiersammlung fanden die bereits im vorigjährigen Bericht erwähnten, von dem langjährigen Freunde unseres Museums, Herrn Capt. Storm geschenkten Schneeziegen als Gruppe ihren Platz. In der Abteilung Vögel ward für die stattliche, durch Geschenke bedeutend vermehrte Raubvogelsammlung ein neuer grösserer Schrank beschafft, der die einzelnen Gruppen die ihnen gebührende Stellung und Anordnung gewähren konnte. ‘Eine äusserst wertvolle Vermehrung erfuhren die Lämmergeier durch ein drittes Exemplar, ein ganz altes Männchen mit prächtig gelbem Halse im Kampfe mit einer sardinischen Wildkatze. Wiederum ein Geschenk des Herrn Dr. Biedermann - Eutin, dem unser Museum schon so vieles verdankt und der auch noch andere Abteilungen im letzten Jahre in freigebigster Weise bedachte. In dem durch die Raubvögel frei gewordenen Schranke fanden die bisher sehr ungünstig aufgestellten Hühnervögel ihren Platz; die Farben- pracht derselben kommt jetzt in befriedigender Weise zur Geltung. Neben ihnen sind in besonderen Schränken ein Teil der Sumpfvögel und die eigentümlichen Nashornvögel untergebracht. Ein zweiter drehbarer Schaukasten wurde für Colibris und kleinere Schmuckvögel, welche sich durch Farbenpracht auszeichnen, eingerichtet; auch die Lebensweise dieser Vögel konnte veranschaulicht werden. Die im vorigen Jahre bereits begonnene Umstellung der Reptilien und Amphibien wurde zu Ende geführt und diejenige der Fische, für welche ein neuer Schrank zur Verfügung war, in Angriff genommen. 110 Eine bedeutende Bereicherung erfuhr diese Abteilung durch die Geschenke des Herrn W. Brehmer in Bangkok, sowie ganz neuerdings durch eine Sendung des Herrn Kapitänleutnant Türk aus der Südsee. In der wissenschaftlichen Abteilung der Mollusken wurde ebenfalls von unserm bewährten Kenner dieser Gruppe, Herrn Hauptlehrer Arnold, rüstig weiter gearbeitet, alte Bestimmungen revidiert und neue ausgeführt. Unter den Insekten fanden namentlich die Schmetterlinge einen wertvollen Zuwachs durch die Liebenswürdigkeit des bereits genannten Herrn W. Brehmer. Da Hinterindien bisher in unserer Sammlung zu den am wenigsten vertretenen Ländern gehört, so war diese Sendung besonders willkommen. Die Schausammlung der Schmetterlinge ward durch die interessante Zusammenstellung der Frühjahrs-, Sommer- und Herbstformen von Vanessa Levana, Prorsa und Porima ergänzt. Eine bedeutende Vermehrung erfuhren die höheren Crustaceen durch die Arbeiten und Verbindungen unseres Conservators. Von dem- selben sind im Laufe des Jahres zwei Arbeiten über diese Gruppe erschienen, die eine behandelt die von Prof. Dr. Schauinsland - Bremen auf seiner Reise durch den pacifischen Ocean, die andere die von Prof. Dr. Plate- Berlin an der Westküste Südamerikas gesammelten Crustaceen. Die so hoch interessante Gruppe der Kieselschwämme konnte durch einige charakteristische Schaustücke vermehrt werden. In der Lübeckischen Abteilung wurden die hiesigen Süsswasserfische in lebensvollen Stellungen, schwimmend, mit ausgebreiteten Flossen auf- gestellt. Für die Säugetiere konnte ein neuer Schrank zur Verfügung gestellt werden, in welchem die kleineren Raub- und Nagetiere Platz fanden. Vervollständigt wurden die Schaukasten mit den in Garten, Feld und Forst nützlichen oder schädlichen Insekten. Eine besondere Abtei- lung zeigt Entwicklung und Zucht der Honigbiene. Zwei Kasten wurden gänzlich neu aufgestellt, um die Ähnlichkeit mancher Insekten in Farbe und Form mit ihrer nächsten Umgebung zur Anschauung zu bringen. Das Herbarium wurde durch Geschenke und Ankäufe von Pflanzen aus Kamerun, Westaustralien, Siam, Süd-Angola, sowie durch Vermitt- lung verschiedener Tauschvereine vermehrt. Von auswärtigen Botanikern benutzten das Herbar für ihre Arbeiten die Herren Dr. R. Pilger, Dr. Linden und Dr. Gilg in Berlin, Professor Dr. Hans Schinz in Zürich. Um das Herbar besser als bisher vor Schädigung durch Insekten- frass zu schützen, wurden die Reole, in welchem die Pakete aufbewahrt 111 werden, mit dichtschliessenden Vorsatzrahmen, welche durch Vorreiber festgehalten werden, verschlossen. Die Holzrahmen sind mit Leinen bespannt und dieses mit Olfarbe gestrichen. Umfangreiche und interessante Vermehrungen erfuhr die minera- logisch-geologische Abteilung, durch Geschenke, Tausch und kleinere Ankäufe. So erhielt das Museum durch Herrn Herm. Hase in Guanacevi (Mexico) schöne Stufen von gediegenem Silber mit krystallisiertem Glas- erz und Silberglanz aus den Gruben in der Provinz Durango. Von Herrn N. Molter in Idar geschliffene Platten von grünem Turmalin aus Brasilien, australischen Edel- und Holzopal, Saphire von Queensland, Korundkrystalle vom Ural, drei Prachtstufen von Chabaeit aus dem Melaphyr Birkenfelds und anderes. Die grösste und zugleich wertvollste Bereicherung an Mineralien in grossartigen Schaustücken wurde der Sammlung wiederum durch Herrn Dr. Biedermann in Eutin zu teil. Darunter vom St. Gotthard und dessen Nähe: sehr grosse, gut ausgebildete Bergkrystalle, zum Teil mit Ein- schlüssen von Byssolith, Rutil und Epidot, gedrehte Rauchquarze, Eisen- rosen, grüner Titanit mit Adular und Chlorit, krystallisierter Pannin mit Diopsit von Ala, Rauchquarz mit aufgewachsenen Krystallen von rotem Fluorit, Staurolith, Cyanit u. s. w. Aus England grosse Stufen von farblosen und roten Calcitkrystallen. Die geologische Abteilung erhielt von demselben Herın eine umfang- reiche Sammlung von Gesteinen und vorzüglichen Versteinerungen aus verschiedenen Erdformationen, darunter Unter- und Öberkieferteile vom Mastodon angustidens aus den Veltheimer Steinbrüchen bei Winterthur in der Schweiz. Eine hübsche Sammlung von Versteinerungen der oberen Kreide aus der Umgegend von Essen schenkte Herr Pastor Carl Hasse in Altendorf (Rheinprovinz); von der geologischen Landesanstalt in Berlin wurden durch Austausch Versteinerungen des Wälderthons aus Hannover erworben. Die Geschiebe aus der hiesigen Umgegend und deren Versteine- rungen wurden wiederum wesentlich vermehrt durch die Sammlungen des Herrn Dr. Struck. Eine wertvolle, mit 11 Tafeln und einer Karte versehene Arbeit des Genannten über den Verlauf der nördlichen und südlichen Hauptmoränen in der weiteren Umgebung Lübecks konnte in den von der Geographischen Gesellschaft und dem Naturhistorischen Museum gemeinsam herausgegebenen Mitteilungen veröffentlicht werden. Die von Herrn Professor Dr. Friedrich in den letzten Jahren gepflegte Sammlung von Bohrproben aus den zahlreich in Lübeck und dessen Umgebung getriebenen artesischen Brunnen konnte wiederum 112 auch im letzten Jahre bedeutend vergrössert werden. Das Naturhistorische Museum ist nicht nur Herrn Professor Dr. Friedrich, sondern auch den betreffenden Besitzern und nicht minder den Bohrmeistern für ihre Auf- merksamkeit und Mühe zu Dank verpflichtet. Die Bibliothek, welche im Wege des Austausches wiederum wesent- lich vermehrt, auch durch Ankäufe ergänzt werden konnte, erhielt ausser- dem zwei sehr wertvolle Werke zum Geschenk. Von Herrn Handels- kammer-Präsident Ed. Rabe: Staudinger und Schatz, Exotische Schmetter- linge und Herrn Zahnarzt Schmidt: Lacordaire, Genera des Coleopteres. Allen Freunden und Förderern des Naturhistorischen Museums, einheimischen und auswärtigen, sei hier nochmals der aufrichtige Dank der Vorsteherschaft ausgesprochen und zugleich die Bitte hinzugefügt, auch fernerhin an der Weiterentwicklung unserer Sammlungen in gleicher Liebe mithelfen zu wollen. Besucht wurde das Museum im Jahre 1901 von 26674 Personen. Die Einnahmen und Ausgaben stellten sich wie folst: Von der Gesellschaft zur Beförderung gemeinn. Thätigkeit . M. 5450, —- Sonst gen Bnnalhmme ne Sean 45,35 Ausgaben... an ne Ba nn, ERDE one Von dem Fehlbetrage von M. 658,95 wurden für noch nicht zur Verwendung gelangte Gläser u. s. w. M. 250,— auf das Jahr 1902 abgesetzt, der übrig gebliebene Fehlbetrag von M. 408,98 von der Gesellschaft zur Beförderung gemeimnütziger Thätigkeit erbeten und am 18. März 1902 nachbewillist. An Stelle des ausscheidenden Kaufmannes Fr. Jürgens wurde der Nervenarzt Dr. Otto Meyer in den Vorstand gewählt. Den Vorsitz über- nahm Major v. Koschitzky. Von Von Von Von Von Von Von 113 Verzeichnis der neuen Erwerbungen. A. Geschenke. Herın W. Brehmer-Bangkok: Ein Nager (Spermophilus sp.); 4 Schildkröten, verschiedene Eidechsen, darunter Gecko verticillatus und Calotes versicolor; mehrere Frösche (Rana gracilis, tigrina und sp.), eine grössere Anzahl von Schlangen (Lachesis gramineus, Oylindrophis rufus, Tropidonotus piscator, Hypsirhina jagoni) und einige Fische (Ösphromenus trichopterus, Rhynchobdella aculeata); ausserdem 40 Schmetterlinge in 24 Arten, einige Tausendfüsser und Grillen. Herrn Th. Engelhardt- Erben: Ein Eichhörnchen (Sciurus vulgaris). ‚Herrn Capt. H. Storm-Tower: Bälge des roten Luchses (Lynx rufus), nordamerikan. Murmeltier (Arctomys caligatus) und ein Eichhörnchen. Herrn Kapitänleutnant Titus Türk: Aus der Südsee, insbesondere von der Küste Neu-Guineas: Verschiedene Seeschlangen (Platurus laticaudatus, Hydrus platurus), einige Landschlangen und zahlreiche Fische, ausserdem eine Scheibenqualle und eine grosse Alcyonarien- Colonie. Herrn Dühring-hier: Ein amerikanischer Zwergwels (Amiurus nebulosus). Herrn Herm. Hase-Guanacevi (Mexico): Gediegen Silber und silber- haltige Erze aus den dortigen Gruben. Herrn Dr. R. Biedermann - Eutin: Schweizer Mineralien vom St. Gott- hard und dessen Nähe: Prachtkrystalle von Bergkrystallen, z. T. mit Einschlüssen Byssolith, Rutil und Epidot, krystallis. Pennin mit Diopsid von Ala, grüner Titanit mit Adular und Chlorit von Tavetsch (Graubünden), gedrehte Rauchquarze von ebendaher, Rauchquarz mit aufgewachsenen roten Fluoritkrystallen, Staurolith, Eisenrosen. Grosse Stufen von wasserhellem und rotem Caleit aus Cumberland. Ausserdem eine grosse, wertvolle Sammlung von Gesteinen und Versteinerungen verschiedener Formationen. Drei Alpenvögel: die Alpenkrähe (Corvus graculus Naum), die Alpendole (©. pyrrhocorax Naum) und der Sperlingskauz (Glauci- dium passerinum). Von Von Von Von Von Von Von Von Von 114 Herrn Pastor Carl Hasse- Altendorf (Rheinprov.): Versteinerungen aus der oberen Kreide von Essen. Herrn Dr. R. Struck-hier: Eine Anzahl Versteinerungen aus dem Pleistocaen von Taubach, von Helgoland, Geschiebe aus Holstein und Lauenburg, von Ivendorf und dem Brothener Ufer. Herrn Lehrer N. Molter-Idar: Eine Anzahl schön geschliffener Platten von rot-grünem Turmalin aus Brasilien. B. Durch Tausch erworben: der Königl. preussischen geolog. Landesanstalt in Berlin: Versteine- rungen aus dem Wälderthon von Hannover. Herrn Lehrer N. Molter-Idar: Chabacit aus dem Melaphyr Birken- felds, Jaspis aus Oberstein, Achate aus Brasilien, Zinkblende von Schemnitz in Ungarn, Oaleit aus England. C. Angekauft wurden: Herrn Hofmann-Grünberg: Ein Kuttengeier. Herrn W. Schlüter- Halle: Drei Glasschwämme aus Japan. Herrn Lehrer N. Molter-Idar: Geschliffene farbige Turmaline aus Brasilien, Edel- und Holzapfel aus Queensland, Kaschalong von Island, Saphier von Queensland, Korundkrystalle vom Ural, Ame- thyst mit Chalceden von Oberstein. Die Bibliothek wurde durch folgende Werke vermehrt: 1. Durch Geschenke: Herrn Zahnarzt Schmidt-hier: Lacordaire, Genres des Coleopteres. Paris 1854—76. 12 Bände u. Atlas. Von Herrn Handelskammerpräsident Ed. Rabe-hier: Staudinger u. Schatz: Exotische Schmetterlinge. Fürth 1884—--88. 2 Bände. 2. Durch Schriftentausch: Bautzen, Naturwissenschaftliche Gesellschaft »Isis«: Sitzungsberichte u. Abhandlungen 1898—1901. Berlin, Museum für Naturkunde, zool. Abteilung: Bd. II. Heft 1. Bericht 1900. Berlin, Gesellschaft naturf. Freunde: Sitzungsberichte 1901. Berlin, Märkisches Provinzialmuseum. 115 Bonn, Naturhist. Verein f. d. Rheinland und Westfalen: Verhandl. Jahrg 57. I. Bonn, Niederrheinische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde: Sitzungs- berichte 1900. II. Bremen, Naturwissenschaftl. Verein: Abhandl., Bd. XV. 3. XVI. 1. Breslau, Schlesische Gesellschaft für vaterländ. Kultur: 78. Jahresb. Ergänzungsh. 8. Colmar i/E., Naturforschende Gesellschaft. Danzig, Naturforschende Gesellschaft: Schriften, N. F. Bd. X. 2. 3. Dresden, Naturwissensch. Gesellschaft »Isis«: Sitzungsbericht u. Abhand- lungen Juli 1900 bis Juni 1901. Elberfeld, Naturwissenschaftl. Verein. Frankfurt a/M., Senckenbergische naturforschende Gesellschaft: Bericht 1901. Frankfurt a/O., Naturwissensch. Verein, Reg.-Bez. Frankfurt: Helios, Bd. 18. 1901. Fulda, Verein f. Naturkunde: Ergänzungsheft 2. Giessen, Oberhessische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. Greifswald, Naturw. Verein f. Vorpommern u. Rügen: Mitteilungen 32. 1901. Hamburg, Naturhist. Museum: Mitteilungen Heft XVIII. 1901. Hamburg, Verein f. naturwissensch. Unterhaltung: Bd. XI. 1901. Hamburg, Naturw. Verein: Verhandlungen 3. F. VIII. 1901. Abhandl. XVII 1901. 2. Hälfte. Hannover, Naturhist. Gesellschaft. Kassel, Verein für Naturfreunde: Bericht 46. 1901. Kiel, Naturwiss. Verein für Schleswig-Holstein: Schriften Bd. XII. 1. 1901. Königsberg, Physikal.-ökonom. Gesellschaft: Schriften 41. Jahrg. 1900. Hildesheim, Römer-Museum: Mitteilungen 16. 1902. Münster, Westfälischer Provinzial-Verein. Nürnberg, Naturhist. Gesellschaft: Festschrift 1901. Osnabrück, Naturwissensch. Verein: 14. Jahresber. 1399—1900. Regensburg, Naturwissensch. Verein: Heft VIII. 1900—1901. Wiesbaden, Nassauischer Verein für Naturkunde: Jahrbücher 54, 1901. Wien, K. K. Naturhist. Hof-Museum: Annalen, Bd. XV 3—4. 1900. XVI, 1—2. 1901. Wien, K. K. Zool. botan. Gesellschaft: Verhandl. Bd. 51. Prag, Naturhist. Verein »Lotos«: Bd. XX. 1900. Prag, Gesellschaft d. Museums des Königreiches Böhmen. Linz, Museum Franeisco-Carolineum: 59. Jahresbericht. Graz, Steiermärkisches Landesmuseum Johanneum. Budapest, Publikationen d. K. Ungar. Nationalmuseums: Bd. XXIV. 3—4. 8* 116 Basel, Naturforschende Gesellschaft: Bd. XII. 2. Bd. XIV. 1902. Register z. Bd. 6—12. Zürich, Naturforschende Gesellschaft: Jahrg. 45. 3—4. 1901. 46. 1—2. 1901. Genf, Societe Helvetique des Sciences naturelles: Compte rendu 1899. 1900. 82. Session. Amsterdam, K. Akademie von Wetenschapten: Verslagen van de Gewone Vergaderingen des Wis- en Naturkundige Afdeeling, Deel IX. 1901. Haarlem, Musee Teyler: Archives, Ser. II. Vol. VII. 3. 4. 1901. Liverpool, Museum: Bull. Vol. III. 2. Edinburg, Royal Society. Bergen, Mer Aarbog Heft 1. 1901. Stockholm, K. Schwedische Akademie der Wissenschaften: Bihang Abt. II u. IV. Vol. 26. 1901. Upsala, Geologisches Institut: Bull. Vol. V. P. 1. No. 9. Tromsö, Museum: Aarsberetning 1898— 1900. Aarshefter Bd. 21—23. 1900. Stavanger, Museum: Aarsberetning 1900. Helsingfors, Societas pro Fauna et Flora Fennica: Acta, Vol. 15— Meddelanden 24—27. Riga, Naturforscher Verein: Korrespondenzblatt 44. 1901. Arbeiten, Neue Folge Heft 10. 1901. Boston, Amer. Academy of arts and sciences: Vol. XXXVI. 1-29. XXXVI. 1—5. 1901. Cambridge, Museum of comparative Zoology: Annual Report 1900/01. Bull. Vol. XXXVI, 7. bis XXXIX, 1. 1901. Buffalo, Society of natural sciences. Milwaukee, Publie Museum: Annual Report 1899/00. New-York, Academy of sciences: Annals Vol. XIII, 2, 3. XIV, 1. 1901. Memoirs Vol. II, 3. 1901. New -York, a Museum of Natural History, Central-Park: Memoirs Vol. I, 6. 1901. Annual Report 1900. vochester, N. = Rochester Academy of Science: Proc. IV. pp. 1—64. 1901. Massachusetts, U. S. A., Tufts College. Chicago, Academy of sciences. Philadelphia, Academy of natural sciences: Proceedings 1900, 3. 1901. Iran: Washington, Department of Agrieulture: North Amer. Fauna 20—21. Yearbook 1900. Wiskonsin, Academy of sciences, arts and letters: Transactions Vol. XIIL. 1. Wiskonsin, Geological and Natural Hystory Survey: Bull. VII. 1. 1001. Washington, National Museum: "Annual Rep. of the Smithsonian Inst. 1899. Bull. No. 50: Ridgway: The birds of North and Middle America. Part I. 1901. Proceedings of the U. S. National Mus. Vol. XXI. 1900. 117 Buenos Ayres, Museo national: Comunicaciones. Tomo I, 1, 4, 10. Buenos Ayres, Deutsche Akadem. Vereinigung: Veröffentlichungen I. 4 u. 5. Montevideo, Anales del Museo nacional: Anales XIX—XXII 1901. Para (Brasilien), Museum Paraense: Bol. do. Paraense Vol. II, 2. 1901. Batavia, Kon. Naturkundige Vereenigung in Nederlandsch Indie: Tijd- schrift Deel 60, 1901. Sidney, Australian Museum: Records Vol. IV, 1, 3, 4. 1901. Report 1899. Sidney, Royal Society of N. S. Wales: Journals and Proceedings XXXIV, 1900. Brisbane, Queensland Museum: Annals No. 2. 1892. No. 3. 1897. Kapstadt, South African Museum: Annals Vol. II, 5—8. 3. Angekauft wurden: Das Tierreich. Lief. 16—17. Naumann -Zirkel, Elemente «ler Mineralogie. 13. Aufl. 98. Delage et Heronard: Zoologie congrete. Vol. II. 2. Simon, Histoire natur. des Araignees. Vol. II, 3. Trouessart, Catalogues Mammalium. Sharpe, Handlist of birds. 2 ed. Vol. I u. I. Berge, Schmetterlingsbuch. 8. Aufl. 1901. Die Fortsetzungen von: Martini und Chemnitz, Conchylien - Cabinett. Nachrichtsblatt der deutschen malakozoologischen Gesellschaft. Entomologische Litteraturblätter. Zoologische Jahrbücher. Zoologischer Anzeiger. Bibliotheca zoologica. Berliner entomologische Zeitschrift. Stettiner entomologische Zeitschrift. Notes fr. the Leyden Museum. Zoological Record. Vol. 37, 1900. 119 Bericht des Museums für Völkerkunde über das Jahr 1900. Das Jahr 1900 war im Museum für Völkerkunde der energischen weiteren Durchführung derjenigen Aufgaben gewidmet, die es sich hin- sichtlich der Neuordnung, Neuaufstellung und Vermehrung des Materials auf der einen Seite, der wissenschaftlichen und praktischen Verwertung des Sammlungsbestandes auf der anderen Seite gestellt hat. Für den ersteren Punkt sei besonders auf die Abteilung »Karolinen« hingewiesen, die in einem neuen, dem vorhandenen Platz nach möglichst geräumigen Schranke den längst notwendigen Schutz für die schönen Haus- und Bootsmodelle erhielt, die bislang frei aufgestellt und dem Staube nicht nur, sondern auch den nicht immer sicheren Berührungen des Publikums ausgesetzt waren. Wenn sich bei der Gelegenheit der Wunsch wieder von neuem vordrängt, die herrlichen seltenen Schiffsmodelle von den Marschall- Inseln in gleicher Weise zu schützen und zu erhalten, so müssen wir uns freilich bei den Raumverhältnissen, die uns jetzt und voraussichtlich für lange Zeit noch zu Gebote stehen, sagen, dass seiner Erfüllung vor- läufig so gut wie alles im Wege steht; wir müssen uns damit trösten, dass wir wenigstens oben genannten Karolinen-Stücken ein sicheres, zugleich auch zur Schaustellung schön geeignetes Obdach haben schaffen können, und uns mit der Versicherung begnügen, die Notlage jener Modelle nicht aus den Augen verlieren zu wollen. Im übrigen genüsten die bisherigen baulichen Veränderungen zur Aufstellung der Eingänge, wenn man auch hier und dort schon recht zusammenrücken musste. Doch wird aller Wahrscheinlichkeit nach und, wenn sich unsere Erwartungen bestätigen, sicher im nächsten Jahre im asiatischen Saale ein Platzmangel eintreten, dem nur durch Bau einiger ganz neuer und Umbau einiger alter Schränke abzuhelfen sein würde, 120 Die gleiche Möglichkeit besteht für - Westafrika; wenigstens haben wir gegründete Hoffnung, dass das Jahr 1901 uns eine erhebliche Zunahme unserer entsprechenden Museumsabteile bringen wird. Weiterhin beanspruchten die laufenden Inventarisierungen und Katalogisierungen einigen Aufwand an Zeit und Arbeit. Für die Be- zettelung gelang es auch im Berichtsjahre nicht, von der gemeinsam aus den Mitteln aller Abteilungen angeschafften, aber immer noch durch das Handelsmuseum allein benutzten Druckmaschme irgend einen Gebrauch zu machen. Wir behalten uns vor, auf diesen Punkt in den nächst- jährigen Verhandlungen des Museums- Verwaltungs- Ausschusses mit bestimmten Anträgen zurückzukommen. An der Gedächtnisfeier, die aus Anlass des hundertjährigen Be- stehens der Lübeckischen Sammlungen am 1. Januar gehalten wurde, beteiligte sich auch das Museum für Völkerkunde. Die mit besonderer Unterstützung der Gesellschaft z. B. g. Th. herausgegebene Festschrift »Das Museum zu Lübeck« enthält von ihm zwei Arbeiten, und zwar erstens die Beschreibung einer Sammlung peruanischer Altertümer, die im Jahre 1899 in unseren Besitz gelangt ist, und zweitens die Beschreibung sämtlicher afrikanischer Bogen, Pfeile und Köcher, die unsere Sammlung enthält. Namentlich die zweite der beiden von Herrn Dr. Karutz ver- fassten Arbeiten hat, nach den auswärtigen Kritiken zu urteilen, ihren Zweck, das Material des Museums anderen Sammlungen und Forschern zugänglich zu machen, im gewollten Masse erfüllt. Die Jubiläumsfeier selbst fand am ersten Sonntag des Jahres in der Weise statt, dass im Vortragssaale des Museums Herr Prof. Dr. Lenz einen kurzen Abriss der Geschichte der Sammlungen gab, und darauf Herr Dr. Karutz in Form der üblichen Sonntags-Vorträge über Ceylon und singhalesische Teufelsmasken sprach. Es war für unsere jüngste Abteilung des Museums eine besondere Freude, an der Säkularfeier durch die hierbei vorgelegten und erläuterten ethnographischen Wertstücke Zeugnis davon abzulegen, dass sie in dem zweiten Jahrhundert bemüht sein wird, den Vorsprung der übrigen, älteren Sammlungen wieder einzuholen. Von sonstiger Museumsthätigkeit ist zu erwähnen, dass für den. Neudruck des Führers, dessen letzte Auflage fast vergriffen ist, die erforderlichen Ergänzungen und Abänderungen zusammengestellt wurden, ferner, dass sehr umfangreiche Arbeiten auf dem für uns wichtigsten Gebiete geleistet worden sind, nämlich auf dem der Verwertung des Museums für Völkerkunde. Wie im Vorjahre rechnen wir hierzu namentlich die Publikationen, für die wiederum Herr Lehrer Zetzsche die nötigen Zeichnungen mit gewohnter Liebenswürdigkeit und Fertigkeit geliefert hat, und die Vor- träge im Hörsaale des Museums. Ausserdem wurden anderen Herren Gegenstände zu Demonstrationszwecken zur Verfügung gestellt, einige 121 arabische Sandalen und Südsee-Keulen der Aachener Ausstellung von alten Kerbschnittarbeiten überlassen; einen Baschkiren-Bogen sandten wir nach Berlin, wo ihn Herr Prof. v. Luschan in der Anthropologischen Gesellschaft vorlegte, von mehreren Alaska-Pfeilen liessen wir für einen Leipziger Herrn Zeichnungen anfertigen. Die Veröffentlichungen des Museums für Völkerkunde sind folgende: l. Dr. Karutz: »Eine Sammlung peruanischer Altertümer.« 2. Derselbe: »Die afrikanischen Bogen, Pfeile und Köcher im Lübecker Museum für Völkerkunde. « Beide in der Festschrift erschienen. o Derselbe: »Zur Ethnographie der Matty-Insel.« Internat. Archiv für Ethnographie, Bd. XII. 4. Derselbe: »Weitere Bemerkungen zur Ethnographie der Matty- Insel.« Ebenda, Bd. XII. 5. Derselbe: »Über einen zusammengesetzten Bogen der Baschkiren.« Verhandlungen der Berliner Anthropologischen Gesellschaft, Sitzung vom 23. Juni 1900 (S. 365). 6. Derselbe: »Ein »Pangkoh« der Dajaken.« Globus, Bd. LXXVIII, I: Sul) Ausserdem konnten wir im Archiv, Bd. XIII. eine briefliche Mitteilung veröffentlichen, die uns Herr R. Parkinson aus Veranlassung der im vorigen ‚Jahresbericht erwähnten Publikation zweier Oster-Insel- Idole hatte zugehen lassen, und die eine Bestätigung der von uns an- genommenen Herkunft enthielt. Die Vorträge. Im ersten und letzten Viertel des Berichtsjahres fanden, wie bisher, an den Sonntag-Vormittagen volkstümliche Vorträge mit Demonstrationen aus dem Materiale des Museums statt. Obwohl, soweit wir sehen können, der Kreis der Teilnehmer an diesen Vorträgen sich nicht oder nur ganz unwesentlich vergrössert hat, und obwohl wir uns mit dem Prinzip in dieser Gestalt und Allgemeinheit gehaltener Volksvorlesungen nur sehr bedingt einverstanden erklären, so müssen wir andererseits zugeben, dass unter den gegebenen Verhältnissen die hier gefundene Form die best- mögliche ist. Wir halten aber auch mit den Zweifeln nicht zurück, ob der Erfolg mit der aufgewendeten Mühe in Einklang steht, und ob das !) Denen, die für eine oder andere genannter Arbeiten sich interessieren, stehen, soweit mein Bestand reicht, Sonderabdrücke zur Verfügung. Dr. Karutz. 122 Bedürfnis nach den Vorträgen in der That den Umfang hat, wie man uns glauben gemacht. Freilich ist die Zeit unserer Beobachtungen noch immer eine kurze, und es ist möglich, dass die ferneren Erfahrungen zu einem anderen, weniger skeptischen Urteile führen werden. Das Museum für Völkerkunde lieferte im Jahre 1900 drei Beiträge zu den Vortragsceyklen; Herr Dr. Karutz sprach über 1. »Ceylon.« 2. »Abergläubische Geschichten.« 3. »Neues aus dem Museum für Völkerkunde. « Neu erworbene Gegenstände des Museums wurden ferner in der Geographischen Gesellschaft vorgelegt und besprochen. Vorstehersehaft und Verwaltung. Die Vorsteherschaft des Museums für Völkerkunde bestand im Berichtsjahre aus den Herren Konsul Karl Behn, Prof. August Sartori, Direktor Dr. Schulze, J. Veers, C. Weidmann, Konsul Karl Scharff. Vorsitzender war Herr Konsul Behn. Das Budget ist dadurch ein höheres geworden, dass die Gesellschaft z. B. g. Th. den Fehlbetrag aus dem Jahre 1899 durch eine besondere Nachbewilligung deckte.e Wir wiederholen der Gesellschaft an dieser Stelle unseren wärmsten Dank hierfür. Die Einnahmen betrugen so 2381 Mark 64 Pf. Ihnen stehen Ausgaben in der Höhe von 2451 Mark 15 Pf. gegenüber, sodass ein Fehlbetrag von 69 Mark 51 Pf. zu decken bleibt, der durch Ausgaben für die Zeichnungen zu den Publikationen entstanden ist. Er wird auf das Jahr 1901 übernommen werden. Vermehrung der Sammlung. Auch im Berichtsjahre hielt das erfreuliche Wachstum unseres Museums an. Wir konnten unser Material um 475 Gegenstände bereichern, die in 256 Nummern eingetragen sind. Hiervon wurden geschenkt 265 Gegenstände in 159 Nummern, angekauft 199 Gegenstände in 76 Nummern und eingetauscht 11 Gegenstände in 10 Nummern. Die Geschenkgeber, denen wir an dieser Stelle noch einmal unseren verbindlichsten Dank für ihre Zuwendungen aussprechen, sind folgende: Herr Konsul Karl Behn, Herr Oberleutnant z. 8. Boy, Frl. Brock- mann, Herr Herrmann Buck, Herr Leutnant z. S. Eschenburg, Herr Fenninger, Herr Georg Hahn, Herr Dr. med. Hartmann, Herr Johannes Hasse’s Erben, Frau Jeffrey-Glasgow, Herr Prof. Dr. Lenz, Herr Lerchen- East London, Frau Hardesvogt Petersen, Herr ©. A. Pöhl-Hamburg, Frl. Melchert, Herr Mitterhusen-Helsingfors, Herr Carl Lüders-La Paz, 123 Guatemala, Herr Missionar Renken-Mandomai, Borneo, Frau v. Ruyten- stjerna-Steinhöfel b. Fürstenwalde, Herr Architekt Sartori, Herr Scherling- Ciudad Bolivar, Herr Georg Siemers-Hamburg, Herr ©. A. Siemslen, Frau Söhlbrand, Herr Lehrer Strunk, Herr Lokomotivführer Voss, Frl. ©. Wildtfanck, Herr H. Vorkamp-Nossibe, Madagaskar. Herrn Prof. Dr. v. Luschan in Berlin sind wir ausserdem für gütige Verwendung zu grossem Danke verpflichtet. Einlieferungen von Gegenständen unter Vorbehalt des Eigentums haben wir im vergangenen Jahre nicht zu verzeichnen gehabt. Die Erwerbungen. I. Europa. Geschenke: Von Frau Jeffrey-Glasgow: Eine schottische Rachepuppe (corp creadh), vergl. Globus Bd. LXXVI, S. 36 und Bd. LXXIX, S. 110. Von Herrn H. Buck-Lübeck: Ein Paar finnischer Bauernhandschuhe aus Uleäborg, eine finnische Bauernpfeife aus Borgä, eine Peitsche eines St. Petersburger Kutschers. Von Herrn K. Mitterhusen - Helsingfors: Ein Tornister (»Konte«) und ein Paar Birkenrindenschuhe aus Finnland. Aus dem Nachlass des Herrn Johannes Hasse-Lübeck: Vier Photo- graphien finnischer Volkstypen. Von Herrn Georg Hahn-Lübeck: Ein russisches Kinderspielzeug. Finnland: Ankäufe: . Ein Paar Stiefel aus Birkenrinde; ein Paar Schuhe; eine Flasche (»suolakopsa«) und ein Korb aus demselben Stoff geflochten,; eine Schachtel mit Svastika-Ornament; eine Holzschale; ein Fingerring aus Knochen; ein Messer in Knochenscheide; ein Paar Schlittschuhe aus Holz. U Asien: Vorderindien: Geschenke: Von Herrn Leutnant z. S. Eschenburg-Kiel: Modell eines Auslegerbootes aus Öeylon. Von Frl. Wildtfanck-Lübeck: Ein Holzfächer. 124 Hinterindien: Geschenke: F Siam: Von Von Von Von Herrn Leutnant z. S. Eschenburg-Kiel: Zwei siamesische Denk- münzen; vier Geldmünzen und sechs silberne Tikale; ein Gebetbuch aus Palmblättern; ein Streichinstrument; eine Trommel; ein zither- artiges Musikinstrument; ein Buddhakopf und neun Buddha- figuren aus Bronzeguss; eine Buddhafigur aus Goldbronze; Eine Buddhafigur aus Holz. China: Geschenke: Herrn Oberleutnant z. S. Boy-Kiel: Eine Kopfbank aus Bambus; eine Urlaubskarte eines chinesischen Soldaten (beschriebenes Holz- scheit); ein Paar Sandalen; zwei Trommeln; eine Geige (Kanton); zwei Pfeifen (Tsintau); ein Hut (Tsintau); ein Jade-Armband (Tsintau); eine Handwaage (Tientsin); eine Holzschnitzerei (Amoy); ein Visitenkarten-Stempel; ein Namens-Stempel; zwei Visitenkarten ; ein Lesezeichen; eine Holzklapper (Kanton); eine Brosche (Kanton); ein Paar Kinderschuhe (Schanghai); eine Klapper; vier Packete Opferstäbe; eine gestickte Decke; zwei Regenröcke von Stroh; eine Lanze (Peking); ein Schwert (Peking). Herrn Leutnant z. S. Eschenburg-Kiel: Eine Wasserpfeife (Hong- kong); drei Opiumpfeifen (Hongkong); eine Lampe (Hongkong); ein Stativ mit Dosen aus Horn für Opium (Hongkong); drei Münzen (Hongkong). Frl. Brockmann-Lübeck: Ein Paar Schuhe (Herkunft zweifelhaft). Aus dem Nachlass des Herrn Johannes Hasse-Lübeck: Ein chinesischer Von Von Holzschnitt. Korea: Geschenke: Herrn Oberleutnant z. S. Boy-Kiel: Vier Fächer; eine Geldtasche; eine Tabakstasche; zwei Schweisskissen; drei Kämme. Japan: Geschenke: Herrn Oberleutnant z. S. Boy-Kiel: Ein eiserner Theetopf,; em Hausaltar;, ein Paar Sandalen; ein Kästchen mit Taschentüchern ; ein Packet Briefpapier; ein moderner Roman; zwei Fächer; zwei Porzellan-Trinkflaschen;, vier Kämme; ein Speisegestell mit acht Schalen; ein Aino-Gewand, 125 Malayischer Archipel: Geschenke: Von Herrn Oberleutnant z. S. Boy-Kiel: Lombok: Eine aus Stroh geflochtene Kappe; eine aus Stroh geflochtene Tasche und ein Korb; ein Schriftstück auf einem Palmblatt; zwei Trinkgefässe aus Bambus für Palmwein mit Deckel in Form eines Hahnes, vergl. Rijks Ethnographisch Museum te Leiden, Verslag van den Direkteur. 1899, Taf. III, Fig. 2. Java: Ein Kasten mit Modellen; ein Schöpfgefäss aus Bambus; ein Fischkorb; eine Paddel; ein Fächer; eine Trommel. Von den Tagalen Luzon'’s: Ein Reisstampfer; ein Dolchmesser; ein Holzschwert; ein Holz- gefäss; ein Bogen mit fünf Pfeilen. Elf Pfeile aus Celebes. Von Von Von Von Von Von Herrn Missionar Renken-Mandomai: Ein »Pangkoh« der Dajaken, S.-O.-Borneo, vergl. »Globus« Bd. LXXVII, S. 341. Frl. Melchert-Lübeck: Zwei geflochtene Matten, von den Dajaken, S.-O.-Borneo; ein Korb und eine Tasche, von den Dajaken, S.-O.-Borneo. Ankäufe: Drei Ahnenbilder aus Nias; zwei Ahnenbilder von den Batu - Inseln. II. Afrika. Geschenke: Herrn Vorkamp-Nossibe, Madagaskar: Eine grosse Holzfigur von den Mahafaly, S.-W.-Madagaskar, vergl. Globus, Bd. 80, S. 30; eine Rolle Tabak. Frau v. Ruytenstjerna-Steinhöfel b. Fürstenwalde: Vier Bogen und neun Köcher aus N.-Togo. Zu diesen seltenen Stücken vergleiche man v. Luschan »Globus« Bd. LXXVI, S. 329. Herrn Prof. Dr. Lenz-Lübeek: Eine Muschelhalskette, wohl von den Kap-Verdischen Inseln. Herrn Lerchen-East London, Südafrika: Ein mit Perlenschnüren verzierter Stock; eine perlenverzierte Kalebasse, acht Halsketten aus Perlen, Muscheln und Früchten; vier Gürtel und ein Scham- schürzchen aus Perlen. 126 Von Herrn Dr. med. Hartmann-Lübeck: Ein Kopfschmuck eines Von Vom Von Kriegsobersten der Vey (Liberia). Hierzu vergl. Internat. Archiv für Ethnographie Bd. I, Tafel IV, Fig. 1. Herrn Drechsler Fenninger-Lübeck: Zwei Elfenbein-Armringe. Eingetauscht: Kgl. Museum für Völkerkunde in Berlin: Ein eiserner Halsschmuck von Sotiko. Ankäufe: Eine Antilopenmaske (Kamerun); drei Fetischfiguren der Bakundu (Kamerun); ein Pfeifenrohr aus Yaunde (Kamerun); eine Schnupftabaksdose der Wayao. Oberer und unterer Sangha: Zwei Wurfmesser; zwei Messer mit Scheide; ein Messer; ein eiserner Armschmuck; ein eiserner Halsschmuck; zwei Armbänder von Rohr; zwei Stück Eisengeld vom Sangha. IV. Amerika. Geschenke: Herrn ©. A. Siemsfen-Lübeck: Fünf Steingeräte vom Cabo Frio, Brasilien. Von Frau Hardesvogt Petersen-Lübeck: Eine Tasche aus Darmstreifen Von Von Von Von Von Von (arkt. Amerika); ein Arbeitskörbeher aus dem vollständigen Panzer eines Gürteltieres (wahrscheinlich Mittelamerika). Herrn Lokomotivführer Voss-Lübeck: Drei Photographien von brasilianischen Masken. Herrn Architekt Sartori-Lübeck: Vier Stein-Pfeilspitzen und ein Tabaksbeutel aus Patagonien. Herrn Scherling-Ciudad Bolivar: Zehn Photographien von Volks- typen und Landschaften S8.-O.-Venezuelas. Herrn Carl Lüders-La Paz, Guatemala: Modell einer »Tinaja« (Wasserkrug); zwei Modelle eines »Batidor« (moderner Schokoladen- becher); Modell einer Kochschüssel; Modell eines Strohhutes; vier Bruchstücke antiker Gefässe und Figuren; ein Hals- schmuck aus Münzen, Korallen und Glasperlen; ein Frauen- rock; ein ponchoartiger Überwurf (»Huipil«); ein gewebtes Kopf- band und ein Leibgurt mit eingewebten Figuren. Herrn Konsul Karl Behn-Lübeck: Eine Steinaxt-Klinge (Mexiko); ein antikes Idol (Mexiko); eine Nachahmung eines antiken Idoles (Mexiko). Frau Söhlbrand-Lübeck: Ein »Tipitic, Schlauch zum Auspressen des Maniok-Breies bei der Kassave-Bereitung; ein Bogen und fünf Pfeile aus Brasilien. 127 Cuzeo, Peru. Von Herrn Georg Siemers-Hamburg: Zwei Bogen; achtzehn Pfeile, ein Hemd; ein Kriegsamulett aus geschnitzten Hölzern; ein Bruchstück einer antiken Steinfigur (Lama); eine Rassel aus Fruchtschalen; drei Zeugpuppen und zwei Thonfiguren als Spielzeug. Alt-Peru: Ankäufe: Zwei leere Arbeitskörbe; ein Arbeitskorb mit Webegarn; ein Arbeitskorb mit Spindeln undanderem Spinngerät; zwei angefangene Gewebe. V. Australien. Ankäufe: Eine Streitaxt aus Stein (West-Australien); ein Messer oder Schlagwaffe, mit Quarzstücken bewehrtes Holz. VI. Ozeanien. Geschenke: Von Herrn Lehrer Strunk-Lübeck: Ein Bogen von Finschhafen; ein Pfeil von den Salomo-Inseln,; ein Wurfspeer aus Neu-Mecklenburg. Von Herrn €. A. Pöhl-Hamburg: Ein Muschelschmuck aus Kaiser Wilhelms-Land. Eingetauscht: Ein Wurfholz aus Kaiser Wilhelms-Land; ein Schildpatt-Fischhaken ; ein Trochus-Armring; ein Schildpattschmuck, ebendaher; ein Bogen mit drei Pfeilen (Brit. Neu-Guinea); ein Armschutz (Brit. Neu-Guinea); ein Knochendolch (Brit. Neu-Guinea). Ankäufe: Drei Speere und eine Speerklinge von den Admiralitäts-Inseln; vier Schwirrhölzer aus Kaiser Wilhelms-Land; fünf geschnitzte Talismane von Doreh, Niederländ. Neu-Guinea; ein perlmutter- eingelegter Netz-Schwimmer in Gestalt eines Vogels und ein Buka-Speer, von den Salomo-Inseln, vergl. Partington-Album I, Tafel 197; vier alte geschnitzte und z. T. eingelegte Häuptlingsscepter der Maori, Neu-Seeland; zwanzig prachtvoll geschnitzte Pfeile von den Inseln der Torres- Strasse; ein Bambusmesser zum Kopfabschneiden, vergl. Partington- Album I, Taf. 312; eine Kopfschlinge aus geschnitztem Holz und 128 Rotang, gebraucht auf den Expeditionen der Kopfjäger; ein gravierter und präparierter Schädel, vergl. »Globus« Bd. 73, S. 245; ein Gerät unbekannter Bestimmung, ebendaher oder vom angrenzenden Festlande Brit. Neu-Guinea; drei Steinkeulen aus Brit. Neu-Guinea. Die ethnographisch wertvollsten Gegenstände vorstehender Über- sicht sind durch Sperrdruck besonders hervorgehoben. Bibliothek. Unsere Bibliothek hat im Berichtsjahre eine ungewöhnlich grosse Bereicherung dadurch erfahren, dass die Handelskammer bei der Neu- ordnung ihrer Bibliothek die Bücher allgemein-litterarischen Inhalts aus- zuscheiden beschloss. Da sich unter diesen viele Werke ethnologischen Inhalts und zahlreiche Reisebeschreibungen befanden, so richteten wir an die Handelskammer die Bitte, unser Museum bei der Verteilung der Bücher berücksichtigen zu wollen. Die Handelskammer hat unserer Bitte in liebenswürdigster Weise entsprochen und uns die nachstehend aufgeführten Bücher, im Ganzen 101 Bände, geschenkt. Wir wiederholen ihr an dieser Stelle unseren wärmsten Dank für die wertvolle Ergänzung unserer Bibliothek. Die Bücher sind folgende: Tylor, Urgeschichte der Menschheit; Grimm, die Pharaonen in Ost- afrika; ders., Abriss der Kulturgeschichte Ostafrikas; Reichenbach, Die Völker der Erde; Baer, Typen der Völker; Ratzel, Völkerkunde; Peter- mann’s Mitteilungen 1855—1887; Helms, Grönland und die Grönländer; Müller, Unter Tungusen und Jakuten; Erckers, Der Kaukasus und seine Völker; Vantberg, Sittenbilder aus dem Morgenlande; Andree, Das Amur- Gebiet; Polak, Persien; Sievers. Asien; ders., Afrika; ders., Amerika; v. Hellwald, Hinterindische Länder und Völker; Meister, Bilder aus Java; Giles, Chimesische Skizzen; Heichen, Afrika; Johnston, Der Kongo; Mitteilungen der afrikanischen Gesellschaft; Zöller, Das Togoland; Schmidt, Sansibar; Sibree, Madagaskar; Squier, Der centralamerikanische Staat; Schane, Das heutige Brasilien; Squier, Peru; Mossbach, Bolivia; Schiff, Aus halbvergessenem Lande; Flex, Pflanzerleben in Indien; Gaston de Bezure, Reise in das westliche China; Oppel, Das älteste Wunderland der Pyramiden; Henglin, Reise in das Gebiet des weissen Nil; rohlfs, Quer durch Afrika; Serpa Pinto’s Wanderung quer durch Afrika; Lenz, Skizzen aus Westafrika; Livingestone, Missionsreisen; Baker, Der Albert Nyanza; Wissmann, Meine zweite Durchquerung u. s. w.; O2} v. Humboldt's Reise in die Aquimoctial-Gegenden; v. Tshudi, Reisen 129 durch Südamerika; Graf Anrep-Elmpt, Australien; v. Hochstetter, Neu- Seeland; Steenstrup, Kjokken Moddinger; Friedrichson, Geschichte der Schiffahrt. Ausserdem wurden geschenkt: Rijks Ethnographisch Museum te Leiden, Verslag van den Direk- teur over het tijdvak van 1. Oct. 1898 tot 30. Sept. 1899; Berichte des Museums für Völkerkunde zu Hamburg für die Jahre 1898 und 1899; Hagen, Dr., Altertümer von Benin im Museum für Völkerkunde zu Hamburg, Hamburg 1900; Katalog zur Westafrikanischen Ausstellung in Wiesbaden, von Herrn Weidmann; Sonderabdrücke der oben aufgeführten Arbeiten von Herrn Dr. Karutz. Angeschafft wurden: a) im Abonnement: Internationales Archiv für Ethnographie; Central- blatt für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte; Globus. b) Jaeckel, »Studien zur vergleichenden Völkerkunde«; Bücher, »Arbeit und Rythmus«; Plehn, »Völkerkunde des Togo-Gebietes«, J. D. Halle, 1898; Lehmann -Nitsche, »Prähistorische Chirurgie.« 151 Bericht des Museums für Völkerkunde über das Jahr 1901. Das Museum für Völkerkunde kann seinen Bericht über das ver- flossene Jahr 1901 mit einem Jubiläumsrückblick beginnen, da es am 1. Januar in das zehnte Jahr seines selbstständigen Bestehens nach Ablösung von dem Museum Lübeckischer Kunst- und Kulturgeschichte eintrat und mit diesem vorliegenden Bericht nach einem Dezennium gewissenhafter und, wie wir glauben, erfolgreicher Arbeit zum zehnten Male der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Thätigkeit Rechen- schaft über seine Leistungen ablegt. Ohne auf die Einzelheiten der geschichtlichen Entwicklung hier eingehen zu wollen — sie sind in den beiden vom Museum gelieferten Festschriften der letzten Zeit auseinander gesetzt worden —, geziemt es doch, an diesem Merkstein einen Augen- blick zu verweilen und mit warmem Danke all Derer sich zu erinnern, die dem Museum zu seiner heutigen Stellung verholfen haben: der Gesellschaft z. B. g. Th., die mit ihren Geldmitteln jederzeit auch dann helfend eintrat, wenn die Verwaltung ihr Budget überschreiten musste, oder wenn es sich darum handelte, den Ankauf wertvoller grösserer Sammlungen durch ausserordentliche Bewilligungen zu ermöglichen; der vielen Freunde draussen und daheim, die uns ihren ererbten und erwor- benen Besitz an ethnographischen Gegenständen zuwendeten oder gerade- zu für uns, oft unter schwierigen Verhältnissen, Sammlungen anlegten oder auch, wie im letzten Jahre, eigene Geldmittel zu Ankäufen zur Ver. fügung stellten; der früheren Vorsteher, insbesondere derjenigen der ersten Jahre, und ihrer geschickten wie unermüdlichen Arbeit an der Einrichtung des Museums. Mit dem Danke freilich verbinden wir heute den Wunsch, dass uns dieselbe treue Unterstützung in die kommenden Zeiten begleiten möge, damit wir auf unserem angebahnten und zielsicheren Wege rüstig weiter- schreiten können, und damit uns der Schluss des nächsten Dezenniums 9* 132 auf einem Punkte finden möge, der ebenso weit und weiter von unserem heutigen Halt entfernt ist, wie dieser von dem Beginn des Jahres 1892. Wir wollen, wie schon gesagt, keine Geschichte unseres Museums schreiben, wir wollen deshalb auch nicht im Einzelnen die allmähliche Erweiterung unseres Sammlungsbestandes schildern, aber wir können es uns nicht versagen, zur Beleuchtung der gemachten Fortschritte einige Zahlen hierherzustellen, zumal in allen früheren Jahresberichten stets nur die Zugänge mitgeteilt werden, niemals aber eine ziffernmässige Darstellung des thatsächlichen Besitzstandes der Sammlung gegeben wird. Dieses Versäumnis soll nachgeholt werden, indem wir hier erwähnen, dass das Museum am 31. Dezember 1898, dem Zeitpunkte der mit Anstellung eines Conservators eingetretenen Organisationsänderung, 4400 Nummern enthielt — einzelne Gegenstände vielleicht 6—800 mehr —, dass ihm seitdem 1362 Nummern zugefügt sind, was einer Vermehrung in den letzten drei Jahren von 30°/, gleichkommt, und dass wir somit in das zweite Dezennium unseres Lebens mit einem Material von 5762 Nummern eintreten. Dazu kommen noch einige Hundert Gegenstände, die uns von den Besitzern unter Vorbehalt des Eigentumsrechtes zur Aufstellung überlassen sind. Wir hoffen, im Jahre 1911 eine ähnliche Rechnung aufstellen zu können. Was nun .den Verlauf des verflossenen Jahres selbst anbetrifft, so brachte es uns die im letzten Bericht vermutete Vergrösserung der afrikanischen Abteilung und die Notwendigkeit, für sie weiteren Raum zu schaffen. Wir erzielten den auf dem Wege des Umbaues der vor- handenen flachen unpraktischen Schränke, wie wir ihn sonst schon erprobt und früher auch bereits mitgeteilt haben. i Für die asiatische Abteilung blieben die damals ausgesprochenen Erwartungen im abgelaufenen Jahre leider noch unerfüllt, doch sind uns für das kommende bestimmte Zusagen gemacht worden bezw. sind einzelne Sendungen bereits unterwegs. Im übrigen bewegten sich die Arbeiten auf der Linie eifrigster Bemühung um die Pflege der Bezie- hungen des Museums zu seinen auswärtigen Freunden und Förderern, im Kreise der laufenden Inventarisierungen und Katalogisierungen, über deren Umfang das unten folgende Verzeichnis der Eingänge Aufschluss giebt, sowie auf der Bahn der Nutzbarmachung unseres Materials. Eine wesentliche Förderung und Erleichterung unserer Thätigkeit erblicken wir in der gegen Schluss des Jahres fertiggestellten Museums- heizung, die uns ein Arbeiten in den Sammlungsräumen während des Winters ermöglichen und andererseits durch bessere Erhaltung der Objekte eine grosse Ersparnis an Mühe abgesehen von der Schonung des Materials — bringen wird. Ausserdem macht sie uns den unserer Abteilung so schwer anhaftenden Übelstand der weit getrennten Lage von Sammlung und Arbeitszimmer etwas weniger unleidlich, obwohl in 133 dieser Beziehung normale Zustände erst durch bauliche Veränderungen werden beschafft werden können, deren Art und deren Ausführbarkeit fortdauernd Gegenstand unserer Brwägung sind. Äusserlich wird, wie wir hoffen dürfen, eine Zunahme der Besuchsziffer, dadurch ein gesteigertes Interesse an der Sammlung und eine wachsende Volkstümlichkeit der letzteren die Folgeerscheinung der lange entbehrten und nun doppelt dankbar begrüssten Anlage sein. Die Verwertung des Museums für Völkerkunde umfasste, wie in den letzten Jahren einerseits Veröffentlichungen in wissenschaft- lichen Zeitschriften, andererseits Vorträge, die mit Demonstration von Gegenständen der Sammlung verbunden waren. Daneben wurde unser Material von auswärtigen Ethnographen zu ihren Forschungen benutzt. Die Veröffentlichungen des Museums sind folgende: l. Dr. Karutz: »Eine schottische Rachepuppe«, Globus, Bd. 79. S. 110. 2. Derselbe: »Eine Holzfigur der Sakalaven«, Globus, Bd. 80, No. 2. S. 30. 3. Derselbe: »Zur westafrikanischen Maskenkunde«, Globus, Bd. 79. S. 361. 4. Derselbe: »Die afrikanischen Hörnermasken«, Mittei- lungen der Geographischen Gesellschaft in Lübeck, 2. Reihe, Heft 15, und Kommis- sions-Verlag von Lübcke & Nöhring, Lübeck. Die Vorträge. Zu den, wie bisher, an Sonntag-Vormittagen veranstalteten volks- tümlichen Vorträgen, die das letzte Mal in der betreffenden Abteilung der Sammlungsräume, sonst im Vortragssaale abgehalten wurden, und für die wir glauben eine Zunahme des Interesses feststellen zu können, lieferte das Museum für Völkerkunde zwei Beiträge; Herr Dr. Karutz sprach: 1. »Über die Anfänge des Hauses«, am 6. Januar, 2. »Über Kamerun«, am 1. Dezember. Ausserdem hielt Herr Dr. Karutz am 9. Januar einen Vortrag in der anthropologischen Sektion des Naturwissenschaftlichen Vereins in Hamburg über einige wichtige Neuerwerbungen des Museums, die bei der Gelegenheit vorgezeigt wurden, ferner am 1. Juni einen solchen über neue westafrikanische Masken des Museums an dem Herrenabend der Gesellschaft z. B. g. Th., und endlich gab ihm die Naturforscher- versammlung in Hamburg Gelegenheit, dieselben Masken in der Abtei- lung »Ethnologie und Anthropologie« zu demonstrieren und an der Hand seiner unter den Veröffentlichungen oben angeführten Monographie zu besprechen. 134 Vorsteherschaft und Verwaltung. Die Vorsteherschaft des Museums für Völkerkunde bestand im Beginn des Jahres aus den Herren Konsul Karl Behn, Prof. August Sartori, Direktor Dr. Schulze, J. Veers, ©. Weidmann, Konsul Karl Scharff. Im Laufe des Sommers schied Herr Prof. Sartori krankheitshalber aus, an seiner Stelle wurde Herr Dr. Merkus in die Vorsteherschaft gewählt. Vorsitzender war Herr Direktor Dr. Schulze. Das Budget schloss mit 2031 Mark 49 Pf. in Einnahme und Aus- gabe ab, nachdem die Gesellschaft z. B. g. Th. unseren Fehlbetrag in Höhe von 231 Mark 49 Pf. durch eine besondere Nachbewilligung gedeckt hatte. Wir sprechen der Gesellschaft hierfür unseren wärmsten Dank aus. Ferner hat die Gesellschaft in Anerkennung der Schwierigkeiten, die sich bei uns der Deckung der wachsenden Ausgaben entgegenstellen, vom nächsten Jahre ab unseren Jahreszuschuss von 1800 Mark auf 2000 Mark erhöht. Auch hierfür sind wir der Gesellschaft unseren Dank schuldig. Vermehrung der Sammlung. Der Bestand des Museums für Völkerkunde konnte im Berichtsjahre um die stattliche Zahl von 465 Nummern vermehrt werden. Davon wurden geschenkt 101 Nummern, eingetauscht 2 Nummern und an- gekauft 362. Ausserdem schickte Herr E. Spethmann-Bangkok einen Gegenstand, einen Tanzschurz von den Carolinen, behufs Einreihung in seine unter Vorbehalt des Eigentumsrechtes überwiesene Sammlung. Die Geschenkgeber, denen wir an dieser Stelle unseren herzlichsten und ver- bindlichsten Dank wiederholen, sind folgende: Herr Konsul Karl Behn-Lübeck, Herr Friedrich Beeck-Lübeck, Herr Dr. Biedermann-Eutin, Herr W. Collignon-Guadalajara, Nachlass des Herrn Hofrat Dr. Cordes-München, Herr Konsul L. Ehrtmann-Noworossiisk, Herr Godtknecht-Kamerun, Herr August Heuer-Veracruz, Herr Major v. Koschitzky-Lübeck, Frl. Landels-Areola, Dunedin, Neuseeland, Herr Privatdocent Dr. Lüders-Göttingen, Herr Meyer-Tranbjerg-Lübeck, Herr Otto Sartori-Estancia Nueva Lubeca, Südpatagonien, Herr Georg Siemers- Hamburg, Herr E. Spethmann-Bangkok, Herr H. Vorkamp-Nossibe. Die Geschenke des Herrn Konsul Behn, mexikanische Altertümer, waren bereits früher dem Museum Lübeckischer Kunst- und Kulturgeschichte überwiesen gewesen und sind uns jetzt von dem letzteren abgetreten worden, 135 Neben diesen Genannten sind wir zwei Herren aus besonderer Ver- anlassung zu aussergewöhnlichem Danke verpflichtet. In seltener gemein- nütziger Freigebigkeit haben uns Herr Minister Dr. Klügmann in Berlin und Herr C. S. in Lübeck (auf Wunsch ungenannt) grössere Geldmittel zur Verfügung gestellt, um eine Reihe hervorragender ethnographischer Seltenheiten und Unica ankaufen zu können, die unserer Sammlung zu dauernder Zierde gereichen und unserem Streben nach wissenschaftlichem Ausbau des Museums eine wertvolle Hülfe bringen werden. Die Erwerbungen. Die Abteilung Europa wurde in diesem Jahre durch Eingänge nicht bereichert. Asien. Geschenke: Von Herrn Major v. Koschitzky: Ein chinesischer Farbendruck und ein chinesischer Kalender. Aus dem Nachlass des in München verstorbenen Hofrats Dr. Oordes: Eine montierte vollständige japanische Kriegsrüstung. Von Herrn Konsul L. Ehrtmann in Noworossisk: Eine Turkmenen- Mütze aus Schafpelz; zehn Decken und Behänge aus Transkaspien. Von Herrn Privatdozent Dr. Lüders in Göttingen: Eine Probe Blattgold aus Birma und chinesisches Papier. Von Herrn Friedrich Beeck in Lübeck: Ein Packet japanischer, aus Bilderbüchern stammender Farbendrucke. Von Herrn E. Spethmann-Bangkok: 27 Stück Spielzeug und Puppen aus Siam, eine geflochtene Tasche aus Siam. Ankäufe: Vier Speere von der Insel Engano (eine genauere Beschreibung wird für eine demnächstige Publikation vorbehalten); eine geflochtene, buntgemusterte Kappe aus Borneo. Diese fünf Gegenstände gehören zu der von den oben erwähnten Geldschenkungen angekauften Sammlung. Ein Holzschild von Nias, drei Thontrommeln von Ceylon. Afrika. Geschenke: Von Herrn Godtknecht-Kamerun: Ein Bootsmodell mit geschnitztem Schiftsschnabel. . Von Herrn Meyer-Tranbjerg-Lübeck: Eine Zahnbürste aus Dahomey (über die Fläche S-förmig gebogenes Holz). 136 Von Herrn H. Vorkamp -Nossibe (Madagaskar): Zwölf Wasserflaschen in der Form von Tierfiguren (Vögel, Schildkröten, Krokodile) aus Thon, zwei bemalte grosse Thonkrüge, zwei Bootsmodelle. Ankäufe: Geflochtener, lederbesetzter Hut eines Fulbe-Negers; eine Holz- Statuette, von der Westküste, wahrscheinlich von Benin; Eisengeld der Fan; zwei Pfeile der Fan, mit einem Blatt als Flugsicherung; ein geschnitzter Kanu- Schnabel, Kamerun; zwei Masken, Senegam- bien; eine Maske, Kamerun - Hinterland. Für diese letzten vier Gegenstände vergl. Karutz »Die afri- kanischen Hörnermasken«. Eine Holzfigur (Ahnenbild?) der Bali, Kamerun; drei Trinkgefässe aus Cocosnuss, drei Schöpflöffel, zwei Pfeifenköpfe, ein Bootsmodell, ein Korb, ein Helm, drei Trommeln, fünf Rasseln ebendaher; drei Messer, ein Elefantenschwanz, zehn Speere aus Kamerun, Ngilla- Stadt; ein Amulet aus Leopardenzähnen, ein Armring, eine Kürbis- flasche, zwei Federhüte, eine Holzmaske aus Kamerun, Yaunde; eine Zither aus Elobi; eine Kalebasse und vier Taschen aus dem Haussa-Land, zwei geflochtene Teller ebendaher; eine (Fetisch ?) Holzfigur, ein Schild (vollständige Ochsenhaut), ein Bogen, vier Pfeile, eine Buschfackel, drei Holzlöffel, ein Haarpfeil, eine Hüft- schnur aus Kamerun, Wute-Land; drei Dolchmesser mit Hohlgriff zum Bogenspannen aus Kamerun -Hinterland; eine Zither, ein Web- stuhl mit angefangener Matte, ein 'Thongefäss, ein Spielbrett für Mancala-Spiel von der Westküste ohne nähere Bestimmung; zwei Spielbretter für Mancala- Spiel, ein gravierter Beinring aus Messing, ein gleicher aus Eisen, ein Wurfspeer, ein Holzlöffel, dessen Griff- ende in einen Frauenkopf mit charakteristischer, auf Masken wieder- kehrender Frisur aus Liberia; eine Messing-Schüssel und eine Messing-Flasche, mit eingravierten Arabesken ornamentiert, aus Akassa am Niger. Diese und ein Teil der Liberia-Gegenstände gehören zu der mit Hülfe oben erwähnter Geldschenkungen angekauften Sammlung. Eine Trommel aus Togo; ein Holzschild ohne Angabe der Herkunft; zwei Pfeile vom Kongo; ein Schild, eine Lanze mit prachtvoll geschnitztem Schaft, zwei Wurfmesser, sechs Pfeile aus Sakarra, Franz. Sudan; zwei Haarnadeln der Sandeh (Njam-Njam); eine Lanze, sechs Pfeile aus Rafai und Semio, Franz. Sudan ; drei Lanzen aus dem westlichen Kongostaat; eine grosse 101 Nummern um- fassende Sammlung aus Deutsch - Südwest - Afrika, enthaltend ein 137 Tanz-Halsband der Berg-Damara, Messer, Pfeile, Stöcke, Hausrat und Schmuck der Ovambo, vollständige Kleidung und Schmuck der Herero-Frauen und -Männer, Waffen, Hausgerät und zahlreiche einzelne Schmuckstücke der Herero, einen sehr schönen Eisen- und Muschel-Schmuck der Hottentotten. Eine grosse, 119 Nummern umfassende Sammlung aus Deutsch-Ost-Afrika, zum grössten Teil aus dem Kondeland. Daneben enthält sie einige Stücke aus dem angrenzenden Britischen Konde-Land, eine Statuette vom Meru-See und eine prachtvolle Halskette aus alten opalisierenden Perlen vom Schire - Fluss. Eingetauscht wurde eine Maske aus Calabar und eine solche von der Von Elfenbeinküste (No. 2732 und 2733), über die man vergleiche Karutz »Die afrikanischen Hörnermasken«. Amerika. Geschenke: Herrn Dr. Biedermann-Eutin: Ein Ledersäckchen mit drei Pfeil- spitzen aus Stein, von den Shoshones-Indianern bei Cheyenne. Von Herrn Georg Siemers - Hamburg: Ein indianischer Federkopfschmuck, Von Von Von Von Cuzco, Peru. Herrn W. Colligenon-Guadalajara: Ein mexikanischer Sattel, vier Thonkrüge und ein unbestimmbarer Gegenstand aus Thon (Löffel ?), aus indianischen Gräbern bei Chapäla bei Guadalajara. Herrn August Heuer-Veracruz: Sechs aus Baumwolle gewebte Decken und Kleidungsstücke (Röcke und hemdartige Obergewänder) der mexikanischen Indianer. Herrn Otto Sartori-Südpatagonien: Zwei Bastos (Frauen-Sättel und Kopfkissen) und eine bemalte Pferdehaut (Bettdecke). Herrn Konsul Behn (überwiesen durch das Museum Lübeckischer Kunst- und Kulturgeschichte): Neun Idole und Bruchstücke von Idolen von Thon, drei Thonurnen, sieben Töpfe, zwei Spinnwirtel, neun Thonkugeln, ein Steingerät unbekannter Bestimmung, fünf Thonschalen, siebenunddreissig kleine Urnen und Töpfe aus alt- mexikanischen Gräbern. Ozeanien. Geschenke: Von Frl. Landels- Areola, Dunedin, Neu-Seeland: Ein Täschchen aus Flachs, Von Arbeit der Maori; ein Täschcehen aus Bast, Arbeit der Maori; zwei Photographien von Maori-Typen und -Schnitzereien. Herrn E. Spethmann-Bangkok: Ein Bündel Papuahaare aus Neu- (Guinea. 155 Ankäufe: Kaiser Wilhelms-Land: Zwei Bartzierrate aus Rindenstoff, Holz und Perlmutter; ein geschnitzter Bambus-Kamm; zwei Trommeln ; ein Löffel aus Cocosnuss und langem, geschnitztem Holzgriff; eine geschnitzte Schüssel; drei geschnitzte Figuren (Ahnenbilder?); ein Dolch aus Holz; ein Gerät zum Netzstricken (Vogelschnabel). Bismarck-Archipel: Eine Maultrommel von Neu-Mecklenburg; ein Speer, eine Schleuder und ein Bootsmodell von Neu-Pommern ; ein Speer von Neu-Hannover; ein Speer von den Admiralitätsinseln, gehört zu der durch oben genannte Geldschenkung erworbene Sammlung; ein Kalkspatel aus Knochen von den Hermit-Inseln, ebenfalls zu der Sammlung gehörig. Sonstiges Melanesien: Ein Speer und eine Kanu-Figur von den Salomo-Inseln, letztere gleichfalls zu jener Sammlung gehörig; ein Speer von den Fidschi-Inseln. Polynesien: Ein Apparat zum Fang des Tintenfisches, von Tonga; ein Tätowier-Instrument von Samoa; ein Hoheitszeichen, ein oben über die Kante, gebogener Stab aus hellbraunem Holz von Niue, ein Fetisch (?) von Vogeleiern, von der Osterinsel. Mikronesien: Ein Modell eines Wasserschöpfers, von den Palau-Inseln. Bibliothek. Im Abonnement wurden auch im Berichtsjahre die drei Zeitschriften: Internationales Archiv für Ethnographie, Centralblatt für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte, Globus gehalten. Ausserdem wurden angeschafft: Schmeltz, » Album of the Ethnograph. of the Congo Basin«, 1. Teil; Schurtz, »Urgeschichte der Kulture. Geschenkt wurden: Von Herrn Konsul Karl Behn: Carl Lumholz, »Symbolism of the Huichol Indians«, Memoirs of the American Museum of Natural History, Vol. III, Anthropology 1. Von der Geographischen Gesellschaft: Mitteilungen von F. und G. aus den Deutschen Schutzgebieten, Bd. XIV, Heft 1—4. Von Herrn Dr. Karutz: Sonderabdrücke seiner oben angeführter Arbeiten. Bericht des Museums für Völkerkunde zu Hamburg über das Jahr 1900. Rijks Ethnographisch Museum te Leiden, Verslag v. d. Directeur over het tijdvak van 1. Okt. 1899 tot 30. Sept. 1900. 139 Mitglieder-Verzeichnis. Ehrenvorsitzender. Sartori, August, Professor. Vorstand. Schneermann, Karl Konrad Joseph, Oberlehrer am Katharineum, Vorsitzender. Lenz, H. W. Oh., Dr. phil., Professor, Lehrer an der Realschule, Kon- servator des Naturhistorischen Museums, Stellvertreter des Vor- sitzenden. Sauermann, F. C., Kaufmann, Kassenführer. Karutz, Richard, Dr. med., Schriftführer. Ohnesorge, Wilhelm, Dr. phil., Oberlehrer am Katharineum, Bibliothekar. Schreiber, v., S., Rentier. : Schulze, Franz Louis Karl, Dr. phil., Direktor der Navigationsschule. Ehrenmitglieder. Neumayer, v., Professor, Dr. phil., Wirklicher Geh. Admiralitätsrat, Direktor der Seewarte in Hamburg. Krauel, Richard, Dr. jur., Gesandter des Deutschen Reichs a. D. in Freiburg im Breisgau. Förster, Wilh., Dr. phil., Geh. Regierungsrat, Professor, Direktor der Kgl. Sternwarte in Berlin. Nansen, Frithjof, Professor, Godhab bei Lysaker, Norwegen. Dr. Klügmann, Ausserordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister der Hansestädte, Berlin. Schaper, Dr. phil., Direktor des Realgymnasiums in Meiningen. Korrespondierende Mitglieder. Pauli, Gustav, Privatmann, Berlin. Mechow, von, Major a. D., Ritter, Berlin. Wissmann, v. H., Major, Dr. phil, Gut Weissenbach bei Liezen in Steiermark, Oesterreich. Kiepert, Rich., Dr. phil., Berlin. Deecke, Wilhelm, Dr. phil., Professor an der Universität Greifswald. Avc-Lallemant, Hermann, Professor an der Universität San Luis, Argentinien. Krüger, Paul, Dr. phil., Professor an der Universität Santiago, Chile. Hahn, Eduard, Dr. phil., Berlin. 140 Hiesige Mitglieder. Baethcke, Ludwig Hermann, Dr. phil., Professor am Katharineum, seit 1882. Behn, Karl, Privatmann, Konsul, seit 1891. Behncke, Heinrich Leo, Kaufmann, seit 1882. Behrens, Heinrich, Kaufmann, seit 1882. Bertling, Friedrich Heinrich, Kaufmann, Senator, seit 1882. Born, Hermann, Privatmann, seit 1890. boy, Hermann August Friedrich Josef, Kaufmann, seit 1893. Doye, Johannes Christian Gottfried, Kaufmann, seit 1897. Bödeker, Eberhard Heinrich, Hauptlehrer der zweiten Knaben-Mittelschule, seit 1892. Brattström, Karl Alfred, Kaufmann, seit 1882. Brecht, Ernst Walter, Geheimer Regierungsrath, Direktor der Lübeck- Büchener Eisenbahn-Gesellschaft, seit 1882. Brehmer, August, Ingenieur, seit 1892. Brehmer, Wilhelm, Dr. jur., Bürgermeister, seit 1833. Brockmöller, Heinrich Johann Julius, Schiffer, seit 1892. Bruch, Valentin, Vorstandsmitglied der Dresdner Bank, seit 1901. Brüsch, Wilhelm, Karl Adolf, Dr. phil., Oberlehrer an der Realschule, seit 1901. Buck, Heinrich Theodor, Kaufmann, seit 1882. Burmester, Johannes Jakob, Schiffsmakler, seit 1883. Carstens, Ernst Heinrich Karl, Kaufmann, seit 1885. Carstens, Kasimir, Privatmann, seit 1893. Cohn, Salomon Lazarus, Kaufmann, seit 1892. Coleman, Charles, Buchdruckereibesitzer, seit 1887. Daniels, August, Postdirektor, seit 1901. Diestel, Johannes Franz Paul, Vermessungsdirektor, seit 1885. Elle, Otto, Oberförster in Israelsdorf, seit 1902. Erasmi, Adolf, Kaufmann, seit 1882. Erasmi, Heinrich Christian, Theodor, Kaufmann, seit 1887. Ernst, Karl Johann, Friedrich, Dr. phil., Professor an der Realschule, seit 1901. Eschenburg, Bernhard, Friedrich, Dr. phil., Professor am Katharineum, seit 1882. Eschenburg, Johann Hermann, Kaufmann, Senator, seit 1891. Faber, Otto Ludwig, Privatmann, Konsul, seit 1888. Fehling, Emil Ferdinand, Dr. jur., Senator, seit 1884. Fehling, Hermann Wilhelm, Kaufmann, seit 1882. Freund, Karl Gottfried Heinrich, Dr. phil., Professor an der Realschule, seit 1885. Fromm, Rudolph Friedrich Wilhelm, Kaufmann, seit 1900. 141 Gaedertz, Heinrich, Schiffsmakler, seit 1882. Gaedertz, Paul Maximilian, Schiffsmakler, seit 1896. Gagzow, Richard, Dr. med., Augenarzt, seit 1898. Genzken, Wilhelm Hermann August, Dr. phil., Professor am Katharineum, seit 1833. Gosch, Heinrich Rudolph, Kaufmann, seit 1897. Görtz, Heinrich Adolf, Dr. jur., Rechtsanwalt, seit 1883. Hahn, Julius Hermann, Kaufmann, seit 1892. Hamann, Johann Heinrich Wilhelm, Kaufmann, seit 1896. Hammerich, Adolf Johann Karl, Dr. med., Arzt, seit 1882. Hartwig, Friedrich Heinrich Johannes, Kaufmann, seit 1885. Hausberg, Heinrich, Dr. phil., Professor am Katharineum, seit 1883. Haxthausen, Otto, Freiherr von, Privatmann, seit 1898. Heberle, Karl Wilhelm Otto, Oberlehrer am Katharineum, seit 1898. Hegewisch, Bernhard, Zahnarzt, seit 1902. Heitmann, Johannes Adolph, Schiffer, seit 1883. Heyke, Wilhelm Heinrich, Kaufmann, seit 1882. Hoffmann, Paul Moritz, Direktor der staatl. höh. Mädchenschule (Ernestinen- schule), seit 1882. Jänisch, Edmund, Stadtrat a. D., seit 1885. Jorns, Christian Franz Johannes August, Professor an der Realschule, seit 1882. Karutz, Heinrich Ludwig Matthias Richard, Dr. med., Arzt, seit 1896. Klug, Heinrich, Dr. jur., Senator, seit 1882. Koch, Ernst, Kaufmann, Fabrikbesitzer in Trems, seit 1396. Kohrs, Wilhelm, Bankier, seit 1898. Koschitzky, Max Friedrich Franz Edgar Bogislav von, Major z. D., seit 1889. Köhncke, Karl, Kaufmann, seit 1902. Krohn, Karl Heinrich August, Vice-Consul der vereinigten Staaten von Venezuela, seit 1882. Küstermann, Friedrich Hermann, Dr. phil., Professor am Katharineum, seit 1882. Lange, Hermann, Kaufmann, seit 1882. Lange, Theodor Adolf Eduard, Privatmann, seit 1899. Lenz, Heinrich Wilhelm Christian, Dr. phil., Professor, Lehrer an der Real- schule, seit 1882. Lienau, ‚Cay, Dr. jur., Staatsanwalt, seit 1895. Linde, Friedrich August Hermann, Privatmann, seit 1882. Lübeke, Robert Martin Christian August Gottlieb Ludwig, Buchhändler, seit 1837. s ; Merkus, Johann Kaspar Wilhelm, Dr. jur., Privatmann, seit 1892. Mefstorff, Peter Johann Adolf, Kaufmann, seit 1899. Meyer-Tranbjerg, Theodor Amandus, Zahnarzt, seit 1891. Michelsen, Karl Christian Sophus, Stadtrath a. D., seit 1899. 142 Mollwo, Ludwig Wilhelm Heinrich, Professor am Katharineum, seit 1882. Möller, Johannes Friedrich Jacob, Schiffsmakler, seit 1901. Möller, Rudolf Heinrich Karl, Kaufmann, seit 1902. Mueller, Friedrich Emil, Dr. med., Arzt, seit 1899. Müller, Ernst Ludwig Julius, Dr. phil., Professor, Direktor der Realschule, seit 1832. Nachtwey, Heinrich Johannes Friedrich, Schiffer, seit 1892. Neumann, Johann Martin Andreas, Dr. jur., Landrichter, seit 1894. Nottebohm, Johannes Theodor Abraham, Privatmann, seit 1901. Nöhring, Johannes Heinrich Franz, Kunstverleger, seit 1885. Ohlsen, Simon Heinrich Gottfried, Schiffer, seit 1894. Ohnmesorge, Eduard Friedrich Wilhelm, Dr. phil., Oberlehrer am Katharineum, seit 1899. Otte, Hermann Karl Peter, Direktor der Kommerzbank in Lübeck, seit 1883. Pabst, Gustav, Dr. jur., Direktor des Statistischen Amtes, seit 1382. Pauli, Anton Philipp, Dr. med., Arzt, seit 1883. Peters, Berthold Adolf August, Kaufmann, seit 1893. Pierstorff, Theodor, Schitfer, seit 1883. Plesfing, Karl Theodor, Kaufmann, Bayerischer Konsul, seit 1886. Posjehl, Johann Ludwig Emil, Kaufmann, Senator, seit 1883. Rahlgens, Johann Nikolaus Heinrich, Druckereibesitzer, seit 1882. Rahtgens, Karl Gottfried Lucian, Druckereibesitzer, seit 1892. Rehder, James, Kaufmann, Belgischer Konsul, seit 1884. Rehder, Peter, Ober-Wasserbaudirektor, seit 1885. Rehtwisch, Julius Friedrich, Privatmann, seit 1895. Reimann, Gustav Adolph, Dr. phil., Vorsteher der von Grossheim’schen Realschule, seit 1882. Reimpell, Georg, Kaufmann, seit 1896. Rey, Paul Wilhelm Adolf, Kaufmann, seit 1899. Rheinen, Georg Wilhelm Ludwig, Steuerrat, seit 1899. Rose, Johannes Adolph, Dr. med., Arzt, seit 1882. Sack, Gustav, Dr. phil., Oberlehrer am Katharineum, seit 1899. Sartori, Heinrich Friedrich T’heodor, Architekt und Zimmermeister, seit 1883. Sauermann, Friedrich Carl, Kaufmann, seit 1882. Scharff, Heinrich Gustav, Kommerzienrat, Kaufmann, seit 18837. Scharff, Karl, Brasilianischer Vice-Konsul, seit 1895. A Schaumann, Gustav Friedrich August Georg, Major a. D., seit 1900. Schmedes, Christian Nikolaus Wilhelm Adolph, Geheimer Justizrat a. D., seit 1397. Schmidt, Gustav Julius Ludwig, Zahnarzt, seit 1833. Schmidt, Max, Buchdruckereibesitzer, seit 1885. Schneermann, Karl Konrad Josef, Oberlehrer am Katharineum, seit 1890. Schorer, Theodor, Gerichtschemiker, seit 1883. 143 Schreiber, Sigismund von, Privatmann, seit 1883. Schröder, Karl Nicolaus, Kaufmann, seit 1896. Schultz, Heinrich Joseph Georg August, Kaufmann, Spanischer Vice-Konsul, seit 1883. Schulze, Franz Louis Karl, Dr. phil., Direktor der Navigationsschule, seit 1836. Schütt, Heinrich Gotthard Ludwig, Schiffsmakler, seit 1333. Schweighoffer, Anton Christian Lowis, Fabrikant, seit 1900. Siemers, Eduard Rudolph Wilhelm, Dr. med., Arzt, seit 1899. Siems/en, Christian August, Kaufmann, seit 1883. Sönnichsen, Peter Wilhelm, Architekt, seit 1896. Steffen, Jakob Hinrich, Schiffer, seit 1893. Stolterfoht, Gottlieb Nikolaus, Fabrikant, seit 1837. Struck, Rud., Dr. med., Arzt, seit 1902. Tesdorpf, Karl Ernesto, Photograph, seit 1902. Trummer, Ludwig Adolph, Hauptpastor, seit 1893. Uter, Friedrich Christian Wilhelm, Dr. med., Arzt, seit 1896. Veers, Johann Heinrich, Privatmann, seit 1890. Warncke, Hermann, Kaufmann, Schwed.-Norw. Vice-Konsul, seit 1884. Wattenberg, Oskar, Dr. med., dirigirender Arzt an der Staats-Irrenanstalt, seit 1892. Weidmann, Konrad, Maler, seit 1892. Werner, Gustav Ferdinand, Kaufmann, seit 1882. Westphal, Johannes Heinrich Asmus, Lehrer, seit 1901. Weyrowitz, Karl Friedrich August, Rechtsanwalt, seit 1899. Weyrowitz, Karl Johann, Kaufmann, seit 1885. Wodick, Edmund, Amtsrichter a. D., Ziegeleibesitzer, seit 1893. Zillich, Johannes, Dr. phil., Oberlehrer an der staatl. höh. Mädchenschule (Ernestinenschule) seit 1854. u 144 Verzeichnis der Gesellschaften, Vereine, Redaktionen, mit denen die Geographische Gesellschaft in Lübeck im Schriftenaustausch steht, Deutschland. Berlin, Gesellschaft für Erdkunde. Zeitschrift 1901, 1—6. Verhand- lungen 1901, 1—10. — Zentralverem für Handelsgeographie und Förderung deutscher Interessen im Auslande. . Export 1901. — Deutsche Kolonialgesellschaft. Deutsche Kolonialzeitung 1901. Bonn, Niederrheinische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. Sitzungs- bericht 1901. Bremen, Geographische Gesellschaft. Deutsche geograph. Blätter 1901, 1—4. Dresden, Verein für Erdkunde. XXVII. Jahresbericht 1901. — Zentralkommission für wissenschaftliche Landeskunde Deutsch- lands. Elberfeld, Naturwissenschaftlicher Verein. Frankfurt a. M., Verein für Geographie und Statistik. 64.—65. Jahres- bericht 1899—1901. Giessen, Oberhessische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. — Gesellschaft für Erd- und Völkerkunde. Geograph. Mitteilungen aus Hessen 1900. Greifswald, Geographische Gesellschaft. 7. Jahresbericht für 1898—1900, Halle a. $., Verein für Erdkunde. Mitteile. für 1900—1901. _ —_ Kaiserlich Leopoldinisch-Carolinische Deutsche Akademie der Naturforscher. Hamburg, Geographische Gesellschaft. 17. Bd. Mitteilg. 1901. —_ Kaiserliche Seewarte. Jahresbericht 1900. Jena, Geographische Gesellschaft in Thüringen. 19. Bd. Mitteilungen 1900— 1901. 145 Kassel, Verein für Naturkunde. 46. Bericht, 1901. — Verein für Erdkunde. 11.—14. Jahresbericht 1896. Nachher nichts mehr erhalten. Kiel, Naturwissenschaftlicher Verein für Schleswig-Holstein. Schriften, Bd. XI, 1. Köln, Gesellschaft für Erdkunde. Jahresbericht 13898—1899. Königsberg, Geographische Gesellschaft. Festschrift. 100 Verhandlg. v. 1881— 1898. Leipzig, Verein für Erdkunde. Mitteilg. 1900. — Museum für Völkerkunde. Bericht 1899. Metz, Verein für Erdkunde. 23. Jahresbericht 1900—1901. München, Gesellschaft für Erdkunde. Jahresbericht 1898 —1899. — _ Ornithologischer Verein. II. Jahresbericht für 1899 u. 1900. Nürnberg, Naturforschende Gesellschaft. Osnabrück, Naturwissenschaftlicher Verein, Stettin, Verein zur Förderung überseeischer Handelsbeziehungen. 28. Jahres- bericht 1900. — Gesellschaft für Völker- und Erdkunde. Jahresbericht 1900 1901. Stuttgart, Württembergischer Verein für Handelsgeographie und Förde- rung deutscher Interessen im Auslande. Jahresbericht für 1895 —1900. Zwickau, Verein für Naturkunde. -Österreich. Herrmannstadt, Siebenbürger-Karpathenverein. 21. Jahrbuch 1901. Linz a. D., Museum Franeisco-Karolinum. 58. Jahresbericht 1900. — 59. Jahresbericht 1901. Wien, Geographische Gesellschaft. Abhandlg. 1901, 1—4, Mitteilg. 1901, 1—12. — K.K. Geologische Reichsanstalt. Verhandlg. 1901, 1—18. — KK. Naturhistorisches Hofmuseum. Annalen Bd. XVI, 1901. — Verein der Geographen an der Universität Wien. Bericht 1399-1900. — K.K. Militärgeographisches Institut. Mitteilg. 1900. Schweiz. Bern, Geographische Gesellschaft. Jahresbericht 1598 —99. — Schweizerische Naturforschende Gesellschaft. Compte rendu 1899, 1900. 82. Sess. — Naturforschende Gesellschaft von Bern. Mitteilg. 1500—1518, 1901. Genf, Soeiste de Geographie. Le Globe. Bulletin 1900—1901, 1—2. Memoires 1900—1901, 1— 2. Neufchätel, Societe Neuchäteloise de Geographie. 10 146 Holland. Amsterdam, Koninklyk Nederlandsch Aardrykskundig Genootschap. Tijd- schrift, Deel XVII, 1—7. Belgien. Brüssel, Societe Royale Belge de Geographie. Bulletin 1901, 1—6. Frankreich. Bordeaux, Societe de Geographie commerciale. Bulletin 1901, 1—8. Nachher nichts mehr erhalten. Havre, Societe de Geographie commereiale. Bulletin 1901, 3. Paris, Soci6te de Geographie commereiale. Bulletin 1901, 1—12. — Soeiete de Geographie. La Geographie 1900, 1—12. Nachher nichts mehr erhalten. — Le Tour du Monde. 1901, 1—52. köochefort sur Mer, Societe de Geographie. Bulletin 1901, 1. Tours, Societe de Geographie. Revue 1901, 1, 2. Portugal. Lissabon, Sociedade de Geographia. Boletim 1901, 1—12., Grossbritannien. Manchester, Geographical Society. Journal 1901, 1—6. Schweden und Norwegen. Bergen, Redaktion der Zeitschrift „Naturen“. 1901, 1—12. — Bergens Museum. Aarberetning f. 1900 u. 1901. Aarbog 1900 u. 1901. Stavanger, Museum. Aarsberetning f. 1900. Stockholm, Svenska Sällskapet för Antropologi och Geografi. Ymer 1901, 1-4. E= Svenska Turist Föreningen. Aarskrift 1901. 1902. Russland. Helsingfors, Sällskapet för Finlands Geografi. — Geografiska Föreningen i Finland. Meddelande 1899—1900. — Societas pro Fauna et Flora Fennica. Acta Vol. 15—20, Meddelanden 24—27. Kasan, Societe des Naturalistes de l’Universite. Trudy, 32. Bd. 1-3. St. Petersburg, RK. Russische Geographische Gesellschaft. Istvestija 1900, 1—6. 1901, 1, 2, 5. Otschet 1900. 147 Vereinigte Staaten von Nordamerika. Madison, Wisconsin, State Historical Society. — Academy of Sciences, Arts and Letters. Transactions Vol. XII, 2 (1900), Vol. XIII, 1 (1901). i New-York, American Geographical Society. Bulletin 1901, 1—5. San Francisco, Geographical Society of California. Washington, Swmithsonian Institution. Annual Report f. 1898 u. 1399. (1900— 1901). Südamerika. Buenos Aires, Instituto Geogräfico Argentino. Boletin 1899, 1—12. Lima, Peru, Sociedad de Geogräfia. Boletin XI, 1, 2, 10 —13 (1901-1902). Santiago, Chile, Deutscher wissenschaftlicher Verein. Australien. Brisbane, Queensland, Branch of the Royal Geographical Society of Au- stralasia. Journal Vol. XVI, 1900—1901. o» —l 10. 11. 12. 13. A. Verzeichnis der Eingänge für die Bibliothek. Norway. Official Publication For The Paris Exhibition 1900. Kristiania, 1900. Geschenk des norwegischen Kultusministeriums. 10 Photographien aus Venezuela. Geschenk von Konrad Scherling in Ciudad-Bolivar. Überwiesen dem Museum für Völkerkunde in Lübeck. Second Report of the United States Board on Geographic Names. 1890—99. Second Edition. Washington, 1901. Geschenk. Festschrift zur Säcular-Feier der naturhistorischen Gesellschaft in Nürnberg. 1801—1901. Nürnberg, 1901. Geschenk. Das Museum in Lübeck. Festschrift. Lübeck, 1900. Geschenk vom Museums-Verwaltungs-Ausschuss in Lübeck. Verhandlungen des 7. internationalen Geographen - Kongresses zu Berlin 1399, 2 Teile. Berlin, 1901. Geschenk des Dr. Eduard Hahn. Barthel Steins Beschreibung von Schlesien und seiner Hauptstadt Breslau. Breslau, 1901. Geschenk des Dr. Eduard Hahn. Festschrift des geographischen Seminars der Universität Breslau zur Begrüssung des 13. deutschen Geographentages. Breslau, 1901. Geschenk des Dr. Eduard Hahn. Scheibe, . Theod., Beiträge zur. Kenntnis der Verbreitung der Gefäss- pflanzen in Schlesien. Ergänzungsheft zum 78. Jahresbericht der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur. Breslau, 1901. Geschenk des Dr. Eduard Hahn. Katalog der Ausstellung des 13. deutschen Geographen-Tages zu Breslau. Breslau, 1901. Geschenk des Dr. Eduard Hahn. Album de Estatistica Graphica Dos Caminhos De Ferro Portugueres Das Provincias Ultramarinas, Lisboa, 1898. Geschenk des Ministerro Da Marinha E. Ultramar. Plano Topografico de la Region Norte Argentina Limitrofe Con Bolivia. Massstab 1:575000, 1900. Geschenk von der Comision Argentina De Limites Con Bolivia. Karutz, Weitere Bemerkungen zur Ethnographie der Matty- Insel. Sonderabdruck aus dem »Internationalen Archiv für Ethnographie«. Bd, XIII, 1900, Geschenk des Dr, Karutz. 14. 15. 16. Ne 149 Karutz, Ein Pangkoh der Dajaken. Sonderabdruck aus B. 78, No. 21 des Globus, 1900. Geschenk des Dr. Karutz. Sack, Ein Beitrag zur Untersuchung der täglichen Variationen der erdmagnetischen Inklination und Totalintensität, Lübeck, 1901. Geschenk des Dr. Gustav Sack. Denkschrift, betreffend die Entwicklung des Kiautschou-Gebietes in der Zeit von Oktober 1899 bis Oktober 1900. Berlin, 1901. Geschenk des Ministers Dr. Klügmann. Arbeitsplan für das Jahr 1901 und Bericht über die Thätigkeit der Königl. Geologischen Landesanstalt zu Berlin. Geschenk dieser Anstalt. 2. Thätigkeitsbericht der deutschen Kommission für die Südpolar- Forschung. Berlin, 1901. Sonderabdruck aus den Verhandlungen des 13. deutschen Geographentages zu Breslau, 1901. Geschenk des Geheimrats Georg von Neumayer. Georg von Neumayer, Auf zum Südpol. Berlin, 1901. Angekauft. Merzbacher, Gottfried, Aus den Hochregionen des Kaukasus, 2 Bände. Leipzig, 1901. Angekautft. Recort on the Census of Porto Rico. Washington, 1900. Recort on the Census of Cuba, 1599. O. Baschin, Die deutsche Südpolar-Expedition. H. Meyer, Colonien am Rio Grande. Ule, Der Würmsee. eco B. Durch Abonnement wurden erworben: Petermanns Mitteilungen. Globus. Deutsches Kolonialblatt und Mitteilungen aus den deutschen Schutz- gebieten. Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie. Mouvement Geographique bis Ende 1901. Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins. Hess, Zeitschrift. Zeitschrift für Binnenschiffahrt. Abgeschlossen am 31. Mai 1902. Druck von Max Schmidt in Lübeck. ls am. ar "44h ua SEC ne BDA. dh es REN AORR? al TR Seriakuph “ er A : abliak “ ven lind Bar RAN Neon aim "usa nn | Back, Like so Hal 2 aaa aaa a den UHR, Nemeetkah, ER ORDER ee Must EICHE ” er le. ee Aa Are al RR Et) Vf wi LTE BRYERNGUU a ' = r % A‘ a P I: R ln: La CR bl | z OS; <% no, WasuT 7 DEN I N SMITHSONIAN I) & N FENSTER LBIRIARUNES INSTITUTION NOILNLILSNI NVINOSHLIWS LIBR/ 6, 5 = LT NollNn el wa LIBR, R N DS NoILN 7 INSTITUTION NOILN SIIYUVYSIT LIBR INSTITUTION INSTITUTION NOILMLILSNI NVINOSHLINS SI1IUW4IITI LIBRARIES SMITHSONIAN INSTITUT NVINOSHLINS S31IUV8 17 NVINOSHLINS S31UYY41 < = EUR EN S = = zZ N z SI N 2 DD; ZEN 2 3 S E a EN, E \ s > = s | » [97] Ze [75] - 77) e /9811 LIBRARIES SMITHSONIAN_ INSTITUTION NOILNLILSNI NVINOSHLINS Sal UV a 2 w 2 WW 5 TUR w = BEZ 2 — N N Be 3 & . 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