u CC ei T cc a u —e Tu ner C. G = «CL TC rc "Ex CE MR G« « < c a LIT RER RCELE & (@ € - a CK EL CIE K < x C« | “ | : MT | A f ! \ ER ER a N Sn, \ SU; N I Au FReKeE < cc f N KLU N \ NR ' 4 R N Se ee 2 En 7 en N De o D f Zn ES Ma der Mi K h ; & HR: 3 N > Mu 2 SS: 7 ‘ . 2 W Ü x « & R KM KEN r L [93,C Hibrary of the Museum OF COMPARATIVE ZOÖLOGY, AT HARVARD COLLEGE, CAMBRIDGE, MASS, ) „} fo sch The gift of A elbichegt | No./23 ns JO /BEL July JIEBL, 98 Y.30.,812 Mittheilungen der Naturlorschenden Gesellschaft in Bern aus dem Ban 188% Nr. 1004—1017. a a an Mit mehreren in den Text gedruckten Holzschnitten. Bern. (In Commission bei Huber & Comp.) Buchdruckerei B. F. Haller. Orr 1881. Mittheilungen der Vaturforschenden (resellschaft in Bern aus dem Jahre 1881 I. Heft. mn Nr. 1004—1017. u, © Bern. (In Commission bei Huber & Comp.) Buchdruckerei B. F, Haller. 1881. Y R I fi J \ | iv 1 ' or i Y Ur bi x ' } x du € r j ' TERN N RT RT Oi ARME RANDE DR ON rar DR AM ER RESTE RR I In eh t { k ‘ 1 h R ö \ 1 r- 4 l h y n \ \ a N RE N NN RN, Tg bee Re REN DE j an R | f } nr h { et h ! un y : ni] . ni M SL LEERE | N RD rg | | RO RL a | | Bann a RE Mr t wi / f % N Y 1 y Kr M* Eu nl X ’ r 1 N ” 2 }, URN 0 h N Du u \ er Aa Ir Nu f Vorbemerkung des Sehne, eo —— Laut Beschluss der Gesellschaft vom 30. Okt. zwanglosen Heften, deren jährlich mindestens wei ausgegeben werden. Die Verantwortlichkeit Inhalt. Seite der. BE u, 53 38 Jahresbericht des Präsidenten Oberforstinspektor Coaz, =5 3 E % Ueber die Thätigkeit der bern. naturforschenden IR Gesellschaft im Jahre 1880/81 , ; a Bachmann, J., Prof. Dr., Bericht über die mineral.-geol. Sammlung des städt. Museums für das Jahr 1880 - k i MN Burckhardt, G., Dr., oe Ueber Gehirnbewegungen . \ , ; , Coaz, J., eidgen. Oberforstinspektor, ; Der Illgraben gegenüber Leuk im Wallis . h 10 Ueber Alburnus alborella, de Philippi { 10.0 Beobachtung über das Erdbeben vom 27. Jan. 1881 15 Fellenberg, Edm., Bergingenieur, Ueber eine Feuersteinconcretion . ; N sn Forster, E., Prof. Dr., Ueber den Durchgang elektrischer Entladungen durch stark evacnirte Röhren . ; aa Guillebeau, A., Prof., Die Uebertragung von Schmarotzern der Haus- thiere auf den Menschen . : } . 18 Haller, G., Dr., Das Auftreten und die Bekämpfung der Reblaus | im Kanton Neuenburg I ; : . 24 Luchsinger, B., Prof. Dr., Fl Zur Physiologie der Harnleiter . : i 98.8 Rothen, Telegraphensekretär, Kae Wa Ueber den sog. vierten Aggregatzustand . RE Schwarzenbach, Prof. Dr., Ueber die Messung menschlicher Kopfhaare | Analyse des Psilomelans in Graubünden . Sa Ueber das Sulfo-Rosanilin . 5 Ä - Ba ' Siuder, Th., Prof. Dr., Ueber einige Resultate der Tiefseeuntersuchnngen 11 A m—— Jahresbericht des abtretenden Präsidenten, Hrn. Oberforstinspektor Coaz, über die Thätigkeit der bernischen naturiorschenden Gesellschaft in der Zeit vom 26. April 1880 bis 23. April 1881. Lit.! Am Schlusse meines Präsidialjahres angelangt, beehre ich mich, Ihnen statutengemäss Bericht über die Thä- tigkeit unserer Gesellschaft im Laufe desselben zu er- statten. Die Sitzungen konnten, Dank der Bereitwilligkeit, mit welcher Mitglieder sich zur Haltung von Vorträgen “herbeiliessen, ziemlich regelmässig alle 14 Tage statt- finden. Abgesehen von kleineren Mittheilungen und Referaten wurden in 15 Sitzungen 23 Vorträge von 13 Mitgliedern gehalten und zwar: von den HH. Prof. Dr. Luchsinger 5, Bachmann 3, Th. Studer 3 und Prof. Guillebeau 2, Hrn. Adj. Rothen 2 und je 1 von den HH. Dr. Pflüger, Dr. G. Burckhardt, Dr. Graf, Dr. Haller, Prof. Fischer, Prof. Schwarzenbach, Lehrer Fankhauser und Unterzeichnetem. Unter diesen Vorträgen waren verschiedene Original- arbeiten, deren Aufnahme in unsere Mittheilungen be- schlossen wurde. Damit die Veröffentlichung solcher Arbeiten möglichst bald nach ihrer Mittheilung in der Gesellschaft stattfinden könne und dem Autor die Priorität gewahrt bleibe, wurde beschlossen (30. Oktober 1880), die gedruckten Mitthei- lungen künftig in zwangloser Folge und insoweit das Material hinreicht in Vierteljahrsheften, jedenfalls in nicht weniger als 2 Heften erscheinen zu lassen. Der Besuch der Sitzungen war sehr verschieden, je nach dem allgemeinen Interesse, das die Verhandlungs- gegenstände darboten und den eintretenden Collisionen mit anderen Versammlungen. Durchschnittlich betrug die Zahl der Anwesenden 20. In Folge Rücktrittes unseres gechrten Mitgliedes, Hrn. Fankhauser, vom Sekretariat wegen Kränklichkeit, fand den 13. Nov. 1880 eine Neuwahl statt, die auf Hrn. Dr. G. Beck fiel. Die Gesellschaft beschloss, sich an den Kosten der Errichtung und dem Unterhalt einer meteorologischen Station auf dem Sentis mit Fr. 600 zu betheiligen, ver- theilt auf 3 Jahre zu jährlich Fr. 200. Wie früher, so wurde auch letztes Jahr unsere Bibliothek gemeinschaftlich mit derjenigen der schweiz.” naturf. Gesellschaft von Hrn. Koch, unterstützt von Hrn. Th. Steck, verwaltet. Die Rechnung, die mit einem Aktiv- saldo von Fr. 269. 51 abschloss, wurde in der Sitzung vom 29. Januar d. J. genehmigt und der Verwaltung der Dank der Gesellschaft ausgesprochen. Der Stand der ordentlichen Mitglieder stellte sich Ende 1880 gegenüber Ende 1879 wie 229:222, derjenige der correspondirenden Mitglieder ist sich mit der Zahl 31 gleichgeblieben. Im Laufe dieses Jahres sind 7 ordent- liche Mitglieder aus-, dagegen 11 eingetreten, so dass der gegenwärtige Stand 226 beträgt. et in 7 Unter den Austretenden befindet sich auch Hr. Perty, Dr. und Prof. der Naturwissenschaften, der seit 40 Jahre ein sehr thätiges Mitglied unserer Gesellschaft war. Sein hohes Alter veranlasst ihn zum Rücktritt. Die Gesell- schaft verdankte Hrn. Perty in einem besondern Schreiben seine langjährige und verdienstvolle Mitarbeit. Die Rechnungen unserer Gesellschaft wurden Ende 1880 mit einem Aktivsaldo von Fr. 2927. 77 abgeschlossen. Werfen wir schliesslich einen Rückblick auf das ab- gelaufene Jahr, so haben wir zwar nichts besonders Her- vorragendes in unsere Annalen einzutragen, wir beschei- deten uns, unsere Thätigkeit auf den innern Kreis unserer Gesellschaft zu beschränken. Wir dürfen uns aber das Zeugniss geben, fleissig gearbeitet zu haben. Neben Vor- trägen, welche das Ergebniss streng wissenschaftlicher Studien sind, belebten zahlreiche, auch für den Nicht- specialisten fassliche kürzere Mittheilungen und Referate ‚aus den verschiedensten Gebieten der Naturwissenschaft die Sitzungen. Es darf nämlich nicht vergessen werden, dass unsere Gesellschaft nicht nur aus Gelehrten, sondern dem grössten Theile nach aus Dilettanten und Freunden der Naturwissenschaft besteht, welch’ Letztere dem Zweck unserer Gesellschaft gemäss und zugleich zu eigener Kräftigung dieser wohl zu berücksichtigen sind. Der Beschluss über Gründung von Sektionen im Interesse der Fachgelehrten hat sich als unpraktisch er- wiesen, denn eine einzige derselben, die entomologische, zeigt sich als lebensfähig, diese allerdings in sehr er freulicher Weise. In unser Berichtsjahr fällt noch ein für ursere Ge- sellschaft, und Stadt und Kanton Bern überhaupt, sehr wichtiges Ereigniss, dessen wir mit Freuden Erwähnung anne. der Ben Stadt al Beginn je Be | desselben. Wir verweisen diesfalls ‚auf den ig: f\ Bericht. e geschenkte Nachsicht und ehe Mitgliedern des Vorsta 1 für die mir gewährte Unterstützung. Sitzungsberichte. 712. Sitzung vom 15. Januar 1881, Abends 7!/a Uhr bei Webern. Vorsitzender: Hr. Präsident Oberforstinspektor Coaz. Sekretär: Dr. G. Beck. — Anwesend 13 Mitglieder. Verhandlungen: 1) Die Herren Conrektor Joss, Lehrer Küpfer, In- genieur Flückiger erklären ihren Austritt aus der Ge- sellschaft; ebenso Hr. Prof. Dr. Perty unter Motivirung durch sein hohes Alter.: Es wird beschlossen, dem Hrn. Prof. Perty den Dank der Gesellschaft für dessen 40jährige ausgezeichnete Mitarbeit durch ein Schreiben auszudrücken. 2) Es haben sich zur Aufnahme in die Gesellschaft gemeldet und werden als Mitglieder angenommon die Herren v. Salis, eidg. Oberbauinspektor, und Prof. Dr. Lichtheim. 3) Der Sekretär erhält den Auftrag, jeweils ein Resum& der Verhandlungen im „Bund“ zu veröffentlichen. 4) Hr. Oberforstinspektor Coaz hält einen Vortrag über den Illgraben gegenüber Leuk im Wallis. (Folgt unter den Abhandlungen.) 5) Zu Rechnungsrevisoren werden gewählt die Herren Zwicky und Ribi, Lehrer am städt. Gymnasium. a MN OR 10 6) Herr Oberforstinspektor Coaz legt eine Fischart aus dem Luganersee vor, welche diesseits der Alpen nicht vorkommt. Es ist Alburnus alborella, de Filippi, synonym mit Alb. albornellus, Mert, im Tessin mit Vairone oder Vairön bezeichnet, ein Trivialname, der übrigens nach Pavesi auch noch andern Fischen gegeben wird. Diese Art kommt im Luganersee hauptsächlich in der Gegend von Morcoti bis Terrazza und in so grosser Menge vor, dass schon 500, ja 1000 Kilos in einem Zuge gefangen wurden. Die Fische werden frisch gegessen, aber auch eingesalzen und getrocknet. Frisch kostet das Kilo 20 bis 60 Ct., getrocknet Fr. 1. 20 bis 1. 50. Das Fleisch soll übrigens nicht sehr schmackhaft sein. Der Fang dieses Fisches ist für die Bevölkerung genannter Uferstrecken beinahe eine Lebensfrage ge- worden und verlangt daher möglichste Berücksichtigung von der Gesetzgebung, da der kleine Fisch durch die 2 cm. weiten Maschen der vorgeschriebenen Netze durch- schlüpft. Hr. Prof. Th. Studer gibt eine kurze Beschreibung des A. alborella und führt die Merkmale an, durch welche er sich von den andern Weissfischen, namentlich dem Leuciscus muticellus, Bonap. unterscheidet. 7) Hr. Edm. v. Fellenberg weist eine Feuerstein- concretion vor, welche auf der Station Mörigen gefunden wurde und Spuren von Bearbeitung zeigt. Da derartige Concretionen dort nirgends vorkommen, so ist dadurch von Neuem der Beweis geleistet, dass solche Nutzsteine durch den Handel eingeführt worden waren. 8) Das Protokoll der Sitzung vom 11. Dezember wird genehmigt. 713. Sitzung vom 29. Januar 1881, Abends 7!’ Uhr bei Webern. Vorsitzender : Hr. Präsident Oberforstinspektor Coaz. Sekretär: Dr. G. Beck. -- Anwesend 19 Mitglieder. Verhandlungen: 1) Hr. Ribi erstattet Namens der Rechnungsrevisoren Bericht über die Rechnung des Bibliothekars Hrn. Koch. Die Rechnung wird genehmigt und spricht der Präsident Namens der Gesellschaft dem Rechnungssteller und dessen Gehülfen den Dank der Gesellschaft aus. Die Rechnung schliesst mit einem Aktivsaldo von Fr. 269. 51. 2) Hr. Prof. Th. Studer hält einen Vortrag über einige Resultate der Tiefseeuntersuchungen. In mehr als einer Beziehung haben die Untersuchungen der Tiefsee- _ verhältnisse, welche seit einer Reihe von Jahren ange- stellt worden sind, unsere Anschauungen über die physi- kalische Beschaffenheit des Erdkörpers, seine Fauna und Vorgeschichte, beeinflusst. Unterseeische Continente wur- den entdeckt, umgeben von tiefen Rinnen und konnte deren Einfluss auf die Cirkulation des Wassers konstatirt werden. Man fand abgeschlossene, tiefe Wasserbecken, deren kaltes Grundwasser durch unterseeische Gebirgs- rücken von den andern Becken getrennt wird. Es ergab sich, dass die Beschaffenheit des Meeresgrundes abhängig sei von der Wassertiefe und man konnte dadurch Schlüsse ziehen auf die Verhältnisse, unter denen sich unsere alten Formationen gebildet haben. Während noch vor 15 Jahren die Ansicht vorherrschte, dass die Meeresgründe unter einer gewissen Tiefe kein organisches Leben zu tragen im Stande seien, wissen wir jetzt, dass diese ein reiches 12 Thierleben entfalten, das uns in seiner Zusammensetzung an längst vergangene Erdperioden erinnert, das uns Formen zeigt, die wir lebend zu untersuchen keine Hoff- nung mehr hatten. Es ergab sich, dass der Grund des Meeres gebildet werde von Millionen von Schalen mikro- skopischer Protozoen, die theils aus Ca CO,, theils aus Kieselsäure gebildet sind und die stetsfort als feiner Regen von der Oberfläche in die Tiefe sinken. Da aber das Wasser die Kalkschalen auflöst, so bleiben nur die- jenigen intakt, die sich in einer geringern Tiefe als 2500 Faden ablagern können. Da bilden sie dann einen Schlamm, dessen Zusammensetzung so sehr an unsere weisse Schreib- kreide erinnert, dass wir derselben einen ähnlichen Ur- sprung zuschreiben müssen. In die grössern Tiefen ge- langen von den Kalkschalen nur die resistenteren Theile, wie Kieselsäure, Eisenoxydulsalze, Thonerde, Mangan, sowie die durch Wasser nicht zerstörbaren Kieselschalen der Polycystinen. In den ungeheuern Abgründen von 18,000 bis 24,000 Fuss finden wir daher nur eine Art bräunlichrothen bis chokoladefarbigen Thon, der zierliche Schalen von Diatomeen und Polycystinen enthält. Wir können jetzt ferner verfolgen, wie weit von den Küsten das Material, welches durch die Brandung von den Felsküsten der Continente und Inseln abgerissen oder durch Flüsse zugeführt wird, in dem See ver- schwemmt wird und die Zusammensetzung des Meeres- bodens beeinflusst; es können daraus wieder Schlüsse ge- zogen werden auf die Entstehung der Sedimentbildungen, auf deren Ablagerung nahe oder fern der ehemaligen Meeresküsten. Da es noch nicht möglich ist, über alle Resultate. der Tiefseeforschungen eine Uebersicht zu ge- winnen, so beschränkt sich der Referent auf die An- führung einiger zoologischer Resultate, auf die er im 13 Anschluss an schon früher im Schoose unserer Gesell- schaft aufgestellte allgemeine Sätze aufmerksam macht. Es ergibt sich, dass in Tiefen von 1500-2000 Faden noch Vertreter aufweisen die Klassen der Coelenteraten, namentlich aus den Abtheilungen der Korallen und Rinden- korallen (Pennatuliden), dann alle Klassen der Echinoder- men, namentlich die Ordnung der Crinoiden, deren Kelche auf Stielen sitzen, ferner die Gliederwürmer, Crustaceen, Mollusken und sogar die Fische. Genauer bearbeitet sind jetzt zum Theil die Schwämme, Anthozoen, Echino- dermen und Mollusken. Was zunächst die Tiefseeschwämme betrifft, so sind diese hauptsächlich von OÖ. Schmidt, nach dem von der American Coast Survay gesammelten Material bearbeitet worden. Es sind hauptsächlich Hexactinelliden und Lithistiden, welche von den grössten Tiefen bis etwa in die 100 Faden Linie aufsteigen und gerade diese sind es, welche in den Ablagerungen des Jura und der Kreide eine so grosse Rolle spielen. Unter den Anthozoen sind es die Pennatuliden, dann die einzellebenden Turbinoliden, ja selbst Rugosen, welche neue Formen lieferten. Zu den auffallendsten Resultaten führte aber die Untersuchung der Echinodermen. Bis vor nicht langer Zeit wurden die Crinoiden oder Haarsterne als haupt- sächlich auf die Vorwelt beschränkt betrachtet. Nur aus der Gruppe der ungestielten Arten war eine Anzahl als Küstenbewohner bekannt, und von den gestielten, als grosse Seitenheit, zwei Arten der jurassischen Gattung Pentacrinus. Die Tiefseeuntersuchung förderte plötzlich eme reichere Fauna dieser Geschöpfe zu Tage, so die Gattung Pentacrinus in 4 Arten, die Familie der Apio- 14 eriniden, hauptsächlich in Jura und Kreide vertreten, in den Gattungen Rhizocrinus, Bathycrinus, Hyocrinus. Die Ophiuriden fanden sich in der Tiefe in zahl- reichen Formen, die zeigen, dass ihre Hauptentwickelung in die tiefen Wasserschichten fällt (15 neue Gattungen mit 159 neuen Arten). Viele von diesen Tiefseeformen zeigen noch ganz embryonalen Charakter in der Anord- nung ihrer Basalia und Radialia. Noch auffallendere Thatsachen liefern die Echiniden. Das von Agassiz im Jahre 1874 veröffentlichte Verzeichniss enthielt 206 Species und nun lieferte allein die Expedition des Challenger 43 neue Arten und 16 neue Gattungen und zwar solche, die uns wieder Typen der Vorwelt als lebend repräsentiren. Es finden sich die schon in der Trias auftretenden Cidariden bis in die Tiefe von 1700 Faden und die Saleniden, welche man auf die Kreide be- schränkt glaubte, von 100—1850 Faden. Speciell er- wähnte der Vortragende die Flachwassertypen der Echi- nometradae, die Gattungen Nucleolites und Echinolampas, die Spatangidengattungen Brissopsis und Echinocar- dium etc. Die Hauptresultate dieser Forschungen aber findet der Vortragende darin, dass nun festgestellt ist, es habe sich die Tiefseefauna länger erhalten als die Littoral- fauna, weil Temperatur- und Strömungsverhältnisse in diesen Tiefen viel constanter sind. Die rasche Verän- derung der Fauna der palaeozoischen Zeit hat eben- falls ihren Grund in der geringen Tiefe der damaligen Meere. An der Diskussion betheiligt sich hauptsächlich Hr. Prof. Bachmann, der die Tiefenverhältnisse der palaeo- zoischen Meere erörtert. 15 3) Ein Antrag des Hrn. Gemeinderath Studer, die Gesellschaft möchte die Berichte der Gonservatoren des städt. Museums jeweils in den Mittheilungen abdrucken, wird an den Vorstand zur Behandlung gewiesen. 4) Hr. Oberforstinspektor Coaz theilt bezüglich des Erdbebens vom 27. Januar mit, dass im Büreau des eidg. Oberbauinspektors zwei kleine Büsten in einer Art de- placirt worden seien, dass sich die Stossrichtung daraus nur ungenügend erkennen lasse. Die eine wurde von Ostnordost nach Westsüdwest, die andere von Südost nach Nordwest verschoben. 714. Sitzung vom 12. Februar 1881, Abends 7!/, Uhr bei Webern. Vorsitzender: Hr. Präsident Oberforstinspektor Coaz. Sekretär: Dr. G. Beck. — Anwesend 38 Mitglieder. Traktanden: 1) Hr. Telegraphensekretär Rothen hält einen Vor- trag über den sogenannten vierten Aggregatzustand, und erläutert seine Ausführungen durch eine Reihe von Ex- perimenten. Verdünnt man nämlich ein Gas soweit, dass die Moleküle desselben einen Abstand von einander be- kommen, der gleich oder grösser ist als die innere Weite der einschliessenden Röhre, so geht das Gas in einen neuen Zustand über, den schon Faraday zum Objekt von Untersuchungen machte. Er bezeichnet die Körper in diesem Zustande als „strahlende Materie“. In neuester Zeit nahm nun der englische Physiker Crookes den Gegen- stand wieder auf und suchte diese Theorie durch eine Reihe von frappanten Experimenten zu stützen und zu 16 erweitern. Er glaubt beweisen zu können, dass ein Gas im Zustand „der strahlenden Materie“ einen neuen Aggregatzustand darstelle, der sich vom gasförmigen ebensosehr unterscheide, wie dieser vom flüssigen. Bei allen Experimenten Crookes, welche von Hrn. Rothen in gelungenster Weise vorgeführt wurden, kommen Geissler’sche Röhren zur Verwendung, die auf den höchst- möglichsten Grad verdünnte Gase enthalten. Leitet man nun den elektrischen Strom durch, so leuchtet das Gas nicht mehr; wohl aber erglänzt die Wand der Röhre in einem prächtig grünen Lichte, das nach Crookes dadurch entsteht, dass die heftig sich bewegenden Gasmoleküle, die sich wegen der allzugrosssen Distanz gegenseitig selten mehr treffen, in geradliniger Bewegung, wie die Lichtstrahlen etwa, die Glaswände bombardiren. Dass wirklich eine derartige molekulare Bewegung existirt, zeigte der Vortragende auf das schlagendste dadurch, dass er die Bahnen der fortgeschleuderten Moleküle in geeigneter Weise auf ein kleines Schaufelrad, das sich innerhalb der Geissler’'schen Röhre befand, leitete, so dass dasselbe in heftige Rotation versetzt wurde. Wenn nun auch gegen die etwas phantasiereichen Erklärungen, welche Crookes zu diesen Experimenten gegeben, manche schwere Bedenken geäussert werden können, so sind doch seine Experimente geeignet, unsere Anschauungen betreffs molekularer Bewegung in mehr- facher Beziehung zu vervollständigen. An der Diskussion betheiligten sich hauptsächlich die Herren Prof. Forster und Luchsinger. Der Erstere be- stritt die Möglickheit, so weitgehende Verdünnungen noch messen zu können und erläuterte die Art und Weise der Ausführung derartiger Evacuationen; Hr. Prof. Luchsinger 17 glaubt eine der vorgeführten Erscheinungen durch physio- logische Vorgänge in der Retina erklären zu können. 2) Das Protokoll der Sitzung vom 29. Januar wird genehmigt. 715. Sitzung vom 26. Februar 1881, Abends 7!/, Uhr bei Webern. Vorsitzender: Hr. Präsident Oberforstinspektor Coaz. Sekretär: Dr. G. Beck. — Anwesend 17 Mitglieder. Traktanden: 1) Das Protokoll der Sitzung vom 12. Februar wird verlesen. 2) Hr. Dr. Henzi stellt den Antrag, es möchte die Gesellschaft ihre Missbilligung über den Ton, den Hr. Prof. Forster in seiner Entgegnung dem Hrn. Rothen gegenüber angeschlagen, zu Protokoll erklären. Nach gewalteter Diskussion wird über diesen Antrag zur Tages- ordnung geschritten. 3) Hr.Dr. Burckhardt hält einen Vortrag über Gehirn- bewegungen. (Folgt unter den Abhandlungen.) 716. Sitzung vom 12. März 1881, Abends 7!/s Uhr bei Webern. Vorsitzender: Hr. Präsident Oberforstinspektor Coaz. Sekretär: Dr. G. Beck. — Anwesend 14 Mitglieder. Traktanden: 1) Das Protokoll der Sitzung vom 26. Februar 1881 wird verlesen ung genehmigt. Sitzungsberichte 1881. 2 18 2) Nach geschehener Anmeldung werden in die Ge- sellschaft aufgenommen, die Herren Hauptmann v. Gross, in Bern, und Reinacher, Forstkandidat in Bern. 3) Bei Anlass der Anwesenheit des Hrn. Dr. Brehm in Bern möchte die geogr. Gesellschaft im Verein mit andern Gesellschaften hiesiger Stadt ein Bankett zu Ehren des berühmten Gastes veranstalten. Es wird auf er- gangene Anfrage hin Betheiligung beschlossen und werden die Herren Kassier Studer und Dr. Henzi, Spitalarzt, in die organisirende Commission gewählt. 4) Hr. Prof. Dr. A. Guillebeau hält einen Vortrag über die Uebertragung einiger Schmarotzer von den Hausthieren auf den Menschen. Der mikroskopische Pilz Achorion Schönlewmi ruft beim Menschen den Kopfgrind (Favus) hervor, derselbe Schmarotzer gedeiht aber auch bei Katzen, Hunden, Pferden und Hausvögeln; er verursacht selbstverständlich bei diesen Thieren auch Grind. Nicht minder werden die Mäuse von dem Parasitismus dieses Cryptogamen be- fallen, ja es wurde in der letzten Zeit eine ausgedehnte Favusenzootie unter den Nagern in Bern und Thurgau konstatirt. Von den Mäusen geht die Krankheit leicht auf die Katzen über. Von jedem der genannten Wirthe hönnen Pilzsporen auf den Menschen ausgestreut werden. Gewiss wird sich häufig ereignen, dass Sporen dem Staube unserer Wohnungen beigemischt sind. Leicht können sie an feuchten Händen kleben bleiben und von diesen Körper- theilen nachträglich auf die behaarte Kopfhaut, welche am häufigsten Sitz des Favus ist, übertragen werden. Die Gelegenheit, sich mit diesen mikroskopischen Keimen zu beschmutzen, ist besonders gross bei Kindern, welche überall herumkriechen und alle Gegenstände betasten. 19 In der That leidet die Jugend erfahrungsgemäss häufiger als Erwachsene an Favus. Sehr ähnliche Beziehungen bestehen zwischen dem Herpes tonsurans des Menschen und der Glatzflechte der Katzen, Hunde, Schweine, Rinder und Pferde, indem jedem dieser Ausschläge der Parasitismus des Pilzes Trichophyton tonsurans zu Grunde liegt. Die Sarcoptes-Milben der Hausthiere sind auf den Menschen übertragbar und rufen bei ihm Krätze hervor. Die häufigsten Ansteckungen erfolgen durch die Katzen und Hunde und bei berittenen Truppenkörpern durch die Pferde. Taenia Echinococcus lebt im Hundedarm. Aus den Eiern entstehen Blasenwürmer, welche mehr als faust- gross werden hönnen. Die Blasen entwickeln sich im Menschen und in vielen Thieren und führen schwere Leiden herbei. Die Uebertragung der Keime in den menschlichen Körper geschieht durch Beimengung von Staub, in dem sich Eier befinden, zu den Speisen und Getränken. | Da einige Schmarotzer dem Menschen einerseits, Hund und Katze andererseits gemein sind, so ist im Interesse der Gesundheit der Verkehr mit diesen Thieren auf das Nothwendigste zu beschränken und ist dieses besonders den Kindern einzuschärfen. An der Diskussion betheiligten sich hauptsächlich die HH. Prof. Luchsinger, der auf noch weit schädlichere mikroskopische Parasiten (Milzbrandbakterien etc.) hin- wies, und Hr. Dr. G. Haller, welcher bestätigte, dass in Bern bei den Mäusen gegenwärtig der Grind in holıcm Grade herrsche. 20 5) Hr. Prof. Dr. Luchsinger hält einen Vortrag über die rhythmischen Pulsationen der Ureteren. (Folgt unter den Abhandlungen.) 717. Sitzung vom 26. März 1881, Abends 7!/,; Uhr bei Webern. Vorsitzender : Hr. Präsident Oberforstinspektor Coaz. Sekretär: Dr. G. Beck. — Anwesend 30 Mitglieder und 2 Gäste. Geschäfte: 1) Prof. Schwarzenbach referirt über eine sehr grosse Zahl von Erhebungen, welche: derselbe in Betreff der Durchmesser menschlicher Kopfhaare gepflogen hatte in der Absicht festzustellen, ob: 1. die Kopfhaare eines und desselben Individuums, vorausgesetzt, dass eine genü- gende Zahl von Messungen ausgeführt werden, schliess- lich einen Mittelwerth einer Dicke ergeben, welcher für das betreffende Individuum als eine Art von Konstante angesehen werden dürfte; 2. bei verschiedenen Indivi- duen so grosse Abweichungen bezüglich dieses Mittel- werthes vorkommen, dass man in Fällen, wo es sich nur um zwei oder drei Personen handeln kann, eine Berech- tigung ableiten könnte, die Provenienz der Haare von der einen oder andern Person zu behaupten. Veranlassung zu dieser Untersuchung gab ein Kri- minalfall, in welchem dem Referenten die Aufgabe ge- stellt worden war, zu entscheiden, ob die auf den Klei- dern eines muthmasslichen Mörders aufgefundenen Haare dem Opfer des Verbrechens angehört haben oder nicht. Zum Zwecke der Vergleichung musste eine erschlagene Frau exhumirt werden und wurden der Leiche Haare 21 von verschiedenen Stellen des Kopfes entnommen und zugleich mit den oben angeführten eingesendet. Die ersten Resultate der Untersuchung schienen nicht sehr ermuthigend, indem zunächst konstatirt wurde, dass der Durchmesser eines und desselben Haares von der Wurzel bis zur Spitze wesentlich abnehme, so dass in Fällen, wo an abgerissenen Haaren Messungen vorge- nommen werden sollen, das Ergebniss wesentlich different ausfallen kann, je nach der Stelle, welcher das Fragment in einem ganzen Haare angehört hat. Es wurden z. B. für ein und dasselbe Haar als Durchmesser gefunden: 0,080 0,076 0,092 0,080 ' mm DOSE 0,092 0,100 Ebenso ergaben sich die Diameter der Haare von verschiedenen Stellen des Kopfes als sehr abweichende, indem sie von 0,060—0,100 mm varürten. Konstant wurden die Haare von der Stirn und den Schläfen als die dicksten, die Nackenhaare als die feinsten gefunden. Als Mittel aus einer grossen Anzahl von Messungen ergab sich für den Redner selbst ein Durchmesser von 0,086 mm., für seinen ersten Assistenten 0,104 mm, für den zweiten 0,124 mm, für ein 17jähriges Mädchen (blond) 0,064 mm, eine 50jährige Frau (braun) 0,084 mm Sulz: W- Nachdem so durch über 500 Messungen vorgearbeitet war und die Ueberzeugung Platz gegriffen hatte, dass unter der Eingangs erwähnten Bedingung der Berück- sichtigung von nur 2 oder 3 Personen doch Anhalts- punkte für eine annähernd sichere Beurtheilung der 22 Sachlage zu gewinnen seien, wurden zunächst die Haare der ermordeten Frau G. untersucht und als Mittel von 150 Messungen 0,090 mm festgestellt.e Von den drei auf den Kleidern des muthmasslichen Mörders gefundenen Haaren war das eine 200 mm lang und von dunkel- brauner Farbe; die andern zwei 95 und 90 mm ganz hell (grau), was aber nicht einen Schluss auf verschiedene Abstammung der Haare gestattete, da das Opfer beson- ders an den Schläfen bereits grau melirte Haare zeigte. Als Mittel aus 50 Messungen an den langen braunen Haaren ergab sich ebenfalls 0,090 mm, an den beiden andern dagegen 0,080 mm. Es wurde nun als im höchsten Grade wahrscheinlich begutachtet, dass das lange braune Haar wirklich der Frau G. angehört habe, die beiden andern aber nicht. Das erfolgte Geständniss hat das Gutachten bestätigt. 2) Hr. Prof. Bachmann hält einen Vortrag mit De- monstrationen über die Acquisitionen der mineralogisch- geologischen Abtheilung des städtischen naturhistorischen Museums. (Folgt unter den Abhandlungen.) 3) Hr. Prof. Forster zeigt einen Versuch über den Durchgang elektrischer Entladungen durch eine stark evacuirte Röhre. Dieselbe enthielt ein Ansatzrohr mit geschmolzenem Kalihydrat, die Verdünnung war so weit getrieben, dass die Entladungen eines Ruhmkorff-Apparates nicht durchgingen. Nun wurde mit einer Spirituslampe das Kalihydrat sehr vorsichtig erwärmt und dadurch eine Spur von Wasserdampf frei gemacht, welche sich im Rohre vertheilend das Vacuum störte. Die Entladungen begannen nun schwach die Röhre zu durchsetzen; bei fortgesetztem vorsichtigen Erhitzen begann die Röhre zu phosphoresciren; dann wurde das Licht stärker und dichter. Nun liess man das Kalirohr erkalten und so 23 die Wasserdämpfe wieder absorbiren, wobei sich die Er- scheinungen in umgekehrter Reihenfolge wiederholten. Zunächst wurde das die Röhre erfüllende Licht schwächer. Bei einem noch höhern Grade der Verdünnung begann die Röhre wieder zu phosphoresciren und endlich ver- mochten die Entladungen die Röhre nicht mehr zu durchschlagen. 4) Im Anschluss an seine Demonstration berührt Hr. Prof. Forster nochmals das gegen ihn gerichtete Votum des Hrn. Dr. Henzi. (Siehe Protokoll der Sitzung vom 26. Februar.) Nach heftiger Diskussion beschliesst die Gesellschaft, es solle auf den Gegenstand nicht zurückgekommen wer- den, worauf der Präsident dem Hrn. Prof. Forster das Wort entzieht und die Sitzung aufhebt. 718. Sitzung vom 23. April 1881, Abends 7'/, Uhr bei Webern. Vorsitzender: Hr. Präsident Oberforstinspektor Coaz. Sekretär: Dr. G. Beck. — Anwesend 23 Mitglieder. Traktanden: 1) Die HH. Prof. Forster und Ingenieur C. v. Steiger erklären ihren Austritt aus der Gesellschaft. 2) Nach geschehener Anmeldung wird in die Gesell- schaft aufgenommen Hr. Ed. Jenner, Optiker in Bern. 3) Hr. Gymnasiallehrer Ribi erstattet Namens der Rechnungsexaminatoren Bericht über die Jahresrechnung der Gesellschaft. Der Vermögensbestand auf Ende 1880 beträgt Fr. 2,927. 77. Auf den Antrag der Examinatoren wird die Rechnung gutgeheissen und dem Hrn. Kassier bestens verdankt. 24 4) Der abtretende Präsident verliest den Jahres- bericht pro 1880/81. (In extenso beifolgend.) Die Gesellschaft verdankt demselben auf den Antrag des Hrn. Prof. Bachmann seine Amtsführung durch Er- hebung von den Sitzen. 5) Zum Präsidenten pro 1881/82 wird gewählt Hr. Prof. Dr. Luchsinger; zum Vicepräsidenten Hr. Ed. v. Fellenberg, Bergingenieur. 6) Hr. Dr. G. Haller hält einen Vortrag über das Auftreten und die Bekämpfung der Reblaus im Kanton Neuenburg. Nachdem die Reblaus seit einer Reihe von Jahren sich durch ihre Verwüstungen im südlichen Frankreich einen bedenklichen Namen gemacht hatte, trat dieselbe 1877 zum grossen Schrecken unserer weinbautreibenden Bevölkerung auch im Kanton Neuenburg auf. Zunächst wurde ihr Vorkommen zwar nur von Colombier gemeldet. Bald waren aber auch ein bedeutender Infektionsherd von Trois-Rods und ein kleinerer von Corcelles bekannt. Auf die angestellten Nachforschungen hin ergab sich, dass die Krankheit durch amerikanische Reben eingeführt worden war, welche zunächst aus mehreren Gärten in Neuenburg selbst stammten. Alle Punkte, an welchen die Reblaus entdeckt worden war, wurden sofort in ener- gische Behandlung genommen. Der Boden wurde mit Kaliumsulphocarbonat begossen, die Reben ausgerissen und verbrannt, die Erde mit einer Schicht von Gaskalk oder Cement überdeckt. Zwei Kommissionen leiteten die Bekämpfung, die eine nach der wissenschaftlichen, die andere nach der finanziellen Richtung. Trotz der energischen Massnahmen zeigte sich auch 1879 die Reblaus auf mehreren der bis- 25 herigen Infektionsherde. Nur Corcelles blieb ein er- loschener Herd. Wider die Erwartung Vieler war aber das Auftreten der Rebenverwüsterin im vorigen Jahre auf den alten und mehreren neuen Punkten zu kon- statiren. War auch die Ausdehnung des Uebels keine so grosse wie 1877, so gewannen diese neuen Herde doch desshalb an Bedeutung, weil in ihnen die Krankheit der deutschen Schweiz so nahe gerückt war, wie noch nie zuvor. Der Referent berichtet nun nach seinen Studien an Ort und Stelle über die Kennzeichen der Krankheit im Einzelnen und Allgemeinen. Er hebt namentlich her- vor, wie abweichend das Bild der erkrankten Pflanzen von demjenigen war, welches man sich aus den theore- tischen Anschauungen bilden könnte. Auffallend war nach ihm auch das frühzeitige Auftreten der Nymphen, aus welchen sich binnen kurzer Zeit die geflügelten Indivi- duen entwickelt haben würden. Ein promptes Vorgehen ‚war daher dringend geboten. Das Verfahren hiebei war ein dreifaches. Erstlich mit Neolin und schwefliger Säure, zweitens mit Schwefelkohlenstoff, drittens mit beiden zu- sammen. Es wird nun dasselbe in allgemeinen Zügen geschil- dert, und die Vorzüge der verschiedenen Methoden kurz besprochen. Diesem Verfahren fielen im Ganzen. 11,737 Stöcke zum Opfer, wovon 3960 infieirt waren und 7777 um der Sicherheit willen behandelt} werden mussten. Die rasche Verbreitungsweise des schädlichen Insektes, welche sich®auf allen Infektionsherden leicht nachweisen liess, erforderte aber auch ganz besondere Massnahmen. Auch diese wurden in Neuenburg nicht vernachlässigt, sondern mit Umsicht betrieben. Da überdies sowohl der die Arbeiten leitende eidgen. Experte unser vollkommenes Zutrauen verdient, als auch die den Vernichtungskampf 26 betreibenden Arbeiter grösstentheils auf den frühern Herden geübte und geschulte Leute sind, so verliess der Referent die Herde in Neuenburg zwar mit einem Gefühl des Bedauerns für die heimgesuchte Weinbaugegend, aber auch mit der festen Hoffnung auf eine erfolgreiche Be- kämpfung des Insektes. Die Diskussion, an welcher sich hauptsächlich die Herren Prof. Bachmann und Schwarzenbach betheiligten, drehte sich um die Frage, ob es thunlicher wäre, anstatt des gegenwärtig gebräuchlichen kostbilligen Verfahrens, amerikanische Reben einzuführeu und zu veredeln. Hr. Dr. Haller glaubt aber, es sei Gebot der Nothwendigkeit, vor der Hand noch den Kampf mit aller Energie fort- zuführen. 7) Hr. Prof. Schwarzenbach referirt im Anschluss an den in voriger Sitzung von Hrn. Prof. Bachmann gehal° tenen Vortrag, in welchem eines in Graubünden am Tinzenhorn vorkommenden Hartmanganerzes Erwähnung geschah, über die im chemischen Laboratorium der Hoch- schule ermittelte Zusammensetzung desselben. Die Ana- lysen waren von früheren Assistenten des Vortragenden ausgeführt, nämlich den Herren Bavier, Lütscher und Blank und hatten im Mittel aus vier Bestimmungen er- geben: Kieselerde 55,95 Eisenoxyd 3,43 Manganoxyduloxyd 37,27 Kalk 2,12 Chlornatrium 0,80 Es gehört mithin dieses Mineral den natronhaltigen Hartmanganerzen an. 27 8) Eine fernere Mittheilung desselben Redners be- trifft die Einführung eines neuen Anilinfarbstoffes in den Handel und die Technik, welcher die Bezeichnung Sulfo- Rosanilin führt, in Wasser löslich ist und ebenso inten- sives Färbevermögen besitzt, als das gewöhnliche Fuchsin. Es wird mit Nachdruck darauf aufmerksam gemacht, dass dieses Färbematerial jedoch nach der für den Fuchsin- nachweis gebräuchlichen Methode, das Objekt mit Ammo- niak alkalisch zu machen, mit Aether auszuschütteln und die abgegossene Aetherschicht mit Essig- oder Salzsäure anzusäuren, nicht nachgewiesen werden kann, insofern das entfärbte Präparat nicht durch den Aether aufgenommen wird. Dass das Färbemittel dennoch der Beobachtung nicht entgeht, wenn es z. B. als Weinfarbstofl zur An- wendung kommen sollte, ist dem Umstand zu verdanken, dass dasselbe durch Bleiessig ebenfalls nicht ausgefällt wird, so dass die von dem Bleiniederschlage sich tren- nende Flüssigkeit wie bei Fuchsin intensiv roth gefärbt ‚erscheint. 9) Das Protokoll vom 26. März wird verlesen und genehmigt. as } & „ tan ach en u ea m ae " Ba en Ba TERN A zer a si Bike El Ne A Bo das da ag Benialsı, Anand ar NEN 3, BESM vi KanmioHaB tn FOAHUTE: Er, \ N Dr ey Abhandlungen. —i— Bern. Mittheil. 1881. Nr. 1004. J. Bachmann. Bericht über die mineralogisch-geologische Sammlung des städtischen Museums der Naturgeschichte | in Bern für das Jahr 1880. Vorgetragen in der Sitzung vom 26. März 1881. Wie in frühern Jahren, so bietet sich auch für 1880 Veranlassung, verschiedenartige Vorgänge, Arbeiten und wesentliche Vermehrungen , insbesondere der minera- logischen Abtheilung des Museums zu verzeichnen. Vor- liegender Bericht wird sich darum auch weitläufiger mit diesen neuen Eingängen beschäftigen. Dass mit der Zahl derselben die nothwendige Arbeit für Auswahl, Besorgung, Etiquettirung, Aufstellung oder Einräumung und Correspondenzen in entsprechendem Maasse wächst, braucht kaum angedeutet zu werden. Ueberhaupt erfordert eine wohlgepflegte Sammlung eine unabsehbare Detailarbeit und einen grossen Zeitaufwand, wovon der oberflächliche oder zufällige Besucher, überhaupt Jemand, der nicht speziell Museologe ist, sich kaum eine richtige Vorstellung machen kann. Eee a 2 In das abgelaufene Jahr fiel auch die Abfassung eines zusammenfassenden allgemeinen Verwaltungsberichtes über die letzten 10 Jahre zu Handen des Tit. Burgerrathes als Oberbehörde. Als eine der hauptsächlichen Aufgaben von Samm- lungen, wie die hiesige, muss die Nutzbarmachung der vor- handenen, oft schon lange aufgespeicherten Materialien zu wissenschaftlichen Bearbeitungen betrachtet werden. Authentische Bestimmungen durch Spezialisten, das nicht selten vorkommende Erkennen von neuen Arten oder Formen, welche dadurch Originale werden, müssen den Werth der betreffenden Vorkommnisse ganz wesentlich erhöhen. Wir profitirten in dieser Richtung hauptsächlich von monographischen Arbeiten der Herren P. de Loriol und Ernest Favre in Genf, indem Ersterem die schweize- rischen fossilen Crinoiden mitgetheilt wurden, während Letzterer die oberjurassischen Versteinerungen aus den Freiburger Alpen studirte. Herrn Koby in Pruntrut wurden zu gleichem Zwecke die jurassischen Corallen mitgetheilt. Was die allgemeinere öffentliche Wirksamkeit und Bedeutung der Sammlungen betrifft, so braucht nicht erst jetzt bemerkt zu werden, dass der bezügliche Fachunter- richt an der Hochschule ohne Benützung des Museums unvollkommen bleiben müsste; der Besuch durch hiesige und auswärtige Lehranstalten und das grosse Publikum war ein sehr reger und zeugte von dem allgemeinen Inte- resse an den mannigfaltigen Schätzen. Nicht selten halten sich fremde Gelehrte und Kenner stundenlang im Mine- raliensaal auf. Zu leichterer Uebersicht wird sich unser Bericht zu- nächst nach den beiden Hauptabtheilungen der Sammlung gruppiren. I. Mineralogische Sammlung. Die bedeutendern Vermehrungen der Mineralien- Sammlung sind diessmal Vermächtnissen und Geschenken zu verdanken. a. Sammlung des Herrn Apotheker &uthnick sel. Herr Apotheker Guthnick, welcher im Anfange des Jahres verstarb, war ein langjähriger Gönner des Museums. Seiner wohlwollenden Verwendung und Bemühung verdankt dasselbe unter Anderm wesentlich die so werthvolle Con- chyliensammlung seines ihm vorangegangeuen Freundes J. R. Shuttleworth. Durch letzte Willensverordnung setzte er unser Institut auch zum Erben seines eigenen natur- historischen Nachlasses ein, bestehend in zwei mehr oder minder systematisch geordneten Mineraliensammlungen und vielen Doubletten, dem vom botanischen Garten nicht übernommenen Theil mehrerer grosser Herbarien und einiger Literatur (Zeitschriften, Jahrbücher u. s. £.), mit der Autorisation zu eventuell angedeuteter Abgabe eines Theiles desselben an das hiesige und Burgdorfer Gym- nasium und die Progymnasien von Neuenstadt und Thun, überhaupt zu gutfindender Verwendung des hierseits nicht Ausgewählten. Abgesehen von verschiedenen Herbarien, welche schliesslich grösstentheils von Herrn Joh. Fankhauser für das städtische Gymnasium behändigt wurden, fand aus der erhaltenen Mineraliensammlung zunächst eine Auswahl für das Museum statt, welche gegen 500 Nummern ergab. Neben manchen weniger bedeutenden, aber der Localitäten halber wichtig erscheinenden Vorkommnissen finden sich darunter viele andere werthvolle und interes- sante, namentlich gegenwärtig nicht mehr erhältliche AN aus allen Abtheilungen des Systems. In Folge von Bezie- hungen des Verstorbenen sind aber besonders die hessischen, schlesischen und möährischen Minerale vertreten. Die letztern sind grösstentheils von Glockers eigener Hand weitläufig etiquettirt. Es finden sich darunter Belegstücke zu verschiedenen mineralogischen Arbeiten des genannten mit Herrn Guthnick befreundeten Autoren, namentlich zu dessen « Nordische Geschiebe aus der Umgebung von Bres- lau», worunter Antimonglanz aus dem dortigen Strassen- pflaster. Auch die merkwürdigen sogenannten Laukasteine sind repräsentirt. Der nicht für das Museum reservirte Theil der Samm- lung wurde darauf der Reihe nach von den Fachlehrern der Gymnasien von Bern und Burgdorf, von einem Ab- seordneten der Schulkommission von Neuenstadt und im Auftrage von Thun nochmals von mir abgesucht. Für Bern wurde zunächst durch Herrn Wäber eine kleinere Auswahl getroffen, sowohl an Mineralen, wie Büchern. Burgdorf behändigte eine Kiste von Mineralen und einige Literatur und verdankte sowohl den Antheil an der Erb- schaft, wie auch die bei der Auswahl geleistete Unter- stützung auf's Freundlichste. Die Hauptmasse der noch disponibeln Minerale, namentlich Alles, was von Quarz, Achat und dgl. vorhanden war, ging, 3 Kisten füllend, nach Neuenstadt. Thun hatte nur einige 30 Arten zur Ergänzung der dortigen Sammlung bezeichnet, welche sämmtlich mitgetheilt werden konnten. Immer blieb noch ein Ueberrest disponibel. Derselbe wurde nochmals genau durchgangen und grösstentheils an einige Schulen vertheilt und zu Tauschzwecken ver- wendet. So konnte die hiesige Knaben-Secundarschule, diejenige von Grosshöchstetten und Huttwyl und die neue Oberschule in der Lorraine bedacht werden. REN te, Dh Ueber 50 Nummern besserer Stücke, nebst einigen 20 von mir geschlagenen Handstücken charakteristischer erratischer Gesteine aus dem Gebiete des Aaregletschers südlich von Bern, welche uns als Desideratum bezeichnet worden waren, konnten im Tausch gegen die seiner Zeit erhaltene Suite von Bohrkernen von der erfolglosen Nach- forschung nach Steinkohlen bei Rheinfelden, dem aar- gauischen Naturalienkabinet in Aarau übersandt werden. Die Untersuchung der Guthnick’schen Sammlung musste wegen Raummangel im Museum in einer, günstiger Weise gerade leeren Localität im benachbarten städtischen Polizeigebäude vorgenommen werden. Es veranlassten dieselbe, wie die erwähnten Distributionsarbeiten, eine mehrere Wochen lange Anstrengung. Mit der Sammlung erhielt das Museum auch 2 hart- hölzerne Gestelle mit je 12 grossen Schubladen und einige Literatur. b. Sammlung des Herrn alt Landammann Simon sel. Im Laufe des Sommers gewährte die Tit. Erbschaft des Anfangs der Sechzigerjahre verstorbenen Herrn alt Landammann Simon von Bern eine Auswahl aus dessen hinterlassener reicher Mineraliensammlung, wie es testa- mentarisch unter gewissen Vorbehalten verfügt war. Die ganze Sammlung zeichnet sich durch eine ausser- gewöhnliche Besorgung in Anordnung, Aufbewahrung und musterhafter Etiquettirung aus. Oft recht umständlich sind die krystallographischen Verhältnisse, die chemischen Eigenschaften, insbesondere das Verhalten vor dem Löth- rohr und andere interessante Notizen, wie Zeit und Preis der Acquisition, auf den Zeddeln enthalten. Letztere Angaben haben für die Geschichte schweizerischer Vor- kommnisse eine nicht zu unterschätzende historische BER nen Bedeutung und zeigen uns, wie erst in letzter Zeit wieder erwähnte und zum Theil als neu erachtete Localitäten schon vor 40 und 50 Jahren exploitirt wurden. Es gilt diess beispielsweise von Binnenthaler-Fundorten. Unsere Auswahl beschränkte sich von Anfang an nur auf ältere, gegenwärtig nicht mehr erhältliche oder der Hauptsammlung noch fehlende exquisite Vorkommnisse. Immerhin ergab dieselbe eine Vermehrung von 111 Num- mern mit 126 Stücken; 23 Nummern sind schweizerisch. Für die höchst werthvolle Schenkung, wie auch für das freundliche und coulante Entgegenkommen der Tit. Erbschaft ist die wohlverdiente öffentliche Anerkennung zu zollen. | Eine kurze Aufzählung der wichtigsten Nummern wird den Werth dieser mineralogischen Vermehrung am besten andeuten. 1. Arsen, gediegen. Kleintraubig. Joachimsthal, Böhmen. 2. Realgar. Sehr schöne, frische und grosse Krystalle. Nagyag, Siebenbürgen. 3. Steinsalz. Ein 10 cm grosses Spaltungsstück sehr reinen farblosen Salzes mit gleichgestaltetem innerem Hohlraum, der zur Hälfte mit Mutterlauge gefüllt ist, auf der sich eine haselnussgrosse Luftblase schwerfällig bewegt und dadurch die bedeutende Concentratior der Flüssigkeit beweist. Visakna, Siebenbürgen. 4. Celestin. Seltene, blaue, tafelförmige Krystalle. Herrengrund bei Neusohl, Oberungarn. | 5. Schwerspath. Ellipsoidische, schwarz gefärbte, bituminöse Concretion; riecht beim Anschlagen „urinos“. Andrarum, Schweden. N NT 6. Flussspath. Prächtiges Cabinetstück meergrüner würfeliger Krystalle mit eigenthümlich matter Oberfläche. Todtnau, badischer Schwarzwald. 7. Apatit. Flächenreiche, zum Theil ganz tafelartige Krystalle. Gotthardt und Riallo di Blegno, Tessin. 8. Kalkspath. Neben andern Vertretern erwähnen wir nur die bekannte aus Grundrhomboöder und dazu gehörigem Skalenoöder bestehende Combination aus dem Dauphing, von zarter Lilafarbe. 9. Aragonit, als Eisenblüthe. Eine ganze Spalten- ausfüllung mit den beidseitig aus Brauneisenerz bestehen- den Saalbändern. 10. Gyps. Sehr grosse und schöne Krystalle. Wiesen- thal, Schwarzwald (?) — Dürften eher von Bex oder von Reinhardsbrunn in Thüringen stammen. 11. Aluminit. Morl bei Halle a/S. 12. Korund. Recht gut krystallisirt, in Dolomit. Campo longo, Tessin. 13. Chalkolith. (Kupferuranglimmer). Sehr schöne, kurz prismatische Krystalle in Brauneisenocker. Huel Jevel Cabarrack, Cornwall. 14. Quarz. a. Bergkrystall. Kleine Druse mit Chlorit, aus einem Gneissfündling am Östermundigerberg; ferner ein Einzelkrystall mit sehr lebhaft beweglicher Luft- blase, aus Ungarn. b. Glasquarz. Geschliffenes Stück mit zahlreichen Luftkanälen und theilweise noch erhaltenen andern primatischen und stängeligen Einschlüssen. Mada- gaskar. c. Rauchquarz. Unvollkommen ausgebildet. Gott- hardt. Bern. Mittheil. 1881. Nr. 1005. N SEN ie Dr a0. b RR 1 Wer a d. Amethyst. Körnig, aderförmig in Dolomit. Campo longo. (In Kenngott, Minerale der Schweiz, noch nicht erwähnt.) 15. Analcim. Von seltener Frische. Seisseralp, Fassa- thal. 16. Orthoklas. Als Adular ein ringsum ausgebil- detes flächenreiches Individuum aus dem Wallis; als gemeiner Feldspath aus Nordamerika; als grosser Zwilling aus dem Granit von Carlsbad, Böhmen. 17. Turmalin. Grün, in Dolomit, Campo longo; mehrfarbig. Campo, Elba. 18. Glaukolith. Baikalsee, Sibirien. 19. Akmit. Guter Krystall in Quarz. Eger in Nor- wegen. 20. Topas. In ockrigem Brauneisenerz als Mutter- sestein. Brasilien. — Gute, aufgewachsene Krystalle aus dem sächsischen Voigtlande. 21. Smaragd. In Glimmerschiefer des Habachthales im Salzburgischen. 22. Nephrit. Ein sehr werthvolles fein zugeschärftes Maor:i- Steinbeil aus Punamu, Neuseeland. Dasselbe hat eine Länge von 13 cm und besteht aus einer prächtigen hell- srünen Varietät des Nephrits. Georg Forster brachte es von der zweiten Cookreise zurück und schmückte damit die Sprüngli’sche Mineraliensammlung, aus der es Herr Landammann Simon erhielt. Seiner hauptsächlichen Be- deutung wegen ist es gegenwärtig in der ethnographischen Sammlung des Museums deponirt. Aus demselben Mineral besteht ein graulichweisses, molkenfarbenes cylindrisch bearbeitetes sogennantes Tiki (Ohrgehänge), dessen Oehr leider abgebrochen ist, ebenfalls a: aus Neuseeland und nun auch ein Bestandtheil der ethno- graphischen Sammlung. 23. Rutil. Herrliche kurz prismatische, einfache, auf- liegende und beidseitig ausgebildete Krystalle auf fein- schuppigem glimmerreichem Gneiss. Chavardung, Binnen- thal, Wallis. 24. Manganit (Glanzmanganerz). Schaustufe bunt angelaufener Krystalle. Ilefeld, Harz. 25. Rhodochrosit (Manganspath). Sehr lebhaft frisch gefärbt. Nagyag. 26. Tetradymit. In Trachyttuff. Schubkau bei Schem- nitz, Ungarn. 27. Hemimorphit (Galmei). Weinrebenstollen bei Bleiberg, Kärnthen. 28. Zinnerz. Sehr grosse und schöne Zwillinge. Zinnwald, Böhmen. 29. Bleiglanz. Prächtige grosse vorherrschend ok- taödrische Combination. Harzgerode. 30. Cerussit (Weissbleierz). Gute Drillinge in mul- migem Bleiglanz von Przibram, Böhmen, und Nassenreuth, Tyrol. 31. Magnetit. Sehr vollkommene Oktaöder auf Gneis. Binnenthal. 32. Pyrit. Grosse Einzelkrystalle. Tavetsch. 33. Mesitin. Traversella, Piemont. 34. Childernit. Callington, Cornwall. 35. Duntkupferkies. In Würfeln. Redruth, Cornwall. 36. Linsenerz. Ebendaher. 37. Condurrit. Aus der Mine Condurra. Cornwall. 38. Lettsomit und 39. Caledonit. Lead Hill, Schottland. 40. Dioptas. Sehr werthvolle Stufe. Kirgisensteppe. re 41. Quecksilber. Sehr grosse Tropfen und Kügelchen in zinnoberhaltigem Gestein. Mörsfeld, bayer. Pfalz. 42. Silber. Sehr reich, dendritisch-farnkrautförmig in Quarz. Wahrscheinlich aus den weltberühmten Gruben von Potosi, Mexico. 43. Silberglanz. Würfelig aus Mexiko, -— oktaedrisch von Freiberg. 44. Pyrargyrit (dunkles Rothgültig). Kostbares und reiches Stück. Andreasberg, Harz. 45. Gold. Elegante kleine Druse von Vöröspatak, Siebenbürgen; in Quarz vom seiner Zeit so reichen Rath- hausberg bei Gastein. 46. Bernstein. Grosses, sehr reines Stück, mit charak- teristisch runzeliger Oberfläche. Ostsee. 47. Elaterit. Castleton, Derbyshire. 48, Asphalt. Imprägnation von Molasse-Sandstein. Chavornay in der Nähe von Orbe, (schon dem grossen Haller bekannt). c. Anderweitige Schenkungen. Nächst den erwähnten Donatoren ist die Mineralien- sammlung mit Einschluss derjenigen der Erzlagerstätten vor Allem Herrn Zdmund von JFellenberg, Mitglied der Museumskommission, für wichtige Vermehrungen ver- pflichtet. Aus einer der Sammlung zugestellten Suite von 30 Nummern sollen nur einige für uns wesentliche und beson- ders werthvolle Vorkommnisse namhaft gemacht werden. Wir erwähnen: Chlorkalium (Hövelit) von Stassfurt; Tharandit von Tharand; Zirkon aus dem Ilmengebirge ; Violan von S. Marcel, Piemont; Rue N. ya Ardennit von Salm Chäteau, Ardennen; Bleivitriol (Anglesit). Monte Poni, Sardinien; Weissbleierz. Ausgezeichnete Drillinge von Ems, Nassau ; Kobaltblüthe, reiches Stück, aus Tyrol; Roselith von Schneeberg; Zinnober. Hübsche Druse, aus der Pfalz. Derselbe deponirte ferner zahlreiche Minerale aus dem Wallis, zum Theil neue bei seinen geologischen Unter- suchungen entdeckte Vorkommnisse, wie Kalkspath, Dolo- mit und Orthoklas von der Schiltfurgge zwischen dem Baltschieder- und Gredetschthal, worunter grosse Schau- stücke, ferner Granatknollen aus Zermatt, Lazulith vom Hochthäligrat, sehr reichen Bleischweif von Koppistein in Lötschen, Studerit und mitbrechenden silberhaltigen Bleiglanz von Ausserberg, und von ausländischen Vertre- tern grosse Gangstücke aus der edeln Braunspathformation und der kiesigen Bleiformation aus den Gruben Himmels- fürst und Himmelfahrt zu Freiberg im sächsischen Erz- gebirge u. s. w. Es gingen ferner ein Psilomelan von Tinzen, Grau- bünden, durch Hrn. Welti, eidgenöss. Pulververwalter (s.unten); Manganschaum (Wad), ein grosses reines Stück durch Herrn Alfred Schwab; Schwefelkies,, krystallisirt und knollig im Kalkstein von $. Güngolph von Herrn Architekt Jahn; Antigorit (neu) vom KRiffelberg durch Hrn. Stud. phil. Ed. Fischer und endlich zahlreiche Neu- bildungen von Mineralsubstanzen, Sublimations- und Um- wandlungsproducte aus den abgebrochenen Eisenhochöfen im Bernerjura durch Herrn Mineninspector Dr. Quigquerez in Bellerive. Es verdienen darunter besonders notirt zu werden metallisches Blei, Pyromorphit (Grünbleierz), das sog. Titan, sowie Proben stängelig abgesonderter und RRBGRE 1* ial gefritteter bunter Sandstein (Gestellsteine). Herr Fr. Bürki schenkte im Berichtsjahre einen hübschen Nephrit, als Steinkeil bearbeitet, aus dem Pfahlbau von Guevaux am Murtensee. — Herrn Kutter, Handelsmann, verdanken wir eine zierliche Chalzedonmandel mit Flüssigkeitsein- schluss und lebhaft beweglicher Luftblase aus Uruguay. d. Durch Tausch endlich gegen ein Stück gedrehten Orthoklas von Gut- tannen übersandte Herr Apotheker A. Fauser in Pesth hübschen Baryt, mit interessanter Rahmenbildung vom Schwabenberg bei Ofen und Weisstellur von Nagyag, Siebenbürgen. e. Durch Kauf wurden ausser Wallisermineralen aus dem Südabhang des von Herrn von Fellenberg geologisch bearbeiteten Finster- aarhornmassivs nur wenige Vermehrungen veranstaltet. Von ausländischen Acquisitionen können besonders auf- geführt werden: grosser Enstatitkrystall aus Norwegen, Gadolinit, ebenfalls krystallisirt und Augit von Philipstadt in Schweden, Zimonit pseudomorph nach Granat aus Der- byshire und Penwithit aus Cornwall, prachtvolle Epidot- gruppen aus dem Pinzgau, ein Aufsatzstück von Natrolith, neben Apophyllit, in Basalt, von Böhmisch-Leipa. Speziellere Notizen über einige mineralogische Acquisitionen. Von Mineralen aus den Alpen sind besonders wichtig die schon erwähnten Walliserfunde und ein unvollkommen ausgebildeter Rauchquarz vom Lukmanier, welche indessen näher besprochen zu werden verdienen, indem neue Lokalitäten und Varietäten, selbst zwei für die Schweiz neue Spezies darunter figuriren. 1. Bergkrystall. Mit dem später zu erwähnenden Albit und Orthoklas treten an der Burg genannten Fundstelle am Viescher- gletscher häufig prächtige wasserhelle und an den Enden rhomboedrisch ausgebildete Bergkrystalle auf. Ebendaher wurden bis 14 cm hohe embryonale oder unvollkommen und lückenhaft ausgebildete Bergkrystalle acquirirt. Ein Individuum oder eigentlich ein Krystallstock erscheint beidseitig ausgebildet, auf der einen aber erst unvollständig, indem statt der einfachen Pyramide eine grosse Zahl von gleichliegenden kegelförmigen Gestalten, sehr flächenreiche dodekagonale Pyramiden, vorhanden sind. Die ausgebildeten Pyramidenflächen weisen in ex- quisiter Art die sogenannte Landkartenbildung auf; die Parthieen des einen Individuums ragen tastbar über die andern hervor. Ganz eigenthümlich sind sehr stark glänzende und auch wasserhelle Bergkrystalle aus dem Mühlebach bei Viesch. Diese sind nebst Pseudomorphosen von Braun- eisenerz nach Eisenspath (vielleicht Ankerit), kleinen Albit- und Orthoklas-Kryställchen und Muskowit auf dünnschief- rigem grauem Gneiss seitlich aufgewachsen. In Folge dessen herrschen zwei Prismenflächen vor, die entweder parallel oder nicht parallel sind. Im letztern Falle beson- ders erscheinen dann steilere Rhomboäöder; die beiden Enden sind ungleichflächig ausgebildet und es erhält der ganze Krystall eine comprimirte spindelförmige Gestalt. 2. Rauchquarz. Aus der Gegend von St-Maria auf dem Lukmanier, In ähnlicher Weise, wie oben berührte Bergkrystalle un- vollkommen entwickelt. Von dem Prisma sind 4 Flächen gut ausgebildet mit zahlreichen Zwillingsnäthen. An Stelle Be. u Bl Le der fehlenden Flächen bewundern wir ein zackiges und lückenhaftes Haufwerk von kegelförmigen Gestalten (sehr vielflächigen Pyramiden); nur hie und da sind durch Ver- schmelzung der Pyramiden auch schon Elemente der Prismen, überall in beziehungsweise paralleler Lage an- gedeutet. Die Enden des Krystalls bilden ein Gewirre und Zackenwerk von vielen Pyramiden, ebenfalls mit be- ziehungsweise gleich orientirten Flächen. Das ganze Individuum stellt einen vielfach zusammen gesetzten Kry- stallstock dar. Hie und da sind noch Reste von kaolini- sirtem Feldspath wahrzunehmen. Nach vollständiger Herauswitterung derselben entstehen natürlich Lücken, welche später durch Quarzsubstanz ausgeheilt werden können. 3. Kalkspath. Sehr flächenreiche, meist auf Bergkrystall uber sene oder mit solchem vergesellschaftete Krystalle von Kalkspath lieferte als neu entdeckte Lokalität die Rhone- schlucht bei Aernen im Oberwallis. Ebendaher stammende sehr vollkommene Pseudomorphosen von Limonit nach Eisenspath sind nachträglich oberflächlich mit einer dru- sigen Kruste von Kalkspath, die hie und da grössere stumpfe Rhomboöder trägt, überkleidet worden. Unter den von Hrn. E. v. Fellenberg geschenkten Stücken finden wir in Folge sehr flächenreicher Ausbildung skaleonedrischer und rhomboädrischer Formen fast kuge- lige Gestalten auf Klüften von buntem, halbkrystallinischem Schiefer (schistes lustres) der Umgebung von Grengiöls. — Aus den Steinbrüchen am Bielersee übergab derselbe Donator schöne vollständige Drusen. 4. Schwerspath (Baryt). Nur der Vollständigkeit wegen erwähne ich hier ein neues Vorkommen von Schwerspath mit Kalkspath in der Er le Nagelfluh nördlich ob Thun, auf welches ich dnrch Hrn. Oberst Schrämli aufmerksam wurde und das ich in den „Mittheil. der bern. naturf. Gesellschaft Nr. 990 (1880)* beschrieb. 5. Orthoklas (Kalifeldspath). Die schon beim Quarz angeführte interessante Lokali- tät am Vieschergletscher, genannt Burg, unter der Emmer- bachfluh unterhalb des obern Absturzes des Gletschers, liefert in neuer Zeit. auch Orthoklas und zwar z. Th. in riesigen der Hauptmasse nach einfachen Krystallen. Zwil- linge nach Längsdoma und der Basisfläche kommen aber auch vor, sowie grosse Aggregate parallel und reihen- förmig geordneter Krystalle von dem einfachsten Bau. Das Meiste ist von Chlorit mehr oder minder überzogen und mit Bergkrystall vergesellschafte. Manche früher im Handel vorgekommenen gleichen, wenn auch kleinern Orthoklaskrystalle, für welche in der Regel Eggischhorn als Fundort angegeben wurde, dürften ebenfalls vom Vieschergletscher stammen. Sie zeigen wenigstens ganz denselben Habitus und gerade die zahlreichen diessjäh- rigen Acquisitionen neuer Vorkommnisse aus dem Wallis beweisen uns neuerdings, dass jede Fundstelle ihren mine- ralischen Produkten ein eigenthümliches und charakteri- stisches Gepräge gibt. Neben diesen grössern chloritischen Krystallen lieferte dieselbe Lokalität auch kleine wasserhelle sehr complicirte Combinationen. 6. Albit (Periklin), Natronfeldspath. An der eben beim Orthoklas angeführten Stelle am Vieschergletscher werden schon seit längerer Zeit präch- ‚tige Albitstufen gewonnen, die zu den schönsten Vor- kommnissen dieser Spezies in den Alpen gehören. Grössere und kleinere Gneissschollen sind ringsum dicht bekleidet Bern. Mittheil. 1881. Nr. 1006. BE 1 URS, mit manchmal zollgrossen reinen weissen oder wenig mit Chlorit (Helminth) überzogenen Albitkrystallen. Mit den- selben sind die schönen wasserhellen Bergkrystalle, selten Orthoklas, aufgewachsen. Es ist uns auffallend vorge- kommen, dass mehrmals der Quarz nur auf eine Seite beschränkt erscheint. Der als Muttergestein figurirende Gneiss ist weiss, feinkörnig, sehr glimmerarm und etwas zersetzt, zum Beweis, dass die oberflächlich auskrystalli- sirten Mineralsubstanzen durch Auslaugung entstanden. Es wäre denkbar, dass die vieljährige Uebergletscherung günstig auf die Mineralbildung wirkte. Der schwer zu- gängliche Fundort wurde nämlich erst durch den starken Rückzug des Gletschers im letzten Jahrzehnt ausbeutbar. — Eine grosse Schaustufe wurde für 80 Fr. angekauft. Was eben von der Art des Vorkommens gesagt wurde, gilt zum Theil auch in Betreff des Stilbites und Desmins aus dem Gieblisbachgraben bei Viesch (s. u.). Als neues Vorkommen verdient ferner Erwähnung dasjenige aus der Rhoneschlucht bei Aernen im Oberwallis. Die Fundstelle, welche noch mehrere andere Arten liefert (Bergkrystall,Kalkspath, Chlorit, Orthoklas, Limonit, Rutil), ist nur bei niedrigem Wasserstand der Rhone zugänglich, nicht etwa zu Fuss zwar, sondern die Sammler sind ge- nöthigt, sich an Seilen herabzulassen. Dasselbe ist übri- gens nach Hrn. v. Fellenberg auch an der Burg unter der Emmerbachfluh am Vieschergletscher der Fall. An der Rhoneschlucht ist das Muttergestein der Minera- lien liefernden Spalten und Adern ein sehr dünnschiefriges, sraues, an silberweissem, aber lebhaft perlmutterartig glänzendem (Baryt?) Glimmer reicher Gneiss. Nicht der Schichtung parallele, sondern schiefe oder discordante Klüfte desselben sind mit verschiedenen Mineralen über- ‚zogen worden, unter denen aber nach dem Ergebniss der BE BE bisherigen Ausbeutung der Albit vorherrscht. Die Ortho- klaskrystalle sind selten, aber offenbar gleichzeitig ent- standen. Auch hier erscheint der Albit in der Periklin ge- nannten Varietät. Die quer bis zu 4 cm verlängerten Krystalle sind aber von seltener Schönheit, flächenreich, weiss, perlgrau bis farblos. Stellenweise sind sie von feinen Rutilnädelchen bedeckt oder durchspickt, sonst rein und sauber oder einseitig mit dünnen chloritischen Krusten oder ockerigen Ueberzügen bekleidet. Das Muttergestein ist überhaupt in ockeriger Verwitterung begriffen und reich an Flecken von zersetztem Schwefelkies. Oberfläch- lich erscheinen Pseudomorphosen von Brauneisenerz nach Eisenspath. 7. Jadeit. Wenn auch zu den vorjährigen Acquisitionen gehörig, soll hier noch ein herrlich als Zierrath bearbeitetes Stück der edeln Varietät des ‚Jadeits (Jade imperial) erwähnt ‘werden, das Hr. Edm. von Fellenberg von der letzten Pariser Weltausstellung aus der chinesischen Abtheilung zurück brachte. Ein Vogel richtet zwischen zwei Lotos- blättern den zurück gebogenen Kopf auf eine von den Krallen festgehaltene Kugel. Sowohl am Vogel, wie an der Kugel sind die für genannte Abänderung charakteri- stischen smaragdgrünen Flecken sehr effektvoll verwerthet. Die Politur des harten und sehr zähen Materials ist nicht nur auf der Oberfläche, sondern auch in allen Vertiefungen und Durchbotrungen eine überraschend vollkommene. Der Glanz ist deutlich glasartig, wodurch sich unter Anderem der Jadeit immer auf den ersten Blick von manchmal sehr ähnlichen, aber stets fettähnlich glänzenden ethno- graphisch und arch&ologisch ebenso wichtigen Abände- rungen des Nephrits unterscheidet. Ba. aaa: 8. Desmin. Die beiden Zeolithe Desmin und Stilbit, gehören neben apfelgrünem, meist oktaedrischem Flussspath zu den längst bekannten Vorkommnissen der Gegend von Viesch.h Am Gieblisbach finden sie sich auf Schollen derselben Gneiss- varietät, welche oben von der Burg an der Emmerbachfluh beschrieben wurde. Eine grosse Gneissscholle, welche die Sammlung wiederum durch Vermittlung Hrn. v. Fellen- bergs erhielt, zeigt sich auf der einen Seite dicht und ausschliesslich mit Desminbüscheln überdeckt, während auf der andern solche nur zerstreut und dafür zahlreichere Gruppen von Flussspath auftreten. Stilbit fehlt hier voll- ständig, wie umgekehrt auf früher acquirirten reichen Stufen von Stilbit der Desmin ausgeblieben. 9. Epidot. Aus dem Reckingerthal im Oberwallis rührt ein viel versprechendes Vorkommen von Epidot in grossen breit- stängeligen Krystallen her, die in einem durch Chlorit locker zusammengehaltenen granitischen Gruse eingebettet liegen. 10. Magneteisenerz. Sehr vollkommene aufgewachsene Oktaäder neben Anatas, Quarz und Orthoklas auf Klüften des bekannten dünnschiefrigen feinscbuppigen Gneiss aus dem Binnen- thal; genauerere Lokalität: Vom fallend Laub. Ebendaher prächtige Combinationen des Oktaäöders mit Rhombendodekaäder. Bald erscheinen die Flächen des letztern glatt und kaum merklich parallel den okta- ödrischen Kanten gestreift, bald prächtig abgestuft. Es ist die kleine Stufe ein lehrreiches wahrhaftiges Schulstück. 11. Psilomelan. Im Anschluss an vorige Spezies möchte ich hier den Psilomelan oder das Hartmanganerz anführen, welches IL NE. bisher als schweizerisches Vorkommniss erst wenige Be- rücksichtigung gefunden hat. Im Laufe des Sommers übergab mir Herr Welti, eidgenössischer Pulververwalter, von einer seiner Reisen nach Graubünden zurückkehrend, ein grosses Stück von derbem, mit zahlreichen chalzedon- oder carneolartigen Quarzadern durchzogenem, überhaupt mit Kieselerde stark imprägnirtem Psilomelan. Die mehr rosenrothe Färbung der erwähnten carneolartigen Quarz- adern ist durch den Mangangehalt bedingt. Es liegt also eigentlich ein Mangancarneol vor. Als Fundort war ihm die Gegend oberhalb Tinzen in Oberhalbstein angegeben worden. Eine von Hrn. Prof. Dr. Schwarzenbach freundlich besorgte chemische Analyse bestätigte die vorher gemachte mineralogische Bestimmung und soll an dieser Stelle ge- bührend verdankt sein. Als Mittel aus drei Analysen ergab sich folgende Zusammensetzung des Psilomelans : Kierelerde 0, mr ne no DO Bisenoxyü . SERIES NER Manganoxydul- Oeya N AR 3 7 ENT SA Er RE TER SR CHIOPBaPrIuIN Nur. ta 27 99,57. Diese Zusammensetzung stellt nach dem disponiblen Material selbstverständlich nur den Mäittelwerth für das betreffende Stück dar. bei der Untersuchung des Guthnick’schen Nachlasses fand sich ebenfalls ein mit altmodischer Schrift etiquet- tirtes Stückchen desselben Minerals als vom Tinzenhorn herstammend. Aus den Mittheilungen des Hrn. Welti ergab sich, dass das Erz bisweilen waggonweise exportirt werde und sich demnach in grössern Mengen vorfinden müsse. + Ersr. ne FREI 2 Ic ee BOTEN h Rh 3 \ BEN, EN Um so mehr war ich daher verwundert, weder in den zahlreichen und umständlichen geologischen Publi- kationen von Theobald über Graubünden, noch in Kenn- gotts Mineralien der Schweiz irgend eine bezügliche Notiz finden zu können. Ich wendete mich darauf an Hrn. Dr. Brügger an der Kantonsschule in Chur, welcher mir mit grösster Zu- vorkommenheit weitläufige Mittheilungen über den Bündner Psilomelan machte. Das Wesentliche aus denselben soll in Folgendem zum Abdruck gebracht werden. Herr Dr. Brügger schreibt: „Dass wir in Graubünden, bei Tinzen u. a. O. Manganerze und darunter auch Psilomelan haben, ist mir schon so lange bekannt, als überhaupt meine mineralo- sischen Erinnerungen zurückreichen, d. h. seit meiner Studienzeit an hiesiger Kantonsschule, wo ich 1849 —50 von einem meiner unvergesslichsten Lehrer und nach- herigen Freunde, Prof. Dr. Mosmann aus Schaffhausen, gleichzeitig in die Mineralogie und Chemie eingeführt wurde. Schon damals wurden die noch zur Stunde im physikalisch-chemischen Laboratorium der Kantonsschule befindlichen Handstücke vorgewiesen. Auch in der grossen kantonalen oryktognostischen Sammlung, welche jetzt im „Rhätischen Museum“ aufgestellt ist, finden sich verschie- dene ält-re, von Dr. Mosmanns zierlicher Hand etiquettirte und als „von Tinzen“ kommend bezeichnete Handstücke desselben, gewöhnlich Schwarzbraunstein überschriebenen Erzes. Einige tragen zugleich von der spätern Hand Theobalds (seit 1854 in Chur) den Namen Psilomelan. Professor Theobald musste als Conservator unsererer Sammlungen natürlich bald auch davon Kenntniss erhalten und in der That führt er in seinem reichhaltigen Leit- faden der Naturgeschichte, III. Theil, Mineralogie (Chur i PA N DR 1865) S. 96 als bündnerische Fundorte für Psilomelan an: grössere Mengen in den rothen Schiefern in der Tinzner Ochsenalp auf dem Pass Promasgiel, Juliergebiet etc. — Der Maiensäss Promaschtgiel (D. K.) liegt ob Conters i. OÖ. am Ostabhang des Piz S. Michel, die Tinzner-Ochsen- alp im Errgebiete südöstlich von Tinzen, beide in Ser- pentingebiet und letzter Punkt ist durch alten Bergbau bekannt.“ „Nach mündlichen Erkundigungen bei Hrn. v. Scarpatett findet sich dasselbe Erz im Oberhalbstein noch an vielen andern Stellen: so in der Dedual’schen Alp Platz, 1 Std. s-ö. ob Rofna, ebenfalls im Serpentingebiet, von wo einige Zentner dieses Erzes noch in den letzten Jahren ausge- führt wurden, jedoch lohnte sich die Arbeit kaum und wurde nur bei Mangel an anderweitigem Verdienste unter- nommen — ferner ausser den schon oben von Theobald eitirten Punkten auch in dem Seitenthale V. Nandro und angeblich bei Lenz. Unsere Sammlung besitzt auch Hand- stücke aus der Casannaalp, dem berühmten Eldorado der alten Bündner Bergsagen im Prätigau s.-ö. ob Conters, wo neben Serpentin (die „todte Alp« ist ganz nahe) auch Verrucano auftritt. Einer meiner Schüler brachte mir vor einigen Jahren ein Stück, das ich für dasselbe Erz halte, aus dem Oberengadin mit der Angabe des Üeleriner- Alpthales V. Saluver als Fundort.“ „Von dem Bahnhof Chur brachten seit 1875 Schüler öfters Stücke, von denen ich sofort annahm, dass sie von einem Erzexport zeugen. Zuerst scheint man noch von ‘ früher hergerichtetes Erz aus der Tinzener Ochsenalp versuchsweise in’s Ausland exportirt zuhaben. Es soll näm- lich schon in den Dreissiger- und Vierziger-Jahren bei der „am Stein* zwischen Conters und Salux bestandenen Eisenschmelze, die ich Ende der Vierziger-Jahre noch in ERROR v1 Thätigkeit sah, Verwendung gefunden haben. Erst seit etwa zwei Jahren wurde dann das Erz in der Alp Platz (oberflächlich) gegraben und zum Export gebracht.“ „Aus den ungedruckten Protokollen unserer natur- forschenden Gesellschaft müsste sich ergeben, dass ich das fragliche Erz in unsern Sitzungen von 1875 ab mehr fach vorgewiesen und als Psilomelan angesprochen habe.“ „Ueber die Mächtigkeit der Lager habe ich mir aus eigener Anschauung noch kein Urtheil bilden können.“ „Zur Zeit des noch betriebenen Oberhalbsteiner Berg- baues gelangten die keineswegs seltenen Erze gewiss dann und wann ins Ausland, wie z. B. nach München, da von Kobell schon in der ersten Auflage seiner Mineralogie (1847), Seite 200 das Vorkommen einer Abart von Wad (Groirolith) in Graubünden „zu Vicdessos *) und Cautern* kennt. Die Fundorte sind offenbar verschrieben, ‚doch dürfte hinter dem einen das mehrfach genannte Dorf Conters stecken.“ Es schienen mir die vorstehenden höchst verdankens- werthen Angaben von Seite des Herrn Dr. Ch. Brügger interessant genug, um dieselben mit seinem Einverständ- nisse dem vorliegenden Berichte einzuflechten. Nach seinen Mittheilungen hat er übrigens eine vollständige Zusammenstellung der Bündner Minerale bereits ausge- arbeitet, deren Publikation mit allseitiger Befriedigung aufgenommen werden müsste. 12. Anatas. Auf oben berücksichtigtem Formatstück mit Magnetit finden sich, zum Theil letzterm aufsitzend, sehr hübsche Anataskrystalle von recht complicirtem Bau, lebhaftem, fast diamantartigem Glanze und gelbgrüner Farbe. *) Vicdessos ist eine Localität in den Pyrenäen. J.B. en. er 13. Rutil. In Quarzauscheidungen des Binnenthaler Gneiss vom Feldbach stammende vielfach wiederholte sehr schöne Zwillinge. 14. Eisenglanz (Basanomelan). Als sogenannte Eisenrose ausgebildet von der hier- seits neuen Gorpi oder am alten Bach genannten Stelle zwischen Laax und Viesch. 15. Bleiglanz. Eines der interessantesten, diessmal an die Sammlung gelangten Stücke stellt ein Krystall von Bleiglanz aus dem soeben genannten Gorpi dar. Derselbe zeigt bei einem grössern Durchmesser von 30 mm die regelmässigste Combination des Oktaöders mit Hexaöder dar in einer Vollkommenheit, wie wir sie nur aus Bleiglanz führenden Gängen zu sehen gewohnt sind. Das eine Drittel zwar ist unvollständig entwickelt und drusig, wie zerfressen. Eine Ansatzstelle ist aber nicht wahrzunehmen. Der Krystall soll im Gegentheil mit einem andern unvoll- kommenen frei in Chloritmulm gelegen haben. Man wird da an die zwei isolirten kopfgrossen hochkrystallinischen und theilweise auch mit ursprünglichen Würfelflächen ver- sehenen Massen von Bleiglanz in der Chloriterde der berühmten Krytallhöhle am Tiefengletscher (1868) erinnert. Wie auf der Oberfläche und in Spaltungsklüften der letztern mehrere sekundäre Minerale, als Laumontit (aus dem benachbarten Granit), dann Gelbbleierz, Leadhillit und Kalkspath aufsitzen, so ist Aehnliches auch bei dem neaen Walliser Bleiglanz der Fall. Derselbe ist nämlich mit Stoltzit (Scheelbleispath), einem aus den Schweizer- alpen bisher meines Wissens unbekannten Mineral über- krustet. Bern. Mittheil. 1881. Nr. 1007. 16. Stoltzit (Scheelbleispath). Bildet auf vorgenanntem Bleiglanz eine mehr oder minder zusammenhängende Ueberkrustung von lebhaft fett- artig, fast diamantartig glänzenden bräunlichgrauen ge- drängten kleinen spindelförmigen Krystalloiden, die sich zu knospenförmigen Wärzchen vereinigen und nur, wenn mehr isolirt auftretend, eine spitz pyramidale Gestalt zeigen. Namentlich in den erwähnten Lücken des Bleiglanzes treten einige deutliche Krystalle der Combination des quadratischen Prismas mit mehrern über einander folgenden Pyramiden auf. Die Flächen des grössten, nicht einmal 2mm hohen Individuums zeigen daher eine deutliche horizontale Strei- fung. Es ist kaum nothwendig, besonders zu bemerken, dass dieses Stoltzitvorkommen für die Schweiz, aus der bisher überhaupt noch keine Wolframiate angegeben werden konnten, new ist. 17. Beryll. Als ebenfalls für das schweizerische Alpengebiet neue Mineralspezies will ich endlich noch eines Vorkommens von Beryli erwähnen, in dessen Besitz das Museum bereits im Jahre 1874 gelangt ist. Das leider bis dato einzig gebliebene Stück soll aus dem Gerenthal im Oberwallis stammen und wurde seiner Zeit von Herr Fr. Bürki mitgetheilt. | Das fragliche Vorkommen stellt ein daumengrosses Aggregat von innig stenglig verwachsenen weissen Krystallen dar, welches nur auf der einen Seite deutliche Flächen, am andern Ende dagegen gemeinen kleinmuschligen bis unebenen quarzähnlichen Bruch zeigt. Die Oberfläche ist ziemlich stark glasglänzend und vertikal gestreift. Das ‚ ausgebildete Finde zeigt rhomboödrische Gestaltung und zwar in der Combination zweier Rhomboöder, von denen das eine spitzere ganz glattflächig, das stumpfere dagegen Se schwach parallel gestreift erscheint. Von der Endfläche ist Keine Spur vorhanden; ansonst würde sich eine mor- phologische Aehnlichkeit mit gewissen lilafarbenen, auf weissem ÖOrthoklas aufgewachsenen elbanischen Beryll- krystallen ergeben. Die Härteprobe ergibt stark 8,5; es wird das Mineral von Korund nur mühsam geritzt. Leider ist von begleitenden Mineralen oder Neben- gestein keine Spur vorhanden. Es war auch seither nicht möglich, mehr Material zu erhalten. Wenn auch der ganze Habitus dieses Vorkommnisses vollkommen eigenthümlich, mit keinem der mir wenigstens schon durch die Hände gegangenen ähnlich ist, so habe ich doch keinen Grund, an der Aechtheit und Authenticität der Fundortsangabe zu zweifeln. Der betreffende Sammler, von dem das Stück geliefert wurde, vertreibt auch sonst nur Oberwalliser- und insbesondere Gerenthalerminerale. Die sonstige Häufigkeit des Berylis im Gebiete kry- stallinischer Gesteine verschiedener Länder liess wohl von Anfang an die Auffindung irgend einer Varietät auch in der Schweiz erwarten. Wahrscheinlicher wäre mir aller- dings, wie ich schon einmal in diesen Mittheilungen (1879) gelegentlich aussprach, ein demjenigen der Moran Mountains in Irland analoges gewesen. Daselbst findet sich mit Rauchquarz, den wir mit irgend einem alpinen verwechseln könnten, blauer glattflächiger Beryll (Aquamarin). Vorstehende Zeilen mögen durch das allgemeine In- teresse eines neuen Vorkommens gerechtfertigt sein und auf allfällige ähnliche in andern Händen aufmerksam machen. Denn es ist nicht wohl anzunehmen, dass sich nur ein einziges Stück gefunden habe. N ll. Geologische Sammlung. In dieser Abtheilung soll das Geologisch - Petrogra- phische und das Palaeontologische gleichzeitig Berück- sichtigung finden. Fast alle dahin gehörigen Vermehrungen sind Geschenken zu verdanken. 1. Quartärbildungen. Als interessantere Eingänge sind zu erwähnen aus den erratischen Ablagerungen Bergkrystall vom Aeby- schlössli (Hr. von Steiger - Jeandrevin) und aus einer Kies- grube bei Ostermundigen (städtisches Bauamt); ein Stück des prachtvollen, spiegelnd polirten Gletscherschliffs auf Anstehendem der Solothurner Steinbrüche (Hr. Alb. Müller, Conservator); Handstücke aus hiesigem Gletscherschutt und nordischem Drift (Hr. Edm. v. Fellenberg); einige 30 Nummern erratischer, aber auch anderer geologischer und palaeontologischer Vorkommnisse, sowie die photo- graphische Aufnahme einer Kiesgrube mit Verwerfungen bei Bern (s. Bern. Mittheil. 1880, Nr. 988) vom Bericht- erstatter. Einen höchst interessanten Fund, von dem ein grösserer Theil dem Museum in verdankenswerthester Weise zu- gestellt wurde, machte Herr Nationalrath F. von Werdt von Toffen. Derselbe erkannte unter den Gesteinen des Gletscherschuttes auf seinem Gute ein grösseres Stück eines verkieselten Baumstammes (vgl. Mittheilungen der bern. Naturf. Gesellsch 1880.). | Wir acquirirten einen gewaltigen Atlas des Bos pri- migenius Boj. aus dem Diluvium des Rheinthals bei Neidelsheim, Baden. Durch Hrn. Veillon, Direktor der Spinnerei @rellingen» wurde auf Verwendung des Hrn. Robert Ineichen, Sekundar- DEN. lehrer daselbst, ein bei einem Neubau ausgegrabener Stosszahn vom Mammuth (Elephas primigenius Gf.), seit wenigen Jahren der siebente auf dem gleichen Areal, geschenkt. Leider liess sich derselbe trotz aller Sorgfalt nur zu einem kleinen Theil erhalten; die Hauptmasse erlitt durch traurigen Zerfall das Schicksal aller derartigen Vorkommnisse aus lehmigem, stark durchfeuchtetem Ma- terial. Auf eine günstige Offerte von grossen Edentaten aus den Pampas Argentiniens, deren Kosten dann in Genf grösstentheils durch eine Subscription gedeckt wurden, konnte leider hier nicht reflektirt werden. 2. Molasse. Dieses Jahr lieferte der sonst so überaus petrefacten- arme Bausandstein von Ostermundigen Pecten pusio d’Orb. ' Zu verzeichnen sind ferner Mytilus aquitanicus May. vom Sedel ob Gerzensee (Hr. Ingenieur Thormann- von Graffenried), Ostrea tegulata Gf., obere Klappe mit abgeformter Turritella vom Längenberg und Caulerpites? aus dem Spiegel-Steinbruch am Gurten (Hr. Ed. Fischer, stud. phil.), Helix sylvestrina Z. aus der obern Süsswasser- molasse im Tschäppel bei Huttwyl und zahlreiche Vor- kommnisse vom Belpberg und Längenberg ( Berichterstatter‘). 3. Eocenbildungen. Aus dem obersten Nummulitenkalk, direkt unter Flysch des Leimgrabens am Hohgant, wurden ungefähr 40 Spezies, die mit der Fauna des Flöschhorns ob Beatenberg überein- stimmen, angeschafit. Herr Dr. Quiquerez in DBellerive übersandte um- gewandelte Gesteine aus den Bohnerzgruben des Jura und über dem Bohnerz vorkommende aquitanische Mergel mit Salix sp., einer grossen Seltenheit. 4% \ a el: N y MR Mn 4. Kreidebildungen. Blaue Mergel des Neocomien. gefüllt mit Rhynchonella multiformis Röm , aus den neuen Kellern des Gasthauses zum Engel in Twann, verdienen, weil aus so geringer Tiefe stammend, ein besonderes Interesse, da sonst die Allu- vionen des Twannbaches für mächtiger gehalten wurden, indem seiner Zeit bei dem Stationsgebäude in 3,5 m Tiefe eine Kulturschicht aus der Pfahlbautenzeit mit Stein- artefacten gefunden wurde. Aus dem durch Steinbrüche eröffneten Yalenginien bei Vingelz, Biel, überbrachte Hr. Architekt R. König 8 Spezies gute Petrefacten, worunter Toxaster granosus besonders schön erhalten. 5. Jurabildungen. Wir erhielten ein exquisites Handstück mit Exogyra virgula Gf. (E. angustata Lk.) aus den Pichoux (Hr. Haupt- mann L. bay), Terebratula formosa Sss. aus den Dice- ratien der Burgfluh bei Wimmis (Hr. stud. phil. Ed. Fischer) und aus dem Nachlasse des Hrn. Moriz Isenschmid sel. fand sich nachträglich eine fast vollständige Schale von Rhabdocidaris caprimontana D. 6. Triasbildungen. Hr. Edm. von F'ellenberg brachte von seinen Wande- rungen Encrinus liliiformis Schloth., Handstücke von Muschelkalk und Muschelkalkdolomit, sowie Lima lineata Schloth. aus dem Wellenkalk der nordöstlich von Walds- hut gelegenen Triasgegenden zurück. In der gesammten palaeontologischen Sammlung wur- den mit Rücksicht auf die im nächsten Sommer beziehbaren und die Möglichkeit einer ausgedehnten Schaustellung OS AL gestattenden Räumlichkeiten eine grosse Zahl von Bestim- mungen nach der neusten Literatur, sowie Emendationen vorhandener Bestimmungen vorgenommen. Dessgleichen mussten ziemlich umfangreiche Rück- sendungen der Herren P. de Loriol und Ernest Favre, Genf, welchen im Interesse der Sammlungen hiesige Mate- rialien zur Untersuchung waren anvertraut worden, neuer- dings distribuirt und deren neue Bestimmungen fixirt werden. Die Untersuchung der Versteinerungen einzelner Zonen des Malm aus den Freiburgeralpen durch Hrn. Favre förderte eine Zahl von neuen Species und genauere Be- stimmungen mit Abbildungen in den «Abhandl. d. schweiz. palaeontolog. Gesellschaft» zu Tage. Für auswärtige Forscher, wie für hiesige Leser hat die Notirung solcher Arten Interesse. Wir führen hier diejenigen aus dem Tithon und den Acanthicus-Schichten auf, gleichzeitig der Uebersicht wegen auch die schon früher wieder zurück- gekommenen aus dem Oxfordien an, immerhin nur Origi- nale oder neuerdings abgebildete Vorkommnisse, a. Alpines Oxfordien. (Favre, pal. Abh., 1876.) Cidaris filograna Ag. 7; 9, 10. Rhabdocidaris Herculis Desor. 7; 13 » spinosa Ag. sp. 7; 11, 12. Inoceramus Oosteri E. F. 7; 2 (Original). Pecten Pilatensis E. F. 7; 3 » Lima Dornasenis E. F. 7; 4 » Belemnites Sauvanausus d’O. 1; 4, 5, 6. » hastatus Bl. 1; 1—3. ° Ammonites (Aspidoceras) Dornasensis E. F. 5; 6, 7 (Orig.). » » CaudonensisE. F. 6; 3 » BRD EHER EN Ammonites (Peltoceras) Arduennensis d’O. 3; 8, 9. > » Berrensis E. F. 4; 8 (Original). » » Gruyerensis E. F. 4; 6 » » (Perisphinctes) Bachmanni E.F. 4; 11 » » » cf. plicatilis Sow. 4; 12. » (Harpoceras) Arolicus Opp. 2; 13, 14. » » Henriei d’Orb. 3; 7. » (Phylloceras) Manfredi Opp. 2; 10, 11. » » mediterraneus Neum. 2; 12. » » polyonchomenon Gem. 3; 3. Ancyloceras Ischeri E. F. 6; 4, 5 (Original). Aptychus Meyrati Oost. 6; 7, 8. Rhynchoteuthis sp. 2; 5. Sphenodus longidens Ag. 2; 2. b. Acanthicus- Schichten. (Favre, pal. Abh. IV, 1877.) Ammonites silesiacus Opp. 1; 10. » contortus Neum. 5; 5. » platynotus Rein. 5; 2. » Doublieri d’Orb. 7; 1. » Eudoxus d’Orb. 3; 7. » Favarensis Gem. 5; 3. Terebratula Bouei Zschnr. 9; 10, 11. c. Tithonische Stufe. (Favre, foss. des couch. tithoniq. des Alp. Frib. in Abh. schw. pal. Ges. VI, 1879.) Belemnites Gemmellaroi Zitt. 1; 2. » ensifer Opp. 1; 14. » Datensis Favre. 1; 8, 9 (Original). » Pilleti Piet. 1; 12. » tithonicus Opp. 1; 18, 19. u u a . ir x Buzıl -—_ pt " a Belemnites semisulcatus Mü. 2; 1, 3. Ammonites colubrinus Rein. 2; 12. » Lorioli Zitt. 351. » transitorius Opp. 2; 14. » Callisto d’Orb. 3; 6, 7. » carpathieus Zitt. 3; 8. » cfr. progenitor Zitt. 3; 10. Aphychus punctatus Voltz. 3; 14. Neaera Picteti Zitt. 3; 23. Corbula Pichleri Zitt. 3; 21. Terebratula Janitor Pictet. 4; 2, 4, 5. » Bilimeki Sss. 5; 4. » Bieskidensis Zschur. 4; 9, 10. Rhynchonella spoliata Sss. 5; 17. » capillata Zitt. 5; 12. » Tatrica Zschnr. 5; 11. Collyrites Friburgensis Oost. 5; 21. Metaporhinus convexus Cat. 5; 22, 23. Balanocrinus subteres Mü. 5; 25. Phyllocrinus nutantiformis Schaur. 5; 24. Fast sämmtliche der genannten Alpenpetrefacten ge- hören zu der ausgezeichnet reichen Ooster-Sammlung. Das Museum war ferner im Falle, Beiträge zu der Monographie schweiz. fossiler Crinoiden von P. de Lorvol zu liefern, dem wir für die authentische Bestimmung eines ziemlich bedeutenden Materials sehr verpflichtet sind. Es fanden sich auch da mehrere Typen. (Vgl. P. de Loriol, Crinoides foss. de la Suisse in Pal. Abh. IV (1877), V (1878) und VI (1879.) Wir führen nur die abgebildeten Exemplare auf. Millerierinus Münsterianus d’Orb. IV. 7; 2. » Studeri de Lor. IV. 8; 6 (Original). Bern. Mittheil. 1881. Nr. 1008. an Se 7x I: Tea Pr Millerierinus echinatus Schloth. V. » Dudressieri d’Orb. V. » Bernensis de Lor. V. » Oosteri » y. Cyclocrinus Renevieri » V Pentacrinus Dixoni Oost. VI. 17; 8, IS 12; 97. 13; 13 (Original). 135.28 » 14; 27 » 9% >» Stockhornensis de Lor. VI. 17; 33—40 (Orig... Bourgueticrinus Oosteri ONE » Eugeniacrinus rimatus ». :VL'18; 89 » » Oosteri >76 NEN IB » » Bernensis Oost. Zitt. VI. 19; 3, 4 » » Dyonisi >» VED19388 » Phyllocrinus Brunneri » v1..295:9 » » apertus de Lor. v149778 » » gracilis de Lor. VI. 19: 9, 10 (Original). » Cardinauxi Oost. VI. 19; 11—17 » » Helveticus » VI. 19; 23, 24 » » Oosteri de Lor. VI. 19; 26, 27 » Zur Verschönerung der neuen Museumsräumlichkeiten werden photographische und retouchirte Portraits von Oharpentier und Venetz, sowie lithographische Bilder von O©. Lardy und Leopold von Buch beitragen, welche Hr. Edm. von Fellenberg stiftete. NANAIANATI ID Dr. G. Burckhardt. Ueber Gehirnbewegungen. Vortrag, gehalten in der Sitzung vom 26. Februar 1881. In der Versammlung der Schweizer Irrenärzte, 3. und 4. Sept. 1880 zu Lausanne, habe ich Beobachtungen über Gehirn- und Gefässbewegungen mitgetheilt, welche ich an einer Patientin der Waldau anzustellen Gelegenheit hatte. Sie bilden auch die Grundlage meiner heutigen Erörte- rungen. Seither sind aber zwei Arbeiten erschienen, ') welche ich bei der Publikation meiner Untersuchungen nicht wollte unberücksichtigt lassen. Ueberdies hat mir ein glücklicher Zufall, resp. die Güte der HH. Proff. Lichtheim und Demme drei weitere Fälle von Schädeldefekt zuge- _ führt, so dass ich meine frühern Ergebnisse nochmals prüfen und in manchen Punkten erweitern konnte. Meine heutigen Mittheilungen sind demnach nicht blosse Wieder- holung meiner frühern, obgleich sich meine Ansichten in keinem wesentlichen Punkte geändert haben. A. Casuistik. Die von mir untersuchten Fälle sind folgende: Il. Fall. L. R., geboren 1859, stürzte als 3jähriges Kind von ziemlicher Höhe auf die linke Seite des Kopfes, !) A. Mosso. Ueber den Kreislauf des Blutes im mensch- lichen Gehirn. Leipzig 1881. L. Ragosin und M. Mendelssohn. Graphische Untersuchungen über die Bewegungen des Gehirns beim lebenden Menschen. Pertersb., med. Wochensch. 1880, Nr. 37. zer se e erlitt dabei eine Schädelfractur mit Hirnvorfall. Die Ver- letzung heilte jedoch gut, einige nekrotische Knochen- 'stücke stiessen sich ab, die Dura bedeckte sich mit Gra- nulationen und es bildete sich eine resistente Narben- membran. Anfänglich schien das Kind keinen weitern Schaden davon getragen zu haben, weder psychisch, noch körperlich. Es besuchte mit gutem Erfolge die Schulen. Später zeigte sich zuerst eine gewisse Trägheit im Ab- lauf psychischer Vorgänge, ein träumerisches Wesen. Vom 17. Jahre an traten epileptische Anfälle auf, theils rein convulsiver, theils psychisch-emotiver Natur, so dass Pat., um Schaden zu vermeiden, in die Anstalt gebracht werden musste. Seither ist die psychische Aufregung stärker, sind die Delirien anhaltender geworden, so dass an einer fortschreitenden chronischen Encephalitis nicht zu zweifeln ist. Zwischendurch kommt eine Serie von hef- tigen Anfällen, und pflegt Pat. nachher psychisch freier und ruhiger zu sein. ‘Der Schädeldefekt betrifft den hintern untern Theil des linken Scheitelbeins. An der Tabula externa hat er die Form eines abwärts gerichteten Papierdrachen von 6 Ctm. Länge und 4 Ctm. Breite. Die Tabula vitrea aber ist blos in der obern Hälfte des Rhombus perforirt; die Lücke bildet also ein Dreieck von 3 Ctm. Höhe und 2 Ctm. Breite. Auf die topographische Tafel der Hirn- windungen projieirt, welche Hefftler‘) gibt, entspricht sie dem hintern Theile des Gyrus temporal. sup., und dem untern Theil des G. supramarginalis. Es darf wohl an- genommen werden, dass sich die Narbenmembran aus den äussern und innern Häuten zusammensetzt, und dass die Hirnrinde mit ihr verwachsen ist. Gewöhnlich rührt sich die Lücke sehr weich und nachgiebig an. ') Archiv f. Anthropologie, Bd. X. N e | en BA ENT Es sind im Uebrigen keinerlei Lähmungen, keine trophischen und sensibeln Störungen zu konstatiren. II. Fall. Karl W., 6 Jahre alt, wegen ostitis genu in Behandlung von Herrn Prof. Demme, besitzt eine an- geborene Schädelspalte des linken Parietale. Dieselbe läuft in ihrer Längsrichtung der Sut. sagittatis parallel, beginnt hinten mit einer stumpfen Spitze an der Sut. lambdoid. sin., etwa 3 Ctm. unterhalb der Spitze des Oceiput, und endigt vorn mit breitem Rande in einer Linie, die vom hintern Rande der Ohrmuschel gegen den Scheitel gezogen wird. Sie ist also annähernd keilförmig, 7 Ctm. lang, vorn 4 Ctm. hoch, und hat scharf gezackte Ränder. Durch die Kochenlücke wölbt sich eine weiche, nachgiebige Geschwulst von halber Apfelgrösse hervor. Die Hautdecken sind normal. In frühern Jahren erzeugte Compression der Geschwulst die Zeichen des plötzlichen Hirndruckes. Die Bildung des Kopfes, die geistige und körperliche Entwicklung des Knaben sind normal. ') Die Lücke legt die Gyri supramarginalis und angu- laris blos. Die Geschwulst pulsirt für Gesicht und Gefühl lebhaft. III. Fall. Gottlieb Schw., 7 Jahre alt, wegen Ostitis cruris dextri in Behandlung von Herrn Prof. Demme. Der Knabe besitzt ebenfalls eine angeborene Schädel- spalte des rechten Parietale. Sie läuft sagittal fast durch den ganzen Knochen. An beiden Enden, vorn un: hinten ist sie eng, höchstens ’/, Ctm. weit, lässt wohl die scharfen l) Näheres in dem 16. Jahresberichte des Jenner’schen Kinderspitals in Bern, von Prof. Demme. Bern, Dalp, 1879, pag. 53 ft. Knochenränder, nicht aber tiefere Theile durch die Haut- decken spüren. In der Mitte ihres Verlaufes erweitert sie sich zu einer 2'/, Ctm. breiten, ca. 4 Ctm. langen Lücke, aus welcher sich die weiche Encephalocele mehr oder weniger pulsirend hervorwölbt. Dieser mittlere Theil trifft auf die Mitte der hintern Centralwindung, auf den untern Rand der Gyri supra- marginalis und angularis, und auf den obern der ersten Temporalwindung. Der Knabe ist sehr intelligent, von leicht beweglicher Gemüthsart, lebhaft, unruhig. Er soll vor Jahren ecelamptische Zufälle gehabt haben. Er ist körperlich wohlgebildet, auch der Kopf bietet sonst keine Abnormität dar. IV. Fall. B. G., 14 Jahre alt, Patientin der medi- zinischen Klinik, Inselspital, Bern. (Auszug der Kranken- geschichte.) Die Pat., sonst gesund, Zögling einer Erziehungs- anstalt, erhielt, Ende 1878, durch Unachtsamkeit mit einer Hacke einen Streich auf den linken Arcus supraor- bitalis. Sie stürzte bewusstlos zusammen, ging aber bald nachher, von 2 Personen gestützt, nach Hause, fühlte nur noch etwas Schwindel. Die blutende Haut- wunde heilte, lege artis behandelt, gut zu, und Pat. schien völlig hergestellt. Nach Neujahr 1879 erkrankte sie an. Lungenent- zündung, woher ein öfters wiederkehrender Husten zu- rückblieb. Im Sommer 1879 begann sich die lädirte Stelle zu entzünden und zu schwellen. Es traten Zeichen der Hirn- betheiligung auf mit Starrheit beider Augen, Zuckungen beider, besonders der linken Gesichtsmuskeln und starkem Kopfweh. Die Beschwerden besserten sich, als sich Na spontan etwas Eiter entleerte. Bald nachher, Oct. 1879, wurde konstatirt, dass die rechte Gesichtsseite halb- gelähmt ist, die Zunge nach links kommt, dass leise Percussion der linken Schädelhälfte, starke auch der rechten, Schwindel erregt, im Uebrigen aber Motilität und Sensibilität des Körpers, und auch die vegetative Sphäre unbetheiligt sind. Dagegen quälte das anfalls- weise sich wiederholende Kopfweh die Kranke sehr, und blieb die verletzte Stelle geschwollen und empfindlich. Der Augenspiegel ergab nichts Abnormes. Fieber fehlte, bis im Dez. 1879 eine zweite Lungenentzündung auftrat. ‘Im Januar 1880 erschienen die Venen des Augenhinter- grundes geschlängelt und erweitert, und auf der rechten Papille eine pulsirende Arterie (Prof. Pflüger). Die sub- maxillaren Lymphdrüsen schwollen an und verursachten Schlingbeschwerden. Anfangs Februar wurde Pat. fieber- frei entlassen. Nach 14 Tagen trat sie wieder ein. Fieber, Müdig- ‚keit, erneute Kopfschmerzen, psychische Aufregung, Schwindel, Erbrechen, undeutliches Sehen, Schwerhörig- keit, Behinderung in der Bewegung der rechtseitigen Extremitäten, eine Neigung, nach rechts abzuweichen, Verstopfung, Husten ohne Auswurf hatten sich eingestellt. Lokale Antiphlogose erleichterte zuerst die lokalen und allgemeinen Beschwerden. Als sich beide trotzdem wieder steigerten, wurde am 27. März durch Hr. Prof. Kocher die linke obere Stirngegend trepanirt, doch ohne dass Eiter innerhalb der Schädelhöhle angetroffen wurde. In 14 Tagen war die Hautwunde zugeheilt. | Nach und nach wurden Stehen und Gehen immer schwieriger. Pat. gerieth in Angst und Zittern, wenn sie aus dem Bette sollte, wurde gelegentlich ohnmächtig. Später besserte sich der Zustand wieder soweit, dass sich a SA =. do. Pat. an den Möbeln und Wänden des Zimmers forthelfen konnte. In neuester Zeit war dies wieder unmöglich. Dagegen ertrug sie, im Wagen liegend, die Fahrt in die Waldau ohne Beschwerden. Sie war behufs der Untersuchung 2 Tage bei uns als Gast. Die Trepanationsöffnung hat 2 Ctm. Durchmesser. Die weichen Bedeckungen erscheinen aber gut 3—3!/, Ctm. breit vorgewölbt, sehen bläulich durchscheinend aus, rühren sich weich an, lassen sich leicht komprimiren, schwellen bei exspiratorischen Anstrengungen, prall an und zeigen schon de visu schöne pulsirende Bewegungen. Die zur Untersuchung nothwendigen Massnahmen be- lästigten die Pat. in keiner Weise. Die Lücke trifft auf den absteigenden, frontalen Theil der medialen und lateralen linken Stirnwindung. B. Die graphische Methode, deren ich mich bediente um die an den Schädeldefekten zu Tage tretenden Be- wegungserscheinungen zu registriren, ist im Prinzipe die gleiche, wie ich sie in meinen frühern Arbeiten ange- wandt habe, nämlich die der Lufttransmission. Doch habe ich sie nicht unwesentlich abgeändert und technisch verbessert. Statt der Farben, wie ich sie früher benützt, ') brauche ich das allgemein übliche berusste Papier. Die Electromagnete wurden in schleifende umgewandelt, das Glasröhrchen in einen sehr leichten hölzernen Hebel, die Trommel erhielt ferner eine dritte, langsame Bewegung (1 Umdrehung in 60—180 Sced.), wodurch die Dauer einer Beobachtung bedeutend verlängert wird ('/;—1 St.). Die Trommel dreht sich ferner an derselben Stelle und in derselben Richtung, die verschiedenen Bewegungen werden ihr durch Uebersetzungen von den Axen des Uhrwerkes lt, Vgl. Physiologische Diagnostik. Leipzig 1875. ET zugeleitet. Endlich ist der bewegliche Tisch organisch mit letzterm verbunden und auf verschiedene Geschwindig- keiten eingerichtet worden. Der ganze Apparat hat dadurch an Einfachheit und Sicherheit gewonnen. Da ich ferner immer die absolute Zeit zugleich mit der Beobachtung aufschreiben lasse, durch ein Hipp’sches elektrisches Sekundenpendel oder durch eine Verdin’sche Stimmgabel, so braucht der Gang des Werkes nicht mehr regulirt zu werden, d.h. es wird auch da Zeit gewonnen. Statt der „Aufnehmerkapseln* habe ich mehrfach kleine Gummiballons benützt. Sie sind absolut luftdicht. Ich vermochte sie mir aber noch nicht in allen wünschens- werthen Formen und Qualitäten zu verschaffen, so dass ich sie, trotz ihrer sonstigen Bequemlichkeit, nur in be- schränkter Weise verwenden konnte. Sie und die Kapseln wurden jeweilen durch Flanellbinden am Kopfe der Pa- tienten befestigt, so dass sich die Bewegung der Schädel- lücke direkt auf sie übertrug, und zwar, wie ich aus- drücklich bemerken will, unter sehr geringem Drucke. C. Die gezeichnete Curve weist nun drei Arten von Bewegungen auf, nämlich eine pulsatorische, eine respi- ratorische und eine vasculäre. (Fig. 1—4.) a. Die pulsatorische Bewegung springt am meisten in die Augen, und ist desshalb von den meisten Forschern, welche auf diesem Gebiete gearbeitet haben, beobachtet worden. Ich habe sie nie vermisst, aber von sehr ver- schiedener Ausbildung gefunden. Am häufigsten hatte die Hirnpulsation die Form des Pulsus trierotus oder tetracrotus celer, d. h. im auf- steigenden Curvenschenkel fehlen secundäre Erhebungen; in der ersten Hälfte des absteigenden finden sich da- gegen constant zwei grössere „dierotische Nachschläge* Bern. Mittheil. 1881. | Nr. 1009 42 Unna rV ıynı do "ed; ayn %/,y7— 7/07 sdenıwuoA r88r '67 ya TI IE U0A aamaulıy *2 "SA Al -Zıyna dor ed un E-5 sSdeimypen ‘7887 6 1494 "If [le] UoA aAmguıy °5 SEX s AA AMMIMMAMMANMMA AM MAN -uoylewuapunyeg ‘L “ruejuozulog "JH "2aanojesgalo) "d “Fıyna Bo read un 7—E sdenimypen ‘0887 '8) "Day I 1A UOA PAnouıH et ı = AT TI IT TTV TEL EFT EZ EHER, EA, il D) ze Z X | n ? \ \ \ 3 e T $ Pat. sitzt ruhig. Fig. A. Hirncurve von Fall IV. Febr. 22. 1881, Nachmittags 4!/a —5 Uhr, we MB (Klappenschluss- und Rückstosselevation — Laudois —) und in der zweiten 1—2 incon- stante kleine. Der Curvengipfel bezeichnet durch seine nur geringe Abrundung die Uelerität. Mosso hat umgekehrt einen Pulsus tricuspidalis als gewöhnlichen bezeichnet; der Curvengipfel ist von zwei Zacken umgeben, wovon die eine, die anacrote, dem aufstei- genden, die andere, die catacrote, dem ab- steigenden ÜOurvenschenkel angehören, die mittlere den eigentlichen Curvengipfel be- zeichnen soll. Dieselbe Pulsform soll auch für die peripheren Gefässe die normale sein. Mosso stützt sich hierbei auf seine frühern und jetzigen plethysmographischen Unter- suchungen der Extremitäten, und glaubt, dass der Druck der Feder am Marey’schen Sphygmographen die natürliche trieuspidale Form in die ungewöhnliche der tricroten verwandle. Indess gehe auch durch andere Einflüsse jene in diese über. Geistige Arbeit, reizende Inhalationen, Speise und Trank, körperliche Bewegung, machen aus dem Pulsus tricuspidalis einen P. tricro- tus; Schlaf, Ruhe u. s. w. das Gegentheil. Ebenso werde der Puls tricuspidal, wenn er aus der Carotis in die kleinen Hirnarterien übergeht, so dass Hirn- und Carotispuls nicht identisch seien. Ganz analoge Wan- delungen beobachtete Mosso an den Ge- fässen der Extremitäten, und konnte sie hier durch die Wirkung warmen und — 44 kalten Wassers beliebig her- vorbringen. Ich habe ebenfalls oft genug einen Pulsus tricuspidalis be- obachtet (Fig. 5), und neben ihm noch viele andere Formen, wie sie seit Wolff als P. tardus, rotundus ete., als dierotus und monocrotus in allen möglichen Verbindungen und Combinatio- nen sind beschrieben und ab- gebildet worden, und habe ge- sehen, dass sie beim einzelnen Individuum, je nach dessen au- genblicklichem Zustande wech- seln. Dass der tricuspidale die gewöhnliche Form des Morgens, der tricrote die des Nachmittags sei, kann ich aus meinen Cur- ven nicht ersehen (vergl. Frg. 1—4 und Fig. 6). Gewiss erhöht die mittägliche Nah- rungsaufnahme die Herz- und Gefässthätigkeit, und ebenso gewiss zeigt sich diess in den Pulscurven, indem die einzelner Pulsationen kräftiger, höher werden. Ich glaube aber nicht, dass wirklich eine anacrote Er- hebung im einen Falle auftritt und im andern verschwindet. Zerlegt man, Jum sich darüber zu vergewisssern, das Sphygmo- Pat. sitzt im Lehnstuhl. Pulsus trieuspidalis. Vormittags 41 —12 Uhr. Fall II. Fig. 5. upumesmun) — L *spndeng — 9 "puoyaa aIIoAL UeaEnoseA Jop PurjsjoLL uaur pun -9og uaure ‘aadog WEule sne JLugdssny IL CT 9 "Sud ıyf) IR 07 Sdeyrunior sop ‘spndung “ATTEI "eo Sra a ARE gramm einer Pulsation in seine einzelnen Bestandtheile, wie es Laudois') gerade vom Carotidenpulse gethan hat, und rechnet man dabei die absolute Zeit in Procente einer Pulsdauer um, so ergeben sich folgende Grössen: Anfang bis Curvengipfel, Laudois, Carotis 11,6®/, Burckhardt, Hirnpuls, Fall I. 84 U. 125 1EL: 228 IV. 12,9 Anfang bis zum ersten Cuspis, Mosso, Hirnpuls?) 12 Anfang bis erste catacrote Erhebung, Laudois, Carotis 31,3 Burckhardt, Hirnpuls, Fall I. 31,5 I. 33,0 Ill. 34,4 IV. 36,0 Anfang bis zum mittleren Cuspis (Curvengipfel), Mosso . : : RR y|. Anfang bis zweite catacrote Erhebung, Laudois, Carotis 51,1 Burckhardt, Hirnpuls, Fall I. 49,4 I. 55,0 !) Die Lehre vom Arterienpuls. Berlin 1872, pag. 319. 2, Ich habe zur Messung folgende Pulsbilder benützt: Fig. 25 (pag. 88), die 5. Pulsation von links, ibidem die 22., Taf. III, 2C, Nr. 8 von links; Taf. VI, 4, Nr. 18 von links; Taf. VI, 12, Nr. 7 von rechts. Die einzelnen Angaben differiren nicht wesentlich von einander. In meinen Fällen habe ich Curven gemessen, die mit rascher Trommelbewegung und der Stimmgabel (Centisecunden) gezeichnet. waren. (Vgl. Fig. 6b.). — 41 — Fall Il. 53,6%, IV. 573 Anfang bis zum dritten Cuspis (erste catacrote Erhebung), Mosso late . 48,0 Anfang bis dritte catacrote Erhebung, Laudois, Carotis 83,0 Burckhardt, Hirnpuls, Fall I. 84,2 Il. 84,2 III. 83,0 IV. 85,0 Es ergibt sich also, dass sich die Phasen einer Hirn- pulsation in beinahe denselben Zeitabschnitten folgen, wie die Phasen einer Carotispulsation. Der erste Cuspis der tricuspidalen Form entspricht zeitlich dem Curven- gipfel des gewöhnlichen Pulses, der mittlere Cuspis der ersten catacroten, der 3. Cuspis der 2. catacroten Erhe- ‚bung. Der tricuspidale Puls entsteht nur dadurch, dass sich die erste postsystolische Welle der systolischen super- poniren kann, und zwar desswegen, weil sich die Arterien- wand nicht energisch genug contrahirt, weil sie schlaffer als normal ist. Sie bietet desshalb auch der andringenden systolischen Pulswelle einen geringern Widerstand, und desswegen kann selbst der erste Cuspis in der Berechnung um ein Minimum früher erscheinen, als der Gipfel einer gewöhnlichen Carotiscurve. Der zweite fällt aber mit dem ersten dierotischen Nachschlage zusammen, und der ‘ dritte erscheint häufig etwas später als der zweite dieroti- sche Nachschlag. Ganz das gleiche Resultat ergibt sich aus den sehr hübschen plethysmographischen Versuchen, die Mosso an beiden Vorderarmen gleichzeitig angestellt hat, und wobei die Gefässwände des einen Armes durch warmes Wasser erschlafft, die des andern durch kaltes er 2er contrahirt waren. Der erste Cuspis ist auch hier, so- bald die Zeitfolge berücksichtigt wird, keine anacrote Erhebung, sondern der Curvengipfel u. s. w. Der mo- mentane Zustand der Arterienwand, und alles dessen, was ihn beeinflusst, bestimmt demnach die Form der einzelnen Erhebungen, während ihre zeitliche Folge davon abhängt, wie die das Arterienrohr durchlaufenden Wellen ‚erregt werden. Aber die Zeit ist es allein, welche die einzelnen Componenten der Pulswelle nach ihrem Ur- sprunge taxiren lässt, die Form gibt gleichsam nur an, wie die Arterie den ihr gewordenen Auftrag ausführt. So habe ich gelegentlich beobachtet, dass sich nicht nur der erste, sondern auch der zweite dicrotische Nach- schlag höher als der erste Cuspis, und höher als jener erhob. Die Zeitmessung ergab aber sofort, dass nicht neue Wellen anacrote Erhebungen erregt, sondern dass die gewöhnlichen Wellen ein ungewöhnlich schlaffes Arterienrohr getroffen haben. Ich vermuthe übrigens, dass die Patienten, welche Mosso untersucht hat, ungemein veränderliche Hirn- gefässe besassen, eines Theils wegen langen, vorangegan- genen Leiden und grossem Defekte (Catharina H. und Johann Thron), andern Theils wegen grosser Reizbarkeit (Michele Bertino). Es möchte beinahe scheinen, als ob es sich hier nur um scholastische Spitzfindigkeiten handle. Es scheint aber nur so. In Wirklichkeit hängen alle Fragen, welche sich an die Hirnpulsation knüpfen, von diesen Details ab. Die meisten ältern Ansichten können, als hinreichend widerlegt, übergangen werden, Die Literatur findet sich in der verdienstvollen Arbeit von @. Althann (Der Kreis- lauf in der Schädelrückgratshöhle. Dorpat 1871), zu- sammengestellt und kritisch verarbeitet. Ich will nur Be ae, Sr a auf zwei Theorien eingehen, welche in neuerer Zeit wieder befürwortet wurden. Die eine besagt, dass das Gehirn von den sich ausweitenden Arterienstämmen der Basis in toto erhoben werde. Der Gegenbeweis liess sich an unsern Fällen in zweifacher Weise leisten. Der Defekt in Fall I liegt nämlich basalwärts von der grössten Breitenaus- dehnung des Schädels, und somit auch des Gehirns. Würde das Gehirn als Ganzes erhoben, so träte ein tiefer gelegener, also noch schmälerer Theil des Gehirns in die Lücke, diese müsste demnach dann einsinken, wenn die Arterien sich ausdehnen und umgekehrt, was nicht der Fall ist, wie die Curven ergeben. Zweitens müsste sich das Gehirn, als Ganzes, beinahe gleichzeitig mit der Carotis bewegen. Die Zeitdifferenz könnte nur der Länge der Carotis interna, von der Bifurcation bis zur Sella turcica entsprechen. Sie ist aber in Wirklichkeit wesentlich grösser. Sie betrug in Fall I 0,018 Secunden. Erika Ba 0 2 1 She 2,9 II 0,021 » „ » 41V 0,020 » Wird für FallI und IV (Erwachsene) die Geschwindig- keit der Pulswelle — 10 Meter per Secunde angenommen (E. H. Weber, Moens), so muss die Distanz der beiden aufgenommenen Stellen (Carotis am Halse, Schädellücke) wenigstens 18—20 Ctm. betragen, eine Länge, welche .-nur. durch die langen Aeste der Piaarterien erreicht wird. Für Fall II und III würde sich die Zeit der Fort- pflanzung schon mehr der von Grummach (Jahresb. der Physiol., Bd. VIII, p. 49) angegebenen nähern. Die zweite Theorie, die nach Kellie-Monro-Abercombie benannte, sagt, dass die Blutmenge des Gehirns stets Bern. Mittheil. 1881. Nr. 1010. 2 A u constant sei, dass stets gleich viel Blut ab- wie zufliesse, und dass desshalb das Gehirn sein Volum nicht ändere. Ich würde auch sie als beseitigt ansehen, würde sie nicht gerade von Mosso mehr oder weniger vollständig wieder vorgebracht. Mosso beobachtete nämlich, dass auch das venöse Blut der Sinus pulsire und dass es unter einem höhern Drucke stehe, als das Blut der Cruralvene. Er schliesst nun (pag. 212) folgendermassen: .... „Denn bei jeder Diastole der Arterien erfolgt eine Systole der Venen, welche dem in das Hirn vordringenden Blutvolum den Raum überlassen..... Die in das arterielle Stromgebiet vordringende Blutwelle verdrängt eine entsprechende Blut- menge aus den Venen und theilt dem venösen Blutstrome eine ganz gleiche pulsatorische Bewegung mit, wie sie in den Arterien stattfindet.“ Und folgerichtig spricht Mosso der von Magendie wieder entdeckten Cerebro-Spinalflüssig- keit eine compensirende Ortsverschiebung ab. Er stützt sich dabei wieder auf Versuche an einem Falle von Spina bifida und am Hunde. Während also Mosso im Wesentlichen auf die Con- stanz der intracraniellen Blutmenge zurückkommt, den Gefässen aber ihre Bewegung lässt, sollen, nach Ranke ') die Schädelcoulenta ein incompressibles Ganzes bilden, so dass „normal keine Bewegungen möglich scheinen“. Das Blut würde sich demnach ganz wie in starren Röhren bewegen. Wohl die meisten Autoren, seit Magendie, huldigen der Ansicht, dass sich Blut und Liq. cerebrospinalis com- pensiren, und dass es die Weichtheile des Wirbelcanals sind, welche sich ausweiten und Raum schaffen.) Eine frühere t, Physiologie d. Menschen. IV. Aufl. 1881. Pag. 1001. 2, Vgl. Salathe, Mouvement du cerveau. Paris 1877. eu ;, end Ansicht liess den Lig. cerebrospin. resorbirt und trans- sudirt werden. Durch die neuesten Arbeiten von Schwalbe, Key und Retzius u. A. sind dem Lig. cerebrospin. aber andere Wege eröffnet worden, die wir gleich besprechen wollen. Wenn ich mir nach meinen Untersuchungen ebenfalls ein Urtheil über die Frage zu bilden versuche, ob das Gehirn im geschlossenen Schädel des Erwachsenen ähn- lich pulsire, wie im offenen Schädel des Kindes oder Kranken, so muss ich zunächst auf die immer noch zu wenig berücksichtigte eigenthümliche Gefässvertheilung des Schädelraumes und auf jene Wege des Lid. cere- brospinalis hinweisen. Wir können die Hirngefässe in drei Regionen sondern, 1) in die subtentoriale der hintern Schädelgrube, 2) in die basale und 3) in die corticale, letztere beide über dem Tento- rium gelegen. Die erste Region verhält sich andern Gefäss- bezirken des Körpers sehr ähnlich. Von einem vorüber- ziehenden grossen Gefässstamme erhalten die im betreffen- den Raume liegenden Theile, verlängertes Mark, Brücke und Kleinhirn, entweder direkt, oder erst aus schon abgelösten Aesten eine Reihe kleiner Zweige, welche von verschie- denen Seiten her eindringen, z. Th. in präformirte Spalten, z. Th. auch, wie im Kleinhirn, von der Peripherie aus ganz atypisch. Es herrscht hier keine Uebereinstimmung. Zudem liegen um besägte Theile herum eine ganze Reihe relativ grosser subarachnoidaler Räume, von Key und - Retzius") als Cisternen beschrieben, die nach unten mit dem gleichwerthigen Raume des Wirbelcanals communi- eiren, die zugleich als eigentliche Wasserkissen den Volums- veränderungen der Hirntheile leicht zu folgen vermögen. !) Studien zur Anatomie des Nervensystems etc. Stock- holm 1876. 2 BB RS Die Gefässe der basalen, über dem Tentorium gele- genen Region, entspringen alle aus einem Kreise, der in einem Abstande von ca. 2 Ctm. um den Gefässkranz ge- zogen wird.‘) Sie gehen alle unter annähernd rechtem Winkel nach oben ab, und stellen relativ weite, sogenannte Endarterien dar, d. h. Gefässbäume von territorialer Be- grenzung und grosser Unabhängigkeit. Sie versorgen Streifen-, Seh- und Vierhügel, die Wände des dritten Ventrikels, die Pedunkel.- Die corticalen Gefässe verhalten sich ähnlich. Sie dringen, als eireumscripte Territorien beherrschende Ge- fässbäume, entweder in die Rinde, oder durch sie in’s Mark; sie gehen ebenfalls senkrecht von ihren in der Pia verlaufenden Stämmen ab. Sie unterscheiden sich von den basalen Gefässbäumen 1) durch grössere Feinheit, 2) dadurch, dass sie aus den in der Pia verlaufenden Stäm- men entspringen, die um so länger werden, je näher sie dem Scheitel kommen. Letzteres ist für uns beson- ders wichtig. Endlich sind noch die Räume des Liq. cerebrospin, und die Lymphbahnen zu besprechen. Die schon er- wähnten basalen weitmaschigen Subarachnoidalräume, von Key und Retziuz als Cisternen oder wassergefüllte Säcke beschrieben, stehen nach oben durch das foram. Magendii und zwei seitliche Oeffnungen direkt mit dem 4. Ventrikel und durch ihn mit dem ganzen Ventrikelsysteme in Ver- bindung, welches sonst keinen andern Ausgang hat. Die corticale Oberfläche enthält dagegen nur kleine Wasser- räume,: da, wo zwei Gyri zusammenstossen, und wenig Flüssigkeit. Dafür aber stellt sie die Verbindung so- wohl des subduralen als des subarachnoidalen Raumes !) Vgl. Oharcot. Localisations. P. 49 ff. RER}, Ar mit dem Sinus longitudinalis, und in kleinem Massstabe auch dem S. cavernosus her. Die Pacchioni’schen Gra- nulationen sind die Filter, welche wohl die serösen Flüs- sigkeiten in das Venenblut überleiten, dieses aber nicht rückwärts durchlassen, soviel wenigstens bis jetzt be- kannt ist. Weitere, wenn auch minder ausgiebige Aus- wege finden sich in den bindegewebigen Hüllen der ab- gehenden Nervenstämme, besonders des opticus, acusticus und olfactorius, und durch letztern in die Nasenschleim- haut. Die Lymphbahnen folgen den Blutgefässen als perivasculäre Röhren. Es ist für unsern Gegenstand ohne Bedeutung, ob sie ausser- oder innerhalb der Adven- titia, oder der von der Pia ausgehenden trichterartigen Fortsätze liegen. Wir können es ebenso unentschieden lassen, ob der von His beschriebene epicerebrale Raum als präformirter Lymphraum zu betrachten ist, oder nicht, genug, wenn diese Räume nur irgendwie mit den subarachnoidalen in Verbindung stehen, und diess gilt doch allgemein als thatsächlich. Ich mache endlich noch auf den Umstand aufmerksam, dass der venöse Blutstrom der Pia dem arteriellen gleich- gerichtet ist, also auch gegen den Scheitel, oder die kleinen basalen Sinus, und aus den Ventrikeln dem Sinus rectus tentorii zustrebt; ein Umstand, der mir nicht ganz bedeutungslos erscheint. Fügen wir nun zu diesen anatomischen noch einige physiologische Prämissen der craniellen Circulation, näm- lich: 1) das Gehirn dehnt sich aus, weil sich seine Ge- fässe, bis in die Capillaren, ausdehnen. 2) Es dehnt sich in der Richtung der Gefässbäume aus, 3) dem Widerstande umgekehrt proportional, und es sind 4) in einem gegebenen Zeitmomente alle gleichweit vom Circul. ‘ x BRUEN * Kge Will. entspringenden Gefässbäume in der gleichen Pulsa- tionsphase. Gehen wir nun mit diesen Thesen, und an der Hand unserer Curven an die Frage des Hirnpulses im ge- schlossenen Schädel. Da im Grosshirn sowohl die corticalen wie die basalen Gefässbäume von der äussern, der corticalen, gegen die innere, die ventriculäre Oberfläche zustreben, so muss sich das Gehirn auch in dieser Richtung ausdehnen, wie die Curven ergeben. Da aber am geschlossenen Schädel die Knochenkapsel unbeweglich ist, so kann sich das Gehirn nur an sie anstemmen, seinen Stützpunkt daran finden (was auch Salathe folgert, 1. c., p. 132), muss sich aber nach der innern, der ventriculären Oberfläche hin entwickeln. Die Fortsätze der Dura mater, falx und ten- torium, verhalten sich dem Knochen analog; sie dienen der medialen Oberfläche und den Hinterlappen der He- misphären, ebenso dem Kleinhirn zur Stütze; ohne die- selben würden sich benachbarte Gehirntheile in einander einbohren. An der Basis sind es die Cisternen, die sich ja bis in die F. Sylvii hinein erstrecken, welche den Druck zuerst empfangen. | Dass sich die Hirnoberfläche in der Arteriensystole nicht von der Schädelwand zurückzieht, hat das Donders’- sche Glasfenster gelehrt. Man glaubte aber aus diesem Experimente schliessen zu müssen, dass sich das Gehirn überhaupt nicht bewege, ja dass die Gehirngefässe gar nicht pulsiren können. Letzteres ist durch direkte Be- obachtung widerlegt. (Schultz, eit. Althann). Ersteres halte ich, mit vielen andern Autoren, nur soweit richtig, als eine expansive excentrische Ausdehnung gemeint ist, welche dadurch ermöglicht wäre, dass der Liq. cerebrosp. EN ER zwischen Schädeldach und Convexität des Gehirns zu- und abflösse. Dagegen nehme ich an, dass sich das über dem Tentorium gelegene Gehirn, mit jeder Pulsation concen- trisch gegen die ventriculäre Oberfläche ausdehnt. Diese Ausdehnung geschieht aber nicht gleichzeitig, sondern beginnt an den kürzesten und endet an den längsten Arterien, rollt also gleichsam von der Basis in concentrischen Ringen zum Scheitel fort. Das Gehirn wird demnach zuerst vom Boden und zuletzt vom Scheitel her gegen die Ventrikelräume vordrängen. Dadurch wird schon ein gewisses Ausweichen der ventriculären Flüssig- keit ermöglicht. Gewiss aber hat man bisher zu wenig in Rechnung gezogen, wie dünn der Boden des Zwischen- hirns vom Pous weg bis an’s Ende der Lamina terminalis cinerea ist, und wie derselbe gerade durch diese Eigen- schaft geeignet sein dürfte, dem von oben her wirkenden Drucke des Kammerwassers nachzugeben, und ihn auf die Cisternen zu übertragen und umgekehrt. Man hat bisher, als einzigen Ausweg, das Kammer- wasser durch das Foramen Bichati in den Subduralraum, oder durch den Aqu&duct in den 4. Ventrikel abfliessen lassen, immerhin mit dem Gefühl, wie misslich es sei, so enge und relativ lange Kanäle für raschen Ausgleich be- nützen zu müssen. Der Bichat’sche Kanal hat sich bei den Injectionen von Key und Retzius nur als Blindsack er- wiesen, der mit dem subduralen Raume keinerlei Ver- bindung hat. Diese Angabe ist wie überhaupt die ge- sammten Resultate von Xeyund Retzius, von Fischer‘) unter Waldeyer’s Leitung controlirt und bestätigt worden. Es bleiben somit bloss die Oeffnungen des 4. Ventrikels übrig, durch welche das Kammerwasser aus- und einfliessen t) Arch. f. mikrosc. Anat., Bd. XVII, p. 362. RRRENEN TE TRSRN ARTE NS DA BE könnte, auch wenn wir uns weder Bochefontaine noch Dwval*) anschliessen, von welchen ersterer das Magendie’- sche, letzterer sogar das Monro’sche Loch für Kunst- produkte erklärt. Weil ferner das Kammerwasser successive verschoben wird, und sich also theilweise selbst Platz machen kann, bleibt nur noch ein kleinerer Theil der Pulswelle durch wirkliches Ausweichen abzugleichen. Ich erkläre mir so die von mehreren Beobachtern bestätigte Angabe, dass die Pulsbewegungen der Membrana obturatoria atlantis oder eines in den Wirbelkanal eingesetzten Manometers unverhältnissmässig klein sind.?) Sie werden von Mosso theils völlig geläugnet, theils als „kaum sichtbar“ an- gegeben (pag. 216). Mosso lässt also während der Pulsa- tion gar keine Hirnwasser in den Wirbelkanal und um- gekehrt übertreten. Er trepanirte nämlich den Schädel und die Wirbelsäule von Hunden und versah die Löcher mit Manometer und Registrirapparaten. Umwickelte er nun die Marey’sche Lufttrommel, welche mit dem Schädel- loch verbunden war, mit Gummifäden, um so ihren Wider- stand zu vergrössern, so wurden trotzdem die spinalen Flüssigkeitsschwankungen nicht grösser. Und dies meinte Mosso doch erwarten zu dürfen. Ich glaube aber seinen Versuch anders erklären zu sollen. Einmal ist, wie oben erörtert worden, an der Convexität des Gehirns wenig Flüssigkeit zu suchen; es konnte sich also nicht viel verdrängen lassen. Sodann blieb in der Lufttransmission immer noch ein elastisches Moment übrig, nämlich die Luft selbst, welche die spinale Ausweitung compensiren konnte. I) Vgl. Jahresb. d. Phys. 1879, pag. 194 ff. 2, Vgl. Salathe, 1. e., p. 101 fi. Bochefontaine, Jahresb. d. Phys. 1878, pag. 64. Bergmann, die Lehre v. d. Kopfverletzung, pag. 284. Als Mosso ferner den Bruchsack einer Spine bifida (6monatl. Mädchen) rasch comprimirte, hob sich die Curve, welche die vordere Fontanella schrieb, und zugleich ver- schwand die Pulsation fast völlig.') Dann folgte eine „lange und tiefe“ Inspiration, worauf das Kind „gleichsam er- schrocken“, erwachte und weinte. Indem Mosso die be- obachtete Pulsveränderung auf eine Abschwächung der Herzthätigkeit zurückführt, glaubt er den Beweis geleistet zu haben, dass die Spinalflüssigkeit nur schwer in den Schädel übertrete. Ich sehe die Sache wieder anders an. Wenn keine Fiüssigkeit in die Schädelhöhle getreten wäre, so hätte sich die Hirncurve nicht gehoben, sondern eher gesenkt. Dass aber die Pulsationen schwächer wurden, rührt gerade wieder, jedenfalls zum guten Theile, von der künstlichen Erhöhung des Liquordruckes gegenüber dem arteriellen Drucke her. Ferner scheint mir, dass der Druck auf den Spinalsack sich sehr deutlich im ver- längerten Marke geäussert habe; wenigstens fasse ich die benannten Symptome als daher rührend auf. Keinesfalls aber darf von diesem pathologischen Zustande ohne Wei- teres auf den normalen geschlossen werden. Denn wie verschieden die anatomischen Verhältnisse liegen und ein angestelltes Experiment beeinflussen können, ist be- kannt. °) | Nachdem es Mosso abgewiesen, dass sich der Lig. cerebrospinalis an der Schädelcirculation betheilige, bringt er nun folgende positive Beweise, dass sich Arterien- und - Venenblut gegenseitig compensiren. lb, Vgl. Fig. 87 von Mosso, woselbst übrigens die Bezeich- nuugen C und R verwechselt sind. 2) Vgl. die sehr reichhaltige Zusammenstellung von @. Reali:: Ueber die Behandlung der angeborenen Schädel- und Rückgrats- brüche. J.-D., Zürich 1374. Bern. Mittheil. 1881. Nr. 1011. Ra = 1. Das Blut der Sinus pulsire, und dieser Venenpuls rühre, wenigstens dem Hauptantheile nach (pag. 212) von der vis a tergo, d. h. dem stossweise vordringenden Ar- terienblute her (vgl. Fig. 85). Schon Althann (l.c. 122) hat aber, wenn auch nicht auf die einzige, so doch auf eine beachtenswerthe Ur- sache des cerebralen Venenpulses hingewiesen, darauf nämlich, dass die Arterien ihre Pulsationen auf neben- liegende Venen übertragen. Ich glaube aber in den Curven von Mosso selbst noch eine weitere Entstehungsursache zu finden. Es folgt aus dem Vorhergehenden, dass, je geringer der arterielle Blutdruck ist,‘) um so geringer auch der Druck des Hirnwassers sein, und um so leichter der Venenpuls entstehen muss. Was den ersten erniedrigt, begünstigt den letzten. Nun gehört gerade das Chloroform ?) ganz besonders zu den Stoffen, welche den arteriellen Blut- druck herabsetzen; und dem entsprechend zeigen Mosso’s Curven sehr deutlich, dass der Venenpuls in dem Sin. longitud. proportional mit der Chloroformnarkose wuchs und abaahm. Ich halte demnach den von Mosso gefundenen Venen- puls hauptsächlich für ein Symptom der Chloroform- narkose. | Ein „leichtes“ Pulsiren haben auch Key und Retzius konstatirt. 2. Die Höhe des venösen Blutdruckes. Mosso fand ihn im Sin. longitud. während der Chloroformnarkose ı) Vgl. Josionesk. Path. Veränderg. d. Lymphräume des Gehirns. Arch. d. Hikde. 1878, pag. 222 £f. 2, Vgl. Nothnagel, Arzneimittel etc. Hermann, Experiment. Toxicologie, Artikel Chloroform. RR ll: Te 70—80, während ihrer Abnahme 100—110 Mm., und zu- gleich höher als in der V. cruralis. Wenn nun wirklich kein anderes Moment in’s Mittel träte, so bleibe nichts anderes übrig, als dass in Folge des in den Pia- und Gehirnveren jedenfalls noch höhern Druckes das Gehirn seine Kapsel stetig erfüllen müsste, und eine Pulsbewegung würde dann allerdings, wie Ranke annimmt, unmöglich. Es scheint mir nun, dass Key und Retzius') den richtigern Weg einschlugen, als sie nicht nur den Druck des Venenblutes im Sinus, sondern auch den des Lig. cerebrosp. an der Wirbelsäule massen. Sie fanden: ‚ Inspiration 5—12 Mm. Hg. DE DIUE | Exspiratiin 8-16 „ ,„ Lil ( Inspiration 12—16 „ ,„ ! Exspiration 16-20 „ , Das Wichtige dieser Beobachtung liest weniger in den absoluten Druckhöhen als in deren gegenseitigem Wechsel. Der Sinusdruck erreicht gelegentlich bei In- und Exspiration die Höhe des Liquordruckes, wird aber von diesem wieder überwogen. Höher als beide steht der arterielle Druck. Derselbe wird sich also auf Venen- und Liquordruck vertbeilen. Die arterielle Blutwelle wird Venenblut und Liquor umgekehrt proportionel ihrem eigenen Drucke verdrängen und da der Liquor, wie oben deducirt wurde, nach der Basis und mittelbar in die Wirbelhöhle ausweichen kann, bis dort die elastischen Widerstände auf eine bestimmte Höhe angewachsen sind, so gewinnt eine pulsatorische Ausweitung des Gehirns wirklich Raum, sich zu entwickeln. Der Druck des Liquor L.e., pag. 187. Be csp. seinerseits wird die Pulsation der Venen, sofern sie der visatergo entstammt, abschwächen müssen, also den Druck des venösen Blutstromes reguliren. Ich möchte in dieser Beziehung noch besonders auf den venösen Abfluss des basalen Arterienbezirkes hinweisen, wo, wie ich glaube, der mit der Arterienpulsation örtlich wechselnde Druck des ventriculären und basalen Liquors die Blut- bewegung gegen den Sinus rectus zu begünstigen muss. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass der arterielle Blutdruck auch noch bei der Transsudation und Weiter- beförderung der Iymphatischen Flüssigkeiten des Gehirns betheiligt ist. Schwellen die in’s Parenchym eintretenden Arterien pulsatorisch an, so werden sie die perivasculären Kanäle (vgl. oben) schliessen und von ihrem Anfange gegen ihr Ende zu gleichsam ausdrücken. Die in den Piaarterien verlaufende Blutwelle wird dagegen, was von Flüssigkeit zwischen Schädelwand und Hirnoberfläche liegt, in der Richtung des Blutstromes, also gegen die Venen- sinus hin forttreiben, wenn auch in viel geringerm Grade, als man beim ersten Ansehen glauben möchte. Der Liquor cerebrospinalis, incl. die lymphatischen Flüssigkeiten des Parenchymes stellen also ein bewegliches Medium dar, das die Druckdifferenzen des venösen und arteriellen Blutes vermittelt, und um so kräftiger wirkt, je höher der arterielle Blutdruck steht. Er wirkt, wie die elasti- schen Umhüllungen anderer Organe, wie interstitielles Bindegewebe, wie die Hautdecken der Extremitäten und macht den Binnenraum des Schädels aus einer unver- änderlichen zu einer veränderlichen Grösse. Die bisherigen Erörterungen lassen sich in folgende Sätze zusammenfassen. 1. Der Hirnpuls des offenen Schädels entsteht in den Arterien des freiliegenden Hirntheiles. BERN SER pa A 2. Je nach dem Zustande der Arterien verändert der Puls seine Form. Der tricuspidale Puls ist nicht der normale Hirnpuls, sondern kommt nur unter bestimmten Bedingungen vor. 3. Im geschlossenen Schädel dehnt sich das über dem Tentorium liegende Gehirn mit jeder Pulsation gegen die ventriculäre Oberfläche, also concentrisch aus. Das Kammerwasser verschiebt sich gegen gleichzeitig ab- schwellende Hirnparthien, und drückt den dünnen Boden des 3. Ventrikels gegen die nachgiebigen Cisternen der Basis. Durch die Oeffnungen des vierten Ventrikels wird ein weiterer Ausgleich ermöglicht. 4. Der arterielle Ueberdruck wird zur Fortbewegung der -Blutsäule, und der serös-Iymphatischen Flüssigkeiten verbraucht. % Das Experimeutum crneis für diese Hypothesen be- stände darin, dass elastische Ballons an die Convexität, die Basis und in die Ventrikel des Gehirns eingeführt, und ihre Bewegungen registrirt würden, ähnlich wie es Oheau- veau am Herzen des Pferdes gethan hat. Am lebenden Thiere wird es wohl schwierig, wenn auch nicht nn- ‘möglich anzustellen sein, technisch leichter an der Leiche; doch hat hier das Gehirn seine natürliche Consistenz ver- loren, und der Kreislauf seine Bewegung. Möglicher Weise würde man auch mit einer schematischen Nach- bildung, wie sie Salathe konstruirt hat, zum Ziele kommen. b. Die respiratorische Bewegung. Mit Recht unterscheidet man zwischen dem Einfluss, den das ruhige, gewöhnliche Athemholen hat von lem, welchen modificirte Athembewegungen auf die Hirncurve ausüben. Merkwürdiger Weise gehen die Angaben der neuesten Beobachter auch hier weiter auseinander, als ihre Curven. pr < FIR er MD Salathe, Ragosin und Mendels- sohn nämlich sagen, dass sich ruhi- ges Athmen, besonders während des Schlafes, in der Hirncurve nicht aus- präge. Sieht man aberihre Curven näher an, so lassen sich die respira- torischen Schwankungen recht deut- lich erkennen. Ich konnte wenigstens an Curve I von R. und M. die Respi- rationsphasen fast fehlerlos in die Hirncurve einzeichnen, bei verdeckter Athemeurve. So auch bei Salathe. Mosso dagegen markirt die respira- torische Bewegung sehr stark. Meine Beobachtungen schliessen sich den seinigen an. Unter den hunderten von Curven, die ich aufgenommen habe, befindet sich keine, welche die respiratorischen Schwankungen nicht zeigte. ' Die Norm ist, dass sich während der Exspiration das Curvenniveau hebt, während der Inspiration senkt. Bei ganz ruhigem Athmen treten nur 1—2 Pulsationen etwas Weniges über die anderen empor (Fig. 7). Am besten erkennt man dies wenn sich der Cylinder schnell dreht — also bei der graphischen Vergrösserung. Die vortretende Pulsation wird ge- wöhnlich grösser, die einzelnen Er- hebungen werden breiter, runder, und dadurch die ganze Pulsation massiger. Hirnpuls bei rascher Trommeldrehung. Die auf die Exspiration fallende Pulsation tritt über die andern heraus. Fig. 7. Falll. rer Besonders gilt dies von den cata- croten Erhebungen, und nähert sich in der Exspiration desshalb der Puls mehr dem tricuspidalen. Gelegentlich werden aber exspi- ratorische Hebung und inspirato- rische Senkung der Pulscurve sehr deutlich (Fig. 2), besonders dann, wenn sich der Rythmus des ruhigen Athmens ändert. Alle, die Exspiration verstär- kenden Akte, wie Husten, Niessen, Drängen, Sprechen, Singenu. A.m. treiben die Curve mehr oder min- der rasch und kräftig in die Höhe (Fig. 8). Ebenso | die mit Muskelan- strengungen stets verstärkte Ath- mung. Ferner fand ich mehrmals, dass die Pulseurve nur seringe Athmungs- wellen zeigte, als die Versuchsperson sass, aber grosse, sobald sie lag; ge- ringere in nüchter- nem, grössere in gesättigtem Zu- stande. Combinirte ich die beiden letzt- genannten Fakto- Fig. 8. Hirnpuls von Fall I, Exspiratorisches Anschwellen des Gehirns bei starkem Drängen rt, war 1. PR ren richtig, so wurden die respi- ratorischen Wellen so bedeutend, als die mit dem Manometer der Carotis eines Hundes entnom- menen. | Umgekehrt senkt die tiefe Inspiration das Curvenniveau; in der einzelnen Pulsation erschei- nen die Elevationen tiefer ein- geschnitten, ja die dazwischen liegenden Curventheile können concav, statt convex werden. Den heftigern Exspirations- bewegungen, z. B. dem Drängen folgt eine, nicht durch äussere Gründe veranlasste secundäre Erhebung der Curven (Fig. 9). ‚Sie stieg mehrmals fast so hoch als die primäre. Ihr geht ge- wöhnlich eine leichte Senkung voran, worin zugleich der Puls merklich langsamer wird. In der folgenden Erhebung gewinnt er allmählig seine frühere Frequenz wieder. Je öfter aber die exspi- rator;schen Anstrengungen wie- ‚derholt werden, um so schneller folgt besagte se- cundäre der primären Er- hebung, und um so kleiner wird sie. Ich habe ferner die Pulswellen auch während: Bei +4 Hustenstösse, denen zuerst eine Senkung und dann die secundäre Erhebung folgt. Fig. 9 Fall IV Vormittags 44 Uhr. sehr starken Drängens nie ganz verschwinden sehen (Fig. 8). Selbst unter den ungünstigsten Verhältnissen bleiben sie bestehen und es setzen sich also auf die, durch die Exspiration ansteigende und hochstehende Ourve die pulsatorischen Wellen auf, entweder nur als kleine Höcker oder als flache, aber detaillirte Pulswellen. Salathe hat trepanirte Hunde an den Hinterbeinen aufgehängt, und so ihre Hirncurve gezeichnet (l. c., p. 103). Die Pulse blieben immer noch deutlich. Am meisten treten sie bei kurzen, kräftigen Hustenstössen zurück. Doch trägt ge- wöhnlich der eine der beiden, den Hustenstoss abzeich- nenden Ourvenschenkel Zacken, die vom Pulse herrühren. Die Faktoren, welche die benannt:n respiratorischen Schwankungen der Hirncurven bedingen und ermöglichen, sind verschiedener Natur. Zunächst ist die Grösse der Schädellücke und die Festigkeit resp. Nachgiebigkeit der Weichtheile in Be- tracht zu ziehen. Je grösser die Lücke und je weicher die Bedeckungen sind, um so stärker werden die respira- torischen Wellen. Der erste unserer Fälle hat die unnach- giebigste Narbenmembran und die kleinste Lücke, er zeigt die geringsten respiratorischen Schwankungen; der zweite und vierte haben die grössten Lücken und die weichsten Bedeckungen; sie zeigen die grössten respira- torischen Schwankungen. Der dritte Fall steht in der Mitte. Frisch trepanirte Thiere werden desshalb grosse, dagegen Kinder, deren Fontanellen bereits am Verknöchern -sind, kleine Respirationswellen zeigen. Der Kranke von R. und M. besass zwar eine relativ kleine Schädellücke; sie war aber unbedeckt, die Dura lag frei vor. Die Frequenz der Athemzüge scheint insofern von Bedeutung zu sein, als sie auf deren Tiefe Einfluss hat. Rasches und desshalb oberflächliches Athmen prägt sich Bern. Mittheil. 1881. Nr. 1012. BR NEN weniger aus, als langsames und ausgiebiges — wenn sonst keine Einflüsse mitwirken. Desswegen fand Salathe an ler Fontanelle des 6wöchentlichen Kindes keine eigent- liche Respirationswelle; die Athemzüge des Kindes sind frequent und oberflächlich, es kommt 1 Athemzug auf 2!/, Pulsationen. An dem Gehirn eines keuchend athmen- den Hundes wiegen sie dagegen über die Pulsationen weit vor. Salathe bemerkt aber ausdrücklich, dass das Gehirn weiter von der Schädelwand zurückgesunken war, als bei andern Versuchsthieren, dass es nicht gegen den Schädel andrängte. Ein weiterer Einfluss geht von der vasculären Welle aus; er wird mit dieser besprochen werden. Die wichtigsten Ursachen aber liegen in den mecha- nischen und dynamischen Verhältnissen des Kreislaufes und der Athmung. Dass sich das Blut, wenn exspirirt wird, in den Venae jugulares rückstaut, ist allgemein an- genommen und die Versuche, welche die Exspiration ver- stärken oder den venösen Abfluss sonstwie behindern, zeigen auch, dass diesem mechanischen Momente der grösste Theil der exspiratorischep Erhebung der Hirn- curve zuzusckreiben ist. Ein kleiner Antheil mag von dem exspiratorischen Zuwachse des Aortendruckes her- kommen, der sich in der Carotis sicherlich ebenfalls äussern wird. Dass aber damit auch dynamische Vor- gänge im. Lungenkreislaufe, und von ihnen herrührend, compensirend zu denkende Schwankungen des Körper- venendruckes zusammenhängen, hat Mosso durch sinn- reiche Experimente zu erweisen gesucht und spricht neuer- dings Sommerbrodt') bestimmt aus. !) Die reflektorischen Beziehungen zwischen Lunge, Herz und Gefässen. Ctbltt. d. med. Wschft. 1880. Nr. 49. ren Eee Dem verstärkten arteriellen Drucke ist es vielleicht zuzuschreiben, wenn trotz dem gesteigerten venösen die Pulswelle doch noch auf der Athmungswelle sichtbar bleibt. Auf die Erregung compensirender Kräfte, welche eben- falls den arteriellen gegenüber dem venösen Drucke stei- gern, scheinen mir die benannten sekundären Erhebungen hinzudeuten. Ich glaubte sie zuerst von rein mechanischen Ver- hältnissen herleiten zu sollen, von einem Rückflusse des Lig. cerebrospin., oder des Blutes selbst, wenn schon letzteres nicht recht wäre zu hegreifen gewesen. Allem dem aber widersprach der Umstand, dass die Pulsationen der secundären Erhebung gross, ja grösser als die der ruhig fortlaufenden Curven, dass sie an Frequenz geringer sind und dass die secundäre Erhebung in der Zeitfolge ihres Erscheinens, wie angegeben, wechselt. Aus diesen Gründen sehe ich die secundäre Erhebung als eine reflek- torische Erweiterung der arteriellen Bahn an, wie sie von mehreren Forschern bei verschiedenen Gelegenheiten be- obachtet wurde‘). Mosso hat eine ganz analoge secun- däre Erhebung der Fontanellencurve an seinem Falle von Spina bifida beobachtet. Sie folgte der Compression der Lendengeschwulst. (l. c. pag. 220 und 221. In der Ab- bildung sind die Buchstaben C und R verwechselt, cfr. pag. 57.) | Suchen wir uns nun an der Hand der früher auf- gestellten Prämissen zu vergegenwärtigen, welchen Ein- fluss die Athmung auf den Kreislauf des geschlossenen Schädels ausübt, so müssen wir zuerst noch einer Eigen- thümlichkeit der cerebralen Venenbahn gedenken, der !) Vgl. Zuntz, Beiträge zur Nenntniss der Einwirkung der Athmung auf den Kreislauf. Pfl. Arch. XVII. Jahrb. d. Phys. 1880, p. 67. Sommerbrodt 1. ce. Su 11 Ka Se nämlich, dass durch die Sinus durae matris ein starres Röhrenstück in die Venenbahn eingeschaltet wird. In die- sem Röhrenstücke wird sich das Blut, wenn es rückwärts getrieben wird, von einem Ende zum andern gleichzeitig rückwärts bewegen, weil die Blutsäule nirgends ausweichen kann und sich somit als Ganzes bewegen muss. Wir nehmen also an, dass das Venenblut sich vom foramen lace- rum und in zweiter Linie vom confluens sinum an, ohne Zeit- verlust in der ganzen Länge der grossen Sinus rückstaue und somit die weitere Rückstauung in die Venen der Pia und in die V. Galeni gleichzeitig beginne. Es ist dann nur noch die Länge dieser, wieder elastischen Bahnstücke massgebend, wenn man untersuchen will, wo die venöse Anfüllung des Gehirns zuerst beginnt. Der Confluens sinum verhielte sich somit analog dem Circul. Willisii. Wie von diesem die arteriell-pulsatorische, so geht von jenem die venös-respiratorische Blutbewegung aus, aller- dings nicht als rasch fortlaufende Welle, sondern als 4—6fach langsamere Rückstauung. Dieselbe wird sich von den Sinus aus gegen den Cirecul. Willisii und in das Gebiet der V. Galeni fortsetzen und wird die Gehirnsubstanz um so schneller erreichen und anschwellen machen, je kürzer, von den Sinus aus gerechnet, die Venen sind. Leider finde ich auch hier keine anatomischen Angaben der Venen- längen vor, muss mich also mit dem, was der Anblick lehrt, begnügen. In der Pia liegen die Verhältnisse klarer. Die Venen nehmen im Allgemeinen vom Scheitel gegen die Basis an Länge zu: die Stauungswelle wird also in dieser Richtung verlaufen. Aber eine Anzahl von Venen münden nach längerem oder kürzerem Verlaufe in die basalen Sinus ein; die V. corp. callosi machen den weiten Weg gegen die Sinus cavernosi zurück; ebendahin gelangen Venen des Orbital- und Temporallappens nach sehr kurzem N Eger Verlaufe, so dass sich hier die Stauung frühe, und gleich- zeitig mit den Venen des Sin. longitud., dort aber erst später äussern würde. Schwieriger noch ist das Verhalten des ventriculären Stromgebietes zu beurtheilen. Indess halten wir fest, dass sich dessen Venen fast alle in einen Kanal vereinigen, der einen langen Verlauf und in der Tela chorioidea superior wenigstens eine sehr nachgiebige Umgebung be- sitzt, alles Umstände, welche den Fortschritt der Stauung hindern. Halten wir diese, wenn auch nur annähernd be- kannten Verhältnisse mit unsern Prämissen zusammen, so kommen wir etwa zu folgendem Schlusse : Die venöse Rückstauung beginnt gleichzeitig am Scheitel und an der basalen Oberfläche des Hirnmantels, aber mit überwie- gender Mächtigkeit vom Scheitel aus. Erst etwas später beginnt sie im ventriculären Stromgebiet. | Somit ergibt sich, dass das Gehirn ebenfalls successiv und concentrisch gegen die Ventricularoberfläche anschwillt. Die Bewegung aber würde vom Dach der Ventrikel und von den Hörnern aus beginnen, und gegen die mittlern Theile fortschreiten. Der Liquor ventricularis würde einem kräftigen und lange dauernden Drucke ausgesetzt sein. Derselbe muss sich weiter auf die basalen Cisternen ausgleichen, theils indem sich der nachgiebige Theil des Hirnbodens senkt, theilsindem Wasser durch den Aqusduct in die unter dem Tentorium gelegenen Räume abfliesst. Mit dieser Hypothese stimmt die von mehreren Be- obachtern constatirte Thatsache, dass sich die Athem- bewegungen an der membrana obturat. atlantis, an Spina bifida sehr deutlich nachweissen lassen. Aber noch haben wir des Einflusses zu gedenken, welchen der Lymphstrom durch die Venenstauung erfährt. ak ja, === Indem bei gewöhnlichem Ausathmen Venen und Ar- terien stärker gefüllt erscheinen, wird der Lymphstrom kräftig in die Gehirnmasse getrieben werden. Denn die Auswege den Gefässen nach auf die Hirnoberfläche, und durch Endosmose in die Blutbahn, sind ihm versperrt. Dagegen könnte die Exspiration den Lymphstrom in dritte, von den benannten unabhängige Wege treiben, von welchen indess nichts Sicheres bekannt ist. Umgekehrt muss die Inspiration dem Lymphstrom helfen, sich aus den Piatrichtern u. s. w. auf die Hirn- oberfläche ergiessen, oder in die Gefässe zurückzutreten. Ventrikelflüssigkeit würde, der entwickelten Vorstellung nach, durch die Exspiration aus den Ventrikeln ausge- trieben, durch die Inspiration umgekehrt eingelassen werden. Bei foreirtem Athmen würden sich die bezeichneten Folgen in übergrosser und vermuthlich auch in sehr un- gleicher Weise geltend machen, wenn die Starrheit der Venensinus nicht für eine gleichmässige Vertheilung des Druckes sorgen würde. Und beim ruhigem wie heftigem Athmen kommt noch der Druck in Betracht, unter welchem der Liq. cerebro- spin. steht, der dem Venendruck entgegengearbeitet, und in beständigem Höhenwechsel mit ihm steht. Er be- schıänkt die Extreme, und hilft auch hier die Ueber- gänge vermitteln und abrunden. Wir fassen das Vorstehende in folgende Sätze zu- sammen: 1. Auch ruhiges Athmen macht sich in der Hirn- curve geltend. 2. Starke Exspirationen zeigen eine entsprechende primäre, und eine ihnen folgende secundäre Erhebung a 7 der Curve. Die erste rührt von der venösen Rückstauung und vermehrtem arteriellem Drucke her, die letzte von einer reflektorischen Erweiterung der Gefässe. 3. Die venöse Rückstauung beginnt gleichzeitig von allen Sinus aus, und äussert sich desshalb zuerst im Gehirnmantel und erst etwas später im Stammhirne. 4. Während der Exspiration wird der Lymphstrom in das Paranchym des Gehirns getrieben, das Kammer- wasser gegen die Basis. c. Die dritte Art der Hirnbewegung nannten wir eine vasculäre. Sie stellt, wenn sie ungestört abläuft, eine sanfte Wellenbewegung des mittlern Curvenniveaus dar, welcher die Fuss- und Gipfelpunkte der Curve in nicht ganz parallelen Schlangenlinien folgen (vgl. Fig. 1—6). Die Anzahl der Wellen beträgt 2--6 in der Minute; jede Welle trägt demnach mehrere respiratorische, und diesen wieder superponirt, eine grössere Anzahl pulsato- rischer Wellen (Fig. 2). Es besteht aber, wie mir viel- fache Zählungen ergeben haben, zwischen der Frequenz dieser 3 Wellenarten kein festes Verhältniss. Die Länge der vasculären Welle hängt also nicht von der Zahl der Respirationen und Pulsationen ab. (Fig. 10.) Dagegen üben viele andere Momente einen Einfluss auf sie aus. Fall I wurde eine Zeitlang mit Bädern be- handelt. Während des Bades nahm ich die Hirncurve ‚auf. Vollbäder von 25—33 ° C. verlängerten, solche von 35—38° verkürzten die vasculäre Welle. (Fig. 11—14). Esmarch’sche Einwicklung des Armes verlängerte, Gal- vanisation des Grosshirns (Fig. 15), und noch mehr, solche des Sympathicus verkürzte sie, in Fall I mit, in Fall IV ohne gleichzeitige Abnahme der Pulsfrequenz. TOR ER m Dagegen beschleunigte starker schwarzer b Kaffee, im Bade von 32—37 ° getrunken, 2 wohl die Pulsfrequenz, liess aber die vas- culäre Welle unberührt. Von den ob- = besprochenen modificirten Respirations- Curve hebt sich bei der Inspiration, senkt sich 10. Fall Il. Nachmittags 4 Uhr. R = Respiration (die Fig. resp rat fische und eine Die Hirneurve © zeigt tricaspidalen Puls, bei der Exspiralion). langgestreckte vasculäre Welle. en constanten Ein- fluss bemerken. Bald schienen sie die vasculäre Welle eher zu begünsti- sen, bald zu hem- men. AusserderLänge varürt die Höhe der Welle mehr od. weniger stark. Der Unterschied zwischen Hoch- u. Tiefstand der Curve kann ein sehr mi- nimer sein, er kann aber auch 1 Ctm. betragen und dar- über. In völliger Ruhe der Versuchs- person handelt es sich um einige Mil- limeter. Lässt man ausser der die Zeit angebenden , also unterbrochenen Li- nie noch eine ein- fache gerade unter "PIIS ga —r5 A9M sea op Joneq = "ID oFE oA sepeqjjoaA Sowe puoayem [ [ET U0A HAmoulıH "SE "ALU | = zZ "PIAS 0E-— 75 one uauonesing 91aporu om Aıenasea odue] 9) 069% UOA SEpeqj[oA Saurd puaayem J [fe] U0A HAumduıg IE "STA Bern. Mittheil. 1881 “P9aS GH—ET PM 'IN9SPA op Jene] *oLE uoA sopeqjoa soul puaiyem [ [ed UA 9aınduaı 15 Joneq "PDOASOBRueL IST Io MA arenasea dlq "I oEE "PIS SE Er SA uoA sopeqjloA Sour puasyem [ [ie oA OANOUNA "FI 'STA Br I ke der Hirncurve zeichnen, so ist es leicht, die Erhebungen und Sen- kungen zu messen; sie fallen schon beim’blossen Ansehen deutlich in’s Auge. | Die Höhe der Welle steht aber mit der Länge in keinem constar- ten Verhältnisse. Es gibt kurze und hohe, lange und flache u. s. w. Wellen. So flachen sich die vas- culären Wellen im kühlen Bade ab, krümmten sich mehr im warmen. Jedenfalls gibt es ausser den be- nannten, noch viele Einflüsse, welche auch die Höhe mit bestimmen. Als solche sind vorab alle psy- chischen Regungen zu bezeichnen und unter diesen wieder am mei- sten die gemüthlichen. Mosso hat in dieser Richtung eine Menge, zum Theil höchst in- struktiver Versuche angestellt, und ich kann seine Befunde nur bestä- tigen. Ich habe dem Fall IV die- selben Zahlenaufgaben gestellt, die Mosso auf Taf. I und II notirt Wennjmeine Curven von den sei- nen abweichen, so ist es desswegen, weil mein Fall IV nicht leicht rechnete, und ängstlich gespannt war, das Richtige zu finden. Wäh- rend längerer Zeit starrte Pat. vor sich hin, zu ängstlich, um klar Die Wellenlänge sinkt I vor,_ II während der Galvanisation des Kopfes. von ca. 30 Secd. auf ca. 15 Sccd. Fig. 15. Hirncurven von Fall l. VITAMIN AAÄHT ATI IT III Hr Tr TTI Ian Ti A el denken zu können. Die Curve schwankte während dieser Zeit nur minim. Beim Erschrecken, wenn unerwartet Geräusch oder Lärm entstand, ging die Curve rasch in die Höhe, und sank alsbald wieder ab. | Fall III litt während eines Vormittags an Schmerzen von einem Panaritium herrührend. Die vasculären Schwan- kungen sind sehr stark, die Tiefstände halten lange an, die Wellenlänge geht über 1 Minute. (Fig. 16). Fall I spielt während einer Aufnahme Schach. Die Curve hat langgestreckte, niedere Wellen, mit einzelnen grössern Buckeln. Fall IV liest still eine humoristische Erzählung und lacht dabei öfters (Fig. 17). Die Curve macht viele unregelmässige Variationen, welche weniger stark aus- geprägt erscheinen, als der Pat. laut vorgelesen wird. (Fig. 18). Diese eigenthümliche, wogende Bewegung cerebraler und anderweitiger Blutgefässe wurde schon von vielen For- schern gesehen. Haller und Spallanzanı sahen sie an den Arterien des Gekröses, Loven an der Saphena, Schiff‘) an der mittlern Ohrarterie des Kaninchens.. Er fand die Bewegung so stark, dass er sie als die eines acces- sorischen Herzens bezeichnete. Er erkannte schon, dass sie vom Nervensysteme abhängig sei, weil sie nach Durch- schneidung des Ohrnerven, des Sympathicus, der vordern Wurzeln des 5-9 Spinalnerven, des Halsmarkes ver- schwinde. Yulpian ?) bestätigte diese Beobachtung, fügt aber bei, dass 2-3 Tage nach der Neurotomie die Be- wegung wieder beginne. Röver erkannte, dass sie durch !) Ein accessorisches Arterienherz. Arch. für phys. Heil- kunde. 1854. 2) Appareil vaso-mot. I. 81. 2/77 — 107 SdemanoA 88T 1qoT ‘EL ‘so219wydg uoyoIadıoy soul puaayem oem, 9aeındser oJugapogduerg TE IIET UOA uaamudıf IoNZ OT Br 7 AAMAMAMAAMAAAAMAANAAAAN aaa TAT TITTEN TE TITEL TE TI TEE TI VE TITLE EFT Int nı- Hirneurve von Fall IV. Pat. liest still für sich. Fig, 17. Es wird der Pat. vorgelesen. Hirncuıve ven IV. 18. Fig, ‘Curare, Atropin und künst- ‘liche Respiration nicht ver- ändert werde. Traube!) war der erste, welcher die vascu- iäre Welle als eine eigen- artige Aeusserung des Gefäss- centrums erklärte. Es gelang ihm am curarisirten und vago- tomirten Thiere durch Ein- blasen von CO *-haltigen Gas- gemischen, wie sie T’hiry be- nützt hatte, die von Athmung und Puls nicht direkt abhän- gige, vasculäre Welle ver- grössert darzustellen. Cyan- kali und Digitalis wirkten wie CO? Traube betrachtet sie desshalb als den Ausdruck einer rythmischen Thätigkeit des Gefässcentrums. Sigmund Mayer ?) schliesst aus seinen, die Schiff- Traube’schen Be- obachtungen bestätigenden Versuchen, dass das Gefäss-. centrum vom Athemcentrum aus erregt werde, und zwar dadurch, dass sich die Reize zu langsamen Entladungen lt) Gesammelte Beiträge I 387 ff. Vergl. ferner E. Cyon. Zur Physiologie des Gefässner- vencent. Pfl. Arch. IX, 499. 2) Wiener Sitzungsberichte. 1876. BIN ‚summiren. Luchsinger ‘) fand die Traube'sche Welle auch an Katzen und Kaninchen, deren Gehirn aus dem Kreis- laufe ausgeschaltet ist. Zuntz?) beobachtete dieselbe bei seinen Respirationsversuchen, hält sie für eine dyspnoische Erregung des Gefässcentrums, und schreibt desshalb diesem die Funktion zu, die mechanisch-respiratorischen Schwankungen des Blutdruckes auszugleichen. Sehr ausführlich haben Legros und Onimus ?) peristal- tische Bewegungen der Blutgefässe beschrieben, stellen die- selbe, als eine eigenartige der spasmodischen Contraction dar und der paralytischen Dilatation gegenüber. Sie halten dafür, dass dieselbe die Circulation wesentlich fördere, während Vulpian das Gegentheil annimmt. Sie machten ferner zahlreiche Versuche über die Wirkung galvanischer Ströme, und fanden, dass galvanische Ströme, die in der Richtung der Gefässverzweigung laufen, die peristaltische Bewegung, umgekehrt gerichtete die toni- sche Contraction erhöhen. Legros und Onimus knüpfen übrigens an ihre Untersuchungen Vorschläge, sie prak- tisch in der Electrotherapie zu verwerthen. Merkwürdiger Weise ignorirt Salathe (1. e.) in der sonst sehr sorgfältigen Arbeit, die vasculäre Welle ganz, und soviel ich aus dem Referate (Jahresb. d. Phys., 1878, p. 65) ersehe, thun Brissaud und Francois Frank das- selbe, indem sie die vasculäre Welle einer Veränderung des Athmungsmodus zuschreiben. Dagegen beobachteten sie Ragosin und Mendelssohn ..(l. e.), sie halten sie für ein regelmässiges Vorkommniss, aber von Ursprung und Bedeutung unbekannt. !, Zur Kenntniss der Funktionen des Rmks. Jahresb. d. Phys. 1878. 2) Ibid., p. 67. 3) Traite d’electrieit& medicale. Paris 1872, p. 153 ff. ve er A r —e u, re BT + Wh DT T gr et ER KA vs a ae DEE ET a EN NLOHEEN RS PR Po HT BERGE 2 DR EEE ’ A u N Am einlässlichsten hat sich Mosso damit beschäftigt. Er betrachtet sie recht eigentlich als eine psycho-cerebrale. Sie erscheint als Begleiterin psychischer, besonders affek- tiver Vorgänge, während die rein intellektuellen, wie Rechnen ete. eine anfängliche und eine schliessliche Er- hebung, zwischendurch aber eher eine Depression zeigen. Merkwürdiger Weise aber erklärte er (pag. 105) diese Wellen als „passive“, als secundäre, die durch einen verstärkten Blutzufluss herbeigeführt werden. „Da hier spastische Jschämie der Extremitäten als peripherische Ursache der allgemeinen Drucksteigerung im Gefäss- system und der Volumszurahme des Gehirns fungirt, so haben wir im Gehirn eine Volumsschwankung vor uns, die wir der Kürze halber passiv nennen können.“ Zwar sagt er im Eingange des betreffenden Kapitels, dass die „Undulationen“ von „mehrfachen, unter einander ganz heterologen Ursachen“ abhängig seien. Er bringt aber doch keine andern Ursachen bei, und bleibt im Ganzen bei dem angegebenen Mechanismus. Ja die vasculäre Bewegung der Ohrarterie des Kaninchens spricht er als eine psychische an; denn sie bleibe aus, wenn das Thier, ohne geängstigt zu werden, beobachtet werden könne. Schon hier aber muss er zugeben, dass eine Compen- sation des Blutdruckes nicht aufzufinden sei. Er führt aber weiter eine Reihe von Versuchen an (z. B. Taf. I: 1, Taf: IV 8, Taf! No, BEN u. A. m.), wo die Curven der ruhenden, oder schlafenden Versuchspersonen sehr schöne, regelmässige „Undulationen“ zeigen. Allerdings bezeichnet er sie entweder als spon- tane und unerklärliche, oder als solche, welche durch unbewusste seelische Vorgänge angeregt seien, „als eine Aenderung der Elasticität der Gefässwände“, „weil wir Su keine entsprechende Modifikation im Pulse des Vorder- armes wahrnehmen.“ Mit einem sehr hübschen Versuche am Hunde, wo die Vagusreizung wohl den Puls, nicht aber die Undulation der Carotis verlangsamte, schliesst Mosso den Einfluss der Pulsfrequenz, und durch weitere Versuche am Lebenden auch den der Athmung aus. Wie oben angegeben, habe ich eine Anzahl Versuche gemacht, welche alle, direkt oder reflektorisch, eine Ge- fässbewegung hervorzubringen geeignet waren. Dass durch sie die cerebralen Gefässe wirklich erregt wurden, zeigen die Curven zur Genüge. Desswegen habe ich diese Wellen vasculäre genannt, weil sie eine Bewegung der Gefässe anzeigen, die von sensibeln oder sensuellen Fasern aus angeregt, durch Vermittlung der Gefässnerven in den Gefässmuskeln ausgelöst wird. Besonders deutlich wurde gerade die Betheiligung der vasomotorischen Nerven, wenn der Halssympathicus galvanisch gereizt wurde. Ich habe aber keinen Grund, die durch psychische Vorgänge erzeugten Bewegungen der Hirngefässe für etwas anderes zu halten, als ebenfalls für reflektorische Gefässerregungen. Der Umweg über die Arterien der Extremitäten scheint mir durchaus überflüssig zu sein. Wir dürfen wohl zugestehen, dass die cerebralen Gefäss- nerven von psychischen Vorgängen besonders leicht er- regt werden, wie ja überhaupt viele Bewegungen und Bewegungsreihen von bestimmten sensibeln Gebieten aus viel leichter und vollkommener ausgelöst werden, als von ‘andern. Ich pflichte aber der Ansicht von Mosso vollkommen bei, dass es viele, uns unbewusste körperliche und see- lische Vorgänge gibt, welche nichtsdestoweniger die cere- bralen Gefässnerven erregen. Bern. Mittheil. 1881. Nr. 1014, ET RN Fe ee Alles, was wir unter dem Begriffe des Sensorium commune zusammenfassen, Empfindungen also, welche von den gesammten Organen des Körpers unserm Ge- hirne unaufhörlich zuströmen, werden die vasculäre Be- wegung erzeugen. Wenn wir dabei annehmen, die Reize müssten immer zu einer gewissen Höhe anwachsen, um sich entladen zu können, so benützen wir mehr eine übliche Redewendung, als dass wir eine eigentliche Er- klärung geben. Wenn während des Schlafes die vasculären Bewe- gungen am schönsten und gleichmässigsten ablaufen, wäh- rend psychischer Thätigkeit oder sensibler Erregung aber vielfach variiren, so beweist dies nur, dass letztgenannte Faktoren störend in den ruhigen Gang der dem Gehirne zuströmenden Reize, und somit des periodisch wechselnden Gefässzustandes eingreifen, wenn sie auch vollberechtigt sind, es zu thun. Im Schlafe fallen die bewussten, und viele unbewusste Reize weg, die vasculäre Bewegung wird desshalb zu einer gleichmässigen. Im Schlafe ruhen die hin- und hergeworfenen Blutgefässe aus. Auch darin stimme ich Mosso bei, dass eine „spontane“, d. h. rein automatische Erregung der Gefässnerven möglichst ein- zuschränken sei; ja ich sehe keinen Grund, sie nicht fallen zu lassen. Aber damit möchte ich auch die „heterogenen Ursachen“ einfach auf verschiedenartige Reize zurück- führen, welche die cerebralen Gefässe theils dauernd, theils bloss gelegenheitlich, stark oder schwach erregen, theils als „adäquate“, theils als „conträre“. Ich lasse es unerörtert, auf welche Weise und mit welchen Mitteln der cerebrale Gefässmechanismus arbeitet, und ebenso, inwieweit gefässverengende und gefässerwei- ternde, als alternirend oder antogonistisch wirkende Kräfte in Frage kommen. Es wird Sache des physiologischen u . ’ ee SF en ee ee ae ae: oder pathologischen Experimentes sein, die Bahnen, die Centren und die Arbeitstheilung der Hirngefässnerven weiter zu verfolgen. Für unsere vorliegende Aufgabe genügt es, die vasculäre Bewegung als fertige Erschei- nung zu fassen, und in ihren weitern Wirkungen zu ver- folgen. Zu diesen letztern gehört auch der Einfluss, welchen sie auf die pulsatorischen und respiratorischen Wellen ausübt. Geht die vasculäre Welle ihren ruhigen Gang fort, so wird während des Hochstandes die einzelne Pulsation grösser, alle Erhebungen sind höher und runder. Auf. ihrem Höhepunkte erscheint öfters der P. tricuspidalis. Während des Tiefstandes dagegen sind alle Erhebungen niedriger. Die Pulsation erscheint kleiner, schärfer ge- schnitten; die dicrotischen Nachschläge kommen nicht später, aber tiefer am absteigenden Curvenschenkel zu Tage. Dies ist so constant am menschlichen Gehirn, wie an der Carotis des Hundes. Ich leite daraus den Schluss ab, den auch Mosso aus seinen Beobachtungen gezogen hat, dass der Hochstand der vasculären Welle einer Relaxation, der Tiefstand aber einer Contraction der Arterien entspricht. Denn derjenige Bestandtheil, welcher die Elasticität der Arterien in einer Minute mehrmals zu ändern ver- mag, kann nur die Muskulatur sein. Wenn auch End- arteriitis, Atherom u. s. w. die elastischen Elemente (in histolog. Sinne) der Arterie verändern können, so ist dies ein Jahre brauchender Krankheitsprocess. Dagegen er- weitern und beschränken die Muskeln, je nachdem sie erschlafft oder thätig sind, die Elasticität der Arterien. Je fester sie zusammengezogen sind, um so mehr wird er ERUTEE sich das Rohr, caeteris paribus, einem starren nähern, und um so unlieber wird es sich ausdehnen, um so rascher und energischer wieder zusammenziehen. Die einzelnen Pulsationen werden demnach niedrig und scharf geschnitten sein (vgl. Fig. 11, 16 etc.). Umgekehrt wird eine schlaffe Muskulatur auch schlaffe Bewegungen machen. Allerdings wird ein schlaffes Rohr durch eine grosse Blutmenge auch soweit gedehnt werden können, dass es so geringe Bewegungen, wie ein fest con- trahirtes zeigt. Wird aber die erschlaffte Arterie durch irgend einen Reiz zur Contraction gebracht, so sinkt das. Uurvenniveau und der Puls nimmt wieder die gewöhnliche: Form an. Das Umgekehrte, eine übermässige Contrac- tion ist daran zu erkenneu, dass Curvenniveau und Pul- sation steigen, wenn die Gefässe durch warme Bäder u. A. mehr erschlafft werden. Die venöse Anfüllung aber unterscheidet sich von beiden dadurch, dass pulsatorische und vasculäre Bewegung auf dem erhöhten Curvenniveau sichtbar bleiben. Man kann übrigens an Fällen von Schädeldefekt den Contractionszustand der Arterien, wenn er grössere Schwankungen macht, leicht oculis et manibus verfolgen. Die Bedeckungen treten manchmal halbkuglig gewölbt hervor, und andere Male ziehen sie sich bis zum Aeusser- sten schüsselförmig ein; ein Verhalten, das mir an Falll von den Wärterinnen war gezeigt worden, lange ehe ich eine Curve aufgenommen hatte. Die respiratorische Welle der Hirncurve erleidet. durch die vasculäre eine ähnliche Beschränkung, wie die pulsatorische. Die contrahirte Arterie setzt ihr grössern Widerstand entgegen, als die relaxirte. Ich habe Curven aufgenommen, Hirnpuls und Respiration gleichzeitig, wo der Contractionszustand der Hirngefässe ungemein stark. IE ne a ec wechselte, und wo sich der benannte Einfluss auf das schönste ausprägt, selbverständlich während völliger Ruhe des Untersuchten. (Fig. 19). Ich stimme also hier mit den obbenannten Ansichten von Zuntz theilweise überein. Wir haben es demnach in der vasculären Welle mit einer periodisch wiederkehrenden Arteriencontraction zu thun, welcher jeweilen eine Erschlaffung folgt, einem in der Ruhe regelmässigen Alterniren des Arteriencalibers, das aber durch vielerlei Dinge zu beeinflussen ist und seinerseits andere beeinflusst. Diese, wir dürfen wohl sagen peristaltische Bewegung der Gefässe ist zwar viel lang- samer, als die Athembewegung, aber unter gewöhnlichen Verhältnissen viel kräftiger. Sie bedingt also viel bedeu- tendere Schwankungen des craniellen Blutgehaltes, als jene, ja sie kann auch viel bedeutendere Niveauunter- schiede zeigen, als die Pulsationen hoch sind, so dass also ihr Einfluss auch den des Pulses übertreffen muss. Lassen wir, die oben festgestellten Prämissen auch hier wieder benützend, diese peristaltische Bewegung vom Circ. Willisii weg den Arterien nach sich entwickeln, so wird von der Basis zum Scheitel hin eine Horizontal- ebene des Gehirns nach der andern im Zustande der Ar- teriencontraction, bezw. der Relaxation sein. Wir werden das Gehirn in eine Anzahl Isorrhopen, d. h. Ebenen gleicher Contractionsphase, und wenn wir die Gegensätze grösster Relaxation und Contraction berück- sichtigen, in Isoectenusen und Isosyntenusen‘) zerlegen können. Dass sich diese Zustände an verschiedenen Hirn- gebieten zeitlich folgen, konnte ich besonders an der relativ grossen Schädellücke des Falles II beobachten. lt) Ausdrücke, welche ich der Gelehrsamkeit des Herrn phil. Prof. H. Hagen verdanke. syn g sdeprwugden "Iq91 '66 „NBEMUOS Opueisjarg, un “yaeıs ompspogenidses op Jufoyosıo ooMm Waıznosea Top OPUMISTOH "I OAT TIEg 104 SAInDuıy "GE "RA FE a Die Lücke liegt im Gefässgebiet der hintern Aeste der Art. Foss. Sylvii. Der basalste und der dorsalste Punkt der Lücke wurden mit elastischen Kapseln versehen und so zwei Hirncurven gezeichnet. Allerdings liegen die beiden Punkte nur wenige Cm. auseinander. Es konnten somit keine grossen Abweichungen der Curven erwartet werden. Aber doch zeigen sie sehr deutlich, dass die Hirn- theile, jeder für sich, ihre vasculäre Bewegung machen. Die Curven laufen nämlich nicht parallel, sondern nähern und entfernen sich gegenseitig. Genaue Zeitbestimmungen der Fortpflanzungsgeschwindigkeit konnte ich noch nicht vornehmen. Durch die vasculäre Contraction verkleinert sich aber der betreffende Querschnitt des “&ehirns mehr oder we- niger bedeutend, was, wie gesagt, durch direkte Inspek- tion und durch die Öurve ad oculos demonstrirt wird. Das Venenblut Kann hier noch weniger, als bei der Pulsbewe- gung als ausfüllende Masse herbeigezogen werden, weil eben nicht ausgefüllt wird und Vulpian!) hat am Ka- ninchenohr beobachtet, dass während der Arteriencontrac- tion das Venenblut wohl dunkler, dass aber die Vene selbst nicht weiter wird. Wir greifen demnach, wenn wir uns die Bedeutung der vasculären Welle für die Cirkulation im geschlossenen Schädel klar zu machen suchen, wieder auf den Liq. cerebrospin. als vermittelndes Mo- ment, und sagen somit, dass überall, wo die vasculäre Welle Platz schafft, der Liquor eintritt. Das vasculäre “ Weiterwerden des Gehirns entwickelt sich in gleicher Rich- tung, wie bei den Pulsationen; das Gehirn stemmt sich gegen die Schädelwand an und dehnt sich gegen die ventriculäre Oberfläche zu aus. Dagegen wird es I, L’appareil vaso-moteur. Paris 1875, p. 78, ff. SEHE sich, wenn sich die Arterien contrahiren, wie von einem Ringe umschnürt, von der Schädelwand zurückziehen müssen. Da diese Bewegung langsam geschieht, eben nur einige Male per Minute, so wird der Liquor durch die Maschenräume des subarachnoidalen Gewebes, wie ich mir vorstelle, zu folgen Zeit genug haben. Lassen wir die Bewegung an der Basis beginnen, so werden zunächst die basalen Hirntheile abschwellen, das Kammerwasser wird dem noch vom Vertex her wirkenden Drucke folgend, leicht durch die Oeffnungen des vierten Ventrikels aus- strömen und der auf die Convexität des Gehirns weiter- gehenden Contraction folgen können. Da aber der Ver- engerung eine Erweiterung der Arterien auf dem Fusse folgt, so wird der Liquor einestheils vom Wiedereintritt in die Ventrikel abgesperrt, anderntheils, wie durch ein Schleusenwerk, mit der Geschwindigkeit der vasculären Welle von der Basis zum Scheitel befördert werden. Key und Retzius haben hier auch die Wege kennen lehren, durch welche der Liquor, am Scheitel angelangt, den Schädel verlassen kann. Er geht durch die Pacch. Granulationen in die Sinus über. An der Basis stehen ihm die Hüllen der austretenden Nerven, wenn auch nur als bescheidene Aushilfe, offen. Mit diesen, auf die Gehirncuven basirten Deduktionen stimmen auch die Resultate der Zinnoberinjektionen überein, welche Quincke') gemacht hat. Er fand nämlich den in den Subarachnoidalraum des Wirbelkanals inji- cirten Zinnober zum kleinen Theil in den Scheiden der Hirnnerven und den cervicalen Lymphdrüsen, zum grössten aber in den Pacchionischen Granulationen und 1 ) Zur Physiologie der Cerebro-Spinalflüssigkeit. Arch. v. Reichert, 1872. Jahresb. d. Physiol., 1872. ee 2 Kat. Se neben ihnen in der Dura wieder. Der Zinnober hatte also die Filtra verstopft. Die Ventrikel dagegen und die perivasculären Kanäle blieben frei. Warum dies bei erstern so kommen muss, habe ich bereits angegeben. Doch möchte ich als weitern Grund noch auf die Möglichkeit hinweisen, dass mit der Diastole der corticalen Arterien zu gleicher Zeit die Plexus Liquor könnten transsudiren lassen, wodurch die Ventrikel förmlich ausgespült würden. Ich betone wieder- holt, dass der langsame Ablauf der vasculären Welle eine derartige Annahme wohl gestattet, gegen die man sich bei der vielfach raschern Pulswelle sträubt. Die Virchow- Kölliker’sche Ansicht (vgl. Althann), dass der Liquor ab- wechselnd transsudirt und resorbirt werde, käme demnach, wenn auch modifieirt, bei der vasculären Hirnbewegung wieder zur Geltung. Und ähnlich, wie die Ventrikel und subarachnoidalen Räume verhalten sich, meiner Aufstellung nach, die peri- vasculären Räume. Zieht sich in deren Mitte eine Ar- terie zusammen, so wird der Weg frei, und es kann sich ihr Inhalt auf die Oberfläche des Gehirns ergiessen, un: mit der nachfolgenden Arteriendiastole weiter befördert zu werden. Die vasculäre Hirnbewegung hätte demnach für das Gehirn die Beförderung des Lymphstromes zu besorgen. Es scheint mir nun nicht ohne Bedeutung, dass sich während der Ruhe und des Schlafes die vasculäre Welle am gleichmässigsten und schönsten entwickelt, dagegen in der Thätigkeit, besonders der psychocerebralen, viel- fachen Schwankungen unterliegt. Denn steigen während der Thätigkeit Blutzufluss und Verbrauch, so steigt dafür während des Schlafes, trotz verminderter Blutzufuhr, die Abfuhr verbrauchter Stoffe. Bern. Mittheil. 1881. Nr. 1015. = "0, Gerade die Unregelmässigkeit der vasculären Welle im wachen und thätigen Zustande des Gehirns, weist aber auf die Möglichkeit hin, dass der beschriebene Vorgang in den einzelnen Hirnprovinzen eine gewisse Unabhängig- keit besitzen kann oder muss. Denn lassen wir für das Gehirn wiederum dieselben Reflexgesetze wie für die Blutgefässe anderer Körpertheile gelten, z. B. der Haut, so können ganz beschränkte Gefässbewegungen der ge- rade thätigen Hirntheile vorkommen, woran die übrigen nicht Theil zu nehmen brauchen. Wenn aber diese Hirn- theile ihren verbrauchten Saftgehalt wegschaffen sollen, so werden sie, der entwickelten Vorstellung nach, am leichtesten damit fertig werden, wenn sie sich der all- gemeinen vasculären Bewegung anschliessen können. Wir würden somit auch eine etwas bestimmter gefasste Hypo- these über das Zustandekommen des Schlafes und über seine erfrischende Wirkung aufstellen können, als sie die allgemeine Formel von der Ermüdung bisher gestattet, indem wir einestheils die Ermüdung nicht nur aus dem Stoffverbrauch, aus ungenügendem Ersatze, sondern auch aus der vielfach gestörten Abfuhr des Verbrauchten, aus den Unregelmässigkeiten der vasculären Welle er- klären, und indem wir anderestheils die durch den Schlaf erfolgende Erfrischung als eine Wirkung der regelmässig gewordenen Gefässperistaltik ansehen, welche die auf- gespeicherten Abfälle wegzuschaffen geeignet ist. Ich möchte noch besonders betonen, dass die vas- culäre bewegung eine sehr kräftige ist. Es gelang mir öfters, die Puls- und Athembewegungen der Lückenhaut zu unterdrücken, die eigene Gefässbewegung aber nicht. Wir dürfen ihr also schon Kraft genug zutrauen, die ihr zugemuthete Arbeit wirklich auszuführen. pr SWESRLES En: Dem Arzte, der ein Verständniss dunkler patholo- gischer Vorgänge sucht, drängen sich bei der Erörterung und Beantwortung physiologischer Probleme, wie des vor- liegenden, sofort Fragen aus dem Gebiete der Pathologie auf. Indess ist dabei die grösste Rückhaltung geboten, will man nicht in eine haltlose Conjecturenmacherei ge- rathen. Da aber andererseits die pathologische Beobach- tung dem physiologischen Versuche nützlich sein kann, und es schon oft gewesen ist, so darf man wohl gewisse Perspektiven in’s Auge fassen. Ich dachte zunächst so. Wenn die vasculäre Bewe- gung den cerebralen Lymphstrom fördert, so müssen alle Erkrankungen, welche jene stören, auch diesen hemmen. Es müssen sich die Iymphatischen Flüssigkeiten in und um das Gehirn anhäufen, wenn nicht sonst wie Abhilfe geschafft wird, entweder durch die basalen Abzugskanäle, oder durch eine frequentere Pulsation. Denn diese muss in gleichem Sinne, wenn auch viel schwächer, wirken. Genügt dies nicht mehr, so übt das mit Iymphatischen Stoffen überladene Gehirn einen energischen Reiz auf seine Gefässnerven aus, es erfolgen heftige Gefässcon- tractionen und -Relaxationen, die sich als epileptischer Anfall äussern. Seitdem ich mich mit diesen Studien . beschäftige, habe ich jbesonders die epileptischen Anfälle der allge- meinen Paralyse benützt, um meine Hypothese zu prüfen. Man beobachtet häufig, wie nach einer Periode relativen Wohlbefindens allmählig die psychische und motorische Erregung steigt, wie der Kopf sich röthet, heiss wird, selbst ein eigentlicher Tobsuchtanfall losbricht, bis, wie mit einem Schlage, sich die Scene ändert. Bleich und verfallen, physisch und psychisch verarmt, liegt der Kranke da, ein epileptiformer Anfall ist dazwischen getreten. Im Hinblicke auf obige Hypothese würde ich nun den ganzen Hergang so erklären, dass während einiger Zeit ein übermässiger Consum, ohne den nöthigen Ersatz stattgefunden, dass sich Iymphatische Stoffe en masse angehäuft haben, deren Reiz endlich zu einer ge- waltsamen Entleerung geführt hat. | Angenommen aber, es würden sich alle aus meinen und anderer Forscher Beobachtungen gezogenen Schlüsse und Hypothesen als richtig erweisen, so würde uns dies doch wenig nützen, weil uns im concreten Falle selten gestattet ist, die Hirnbewegung graphisch aufzunehmen. Wir würden entweder darauf verzichten müssen, die Hirnbewegungen in verschiedenen krankhaften Zuständen zu untersuchen, und daraus auf den pathologischen Vor- gang und auf das einzuschlagende Heilverfahren schliessen zu können, oder wir würden genöthigt, den Schädel ad hoc zu öffnen, was sich die heutige Chirurgie technisch wohl erlauben dürfte. Wir haben aber ein einfacheres und natürliches Mittel, die gewünschte Kenntniss, wenigstens theilweise zu erhalten, und zwar durch die Aufnahme des Carotis- pulses. | Der Coratispuls zeigt nämlich die gleichen 3 Bewe- gungsarten wie der Hirnpuls. Die Identität der pulsato- rischen Bewegung haben wir schon oben besprochen. Die respiratorische Bewegung ist schwierig rein zu erhalten, d. h. unbeeinflusst von den musculären und trachealen Bewegungen des Halses. Ich bin noch nicht dahin gelangt, diesen Fehier völlig auszumerzen, hoffe indess, es werde mir noch gelingen. Immerhin unter- lasse ich desshalb eine detaillirte Besprechung dieser Phase. Sehr schön dagegen fand ich die vasculäre Be- wegung ausgebildet. Sie ist, besonders während des Fig. 20. Carotiscurve des Herrn Dr. Weibel. Derselbe liegt schlafend auf dem Sopha. Schlafes, eine sanft undu- lirende, kann aber im Wa- chen alle möglichen grös- sern Veränderungen erfah- ren, während doch die Versuchsperson unbeweg- lich und flach auf dem Rücken liegt. Ich habe dieses Resultat bei einer Anzahl gesunder und kräf- tiger junger Männer er- haiten, und an vielen Kran- ken ebenfalls constatirt. (Fig. 20). Ich habe selbstverständ- lich auch eine Anzahl simul- taner Hirn- und Carotis- curven aufgenommen, und an mehreren derselben ge- funden, dass sich die vas- culären Wellen von Carotis zu Gehirn und umgekehrt zeitlich folgen. Doch kann ich hier noch nicht mehr als eine allgemeine Ueber- einstimmung constatiren; für Spezielleres muss ich warten, bis ich günstigere Fälle bekomme. Immerhin ist es a priori nicht verboten anzuneh- men, dass locale Gefäss- bewegungen sich zuerst am Be Orte ihres Entstehens, im Gehirne also, kundgeben, und erst nachher in den zuleitenden Arterien, dass aber die allgemeinen, etwa durch Vermittlung der Gefässcentren hervorgerufenen, einen ganzen Gefässbezirk von seinem Ursprunge an beherrschen, sich also in der Carotis zu- erst entwickeln. Ich bin zu dieser Idee nicht nur durch die Analogie mit andern, als dem craniellen Gefässbezirke, sondern auch durch direkte Beobachtung gewisser Krankheits- _ formen, wie z. B. der Epilepsie, gelangt. Ich will aber hier nicht näher auf diese Vorgänge eintreten, sondern nur nochmals betonen, dass uns das Sphygmogramm der Carotis äusserst wichtige Aufschlüsse über den craniellen Gefässzustand gibt, viel bessere, als das Sphygmogramm der Radialis. Ich kann hier Benediet nur beistimmen, wenn er') urgirt, dass der Puls meh- rerer Gefässbezirke müsse untersucht werden, da er sich in denselben sehr verschieden verhalten könne. Seitdem ich mein Augenmerk darauf gerichtet, habe ich sehr häufig grosse Gegensätze zwischen Carotis- und Radialis- puls gefunden. Auch Mosso macht ausdrücklich darauf aufmerksam. Schliesslich muss ich aber noch auf einen Gewinn hinweisen, der sich aus diesen Hirnbewegungen ziehen lässt. Er betrifft die Beurtheilung der Pulsbilder. Es ist neuestens wieder von mehreren Seiten aus- gesprochen worden, dass die Sphygmographie der Patho- logie diejenigen Aufschlüsse nicht ertheile, welche diese haben möchte. | Abgesehen davon, dass die Radialis zu ausschliesslich sphymographirt wurde, dass sie Vieles überhaupt nicht !) Ueber multiple Pulsfühlung. Sep.-Abdr. d. Wien. med. Presse 1875 (?) ee FERIEN LE ENEN TA angeben kann, weil der gesuchte Process sie nicht be- rührt, kommt meines Erachtens der berügte Uebelstand von der Ungleichheit der physiologischen und patholo- gischen Fragestellung, und weiters davon her, dass zu kurz gezeichnet wird. Die Physiologen gehen von der Wellenbewegung in starren und elastischen Röhren aus; das Pulsbild ist ihnen der sichtbare Ausdruck vor- oder rückläufiger Wellen im elastischen Arterienrohr. Nun interessirt es die Pathologie zwar auch zu wissen, wie die Wellen er- regt werden. Die Pathologie des Herzens und der grossen Gefässstämme zieht daher grossen Nutzen (vergl. z. B. Riegel, Samml. klin. Vorträge, 144—145). Die Pathologie des Nervensystems aber will erfahren, warum die Erhebungen der Pulswelle einmal so und das andere Mal anders ausfallen, und will, wie schon oben bemerkt, die veränderliche Grösse im Sphygmogramm kennen lernen. Und darüber gibt num die vasculäre Welle, meines Erachtens, Auskunft. Sie zeigt den Con- tractionszustand der Arterie und dessen Aenderungen an, und zeigt zugleich, wie durch denselben die Erhebungen der Pulswelle modificirt werden. Denn ganz genau, wie die Hirnpulsation, ändert die Arterienpulsation je nach dem Stande der vasculären Welle ihren Ausdruck. Beim Hochstand der letztern, also in der Erschlaffung der Arterie runden sich alle Erhebungen ab, die catacroten treten höher oben am absteigenden Curvenschenkel auf, so dass der Puls bi- und tricuspidal werden kann. Beim nächsten Tiefstande gehen diese Erscheinungen in ihr Gegentheil üher. Wie die beschriebenen Versuche lehren, kann die vasculäre Welle durch Bäder u. s. w. beeinflusst werden. BE ..geN Es ist desshalb nicht schwierig, sich auch am Carotis- pulse die nöthigen Aufschlüsse zu verschaffen, indem man die Versuchsbedingungen ändert. Und darin besitzen wir auch das Mittel, passive Erhebungen, also venöse Rückstauungen, von aktiven und collatoralen, compensatorischen Fluxionen zu unter scheiden. Der Vorderarmpuls zeigt, wie aus Mosso’s Curven sehr schön zu ersehen ist, den nämlichen Wechsel, wie der Carotispuls, doch weniger ausgeprägt. Die vasculäre Welle der Art. brachialis ist nicht nur Theilerscheinung einer allgemeinen periodischen Gefässbewegung, sondern auch Ausdruck lokaler Vorgänge. Das Gebiet der Arm- gefässe behauptet eine gewisse Selbständigkeit, und kann desshalb nicht so gut, wie das der Carotis, zur Controle cerebraler Vorgänge benützt werden. Aber als wichtige Ergänzung, als unentbehrliche Station in der multipeln Pulsfühlung, bleibt es von grösstem Werthe. Ich habe nun bereits eine grössere Zahl von Caro- tidenpulsen aufgenommen, welche mir, mit den Ergeb- nissen der Hirnceurven zusammengehalten, nicht ohne Interesse erscheinen. Ich will aber deren Publikation auf eine spätere Gelegenheit verspaaren, und mich mit dem gegebenen Hinweise begnügen. Ich fasse die Erörterungen über die vasculäre Hirn- bewegung in folgende Sätze zusammen: 1. Die vasculäre Welle ist ein integrirender Bestand- theil der Hirnbewegung. 2. Sie wird durch neuro-psychische Reize aller Art gefördert oder gehemmt. 3. Sie ist desshalb als ein Gefässreflex aufzu- fassen. EEE ENDET ee a u Ti Bi 2 20 N N 4. Sie beeinflusst ihrerseits die Puls- und Respira- tionsbewegung des Gehirns. 5. Sie schreitet in Isorrhopen von der Basis des Ge- hirns zum Scheitel fort. 6. Sie befördert den intra- und extracerebralen Lymphstrom von der Basis zum Scheitel. 7. Die Carotis zeigt die vasculäre Welle ebenfalls. Bemerkungen, die Curven betreffend. In Folge eines Missverständnisses las der Xylograph die Curven von links nach rechts, statt umgekehrt. Wo sie getheilt werden: mussten (Fis.- 3, 5, 748,9, 10,:11,.52,:13,:14,'15, 16, 19 und 20), beginnen sie desshalb unten, ınüssen also von unten nach oben gelesen werden. Pfeile geben die Richtung, und Zahlen die Reihenfolge der zusammengehörenden und sich folgenden Curventheile an. Die Fig. 6° und 8 stellen Ausschnitte aus grössern Tafeln dar; die einzelnen Linien sind also nicht als direkte Fort- setzungen anzusehen, auch in Fig. 8 nicht, wenn die untere Hälfte an das rechte Ende der obern gesetzt wird. urunnnrrnnrnnn Bern. Mittheil. 1881. Nr. 1016. Prof. Dr. B. Luchsinger. Zur Physiologie der Harnleiter. Vorgetragen in der Sitzung vom 12. März 1881. Schon längst waren die rhythmischen Pulsationen be- kannt. vermöge deren die Harnleiter ihren Inhalt von der Niere bis zur Blase fortführen. Aber die Mechanik dieses Geschehens war gleichwohl noch immer recht dunkel ; hat doch selbst noch der letzte und sonst sehr gründliche Untersucher dieses Organes, Engelmann in Utrecht, jeden Einfluss mechanischer Span- nung geleugnet, obgleich schon gewisse ältere Beobach- tungen auch hier analog den Verhältnissen beim Herzen einen Einfluss des Druckes angedeutet hatten. Für die verschiedensten Stücke der Herzwand habe ich erst neulich noch geradezu in der mechanischen Span- nung ein mächtigstes Reizmittel erkannt; ja es war für gewisse Präparate, die der normalen Führung des Venen- endes entbehrten, die wechselnde Spannung der einzige Reiz, pulsirten diese Stücke, vornehmlich die ganglienfreie Herzspitze nicht bei Spannung Null, lieferten aber eine um so schnellere Schlagfolge je höher der Druck. Ueberzeugt von dem Walten allgemeinerer Principien, habe ich auch von dem Harnleiter Aehnliches vermuthet ; noch mehr, allein schon die so grosse Zweckmässigkeit solcher Beziehung musste zu solchem Schlusse bestechen. Vor wenig Jahren hat einer der geistvollsten jetzigen Physiologen, Pflüger in Bonn, die zweckmässigen Be- Ar ziehungen der Organismen in kurzer Formel zusammen- gefasst. „Die Ursache jeden Bedürfnisses eines lebendigen Wesens ist zugleich die Ursache der Befriedigung des Bedürfnisses.“ Mit solchem „teleologischen Causalgesetz“ wäre aller- dings das zweckmässige Arbeiten des Ganzen und der einzelnen Stücke in schönster Weise einem mechanischen Verständnisse entgegengeführt. Harn wird immerfort von der Niere geliefert, er wird den elastischen Ureter ausdehnen; wenn aber nur solche Dehnung „die Ursache des Bedürfnisses“ auch eine Rei- zung dieser Muskelwand bedingt, so wird eben die nach- folgende Contraction den Reiz entfernen, und die Span- nung wird so auch zur „Ursache der Befriedigung des Bedürfnisses“ werden. Vor Allem aber waren jetzt neue Versuche den ge- legentlichen negativen Angaben gegenüberzustellen. Wir haben solche an Kaninchen und Hunden an- gestellt. Die Thiere waren zu anderen Versuchen vorher verwendet, und dadurch gewiss schon in jenen zählebigen Zustand versetzt worden, der nach Dernard’s Vorgange durch langsames Abkühlen bewirkt wird, das Ueberleben der Warmblütergewebe aber in schönste Parallele setzt zu dem bekannten Verhalten der Kaltblüter. Lest man bei solchen Thieren die Ureteren blos, so . zeigt sich ohne Weiteres nur Ruhe. Wir binden Kanülen in das obere und untere Ende, wir schneiden den Ureter aus der frischen Leiche und bringen ihn in warme Salz- lösung, wir verbinden endlich ein Druckgefäss mit einer der Kanülen und füllen auch dieses mit warmem Salzwasser von 0,7 °/, Kochsalz. Beim Druck Null, auch beim Druck von 3 Cm. Wasser bleibt der Ureter immerfort ruhig. Anders bei stärkeren Drücken. Bei 5, jedenfalls bei 10 Cm. beginnt eine Reihe von Pulsen ; steigen wir zu einem Druck von 20 Um., so wird diese Pulsfolge erheblich beschleunigt, um beim Absinken des Druckes auf Null nach wenig Schlägen wieder zu er- löschen. Die Spannung des Ureters ist also wirklich ein mächtiger Reiz für denselben, ja sie ist bei unserem Prä- parate geradezu die einzige Ursache jeder Pulsation. Leicht könnte man glauben, dass solcher Reiz für sich schon auch für das normale Verhalten innerhalb des Organismus vollkommen genügen dürfte. Einige gelegentliche Beobachtungen scheinen hier An- deres zu lehren. Schneidet man dem normalen, tief mit gemischter Morphium-Chloroformnarkose betäubten Thier den Ureter durch, so sieht man auch das untere, also nicht mehr gefüllte Stück, allerdings in verlangsamtem Tempo pulsiren. Die Ratte dürfte solches am besten illustriren. Wo- her stammen diese Pulsationen ohne Druck? Sind sie überhaupt normale Pulsationen ? oder sind sie nicht viel- mehr blos Artefacte, erzeugt durch die Reizwirkung des Schnittes an sich? Weitere Versuche müssen hier Auf- schluss liefern. ER we a a u a un Te RS = 901 .— 3. Coaz. Der Illsraben gegenüber Leuk im Wallis. Vorgetragen in der Sitzung vom 15. Januar 1881. Den 1. Oktober vorigen Jahres, zu einem unfrei- willigen Rasttag in Susten, der kleinen Ortschaft und Eisenbahnstation unter Leuk, am linken Ufer der Rhone, veranlasst, benutzte ich die Zeit, den schon längst ge- hegsten Wunsch einer Wanderung in den Illgraben, der unmittelbar unter Susten in die Rhone mündet, in Er- füllung zu bringen. Bei einem Ueberblick über das Blatt XVII des schweiz. ‚Atlases, im Maasstab von 1: 100,000, fällt einem eine ganz eigenthümliche Terrainbildung im Südosten des Blattes auf, mehr noch auf dem betr. Blatt im Maasstab der Original- I 2 aufnahme im 50,000 *«, Man findet sich versucht anzunehmen, man habe einen Krater vor Augen, dessen Rand gegen Osten eingebrochen und weggespült worden sei. Da wir aber wissen, dass in unserem Vaterlande keine vulkanische Gebilde zu suchen sind, so haben wir es hier mit einer ganz eigenthümlichen Auswaschung, Erosion, zu thun, die zu dem interessantesten und grossartigsten der Schweiz gehört. Befassen wir uns, m. HH., zunächst mit der Configu- ration und Flächenausdehnung des Illgrabens und seines Schuttkegels und sodann mit dessen Einfluss auf den Lauf der Rhone. Das Verwitterungs- und Erosionsgebiet des Illgrabens bildet einen Halbkessel, dessen halbmondförmig gebogener 3 Na BE c En r - Im - wi = Ag: um u N N .. Rand nördlich im Corbetschgrad sich erhebt, westlich die Plaine de Ste-Madelaine berührt und südlich in die Gräte des Illhorns und seine Ausläufer übergeht. Dieser Con- figuration gemäss findet der Abfluss des Wassers und der Schuttmassen von W nach O statt, biegt aber am Ende der Schlucht im rechten Winkel ab, und wendet sich nördlich der Rhone zu. Die Südseite des Illkessels von Corbetschgrat herunter und die den Kessel nach hinten abschliessende Wand, mit 500—1000 ” relativer Höhe, sind bedeutend schmäler, aber auch viel steiler als die Nordseite; sie bestehen fast ausschliesslich aus Fels und Schutt und nur an wenigen Stellen hat sich etwas Wald angesiedelt und er- halten, während die Nordseite grossentheils mit Wald bekleidet ist. Die Flächen, welche die Fels- und Schuttparthien ein- nehmen, messen in der Projektion wenigstens ca. 302 ", das ganze Wassergebiet des Illgrabens ca. 1,272 . Die Weidflächen der Alpen nehmen einen geringen Raum ein, dagegen sind die Waldungen ziemlich aus- i gedehnt. : Der Auswaschung der enormen Schuttmassen aus dem Illkessel entspricht ein verhältnissmässig grosser Schuttkegel. Beim Anblick dieser natürlichen Erdbewe- | gungen der Rüfen (Runsen) kommt mir unwillkürlich immer eine Sanduhr in Sinn, in welcher sich das, aus dem obern Trichter ablaufende Sand im untern koni- schen Theil, welcher dem Schuttkegel entspricht, an- sammelt. Der Schuttkegel des Illgrabens durch Jahrtausende allmählig aufgehäuft, erstreckt sich vom Ausgang des Illkessels in nördlicher Richtung bis hinunter zur Rhone, in dieser Richtung ca. 2,150” messend. In der Breite u ER ee —. 103. — zieht sich der Kegel vom Hofe Pfyn (Finge) über Susten bis Briannen bei Agarn. Der untere Umfang des Kegels, misst ca. 5,600 ” oder annähernd 1'/, Std. Die Land- strasse biegt sich ziemlich genau am Fusse des Kegels hin, dessen Gefäll 240” oder ca. 12°/,, dessen Flächen- mass 986 }* beträgt. Durch diesen gewaltigen Schuttkegel wird die Rhone auf die rechte Thalseite, hart an die dort anstehenden Jura- und Liasfelsen hingedrängt und in ihrem Gefälle be- deutend beeinflusst. Nach Mittheilung des Hrn. Ingenieur Zen-Ruffinen hatte der letztjährige Rüfeausbruch eine Stau- ung der Rhone, auf ca. 200 = aufwärts, von 2.20” bewirkt. In früheren Zeiten sollen die Ausbrüche des Illgrabens häufiger und grossartiger gewesen sein als sie jetzt sind, wie fast jede Rüfe ihre Periode der Ruhe oder geringer Bewegung und dann wieder gewaltiger Ausbrüche hat. Ein solcher Ausbruch staute einst die Rhone bei der alten Leukerbrücke um 4—5", und wurde beim Durch- bruch der Brückenpfeiler fortgerissen. Die Landstrasse erlitt durch Ausbrüche des Illgrabens häufige Beschädigungen und musste mehrmals strecken- weise neu erstellt werden; das letzte Mal im Jahre 1865. Das mittlere Gefälle der Rhone beträgt bis auf etwa 8 Kilometer unterhalb des Illgrabens 11 °/,,, unmittelbar oberhalb demselben auf ca. 250” annähernd 1°/,, und auf die Strecke bis Turtmann hinauf 2.5 °/,.- Der Iligraben bedingt somit auf eine weite Strecke den Rhonelauf und die Bildung der Thalsohle und damit auch die Correktion des Flusses. In dem Schuttkegel hat das Illwasser einen 5 bis 15" tiefen Graben ausgewaschen, woher der Name Illgraben stammt. Die Brücke der Landstrasse führt hoch über demselben hinweg und mancher frühere Bau wird von DR A a Ya BE 2 N 3 ET a Re Se ZT N II LET FT MET. N at 4 A ai Re E BR NREN Es Y Hr East ne FE EN TDR “= ar Ab 1,2 Eu ac; DE, nr A Br Br Hib, Fr ' Fr RA WEREN i F Aut NE ae RE 3 ; y Y N u YR, a U: ze den Schlammströmen in die Fluthen der Rhone hinaus- gerissen worden sein. Die Eisenbahn hat sich ein sicheres Trace auf dem felsigen rechten Ufer der Rhone gewählt. Anschliessend an den Schuttkegel des Illgrabens er- laube ich mir Ihre Aufmerksamkeit, m. HH., noch auf die eigenthümliche Bodenbeschaffenheit von Pfyn thalauswärts, längs der Rhone, bis über Sidders hinüber zu lenken. Es haben sich dort auf eine Länge von ca. 3 Std. und eine Breite von 1 St. eine Menge Hügel zusammen- gvuppirt, zwischen welchen sich kleine See’chen und Wassertümpel eingebettet. Der grössere See bei Sidders hat eine Tiefe von 10”, die übrigen erreichen dieselbe nicht. Die Höhe der Hügel geht bis 72” über die ‚Thalsohle. Diese Bodengestaltung rührt von grossartigen Berg- stürzen, namentlich vom Kökeli- oder Guggeligrat her, welcher die bereits erwähnte Plaine de Ste-Madelaine nördlich begrenzt und die westliche Fortsetzung des Corbetschgrates bildet. Diese Bergstürze müssen nach der letzten Eiszeit stattgefunden haben, da auf ihnen kein erratisches Gestein zu finden ist. Landschaftlich trägt diese Gegend des Rhonethals einen öden, düstern Charakter, aber die Kriegsgeschichte hat an dieses waldige und coupirte Terrain Erinnerungen geknüpft, auf welche die Walliser stolz sind. Auf den Schuttkegel des Illgrabens zurückkommend, so ist der Boden desselben, sowie die eben beschriebene Hügelgegend sehr trocken, arm an Boden und Humus, so dass nur ein kleiner Theil dieses Gebietes landwirthschaft- lich benutzt werden kann. Es ist dies hauptsächlich der- jenige Drittel des Schuttkegels, welcher östlich abfällt und die kleinen Ortschaften Susten, Pletschen, Wehthieren, Briannen und Gampenen mit Schloss trägt. Aber auch 4 f fi OB hier ist der Boden trocken und muss bewässert werden. Wahrscheinlich hat sich das Rhonewasser an dieser obern Seite des Rüfekegels öfters gestaut und fruchtbaren Schlamm zurückgelassen. Das gesammte übrige Gebiet ist kümmerlich mit Wald bedeckt, vorherrschend mit den so bodengenüg- samen gemeinen Kiefern und Weissbirken, welche der- artigen Boden zuerst bekleiden und unter ihrem Schutz, erstere auch durch ihre Bodenverbesserung anderen Holzarten und sonstigen Gewächsen die Bedingungen zu ihrer Existenz schaffen. Am Illkegel und Pfyn geht es damit aber sehr langsam und die Weideplätze tragen im- mer noch ein nur kärgliches, hartes und schlechtes Gras. Trotz dieser ungünstigen Verhältnisse bemerkte ich auf dem Schuttkegel und in der Schlucht des Illgrabens doch 30 verschiedene Holzarten, von welchen zu den sel- teneren folgende gehören: 1. die Mahalebkirsch (Prunus Mahaleb, L.), 2. der Alpen-Bohnenbaum (Cytisus alpinus, "Mill.), 3. die baumartige Blasenschote (Colutea arbores- cens, L.), und 4. der Sabebaum (Juniperus Sabina, L.). Der Gefälligkeit des Hın. Prof. Wolf in Sitten verdanke ich einige botanische Mittheilung über die Gegend zwischen Leuk und Sidders, welcher einige Pflanzen ausschliesslich eigen sind. Die Rebe von Salgetsch, die den Höllenwein hervorbringt, ist, nach Ansicht des Hrn. W., wahrschrinlich dieselbe Pflanze, welche den ebenso berühmten Rothen von Conthey erzeugt, aber das Aroma des Höllenweins ist von Letzterm doch ganz ver- schieden und vorzüglicher. Euphrasia viscosa L. und Coronilla minima L. (coronata Gaud.) treten, in der Schweiz, nur in dieser Gegend auf, die Erstere überall in den trockenen Kiefernwäldern, viel häufiger als bisher bekannt war, so ob Nione, ob Chippis, im Pfynwald, ob Salgetsch und Varen, ob Leuk; Coronilla m. an sonnverbrannten Abhängen und in Felsspalten : ob Varen, zwischen Salgetsch und Varen, im Pfynwald ete. Ein besonderer Schmuck des Pfynwaldes ist ein Ober- walliserbürger, der bis hieher und nicht weiter landabwärts Bern. Mittheil. 18831. Nr. 1017. — 106 — steigt, Astragalus exscapus, der oben am Simplon, bei Schallen- berg, im Grund, bei Visp, Stalden etc. so häufig ist. Unter- wallis besitzt die naheverwandte Oxytropis Halleri (Bunge), die im Pfynwald nur spärlich auftritt. In den kleinen See’n von Pfyn findet sich Banunculus Rionii Lag. Fragen wir nach dem Unsprung des beschriebenen Bodens des Illkegels, so müssen wir in den Illkessel zurückkehren, wo das Geschiebe von Felsen abwittert und von wo es heruntergeschwemmt wird. Ueber die Formation dieser Felsen gibt uns die in den Denkschriften der schweiz. Gesellschaft für die ge- sammten Naturwissenschaften, Bd. XXIII, erschienene Arbeit „Die pennischen Alpen. Beiträge zur Geologie der Schweiz von H. Gerlach“, Aufschluss. Zur Beurtheilung der petrographischen Beschaffenheit derselben habe ich einige Handstücke zur Vorlage mitgebracht. Der ganze Corbetschgrat mit seinen Abhängen, ferner der Hintergrund und die Sohle des Illkessels sammt der Plaine de Ste-Madelaine, besteht aus Pontiskalk mit Rauh- wacke, der Nordabhang mit dem Illhorn aus Quarzit. Ein Gypslager findet sich unweit ob dem Hofe Pletschen, am Eingang der Illschlucht, im Pontiskalk. Die Gesteinsarten dieser Formationen, mit Ausnahme der Rauhwacke, sind hart bis sehr hart (Quarzit), ver- wittern daher schwer und bilden erst nach langem Zeit- raum eine Bodenschicht, in der eine reichere Vegetation möglich ist. Der Fels in sich selbst aber, besonders der verucanoartige Quarzit ist locker gefügt, in Folge dessen denn auch die Verwitterung des Gebirges im Illkessel so rasch vor sich geht und das Material sich zum grössten Schuttkegel des Rhonethales anhäufen konnte. Als ich den 1. Oktober vorigen Jahres mit meinem Karl den Illkessel besuchte, brauchte ich von Susten bis F zum Eingang der Schlucht ca. '/, Std. Wir trafen dort einen Steinhauer, der an grossen Rauhwackenblöcken herumhämmerte und auf unsere Anfrage uns mittheilte, er rüste die Steine (sog. Illgrabensteine) zu Böden in Oefen und Feuerherde und zur Auskleidung derselben. Der Vorrath sei jetzt nicht mehr gross, aber jeder stär- kere Gewitterregen treibe die Rüfe an und führe eine Anzahl Blöcke heraus. Als wir ihm mittheilten, dass wir die Schlucht zu besuchen beabsichtigen, mahnte er uns zur Vorsicht, in- dem beständig Steine herunterstürzten und im hinteren Theil der Schlucht, im Falle von den fast senkrechten Felsen nicht bemerkt werden. Die linke (einwärtsgehend rechte) Seite der Schlucht ist, wie bereits bemerkt, schroff, felsig, und auf grosse Strecken mit Schutt überdeckt und kahl, mit Ausnahme flacherer Stellen, wo Berg- und gemeine Kiefern, Birken, Lärchen, auch Fichten Fuss gefasst. Die Farbe der Felsen ist gelb in’s Grauliche. Alle Augenblicke setzen sich kleinere Schuttparthien in Bewegung, stäuben auf und verursachen Steinschläge. Hoch oben am Horizont ist der Gebirgsgrat des Corbetsch in die bizarrsten Ge- bilde ausgewittert, die scharf vom blauen Himmel ab- stachen. Die rechte Seite des Kessels ist weniger steil, grössten- theils bewaldet, deren Fuss aber stark unterwaschen und schliesst gegen die Thalsohle in steilen, hohen Schutt- wänden ab. Die Thalsohle ist in ihrer äusseren, breiteren Hälfte mit einer enormen Schuttmasse angefüllt, in der inneren schluchtartig engen Hälfte ist der Schutt grösstentheils bis auf die anstehenden Felsen weggespült. = RLON er 5 NSS RAD BB FRR eBay u er 7 J DW”, EHE uW Min ey MER SF Mir? I A N EEE NY ie M A aa a LS BÄREN BREEL NEL ZA NEE ER 1 a N ER Y Mm / h 7 AD Der im Bett liegende Schutt trägt keine Vegetation, indem die, bei jedem Rüfegang in Bewegung gesetzte Masse eine solche nicht aufkommen lässt. Das Geschiebe (sog. Walzen) erreicht die Grösse bis zu einem Kubik- meter. Hie und da liegen die Felsblöcke ganz seltsam über einandergethürmt. Der letzte Rüfegang im vorigen Sommer, der ob Susten die Rhone eine Zeit lang zurück- gehalten und weit hinauf gestaut, hat da oben in der Schlucht, wahrscheinlich durch das nachfliessende, weniger Material enthaltende Wasser sich eigenthümliche Kanäle einige Meter tief in den Schutt gegraben und dies so scharf und so regelmässig, wie wenn hier eine künstliche Erdbewegung, etwa zu einer Kanalisirung stattgefunden hätte, dabei ist noch ganz besonders die gleichmässige Verebnung der Grundfläche des Rüfebettes auffallend. Auf eine grosse Strecke war dieselbe mit den buntesten Steinchen, wie mit Mosaik belegt, wobei der vertrocknete Rüfeschlamm den (kalkigen) Kitt bildete. Ich hatte mir ein Handstück herausgebrochen, der Cement war aber nicht hinreichend erhärtet, das Stück zerfiel in der Ver- packung, daher ich nur im Falle bin, Ihnen die einzelnen Steinchen vorweisen zu können, die aus weisslichem, grau- lichem und röthlichem Pontiskalk, grauer und röthlicher Rauhwacke, Quarz und Quarzit mit Talk etc. bestehen. Aehnlich dem Rüfebett waren auch Felsblöcke mit einer solchen Mosaikkruste 2—3 °” dick überkleidet, die sich leicht abheben liess, aber in der Hand zerbröckelte. Man sah deutlich, dass der Schlamm des letzten Rüfeausbruches diese Blöcke übergossen und zur Bildung dieses Conglomerats Veranlassung gegeben hatte. Wasser führt das Bett bei gewöhnlicher Witterung keines, gleich wie die meisten echten Rüfen oder Runsen. RUN DAN Aue N M . 5 AT w a In» Yu va { y % u Y ) # 4 iM . { | ; d | (Mm nn ZT 3 m ee Fu u U 2 Sue u re u A un 5 3 ee Nur an einer Stelle trafen wir auf eine unbedeutende Sickerung, kaum hinreichend unseren Durst zu stillen. Ungefähr gegen die Mitte hin verengt sich das Bett zu einer eigentlichen Schlucht, in welcher der gefährliche Steinschlag stattfindet, vor dem wir gewarnt wurden. Wir stiegen auf einen Vorsprung der rechten Seite des Tobels und gewannen dadurch den gesuchten Einblick in den hinteren, schmalen, felsigen Theil der Schlucht, der wohl selten einmal betreten worden sein wird. Bei heftigen Gewitterregen und namentlich wenn die- selben mit Hagel verbunden sind, dann wird es im Ill- tobel sofort lebendig, Steine lösen sich von den Fels- wänden, die Schuttmassen der Seitenhänge setzen sich in Bewegung; rasch sammelt sich das Wasser und spült das sesammte Material als Schlammstrom mit schwimmenden Steinen und Felsblöcken zum Kessel hinaus und über den Schuttkegel der Rhone zu. Kleinere Ausbrüche vermochten die Rhone nicht immer zu erreichen, sie verzweigten sich auch auf dem Schuttkegel, Längswälle zurücklassend. Jetzt liegt der Illgraben so tief in dem Schuttkegel eingebettet, dass nur ganz ausserordentlich grosse Rüfe- ausbrüche die Ufer desselben zu überstürzen vermögen. An den technischen Verbau des Illgrabens hat man bisher noch nicht gedacht und wird so lange nicht daran denken, als der Schaden, den die Ausbrüche anrichten, nicht grösser ist, denn vorläufig wird die ganze Rhone- ebene von der Leukerbrücke bis ein Stück unter die Brücke von Sidders als ein natürliches Ablagerungsgebiet für den Rhone- und Illgrabenschutt angesehen und von der Fluss-Korrektion der Rhone ausgeschlossen. Fragen wir uns noch, welche Spuren die grossen Gletscherperioden im Illgraben zurückgelassen, so müssen —. 10. — dieselben gleich nach dem letzten Rücktritt des Rhone- gletschers bedeutend gewesen sein, denn seine Stromrich- tung von OÖ nach W war derjenigen der Illschlucht gerade entgegengesetzt, so dass der Gletscher in derselben ge- staut werden musste. Ein interessantes, aber schwieriges Problem wäre es zu ermitteln, welchen Weg die Eis- massen, die in den Illkessel gelangten, eingeschlagen haben mochten, um denselben wieder zu verlassen. Gewiss ist, dass sie sich theilweise über den Corbetsch- srat und die Plaine de Ste-Madelaine ergossen. Gerhard sagt in seinen erwähnten Beiträgen zur Geologie der Schweiz über die erratischen Ablagerungen im Rhonethal, Seite 48: „Auffallender ist dagegen eine andere kleinere Gletscherablagerung, welche sich nördlich vom Illhorn auf der Höhe des Kökeli (2000 *) befindet. Man bemerkt dort (in einer Höhe von 1460" über der Rhone-Thalsohle) am obern Rande der steilen Kalkwand, welche nach der Illgrabenschlucht abfällt, nicht nur Schliffe, sondern auch eine Lage Schutt, welche vorherr- schend aus Quarzit, Glimmer-, Chlorit- und Hornblende- schiefer besteht. Das Illhorn besteht nur aus Quarzit, das etwas weiter entfernte Schwarzhorn, welches die Ill- alp gegen Süden abschliesst aus den letzteren Gesteinen. Von einem Gletscher auf dieser Alp ist heute keine Spur zu sehen; da aber die erratischen Gesteine auf dem Kökeli ohne den Gletscherweg nicht abgesetzt werden konnten, so musste ein ehemaliger kleiner Seitengletscher von der Illalp ausgegangen sein, der indessen wohl nie westlich um das Illhorn herum auf den Grat des Kökeli gelangen konnte, wenn nicht der Hauptthalgletscher in ähnlicher Höhe sich befand. Das dürfte aber auch wohl so ziemlich die grösste Höhe sein, welche derselbe in diesem mittleren Theil des Beckens besass. Seine obere } \ 1 — „111 — Breite vom nördlichen Fuss des Illhorn bis an die Fels- wand unter der Varener-Alp (rechte Seite des Haupt- thals) müsste demnach über 1'/, Schweizerstunden und seine Höhe (Mächtigkeit) etwa 1500” betragen haben. Auf dem Kökeli finden sich auch vom Gletscher ab- gerundete Felsparthien, sog. Rundhöcker.“ Im Illkessel selbst ist das s. Zt. dort abgesetzte er- ratische Gestein durch die Abrutschungen der Seiten- hänge und die Rüfenausbrüche grösstentheils in’s Haupt- thal hinausgeführt und mit dem übrigen Gestein und Schutt vermengt worden. M. HH.! Man sollte meinen, der Mensch hätte zu keinen Zeiten gesucht seine Verkehrswege durch den Kessel des Illgrabens zu nehmen und doch soll nach Mittheilungen, die ich Hrn. Forstinspektor de Torrente verdanke, ehemals ein guter Weg von Leuk, längs dem Fusse des rechtseitigen Hanges hin, nach Val d’Anniviers geführt, und sollen sogar Processionen in umgekehrter Richtung stattgefunden haben. Der Weg soll gepflastert gewesen und stellenweise im Walde noch gegenwärtig sichtbar sein. Ein Fusssteg für schwindelfreie Wanderer führt vom Illkessel aus über den Corbetschgrat nach der Plaine de Ste-Madelaine in’s Val d’Anniviers. ‚ach ya Ba. BET, BI; ÄNEER: wat a u et hier kr he Mean EN BR IRRRRENEN 10B. IV RR IE ha ER ro äh ohne she | Ks a er . ia Be; han RN. eh tab e oa rain 2 a ae ee R ideal a ia: Sa BERN ara Ku Rn # Kaya ie re ee q | Gi Inch, has. Eng ap, aan ns RE H | iD iger War Ai v a Seal lin ee ae A eine rare A). ur | RIM Be at RR BREIT RN toi ot N Be, ERTEILT 2 el sk 5. Brschrü niege 2. Nie a ea Ta hi‘. P7 REN N Such Eh VEREIN NM ; WRERDRN 242° % BES ich iR RU £ € { ‘ E ) Kar EPIDER, A 2 , h Ex N Fa . a RS EA RN c& ai aka ee X DDR, Kr Jahrgang 1850 (Nr. » 1851 (Nr. » 1852 (Nr. » 1853 (Nr. » 1854 (Nr. » 1855 (Nr. » 1856 (Nr. » 1857 (Nr. 385-407) zu 3 Fr. » 1858 (Nr. 408—423) zu 2 Fr. » 1859 (Nr. 424—439) zu 2 Fr. a 1860 (Nr. 440—468) zu 4 Fr. » 1861 (Nr. 469—496) zu 4 Fr. » 1862 (Nr. 497—530) zu 6 Fr. » 1863 (Nr. 531—552) zu 3 Fr. » 1864 (Nr. 553 --579) zu 4 Fr, » 1865 (Nr. 580-602) zu 3 Fr. » 1866 (Nr. 603—618) zu 3 Fr. » 1867 (Nr. 619—653) zu 3 Fr. » 1868 (Nr. 654—683) zu 4 Fr. » 1869 (Nr. 684— 711) zu 5 Fr. » 1870 (Nr. 712—744) zu 6 Fr. » : 41871 (Nr. 745-791) zu 8 Fr. » 1872 (Nr. 792—811) zu 5 Fr. » 1873 (Nr. 812—827) zu 6 Fr. » 1874 (Nr. 2 1875 (Nr. » 1876 (Nr. .» 1877 (Nr. 167—194) zu 4 Fr. 195—223) zu 4 Fr. 224—264) zu 6 Fr. 265—309) zu 6 Fr. 310-330) zu 3 Fr. 331—359) zu 4 Fr. 360—384) zu 4 Fr. 828—873) zu 8 Fr. 874--905) zu 4 Fr. 906—922) zu 5 Fr. 923—936) zu 3 Fr. » 1878 (Nr. 939—961) zu 5 Fr. „ 1879 (Nr. 962—978) zu 3 Fr. » 1880 (Nr. 979—1003) zu 6 Fr, Die Jahrgänge ‚von 1843—1849 sind vergriffen. Die Jahrgänge 1850—1861 zusammen sind zu dem ermässigten Preise von 32 Fr. erhältlich. Il | | ı ee | FF ı we ı == 3 - > | | nn | | bill NW. I | | 2044 106 306 251 u ea 2 & - 4 & j d n =’ 10% ß 5 ac En >. % . (d - na A - . 2 rn I 5 » 7 P © & j N 2 Pr .. a et Ta | ” Re aA; Er z 2; Ten. - N >, Bi a 7 N 0 Fr ss E a 0 N R u ads ä ah FRE p Ber 2. - e I - - - un { * - m . ‘ ——.— un M bi in sen en nn = ——ne nn u En wie De Eee nn —n- z ie —— = = Ian tert Em ne ER . = —. en ri mi . u u A 2a . nn nn u ee > tn . an a ne er w— - nn een ELLE NIE KAT EREINSEEE S Su EEE | < << Er< « ea | x CHR core« = £ @ CL CARL 2: @« x | = S. RC 3 a £ Rss { T C Re ic cc a x< ic < ce eqı CC a“ TLLKZALACH LER CE ec e c«