Mittheilungen Naturforschenden Gesellschaft Zürich. ERSTER BAND. (Nr. 1—39. Mit einem Plane und einem Kärtchen. Zürich. In Commission bei $. Höhr. 1849. Inhalt des ersten Bandes. Erstes Heft, Nr. 1—13. Ueber die Electricität der Dampfbildung, von A. Mousson Ueber die vorweltlichen Käfer von Oeningen, v. Prof. Heer - Ueber die Structur und die Verbreitung der glatten oder unwillkürlichen Muskeln, v. A. Kölliker : Ueber die meteorologischen Verhältnisse von Lenzburg im Kanton Aarau, v. H. Hofmeister Zoologische Bemerkungen v. Prof. Schinz Ueber die örtlichen Erdbeben zu Eglisau, v.H.H. Denen Ueber die Entozoengattung Gregarina, L. Dufour, von A. Kölliker : ; 3 - Ueber neue Petrefacten, v. A. Escher v. d. L. Ueber Wachsmodelle zur Embryologie, v. Prof. H. Ina Ueber die Bewegung von Flüssigkeiten, von Prof. W. De- schwanden . { . E ’ = . > h Ueber den Werth eines bestimmten Integrals, v. Dr. Raabe Beobachtungen über die Sarcina ventriculi. (Goods), von Prof. K. E. Hasse . Ueber den Pilzstein, v. Prof. Heer 2 N Ueber den Bau der Haut von Dasypus und der Stacheln von Raja, v. Prof. H. Meyer Ueber den Bau der Synovialhäute, v. A. Kölliker Bemerkungen über das Molassegebilde der östlichen Schweiz, v. A. Escher v. d. L. 2 - ö : 2 Ueber eine thermoelectrische Erscheinung, v. A. Mousson Ueber den Bau und die Verrichtungen der Milz, von A. Kölliker Te N: Ueber die geographische Lage von Zürich und einige physi- kalisch-geographische Untersuchungen, v. Hrn. Ingenieur Denzler \ - k - Ueber den Weinbau am Zürichsee, v. J. M. Kohler . Ueber die Entwicklung der Graaf’schen Follikel und Eier der Säugethiere, v. Werner Steinlin Histiologische Bemerkungen v. A. Kölliker . 5 Ueber die Verhältnisse des Rheins in der Thalebene bei Sargans, von H. Pestalozzi , Ing.-Oberst Meteorologische Beobachtungen 1847, Januar » » » Februar » » ” März » » » April » » » Mai bis Dezember . Zweites Heft, Nr. 14—26. Mittheilungen über die Insekten der Eichen, von J. Brämi Ueber die Erscheinungszeiten und die Erkennung des Föhns in der Schweiz, v. Hs. Hrch. Denzler : - Ueber Produkte und Potenzen bestimmter einfacher Integral- ausdrücke durch mehrfache dargestellt, v. Prof. Raabe Ueber die Darstellung einer Function zweier Variabeln z, z‘ nach aufsteigenden Potenzen anderer zweier Variabeln y, y’ deren gegenseitige Abhängigkeiten die Gleichungen: z=x+ yfz), 2 =x' + yf(z) feststellen, wo f(Z‘) dieselbe Function von z, als fiz‘) es von zZ‘ ist, v. Prof. Raabe - ; C Ueber die Sonnenfinsterniss vom 9. Oct, 1847, von Albert Mousson - i . ; ; : Ueber vorweltliche Florfliegen,, v. Prof. O. Heer Ueber Glückkirschen, v. Prof. O. Heer : Ueber einen meteorologischen Wendepunkt, von Hs. Hrch. Denzler Pag. 137 150 156 168 179 46 78 126 . 142 210 29 36 45 52 94 56 Ueber ein Phryganeengehäuse aus Brasilien, v. Hr. Bremi Ueber die Familie der Gesnereen, von Hrn. Obergärtner Regel . ! k } Ueber Varietäten und Bästarde' im Pflansenföich; v. Hın. Obergärtner Regel ; - = ; : Ueber die Fettabsonderungen, v. Prof. Hermann Meyer Verzeichniss der Geschenke für die Bibliothek der naturfor- schenden Gesellschaft. (Fortsetzung vom vorigen Hefte) Nr. 40 bis 82 . 3 ä - Ueber die Thermalquellen von \ Pfäfers, v. Arn. Escher v.d.L. Ueber einige anatomischphysiologische Gegenstände, von Prof. A. Kölliker > : E Bemerkungen zur OR NERREDFUNSEN einiger Eräiänpe teren, v. A. Menzel Ueber Apparate zur Beobachtung der Diplopia open mica, v. Prof. Hermann Meyer > g Ueber die Wasserverbältnisse der Thermen von Badeu im Kanton Aargau, v. Alb. Mousson . - ; Ueber ein neues Produkt der trocknen Destillation des Hol- zes, v. Dr. Ed. Schweizer . : : - k Ueber die Bestimmung der mittlern Temperatur der Erd- oberfläche, im Niveau des Meeres, von H. H. Denzler, Ingenieur : : t £ Ueber fossile Ameisen, v. Prof. ©. Heer i £ Ueber ein neues Brasilianisches Säugethier, v. Prof. Schinz Allgemeine Uebersicht der Gebirgssysteme des östlichen Java, v. J. H. Zollinger > ° s - . { Das Gebirgsystem des Idjeng und Raun im östlichen Java, v. J. H. Zollinger ; ß ü ; Qualitative Analyse des Wassers von dem Sungie pail oder bittern Fluss auf Java, v. Dr. Ed. Schweizer 3 Ueber die Entwicklung der innern Geschlechtstheile bei den Lepidopteren, v. Prof. Hermann Meyer St Sa Drittes Heft, Nr. 27—39. Ueber die Osecillationen des Barometers in Zürich, von 1837 —44, v. Hrn. Denzler. Mit 2 Tafeln Untersuchung des Imperatoriaöles, v. H. Hirzel - Verzeichniss der Geschenke für die Bibliothek im Jahr 1848 Ueber singuläre Integralauflösungen, einer Differentialglei- chung erster Ordnung zweier Variabeln, v. Prof. Raabe Ueber die Land- und Süsswassermollusken von Java, von A. Mousson - . ! : - Ueber 2 neue Verbindungen von Phosplöndure und Aether, v. Dr. F. Vögeli : i Die Visper-Thäler, der Saasgrat und der KunnickTienni, von Prof. M. Ulrich. Mit einer Karte. : : - Ueber die Bestandtheile der Erdbeeren, v. Dr. E. Schweizer Uebersicht der schweizer, Rbynchoten, v. H. Bremi Note von H. H. Denzler ö & k : i Andeutungen über den Gang der Temperatur in freier Luft, v. H. H. Denzler - & e - - - Ueber eine Sammlung Käfer aus Neuholland, von Prof. O. Heer , 2 = 5 Ueber den a nano v. Prof. H. N Ueber den galvanischen Strom durch Muskelncontraction , v. Prof. Mousson 5 ? 2 - Ueber eine merkwürdige Veränderung an einer Blitzablei- tung , v. Prof. Mousson Ueber die Aufnahme der een Ba des Kant. Zürich, v. Ing. J. Wild - - k Zur Geschichte der vaterländischen nik, von J, Sieg- fried 5 : - : n s - Auszug aus dem Präsidial-Berichte vom Mai 1847 bis Mai 1849, von Prof. A. Mousson MITTHEILUNGEN NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. - oA. 1. — Januar 1847. Alb. Mousson, über die Electricität der Dampfbildung. (Vorgetragen an dem Jubiläum der naturforschenden Gesellschaft den 30. Nov. 1846.) Kein Gebiet der Physik hat so ungewöhnliche und auf- fallende Erscheinungen aufzuweisen, als das der Electri- ceität. Bei jedem Schritte stösst man auf Thatsachen, die auf keine Weise vorhergesehen wurden und mit un- sern angenommenen Begriffen von Kraft und Wirkung, mit unsern Vorstellungen über das Verhältniss der Kräfte zu der Materie in Widerspruch zu stehen scheinen. In keinem Gebiete auch ist die eigentliche Erklärung des Beobachteten so wenig weit gediehen, und muss man sich so oft begnügen, die verschiedenartigen Erscheinungen nach ‚bloss äussern Merkmalen in Verbindung zu setzen. Der eine Grund des Rückstandes, in welchem die Theorie der Electricitätserscheinungen, verglichen mit an- dern Theilen der Physik, wie z. B. mit der Lehre vom Lichte, steht, liegt in der grossen Ausdehnung, wel- che dieses Gebiet seit 60 Jahren gewonnen hat, nachdem es Jahrhunderte durch auf die einzige Thatsache der An- ziehung einiger geriebener Substanzen beschränkt gewe- sen war, — eine Ausdehnung, deren mannigfache Erwer- bungen von der Theorie nicht gehörig verarbeitet und bemeisiert werden konnten. ae Ein anderer Grund aber liegt ohne Zweifel in dem wunderbaren Wesen des electrischen Agens selbst, welches bald als eine furchtbare, alles zerstörende Kraft hervorbricht, bald als eine in langer Zeit nur schaffende Macht sich beurkundet, bald endlich vollkommen ver- nichtet scheint, bis geringfügige Umstände es unvermuthet ins Leben rufen. Die Art aber wie es entwickelt, fort- gepflanzt, angehäuft, vernichtet wird, bleibt in der Regel unserm Blicke entzogen, oft sogar bleiben wir im Zwei- fel, in welchem Körper und in welchen Bedingungen des Versuches der Ursprung desselben zu suchen ist. Aber ungeachtet dieses Rückstandes der Theorie, wodurch der Physiker veranlasst wird, jedem andern Wege ausser dem des Experimentes zu entsagen, bewährt sich auf keinem Gebiete das sichere Fortschreiten der Wissenschaft so bestimmt, als auf dem der Electrieität und sieht man deutlicher, aus dem sich mehrenden Chaos von Thatsachen, allgemeinere Gesichtspunkte und feste Grundsätze sich hervorarbeiten. Einen auffallenden Beweis dafür liefert der Gang un- serer Kenntnisse über die Erregung der Electrici- tät. Lange Zeit hiell man sie für eine ganz ausnahms- weise Eigenschaft weniger Körper, des Glases, des Siegel- lackes, des Schwefels, wenn man dieselben einer bestimm- ten Behandlung, -der Reibung, unterwarf. Dann wurde gefunden, dass auch andere mechanische Behandlungen, das Spalten, Brechen, Zerreiben, das Pressen, die blosse Erschütterung einen Körper, unter günstigen Umständen, wirksam machen können. Es wurde entdeckt, dass die Erwärmung und Erkältung der Körper, dass jeder che- mische Prozess, bestehe er in einer Verbindung oder Zersetzung, dass die blosse Bewegung in der Nähe eines Magneten oder unter dem Einflusse der Erde genügen, N ge das räthselhafte Agens in Bewegung zu setzen, und zwar in allen Substanzen mit nur stufenweisen Abweichungen. So gelangte man endlich zur Ueberzeugung, dass die Eectricität, weit entfernt eine besondere Eigenthümlich- keit weniger Stoffe und weniger Behandlungen zu sein, so zu sagen alle Veränderungen begleite, welche mit den Körpern, unter Bewegung ihrer Theilchen, vorge- nommen werden können, dass sie daher das allge- meinste und mächtigste der in der Physik bekann- ten imponderabeln Agentien sei. Füglich kann man sich wundern, wie das Dasein ei- ner so verbreiteten und durchgreifenden Kraft so lange Zeit verborgen bleiben konnte? — Die Antwort liegt aber nahe: Immer entstehen zwei Electricitäten zu gleicher Zeit, welche man durch die Bezeichnungen po- sitive und negative unterscheidet und die ein stetes Bestreben zeigen, sich wieder zu vereinigen und aufzu- heben. Sind die Umstände bei der Erregung nicht so, dass beide augenblicklich von einander entfernt oder durch schlechtleitende Substanzen geschieden werden, was nur unter besonders günstigen Verhältnissen der Fall ist, so erfolgt die Wiedervereinigung, ohne dass irgend ein Zei- chen die vorhergegangene Ausscheidung verriethe. Die Wiedervereinigung schnell und unmittelbar in möglichst hohem Grade zu hindern, ist also die Grund- bedingung für alle Production von Electricität. Aber, obschon man diese Bedingung kennt und die Versuche ‚darnach einrichtet, obschon man in manchen Fällen wirk- lich bedeutende Mengen derselben erhält, gelingt dennoch eine vollständige Aufsammlung niemals, und meist hat man Grund zu verinuthen, dass die benutzbare Menge nur ein kleiner Bruchtheil der ganzen entwickelten Menge sei. Hat doch Faraday erwiesen, dass die Electricität a aus der Zersetzung weniger Tropfen Wassers, zur Er- zeugung des stärksten Gewilters genügend wäre. Die Richtigkeit der vorstehenden allgemeinen Bemer- kungen tritt klar hervor, wenn wir die Geschichte eines besondern Falles der electrischen Erregung im Einzelnen ‚durchgehen. Ich wähle dazu die Erregung durch Dampfbildung, weil sie vorzüglich geeignet ist, die Schwierigkeiten solcher Untersuchungen ins Licht zu setzen und weil sie mir überdiess die Gelegenheit darbietet, die Gesellschaft mit einer neuen Electrisirmaschine bekannt zu machen, deren Wirkungen diejenigen aller bisher ge- brauchten bedeutend übersteigt. Volta, dessen Namen mit den meisten wichtigeren Entdeckungen auf dem Gebiete der Electricität verbun- den ist, scheint zuerst (1778) den Gedanken gehegt zu haben, durch Umwandlung fester und flüssiger Körper in luftförmige Electricität hervorzubringen. Doch unter- nahm er den Versuch erst 1781 in Verbindung mit La- voisier und Laplace, nachdem er diese Gelehrten mit der Erfindung des CGondensators, eines zur Erkennung schwacher Electricitäten dienenden Instrumentes, bekannt gemacht hatte. Auf einem gut-isolirten Eisenbleche, wel- ches mit einem Condensator communiecirte, wurden Koh- len verbrannt, aus Eisenfeile und Schwefelsäure Wasser- stoff entwickelt, endlich Wasser verdunstet. Die ersten Versuche fielen sehr unbestimmt aus, später aber gelang es sowohl den französischen Physikern als auch Volta in den Fällen der Kohlensäure und Wasserstoffentwicklung, wenigstens bei Versuchen mit grössern Mengen, eine entschieden negative Electriecität des Gefässes zu erhalten, was, nach der damals herrschenden Annahme eines einzigen Fluidums, daraus erklärt wurde, dass die DEE Bes 2 < 2 — 4} _- aufsteigenden Gase, ausser der Wärme, Eleetricität zu ihrer Bildung bedürften, die sie dem Gefässe entzögen und dasselbe negativ zurückliessen. Denselben Vorgang nahmen die genannten Physiker bei der Bildung des Wasserdampfes an, obgleich, genau betrachtet, die Versuche über die Verdunstung entweder gar keine oder sehr veränderliche Electricitäten geliefert hatten. Die Abweichungen wurden der ungünstigen Wit- terung, welche die Isolation der Instrumente hinderte, oder andern unbekannten Einflüssen zugeschrieben. Nur als Volta Wasser auf glühenden Kohlen heftig verzischen liess, erhielt er sicherere und stärkere Zeichen von negat. El. In allen diesen Fällen vermisst man aber eine genaue Sonderung der auf den Versuch einwirkenden Umstände. Saussüre, hierin, wie in allen seinen Arbeiten, einer vorurtheilsfreien Methode folgend, unternahm (1785), mit Rücksicht auf den Ursprung der atmosphärischen Electri- eität, eine Reihe von Versuchen über die Verdampfung, welche leider unvollendet blieb. Er verwarf dabei den Condensator, weil er dessen Angaben nicht traute, und hielt sich an ein empfindliches Korkkugel - Electrometer, welches mit dem isolirten Verdunstungsgefässe in Verbin- dung gesetzt wurde. Gleich anfangs zeigte sich der Widerspruch, dass die Dampfentwickelung, beim Einsenken eines Stückes glühen- den Eisens in kaltes Wasser, das Gefäss posit., beim ein- fachen Kochen hingegen es negat. machte. Saussüre suchte den Grund dieser Verschiedenheit in der verschie- denen Hitze des Eisens, nämlich in der Oxydation, welche dadurch im ersten Falle, nicht aber im zweiten stärker hervorgebracht wurde. In der That machte die rasche Verdunstung kleiner Wassermengen, welche man auf heisse Silber- oder Porzellanschalen fallen liess, dieselben be- a ständig negativ, während das nämliche Verfahren angreif- bare Eisen- und Kupfergefässe vorherrschend posit. elec- triseh werden liess. Die posit. El. schien hiernach von einer Complication des Versuches durch eine Oxydation des Metalles, die negat. El. von der Verdampfung selbst herzurühren. Doch verschweigt Saussüre in gewohnter Offenheit nicht, dass es ihm weder gelungen ist, wie Volta es ankündigte, die bei dem starken Oxydationsprozesse der Verbrennung entstehende negat. El. nachzuweisen , noch bei der Verdampfung die positive, so lange das Was- ser unter der Siedehitze verdunstete, selbst nicht bei verdunstenden Flächen von 6 Quadratfussen Ausdehnung. Aus Volta’s Theorie folgte übrigens, dass bei Wie- derverdichtung der aufsteigenden Dämpfe, die gebun- dene Electricität wieder frei werden und die umgebende Luft oder andere Körper positiv machen sollte. Daraus erklärte sich dann auf das einfachste der positive Nor- malzustand der Atmosphäre und die entschiedene Steige- rung desselben, einerseits mit der Höhe und Kälte der Luftschichten, anderseits mit der Menge der als Nebel und Wolken ausgeschiedenen Dünste. Es war daher ein wichtiger Prüfstein der Theorie, auch die positive Eleetri- cität des sich verdichtenden Dampfes nachzuweisen. Die Versuche, welche Saussüre anstellte, indem er die Dämpfe von starkkochendem Wasser gegen einen iso- lirten kalten Metallschirm schlagen liess, ergaben aber entweder gar keine Electricität, wenn der Schirm nicht oder sehr stark erkältet wurde, oder eine der Theorie widersprechende negat. El,, wenn die Erkältung eine nur mässige war. Wie in ähnlichen Versuchen, welche später (1810) Grotthuss anstellte, kann hier die Oxydation der Gefässe, in welchen die Verdunstung vor sich ging, mit im Spiele gewesen sein; doch will der letztere Phy- .. E ee | RT RR siker auch mit einem Porzellangefäss das nämliche Re- sultat erhalten haben. Hingegen war Volta, wie er in seinen meteorologischen Briefen umständlich auseinander setzt (1787 — 1788), glücklicher. Er fand eine Bestä- ligung seiner Ansichten (heils in Versuchen von Bennet, in welchen der aufsteigende Dampf mittelst eines Papier- trichters aufgefangen wurde, theils in solchen, die er selbst über die Electricität der obern Luft eines Zim- mers anstellte, in welchem grosse Wassermengen verdun- steten. Sieht man auf die vielen Widersprüche der vorge- nannten, zum Theil sehr complicirten Versuche, so kann man nicht umhin, die experimentelle Begründung der Theo- rie Volta’s, mit Bezug auf den Dampf wenigstens, für sehr ungenügend zu erklären. Er selbst fühlte die Schwä- chen derselben (1788) bei Anlass einer Discussion mit Tralles über den Ursprung der stets negativen Electri- eität, welche der letztere in dem feuchten Umkreis der Wasserfälle beobachtet hatte. Um nämlich die Meinung von Tralles, dass diese Eleetrieität nicht von der Ver- dunstung, sondern von der Reibung der Wassertröpf- chen an der Luft herrühre, zu widerlegen, untersuchte er, ob pulverige oder feinzertheilte flüssige Körper, durch die Luft oder an einen festen Körper hinfallend, einem CGondensator Electrieität zuführen. Sie erwies sich wirk- lich oft bedeutend stark; da sie jedoch mit der Natur der angewandten Körper veränderlich war, während diejenige der Wasserfälle stets die gleiche blieb, so be- harrte Volta auf seiner Ansicht, obschon er zugeben musste, dass die Reibung feinzertheilter fester und flüssiger Stoffe eine neue wirksame Quelle der Rlectricität sei, welche in viele der bisher angestellten Versuche sich eingemischt haben mochte. Ber Bye Auf dieser ungenügenden Stufe blieb nun der Gegen- stand während vieler Jahre. Weitaus die Mehrzahl der Physiker hielt sich an die von Volta aufgestellte Ansicht von dem Latentwerden der posit. El. bei den Gas- und Dampfentwickelungen; trug auch den Saussürischen Versuchen über die Erregung durch die Oxydation der Metalle einige Rechnung, unterliess aber, abgeschreckt durch die Schwierigkeiten der Versuche, eine nähere Prü- fung des Einflusses, den andere einwirkende Momente haben konnten. Erst im Jahr 1825 nahm Pouillet die Frage über den Ursprung der ungeheuren Menge posit. El. , die sich stets in der Luft befindet, in umfassender Weise und mit Benutzung der neuern Erfahrungen wieder auf. Seine Arbeit, welche durch Vollständigkeit und Gründlichkeit sich auszeichnet, behandelt die vier verschiedenen Fälle der Eutwicklung luftförmiger Körper, die im Grossen der Natur eine Rolle spielen können: nämlich die einfache Verdunstung, die von chemischen Zersetzungen begleitete Verdunstung, die Gasentwickelung der Verbrennung, end- lich diejenige des Vegetationsprozesses. Mit Rücksicht auf die Dampfbildung, von der hier allein die Rede ist, gelangte er auf das von Volta’s Theorie ganz abweichende Ergebniss, dass die einfache Umwandlung einer Flüssig- keit in Dampf ganz unwirksam sei und die beobach- teten Entwickelungen von Electricität immer von chemi- schen Prozessen herrühren, die gleichzeitig, oft kaum bemerkbar, statt fänden. Wurde nämlich, unter möglichster Beseitigung aller fremdartigen Einflüsse, wie Reibung, Luftbewegung, Nähe brennender Körper u. s. f. reines Wasser, oder reine Essig- oder Salzsäure in einem auf dem Gondensator be- findlichen Tiegel von Platina verdampft, so war nicht die EIER = geringste Spur von Electricität wahrzunehmen, mochte übrigens die Verdampfung bei hoher oder niedriger Hitze vor sich gehen. Dagegen genügte es, ein durch die Flüs- sigkeit in der Hitze angreifbares (refäss von Eisen, Kup- fer, selbst von unreinem Silber anzuwenden: es genügle der Flüssigkeit die kleinsten Mengen einer sauern, alka- lischen oder salzigen Substanz oder selbst eines Gases beizumengen, um deutliche Anzeigen am Electrometer hervorzurufen. Für diese letztern Fälle stellt Pouillet das durch seine Einfachheit merkwürdige Gesetz auf, dass Wasser, welches sich bei der Verdampfung von Alkalien und Erden trennt, negat. El. mit sich fortreisst und das Gefäss posit. electrisch zurücklässt; während bei der Trennung von einer Säure oder einem Salze umgekehrt die positive Electrieität entweicht und die negative Elec- trieität zurückbleibt. Da das Wasser in beiden Fällen eine chemisch entgegengesetzte Rolle spielt, so vereinigen sich beide unter den noch allgemeinern Ausdruck, dass bei jeder chemichen Trennung der säurende Körpersich der negat., der alkalische der posit. El. bemächtige. Mit diesen, den frühern Ansichten ganz widerstrei- tenden Resultaten schien übrigens der Schlüssel zu den mancherlei Anomalien, welche die ältern Versuche ge- trübt hatten, gegeben, da auf die Reinheit der ver- dampfenden Flüssigkeit keine Rücksicht genommen wor- den war. Es war ferner in der Verdunstung der unbe- gränzten Meeresfläche, namentlich in der heissen Zone, eine Verdunstung, bei welcher Wasser von Salzen sich scheidet, eine ebenso unbegränzte Quelle für die posit. El. der Atmosphäre aufgefunden. Endlich wurde die Elec- trieität der Dampfbildung mit andern Fällen der Erregung, in denen chemische Zersetzungen anderer Art als Ursache Eric wirkten, unter einen einzigen gemeinsamen Standpunkt verknüpft und bildete die Ergänzung des entgegengeseiz- ten für die chemische Verbindung geltenden Ge- setzes von Becquerel. Das Pouillet’sche Gesetz wurde, bei dem Vertrauen, das mit Recht den Arbeiten dieses Gelehrten geschenkt wird, his auf die neueste Zeit ziemlich allgemein als mass- gebend betrachtet, zumal auch Peltier (1840), bekannt als einer der scharfsinnigsten Experimentatoren, dasselbe bestätigt fand. Nichtsdestoweniger glückte es nur we- nigen Physikern, die angekündigten Resultate mit der wünschbaren Bestimmtheit und Stetigkeit zu efhalten, und daraus erklärt sich dann, dass seither immer einzelne ge- wichtige Stimmen, vornehmlich in Deutschland, sich ge- gen die Richtigkeit der chemischen Erklärungsweise er- hoben. So z. B. hat in neuester Zeit Riess, der zu den Autoritäten auf dem Felde der Electricität gehört, den Versuch angestellt, die nämliche Auflösung von Kochsalz einmal auf einem flachen Platinbleche, dann in einem tie- fen Tiegel des gleichen Metalles verdampfen zu lassen. Im ersten Fall erhielt er keine, im zweiten eine starke negat. El., woraus er dann folgerte, dass nicht die chemi- sche Trennung des Wassers vom Salze, die in beiden Fällen gleich vor sich ging, sondern die Reibung der entweichenden Wassertheilchen an den Metall- wänden des Tiegels, die wahre Ursache der Entwicklung sei. Diess ungefähr war der Stand unserer Kenntnisse, als im Jahr 1840 eine zufällig in England gemachte Erfah- rung eine neue Phase eröffnete. Ein Arbeiter war in der Nähe eines stationnairen Dampfkessels von 28 Pferde- kräften beschäftigt, während aus dessen Sicherheitsven- til unter bedeutendem Druck Dampf herauszischte. Als er zufällig die eine Hand in den Dampf hielt, die andere E.V N a dem Kessel näherte, erhielt er einen heftigen von einem Funken begleiteten Schlag, der offenbar electrischer Na- tur war. Da die Erscheinung während mehrerer Tage, bei jeder Annäherung sich wiederholte und ungeachtet der schlechten Isolation des Kessels, so kräftig eintrat, so muste im Innern des letztern eine ungeheure Produk- tion von Electrieität stattfinden, im Vergleich wenigstens mit den geringen Spureu, die man bisher bei der Dampf- bildung nachgewiesen hatte. Es erregte diese Thatsache begreiflicher Weise das höchste Aufsehen und zog die Aufmerksamkeit der ersten englischen Physiker auf sich. Die zahlreichen Untersuchungen Armstrong’s, be- sonders aber Faraday’s scheinen die Bedingungen, von denen diese räthselhafte Production abhängt, ziemlich vollständig aufgeklärt zu haben. Wirklich lässt sich je- der mit einer innern Feuerung versehene Dampfkessel, der für mittlern oder hohen Druck bestimmt ist, in eine kräftige Electrisirmaschine (hydro-electrische Ma- schine) umwandeln. Es genügt, denselben auf Glassäu- len zu stellen, dann den gespannten Dampf durch eine enge Oeffnung am Ende einer Röhre brausend ausströmen zu lassen, um sowohl aus dem Kessel starke negalive, als mit Hülfe von Metallspitzen aus dem Dampfe starke positive Funken zu erhalten. Was den Ursprung der Electricität betrifft, so kann derselbe nicht in der Verdampfung selbst liegen, da beim vollständigen Oeffnen des Ventils, wodurch die Dampf- erzeugung sehr vermehrt wird, die Wirkungen ausbleiben ; er darf eben so wenig in der Wiederverdichtung des aus- strömenden Dampfes gesucht werden, denn die Electri- cität hört eben so gut auf, wenn man die Verdichtung durch Erkältung der Ausfldssröhre bis zum Benetzen der Gegenstände befördert, als wenn man sie durch Erhitzung ee derselben vollkommen aufhebt; endlich kann auch die chemische Zersetzung nicht Ursache sein, denn chemisch reines Wasser erweist sich besonders wirksam, während geringe Beimengungen von Säuren, Alkalien und Salzen in gleicher Weise nachtheilig sind. Es bleibt einzig die Reibung als mögliche Ursache, für welche sich dann auch die englischen Physiker einstimmig ausgesprochen haben. Indem der Dampf nämlich gewaltsam durch die Röhre und die enge Oeffnung ausströmt , erleidet er eine theil- weise Erkältung, scheidet Wassertheilchen aus, die an den Röhren- und Oeffnungswänden hingeführt werden, und diese sind es, welche durch ihre Reibung die Elec- tricität entwickeln. Mit dieser Erklärung stimmen alle nähern Umstände der Erscheinung überein. Trennt man z. B. die Abflussröhre vom Kessel durch ein Stück einer isolirenden Glasröhre, so gibt der Kessel, da er von dem Orte der Entwicklung geschieden ist, keine Funken mehr. Mengt man dem Wasser salzige oder alkalische Stoffe bei, so schwächen sie die Wirkung, weil sie das Was- ser leitend machen, was den geschiedenen Electricitäten die Gelegenheit verschafft, sich während der Reibung selbst wieder auszugleichen. Die Wirkungen ändern be- deutend, je nach der innern Beschaffenheit der Köhren- wände, je nachdem sie glänzend oder oxydirt sind, je nachdem sie aus der einen oder andern Substanz bestehen, wobei hartes Holz am günstigsten wirkt. Es gelingt so- gar die Natur der Electricität ganz umzuändern, den Kes- sel posit., den Dampf negat. zu machen, indem man Theil- chen von andern Substanzen, wie z. B. Terpentinöl oder Bleizucker, welche sich bei der Reibung entgegengesetzt als das Wasser verhalten, von dem Strome fortreissen lässt, Ist die Ausflussröhre zu heiss, so findet keine Ver- dichtung statt und es fehlen die reibenden Wassertheil- u chen; ist sie zu kalt, so setzen sich dieselben, sstatt rei- bend hinzugleiten, an den Wänden an und benetzen sie. Kurz, es folgt die Erklärung Schritt um Schritt den Um- ständen der Versuche. Was die hydro-electrischen Maschinen vor den gewöhnlichen Maschinen auszeichnet, ist die grosse Menge Electricität von hoher Spannung , die sie erzeugen. Die Funken einer kleinen Maschine von 83 Gentim. Länge und 37 CGentim. Durchmesser, die 36 Liter Wasser be- bedarf, haben eine Länge von 12 bis 15 Gentim. und es folgen sich 4 bis 5 derselben in der Sekunde*). Grosse Locomotivkessel geben 4- bis 5mal stärkere Wirkungen. In gewisser Hinsicht vereinigen diese Maschinen die Vor- züge der gewöhnlichen Maschinen von hoher Spannung mit denen der galvanischen Apparate, deren Wirkungen vorzüglich auf der Menge des in jedem Augenblick , unter geringer Spannung, entwickelten Fluidums beruhen. Sie dienen in der That von der einen Seite ganz vor- züglich für Wirkungen der Anziehung und Abstossung, der Erschütterung, der Entzündung, und für die Ladung von Leidnerflaschen ; von der andern hinwieder gestatten sie die Wirkungen des Stromes sehr deutlich zu er- halten, sie lenken die Nadel des Galvanometers bedeu- tend ab, erwärmen in deutlicher Weise dauernd die Bre- guet’sche Spirale, magnetisiren merklich kleine, weiche Eisennadeln, zersetzen deutlich das Wasser in seine polar- auftretenden Bestandtheile u. s. f. Neben diesen Vorzügen haben die hydro-electrischen Maschinen Nachtheile, welche ihren täglichen Gebrauch *) Die Maschine des phys. Cabincts in Zürich wurde unter der gütigen Aufsicht des Herrn Armstrong in der Werkstätte der Herrn Waston und Comp. in New -Castle verlertigt. Ba: . we verhindexn; sie bedürfen nämlich, um kräftig und sicher zu wirken, einer besondern Sorgfalt und einer besondern Zubereitung. Nicht dass die atmosphärischen Einflüsse sich in dem gleicben Grade geltend machen, wie in den gewöhnlichen Maschinen; im Gegentheil bewirkt die von dem Herde und Kessel ausgehende Wärme stets eine sehr gute Isolation der Glassäulen und hindert, bei Anwen- dung einer trockenen Kohle zur Feuerung, das Entwei- chen der Electricität mit dem Strome der verbrannten Luft. Man ist aber genöthigt, um den erforderlichen Dampfdruck von 5 — 6 Atinosphären zu erreichen, die Feuerung während einiger Stunden zu unterhalten; es ist erforderlich das Innere des Kessels von allen Unreinig- keiten zu befreien, indem man den letztern erst mit einer Potaschenlauge in Gang setzt, welche man durch die Röh- ren und Oeffnungen entweichen lässt, und ihn nachher mit reinem Regenwasser auswascht. Ueberdiess thut man gut, einerseits die kleinen Holzröhren in den Ausströ- mungsöffnungen jedesmal durch einen Feilstrich zu er- neuern, da der heisse Dampf ihre Oberfläche erweicht und verändert, anderseits in den Ausflussröhren die theil- weise Condensation gehörig zu reguliren, indem man die- selben mit von kaltem Wasser getränkter Baumwolle um- wickelt hält. Will man endlich die stärkstmöglichen Wir- kungen erhalten, so muss man den Kessel während meh- rerer Tage in Thätigkeit erhalten, indem man ihn jeden Tag neu zubereitet und anfülll. Man sieht, dass die Be- handlung einer solchen Maschine keine ganz einfache ist, und eine besondere Kenntniss ihrer Eigenthümlichkeiten, welche nur durch eine längere aufmerksame Benutzung erlangt wird, voraussetzt. Werfen wir zuletzt noch einen Rückblick auf die Ge- schichte der Dampfelectricität, so sehen wir die Meinung a — der Physiker über den Ursprung und Stammort dersel- ben mehrmals sich ändern. Nachdem Volta’s Theorie über die Entwicklung und das Latentwerden der Elec- tricität bei der Verdampfung bereits durch die Saus- süre’schen nnd Traller'schen Beobachtungen einge- schränkt worden, wurde sie durch die Theorie der chemischen Zersetzungen von Ponillet vollstän- dig verdrängt, da letztere auf der sichern Grundlage ge- nauer Versuche zu beruhen schien. Nichtsdestoweniger tritt nun auch diese in den Hintergrund neben dem Ein- flusse der Reibung, eines Nebenumstandes, den Volta mit Absicht verworfen, den alle spätern Physiker ge- kannt und in ihren Versuchen beseitigt zu haben geglaubt hatten, über dessen überwiegenden Einfluss sie aber in vollkommener Unwissenheit geblieben waren. Die Entdeckung solcher festgewordener Irrthümer hätte etwas Demüthigendes für den Gelehrten, wenn nicht die Geschichte der Wissenschaft auf jedem Blatte uns zeigen würde, dass die Wahrheit eben nur durch zahllose Irrthümer sich Bahn bricht und des Zügels spottet, den der entdeckungsgierige Forscher ihr anlegen zu können glaubt. Uebrigens ist es im gegenwärtigen Falle nicht erwiesen, dass die in den Dampfkesseln erkannte Ursache auch in allen frübern Versuchen die einzig wirksame war, dass alle jene über die Zersetzung, die Verbren- nung und den Vegetationprozess aufgestellten einfachen Gesetze blosse Täuschung seien. Im Gegentheil hat man Grund zu vermuthen, dass die durch andere Thatsachen erwiesene Manigfaltigkeit der electrischen Erregung auch bier sich wiederfinden werde, indem in den einen Ver- suchen die eine, in den andern eine andere Bedingung der Erregung vorwaltend hervortrat. Darüber wird ein- zig eine mit Zuziehung der neuesten Erfahrungen unter- nommene Wiederholung und Ueberarbeitung der frühern u Ha Versuche‘ welche gegenwärtig noch fehlt, entscheiden können. % Wir schliessen mit einer Bemerkung, die sich natür- lich an die frühern Betrachtungen anreiht. Die in den Dampfkesseln wirkende Ursache steht, bei näherer Be- trachtung, nicht nur mit den bisherigen Erfahrungen nicht im Widerspruche, sondern begründet in gewisser Hin- sicht eine merkwürdige Bestätigung derselben. Denn, wie vordem, erscheint jetzt noch die Reibung — jene leise Erschütterung, welche aus der Berührung aneinan- der bewegter Körper hervorgeht, — als das kräfligste, ja als das einzige Mittel, Electricität von hoher Span- nung, oder grosser Funkenlänge, auf künstlichem Wege hervorzuhringen; nur muss der Begriff der Reibung er- weitert, nicht mehr bloss auf feste Körper allein beschränkt (wie sie in der gewöhnlichen Electrisirmaschine zur An- wendung kommen), sondern auch auf flüssige Theilchen ausgedehnt werden, welche in den hydroelectrischen Maschinen die Bedingung der Erregung sind. Was aber besonders auffällt, ist das anscheinende Missverhältniss zwischen der thätigen Ursache und ihren bedeutenden Wirkungen, so wie die wunderbare Rolle, welche die Oberfläche der Körper in diesen, wie in allen electrischen Erscheinungen spielt, eine Rolle, von der bisher keine auf die strengen Grundsätze der Mechanik gegründete Theorie Rechenschaft zu geben gewusst hat. — End- lich wollen wir auf den merkwürdigen Umstand aufmerk- sam machen, dass der Wasserdampf, so wie er die ge- schmeidigste und nahe die mächtigste mechanische Kraft darstellt, welche dem Menschen zu Gebote steht, nun in einem fernen Gebiete der Wissenschaft das Mittel ge- worden ist, eine der grössten physischen Kräfte in’s Le- ben zu rufen, ick en REEL > # MITTHEILUNGEN NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. ai due ga sun nen Februar 1847. Prof. Heer, über die vorweltlichen Käfer von Oeningen. (Vorgetragen den 14. Dezember 1846.) Prof. Heer weist der Gesellschaft eine Zahl von in- teressanten Arten fossiler Käfer von Oeningen vor. Die Steinbrüche von Oeningen sind schon seit hundert Jah- ren durch ihren Reichthum an Versteinerungen bekannt; doch hat man erst in neuerer Zeit dieselben wissenschaft- lich zu bearbeiten angefangen. Agassiz untersuchte und bestimmte die Fische, Hermann von Meyer die übri- gen Knochenthiere, während Prof. Alex. Braun die Pflanzen bearbeitet. Die Hauptmasse der Versteinerun- gen bilden die Insekten, deren Untersuchung Prof. Heer übernommen hat. Obwohl dieselben sehr zerdrückt und zum Theil nur in Fragmenten erhalten sind, ist doch die Bestimmung der meisten gelungen, wodurch ein Blick in eine noch unbekannte Welt von Thieren der früheren Zeiten unserer Erde sich öffnet. Es enthalten die Samm- lungen des Hrn. Apotheker Lavater, des Hrn. Hofrath von Seyfried in Konstanz, des Fürsten von Fürsten- berg, des ehemaligen Klosters Muri uud das Naturalien- kabinett zu Karlsruhe 101 Species von Käfern in 68 Gattungen. Diese sämmtlichen Arten sind neu und von den jetztlebenden verschieden, während von den Galtun- e ver gen 5i noch gegenwärtig in der Schweizerfauna, 5 nur im südlichen Europa, 1 in Nordamerika sich finden 'und 7 ausgestorben sind; nicht mehr genau zu bestimmen wa- ren nur 4 Gattungen. Von den 7 ausgestorbenen Gat- tungen, welche die fossile Oeninger Käferfauna gegen die jetzige am meisten charakterisiren, gehören die einen 6 verschiedenen natürlichen Familien an; nur eine Gat- tung weicht so sehr von allen bekannten ab, dass sie eine eigenthümliche, neue Familie begründen muss. Nächst diesen eigenthümlichen Gattungen charakterisirt die Oe- ninger- Fauna voraus das starre Hervortreten der Bupres- tiden und der Hydrophiliden. Die meisten Wasserkäfer Oeningens gehören zu der letzteren Familie, während jetzt in unsern Gewässern durchaus die Dytisciden vor- herrschen, und zwar durch ganz Europa. Im Allgemei- nen hat die Oeninger Käferfauna denselben Charakter wie die der jetzigen Küstenländer des mittelländischen Meeres, indem die meisten analogen Arten diese Länder bewohnen. Von jenen 51 Gattungen, die jetzt noch bei uns vorkommen, finden sich einige nur in der wärmern Schweiz und fast alle übrigen kommen zugleich auch im südlichen Europa vor; dazu treten aber dann noch 5 süd- europäische Gattungen, die unsern Gegenden jetzt gänz- lich fremd sind. A. Kölliker, über die Structur und die Ver- breitung der glatten oder unwillkürlichen Muskein. (Vorgetragen den 14. Dezember 1846.) Die Elemente der sogenannten unwillkürlichen Mus- keln bestehen nicht, wie man bisher angenommen hat, a a aus langen, überall gleich breiten, mit vielen Kernen be- setzten Bändern, sondern aus verhältnissmässig kurzen, isolirten Fasern, von denen jede einen einzigen Kern enthält. Diese Faserzellen, wie Hr. K. sie nennt, zeigen sich hesonders unter drei Formen, die jedoch nicht scharf von einander geschieden sind, sondern durch viele Zwi- schenstufen mit einander in Verbindung stehen, nämlich: 1) als kurze, rundliche, spindelförmige oder recht- eckige Plättchen, manchen Epiteliumplättchen ähnlich, von 0,006‘ Breite und 0,01‘' Länge; 2) als ziemlich lange Plättchen von unregelmässig ‘ rechteckiger, spindel- oder keulenförmiger Gestalt und mit zackigen oder gefranzten Bändern und Enden; Länge 0,02 — 0,04", Breite 0,003 — 0,007; 3) als spindelförmige, schmale, drehrunde oder leicht abgeplattete Fasern, mit geraden oder leicht wellenförmig verlaufenden Enden; Länge 0,02 — 0,4 , Breite 0,002 bis 0,01. - Die übrigen Charactere der muskulösen Faserzellen sind folgende: In ihrer Hauptmasse bestehen dieselben aus einer homogenen, weichen, blassgelblichen, in Wasser und Essigsäure aufquellenden und erblassenden Substanz. Innerhalb derselben finden sich in vielen Fällen ungemein feine Körnchen in verschiedener Menge, in manchen Fäl- len auch grössere Fettkörnchen selbst mit gelblicher Fär- bung, selten reihenweis gelagerte Fettkügelchen bis zu 0,001‘ Durchmesser. In jeder Faserzelle, ohne irgend eine Ausnahme, liegt ein blasser, durch Essigsäure in der Regel etwas deutlicher hervortretender Kern, dessen Grösse und Gestalt sehr eigenthümlich und bezeichnend sind, Letztere anbelangend, so ist derselbe fast ohne Aus- nahme einem langen cylindrischen Stäbchen mit abge- ründeten Enden gleich, seltener länglich rund, äusserst ae A selten, man könnte fast sagen nie, spindelförmig, manch- mal sind die stabförmigen Kerne geschlängelt und machen selbst eine oder zwei spiralige Windungen, ohne darum Kernfasern ähnlich zu werden, in welche überzugehen diese Kerne nicht die geringste Neigung haben. Die Substanz der Kerne ist homogen, das Kernkörperchen fehlt ohne Ausnahme; ihre Länge varirt von 0,004” bis 0,016‘, ihre Breite von 0, 0008 — 0,0013’. In äusserst seltenen Fällen enthält eine Faser zwei dicht beisammen- stehende, rundlich-längliche, oder einen selbst mehrfach eingeschnürten Kern. Die Entwicklung der contractilen Faserzellen hat Hr. K. beim Embryo und beim schwangern Uterus ver- folgt. Jede derselben entsteht aus einer einzigen runden, einkernigen Bildungzelle, in der Weise, dass diese zugleich mit ihrem Kerne sich verlängert und mit Inhalt und Membran in eine homogene, zusammenhängende, weiche Masse übergeht. Diese Faserzellen nun bilden, indem sie in grösserer oder geringerer Zahl seitlich und mit ihren Enden anein- ander sich legen, die dem blossen Auge sichtbaren, plat- ten Bündel der glatten Muskeln, welche dann wiederum, in Verbindung mit mehr oder weniger Bindegewebe, ent- weder zu Häuten oder zu netzförmigen Geflechten sich vereinigen. Die Cohärenz der einzelnen Faserzellen un- tereinander ist bald grösser, bald geringer; im letzteren Falle lassen dieselben sich leicht isoliren, im erstern sieht man unter dem Microscope nichts als eine streifige blasse Substanz mit vielen Kernen, die am Rande Fragmente der einzelnen Faserzellen zeigt. Die Isolirung der Fa- serzellen ist Hrn. K. bis jetzt gelungen an den glatten Muskeln der Arterien, der Venen, des Uterus gravidus, der Harnblase, des Magens, der Vagina und der Schweiss- a Se drüsen der Achselhöhle. Noch ist zu bemerken, dass schon Henle (Allg. Anat. Tab. II, fig. 2 B), der übri- gens die Elemente der glatten Muskeln für lange viel- kernige Bänder hält, isolirte Faserzellen abbildet und beschreibt. Die Verbreitung der glatten Muskeln ist eine viel ausgedehntere als man bisher geahnt hat, wie aus nach- stehender Uebersicht hervorgeht, iu welcher bekannte Thatsachen nur kurz erwähnt, neue oder wenig bekannte Erfahrungen etwas ausführlicher angegeben sind. Verbreitung der glatten Muskeln beim Menschen und bei einigen Säugethieren. a. Darm. Dem Bekannten hat Hr. K. nichts beizufügen. b. Drüsen. 1) Lunge. Nach Henle, Moleschott und Hrn. K. besitzen auch die Lungenbläschen glatte Muskelfasern in ihren Wänden. 2) Die Ausführungsgänge der Speicheldrüsen, des Pancreas, der Leber, die Gallenblase, die Harn- blase, die Samenleiter und Samenblasen besitzen, wie Henle u. A. melden, und wie Hr. K. für die mei- sten der angegebenen Organe bestätigen kann, in reich- licher Menge contractile Faserzellen. 3) Dasselbe gilt von den Eierleitern, dem schwan- gern und nichtschwangern Uterus (Länge der Fa- serzellen im schwangern Uterus in den äussern Schichten der Muskelhaut 0,04— 0,12'', Breite derselben 0,0025 bis 0,01; Länge derselben Zellen in den innern Schich- ten 0,018— 0,034'', Breite 0, 003— 0,006‘) und der Vagina (Länge der Faserzellen 0,04 — 0,06, Breite derselben 0,002 — 0,004"). St I) Die Ausführungsgänge der kleinen Drüsen, näm- lich der traubenförmigen Schleimdrüschen, der blinddarmförmigen Darmdrüsen, der Utlerindrü- sen des schwangern und nichtschwangern Üte- rus, der Talgdrüsen und der kleinern Schweiss- drüsen besitzen keine glatten Muskeln; eben so wenig die Ausführungsgänge der Milchdrüsen. c. Gefässe. 1) Arterien. Die Ringfaserhaut ist der Sitz der über- all vorkommenden, zahlreichen glatten Muskeln und ent- hält dieselben in den kleineren Gefässen relativ in grös- serer Menge. Die Kerne der leicht isolirbaren contrac- tilen Faserzellen sind überall sehr deutlich und nirgends in Kernfasern umgewandelt. In der Aorta und dem Stamme der Art. pulmonalis des Menschen haben die contractilen Faserzellen in den innern Lagen der Tunica media die Gestalt von kurzen Plättchen, in den äussern von längern platten Fasern. Sie liegen in besondern Schich- ten abwechselnd a) mit Netzen starker elastischer Fasern oder aus solchen hervorgegangenen gefensterten Häuten , b) mit Bindegewebe, das von reichlichen Netzen stärkerer Kernfasern durchzogen wird, und bilden kaum einen Drit- theil der gesammten Ringfaserhaut, die den weitaus vor- waltenden elastischen Elementen ihre gelbe Farbe und Ela- stieität verdankt. In der Aorta des Schafes, des Pfer- des und der Kuh findet sich in den innern Lagen der Ringfaserhaut dasselbe was beim Menschen, in den äus- sern Lagen treten eigenthümlich wellig verlaufende, gelb- röthliche muskulöse Bänder auf, deren Elemente aus mus- kulösen Faserzellen und Bindegewebe mit Kernfasernez- zen bestehen. — Weniger grosse Arterien des Menschen und der genannten Thiere, wie z. B. die A. poplitea» radialis, tibialis antica, carotis interna zeigen ee NET we" = r # a u ee 27 0 0 u 4 ee in der Ringfaserhaut vorwiegend muskulöse Lagen mit zierlichen, spindelförmigen Faserzellen, daneben noch Bindegewebe mit reichlichen Netzen starker Kernfasern; elastische Fasernetze und gefensterte Häute fehlen gänz- lich, daher auch die Färbung der mittleren Haut nicht gelb, sondern gelb-röthlich ist. In noch kleineren Arte- rien, die weniger als %;‘‘ Durchmesser besitzen, ist die Tunica media rein muskulös, aus spindelförmigen Faser- zellen von 0,02 — 0,03’ Länge und 0,002 bis 0,003 Breite zusammen gesetzt; in den kleinsten noch deutlich arteriellen Gefässen endlich, d. h. solchen bis zu 0,007‘ herunter, wird die Lage der muskulösen Faserzellen durch eine einfache Schicht querstehender länglicher oder rund- licher Zellen mit querovalen Kernen vertreten. 2) Venen. Während die bisherigen Beobachtungen es sehr im Zweifel lassen, ob die Venen wirkliche glatte Muskelfasern besitzen oder nicht, ergeben Hrn, K.’s Un- tersuchungen mit Bestimmtheit, dass solche in den dürn- häutigen grossen Venenstämmen in geringer Menge, in bedeutender Mächtigkeit dagegen in den dickhäutigeren kleineren Venen vorkommen. Die Vena- porta und Vena cavainferior des Menschen, die Vena iliaca eommunis und jugularis externa des Pferdes, die Vena renalis und Cava inferior des Kanin- chens zeigen nach aussen vom Epitelium und einer ein- fachen oder doppelten elastischen, netzförmigen Längs- faserhaut eine einfache Schicht querer muskulöser Faser- zellen von 0,02—0,03‘' Länge und 0,002 —0,006' Breite, untermischt mit gewöhnlichem, quer verlaufenden Bindegewebe, auf welche nach aussen wieder Längshäute folgen, die theils aus Bindegewebe, theils aus starken ela- stischen Fasernetzen bestehen. Selten treten bei diesen grössern Venen zwei, durch Längsfaserhäute getrennte a quere Lagen von angegebener Beschaffenheit auf. Klei- nere Venen, wie z. B. die Vena renalis, spermalica und poplitea des Menschen, die Vena umbilicalis eines reifen menschlichen Embryo, die Vena eruralis und saphena des Pferdes besitzen eine ver- hältnissmässig sehr bedeutende Ringfaserhaut, die aus ab- wechselnden, quer- und längsziebenden Lagen besteht. Er- stere sind aus Bindegewebe und sehr vielen leicht isolir- baren, ziemlich langen contractilen Faserzellen von 0,02 bis 0,03‘ Länge und 0,004 — 0,007‘ Breite gebildet, und wiegen der Masse nach bedeutend vor; letztere be- stehen einzig und allein aus weilmaschigen Netzen starker elastischer Fasern. Die kleinsten Venen anbelangend, so kann Hr. K. für jetzt nur das angeben, dass bei ei- nem 2 Wochen alten Kinde Venen des Mesenterium von 0,01 — 0,015‘ keine Muskelhaut besitzen, dass dagegen solche über 0,028‘'' eine einfache Lage querer länglicher Zellen mit querovalen Kernen zeigen, die ohne Zweifel als contractile Faserzellen anzusehen sind. Die Gehirn- venen, Blutleiter, Venenräume der Gorpora ca- vernosa und Breschet’schen Knochenvenen des Menschen besitzen keine Spur einer Muskulatur. 3) Lymphgefässe. Die glatten Muskelfasern dieser Gefässe, die ebenfalls noch Niemand mit Bestimmtheit gesehen hal, verhalten sich gleich denen der Venen so, dass sie in den Stämmen äusserst spärlich, in den klei- neren Aestchen in grosser Menge sich finden. Im Ductus thoracicus des Pferdes folgt auf das Epitelium und eine elastische Längsfaserhaut eine dünne quere Lage, die vorzüglich aus Bindegewebe mit Kernfasern besteht und sehr spärliche muskulöse Faserzellen enthält. Die äus- serste Haut zieht der Länge nach und führt starke ela- stische Fasern und Bindegewebe. Lymphgefässe des Plexus aorticus inferior des Menschen von ; bis 1 1/2‘ Durchmesser besitzen nach aussen vom Epitelium und einer elastischen Längsfaserhaut eine starke Schicht von queren Muskelfasern, untermischt mit etwas Bindegewebe; die muskulösen Faserzellen sind schwer zu isoliren, 0,03—0,04°' lang, 0,002‘ breit. Nach aus- sen von denselben liegt eine Längsschicht von Bindege- webe mit Kernfasern. Ein Lymphgefäss des Mesen- terium des Kaninchens von 4/‘' Durchmesser zeigt von innen nach aussen 1) Epitelium, 2) elastische feine Längsfasern in einfacher Lage, 3) Bindegewebe mit Kern- fasern und sehr deutliche muskulöse Faserzellen, beide quer verlaufend und in einfacher Lage, endlich 4) längs- verlaufendes Bindegewebe mit Kernfasern. d. In der Iris des Menschen und Kaninchens findet Hr. K. mit Valentin neben Bindegewebe in be- deutender Menge glatte Muskelfasern. e. Haut und äussere Gebilde. 1) Haarbälge. Alle Haarbälge ohne Ausnahme, auch diejenigen der Wollhaare, besitzen nach Hrn. Köl- likers Untersuchungen eine innere einfache Lage que- rer glatter Muskelfasern, die unmittelbar auf die äussere Schicht des Epitelium des Haarbalges folgen, und an lee- ren Haarbälgen, mit oder ohne Anwendung der Essig- säure, sehr leicht zu sehen und auch theilweise zu iso- liren sind. Nach aussen von dieser Muskellage zeigen sich die bekannten längsverlaufenden Bindegewebsfasern der Haarbälge mit eingestreuten spindelförmigen Kernen. 2) Lederhaut. Alle behaarten Stellen der Haut enthalten um den obern Theil der Haarbälge und um die Talgdrüsen herum meist in geringer Zahl Bündel glatter Muskelfasern, die namentlich von aussen nach innen an die Haarbälge sich anzusetzen scheinen. Bedeutend ent- wickelt und schon dem blossen Auge durch ihre blassröth- liche Farbe sichtbar sind die Bündel muskulöser Faser- zellen in der Brustwarze und in dem Warzenhofe, die in ersterer mehr netzförmig, in letzterem kreisförmig an- geordnet sind. In unbehaarten Stellen der Haut, nament- lich in der Planta pedis und Vola manus, hat Hr. K. bis jetzt vergebens nach glatten Muskelfasern gesucht. 3) Unterhautzellgewebe. Ungemein entwickelt und ebenfalls dem blossen Auge kenntlich sind, wie schon Bowman und Valentin andeuten, die muskulösen Fa- serzellen in der Tela cellulosa subceutanea des Scrotum, in der sogenannten Tunica dartos. Weniger zahlreich, doch immer noch in Menge, finden sich dieselben nach Hrn. K.’s Untersuchungen auch im Unterhautzellgewebe des Penis, das als Fortsetzung der Tunica dartos zu be- trachten ist. An beiden Stellen setzen die genannten Fa- serzellen in Verbindung mit etwas Bindegewebe und Kern- fasern ziemlich breite Bündel zusammen, die netzförmig untereinander vereinigt sind, jedoch vorzüglich parallel der Raphe des Scrotum und der Längsaxe des Gliedes ver- laufen. 4) Gorpora cavernosa der erectilen Organe beider Geschlechter. Die Balken der Gorpora ca- vernosa besitzen nach Valentin’s und Hrn. K.s Erfah- rungen in reichlicher Menge glatte Muskelfasern; die ei- nen derselben enthalten neben den Muskeln nur Binde- gewebe und Kernfasern, die andern auch noch Gefässe und Nerven. 5) Schweissdrüsen. Merkwürdiger Weise haben auch die grossen Schweissdrüsen der Achselhöhle, aber auch, so viel wenigstens bis jetzt aufzufinden war, nur diese, eine ungemein schöne Muskulatur, und zwar in der Wandung der Drüsenkanäle selbst. Diese Kanäle, von is ee ee en ee ee a na Tan ‚ an ee 0,06 — 0,13‘ Weite, die, viele unregelmässige Aus- buchtungen abgeseben, denen der kleinen Schweissdrü- sen in Besug auf den Verlauf ganz gleich kommen, zei- gen da, wo sie den Drüsenknäuel bilden, eine ganz com- plicirte Structur. Auf eine Lage pflasterförmiger, fein- körniger, kernhaltiger Epiteliumzellen folgt eine einfache Schicht längsverlaufender, leicht isolirbarer muskulöser Faserzellen von 0,02—0,04'' Länge und 0,002 — 0,005", Breite, die oft neben dem Kern einige gelbliche, dunkle Körnchen führen; dann kommen querverlaufende Binde- gewebsfasern mit sehr zierlichen und zahlreichen Kern- fasern in zarter Schicht, endlich eine geringe Menge längsziehenden Bindegewebes ebenfalls mit Kernfasern. Aus den mitgetheilten Thatsachen zieht Hr. Kölliker folgende Schlüsse: 1) Die Elemente der glatten Muskeln sind ganz charac- teristisch, und eben so verschieden von den primi- tiven Bindegewebsbündeln als von den Elementen der quergestreiften Muskeln. 2) Die von früheren Physiologen aufgestellte Lehre von einem contractilen Bindegewebe ist als unrichtig zu verwerfen, da eine genaue microscopische Untersu- chung in allen Organen, in denen ein solches Binde- gewebe angenommen wurde, nämlich in den Venen, Lymphgefässen, in der Haut, der Tunica dartos, der Brustwarze, dem Penis und der Iris, mit Sicherheit Elemente nachweist, die mit den bestimmt contrac- tilen Elementen des Darmes, der Harnblase, des Ute- rus u. 5. w. vollkommen übereinstimmen. Zum Schlusse bemerkt Hr. K. noch, dass wer mit dem Aufsuchen der glatten Muskelfasern, namentlich in der Haut und in den Gefässen, sich beschäftigen will, vor Allem mit den microscopischen Bildern aller Arten von Bindegewebe, von kleinen Gefäss- und Nervenstämm- chen sich ganz vertraut zu machen, und auch jederzeit mit Vorsicht die verdünnte Essigsäure in Anwendung zu ziehen hat. H. Hofmeister, über die meteorologischen Ver- hältnisse von Lenzburg, im Kanton Aargau. ‘( Vorgetragen am 4. Januar 1847.) Lenzburg liegt im 470 23° 10° nördlicher Breite, 50 50° 55° östlich von Paris und 410 Meter = 1260 Par. Fuss über dem Meere, am westlichen Fusse des “ Schlossberges in einer Ebene, welche nördlich durch die Jurakeite, südlich durch waldige Hügelreihen begrenzt ist, östlich gegen das Bünzthal und westlich bis Aarau nach dem Aarethal ausläuft. Diese Ebene besteht aus aufgeschwemmtem Lande, und ist mit Ackerfeldern, Wie- sen (worunter sehr viele Wässermatten), mit Nadel- und Laubholz bedeckt, und vielfach durch fliessende Gewässer durchschnitten. Die diesen Untersuchungen zu Grunde gelegten Beo- bachtungen umfassen eine Reihe von 6 Jahren und 3 Monaten, nämlich vom 1. Oct. 1839 bis 31. Dec. 1845. Bis zum 6. Oct. 1840 wurde am Schlossberge, von da bis zum 7. Juni 1842 in einem Privathause im Städtchen und hierauf im Schulhause beobachtet. Die erste Station liegt 37,62 Meter, die zweite 4,14 Meter über der dritten. i Das Barometer war ein Horner’sches Gefäss-Reise- barometer mit metrischer Scala, deren Nonius noch Mil- limeter angibt. Vom 6. Juli 1845 an wurde dagegen ein Standbarometer mit einem Gefässe von 120 Mm. Durch- messer mit gleicher Eintheilung benutzt. Sämmtliche Ba- en m u er ne ee ee ee" a a EEE ee. EEE ru rometerhöhen sind nach Schumachers Jahrbuch 1838 auf die Normaltemperatur 0° redueirt. Die Temperatur ist in Gentesimalgraden angegeben. Einzelne kurze Zeiträume ausgenommen wurde sie an einem Quecksilberthermometer, die Extreme dagegen an einem Registerthermometer, und zwar Abends 9 Uhr beo- bachtet. Die Angaben des Maximum sind jedoch in Folge öfterer Beschädigung des Instrumentes lückenhaft. Daher wurde die mittlere 24stündige Tagestemperatur gleich dem arithmetischen Mittel aus den Angaben von 9 Uhr Mor- gens und 9 Uhr Abends angenommen. Die Windfahne befand sich für die erste Station auf einem Gebäude des Schlosses, für die beiden andern Stationen mussten weniger günstig gestellte Fahnen in der Stadt benutzt werden. Luftdruck, Temperatur, Wind und Bewölkung wur- den täglich vier Mal, und zwar um 9 Uhr Morgens, 12 Uhr Mittags, 3 Uhr Abends und 9 Uhr Abends vom Ver- fasser beobachtet. Angaben über Thau und Reif hatte Hr Dr. Hüner wadel die Güte zu ergänzen und die- jenigen über die Menge der jedesmaligen Niederschläge verdankt Herr Hofmeister der Bereitwilligkeit des Hrn. Dr. Häusler. Der hiefür benutzte Regenmesser hat 1,5 Quadrat-Decimeter obere Oeffnung und seine Scala gibt noch 0,1 Millimeter der auf die Oeffnung gefallenen Was- serhöhe an. Da nun der Raum dieser Bogen nicht gestattet, hier ausführliche Tabellen mitzutheilen, und die Arbeit des Hrn. Hofmeister nach dem Wunsche der Gesellschaft an einem andern Orte vollständig veröffentlicht werden wird, so folgen hier bloss die Angaben der Hauptresultate. 1) Luftdruck. Nimmt man an, die erste Station besitze einen um 3,17 Millim. höhern Barometerstand als ur 5 die beiden untern, so ist die mittlere Barometerhöhe 725,69 Millim. Sie ist jedoch nicht für alle Tagesstunden die- selbe: man hat nämlich für 9 Uhr M. 12 Uhr 3 Uhr 9 Uhr A. 725,90 725,49 725,11 725,65 woraus folgt, dass das Barometer 9 Uhr Morgens seinen höchsten Stand hat, dann allmälig bis 3 Uhr sinkt und von da bis 9 Uhr Abends wieder steigt. Die grössten Schwankungen fallen in den Winter, ebenso auch die Maxima und Minima. Die grösste monatliche Schwan- kung betrug (im Januar 1841) 37,72 Millim. Das höchste Maximum von 743,20 Millim. fand am 27. Dec. 1840 und das kleinste Minimum von 699,81 Millim. am 28. Febr. 1843 statt, woraus sich, auf die gleiche Station reduzirt, eine absolute Schwankung von 40,22 Millim. ergibt. 2) Temperatur. Die mittlere 24stündige Tempe- ratur beträgt im Frühling Sommer Herbst Winter Jahr + 7,77 + 15,59 + 7,94 — 0,83 7,63 Diese Jahrestemperatur gibt in Verbindung mit dem mitt- lern Barometerstande die Höhe der untern Station zu 397 Meter. Die höchsten mittlern Temperaturgrade be- sitzt der Juli, nämlich durchschnittlich + 290, die nie- drigsten der Februar, im Mittel — 15%. Die Schwan- kungen können während des ganzen Jahres auf 50° stei- gen. Der 6. Juli 1843 hatte den höchsten Thermometer- stand = 31,0, der 21. Febr. 1845 den tiefsten — 19,2. Ferner zeigt sich, dass die mittlern Extreme des Baro- meterstandes eine geringere Differenz besitzen, je höher die Temperatur des Monats ist. 3) Luftströmung. In der Regel sind die Winde der Westseite (S, SW, W, NW) häufiger als diejenigen der Ostseite (N, NO, ©, SO); eine Ausnahme macht allein Be EEE ern, ir ir Er 0 Ya Far der Februar und April. Durchschnittlich wird aber un- ter den einzelnen Windesrichtungen NO am häufigsten beobachtet. Die mittlere Windesrichtungfist während des ganzen Jahres NW 1°0N. Ihre Wirkung kann durch die Zahl 147 dargestellt werden, in der Meinung die Wir- kung sei dieselbe, ob 147 Luftströme aus NW kommen oder 1429 derselben zu gleicher Zeit in den verschiede- nen Richtungen auftreten. Die Anzahl der östlichen und westlichen Winde stellt sich in den einzelnen Jahreszei- ten folgendermassen heraus: Frühjahr Sommer Herbst Winter Jahr östlich 185 142 157 169 653 westlich 180 217 194 190 781 In Beziehung auf die Dauer zeigen die einzelnen Windrichtungen grosse Verschiedenheit. Es ergaben sich nämlich, wenn man nur die Beobachtungen der ersten Station zu Grunde legt, weil diese durch die günstige Lage der Windfahne allein auf eine grössere Genauigkeit Anspruch machen können, folgende Verhältnisse der Häu- figkeit des Vorkommens der einzelnen Winde zu der An- zahl ihrer Veränderungen bei 1000 täglich vier Mal an- gestellten Beobachtungen: N NNO NO 0N0 0 080 SO sso 821 706 569 410 750 639 643 1000 Ss SsSsw SW WW W WNW NW NNW 947 652 639 462 569 809 755 679 Nun kommen aber NO, ONO, W, WSW am häu- figsten, S, SSO am seltensten vor; folglich sind die häu- figsten Winde die constantesten, die seltensten die ver- änderlichsten. Auch zeigen die Beobachtungen für die meisten Winde eine grössere Veränderlichkeit im Som- mer, im Winter dagegen eine grössere Beständigkeit. ein Ueberdiess ist auch noch die Richtung der Verände- rungen von Wichtigkeit. Unter 1000 Beobachtungen hat man nämlich: Veränderungen | Jahres- Still- | Uebersprünge —— — F .. o zeiten. stände. von 180”. links ke Frühjahr | 4481 218 2541 | 2760 Sommer | 2857 330 3654 | 3159 Herbst 3132 494 3544 | 2830 Winter 9940 2568 1757 Jahr 4009 294 3074 | 2623 | Die Anzahl der Veränderungen ist folglich, mit Aus- nahme des Winters, grösser als diejenige der Stillstände. Die directen Uebersprünge in den entgegengesetzten Wind sind selten. Die Sullstände nehmen in den einzelnen Jahreszeiten an Häufigkeit in derselben Reihenfolge ab, wie die Temperatur. Mit Ausnahme des Frühjahrs dreht sich der Wind häufiger nach der linken Seite. SW z. BR. dreht sich unter 100 Beobachtungen 82 Mal links und nur 18 Mal rechts, springt aber häufig wieder zurück, wenn er anfänglich nur bis W oder NW vorrückte. Aehnlich verhält es sich bei den übrigen Winden. Als links dre- hende Winde können wir SW, SSW, S, WSW, NNW NNO, NO, annehmen; rechts drehende sind dann NW, O0, 050, ONO, N, WNW, SO, W. (Schluss folgt in No. 3.) MITTHEILUNGEN DER NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. EN 20 BRERN März 1847. H. Hofmeister , über die meteorologischen Ver- hältnisse von Lenzburg, im Kanton Aargau. (Schluss. ) Untersucht man die Winde in ihrer Reihenfolge wäh- rend längerer Zeit und nimmt z. B. S, SW, WSW, NW, N als eine einzige Drehung links von 180° an, so erhält man folgende Verhältnisse für die Anzalıl der Dre- hungen links zu den Drehungen rechts: Summe. 90 0 1121%0|135 01571/011800 221,0) 450 |674%0 10,83] 2,00 |1,24) 0,84 |1,00] 1,08 1,09 10,82] 1,34 und daraus folgt, abgesehen von einigen Unregelmässig- keiten, welche von dem Mangel an einer grössern An- zahl von Beobachtungen herrühren, dass die Häufigkeit der Drehungen nach links grösser wird, je grösser die Bogen sind, die sie einnehmen. Eisenlohr erklärt die direkten Uebersprünge aus der gegenseitigen Verdrängung von Aequatorial- und Polar- strömen, die sich über einänder befinden. Die Drehun- gen nach links erfolgen durch die Verdrängung dieser Ströme, wenn sie neben einander auftreten. Die Dre- hungen rechts leitet er für unsere Breitengrade aus öst- lichen und westlichen Strömen her, welche in Folge des ee Unterschiedes der Temperatur des westlichen Oceans und der Nordsee in Vergleichung mit derjenigen des Conti- nents entstehen. Im Sommer hat das Festland eine hö- here Temperatur; daher häufige Rückgänge von W und NW auf SW und von OÖ oder NO auf N oder NW. Im Winter ist die Temperatur des Oceans höher; daher dann häufige Drehungen rechts von SW über SO nach NO oder Rückgänge von SO und O auf NO. Im Früh- jahr und Herbst ist die Temperatur des Oceans und Festlandes weniger verschieden ; daher auch die Rück- gänge weniger häufig. Die regelmässige Drehung geht also links; Polar- und Aequatorialströme liegen häufiger neben, als über ein- ander; Rückgänge sind im Sommer und Winter viel häufiger als im Frühjahr und Herbst. Damit stimmen auch unsere Beobachtungen vollkommen überein. 4) Niederschläge. Die Tage mit Regen, Schnee oder Schlossen vertheilen sich auf die einzelnen Monate, wie folgt: Sir. Tan Tel BEEIHEIBIE | Anzahl) 12 | 6 [E ıolızlıa] a6 | a It 12 J1lıı u = ei > o° Ze Febr. März. April. = Ss ir} Menge| 74 | 47 |57 156 Ig7 [09 14al118]7 114175 Ir] wobei es sich zeigt, dass die Monate mit den meisten Regentagen auch die relativ grösste Menge der Nieder- schläge zeigen und vorherrschend südwestliche oder west- liche Winde besitzen. 5) Meteore. Die Anzahl der trüben Tage beträgt ungefähr 2/, des Jahres, davon sind etwas mehr als die Hälfte mit Niederschlägen verbunden; die wenigsten trü- ben Tage haben Februar und April, die meisten Novem- FR EEE EEE N N I x ED en = ber, December und Januar. Schlossen fallen sehr selten und zwar meistens im Sommer. _ Stürmische Tage zählt man durchschnittlich 27, die meisten im Januar. Gewit- ter ereignen sich jährlich etwa 20, wovon 5 im Juni, 2 im Juli, 4 im August. Nebel zeigen sich am häufig- sten im December und Januar und im Herbst. 'Thau fällt am reichlichsten im August; bisweilen fällt schon im März Thau und im November verschwindet er wieder. Reif bildet sich am häufigsten im März und April, selten noch im Juni und Ende September dann und wann schon wieder. Schnee endlich fällt bisweilen noch im April und dann wieder im October. Zum Schlusse mögen hier noch einige Angaben über die periodischen Erscheinungen in der Natur Platz finden. Hr. Hofmeister verdankt dieselben für den Zeitraum von 1816 — 1834 den Beobachtungen des sel. Hrn. Forst- verwalter Müller und von da an Hrn. Pfr. Häusler. Gegenstände der Beobachtung. Monat. Tag. |Diff. - Tage. Blühen des Seidelbastes . . . 1. 14. 37 Blühen der Haselstaude . . . 20. 81 Schneeschmelzen . . . . . . 28. 59 Blühen der Veilhken . . . . 11. 1: 90 Erste Schmetterlinge . . . . 4. 33 Ankunft der Störche . . . . 6. 43 Grünen der Wiesen . . . . 30. 66 Blühen der Aprikosen. . . . WW. 2. 43 Blühen der Cornelkirsche. . . 6. 29 Blühen der Pfirsiche . . . . 14; 25 Leizter Schnee . . . . .. 1% 77 Ankunft des Kukuk . . .. 20. 13 Ankunft der Schwalbn . . . . 20. 29 — 36 Gegenstände der Beobachtung. Blüben des Kirschbaums Allgemeine Belaubung . Blühen des Birnbaums . Blühen des Apfelbaums Fliegen der Maikäfer Letzter Reif h Blühene des Roggens Heuernte ER BA: Blühen des Korns Blühen der Weinrebe . VI. Erste reife Kirschen und Erd- .beeren . 5 Ernte der Wunlargerdle Ernte des Lewat . Ernte des Roggens . Ernte des Korns . Ernte des Hanfes Abzug der Störche . Blühen der Zeitlose Haferernte . i Abzug. der Shsalhan 2 Kartoffelernte . W einlese Erster Reif Sy? Entfärben der Buchen . Blätterfall derselben . Erster Schnee vn. Vin. X. XI. Monat. Tag. Diff. - Tage. 42 39 91 63 48 61 32 47 35 44 49 bp} 39 39 43 IT EBEN TWITTER ge We Ba Zoologische Bemerkungen von Prof. Schinz. Vorgetragen den 18. Januar 1847. Hr. Prof. Schinz macht die Gesellschaft auf einige Erscheinungen aufmerksam, welche die warme Witterung des Jahres 1846 hervorbrachte. Im Allgemeinen fanden sich im Verhältniss zu der warmen, der Entwicklung so günstigen Witterung des Sommers wenige Insecten, was wohl dem gelinden Winter zuzuschreiben ist, der nach allgemeiner Erfahrung durch Störung des Winter- schlafes diesen Thieren schädlich wird; dagegen traten, wie im Jahr 1834, einzelne südeuropäische Formen auf. Es zeigte sich bei Reichenau in Bündten der Oleander- schwärmer (Sphinx Nerii), in Zürich mehrere Exemplare des Weinschwärmers (Sphinx Gelerio), und in Herrliberg nach einer Mittheilung des Hrn. Dr. Hess auf einer Calla aethiopica die Raupe dieses Schwärmers, die übrigens auch die Blätter der Weinrebe und selbst einer Begonia sich schmecken liess. — Ferner erschien bei Schwyz im Januar ein Zwergadler (Aquila pennata), der von Herrn Dr. Schindler dem Zürcher Museum gütigst überlassen wurde, ein Raubvogel, dessen Heimat Afrika und Süd- europa ist, und der, so viel man weiss, noch nie in der Schweiz und in Deutschland höchstens 3 Mal bemerkt wurde. | Als einen Beweis des langen Sommers von 1846 führt Hr. Prof. Schinz auch an, dass die Nester der Hor- nissen eine ausserordentliche Grösse erreichten. Da näm- lich die Hornissen, wie unsere einheimischen Papier- wespen alle, im Herbste zu Grunde gehen, mit einziger Ausnahme einiger befruchteter Weibchen, die sich wäh- rend des Winters verkriechen und im Frühjahre einen neuen Bau anfangen, so hängt die Grösse eines solchen u Baues und die Zahl der Bruten vorzüglich von der Wit- terung ab. Hr. Prof. Sch. zeigt ein Nest von 2° im Durchmesser, das auf einem Dachbalken im Innern eines Hauses sass. Die Umhüllung desselben besteht aus vie- len Lagen eines braungelben, äusserst spröden und zar- ten Holzpapiers, welche wellenförmig gebogen die innern Zellen überwölben, und selbst eine Anzahl für sich be- stehender Höhlungen besitzen, die des Nachts von ge- schlechtslosen Hornissen bewohnt werden. Die Substanz des ganzen Nestes besteht aus Baumrinde, welche von den Hornissen klein gekaut und mit Hülfe ihres Speichels zu einer Art Papierteig verarbeitet ist. Zur Vergleichung zeigte Hr. Prof. Schinz Rei das Nest der gemeinen Dachwespe und der brasilischen Char- tenwespe. H. H. Denzler, über die örtlichen Erdbeben zu Eglisau. Vorgetragen den 18. Januar 1847. Da die geschichtliche Darstellung der Eglisauer Erd- beben vor einigen Jahren durch die gründliche und ge- wandte Feder Hrn. F. Keller’s im Schosse unserer Ge- sellschaft gegeben worden ist, so beschränkt sich Herr Ingenieur Denzler darauf, das Wichtigste aus seinen eigenen, seit 1823 gemachten Beobachtungen mitzutheilen. Ein Eglisauer Erdbeben besteht gewöhnlich nur in einer knallähnlichen Erschütterung. Selten ist die Er- scheinung prägnanter. Hr. D. hat bei einem Erdbeben, das zu den stärksten gehörte und den grössten Schütter- kreis zeigte, einen Kasten, der nicht fest aufsass, wie- derholt schwanken gehört, und bei einem andern das Klirren von Fensterscheiben wahrgenommen ; dagegen a ae blieb bei einem ziemlich starken Erdbeben das Wasser in einem grossen Gefässe völlig ruhig. Glaubwürdige Männer beobachteten das Ueberfliessen eines gefüllten Glases, das Entglitschen anstehenden Tafelgeschirres und das Herunterfallen an der Wand hängenden Werkzeuges. Von wenigstens vierzig Erdbeben sind diess die einzigen Hrn. D. bekannt gewordenen Fälle, wo eine äusserlich wahrnehmbare Bewegung stattfand. Wenn also eine ent- schiedene Bewegung zu den seltenen Ausnahmen gehört, so herrscht dagegen in den Urtheilen über den mit den Eglisauer Erdbeben verknüpften Schall die befriedigendste Uebereinstimmung. In der Regel ist derselbe prall, ob- gleich gedämpft, kurzdauernd (1/ bis 2 Sekunden) und auslaufend. Ausnahmsweise gleicht er einem Schuss aus grosser Entfernung (3 Fälle), oder er ist so fremdartig dumpf, dass man keinen bezeichnenden Ausdruck dafür findet (2 Fälle. Einmal empfand Hr. D. eine tönende Erschütterung unter sich und hörte gleichzeitig horizon- tal aus Südwest einen schussähnlichen Knall. Wegen der Schwäche der Erschütterungen konnte der Verbreitungsbezirk dieser Erdbeben nur aus dem Schalle ermittelt werden. Der engste Schütterkreis beschränkt sich auf Ein Rheinufer, häufiger auf das rechte, und hat kaum 1/ Stunde Durchmesser. Die schwache tönende Erschütterung wird dann entweder in den auf Felsen gebauten Häusern des Städtchens Eglisau oder in Seg- lingen unweit der Brücke am stärksten verspürt, in bei- den Fällen nahe am Rande des Schütterkreises, wo die Erdrinde am dünnsten ist. Der gewöhnliche Schülterkreis umfasst Eglisau ohne Tössriedern , und hat in südwest-nordöstlicher Richtung etwa 1/ Stunde Durchmesser, in der darauf senkrechten ungefähr 1/3 Stunde. Er scheint sehr nahe elliptische Form ee EN zu besitzen, und zeigt das Maximum in seiner Mitte, d. h. in der Nähe der Rheinbrücke zu Eglisau. In einem Falle empfand man jedoch in Oberseglingen entschieden die stärkste Erschütterung. Der äusserste Schütterkreis, d. h. die Umfangslinie sämmtlicher , zu verschiedenen Zeiten von dem örtlichen Erdbeben Eglisau’s betroffenen Punkte, besitzt eine un- regelmässige Gestalt; er schliesst Stadel, Aarüte, Rheins- felden, Wyl, Rüdlingen, Ziegelhütte, Tössriedern und Seglingen unstreitig ein, während Rafz und Hüntwangen, Buchberg und Windlach wahrscheinlich ausserhalb liegen. Entschieden jenseits seiner Grenze liegen der Murkathof, Kreuzstrasse, Schachen, Häuslihof und Solgen. Die stärkste Erschütterung zeigte sich bei den weitesten Schüt- terkreisen im Städtchen Eglisau, ausnahmsweise in Seg- lingen und Ein Mal in der Burg. Die Häufigkeit dieser örtlichen Erdbeben hat schon längst die Aufmerksamkeit der Naturforscher gefesselt. Es gibt wenige Jahre ohne, dagegen Jahre mit 2, 3, 4 Erdbeben. Nie folgten sie so schnell auf einander, dass man unmittelbaren Zusammenhang vorausselzen durfte. Nur das Erdbeben vom 19. September 1846 machte den Eindruck eines Doppelstosses. Ueber die Ursachen dieser seltsamen örtlichen Erschei- nung trat Hr. D. nicht ein, gedachte dagegen noch einer am 30. Juni 1846 zunächst bei Eglisau beobachteten ano- malen und lokalen Ablenkung der Magnetnadel, die den ganzen Tag constant blieb und 18 Minuten gegen West betrug, auf welche Erscheinung am 1. Juli, Morgens 5 Uhr, ein starkes Erdbeben folgte. Bald nachher wurde mit der gleichen Magnetnadel wieder die gewöhnliche Ab- weichung gefunden. Diese Anomalie erschien Hrn. D. bedeutsam, als er in Pilla’s Relation über das Erdbeben BR in Toskana vom 14. August 1846 neben einigen geolo- gischen und klimatologischen Anklängen auch die Beo- bachtung einer anomalen Ablenkung der Magnetnadel, 14 Minuten gegen West betragend, aufgeführt sah. Hr. D. schliesst mit der Bemerkung, dass nur viel- jährige, wissenschaftlich angeordnete Beobachtungen über die Ursachen der örtlichen Erdbeben zu Eglisau werden Licht verbreiten können und dass für jetzt die Acten auf jeden Fall noch nicht spruchreif sind. A. Kölliker, über die Entozoengattung Grega- rina, L. Dufour. Vorgetragen den 25. Januar 847. Die Gattung Gregarina, L. Duf., welche als Ein- geweidewurm in vielen Insecten und Würmern vorkommt, ist darum von dem grössten Interesse für den Natur- forscher, weil sie nahezu die einfachsten aller bekannteiı Thiere umfasst, Thiere, die weder Mund noch Einge- weide, keine Muskeln, Nerven, Sinnesorgane u. s. w. besitzen, sondern einfache, vollkommen geschlossene, aber sich bewegende Bläschen sind. Hr. K. hat schon vor zwei Jahren seine Ansicht über diese Thierchen aus- gesprochen und sie in Beziehung auf ihre Form für ein- fachen Zellen gleich erklärt. Neuere Untersuchungen haben denselben in dieser Ansicht bestärkt, und ihn noch ausserdem mit 4 neuen Arten von Gregarinen (Gr. En- chytraei im Darme von Enchytraeus albidus, Gr. Saenu- ridis in den männlichen Geschlechtsorganen von Saenuris variegata Hoffm., Gr. Sieboldii im Darme der Larven mehrerer Agrionarten, Gr. brevirostra im Darme der Larve einer Hydrophilus) und mit manchen andern That- sachen bekannt gemacht, welche im Folgenden, zusam- men a N TE mit demjenigen, wäs andere Forscher, nämlich v. Siebold, Henle und v. Frantzius über die Gre- garinen melden, in Kürze übersichtlich angeführt sind. 1. Die Structur der Gregarinen ist eine sehr ein- fache. Dieselben besitzen: a) = = eine überall geschlossene, zusammenhängende, struc- turlose, durchsichtige und mässig feste Leibeshülle, die durch Druck leicht platzt und bei manchen Ar- ten in Essigsäure sich auflöst, einen aus Flüssigkeit und vielen dunkeln kleinen Körnchen bestehenden Inhalt, der bei den einfachen Gregarinen einen einzigen, bei den eingeschnür- ten zwei, durch eine dünne Lage zäher Flüssigkeit von einander geschiedene Haufen bildet ; mitten in den Körnern, bei den eingeschnürten Gre- garinen im hintern Leibesabschnitte, ohne irgend eine Ausnahme, ein, sehr selten zwei rundliche Bläs- chen, mit dünner aber fester, in Essigsäure unlös- licher Membran ; in diesen Bläschen helle Flüssigkeit, und meist, na- mentlich bei jüngern Individuen, ein einziges dunkles, homogenes und rundes, seltener hohles, granulirtes oder eckiges Korn, in einigen Fällen zwei, drei, sechs bis achtzehn kleinere Körner von ähnlicher Beschaffenheit, die durch Zerfallen eines einzigen grösseren Kornes entstanden sind; sehr selten im Innern zwei kleinere, das Mutterthier ganz erfüllende jüngere Individuen (Gr. Sipunculi). 2. Die Grössenverhältnisse der Gregarinen sind fol- gende: Länge der ganzen Thiere 0,006 — 0,7, Breite 0,0015 — 0,128‘, Breite der Bläschen 0,0013 — 0,036‘, Durchmesser des oder der Körner im Innern der Bläs- 0,001 — 0,006°. a 3. Die Bewegung, die die Gregarinen zeigen, ist eine dreifache : a) Eine Molecularbewegung der Körner des Inhaltes, die bei Wasser- und Speichelzusatz sich zeigt, un- ter ganz natürlichen Verhältnissen aber wahrschein- lich mangelt. b) Eine langsam vorwärts schreitende Bewegung ohne sichtbare Contractionen der Leibeshülle. c) Bewegungen nach dieser oder jener Richtung durch mehr oder minder energische, auf verschiedene Wei- sen sich combinirende Zusammenschnürungen der Leibeshülle, die einen durchaus animalischen Cha- racter an sich tragen. 4. Aus der Entwicklungsgeschi@hte der Gregarinen ist nur das mit Bestimmtheit bekannt: erstens dass schon die kleinsten Individuen ein Bläschen enthalten und einen ganz flüssigen oder wenigstens körnerarmen Inhalt füh- ren, zweitens dass bei den mit einem Rüssel versehenen Arten derselbe ursprünglich fehlt, drittens dass bei den unter einander zusammenhängenden Arten die Verbin- dung schon bei den kleinsten Individuen sich findet. 5. Der Aufenthaltsort der Gregarinen sind Insecten, Anneliden (Land- und Wasserbewohner) und Krustaceen (bei Gammarus pulex nach v. Siebold’s Mittheilung); in der Regel bewohnen dieselben den Darm, selten die Leibeshöhle und die Geschlechtsorgane. Auffallend ist, dass die einfachen Gregarinen bis jetzt nur in Anneliden, die eingeschnürten in Insecten und Krustaceen gefunden worden sind. | 6. Neben den Gregarinen kommen in manchen Thie- ren noch eigenthümliche Gebilde, die von v. Frantzius sogenannten Pseudonavicellenbehälter vor. Diesel- ben sind kugelige Blasen mit structurloser Membran, in en: der Regel von der Grösse’ der grössern Gregarinen, die einen entweder aus feinen Körnern oder eigenthümlichen Körperchen, den sogenannten Pseudonavicellen bestehen- den Inhalt führen, der bald nur eine Masse bildet, bald in zwei kleinere Blasen eingeschlossen ist, welche bei Gr. Saenuridis auch ohne äussere Hülle vorkommen. 7. Die Körner der ersiern, sogenannten jüngern Behälter haben ganz dieselbe Beschaffenheit, wie die der ältern Gregarinen, und enthalten nach Hrn. Kölliker’s Beobachtung in allen Fällen, wo dieselben in zwei Bla- sen (mögen diese frei sein oder in einem grössern Be- hälter stecken) eingeschlossen sind, in jeder derselben ein centrales Bläschen, das wie bei den Gregarinen helle Flüssigkeit und ein dunkles rundes Korn führt. 8. Die Pseudonavicellen der andern Behälter sind kugelrunde bis spindelförmige Körperchen, die aus einer Membran, flüssigem oder körnigem Inhalt und einem kernartigen Gebilde bestehen und keinen Kieselpanzer besitzen. 9. Bei Lumbricus, nicht bei Saenuris, gibt es Be- hälter, die theils Körner, theils Pseudonavicellen in sich fassen. 10. Bei Saenuris und Lumbricus gibt es grössere und kleinere Behälter, letztere mit kleinen, erstere mit grössern Pseudonavicellen. 11. Die Behälter mit Pseudonavicellen platzen zu ge- wissen Zeiten und entlassen ihren Inhalt; die freien Pseu- donavicellen hängen nach Henle bei Lumbricus auf ver- schiedene Weise zusammen. 12. Die Pseudonavicellenbehälter kommen auch aus- serhalb der Thiere vor, die Gregarinen führen (z. B. an den Gehäusen von Larven), oder in ausgebildeteren For- men derselben, die keine Gregarinen mehr enthalten. a = 13. Die Pseudonavicellen so wie ihre Behälter zeigen keine Spur von Bewegung. Aus diesen Thatsachen zieht Hr. K. folgende Schlüsse: 1) Die Gregarinen sind Thiere. 2) Die einfachen Gregarinen bestehen unzweifelhaft aus einer einzigen Zelle ; ihre Leibeshülle entspricht einer Zellmembran, ihr Inhalt ist Zelleninhalt, das Bläschen in demselben der Zellenkern, das oder die Körner in dem- selben ein einfaches oder zerfallenes Kernchen (nucleolus). 3) Die eingeschnürten Gregarinen entsprechen höchst wahrscheinlich ebenfalls jede einer einzigen Zelle eigen- ihümlicher Art. 1 4) Es ist durchaus kein Grund vorhanden, die Gre- garinen nicht für ausgebildete Thiere zu halten. 5) Die Pseudonavicellenbehälter mit körnigem Inhalt und Bläschen entstehen, im Falle dieselben als die jün- gern angesehen werden dürfen, wahrscheinlich durch eine Umwandlung der Gregarinen. 6) Diess vorausgesetzt, so sind die Pseudonavicellen der ältern Behälter wahrscheinlich als Keime der Grega- rinen anzusehen, die entweder in Gregar. selbst, oder, was weniger denkbar ist, in ein anderes Thier übergehen, das dann als ausgebildetere Form der Gregarinen anzusehen wäre. 7) Das Vorkommen von zwei Kernen oder von zwei Zellen im Innern gewisser Gregarinen hat entweder auf eine Vermehrung derselben Bezug, oder ist die Einleitung zur Umwandlung derselben in Pseudonavicellenbehälter. 8) Das Zusammenhängen gewisser Gregarinen kann von einer Theilung der Pseudonavicellen herrühren, falls dieselben die Keime der Gregarinen sind, oder in einer Art Längs- und Quertheilung der jüngsten Gregarinen begründet sein u Meteorologische Beobachtungen, ange- 442,3% Meter über Luftdruck (bei O9). Temperatur. eu \ 9 Uhr 12 Uhr 3 Uhr 9 Uhr 9 Uhr | 12 Uhr | 3 Uhr | 9 Uhr Morgen. | Mittag. |Nachmitt.| Abend. || Morgen.| Mittag. | Nachm. | Abend. &n S = 1.\ 728,83 | 727,23 | 726,01 | 724,75 |- 9,8|- 82|- 9,2|- 90|- 9,8|- 2.| 723,06 | 722,99| 723,12) 723,19 |- 9,6\- 7,9|- 8,6 |- 88|- 9,6 3.| 721,72 | 722,17 | 722,64 | 724,18 |- 6,8|- 231|- 36|- 1,8|- 8,8 4.| 727,48 | 727,49 | 727,76 | 728,37 |- 0,2) + 3,9|- 1,8 5 6 7 8 9 10 11 = zn ni = .| 728,74 | 728,26 | 728,29 | 728,94|+ 0,2|+ 1,2|+ 0,1|- .| 730,77 | 730,06 | 730,12 | 729,89 |+ 1,0 + 1,5 /+ 1,1 1+ = 729,05 | 728,46 | 727,68 | 727,48 |+ 1,2|+ 1,8|+ 1,3|+ 3,0|+ 14,2 | 727,85 | 727,65 | 728,09 | 728,89 |+ 0,8 + 0,8|+ 1,6 |+ 0,7|+ 0,7 | 731,00 | 730,51 | 730,09 | 728,12 |- 4,5|- 14|- 1,5|- 32|- 2,3 .| 731,24 | 730,77 | 730,54 | 729,46 |— 6 |- 3,2|- 3,0|- #1|- 4,6 730,32 | 730,06 | 729,51 | 728,35 |- 3,5|- 3,6|- 3,8 |- 5,8|- 5,8 12.| 727,66 | 726,77 | 725,98 | 725,41 \- 5,1|- 40|- 3,9|- 5,5|- 5,8 13.| 724,96 | 724,60 | 724,23 | 724,89|- 5,2 |- 5,0!- 45|- 60|- 6,2 414.| 725,20 | 725,17 | 725,68 | 726,10 |- 3,2 + 2,1/- 1,0|- 3,2|- 6,0 45.! 727,50 | 727,08 | 726,59 | 726,90 |- 4,1 | „- Fi 2,8 - 22|- 41|- 46 16.| 726,81 | 726,10 | 725,96 | 725,76|- 54 |- 1,0 - 04|- 12|- 62| © 17.| 725,83 | 725,68 | 725,85 | 726,26 |- 0,2|+ 34 + 3,6|- 12|- 32|+38 18.| 726,17 | 725,51 | 725,15 | 725,02 |- 3,3 + 24|+ 3,2|- 1,5|- 33|+ 4 19.| 725,55 | 725,22 | 724,77 | 724,42|- 11|+ 1,5 |+ 0,6)+ 08) 22|+2 20. 723,73| 723,57 | 723,55 | 724,84 |- 02|+ 3,0|+ 1,3|+ 02|- 02|+ 2 21.| 723,82 | 724,05 | 723,65 | 723,44\- 02|- 0,0 + 93|- 1,1|- 11[+4 22.| 723,13 | 722,64 | 722,22 | 722,87 |- 1,3|— 1,2|+ 0,4|— 1,2|- 1,3|+ 0 23.| 723,13 | 723,45 | 723,19 | 724,47!- 12|- 02 + 0,6|- 31|- 42|+3 24.| 724,92| 724,36 | 722,49 | 723,06 |- 1,4 +05 + 30|- 04|- 3,9|+ 4 25.| 721,58 | 721,62| 722,42 | 721,96 |+ 1,8|+ 3,7 + 35|+ 38|- 2,1|+ 4 26.| 719,63 | 719,36 | 721,83 | 723,00 |- 1,2 |+ 32 + 38|+ 38|- 1,5|+ 3 27.\ 721,87| 722,15| 721,45 | 21,02 |+ 22 |+ 32|+ 38 |+ 38 |+ 1,8)+ 4 28.| 716,60 | 716,46 | 716,28| 716,32 |+ 2,3 |+ 49 |+ 6,114 464 0,41+ 6 29.| 714,98 | 813,37 | 711,61 | 708,13 |+ 3,5 + 46 + 41|+ 35 + 30|+ 6 30. 709,34 | 710,12 | + 22\+ 31 724,756) 724,431| 724,716] 724,638] - 1,80 + 0,2 Pi 0,21|- 1,33! - 3,03 +1, ler Meeresfläche. 3 Uhr 9 Uhr Nach.| Ab. | hr 12 U. g. | Mitt. a tellt in Zürich im Monat Januar 1847. Wind. m „ —— m {ns Bewölkung. & | 3 |9 Uhr 12 Uhr! 3 Uhr | 9 Uhr |9 Uhr E & Morg. Mittag.| Nach. |Abend.| Mrg. | Mitt. |Nach.| Ab. Fi .| bed. .\bew. .. bed. .|Neb. .Neb. .\Neb. .|Neb. .| bed. .| bed. — | — | SO. |0S0.| ONO.|ONO.| bed. — | -— |IONO.| NO. | NO. | NO. | bed. 174,0] 75,8] 83,9 PORTA TTE nnnOoPoo0onnZ22 22222 ; .| 0OSO. 4,24 Reg. A . 1080. 9,81Reg. S. 17,13|Reg. S. N. | SW. |lbew 8,413 Sch. Schn. |Schn. Summe der Niederschläge: 54,59 Millim. | — 4 — A. Escher v. d. L., über neue Petrefacten. Vorgetragen den 25. Januar 1847. Hr. Escher v. d. L. weist aus dem durch die Ver- einigung von Ammoniten mit Goniatiten, Orthoceratiten und Belemniten so merkwürdigen Kalkgebilde des Salz- kammergutes eine Anzahl Orthoceratiten und Ammoniten vor, welche das zürcherische Museum durch die gefällige Vermittelung des Hrn. v. Morlot erhalten hat. Der Werth dieser an und für sich schönen Stücke ist dadurch erhöht, dass: vermittelst sorgfältigen Anschleifens und Polirens eines Theiles der einzelnen Exemplare die bei mehreren dieser Ammoniten so höchst merkwürdige Lobenzeichnung hervorgehoben ist. Hr. v. Hauer gibt in seinen von ausgezeichnet schönen Abbildungen begleiteten Abhand- lungen über diesen Gephalopodenkalk an, dass derselbe durch einen grauen, grosse Isocardien enthaltenden Kalk- stein vom rothen Sandstein von Werfen getrennt sei; ferner führt er als westlichsten jetzt bekannten Fundort des Cephalopodenkalks Hall bei Innsbruck auf. In der That scheinen der Isocardien- und der Gepha- lopodenkalk in der Schweiz und im angrenzenden Vor- arlberg wenigstens zu fehlen. Das rothe CGonglomerat an der Nordgrenze der crystallinischen Gesteine, das wohl ohne Zweifel als Fortsetzung desjenigen von Wer- fen zu betrachten ist, ist in diesen Gegenden bedeckt durch hie und da von Gyps und Rauchwacke begleiteten dolomitischen Kalkstein; diesem folgen sogleich verschie- dene Kalkabänderungen mit Petrefacten von gewöhnli- chem Juracharakter. Die Kalksteine scheinen vom Ga- landa an gegen Ost in steigendem Maasse durch Dolomit ersetzt zu sein. Ueber dem letztern liegen Gesteine, die ohne Zweifel der Kreideperiode angehören und in denen ebenfalls keine Spur des Cephalopodenkalks anzutreffen ist. kt 2 Mn A > en ka ie Me ee ce ern ne ne ns MITTHEILUNGEN NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. N 4 Sr TREE 4 April 1847. Prof. H. Meyer, über Wachsmodelle zur Empbryoilogie. Vorgetragen den 8. Februar 1847. Hr. Prof. Meyer zeigt von ihm selbst gefertigte sche- matische Modelle zur Erläuterung einiger schwierigeren Theile der Entwicklungsgeschichte vor. Es ist bekannt, welche Schwierigkeiten einem Lehrer der Physiologie die Darstellung der Entwicklung der äussern Leibesform des Embryo, sowie der Bildung der Eihäute bereitet, indem es beinahe unmöglich ist, die Objekte selbst zur Demon- stration vorzuführen, und Zeichnungen die Anschauung nur usvollständig zu ersetzen im Stande sind. Der Wunsch, diesem Mangel abzuhelfen und die jetzt gültige Ansicht der genannten Hergänge durch palpable Objekte zu ver- anschaulichen , veranlasste Hrn. M. zur Anfertigung der erwähnten Modelle als Erleichterungsmittel für den Un- terricht. Die bis jetzt gefertigten Modelle sind folgende: A. 3 Modelle zur Erläuterung der Bildung der müt- terlichen Eihäute. — Dieselben stellen die hintere Hälfte des Uterus dar, welche auf einem Fusse senkrecht auf- gestellt ist und die Membranae deciduae und das Ei in verschiedenen Entwicklungen zeigt, nämlich: 1) die Decidua vera, den Uterus auskleidend , das Ovn- lum noch in der Tuba; zur ae 2) die Decidua reflexa im Beginne ihrer Entwicklung, das Ovulum im Fundus uteri; 3) die Decidua reflexa weiter ausgebildet, Entstehung der Decidua serotina. Die Masse des Uterus und der Deciduae ist roth, die des Ovulum weiss. i B. Ein Modell zur Erläuterung des ausgebildeten Zu- standes der Eihäute; schematische Darstellung eines 2 bis 3monatlichen Fötus. In einem halbirten Uterus sieht man _ ebenfalls im Durchschnilte dargestellt den Schleimpfropf im Mutterhalse, die Decidua vera und reflexa, das Cho- rion, das Amnion, die Plazenta und das Dotterbläschen ; der Fötus hängt an seiner Nabelschnur. — Uterus, Deci- duae und mütterlicher Theil der Plazenta sind in rother, die übrigen dem Fötus angehörigen Theile und dieser selbst in weisser Masse gearbeitet. CG. 10 Modelle zur Erläuterung der Metamorphose des Fruchthofes. — Auf Kugelsegmenten sind die Gestal- ten des Fruchthofes in der Grösse von Bischoff’s Ab- bildungen erhaben gearbeitet. D. 10 Modelle über die weitere Entwicklung des animalen Blattes und die Bildung des Amnion. An mäs- sig dünnen Plättchen sind obere und untere Ansichten des animalen Blattes und Durchschnittsansichten darge- stell. Die einzelnen Modelle stellen folgende Momente der Entwicklung dar: 1) beginnende Bildung der Kopfkappe — in ganzer Ansicht und im Längenschnitt ; 2) vollendete Bildung der Kopfkappe und beginnende Bildung der Schwanzkappe — in ganzer Ansicht und im Längenschnitt ; 3) vollendete Bildung der Kopf- und Schwanzkappe und beginnende Hebung der seitlichen Falten — in Bar Ze ganzer Ansicht, im Längenschnitt und im Quer- sschnitt ; %) fast vollendete Schliessung des Amnion und Abschnü- rung des Embryo — im Längenschnitt und Quer- schnitt ; 5) vollendete Schliessung des Amnion und Abschnürung des Embryo bis zur: Bildung der Nabelstrangscheide — im Längenschnitt und Querschnitt. E. 7 Modelle zur Erläuterung der Verwaudlungen des vegetativen Blattes. -— Dieselben stellen halbe Ovula dar, welche auf Füssen senkrecht aufgestellt sind. An _ allen ist zu äusserst das Chorion und in demselben die folgenden Theile und Zustände dargestellt: 1) Keimblase und einfacher Fruchthof; 2) Spaltung des Fruchthofes ; 3) Fortschreiten der Spaltung auf die Keimblase ; 4) fast vollendete Spaltung der Keimblase ; 5) die Keimblase vollständig gespalten, der Embryo am Kopfende abgeschnürt, das Gefässblatt sichtbar ; 6) die Abschnürung des Embryo stark vorgeschritten, das Amnion fast vollendet, Darm und Dottersack deutlich getrennt: im Gefässblatt die Lage des Her- zens durch eine dickere Stelle angedeutet; 7) die Allantois, das Dotterbläschen und der vollendete Darmkanal sichtbar, das Amnion fertig gebildet, das Herz angedeutet. Das Material, aus welchem Hr. Prof. Meyer diese Modelle nur mit dem Messer gefertigt hat, ist theilweise Wachs, theilweise Stearine, (hejweise eine passende Mi- schung aus beiden mit einer leichten Färbung. — Aehn- liche Darstellungen anderer Theile der Entwicklungsge- schichte sind von demselben theils begonnen, theils ent- worfen. Kinige vorläufige Darstellungen zur Frläute- rung der Bildung der Gorpora lutea wurden schon bei dieser Gelegenheit vorgezeigt. © In Folge dieser Vorweisung spricht Hr. Prof. Köl- liker sein ungetheiltes Lob über die Schönheit und Brauchbarkeit der von Hrn. Prof. Meyer angefertigten Modelle aus, und macht zugleich die Änzeige, dass er als Director der physiologischen Sammlung im Falle sei, Suiten solcher Modelle, theils gegen Bezahlung, theils im Tausche, abzulassen. Prof. W. Descehwanden, über die Bewegung von Flüssigkeiten. Vorgetragen den 15. Februar 1847. Die Veranlassung zu folgenden Untersuchungen waren theoretische Arbeiten über einige hydraulische Maschinen, wesshalb durchaus nur diejenigen Fälle berücksichtigt wurden, bei welchen die Bewegung der Flüssigkeit in irgend einem Punkte des von ihr durchströmten Raumes immer gleich bleibt. Diess ist namentlich dann der Fall, wenn die Flüssigkeit eine Röhre oder irgend ein anderes Gefäss mit immer gleicher Geschwindigkeit durchströmt, ausserdem aber auch bei freien Wasserstrahlen. Im Fol- genden sollen nun theils die Grundsätze angegeben wer- den, nach welchen diese Untersuchungen geführt wurden, theils einige von den erhaltenen Ergebnissen. Bei der vorausgesetzten Art der Bewegung beschreibt irgend ein unendlich kleines Flüssigkeitstheilchen einen kanalförmigen Raum mit unendlich kleinem und verän- derlichem Querschnitte und verschiedenen Krümmungen. Jedem in diesem Kanale hefindlichen Flüssigkeitstheilchen BR: | Ve folgt unmittelbar ein anderes genau auf demselben Wege, diesem ein drittes u. s. w., so dass ein solches Kanäl- chen als feststehend betrachtet werden kann. Es ergiebt sich nun sogleich, dass die ganze bewegte flüssige Masse in solche unveränderlich bleibende Elementarkanäle zer- legt werden kann. Da nun die Bewegung der Flüssigkeit in irgend einem Punkte eines solchen Elementarkanals berechnet werden kann, wenn man den Druck, den sie in diesem Punkte erleidet, sowie den Druck und die Bewegung in irgend einem andern Punkte des Kanals kennt, der um eine bekannte Grösse über oder unter jenem ersten liegt, so ist vor Allem nöthig zu untersuchen, wie der Druck be- stimmt werden könne, welchen irgend ein Punkt eines Elementarkanales auszuhalten habe. Da ferner dieser Druck jedenfalls in hohem Grade von dem Drucke der benachbarten Flüssigkeitstheilchen abhängig ist, so muss zunächst untersucht werden, nach welcher Richtung sich in der bewegten Flüssigkeit der Druck irgend eines Punktes fortpflanze, und dann, wie sich die Intensität dieses Druckes verändere. Bedenkt man nun, dass sämmtliche Kräfte, die in irgend einem Zeitpunkte auf ein in einem Elementarka- nale befindliches Flüssigkeitstheilchen wirken, der Grösse und Richtung nach so beschaffen sein müssen, dass die Bewegung des Theilchens in diesem Zeitpunkte nach der Tangente gerichtet ist, die man durch dasselbe an den Elementarkanal ziehen kann, in welchem es sich befindet, so überzeugt man sich leicht, dass in einem Elementar- kanale nur der Druck derjenigen Flüssigkeitstheilchen auf einander gleich gross sein kann, die im gleichen nor- malen OQuerschnitte liegen, während schief durch den Kanal geführte Querschnitte im Allgemeinen verschiede- = Me nen Druck darbieten. Da nun je zwei sich berührende Elementarkanäle an den Berührungspunkten gleichen Druck erleiden, so folgt, dass sich der Druck im Innern einer bewegten Flüssigkeit stets normal auf die Bewegung der Flüssigkeitstheilchen fortpflanzt. Alle Punkte, nach welchen sich der Druck irgend eines Punktes der Flüssigkeit fortpflanzt, liegen mithin in einer Fläche, die überall normal auf den von den Flüssigkeits- theilchen beschriebenen Gurven steht; sie mag Normal- fläche genannt werden. — Die Grösse des in der Nor- maltläche fortgepflanzten Druckes wird theils durch die Schwere, theils durch die Fliehkraft der einzelnen Flüssigkeitstheilchen verändert. Der von der Schwere herkommende Druck ist in jenen Punkten der gleichen Normallläche am grössten, die am tiefsten liegen, zu sol- chen aber, auf welche die Fliehkraft stärker wirkt, ge- langt man, wenn man von irgend einem Punkte der Normalfläche auf derselben so fortschreitet, dass man alle Elementarkanäle zuerst auf ihrer hohlen Seite trifft. Es ist nun bekannt, dass in zwei verschiedenen Querschnit- ten eines geschlossenen Kanals die Geschwindigkeit gleich ist, wenn in dem tiefer liegenden der Druck auf die Flächeneinheit der Flüssigkeit um das Gewicht einer Flüs- sigkeitssäule grösser ist, deren Höhe gleich dem Höhen- unterschiede beider Punkte und deren Querschnitt eine Flächeneinheit ist. Nimmt man nun an, alle Elementar- kanäle der flüssigen Masse gingen vom gleichen Flüssig- keitsspiegel aus, so hat daher jene Veränderung des in- neren Druckes durch die Schwere keinen Einfluss auf die Geschwindigkeit der Flüssigkeit, denn die Verschie- denheit des daher kommenden Druckes in der gleichen Normaltläche ist immer gleich dem Gewichte jener Flüs- sigkeitssäule. Dagegen ist die Geschwindigkeit an den- 4 i L BE jenigen Punkten einer Normalfläche am kleinsten , in welchen der von der Fliehkraft ausgeübte Druck am grössten ist, indem dieser gegen die Bewegung wirkende Druck durch keinen andern aufgehoben wird. Es folgt daraus: dass man immer kleinere Geschwindigkei- ten antrifft, wenn man auf einer Normalfläche gegen die hohlen Seiten der Elementarkanäle fortschreitet, immer grössere dagegen, wenn man gegen die erhabenen fortgeht. Ist die Gestalt der Elementarkanäle genau oder angenähert bekannt, so kann auch die Grösse jener Zu- oder Abnahme der Ge- schwindigkeit auf einer und derselben Normalfläche ge- nau oder angenähert angegeben werden. Hieraus ergeben sich nun folgende Folgerungen. Sind die Elementarkanäle geradlinig, so ist die Fliehkraft der Flüssigkeitstheilchen gleich Null, und die Geschwin- digkeit, sofern alle Elementarkanäle vom gleichen Flüs- sigkeitsspiegel herkommen, ist in allen Punkten einer und derselben Normaltlläche gleich gross. Diess lässt sich auf die Bewegung des Wassers in Kanälen und Gerinnen u. dgl. anwenden (natürlich überall ohne Berücksichtigung der Reibung der Theilchen an einander und an den Ka- nalwänden); hier mag nur folgender Fall näher berührt werden. Bekanntlich entsteht mitten in dem Spiegel der durch einen Trichter fliessenden Flüssigkeit eine Vertie- fung, wenn derselbe bis zur Nähe der Ausflussöffnung hinuntergesunken ist, in welchem sich die Flüssigkeit in wirbelnder Bewegung herumdreht. Verzeichnet man sich nun die Elementarkanäle im Trichter, was sehr angenä- hert geschehen kann , und ebenso mehrere Normalflächen in der Nähe des Flüssigkeitsspiegels, so wird man sich sogleich überzeugen, dass die Mitte des Spiegels einer andern Normalfläche angehört als die Ränder, und zwar WE einer solchen, die näher bei der Ausflussöffnung gelegen ist. Nun wird aber der Querschnitt der Elementarkanäle um so kleiner und die Geschwindigkeit der Flüssigkeit um so grösser, je näher man zur Ausflussöffnung kommt. Daher senkt sich die Mitte des Flüssigkeitsspiegels schnel- ler als die Ränder und bildet eine kleine Vertiefung. Wegen der leichten Beweglichkeit strömen nun die auf der Oberfläche und zugleich an den Rändern gelegenen Flüssigkeitstheilchen nach der Mitte hinunter, und erzeu- gen, sobald sich ibre von allen Seiten her gerichteten Be- wegungen nicht ganz genau aufheben, eine wirbelnde Bewegung, in welche alle nachfolgenden Theilchen eben- falls hineingerissen werden, und sie, wenn sie einmal begonnen, fortwährend erhalten. Ueber die Anwendung der oben ausgesprochenen Ge- seize auf krummlinige Bewegung mag Folgendes ange- führt werden. Lässt man einen Flüssigkeitsstrahl mit rechteckigem Querschnitte durch einen Kanal gehen, der aus zwei ge- raden, durch eine Curve mit einander verbundenen Stü- cken besteht, und dessen hohle Wand man sich der freie- ren Bewegung der Flüssigkeit wegen einstweilen wegden- ken mag, so müssen sich, jenen Sätzen zufolge, an der krummen Stelle folgende Erscheinungen zeigen. Auf der innern, freien, hohlen Fläche des Strahles bleibt die Ge- schwindigkeit überall gleich gross; durchschneidet man aber von da aus die Elementarkanäle gegen die erhabene Fläche hin, so trifft man auf immer kleinere Geschwin- digkeiten, weil der durch die Gentrifugalkraft hervorge- brachte Druck immer mehr zunimmt; auf. der erhabenen Fläche des Strahles selbst ist die Geschwindigkeit am kleinsten, Eine unmittelbare Folge dieser Abnahme der Geschwindigkeit ist ferner eine Zunahme des durch den | | | | | u Wi Strahl geführten Querschnittes, so dass dieser in Krüm- mungen grösser ist als an geraden Stellen des Kanals. Diess lässt sich auch auf den Fall anwenden, da die er- habene Seite des Kanals nicht allmälig gebogen, sondern in einem Winkel: plötzlich gebrochen wird. Den Rech- nungen zufolge rundet sich alsdann die hohle Seite mit einem angenähert bestimmbaren Krümmungshalbmesser ab, die Geschwindigkeit verkleinert sich in der Nähe der Ecke ziemlich rasch, und wird in dieser selbst sogar gleich Null. Die hohle Seite des Strahles kommt ihrer Gestalt nach einer Hyperbel am nächsten, deren Assymptoten parallel mit den beiden geradlinigen Theilen der Kanal- wand und von denselben um diejenige Dicke des Strah- les entfernt sind, die er an den noch vollkommen gerad- linigen Stellen besitzt. — Wendet man die Ergebnisse der Betrachtungen über einen krummen Strahl auf die Bewegung der Flüssigkeiten in krummen Röhren an, so folgt, dass jene dickste Stelle des Strahles auf die Mitte des Krümmungsbogens fällt, und dass der Strahl in die- sem Punkte die Röhre ganz ausfüllt, sowohl vor als hin- ter demselben aber eine Contraktion erleidet. In etwas weiterer. Entfernung von diesen contrahirten Stellen wird sodann der Strahl die Röhre wieder anfüllen, sowehl vor als hinter der Krümmung. Zwischen dem contrahirten Strahle und der hohlen Röhrenwand müssten demnach auf beiden Seiten der Krümmung kleine Räume entste- hen, die nur mit stillstehender oder wirbelnder Flüssig- keit angefülll wären. An der Stelle aber, wo der con- trahirte Strahl nach durchlaufener Krümmung durch die Reibungen und den Luftdruck genöthigt wird, die Röhre wieder auszufüllen, müsste ein Verlust an lebendiger Kraft oder Gefällshöhe eintreten, die nach dem Carnot'’schen Satze berechnet werden kann, sobald die Geschwindig- keit und das Verhältniss des contrahirten zum vollen Querschnitte bekannt ist. Vergleicht man die auf diese Weise berechneten Gefällsverluste mit den durch die Ver- suche von Dubuat bestimmten, so sind jene im Mittel etwa um Y; ihrer eigenen Grösse kleiner als diese; die grössten und kleinsten Abweichungen von dieser Mittel- zahl betragen nicht mehr als etwa 1/9 oder höchstens 1% der Grösse, mit einer einzigen, bei einem sehr kleinen Biegungswinkel vorkommenden Ausnahme. Da sich jenes regelmässige Zurückbleiben der berechneten Werthe un- ter den wirklichen leicht durch die Unregelmässigkeiten in der Bewegung und die Reibungen erklärt, welche nicht in Rechnung gezogen wurden, so scheinen mir die erhaltenen Zahlen die Wahrscheinlichkeit zu vergrössern, dass die hier zu Grunde gelegten Grundsätze und die angewendete Rechnungsart keine bedeutenden Fehler ent- halten. Die Anwendung derselben auf den Ausfluss der Flüs- sigkeit aus dünner Wand konnte bis zu einem gewissen Punkte, für einzelne Fälle ziemlich vollständig durchge- führt werden. Bei runder Oeffnung und ringsum gleich- mässiger Contraktion bildet ein geradliniger Elementar- kanal die Axe des Strahles; die übrigen Elementarkanäle krümmen sich um so mehr, je mehr sie von der Axe entfernt sind. Die Geschwindigkeit der Flüssigkeitstheil- chen ist daher an der Oberfläche am grössten und nimmt gegen die Axe zu ab, welche erst da die gleiche Ge- schwindigkeit erhält, wo der Strahl die eylindrische Ge- stalt vollständig angenommen hat. In Bezug auf die Ge- stalt des contrahirten Strahles folgt aus den Rechnungen, dass der äussere Umriss desselben {wenn man ihn senk- recht auf seine Axe anschaut) immer ein Stück der glei- chen krummen Linie sei, möge nun der Ausfluss durch a re re a ER eine ebene Wand, eine conische Ansatzröhre oder eine einspringende Röhre geschehen, dass diese Linie, wenn man auf ihr gegen die Bewegung hingeht, sich immer mehr von der Axe abbiegt, und endlich zu einem Punkte gelangt, dessen Tangente senkrecht auf der Axe steht und wo der Strahl zugleich seinen grössten Querschnitt hat. Beim Ausilusse durch conische Röhren entspricht nun die Stelle an der Ausflussöffnung einem Pünkte je- ner Linie der weit von dem grössten Querschnitte ent- fernt ist, beim Ausflusse aus ebener Wand rückt jene Stelle diesem Punkte schon näher, beim Ausflusse durch eine einspringende Röhre fällt sie endlich ganz mit ihm zusammen, so dass in diesem Falle die ganze besprochene Linie ausgebildet zum Vorschein kommt. Wie weit nun aber der Ausflusspunkt in den beiden ersten Fällen von dem grössten (uerschnilte entfernt sei, liess sich bis jetzt nur mit weiter Annäherung bestimmen; aus der Theorie ergibt sich nur, dass bei conischen Röhren und der ebenen Wand der Ausflusspunkt jedenfalls um ein gewisses Stück vom grössten Querschnilte entfernt sein muss, indem sie nachweist, dass die Oberfläche des Flüs- sigkeitsstrahles bei der Ausflussöffnung die Gefässwand nicht tangirt, sondern dieselbe unter einem Winkel schnei- det. Daraus würde dann namentlich auch folgen, dass keine Flüssigkeitstheilchen in dem Gefäss bis zu ihrem Ausflusse immer mit der Gefässwand in Berührung blei- ben könnten, sondern dass diejenigen, die in einiger Ent- fernung über diese Wand gegen die Oeffnung hingleiten, in der Nähe der letztern sich von derselben entfernen müssten, um einen Bogen zu beschreiben, der beim Aus- tritt aus der Oelfnung die Wand unter dem besproche- nen Winkel schneidet. Zwischen diesem Bogen und der er Wand müsste sich dann eine ringförmig um die Oeff- nung gelagerte, stillstehende oder wirbelnde Flüssigkeits- masse befinden, welche sich nicht wesentlich mehr mit der übrigen Flüssigkeit vermischte, sondern fast ganz abgeschlossen für sich wäre. Zur Vergleichung mit der Erfahrung konnten bisher nur die bekannten Gontraktionscoeffizienten benutzt wer- den. Nimmt man beim Ausflusse aus ebener Wand für die Entfernung des Ausflusspunktes von dem (eingebilde- ten) grössten Querschnitte verschiedene nicht unwahr- scheinliche Grössen an, so erhält man für das Verhält- niss des contrahirten Querschnittes zur Ausflussöffnung die Zahlen 0,549 bis 0,694, was allerdings mit den Con- traktionscoeffizienten ziemlich gut stimmt. Das Verhält- niss des contrahirten Querschnittes zum grössten Quer- schnitte ist 0,463, eine Zahl, die dem Contraktionscoef- fizienten 0,5 für eine einspringende cylindrische Röhre gleich kommen sollte. Hier erhält man also mit Sicher- heit eine ganz gute Annäherung. — Was die Gestalt des Strahles betrifft, so würde sein Durchmesser der Rech- nung zufolge zwar erst in unendlicher Entfernung von der Ausflussöffnung den kleinsten Werth erreichen, weicht aber in einer Entfernung von etwa ; des kleinsten Durchmessers schon nur noch um etwa Yon, im einer Entfernung von 1, des kleinsten Durchmessers noch um 1/s, von diesem kleinsten Durchmesser selbst ab, m = Dr. Raabe, über den VWVerih eines bestimmten Integrals „ aus der unbestimmten Integralfunetion gezogen , falls diese der Form Arctang. f(x) ist, wo f(x) eine eindeutige Function von x vorstellt. Mitgetheilt den 15. März 1847. Die Schwierigkeiten sind dem mit der Integralrech- nung Vertrauten bekannt, wenn aus einer unbestimmten Integralfunction der Form: Aresin. f(x), Arctang. f(x) u. s. w. der Werth eines bestimmten Integrals abzuleiten ist. Die vorliegende Note hat nun zum Zweck, die Lösung die- ses Problems in seiner ganzen Allgemeinheit mitzutheilen, falls f(x) eine eindeutige Function von x repräsentirt. Vorerst können alle vieldeutigen Functionen vorhin erwähnter Beschaffenheit nach bekannten Sätzen aus der Analysis des Endlichen auf die Eine Arc tang. fix) ge- bracht werden; daher wir auch nur diese zum Gegen- stande unserer Mittheilung machen. Von der Annahme des Vorhandenseins einer Inte- gralgleichung der Form: om dx — Arctang. [flx)] (1) ausgehend, wo p(x) und f(x) eindeutige Functionen von x sind, theilen wir nun einen Doppelsatz mit, der das bestimmte Integrale I p(x) dx angibt, falls p(x)o, wo ® eine unendlich kleinwerdende Grösse ist, für alle Werthe von x—a bis x—b unendlich kleinwerdend verbleibt, ae - Sunleaı. wo nämlich der Uebergang von einem dieser Werthe zum unmittelbar folgenden durch das Increment & bewerk- stelliget wird. Wenn a kleiner als b ist, welches wir durchb— a—+ andeuten, wenn ferner &, &, &, ... a, innerhalb a und b fallende Zahlenwerthe von x sind, die, in analoger Weise angedeutet, den Bedingungen : .: k - hkı=+ b- 4 = + entsprechen und die Grenzen bilden, wo die Function f(x) in Gleichheit (1) aus dem einen Zeichenzustande in den entgegengesetzten übergeht, so lautet der erwähnte Doppelsatz folgendermassen : Stellt die Function f(x) in Gleichheit (1) von x—abis x=a, positive Werthe, von x=a, bis x—0, negative, vonx—=&% bis x—.a, positive u. s. w. dar, so hat man: f; px) dx — — (— 1)" Arc tang. || — 1)" f(b— o)] — Arc tang. [f(a+ ®)] +2 ' Arc tang, [f(@, — @)] — Arc tang. [f(@, + ®)] +... o)]} ; a) wenn aber das Gegentheil stattfindet, d. h. wenn f(x) in Gleichheit (1) vonx=abisx=a, nega- tive Werthe, von x—=a, bis x—= a, posilive, von x=@ bis x=«, negalive u. s. w. annimmt, so hat man folgende Bestimmungsgleichung: al NK" Are tang. [flag + (— Pr —1 Ben f(b--@)] + Arctang. [-- f(fa+ ®)] — 2 } Arc tang. [f(@, + @)] — Arctang. (fo, — @)] +... a In diesen zwei Bestimmungsgleichungen stelll & eine unendlich kleinwerdende Grösse dar, und ein Ausdruck rechter Hand der Gleichheitszeichen der Form Arc tang. [A] stellt den kleinsten positiven Kreisbogen vom Halbmesser Eins vor, dessen trigonometrische Tangente der jedesmal positiven Grösse A gleich ist. Bei der Begründung dieser Ergebnisse hat man fol- gende Momente zu beachten: u va Are tang. [F (&, + (— 17 1) Wenn durch ((Arc tang. A)) sämmtliche Kreisbo- genwerthe angedeutet werden, denen dieselbe Tangente A zugehört, so bestehen folgende zwei Bestimmungsglei- chungen: ((Arc tang. A)) = rx + Arc tang. A, ((Arctang. A) = rm — Arctang. [— A]; die erste besteht für alle positive Werthe und die zweite für alle negative Werthe von A, und in beiden stellt r eine beliebig ganze und positive Zahl, Null mitbegriffen, dar. 2) Wenn y eine innerhalb a und b fallende Zahl ist, so hat man: fies dx = (ol dr [Dora BAUR - aha 3) Die im ersten Bande meiner Differenzial- und In- tegralrechnung in den Nrn. 132—134 begründeten Sätze. 4) Wenn endlich «, einen der oben gebrauchten Zah- lenwerthe &, , &, &, ... «a, vorstellt, so besteht unter den getroffenen Prämissen folgende Gleichung : f (0, — ) + fi, +0) = 0, die man auch als Grenzgleichung beim unendlichen Ab- nehmen von ® ansehen kann. Verzeichniss der Geschenke für die Bibliothek der Natur- forschenden Gesellschaft in Zürich. Januar — März 1847. 4) Raabe, J. L. Die Differential- und Integralrechnung. Theil II. 8. Zürich, 1847. — Geschenkt von Hrn. Prof. Raabe. 2) Revue zoologique. 1845 et 1846. 8. Paris, — Von Hrn. Prof. Schinz. 3) Bulletin des seances de la Societe vaudoise des sciences nalu- relles. No. 13. 8. Lausanne, 1847. — De la Societe vaudoise des sciences naturelles. 4) Mittheilungen der naturforschenden Gesellschaft in Bern. No.87. 88. 8. Bern, 1847. — Von der naturforsch. Gesellschaft in Bern. 5) Blanchet, R. Catalogue des plantes vasculaires du Canton de Vaud. 8. Vevey, 1836. — Von Hrn. Rud. Wolf in Bern. 6) — — — Le mecanisme des sensations. 2de ed. 8. Lau- sanne, 1843. Von Demselben. 7) — :— — Terrain erratique alluvien du bassin du Leman. 8. Lausanne, 1844. — Von Demselben. 8) — — — Influence de l’ammouiaque sur la vegelation. 8. Lausanne, i843. — Von Demselben. 9) Trog, J. 6. Tabula analytica fungorum. 8. Bern, 1846. — Von Demselben. MITTHEILUNGEN DER NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. ONE eure Teak April 1847. Prof. K. E. Hasse, Beobachtungen über die ö Sareina ventrieuli. (Goods.) Vorgetragen den 3. März 1847. Bei dem grossen, obschon zum Theil übertriebenen Interesse, welches in neuester Zeit dem parasitischen Vorkommen von thierischen und pflanzlichen Organismen im menschlichen Körper gewidmet worden ist, halte ich es für Pflicht, einige Beobachtungen über ein im Magen vorkommendes vegetabilisches Gebilde mitzutheilen. Seine Entdeckung verdankt man J. Goodsir, der die betreffende Beobachtung im Aprilheft vom Jahre 1842 des Edinburger Journales bekannt gemacht hat. Good- sir. behandelte nämlich einen jungen Menschen, der täg- lich einige Stunden nach der Mahlzeit Erbrechen bekam, ohne dass weder eine bestimmte organische Krankheit als Ursache davon erkannt werden, noch die Anwendung verschiedener Mittel dasselbe verhindern konnte. Als er ‚die ausgebrochenen Massen microscopisch untersuchte, fand er in denselben eine sehr grosse Menge eines qua- dratischen oder leicht oblongen Gebildes mit etwas ab- gerundeten Ecken, welches regelmässig aus vier gleichen Abtheilungen bestand, von denen wiederum jede vierge- theilt war. Diese Theilung wiederholte sich selbst ein drittes Mal, und Goodsir konnte deutlich wahrnehmen, v varE® dass bei zunehmender Grösse eine Vervielfältigung der einzelnen Individuen durch Zerfallen in vier stattfand. Ein völlig ausgebildetes Individuum hatte soo — Yıooo“ im Durchmesser. Er glaubte in dem beschriebenen Kör- per ein Vegetabil erkennen zu müssen, und nannte das- selbe seiner eigenthümlichen Form wegen, die einem durch Sıricke zusammengeschnürten Waarenballen gleicht, Sar- cina ventriculi. Vergebens bemühte sich Goodsir, in den von seinem Kranken genossenen Speisen und Ge- tränken etwas diesem Gebilde Achnliches zu entdecken, und gelangte so zu der Ueberzeugung, dass dasselbe im Magen selbst entstehe. Ich habe von dieser merkwürdigen Beobachtung einen Auszug im 39. Bande der Schmidt’schen Jahrbücher S. 305 (i. J. 1843) und im 1. Bande der Göschen’schen Jahresberichte S. 279 (i. J. 1844) gegeben. Später hat Schlossberger im 2. Heft von Roser und Wunder- lich’s Vierteljahrschrift vom J. 1845 mit Nachdruck auf diese Entdeckung Goodsir’s aufmerksam gemacht. Der- selbe berichtet zugleich, dass B. Bell zu Edinburg einen dem von Goodsir beschriebenen ganz ähnlichen Fall beobachtet habe. Ein 13 jähriges Mädchen nämlich warf eine Flüssigkeit von gleicher chemischer und microsco- pischer Beschaffenheit aus, wie Goodsir beschreibt, nur fand bei ihm das Erbrechen meist nach den Mahlzeiten statt und war von übelriechendem Aufstossen begleitet. Ferner erwähnt Schlossberger einer Bekanntmachung von G. Busk im London. microscop. Journal von 1842, in welcher der Verf. drei Fälle von Vorkonmen der Sarcine beschrieben habe, die sich jedoch in pathologi- scher Hinsicht von den beiden vorerwähnten wesentlich unterscheiden. Der Fall von B. Bell ist mir nur durch die Schloss- u berger'sche Mittheilung bekannt, ich kann demnach nichts weiter über denselben berichten. Die Beobachtungen von Busk kenne ich nicht aus dem Original, da mir das Lond. microsc. Journal nicht zugänglich ist; allein es sind dieselben von Albers im Cannstatt’schen Jahresberichte für 1843 (S. 67, d. Leistungen i. d. pathol. Anat.) ange- führt, und ich gebe sie mit den Worten des Berichter- statters wieder: »Busk beobachtete diese Bildung bei einem Seemann, welcher sich plötzlich einen Riss des Zwerchfelles und Austritt des Magens in die Brust zugezogen hatte, und desshalb alles Genossene wieder ausbrach. Die zurück- geworfenen Massen kamen offenbar aus dem Oesophagus hervor und gingen nach 24 Stunden in Gährung über. Die Masse wurde erst am zweiten Tage microscopisch untersucht; der Verf. fand die Sarcina ventriculi, die an Gestalt und Grösse nichts anderes ist als eine gewöhnliche Gährungskugel, vermischt mit verschiedenen Körpern, die kleiner sind als diese Kugeln, auch sich in verschie- denen Formen an einander legten. Einige erscheinen als Schleimkugeln, andere sind unvollkommen entwickelten Eiterkörperchen ähnlich. Dasselbe sah Busk bei einem jungen kräftigen Manne, welcher an einem Bruch der Wirbelsäule und an einem Riss des Zwerchfelles mit Er- brechen litt. In dem Erbrochenen fand sich dieselbe runde, mit einem dunkeln Fleck, Kern, versehene Bildung. Zum dritten Mal sah der Verf. dieses Product bei einem an einer Hüftgelenkkrankheit leidenden Manne. Als derselbe kurze Zeit vor dem Tode, an acuter Pleuritis leidend, erbrach, fand man in dem Erbrochenen dasselbe Product. Busk leugnet, dass diese Bildung mit der Krankheit zu- sammenhänge, indem er sie bei den kräftigsten, früher steis gesunden Menschen fand. Die Bildung war bald in a dem Erbrochenen vorhanden, bald fand man sie nicht. Sie schien in einigem Maasse in ihrer Entstehung mit der Gährung zusammen zu hängen, Ferment zu sein; doch ist es beachtenswerth, dass die Flüssigkeit keine Veränderung erlitt, als sie einige Tage der Luft ausge- setzt war und in einer Zuckerlösung keine Gährung her- vorbrachte. Busk meint, es sei noch zu untersuchen, ob die Bildungen modificirte Epitheliumzellen des Magens oder eine besondere Secretion seien.« Nach dem eben Angeführten glaube ich mit ziemli- cher Bestimmtheit schliessen zu können, dass Busk in den erwähnten Fällen die Sarcina keineswegs gesehen, sondern vielleicht gewöhnliche Gährungspilze oder irgend etwas Anderes dafür gehalten hat. Sein Ausspruch, die Sarcina sei nichts Anderes als eine gewöhnliche Gährungs- kugel (?), sie sei rund, sie erscheine bald als Schleim- kugel,, bald als unvollkommenes Eiterkörperchen, sie be- stehe vielleicht aus modifieirten Epiteliumzellen u. s. w., steht in zu grellem Widerspruche mit der sehr charak- teristischen bestimmten Form der Sarcina, welche, wenn man sie einmal wirklich gesehen, gar nicht verkannt und mit nichts Anderem verwechselt werden kann. Die bei- den früher beobachteten Fälle, so wie die von mir wahr- genommenen verhalten sich übrigens in ihrem Verlauf und - ganzen Symptomencomplex so gleichmässig, dass man schon aus dem vermeintlichen gelegentlichen Befunde von Busk bei Erbrechen von mechanischen zufälligen Ursa- chen Zweifel an der ganzen Beobachtung schöpfen muss. Ich habe während eines Zeitraums von 4 Monaten in al- len Fällen von künstlichem und freiwilligem Erbrechen auf der medicinischen Abtheilung des Spitales die ausge- worfenen Massen untersucht und niemals etwas der Sarcina Aehnliches bei den verschiedensten Kranken wahrgenommen. Be Von weiteren Beobachtungen des genannten Gebildes ist mir nichts bekannt, und es reduciren sich demnach die bis jetzt publicirten Fälle auf die zwei von Goodsir und Bell. Was nun die von mir im hiesigen Kantonal- Krankenhause beobachteten Beispiele betrifft, so sind mir deren im Verlaufe des Winters vier vorgekommen, wel- che ich kurz beschreiben will. 1) H. Knecht, ein Krämer, 30 Jahre alt, von elendem ka- cheklischen Aussehn, hat als Knabe längere Zeit an skrophulö- ser Caries verschiedener Knochen gelitten. In seinem 18, Jahre kam er zu einem Schuster in die Lehre und blieb daselbst etwa zwei Jahre. Damals habe er zuerst, besonders nach dem Genuss von schweren Speisen, Auftreibung und Brennen in der rechten Seile unter den falschen Rippen gespürt und sei zugleich sehr zu Verslopfung geneigt gewesen. Etwa ein Vierteljahr nach dem ersten Auftreten der Verdauungsbeschwerden sei es zum Erbre- chen gekommen, und zwar fast nach jeder Mahlzeit, e(wa zwei Stunden nach dem Essen. Das Erbrechen sei weniger gewesen, wenn er wenige und leichte Speisen genossen, oder wenn er Laxiren gehabt habe. Knecht gab nun das Schusterhand werk auf und arbeitele im Felde so gul es ging, denn die Berufsver- änderung halte fast gar keinen Einfluss auf sein Befinden. Das Uebel zog sich fortwährend hin, war erträglich bei zweckmässi- ger Diät und reichlichen Stuhlgängen, heflig und quälend im ent- gegengeselzten Falle. Vor fünf Jahren spürte er, dass bisweilen mil dem Stuhl flüssiges Blut oder geronnene Klumpen mit Schleim vermischt abgingen. Im letzten Jahre litt er wiederholt an An- schwellung in der Gegend der linken Parotis, welche schon zwei- mal zum Aufgehen kam und viel Eiter entleerle, während dieser Zeit verminderten sich die Unterleibsbeschwerden. Im December 1846 halte sich das alle Leiden aber wieder so gesleigert, dass er im Kantonsspital Hülfe suchte. Der Kranke ist auffallend abgemagert, von erdfahler Ge- sichtsfarbe; die linke Parotisgegend geschwollen und hart; an den obern und untern Extremitäten mehrere Narben der früheren Caries; der Thorax an den Spitzen elwas eingesunken, die fal- schen Rippen dagegen weit auseinander weichend, namentlich rechlerseils etwas hervorgelrieben ; die Palpalion lässt in dem u überall schmerzlosen Bauche nichts Abnormes erkennen; die Percussion weist den Leberton unmittelbar unter der rechten Brustwarze nach, aber nur meist 2— 3 Querfinger weit nach unten, wo dann ein voller tympanilischer Ton eintritt; die Aus- eultation der Brust gibt normale Resultate, auch zeigt der Puls nichts Abweichendes; Zunge, Appetit und Geschmack sind von normaler Beschaffenheit, der Stuhl verstopft. Der Kranke wird auf schmale Diät gesetzt und erhält Magnesia sulph. in gelind abführender Gabe. So lange es bei dieser Verordnung blieb, ging Alles gut, wenn man aber reichlichere Kost gewährte und das abführende Mittel aussetzie, so stellte sich das Erbrechen ein. Dasselbe erfolgte gewöhnlich im Anfang der Nacht und ge- währte grosse Erleichterung ; mehrere Stunden vorher aber gab der Kranke vielerlei Beschwerden an, es sammle sich ihm in der rechten Seile unter den Rippen wie eine brennende Masse an, treibe ihn auf und beängstige ihn, er bekomme Aufstossen und suche in seiner Noth das Brechen auf alle Weise herbeizu- führen. Die Excremente gingen in Knollen, vermischt mit breii- gem Antheil, ab und waren normal gefärbt, zwischen denselben fand sich zuweilen eine lockere, gallertarlige, durchscheinende Masse. Diese unter dem Microscop untersucht, zeigle mir zuerst in grosser Menge die Sarcina, welche ich nach der vor mehre- ren Jahren gelesenen Beschreibung sogleich erkannte. Noch deutlicher und noch häufiger nahm ich darauf dasselbe Gebilde im Erbrochenen wahr. 2) J. Weber, ein Bauer, 46 Jahre alt. Schon etwa seil drei Jahren will der Kranke an Druck in der Herzgrube, saurem Aufstossen und Erbrechen leiden, das Erbrechen sei Anfangs sel- ten gewesen, dann wöchentlich ein bis zwei Mal und später auch noch öfterer gekommen. Fleisch, Suppe, Erdäpfel und nicht fette Milch habe er am besten vertragen; habe er dagegen sau- ren Wein getrunken, Obst oder felte, saure und gesalzene Spei- sen genossen, so sei das Erbrechen täglich eingetrelen, und mei- stens einige Stunden nach der Mahlzeit, häufig auch zu Anfang oder in der Mitte der Nacht. Kollern im Leib, brennender Druck, saures Aufstossen gingen dem Erbrechen stels voraus. Verstopft sei er niemals anhaltend gewesen. Seit jener Zeit sei er bedeu- tend abgemagert. Im Juli vorigen Jahres musste der Kranke wegen heftiger Leibschmerzen und besonders häufigem Erbrechen etwa 14 Tage lang das Bett hüten. Im November befiel ihn BEN. Se eine anhaltende Diarrhoe mit Leibschmerzen und blutigen Aus- leerungen; er musste zu Bette liegen, wurde sehr elend, und da die Sache sich durch mehrere Wochen nicht bessern wollte, so trat er endlich in das Krankenhaus. Diät und eine demuleirende Behandlung besserten hier binnen Kurzem den eben erwähnten Zustand; dann aber stellten sich wieder die früheren Beschwer- den ein. Anfangs nur Drücken in der Herzgrube, nach und nach jedoch auch immer regelmässiger das Erbrechen. Die Untersu- chung des Bauches liess keine Abnormiläten wahrnehmen. Zwar verminderte sich auf den Gebrauch von Kalkwasser die Säure- bildung; allein der brennende Schmerz, die Auftreibung, das Kollern im Bauche zeigten sich fast täglich gegen Abend, und in der Nacht erfolgte dann reichliches Erbrechen saurer Massen. Dazu gesellte sich Verstopfung, die Magerkeit nahm eher zu, und der Kranke bekam ein kacheklisches, gelbliches Aussehn. "Alle angewandten Mittel blieben erfolglos. In den ausgebroche- nen Massen und im Stuhlgange fand sich bei der mieroscopischen Untersuchung die Sarcina in grosser Menge. 3) J. Maag, Lumpensammler, 47 Jahre alt, litt schon vor Jahren wiederholt an Magenweh und Erbrechen, welches Uebel indessen meistentheils von kurzer Dauer war. Vor 3—4 Jahren stellte sich dasselbe wieder ein und hat seitdem [fast unausge- setzt angehalten, so dass der Kranke dadurch sehr schwach und mager geworden ist. Das Erbrechen kommt alle 2 Tage oder täglich, meistens 3— 4 Stunden nach dem Mittagessen, auch wohl später, im Anfang der Nacht. Manche Speisen, nament- lich fette Milch und Reisbrei, erregen sogleich Erbrechen; über- haupt werden nicht alle Nahrungsmittel in gleicher Weise ver- (ragen, schlecht bekommen Maismuss, Kraut, Kaffee, besser dünne Milch und Erdäpfel, am besten Fleisch und milder Wein. Der. Appetit ist immer gut, der Stuhl meistens verstopft. Die Percussion und Palpalion des Unterleibes geben nichts Abnormes zu erkennen. Den ganzen Tag über fühlt der Kranke Leerheit, saures Aufstossen und Aufgetriebensein des Bauches. Dem Er- brechen selbst geht Brennen und Völle in der Herzgrube, viel Aufstossen und Poltern und Brausen im Leibe vorher. Das Er- brechen und die Stuhlausleerungen enthalten eine grosse Menge Sareina. DRE Flachsmann, Weber, 47 Jahre alt. Der Kranke gibt an, sein Leiden bestehe schon seit länger als zwei Jahren. Zu —. Mi — E Anfang habe er einige Zeit nach dem Essen Unbehaglichkeit, Druck und Auftreibung in der Magengegend empfunden, wozu sich manchmal Schluchzen, saures Aufstossen, selbst Erbrechen gesellt hätten, darauf seien dann die Beschwerden für einige Zeit beseitigt gewesen. Das Erbrechen habe sich zuerst seltner, bisweilen erst nach 8— 1% Tagen eingestellt, gewöhnlich Nachts und nach dem Genusse von schweren Nahrungsmitteln, wie z. B. Kartoffeln, Kraut, Kohl und hartem Rindfleisch, wogegen ihm Milch- und Obstspeisen gut bekommen seien. Das Erbrechen sei fast nie gekommen, wenn er häufigen und reichlichen Stuhl- gang gehabt habe. Seit einem Jahre nun, und namentlich im Laufe des Winters seien die Beschwerden dringender und das Erbrechen häufiger geworden, wesshalb er nun, da alle ange- wandten Mittel nicht viel geholfen, seine Zuflucht zum Spital genommen habe. Der Kranke war sehr abgemagert und von graugelblicher Gesichtsfarbe , im Uebrigen konnte durch eine ge- naue ÜUntersuchung nichts Krankhaftes entdeckt werden, was nicht schon im Obigen erwähnt wäre. Man gab dem Kranken täglich eine kleine Dosis Bilterwasser, um keine Verstopfung be- stehn zu lassen, und liess ihn nichts als Milchspeisen und leich- tes Weizenbrod geniessen. Nichts desto weniger erbrach er sich regelmässig alle 2—-3 Tage. Im Erbrochenen und im Stuhl- gange fand sich die Sareina reichlich vor. Die einfache Darstellung dieser vier Fälle ergibt eine solche Uebereinstimmung derselben unter einander und mit dem Falle von Goodsir, dass eine wiederholte Anführung und Zusammenstellung des Verlaufes und der Symptome überflüssig erscheint, um ein deutliches Bild der ganzen Krankheit zu erhalten. Eine sorgfältige Be- schreibung der ausgebrochenen Massen und des Stuhl- gangs wird später gegeben werden, ich will hier sogleich eine kurze Uebersicht des weiteren Verlaufes und der therapeutischen Erfolge anschliessen. Goodsir hatte von den verschiedensten Mitteln keine oder nur eine sehr vorübergehende Besserung beobach- tet, zuletzt wendete er das Kreosot an, täglich einen Tropfen, beschränkte die Mahlzeiten und liess vorzugs- a BE an u a A erg — u weise animalische Kost geniessen. Hierauf trat entschie- dene Besserung ein, das Erbrechen kam nur noch alle 8— 10 Tage und lieferte eine bedeutend geringere Menge Flüssigkeit. Völlige Heilung war jedoch nicht eingetre- ten, als Goodsir seine Beobachtung bekannt machte. Auch in den ersten der oben beschriebenen Fälle waren verschiedene Mittel ohne Erfolg angewendet wor- den, bevor ich die Sarcina in den Ausleerungen ent- deckte. Als diess geschah, hatte eben der zweite Kranke, Weber, angefangen, salpetersaures Silber in Pillenform, täglich einen Gran, zu nehmen, und siehe, das Erbre- chen liess an Häufigkeit und Masse des Ausgeleerten binnen ein paar Tagen immer mehr nach und verschwand dann gänzlich. Als man das Mittel aussetzte, kehrte in Kurzem das Erbrechen, wenn auch in geringerem Maasse, wieder, und verschwand dann ebenso nach Wiederauf- nabme der erwähnten Pillen. Die Behandlung wurde durch eine aus Semmel, Fleisch, Milch und einem ad- stringirenden Weine bestehende Nahrung unterstützt. Nach einiger Zeit, während welcher die Beschwerden gänzlich nachgelassen hatten, liess man die Pillen weg, und das Erbrechen kehrte nicht wieder; der Kranke nahm an Kräften und Körperfülle zu und konnte 2 Monate nachher als geheilt entlassen werden. — Natürlich wurde auch bei den andern Kranken gleich von Anfang theils die nämliche Diät, theils dasselbe Mittel versucht. Bei Maag hatte schon die Diät eine günstige Wirkung, das Erbrechen kam nur gelegentlich, etwa in 14 Tagen ein- mal, wieder, und blieb auch nachher längere Zeit weg, als das salpetersaure Silber angewandt wurde. Der Kranke befand sich auf der Secundarabtheilung des Spi- tales und demnach nicht unter meiner therapeutischen Aufsicht, wesswegen ich nur bis hieher über ihn berich- a ten kann. — Beim ersten Kranken, Knecht, wurde, um die Wirksamkeit des zufällig gewählten Mittels ferner zu prüfen, die nämliche Medication angewandt. Dieselbe verfehlte auch hier nicht, günstige Resultate herbeizu- führen ; allein sie konnte nicht längere Zeit hindurch fortgesetzt werden, da eines Theils die Pillen dem Kran- ken unleidliches Brennen und Drücken verursachten, und da andern Theils in dem übrigen Krankheitszustande wie- derholt Aenderungen eintraten, welche die consequente Fortsetzung der eingeschlagenen Behandlung verhinderten. Bald nämlich begann er zu fiebern, es schwoll ihm der linke Backen an, das Zellgewebe um die Parotis gerieth in Eiterung und ces öffneten sich zwei Abscesse. Wäh- rend dieser Zeit schwieg das Erbrechen und die übrigen Beschwerden, und es wurde die Behandlung gegen die Sarcinabildung, wie sich von selbst versteht, ausgesetzt. Nachher zeigte sich zwar das Erbrechen zuweilen wie- der; aber Husten mit Fieber nebst grosser Schwäche traten ein, alle Symptome einer beginnenden Lungen- schwindsucht fingen an sich zu entwickeln, und nahmen zunächst die ganze Aufmerksamkeit und therapeutische Fürsorge in Anspruch. Erst seit einiger Zeit erholt sich der Kranke wieder, und es steht nun zu erwarten, in- wiefern eine Heilung seines alten, mit anderen Leiden complicirten Uebels zu erreichen sein werde. — Der letzte Kranke, Flachsmann, ist derjenige, bei welchem sich die mehrerwähnte Therapie mit grösserer Genauig- keit erproben liess, denn erstens zeigte sich sein Leiden ohne bemerkbare Gomplication, und zweitens konnte nach den vorausgegangenen Erfahrungen bei ihm, als dem zu- letzt Beobachteten, die Kur mit mehr Ruhe und Umsicht verfolgt werden. Wie bereits bemerkt, war bei ihm die einfache Diät nicht hinreichend gewesen , das Erbrechen Ar a zu beseitigen oder nur zu mindern ; es wurde daher die Behandlung mit täglich 1/, Gran salpetersaurem Silber in Pillen von Brodkrume eröffnet. Schon auf diese kleine Gabe liess das Erbrechen nach und kam nicht wieder. Da mir nun die Beobachtung der früheren Kranken ge- zeigt hatte, dass wenn auch durch Brechen keine Sareina mehr entleert werde, dieselbe noch fortwährend durch den Stuhlgang abgehe, so wurde die Behandlung fortge- setzt und die Fäces je den zweiten Tag der microscopi- schen Untersuchung unterworfen. Diess geschah um so mehr, weil fortdauerndes Aufstossen und Poltern im Leibe einige Stunden nach dem Essen noch immer auf die gleiche abnorme Beschaffenheit der Verdauung hin- deuteten. Im Anfang fand sich auch stets die Sarcina in grosser Menge im Stuhlgange. Die Dosis des Mittels wurde auf 1 und später auf 2' Gran täglich erhöht. Bald nahm nun die Menge der Sarecina sichtlich ab, und die meisten Individuen derselben waren nur zerfallen oder wie macerirt zu entdecken. Da der Kranke guten Ap- petit hatte, so wurde ihm die halbe Kost (Gemüse und Fleisch) gestattet, nichts desto weniger verminderte sich zugleich das Aufstossen, das Poltern im Leibe und die Sarcina im Stuhl, selbst wenn auch meistens erst je den zweiten Tag Oeffnung erfolgte. Kein einziges vollkom- menes Individuum wurde mehr angetroffen. Der Kranke nahm zu an Fülle und Kräften. Vier Wochen nach sei- nem Eintritt in das Krankenhaus und etwa drei Wochen nach Anwendung des salpetersauren Silbers fand sich in den Fäces nichts mehr von der Sarcina. Da aber da- mals nur alle zwei Tage, manchmal selbst erst am dritten Tage Oeffnung einzutreten pflegte, so vermuthete ich, es möchten zwar noch immer Sarcinen gebildet, allein während des langen Aufenthaltes unter den Fäcalstoffen des Dick- Be. - darmes zerstört worden sein. Ich liess desshalb einige Löffel Senna-Infusum reichen, und allerdings fand sich jene Vermuthung bestätigt, die rasch beförderten dünnen Stuhlgänge enthielten noch immer eine ziemliche Anzahl Sarcinen. Seitdem hat der Kranke neben den Pillen einen Tag um den andern ein leichtes Abführmittel ge- nommen, die Fäces wurden fortwährend untersucht, und enthielten nach 8 Tagen dieser Behandlung nur noch zer- fallene abgestorbene Sarcinen. Auch diese verschwanden nach einigen Tagen bis auf wenige Spuren, und da sich der Kranke zugleich vollkommen wohl fühlte, so bestand er jetzt darauf, entlassen zu werden. Ich konnte ihm seinen Wunsch nicht abschlagen, so gern ich auch die Beobachtung noch fortgesetzt hätte, um zu sehen, ob die Genesung Bestand haben werde. Gehen wir nun über zu der genaueren Beschreibung der wesentlichen objectiven Krankheitserscheinungen, so zeigt sich zuvörderst eine sehr characteristische Beschaf- fenheit der erbrochenen Masse. Die Menge derselben ist gewöhnlich sehr bedeutend, und ihr Aussehen spricht da- für, dass sie aus Mageninhalt vom letzten Stadium der Magenverdauung besteht.*) Sie ist fast beständig von graulich-weisser Farbe, selten durch eine geringe Bei- mischung von Galle gelblich-grün tingirt. In einem Glase aufbewahrt scheidet sie sich in zwei Schichten, von denen die obere eine dünne weisslich-getrübte Flüssigkeit, die untere einen graulichen, dem freien Auge ziemlich ho- mogen erscheinenden , sehr dünnen Brei darstellt. Trat *) Um sicher zu sein, dass nicht etwa der eigentliche Ursprung oder doch der gleichzeitige Sitz der Sarcina in den Schlingwerk- zeugen zu suchen sei, untersuchte ich wiederholt Schleim aus der Mund- und Rachenhöhle, von den Tonsillen und Speichel, ohne darin irgend eine Spur des Gebildes zu finden. ur ee das Erbrechen zu einer Zeit ein, wo man annehmen konnte, dass die letzte Mahlzeit noch nicht vollkommen verdaut sei, wie etwa nach dem Abendessen, so unter- schied man leicht zwei Bestandtheile, den oben beschrie- benen und einen von den unverdauten, noch nicht zu Speisebrei verarbeiteten Nahrungsmitteln gebildeten. Die letzteren schwammen meistens im @lase obenauf, wahr- scheinlich wegen der ihnen beim Kauen und während des Verdauungsprocesses beigemengten Gase. Die Sarcina fand sich vorzugsweise in der homogenen breiigen Masse und zwar in grösster Menge am Boden des Gefässes. Auch die Fäces hatten meistentheils ein übereinstim- mendes Aussehn. Sie waren gehörig braun gefärbt, zeig- ten aber nur selten die eigenthümliche zusammenhän- gende Form, sondern bestanden gewöhnlich aus einzelnen abgerundeten, mehr weichen Stücken, zwischen denen sich zugleich etwas dünner Brei vorfand. Diese Beschaf- fenheit erhielt sich selbst nach zweitägiger Verstopfung. Nur einmal, bei Knecht , dem ersten Kranken, bemerkte man zwischen den geformten oder dünnbreiigen. Stubl- gängen in geringer Menge jene oben beschriebene gal- lertartige Substanz, in welcher ich zuerst die Gegenwart der Sareina wahrnahm. Später habe ich bei allen Kran- ken die Sarcina sowohl in den festen als in den dünnen Fäcalstoffen in ziemlicher Menge gefunden. (Schluss folgt in Nr. 6.) A 7 Meiteorologische Beobachtungen, ange- 442,34 Meter übe Luftdruck (bei 0°). Temperatur. ——TCT—— N || 9 Uhr 12 Uhr 3 Uhr 9 Uhr || 9 Uhr | 12 Uhr |3 Uhr | 9 Uhr Morgen. | Mittag. |Nachmitt.| Abend. || Morgen.| Mittag. | Nach, 'Abend. Pinlm. Mel I 711,72 | 711,86 | 711,93 | 712,69 0,7 2,3 |+ 1,9) - 0,7) — | 714,44 | 714,76 | 715,16 | 716,12 | - 1,7/+ 1,9| 0,0/- 1,0 H 719,52 | 719,30 | 719,61 | 720,99 |- 1,6 + 1,8 |- 1,2) — 2,0 — 3,1+% 723,66 | 724,44 | 724,79 | 725,16 |- 2,0/—- 0,7) - 1,6) - 2,4/— 4,71+ 726,73 | 726,31 | 725,07 | 724,64|- 3,0|- 0,6 |- 1,7) - 3,3 — 371+4 720,48 | 719,90 | 718,48 | 716,76 |- 7,4 |- 46 | - 1,91 = 1,4|- 7,9 - & 713,65 | 713,19 | 712,21 | 712,02 + 0,9) + 3,9 + 1,81+ 1,0|— 3,61+ % 713,35 | 716,32 | 716,81 | 714,90 |- 0,7\+ 0,2 |+ 0,6) - 4,4) — 4,74 39) 709,59 | 711,21 | 711,45 | 711,91 i 0,4 | - 1,01 — 3,41 - 4,1148 \ 711,33 | 710,83 | 711,04 | 713,49 23,7|- 3,6 - 4,7) - 53+ © 745,60 | 717,41 | 716,56 | 717,80 - 1,0 |- 1,5] - 1,8] 4,7)- @ 4 720,57 | 720,79 | 720,28 | 721,30 5,0 |- 4,51 = 9,41 — 9,41 - DEI 724,06 | 724,96 | 725,47 | 726,98 ; 3,0! - 3,0) - 8,6|-10,77+ 730,76 | 729,64 | 727,47 | 726,64 1,6 + 0,2) - 2,5|-12,7/+ 1 720,59 | 719,98 | 717,03 | 715,67 3,9 |+ 3,6 + 2,0) — 2,5)+ 64 721,13 | 723,87 | 724,32 | 726,71 2,3 + 4,3)+ 1,8|+ 0,2)+ 6, 726,39 | 727,36 | 728,01 | 730,58 6,9 + 7,2)+ 5,6/+ 1,81+ 8, 131,86 | 732,18 | 731,25 | 729,18 8,6 + 8,9)+ 3,9)+ 3,7) 4124 727,58 | 729,15 | 729,91 | 732,20 8,9 + 7,9 + 5,6/+ 1,5 +14 | 733,47 | 733,27 | 732,71 | 733,19 6,3 + 8,3) + 2,6/+ 1,3|+11 733,93 | 733,68 | 732,81 | 732,10 4,8 + 6,8) + 0,1, — 1,6)+ 8 731,94 | 731,39 | 730,03 | 729,41 6,0 + 8,4/+ 1,6, — 1,7+ 9 727,60 | 727,40 | 726,72 | 727,05 3,3 + 5,0/+ 0,3/ — 0,6+-5 726,54 | 725,64 | 724,56 | 723,96 23,0 |- 1,01 - 3,5|- 5,0) - © 722,99 | 722,62 | 721,95 | 721,8% 3,4|- 1,2 - 3,3|= 7,7) — @ 724,81 | 721,72| 721,41 | 722,15 ‚5 |- 34 - 5,3[- 5,7)- @ 720,06 | 719,72 | 719,60 | 719,70 — 4,0) —- 49) - 6,3) - 3 720,55 | 720,26 | 720,26 | 721,20 — 3,6) - 5,11- 87-2 FHFFHH Fr HN I — | 722,211| 722,470| 722,032] 722,369 - 1, +0,85) wa ZN, vn tellt in Zürich im Monat Februar 1847. er Meeresfläche. Te Nieder- Wind. schläge. En ——— m r/12 U./3 Uhr|9 Uhr) 5 - 19 Uhr 12 Uhr‘ 3 Uhr | 9 Uhr |9 Uhr| 12 U.|3 Uhr)9 Uhr, . | Mitt. |Nach. =. || Morg. ‚Mittag Nach. Mrg. | Mitt. |Nach.| Ab, euchtigkeit. Bewölkung. W. W. | 4 . |bew.| bed. bed.! bed. ONO.| NO R . | bed.| bed. | bed.| bed. bed.| bed.| eirr. hell bed. bed.| bed. | bed. | bed.| bed.| bed.| bed. 'heit. . heit.) bed. bed. .| bed. |Reg.| Sturm. . | bed. «| bed. | hell bew. -|heit. | bed.) Sturm. .|OSO. c 2 . | bed. «| Sch.| hell | NNWISSW. x Schn. -| Sch. |Schn.| Sturm. ONO.| ONO.| NO. .‚bew. .|heit. | hell N. N. : \O. | bed.| Sch.|heit.'bew-) Föhn, S. € . heit. -| bed |Schn.) Föhn, .SSW. . . ||Reg. -Reg. |Reg.| Ungew NW. . | Reg. «| bed.| bed. . |WSW. q . | bed.| bed.| bed.| bed 0SO. 3. - | bed.! bed.| cirr.) hell RÜRg \WSW. ” - | eirr.| eirr.| eirr.| hell Reif, Er 3 - - | bed.|heit.'heit.| bed. Reif. i . |NNW| W. |'peit.|heit.|heit.| hell Reif. .), N. | ONO.)ONO.|eit.\beit.|heit.| hell Reif. . 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Gegenwärtig behaupten die Einen (so Gasparini, welcher eine ausführliche Schrift darüber veröffentlicht hat), dass dieser sogenannte Pilz- stein ein selbstsländiges, trüffelähnliches Gewächs sei, auf wel- chem der Löcherpilz parasilisch wachse, und Gasparini nennt es Mycelithe fungifera, während der Löcherpilz selbst schon von Jacquin Polyporus Tuberaster genannt worden ist; die Andern dagegen (so früher Balarra und Micheli, und gegenwärtig Fries) halten den Pilzstein für das mit Steinen, Gras, kleinen Holzstückchen u. s. w. durchzogene Mycelium des Löcherpilzes. Prof. Heer legte der Gesellschaft einen solchen Pilzstein vor, welchen Hr. Dr. Rahn-Escher dem botanischen Garlen ge- schenkt hat. Dieser zeigt offenbar, dass der Pilzstein aus dem vermoderten Wurzelwerk eines Laubholzes besteht, mit welchem Sand und Erde zu einer Masse verbunden sind. Diese Masse ist von dem Mycelium des Löcherpilzes durchzogen, welches an einzelnen Stellen, besonders in Vertiefungen, einen sammelarli- gen Ueberzug über die braunschwarze Masse des sogenannten Pilzsteines bildet. An diesen Stellen brechen bei unserm Exem- plar vorzüglich die Löcherpilze hervor, deren Samen dann wie- der auf die Unterlage herabfallen und so neuen Pilzen den Ur- sprung geben. Die Entstehung dieser Löcherpilze ist somil ganz analog der künstlichen Bildung der Champignons. Hier fertigt man aus Lehmerde und Dünger Ziegel, legt diese übereinander und streut die Samen der Pilze dazwischen. Unter günsligen Verhältnissen (in feuchtwarmen Treibbeeten) entwickeln sich dann diese Pilze oft während mehreren Jahren immer neu aus jenen Ziegeln hervor. ee OR ER VO EN EEE, VE GE, VE REN >. WERE EEE: = 9 er MITTHEILUNGEN DER NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. AN? ri RASSE RTDERTERLEN Mai 1847. Prof. K. E. Hasse, Beobachtungen über die Sareina ventrieuli Goods. (Schluss.) Die sorgfältige und wiederholte Untersuchung der Sar- cina selbst bestätigte so ziemlich die Genauigkeit der Goodsir’schen Beschreibung. Das genannte Gebilde zeigt sich unter der Form*) einer dicken Platte, die zuweilen selbst einen Cubus, meistens ein Paralielepipedon dar- stellt, dessen Ecken etwas abgestumpft sind. Sie besteht aus mehreren, meistens aus zwei oder vier Lagen, deren Sareina ventriculi Goods., 400 mal vergrössert. « Von der Fläche. . Von der Seite. . Ein Individuum mit 2048 Zellen. 2. Ein solches mit 256 Zellen. . Ein Individuum mit 256 Zellen von der Fläche, das iu seinen Zellen helle Flüssigkeit und ein dunkles Korn enthält. *) Die mieroscopische Prüfung der Sareina, so wie die später angeführten Versuche habe ich in Gemeinschaft mit Hrn. Professor Kölliker vorgenommen. — Bu jede regelmässig in vier getheilt ist. Diese Theilung wie- derholt sich, je nach der Grösse des Individuums, bis auf viermal, so dass eine einfache Platte alsdann aus 256 gleichen Abtheilungen zusammengesetzt ist, in wel- chem Falle acht solcher Abtheilungen übereinander liegen. Diess gäbe dann 2048 Abtheilungen in einem Individuum. Jede Abtheilung ist ein Bläschen, dessen Inhalt in der Regel gleichmässig uud gelbbräunlich erscheint. und in seltenen Fällen in heller Flüssigkeit ein dunkles, centra- les Körperchen zeigt. In dem Erbrochenen finden sich die einzelnen Abtheiluugen der Sarcinen mehr oder min- der strotzend gefüllt; wenn sie durch den Darın gegan- gen sind, in den Fäces, sind sie zuweilen noch gefüllt, aber gallig tingirt, sehr viele dagegen leer, wie ausge- sogen, so dass nur noch das Gerüste derselben farblos zu sehen ist. -—* Die grössten Sarcinen haben folgende Dimensionen: Länge — 0,03 — 4”, Breite — 0,028 — 34, Dicke — 0,024 — 30°, der Durchmesser der einzelnen Zellen — 0,0022 — 45°. Einzelne kleinere und weniger getheilte bestehen aus verhältnissmässig grösseren Zellen und haben dann nur 0,01‘ und noch weniger Durch- messer. Ueberhaupt ist zu bemerken, dass in verschie- denen Individuen derselben Zellenzahl die Durchmesser zuweilen bedeutend variiren. Diese hängt wahrscheinlich ab vom Stadium ihrer Entwickelung. Ueber die erste Entstehung der Sarcinen hat sich nichts beobachten las- sen. Die kleinsten Sarcinen bestehen aus vier tafelför- mig verbundenen Zellen, und entwickeln sich offenbar, indem sie während des Wachsthums fortwährend in den drei Dimensionen sich neu abtheilen, zu den complicir- teren Formen, welche alsdann zerfallen, worauf die ein- zelnen Theile denselben Process des Wachsens durchma- chen. In dem Erbrochenen trifft man immer die ver- N ee schiedenen Entwickelungsformen; in den Fäces dagegen zerfallen sie, wie es scheint, bloss mechanisch ‚ ohne dass dieses Zerfallen von einer weitern Entwickelung abhängig ist. Man findet sie im Darmkoth in verschiedenen Gra- den der Zerstörung, bald nur die leeren , farblosen Zel- lenräume, welche dann die Form und Umrisse noch deut- lich erkennen lassen, bald die Zellen zwar gefüllt und grünlich braun gefärbt, aber mehr oder weniger zerfal- len, so dass sie zuweilen kleinere oder grössere formlos zusammengeballte Häufchen Jarstellen. Die Prüfung der Sarcinen mit Reagentien hat Fol- gendes ergeben: Säuren und Kalien kalt angewendet machen den Inhalt ganz blass und ergeben keine weitere Veränderung. Mit Schwefelsäure gekocht werden die- selben aufgelöst, durch Kochen mit Salzsäure wird der Inhalt tbeilweise gelöst und zerfallen die grösseren Indi- viduen in kleine Abtheilungen, Kochen mit Kali endlich verändert die Sarcinen nicht anders , als dass der Inhalt gelöst wird, das leere Gerüste behält seine Form. Jod, nach Behandlung der Sareinen mit kalter Schwefelsäure, färbt sie gelb. Durch Glühen werden sie spurlos ver- nichtet. Aus dem Allen geht wohl mit Sicherheit hervor, dass Goodsir dieses Gebilde mit Recht als pflanzlichen Or- ganismus bezeichnet. Ueber die Stellung desselben im System mich auszusprechen muss ich unterlassen, doch scheint es zu den Pilzen zu rechnen zu sein, und man darf den von Goodsir gegebenen Namen, Sarcina ven- trieuli, annehmen. Nachträglich bemerke ich noch, dass in dem Erbro- chenen die verschiedensten Speisereste, wie es Goodsir beschreibt, mieroscopisch zu erkennen waren: ausserdem fanden sich bei zwei Kranken, Weber und Knecht, zahl- zei reiche Gährungspilze, mit Zellen von 0,0030 — 45 Länge, oft is gleicher Menge wie die Sarcinen. Was die chemische Beschaffenheit der ausgebrochenen Massen betrifft, so war sie in dem Falle von Goodsir durch Wilson untersucht worden. Derselbe hatte eine ungewöhnliche Menge freier Essigsäure und einen Antheil Milchsäure in den ausgeleerten Massen gefunden , und es waren demnach gleich von den ersten Beobachtern die Fragen aufgestellt worden, ob hier ein eigenthümlicher Gährungsprocess staltlinde, und ob die Sarcine zu dem- selben in einem nothwendigen Verhältniss stehe, Ferment sei, oder nur als ein untergeordneter Begleiter dieses Gährungsprocesses betrachtet werden müsse. Ueber das Vorhandensein einer stattfindenden Gährung während der Magenverdauung in den Sarcinefällen dürfte wohl kaum ein Zweifel herrschen, und es scheint diese Annahme in der Wirksamkeit des von Goodsir angewandten Kreo- sots und des von mir versuchten salpetersauren Silbers eine Stütze zu finden. Diese Mittel wirkten wohl nicht durch Zerstörung der Sarcinen, dazu war die angewandte Dosis zu klein, als vielmehr durch Behinderung des Gäh- rungsprocesses. Hr. Dr. Ed. Schweizer hatte die Güte, die von meinen Kranken ausgebrochenen Massen einer vorläufigen Untersuchung zu unterwerfen, und ich erlaube mir, ohne ihm vorgreifen zu wollen, das Hauptresultat derselben kurz mitzutheilen. Er .fand die freie Säure in viel ge- ringerer Menge als Wilson, und bestimmte dieselbe als jene eigenthümliche complicirte organische Säure, welcher man den Namen Essigbuttersäure gegeben hat. Milch- säure und Salzsäure konnte er in der Flüssigkeit nicht finden ; dagegen entdeckte er Traubenzucker in derselben. Um nun die mögliche Bedeutung der Sarcinen als Be, Ferment zu ergründen, habe ich eine Reihe von Versu- ehen angestellt, welche ich, der erlangten negativen Re- sultate wegen, nur in aller Kürze anführen will. Es wurden zuerst kleine Älengen sarcinehaltiger Flüssigkeit in einzelnen Gläsern zu Milch, Mais- und Mehlbrei, Zu- ckerlösung gesetzt und in gewöhnlicher Zimmerwärme stehn gelassen. Es zeigte sich bei der zu verschiedenen Zeiten angestellten Untersuchung weder eine Vermehrung der Sarcine noch sonstige auffallende Veränderungen der einzelnen Flüssigkeiten, ausser dass sich endlich Infuso- rienbildung und Fäulniss einstellte.e Ebenso erging es, als man die gleichen Versuche so anstellte, dass man die verschiedenen Mischungen in einer Brütmaschine einer fortgesetzten Temperatur von über 30 0 R. aussetzte. End- lich wurden ein Hund und eine Katze eingesperrt und denselben vegetabilisches Futter gegeben, welchem man täglich so frisch als möglich etwas sarcinehaltige Flüssig- keit zusetzte. Die Thiere blieben mehr als 14 Tage in Beo- bachtung, zeigten aber keine Aenderung ihres Belfindens, erbrachen sich nicht und lieferten auch keine normwidri- gen Darmausleerungen. Der Hund lief endlich davon, die Katze konnte länger beobachtet werden, ohne dass sich jedoch fernerhin etwas Auffallendes an ihr gezeigt hätte. Ich bin weit entfernt, diese Versuche für irgendwie genügend oder insbesondere als einen Beweis anzusehen, dass den Sarcinen die Bedeutung eines Fermentes ab- gehe; ich finde vielmehr in denselben einen neuen Beleg dafür, wie schwierig es ist, die Vorgänge im Organis- mus künstlich zu wiederholen, besonders unter Verhält- nissen, deren eigentlicher Zusammenhang noch so wenig bekannt ist. Es bleibt daher nichts übrig, als Schloss- berger’s (in dessen mehrerwähntem Berichte geäusser- Be = A ten) vorsichtigen Bemerkungen beizutreten und sich einer entschiedenen Erklärung des beobachteten Krankheitszu- standes zu enthalten. Indessen möchte ich aus dem in dieser Abhandlung Mitgetheilten vorläufig folgende Schluss- folgerungen ziehen : Die Sarcina ventriculi Goods. ist ein vegetabilischer Organismus von ganz bestimmter Form und eigen- thümlicher Natur. Die Sareine scheint hauptsächlich im Magen des Menschen zu leben; sie geht zwar in den Darmka- nal über, wird aber in demselben entweder langsam zerstört, oder hört wenigstens auf zu vegeliren. Die Gegenwart der Sarcine im Magen und Darm- kanal erzeugt Symptome, welche eine eigenthüm- liche Erkrankung darstellen, die sich von andern Arten der Dyspepsie mit Erbrechen wesentlich un- terscheidet. Die Bildung der Sarcine dauert fort, wenn selbst das Erbrechen längst aufgehört hat; ihr Vorhanden- sein lässt sich alsdann noch lange Zeit durch die mi- eroscopische Untersuchung der Fäces nachweisen. Ob die Sarcine die alleinige und wesentliche Ursache der Krankheit sei, ob sie eine besondere Art von Gährung im Mageninhalt bedinge, lässt sich aus den bis jetzt vorliegenden Beobachtungen und Versuchen weder beweisen noch widerlegen. Mit der Verminderung und dem Verschwinden der Sarcinen vermindern sich und verschwinden auch die Krankheitserscheinungen. Mittel, welche den Gährungsprocess stören, beseiti- gen die beschriebenen Krankheitserscheinungen und scheinen auch die Bildung und das Wachsen der Sarcinen zu hindern. Be Prof. H. Meyer, über den Bau der Haut von Dasypus und der Stacheln von Raja. Vorgetragen den 15. März 1847. Die Haut von Dasypus sexcinetus besteht aus den gewöhnlichen Hautelementen: Lederhaut, Papillarkörper und Epidermis. Von accessorischen Gebilden hat Prof. Meyer die Haarbälge mit den Talgdrüsen gefunden. In die Substanz der Lederhaut finden sich Plättchen von ächter Knochensubstanz mit schön ausgebildeten Knochen- körperchen eingebettet, so dass die Substanz der Leder- haut theilweise an der inneren, theilweise an der äusse- ren Seite der Knochenplättchen, theilweise aber auch zwischen diesen gelegen ist. Ein jedes Knochenplättchen zeigt auf seiner äusseren Oberfläche dichte Knochensub- stanz, auf seiner inneren dagegen schwammige Knochen- substanz. In der Mitte der inneren Fläche sieht man ein Ernährungsloch. — Die Knochenplättchen des festen Thei- les des Panzers (des Panzers im engeren Sinne) sind mehr oder weniger regelmässig sechseckig; die Knochen- plättchen der letzten Reihe vor den Gürteln und der er- sten Reihe nach den Gürteln zeigen Uebergangsformen, indem sie von mittlerer Länge sind und auf ihrer den Gürteln zugewandten Seite den Charakter der Gürtel- knochen zeigen, auf der dem Panzer zugewandten Seite aber den Charakter der Panzerknochen ; die Knochen- plättchen, welche sich an dem Rande des Panzers finden, sind an der freien Seite mil einem etwas zugeschärften gebogenen Rande versehen. — Die Plättchen des Pan- zers sind mit gerade abgeschnittenen Rändern neben ein- ander gestellt; die Plättchen der einzelnen Gürtel mit ‚eben solchen Rändern aneinander gereiht, und die Gür- tel so aneinander gefügt, dass die Plätichen des hinteren u Gürtels sich mit einer kleinen schiefen Fläche ihrer obe- ren Seile an die untere Seite der Plättchen des vorderen Gürtels anlegen. Der erste Gürtel ist auf dieselbe Art an die ihm zunächst gelegene Reihe. der Panzerplättchen angefügt; und ebenso die erste Reihe der Panzerplätt- chen nach den Gürteln an die Plättchen des letzten Gür- tels. — Die Epidermis nimmt die Gestalt kleiner Horn- tafeln an, welche nach einem regelmässigen Systeme auf den Knochenplättehen mit Zwischenlagerung der obersten Lederhautschicht und des Papillarkörpers angeordnet sind. An dem Panzer liegt eine grössere Horntafel in der Mitte des Knochenplättchens und um dieselbe herum decken acht kleinere die Fugen zwischen den Knochenplättchen, indem sie bis an die benachbarten grösseren Horntafeln hinreichen. An den Gürteln liegt eine grössere Horn- tafel in der Mitte des Knochenplättchens und kleinere decken die Fugen zwischen den nebeneinander liegenden Knochenplättchen. — Zwischen den Horntafeln ragen die kurzen Haare hervor, deren Bälge mit ihren Talgsäcken in besonderen Höhlen der Knochenplättchen gelagert sind. Die Stacheln der Raja clavata sind leicht gebo- gene, den Rosendornen ähnliche Stacheln, welche über die Oberfläche der Haut hervorragen. Die ganze Haut ist mit kleineren Stacheln dieser Art bedeckt; an einzel- nen Stellen aber, namentlich an dem Schwanze und an den Flossen, in der Nähe des Kopfes, finden sich grös- sere Stacheln. An den letzteren unterscheidel man den breiteren weisslichen Theil, welcher noch von der Haut theilweise überzogen ist, die Basis, und den bläulich durchschimmernden freien Theil, die Spitze. Im Innern des Stachels findet sich eine Höhle, welche durch eine kleinere Oeffnung der Basis zugänglich ist; in derselben trifft man eine Fortsetzung der Haut, welche sich zu Be Se dem Stachel in gleicher Weise verhält, wie die Pulpa des Zahns zu diesem. Die mieroscopische Untersuchung lehrt in der kreideartigen Substanz der Basis eine grosse Menge unregelmässig gestalteter Räume, mit Kalksalzen er- füllt, erkennen (Fig. 1a). Ob diese als Zellenhöhlen oder Reste von Zellenhöhlen (wie die Knochenkörperchen) anzuspre- chen seien, bleibt noch zu untersuchen. Viele von ibnen, namentlich die der Oberfläche zunächst gelegenen sind fadenförmig verlängert und diese Verlängerung ist ver- ästeltl. Die microscopischen Elemente der Spitze über- raschen durch ihre grosse Aehnlichkeit mit dem Zahn- beine. Es sind vielfach verästelte Kanälchen , deren Stämme bis %s, Millim. messen, während die feinsten Verästelungen 759 Millim. dünn sind. Die Anordnung derselben lässt sich am besten mit der Anordnung der Harnkanälchen in den Malpighischen Pyramiden der Niere vergleichen. In der Achse der Spitze sind die Stämme der Kanälchen zu einem Bündel vereinigt, welches sich gegen das Ende der Spitze allmählig in der Weise auf- löst, dass immer die äussersten Kanälchen gegen die Oberfläche hin abbiegen, bis nur noch wenige Kanälchen übrig sind, welche sich dann wie ein Federbuse auflösen. Ein jedes Kanälchen mündet mit einer trichterförmigen Oeffnung in die Höhle des Stachels (Fig. 1 ec), und beginnt seine Verästelung erst, wenn es sich von dem gemein- schaftlichen Bündel abgelöst hat. Mehrfache Uebergangs- formen an der Grenze zwischen Basis und Spitze (Fig. 1 b) weisen darauf hin, dass den Elementen der Basis und de- nen der Spitze gleiche histologische Bedeutung zukonıme. Weitere Verfolgung dieses Gegenstandes dürfte für die Er- klärung der histologischen Bedeutung der Zahnkanälchen von Interesse werden; indem die Aehnlichkeit der Struk- tur dieser Stacheln mit Zähnen noch auffallender her- vortritt, wenn man z. B. den Durchschnitt des Zahnes von Rhina (Owen’sOdontography Tab. 24) vergleicht , in welchem man die beiderlei Elemente der Hautstacheln der Rochen in ganz ähnlicher Anordnung wiederfindet. — So ähnlich aber auch diese Hautstacheln den Zähnen in ihrem Baue sein mögen, so verschieden sind sie in ihrer Entstehungsweise. Während die gewöhnlichen Zähne in besonderen Säckchen in der Haut entstehen, entwickeln sich die Hautzähne der Rochen auf freien Pulpen. In der Haut einer jungen Raja clavata sieht man aus falten- arligen Vertiefungen lange, weiche, spitzige Pulpen frei hervorragen. Die Stacheln zeigen verschiedene Grade der Entwickelung (Fig. 2,3,4), und es geht aus der Vergleichung derselben hervor, dass sich die Spitze des Stachels zuerst auf der Spitze der Pulpa bildet, durch allmäbligen An- satz am unteren Theile länger wird, bis die ganze Pulpa mit der Spitze überzogen ist, und dass sich zuletzt die Basis in dem Raume der faltenartigen Vertiefung erzeugt; desshalb ist auch die Basis noch von Haut überzogen, während die Spitze frei hervorragl. — Die kleineren Stacheln zeigen im wesentlichen denselben Bau wie die grösseren, nur haben sie eine auch im Verhältniss zu ihrer Kleinheit unbedeutende Basis. Die kleinen Stacheln, welche die Haut der Haifische rauh machen, haben in gleicher Weise eine centrale Höhle, von welcher aus verästelte Kanäle in die Sub- stanz der Stacheln sich hineinziehen. Hr. Meyer fand durch diese Mittheilungen Gelegen- heit, noch eine Uebersicht der wesentlichen und ausser- wesentlichen Hautelemente in ihrer Beziehung zur Bil- dung von Angrilfs- oder Schutzwaffen zu geben. Wesentliche Bestandtheile der Haut sind die Leder- VE. Ba haut, der Papillarkörper und die Oberhaut, letztere bil- det in ihren verschiedenen Modificationen : die Schwiele durch flächenhafte Anhäufung ihrer Elemente (die Schuppen des Biberschwanzes sind Schwielen in diesem Sinne) ; das Haar, den Stachel und die Feder durch An- häufung ihrer Elemente mit vorherrschender Län- genrichtung (das Horn des Rhinozeros ist ein Con- glomerat von Haaren) ; den Nagel, die Klaue (Kralle) und den Huf als Mittelform zwischen Schwielen- und Haarbildung. Die Bildung des Ochsenhorns ist der Bildung der Klaue noch am nächsten verwandt; passt aber nicht genau in eine der gegebenen Abtheilungen. Die Epidermis der Schleimhaut kann auf ähnliche Weise modificirt auftreten, nämlich: als Schwiele (Hornzähne des Ornithorrhynchus) ; als Schwiele auf einem konischen Theil der Haut- oberfläche (sogen. Schlundzähne der Schildkröten, Stachel der Spechtzunge, Zähne des Petromyzon etc.); als Haar in Form conglomerirter Haare (Wallfisch- barten). Unwesentliche Theile der Haut sind knöcherne oder knochenartige Ablagerungen in derselben und zwar ent- weder an der Stelle der Epidermis (Zähne) oder in der Masse der Lederhaut (Hautknochen). Die Zähne treten nach dem Typus der flachen (meh- rere Rochen) oder der konischen Schwiele auf; letz- teres ist die gewöhnliche Form. Die Zahnbildung ist vorzugsweise der Schleimhaut eigen; ihr Vorkommen auf der äusseren Haut ist durch die mitgetheilten Beobachtungen an Raja und Squalus erwiesen. zz Die Hautknochen kommen nur in der äusseren Haut vor (Stör, Krokodil, Dasypus). Interessant ist es, wie diese knöchernen und knochen- arligen Elemente sich in manchen Fällen so mit dem Skelett durch Verwachsung vereinigen können, dass sie als integrirende Theile desselben erscheinen; und zwar sowohl die Zähne (viele Fische) als auch die Hautkno- chen (Schildkröte). Umgekehrt können aber auch wieder wesentlich dem Skelett angehörige Theile die Haut durch- bohrend dem äusseren Anscheine nach den knöchernen Gebilden der Haut, welche mit dem Skelett verbunden sind, ähnlich werden (frei in den Schlund ragende untere Wirbelfortsätze bei Deirodon; — Geweih des Hirsches). Die beigegebenen Abbildungen zeigen schematisch ge- haltene Zeichnungen der Durchschnitte eines ausgebilde- ten Hautzahnes von Raja clavata (Fig. 1, 10mal vergrös- sert) und der Hautfalte mit der Pulpa a, auf welcher sich der Zahn b von seiner Spitze aus bildet {Fig. 2, 3 und 4 von jungen Thieren). N 1 II N) - RN 5 N NN 7292 ee u A. Kölliker, über den Bau der Synovialhäute. Mitgetheilt den 3. Mai 1847. Die Synovialkapselu der Gelenke bilden nach der fast allgemeinen Annahme der jetzigen Anatomen voll- kommen geschlossene, aus gefässeführendem Bindegewebe und einem Epitelium bestehende Säcke, welche Alle in- nerhalb eines Gelenkes befindlichen Theile, namentlich auch die Gelenk- und Zwischengelenkknorpel überziehen. Nach Hrn. Köllikers Beobachtungen ist keine einzige Ge- lenkkapsel ein geschlossener Beutel, vielmehr finden sich in allen Gelenken ziemlich bestimmte Stellen, welche ei- ner häutigen Bekleidung durchaus entbehren. Als solche sind zu nennen: 1) Die frei in die Gelenkhöhle hineinragenden oder in derselben befindlichen überknorpelten Knochenenden, welche beim Menschen, wie schon Gendrin, Bowman, Sharpey und Arnold, letzterer wenigstens in Bezug auf das Epitelium, melden, und bei Thieren auch nicht die Spur eines Ueberzuges von gefässhaltigem Bindegewebe und von Epitelium besitzen, sondern auch an ihrer freien Oberfläche aus ächter Knorpelsubstanz bestehen ; 2) die Zwischengelenkknorpel, die wie die Fibrocartilagines falciformes des Kniegelenks, die Fibro- cart. Lriangularis des Handgelenks u. s. w. weitaus in dem grössten Theile ihrer Oberfläche nackt und von der Synovialhaut unbekleidet sind ; 3) die Labra glenoidea gewisser Gelenke; 4) die in Gelenken frei befindlichen Sehnen, wie z.B. die des M. popliteus, des Gaput longum M. bicipitis; des Subscapularis u. s. w., die ohne Ausnahme an ge- wissen, nicht immer genau gleichen, aber meist umfäng- lichen Stellen von der Synovialhaut unbekleidet sind ; 5) endlich ermangeln in vielen Gelenken, namentlich denen der Finger und Zehen, gewisse Theile der Gelenk- kapsel selbst, die sich durch ein eigenthümlich mattes An- sehen, gelbliche Farbe und grössere Festigkeit auszeichnen, des Epitelium und, wenn man so sagen darf, auch der wu Bindegewebslage der Synovialhaut, indem wenigstens den- selben Gefässe vollkommen abgehen. Ganz gleich den Gelenkkapseln verhalten sich auch die Sehnenscheiden und Schleimbeutel, indem auch diese, wie aus zahlreichen Beobachtungen sich ergibt, ohne Ausnahme an mehr oder weniger bestimmten Stel- len einer gefässhaltigen Bindegewebsschicht und eines Epi- telium entbehrende, nackte Stellen besitzen. Solche sind: 1) Gewisse Theile der in diesen Beuteln liegenden Sehnen, namentlich die dem Anheftungspunkte der Lig. mucosa tendinum, die beiläufig gesagt auch in vielen Schleimbeuteln vorkommen, abgewendeten Stellen, und die in manche Sehnen eingewirkten Sesambeine und Fa- serknorpel (M. peron. longus, tibialis post). 2) Seltener einzelne Theile der genannten Lig. mucosa tendinum, die in der Hegel als gefässführende Bindege- websplatten in dem grössten Theile ihres Umfanges auch von Epitelium überzogen sind. 3) Viele Theile der Schleimscheiden und Schleimbeu- tel selbst, die ebenfalls durch matten Glanz und gelbliches Ansehen sich auszeichnen, so an den Schleimscheiden der Finger- und Zehenbeuger die Stellen, die in der Höhe der Gelenke und der Lig. vaginalia liegen. Von den Schleimbeuteln der Haut hat Hr. K. nur diejenigen des Ellbogens und des Knie’s untersucht, und dieselben ohne alles Epitelium, wohl aber von einem gefässhaltigen Bindegewebe ausgekleidet gefunden. Aus der feineren Anatomie der Synovialhäute hebt Hr. K. ferner noch folgende zwei Punkte hervor: 1) In allen Gelenken und Sehnenscheiden und in vielen Schleimbeuteln kommen eigenthümliche , ge- fässreiche Fortsätze oder Fransen, die Plicae synoviales, vor, die wie es scheint noch von Niemand als von G. Rai- ney {Lond. Royal society, Mai 1846) microscopisch un- tersucht, jedoch auch von diesem nieht in allen Theilen genau beschrieben worden sind. Diese Fransen sind meist platte, verschieden grosse, baumartig verästelte und in Büscheln beisammenstehende Fortsätze der Synovialhaut, die in der Regel in ihrer Hauptmasse aus Bindegewebe DE a u u a A re ne ee FR mit einigen Kernfasern und zahlreichen, geschlängelten, ein dichtes Capillarnetz bildenden Blutgefässen bestehen, und an ihrer Oberfläche von einer Lage des Epitelium der Synovialhaut überzogen sind, ausnahmsweise auch Fettzel- len in verschiedener Zahl und andere weiter unten zu besprechende Elemente enthalten. Sehr bemerkenswerth und eigenthümlich sind von der Oberfläche dieser gefäss- haltigen Fortsätze abgehende Nebenfortsäße, die fast im- mer der Gefässe entbehren. Dieselben stellen fast alle nur denkbaren Gestalten dar, sind jedoch in der Regel faden-, warzen- oder blattförmig, nicht selten nach Art der Stengel von Cact. Opuntia aus mehreren hinterein- ander liegenden, durch Stiele verbundenen, breiteren Ab- schnitten zusammengesetzt. Die einen derselben, und zwar die kleineren, bestehen oft nur aus einer Accumu- lation der Epitelzellen der gefässhaltigen Fortsätze, die meisten jedoch, und namentlich fast alle grösseren, ent- halten einen Kern von deutlichen Bindegewebsfibrillen und einen Ueberzug von Epiteliumzellen, die nicht selten in eine homogene Haut, in welcher nur noch die Zellen- kerne hervortreten, verwandelt zu sein scheinen, oder wenigstens so verschmolzen sind, dass die einzelnen Zel- len sich nicht isoliren oder in ihren Grenzen nachweisen lassen. 2) Die oben beschriebenen nackten, eines gefässefüh- renden Bindegewebes und eines Epitelium entbehrenden Stellen innerhalb der Synovialhäute besitzen, abgesehen von den Knorpelüberzugen der Knochenenden und Se- sambeine, wie Hr. K. in Folge vieler Beobachtungen zu schliessen berechtigt ist, ohne Ausnahme fast in ihrem ganzen Umfange die Natur von Faserknorpeln, indem dieselben zwischen ihrem die Natur der Sehnenfasern zei- genden Bindegewebe (d. h. Bindegewebe ohne elastische und mit spärlichen Kernfasern) eine grössere oder gerin- gere, oft sehr bedeutende Zahl von Knorpelzellen ent- halten, die bald als einfache Zellen mit ziemlich dicken Wandungen, bald als verschieden grosse Mutterzellen sich darstellen. Eine solche faserknorpelige Natur zeigen, ab- gesehen von den von der Synovialhaut unbekleideten Stel- TE yet len der Fibrocarlil. interarticulares, von denen diess schon bekannt ist: 1) die nackten Stellen der Labra glenoidea ; 2) diejenigen der in Schleimbeuteln und Sehnenscheiden beündlichen und der in Gelenken frei liegenden Sehnen; 3) diejenigen der Schleimbeutel, Sehnenscheiden und Gelenkkapseln selbst; 4) diejenigen® der in Sehnen eingeflochtenen, schon lange als Faserknorpel bezeichneten Theile. Ausser diesen Stellen finden sich selbst in den ge- fässreichen und von Epitelium bekleideten Theilen mancher Synovialhäute und namentlich gar nicht selten in den be- schriebenen gefässreichen Fortsätzen und in ihren Neben- anhängen vereinzelte und in Häufchen beisammenliegende Knorpelzellen. Zum Schlusse macht Hr. K. noch einige physiologische und pathologische Bemerkungen, die sich an die mitgetheil- ten anatomischen Thatsachen anschliessen, und zwar folgende: i) Die faserknorpelige Natur vieler Theile der Seh- nenscheiden und Schleimbeutel und der in denselben lie- genden Sehnenoberllächen gibt denselben mehr Festigkeit und schützt sie so gegen die Abnutzung, die bei den vie- len Reibungen sonst eintreten würde. 2) Die gefässreichen Fortsätze der Synovialhäute sind wahrscheinlich der Hauptsitz der Absonderung der Synovia. 3) Die Gelenkmäuse, die aus Epitelium, Bindegewebe, Knorpelzellen und oft auch beigemengtent Feitzellen be- stehen, sind wohl nichts anderes als knorpelzellenführende Fortsätze der Synovialhaut, die sich übermässig vergrös- sert und von der Synovialhaut abgelöst haben 4) Da die Knorpelüberzüge der Knochenenden keinen Ueberzug von der Synovialhaut besitzen, so ist ein pri- märes Erkranken derselben bei Entzündung der Syno- vialhaut durchaus nicht anzunehmen. 5) Die Verknöcherungen der Sehnen, die bekanntlich nicht selten an den in Schleimbeuteln befindlichen Thei- len derselben vorkommen, beruhen in einigen (vielleicht in allen) Fällen auf Ossification eines normalen Knorpel- gewebes. MITTHEILUNGEN DER NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. oN? 7- zeigt ini ne Mai 1847. A. Escher v. d. Linth, Bemerkungen über das Molassegebilde der östlichen Schweiz. Vorgetragen den 8. März 1847. Nach Hrn. Dr. A. Escher’s Mittheilungen scheint beim Beginne der Ablagerung der Molasse das jetzige Flach- land der Schweiz bereits die Gestalt eines grossen, zwi- schen dem Jura und den Alpen gelegenen Thales gehabt zu haben. Einerseits nämlich wird die damalige Existenz von Erhöhungen und Vertiefungen des Bodens in der Gegend des Jura dadurch bewiesen, dass die Molasse sich im Grunde der Längenthäler dieses Gebirges wie auf dem Boden eines Gefässes abgesetzt befindet. Anderseits ist das damalige Vorhandensein eines Gebirgswalles ungefähr an der Stelle der jetzigen Alpen wenn auch nicht gewiss, doch im höchsten Grade wahrscheinlich, da die Molasse, die längs der jetzigen Kalkberge mehrere tausend Fuss mächtig ist, im Innern des Alpengebirgs ganz fehlt, ja selbst die Kalkgrenze nirgends überschreitet. Dieses grosse Thal nun scheint vom Beginne der Mo- lasseperiode an lange Zeit hindurch theils aus Festland bestanden zu haben, theils von süssen Gewässern bedeckt gewesen zu sein, durch welche abwechselnd Schichten von meist röthlichen und bunten Mergeln, Sandsteinen, Nagelfluh, hie und da auch von Kalkstein abgesetzt wur- den, zwischen denen sich an manchen Orten in Stein- = « kohlen umgewandelte Pflanzenmassen befinden. Diese Gebilde *), die bis nach Marseille sich zu erstrecken schei- nen, sind stellenweise 800 Fuss mächtig, da das Bohr- loch von Eglisau, das ungefähr 50 Fuss unter seiner oberen Grenze angesetzt wurde, bei höchst wahrschein- lich fast wagerechter Lage der Schichten 750 Fuss tief hinab getrieben wurde, bevor die dortige Unterlage der Molasse, der Jurakalk, erreicht wurde. Auf das Dasein von Festland und süssen Gewässern und auf die Abwesenheit von salzigem ‚Meerwasser wäh- rend dieser Zeit deutet die Natur der in den genannten Gesteinen eingeschlossenen organischen Ueberreste. Ueber- all nämlich, wo die tiefsten Molasseschichten durch natür- liche und künstliche Einschnitte bloss gelegt wurden, wie am Saleve, an der Aare unterhalb Bern, bei Baden, Eglisau, Schaffhausen, südlich von St. Gallen u. s. f., fanden sich nur Reste von Süsswasser- und Landbewoh- nern, als von Unio, Planorbis, Paludina, Melania, Lim- naeus, Helix, Blätter von chamaeropsartigen Palmen, Ceanotus u. s. f.; auch das Rhinocerosskelett, bei Buch- berg am Rhein gefunden, scheint ebenfalls aus diesen tiefsten Lagen der Molasse herzustammen. Ueber dieser untern Süsswassermolasse liegt dann, an manchen Stellen nicht scharf davon geschieden, ein zwei- tes Gebilde, in welchem, ganz im Gegensatze mit dem ersten, nur Ueberreste von Meerbewohnern enthalten sind, und das sich daher als Meereserzeugniss darstellt.“*) *) Necker de Saussure (Etudes geologiques dans les Alpes) unterscheidet bei Genf und im Kanton Waadt neben dieser untern Süsswassermolasse noch die Molasse rouge, welche nach seinen Angaben die erstere in unglefchförmiger Lagerung unterteuft. ") H. Rod. Blanchet (Environs de Vevey) scheint anzuneh- men, dass die Meeresgebilde an die des süssen Wassers angrenzen RR Dieses Gebilde ist nach Hrn. Prof. Studers Beo- bachtungen in der Gegend von Bern über tausend Fuss mächtig, und besitzt, wie in der südwestlichen Schweiz, eine grosse Ausdehnung. In der östlichen Schweiz zeigt dasselbe kaum einige hundert Fuss Dicke, und ist, nach den gegenwärtig vorhandenen Beobachtungen zu urthei- len, nur in zwei Streifen entblösst. Der nordwestliche Streifen zieht sich aus der Gegend von Entfelden längs der Lägern durch den Fuss des Ir- chel nach dem Kohlfirst hin. Die Schichten liegen hier, mit Ausnahme der Umgebung der Lägern, ungefähr wa- gerecht, und sind daher in einer Breite von 2— 4 Stun- den an den Thaleinschnitten sichtbar; die unteren des- selben bestehen meist aus bläulichen Sandsteinen, in de- nen sparsame Ueberreste von Meerthieren und von Land- pflanzen enthalten sind; die gewöhnlich wellige Oberfläche der Sandsteinplatten gleicht oft ganz derjenigen des san- digen und schlammigen, von den Wellen regelmässig ge- furchten Bodens unserer Seen. Die oberen Bänke be- stehen an manchen Orten, z. B. bei Lenzburg, Otmar- singen, Würenlos, aus einem festen Conglomerat von ganzen und zertrümmerten Muschelschalen, das seit alten Zeiten Muschelsandstein heisst und sich überall als treff- liches Baumaterial bewährt. Zu dieser Meeresmolasse gehört auch der bei Wildisbuch am Kohlfirst vorkom- mende, zur Glasbereitung dienliche Quarzsand, in wel- chem sich, wie in der Gegend eines Meeresstrandes, häu- und sich gegen sie verhalten wie die Ablagerungen der jetzigen Meere zu den Delta’s. In der östlichen Schweiz setzt aber die untere Süsswassermolasse in sehr grosser Mächtigkeit, ohne irgend welche Beimischung von Meeresprodukten, unter der Meeresmo- lasse durch, wie es nach Necker auch in den Kantonen Genf und Waadt der Fall ist. — 10 — fig mehr oder minder durch Rollen abgeschliffene Zähne von Haifischen, Austerschalen, Bruchstücke verkieselten Holzes und Knochen von Landthieren finden, welche Ueberreste alle Hr. Hauptmann Gimpert mit sehr ver- dankenswerthem Eifer gesammelt hat. Der zweite südöstliche Streifen ist zwischen der Reuss und dem Rothsee bei Luzern, bei Wolrau und Freien- bach, und von Herisau bis nach Rorschach aufgefunden worden. Auf dieser ganzen Linie fallen die Schichten ungefähr mit 30 — 40 Grad Neigung gegen NW. ein, und das einige hundert Fuss mächtige Gebilde ist eben wegen dieser Einsenkung und weil es in NW. fast durch- weg von jüngern Gesteinmassen bedeckt wird, gewöhn- lich nur in geringer Breite sichtbar. Seine untern. Schich- ten bestehen ebenfalls, wenigstens bei Wolrau und Ror- schach aus blaulichem, dünnschichtigem Sandstein, der .sich leicht zu trefflichen Bauplatten verarbeiten lässt, da er etwas fester ist als derjenige in der nordwestlichen Zone. Auch hier ist die Oberfläche der Platten häufig sehr deutlich wellig und mit Pflanzentrümmern bedeckt; bei Bäch kommen auch nesterweise zahlreiche Steinkerne von Cardium, Pecten, Venus u. s. f. vor. Am Rothsee bei Luzern hat Hr. Prof. Mousson in merglichen Schich- ten ebenfalls viele Schalen von Meerconchilien aufgefun- den, und die Gegend von St. Gallen, wo Sandsteinplat- ten, denen von Wolrau verwandt, auch nicht fehlen, ist schon längst bekannt durch ihren Reichthum an ähnlichen Versteinerungen. In etwas höherem Niveau folgt am Rorschacherberge, nach Hrn. Prof. Deike’s Beobach- tungen wahrscheinlich auch bei St. Gallen, ein Muschel- sandstein mit den nämlichen mineralogischen Kennzeichen, die er bei Lenzburg u. s. w. hat. Diese zwei beschriebenen Streifen mariner Gesteine — MM — hängen sehr wahrscheinlich in der Tiefe unter der Erd- oberfläche durch unmittelbar zusammen; ihre Verbindung lässt sich aber in der östlichen Schweiz nirgends nach- weisen, weil der Raum zwischen beiden von den höch- sten Höhen bis unter die Sohle der Thäler hinab mit den Gesteinen der obersten, dritten Abtheilung der Mo- lasse erfüllt ist. ö Diese hat, wie die unterste, vollständig den Charak- ter eines Süsswassergebildes, und ihre Schichten liegen in dem bezeichneten Raume, im Grossen betrachtet, wa- gerecht. Nirgends ist in ihr auch nur die geringste Spur einer Meerpflanze oder eines Meerthieres entdeckt worden. Dagegen findet sich in allen untersuchten Profilen der Berggehänge eine grössere oder kleinere Anzahl von Schichten, erfüllt mit Resten von Land- und Süsswasser- bewohnern; so sind an dem ungefähr 800 Fuss hohen Absturz des Albisrückens bei Leinibach (der Faletsche) wohl 10 — 12 ungefähr in gleichen Abständen auf die ganze Höhe vertheilte Schichten schwarz gefärbt durch die grosse Menge der in ihr begrabenen Schnecken, un- ter denen die Gattung Helix weit vorherrscht ; ausserdem finden sich an diesem Abrisse wenigstens zwei Lagen von Süsswasserkalk und eben so viele von Pechkohle, deren kenntliche Pflanzenreste sämmtlich den Typus von Land- und Süsswasserpflanzen haben. An dem 1600 Fuss. ho- hen Abriss des Hörnlirückens nach Bauma- in’s Tössthal hinab sind Land- und Süsswasserschnecken wenigstens aus acht Lagen bekannt, von denen zwei im obersten Theile des Profils, einige in der Mitte und einige im untersten Drittel liegen. Am Irchel finden sich über der Meeresmolasse zwei, einige hundert Fuss senkrechter Höhe von einander abstehende Bänke von Süsswasserkalk, von denen der untere sich gegen Embrach erstreckt, — 102 — wahrscheinlich identisch ist mit dem in der Gegend von Winterthur durch Hrn. Büchi nachgewiesenen und an vielen Stellen fast nur aus Planorbis, Limnaeus und Me- laniaschalen besteht. Bei St. Gallen hat Hr. Prof. Deike, wie in der Unterlage, so auch im Dache der Meeresmo- lasse ebenfalls Schalen von Land- und Süsswassermu- scheln gefunden, und so liessen sich noch viele ähnliche Beispiele anführen. Ausser diesen von den Petrefacten hergenommenen Characteren unterscheiden sich noch sämmtliche Mergel der obern Süsswassermolasse von den graulichen der Meeresmolasse durch ihre bunte, meist gelb und röthli- che, bald fleckige bald flammige Färbung, in welchen sie, wie in ihrer übrigen Beschaffenheit, so sehr den Mergeln der untern Süsswassermolasse gleichen, dass ich kein sicheres petrographisches Unuterscheidungszeichen anzuge- ben wüsste. Die Entstehung der obern Susswassermolasse zum Theil aus fliessenden (sewässern ist sehr deutlich ausge- prägt in der Lagerungsweise der Gesteine, von denen die Nagelfluh, in der Gegend des Hörnli in 5—40 Fuss starken Bänken, mit den Mergeln und Sandsteinen von oben bis unten wechsellagernd, wohl die Hälfte des 1600 Fuss hohen Profils einnimmt. Es erinnert nämlich das häufige Verlaufen dieser Gesteine in einander, das Abgeschnittensein von Mergelschichten durch Nagelfluh- bänke, oft verbunden mit ungleichförmiger Auflagerung und zahlreiche ähnliche Erscheinungen so auffallend an die Unregelmässigkeiten, welche man bei den Geschieb- und Sandablagerungen der jetzigen Ströme bemerkt, dass man nicht umhin kann, auch die unregelmässige Abla- gerungsweise der Molassegesteine von ähnlichen Ursachen abzuleiten ; damit soll übrigens der Antheil stehender Ge- u re ee nn - wo wässer an der Bildung dieser obern Molasse durchaus nicht ausgeschlossen sein, um so weniger als namentlich das Beisammensein von jungen und ausgewachsenen Con- chilien in den Petrefacten führenden Schichten unwider- leglich für deren Dasein zeugt. Was die Molasse betrifft, die sich zwischen dem alpi- nen Kalkgebirge und einer von Luzern nach dem Kie- men, hohen Rhonen, Kaltbrunn und Trogen gezogenen Linie befindet, und die in der Nähe dieser senkrecht steht, gegen das Kalkgebirge hin aber südöstlich fällt, so ist es noch nicht gelungen, ihr Altersverhältniss zu den drei angeführten Abtheilungen mit Sicherheit zu bestim- men. In diesem ganzen Gebiete ist nämlich noch keine Meerpetrefacten enthaltende Schichtmasse bekannt, die als Grenzzeichen zwischen der untern und der obern Süsswasserablagerung dienen könnte (alle organischen Reste, die in diesen Gegenden aufgefunden wurden, ge- hören Land- und Süsswasserbewohnern an : Rufiberg, hohe Akhonen, Utznach, Rufi in Gaster, Gais, Gegend von Eichberg nach Hrn. Pfarrer Rehsteiner, Wäggis nach Hro. v. Liebenau, Winkel bei Luzern nach Hrn. Prof. Mousson.) Ferner sind zwischen den beiden Süsswasserabtheilungen noch keine paläontologischen Un- terschiede bekannt, so dass auch von dieser Seite her gegenwärtig das Alter der steil eingesenkten Molasse nicht. bestimmt werden kann. Im Allgemeinen nämlich haben die Petrefacten der obern wie der untern Abthei- lung ein und dasselbe für ein warmes Clima sprechende Gepräge, wie die Palmenreste beweisen, die bis in die ho- hern Schichten der obern: Süsswassermolasse hinauf rei- chen; aus letztern besitzt unser Museum sogar ein Stamm- stück einer Cycadee von Stein: am Rhein. Das gemein- same Vorkommen von Taxodium mit bambusartigen, platt D — 194 — gedrückten, 3— 4 Zoll breiten Rohren in der Mergel- unterlage der Nagelfluh des Rufibergs, ähnlich einem be- deutend grössern, von Prof. Mousson in einer Sand- steinplatte von Bäch entdeckten Rohre lässt auch erwar- ten, dass man am hohen Rhonen ausser den von daher bekannten Taxodium, Salix u. s. f. in Zukunft noch Pflanzen von südlicherem Gepräge finden werde. Aehnlich wie mit dem Typus der Pflanzen verhält es sich mit demjenigen der Land- und Süsswasserconchilien nach den Untersuchungen der HH. v. CGharpentier und Mous- son, ebenso mit dem der Säugethiere nach den Bestim- mungen von Hrn. Herm. v. Meyer. ÜUeberdiess ist es bis jetzt nicht gelungen. specifische Unterschiede zwi- schen den Petrefacten der untern und der obern Süss- wassermolasse aufzuünden, wohl hauptsächlich, weil die meisten derselben, namentlich die am allgemeinsten ver- breiteten Conchilien (Helix, Planorbis, Limnaeus, Me- lania) gewöhnlich nur unvollständig erhalten und daher auch noch nie mit erschöpfender Genauigkeit untersucht worden sind. Bei dem Versuche, die senkrecht stehende und süd- lich fallende ‚Molasse mit den zwei Stockwerken der Süsswassermolasse zu parallelisiren, enibehrt man dem- nach gegenwärlig einer sichern Grundlage, es mag also genügen, anzugeben, dass wahrscheinlich der grösste Theil der senkrecht stehenden und der an diese gren- zenden steil eingesenkten Schichten , welche die Mitte der zusammengeschobenen und vielfach zerrütteten Molasse einnehmen, der untern Süsswasserstufe , die zunächst an der Grenze des alpinen Kalkgebirgs befindliche Nagelfluh aber vielleicht zur obern Süsswasserstufe gehört. Bekanntlich ist das Vorkommen sehr zahlreicher Ge- schiebe von mannigfaltigen , den Alpen fremden erystal- u. linischen Gesteinen in der Nagelfluh eine der Haupt- schwierigkeiten, die sich den Versuchen zur Aufklärung der Bildungsprocesse der Molasseformation entgegenstel- len. Gleichen auch viele dieser Geschiebe den crystal- linischen Gesteinen des Schwarzwaldes, so stimmen doch andere nicht mit ihnen überein , auch spricht die Ver- breitungsweise der Nagelfluh nicht für Abstammung der Geschiebe aus dem Norden, indem nördlich einer von Sursee‘ nach Frauenfeld und von da nach Rheineck ge- führten Linie Nagelfluh fast nur als oberste Decke aller übrigen Molasseschichten auftritt und in den tiefern La- gen nur in sehr unbedeutendem Maasse vorkommt {im 750 Fuss tiefen Bohrloch von Eglisau wurde keine ein- zige Nagelflubschicht angetroffen ; im 524 Fuss tiefen bei Klupf im Wehnthal nur Eine in der Tiefe zwischen 100 und 125 Fuss). Hr. Professor Studer hat daher die Vermuthung geäussert, dass ein Saum crystallinischer Gesteine während der Molasseperiode an der Nordseite des damaligen Älpengebirgs vorhanden gewesen sei und dass die genannten Geschiebe von demselben stammen, eine Hypothese, für welche ausser dem Vorkommen ähn- licher Gesteine am Südabhange der jetzigen Alpen die Be- schaffenheit des grössten Theils der steil und senkrecht aufgerichteten Molassesandsteine spricht; indem dieselben aus durch Kalkcement zusammen gehaltenen Granit- und Porphyrgrus bestehn, dessen Feldspathkörnchen , wie die der meisten fremden Geschiebe, häufig röthlich sind, während der Feldspath der alpinen Gesteine gewöhnlich weiss ist. Wo diese Schichten grössere Gerölle enthal- ten und durch Häufigkeit derselben zu Nagelfluh wer- den, sieht man beinahe immer nur solche fremde Ge- schiebe ohne Beimengung von Kalksteinen (Zugersee, Bollingen am Zürichsee). — 106 — Statt weiterer, doch zu keinem bestimmten Resultate führenden Erörterungen über die Geschichte der Nagel- fluh mögen bier einige Angaben über ihre Verbreitung folgen. In der östlichen Schweiz tritt die Nagelfluh in der aufgerichteten Molasse hauptsächlich in: drei Zonen auf: a) Längs der nördlichsten Kalkkette als bald mehrere tausend Fuss hohe, bald zu geringer Mächtigkeit zusam- mensinkende, durchweg gegen S. ©. eingesenkte Masse. Die dem Kalkgebirge zunächst liegenden Schichten be- stehn vom Rigi bis zum Speer an den entblössten Stel- len überall aus Kalkstein- und Sandsteingeschieben, von denen eine sehr grosse Zahl mit: den der Kreide- und spätern Juraperiode angehörigen alpinen Gesteinen völlig übereinstimmt, andere aber doch so verschieden sind, dass man über ihren Ursprung im Zweifel bleibt; die Sandsteine, welche gewöhnlich nur in sehr untergeord- netem Maasse diese Nagelfluh begleiten und mit ihr. ab- wechseln, bestehn ebenfalls vorwaltend aus kleinen Kalk- steinkörnchen. Erst in den tiefern Schichten finden sich dann auch Geschiebe der den Alpen fremden crystallini- schen Gesteine ein. Beim. Weissbad (Kanton Appenzell) dagegen enthal- ten schon die an’s Kalkgebirge angrenzenden Nagel- flubschichten einige Procent Gneis, Granit, Porphyr und rothe Kieselgeschiebe ; es ist aber wohl möglich, dass die Repräsentanten der Kalknagelfluh des Speers u. s. f. hier in der Tiefe des Erdbodens begraben sind. b) In einer Entfernung von 1!% bis 3 Stunden von der Kalkgrenze treten in der senkrecht stehenden Molasse, gewöhnlich mit starken Lagen granitischer Sandsteine und intensiv rother Mergel (Molasse rouge von Necker) ab- wechselnd, oft auch in solche verlaufend , zahlreiche Na- ‘’ N EL NEREUB ee Be" ger geltluhschichten auf, von denen manche fast nur Ge- schiebe fremder cerystallinischer Gesteine enthalten. Ein solcher an Nagelfluh reicher Streifen begleitet die Kohle bei Rufi im Gaster und setzt, ostwärts bis 1 Stunde breit werdend, über Gappel im Toggenburg und Urnäschen nach dem Gäberis fort. Ein anderer, der bei Luzern die Breite zwischen dem Meggenhorn und dem Diet- schenberg einnimmt, erstreckt sich ostwärts, an Nagel- fluh immer ärmer werdend, über den Kiemen und Zu- gerberg an den Nordabfall des hohen Rhonen hin; öst- lich von Utznach scheint sich die Nagelfluh ganz zu ver- lieren, so dass im Toggenburg zwischen CGappel und Wattwyl nur Mergel und Sandsteine sichtbar sind. c) Sehr mächtige, ebenfalls mit Sandsteinen und Mer- geln wechselnde Massen von Nagelfluh finden sich ferner in der gegen Nord geneigten Molasse nördlich einer von Rapperschweil nach Rheineck gezogenen Linie; sie ge- hören bei St. Gallen zum Theil der untern Süsswasser-, zum Theil der Meeresmolasse an, finden sich dagegen in der obern Süsswassermolasse (nördlich vom Längenthal, in dem St. Gallen liegt) nicht mehr. Gegen West hin aber tritt Nagelfluh gerade in der obern Süsswassermo- lasse ungemein mächtig auf, verflacht sich mit ihr nord- wärts bis zur wagerechten Lagerung, und erstreckt sich zwischen dem untern Toggenburg und Meilen am Zürich- see bis jenseits Elgg in der Weise, dass sie nord-, ost- _ und westwärts immer mehr von Sandsteinen und Mer- geln verdrängt wird. So ist z. B. die Nagelfluh, wäh- rend sie mehr als die Hälfte des 1600 F. hohen Hörnli- absturzes einnimmt, nahe nördlich von Elgg fast ganz verschwunden, ebenso östlich vom untern Toggenburg und vom Murgthal; in der Gegend von Kyburg und vom Pfannenstiel herrscht sie nur noch in den obern Lagen, — 18 — und am Albis kommt sie nur in zwei nicht mächtigen Schichten vor, deren eine sich am Fusse des Berges, die andere auf der Höhe befindet. Zwischen dieser gewaltigen Nagelfluhmasse des östli- chen Theils des Kantons Zürich und der fast ebenso grossen, aber nicht so weit nordwärts vorspringenden, des Napfs im Kanton Bern (Studer, Monographie der Molasse), besteht die Molasse dagegen fast nur aus Sand- steinen und Mergeln, und zwar scheinen diese, trotz ih- rer an 2000 Fuss betragenden Mächtigkeit, gleich wie die Nagelfluh, in nur wenig tiefen Gewässern abgelagert worden zu sein, da, wie schon früher erwähnt, in den verschiedensten Höhen Schichten voll Sumpf- und Land- conchilien vorkommen, die sich offenbar an ihrem ur- sprünglichen Wohnorte befinden. Hieraus scheint her- vorzugehn, dass der Boden während der Bildungszeit der obern Süsswassermolasse einem stetigen Sinken un- terworfen war; ob das nördliche Vorspringen der Nagel- fluh c, (welche vielleicht zur Zeit ihrer Bildung unmit- telbar mit dem Saume derjenigen von a, längs der Kalkgrenze zusammen hing) bis Elgg auf eine in der da- maligen Periode von der Umgegend \Veesens ausgehende nordwestlich gerichtete Strömung hindeute, mag einst- weilen dahin gestellt bleiben. ‘In Beziehung auf die Geschiebsnatur der Nagelfluh e, ist zu bemerken, dass in ihr fast überall sowohl al- pine Kalk- und’ Sandsteine der Kreide- und obern Ju- ragebilde, als auch fremdartige erystallinische Gesteine, die letztern jedoch nur untergeordnet auftreten, alpine erystallinische Felsarten habe ich: hier so wenig als in zwei ersigenannten Zonen mit Bestimmtheit erkennen können, auch ‚keine Sernfconglomerate und keine der von Studer Zwischenbildungen genannten Felsarten,. Nebst — 109 — röthlichem @Quarzsandstein von ungewissem Stammorte (er stimmt nämlich weder mit den alpinen rothen Gonglo- meraten noch mit den mir bekannten Abänderungen des Schwarzwaldsandsteins völlig überein), finden sich in der Nagelfluh c, nicht ganz selten auch Geschiebe flach- muscheligen gelben Kalksteins, welcher dem gelben obe- ren Jurakalksteine sehr gleicht; auch in der Nagelfluh a, finden sich am Speer einzelne solcher Kalkgeschiebe. Studer führt ähnliche bei: Guggisberg und Thun an, und ist sehr geneigt, sie wirklich als Herkömmlinge vom Jura zu betrachten. Obwohl nun das Vorkommen von Echinusstacheln und anderer zertrümmerter Petre- facten des Jura in der Meeresmolasse bei Trüllikon am Kohlfirst sehr zu Gunsten dieser Ansicht spricht, so möchte es doch gerathen sein, das Urtheil über die Ab- stammung der angeführten weit südlicher liegenden Ge- rölle aufzuschieben, da der Seewerkalk (alpiner Reprä- sentant der weissen Kreide) dem Jurakalk oft sehr gleicht und zudem viele Geschiebe der Nagelfluh etwelche Aen- derung in der Farbe erlitten zu haben scheinen, Sehr viele Geschiebe der Nagelfluh a, b, ce, zeigen mehr oder minder deutliche Spuren der von Dr. Lor- tet, Prof. Blum und A. Escher beschriebenen Vertie- fungen, Zerquetschungen und Rutschflächen (Leonhard Jahrb. 1836, 41, 42, Verhandl. d. Schweiz. Naturf. Ge- sellschaft in Winterthur 1846), dagegen scheinen diese höchst merkwürdigen, grossentheils noch einer genügen- den Erklärung entbehrenden Erscheinungen zu fehlen in einer vierten Masse von Nagelfluh *), welche sich in der östlichen Schweiz als das jüngste Glied der Molasse darstellt. *) In welchem Altersverhältniss diese Nagelfluh zum Kalkschie- fer von Oeningen steht, ist unbestimmt; um so mehr als die Na- — 10 — d) Diese Nagelflub unterscheidet sich von den äl- tern nebst dem Mangel der genannten Vertiefungen und Rutschflächen durch zahlreiche , zwischen den Geschieben leer gebliebene Zwischenräume, daher man sie gewöhn- lich löchrige Nagelfluh nennt; neben den vorherr- schenden alpinen Sand- und Kalksteinen enthält sie auch einzelne Geschiebe der fremdartigen erystallinischen Ge- steine; in der Nähe des Jura ist sie oft reich an Geröl- len, die offenbar aus diesem Bergzuge herstammen, und steht nach den Beobachtungen von Prof. Mousson mit rein jurassischen Gonglomeraten in Verbindung. Diese 40 -- 100 Fuss mächtige Nagelfluh bildet die wagerechte, 1820 — 1880 Fuss über dem Meer erhabene Oberfläche der festungartig aussehenden Berge südlich und nördlich vom Rhein in der Gegend von Eglisau, ferner das Plateau von Schneisigen ; sie bedeckt auch in horizontaler Lage die in der Nähe der Lägern emporge- hobenen Schichten der tiefern Molasse (Prof. Mousson, Geolog. Skizze von Baden im Aargau), wodurch ihr jüngeres Alter deutlich beurkundet wird. Ganz gleich ist ihr auch die Nagelfluh der Kuppe des Uetlibergs (2900 Fuss über dem Meer) und die der Baarburg (un- gefähr 2000 Fuss über dem Meer). Ob diese Nagelfluh einst zwischen den angeführten Punkten eine zusammen- hängende Lage gebildet habe, und ob die Niveaudiffe- renzen durch Verwerfungen, Hebungen und Senkungen des Bodens veranlasst worden seien, steht noch dahin. Ebenso ungewiss ist, ob ihre Gerölle, alpiner und zwei- gelfluh, welche oberhalb den Steinbrüchen am Wege nach Schie- nen ansteht und Bruchstücke der Nagelfluh a als Gerölle um- schliesst, vielleicht eher den Fündlingsablagerungen als der Mo- lasse angehört. — 11 — felhafter Herkunft, direkt vom ursprünglichen Stammorte an ihre jetzige Lagerstätte gelangt sind; doch lässt das gewöhnlich unbedeutende, selten Faustgrösse überstei- gende Volumen derselben, die Vermengung alpiner Ge- schiebe mit solchen, die bestimmt aus dem Jura her- zustammen scheinen ‚+ die Abwesenheit dieser Nagelfluh im Ganzen den Alpen näher liegenden Molassegebiet,, so wie in vielen der nördlichern Gegenden fast eher ver- muthen, dass sie ein aus der Zerstörung älterer Nagel- fluhmassen hervorgegangenes regenerirtes Gebilde sei, durch Wassermassen abgesetzt, die zum Theil sich von N. und N. W. her bewegten und Geschiebe des Jura mit herbeiführten. Einer solchen Annahme nicht ungün- stig ist die nicht abzuweisende Thatsache von der Zer- störung ungeheurer Massen selbst der obern Süsswasser- molasse, zu deren Veranschaulichung Folgendes genügen mag. Am Schauberg (südlich von Elgg) , bei Sternenberg und am Hörnli findet sich bei horizontaler Lagerung der Schichten ungefähr 2930 Fuss über dem Meer ein Kalk- steinlager, das an allen diesen drei Punkten ähnlich be- schaffen ist und also wohl ursprünglich Eine zusammen- hängende Bank gebildet hat, und von Sternenberg bis jenseits des Hörnli sich wirklich unmitelbar verfolgen lässt. Am Schauberg und bei Sternenberg ist dasselbe bedeckt durch eine etwa 40 — 80 Fuss hohe Nagelfluh- und Mergelmasse; am Hörnli dagegen ruht noch 600 Fuss hoch Molassegestein auf ihm, und das Schnebelhorn, dessen Schichten ebenfalls horizontal liegen, erhebt sich sogar 900 Fuss über sein Niveau. Sieht man nun auch, um jeder Täuschung vorzubeugen, vom Schauherg und dem Schnebelhorn ab, so ist doch klar, dass die Schich- ten, welche die jetzt isolirte, nach allen Seiten steil ab- fallende Hörnlikuppe bilden, zur Zeit ihrer Ablagerung E — H2.— eine weit grössere Ausdehnung haben mussten als gegen- wärlig, und dass demnach das Plateau des Hörnli im grössten Theil seiner ehemaligen Erstreckung durch De- nudation eine Erniedrigung von wenigstens 500, vielleicht sogar von 900 Fuss erlitten haben muss. Eine bis 150 Fuss mächtige Nagelfluhmasse bildet auch die Oberfläche des Stammheimerbergs, des Kohlfirsts und des Irchels; wie diejenige von d, enthält sie zahlreiche, allem Anschein nach aus dem Jura stammende Geschiebe, auch sieht man an ihren Geröllen weder Rutschflächen noch Eindrücke von andern Geschieben ; dagegen ist sie nicht löchrig, sondern die Zwischenräume der Gerölle sind wie bei a, b, und c, ganz ausgefüllt mit feinerm Grus, das hier meist nur locker verkittet ist; petrographisch steht sie also in der Mitte zwischen den ältern Nagel- fluhmassen und der neuern; ob sie auch in Beziehung auf ihr Alter zwischen c, und d, zu stellen oder mit e, von gleichzeitiger Entstehung sei, ist noch nicht ausge- mittelt. Verzeichniss der Geschenke für die Bibliothek der Natur- forschenden Gesellschaft in Zürich. 1847. ( Fortsetzung. ) 10) Boeckel, Th. Observations meteorologiques de 1843. 8. Strass- bourg, 1843. — Geschenkt von Hrn. R. Wolf in Bern. 11) Bühlmann, Dr. Fr. Kurzer Ueberblick der 1842 in Gurnigel gemachten Beobachtungen. 8. Bern, 1843. — Von Dems. 12) Fellenberg, L. R. de. Fragmens sur la nature constitutive de diff. sortes de fibrine de cheval. 8. Lausanne, 1846. — Von Hrn. L. R. v. Fellenberg in Lausanne. 43) — — — Analyse de l'’eau minerale de Weissenburg. 8. Lausanne, 1846. — Von Demselben. MITTHEILUNGEN NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. oN® 3. a = Juni 1847. Alb. Mousson, über eine thermoeleetrische Erscheinung. Vorgetragen den 3. Mai 1837. Hr. Prof. Mousson beginnt mit einigen allgemeinen Bemerkungen. Man kennt gegenwärtig drei Hauptmit- tel der galvanischen Erregung: 1) die hydroelectrische, 2) die thermoelectrische und 3) die inductive Thä- tigkeit. So ganz verschieden diese Mittel sind, scheinen dennoch die hervorgebrachter Ströme qualitativ gleichar- üg zu sein. Alle bisher beobachteten Unterschiede be- ruhen auf verschiedenen Stufen der Quantität, der Inten- sität und der Dauer, und lassen sich daher durch ange- messene Mittel mehr oder weniger vollständig aufheben. Ein irreductibles Element, wie dasjenige, welches im Schall die Höhe und Tiefe der Töne, im Licht den Un- terschied der Farben, in der Wärme die Strahlen ver- schiedenen Ursprunges begründet, scheint nicht vorhan- den zu sein. Darum auch ist es wahrscheinlich, dass jene Mittel der Erregung nicht direct wirken, sondern indem sie ein in allen Fällen gemeinsames dynamisches Moment in Thätigkeit setzen, welches die eigentliche Veranlas- sung des Stromes ist. Welches aber dieses Moment ist, ob man es in Bewegungen der kleinsten materiellen Theil- chen , oder in blossen Spannungen zwischen denselben wer oder in andern unbekannten Vorgängen zu suchen hat, ist bis jezt nicht aufgeklärt. Vielmehr verhüllt‘ ein ei- genes Dunkel noch immer den ersten Ursprung des Stro- mes und hindert die Physiker sich über die Grundsätze einer mechanischen Theorie dieser Erscheinungen zu ver- ständigen. Um so wichtiger aber erscheint es, jeden einzelnen Fall der Erregung mit Sorgfalt zu prüfen, die verwickelnden Umstände nach einander zu eliminiren, die Aufgabe endlich auf ihre letzten und einfachsten und da- rum auch wesentlichsten Bedingungen zurückzuführen. Unter den drei bezeichneten Erregungsmitteln scheint die thermoelectrische Wirkung die geeigneiste zu sol- chen - Untersuchungen. In der hydroelectrischen Säule entsteht aus der Dazwischenkunft chemischer Verände- rungen, die man meist nur unvollständig kennt, eine bedeutende Verwickelung; in der inductiven Wirkung hinwieder hat man es mit einer Kraft zu thun, die ihrem Wesen nach eben so räthselhaft ist, als die zu erklärende Erscheinung selbst. Die Gesetze der Wärme hingegen, der Einfluss derselben als abstossende Molecularkraft auf die Theilchen der Körper, die Abweichungen, welche letztere hinsichtlich der Leitung, der Strahlung, der speeci- fiichen Wärme u. s. f. darbieten, sind ziemlich vollstän- dig bekannt. und geben eher Hoffnung auf eine Sonde- rung des Einflusses der zusammenwirkenden Umstände. Die wichtigsten Fälle ihermoelectrischer Erregung fin- den sich schon in der ersten Arbeit von Seebeck ‘) aufgezählt, nämlich, 1) Die Erregung durch Erwärmen der Verbindungs- stelle zweier verschiedener Metalle. *) Abhandlungen der phys. Classe der Academie der Wissen- sehaften in Berlin 1827. — MN) — 2) Die Berührung zweier Stäbe des gleichen Metalles, der eine in kaltem, der andere in warmem ‚Zu- stande. 3) Die Erwärmung eines zusammenhängenden Metall- stückes an Stellen, wo zu beiden Seiten das kristal- linische Korn verschieden ist. Zu diesen 3 Hauptfällen hat Becquerel‘) einen neuen hinzugefügt: 4) Die Erwärmung einer Stelle eines zusammenhängen- den Drahtes, wenn zu beiden Seiten desselben un- gleiche Massen sich befinden. In diesen vier Fällen treten als bestimmende Bedin- gungen auf: der Gegensatz der Substanz, derjenige der blossen Temperatur, der der Aggregation, endlich der Gegensatz der Masse. Hr. Mousson fügt diesen Fällen einen neuen hinzu “*), in welchem der Gegensatz zu beiden Seiten der Erwärmungsstelle noch auf einer geringern materiellen Verschiedenheit beruht, nämlich auf einem blossen Unterschied der Härte und Weich- heit, oder der Elastieität und Ductilität. Seine Ver- suche, angestellt mit mehrere Fuss langen Drähten, deren Enden auf einer constanten Temperatur erhalten wurden und direct mit dem Galvanometer communizir- ten, führten, bei Anwendung von Erhitzungen, die bis auf 300° reichten, zu folgenden Resultaten: 1) Die Erhitzung einer einzelnen Stelle eines Metall- drahtes, mag derselbe hart oder weich, frisch oder aus- geglüht sein, bewirkt keinen Strom, sobald derselbe ge- hörig homogen ist. 2) Erhitzt man neben der ersten Stelle eine zweite, sei es, dass die erstere noch warm oder bereits kalt ge- *) Traite experim de l’Electr. et de Magn. T. II. p. 37. **) Erste Notiz: Bibl. univers. Arch. de l’Electr. T. IV. p. 5. = m = worden ist, so zeigt sich auch dann keine oder keine stärkere regelmässige Wirkung , wenn der Draht durch vorheriges Ausglühen und langsames Erkalten in den Zu- stand vollkommener Ductilität versetzt worden ist. 3) Ist der Draht hingegen mit der Härtung des Draht- zuges begabt, so entwickelt sich bei Erwärmungen von 150° und noch mehr ein bestimmter Strom, durch den Gegensatz der ersterwärmten und dadurch modilieirten und der noch unerwärmten, unveränderten Seite hervor- gerufen. 4) So oft an einer solchen Trennungsstelle die Er- wärmung wiederholt wird, so oft erneuert sich der Strom in gleicher Weise, und wenn die Temperaturen perma- nent geworden sind, immer wieder in gleicher Stärke. 5) Je ausgedehnter die modilieirten (früher erhitzten und erweichten) und die noch unveränderten (mit der Här- tung des Drahtzuges begabten) Theile des Drahtes zu beiden Seiten der Erwärmungsstelle sind, desto mehr wächst der Strom bis zu einer Gränze, die eintritt, wenn der Zustand jederseits auf einige Zoll der nämliche ist. Eine grössere Aus- dehnung der verschiedenartigen Theile hat keinen Einfluss, 6) Erwärmt man eine Stelle eines ausgedehnten mo- dificirten Theiles in einiger Entfernung von der Grenz- stelle, nach dem unveränderten Theile hin, so nimmt der Strom mit jener Entfernung ab und hört in einer Ent- fernung von einigen Zollen ganz auf, wie in einem durch seine ganze Länge ausgeglühten und erweichten Draht. 7) Ist der Draht für eine Temperatur von 150 — 200° durch seine Länge unempfindlich gemacht wurden , so wird er es in geringerem Grade, aber gesetzmässig, wieder, wenn höhere Hitzgrade von 3 — 400° zur Modificirung angewandt werden, und die in 3) bis 5) erwähnten Er- scheinungen wiederholen sich. = wie 8) Die Stärke dieser Ströme steigt mit den Unter- schieden der Härte und Weichheit (besser vielleicht der Sprödigkeit und Ductilität), deren die Metalle überhaupt fähig sind. Unter ähnlichen Umständen geben Drähte von 3 Millim. Durchmesser Ströme, welche an einem Gourjon’schen Galvanometer folgende Ablenkungen be- wirkten: Blei 0° Kupfer 8° Zion 1—2° Eisen 8—10° Messing 3—4° Neusilber 12--15° 9) Ein ganz modifieirter und unwirksamer Draht wird durch neues Ziehen im Drahtzuge neuerdings wirksam, doch in geringerem Grade, als er es früher war. Selbst das blosse Hämmern kann zur Herstellung eines gewissen Härtegrades und dadurch zur Befähigung, Ströme zu entwickeln, in geringem Maasse mitwirken. 10) Wie die Härtung des Drahtzuges kann auch die Härtung durch plötzliche Erkältung die Bedingung für den Strom abgeben. Das vorzüglichste Metall in dieser Hinsicht, der Stahl, giebt auch die stärksten Wirkun- gen. Ein Stahldrabt von 3 Millim., zur Hälfte glashart gemacht, zur Hälfte weich gelassen, gab bei Erhitzung der Gränzstelle Ströme, welche die Nadel um nicht we- niger als 50 -— 60° ablenkten. i1) Die Richtung des Stromes hängt nicht von der Rich- tung ab, in welcher der Drahtzug wirkte, — denn rechts und links von einer modificirten Stelle entwickelt sich der Strom in entgegengesetzten, also nur vom Gegensatz des Cohäsionszustandes abhängigen, Richtungen. 12) In jedem homogenen Drahte hat der Strom eine bestimmte, von der Seite der Modification abhängige Rich- tung, die aber in verschiedenen Metallen verschieden ist. Im Kupfer und Neusilber geht in der Regel der Strom — 118 — von der modificirten zur unveränderten Seite; im Zinn, Messing, Eisen, Stahl umgekehrt von der Seite im fri- schen Zustande zu der im veränderten. 13) Aber selbst in verschiedenen Drähten desselben Metalles, selbst in demselben Drahte, den man wieder- holt modificirt und durch den Drahtzug dünner gezogen hat, können sich ausnahmsweise Abweichungen in der Richtung des Stromes zeigen, abhängig von einer bis jetzt unermittelten Ursache. 14) Der Einfluss des Gegensatzes in dem CGohäsions- zustande ist meistens in den wirksameren Metallen grös- ser, als derjenige der Masse; indem der Strom selbst dann noch regelmässig auftritt, wenn der Draht auf der einen Seite der Erhitzungsstelle durch Einschneiden ge- schwächt oder selbst in seiner ganzen Ausdehnung auf 4/;o seines ursprünglichen Querschnittes verdünnt wird. 15) Wird an einem ganz modificirten und wirkungs- losen aber der Härtung fähigen Drahte die eine Seite neben der Erhitzungsstelle stark dureh kalte Flüssigkeit erkältet, so zeigt sich ein, freilich unregelmässiger, Strom, und erneuert sich wieder, so oft man die Behandlung wie- derholt. Im Neusilber ging derselbe von der erkälteten zur anderen Seite; im Eisen und Messing umgekehrt. 16) Die Natur der erkältenden Flüssigkeit, ob sie Wasser oder ein Alcali, eine Säure, eine Salzauflösung sei, ist gleichgültig, die Wirkung also unabhängig von einer chemischen Action. 17) Die fortdauernde künstliche Erkältung der einen Seite eines noch ganz unveränderten Drahtes, während die Erhitzung vor sich geht, hat keine merkliche Erre- gung zur Folge, obgleich der Abfluss der Wärme nach beiden Seiten dadurch sehr ungleich gemacht wird. 18) Verschiedenheiten in der Ausstrahlung der Wärme, — m -— hervorgebracht durch Politur und Anbringung verschie- dener Ueberzüge (Lampenschwarz, Tusche, Bleiweiss u. s. w.) auf der einen oder auf beiden Seiten der Erwär- mungsstelle, haben keinen merklichen Einfluss, weder um einen ganz modificirten Draht wirksam zu machen, noch um den Strom eines theilweise modifieirten Drahtes zu verändern. 19) Werden ein modificirtes und ein frisches‘ Stück aus demselben Drahte, Ende an Ende mit frischen Schnitt- flächen aneinander gehalten und daselbst erwärmt, so ent- steht ein, freilich nicht starker, Strom, der gewöhnlich so fliesst wie in einem zusammenhängenden Drahte an der Trennungsstelle der ähnlich beschaffenen Seiten. Hr. Mousson bemerkt schliesslich, dass die Thatsa- chen 14, 17,18, der Ansicht Beequerels, zufolge wel- cher der Strom immer nach der Seite gehen soll, nach der eine grössere Menge Wärme abfliesst, nicht günstig sind, indem sie zeigen, dass ein durch künstliche Mittel veränder- ter Abfluss der Wärme unwirksam bleibt. Einzig dadurch liesse sich jene Ansicht retten, wenn man annähme, dass aus der Veränderung des Gohäsionszustandes zugleich be- deutende Veränderungen in den tbermischen Eigenschaften der Metalle, namentlich in ihrer Leitung für Wärme, her- vorgehen könnten; — allein diese Voraussetzung hat in ande- rer Hinsicht wenig für sich, obgleich es allerdings zu einer strengen Widerlegung besonderer, in ihrer Art sehr schwie- riger Versuche bedürfen würde. Wie dem auch sei, es scheint jedenfalls ein Unterschied in der Sprödigkeit oder Ductilität desselben Metalles, oder eine Veränderung des Gleichgewichtszustandes der Theilchen unter dem Ein- flusse der Cobäsionskräfte, mittelbar oder unmittelbar, die Hauptbedingung der Erregung zu bilden; mag auch, Be zufolge den Thatsachen 11 und 13, der Umstand noch unbekannt sein, welcher über die Richtung des Stromes in verschiedenen Metallen oder in verschiedenen Stücken desselben Metalles entscheidet. Eine bestimmte Beziehung zwischen der Richtung des Stromes und dem aus den Wertheim’schen Versuchen genau bekannten Elastici- tätscoeflicienten der Metalle im weichen und harten Zu- stande lässt sich bis jetzt nicht erkennen. -— Eigenthüm- lich für diese Erregung ist endlich, dass sie nicht wie in den meisten andern Fällen von einem einzigen bestimm- ten Querschnitte der Leiter (Berührungsstelle der Me- talle und Flüssigkeiten) ausgeht , sondern die ganze Strecke umfasst, in welcher der Uebergang der ganz zu den gar nicht modificirten Theilen des Drahtes statt findet. A. Kölliker, über den Bau und die Ver- richtungen der Milz. Vorgetragen den 17. Mai 1847. Herr Kölliker, der mit speciellen Untersuchungen über die Milz beschäftigt ist, theilt der Gesellschaft die Ergebnisse seiner bisherigen Forschungen in Kürze mit. Es sind folgende: I. Die Milz ist ein muskulöses Organ. Bei allen bisher untersuchten Säugethieren, nämlich beim Schweine, Ochsen, Hunde, Kaninchen, Schafe, bei der Katze und bei Dicotyles torquatus zeigten sich in der Milz in sebr bedeutender Menge glatte oder organische Muskelfasern, deren Elemente die in Nr. 2 dieser Mit- theilungen beschriebenen Faserzellen mit walzenförmigen Kernen sind. Dieselben kommen nicht bei allen den ge- nannten Thieren in gleicher Zahl und in gleicher Ver- — 121 — breitung vor. Beim Schweine finden sie sich 4) in dem Balkengewebe und zwar in den stärksten wie in den feinsten Trabekeln, 2) in der Faserhaut oder der eigent- lichen Hülle der Milz, 3) in den von dieser Hülle ab- gehenden Scheiden für die in das Innere der Milz drin- genden Gefässe und Nerven, jedoch bilden sie die ge- nannten Theile nicht für sich allein, sondern in Verbin- dung mit ziemlich starken , netzförmig verflochtenen Kern- fasern. Muskelfasern und Kerpfasern sind in den stär- keren und den von blossem Auge noch sichtbaren Balken, in der Hülle der Milz und in den Gefässscheiden unge- fähr zu gleichen Theilen vorhanden, so dass demnach diese Theile als elastisch und contractil anzusehen sind; in den feinsten microscopischen Bälkchen dagegen wiegen die Muskelfasern vor und scheinen selbst manchmal durchaus keine Beimengung elastischer Elemente zu haben. Die Richtung der beiderlei Fasern ist immer und ohne Aus- nahme parallel der Längsrichtung der Balken, in den Gefässscheiden meist auch parallel der Längsaxe der Gefässe, wesshalb eine Verwechslung der eigentlichen Muskelfasern der Milz mit den jederzeit qner verlaufenden Muskelfasern der Gefässe, die bei den Milzarterien in starker Schicht, bei den stärkeren Venen wenigstens in einfacher Lage vorkommen, nicht leicht möglich ist. In gleicher Ausbreitung und Menge und in gleicher Verbindung mit stärkerem Kernfasergewebe finden sich die glatten Muskelfasern auch beim Hunde, bei der Katze nnd bei Dicotyles torquatus; beim Schafe zeigen sich dieselben ebenfalls in allen Balken und in der Scheide der Gefässe, ob sie auch in der Hülle vorkommen, hat Hr. Kölliker noch nicht untersucht; beim Kaninchen mangeln die Muskeln in der Hülle, beim O chsen endlich zeigen sie sich nur in den feinern und in den mieroscopischen 2 ae Balken, jedoch in sehr grosser Menge und in ausgezeichneter Schönheit, während die übrigen Theile des.Fasergewebes einzig und allein aus feineren elastischen Fasern in Verbin- dung mit etwas Bindegewebe bestehen. Beim Menschen hat Hr. K. weder in der Hülle noch in den stärkern Balken glatte Muskelfasern wahrnehmen können, vielmehr nichts anders .als stärkere Kernfasern und feinere elasti- sche Fasern*) sammt etwas Bindegewebe in denselben ge- funden; dagegen kommen nach ihm in den feinsten mi- eroscopischen Balken Elemente vor, die man ohne “An- stand für muskulöser Natur erklären kann. Es sind die- selben fast ganz unbeachtet gebliebene Faserzellen eigen- thümlicher Art, die Günsburg neulich {Pathol. Gewebe- lehre pag. 81) irrthümlicher Weise für Epiteliumzellen der Milzvenen erklärt, Faserzellen, die durch ihren seit- lichen, oft in einem gestielten Fortsatze liegenden, run- den oder rundlichlänglichen Kern, ihre homogene Natur und leicht wellenförmig geschlängelten Ränder, durch eine Breite von 0,0015 — 0,0025” und eine Länge von 0,02 — 0,03 sich auszeichnen. Der Deutung dieser Elemente als muskulöse Faserzellen, wie sie Hr. K. an einem andern Orte beschrieben hat, steht einzig ihr run- der Kern im Wege; allein es ist zu bemerken, dass auch *) Hr. Kölliker erwähnt beiläufig, dass nach seinen Unter- suchungen die elastischen Fasern mit Inbegriff der durchbhro- chenen Häute der mittleren Arterienhaut und die Kernfasern vollkommen identisch sind, und die erstern aus den letztern her- vorgehen, was einfach dadurch bewiesen wird, dass alle Theile, die beim Erwachsenen elastische Fasern oder Fasernetze besitzen, beim Fötus nur Kernfasern und Kernfasernetze oft der feinsten Art zeigen, so die gelben Bänder, die elastischen Bänder der Trachea und des Larynx, die serösen Häute, die Fascien, die mittlere Ar- terienhaut u. s. w. be N CR — 123 — bei den vorhin genannten Säugethieren in den feinsten Balken muskulöse Faserzellen- vorkommen, die mit denen des Menschen mehr oder weniger, ja fast ganz überein- stimmen. Die Elemente der glatten Muskeln der Milz erscheinen nämlich durchaus nicht überall in derselben Weise; in den stärkeren Balken sind dieselben steife, blasse, glatte Fasern von 0,02 — 0,03 Länge und 0,004 — 0,006‘ Breite, oder mehr drehrunde, schmalere (bis zu 0,003) etwas dunklere, wellenförmig auslaufende, spindelförmige Fasern von 0,02— 0,05’ Länge, beide mit zierlichen, langen und schmalen, stäbchenförmigen Kernen; in den microscopischen Bälkchen dagegen treten mehr : spindelförmige kürzere Faserzellen auf mit ellipti- schen und selbst rundlichen Kernen, die oft seitlich an den Fasern ansitzen. In Berücksichtigung dieser Ver- hältnisse und der fernern Thatsache, dass die genannten menschlichen Faserzellen in einigermassen frischen Milzen, gerade wie bei andern Thieren die Muskelfasern, deut- lich die mieroscopischen Bälkchen zusammensetzen (in ältern Leichen oder zersetzten Milzen sind fast alle fei- nen Bälkchen zerstört und die Elemente derselben, die Faserzellen, nur isolirt mit den Parenchymzellen der Milz in der rothen Milzpulpe zu treffen), hält es Hr. K. nicht für zu gewagt, dieselben für muskulöse Faserzellen zu erklären. — Von niedern Wirbelthieren hat Hr. K. eine ziemliche Zahl in Bezug auf das Vorkommen von Muskelfasern untersucht, und gefunden, dass bei vielen derselben die Kleinheit der Milz der Beobachtung grosse Schwierigkeiten bereitet, jedoch glaubt derselbe sich mit Bestimmtheit überzeugt zu haben, dass die Balken der Milz auch bei Vögeln und Fischen neben Kernfasern glatte Muskelfasern enthalten. Auf diese Thatsachen gestützt und auf den bekannten — Reichthum der Milz an Nerven, und die von vielen Beo- bachtern angegebene Thatsache, dass die gesunde Milz einer Volumenszu- und Abnahme fähig sei, fussend, hält es Hr. K. für vollkommen erlaubt, die Milz als ein con- tractiles Organ zu bezeichnen, obschon es ihm bis- anhin nicht gelungen ist, an den Milzen ebengetödeter Thiere deutliche Gontractionen zu erregen, es sei denn, dass man die Thatsache, dass Furchen, die man mit ei- nem stumpfen Instrumente auf der Oberfläche der frischen Milz von Hunden (die ohnehin ein eigenthümliches runze- liges, wie zusammengezogenes Ansehen darbietet) zieht, längere Zeit als Furchen verharren, hierher rechnen wolle. Bestimmtere Angaben über die Contractionen der Milz glaubt Hr. K. erst dann machen zu dürfen, wenn Unter- suchungen über die Grösse und das Gewicht der Milz in verschiedenen Zeiten, mit denen er eben beschäftigt ist, vollendet sein werden. 2. Die Milz ist ein Organ, in weichem die Blutkörperchen massenhaft zu Grunde gehen. Es ist bekannt, dass schon die griechischen Aerzte und viele nach ihnen die Vermuthung geäussert haben, es sei die Milz ein Organ, in welchem das Blut eine ei- genthümliche Veränderung erleide; allein selbst in unsern Tagen ist Niemand im Stande gewesen, eine solche An- nahme irgendwie zu begründen. Hr. K. nun ist es ge- lungen, durch Hülfe des Microscops nachzuweisen, dass wirklich ein Theil des in die Milz strömenden Blutes in derselben eine sehr wesentliche Umgestaltung erleidet, insofern nämlich als eine bedeutende Anzahl der Blutkör- perchen desselben unter eigenthümlichen Veränderungen sich auflöst und zu Grunde geht. Die Thatsachen, die zu diesem Schlusse berechtigen sind folgende: Die rothe Pulpe der Milz, welche ausser Gefässen — 125 — und deren Nerven, bei allen Thieren freie Kerne in ge- ringerer Zahl und viele runde Zellen mit 1 oder 2 Ker- nen (Milzzellen, Parenchymzellen der Milz) enthält, die entweder frei die Zwischenräume zwischen den Gefässen und einem Theile der Balken erfüllen (niedere Wirbel- thiere). oder wenigstens zum Theil in eigenthümlichen Bläs- chen, den Malpighischen Körperchen, enthalten sind (viele Säugethiere, Mensch), zeigt bei allen untersuchten Thie- ren zu verschiedenen Zeiten eine verschiedene Färbung oder wenigstens ein verschiedenes Verhalten der in ihr enthaltenen Blutkörperchen, die ohne Theilnahme irgend anderer Elemente durch ihr verschiedenartiges Auftreten die Färbung derselben bedingen. Bei den einen Thieren nämlich besitzt dieselbe bald eine blassere mehr graulich- rothe, bald eine braun- oder selbst schwarzrothe Farbe; im letztern Falle finden sich eine Menge veränderter Blut- körperchen, von denen bald weiter die Rede sein soll, im erstern dagegen lässt sich durch die microscopische Untersuchung leicht nachweisen, dass die rothe Farbe von unveränderten Blutkörperchen herrührt, die auch durch Druck leicht aus dem Gewebe der Milz herauszutreiben sind und bei Zusatz von Wasser in kurzer Zeit allen ihren Farbstoff abgeben. Bei andern Thieren hat zwar die Milz immer ungefähr die nämliche, meist dunklere Färbung, allein es zeigen sich nichtsdestoweniger auch hier bald nur unveränderte Blutkügelchen, bald viele der- selben in den mannigfachsten Umwandlungen begriffen. (Schluss folgt in Nr. 9.) senuesusew»| Ta. ® ® 126 Meteorologische Beobachtungen, ange- Luftdruck (bei 0°). Morgen. 729,11 730,36 730,81 725,33 720,45 719,74 721,23 721,71 723,01 723,22 729,30 732,69 735,24 | 734,19 730,86 728,58 725,77 724,27 720,83 718,77 717,88 722,79 726,56 | 726,16 720,55 720,09 718,55 709,18 724,562 723,70 | 726,01 12 Uhr Mittag. 729,35 730,65 730,32 724,31 720,88 719,35 720,86 720,96 722,10 724,84 728,70 133,52 728,30 129,96 726,95 725,08 723.16 721,19 717,04 717,81 122,38 722,45 725,39 726,21 | 724,93 719,56 719,40 717,90 708,13 723,743 | 734,69 | 3 Uhr Nachmitt. 722,84 724,14 725,38 722,98 719,35 716,93 717,15 706,02 723,417, 723,792 9 Uhr Abend. 726,77 729,57 731,54 728,08 722,68 720,10 725,43 721,76 720,03 723,49 728,43 729,07 133,24 734,54 731,63 728,46 725,16 724,52 719,93 719,97 716,14 718,93 723,33 724,34 726,20 726,56 722,31 719,83 714,85 715,57 705,10 9 Uhr Morgen. 6,4 5,1 1,4 FFrFHrHrHr HH + 2,52 + 6,41 442,34 Meter über Temperatur. Tr No 12 Uhr Mittag. %\+13,2 ‚9414,7 +14,3 ’I+16,1 —+16,0 +12,2 + 81 + 3,8 > |F13,9 9 Uhr Abend. 3 Uhr Nach, | 5, + 1,0 - 0,4 Un +11 — 0,8 +1,9 +0,1 + 3,6 +1,8 2,4 — 0,6 + 3,2) — 0,6 + 7,5|+ 0,2 + 8,3/+ 2,2 +10,2/+ 3,4 +11,2|+ 5,4 +12,8|+ 5,6 + 8,2 + 7,1 +84 +10,2 + 8,7 + 8,8 +14,0,710,2 +19,6 711,0 +21,1713,6 +16,2.+10,3 +13,7/+ 8,0 + 8,2)+ 3,3 + 3,5/+ 1,9 +14,4 IH141 +12,9 +1+ 7,43| 3,08 Mini, aim | 8,1] 39 — 6,7)+ 3,9 — 2,7+ 3,6 - 3,51+1,9) — 5,314 2,2] -48+1, — 7,31+ 3,9 - 2,44 2,2 — 1,83+ 4,4 257+371 7,50 >. -12,0| - 1,0 \— 4,44 4,8 — 3,7/+ 8,4 - 2,81+ 8,5[] - 3,01+11,5l - 1,7/+12,4 — 0,3)414,9 — 1,3)+15,7 —+ 1,3)4+ 16,11% + 2,4/+16,68 + 1,6. 415,608 + 6,7/+15,0 + 4,9)+45,7 + 5,44156 + 2,7 420,0) + 5,6/+21,3] + 7,3)+18,2] +7,7+13, + 2,3+ 93] +0,8+4M 5 u 1,17 )9,11 stellt in Zürich im Monat März 1847. der Meeresfläche. hr 12 U.!3 Uhr!9 Uhr Mitt. |Nach. Ab. 3,74 | Sch. 9 Uhr 12 Uhr Morg. [Pikag> ONO | NNO. WNW ONO. NO. 0. NO. . 080. ONO. .NNW N. WNW Wind. LT N er __ 3 Uhr Nach. 9 Uhr! Abend. NO. . 080. NO. NO. .| ONO. so. 9 Uhr Mrg. bed. ‚heit. Sch. bed. eirr bed. bed. ‚| CiFT. bed. heit, bed. „heit. bed. ‚heit. ‚heit. ‚ heit. heit. heit. heit. . beit. heit. "heil. . \bew. /.heirr. „.\bew. heit. „heit. bed. Mitt. bed. bed. bed. eirr. bed. eirT. eirr. bed. heit. bed. heit, bed. heit. heit. heit. heit. heit. heit. heit. heit. heit. bew. eirr. cirr. heit, heit. eirr. Nach. bed bed bed. bed. bed. Sch. heit. bed. Bewölkung. Tu nn 12 U.'3 Uhr 9 Uh Ab, bell .| heit. .|bew. bed. hell hell .| hell heit.) hell heit. heit. heit. heit. heit. heit. heit. beit bed. ‚bew. eirr. CirT. ‚heit. "heit. bew. NW. je.cu., heit. heit. \Wtterl -| Sturm, | NO, bed. |bew. bed. Sch. bad. a bed, | — 12383. — Verzeichniss der Geschenke für die Bibliothek der Natur- forschenden Gesellschaft in Zürich. 1847. ( Fortsetzung. ) 14) Baur, L. W. Elementare Darstellung einiger Fundamentalsätze der neuern Geometrie. 4. Ulm, 1846. — Geschenkt von Hrn. Prof. Baiter. 15) Botanisches Centralblatt für Deutschland. Herausgegeben von Dr. L. Rabenhorst. 8. Leipzig, 1846. — Von Hrn. Regel. 16) Cavolini, Ph. Abhandlungen über Pflanzenthiere des Mittel- meeres. Aus dem Italienischen übersetzt. 4. Nürnberg, 1813. — Von Hrn. D. Wiser. 47) Camper, P. Dissertation sur les differences des traits du visage chez les hommes. 4. Utrecht, 1791. — Von Hrn. Dr. und Prof. Schinz. 18) Bericht über die dritte allgemeine österreichische Gewerbe- Ausstellung in Wien 1845. 8. Wien, 1846. — Von Hrn. Oberst und Zeughausdirektor Weiss. 49) Annalen der k. k. Sternwarte in Wien. Herausgegeben von €. L. v. Littrow und F. Schaub. Thl, 27. 4. Wien, 1844. — Von der k. k. Sternwarte in Wien. . 20) Meteorologische Beobachtungen an der Wiener Sternwarte von 1840 — 1845. 4. — Von Derselben. 24) Hauer, Franz Ritter von. Die CGephalopoden des Salzkammer- gutes. 4. Wien, 1846. — Von Derselben. 22) Camper , Pierre. Discours sur le moyen de representer les di- verses passions, etc. Trad. du Hollandais par D. B. Quatremere-Disjonvyal. 4. Utrecht, 1792. — Von Hrn. Dr. und Prof. Schinz. 23) Sturm, Jakob. Deutschlands Insekten. 5 Bde. 8. Nürnberg, 1805 — 1824. — Von Demselben. 24) Panzer, Dr. G. W. F. Kritische Revision der Insektenfauna Deutschlands. 2 Bde. 8. Nürnberg, 1805 — 1806. — Von Demselben. 25) Le Blond, J. B. Reise nach den Antillen und nach Südamerika. Nach dem Französischen. 'Thl. I. 8. Hamburg, 1815. — Von Demselben. MITTHEILUNGEN DER NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. oN? 9. u Juli 1847. A. Kölliker, über den Bau und die Ver- richtungen der Milz. (Schluss.) Diese Umwandlungen nun sind sehr auffallend und eigenthümlich und beruhen bei allen Thieren wesentlich darauf, dass 1) die Blutkügelchen, indem sie zugleich kleiner, dunkler, und die elliptischen der niedero Wirbelthiere auch rundlich werden, in rundliche Häufchen sich zusam- menballen, welche schliesslich unter Auftreten eines Ker- nes in ihrem Innern und einer äussern Hülle in blutkör- perchenhaltige rundliche Zellen von 0,005 — 0,015‘ über- » gehen, und 2) dass diese Zellen, indem ihre Blutkörper- chen immer mehr sich verkleinern und unter Annahme einer goldgelben, braunrothen oder schwarzen Farbe (ganz oder nach vorherigem Zerfallen) in Pigmentkörner übergehen, in pigmentirte Körnchenzellen sich umwan- deln und endlich unter allmäligem Erblassen ihrer Körner zu vollkommen farblosen Zellen sich gestalten. In Bezug auf die specielleren Verhältnisse ist zuerst zu erwähnen, dass Hr. K, die angeführten Veränderun- gen der Blutkörperchen der Milzpulpe schon bei einer so bedeutenden Zahl von Thieren (bei einigen Arten wur- den 10 — 20, bei allen wenigstens 2— 5 Individuen un- — 1350 — tersucht) angetroffen hat, dass bedeutende Gründe vor- handen sind, dieselben als überall vorkommend anzusehen. Von Fischen wurden untersucht: Cyprinus carpio; Tinca chrysitis; Aspius alburnus; Leu- ciscus Idus, cephalus; Chondrostoma nasus; Abramis brama; Barbus fluviatilis; Salmo salar, trutta, fario; Go- regonus maraena, maraenula; Thymallus vexillifer; Perca fluviatilis; Gadus lota; Esox lucius; Muraena anguilla. Von Amphibien: Rana temporaria, «esculenta, Bombinator igneus, Hyla arborea, Bufo cinereus, Alytes obstetricans, Salamandra maculata, Triton igneus, cristatus, laeniatus. Von Vögeln: das Huhn. Von Säugetbieren der Ochse, Hund, das Kanin- chen, Schwein, die Katze und der Mensch. Bei allen den genannten Thieren sind die blutkörper- chenhaltigen Zellen zu treffen, jedoch bei den einen deutlicher als bei den andern. Am schönsten und aus- gezeichnetesten nehmen sich dieselben bei den Amphi- bien, namentlich bei Triton, Bombinator und Rana aus, bei denen nicht selten 5, 10, 20 und mehr Blut- körperchen in einer deutlich kernhaltigen Zelle liegen» und sich in allen ihren Metamorphosen aufs eviden- teste verfolgen lassen; bei Fischen sind die genannten Zellen etwas weniger schön, am wenigsten bei den Säuge- thieren und Vögeln, doch hat Hr. Kölliker auch bei die- sen kernhaltige Zellen mit 1, 2— 6 Blutkörperchen, vor- ausgesetzt, dass kein Wasser zur Untersuchung ange- wandt wurde, ganz deutlich und bestimmt gesehen, und sich ferner auch davon überzeugt, dass die durch eine Metamorphose der Blutkörperchen entstehenden goldgel- ben Körner und Körnerhaufen weitaus in den meisten Fällen in kernhaltigen Zellen liegen. Beim Menschen lies- uni — sen sich in nicht frischen Milzen, die bis jetzt einzig zur Untersuchung vorlagen, keine unveränderten, in Zellen eingeschlossene Blutkörperchen erkennen, dagegen zeig- ten sich in vielen Fällen goldgelbe, in Zellen befindliche Körner in grosser Menge, die, da sie mit den erwähnten goldgelben, bestimmt aus Blutkörperchen hervorgehenden Körnern anderer Thiere ganz übereinstimmen, ohne allen Anstand für veränderte Blutkörperchen erklärt werden dürfen. In Bezug auf die Entstehung der blutkörperchenhal- tigen Zellen bleibt es für jetzt noch dahingestellt, welcher Theil derselben, der Kern oder der Inhalt, d. h. ein oder mehrere Blutkörperchen und eine zähe, helle, oft in ziem- licher Menge vorhandene Verbindungssubstanz, der. pri- märe ist; doch ist so viel sicher, dass diese Zellen gleich in ihrer ganzen Grösse, also nach dem Typus, entstehen, den Hr. K. „Zellenbildung um Umhüllungskugeln“ ge- nannt hat. Wahrscheinlich bilden sich dieselben, genauer bezeichnet, so, dass in stockenden Theilen des Milz- blutes, während die Blutkörperchen sich verkleinern nnd zusammenballen, neue Kerne enistehen, die mit einem oder mehreren der veränderten Blutkörperchen und einem Theile des Blutplasma’s sich umhüllen und schliesslich durch Bildung einer Membran um diese Theile herum zu Zellen sich gestalten. Dass dem so sei scheint daraus hervorzugehen, dass bei Säugethieren und Fischen neben den blutkörperchenhaltigen Zellen fast ohne Ausnahme viele einzelne geschrumpfte Blutkügelchen und augenschein- lich hüllen- und kernlose Klümpchen von solchen anzu- treffen sind. Der Ort, wo die Umwandlungen der Blutkörperchen stattfinden, sind bei Amphibien nachweisbar die Blutge- fässe. Man trifft nämlich bei denselben , z. B. sehr schön — 132 — bei Triton, die blutkörperchenhaltigen Zellen in den Ca- pillaren der ziemlich durchsichtigen Milz oft reihenweise hintereinander, und ist auch im Stande, dieselben durch Druck in grössere Venenstämme einzutreiben, so dass oft ein solcher auf eine ziemliche Strecke von nichts als diesen ganz eigenthümlichen Elementen erfüllt ist. Bei Fischen zeigten sich bei manchen, z. B. bei Tinca, Esox, Perca, die veränderten Blutkörperchen in runde Blasen von 1/0 — Yıs‘ eingeschlossen, die wohl nichts anderes als Erweiterungen oder blasenförmige Anhänge der Ge- fässe waren, wenigstens nachweisbar mit denselben in Verbindung standen; bei andern Fischen waren solche Blasen nicht zu erkennen, dagegen sassen auch bei die- sen die in verschiedenen. Zuständen ihrer Umwandlung begriffenen Blutkörperchen in rundlichen, mehr oder we- niger scharf umschriebenen Haufen von gleicher Grösse wie diejenige der Blasen beisammen, die vielleicht, was eine weitere Untersuchung ermitteln lassen wird, in einer bestimmten Beziehung zu solchen Blasen stehen. Bei allen Fischen zeichnet sich übrigens die Milzpulpe durch eine sehr grosse Menge rother oder brauner, umschrie- bener, runder Pünktchen aus, die nichts anders als die erwähnten freien oder in Blasen eingeschlossenen Hau- fen sich zersetzender Blutkügelchen sind. — In welchem Theile der Milz die Blutkörperchen bei den Säugethie- ren zu Grunde gehen, hat Hr. K. noch nicht mit Be- stimmtheit ausgemittelt, doch glaubt derselbe als solche die cavernösen Räume bezeichnen zu dürfen, mit denen die- Venen in der Milzpulpe beginnen ; wenigstens hat Hr. K. auch in den feinsten Arterien — und die Milz enthält solche bis zu 0,006 herab — nie, wohl aber in den Räumen zwischen den feinsten Balken in Zersetzung begriffene Blutkörperchen in reichlicher Menge gefunden. H L — 13 — Die Umwandlungen der Blutkügelchen in der Milz sind nicht unter allen Umständen in gleichem Grade wahr- zunehmen. Die Fische liessen ohne alle Ausnahme in Zersetzung begriffene Blutkügelchen erkennen, doch va- rirte die Menge derselben, d. h. die Zahl und Grösse der vorhin geschilderten Blasen und Haufen , bei verschie- denen Individuen und Arten in nicht unbedentendem Grade, ohne dass sich bis jetzt bestimmte Gesetze hiefür auffinden liessen. Amphibien zeigten das Eigenthüm- liche, dass bei frisch eingefangenen Individuen die blut- körperchenhaltenden Zellen ın grosser Menge und sehr schön zu sehen waren, bei solchen, die einen, zwei oder drei Tage gefastet hatten, in äusserst geringer Menge vorkamen, endlich bei längere Zeit (eine Woche und mehr) fastenden in übergrosser Zahl und ausgezeichneter Schönheit sich zeigten, während zugleich die Milz gross, dunkelroth und auch an normalen Blutkörperchen sehr reich war. Bei Säugethieren endlich fanden sich in einer Reihe von Fällen die Zersetzungen der Blutkör- perchen nur 5, 6. und mehr Stunden nach dem Fressen, mangelten dagegen unmittelbar nach Aufnahme der Nah- rung und nach eintägigem Fasten; doch sind auf jeden Fall noch fernere Untersuchungen nothwendig, um diese Verhältnisse ganz bestimmt festzustellen. Trifft man bei irgend einem Thiere den richtigen Zeitpunkt, so wird man über die ungemeine Menge der sich zersetzenden Blutkörperchen in wahres Erstaunen gerathen, indem in einem solchen Falle der rothe Theil der Pulpe so zu sa- gen aus nichts anderem als aus goldgelben, braunrothen, schwärzlichen, in den verschiedenen erwähnten Zuständen begriffenen Blutkörperchen besteht. Das endiiche Schicksal der Blutkörperchen steht insofern ganz fest, als dieselben auf jeden Fall zerfallen = und sich auflösen, dagegen bleibt noch unausgemacht, 1) ob diese Umwandlungen immer und ohne Ausnahme in der Milz zu ihrem Ende gelangen, und 2) welches das endliche Schicksal der die Blutkörperchen einschliessenden Zellen ist. Ad 1) ist zu bemerken, dass die blutkörper- chenhaltenden Zellen in verschiedenen Zuständen, bald als pigmentirte, oft fast ganz erblasste Körnchenzellen, bald mit fast unveränderten Blutkörperchen , bei Amphi- bien nicht gar selten im Blute der Milzvene und dem Stamme der Vena porta, und wenigstens bei Triton und Bufo auch in den Leberästen der Pfortader zu treffen sind, doch muss noch. ausgemittelt werden, ob diese Verhält- nisse auch während des Lebens vorkommen. Ad 2) frägt es sich, ob die blutkörperchenführenden Zellen schliess- lich sich auflösen oder in andere Elemente sich umwan- deln. Gedenkbar ist eine Umwandlung derselben in Pig- mentzellen oder in farblose Blutkügelchen (Lymphkügel- chen) möglich, doch in hohem Grade unwahrschein- lich eine solche in Parenchymzellen der Milz. Auf jeden Fall ist so viel sicher, dass unter gewissen, noch nicht genauer erforschten Verhältnissen die blutkörperchenhal- tenden Zellen der Milz in grösserer Zahl in schwarze und schwarzbraune Pigmenizellen sich umwandeln, sicher fer- ner , dass die Pigmeutzellen der Leber vieler Amphibien mit diesen Pigmentzellen der Milz grosse Aehnlichkeit haben, endlich ebenfalls gewiss, dass die ganz entfärbten blutkörperchenhaltenden Zellen oft, abgesehen von einer etwas bedeutenderen Grösse, von den Milzparenchymzel- len und den Lymphkörperchen des Blutes fast nicht zu unterscheiden sind. — So viel über die mieroscopischen Verhältnisse der Blutkörperchen der Milz und über die Muskulatur dieses Organes. Es ist klar, dass diese anatomischen Thatsa- — 15 — chen nicht ohne wichtige physiologische Bedeutung sind, und der Milz eine ganz andere Stellung im Organismus sichern, als man ihr bis anhin ziemlich allgemein, gestützt auf einige Experimente an Thieren und aus denselben gezogene, nicht schwer zu bestreitende Schlüsse, ange- wiesen hat; doch wird noch manche speciellere Kenntniss nöthig sein, bevor die Verrichtungen derselben ganz sich überschauen lassen. Für jetzt möchte Hr. K. nur so viel sagen, dass die Milz auf jeden Fall für das Leben des Blutes von grosser Wichtigkeit sein muss, nament- lich wenn sich ergeben sollte, dass sie das einzige Organ ist, in welchem die Blutkörperchen sich zerse- izen, was aus dem Grunde in bedeutendem Grade wahr- scheinlich ist, dass nach Hrn. K.’s und Anderer Erfah- rungen in keinem andern Organe des Körpers, namentlich nicht in der Thymus, Thyreoidea und Nebenniere, eine Auf- lösung derselben zu beobachten ist (die vorhin angeführ- ten Thatsachen über das Vorkommen von blutkörper- chenhaltenden Zellen in den Leberästen der Vena porta beweisen noch nicht, dass diese Zellen in der Leber entstanden sind, zumal da in der Leber von Fischen und Säugethieren von solchen Zellen nichts zu sehen ist), eine Annahme, die durch die pathologischen Erfahrungen über die bedeutende Theilnahme der Milz an den Krankheiten des Blutes nur unterstützt wird. Ueber die Ursachen, welche die Zersetzung eines Theiles der Blutkörperchen des Milzblutes bewirken, und über die nähern Verhält- nisse, welche dieselben begleiten, lässt sich für jetzt noch nicht viel mit Bestimmtheit sagen, doch scheint, wenig- stens für einmal, der Annahme, dass dieselbe unter nor- malen Verhältnissen vorzüglich während der Zeit vor sich gebe, in welcher durch den Chylus viele neue Stoffe und namentlich viele neue Zellen in’s Blut gelangen, nichts — 136 — entgegen zu stehen. Es liesse sich denken, dass die Milz in dieser Zeit, d. h. in der Regel ungefähr 5 Stunden und mehr nach der Aufnahme der Nahrung, in Folge einer Relaxation ihrer Muskelfasern, oder, wenn diese bei gewissen Thieren mangeln sollten, der contractilen Wandungen ihrer Gefässe so bedeutend mit Blut sich fülle, dass dasselbe in diesen oder jenen Theilen der feinsten Gefässe (in den Venenräumen z. B.) stocke und nun Lheilweise sich umändere, ähnlich extravasirtem oder pathologisch in Gefässen stockendem Blute, in welchem ebenfalls nach Hasse’s und Hrn. Kölliker’s Beobach- tungen an Tauben Zellen mit Blutkügelchen sich bilden, die, wie Ecker neulich bei ähnlichen Zellen der Schild- drüse, Hr. K. bei solchen der Schilddrüse, der Bron- chialdrüsen und der Lungen des Menschen gesehen ha- ben, in pigmentirte Zellen und nach Hrn. Kölliker selbst in farblose Zellen sich umwandeln. Ein Theil der durch Zersetzung der Blutkügelchen entstandenen Stoffe könnte dann namentlich beim Wiederauftreten einer Contraction der Muskelfasern in die Milzvene getrieben werden und an der Bereitung der Galle sich betheiligen (man denke nur an die Aehnlichkeit zwischen Hämatin und Gallenfarbstoff), ein anderer Theil (vielleicht auch unzersetztes Hämatin) von den zahlreichen Lymphge- fässen der Milz, vielleicht nach vorheriger durch die Milzzellen und Malpighischen Körperchen erlittener Um- wandlung, resorbirt und im Ductus thoracicus dem Chylus beigemischt werden. Bei dieser Annahme wür- den die zwei vorzüglichsten der jetzigen Theorien über die Funktion der Milz, welche ein trefflicher Kritiker, Giesker, in seiner Schrift über die Milz in einer pas- senden Verbindung als die wahrscheinlichsten aufgestellt hat, nämlich die, dass sie zur Bereitung des Chylus diene — 1371 — und eigenthümlich umändernd auf das Blut einwirke, durch die neuen, bier dargelegten anatomischen Thatsa- chen statt entkräftet, vollkommen unterstützt und im Ein- zelnen belegt. Hr. K. schliesst mit der Bitte, diese letztern Bemer- kungen von den zuerst mitgetheilten Thatsachen wohl zu unterscheiden, und dieselben für nicht mehr zu nehmen, als für das, als was sie gegeben werden, nämlich für Vermutbungen,, von denen erst die fernern Untersuchun- gen, mit denen er beschäftigt sei, zu zeigen haben, in- wiefern sie das Wahre enthalten oder nicht. Denjenigen, die selbst von den mitgetheilten Thatsachen sich über- zeugen wollen, empfiehlt derselbe die Milz des Schwei- nes und Hundes zur ersten Beobachtung der Muskelfa- sern, diejenige der Amphibien vor allen andern Thieren zur Erforschung der Veränderungen der Blutkörperchen. Hr. Ingenieur Denzler, über die geographische Lage von Zürich und einige physikalisch - geo- graphische Untersuchungen. Vorgelegt den 7. Juni 1847. 1} Geographische Lage von Zürich. Hr. Denzler theilt die folgenden Angaben .als die genauesten und zuverlässigsten mit: a) Die Polhöhe oder astronomische Breite der züurcherischen Sternwarte ist: nach Bestimmungen von Feer u. Horner = 470 22/30” nach Bestimmungen von Eschmann‘) . =47 22 30,3 zufolge der trigonometrischen Verbindung mit Strassburg”) . 2.0.0.0. =47 22 31,1 *) Ergebnisse der trigonom. Vermessungen in der Schweiz 1840. **) Ebendaselbst. — 138 — und derjenigen mit Genf (Plantamours neueste Beobachtungen‘) . . . „.=47 22 29,3 somit ist das Mittel der letztern zwei Bestimmungen (302) genau dem Mittel der unmittelbaren Beobach- tungen (30,15) gleich. b) Die östliche Länge von Paris wird gesetzt: von Feer und Horner’ . . . . 2. = 60 12 25% die trigonom. Verbindung mit Strass- Burg get) nr a erde diejenige mit Wien“). . Te IR Die Abweichung des Inzendindkrtschen Mittels 601 2/45,6 von der ersten Bestimmung ist 20,6 im Bogen oder 13/” in Zeit; sie ist so gering, dass es kaum 40 Sternwarten gibt, die sich einer genaueren astronomischen Län- genbestimmung rühmen können. c) Der Nullpunkt des alten Pegels beim Stadt- haus in Zürich liegt nach ältern barometrischen Beobach- tungen und Horner’s Berechnung derselben über dem Spiegel des mittelländischen Meeres 208',8 = 406”,9 (nach seiner mündlichen Mittheilungf) 1286 par. F., Station 33 par. Fuss über dem Nullpunkt des Pegels, eine An- gabe, die von derjenigen in den Mittheilungen der Beo- bachtungen der zürcher. naturforsch. Gesellschaft, ver- muthlich wegen Verwechslung der Stationshöhe, ziemlich abweicht). Nach den Beobachtungen der Gesellschaft (1837— 1841) und der Berechnung des Hrn. Denzler 208',1 =405”,6. Nach gleichzeitigen barometrischen Beobachtungen in Zürich und Genf vom Jahr 1830 und der Bestimmung *) Astronomische Nachrichten 1845. **) Ergebnisse u. s. w. ***) Ebendaselbst. +) Beobachtungen von 1827 — 31 im Archiv der Schweiz. Naturf. Gesellsch. — 139 — der Höhe Genfs durch direktes Nivellement bis zum Mit- telmeer*) . . 2.000 209,4 = 408” 1. Das Mittel ash ERRENOHEER ER Höhenbestimmungen ist also 208,8 oder 406”,9 über dem Meere. Die tri- gonometrischen Bestimmungen der HH. Eschmann und Denzler*) geben 208,7 = 406",7 als Erhebung über die Nordsee, welche mit dem Mittelmeer bei Marseille nothwendig gleiche geodätische Höhe hat. 2) Tägliche Schwankung des Barometers. Wie Horner nachgewiesen, ist die barometrische Höhenbestimmung von der Tageszeit abhängig. Herr Denzler zeigte nun, dass die Ursache davon in der Steigerung der Temperaturen durch die strahlende Wärme zu suchen sei**), indem die hieraus gefolgerten Werthe mit einer Menge von Beobachtungen aufs Befrie- digendste übereinstimmten. Jener Einfluss der strahlen- den Wärme ging namentlich auch aus der Prüfung der örtlichen täglichen und jährlichen Schwankungen hervor. So ergeben sich die folgenden Zahlen. Öscillation in Genf 1841.77) Thaupunkt. |Osecill. in Minim. Millim. Januar | — 09,58 C| +0,69 | Februar | + 0,01 C| + 0,87 Juni — 0,66 0,76 | März 1,13 1,28 I Juli — 1,5% 0,77 | April 0,31 0,90 August | — 0,27 1,15 | Mai 0,3% 1,15 October | — 2,18 0,62 | Septbr. 0,99 1,14 Novemb.| — 1,51 0,98 Dezemb. | — 1,42 0,51 Mittel | — 1,17 C| +0,78 | Mittel | + 0,57 C| + 1,07 Oseill. in Millim, Thaupunkt. _ Monat. Monat. Minim. *) Ergebnisse u. s. w. **) In dem zürcher. topograph. Archiv. ***) Abhaudl. üb. die terrestr. Refraktion (Manuscript). +) Bibl. univ. 140 Mittel: Thaupunkt - Minimum = — 00,44 C u. s. w., Mittel der Oscillaion = + 0""”,90, folglich entspricht -— 10°C einer Verminderung der Oscillation von 0"”,17 und + 1°C einer Vermehrung derselben von 0”", 17. Oscillation in Zürich 1836 — 43. *) Januar Februar März April Mai Juni mm +1,175 1,286 1,580 1,453 1,378 1,268 Juli August September October November Dezember mm mm + 1,126 |— 0,247 1,186 |— 0,157 1,351 + 0,008 1,279 |+ 0,045 0,993 + 0,209 | 0,926 |+ 0,028 Heitere Tage Trübe Tage mı mm Winter . + 1,141 —+ 0,017 Frühling 1,465 + 0,031 Sommer 1,193 — 0,190 Herbst . Ta + 0,096 Mittel aus 8 Jahren + 1,255 + 0.003 Mittlere Oscillation für 9% Morg. — 3° Nachmittags in Zürich = + 0"",788 = + 0,349 par. Fuss. Man sieht hieraus, dass die tägliche Schwankung ausschliesslich von der Witterung abhängt, indem sie bei trüber Wit- terung gleich Null, bei schöner Witterung hingegen sehr gross wird. 3) Terrestrische Refraktion. Wie sehr die trigonometrische Höbenbestimmung, be- sonders im Gebirgslande, von den räthselhaften Auoma- lien der terrestischen Refraktion bedingt wird, ist be- kannt. Eschmann wies auf eine Beziehung zur Lage *) Gedruckte Beobachtungen. . % der Sonne hin, und brachte durch eine sinnreiche und glückliche Anwendung derselben die schönen Ergebnisse der schweizerischen Höhenbestimmungen in Einklang mit den badischen *) und lombardischen **), von welchen sie nur noch um + 0”,97 und — 1”,7 abweichen. Hr. Denzler ermittelte dann durch Prüfung der Tralles’schen, in Neuenburg angestellten Refraktions- beobachtungen den genauen Zusammenhang der terre- strischen Refraktion mit der Tageszeit und der örtlichen Wärme, und erinnerte an die Art, wie die terrestrische Refraktion aus der astronomischen könne berechnet wer- den. “*) Die empirischen Formeln, welche für die Sta- tionen Schloss Neuenburg-Montblane die Beobachtungen von Tralles +) bis auf einen mittleren Fehler von 7,0 wiedergeben, sind die folgenden zwei: für die Morgenrefraktion 102616” + 3,5 14 R— t) » » Abendrefraktion 102547 +35 (14#R—t wobei die Entfernung 128750” beträgt, die Gesammt- refraktion auf 312,7 steigt und der Spielraum der Beo- bachtungen 125° umfasst. In den Fällen, wo die erforderlichen Angaben vor- handen waren, konnte mit Hülfe der genannten Gorrek- tion die Ungewissheit der Höhenbestimmungen mindestens auf 1/5. und wenn wenigstens einseitige Angabe vor- lagen, auf mindestens /ı, herabgebracht werden, wie eine Vergleichung der berechneten. und beobachteten Re- fraktionen für die Stationen Rigikulm und Scäsaplana, Döle, Chasseral, Höroli, Bachtel +7) ergab. *) Mündliche Mittheilung. **) Connaiss. des temps 1843. ***) Astron. Nachrichten v. Schumacher 1842. Nr. 452. p. 347 - 350. +) Math. Abhändl. der Berliner Akad. 180%—-7. ++) Archiv des zürch. topogr. Büreau. (Schluss folgt in Nr. 10.) Ri ER — 12 — Meteorologische Beobachtungen, ange- Luftdruck (bei 0°). 12 Uhr Morgen. | Mittag. |Nachmitt. 712,28 | 713,35 704,80 | 702,05 706,96 , 707,66 714,15 | 717,68 723,91 | 723,51 719,09 | 718,90 723,98 | 723,72 721,93 | 721,35 | 718,86 | 718,81 | 721,91 | 721,85 721,92 | 722,98 713,41 | 713,60 699,13 | 702,92 707,47 | 711,20 720,81 718,56 722,29 | 721,49 717,56 | 719,27 721,56 722,06 720,25 | 720,77 721,1% 719,20 722,62 | 723,55 723,04 | 722,82 442,34 Meter über Temperatur. 9 Uhr | 42 Uhr |3 Uh N ä i Minim. Maxim Morgen. | Mittag. | Nach. | 61|+ 74|+ 8,214 4,0+1,6|+9, 6,9 + +13,6+ 7,2)+ 2,5415 4,3 + + 6,5/+ 1,4 +41,4)+ 6 2,5 + 6,1/+4,2+02+0,2+ 6/1 5,5 + 8,0 /+8,3|+ 6,2] 0,314 9% 2,5 + + 8,6/+ 3,314 2,3)+ 98 53|+ 4,9|+5,3)+47+2,11+ 4 6,8 + +941+85+47+ N 82 + + 9,8] + 6,8 6,2 + + 5,8|+ 6,2 3,8/-F + 7,0)+ 4,9 9 Uhr Abend. 721,97 719,31 | 716,80 720,72 718,99 715,48 | 719,00 718,66 714,33 719,10 719,55 713,77 WA+ + 6,7)+ 6,8 6,7 +10,5 )+10,31+ 7,1 +12,2 +15,0,+10,2 TEL = 87',2) gesetzt ist. Daraus folgt für die Abnahme auf dem grossen Ocean: von 0—300N = 1°C auf 69‘ oder 13%” Höhe »„ 0-60 „u —=1, . 8 „166 ” „sr 60L- 90. SiaBiin een: aa © von 0— 31° S = 10C auf 64 oder 125” Höhe „ 0-69 ,„=1, ,„ 8 „ 158 ” „ 60 — Bu 1 „ 120 „ 234 „ Beobachtungen zwischen den Wendekreisen geben genau übereinstimmend 67' und unter 45° N. B. 85' Höhe für 10 C Wärmeabnahme. Um die Wärmeabnahme r aus den Barometer- ständen b b,, der Schwächung und der Intensität der Sonnenstrahlen zu berechnen, gibt Hr. Denzler für den Aequator die Formel: = 8%C (' Eh bi 2) 3b? wobei die Schwächung der Strahlen im Zenith zu %, angenommen wird. Diess gibt eine Abnahme von 10 G t t zwischen 0 und 250 Höhe, auf die Höhe von 74,5 au. DDR, » ».» 771 5 900. .., 250. , » » » 76,3 » 740 » 1000 » » » » 76,5 > 4000, 2000 °, n Di AD » 2000 ,„ 3000 „ » »..» 847 5) Wärmeabnahme in freier Luft. Herr Denzler versucht es zuerst auf einem Wege, dessen nähere Auseinandersetzung einer spätern Gelegen- heit vorbehalten werden muss, nach barometrischen Beo- bachtungen die Wärmeabnahme in der freien, von den Einflüssen des Bodens unabhängigen Luftsäule zu berech- nen. Er gelangt auf folgende Resultate. Für die Luftsäulen:: | 1830 . Galanda — Bevers. Bevers — Zürich *). j, 1930. sur 100° Höhe eine Abnahme. |Auf 100t Höhe eine Abnahme. 9% Morg.|12® Mitt.) 3® Nach. |9" Morg. | 12 Mitt. | 3® Nach. Aug. 1. |+00,85C+00,92C|+19,31 + 09,84. C) +0,90 C/+ 19,27€ „2 + 054 + 0,45 |+ 0,50 |+ 0,5% |+ 0,45 |+ 0,49 „3. |+ 0,47.) 0,00 |- 0,25 |+ 0,45 | 0,00 | 0,87 Für die Luftsäulen : 1830 | Bernhard- Weissenstein.| Weissenstein- Genf”). Auf 100! Höhe eine Abnahme. |Auf 100° Höhe eine Abnahme. 9" Morg. | 12" Mitt. | 3" Nach. | 9" Morg. | 12" Mitt. | 3" Nach. Januar |+19,21C)+2,13C + 19,91 C)+ 10,20C)+ 29,12 C)+ 19,92€ Februar | 0,46 0,53 0,81 0,43 0,72 0,95 1,31 1,48 1... 23334 1,40 1,61 2,39 1,27 1,40 477 1,22 1,39 1,72 1,05 1,00 | 12 1,08 0,98 1,16 1,37 1,65 2,11 1,38 1,61 2,0% | August 1,57 1,7 | 2337 1,49 1,67 2,25 Septbr. 1,66 2,08 2,24 | 1,6% 2,24 2,15 Novbr. 0,28 v,7! 1,13 0,28 0,71 1,08 | [Dezbr. | 1,10 | 19 | 13% | 113 | 196 | 1,81 Mittel: |+1%,13C + 10,40 C|+19,72C)+ 19,13 C|+ 1,43 C]+ 19,70C Die absolute Grösse der Abnahme ist wegen der nur beiläufig bekannten Höhenunterschiede sehr unsicher ; auf den Gang der Wärmeabnahme übt aber diese Unsi- cherheit keinen Einfluss aus. 6) Anziehung der Gebirge. Hr. Denzler macht endlich auf die Nothwendigkeit einer allgemeinen Berücksichtigung des Einflusses der *) Ergebnisse der trigon. Vermessung der Schweiz. **) Bibl. univ, und Archiv der schweiz. naturf. Gesellsch. — 148 — Gebirge bei geodätischen Arbeiten aufmerksam , indem ohne eine solche selbst übereinstimmende Ergebnisse nur als Annäherungen zu betrachten sein werden. Es geht diess aus einer vorläufigen Bearbeitung dieses Ge- genstandes, welche auf keine bedeutende Genauigkeit, wohl aber auf Massgeblichkeit Anspruch machen darf, deutlich hervor.*) So ergab sich aus dem Einflusse der Gebirge Mitteleuropa’s eine Ablenkung des Pendels von folgendem Betrage für die Sternwarten in: Zürich 12”,0 südl. ; 10",2 östl. od. 15”,8 Totalablenk. nach S 40° O Bern TER Ol SHOn Is » „ 5380 Genf 6,4 „ 0 LlL 3055 = ». Salr.o Mailand 12, I9nördl. 1, 3westl., 13,0 ,„ ni „ N6W Hierbei wird als anziehendes Gebirge die ganze Erd- masse gerechnet, von der Oberfläche bis zu dem verlän- gert gedachten Meeresspiegel. Welche Uebereinstimmung diese Gorrection in die Beobachtungen bringt, geht aus folgenden Beispielen hervor. Durch Triangulation wurde die nämliche Breite des Monte Legnone gefunden: von Mailand ausgehend = 4605’ 25’,0 *") eorrigirt = 46%5' 37",9 „ Bern h, ; — WG araasl? yurıy —=465 38,1 Ebenso erhielt man für Bern: von Mailand ausgehend = 46056’ 49°,0-+) corrig. = 46 57 1,1 durch astron. Beobachtung = 46 57 8,6 Ne er) Die von Zürich fortgepflanzten nur aus dem Polar- stern abgeleiteten Azimuthe weichen im Mittel 9,5 von den lombardischen westwärts ab; die Correclion setzt *) Mittheilungen an Herrn Etatsrath Schumacher in Altona, 1. Jan. 1846. **) Gonnaiss. des temps 1845. ***) Ergebnisse der trigon. Vermessung der Schweiz, Bern nach Henry, Deleros und Trechsel. +) Mesure d’an are du Meridien. T. II. = wa sie 8,4 östlicher, was den Fehler bis auf 11 ver- mindert. — Eine Vorstellung von der relativen Einwirkung ver- schiedener Gebirgsmassen liefert folgende Tabelle : Zürich Bern Genf Mailand Monttendre - Chasseralkeite Döle- Recubel Salevestock SO» To DS > w » - SO vv DB sem on | Seealpen BRETT BT 3,0 Hochfrankreich 050,9 Plateau und Languis BE6X:0,7 5, 0,3 Südlicher Jura 0322: 075 75/90, 15 Nördlicher Jura . er 1er 05 Vogesen PER EN IHRE RE IRR Wen. DIRT 97 Haardt und andsnicken RE; 297 :CoBRT | BEN KEET EL ı Bag: Twen ı DRRe: Fränkisch - Sächs. Gebirge 0,9 0,6 0,4 0,4 Schwarzwald und Alp 4,4 1,3 0,4 .0,3 Baar, Höh und Allgau 2,00, 0 Ar Böhm.-Schles.-Sächs.Geb. 0,5 0,4 0,2 0,3 Hochbaiern ı BIER: WON | VOR RUERr ı ER BEBSEN | DERR > Rhätien und Tirol a, Bir 0 Ostalpen WR Südapenninen 0425: 0,3 5:0 rs Nordapenninen 1" RR: TOBEEN ı TERR: DRBIG | SSHn Pr Bar: ITan | Rigi - Rossberg 156250,145.,0,0 20 Dödistock . ; 3.,8.5:0.594=:0.9. 501.35 Appenzellergebirge . 0,9 0,1 0,0. 0,1 Gotthard - Adularstock . 2:0 52 rer Monte - Rosastock 1;; DB. dd 12, Finsteraarhornstock x 3.640517 1.40%,08 Strubel-Diableretstock 0, . IR. VO 63 Napfkette . 0 j D Mr 0 1:8 ...0,'1 0 3,5 0,0 0 0,0 I ” -_ . “ - — 10 — Zürich Bern‘ Genf Mailand Kaucieny . 3 as ER 0,1 Montblanestock ... . . 0,471,0 3,8 0,5 Auch hier sind die Bergmassen bis auf das Niveau des Meeres gerechnet. J. M. Kohler, über den Weinbau am Zürichsee. Vorgetragen den 3. Mai 1847. Der Weinbau ist am Zürichsee weitaus die wichtigste Kulturart, und wo irgend nur etwas günstige Verhält- nisse für denselben sich zusammenfinden, ist die Rebe angesiedelt. Links und rechts, an den Abhängen beider Ufer, und selbst in der Ebene, treffen wir Weinberge, und namentlich auf dem rechten Seeufer bildet der mehr oder weniger nach Süden geneigte Abhang der Pfannen- stielkelte, von Zürich bis Rappersweil, einen fast un- unterbrochenen Weingarten, der seine obere Grenze über 2000 Fuss absolute Höhe hinaus erstreckt. Die Weinbauverhältnisse am See sind eigener Art. Während an vielen andern Orten die Rebe überall da, wo andere Kulturen gedeihen können, verdrängt wird, und man an den nur für den Rebbau geeigneten Lokalitäten blos auf Qualität, d. i. auf Erzielung eines möglichst edlen Produktes hinwirkt, sehen wir hier die Rebe eher ihren Verbreitungsbezirk er wei- tern, und finden, dass in der Regel weit mehr die Quantität in Betracht kommt. Diese Eigenthümlichkeiten beruhen natürlich auf be- sondern Lokalverhältnissen, auf die wir im Folgenden nur kurz hinweisen wollen: — 114 — 1. Erzeugt man bei uns auf einer gegebenen Fläche eine ungeheure Menge Wein. Im J. 1834 gab es Juchar- ten, die 75 bis 100 Eimer Most ertrugen. 40, 50 und 60 Eimer, als Erträgniss einer Juchart, kommen nicht gar selten vor. 2. Treffen unsere Seegegenden nur äusserst selten gänzliche Fehljahre, denn a. Winterfröste, die namhaften Schaden anrichten, sind eben so selten, wie Frühlingsfröste; b. Rebenstecher, und andere den Weintrauben ge- fährliche Feinde kommen selten in lästiger Menge vor; auch Rebenkrankheiten suchen die hiesigen Gegenden nur selten heim; e. Gewitter mit Hagelschlag, die öfters vorkommen, treffen meist nur kleinere Reviere. So hat man denn alljährlich einen ziemlich sicheren Ertrag, um so mehr, da 3. der Verbrauch gerade von gemeineren Weinen ungeheuer ist. Der ärmere Weinbauer kann darum fast in allen Fällen gleich im Herbste seinen Segen an den Mann bringen, auch wenn der Wein, wie diess oft vor- kommt, nicht ganz reif geworden sein sollte. Eben das ist eigenthümlich in unserm Weinkonsum, dass er meist schlechte saure Weine triff. So findet der i845ger gegenwärlig seine Käufer, wenngleich der weit bessere 1846ger um verhältnissmässig geringern Preis erhält- lich ist. Diese eigenthümlichen Verhältnisse üben auf den hie- sigen Rebensatz entschiedenen Einfluss, so dass wir nur sehr fruchtbare Rebensorten in grösserer Verbreitung finden. Unter allen nimmt den ersten Rang ein: der weisse Räuschling (s. Wälsche Rebe, Fremde Rebe, Thuner Rebe). — Dieser Räuschling besitzt nebst seiner — 12 — ungemeinen Fruchtbarkeit noch gar mancherlei Vorzüge für unsere Gegend. Als starktriebige Rebsorte erträgt er die wohlgedüngten Rebfelder am See gut; er ist in der Blüthe sehr dauerhaft, die Trauben reifen frühzeitig, und weil die Sorte überhaupt zu den frühen gehört, reift fast alljährlich das Holz gut aus und erträgt die Winterkälte meist ohne Schaden. 40 — 50 Jahre dauert ein mit Räuschlingen bestockter Weinberg aus, was bei der sehr starken Düngung viel heissen will; jedoch ist es besser, die Verjüngung schon nach Verfluss von 25 — 30 Jahren eintreten zu lassen. Die beiden Hauptfehler dieser Rebe bestehen darin, dass die linden Trauben- beeren grosse Neigung zum Platzen und zum Faulen, und der juuge Most Neigung zum Lindwerden zeigt‘). Durch schwächere Düngung und rechtzeitig vorgenom- menes Äuslichten des Rebstockes könnte ersterem Feh- ler ohne Zweifel bedeutend entgegengewirkt werden; dem letzteren aber durch’s Entschleimen, oder noch na- türlicher durch Klävnerträsch, das dem Weine ohnehin eine angenehme Farbe verleiht. Baut man auf die eine oder andere Weise diesen Mängeln des Räuschlings vor, so haben wir für unsere Gegend und unsere Verbhält- nisse eine Rebsorte, die nichts zu wünschen übrig lässt, und die erst dann Konkurrenz oder gar Verdrängung zu befürchten haben wird, wenn unsere Weinbau- mit den Weinkonsum - Verhältnissen sich gänzlich umgestalten, *) Dass der Wein des Räuschlings nicht haltbar sei, wie dies von manchen Seiten her behauptet wird, stimmt durchaus nicht mit der Ansicht unserer tüch!igsten und erfahrensten Weinprodu- zenten überein. Für unsere Verhältnisse wäre dies übrigens gar kein fühlbarer Mangel, da der hier erzeugte Wein immer schnell weggetrunken wird. _- IB — oder wenn ganz andere, bisher noch nicht gekannte, Weinvarietäten eingeführt werden sollten. Wir sind überzeugt, dass jeder Weinbauer am See, der den Räuschling kultivirt, grössere Prozente aus seinen Reben zieht, als jeder Andere, der durch edleres Gewächs mit Rücksicht auf Qualität des Erzeugnisses ganz Vorzüg- liches leistet. -—- Von weissen Trauben sehen wir aus- ser dem Räuschling noch 1) den weissen Welschries- ling, 2) den weissen Klävner, 3) den weissen Heunisch (Kurzstieler), 4) den weissen Muskateller und 5) den weissen Gutedel in unsern Rebbergen. 2, 3 und 4 sind ohne alle Bedeutung; 2 und 4 mehr nur als Raritäten in hiesigen Weingärten und 3 verschwindet zu gutem Glücke immer mehr. — Der Welschriesling dagegen (Züriehtraube) ist am rechten Orte unstreitig eine der vor- züglichsten Rebsorten, aber für unsere Lage in den meisten Jahrgängen zu spät reifend. Gleichwol findet man in manchen Gemeinden am rechten Seeufer ganze Kammern und ganze Jucharten mit dieser Rebe bestockt, und gewinnt dann auch in guten Jahrgäugen ein vor- zügliches Produkt, das sich übrigens immer erst mit dem Alter entwickelt. Vereinzelt findet sich der Welsch- riesling fast in allen Weinbergen, da sein Most anderem zum Lindwerden geneigten Moste Frische und Dauer verleiht. — Seit neuerer Zeit verbreitet sich immer mehr der weisse Gutedel (Dachtraube, weisser Elsasser, Schenkenberger, Chasselas blane ou vert) in unsern Weinbergen. Er ist, wie alle Chasselas, durch Frucht- barkeit, durch früh reifende, sehr süsse, nicht leicht faulende Trauben vortheilhaft ausgezeichnet, und würde ohne seine Empfindlichkeit in der Blüthe unstreitig dem Räuschling in mehr als einer Hinsicht vorzuziehen sein. Dasselbe gilt auch von seinem nächsten Verwandten, dem — 14 — rotben Gutedel (Chasselas rouge, rother Klsasser, Tra- mündler), den man ebenfalls nicht selten in Weinbergen trifft, und den man hier dem vorigen noch vorzieht. Die an den Gelenken der Gescheine sich oft übermässig entwickelnden Wickelranken (Krangel) müssen bei den Gutedeln bei Zeiten weggenommen werden, weil sonst leicht Verkümmerung der Traube erfolgt. Der Krach- most (Chasselas eroquant) ist hier noch wenig einge- führt, dürfte aber bei näherer Bekanntschaft den vori- gen, wenigstens im Weinberge, übertreffen. Der frühe Gutedel (Chasselas precoce; Fendant blanc) war schon einige Jahre so voll mit den schönsten Trauben behan- gen, dass seine Kultur weitere Ausdehnung finden möchte. Von blauen Traubensorten finden sich in den Wein- bergen am See: I. Der Blau-Klävner, und dessen Bruder, der Ru- länder. 2. Der blaue Trollinger (Bacharacher). 3. Der blaue Gänsfüssler (Erlenbacher, grossrothe R.). 4. Der blaue und schwarze Muskateller. 5. Der blaue Scheuchner {Urner). 2, 3, 4 und 5 sind nur zerstreut in den Weinbergen und verdienen, weil sie entweder in unser Klima nicht passen, wie 2 und 4, oder weil ihr Erzeugniss ein. sehr schlechtes ist, wie von 3 und 5, ganz aus unsern Wein- bergen ausgerottet zu werden. 3 ist freilich so uner- messlich fruchtbar, dass es bei den hiesigen Weinbau- verhältnissen mit seiner gänzlichen Verdrängung nicht gar schnell gehen wird. Der Blau-Klävner nimmt nur in den Besitzungen der reichen Weinproduzenten ganze Fache ein, kommt jedoch sporadisch fast in allen Weinbergen vor, weil = Me man weiss, dass sein Most mit Rücksicht auf Färbung und Frische des weissen Mostes den lohnendsten Einfluss übt. Wenn das Erzeugniss des Blau - Klävners das des Räuschlings, namentlich in guten Jahren, weit übertrifft, so darf doch angenommen werden, es sei das Erträgniss eines Rebberges mit Räuschlingen bedeutend grösser, als das eines Rebfeldes mit Klävnern. Denn nehmen wir den Mittelertrag einer Juchart mit Räuschlingen zu 30 E. an, so dürfen wir den einer Juchart mit Klävnern nicht höher, als zu 12— i4 Eimer anschlagen, es wäre denn, man lade der Klävnerrebe allzu stark auf, bei welchem Verfahren aber natürlich ein nur mittelmässiges Erzeug- niss gewonnen wird. Der Ruländer {Rothklävner, Mosier, Musler) ist nicht häufig zu treffen, liefert noch etwas mehr Trauben, als der Blau-Klävner, und zeitigt auch seine Trauben frühzeitiger. Beide Klävner, so wie auch die ihnen ganz nahe stehenden blauen Trauben- sorten: der blaue Arbst, und das Möhrchen, die im Weinlande da und dort unter den Blau-Klävnern vor- kommen, und nicht besonders unterschieden werden, liefern den besten rothen Wein. Ganz vorzüglich eignen sich ihre Trauben auch zur Bereitung von Schaumweinen, wie wir diess nach kleinen Versuchen, die wir im letzten Herbste anstellten, bezeugen können. Noch erwähnen wir schliesslich einer blauen Trauben- sorte, die noch wenig gekannt ist, die aber ohne Zwei- fel späterbin sehr beachtungswerth erscheinen dürfte, nämlich der Vitis labrusca, erste Varietät: blaue Kap- traube (Arkansastraube, Meulon, Blanc cape, Ischia). Diese Rebe ist erst seit wenigen Jahren am See einge- führt, wurde bisher zur Bekleidung von Wänden und Mauern mit bestem Erfolge angepflanzt, fand jedoch nur als ausgezeichnete Tafeltraube ihre Verwendung. Das — b6 — ungemein rasche Wachsthum, die ausserordentliche Frucht- barkeit, welche die Rebe, ohne verlegt worden zu sein, entwickelt, die würzigen, äusserst haltbaren Trauben würden diese Rebensorte, abgesehen von ihrer ausser- gewöhnlichen Schönheit als Dekorationsgewächs, hinläng- lich für allgemeinere Anzucht in oben ange’euteter Weise empfehlen. Nun kommt aber noch hinzu, dass der Saft dieser Traube, gemischt mit dem des Klävners, ein in jeder Hinsicht ausgezeichnetes Product liefert. Für sich ist der Wein dieser Kebe ungewöhnlich süss, und er- innert an die spanischen Weine. Zum Färben weisser Weine, wozu die Ischiatraube sonst auch schon empfoh- len wurde, eignet sich dieselbe jedoch nicht. Nach un- seren bisherigen Erfahrungen verdient diese Rebsorte überall an Spalieren gezogen zu werden, um aus deren Trauben und denen des Blau-Klävners, oder einer andern guten Rebsorte, einen Festtirunk zu bereiten. In die Hebberge wird sich diese Sorte, nach den bisher üblichen Eirziehungsarten nicht eignen, da sie viel zu starkwüchsig ist. In Nordamerika wird von dieser, wahrscheinlich von dort stammenden Traubensorte, ein guter rother Wein gewonnen. Werner Steinlin, über die Entwicklung der Graaf’sechen Follikel und Eier der Säugethiere. Mitgetheilt den 21. Juni. Auf das Studium der Entwicklung der Graaf’schen Follikel und Eier wurde man hauptsächlich geführt durch die Frage, als was das Ei und seine Theile anzusehen seien, ob man dasselbe für eine Urzelle halten dürfe wie R. Wagner und Andere, oder aber, ob Dotter — 157 — und Dotterhaut nur ÜUmlagerungsbildungen um das Keimbläschen darstellen, wie Valentin und Henle glauben. Die bisherigen Untersuchungen reichten aber nicht hin, diese Frage vollkommen zu entscheiden, weil eben die Entwicklung des Eies und seiner Theile nicht von Stufe zu Stufe verfolgt worden war, und man die Schlüsse nur auf Wahrscheinlichkeiten, nicht auf genaue Beobachtungen bauen konnte. Obgleich Purkinje und von Bär, die Eutdecker des Keimbläschens, schon die Ansicht äusserten, dass dieses Bläschen der zuerst gebildete Theil des Eies sein möchte, und R. Wagner durch seine Beobachtungen über die Bildung der Eier in den röhrenförmigen Eierstöcken der Insekten diese Ansicht bestätigte, so ist man doch noch nicht berech- tigt, dieses Verhalten für alle Thierklassen anzunehmen, besonders so lange man nicht auchdie Entwicklung der Graaf- schen Bläschen und Eier der Säugethiere kennt. Diese zu er- forschen, haben sich schon Valentin, Barry u. Bischoff bemüht. Die Untersuchungen Valentin’s beziehen sich mehr auf die Zeit des ersten Auftretens der Graaf’schen Follikel und deren Grössenverhältnisse, als auf die hi- stologische Entwicklung derselben, während Barry Schritt für Schritt die Entwicklung der Graaf’schen Bläschen und Eier zu verfolgen suchte und zu interessanten Re- sultaten gelangte, jedoch lassen diese Untersuchungen noch manches unbeachtet, was von Wichtigkeit sein möchte. Bischoff widerspricht den beiden ersteren in manchen Punkten, seine Untersuchungen sind aber we- niger umfassend, als die von Barry und ebenfalls noch nicht erschöpfend. — Ich kannte nur die Untersuchungen von Valentin und Bischoff, und war mit Barry’s Arbeiten nur durch deren Referat bekannt, durfte daher — 158 — hoffen, durch neue Untersuchungen über die Entwicklung der Graaf’schen Follikel und Eier auch bestimmtere Re- sultate zu erhalten. Erst am Schlusse meiner ÜUnter- suchungen hatte ich Gelegenheit, die Originalarbeit Bar- ry’s zu studiren, und fand, dass die meinigen vieles Uebereinstimmende, aber auch manches Abweichende enthalten, so dass ich es vorziehe, die Resultate meiner Untersuchungen im Zusammenhange mitzulheilen und nicht nur das Neue und das Abweichende zu beschreiben, besonders da es sich leicht ergeben wird, welche Punkte meiner Untersuchungen die Beobachtungen Barry’s be- stätigen, welche andere dagegen zu abweichenden An: sichten führen. Die Untersuchungen wurden vorgenommen an Ovarien von Menschen, jungen Kühen, Kälbern, Schweinen, Hunden, Katzen und Kaninchen. Ich benutzte dabei ein Plössl’sches Mikroskop. Die Ovarien von Embryonen bestehen nur aus Zellen, die sich von den Bi!dungszellen anderer Organe in keiner Weise unterscheiden. Die Membran dieser Zellen ist äusserst zart, nur bei genauer Einstellung des Mikro- skops sichtbar; ihr Inhalt besteht aus einer hellen Flüs- sigkeit, in welcher feine Körnchen suspendirt sind; wie bei allen jungen Zellen ist der Kern sehr gross, scharf konturirt und besitzt neben einem granulirten Inhalt ein durchsichtiges Kernkörperchen. Der Durchmesser der Zellen beträgt 0,006 — 0,009, der des Kernes 0,003‘ —0,005°. Ich hatte leider nur Gelegenheit, Eierstöcke von Hunden-, Katzen- und Kaninchenfötus zu unter- suchen, fand aber im Wesentlichen die gleiche Beschaffen- heit und die gleichen Grössenverhältnisse. — Schon bei neugebornen Thieren und Menschen finden sich zwischen den Zellen der Ovarien Fasern eingestreut, ‚die sich mit — #1 dem Alter des Thieres sehr vermehren, jetzt ‘aber den Zellen an Zahl nach weit untergeordnet sind. Sie ent- stehen aus den, das Ovarium ursprünglich zusammen- setzenden Zellen dadurch, dass einzelne derselben sehr in die Länge wachsen und, wie es scheint, unmittelbar in eine einfache Faser übergehen. Zerspaltung der Zellen, wie sie bei der Bildung des Zellgewebes sonst beobach- tet wird, habe ich an diesen Zellen nie beobachtet. Die nicht auf solche Weise metamorphosirten Zellen zeigen in diesem Stadium eine grössere Verschiedenheit in Struktur- und Grössenverhältnissen. Die Durchmesser variiren zwischen 0,005‘ und 0,013”. Es lassen sich nur drei Arten von Zellen unterscheiden: . 1) Kleinere Zellen von oben beschriebener Beschaffen- heit, welche weitaus die Mehrzahl bilden. 2) Grössere Zellen von 0,009 — 0,013, mit deut- lich granulirtem Inhalt, in welchem oft 2-4 kerne oder eben so viele Tochterzellen sichtbar sind. 3) Zellen von der nämlichen Grösse, wie die letztern, aber nicht granulirt, sondern wasserhell, konstant nur einen Kern mit Kernkörperchen zeigend. Diese sind weilaus seltener, als die übrigen Zellen, lassen sich aber an ihren scharfen Konturen und dem wasserhellen :Inhalt leicht erkennen. Untersucht man die Metamorphose die- ser Zellen, so sieht man, dass die Zellen der zweiten Art sich durch endogene Bildung vermehren und Tochter- zellen bilden, welche den Zellen der ersten Art durch- aus gleich sind, somit die Mutterzellen derselben dar- stellen, während die zuletzt angeführten Zellen auf ihrer Entwicklungsstufe verharren und sich in keiner Beziehung verändern. Untersucht man die Zellen in ihrer Verbin- dung unter einander, also in einem feinen Schnitte aus dem Ovarium, so findet man, dass sich kleine Gruppen — 4160 ° — von Zellen durch dunklere Färbung auszeichnen , welche Färbung jedoch nicht in verschiedenem Inhalte der Zellen ihren Grund findet, sondern dadurch hervorgebracht wird, dass diese Zellen inniger mit einander verbunden sind und ein Häufchen bilden, welches sich mit etwas Sorgfalt isoliren lässt. Komprimirt man ein solches Zellenhäufchen, so zeigt sich, dass in der Mitte dessel- ben, gleichsam als Kern, eine grosse Zelle mit durch- sichtigem Inhalt, deutlichem Kern und Kernkörperchen eingeschlossen wird, wie ich sie unter der dritten Art beschrieben habe. Dieses ist die erste Anlage für das Graaf’sche Bläs- chen. Man ist aber nicht häufig so glücklich, dieses Stadium der Entwicklung beobachten zu können, da es sehr rasch in das spätere übergeht, welches darin be- steht, dass sich eine strukturlose Membran (Barry’s Ovisac) um das Zellenhäufchen herum bildet. Diese Membran entsteht nicht durch Verschmelzung von Zellen, sondern ist wahrscheinlich Produkt einer eigenthümlichen Sekre- tion der von ihr eingeschlossenen Zellen, denn zuerst zeigt sie sich nur als scharfe Begrenzung des Zellen- häufchens und erst später wird sie deutlich als Membran erkennbar, indem sie, erst ‘eine feine Linie, nun an Dicke zunimmt, und endlich doppelte Konturen zeigt. In ihrer vollkommenen Entwicklung erreicht diese Membran ‚einen Durchmesser von 0,0004 — 0,0006”. Mit dem Auf- treten dieser strukturlosen Haut ist zuerst ein geschlos- sener Follikel gegeben; da diese Membran übrigens, wie . wir später sehen werden, nur ein vorübergehendes Ge- bilde ist und nicht unmittelbar in die spätere Hülle des Graaf’schen Bläschens übergeht, so ist dem Follikel in diesem Stadium der Entwicklung nur die Bedeutung ci- nes Primordialfollikels zu geben. (Schluss folgt in Nr. 11.) MITTHEILUNGEN NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. oN® . Te August 1847. _ Werner Sieinlin, über die Entwicklung der Graaf’schen Follikel und Eier der Säugethiere. (Sehluss.) Durch Aufnahme von Flüssigkeit wird das nun ge- bildete Bläschen ausgedehnt, die Zellen legen sich längs der Membran an, so dass nur eine Schicht von Zellen die innere Fläche der structurlosen Membran auskleidet, wodurch das Ganze heller, durchsichtiger wird. Es bedarf nun keiner Präparation mehr, höchstens einer leisen Gompression, um die helle CGentralzelle, das spätere Keimbläschen, zu sehen, indem dasselbe deutlich hindurch scheint. Während sich nun im Innern des Follikels die der Membran anliegenden Zellen durch endogene Zellenbil- dung vermehren, indem in den einzelnen Zellen sich zwei oder mehr Tochterzellen entwickeln, so dass’ nach und nach mehrere Schichten von Zellen der Membran anliegen, erhält der Follikel von Aussen noch eine zweite Hülle, welche dadurch entsteht, dass die der struktur- losen Haut von Aussen anliegenden Zellen des Eierstocks sich verlängern und kurze, leicht geschlängelte, Fasern bilden, welche sich der Haut des Primordialfollikels eng anlegen. Dieser Prozess geht immer weiter, bis endlich eine Faserhaut von ziemlich ansehnlicher Dicke entstan- den is. Während der Entwicklung dieser Faserhaut verschwindet die sirukturlose Haut. Im ausgebildeten — 162 — Follikel konnte ich wenigstens keine Spur derselben mehr entdecken, während sie in der Zeit der Entstehung der Faserhaut noch leicht nachzuweisen ist. Der Folli- kel zeigt nun keine weitern Veränderungen mehr, als die des Wachsthums, wobei die Zellen im Innern des- selben, die die Membrana granulosa bilden, an Zahl be- deutend zunehmen. Während sich auf die angegebene Weise die eigent- liche Hülle des Graaf’schen Follikels bildet, beginnt die Entwicklung des Eies, die ebenfalls, wie die Bildung des Follikels, von der Centralzelle ausgeht, welche sich nun als Keimbläschen des Eies geltend macht. Als erste Anlage für den Dotter treten, um das Keimbläschen herum gelagert, einige Fetttröpfchen auf, die sich nach und nach mehren. Dieses Fett entsteht aus dem flüs- sigen Inhalte der Graaf’schen Bläschen, nicht etwa in den Zellen der Membrana granulosa, denn nie konnte ich bemerken, dass auch nur in einer dieser Zellen ein Fetttropfen gewesen wäre. Bei Schweinen, Katzen und Hunden sind diese Fetttröpfchen ziemlich gross, während sie beim Menschen, Rind und Kaninchen viel kleiner bleiben und nie zu grössern Tropfen zusammenlliessen. Haben sich nun eine Zahl solcher Fetttröpfchen um das Keimbläschen angehäuft, so bildet sich eine ganz zarle, strukturlose Membran um dieselben, die sich zuerst als äusserst feine Linie kundgibt, später etwas an Dicke zu- nimmt, doppelte Konturen zeigt und endlich einen brei- ten Hof um die nun zahlreich gewordenen und dicht gedrängten Dotterkörnchen bildet. Zuerst ist diese Haut ungemein zerreisslich, so dass man durch die feinste Präparation nicht im Stande ist, das Ei zu isoliren; später gewinnt sie aber sehr an Festigkeit und erreicht einen hohen Grad von Elasticität, so dass es schon eines — 1695 — ziemlichen Druckes bedarf, um sie zu sprengen. Es unterliegt also nach diesen Untersuchungen keinem Zweifel, dass die Zona pellucida nicht aus Zeilen zusam- mengesetzt wird, sondern ursprünglich als strukturlose Haut auftritt. Kine besondere Dotterhaut ausser der Zona pellucida konnte ich in keinem Stadium der Ent- wickelung entdecken. Mit der Bildung der Zona ist die Bildung des Eies vollendet, es zeigen sich mit Ausnahme des Wachsthums keine weiteren Veränderungen mehr, da das sogenannte Reilwerden der Eier nur eine Volum- und Massenzunahme der einzelnen Theile des Eies ist, nicht aber auf einer Veränderung der Form "oder des Charakters der einzelnen Theile beruht. Anders verhält es sich mit den Theilen des Graaf’schen Follikels, dessen Inhalt namentlich wesentliche Veränderungen zeigt; ich meine damit sowohl den flüssigen Inhalt, als namentlich die Zellen der Membrana granulosa. , Es sind diese Ver- änderungen aber so allgemein bekannt, dass es über- flüssig ist, sie hier zu beschreiben. Es ist jedoch in Hinsicht auf Lagerung des Eies im Graaf’schen Follikel zu bemerken, dass das Ei bis zur Bildung der Zona pellucida, immer so ziemlich in der Mitte des Bläschens liegt und erst an die Peripherie ge- langt, wenn die Zellen der Membrana granulosa bedeu- tend zu wuchern beginnen, in welcher Zeit dann zu- gleich eine nicht geringe Menge von Flüssigkeit in den Follikel aufgenommen wird. Auf welche Weise diese starke Vermehrung der Zellen, oder die Aufnahme von Flüssigkeit das Weichen des Eies aus dem Centrum des Bläschens bedingt, wage ich nicht zu entscheiden. Man hatte früher die Ansicht, dass schon bei der ersten Entstehung der Ovarien alle Eier für die ganze Lebensperiode zugleich gebildet werden, nur früher oder — 164 — später zu ihrer Reife gelangen. Als man nun aber Be- rechnungen anstellte, wie viele Eier in einer Lebens- periode zu Grunde gehen, oder zu neuen Individuen sich entwickeln, und die gefundene Zahl mit der Menge von Eiern, welche in einem Ovarium gefunden werden, verglich, da musste man die Unwahrscheinlichkeit einer solchen Ansicht einsehen und die Meinung gewinnen, dass die Eier immer wieder neu gebildet werden. Ich habe nun versucht, diese Hypothese durch Beobach- tungen zu konstatiren und wirklich gefunden, dass die oben beschriebene Entwickelung der Graaf’schen Bläschen und Eier nicht allein auf die Zeit vor der Geschlechts- reife beschränkt ist, sondern auch bei ältern Thieren, die selbst mehrere Mal geboren haben, als Neubildung in eben dem Masse und auf dieselbe Weise wie bei jungen Thieren vorkommt. Diese Neubildung scheint sich so lange zu erhalten, als die Fruchtbarkeit des Thieres besteht. Die Strukturverbältnisse der Eierstöcke älterer Thiere Thiere jedoch, die Menge von Fasern, welche solche Ovarien durchziehen, die Masse pathologischer Producte, welche theils durch pathologische Veränderungen der Graaf'schen Follikel selbst, theils durch verschiedene Congestions- und Entzündungsstände der Eierstöcke, hauptsächlich aber durch die Bildung der gelben Körper in die Ovarien abgelagert werden, erschweren die Un- tersuchung der feineren Theile so sehr, dass es mir nicht gelungen ist, mit Bestimmtheit die erste Entwickelung der Keimbläschen nachzuweisen. Ich habe zwar viele Zellen, welche für Keimbläschen hätten erklärt werden können, vereinzelt in dem Strome der Eierstöcke Er- wachsener gefunden, wage jedoch nicht zu entschei- den, ob einzelne derselben wirklich als isolirte Keim- - Ws bläschen angesehen werden dürfen, besonders da ich bei dem bei weitem grössern Theile dieser Zellen nachwei- sen konnte, dass sie Produkte der erwähnten patho- logischen Veränderungen in den Ovarien waren. Ich war daher nur im Stande, die Bildung der Graaf’schen Follikel und Eier bei älteren Thieren von dem Sta- dium der Entwickelung an zu verfolger,, in welchen schon die strukturlose Haut, zwar noch als ganz zarte Linie, das Zellenhäufchen mit dem Keimbläschen umzog. Die weitere Bildung der Theile des Graaf’schen Follikels, so- wie der Eier ist ganz dieselbe, wie ich sie oben von den jüngern Thieren beschrieben habe. Diese Neubildung Graaf’scher Follikel und Eier bei älteren Thieren habe ich beobachtet bei Kühen, Schwei- nen, Hunden, Katzen und Kaninchen. Beim Menschen konnte ich sie nie beobachten, was wohl dem Umstande zuzuschreiben ist, dass ich nie Gelegenheit hatte, Ova- rien von gesunden, kräftigen Individuen, wie z. B. von Seibstmörderinnen , zu untersuchen, sondern eben darauf angewiesen war, die Leichen solcher zu untersuchen, die erst nach heftigen Krankheiten oder langem Kranken- lager im Spitale gestorben waren, bei denen wohl kaum noch an irgend eine Neubildung zu denken war. Durch meine bisherigen Untersuchungen bin ich zu . dem Schlusse gelangt, dass wahrscheinlich die Neubil- dung Graaf’scher Follikel und Eier bei älteren Thieren sich an die Brunst (Menstruation) hält. Ich beobachtete sie nämlich nur an Thieren, bei welchen entweder die Brunst gerade vorhanden war (Katzen und Kaninchen), oder bei welchen ich frische CGorpora lutea traf ohne Trächtigkeit, also etwas nach der Brunst (Kühe, Schweine, Hunde, Katzen und Kaninchen), oder end- lich während der früheren Perioden der Trächtigkeit — I = und bis etwas über die Mitte derselben (Hunde, Katzen und Kaninchen); zu andern Zeiten fand. ich diese Neu- - bildung nicht; es zeigten. sich wohl zuweilen ‘auch un- ausgebildete Follikel und Eier, aber diese ‘waren. aus den späteren Stadien der Entwickelung, der. vollkom- menen ‚Entwickelung schon ganz nahe. Mögen um- fassendere Untersuchungen, als ich sie anstellen konnte, dieses Verhalten als konstantes nachweisen. Zugleich kann ich die Resultate früherer Untersuchungen von Barry von der Entwickelung dieser Theile von der Geburt an bis zur Geschlechtsreife bestätigen. Diese Untersuchungen zeigen also wieder auf’s Neue, dass das Keimbläschen der wichtigste Theil für die Ent- wickelung des Eies ist; von ihm geht die Entwickelung des Graaf’schen Follikels aus, von ihm die Bildung des Eies. Es ist der zuerst gebildete Theil nicht nur des Eies, sondern auch des Graaf’schen Follikels. Wir haben demnach eine schöne Analogie in der Entwickelung des Eies und seiner Hülle bei den Insekten und den Säuge- thieren. Bei beiden ist das Keimbläschen zuerst gebil- det, um dieses herum lagern sich Dotterkörnchen und erst zuletzt die Dotterhautl. Ohne Zweifel wird sich diese Reihenfolge der Entstehung bei allen Thieren nach- weisen lassen. Wie man den Zellenkernen eine gewisse Anziehungskraft zuschreibt, vermöge welcher die festeren Bestandtheile eines Bläschens sich um dieselben berum- lagern und von einer Membran umschlossen werden, so scheint auch hier das Keimbläschen eine ähnliche Wir- kung auszuüben auf die Zellen des Ovariums, welche es zu einer innigen Verbindung um dasselbe anregt. Dieses Verhalten möchte vielleicht für diejenigen spre- chen, welche das Keimbläschen für einen Kern halten. Nach den oben mitgetheilten Untersuchungen jedoch, — 197 — welche mich bei den jüngsten Keimbläschen ‘noch einen in den Keimfleck eingeschlossenen festen Körper er- kennen liessen, halte ich mich für berechtigt, das Keim- bläschen für eine Zelle zu erklären. Es ist wenigstens allgemein angenommen, dass ein Bläschen mit deutlichem Kern, der in seiner Mitte noch ein zweites Körperchen einschliesst, in die Klasse der Zellen einzureihen sei. Es ist zwar in neuester Zeit das Gesetz aufgestellt worden, dass alle drei Theile, Zelle, Kern und Kern- körperchen Bläschen seien. Es mag dies in vielen, vielleicht in den meisten Fällen nachzuweisen sein; in einer grossen Zahl von Fällen aber nicht, besonders da wo die Feinheit der Theile eine bestimmte Untersuchung nieht zulässt. Es ändert daher an der Sache gar nichts, wenn ich auch bis jetzt die Bläschennatur des Kernkörperchens in dem Keimbläschen nicht nachweisen konnte, besonders da durch die Entdeckung dieses Kör- perchens die Bläschennatur des Keimflecks nachgewie- sen ist. Dass dieses Kernkörperchen der Keimbläschen bis jetzt noch nicht beobachtet wurde, erklärt sich leicht dadurch, dass sich dasselbe nur in den frühesten, bis jetzt überhaupt noch wenig untersuchten Stadien vor- findet und wieder verschwindet, sobald die erste An- lage des Eies gebildet ist. Es ist dies durchaus kein auffallendes Verhalten, im Gegentheil ein sehr gewöhn- liches, da man ja in vielen älteren Zellen das Kern- körperchen nicht mehr nachzuweisen im Stande ist und selbst den Kern bedeutend zusammengeschrumpft findet. Ich muss jedoch gestehen, dass ich anfangs selbst Zweifel in meine Beobachtung setzte, da dieselbe so sehr der herrschenden Ansicht widersprach, durch oft wiederholte Untersuchungen aber endlich von der Richtigkeit derselben — 18 — überzeugt wurde. Dessen ungeachtet fand ich es nothwen- dig, um:ganz sicher zu sein, noch andere Thierklassen zu untersuchen ; ‚ich. wählte dazu die: Insekten, weil die Untersuchung bei denselben leicht und das Keimbläschen gross ist. In der That überzeugte ich mich hier aufs deut- lichste, dass alle jungen Eier im Keimflecke ein Kern- körperchen einschliessen. » Besonders schön sieht ‚man dies bei Libellen und Arachniden, bei welchen alle Ei- theile von beträchtlicher Grösse sind und die Durch- sichtigkeit der jungen Eier die Untersuchung sehr er- leichtert. Es ist mir selbst mehrmals gelungen, bei diesen Thieren das Kernkörperchen isolirt zu erhalten. Ist somit die Zellennatur des Keimblüschens nachge- wiesen, so ist damit auch die Ansicht widerlegt, dass das Ei für eine einfache Zelle zu halten sei, und in der That scheint mir die Entwickelung des Eies genü- gend zu beweisen, dass dasselbe ein zusammengesetztes Gebilde ist. Histiologische Bemerkungen von A. Kölliker. Mitgetheilt den 7. Mai 1847. 1. Ueber Verknöcherung bei Rhachilis. Trotz der zahlreichen Untersuchungen über die Ent- wicklung der Knochen sind doch die feineren, bei der- selben stattfindenden Vorgänge noch keineswegs zur Ge- nüge aufgehellt, und namentlich ist die Entstehung der so interessanten Knochenkörperchen noch sehr im Dun- keln, wie am besten daraus hervorgeht, dass selbst die neuesten Beobachter die verschiedensten Ansichten über dieselbe hegen. So lässt Bidder (Müller’s Arch. 1843) diese Körperchen aus dem Inhalte der Knorpelzellen hervorgehen (B. sternförmige oder zackige Knorpelkörperchen sind = nichts anderes als durch Wasser veränderter Inhalt von Knorpelzellen) und Gerber, so wie Todd und Bow- man (Phys. Anat. I, p. 119) aus den Kernen dieser Zellen; Sharpey \Quains Anatom. p. CLVHL) hält dieselben für durch Resorbtion entstandene Lücken der Knochensubstanz; Henle endlich neigt sich zur Annahme hin, dass sie durch Verdickung der \Wände der Knorpelzellen verkleinerte Zellenhöhlen seien, ähn- lieh den verholzten Pflanzenzellen mit Porenkanälen. lei dieser Verschiedenheit der Ansichten, die übrigens demjenigen leicht begreiflich ist, der aus eigener Erfah- rung die Schwierigkeiten der Untersuchung der Osteo- genese kennt, muss es sehr erwünscht erscheinen, in verknöchernden rhachitischen Knochen ein Object ken- nen zu lernen, an dem die Entwicklung der Knochen- körperchen jederzeit mit vollkommener Bestimmtheit sich verfolgen lässt. Die Verknöcherung bei Rhachitis weicht in manchen Beziehungen von den normalen Vorgängen sehr bedeutend ab. Besonders auffallend sind die Erscheinungen bei der Bildung der Diaphysen der Röhrenknochen aus den knor- peligen Gelenkenden , welche daher vorzüglich als Grund- lage der folgenden Erörterung dienen sollen. Die Knorpelenden rhachitischer Röhrenknochen (untersucht wurden diejenigen von 1!/,- bis 7jährigen Kindern), die bekanntlich immer im Verhältniss zum Mit- telstücke unverhältnissmässig gross sind, zeigen dieselben zwei Substanzen, die man durch Bidder aus normalen ossilieirenden Epiphysen kennt, nämlich eine gelbliche, unmittelbar an den Knochen stossende Schicht, mit rei- henweise gelagerten grösseren Knorpelzellen, und eine bläulichweisse äussere, mit unregelmässig angeordneten kleinen Zellen. Wie im normalen Knorpel sind in er- sterer die Zellen mit deutlichen, mässig dicken Wandun- gen versehen, und in eine faserige Grundlage eingebettet, die jedoch zwischen den einzelnen Zellen einer Zellen- reihe nicht selten auch homogen erscheint, in letzterer ohne Ausnahme in einer gleichförmigen , fein granulirten Substanz befindlich, ohne erkennbare Membranen und gleichsam nur Höhlen in dieser Substanz darstellend. Alle diese Zellen obne Ausnahme besitzen im Innern ei- nen hellgraulichen , fein granulirten oder homogenen In- halt und einen Kern, der bei den grössern Zellen ein deutliches Kernchen zeigt; manche Zellen enthalten auch 2, 3,4u. mehr Tochterzellen. Durch Wasser und Essigsäure ver- ändert sich der Inhalt der meisten, oft aller Zellen, in eigenthümlicher Weise; derselbe zieht sich nämlich, wahr- scheinlich in Folge der in die Zellen eindringenden frem- den Flüssigkeiten, enger zusammen, und bildet je nach der Gestalt der Zellen einen rundlichen oder länglichen Haufen mit gekörnter, gekerbter oder selbst stark ge- zackter Oberfläche, der immer viel dunkler ist als der unveränderte Zelleninhalt, und den Kern weitaus in den meisten Fällen ganz verdeckt und unsichtbar macht. Von der Essigsäure ist ausserdem noch zu bemerken, dass sie dadurch, dass sie die Grundsubstanz mehr angreift als die Knorpelzellen, ein vortreffliches Mittel abgibt, die Wandungen selbst der nur als Höhlen erscheinenden Zellen der äussern der beiden erwähnten Substanzen deutlich zu machen. Diese Reactionen der Knorpelzellen sind keineswegs pathologisch, vielmehr finden sich dieselben in voll- kommen gleicher Weise auch bei normalen Knor- peln , worauf aus dem Grunde Gewicht zu legen ist, weil die meisten Forscher den Inhalt dieser Zellen fast nur im veränderten Zustande als krümliche, kernlose, oder * — 14 — als. sternförmige sogenannte Knorpelkörperchen kennen und die normalen Verhältnisse nur an zufällig bei Wasser- zusatz unverändert gebliebenen Zellen gesehen haben, wie z.B. Sharpey, Todd und Bowman und auch Bidder il..e.), dessen kernhaltige Zellen in der Nähe des Ossi- fieationsrandes unveränderte Zellen sind, wie sie bei Speichel- und Serumzusatz durch den ganzen Knorpel verbreitet (jedoch nicht alle von gleicher Grösse) sich zeigen, dessen kleine, granulirte, unregelmässige oder gezackte Knorpelkörperchen beider Knorpelsubstanzen dagegen als durch Wasser oder andere Einflüsse (Ein- trocknen) veränderte Zellencontenta angesehen werden müssen. In allen rhachitischen Epiphysenknorpeiu kommen ferner meist in sehr beträchtlicher Zahl Knorpelka- näle vor, die ebenfalls durchaus nicht pathologisch sind, sondern (wie zahlreiche Untersuchungen zu schliessen er- lauben) in allen verknöchernden Knorpeln in späteren Zeiten sich zeigen. Dieselben dringen meist von der mit Perichondrium überzogenen Oberfläche des Knorpels, seltener von dem Verknöcherungsrande aus, in das Innere des Knorpels ein und enthalten Gefässe, die mit denje- nigen des Perichondrium und des Knochens in Verbin- dung stehen. > Pathologisch ist dagegen an den genannten Knorpeln erstens der Umfang der verknöchernden Knorpelsubstanz (d. Substanz mit den reihenweise gestellten Zellen); denn abgesehen davon, dass dieselbe, wie schon erwähnt, eine viel bedeutendere Breite zeigt, erreicht sie auch bei Rbachitis eine Länge von 2 bis 5, während sie bei gesunden Knochen kaum eine solche von 1/2” besitzt. Zweitens ist auch die Grenze zwischen dem Knochen und Knorpel von eigenthümlicher Beschaffenheit. Statt > = ME = nämlich, wie normal, scharf und gerade zu verlau- fen, zeigt sich dieselbe in Gestalt einer ungemein uu- regelmässigen, wellenföormig und zackig aus- und ein- gebogenen Linie, die sich in ihrer Gestalt oft nicht bes- ser, als mit einer Knochennaht vergleichen lässt. Dieses Aussehen des Verknöcherungsrandes rührt einfach davon her, dass der Knorpel nicht an allen Stellen zugleich ossifieirt, sondern an den einen früher, an den andern später; so entstehen dann wie Excrescenzen von Kno- cbensubstanz, die vom Knochen aus 1 — 4° weit in den Knorpel hineinragen und unveränderte Knorpelsubstanz zwischen sich fassen, manchmal selbst ganze Inseln sol- cher umschliessen. Die Verknöcherung selbst geschieht ebenfalls in man- chen Punkten auf eigenthümliche Weise. Vor Allem ist hervorzuheben, dass die Erforschung der Verwandlung der Knorpelzellen durch folgende zwei Umstände sehr begünstigt wird. Erstens fehlt am Verknöcherungsrande ausgezeichnet rhachitischer Knochen jenes vorläufige De- positum von Kalksalzen in Gestalt dunkler, körniger oder krümeliger Massen, das bei normalen Knochen der Be- obachtung des eigentlichen Vorganges bei der Ossification so grosse Hindernisse setzt, und zweitens verknöchern fast ohne Ausnahme die Knorpelzellen etwas früher als die Grundsubstanz. Rechnet man nun noch hinzu, dass die Ablagerung und chemische Verbindung der Kalksalze mit dem ossificirenden Knorpel langsamer von Statten geht als normal, so begreift man leicht, dass die Ver- änderungen desselben sich ziemlich offen dem Auge dar- bieten müssen. Und dies ist auch in der That der Fall, denn nirgends ist die Umwandlung der Knorpelzellen auch nur entfernt so schön und evident zu beobachten als hier. Dieselbe geht so vor sich, wie es schon Henle, — I — auf Beobachtungen an Knorpelzellen der Epiglottis ge- stützt, vermulhet und wie viele Andere, ohne directe Erfahrungen zu besitzen, als wahrscheinlich angenommen haben, so nämlich, dass die Knorpelzellen unter Bildung von äsligen Porenkanälen sich verdicken, während zu- gleich die Kalksalze chemisch mit ihren Membranen sich verbinden, und der Zelleninhalt sammt dem Kerne all- mälig einem hellen Fluidum Platz macht. Dass dem so ist, lässt sich an jedem Schnitte aus dem Össifications- rande eines rhachitischen Knuchens demonstriren. Ver- folgt man nämlich hier die reihenweise gestellten Knor- pelzellen des Ossificationsrandes von Aussen nach Innen, so findet man bald, dass dieselben da, wo die Ablagerung der Salze wirklich Statt hat, statt ihrer zarten , nur durch eine einzige mässig starke Linie bezeichneten Hülle, eine diekere Membran zeigen, die auf der innern Seite zarte Einkerbungen besitzt. Hat diese Membran nur 0,001 Dicke erreicht, so erkennt man schon deutlich, dass die Knorpelzellen in Knochenkörperchen sich umzuwandeln im Begriffe sind; noch deutlicher aber, wenn man weiter nach Innen die Dicke der besagten Membranen unter gleichzeitiger Verkleinerung des Lumens der Zelle immer mehr zunehmen, die Kerben ihrer innern Begrenzungslinie deutlicher hervortreten, und zugleich mit dem Vorschrei- ten dieser Veränderungen auch die Wandungen durch Vereinigung mit Kalksalzen immer gelblicher sich färben sieht. Die späte Verknöcherung der Grundsubstanz zwi- schen den Zellen erleichtert die Beobachtung aller dieser Veränderungen sehr und erlaubt nicht bloss die ersten Ver- wandlungen der Knorpelzellen ganz genau zu erforschen, sondern auch die Zustände derselben in späteren Zeiten wo sie schon Knochenkörperchen genannt werden müs- sen, Schritt für Schritt zu verfolgen. Diesem Umstande = allein ist es auch zuzuschreiben , dass auch noch folgende neue, nicht uninteressante Thatsache sich feststellen liess, nämlich die, dass Knorpelzellen, die Tochterzellen in sich schliessen, in ihrer Gesammtheit in ein Einziges zusam- mengesetztes Knochenkörperchen übergehen. Sehr häufig finden sich solche mit zwei Höhlen, die je nach dem Grade der Entwickelung des Körperchens bald mit kur- zen Ausläufern versehen sind und weite Höhlungen be- sitzen, bald durch ihre enge Höhle und langen Strahlen an die Cavitäten ausgebildeter Knochenkörperchen er- innern; seltener sind zusammengeselzle Körperchen mit 3, 4% und fünf Höhlen, jede noch mit Resten des ur- sprünglichen Zelleninhaltes und Zellenkernes, doch kom- men auch solche hie und da fast in jedem Präparate vor. Wenn nun die Knorpelzelien auf die angegebene Weise in evidente, jedoch in nicht verknöcherter Grund- substanz frei neben einander liegende, Kerne und sonsti- gen Inhalt führende Knochenkörperchen, oder wie man sie besser nennen könnte, Knochenzellen übergegangen sind, so treten dann endlich dic letzten Veränderungen ein, in Folge welcher die rhachitische Knochensubstanz so ziemlich die Natur des gesunden Knochengewebes an- nimmt. Dieselben beruhen vorzüglich darauf, dass er- stens auch die Grundsubstanz und zwar ebenfalls ohne vorläufige Ablagerung der Salze in Gestalt von Körnern verknöchert und dass zweitens eine immer reichlichere Menge von Kalk mit den organischen Elementen sich vereint. In Folge dieses Processes nimmt die neue Knochensubstanz für das blosse Auge eine immer weis- sere Färbung an und erscheint unter dem Mieroscope immer dunkler und undurchsichtiger; ferner wird die- selbe nun auch gleichförmiger, die scharfe Begrenzung der Knochenzellen verliert sich immer mehr, bis die- — 15 — selben am Ende nicht mehr als freie, in der Grundsub- stanz liegende zellenartige Körper erscheinen, sondern, mit derselben ganz verschmolzen, nur noch in ihren ei- genthümlich gestalteten, sternförmigen Höhlungen, den sogenannten Knochenkörperchen, sich erkennen lassen. Endlich entstehen in dieser homogenen Knochensubstanz durch Resorbtion Lücken und Kanäle (Markräume und Markkanälchen), die zuerst mit neugebildeten Zellen (jungem Marke) sich anfüllen und später aus diesen Zellen hervorgegangene Gefässe, Nerven, Bindegewebe, Fettzellen (ausgebildetes Mark) enthalten. In Bezug auf die Eniwicklung der platten Schädel- knochen, die, wie Sharpey zuerst richtig beobachtet hat, nicht aus gewöhnlichem Knorpel, sondern aus einer häutigen Grundlage sich entwickeln, und in Betreff des Wachs- thums der Diaphysen der Röhrenknochen in die Dicke, das ebenfalls nicht von Knorpelsubstanz, sondern nur von einer besondern unter Periost befindlichen Haut be- sorgt wird, liess sich bei rhachitischen Knochen nichts besonderes Krankhaftes auffinden. Wie an gesunden Knochen, so zeigte sich auch hier unter dem Periost und bei Schädelknochen auch am Rande der Knochen eine aus Bindegewebe gebildete Haut mit einer grossen Menge von eingestreuten Zellen ‚von dem Charakter ge- wöhnlicher Bildungszellen, welche dadurch in Knochen sich umwandelte, dass einerseits die Zellen in Knochenzel- len übergingen, anderseits die faserige Zwischensubstanz verknöcherte und zur Grundsubstanz des Knochens wurde. Die Bildung der Knochenkörperchen war hier bei rha- ehitischen Individuen nicht deutlicher zu sehen, als bei gesunden, d.h. sie liess sich fast nur daraus erschliessen, dass dieselben hie und da evidente Kerne und Reste des Zelleninhaltes enthielten. Markräume und Markkanälchen — 176 — zeigten sich wie gewöhnlich theils als ursprüngliche Lücken in der ossificirenden häutigen Grundlage (neu- gebildete Theile wachsender Schädelknochen), theils als durch Resorbtion schon gebildeter Knochensubstanz {nicht durch Verschmelzung von Zellen) entstandene Räume (ältere Theile der Schädelknochen, Diaphysen der Röh- renknochen). So viel über die Ossification rhachitischer Knochen *). Es geht aus den angeführten Thatsachen mit Bezug auf die sogenannten Knochenkörperchen mit Sicherheit her- vor, 1) dass dieselben die Bedeutung von Zellen mit Porenkanälchen haben, deren verdickte Membranen mit der Grundsubstanz des Knochens verschmolzen sind, und 2) dass es einfache solche Knochenzellen gibt, die aus einer einzigen Knorpelzelle hervorgehen, und zusammenge- setzte, die aus einer Mutterzelle mit 2 — 5 Tochterzellen sich bilden. In Betracht dieser Verhältnisse und der fernern sichern Thatsache, dass diese verkleinerten Zellen- höhlen, gerade wie die Zahnkanälchen, nur Flüssigkeit und keine Kalksalze führen, ist es wohl besser, den Namen Knochenkörperchen ganz fallen zu lassen und die ver- knöcherten Knorpelzellen einfach Knochenzellen, ihre verkleinerten Höblungen sternförmige Knochen- räume oder verästelte Höhlungen der Kno- chenzellen zu nennen. *) Eine ziemlich gute Abbildung einiger der hier besprochenen Verhältnisse findet sich in einer demnächst erscheinenden Schrift von Dr. Voetsch über die Heilung der Knochenbrüche; doch ist in derselben der Inhalt der Knorpelzellen und Knochenkörperchen durchweg unrichtlig angegeben, entweder ganz weggelassen, oder so gezeichnet, wie er in einem Spirituspräparate, nach dem die Zeichnung gemacht wurde, erscheint. (Schluss folgt in Nr. 12.) MITTHEILUNGEN NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. oN? 12 w. 19. —— August 1847. Histiologische Bemerkungen von A. Kölliker. Mitgetheilt den 7. Mai 1847. (Schluss.) 2. Ueber den Bau der Haarbälge und Haare. Der Haarbalg zerfällt in den eigentlichen Haar- balg und die Wurzelscheide. Der eigentliche Haarbalg zeigt 3 Schichten: a) Eine äussere Längsfaserhaut, die aus Binde- gewebe mit eingestreuten spindelförmigen, der Länge nach gerichteten Kernen besteht und Gefässe und Ner- ven (?) enthält. b) Eine mittlere Ringfaserschicht (siehe diese Mit- theilungen Nr. 2), deren Elemente durch ihre Breite und ihre langen schmalen Kerne mit glatten Muskelfasern übereinstimmen. c) Eine innere glashelle, strukturlose, noch nicht beschriebene Haut, die zu den Glashäuten Hen- le’s gehört und beim Ausreissen der Haare ohne Aus- nahme im Haarbalge zurückbleibt. Dieselbe erscheint am unverletzten Haarbalge nur als ein blasser Streifen zwischen Wurzelscheide und Ringfaserhaut des Haar- balges , lässt sich aber durch Präparation leicht in grös- seren Feizen erhalten und zeigt sich dann aussen glatt, innen mit ganz zarten, queren Linien besetzt. Weder Kali noch Essigsäure und Schwefelsäure bringen an der- selben Zellen oder Kerne zum Vorschein. — 178 — Die Wurzelscheide oder die Epidermis des Haarbalges besteht: a) aus einem Rete Malpighi — äussere Wur- zelscheide Henle —, das mit dem Rete Malpighi der Oberhaut zusammenhängt und aus 2, 3 und mehr Lagen von kernhaltigen Zellen gebildet wird. b) aus einer Hornschicht von platten, durchsich- tigen, gelblichen Zellen, die continuirlich in die Horn- schicht der Oberhaut sich fortsetzen. Diese Schicht be- steht im Grunde des Haarbalges aus einer einzigen Lage von kernhaltigen Zellen, etwas höher oben aus 2, noch höher meist aus 3 Lagen. Wo 2 Lagen vorkommen, zeichnet sich die äussere derselben — innere Wur- zelscheide Henle — durch den Mangel der Kerne aus, die Zellen von 0,02 Länge und 0,005 Breite hängen der Länge nach stark zusammen und besitzen längliche Spalten oder Löcher zwischen sich, die Henle zuerst beschrieben hat. Die Zellen der innern Lage, mögen dieselben eine einfache oder doppelte Schicht ausmachen, entsprechen der von Huxley beschriebenen Schicht, sind polygonal, behalten die Kerne bis höher hinauf, haben keine Spalten zwischen -sich und messen 0,018‘ in der Länge, 0,006 — 0,007 ‘ in der Breite. — Die gesammte Hornschicht mit ihrer durchlöcherten und der undurchbrochenen Zellenlage heisst wohl am besten innere Wurzelscheide. Das Haar selbst zerfällt in das Oberhäutchen, die Rindensubstanz und die Marksubstanz. Das Oberhäutchen besteht aus dachziegelförmig sich deckenden, breiten, abgeplatteten Zellen, zeigt am freiliegenden Theile des Haares nur Eine Zellenlage von bekannter Struktur, an der Haarwurzel dagegen zwei Schichten, von denen die innere die Fortsetzung des — 11 — Oberhäutchens des Haarschaftes ist und gleiche Struktur mit demselben besitzt, mit der einzigen Ausnahme, dass die Zellen höher sind und schiefer nach Aussen abstehen. Die äussere Lage, die noch nicht beobachtet zu sein scheint, tritt besonders bei Zusatz von Kali hervor und zieht sich dann nicht selten mit der innern Wurzelscheide von dem Haare ab, während die innere auf der Rin- densubstanz liegen bleibt. Sie wird von kürzeren, je- doch ebenfalls breiten, ziegelförmig sich deckenden, kern- losen Zellen gebildet. An der Haarzwiebel enden beide Schichten plötzlich und gehen in breite, kurze Zellen mit queren, langen Kernen über, die senkrecht oder schief auf die Haarzwiebel stehen. Die Rin densubstanz besteht aus langen, kernlosen Plättchen, und wird in der Zwiebel von länglichen Zellen mit langen, geschlängelten Kernen vertreten. Die Marksubstanz zeigt eine gerade aufsteigende, ein- oder mehrfache Reihe von vier- oder rechteckigen, mit mehr oder weniger Fettkörnchen erfüllten und öfters deutlich kernhaltigen Zellen. H. Pestalozzi, Ing. - Oberst, über die Verhält- nisse des Rheins in der Thalebene bei Sargans. Der voriges Jahr eingetretene Durchbruch des Rheins bei Vaduz im Fürstenthum Lichtenstein, welcher die Wiesen und Felder dieses unglücklichen Ländchens auf viele Jahre hin verwüstet hat, veranlasste den St. Gal- lischen Wasserbau - Inspector, Herrn Hartmann, eine Denkschrift über die Wuhrbau-Angelegenheiten am Rhein zu bearbeiten und dem dortigen Ingenieur- und Archi- tektenverein vorzutragen. — 180° — In einer Anmerkung dieser Abhandlung spricht Herr Hartmann die Besorgniss aus, dass durch eine Verkettung ungünstiger Zufälle in Folge eines Rheinbruchs unterhalb Ragatz die Möglichkeit nahe läge, dass der Rhein zwi- schen Sargans und Mels durchbrechen und sich mit der Linth und Limmat vereinigen könnte; denn Vieles habe sich zu Ungunsten dieser Sache seit jener Zeit verändert, in welcher zur Beruhigung des Linth- oder Limmatthales Untersuchungen angestellt worden seien. Diese Aeusserungen erregten nun aufs Neue die schon in früheren Zeiten öfters ausgesprochenen Befürchtungen über die Möglichkeit eines solchen, in seinen Folgen entsetzlichen, Ereignisses, und bewirken in vielen Ge- müthern Furcht und Bestürzung. Es dürfte daher an der Zeit sein, die Verhältnisse des Rheins in der Sarganser Thalebene etwas. näher kennen zu lernen, und zwar in möglichst einfacher Weise, damit Jedermann ohne specielle technische Kennt- nisse sich eine Meinung bilden könne. Im Besitze vollständiger Messungen und Nivellirungen, welche ich im Jahre 1818 im Auftrage der Tagsatzung aufgenommen habe, werde ich versuchen, theils ein möglichst richtiges Bild dieser merkwürdigen Thalver- bindung und der Höhenlage der wichtigsten Punkte der- selben zu geben, theils den Gang der bisherigen Ver- handlungen in dieser Angelegenheit mitzutheilen. Nach der allgemeinen Regel der Thalverbindungen gehen in dem ganzen Wassergebiet eines Stromes die Nebenthäler in das Hauptthal aus und vereinigen sich mit demselben unter kleineren oder grösseren Einfalls- winkeln, immer aber von ihrem Ursprung aus nach dem Hauptthale fallend. Betrachtet man daher von unten herauf das Hauptthal als den niedergelegten Stamm eines — 181 — Baumes, so erscheinen die Nebenthäler als seine nach allen Richtungen sich ausbreitenden Aeste und Zweige. Höchst selten kommt es vor, dass das Hauptthal, der Stamm, sich spaltet, und doch ist dieser, in der Schweiz vielleicht einzige Fall, gerade an der Stelle des Rhein- thales vorhanden, welcher der Gegenstand unserer Un- tersuchungen ist. Das von seinen Quellen an geschlossene Rheinthal (rennt sich merkwürdigerweise unterhalb Ragatz in zwei Arme, von .denen der eine über Trübbach nach dem Bodensee ausgeht, während der andere, zwischen Sar- gans und Mels als verschlossene, aber scharf markirte Thalöffnung, nach dem Wallensee, dem Linth- und Limmatthale gerichtet ist. ‘ Dass in der letzten Fluthungsperiode, nach deren Verlauf die gegenwärtige Lage unserer Thäler, Seen und Flüsse sich gestaltet hat, der Rhein gleichzeitig durch beide Thalöffnungen abgeflossen sein müsse , lässt sich nach den Verhältnissen derselben unmöglich bez wei- feln, und es finden sich auch noch deutliche Spuren solcher früheren hohen Fluthungen vor. Der äusserste südliche Ausläufer des Gebirgsstockes des Gonzen, der die beiden Thalöffnungen scheidet, auf welchen das Schloss Sargans und noch weiter thalwärts eine Kapelle gebaut sind, ist bis auf den Felsen kahl abgewaschen. Dieser Felsengrath bildete gegen das Wasser einen natärlichen Sporn, hinter welchem eine Geschiebsablagerung erfolgen musste, und wirklich ruht ein Theil des hoch über dem Thalgrund gelegenen Städt- chens Sargans auf einer Schutt- und Sandmasse, in welcher der Geognost das Flussgeschieb des Rheins er- kennen wird. Auch würden sich bei Untersuchung des Thalgrundes von der Wasserscheide gegen die Saar- -- 182 — mühle hin, unbezweifelt ähnliche Anzeichen auffınden lassen. Bei der allmähligen Abnahme der hohen Fluthung musste es sich nun entscheiden, ob die eine oder die andere der beiden Thalöffnungen der Thalweg des Rheins bleiben werde. Die Entscheidung fiel auf die Thalöffnung bei Trübbach nach dem Bodensee aus, und es lassen sich auch Gründe angeben, warum dieses geschehen musste. Höchst wahrscheinlich, und ich möchte sagen zu un- serem Troste, muss sich zwischen Sargans und Mels ein sehr fester Grund oder ein Felslager quer über den ganzen Thalgrund ziehen. Denn bei dem weit stärkeren Gefälle des Seezthales, gegenüber demjenigen des Rhein- (hales, hätte sich der Rhein zwischen Sargans und Mels nothwendig viel tiefer einschneiden und seinen Weg nach dem Wallensee beibehalten müssen, wenn nicht ein sol- ches Hinderniss der tieferen Auswaschung des Thalgrun- des entgegengestanden wäre. Am Trübbach fand sich dagegen kein solcher fester Boden vor. Der Rhein schnitt sich daselbst immer tiefer ein, und die nothwen- dige Folge war, dass die Strömung des Rheinwassers immer kräftiger gegen den Trübbach und stets schwächer gegen das Seezthal ward. Nun kam aber ein weiterer Umstand hinzu, welcher die Strömung des Rheinwassers nach dem Wallensee noch mehr schwächte und am Ende diese Thalöffnung dem Rheine ganz verschloss, nämlich die Geschiebe der Seez. : Die Seez, aus dem tiefen Schlunde des Weisstanner Thales herströmend, führt eine so grosse Masse von Geschiebe, dass dieselbe nach und nach einen grossen ausgedehnten Schutikegel von Mels quer über die ganze Thalöffnung bis an den Fuss. des Gonzen bei Sargans — 183 — vorschob, und sich aufwärts gegen das Rheinthal weit ausbreitete. Die stets geringer gewordene Strömung des nach dieser Richtung noch abfliessenden Rheinwassers vermochte diese Geschiebsmassen nicht mehr abzuführen, und auf diese Weise ward am Ende die Thalöffnung gegen den Wallensee dem Rheinwasser ganz verschlossen. So erkläre ich mir die Entstehung der gegenwärtigen Verhältnisse, und wenn diese Erklärung allerdings nur auf Vermuthungen beruht, so sind es doch solche, für welche sich aus der bekannten Wirkung der Gewässer und aus der Anschauung der Ortsverhältnisse einfache natürliche Gründe angeben lassen. Wer von Wallenstadt das Seezthal hinauf wandernd die Wasserscheide zwischen Sargans und Mels erreicht, und die dem Auge kaum sichtbare Erhöhung derselben über die Thalebene des Rheins erblickt, kann die Be- sorgniss nicht unterdrücken, dass bei einer hohen An- schwellung des Rheins und dem zufälligen Eintreffen an- derer ungünstiger Umstände, ein Ueberströmen dieser Wasserscheide möglich wäre. Daher wurden auch von Zeit zu Zeit Bedenken erhoben und Untersuchungen und Verhandlungen durch Behörden eingeleitet. Schon im Jahr 1808 war, nach Angabe der Regie- rung von Bünden, die Höhe der Sarganser Wasserscheide nivellirt und der tiefste Punkt derselben auf 18 Fuss Höhe über dem damaligen sehr hohen Wasserstand des Rheins bestimmt worden. Damals schon ward behauptet, dass das Rheinbett sich stets erhöhe, das Rheinwasser bald alljährlich die Thalebene, Bascheer genannt, über- schwemme, immer näher gegen Sargans vorrücke und somit die relative Höhe der Wasserscheide nach und nach vermindere. Im Jahre 1816 wandte sich die Regierung von Grau- — bünden an den eidgenössischen Vorort und an sämmtliche Stände mit der Vorstellung, dass die Landquart ihre Dämme durchbrochen, in weitem Umkreise die umlie- genden Güter verheert habe, den Rhein zum Nachtheil des oberen Thalgeländes immer höher aufstaue und Ar- beiten nothwendig mache, deren Umfang die Kräfte des Landes übersteige. Bünden sei daher genöthigt, die Hülfe der Mitstände anzusprechen, und halte sich um so mehr dazu berechtigt, als die nachtheiligen Wirkungen dieser Verhältnisse sich keineswegs nur auf die Umgegend der Landquart beschränkten, sondern bis an den Scholl- berg hinab sich ausdehnten; indem in dieser ganzen Strecke das Rheinbett sich fortwährend erhöhe und die relative Höhe der Wasserscheide bei Sargans vermin- dere, wodurch wichtige Gebietstheile der Kantone St. Gallen, Glarus, Schwyz, Zürich und Aargau bedroht würden. Dieses Schreiben von Bünden von 1816 gab die erste Veranlassung zu der Untersuchung der Thalebene von Sargans. Die Frage ward in der Tagsatzung vom 2. August gleichen Jahres verhandelt. Dabei erhob sich nun zunächst ein Anstand mit der Gesandtschaft von St. Gallen. Bünden verlangte nämlich, dass die Landquart nicht rechtwinkelig, wie bisher, in den Rhein geleitet, sondern weiter abwärts in einem neuen Bette unter einem mög- lichst spitzigen Winkel dem Rhein zugeführt werde. Da aber das Terrain, auf welches das neue Landquartbett verlegt werden sollte, Gebiet des Kantons St. Gallen war, und die Regierung desselben in diesem Projecte Nachtheile zu finden glaubte, so verwahrte die Gesandt- schaft die bestehenden Rechte und Besitzverhältnisse sei- nes Standes. Bern, Uri, Unterwalden, Zug, Freiburg, — 15 — Solothurn, Aargau, Tessin, Wallis und Neuenburg be- stritten das Bedürfniss eidgenössischen Einschreitens und behielten sich das Referendum vor; dagegen wurde mit einer Mehrheit von 12 Stimmen beschlossen, eine Com- mission zur Untersuchung und Berichterstattung zu be- stellen, die noch im Laufe des Jahres ihre Arbeiten zu besorgen habe. Der Vorort wählte nun den grossherzoglich badischen Wasser- und Strassenbau - Direktor, Herrn Oberst Tulla, als Mitglied in die Commission, musste aber nach dessen Wunsche die Zustimmung der grossherzoglichen Regie- rung einholen. Allein der aussergewöhnlich hohe Stand des Rheins in jenem Zeitpunkt nahm das gesammte Per- sonal der badischen Wasserbaubeamtung in Anspruch, so dass Herrn Tulla kein Urlaub gestattet werden konnte. Das Jahr 1816 und die erste Hälfte des Jahres 1817 verstrichen ohne Vollziehung des Tagsatzungsbeschlusses. In der Sitzung vom 2. August 1817 wiederholte die Gesandtschaft von Bünden ihre früheren Vorschläge. Die Tagsatzung bestätigte mit einer Mehrheit von 17 Stimmen den früheren Beschluss und beauftragte den Vorort noch im Laufe des Jahres, eine Commission zu Untersuchung der Rheinverhältnisse abzuordnen. Im Spätjahr 1817 bestellte nun der Vorort die Un- tersuchungscommission in den Personen der Herren Staatsrath Escher von Zürich, Linthpräsident, Berghaupt- mann Tscharner von Bern und Ingenieur Oberst. Heg- ner von Winterthur. Zunächst untersuchte Herr Hegner die Verhältnisse der Landquart und gab unterm 20. März 1818 seinen Bericht ein. Derselbe ging im Wesentlichen dahin, »dass der Vorschlag der Regierung von Bünden, der Land- quart ein neues Bett anzuweisen, und dieselbe unter — 16 — einem spitzigen Winkel mit dem Rhein zu verbinden, nicht zu empfehlen sei. Denn abgesehen von den sehr grossen Kosten der Kanalanlage durch fruchtbares Land müsste dieselbe nach einer langen Krümmung (Kurve) angelegt werden, deren concave Seite dem Andrang des Wassers und der Geschiebmassen stets ausgesetzt wäre und schwerlich gegen Durchbrüche hinreichend fest ge- schützt werden könnte, und dann würde der neue Ein- lauf der Landquart einem flachen linkseitigen Rheinufer gegenüber zu liegen kommen, welches durch die festesten Dämme geschützt werden müsste, um dem Drucke der in den Rhein sich ergiessenden angeschwollenen Land- quart genügenden Widerstand zu leisten. Unter diesen Umständen sei daher der bestehende geradlinige, recht- winklig mit dem Rhein sich verbindende Lauf der Land- quart, dessen Andrang die festen Felsen des Strilser- bergs am linken Ufer genügend widerstehen, jeder an- deren Richtung vorzuziehen; und es bedürfe nur fester Wuhre längs der Landquart und am Rhein eine Strecke aufwärts der Landquarteinmündung, um die bier beste- henden nachtheiligen Einwirkungen zu beseitigen. Aller- dings müssten zeitweise Aufstauungen des Rheins durch die Landquart und umgekehrt stattfinden. In der Regel schwelle die Landquart früher an als der Khein, werfe ihre Geschiebsmasse in den Rhein und staue denselben auf, wenige Tage später vermindere sich das Hochwasser der Landquart, dagegen treffe dasjenige des Rheins ein, welches nun vermöge seines starken Gefälles über die Schuttmasse der Landquart diese Kiesbark angreife, thalwärts fördere und den früheren Zustand wieder her- stelle. Diese Wechselwirkung bringe nun keine bleiben- den Nachtheile, sobald das Land oberhalb gegen die — 197 — momentane Aufstauung des Rheins durch starke Dämme geschützt werde.“ Im Frühjahr 1818 beauftragte die eidgenössische Commission den Berichterstatter, das Relief der Sarganser Wasserscheide durch Quer- und Längenprofile zu unter- suchen und die Messungen auch über den ganzen Thal- grund bis nach Ragatz hinauf und bis nach Trübbach hinab auszudehnen, und über das ganze Flussgebiet einen Grundplan aufzunehmen. Diese Arbeiten wurden in den Monaten Mai und Juni besorgt, und im Juli der CGom- mission übergeben. Den 8. August 1818 gab nun Herr Staatsrath Escher Linthpräsident, Namens der eidgenössischen Commission und als Präsident derselben, den Bericht über die Rhein- verhältnisse dem eidgenössischen Vorort ein, dessen In- halt im Wesentlichen dahin ging: „Die erste Anregung zu Untersuchung der Rhein- verhältnisse sei mit Beziehung auf Verheerungen der Landquart von der Regierung von Bünden ausgegangen. Die Commission habe daher schon im Februar eine Lo- kaluntersuchung vorgenommen und sich überzeugt, dass die von Bünden verlangte Herstellung einer neuen Rich- tung für die Landquart behufs einer Einmündung der- selben in den Rhein unter einem spitzigen Einfallswinkel, die beabsichtigten Vortheile nicht gewähren könne, son- dern im Gegentheil sehr nachtheilige Folgen haben müsste. »Die Commission halte daher für weit.zweckmässiger, die bisherige rechtwinklige Einmündung der Landquart in den Rhein beizubehalten , dabei aber diejenigen Wuhr- und Dammarbeiten auszuführen, welche Herr Ingenieur Oberstlieut. Hegner in seinem Berichte vom 20. März gleichen Jahres vorgeschlagen habe. — 18 — »Die Untersuchung der Stromsection des Rheins in der Gegend des Landquarteinlaufs habe aber die Com- mission auf die wichtige Wahrnehmung geführt, dass, welche Abänderungen und Correctionen Bünden an der Landquart und am dortigen Rheinlaufe vornehmen würde, diese keinen wesentlichen Einfluss auf die Verhältnisse der Sarganser Wasserscheide haben könnten; denn der Schuttkegel, welchen die Tamin bei Ragatz in den Rhein hinausschiebe, bilde einen bestimmten Trennungspunkt zwischen den bündnerischen Rheinverhältnissen und den- jenigen der sarganser Thalebene, und löse die Verwick- lung, welche man bisher zwischen den oberen und un- teren Kheinverhältnissen wahrzunehmen geglaubt habe. „In Folge der unerwartet glücklichen Entwicklung dieser Verhältnisse hätten sich daher die Untersuchungen der Commission ausschliesslich auf die Rheinebene zwi- schen Ragatz und dem Schollberg und ihre Verbindung mit dem Wallenseethal beschränkt, und dieselbe habe daher auch die Nivellirungen und Vermessungen nur auf diesen Thalabschnitt angeordnet. „Der beigelegte wissenschaftliche Bericht des Herrn Oberstlieut. Hegner vom Juli 1818, .als Mitglied der Commission und im Namen derselben abgefasst , enthalte die genaueste hydrographische Darstellung der Gegend, die in Verbindung mit den vorliegenden Planen und Nivellements, zur umfassendsten Kenntniss der Gegend nichts mehr zu wünschen übrig lasse. „Aus denselben ergebe sich nun die wichtige That- sache, dass die Wasserscheide bei Sargans im J. 1817 nur noch 18 Fuss Höhe über dem hohen Wasserstande des Rheins gehabt, und dass hingegen diese Wasser- scheide um 45 Fuss tiefer als der hohe Rheinstand beim Tamin-Einlauf gelegen habe. nn PRLERN = T- — 19 — »Da nun die Rheinüberschwemmungen in dieser gros- sen: Thalebene sich stets weiter ausdehnten, und vergan- genes Jahr einen beispiellos grossen Umfang eingenom- men hätten, so sei auch unverkennbar, dass das Bett des Rheins durch die unermessliche Masse von Geschie- ben der Landquart und Tamin sich bedeutend erhöhe. Zwar könne noch kein Maas für diese Erhöhung ange- geben werden, weil das vor 11 Jahren vorgenommene Nivellement, welches mit dem diesjährigen befriedigend übereinstimme, den damaligen höchsten Wasserstand der Rheinüberschwemmung nicht angebe. Allein die bekannte Thatsache, dass die Linth an der Ziegelbrücke in Zeit von 40 Jahren ihr Bett um 16 Fuss erhöht habe, gebe wenigstens einen Begriff von solchen Strombetterhöhungen. »Neben der stattfindenden allmähligen Rheinbetterhö- hung, welche die Differenz von 18 Fuss, die jetzt noch zwischen den Rheinüberschwemmungen der sarganser Wasserscheide sich vorfinde, nach und nach vermindere, und dadurch die Gefahr eines Uebertritts des Rheines über jene schwache Scheidecke in das Wallensee-Wasser- becken immer näher bringe, könne dieses grosse Un- glück, nach den vorgefundenen Verhältnissen, noch auf eine andere Art schnell eintreffen. Denn nicht nur sei der hohe Rheinstand unterhalb der Einmündung der Ta- min in den Rhein, 45 Fuss höher, als die Wasserscheide von Sargans, sondern die Rheinwuhre wären hier in einem sehr schlechten Zustande, und von da bis zur Saarmühle hinein zeige sich eine ununterbrochene Thal- vertiefung, welche den Rhein schnell bis zur Saarmühle hineinführen würde und ihn sehr leicht veranlassen könnte, sein bei starkem Gefäll bis hierher mitgerolltes Geschiebe nun bei geschwächtem Laufe so abzusetzen, dass er sich den Ablauf gegen den Schollberg selbst — 1% — versperren, und bis an die Wasserscheide aufgestaut werden könnte, wo dann bei einem leichten Uebertritt das Rheinwasser vermöge des starken Gefälles des Seez- thales sich einschneiden und somit das in seinen Folgen nicht zu berechnende Unglück eines Uebertritts des Rheins in das Wasserbecken der Linth schnell und ge- waltsam herbeiführen müsste. Je länger man zögere, die erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen anzuwenden, um so mehr werde sich das Rheinbett bei Ragatz und am Schollberg erhöhen, und die Ausführung erschweren. »Die Commission sei nicht im Falle, jetzt schon die Sicherheitsmassregeln anzugeben, und genau zu bezeich- nen, welche nach der Natur der Gegend und den Ver- hältnissen des Rheinstromes geeignet wären, den Ueber- tritt des Rheins in das Linthwasserbecken zu verhindern, weil allen diesen Angaben und Entwicklungen wichtige Erörterungen vorangehen müssten. Dagegen liege ihr noch ob, diejenigen Kantone und Gegenden zu bezeich- nen, welche bei diesen wichtigen Rheinverhältnissen un- mittelbar betheiligt seien. „Der Kanton St. Gallen sei betheiligt mit dem Thal der Seetz, von Sargans bis an den Wallensee, dem linkseitigen Ufer dieses Sees bis Murg, den Städtchen Wallenstadt und Wesen, dem Linthkanal und dem recht- seitigen Thalgelände des Linththales bis zum oberen Buchberg und an beiden Ufern bis Grynau; dann mit Schmerikon und dem rechtseitigen Gelände des Zürich- sees bis Rapperschweil. Auch könnte es für St. Gallen nicht gleichgültig sein, wenn der Rhein ganz oder theil- weise in’s Linihwasserbecken hinüberstürzen würde, weil seine Rheingrenzen bis an den Bodensee sich ändern würden. Demnach sei St. Gallen mit mehr als der Hälfte seiner (Grenzlinie bei diesen Verhältnissen interessirt. — wi — »Glarus würde in der Gegend von Mühlehorn am Wallensee, hauptsächlich aber im Linththal bis an die Grenze gegen Schwyz bei Reichenburg am linkseitigen Ufer um so empfindlicher betroffen, als alle durch die Linthcorrection mühsam errungenen Vortheile der Bo- denkultur zerstört, und die Correction selbst nutzlos würde. „Der Kanton Schwyz sei betheiligt mit der linksei- tigen Thalstrecke der Linth und des Zürichsees, von Reichenburg über Lachen, Hurden, Pfäffikon bis Bäch hinab. „Im Kanton Zürich würde die Aufschwellung des Zürichsees die beidseitigen reich bebauten Gestade, am empfindlichsten aber die Stadt Zürich selbst betreffen, und die Thalebene der Limmat bis an die aargauische Grenze überfluthen. „Bedeutender, als es dem ersten Blick nach scheinen möchte, wäre der Kanton Aargau betheiligt, weil die vermehrte Wassermasse in dem tief eingeschnittenen Limmatbette 'zerstörende Unterwaschungen bewirken, die Bäder in Baden und das Siggenthal unter Wasser setzen und durch Rückstauung der Gewässer der Aare und der Reuss in weiter Ausdehnung diese Flussthäler schä- digen müsste. »Endlich dürfe auch Bünden nicht übersehen werden, welches durch ein tiefes Einschneiden des Rheins in die sarganser Wasserscheide gefährdet werden könnte, weil diese Einschneidung sich thalaufwärts fortsetzen müsste. „Demnach seien bei den Rheinverhältnissen die Kan- tone St. Gallen, Glarus, Schwyz, Zürich und Aargau unmittelbar interessirt, und da bei der Ausführung von Sicherungsarbeiten auch auswärlige Staaten, wie nament- lich das Fürstenthum Lichtenstein betheiligt wären, so — m — werde die Mitwirkung der Eidgenossenschaft und der obersten Bundesbehörde unerlässlich.“ Diesem Berichte der Commission war dann ein tech- nisches Gutachten des Herrn Ingenieur Oberst Hegner beigefügt, welches sich im Wesentlichen dahin aus- sprach: »Das unmittelbare Wirkungsgebiet des Rheins mit Beziehung auf dessen Uebertritt gegen den wallenstatter Sce erstreckt sich nur vom Ausfluss der Tamin bis an den Trübbach auf eine Länge von höchstens 30000 Fuss, indem oberhalb der Schuttkegel der Tamin jedem Ein- bruche eine unübersteigliche Schranke setze, unterhalb beim Trübbach aber der Rhein zu tief liege, um noch eine Rückwirkung aufwärts auszuüben. »Bei Hochwassern überfluthe der Rhein die niederen Ufer und Dämme unterhalb dem Tamin-Einlauf und ströme anfänglich mit bedeutender Geschwindigkeit durch die Thalebene, erreiche dann aber in der Gegend der Saarmühle die schon von Trübbach her bewirkte Auf- stauung der Saar- und der Rheingiessen, welche den ganzen Thalgrund überschwemmt habe. „Das Bett des Rheins sei von Ragatz bis an den Schollberg sehr unregelmässig und liege meistens höher als der Thalgrund. Unzählige Kiesbänke, die bei jedem Hochwasser sich veränderten und die Stromrinne nach allen Richtungen verwerfen, seien in dem Flussbett ge- lagert und bedrohten die Dämme. Die gefährlichste Uferstelle befinde sich bei dem Fahrwuhre unterhalb der Taminausmündung; der Schutikegel der Tamin dränge den Rhein an sein rechtes Ufer, die Fläscherrüfi hin- gegen werfe den Rhein an das linke Ufer, wo das Fahr- wuhr sich befinde, und woselbst immer zuerst Damm- brüche erfolgten. — 13 — „Nach früheren Vermessungen betrage das mittlere Gefäll des Rheins von der Tamin bis an den Schollberg auf je 1000 Fuss Länge 3 Fuss, welches bei der ge- raden Stromrichtung an sich genügend wäre, Aber die allzugrosse Breite des Bettes veranlasse immer neue Geschiebsablagerungen und stete Veränderungen des Stromlaufes, welchem die ohnedem sehr schwachen Ufer- bauten und Dämme nicht zu widerstehen . vermöchten. Ueber die eigentliche Erhöhung des Rheinbettes durch das Hochwasser vom Jahr 1817 seien keine bestimmten Angaben vorhanden, obgleich eine solche angenommen werden müsse. Aus späteren Beobachtungen lasse sich jedoch schliessen, dass durch die nachherigen gewöhn- lichen Wassergrössen diese Geschiebsanlagen nach und nach wieder auf den früheren Stand des Rheinbettes aus- geglichen worden seien. Der höchste Rheinstand im Jahr 1817 möge zu oberst am Fahrwuhr 6 bis 7 Fuss und unten bei der Saarausmündung 9 Fuss über dem niedrigsten Stand betragen haben. „Die behufs gegenwärtiger Untersuchung aufgenom- menen Nivellements und Messungen seien sehr vollstän- dig und in ihren Resultaten mit den früheren überein- stimmend. „Die sarganser Ebene bilde von der Tamin bis an die Saarmühle eine breite sanfte Ausschalung, die sich bei der Saarmühle in zwei Schalen theile, von denen die eine über die Wasserscheide zwischen Sargans und Mels nach dem Wallensee, die andere der Saar entlang nach dem Rhein sich ziehen. Die Hauptausschalung von der Tamin abwärts scheine der vormalige Thalweg des Rheins gewesen zu sein, als dessen Gewässer sich noch durch das Seezthal in den Wallensee ergossen hätten, und sei nun durch den Rücken zwischen Mels und Sargans ge- * - 14 — schlossen. Die zweite Ausschalung von der Saarmühle nach dem Schollberg sei nur schwach ausgedrückt und vermuthlich nur durch die Gewässer der Saar gebildet worden. „Die tiefsten Linien dieser verschiedenen Ausschalungen seien auf dem Plan bezeichnet, und es ergebe sich, dass die Hauptausschalung oben von dem Fahrwuhr ausgehe, und vorbalb der Saarmühle in grossen Bogen sich ver- zweige. Die tiefste Stelle der ganzen Thalebene, wohin alle Gewässer sich zusammenziehen, befinde sich daber zwischen der Saarmühle und Feld. Das Gefäll der Hauptausschalung sei ununterbrochen nahe gleichförmig und eben so stark als dasjenige des Rheins, so dass, wenn der Rhein am Fahrwuhr durchbreche, die Strö- mung eben so stark gegen Sargans, als im eigentlichen Rbeinbett nach dem Schollberg sei. „Der niedrigste Punkt der Wasserscheide bei Sargans liege 21 Fuss höher als der Boden bei der Saarmühle, wo die Ueberschwemmung von 1817 3 Fuss hoch ge- standen sei; mithin hätten bis zum Uebertritt nach dem Wallensee noch 18 Fuss gefehlt. Der Rhein möge da- mals am Fahrwuhr 45 Fuss höher gestanden sein, als die Wasserscheide, und wenn auch der Fall des Rheins nach dem Schollberg beinahe das Doppelte betrage, so würde derselbe bei einem Uebertritt in das Seezthal und bei gleichmässigem Einschneiden in dasselbe einen be- deutend grösseren Fall als nach dem Schollberg, nämlich % Fuss auf 1000 Fuss Länge erhalten. „Der Damm der Wasserscheide bestehe nur aus Fluss- geschiebe des Rheins, der Landquart und der Seez, welches dem Einschneiden des Wassers kein Hinderniss entgegensetzen würde. »Die Rheingiessen, von denen mehrere ziemlich stark — 1% — seien, könnten zwar keinen Rheindurchbruch veranlassen, dagegen beförderten dieselben die Ueberschwemmung und die allmählige Versäuerung der Thalcbene. „Zu der Untersuchung der Frage übergehend, ob ein Uebertritt des Rheins möglich und wahrscheinlich wäre, sei gezeigt worden, dass im J. 1817 der Wasserspiegel noch 18 Fuss unter der Wasserscheide gestanden; wenn aber auch der Rhein noch um so viel höher gestiegen wäre, so hätte dennoch keine Einschneidung stattfinden können, wohl aber, wenn die Anschwellung 21 bis 22 Fuss hoch gehen und also das Wasser mit 3 bis 4% Fuss Tiefe über die Wasserscheide in das Seezthal stürzen könnte. In solchem Falle würde eine Einschnei- dung erfolgen, die das Gefäll vom Fahrwuhr her ver- stärken und die Durchbrechung des ganzen Dammes be- wirken müsste. ® „Indessen könnte ein so gewaltiges Hochwasser nicht bloss lokal zwischen der Tamin und dem Schollberg ent- stehen, sondern müsste durch Naturereignisse, die über das ganze obere Rheinthal sich verbreitet hätten, bewirkt werden. Ein einziger Fall wäre gedenkbar, nämlich ein aussergewöhnlicher Ausbruch der Fläscherrüf. Wenn diese das ganze Rheinbett anfüllen sollte, so müsste selbst bei niederem Stande des Rheins der Rhein in die Thal- ebene übertreten, und in derselben einen für die Wasser- scheide gefährlichen Lauf bleibend annehmen. „Ob das Rheinbett sich allmählig wirklich erhöhe, werde aus dem Zustand der 'Chalebene stets richtig be- urtheilt werden können. Die zunehmende Versumpfung und Versäuerung derselben gebe einen richtigen Mass- stab der Frhöhung des Rheinbettes. So wie in anderen Flussthälern die Flussbetten durch das Geschiebe sich all- mählig erhöhen und Versumpfungen erzeugen, die in — 1% — früheren Zeiten unbekannt gewesen seien, so könnten auch im Rheinthal diese Erhöhungen eintreten und am Ende den Uebertritt in das Wallenseethal bewirken. „So lange aber der Rhein 3° per mille Fall nach dem Schollberg besitze, könne man sich immer noch beru- higen, und man müsse sich nicht vorstellen, dass die Geschiebe sich stets anhäuften, sondern es fände mehr eine Veränderung ihrer Lage Statt, indem die Stromrinne bald da, bald dort, sich ihren Weg bahne. „Gleichwohl dürfe man sich nicht unhesorgt der Zu- kunft überlassen, sondern müsse alle Aufmerksamkeit und Thätigkeit auf die Verhältnisse des Rheins und die Erhaltung seiner Wuhre und Dämme verwenden. Dem- zufolge sollten die linkseitigen Wuhre und Dämme von der Tamin bis unterhalb der Fläscherrüfi in guten Stand gestellt und fleissig unterhalten werden; ferner die Flä- scherrüfi wohl beobachtet, und im Runs derselben Vor- kehrungen zu Zurückhaltung der Geschiebmassen ge- troffen, und der Stand der Saar sorgfältig im Auge be- halten werden“ u. s. w. Nach Eingang dieser Berichte erliess der Vorort Lu- zern an die betheiligten Stände den 4. Februar 1819 die Einladung zu einer Gonferenz auf der bevorstehenden Tagsatzung. Zürich, Schwyz, Glarus, Bünden und St. Gallen gaben ihre Zustimmung; Aargau dagegen lehnte ab. Bei der Gonferenz vom 17. Juli 1819 wurden fol- gende Beschlüsse gefasst: 1) Die Tagsatzung zu ersuchen, ihre Mitwirkung bei allfälligen Unterhandlungen mit auswärtigen Staaten (Lich- tenstein) nicht zu versagen. 2) Zu sorgen, dass ein Bericht von Herrn Oberst Tulla erstattet werde. — 117 — 3) Den Ingenieur, welcher die Plane über die Rhein- verhältnisse angefertigt hatte, zu beauftragen, an der Rheinzollbrücke, am Fläscherfahr und am Trübbach Wassermaasse aufzustellen, und deren Beobachtung an- zuordnen. Ferner einige Rheinprofile aufzunehmen und bei verschiedenen Wasserständen Geschwindigkeilsmes- sungen anzustellen. 2 4) Beschloss die Gonferenz, den Stand Aargau noch- mals dringend aufzufordern, an den Berathungen über dei Rheinverhältnisse Theil zu nehmen. Am Schlusse des Jahres 1819 übersandte die Regie- rung von St. Gallen der zürcherischen Regierung ein vom 11. August datirtes Gutachten des Herrn Tulla, Oberdirectors des Wasser- und Strassenbaues im Gross- herzogthum Baden, ein, mit der Bemerkung, dass das- selbe nur eine oberflächliche Ansicht gewähre und dem beabsichtigten Zweck nicht entspreche. Herr Tulla hatte wohl in früheren Jahren die be- treffende Rheingegend bereist, allein für die Abfassung seines Gutachtens waren ihm weder Plane noch Nivel- lements, noch die Untersuchungsberichte mitgetheilt wor- den, so dass er nach seiner eigenen Aeusserung genö- (higt war, nur im Allgemeinen über die Verhältnisse einzutreten. Er bemerkt in seinem Gutachten: »Es unterliege keinem Zweifel, dass der Rhein nicht immer in den Bodensee, sondern auch in den Wallensee geflossen sei. Der Grund, warum dieses nicht mehr geschehe, möge in dem Zusammenwirken der Landquart und der Tamin liegen. Erstere werfe den Rhein gegen den linkseitigen Gebirgsfuss, letztere gegen den recht- seitigen, dem Schollberg gegenüberliegenden Felsen. »Der Rhein werde durch Waldströme mit Kies und Geschiebe belastet und sein Bett erhöht. Man sollte da- — 1% — her suchen, an diesen Waldströmen, namentlich an der Landquart, die Schutthalden durch Anpflanzungen zu beschränken, durch Querwuhre das Geschiebe zurückzu- halten, und Vorrichtungen zum Sammeln und Aufhalten der Geschiebe zu treffen. „Das Gefälle der Gebirgsströme sei bedeutend stärker als dasjenige des Rheins, dessen Kraft nicht durch re- gelmässige Bauten zusammengehalten sei, daher könne der Rhein nur den Sand und Kies abführen, die Ge- schiebe aber blieben liegen und erhöhten das Flussbett. »In solchen Fällen suche man im gleichen Verhältnisse das nebenliegende Terrain, die Thalfläche, zu erhöhen, was durch Trübwässerungen geschehe; dieses finde aber hier nicht statt. Weil nun das Rheinbett stets höher werde, das Seitenterrain hingegen in gleicher Tiefe bleibe, so sei es nicht nur wahrscheinlich, sondern gewiss, dass der Rhein unterhalb Ragatz eine Jlöhe erreichen werde, welche einen Austritt gegen den Wallenstatter See be- wirken könne und müsse. »Zur Zerstörung des Lintbkanals und zu grossen Schädigungen bedürfe es keines vollständigen Durch- bruches des Rheins, es würde dieses schon durch ein starkes Ueberfluthen der Wasserscheide bewirkt werden. „Eine Rectification des Rheins sei daher sehr wün- schenswerth, und könnte nach und nach durch stand- hafte Verfolgung eines wohl überlegten Planes erreicht werden. „Eine Hauptschwierigkeit sei die, dass der Rhein Grenzstrom sei; indessen liege eine gute Flusscorrection im Interesse aller Thalbewohner. Erleichtert werde da- gegen eine Correction durch den Umstand, dass der Rhein öfters sehr klein werde und damit die Wuhrbau- ten erleichtere , und dass der Strom viel Sand und fette —_ wm — Erde führe, die für Erhöhung des Thalgrundes ver- mittelst Trübwässerungen benutzt werden könnten. „Rücksichtlich der Gefahr des Ergiessens des Rheins in den Wallensee möchte es zweckmässig sein, einen gehörig hohen und starken Damm auf der Sarganser Wasserscheide von einem Gebirg zu dem anderen an- zulegen. »Verwende man die jährlichen Kosten und Arbeiten an den Rheinwuhren von Ragatz nach dem Schollberg auf eine planmässige CGorrection, so werde man ohne allzu grosse Opfer diese zu Stande bringen. „Einen wirklichen Operationsplan könne er in Er- mangelung aller speziellen Angaben und Vorarbeiten nicht geben, und bemerke nur, dass die Baumethode sich nach den vorhandenen Materialien und den ökono- mischen Mitteln richten müsse, nämlich ob Steinbauten oder Faschinenbauten, oder beide gemischt anzuwenden seien“ u. s. w. Den 18. August 1820 ward von den betheiligten Ständen eine zweite Conferenz abgehalten, und von der- selben beschlossen: 1) Den Stand Aargau nochmals und dringend einzu- laden, der CGonferenz beizutreten. 2) Das Gutachten des Herrn Oberst Tulla, nebst dem von Herrn Staatsrath Escher mit Beziehung auf dasselbe eingegebene Memorial den betreffenden Ständen mitzu- theilen. 3) Die Wasserstandbeobachtungen an der Tardisbrücke am Fläschnerfahr und am Trübbach fortzusetzen, und die Profilmessungen zu vervollständigen. 2 Den 16. März 1821 erklärte nun Aargau seinen Beitritt zu der Conferenz. Es ward auch eine solche —' 20 — vorbereitet, allein die Akten geben von diesem Zeitpunkt an keine weiteren Nachrichten. Bis jetzt sind demnach alle Verhandlungen und Vor- untersuchungen fruchtlos geblieben. Dieselben hätten aber zuverlässig einen Erfolg gehabt, wenn nicht der allzufrühe Hinschied des Herrn Staatsrath Escher den Fortgang dieser, so wie mancher anderen gemeinnützigen Unternehmung gestört hätte. Sobald von Bünden ange- regt die eidgenössische Commission eine Untersuchung angeordnet halte, erkannte Herr Escher, dass die Land- quartverheerungen blos lokal und untergeordnet seien; hingegen die tiefe Lage der Sarganser Wasserscheide einer ausgedehnten Landesgegend und zunächst seinem Linithwerke Gefahr drohe. Daher verfolgte er mit ge- wohnter Kraft und Beharrlichkeit den Zweck, die be- theiligten Kantone zu Abhülfe der drohenden Gefahr zu vereinigen. Diese Aufgabe war schwierig, aber weder grösser noch verwickelter, als diejenige gewesen war, die Herr Escher bei der Linthunternehmung so glücklich gelöst hatte, Die Commission und mit ihr alle Experten, welche die Rheinverhältnisse bei Sargans untersucht haben, sind darüber einig, dass zunächst der Rhein von der Tamin- einmündung bis an den Schollberg in ein regelmässiges Bett eingedämmt werden sollte. Dieses sehr nothwen- dige Werk wäre auch bei der günstigen Stimmung der betheiligten Kantone schon damals zur Ausführung ge- kommen, wenn nicht St. Gallen entgegen gestanden wäre. Der Abgeordnete dieses Kantons behauptete, das regellose Rheinbett von der Tamin bis an den Schollberg gewähre eine für das untere Rheinthal sehr günstige Ablagerung des Geschiebes. Wenn nun der Rhein ein- — 201 — gedämmt würde, so müsste die ganze Geschiebsmasse unaufhaltsam dem unteren Rheinthal zugeführt und dessen ohnedem schwierige Lage noch stärker gefährdet werden. Wollten demnach die bei der Sarganser Wasserscheide betheiligten Kantone den Rhein von Ragatz bis Trüb- bach eindämmen, so müssten sich dieselben auch her- beilassen, an der Correction des untern Rheinthales auf eine bedeutende Strecke thalabwärts von Trübbach Theil zu nehmen. Diese Forderung ward zwar niemals offiziell gestellt und in die, Conferenzprotokolle aufgenommen, aber sie wurde bei den Verhandlungen vorgebracht, wie sich aus den von Herrn Escher entworfenen Instructionen für die Gesandtschaft von Zürich klar ergiebt. Es ist nicht zu leugnen, dass bei einer Eindämmung des Rheins das Hochwasser etwas schneller und das Ge- schiebe in etwas vermehrtem Masse von Ragatz nach Trübbach gefördert wird, gleichwie die Linth, durch ihre Dämme an der Ausbreitung über das ganze Thal ver- hindert, ihre Gewässer schneller als in früherer Zeit in den Zürichsee ergiesst. Unrichtig ist hingegen, das un- geregelte Rheinbett als einen auf Jahre binausreichenden Geschieb-Ablagerungsplatz erklären zu wollen. Denn wäre dieses möglich, so müssten die .Geschiebbänke sich zu kleinen Hügeln hoch über den Thalgrund aufgethürmt haben, während, wie der Anblick zeigt, diese Kies- bänke ziemlich nahe ihre gleiche Höhe beibehalten. Es liegt dieses auch in der Natur der Gewässer. Die Hoch- wasser des Rheins überfluthen alle Kiesbänke, der grösste Theil derselben wird durch den Stoss und die Reibung der darüber aufgestauten Wassermasse in Bewegung gesetzt, und das Geschiebe nahe in gleicher Menge wie in einem regelmässigen Kanal thalabwärts gefördert; so- — mM — bald aber das Hochwasser sinkt, so beginnt das von obenher anlangende Geschiebe sich abzulagern und nach eingetretenem kleinem Wasser erscheinen die Kiesbänke wieder in ähnlicher Lage und Höhe, wie vor dem Hoch- wasser. Es ist daher ganz irrig, anzunehmen, das un- geregelte Rheinbett führe kein Geschiebe, sondern sei ein Ablagerungsplatz für dasselbe. Wenn nun dieses zugegeben werden müsste, so wäre der nur etwas raschere Zufluss von Wasser und Geschiebe kein hinreichender Grund für St. Gallen, die mit einer grossen Gefahr bedrohten Kantone abzuhalten, bei der Eindämmung der kurzen Rheinstrecke von Ragatz nach Trübbach mitzuwirken, -oder die Ausführung derselben durch unerschwinglich hohe Forderungen zu hindern. Könnte sich aber die Theilnahme der bei der Sarganser Was- serscheide betheiligten Kantone auf die Mitwirkung bei der Correction dieser Rheinstrecke beschränken, so wäre es im höchsten Interesse derselben, einzutreten und dieses, im Verhältniss der obschwebenden Gefahr keineswegs zu grosse, Opfer zu bringen. Wenn ich nun mit voller Ueberzeugung der Ansicht beipflichte, dass auf die Eindämmung des Rheins von der Tamin bis an den Schollberg ernstlich hingearbeitet, und zu diesem Behuf die Unterhandlungen mit den be- treffenden Kantonen wieder angebahnt werden sollten, so erlaube ich mir noch einige Bemerkungen, die über die Nähe und Wahrscheinlichkeit der Gefahr eines Durch- bruches des Rheins einige Beruhigung geben dürften. Die Besorgniss eines Uebertritts des Rheins über die Wasserscheide bei Sargans entstand durch den An- blick der dem Auge sehr gering erscheinenden Erhöhung derselben über der Thalfläche. Diese Höhe ist aber be- deutend grösser als das Auge schätzt und scheint nur — 203 — wegen der äusserst sanften Ansteigung des Bodens von der Saarmühle bis an die Wasserscheide so klein zu sein. Aber gerade diese, das Auge täuschende, unmerk- liche Ansteigung des Schuttkegels der Seez gibt dem Damme, der uns gegen den Uebertritt des Rheins in das Linththal schützt, eine weit grössere Festigkeit, als keine künstliche Anlage gewähren könnte. Wäre z. B. dieser Schuttkegel nicht vorhanden, und die Thalebene in der Tiefe, wie sie sich gegenwärtig bei der Saar- mübhle vorfindet, bis zwischen Sargans und Mels an den Wasserscheidepunkt wagrecht fortgesetzt; hier aber ein sehr starker Damm von 22 Fuss Höhe, am tiefsten Punkt, quer über die Thalöffnung künstlich aufgeführt, so würde das Auge sich nicht mehr täuschen. Sehr wahrscheinlich würde man allgemein der Meinung sein, dass der Rhein diese Höhe nimmermehr erreichen und diesen starken Damm nicht durchbrechen werde, und dennoch wäre dieser Damm um keinen Zoll höher, als die bestehende Wasserscheide, und bei aller Stärke, die man demselben geben würde, unendlich schwächer als der vorhandene Damm, der auf einer Basis von mehr als 10000 Fuss Breite ruht. Das Hochwasser des Rheins vom Jahr 1817 stand allerdings nur noch 18 Fuss unter dem Uebergangspunkt der Wasserscheide, und mit Rücksicht auf die unge- heuern Folgen, die ein Durchbruch des Rheins nach sich ziehen müsste, erscheint dieses Mass sehr klein und ge- ring. Bedenkt man aber, dass der Rhein damals seinen höchsten Stand erreicht und seine mittlere Wassertiefe 9 bis 10 Fuss betragen hatte, so wird man zugeben müssen, dass nur ganz ausserordentliche noch niemals vorgekommene Naturereignisse den Rhein auf die drei- fache Höhe des Standes vom Jahr 1817 aufstauen könn- — 204 — ten, und von diesem Gesichtspunkte aus erscheint der damalige Höhenunterschied von 18 Fuss als ein Mass von ansehnlicher Grösse. Bisher verglich man immer den Höhenunterschied des Wasserspiegels des Hochwassers vom Jahr 1817 mit dem Wasserscheidepunkt; ich glaube aber, dass man hydrotechnisch richtiger den festen Punkt der Wasser- scheide mit einem entsprechenden festen Punkte des Rheinbettes vergleichen sollte. Ein solcher entsprechen- der Punkt ist das Rheinbett bei Trübbach, welches nahe gleichweit wie der Wasserscheidepunkt von der Tamin- einmündung entfernt ist. Nun zeigen die Nivellements, dass das Rheinbett bei Trübbach um 38 Fuss tiefer als der Wasserscheidepunkt bei Sargans liegt, und hieraus lässt sich ermessen, um wie viel stärker die Tendenz der Rheinströmung, bei aller oberflächlichen Ueber- schwemmung des Thalgrundes, nach dem Trübbach als nach der Wasserscheide sein müsse. In allen Untersuchungsberichten wird als Gewissheit angenommen, dass das Rheinbett durch die Geschiebs- massen, namentlich der Landquart, der Tamin und der Fläscherrüfi sich fortwährend erhöhen und damit die relative Höhe der Wasserscheide stets vermindern müsse. Es sind nun seit der ersten Untersuchung im Jahre 1808 nahe 40 Jahre und seit den sehr gründlichen Untersu- chungen vom Jahre 1818 nahe 30 Jahre verflossen, während welchen eine fortgeschrittene Erhöhung des Riheinbettes nothwendig sehr fühlbar hätte werden müssen. Sie wäre sichtbar geworden durch eine bleibende Ver- sumpfung der Thalebene von der Tamin bis an die Saar- mühle hinab, und die schwachen unzureichenden Dämme der Gemeinden Ragatz, Villers und Wangs wären nicht im Stande gewesen den Rhein in seinem hoch ange- — 20 — füllten Bett zu halten. Soll das Unglück des Ueber- schreitens der Wasserscheide durch allmählige Erhöhung des Rheinbettes von der Tamin abwärts herbeigeführt werden, so muss demselben, nach meiner Ansicht, eine totale Versumpfung und Verwüstung der ganzen Thal- ebene vorangehen, der Rhein muss sein Bett verlassen und seinen Lauf nach der tiefsten Thallinie bleibend ge- nommen haben. Noch weniger ist anzunehmen, dass während diesem langen Zeitraum eine auch nur etwas beträchtliche Erhöhung des Rheinbettes bei Trübbach Statt gefunden habe. Die Gebäude am Trübbach liegen in der Thalfläche des Rheins und hätten daher bei einer etwas beträchtlichen Erhöhung des Flussbettes bleibend unter Wasser gesetzt und verlassen werden müssen, was bis jetzt nicht der Fall gewesen ist. Ueberhaupt finden stets fortschreitende Erhöhungen grösserer Flussbetten selten Statt, wo ein bedeutendes Flussgefäll besteht und der Lauf nicht allzusehr gekrümmt ist. Wird auch die Stromrinne momentan durch eine Geschiebbank verlegt, so bahnt sich das Wasser schnell einen andern Weg und schneidet sich in die frühere Tiefe ein. Der Rhein besitzt aber von der Tamin bis an den Schollberg ein Gefälle von 3 per mille, folgt der kürzesten Linie zwischen diesen beiden Punkten und kann aus dieser, für den Abfluss günstigen Lage nicht so leicht durch seine Geschiebe verdrängt werden. ' Man nimmt gewöhnlich an, dass Geschiebe führende Ströme bei Hochwassern ihr Bett erhöhen. Es ist die- ses aber keine Regel, häufig findet dieses nicht Statt, zuweilen erfolgt das Gegentheil. So z. B. hat sich das Sihlbett im Sihlwald und bis an den Sihlkanal hinab bei dem Hochwasser vom August 1846 durchschnittlich um 1 bis 11%, Fuss vertieft. en Aus. allen diesen Gründen kann daher eine stets fortschreitende Erhöhung des Rheinbettes von der Ta- min bis an den Schollberg, und die daraus gefolgerte Verminderung der relativen Höhe der Sarganser Wasser- scheide nicht angenommen werden. \Wenn nun auch die angedeuteten Verbältnisse uns über eine rasch fortschreitende Verschlimmerung des Zu- standes des Rheins und der Thalebene manche Beruhigung geben, so darf man sich keineswegs unbesorgt der Zu- kunft überlassen. Die Correction des Rheins würde sehr erschwert, wenn man zuwarten wollte, bis die Thalebene ganz versumpft wäre, und der Rhein seinen Lauf blei- bend nach der tiefsten Thallinie eingenommen hätte. Daher wird es rathsam, unausgesetzt dahin zu wirken, dass der Rhein von der Tamin bis an den Schollberg eingedämmt werde. Es sind auch noch andere Naturereignisse als die, durch das Zusammentreffen ungünstiger Witterungsver- hältnisse veranlassten grossen Hochwasser gedenkbar, durch deren Eintreten ungleich höhere Fluthungen ent- stehen könnten. Wenn z. B. irgendwo in einer Thal- verengung des Rheins ein Bergsturz entstehen sollte, der das Flussbett hoch überdeken, die Gewässer zu einem See aufstauen und dieser plötzlich durchbrechen würde; oder wenn vom Gonzen her am Schollberg ein Einsturz erfolgen sollte, so würde eine Gorrection des Rheins nicht mehr genügen, es könnte nur noch eine Erhöhung der Sarganser Wasserscheide den Durchbruch des Rheins abhalten. Ob die Gebirgsformation im Vor- der- und Hinterrheinthal oberhalb Reichenau grössere Gebirgsablösungen veranlassen könnte ist mir nicht be- kannt; dagegen ist von Reichenau abwärts der Fuss des Calanda zu Ablösungen grosser Felsmassen geneigt, wie er das Beispiel von Felsberg zeigt. Glücklicher Weise ist aber dort das Thal des Rheins nicht verengt, sondern bedeutend geöffnet; unbekannt ist mir ebenfalls die Schichtenlage des Gonzen. Eine bedeutende Erhöhung der Wasserscheide könnte, wenn es nothwendig würde, ohne Schwierigkeit bewerkstelligt werden. Es würde sich hierfür die Stelle auf der Strasse von Sargans nach Mels vorzugsweise eignen. Ein Damm, der bei Mels in der Ebene des Bodens angefangen und wagrecht querüber an dem Fusse des Gonzen bei Sargans aufgeführt würde, könnte die Höhe der Wasserscheide schon verdoppeln. Die Wasserscheide würde von 22 auf 43 Fuss Höhe über die Saarmühle gebracht, wäre statt 18 Fuss über dem Hochwasser von 1817 39 Fuss über demselben, und 59 Fuss höher als das Riheinbett bei Trübbach. Die Ausführung eines solchen und eines auch noch höheren Dammes wäre weder grösser noch kostbarer, ‘als ähnliche Bauten, die bald täglich bei den Eisenbahnanlagen vorkommen. Solche und ähnliche Fragen müssten indessen sorg- fällig geprüft werden, und gerade aus diesem Grunde wird es so wünschbar, den abgerissenen Faden der Un- terhandlungen zwischen den Kantonen wieder anzuknü- pfen. Wie aber dieses geschehen ‘könnte, ist sehr schwierig. Es wird keine der Regierungen der betref- fenden Kantone sich entschliessen,, die Initiative zu er- greifen, weil sie sich damit in eine ungünstige Stellung verseizt, nämlich die Regierungen der übrigen Kantone veranlasst, grössere Leistungen von ihr zu verlangen, als nach der Betheiligung ihres Kantons gefordert wer- den könnten. ‚ Eben so ist sehr zu bezweifeln, dass selbst die ein- dringendsten Vorstellungen Einzelner, wenn auch hoch- — 208 — gestellter Staatsmänner , oder einer Anzahl von Tech- nikern, die Regierungen zu bewegen vermöchten, zu neuen Berathungen zusammen zu treten. Das einzige und vielleicht wirksame Mittel dürfte sein, wenn ein zahlreicher Verein wissenschaftlich gebildeter Männer aus allen Gegenden der Schweiz die Mühe übernehmen würde, die Verhältnisse des Rheins bei Sargans einer Prüfung zu unterwerfen, und nachdem derselbe, woran wohl nicht zu zweifeln ist, die Nothwendigkeit von Sicherungsmassnahmen anerkannt haben sollte, sich ent- schliessen könnte, den Regierungen der sämmlichen be- theiligten Kantone, St. Gallen, Glarus, Schwyz, Zürich und Aargau gleichzeitig eine Denkschrift zu übergeben, mit welcher dieselben auf die bedenklichen Verhältnisse des Rheins bei der Sarganser Wasserscheide aufmerk- sam gemacht und dringend ersucht würden, die im Jahr 1821 abgebrochenen diesfälligen Unterhandlungen wieder aufzunehmen und zu dem gewünschten Ziele zu führen. Ich kenne aber keinen vaterländischen Verein, der geeigneter, wirksamer und unbefangener diese Aufgabe übernehmen könnte, als die schweizerische naturfor- schende Gesellschaft. In ihrer Stellung völlig unbethei- ligt bei der Frage, müssten wohl ihre Vorstellungen eine freundliche Aufnahme bei den Regierungen finden. Die Gesellschaft würde sich auch damit nicht in eine ihren Zwecken fremdartige Angelegenheit tiefer ein- lassen. Durch die Mittheilung an die Regierungen wäre ihre Aufgabe erfüllt. NUN bıo Meto R = 17 S 8. en Ya che zn I "RN 5 2y Er 8: & Ey u RR S mx 83, I x S R R R h R Profil eines Gammeo bei N ( Haasstab- 4 2000) a Schw: Fuss | 500 Schw. Fuss Beom DAS RIMEIM - UND SEWZ “ (7 vn is WIN: SnS.Leonhand,\ 3 ’ Walensee Wasserscheide Rhein Tamına — — - 2 ee an 5 - - i 3500 + 9000 I 8000 x 17500 5200 Tilo: 136er P300 Li5ooAumel 1500 3890 25 6170 1 8100 f 3ie he F & F & EEE -E ER: z ® n | ke R iz . E gs ER ze 8 \& > Profilen v Yard Bio Meta h | t a : S 3 S S I | = De 3 Q x IS ! L 1817 gt x 250 ah E 8 > ° ! 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BSonauensenw>]| Ta ® sw 210 [; Meteorologische Beobachtungen, ange=- 12 Uhr Mittag. 722,77 718,03 717,45 722,30 721,23 717,92 720,36 | 720,22 726,00 123,78 718,76 719,72 724,81 724,76 | 726,27 721,29 726,98 725,80 724,65 ww nt v = =) SU SEI I RT Ren DNB WMD arg Un Dweoa a EN N ” RR >) “ USt ww 19) ex [O} “a fer] je} 721,74 720,20 718,57 724,95 724,35 721,60 718,25 721,79 |+19,4 | 724,62 |+15,0 723,42 |+16,2 125,28 724,60 727,37 725,35 724,84 725,61 728,51 727,26 725,97 724,27 729,88 729,36 727,02 725,14 727,48 732,04 731,36 Temperatur. 2 + 16,314 11,8)+ 5,7|+ 18% + 22,414 17,44 11,74 240 2 +25,4+19,2)+13,2|7 2 2 431,24 24,8]+15,3]18 19,64 17,21% 13,8 13 + 24,814 19,814 11,7|f ‚+ 26,814 21,44 14417 ] 442,34 Meter über | 3 Uhr 9Uh R ae e| Mini. a Abend. | +10,71+ 6,1)+5,11+ 19 +14,0/+ 8,91-# 0,51+ 16) +16,3|+ 10,1|+ 3,514 1%) +10,1[+ 8,0|+ 6,6)+ 10 +19,6|+ 10,31+ 5,6|+ 19 + 20,2]+ 14,2)+ 7,71: 225 +15,21+ 9,9I+ 9,31+ 18 E +19,4|+ 13,31+ 7,3)+ 20h + 24,5|+ 16,41+ 8,1)+ 260) + 26,614 20,1|+ 10,8|4 29 +25,2|+ 15,8|+ 14,9]+ 27 + 22,814 18,64 12,3]4 24 + 23,6 + 16,7)+ 9,5|4 2% + 24,314 16,7+11,3|5 8 +19,8|+ 12,74 13,114 2% +22,9)+ 16,27 10,317 2 + 26,514 17,414 14, 71+ + 20,214 15,7|+ 11,5[73 +23,8+49,4+14,3]F + 28,814 22,614 14,0|4% + 27,2 +16,2]+ 14,612 + 28,914 22,3 4 17,314 8 + 25,3/+ 16,94 17,5 #8 + 20,414 15,4 412,91 #8 4 E= | + le F 23,03| 15,85 10,92] % — 2ll — lit in Zürich im Monat Mai 1847. der Meeresfläche. Nieder| .. Wink ] 5 . ” i euchtigkeit skhläge. Bewölkung. mE ——mn, hr’ 12 U.|3 Uhr!9 Uhr I. | Mitt. Nach,| Ab. za N | Te # ||9 Uhr '42 Uhr | 3 Uhr | 9 Uhr |9 Uhr| 12 U.)3 Uhr|9 Uhr E Morg. Mittag Nach. Abend Mrg. | Mitt |Nach.| Ab. 1,08 |Reg.| N. |WSW.| NW.| N. |Reg.|Reg.|Reg.|bew. 25 | 16 | 22 | — | - |ONO.)ONO.| O. | NO. \cirr.|heit.|heit.| hell 64 | 48 | 60 31830 )30 | 40 | — [Reif.| NW. | SW.| NO. | NO. |eirr.| cirr.|heit.|bew. ) 46 | 45 | 64 || 2,25 |Reg.| N. |NW.| N. |NW. | cirr.) bed.| cirr.|bew. 166 | 68 | 76 || 1,53 |Reg.| N. N. |NW.| N. |'Reg.| bed.| Reg.| bed. 3156 | 36 | 44 | — |Neb.! N. N. | SO. | N. |bew.| heit.) heit.|bew. 5)a2 | 32 | 60 | — |Tn.| No. |080.|0S0.| NO. |eirr.|eirr.\bew.\bew. 5)42|28|50| — | — | N0.|080.| SO. | SO. |heit.| heit.|heit.| hell 7143 | 50 | 70 || 6,48 |ThR| N. N. N. S. |bed.| bed.|bew.| Reg. ! 46 | 36 | 42 | — | Th. 050.| ONO.| ONO.| ONO.heit.| heit.| heit.|bew. 7|32| 19 | 38 — |Th.|wnw| N. | 0. O. |heit.|heit.|heit.| hell 29|2|38 — | —| N N. 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Ho u a Br 22; er ALERT IN IEE ET boromant sr Au Sind od As a ad ahnt rer . int ik Knien, EN Rn “3 U: BE N u Bi kaöel Ge PL *Anr re g Rat re Wr #- ara ns en) rd Be BIRER tar, war: er Ri! Praiaht IR ap! RE SIERTATTTER Dr So: rn‘ Den; 22 IE ar BON: 7 ‚peR 2 1er Aue |» 77 DELaR ec 77.2 "2 en Me EN h Ibsrd! BR Ak! AN sRlLı SEITE Pu: Dt 55 72 Pe 7 Zee , a, a 2” at HER w.. 2 er ir Pe re R ‚ZUR 27 2 ve or rd E22 Rear 47 nina nn Sue I a) ee REN? Yah ee ‚a a4 ET u 3 ec 0. iR 2 SETPE See TER A ‚r BR | BE eich Y. Ah „mean, ee 1 a an EEE ET a era KB, | st re | 5. ren ner INT; WATTE: RE aa! ErKo u. pr £ POR: FRAMES LA Erw TREE RE ARE BRUT NEE | ge ae ngr Rus; rs Ey Eure 5 Frlpis en Te REF HET ET u NE uch BET. kan RB FRE, 5 ie dr rm BP RER NASE E Zr: Hate 0 / Ins EÄRT . Pack insel "HRPRLEN, ei A 13 ET eET PORN A Ar Zu Bien: u ENTER FR T Wihkie: N, BEE SR Sanng, a Fe FORBET. : Ad Ber Ab Li j A Pe nech ze joe Las ER OE} A A Ft a | eh BE TSEEE 7 EC 3 Ben Medi 04 er 2 tern. [+ 21,8 —+21,3 —+23,2 + | + 23,55 | 24,20, + 28,2/+ 24,2 + 27,5|+ 22,3 +18,5 + 18,6 +419,8 +21,2 + 20,7 +18,3 + 11,8 + 15,8 + 15,6 +17,2 +19,3 +20,7 + 22,5 +24,2 + 26,8 + 26,4 + 21,4 + 13,3) + 19,5 + 17,2) +18,8 + 22,6 +24,1 + 19,79 Abcn | Mina,osim | +12,7|+ 24,4 + 13,8)+ 19,6 +11,8)+ 20,2 + 16,9|+ 24,4) +11,9)+ 28,7 + 16,5|+ 30,2 + 15,7|+ 31,2 + 17,6|+ 29,2 + 16,3]+ 27,2 + 15,3|+ 26,8 r 15,117 26,4 +15,81+ 29,7 +18,3\+ 29,3 +16,8|+ 26,1 + 16,713 25,8) +15,6|7 26,2 + 14,4} 30,6 +20,3|7 32, +19,7|} 32,1 + 17,5} 24,1 + 15,914 24,7 + 13,74 24,6 +16,7|} 27,7 +17,3|+ 27,0 +15,2|+ 24€ +10,6/7 13, +11,11} 23, +13,6|+ 18,1 +12,81+ 21:8 +15,81+ 23,9 +14,4425, 8 + I + 45,35) 25,7) stellt in Zürich im Monat Juli 1847. der Meeresfläche. Feuchtigkeit. nn Uhr| 12 U.|3 Uhr!9 Uhr Irg. | Mitt. |Nach.) Ab. 0 | 64 | 62 | 70 34 | 60 | 58 | 70 50 | 36 | 34 | 48 0 | 34 | 30 | 40 8 | 35 | 40 | 52 37 | 34 | 29 | 50 6|38 | 33 | 48 6 | 36 | 44 | 54 9134142 | 44 » | 35 | 30 | 42 9|38 | 34|1|42 37 ! 35 | 48 5150| 44 | 49 @ 40 “3,4 “1, 51,5 — 219 Wind. Bewölkung. |. - o © 9 Uhr 12 Uh: | 3 Uhr | 9 Uhr |9 Uhr| 12 U. |3 Uhr|9 Uhr) S 5 Morg. jpiittag. Nach. |.Abend.| Mrg. | Mitt.|Nach.| Ab, | 0S0.|ONO.) W° |ONO.|eirr.| eirr.) heit. Be NO. |ONO.|ONO.| ©. |eirr.|ceirr.!bew.| hell ONDO.| ©. 0. ©. |eirr.'heit.|heit.| hell ONO.| ONO.|ONO.; NO. |heit.| beit.|heit.) heit, NO. |ONO., W. | NO. heit.) heit.|beit.| hell ONO. 0. | ONO.! ONO.|heit.) cirr.|heit.|bew.| Blitz. 0. |0S0.| SO. | ©. |bed.| heit.!heit.'bew.| Wettl. 050.|ONO. SO. |SSW.|heit.| heit.! bed. Reg.|Dr. St. SW.| SW. | SW. | W. |bew.| bed.|bew.'bew. N. 0. | ONO.j ONO.|heit.| heit.|heit.| hell ONO.| ONO.| ONO.| ONO.|heit.| heit.)heit.| heit. 0. |ONO.| N. | NNO.|cirr. heit. eirr.| heil |Ne-Pr- 0SO.| N. | NO. | 0S0.|heit.| cirr.| cirr.| heit. 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TE i + 5.28 EEPEBIER | BRETT % SE RE SE pn Te EZ VERTEILTEN | ORDER HÄLT KERHRD wire iirns ) ea BT ons di La Berti 9.4; Re de | or apart Ah ee | Khan VRR NRIEFIB TEL ER ET Retter Irina RSTIRE 10m a 2 Zr > KERTR BER For are Ct I fe. le: DR EEE RTET | BOT. aa, ter jef Hi Ba pe na DIE Hape) rer E22 7 552 277) Yun, ser @ Bi VRR re SIEHE LETET | Baryr ÜNART dc Mi Ya 2 ER 4 DE 3 Sr 6 RES langer ar EEORT Te ie ; 4 TERN Tate id rt BR rate taner | Tania (ande u FREE H BLTE 3 Sara, kot a ET) Mer area Lug, bet a BR Haas 2, a ae ee) ee RRDET % hg Ba u ; re Are a2 ‚BET Buyiouge ur BE NER RT, a NS Pr ae jest i Bio: Tas | is.ror jenl nm Ha. olnaee, LITE ER Fear RnB Seinen T a ET TEE SR A ale PERL) RN Wok + ee io;oer ARUBET ru a Fo ve. ee inne FR BORKEN. I RETTET BLU 3 DR EAU kaucr METER Ar Pr RER h RE Kane en ax Ber (ya Fo ri m 2a HERE ai lenaer REED Er hasse @ \ 4 AREA KENNE | VOTE ar Eure tn:, Mar Kaas ianee, RAR | TROER UHR >} 0er} 2 haare Vegaer |NO2Er ran | jan. uer HANS LRDEET ERLERFOWET In: Aue = a ed RT Ianaos aaa ern er Hear # Tr | er iersakth > }, — 220 — Meteorologische Beobachtungen, ange- 442,3% Meter über Luftdruck (bei 0°). Temperatur. se) 5 nn En = 9 Uhr | 12 Uhr | 3 Uhr | 9 Uhr „| 9 Uhr | 12 Uhr I 3 Uhr | 9Uhr | | IMini ne Nach. Minim. | Maxim, Morgen. | Mittag. |Nachmitt.| Abend. Morgen. Mittag. Abend. -t 722,06 | 720,88 | 720,29 | 720,86 |+22,8 +21,0 |t 25,0|5 20,21+ 15,61427,9 \E€| 721,81 | 721,35 | 722,19 | 722,85 |+23,2 +23,3 + 20,81+ 19,214 17,714 23,9 122,74| 722,25 | 720,99 | 720,87 |+22,1 |+22,7 + 25,2|} 19,81} 17,614 25,6 719,62 | 720,05, 720,30 | 720,31 |+18,1 |+18,2 |4 18,9|+ 16,8] 16,7|+ 21,% 715,66) 716,49 | 716,21 | 717,71 |+19,3)+18,6 + 20,14 16,7|+ 16,7|+ 22,4 718,07 | 719,95 | 720,61 | 723,78 |-+18,0 |+16,2 + 16,8|+ 15,7|+ 13,8] 18,6 U-1 SD br) = 1. 125,3% | 724,76 | 124,06 | 724,03 |+20,8|+23,6 + 25,2|} 21,44 14,7) 26,9 2 3 % 5 6 7 = 8. 123,771| 723,16, 722,47 | 721,93 |+17,8 | +21,0 + 23,417 18,21+ 15,314 24, 9. 722,50 | 722,85 | 723,50 | 724,74 |+19,2 |+22,8 + 20,9|+ 14,9|+ 13,7 + 23,1 0. 727,14 | 727,02| 726,98 | 727,83 |+19,0 |+20,2 + 20,4|* 15,3|+ 12,8|+ 21,0 11.\@ | 730,03 | 729,87 | 729,44 | 729,42 |+18,2 |+21,1 1+23,21+ 17,8|+ 12,214 24,1 12. 129,43 | 728,63 | 727,58 | 727,44 |+17,7 |+22,3 + 24,4|t 20,71} 13,57 245 13. 726,93 | 726,46 | 725,85 | 725,78 1+22,3 +23,5 + 26,0|+ 22,614 15,4/+ 27,1 1%. 726,14 | 725,41 | 725,04 | 724,99 |+22,7 |+25,8 + 27,21+ 22,417 16,8|# 27,6 15. 725,5%4| 725,13 | 724,88| 724,93 |+23,4 |+26,3 '+ 27,9 + 22,8+ 17,5|+ 29,1 16. 726,14 | 725,70 | 724,97 | 724,99 |+23,8 +26,2 427.814 22,74 17,1|} 29,2 17: 126,62 | 725,86 | 725,56 | 726,67 |+25,2 +27,6 + 28,814 22,84 18,2} 31,2 18. "27,53 | 726,88 | 724,68 | 726,43 |+24,4 127,7 + 28,9 + 22,6 + 17,7 + 30,4% 19.13 | 727,33 | 726,63 | 725,44 | 725,24 1+21,2 +27,0 + 27,84 20,5, 18,017 28,7 20. 124,12| 723,55| 721,94 | 722,55 |+22,8 |+28,3 |+ 29,214 20,114 15,7 +30,5 21. 722,17| 722,74| 721,15 | 721,16 |-+22,9 |+24,7 + 24,31+ 21,1,+ 17,7|7:28, 22. 721,48 | 720,12 | 719,59 | 720,63 |+23,2 |+25,7 + 26,414 19,6 + 18,317 26,4 23. 720,03 | 719,48 | 718,71 | 719,00 |+22,1 |+22,2 + 24,2+ 17,2)+ 16,61} 24,9 24. 721,97 | 722,46 | 723,37 | 724,63 |+14,2 +16,6 1415,84 13,8 + 12,814 16,7 25. 724,42 | 724,80 | 724,37 | 723,34 |+16,2 |+16,7 Ka ke 18, 26.|®| 724,34| 723,63 | 723,92| 724,12) +15,0 +15,4 14 14,3 4 1 TE 725,37 | :26,58| 727,57 | 728,76 |+13,1 )+13,2 + 13,614 13,0 + 12,0|+ 14, 28. 730,01 | 730,16 | 729,57 | 729,34 |+13,5 +16,9 419,31 + 16,4 + 13,017 19,8 127,18 725,93 | 725,02 | 724,95 |+16,8 |+20,2 + 21,414 16,8|} 12,811 23,1 724,19 | 723,90 | 722,84 | 723,69 |+16,8 |+20,9 + 21,3] 16,9 +17,8 419,4 ht 17,214 15,3|+ 13 723,76| 723,62 | 724,26 | 724,76 en, 7 + |724,314| 720,074] 123,656| 724,120 |1gselıs1] 202 — 21 — stellt in Zürich im Monat August 1847. der Meeresfläche. Wind. oe | Jhr| 12 U. |3 Uhr‘ 9 Uhr) & : 19 Uhr |12 Uhr | 3 Uhr | 9 Uhr |9 Uhr| 12 U.|3 Uhr|9 Uhr 2. Mitt. |Nach.| Ab. Z || Morg. ‚Mittag, Nach. HAbena, Mrg. | Mitt. |Nach.| Ab. ee ee | ONO.| N. | 0. |heit.| heit.|heit.| hell | Wett. . ONO.| 0SO,. . heit.) heit. .| bed.|| Donn. | NW. | SO. . | eirr.bew.|Reg.| Reg.| Donn. NO. .! 0. | bed. 'bew.|bew.| hell | Gew. | so. bed. Reg. Reg.| Reg. SO. | bed. Reg.|Reg.) bed SO. |cirr.| heit.|heit.' hell 0. |ecirr.|eirr.| Reg.) Reg. W. |bew.| heit.|heit.| hell NO. heit, heit.|heit.) hell . heit. | heit. |heit.| hell . !heit.| heit.|heit.| hell heit. heit. heit.) hell heit.| heit.|heit.! hell || wetti.! No. | 0. .| NO. |heit. heit.|heit.|beit.| Gew. | NO. b 2 . |bew.|heit.| heit.| hell|| Blitz. 0S0. ; 5 . heit.) heit.| heit.| hell} Wettt. ONO F . . |heit.|heit.| heit.) hell 0SO ; - . heit.) heit.| heit.) hell .!|ONO.| 0. |NW. . eirr.) heit.! eirr. bew.'G.u.St. 0S0.'wxw|0S0.| 0. |heit.|heit.'bew.| helllß.u.n. so. 2 - & leirr. cirr. 0. .| NO. . 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Pe a amd Pi 3 Base At Ft EL MOND ee Ha oe oe er OA F f oM, POP BR TS BR EURE. 1.00 ı > Dpuen )/ BEBURE Le GR a ze ei re ER Feht Zbod: ns TEE FRE 7 © en Zain (AR Pl 4 Biber), +3 Feed! we: [377 ne a Mara ca > Geil mit: IR Jar pi Da ‚08. EIZ BERN % ur Sl Armee ” £ Y ı r Me 14 Fang DE Ka ES Fe 2 u R eo | = hr. 2; ort wartete nn ap MRSKETENF aalı Bisca Isa ale ” 2 d a A NE u al au Sul. ou > 2.2. 207 rer Pr - 2, ek . N Li An u ' 4 ie Der a EN LTezE) h om} EN er kn 6m Mana a, ERREREN ne ne “ Ben . 5 ‘ x , w € ih . ’ J > # i 5 N # i - 3; - » r \ x in: Wr aA Im ’ wi Fe ur BREIESULATB UFER ERK & a IERL NET Dans RR PEK Ur: Rn 2, 224 Meteorologische Beobachtungen, ange- 442,3% Meter über Luftdruck (bei 0°). Be 9 Uhr Morgen. 12 Uhr Mittag. 3 Uhr | 9 Uhr Nachmitt. | 724,64 720,20 | 726,04 724,39 724,26 | 722,93 721,39 | 721,8 725,67 | 725,15 722,08 Abend. | nn 722,74 723,18 125,27 721,70 Temperatur. en 9 Uhr Morgen. 42 Uhr Mittag. 17,5 +16,4 +13,8 +19,2 —+13,8 —+15,0 + 19,614 15,014 12,614 24,1] +14,9|+ 12,3|+ 12,01+ 18,0 16,2) 12,814 10,114 16,24 123,56 723,64 123,48 726,80 727,09 729,69 127,31 723,83 123,05 123,88 726,19 127,69 728,88 726, 5 721,30 122,82 | 722,88 723,04 | 722,76 724,05 | 726,55 725,35 | 725,86 —+13,4 —+12,8 +10,5 + 9,8 +10,7 +14,8 +14,9 +13,8 +14,2 +13,6 +12,8 +12,0 +142 +15,3 +16,7 +16,9 + 16,2 + 17,2 726,84 | 725,4 ana 723,79 | 723,30 725,66 723,90 | 720,34 123,74 124,88 | 728,28 729,15 | 730,28 729,50 | 729,13 | 727,38 726,02 727,71 728,25 729,79 726,39 25 79 | 720,77 | 719,52 716,21 727,20 | 728,2 730,17 128,54 728,61 126,25 125,89 128,08 128,30 729,59 725,21 729,72 727,50 728,25 125,67 725,94 127,73 728,15 729,18 724,17 726,2 725,561 8|-+16,2 725,76 | 726,17 ‚95 | 718,93 | 719,90 720,20 727,99 | 728,07 | 729,97 | 730,49 729,63 728,08 728,49 725,14 728,29 129,63 728,10 725,227, 725,572 +14,0 |+19,3 —+-20,2 +18,0 +16,3 —+14,2 16,3 +17,0 —+11,2 +13,3 +14,8 —+16,0 —+18,1 —+19,3 +19,4 +16,2 +10,6 +11,7 +11,4 +12,3 +15,9 +14,2 2 |+12,8 +14,1 +15,2 5 |+10,2 + 8,4 +13,0 +13,7 —+14,7 +14,8 —+16,3 8 |+13,4 +10,9 + 8,8 + 8,3 + 9,8 +13, +10 +15, 4\+10,2 +12,2 2 ‚3 + 16,2 3 Uhr | 9 Uhr Nach. |Abend. BR EEE N Minim, |Maxim.| +14,6|+ 13,214 11,514 14,9 +44,8|+ 12,8|} 10,6|+ 15,5 +42,2|+ 11,3|+ 9,7} 13,8 +12,2+ 9,9)+ 7,817 14, +12,2 +12,4 +19,8|+ 14,9 + 20,2)+ 14,5 + 21,1|+ 14,8 + 22,51+ 17,2 + 16,4 +14,4 +12,1 + 16,01+ 13 +17,41+ 14, +12,3 +11 +42,8|+ 11 +15,1 + 17,1 +20,21+ 15, + 241,1|+ 16, +19,2 +18,61+ 13 +11,5+9, +12,3|+ 8,2 +12,4 +12,0\+ 9, 2 M 's|-+ 3,514 15) 21: 10,3] 47, 44,214 11,14 18, 6'+ 12,2} 21 sI-+ 9,814 22, +43,714 24, ‚s|+12,51+ 18 5|+9,21+ 1% +47712 ‚oi+ 3,1|+ 1% 5|+ 4,8|+ 18 | 15 Hau | 1608| 12 En BA —_— 23 — stellt in Zürich im Monat September 1847. der Meeresfläche. Feuchtigkeit. Nieder- Wind. Bewölkung. ng schläge. 58 \ 2 —Tr— ee — | 5 au hr| 12 U. |3 Uhr/9 Uhr) $, = ||9 Uhr 12 Uhr | 3 Uhr | 9 Uhr |9 Uhr] 12 U.|3 Uhr|9 Uhr a d- F2. | Mitt. |Nach,| Av. E 2 More. Mittag, Nach. Abend. Mrg. | Mitt. |Nach.| Ab. 46 165 | — | — || NO. |ONO.| 080.| Ss. bew.| cirr.| heit.| hell 58 | 57 || 7,29 |Reg.| NW. | OSO.| SW. | W. |bed. Reg.| bed.| bed.| Sturm. 56 |61 | — — | NW. | NW. |wnw| W. |bed.| bed.|eirr.\bew. 67 | 69 110,35 |Reg.| SW. | SW. | sw. SW. bed.|Reg.|Reg.| bed. 54 | 65 | 4,08 |Reg.! SW. | W. | w. | w. bed.| bed.| bed.| bed. 0S0.| SO. | SO. | NO. |Reg.| Reg.| bed.|Ree. NO. | NO. | SO. | 0S0. ped.| bed. Reg.) bed‘) Donn. 0S0.| 0SO.) SO. | OSO.|heit.|heit.|eirr. bed. 0S0.| NO. | NO. | O. |ped.| bed.|bew.| hell -|ONO.| ONO.ONO.| NO. 'Neb.|heit.|heit.| hell !ONO, NO.| N. N. |eirr,|heit.}heit.| hell NO. | N. N. N- |Neb.|heit.|heit.| hell No. |ONO.|wnw| NW. |heit.!heit.|heit. N. |WNW|INnw.| N. |bed.|bed.|bed. -|NwW.|NW.| N. | 0. |bed.|cirr.| bed. so. |0S0.| 5, OSO.| bed. | Reg.| Reg. nw.| W. | w. !no. bed.| eirr.|cirr, S. W. | w. W. |bew.|bew.|Reg. N. | NO. | SO. | SO. | bed.) Reg.|bew. -|0SO.| N. | NO. |! N. |Neb.|cirr.! bed. N. | NO. | NO. | NO. | Reg.| bed.| bed. | NO. | NO. | 0. | NO. | bed.| bad. cirr. NO. | NO. | N. N. |'heit.| heit.) heit. ONO.| N. N. | ONO.) heit.) heit.| heit. N. N. 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RE AA ORET |} a BE KTRE Zu | ünany ARTE EA DIHERRST “ Else FE EREaER = A en pn > ; we ne Era “Es Ein nz were ı 721,33 226 Meteorologische Beobachtungen, ange- |' Luftdruck (bei 0°). 12 Uhr Mittag. 3 Uhr Nachmitt. za 9 Uhr Morgen. 720,88 721,79 726,82 726,96 720,43 718,53 720,28 722,60 727,4 727,25 726,39 725,31 722,28 720,74 720,65 722,09 726,69 725,13 719,07 718,83 720,11 722,52 726,80 725,92 725,90 724,44 721,93 719,58 721,85 726,46 728,51 726,11 713,45 723,19 726,10 730,14 727,71 722,14 725,05 732,20 132,47 731,53 728,36 733,62 733,28 720,04 722,69 126,56 724,19 717,65 718,82 719,31 723,80 725,91 725,82 725,42 722,77 721,38 718,62 721,84 726,71 727,10 725,00 714,79 723,02 726,49 730,09 726,17 722,38 724,74 132,18 732,48 730,73 728,76 133,72 726,36 728,96 727,08 716,92 723,02 726,08 730,49 728,91 722,35 725,20 729,36 133,33 731,73 128,15 732,77 734,00 125,603] 725,220) 724,899 732,69 | 9 Uhr Abend. 719,56 724,38 727,20 722,53 716,29 719,70 719,30 726,32 726,50 725,87 125,68 723,13 721,34 718,52 723,13 727,9 727,26 723,92 717,58 723,95 127,83 729,73 725,51 723,58 727,95 133,34 732,50 730,15 729,29 733,91 732,66 ir 8,2 125,372 Temperatur. 9 Uhr Morgen. 12 Uhr Mittag. +12,4 +13,2 +11,1 +13,3 +16,2 +16,0 +15,9 +12,2 +12,1 +13,8 +13,2 + 8,5 |+12,6 + 8,6 + 9,9 + 8,7 |-+10,0 + 72|+14,0 + 9,2 |+11,5 + 9,4 |+14,8 +11,3 |+14,0 +12,8 )+12,1 +14,4 +15,8 +12,5 5 |+11,8 +10,2 +11,5 + 9,5 + 7,1 ; + 7,2 + 5,8 + 72 + 6,7 +10,4 + 8,6 —+10,0 + 6,4 + 7,0 +11,4 +14,6 —+14,0 —+12,5 + 8,3 + 9,4 Er 11,74 442,34 Meter über |! I 3 Uhr Nach. Uh ion, u Abend. Maxinge 13,614 9,614 7,714 13,0 +12,9/+ 8,2)+ 7,9|+ 13,98 +142,7|+ 8,3|+ 3,3|+ 12, + 16,414 10,2)+ 2,3|+ 17,6 +16,5|+ 13,2]+ 6,9)+ 17,1$ + 17,3)+ 11,2]+ 10,714 17,49 + 16,74 13,%+ 6,114 18,6 +13,2)+ 9,8'+ 9,71+ 13,5 + 12,24 10,0 + 3,914 14,3 +14,2)+ 8,7+ 4,513 144 + 14,114 10,0\+ 6,1|+ 147 +12,21+ 9,5[+ 6,0|+ 13,299 +10,5|+ 9,8|+ 7,514 11,8] + 10,4|+ 9,1|+ 7,6)+ 10,2 +14,61+10,8|+ 5,6|+ 14€ +13,9|+ 9,9)+ 4,5|+ 15,1 +15,5/+ 9,21+ 5,9]+ 15,1 +15,1/1+ 13,7)+ 6,014 17,1 +14,5/+ 14,2+ 6,614 15,2 +17,1|+ 13,9]+ 10,8]+ 19, +42,3|+ 11,4]+ 10,714 13% +12,7|+ 6,7 + 6,3|4 12° +11,5/+8,21+ 3,8|+ 14% +12,4| + 9,314 4,714 1%) +6,11+5,8+ 42]+ 9% +6,04 4,414 3,3)4+ 88 +521+5,1+1,6+7% + 6,51+ 6,34 1,514 % + 6,7)+ 6,314 3,9+ ZU +72|+ 6,4+5,5)+ 8 +10,6/+ 8,7I+ 5,6|+ 11] + [+1 #1 12,26! 9,56| 5,80 | 13,3 x _ mu — stellt in Zürich im Monat October 184%. der Meeresfläche. Feuchtigkeit. \ied Bewölkung. N hr! 42 U.|3 Uhr|9 Uhr) & : 9 Uhr 12 Chr | 3 Uhr | 9 Uhr |9 Uhr| 12 U.|3 Uhr|9 Uhr g. | Mitt. |Nach.| Ab. E Morg. Mittag. Nach. Ben) Mrg. | Mitt. |Nach.| Ab. NO. | NO.| N. | bed.| cirr.|heit. bed. bed.| bed.| bed.) hell bed.|heit./heit.| hell heit.) heit. .bew. . eirr.| eirr. .| bed. eirr.| heit. bell = ® . . |heit.| cirr. 10,53 | Reg. | Ss | N. Reg.|Reg. Neb. - | NW. . . |Neb.|heit. Neb. Neb. |heit. Neb, heit.) heit. Neb. .‚Neb. Neb. . - NNO. .| bed. Neb. Neb. Neb. heit. Neb. Neb, Neb. Reg. Reg- Reg. .Neb. bed. $ bew.| Sturm. heit. b Reg. .!bed. Ä .| bed. bed. h hell Neb. > heit. heit. ' bed. Reg. 2 .| hell bed. L .bew. bew. } hell | bed. h .| bed. bed. 2 .| bed. bed. k .| bed. heit.|heit.| heit.| heit. Neb, E a . |Neb. 75,3] 25,4 83,0} Summe der Niederschläge: 44,03 Mill. no TER A Hs War ar one AR aus FPRUB ae] io Lone! Im) on) Bed La Io a0 u“ ‘ er ala: FW RR um Ki me urn et Eh Tea Ins, BORN Kr2. \ " A Re, Ion vi PEIRErE He! ri a Ba. 7 DE LLBRO TEE Tr 4 Irmıe® Be wi 7 Bad 344 |. ds ZI j r '#fomo ME al: er ‚or Kuara u: E A Diemonde En Par an. re TH uk t ae A : a RM an y x f u 2. ? AR * gen] E og \ a ar AR Pe dr or ı Ama! Dei KM: ao Er HT A I.gnsl galt N. "ars une ka 63. bben! re hr ae RR re Haan Br ehe nahen Wh KO oral. Ta: nNoät“ au! Pe Bars PoE on $ Da a ar een tat a | in Be 7.20 arten} a BR Br a un. der a (on $3 2:77 en 2 + Aaron no „l id a “u ; ) & 7: ® IR; BR a aa ne De. > 4 may h ar er Eu) } u vera Kane © r ji, > eh = ul 1ER FErSEE ID EL rn N Poren ieh, #32) Ki BI %7 wu z pr - Maker Fa EN EEE re Th bu, si 27 1 Adi RE ie, nkkand.s wie RE b; ee na EN TR: USE; Br AR Ban BB N DR a Aue NET ET EREEE “ a VEN RAT DEREDET) SET LEHRER = N PER ER TERN : TE Hi. er a ee atehur on Ener ni b er ee EP Ki DO MUT. IE SUR EL, ' RT ie ae | Ra Ba re Er | neh, eRT Tau 8 aiiir.e + Rw3 wi j ee RETTET, WER 7.770 A F But; ae rer Pk re I er AR HEHE er RL tat 5 Bere era ETF Rt nn Rare 2, a BET En 0. m hr EaK REETLAAT, BT 2 N are, 7 Eat VERBEN | ale OR FEN a eeiger Wei: ak FE a ae ER SR ee easy Re Sr al a METER NT LE DB ah ee Du | KERRS | Ber Mica > m, aanıo a Na FRE al BIER. | nakkr MR 0 IRA: Ze N HoF Muh TEE 7777 Ruten a; Br Hrke ns 0) change) nein nu nen. a rn Wu RR 4 DT RER so ER RE 5 u; en BEE Som RER: ELBE ar “ HUB, BET NLOBE. ‚vos ÜsE, RT MALE Farg ep 1234 anal Mei? ‚ Meteorologiseche Beobachtungen, ange- le on = — = = | 9 Uhr | 12 Uhr Morgen. | Mittag. 1. 734,98 | 734,62 2. 736,46 | 736,40 135,23 | 734,66 132,54 | 732,01 730,86 | 730,63 730,90 | 729,25 730,42 | 729,72 125,74 | 724,43 723,72 | 724,40 734,76 | 734,59 736,56 | 735,80 731,88 | 730,13 727,71| 728,47 733,50 | 732,91 735,08 | 733,98 132,64 | 732,39 724,21 | 721,18 22,00 | 722,72 725,83 | 726,43 723,01 | 722,56 721,47 | 720,90 718,20 | 718,96 128,45 | 727,90 730,56 | 730,37 133,71 | 732,74 730,42 | 728,33 717,24| 715,12 710,42 | 709,70 713,54| 715,00 727,43 | 727,56 | 127,884 3 Uhr — 22383 — Luftdruck (bei 0°). 9 Uhr Naclmitt.| Abend. 734,42 135,83 734,53 730,96 729,95 728,67 729,60 722,64 726,58 134,55 734,05 729,93 128,82 132,95 133,34 730,90 719,53 723,60 724,76 122,79 724,47 720,33 727,88 730,55 132,89 727,39 713,45 707,63 716,79 127,64 727,461] 727,147 734,87 736,0% 734,36 750,90 730,90 728,88 728,61 722,51 728,00 734,90 133,83 729,25 730,78 133,35 133,87 734,06 719,27 725,13 724,25 723,69 719,54 123,24 727,58 731,33 732,63 725,75 712,35 708,30 721,89 728,19 | 442,3% Meter über Temperatur. ur 9 Uhr | 12 Uhr Morgen. | Mittag. 3 Uhr Nach, 9 Uhr 2 jAlengl, Max Minim. 72 +11,1 413,04 9,81+ 4,514 13,8 8,2 +11,3 + 12,3|+ 7,7]+ 7,01+ 128 5,1 + 7,21+ 6,8+ 4,448, 5,2 |+ 6,6 + 7,1|+ 5,7)+ 3,6|+ 6,8 4,8|+ 7,3 + 6,8|+ 5,8|+ 3,51+ 74 4,9 6,8 +6,4+47+43|+ 6 3,7 +8,11+ 6,2/+1,6|4+ 9 6,8|+ 9,5 410,314 8,2]+ 5,31+ 11 8,0 + 10,2)+ 6,0|+ 5,31+ 104 4, \+ 5,6)+ 3,7|+ 2,214 4 2 +3,5[+ 3,14 1,94 s|+6,2)+41/+ 1,7)+ 6 0 +6,14 5,2)+ 2,3j+ 6% 8,2 + 8,6|+ 8,0|+ 4,51+ Sl 8,6 +8,14 7,0|+ 3,9|+ 10 8,1 + 9,9)+ 9,1|+ 5,0|+ 10 6,1 |+41/+3,6/+2,7+% 2,0 + 2,5+ 1,34 1,0 +2. 1,7 +1,8+1,5+0,11+8 0,3 |+ 0,41— 0,2|— 0,7) +0 +2,1+0,7]— 3,7)+4 5,3'+5,21+ 23,77—1,3]+8 6,1 1+64+5,2]+0,9+7 7,8|+ 8,0|+ 7)+ 3,348 6,1|+5,5|+48|+ 3,4447 3,81+4,11+ 23,5) 1,7)+4 3,0 + 2,11+ 23,1|—1,6|+2 3,1 |+ 3,01+ 1,2)— 2,8148 2,4 |+ 3,44 5,5— 47|+8 5,8 + 6,8|+ 3,54 3,3|+ 7 | ® © FFHrFHrHrHr HH 2 BEIZEZEITEITEITEE WERSLTEFSEREFEN EINE io FItı+Ftttt © 127,608 — 2199 — stellt in Zürich im Monat November 1847. der Meeresfläche. r 12 U.|3 Uhr 9.Uhr| & : ||9 Uhr 112 Chr | 3 Uhr | 9 Uhr |9 Uhr| 12 U,|3 Uhr|9 Uh . | Mitt. |Nach.| Ab. Morg. ss Nach. | Abend.| Mrg. | Mitt.|Nach.| Ab, ONO.| ONO.| NNO.| NNO.heit.| heit.|heit. 0S0.| ©. | bed.|heit.|heit. NO. | ONO.|Neb.|Neb.| bed. ONO. .Neb.|Neb.|Neb. .Neb.|Neb, - Neb.|Neb. .|Neb.| bed. «bew.|bew. «| heit.| heit. -|Neb.|Neb. «‚Neb.}Neb. .| heit.| heit, «| bed.| bed. - bed.| bed. -| heit.| cirr. .| bed.| bed. - Reg.| bed. . bed.|bed. . bed.| bed. .| bed.! bed, .| heit.) heit. .| bed.| bed. .| bed.| bed. .) bed.| bed. .| bed.| bed. .\bed.!| bed. .\Neb.|Neb. .| Reg.|Ab.Fön .| heit. IE Inte ro, ae N, ei } A dir ER EEE ET ST er ‚ey dene iäs par ur REN HOTN 0 ar der. da re are Lab EB a Re DM RE | a ee ee ent RR me Ba ER le SR RT, EEE I Laser] „dir ER a IR. Kor? Pr AL ARRR cE Lau hy Fee DPA ERBE TE ER Oh a a 2 are Br nit, uf, P ER AR * ; ee | eripen el Rn ae RE TEN ER SRTT.E jo elf a E EN Ber 55 an Te Ban 08 et RE RSREEO NE 0 #30 une un RR ee ge an 12,8 up VE 1 un a a a a : 448 BE ERSD ER) 2 or ae es‘ - Kara or dan Te mu rbsi} MET 4 2 Eu ER Fan: .. ER; weit u kaum: & N on hart EA RO Fu a r j m . Me E” ins y ginn‘ BO ind, A en Een ln ee ., BR: "n. A ru: Prem IR ; vn se EIER 2 Re Th rt ae # ’g ah BE NR BT TR u zZ Ir SDR LANE. DR) EREREROENEER Bi ’ ae a De Me en E e Lo" ae! RSEIE 2 ARTE Een Sa * vn A EN I En art Fir y ee! IA 4m ws t IE ET een? ri Een, 4 DB inc h' 2 % RN R Kl TR wu rdlan lonaian a N } er Wr AT BEN DH | IH TER TUT Deryt ı N 2 ip \ i TR MAT ra RR a RN ne u (a N Be ru Nr. | una te Fa MORRERE ROT Ten FT! } R hy a ee Teer (000 NS 8 ik» Ben Me ar AT Nr In PBRr, au ERS \ \ a a a EA a a treten re hm SE er ir er r rt F +3 iin a | u Tıaa s- Due re P,+ BELA BEE ERBE ee rer Ay 4 P ea te ; - Pi REN u Bam! X a BE, KAREL VRR at "0 . EL | er N % Re | Y, re A " ? BE = UBS: he OR ee ı u} x g. ET A! \ i ee A dar DENT wi I ng I SEE TITRS: = rs a h 2 . 2 > i #7 Te ae re er ae Er BRENNT ERRTT er RB E Yen: 14 ‚ rd - na Br NAMEN bi don A Ay reset > { N VERRE TTS} une] Dr RE BETEN NE TR ea Pölpen de Obere TEL Ba EEE ai BEE RR TTRIT RERER |i0e Nr eikigt Tcbisen | BEER Ag une Stan. ee! | ee Tayaue‘ ansen ! Derek ee 7 Ne ls ser | ah SPORE Trage Iea,sur' | wasghe | ei? TR or jtear u RR 5 ih 7 o Di Seh unner]| Tag. —_— = Pr SE | Mond. .® \€ 9 Uhr 12 Uhr 3 Uhr 9 Uhr 9 Uhr Morgen. | Mittag. |Nachmitt. Abend. | Morgen. ne 130,92 | 731,10 130,98 | 132,73|+ 3,2 733,01 | 734,19 | 734,17 | 733,60 |+ 6,9 732,60 | 731,19 | 730,99 | 730,14 |+ 3,2 728,17 | 727,25| 726,02 | 725,19 + 0,2 722,02 | 720,93\ 718,81 | 718,05 0,6 716,75 | 714,54 | 710,76 | 706,93 |+ 6,2 705,07 | 704,84 | 704,10| 704,90 |+ 4,5 710,65 | 715,12 | 717,88 | 719,44 |+ 3,7 728.21 | 728,38 | 728,71 | 729,34 |— 1,8 729,46 | 728,95 | 728,18 | 728,18 |— 1,9 127,05 | 726,42 | 726,72| 727,04|- 3,0 729,16 | 729,65 | 729,52| 729,85 |- 2,1 7131,08 | 730,82 | 730,58 | 730,47 |- 2,6 734,09 | 730,84 | 732,47 | 732,03 |— 3,1 733,34 | 732,76 | 731,90| 731,84 3,5 731,30 | 730,29 | 730,19 | 730,31 | 3,1 731,79 | 731,92 | 730,47 | 729,82 724,90 | 723,20 | 722,06 | 719,55 716,59 | 716,10| 714,62 | 714,29 | - 3,3 71322| 712,90 | 712,85 | 713,43 | 3,5 713,98 | 713,57 | 713,72 | 714,60 716,11 716,68 | 715,23 | 719,13 |— 1,6 12145 | 721,54 | 721,89 | 722,05 |— 3,0 720,69 | 719,79 | 721,25 | 720,71 |— 2,3 723.28 | 723,33 | 723,02 | 723,03 |— 2,8 725.33 | 725,09| 724,65 | 724,44 |- 3,1 723,98 | 723,91 | 724,04 | 724,56 |— 3,5 727,80 | 728,11 | 728,40 | 728,70 |— 2,8 728,36 | 727,18 | 726,56 | 726,10 | 2,9 722,58 | 722,03 | 721,74 | 721,46 | 3,4 720,87 | 719,86 | 719,18 | 719.26 |— 2,8 724,016 723,612] 723,586 Meteorologische Beobachtungen, ange- 232 Luftdruck (bei OP). M. | 724,207 1 Temperatur. 12 Uhr Mittag. IIIIFtHHrHHtHt rt 9,2 6,3 1,9 1,4 —-— | + |+ | Tele | 1,06| 0,02] 0,09 | 0,65 | 2,67] O4 442,34 Meter über 3 Uhr | 9Uhr Nach, Abend. | B| Minim.|Maxim) +6,3|+ 484 4,314 SR ++ + 2,5|- 02|— 2,714 # 1,2) 1,61— 35/1 —1,3|- 311 411— 8 — 1,2] - 1,61 4,65 — 1,6) 1,61 4,5) - W 0,01 — 0,8 — 2,5 — 0,8|— 2,1 — 3,6, — 0 — 1,1) - 1,3) — 45) — j 5 A ‚o\--2 31-4511 - 42|—47—-2 — 2,1) - 31-491 _ 2,3) 2,9 4,748 _ 3,3] 2,8) 5,02 — 3,0) — 2,7) 5,11% 233 stellt in Zürich im Monat December 1847. der Meeresfläche. Feuchtigkeit. u —a—a—1—— hr! 42 U.|3 Uhr,9 Uhr) Mitt. |Nach.| Ab. l 84 86 87 84 90 | sı 1) 79 | 86 || so i 1 81,9) 82,1] 86, Nieder- schläge. 4,05 |N.R. ‚Neb. Neb. Neb. N.R. Morg. [rue Wind. ve 9 Uhr |12 Chr | 3 Uhr| 9 Uhr Nach. | Abend. ONO.| ONO. 0. | NO. NO. | NO. ONO.| NO. NW. .| NO.| N. .|NNW NNW| N - | NO. ONO. N. Bewölkung. 9 Uhr Mrg. . |Neb. Neb, . |Neb. . |Neb. .!bed. .| bed. -|bew. .)bew. «| heit. «|Neb. -Neb. «/|Neb, .|Neb. «Neb. «!Neb. «|Neb. - Neb. -'Neb. -'Neb, 12 U, Mitt. bed. bed. heit. Neb. -|Neb. -|Neb. «) bed. | Sch -| bed. «| bed. «| bed. -| bed. | bed. «| bed. «| bed. «| bed. 3 Uhr Nach. a (Ve EEE. EEE VE Sum. d. Ndschl.: 65,34 Mill. Den 17. 7 U. Ab. Nordlicht. 9 Uh Ab, EEE ‘7 “ » Eragon N in Ar zeig gaa hai EN RE a eo aba a He VE nd aaa on) j Nas Löigkt.ılerc en Ah Le Baar) ı © 22 529 /Bre 2, udn wur a ee na! had le er Br ek Ach Wh [ sad! Sign, We ö 16,07 ar LA 2 h uliad \.66 Oh A ee Re HERAN ERDE Kal A) A Eauil: vn 2 kn aansgriaich f zkirke In (BER RES va AT u Me Yah Imyge; # a mol; Er is Iren. iR. ‚doeh Ey A «i af „ok, a sand 1 j Alf u A Ole Ask Bi) 3 Er e; an I Beh U De Fr Be tere hi ie 772 Pd 6 | oa ren ur ee: 3 , ee MITTHEILUNGEN DER NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. oN? ıh. TRENNT September 1847. J. Brämi, Mittheilungen über die Insekten der Eichen. (Vorgetragen den 7. Juni 1847.) Unter allen Pflanzen, welche dem Gontinent von Eu- ropa zugetheilt sind, behauptet unstreitig die Eiche den ersten Rang, von welchem Gesichtspunkt aus dieselbe betrachtet und mit anderen Pflanzen verglichen werden mag, sei es nach ihrer Individualität, nach Grösse, Le- bensdauer und Schönheit, oder nach ihrer mannigfaltigen Nutzbarkeit für die Oekonomie und Industrie der Men- schen, oder nach ihrer Beziehung zu der übrigen Pflan- zenwelt und dem Thierreich, vorzugsweise den Insekten. Für diese ist jede Eiche wahrhaft eine Welt im Kleinen; so viele Arten und Individuen derselben tauchen alljähr- lich auf ihr in’s Leben hervor, um den ganzen Cyklus ihres Daseins auf ihr zu durchlaufen, und Befriedigung für alle Bedürfnisse zu finden. Es tritt daher auch die grosse Mannigfaltigkeit in den Formen der Entwickelungsgeschichte und Lebeusthätigkeit dieser kleinen Thierwelt an den Eichen am auffallendsten und merkwürdigsten hervor, weil so viele Arten aus al- len Glassen derselben auf ihr wohnen, und bieten nicht nur dem Entomologen, sondern auch dem physiologi- schen Botaniker ein unerschöpfliches Gebiet für ihre For- schungen dar. Betzterm durch den merkwürdigen For- Heft 2 Be er menreichthum an Gallenbildungen , deren Entwickelungs- gesetze noch gänzlich unbekannt sind, und wobei es. be- sonders wichtig wäre, zu ermitteln, ob und in wiefern die organische Entwickelung der Pflanze dabei influire. Ueberdiess muss es dem Botaniker, welcher die gesammte Naturgeschichte der Pflanzen studirt, von Interesse sein, die Insekten zu kennen, welche jeder Pflanze angewiesen sind, und so verschiedenartig und oft tief auf dieselbe einwirken; so wie es hinwieder den Entomologen, welche das Naturgeschichtliche der Insekten vorzugsweise studiren, wichtig ist, die Insektengruppen, welche jede Pflanze bewohnen , überschauen zu können. Solche Zusammenstellungen von Insekten nach den Pilanzen, von denen sie ihre Nahrung ziehen und auf denen sie ihre Metamorphosen durchlaufen, sind aber bis dahin noch wenige den Entomologen und Botanikern dargeboten worden, und desswegen dürfte es nicht ganz unnütz sein, einen Beitrag zur Ausfüllung dieser Lücke in der Naturkunde zu geben, der zugleich die naturgeschicht- lichen Kenntnisse des Gant. Zürich tiefer begründet, in- dem alle nachfolgenden Beobachtungen einzig auf dem Ge- biet desselben gesammelt sind. Diese Uebersicht wird aber noch weit hinter der Voll- ständigkeit zurückstehen, weil die Beobachtungen gröss- tentheils nur in dem kurzen Zeitraum von fünf Jahren, und bei nur seltenen und beschränkten Gelegenheiten ge- sammelt werden konnten; so wie denn auch die Gebiets- theile, in denen beobachtet ward, neben den Umgebun- gen von Zürich und Dübendorf sich auf einige Wald- partien bei Lindau und am Katzensee, bei Kloten, Bü- lach und Rümlang reduziren. Auch konnten meisten- theils nur die Laubpartien der Eichen und die Bekleidung der Stämme untersucht werden, während nur sehr sel- BE I: - tene Gelegenheiten mir einen Blick auf die Bewohner vom Splint, dem Grünen, Dürren und vermoderten Holze ver- gönnten, und die Wurzeln mir bis dahin gänzlich unzu- gänglich blieben. Wie bekannt ist, so sind von den pflanzenfressenden Insekten nur wenige, welchen ausschliesslich nur eine und dieselbe Pflanzenart zu ibrer Nahrung angewiesen ist, um so wichtiger ist es aber auch diese zu kennen und hervor zu heben; in dem Nachfolgenden sind dieselben durch gesperrte Schrift ausgezeichnet. A. Insecten, welche sich von den Blättern der Eiche nähren, — sind sowohl nach ihrer Arten - als Individuen-Menge weit- aus die zahlreichsten; in forstlicher Beziehung aber, selbst wenn sie in grossen Massen auftreten, keineswegs die nachtheiligsten für das Gedeihen der Eiche, weil sie nur den hinfälligen Schmuck der Blätter theilweise zerstören, welche Verunstaltung gewöhnlich nur wenige Wochen auffallend bleibt, weil die in Massen auftretenden Laub- fresser mit der ersten Entwickelung der Blätter erschei- nen, deren Verlust durch das fortschreitende Wachsen bald wieder ersetzt und verdeckt wird; jedenfalls aber ein etwelcher Nachtheil nur auf die Dauer eines Som- mers beschränkt bleibt, auf ein folgendes Jahr aber kei- nen Einfluss behält. I Lepidoptera. Die Kenntniss der seltneren Arten dieser Eichenbewohner, verdanke ich grösstentheils den Mittheilungen des Hrn. Pfr. Rordorf in Seen. A. Papillionida. Lycaena Quercus. Selten, aber durch das ganze Gebiet. — Spini. Nicht selten. B. Sphingides. Atychia Pruni. Selten, an den östlichen Gränzen. GC. Bombyecites. Aglia Tau. Als Ausnahme ; lebt normal auf Buchen. Harpyia Fagi. Selten, mehr auf Ahornen. Notodonta camelina. Nicht selten, überall, auch auf Linden. — velitaris. Sehr selten; bei Seen. — dodonaea. id. — chaonia. id. — querna. Bei Seen. — trepida. id. Liparis detrita. Nur auf niedrigem Gebüsch; selten. — Monacha, als Ausnahme, und zum Glück nur sehr selten, während sie im nördlichen Deutschland in sehr verheerenden Massen auftritt. — V- nigrum. Selten, bei Seen. — auriflua. Häufig, aber gewöhn- lich auf Weissdorn. Orgyia pudibunda. Nicht selten, doch mehr auf Haseln. — gognostigma. Selten. — antiqua. Zerstreut, nicht selten. — bucephala. Lebt gesellig, öfter auf Haseln und Birken. Gastropacha betulifolia. Selten; bei Seen. — Pruni. Sel- ten. — Populi. id.; bei Seen. — processionea. Einst sehr häufig auf den zerstreuten Eichen auf dem Riedt bei Dübendorf; auch an der Ostseite des Uto nicht selten. — Catax. Selten. — Neustria. Gemein, doch mehr auf Obstbäumen. D. Noctualites. Aeronyeta Aceris. Selten. — Alni. id., bei Zürich und Winterthur. — Rumicis. Nicht selten. Diphthera ludifica. Sehr selten bei Dübendorf und Seen. — Orion. Bei Seen, Rordorf. Cymatophora Oo. Selten. — ruficollis. id. — flavicor- nis. id., Umgebung Zürichs. Noctua gothica. Selten. u re Amphipyra pyramidea. Gemein, doch mehr auf Linden. Hadena convergens. Selten. Miselia aprilina. Durch das ganze Gebiet, bei Seen oft häufig. Orthosia munda. Sehr vereinzelt. — stabilis. id. — mi- niosa. id. — cruda. id. Xanthia rufina. Durch das ganze Gebiet, aber sehr ver- einzelt. — ferruginea. Selten. — croceago. id. Cerastis satellitia. Aylina rhizolitha. Selten bei Seen. — petrificata. id. Ophiusa lunaris. Selten, auf dem Zürichberg, nur auf jungem Eichgebüsch. Catocala Fraxini. Selten und nur als Ausnahme, sonst auf Eschen. — dilecta. Selten, bei Seen. — sponsa. Nicht selten und sehr zerstreut. Brephos Parthenias. Selten. Platypteryx Sicula. Sehr selten. — Falcula. Nicht sel- ten. — Hamula. Selten. E. Geometrae. Ennomos notataria. — dolobraria. — illunaria. — lu- naria. — angularia. — erosaria. Ellopia honoraria. — margaritaria. Geometra vernaria. — viridata. — aestivaria. — bajularia. Crocallis elinguaria. — pennaria. Alle diese Spannen- messer sehr vereinzelt, Boarmia roboraria. Selten, in der Umgebung des Ka- tzensee’s. Amphidasis betularia. Als Ausnahme, sonst auf Birken. — prodromaria. — hirtaria. — pilosaria. Alle drei ziemlich selten. Fidonia aurantiaria. — progemmaria. — leucophaearia. Cabera punctaria. Acidalia brumata. Dieser so häufige und schädliche Span- Po ner liebt auch vorzüglich die Eichen, obgleich er fast alle Arten der Laubbäume angeht. — dilutata. — bi- lineata. (remein, vorzugsweise auf Haseln. Larentia psittacata. F. Pyralides. Herminia barbalis. Selten. Hercyna strigulalis. id.; bei Seen. G. Tortrices. Halias quercana. Nicht selten am Uto u. bei Dübendorf. Heterogenea testudinana. Nicht selten am Uto und Zü- richberg. — asellana. Sehr selten bei Dübendorf. Tortrix heparana. Selten. — viridana. Periodisch in Massen auftauchend, und dann die grössten Eichen fast entlaubend ; so beobachtete ich ihn am Katzensee und einmal bei Dübendorf; in den Zwischenperioden ist er selten. — Lecheana. — plumbana. Selten am Uto und bei Dübendorf. Sciaphila litterana. Selten. — asperana. id. Paedisca profundana. Selten. — corticana. Nicht selten. Teras caudana. Selten, Zürichberg, Uto. — aeneana. Rordorf. Bei Seen. Alle diese Arten rollen als Raupen die Blätter auf sehr verschiedenartige Weise zu ihrem Schutze gegen Sonne und Regen, indem sie zugleich die inneren Theile der Tute verzehren; gewöhnlich rollen solche Raupen nur die eine Hälfte der Blätter, zuweilen auch das ganze Blatt; andere ziehen mehrere solche zusammen. Ist eine Tute abgeweidet, so geht die Larve bei Nacht auf andre Blätter über und wickelt dieselben in gleicher Form. H. Tineites. . Phycis quercella. Selten. — tumidella. id. — conso- ciella. Bei Seen. a Hypsolopha asperella. Nicht selten durch das ganze Ge- biet. Tionea complanella. Ueberall häufig; minirt die Blät- ter in grossen rundlichen Flecken, doch nur auf jun- gen Eichen. Ornix hilaripennella. Nicht selten; minirt in grossen unregelmässigen, braun werdenden Flächen. — pal- lipennella. Selten. Ausser diesen sind mir noch 4 Arten minirender Le- pidoptren-Larven nach ihren besondern Minen auf Eichen bekannt. Cleophora coracipennella. Feller. Schreitet in grossen, ‘schwarzen, hakenförmig gekrümmten Säcken auf den „Blättern umher. — ? — In kleinen, geraden, hellbrau- nen Scheiden. li. Ilymenoptera. Die der 2ten Familie sind die charak- teristischen ausschliesslichsten Bewohner der Eichen. A. Tenthredinetae. Tenthredo mandibularis Fab. Nicht selten durch das ganze Gebiet, aber auch auf andern Laubbäumen. Eriocampa adustata. Die schneckenartige Larve lebt gesellig an der untern Blattfläche und skeletirt dieselbe sehr fein. Nur an jungen Bäumen und an den un- tersten Blättern. Sclandria species. Oft häufig und gesellig an jungen Eichen, deren Blätter die Larve unregelmässig, ei- nem weitmaschigen Netze gleich, skeletirt. B. Cynipserae. Cynips. folii. Linn. Häufig durch das ganze Gebiet. — longiventris. Hart. Selten, bei Dübendorf und im Bülacher Hard. — divisa. Hart. Häufig, überall an Eichengebüsch ; die erbsengrossen Gallen oft zu 20 auf einem Blatt. — ampla. * Selten, aber dann in BEN. grosser Zahl auf einem Blatt nur an ganz jungen Ei- chen; Hottinger - Berg. — echinata. * Selten, auf dem Geissberg. — interruptrix. Hart. Sehr gemein durch das ganze Gebiet an jungen Eichen. — bacca- rum. Linn. Ueberall häufig, aber sehr zerstreut. — gregaria. * In den Wäldern bei Lindau an jungen Eichen. — mirabilis. * Diese wunderschöne Galle wächst auf eigenen Stielen an der Basis der Blätter hervor; im Sihlhölzli und am Katzensee. — Ostria. Hart. Sehr gemein, durch das ganze Gebiet an Eichen jedes Alters. — bifrons. * Selten, am Uto. — eir- rhosa.“ Sehr selten, am Katzensee. — simplex. * Ueberall, und vom Mai bis in den November, aber nur einzeln. — deformatrix. * Nicht selten; Sihl- hölzli, Uto, bei Affoltern. — secundatrix. Hart. Selten, am Uto und bei Dübendorf. Neuroterus Malpighii. Hart. Durch das ganze Gebiet, in unsäglicher Menge fast an jedem Gebüsch. — Reaumu- rii. Auch sehr häufig, aber nicht überall und nicht all- jährlich in Menge. Wäre diese Galle nicht so klein, so könnte sie wohl gleich dem Levantischen Gallapfel benutzt werden, indem sie diesem an Härte und Bit- terkeit gleich kommt. Ausser diesen finden sich noch zwei merkwürdige Ar- ten von Gallen an unseren Eichen, ich kenne aber die Erzeugerinnen noch nicht; eine davon scheint von einer Nematus herzukommen und ward von Hrn. Dr. Hess bei Trüllikon entdeckt. Ich besitze in meiner Sammlung vier Eichenblätter eines kleinen Zweiges, die zusammen mit 408 Gallen von Neuroterus Malpighbii und Reaumurii besetzt sind, ohne dadurch im Geringsten gelitten zu haben. Synergus vulgaris. Hart. In den Gallen von €. mirabilis. 111. Goleoptera. A. Rhynchophori. Attelabus cureulionoides. Fab. Selten; rollt die Blät- ter in feste cylindrische Tuten zusammen. Polydrosus sericeus. Ueberall häufig, aber nicht schäd- lich, Phyllobius oblongus. Ebenso, doch auch auf andern Laubbäumen. Orchestes quercus. L. Häufig durch das Gebiet, mi- nirt in grossen Flächen an der Blattspitze. — Tlicis. Fab. Selten; im Hottingerberg. Nedius quercus. Häufig durch das Gebiet, überall an jungen Eichen. — undato-fasciatus. Seltner als der vorige; Dübendorf, Uto, Hütten. Anthonomus sericeus? Im Bülacher Hard sehr häufig und schädlich; er verkrüppelt die Spitzen der jungen Triebe. B. Lamellicornes. Melolontha Hippocastani. Fab. Obgleich der Käfer ver- schiedene Arten der Laubbäume angeht, so liebt er vorzüglich die Eichen ; ich beobachtete ihn vor eini- gen Jahren in ungeheurer Menge in einem Eichen- wäldchen unterhalb dem Hardthurm an der Limmat. — vulgaris. L. Bevorzugt ebenso das Eichenlaub allem andern. Mehrere Beobachtungen überzeugten mich, dass es sehr zweckmässig wäre, in die Baumgärten oder mindestens deren Einfassung hin und wieder junge Eichen zu pflanzen, um die Maikäfer von den Obstbäumen abzuleiten. C. Cyelica. Graptodera oleracea. Fab. Schadet auch oft der jungen Eichensaat. u IV. Hemiptera. A. Lopus albomarginatus. Fab. Auf jungen Eichen zuwei- len häufig. B. Jassus simplex. Sehr gemein, überall verbreitet, be- sonders an östlichen Waldsäumen; durch das Anste- chen und Besaugen durch die Larven und das voll- kommne Insekt werden die Blätter mit kleinen weiss- lichen Fleckchen wie besäetl. — nervosus. Selten. C. Apbhidina. Aphis quercus. Kaltenb. Häufig unter den Blättern junger Triebe. — quercea. Kaltenb. Selten, bis da- hin nur im Sihlhölzchen beobachtet. Vacuna dryophyla. Schrank. An der untern Blattseite junger Eichen; bis dahin nur im Sihlhölzli und an der Hoherohne beobachtet ; ist die schädlichste Blatt- laus der Eichen. Aleurodes. Spec. Im Herbst häufig unter Eichenlaub. V. Diptera. A. Tipulariae. Cecidomyia inflexa, * Häufig und überall verbreitet; die Larve rollt den Blattsaum zwischen je 2 Lap- pen nach der Oberseite ein. — pustularis. * Die Larve biegt nur einen Blattlappen’nach der Unterseite um, welcher Lappen pustulös gewölbt, runzelig und gelbfleckig wird. B. Insecten, welche in den Knospen der Eichen leben. Hymenoptera, cynipsera. Teras terminalis. Fab. Sehr häufig durch das Gebiet an jungen und halberwachsenen Eichen. Zuweilen erscheinen diese Gallen in grosser Anzahl an demsel- ben jungen Baum, und dann werden sie ihm tödtlich. ua. 1 Ale ac Ich beobachtete einst an der Kent eine junge, circa 12° hohe Eiche, welche mit mehr als 400 solcher Gallen, von der Grösse kleiner Baumnüsse, besetzt war; 5 dieser Gallen nahm ich nach Hause, und er- hielt daraus 733 Gallenwespen. Diess gibt einen Be- griff von der Vermehrung dieser Insecten! — lanifi- cus. Hart. Selten auf alten Eichen am Fuss des Üto. Andrieus inflator. Hart. Da diese Galle in den Ter- minalknospen junger Triebe entsteht, müsste sie den Bäumen sehr schädlich werden, wenn sie häufig er- zeugt würde, was aber nicht der Fell zu sein scheint; ich fand sie bisher einzeln an der Sihl bei Leibach und am Katzensee. C. Insecten, die auf der Rinde der Eichen wohnen. Hemiptera, Aphidina. Lachnus Roboris Linn. An jungen Zweigen junger Eichen, aber selten; am Fuss des Uto. — quercus. “Linn. Zwischen den Rindenritzen alter Eichen, nicht häufig. — Coceina. . Lecanium quercus. L. Auf der Rinde der Stämme am Katzensee häufig beobachtet. — gigas. * Zwischen den Gabeln junger Zweige; im Bülacher Hard entdeckt. D. Insecten, unter der Rinde und im Splint lebend. A. Coleoptera. Apate capucinus. L. Im Splint gefällter Stämme; auf dem grossen Zimmerplatz in der Sellnauzuweilenhäufig. Anobium tessellatum. Selten. Bostrichus Re Im Splint noch stehender monographus. ) Stämme, aber zum Glück in villosus. \ unserem Canton selten. ENGE - EREE Ips 4-pustulatus. Unter der Rinde liegender Stämme. Ips — id., selten. Rhizophagus politus. Fab. Bitoma crenata. Fab. Rhagium mordax. L. E. Insecten im Holz der Eichen, sowohl lebendem als todtem. A. Lepidoptera. Cossus ligniperda. Da die mehrere Jahre lebende Raupe im Holz lebender Bäume bis in das Mark minirt, so kann sie sehr schädlich werden; solcher Fälle, die das Absterben starker Eichen zur Folge hatten, habe ich bei Dübendorf mehrere beobachtet. B. Coleoptera. Hamaticherus Heros. Fab. Seine Larve wohnt eben- falls im Holz lebender Stämme, ist aber sehr selten geworden. Callidium arcuatum. L. Im Mark der Zweige, ist aber selten. . Xyltetinus pectinicornis. Fab. In ganz ausgetrocknetem Holz, wie auch: Anobium molle? Beide miniren das Holz in zirkelrun- den Gängen. F. Insecten, die sich von moderndem Eichen- holz nähren. A. Lepidoptera. Lampros Majorella. In faulenden Stöcken. B. Coleoptera. Lucanus cervus L. und — parallelopipedus eben- falls in faulenden Stöcken; beide sind selten geworden. Trichius fasciatus. L. | | i VE Campylus dispar fab. Ampedus praeustus. Fab. Melandrya canaliculata. Fab. Diaperis versicolor. Fab. Alle in dem speckig werden- den oberflächlich verwitterten Holz gefällter Stämme. C. Diptera. Ctenophora atra. Fab. Tipula Hessii. * Limnobia picta. Meig. Volucella inflata. Meig. — Auch diese alle in oben beschriebenem verwitterndem Eichenholz; ich fand und erzog alle diese Larven mit obigen 5 Käferlar- ven gleichzeitig an demselben Stamm. Ohne Zweifel gibt es neben obigen noch mehrere Arten, die in moderndem Eichenholz leben. Ueberhaupt zeigt diese Uebersicht höchstens nur an- nähernd die im Canton Zürich von den Eichen sich näh- renden Insecten; denn, auch abgesehen davon, dass es mir nur vergönnt war, während wenigen Jahren eine un- verhältnissmässig geringe Anzahl von Eichen jeden Alters und nur flüchtig und oberflächlich zu beobachten, so konn- ten auch diese Beobachtungen grösstentheils nur an nied- rigem Gebüsch, jungen Eichen, höchstens an den unter- sten Laubpartieen der hohen angestellt werden; welches Leben höher hinauf und in den Kronen dieser mächtigen Pflanzen webt, hat noch kein Auge erspähet. Ebenso we- nig weiss ich noch, welche Thierchen unter der Erde, an den Wurzeln, von der Weisheit ihres Schöpfers ihre ver- borgene Lebenssphäre empfangen haben. Aber andern Forschern sind einzelne Blicke dahin gelüftet worden, so dass man Gallwespen kennt, die bis 2° tief unter der Erde an den Wurzeln ihre wundersamen Erzeugnisse hervor- bringen. Su Endlich kenne ich noch eine Anzahl Spuren des In- sectenfrasses und besonderer Erzeugnisse, deren Urheber noch nicht ermittelt sind; und es dürften noch sehr viele, vorzüglich zweiflügelige Insecten sich von moderndem Holze nähren; mögen diese Manchem auch kaum heach- tenswerth und gleichgültig scheinen, so sind sie dieses kei- neswegs in Beziehung auf ihre eigene und die Naturge- - schichte der Eiche. Unter den namentlich aufgeführten 184 Insecten-Arten sind 157, die sich von Blättern und Knospen nähren; 15 von Rinde, Splint und Holz; und 12 vom Moder der Eiche; ein merkwürdiges Verhältnis, das stehen bleiben, wenigstens nicht bedeutend verändert. wird, wenn auch die von festen und modernden Holztheilen lebenden noch vollständiger bekannt werden. Wird diese Masse systematisch zusammengestellt, so ergeben sich 111 Lepidopteren-, 32 Coleopteren-, 24 Hy- menopteren-, 11 Hemipteren- und 6 Dipteren- Arten. Ein deutungsvolles Verhältniss, das sich wohl mit keiner andern europäischen Pflanze wiederholt. Besonders wich- tig aber und einzig ist das Verhältniss, dass nach bisheri- gen Beobachtungen, von jenen 184, 50 ausschliesslich der Eiche angehören, unter denen den Hymenopteren der erste Rang gebührt, weil sie am ausschliesslichsten den entomologischen Charakter der Eiche darstellen und die tiefsten Geheimnisse des Insectenlebens dem Forscher dar- bieten. - Man darf nicht wähnen, dass alle jene 184 Arten auf jeder Eiche aufgefunden werden können; o nein! sie vertheilen sich nach dem Alter des Baumes, den Lokalverhältnissen im Clima, Licht- und Wärmegenuss, nach der Beschaffenheit des Bodens und nach den Jahreszeiten. Immerhin mögen 20, 40— 60 Arten im Lauf eines Jahres auf jeder er- wachsenen Eiche gefunden werden, und nicht selten wer- den an einem kleinen Aste gleichzeitig mehrere Arten der- selben Insecten-Familie angetroffen; so fand ich, um nur ein Beispiel anzuführen, an einem, der Erde fast auflie- genden kleinen Aste gleichzeitig die Gallen von: CGynips baccarum, mirabilis, interruptrix und inflator. Ja häufig finden sich auf einem und demselben Blatte nicht nur meh- Be’ ENDE. rere Individuen, sondern selbst mehrere Arten von In- secten, welche für die ganze Dauer ihres Larvenstandes genug Nahrung auf demselben finden; ein solches kann ich in meiner Sammlung vorweisen, auf dem sich ent- wickelten: 95 Gallen vor Neuroterus Reaumurii, Dad „ » Malpighii, 3 Minen eines kleinen Schmetterlings, 1 Blattentwickelung eines andern solchen, also sich 101 Insecten von dem gleichen Blatt ernährten! Wie schon erwähnt, habe ich nur die im Canton Zü- rich an Eichen lebenden Insecten aufgeführt; würde ich diejenigen zugezogen haben, welche in den übrigen Thei- len Europas auf Quercus pedunculata und sessiliflora (deun beide Arten zeigen sich in ihrer Fauna korrespon- dirend) beobachtet wurden, so würden schon über 300 Arten zu nennen sein. Es verdienen aber auch noch die- jenigen Insecten, welche indirecte auf den Eichen leben, eine Berücksichtigung. Indirecte in dreifacher Beziehung leben auf der Eiche noch eine grosse Anzahl Insecten- Arten, indem sie sich entweder: 1. von den ceryptogamischen Pflanzen, die an den Eichen wachsen, ernähren; von solchen sind mir drei Arten Schmetterlinge und eine Mücke bekannt; oder 2. als Inquilinen der Eichenbewohner an sie gebunden sind. Solcher Inquilinen giebt es eine grosse Zahl, die in gleichem Verhältniss zu den Eigenthümlichkeiten der Eiche gehören, wie ihre Träger. 3. Endlich Raubinsecten, die den Eicheninsecten nach- stellen, und, insofern auch einzelnen Arten derselben, iu Beziehung auf ihre Nahrung, eine bestimmte Monophagie eigen ist, ebenfalls nur auf Eichen angetroffen werden können, und zu vollständiger Naturgeschichte mit aufge- nommen werden müssen. Unter diesen Raubinsecten ver- dient besonders die grosse Zahl von Spinnenarten Aul- merksamkeit, weil ihre Fangnetze, Wohnhütten und Eier- nester mit zu den merkwürdigsten Phänomenen der Eiche gehören. Zu diesem Heer von Insecten, die rechts- und ord- nungswegen die Stämme und herrlichen Laubmassen der gigantischen Pflanze bewohnen , gesellen sich immerzu br a 1 noch ansehnliche Scharen andrer, die gelegentlich Etwas mitzunaschen, Luftveränderungen zu geniessen oder sich sonst ihres Lebens zu freuen, unter die Einwohner mischen. Welch ein Gewimmel zeitweise auf den Blätterpartien grosser Eichen waltet, sei mir vergönnt durch nur ein Beispiel zu schildern, das zugleich merkwürdige Verhält- nisse herausstellt: ich schöpfte einst an einem warmen Nachmittag, den 23. Juni, an der untersten Laubpartie ei- ner grossen Eiche in der Nähe des Katzensees, mil nur 5 Schwüngen des Garnes 298 Individuen. von diesen waren: 69 Individuen von 24 Arten Coleopteren, 7 » » 5» Neuropteren, 1 » » 1» Orthopteren, 70 » » 26 » Hymenopteren, 10 » » 5» Hemipteren, 3 » » 2 » _ Lepidopteren, 116 » » 42 » Dipteren, 32 » ».— Araneiden. » Anschaulich kann die Merkwürdigkeit der Lebensthätigkeit der Insecten, welche auf der Eiche zusammen gedrängt sind, nur durch eine Sammlung ihrer Erzeugnisse darge- stellt werden. Meine Anlage einer Solchen umfasst schon 74 Formen solcher Momente. Als Revers zu dem Gemälde des Insectenlebens an der Eiche, soll auch dasjenige der eryptogamischen Pflanzen noch angedeutet werden, das nicht minder merkwürdig und vielumfassend ist, und ein ähnliches Menge-Verhält- niss zeigt, indem ich schon 130 solcher an Eichen fand, von denen aber eine weit grössere Zahl von Arten der Eiche eigenthümlich und nur auf die absterbenden Theile angewiesen sind, während ich bisher nur 3 Pilzarten auf lebenden Blättern sich entwickeln beobachtete. Wie bewundernswerth ist die Oekonomie der Natur! Wie erhaben die Harmonie der Schöpfung! wie gewaltig die Kraft der Eiche, die eine solche Welt anderer Ge- schöpfe trägt und ernährt, ohne von diesen anders als nur theilweise und vorübergehend gebeugt zu werden! | | | ‘ MITTHEILUNGEN DER NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. 2 oN® ie u September 1847. Hs. Hrch. Denzler, über die Erscheinungszeiten und die Erkennung des Föhns in der Schweiz. Vorgelegt den 6. Sept. 1847. Obgleich in neuerer Zeit Einiges über den die klima- tologischen Verhältnisse der Schweiz charakterisirenden südlichen Wind, der gewöhnlich Föhn genannt wird, be- kannt geworden, fehlt es dennoch an zuverlässigen An- gaben, und es will daher Hr. Denzler auf mehrere Punkte, die Berücksichtigung verdienen, so wie auf ei- nige noch unerledigte Fragen aufmerksam machen. In den folgenden Bemerkungen stellt er übersichtlich die Eigenthümlichkeiten zusammen, welche das Erscheinen jenes Windes ankündigen und begleiten, wobei theils eigne Beobachtungen und Erkundigungen, besonders aus der nördlichen und südwestlichen Schweiz, theils die me- teorologischen Aufzeichnungen mehrerer Orte (Genf, St. Bernhard, Bern, Solothurn, Basel, Aarau, Luzern, Zü- rich, St. Gallen, Bewers, Bellinzona, Altorf, St. Gott- hard u. s. w.), endlich die vor zwanzig und mehr Jahren durch Hrn. Ebel gesammelten, unten folgenden, interes- santen Nachrichten zur Grundlage dienten. Ueberdiess wurden die allgemeinen Erscheinungen durch Vergleichung mit den Beobachtungen auch mehrerer italienischen, fran- zösischen und deutschen meteorologischen Stationen ve- rifieirt. In den Alpen hat, nach L. v. Buch’s Wink, Heft 2. 2 Rz das Barometer voraus die Erkennung der Föhnperioden herbeigeführt. Der Föhn ist eine in der Schweiz so häufige Erschei- nung und zeigt in der Regel eine so bedeutende Verbrei- tung, dass sein Ursprung weit jenseits der Alpen, ja jen- seits dem mittelländischen Meere gesucht werden muss. Wenn diess Letztere der Fall ist, so wird diese Luft- strömung eine der allgemeinern, somit auch der gesetz- mässigern sein und namentlich Periodiecität zeigen. Um- gekehrt wird die zeitweilige Wiederkehr ein Beweis grös- serer Verbreitung und ihre Häufigkeit und Regelmässig- keit ein Beweis bedeutenden Einflusses auf die klimato- logischen Verhältnisse der betroffenen Gegenden sein. Aus diesen Reflexionen gingen die Untersuchungen über Periodicität des Föhns in der Schweiz hervor, deren Ergebnisse hier in kurzer Uebersicht mitgetheilt und da- mit der allgemeinern Prüfung überantwortet werden. Bis jetzt haben sich nur vier periodische südliche Luftströmungen als periodische Föhne unzweifelhaft herausgestellt, und auch der Eintritt dieser vier Föhn- zeiten kann sich um 2 —3 Tage beschleunigen oder ver- späten. Diese Perioden fallen im Mittel in der Schweiz auf den 17 — 18. Jänner, 4. März, 18. Juli und 20. Dez. Alle vier Föhne werden in ganz Mitteleuropa, Italien inbegriffen, an den charakteristischen Merkmalen (wovon unten) erkannt. Einige davon sind als weitverbreitete und heftige Föhn-Stürme bekannt. Der Föhn vom 18. Juli scheint die stärkste westliche Abweichung anzunehmen. Neun andere Föhne stellen sich ebenfalls als wenig- stens sehr häufig an denselben Tagen eintretende Föhne heraus, zeigen dagegen nicht die Regelmässigkeit der vier ersten in der Verbreitung, indem sie zwar alljähr- a lich, allein nicht auf allen benutzten Stationen eingetrof- fen sind. Diese neun sind: 23. Februar, 21. März, 21. Mai, 20— 27. Juni, 9— 10 August, 24. Sept., 29. Okt. bis 3. Nov:, 10. Nov. und 29. Nov. bis 4. Dezbr. Wahrscheinlich liegen diesen neun Föhnen allgemeine periodische Strömungen zu Grunde, allein, Süd-Italien etwa ausgenommen, nur die Alpen scheinen geeignet, ihre Föhnnatur darzuthun. Aus dem ganzen südlichen Italien fehlten leider die zur Untersuchung so höchst nothwendigen Beobachtungen. Mehrere unzweifelhafte Föhnstürme fallen indess auf einige dieser Tage. Endlich zeigten sich bei der Untersuchung noch neun Föhne mit Anklang von Periodieität, nämlich: 5. u. 16. Februar, 12. u. 28. März, 3., 16. u. 25. April, 2, Mai und 11. Oktober. Ueber den Werth oder Unwerth dieser Aufzeichnun- gen können nur ausgedehnte Untersuchungen belehren, wozu bis jetzt die speciellen Beobachtungen auf verschie- denen mitteleuropäischen Stationen noch mangeln. Hr. Denzler hat bei diesen Untersuchungen , so weil sie zu Ergebnissen geführt haben, abermals sich über- zeugen müssen, dass die wissenschaftliche (im Gegensatz zur speculativen) Meteorologie vorzüglich den Weg der speciellsten Untersuchung und Verfolgung des einzelnen Phänomens durch Ranm und Zeit einzuschlagen hat, wenn sie Fortschritte machen soll, und bedauert daher den Mangel eines Organs für. specielle Mittheilung der auf so vielen Punkten der Erde tagtäglich angestellten Beobach- tungen nicht minder, als die noch immer zu grosse und über Verdienen protegirte Vorliebe für meteorologische Mittelzahlen. Herr Denzler geht nun zu den Vorboten und Be, = Kennzeichen des Föhns über, und gründet dieselben ausschliesslich auf eigene Beobachtungen in der nördli- chen Schweiz und einige, aus Untersuchungen abstra- hirte Erscheinungen, die darum auch der innern Schweiz angehören. Zu den sichern Vorboten des Föhns rechnet derselbe: 1) Dicke, bräunliche Luft über dem südlichen Him- mel. Brume. Bei Splügenföhn zeigt sich dieselbe in der nördlichen Schweiz (Schaffhausen) gegen SSO., SO. und SSO., bei Genferföhn gegen SW. Die intensivste Färbung zeigte sich beim Gotthardföhn (S. gegen SSO.), die mat- teste beim Genferföhn, diess selbst beim Föhnsturm vom 18. Juli 1841. 2) Schnelles, selten anhaltendes Sinken des Barome- ters, verbunden mit ungewöhnlich starker, scheinbarer Erhebung ferner südlicher Berge. Die terrestrische Refraktion kann selbst im Sommer, bei kühler Witterung in den Niederungen, durch ein- brechenden Föhn eben so starke scheinbare Erhebun- gen der Alpen für die nördlichste Schweiz bewirken, als die hefligste Winterkälte der Niederungen. Als Kennzeichen des hereingebrochenen Föhns be- trachtet er: 1) Klarheit der entferntesten Gegenstände im Süden, Nettigkeit der Umrisse, Fülle der Gestalten, und bedeu- tendes, scheinbares Näherrücken derselben, verbunden mit südlichen Luftströmungen in den Wolken oder auf der Erde. Ferner Cirrus-Form der Wolken im Sommer (öfterer Mangel im Winter), und krause, krauigte, wirre Gestalten und Bewegungen in denselben, namentlich im Herbst, Frühling und Winter. 2) Nasses Flimmern der Firne und starkes Schmelzen R ni 1 $ i in", AUT ae des Schnees, d. h. schwüle Luft in den Höhen und wel- kes Grün frischer Pflanzen. Weiter: Ansnehmend leich- tere Fortpflanzung des Schalles von Süd nach Nord, bei Nacht starkes Glitzern der Sterne von S. gegen N. Nachstehende Fragen sind aus einigen, theils sehr spe- ciellen, theils vereinzelten Wahrnehmungen hervorgegan- gen, es fehlt jedoch noch an hinlänglichen Thatsachen, um ihre Beantwortung versuchen zu können. 1) Vielleicht Trübung (bräunliche, ziegelrothe) des Schnees und der Fensterscheiben auf den Alpenpässen und Firnen, Alpen und in südlich liegenden Hochthälern ? 2) Vielleicht fast immer Nordwind auf südlichen Ab- hängen der Alpen und in SW. bis NO. streichenden Thälern ? 3) Vielleicht eigenthümliche Schallerscheinungen, Ueberspringungen und Umkehrungen ? In freier Luft? An einzelnen Felsen? Auf den Firnen und Gletschern ? 4) Vielleicht knitternde Windsbrauten, häufige, sehr warme Wirbelwinde ? 5) Vielleicht auffallende Verdunstungsverhältnisse ? Ausbleiben des Thaues bei heiterm Himmel ? 6) Vielleicht auffallende Haltung mancher Thiere ? Aufsteigen derselben? Ankunft seltener Vögel? Dann wurde noch auf die dem Föhn eigenthümli- che Beleuchtung und Färbung aller Gegenstände auf- merksam gemacht, welche selbst in nach Norden gerich- teten Zimmern seine Nähe oder Ankunft erkennen lasse, an Orten wenigstens, die nicht mehr als 10 — 15 Stun- den vom Alpenkamme entfernt liegen. Die wichtigsten Auszüge aus den Correspondenzen des Hrn. Dr. Ebel, welche theils die obigen Untersu- chungen bestätigen, theils die aufgeworfenen Fragen be- antworten, sind die folgenden; die einlässlichsten bezie- hen sich auf den Pass über den St. Gotthard: La Vaux. Der aus Wallis herkommende Föhn, la Vaudaire genannt, ist trocken und der Vegetation nach- theilig, und gleicht dem CGhamsin Aegyptens und dem italienischen Scirocco. *) (Reynier in den Feuilles d’agrieulture von Lau- sanne, Heft 82.) Lugano. Föhn in Lugano bisweilen sehr stark, sel- ten stürmisch. Man vernimmt kein Rauschen aus der Luft. Mittagsföhn bringt Helle, Abend- und Morgenföhn Regen. Nicht der Süd-, sondern der Nordwind (also der Regenwind — D.) rückt die Ferne den Augen näher. Die Schälle und Töne sind beim Föhn sehr laut, wenn man sich gegenüber (?) befindet. Der Föhn ist auf dem Luganer- und Langensee nie gefährlich. Er herrscht gleichzeitig in den Höhen und auf der Ebene. Südwest bringt immer Regen, mehr als Süd. Der Föhn bringt Abends und Morgens (Regen und) Gewilter. Er ist ge- sund, während in fast ganz Italien der Nordwind Kopf- weh, Beängstigung, Melancholie, etc. verursacht. Von heftigem Föhn verspüren manche Personen den Anzug, Gesunde nicht. Der Föhn heisst im Tessin Breva, ita- lienische Luft, Meerluft. (Von den Vätern Sommasbes in Lauis, Frühling 1815.) Bellinzona. Föhn sehr selten, oft zwei Jahre ohne Heftigkeit; gewöhnlich im November und April, auch Februar ; noch kein Sturm aus $S. erlebt. Der Traver- *) Tim Waadtlande regieren zwei oder drei Föhne. Einer, der ziemlich selten, bricht durch die Lücke des Jura über Genf herein; ein anderer kömmt über die savoyischen Höhen, der dritte aus dem Wallis. In Lausanne kennt man wohl nur den SW. und S.- Föhn ? Denzler. BE 3, 7= sone, ein ONO., ist häufiger, bringt warme und kalte Stösse und wird zu kaltem NO. Der Föhn zeigt weder Rauschen noch Sausen in der Höhe, und tritt nach 12, 24, ja 48stündiger merklicher Wärme, mit gänzlicher Stille verbunden, ein, in sanften, unregelmässigen, endlich stär- kern Stössen. Dauer 1 — 8 Tage, nachher NO. Oft jene Stille und Milde ohne nachfolgenden S., und dann gern kalter NO. Dieselbe bei heiterm Himmel sowohl, als bei Regen. Folgt Föhn bei hellem Wetter, so überzieht sich der Himmel mit einem Flor, der immer dicker wird und sich in Regen auflöst, wofern nicht der NO. in der obern Luft streicht, was selten der Fall ist. Der Föhn bewirkt keine scheinbare Annäherung ferner Gegenstände. Die leichtere Schallfortpflanzung findet sowohl bei N. als bei S. statt. Der Föhn ist auf dem Langensee nicht gefähr- lich, wohl aber der Moscendrino vom Cenere her. Einige Male im Winter sind die obersten Wälder schwarz, wäh- rend unterhalb Schnee liegt. In. der Tiefe oft Kälte, wäh- rend auf mitilern Höhen der Bauer den Rock ausziehen muss. Die höchstgelegenen Weinberge und Kastanien- bäume sind oft acht und mehr Tage den untern voraus. Nach Aussage der Reisenden oft kalter N. im Tessin, wenn jenseits des Gotthards schwüler Föhn herrscht. Die Gewitter kommen in Bellinzona aus SSO., seltner aus WSW. und N., nie aus $S. Ungesundheit und Vorzei- chen des Föhns sind unbekannt. Er heisst vento caldo ; wenige Personen kennen die Namen Scirocco nnd vento seiroccale. Scirocco ist eigentlich ein SO.-Wind. (Vom P. Paolo Ghiringhelli in Bellenz, Febr. 18 15.) Am 25. Februar hatten wir den schon bezeichneten Traversone. Es gingen ihm einige schöne Tage voraus, aber ziemlich kalte, da selbst auf der Thalebene noch Schnee lag. Am Abend des 21. oder 22. stellte sich der er Traversone plötzlich ein und am Morgen war der Schnee bis auf eine beträchtliche Höhe der Berge gänzlich ver- gangen. Dieser Wind dauerte beiläufig drei Tage, und war bei Tage so warm, dass die Winterkleider recht un- erträglich wurden. Er verlor sich, wie gewöhnlich, in einen kalten Wind von kurzer Dauer. Die Stösse waren unregelmässig, nicht heftig. Es scheint gewiss, dass er der Scirocco sei. (Brief von Obigem vom 5. März 1815.) St. Gotthard. Jäger sagen aus, dass bisweilen, doch selten, südlich vom Gotthard N. bläst, wenn jenseits der Föhn platt aufliegt. Gewöhnlich herrscht der Föhn auf beiden Seiten. Sehr oft bringt er trockenes Wetter nördlich und heftigen Niederschlag südlich vom Gotthard. Wenn er dort viel Regen oder Schnee bringt, dann noch viel mehr südwärts bis zum Platifer. Häufigster Regen- und Schneefall am St. Gotthard. Föhn am wildesten in der Alp Wytenwassern, #senmannsalp, St. Gotthard, Fur- tenay, Guspis und Unteralp. Auch häufigster Regen- und Schneefall bei diesem Winde. Sehr häufig, ja fast im- mer, von Airolo bis auf den St. Gotthard kein Föhn, während er nördlich als Sturm wüthet. Beim Heranzie- hen des Föhns, wenn er noch fern, sieht man vom Gott- hard gegen S., weit unter dem Platifer, ein dunkles Ge- wölk in der Luft schweben, das sich allgemach dem St. Gotthard nähert. Auf den Ursernbergen bei Föhn Töne und Schälle viel »ringhöriger«. Im Ursernthal zeigt sich der Föhn stets zuerst am Orsino. Es gibt hier warme, trockene, feuchte, auch kalte Föhne. Bei schwächlichen, hysterischen Subjecten ist etwas von dem Einflusse des Föhns zu bemerken, bei gesunden gar nichts. (Von einem entweder in Ursern oder auf dem St. Gotthard wohnenden Unbekannten.) -_ ee Ursern a. d. Matt. Der Föhn kämpft oft allein, oft mit dem SW. vereinigt. Kömmt über den St. Gotthard; dann im obern Thale fürchterlicher Regen und Schnee- gestöber, im untern noch Stille. Sinkt von den Spitzen in’s obere Thal, es tritt da Stille ein, und nun gilts in der Tiefe. Dringt oft durch den St. Gotthard ohne Wol- ken — Heiterföhn — und bringt dann grimmige (?) Kälte. Kömmt über Hospenthal in und durch das Ursernthal, wüthet fürchterlich, und heisst Widerwind. 100 Schritte hinter Hospenthal weht kein Lüftchen. Nun Nordwind von den Schöllenen her, Nebel beim Teufelsloch herein, theils gegen die Unteralp, theils gegen den St.’ Gotthard ziehend. Daher oft Regen oder Schnee vom Gotthard her und heller Himmel über den Schöllenen, oder um- gekehrt. Tritt W. binzu, dann Kampf, Platzregen, Ue- berschwemmungen oder Schneegestöber. Dann heitert der 0. auf, aber nicht zum Vortheil für Ursern, weil gern Reif folgt, und ohne Beständigkeit herbeizuführen, indem bald der S., W. und N. den Kampf von Neuem beginnen. Nur wenn S. und N. zusammenhalten (?), — dieser nicht zu kalt, jener nicht zu heftig, — dann ist gedeihliches Wetter für Ursern. (Von Hrn. Pfarrer Archangelus Wolleb in Ursern an der Matt.) Altorf. Vorzeichen des Föhns: Sonne bleich, ferne Gegenstände wie in Flor gehüllt, Sterne flimmern gleich flatternden Lichtern, Sternschnuppen stürzen, die Dünste bilden Landrauch, der Rauch aus Schornsteinen will nicht aufsteigen, kleinere und grössere Nebel bilden sich und verschwinden an den nördlichen Abhängen der Berge, es weht bald kühler, bald warmer Hauch, die Blätter eines Baumes sind sehr bewegt, andere ganz ruhig, die Luft warm, kein Thau fällt; die Pflanzen werden welk, die mg Thiere unruhig, das Rindvieh will nicht trinken und springt mit gehobenem Schwanze brüllend umher, die Pferde schnauben in die Luft, sind scheuer und unbändiger als sonst, die Vögel verbergen sich, baden und zausen die Federn, die Fische springen über die Oberfläche des Was- sers empor, die Mücken, Bremsen und Flöhe sind zu- dringlicher und peinigender als sonst. Der Mensch fühlt Abspannung, Kopfweh, Uebelkeit, Erbrechen, Mattigkeit und Schläfrigkeit und doch Schlaflosigkeit, Reissen in den Gliedern, besonders Schmerz in Brüchen, Verrenkungen, Quetschungen, Wunden u. s. w., gliedersüchtige und an- dere Kranke leiden mehr. Mit Eintritt des Föhns erträg- licherer Schmerz und Aufhören. Föhnsturm: Der Dunstkreis wird heller und nun tritt der Föhnsturm ein, nach langem Kampf mit N. in den Wolken und Nebeln des Föhns. Geschwindigkeit und Stärke sehr ungleich; hier beinahe Windstille und einige hundert Schritte weiter werden Bäume entwurzelt; hier heftiges Rauschen in den Baumwipfeln, am Fusse leises Wehen. Weht stossweise, wirkt bis in die Tiefe des Sees, wo Wasserpflanzen und Netze losgerissen werden. Dauert wenige Stunden und auch acht und mehr Tage, häufig im Herbst und Frühling, selten im Sommer und Winter. Hört bisweilen plötzlich auf, das Wetter bleibt hell, das Thermometer sinkt, das Barometer steigt, NO. kömmt; diess hält aber nie an, sondern der Föhn kehrt zurück. Das heisst der Landmann föhnschön und es freut ihn nicht. Oft sammeln sich in höhern Regionen viele Dünste, Gewitterwolken bilden sich, und tritt der Föhn erst mit dem Regen in die Tiefe, so nennt man diess Dimmerföhn. Oft im NW. starke Wolken, die gegen S. getrieben werden und schon weit in der Höhe vordrin- gen, während in der Tiefe der Föhn noch herrscht. Hier- u u auf gewöhnlich Regen oder Schnee, die Luft wird kühler, das Barometer steigt und dauerhafte Witterung tritt ein. (Von Hrn. Dr. Lusser in Altorf.) Urnersee. Der Föhn bleibt oft 7 — 8 Tage lang in der Höhe, oder kömmt wohl auch in Einer Stunde von Flüelen nach Brunnen. Vorboten sind die Grundwellen. Dauer auf dem See 5 — 9 Tage. Ein Schiff nach Flüelen kann 2 — 3 Tage ausbleiben, dann kann man etwa in der Eile Morgens 4 — 5 Uhr hingelangen. (Wahrscheinlich von einem Schiffmann in Brunnen.) Alpenkamm als Scheidewand der Witterung. Am 3., 4. und 5. Febr. 1815 im Poothal SW, Sturm und gleichzeitig Regen, Schnee, Donner und Blitz jenseits der Alpen bei Chambery. 23 — 25. Febr. 1818 desgleichen. 26. Jänner bis 2. Febr. 1819 im Poothal starker NO,, viel Regen und Schnee, bei Chambery nach Regen und Schneefall vom 18 — 21. Jänner mild und schön bis Ende des Monats. Februar 1820 stärkster Schnee vom Sit. Gott- hard bis über Mailand, wo noch 1 Fuss tief, nördlich vom St. Gotthard wenig Schnee und in der ganzen nördlichen Schweiz bei Föhn sehr trocken und mild. So im März in der Lombardei Schnee bis Bologna, in Frankreich bei Marseille, nördlich von den Alpen weder Schnee noch Regen bei Föhn. Im Dezbr. 1818 auf dem St. Bernhard sehr mild, die nördliche Seite noch höherer Punkte ohne ‘Schnee, auf der südlichen sehr tief hinab Schnee. Dezem- ber 1818 bis Febr. 1819 nördlich von den Alpen fast im- mer Föhn, südwärts starker Niederschlag, z. B. in Ber- gamo, Verona etc., auch kalt. Auf dem St. Gotthard Schnee auf der Nordseite vom 15 — 17. Februar, vorher schneelos. Ende Dezbr. 1822 und Anfang Jänner 1823 nördlich von den Alpen hell, trocken, milde Kälte, sehr IE "ya wenig Schnee auf dem Brenner , Arlsberg, in Davos, Glar- neralpen, Ursern; — dagegen südlich vom Splügen unge- heurer Schneefall über die ganze Lombardei (in Mailand 3 Fuss), 7—10° Kälte und wöchentlich mehrere Male Schneefall, — nördlich von den Alpen nach dem ersten starken Schneefall trockene und zum Theil helle Witte- rung bei 3— 9° Kälte. Im Davos ist es allgemein bekannt, dass wenn sie dort Föhn haben. in der Richtung des Bernina und Splügen starke Niederschläge von Regen oder Schnee stattfinden. Darum, meinte Ebel, seien die Alpen als der Erzeu- gungsherd des Föhns anzusehen, und seine hohe Tem- peratur rühre von dem vielen, durch das Tropfbarwer- den der Dünste entbundenen Wärmestoff her. Abspringen des Föhns. Am 22 — 23. Febr. 1818 wüthete ein ungewöhnlicher Föhnsturm über Zürich. Im Ursernthale am 22. und der folgenden Nacht kein Wind, erst am 23. nm 9 Uhr Morgens Sturm mit fürchterlichem Schneegestöber bis 28. (Notizen von Hrn. Dr. Ebel.) Föhnzeichen nach Ebel. Himmel ganz klar, hell, bläulich. — Luft so durchsichtig und so mild, lau und warm , wie bei keinem andern Winde. — Schärfe der Um- risse und plastisch gediegener Charakter der Gegenstände, wunderbares Näherräcken derselben; diess ist in der nörd- lichen Schweiz ein sicheres Kennzeichen des Föhns, was auch die Windfahnen anzeigen mögen. Klarheit der Luft über alle Vorstellung. Bei keinem Luftzustand stellen sich die Alpen so rein, so deutlich, so scharf und nett in al- len Umrissen und innerm Ausdruck dar, wie beim Föhn. — Klang und Schall sehr » ringhörig«, in allen Richtun- gen. Annäherung der sicht- und hörbaren Gegenstände, scheinbar in gleichem Verhältnisse. MITTHEILUNGEN DER NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. ON? 16. December 1847. Prof. Raabe, über Produkte und Potenzen be- stimmier einfacher Integralausdrücke durch mehrfache dargestellt. (Vorgetragen den 11. October 1847.) L; b Jedes bestimmte einfache Integral (| o(x)dx kann fol- a gendermassen dargestellt werden: +b p=n—I J pxdx = o 3 ola + po), a p=o0 wo @ unendlich kleinwerdend, b — a -ı no ist und das Summenzeichen nur die ganzen und positiven Werthe von p, mitbegriffen die Grenzwerthe, betrifft; die Func- tion p(x) muss jedoch der Beschaffenheit sein, dass irgend ein Glied der angedeuteten Summe eine unendlich klein- werdende Grösse ist. Entsprechen nun zwei Funclionen von x, wie g(x) und g‘(x), der zuletzt erwähnten Anforderung, so gelangt man durch wirkliche Multiplikation auf folgende Gleichung: b sb t b pb f pX)dx | p’x)dx -[ [ [Xı, Xe]dx2dx;, (1) wo [xı, xg] eine durch folgende Gleichung: x, X] = panp/xd + pixalp'an (1%) Heft 2, L dargestellte symmetrische Function der Variabeln x; und xo ist. Wird ferner das Produkt: b b b f pIX)dx -f p'x)dx f px) dx a a a durch P; dargestellt, so gelangt man mit Zuziehung des Ergebnisses in (1) auf: byb rb P; wi ) [x1, x2, 35] dxzdxadxı, (2) a X X9 wo die symmetrische Function [x;, xg, x3] der Variabeln x1, Xg und x3 durch die (leichung [X1, x2, X] = [Xı, X2]p x) + [xı, xs3]p’x2) + [x2, xs])p"an (2°) gegeben ist. Stellt man allgemein das Produkt von n derartigen be- stimmten Integralausdrücken durch P, vor, d.h. setzt man b b b n—n = [ IX)UX » [ pda» - - - [ p (x)dXx, (D) «’a Ja a so findet man: bpb pb b pP, = [ [ Be [ [X1, X2, X3,..X,]d%,, : - dXadxzdxı, (Il) da X a xy Q Xn—A wo der Ausdruck [x1, X2, X3, - » - Xn] eine symmetrische Function der Variabeln x;, x2, X3,. . . Xn Ist, die durch die Gleichung: Bra Berl Ran a RE ee + B4, 22, 2 CR H on) + ee tet et Me en + [83,0 PT Nez) + [2 0, 0, lo" Dim) Am gegeben, wobei die Functionen: ER, PN, PR)» - "din (IV) der am Eingange erwähnten Anforderung nachkommen. zur 2. Werden die in (IV) zusammengestellten Functionen untereinander gleich, und zwar gleich p(x) angenommen, so bietet die Gleichung (1°) folgende dar: [xı, 2] = 1-2 pAX)pix2), die Gleichung (2) folgende: [xı, 2, 53] = 1:2-3 pIADpKXD)pIX3), und die allgemeine Gleichung (III) folgende; [x1 32, 1, + -0.)=1-2-3- - nn PRDPXDpILE) » + - PR). Dieses vorausgesetzt, bieten die Gleichungen (T) und (M) folgende dar: e b (f, gde) E= =b —=1.2.3.. | f. f*- f er: ‚PX dx... dxzdxy,(V) xJx 2; von der in der folgenden Fi bei der Annahme n — 2 ein paar Anwendungen mitgetheilt werden. 3. Aus dem allgemeinen Ergebnisse in (V) zieht man un- mittelbar folgende Gleichung: a 2 apa ( [ zwar) —t- [ f px)piy)dydx; ’o / «o x Aa Aa x [ oply)dy = gpiy)dy -f piyıdy, a’xX o o daher hat man auch : a 2 apx (f gsdk) = 2 f f pix)piy)dydx, o } o o £ aus der sehr bald folgende gezogen wird: nun ist: a 2 1 pa (f dk) = | f px)p(xy)xdxdy. (A) o 0 (0) I. Mittelst dieses allgemeinen Ergebnisses gelangt man bald auf: (e) SS are vollzieht man rechterhand die Integration nach x, so er- hält man: A dx \2 1 dy ee) =- (u. fi - ae „| i-y aus der sehr bald folgende Bestimmungen gezogen werden: (Arclang. a)? = n=z=& 2% >> ER . -@n +2), 3 4 a? Ya: (3) re DD -(2n +1) (n+ 1\1+ 2% ı (Aresin. a)? = 5 rn ade Ba Bi SR TEN EN DLR ER ER: --(20n +1) (n+ 1) wo die Summenzeichen über die ganzen und posiliven Werthe von n, mitbegriffen die Grenzwerthe, sich er- strecken. — Die Reihe in (3) convergirt für alle reellen Werthe von a, die in (4) aber nur für jene Werthe von a, die die Einheit nicht übertreffen. 11. Dieselbe allgemeine Gleichung (A) führt auf: 1 RS iM (J ea ) -[ fe all + YP)X axay, 0 o o die, wenn rechterhand die Integration nach x durchge- führt wird, folgende darbietet: 1 nz 14 _.— al + 9 re Jo 0 e a: wo a eine beliebige Gonstante ist. Setzt man einstweilen: | ja all + y?) .-| #8 vi, RE m ae so hat man auch: 1.a — ay? — a e e u =e ————dy, o 1+y y woraus sehr bald folgende gewonnen wird: « 12 1 n n _a 1 — (— 1)"y?n a u=e >> (f —_ Ayla; a & 1+y 1-2-3-..n vollzieht man die angedeutete Division hinter dem Integ- ralzeichen, integrirt hierauf innerhalb der angezeigten In- tegralionsgrenzen, so erhält man: n=o= —r en de 1)" a Be ste EN ag el 3°, Führt man folgende durch f(x) darzustellende Function von x ein: m=x+ (tr tn 1 1 1\ 4 N ser De ee ee so bietet das Ergebniss in (5) folgende Integralbestim- mungen dar: ES eu f, Ii+rz dr = ur = fa), (7) 1 b) —a ( [ e ae) un fa), (8) Jah a in denen a eine beliebige Constante ist. Aus dem letz- tern Ergebniss zieht man auch folgendes allgemeinere: b 2 — ab? — aı? e 4 ( f, s ie) = — — f(ab}), (8°) wo a und b beliebige Constanten sind. a Be Aus der Gleichung in (7) wird ferner entnommen, dass der Grenzwerth von e”*f{x) beim unendlichen Wachsen 14 7 (8%), falls a und b reell, und letztere unendlich gross- werdend vorausgesetzt wird, die bekannte Integralbe- stimmung: ei a — a8 , .. Ale I; e dx. :y: > (9) wo a eine posilive reelle Gonstante ist. Beachtet man endlich den Umstand, dass folgender Ausdruck: der reellen Grösse x gleich ist; daher zieht man aus 1 1 1 a at 1.3 RW re Wale Ca kleiner als eins ist, und dass die ohne Ende fortlaufende Reihe: x2", x3 x’ ac am 12.8 > für jeden endlichen Werth von x zu der convergenten gehört: so kann dasselbe um so mehr auch von der Reihe in (6), die fix) darstellt, ausgesagt werden. A. Wenn mit der Gleichung (1) die Specialisirung und Umstellung der vorangehenden Nr. vorgenommen wird, erhält man: a a f pix)dx f pıxdı = 0 0 I pa = [ [pXip/ay) + payıp’o]xdxdy. (B) 0.0 Dieses allgemeine Ergebniss führt folgendes specielle herbei: 2, ae 1 1 2 [ ee ax 1x f bar, — /0 @ 1 -(f har (a + by?)x Ilakıp (b+ AyF)X) axay, oJo aus dem folgendes gezogen wird: 1 1 | e as -f e bx? ı, h) 0 et a 14 oe (b+ay) -[, ST nn dy # nee dy, (10) wo noch a und b beliebige Constanten sein können. Werden nun a und b positiv und reell erklärt, so besteht auch folgende Gleichung: | 1 vin|e Zn ax. . f, FE, ba? 15 —_ 0 ie al+y) — ai + Y) re 3 KR aaa +,’ le aus der auch folgende gezogen wird: a 2 b 2 — X —ıxı 2° le dx — JO ,/’o i b a =. an — b?y? ei fe NR =5-e f ee \. Ti 9 Wird hier b = © gesetzt, so gelangt man mit Zuziehung der Ergebnisse in vorangehender Nr. auch auf folgende Integralbestimmung: 0 a .— ax? a BRLRENR- Aa Try = erz|z Yz -e? — Yia I, (7°) oihıx welche als eine Ergänzung zu der in (7) angesehen wer- den kann, in der jedoch a eine reelle positive Constante ist. — — Prof. Raabe, über die Darstellung einer Func- tion zweier Variabeln z, z’ nach aufsteigen- den Potenzen anderer zwei Variabeln y, y‘, deren gegenseitige Abhängigkeiten die Glei- chungen : ZER et YllZ) AZ —ı N No) feststellen ,„ wo f(z) dieselbe Function von zZ, als fiz') es von z/ ist. (Mitgetheilt den 20. Dec. 1847.) Behufs Auflösung der Mittelpunktsgleichung in der Astronomie befasste sich Lagrange mit einer der in der Ueberschrift aufgestellten Gleichungen; einen ähnlichen Zweck für die Theorie der Störungen beabsichtige ich mit der Behandlung des hier vorgelegten zusammenge- setztern Problems, wie am Schlusse angedeutet und bei einer nächsten Gelegenheit noch bestimmter gezeigt wer- den soll. 1. Liegen zwei Gleichungen wie in der Ueberschrift vor, nämlich : ZI REINEM Z — Key ae”, (1) wo f ein bestimmtes Functionszeichen je der betreffen- den Variable z oder z’ ist, und setzt man die Glei- ehung: u = g(z, 2‘) (2) fest, wo der Ausdruck rechterhand ebenfalls eine be- stimmte Function von z und z’ ist; so ist der Zweck der gegenwärtigen Mittheilung u durch eine Gliederreihe m Be darzustellen, die nach aufsteigenden Potenzen von y und y’ fortgeht. Legt man zu diesem Zwecke die Maclaurin’sche Reihe für zwei Variabeln zu Grunde, so stellt sich als nächstes Problem die Angabe der verschiedenen par- tiellen Differentialquotienten von u nach y und y’ dar, zu dessen Lösung unmittelbar geschritten wird. Zuerst hat man: du rd ge In ad fe. dy dzdy’ day” eaz dy’” aus den vorgelegten Gleichungen in (1) folgt: dz _ 1 de __ _fo «« 1- yhz’ dy 4 — yfız)’ 3 dz‘ 1 dz‘ f(z‘) ) dx’ 7 1 — ya)’ ay’ Pr y'ha‘ı)’ / wo fi(z) den Differentialquotienten von flz) nach z und f,(z2') denselben von fiz’) nach z’ vorstellt, aus welchen folgende gezogen werden: Mena NS 3 dzan See 2 Tagan "a (4) sonach hat man: du _ dudz _ du du ..,. du dz’ ya a a N a I ©) welche die verlangten ersten partiellen Differentialquo- tienten darstellen. Uebergehend zu dem zweiten partiellen Differential- quolienten, ziehen wir aus der erstern der eben ge- wonnenen Gleichungen in (5) folgende: 2 2 win + ha ua die beachtend (%) und (5) folgendermassen gestellt wer- den kann: re du d?u dz du IE |» | ' dx ) day? — Is) Iıtz) mE en f(z) und da diese auch mit ea gleichbedeutend ist: din... j du d- fiz) day "ax dx so hat man: „ du deu d- Ale 1 Ay und durch ganz ähnliche EL auch folgende : du F 4 du _ d K 7) dy? 7 dx’ Ferner zieht man aus der erstern Gleichung in (5), beachtend dass z von y‘ unabhängig ist, folgende: d?u d?u dy dy’ 5 I nz dj”? die mit Zuziehung der zweiten Gleichung in (5) in fol- gende übergeht: f du d2u er f dx! —= (a, dydy’ oder endlich, weil auch z’ von x unabhängig ist, in folgende : Er fiz) fiz‘) er dydy’ dx dx‘ Dieses nun vorausgesetzt, stellen sich folgende Bestim- mungen für die zweiten partiellen Differentialquotienten dar: Aa d- ['»’ 4 a d- [52] day? dx A dx‘ ’? (6) ’ BE 5 wo man: du du dz du du dz‘ d?u d?u dz dz’ dx dzdx’ ds’ dz’ dx’ Ixde — dzdz de hat. Die dritten partiellen Differentialquotienten von u nach y und y’‘ ziehen wir aus den Ergebnissen in (6) in ähnlicher Weise, wie wir diese aus (5) gewonnen haben. — Man gewinnt nämlich aus den erstern in (6) folgende : 5 2 r == un wor = lim? = gesetzt ist; nun stellt sich: = == 2 f(z)2 i> di _ d- [fa] dz du Ay:7.2,3 das... dx dx dar, oder auch wegen (4) und (5) folgendermassen: di _ d.« [fiz2] dz du == 22 f(z) Er + fiz) dyy d dk d du — 4: [fz?] „„, du fizj? " Lo] - Tas re RE daher hat man: ER: |) ” ; k [ie = dy dx 2 und E du 2. Ifzy — dy> dx? Behält ferner A dieselbe Bedeutung, so ist zunächst : da RR dy2dy’_ dxdy’ nun ist aus Gründen, die wir schon oben geltend machten : u du da es ap ] RE a ua Lie 1 Den d2u dy’ Pr De daher stellt sich auch folgende eh d- [22 12% Er 4 Ps dxdx’ dy2dy‘ dx In ähnlicher Weise gelangt man auf ähnliche Bestim- mungen für die beiden noch übrigen partiellen Differen- tialquotienten dritter Ordnung: so dass man gegenwär- tig folgende Ergebnisse hat: 5 ro ud d’u d°[ fz# 1 d>u a2] 12% ol ay3 I - Fa * Aue, SE 2 au d- an far) du m (8) dy?dy day dx d?u 2 "Ba d- [io ((z‘) Sal dydy? dx’ 3 Wird weiter behufs Herstellung des vierten partiellen f ‘ : d Differentialquotienten u = f(z)3 5 gesetzt, wo EN d- KO%y 2] FR re a a TEST a dy dx dx‘ erhalten wird; so gewinnt man aus der erstern Glei- chung in (8) folgende : £ „du du du d3 - [fa* = din 2 . [2% fz‘) na rl ana dx3 ’ dyay dx? Durch Vertauschung von x, y, z in x‘, y‘, z’ bieten diese noch andere zwei partielle Differentialquotienten vierter Ordnung dar. \ —- M — Wird weiter zur Herstellung des fünften dieser Diffe- . ü wen d2u rentialquotienten u = f{z)? fz‘) da? gesetzt, wodurch d?u d?u . 42 e 2 “2 du‘ x If i ade q Ita aha EL SO lie ann ENTE In ru 2 Be dy‘ dx‘ dx‘ erhalten wird ; so ergiebt sich auch: d2u 2 2 fiz’j2 Age [fa? 12% 1 dy?dy? dx dx’ Man hat sonach durch Zusammenstellung: er U y ‚„, du Er Wr au _ dy? dx3 RT dx” ; d2u 2. Ipz3 fiz‘ aueh a2 . [tz fiz‘) a] dy3dy‘ dx? ? d?u 9) 2, N a [fo fa’ — au dydy? dx’? i d?u 2 frz)? fez42 IL RR: d [ie f(z’) axax] | dy?dy? dx dx‘ } Wird in der bis jetzt befolgten Weise fortgefahren ; so stellen sich allgemein folgende Bestimmungen dar: k-1 x du k-1 ‚x dus \ dt. [fe 2% en ak! . [fz‘) rl 7 erraer an Wi. dy" aAxk-1 ae dk i ö 1 | : „du 2 = De du Di d [tz fiz’) d Er dy” dy‘’ irn. dxa-i dx‘b-1 2 du du du woa+b-—k ist, und wo durch dx’ dx’ ’ dxdx’ die Gleichungen (7) gegeben sind. a N II. Nachdem man sämmtliche partielle Differentialquo- fienten von u nach y und y‘ hergestellt, sind dieselben der Maclaurin’schen Reihe gemäss für die speciellen Verfügungen y—= y’— 0 zu bestimmen. Deutet man den Werth irgend einer im Vorangehenden gebrauchten Grösse , welche diesen speciellen Verfügungen entspricht , dadurch an, dass man solcher rechtstehend oben eine 0 innerhalb Parenthesen beifügt: so erhält man aus den Gleichungen (1): I z'O— x’, falls fx) und f(x‘) nicht ohne Ende wachsende Werthe darstellen. Sind ferner die Werthe von x und x‘ der Art, dass auch die Differentialquotienten der letztern Function nicht ohne Ende zu nehmen; so bieten die Gleichungen (3): (0) U) a a dar. Beachtet man weiter die Bedeutung von u aus Gleichung (2), so ist: (2) dp(x,x‘) (Wr dopix, x') ( d?u >= Ppr,xt rn a’ ar daher hat man wegen der vorhergehenden Ergebnisse und der Gleichungen in (7): deP_ denn (du 9 dns, (‚dm jm_ Ham dar? 72 Age) mar öde, » daazı Dieses Alles vorausgesetzt, gehen die Gleichungen (10) bei der Annahme y = y’ = 0 in folgende über: ak. [tot Be = dx (du or X a) ze Fa k-2 aa PX, x") (ee _ a a dy” dy’” dxa-1 dx‘b-1 3 Be kA k doix, x) (en Ya We. dy’* ) dx*1 i woa+b=—k st. Berücksichtiget man nun die Maclaurin’sche Reihe für zwei Variabeln, so geht aus den vorgelegten Glei- chungen (1), bei Feststellung der Vereinfachungsglei- chungen : E29) Bi), = 18 se, w=[(x) fix‘) en folgende Bestimmungsgleichung für die Function Y(z, z‘) heraus: \ 2,2) = = ol, x‘) + vy + viy’ 1° gd- [vi] 1.2 dx 4‘ Blick | er a A y+3 a [mie] y2y' + sell] ine 1 yye 1. > d2 » [v‘fix 42] | ee & BL 2 “ y? + 2wyy’ + dr + 4 1 d3 . [vi] 1234 ur y d? - [wii fix‘) \ d? . [wix2 A Kalle Sad en ] yayı + u Tees Typ Fire 1 ul 1 d’. [vioi] , 12.34.5 | dx: 3 2. [win2] ,,, dı? 353. +6 d3 . [wi] ,, ze +9 Fe d3 » [wfe2 fx] 43» [wiofix'2] ,, dx? dx’ r Iyı2 | a a A re ee d3 » [wfix43] 2. 9» [v‘fey%] | A ne u, Zus. w., (11) deren Fortsetzung nunmehr ein Leichtes ist. — Anmerkung. Die Brauchbarkeit dieses Ergebnisses in der Theorie der Störungen, wie am Eingange erwähnt wurde, wenig- siens anzudeulen, ersetzen wir die allgemeinen Gleichungen (1) durch folgende: + 10 üe. SE ie u—eSin-u=n(t + h), u" —e’Sin.u‘=n‘t-+h‘), () wo u und u‘ die excenfrischen Anomalien zweier Planelen m und m‘ zu einer bestimmten Zeit t, welche von einer gewissen Epoche aus gezählt wird, darstellen; wo ferner e und e’ die Excentrieitätsverhällnisse der ungestörten Ellipsenbahnen dersel- ben zwei Planeten sind, welche, wie bekannt, nur kleine Bruch- zahlen vorstellen; wo endlich n und h zwei constanle Elemente der einen, und n‘ und h‘ analoge der andern Ellipsenbahn be- sagter Planelen sind. Die elliplischen Coordinalen des Schwerpunktes eines Pla- neten m sind durch die einfachsten Functionen von Sin.u und Cos - u angebbar (Nr. 630 meiner Integralr.). Stellt man aber die wirklichen Coordinaten desselben Planelen m nach steigenden Potenzen der Massen m‘, m’, m‘, ... der übrigen Planeten dar, so sind die verschiedenen Coefficienten dieser Massen Func- tionen der elliplischen Coordinaten des gestörten m und des je- desmal in Betracht gezogenen störenden Planeten m‘ oder m“ oder m‘ u. s. w. Diese Funclionen sind durch einfache noch zu vollziehende Quadraluren darstellbar, in denen die oben er- wähnle Zeit t, welche für alle Planeten eine gemeinschaftliche Epoche hat, die Integrationsvariable ist; d.i., wenn x, y, zZ die elliplischen Coordinalen ven m und x‘, y‘, z‘ die analogen von m‘ sind, so hat man Quadraluren der Form: “{ J Ela ynn24 36 y',. zö)idt 0 zu vollziehen. Die erstern dieser Coordinaten sind aber, wie schon gesagt, durch die excentrische Anomalie u, und die letz- teren in analoger Weise durch u‘ darstellbar, wodurch Quadra- turen folgender Form: l f p(u, u‘) di v zur Vollziehung sich darbieten; sonach stellt sich die Aufgabe dar: die Function p(u, u‘) mit Hülfe der simultanen Gleichun- gen (I) vorerst durch ( auszudrücken, welches durch das oben ge- wonnene allgemeine Ergebniss in (11) immer realisirt werden kann. MITTHEILUNGEN DER NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. oN? 17: — Januar 1848, Albert Mousson „ über die Sonnenfinsterniss vom 9. Oct. 184%. (Vorgetragen den 11. October 1847.) Der Umstand, dass die Sonnenfinsterniss vom 9. Oct. 1847, nach derjenigen vom 7. Sept. 1820, für Zürich die einzige ringförmige in diesem Jahrhundert sein und sich noch vollkommener central als die letztere darstellen sollte, war eine natürliche Aufforderung zur Vornahme einiger meteorologischer Beobachtungen. Leider aber war am Morgen das ganze Limmatthal von dichtem Nebel bedeckt, und keine Aussicht vorhanden, die Sonne ent- blösst zu sehen. Die getroffenen Zurüstungen waren da- her vergeblich; um jedoch nicht ganz müssig zu bleiben, begab sich Hr. Mousson, als sich der Nebel immer nicht erheben wollte, um 6 Uhr eilig auf den Uetliberg, des- sen Gipfel in dieser Jahreszeit gewöhnlich die Nebelbank überragt. Die freilich sehr unvollständigen Beobachtun- gen, die er in Verbindung mit Hrn. Mech. Oeri an- stellen konnte, sind in dem Folgenden näher angegeben. Nach den Berechnungen des Hrn. Astronomen Ror- dorf bewegte sich der Mond durch die Sonnenscheibe unter einem Winkel von 31'1/; mit den Verticalen. Die kleinste Entfernung der Centra, im Augenblicke des Maximums, betrug 36 — 38”. Dabei war Heft 2. EL, Radius der Sonne . . 16’ 24, 6 Radius des Mondes. . 14 4,4 Die Bedeckung betrug also 0,916 des Durchmessers oder nahe !!/;, dabei war der kleinere helle Rand mehr als / des grössern. Die Zeiten der Finsterniss waren: Anfang 6" 54 6“ w. 2. 6° 41’ 24” m. Z. Mitte 8 18 33 8.5 51 Ende 9 43 — 9 30 18 Die Dauer betrug daher 2" 48° 54”. Bei den Beobachtungen wurde eine Taschenuhr he- nutzt, die um 3° 42” gegen mittlere Zeit zurückging. In den Beobachtungen ist diese CGorreetion bereits an- gebracht. Die Sonnenscheibe erschien an dem über dem Nebeimeer ganz dunstfreien Himmel in grösster Reinheit und Vollkommenheit. Mittelst eines Handfernrohrs von Frauenhofer (24mal. Vergrösserung) erkannte man die folgenden Flecken: 1) Deutlicher Fleck am obern Rande, etwas rechts von den Verticalen. 2) Grosser doppelter Fleck, in halber Entfernung zwi- schen der Verticalen und dem Sonnenrande, wurde bedeckt um 6° 57°. 3) Grosser Fleck, mit einem entferntern ganz kleinen, auf der rechten Hälfte, nicht weit von der halben Höhe der Scheibe, bedeckt 7" 15‘, wieder ent- blösst 8° 27°. 4) Grosser Fleck im untern Sechstel, nahe auf der Verticalen, wurde bedeckt 7° 55/20, entblösst 9° 13°. 5) Kleinerer, links näher am Rande als der Vertica- len, bedeckt 8° 58. — ee — [4 u wi 6) Deutlicher Fleck nahe der Verticalen, rechts , etwa 1/; vom untern Rande; bedeckt 8" 0. Eine Reihe von drei grossen Flecken, links am un- tern Rande, gegen 300 von den Verticalen ; bedeckt 8"3°. Das Barometer, im Hause des Uetliberges aufge- stellt, zeigte von 6!/g bis zum Minimum um 8° nur ein ganz unbedeutendes Steigen von 691” ",3 auf 391" ",5 während das Thermometer an demselben Orte von 14° auf 130 G sank. Der Wind blieb stets SSW; dr Empfindung nach wehte er mit ungleicher Stärke, besonders frisch und lebhaft während des Maximums der Finsterniss. Das ganze Nebelmeer strömte sehr deutlich thalniederwärts oder nach NW. Zwei Thermometer wurden, das eine, ein Celsi- sches, im Schatten eines starken Pfahles, das andere, ein Reaumür’sches, in der Sonne an demselben Pfahle auf- gehängt, doch so, dass keines das Holz berührte. Auf C Grade reduzirt, gaben dieselben: 1 Zeit. Schatten. Sonne. | Zeit. Schatten. Sonne. 6 70,5 | Age 5,6 BE Tu a en a Te 76 69 = 8.10.27 9 u 5 ae A 34 Re EP 6, Ba N 1688: 9 | 820 5,6 76 Br 6,88 E26: 6,1 856 | 830 6,1 88 Ba 5679 | 835 62 90 nr Or ee WE en Ar) 840 70 101 0,7, | B 45:7 7:1:540,0 5.5, 2.:.6,6 | 850 73 103 750,250: 6,5 855 8,0 193,5 ERDE Or ı 8 2, 12,6 Sa ar! Zeit, Schatten. Sonne. Zeit. Schatten. Sonne. gh 5’ 80,5’ 13,5 920 100,0” 14,4 9. 45:.,..40,.2,.5 0 Daraus ergeben sich die ganzen Wärmeänderungen : Schalten. Sonne. Anfang (6* 83), + 7,5 (11) +91 Mitte. (Bun. A 7 Ende (9 15% 10, 2 . (9 15%) 4.15, 0 Also betrug in Folge der Verfinsterung : | 9,10, er | Das erste Sinken — 2°, 9 — 30,5 Späteres Steigen +5 6 +94 Mittlere Erkältung 4,25 6,45 Diese thermischen Aenderungen hängen von zwei Ur- sachen ab: 1) von dem Höhersteigen der Sonne, wo- | durch ihre Strahlen wirksamer werden und die allgemeine Tagestemperatur erheben; 2) von der vorübergehenden Finsterniss, wodurch der erwärmende Theil der Sonnen- | scheibe auf ein Minimum ab- und dann wieder zunimmt. Besser überblickt man diese Veränderungen, wenn man sie graphisch darstellt. Fig. 1. S 192 © en | | 0 50 0 10 20 30 40 50 0 10 20 30 40 50 0 10 %@ 30 7 8 9 e 0 6 7 Werden in Fig.1 die Zeiten von 10 zu 10 Minuten durch wachsende Abscissen dargestellt, die Thermometergrade durch Ordinaten, so erhält man, bei Ausgleichung der Un- regelmässigkeiten, welche sich natürlich aus den ungleichen Bewegungen der Luft erklären und in der Figur schwä- cher angedeutet sind, die beiden Linien ABC, A’/B’C’ für den Gang der Wärme in der Sonne und im Schatten. Ohne Dazwischenkunft der Finsterniss würde die steigende Wärme ungefähr durch die Geraden AC, A’C/ dargestellt; daher bezeichnen die Differenzen der Ordinaten beider Linien die erkältende Wirkung der Finsterniss in jedem Augenblick, welche Wirkung, wenn alle Theile der Son- nenscheibe gleich starke Strahlen aussenden und kein an- deres Moment auf die Erwärmung einwirkt, dem bedeck- ten Theile der Scheibe proportional sein soll. Um die Vergleichung anzustellen, sei in Fig. 2, b die Fig. 2. Entfernung derbeiden Gen- tra im mittleren Augen- blick, und AB die Linie, welche das Mondcentrum durchläuft. Ist zu einer beliebigen Zeit t, a die Entfernung des Mondcen- trums auf den Graden AB von dem mittleren Punkte b, bezeichnen ferner r, r’ die Radien von Sonne und Mond, 2«, 2«' die dem verfinsterten Theile ent- sprechenden Centriwinkel, so ist die Fläche des letz- tern selbst, als Summe der von der gleichen Sehne be- grenzten Abschnitte: 1 g= 1? (arca — 4 sin 2a) + 1” (arc a’ — 4 sin 20°) 2 2 BE ae Die Finsterniss beginnt, wenn die Entfernung der Mittelpunkte r + r oder a den Werth A=Ylt + rn)’ —b] = 1843“, 6 erhält. Der Mond tritt ganz in die Scheibe der Sonne, wenn die Entfernung der Gentra r — r/ und a den Werth Alı= Y[cr = r’)? = b2] — 724,3 gewinnt. Während der Zeit, die der Mond gebraucht, um die Länge 2A’ zu durchlaufen, ist die Finsterniss annular, die wirkende Lichtfläche also constant. Bestimmt man nun für verschiedene aufeinanderfol- gende Stellungen des Mondes die zusammengehörenden Winkel &. ©‘, und construirt aus & und «, die Curve, deren Coordinaten den verfinsterten Theil q der Sonnen- scheibe darstellen, und zwar in solchem Massstabe, dass die grösste Verfinsterung, d. h. die Fläche der Mond- scheibe, durch die Maximumordinaten der Temperatur- eurven dargestellt wird, so ergeben sich die beiden Li- nien DL, DL’ Fig. 3. 050 0 10 20 30 40 50 0 10 20 30 40 50 0 10 20 30 8 9 6 7 Zur Vergleichung sind in Fig. 3, um einen Theil tie- —- we fer, die Curven der Temperaturdifferenzen selbst gezeich- vet. Man sieht, dass mit zwei einzigen Abweichungen der Verlauf ein ganz übereinstimmender ist. Die erste Abweichung zeigt sich nach den Enden hin, wo es an thermischen Beobachtungen fehlte und der Verlauf der Temperatur- Curven keine Genauigkeit darbieten kann. Die zweite Abweichung besteht darin, dass die beobach- teten Temperatur-Gurven, diejenige für die Sonne jedoch mehr als die für den Schatten, etwas vorgeschoben er- scheinen. Der Grund liegt einfach darin, dass die Ther- mometer in ihrem veränderlichen Gange nicht genau die Temperatur eines jeden Augenblickes angeben, sondern noch unter dem vorhergegangenen Zustande leiden. Wäh- rend des Sinkens sind daher alle Angaben etwas höher, während des Steigens etwas tiefer als es sein sollte. Im Uebrigen ist die Uebereinstimmung so, dass an eine (im Bereich der Genauigkeit der Beobachtungen) bedeutend ungleiche Wirkung der einen und andern Seite der Son- nenscheibe oder an eine ungleiche Wirkung der mittlern und Randstellen nicht wohl gedacht werden kann; — ein Resultat, das allerdings mittelst empfindlicherer Instru- mente bestätigt zu werden verdiente. Während des grössten Theiles der Fioceren, das letzte Viertel derselben ausgenommen, war der Himmel vollkommen dunstfrei; dennoch waren auch während des Maximums der Verfinsterung keine Sterne bemerkbar, und die Helligkeit, vermuthlich in Folge der Reflexion des Lichtes von dem beiderseits sich ausbreitenden weis- sen Nebelmeere, grösser als zu erwarten stand. Die Alpenkette blieb klar bis in die entferntesten Berge des Kantons Bern. Das Ansehen derselben war matt und blass, fast geisterhaft, indem Licht und Schatten in eigen- thümlicher Weise gemildert erschienen. Dieses Blass- = werden während Finsternissen unterscheidet sich von der Lichtschwächung beim Auf- und Untergang der Sonne, besonders durch die Abwesenheit von Färbungen. Die nahen Gegenstände, mit Ausnahme der starkfunkelnden Thautropfen, erschienen grau und farblos; diess ist es vorzüglich, was traurig auf das Gemüth wirkt und selbst Thiere und Vögel in bange Stille versetzt. Das Nebelmeer zu den Füssen des Beobachters erhob sich bis zum obern Drittheil des Berges. Lange, besonders während der Zunahme der Finsterniss, hatte es das Ansehen grosser, scharfbegrenzter Wellen, die, vom Südwest getrieben, überschäumen. Nach S gewandt, erblickte man die langen, beschattelen, weissgekrönleu Wände der Wellen, nach N ihre baumwollenartigen Rü- cken. Gegen die Höhen des Zürichberges, des Pfannen- stieles u. s. f. erhob sich die Fläche wie zu einer Bran- dung empor. Während der zweiten Hälfte der Finster- niss schwanden die Wellen allmälig, und es bildete sich durch Auflösung der Dünste, unter dem Einflusse der reichlichern und stärkern Strahlen, eine weite, gleich- förmige Ebene mit unbestimmter Begrenzung. Prof. O. Heer, über vorweltliche Florfliegen. (Vorgetragen den 20. Sept. 1847.) Prof. Heer weist der Gesellschaft Larven und aus- gebildete Thiere von fossilen Florfliegen nebst Abbildun- gen derselben vor. Die Florfliegen leben als Larven und Puppen im Wasser, ausgewachsen dagegen fliegen sie bekanntlich an den Ufern unserer Flüsse und Seen um- her. Ihre Larven sind leicht zu erkennen an der höchst eigenthümlichen Mundbildung, indem die Unterlippe (hier =- we Maske genannt) bei ihnen sehr verlängert und gegliedert ist; sie schliesst im Ruhestand die Unterseite des Mun- des, kann aber zum Einfangen der Nahrung weit vorge- streckt werden, Diese Larven gehören zu den häufigsten Versteinerungen Oeningens, wogegen in Radoboj bis jetzt noch keine einzige gefunden worden ist. Prof. Heer un- terscheidet 9 Arten solcher fossiler Oeninger Larven, von denen 7 zur Gattung Libellula, eine zu Aeschua und eine zu Agrion gehören. Letztere beiden liegen nur in ein- zelnen Exemplaren vor, wogegen die Libellenlarven in so grosser Zahl auftreten, dass auf einzelnen Steinplatten bei 100 Exemplaren beisammen liegen. Es ist diess da- rum höchst auffallend, da von Oeningen bisher noch keine einzige ausgewachsene Libellula bekannt ist, wogegen die Sammlungen 4 solcher Agrionen und 2 Äeschuen enthal- ten. Der Grund dürfte, wenigstens hinsichtlich der Agrio- nen, darin liegen, dass die Agrionenlarven in fliessendem Wasser , in kleinen Bächen,, leben, wogegen die Larven der Libellen in stehendem, in Seen und Lachen; dass aber weiter die ausgewachsenen Ägrionen meist langsam in der Nähe des Wassers umberflattern und daher viel leichter ins Wasser fallen können als die schnell dahin- fliegenden Libellen, die zudem sich häufig vom Wasser entfernen und in Wäldern und Gebüschen sich umber- treiben. Es haben daher wahrscheinlich die Agrionen- larven in den Bächen gelebt, welche in den Oeninger- See einflossen, finden sich daher so selten versteinert, die ausgewachsenen Thiere dagegen flatterten an den Ufern des See’s umher, in dem einzelne Stücke verun- glückten; die Larven der Libellen dagegen lebten im Schlamme des See’s, der die Steinschicht in Oeningen bildet, wogegen die behenden ausgewachsenen Thiere mehr den anliegenden Wald durchflogen. Auen." NIReer Von Radobaj sind, wie oben bemerkt, bis jetzt noch keine Larven bekannt, wogegen von ausgewachsenen Flor- fliegen 2 Agrionen, 1 Libellula und 1: Aeschua. Die Libeilenlarven von Oeningen, eben so die ausge- wachsenen von Radobaj, wie die Aeschuen, stehen jetzt- lebenden Arten sehr nahe, wogegen unter den Agrionen eine eigenthümliche Abtheilung vorkommt, die der Le- benwelt fehlt, uur den Uebergang von Agrion zu Ca- lopteryx. vermittelt. Prof. ©. Heer, über Glückkirschen. (Vorgetragen den 20. Sept.) Man trifft zuweilen doppelte Kirschen, Zwetschen, Aepfel, Nüsse u. s. w., welche man in unserer Volks- sprache Glückkirschen, Glückäpfel u. s. w. nennt, wohl um ihr zufälliges Erscheinen zu bezeichnen. Es können diese Doppelfrüchte theils durch eine Verwachsung von zwei Blumenstielen oder zwei Blumen, theils aber durch eine Vermehrung der Garpellarblätter entstehen., Erste- res findet regelmässig bei denjenigen Geissblattarten statt, bei welchen die beiden Blumen ganz nahe beisammen stehen, und eben so bei den Glückäpfeln; Letzteres da- gegen bei den Zwetschen und Kirschen. Einen sehr in- teressanten Fall der Art hatten wir letzten Sommer im botanischen Garten. Ein junger, in schattiger Lage ste- hender Baum war ganz mit Kirschen bedeckt. Nur we- nige waren einfach, die meisten doppelt, manche drei- fach und selbst vierfach. Leider wurde diess erst längere Zeit nach dem Abblühen bemerkt, doch zeigte eine Un- tersuchung der vertrockneten Kelche, dass die Blumen einfach waren. Es haben diese Kirschenblumen bekannt- We e lieh‘ ögliedrige Blüthenkreise, 5 Kelchblätter, 5 damit alternirende Blumenblätter und 6 Kreise, also 30 Staub- gefässe. Diese Staubgefässkreise alterniren unter sich, dagegen nicht vollständig mit den Blumenblättern. Es wäre nun interessant gewesen, die Stellung der Garpel- larblätter, wo 2, 3 und 4 vorhanden, zu den Staubge- gefässen zu bestimmen, doch war diess leider mit Sicher- heit nicht mehr möglich, um so mehr, da bei den mit mehreren Carpellarblättern das ungleichartige Auswachsen derselben ihre ursprüngliche Stellung verrücken musste. Weit aus in den meisten Fällen nämlich blieb, wo zwei Carpellarblätter vorhanden waren, eines zurück und ver- kümmerte, wo 3, blieben 2 zurück, wo 4 aber meist 3, und zwar in verschiedenen Entwickelungsstadien, so dass nur eine einfache, selten eine Doppelkirsche und keine drei- oder vierfache zur vollen Reife kam. Die Stellung der Garpellarblätter wurde dadurch variabel, indem die stärker sich ausbildenden die zurückbleibenden aus ihrer ursprünglichen Stellung verdrängten. Das zeigte sich je- doch allgemein, dass wo zwei Garpellarblätter vorhanden waren, diese nicht mit den Näthen aneinander grenzten, also nicht gegenständig waren; bei drei Carpellarblättern war in einigen Fällen eine kreisförmige Stellung zu se- hen , in andern aber nicht; bei vier Fruchtblättern ver- _ einigten sich nie die Nähte in einem Punkte, die ein- zelnen Stücke standen in einer von links nach rechts ge- henden Spiralie. Diese Mehrzahl der Carpellarblätter und die Stellung derselben deutet wohl darauf hin, dass die Kirsche normal auch einen ögliedrigen Kreis von Car- pellarblättern hat, von denen in der Regel nur Eines zur Entwicklung kommt, während bei unserem Baume zwei, drei und vier, ER, H. H. Denzler, über einen meteorologischen Wendepunkt. (Vorgelegt im September 1847.) Die Temperatur des thauenden Eises scheint allgemein als der Endpunkt höherer organischer Entwickelungen angesehen zu werden. Wir nennen diess einen meteo- rologischen Wendepunkt. Die genaue Untersuchung ver- schiedener Erscheinungen dürfte jedoch zu dem Schlusse berechtigen, dass dieser Wendepunkt, wenigstens in rein meteorologischer Beziehung, auf + 20 C gesetzt werden muss. Hier die Belege dazu. I. Untere Gränze des ewigen Schnees. A. v. Humboldt hat nachgewiesen, dass die mittlere Tempe- ratur bei dieser Gränze unterm Aequator auf + 10.4 C bis + 10.7 B falle. In höhern Breiten stehe dieselbe zu- nehmend tiefer (Essai sur la g&ographie des plantes p. 132). Genauer jedoch stimmen die Höhe der Schneelinie mit- der Linie gleicher Sommerwärme überein. Wir gehen nun einen Schritt weiter, und vergleichen nämlich die höchsten Monatstemperaturen bei der untern Gränze ewigen Schnees mit einander. In der That wird der wärmste Monat die letzte bedeutende Empordrückung der Schneelinie bewirken und insofern noch bessere Ue- bereinstimmung versprechen. Nun haben wir anderwärts nachgewiesen, dass die mittlere Wärmeabnahme im wärm- sten Monat auf 67 Toisen Höhe 10 C beträgt. Es lässt sich damit die Temperatur des wärmsten Monats an der untern Schneegränze finden, wenn deren Höhe und die Temperatur desselben Monats für einen naheliegenden Ort, so wie ebenfalls dessen Meerhöhe gegeben ist, und zwar nach der einfachen Formel: tr ARE Kr I Pa worin x die Temperatur bei der Schneelinie, H deren absolute Höhe, h die Höhe der Vergleichungsstation und t die höchste Monatstemperatur daselbst (die Temperatu- ren in Centesimalgraden, die Höhen in Toisen) bezeich- nen. Wir haben nun: 1) Cordilleren von Quito (A. v. Humboldt u. s. w.): H = 2464 und in Quito = + 16°. 3C, h = 149% folglich: x = + 19.86, 2) Cordilleren von Bolivia (Pentland) : H = 2657', 2474 und 2430. 3) Cordilleren von Mexiko (Humboldt, Alzate u. s. w.): H —= 23340. In Mexiko t = + 1%.0C, h = 1168! daher: x = + 19,5 C In Tlalpuyahua t = + 1794C, h = 1312! also: x = + 221 C 4) Himalayagebirge (Webb): H (südl. Abhang) = 1950. Hawil Bagh = + 23°.0 C, h — 608! x + 30C Ambala = + 28%8C, h = 175! x +2°93C H (westl. Abhang) — 2350. Landour (= + 19.4 C, h = 1090' x=+2,1C 5) Apenninen 420 20° N. (Schouw): H = 1489. Florenz t= + 29.50, h=3' xe+2.6C Rom t = + 23°.7C,h= 15! x — 24,70 6) Pyrenäengebirge (Ramond) : ‚Canigou H = 1456‘. Perpignan t= + .3C,h=0 x=+29,5C Mont Louis t=-+ 14°.9C, h= 615: x 23°C Pie du midi H = 1506. Cleron t—= + 23%.0C, h — 108! a li Bis N mus 7) Alpengebirge (Welden, Parrot, v. Buch, Wahlenberg, Hugi): Mont Rosa H —= 1596‘. Mailand L = + 23%. 7C, h= 120! x 49.7.6 St. Bernhard t= + 7°.2C, h= 1268! Südl. Tyrol H = 149%. Trient = + 22.8C,h = 11 > Ge Centralalpen H — 1380‘. Chur t = + 18%.2C,h — 313 ve ai % Berneralpen AH = 1275. Bern t = + 16°%.2C,h — 299! x= +1°%.6C 8) Karpathengebirge (Wahlenberg) : H — 1330‘, Prag t= + %0°.5C, h = 128 x= -+20.6C 9) Nordkap (L. v. Buch): H = 367. Nordkap t= + 8%.0C,h =0 st 95€ Das arithmetische Mittel aus sämmtlichen Ergebnissen gibt die Temperatur des wärmsten Monats an der untern Gränze ewigen Schnees auf der ganzen Erde — + 20.2 C. U. Temporäre Schneelinie. In tiefern Gegenden verschwindet im Frühjahr der Schnee im Mittel aus acht europäischen Stationen (von Rom bis Petersburg) und mehrjährigen Beobachtungen bei einer Mitteltemperatur von + 20.8 C, und die allgemeine Bedeckung des Bodens mit Schnee stellt sich im Spätjahr im Mittel bei + 19.71 C ein. In Zürich und einem grossen Theile Deutschlands fällt die Schneeschmelze sehr nahe auf den 24. Februar (nach der Bauernregel »Matheis bricht Eis«), um welche Zeit die mittlere Temperatur dort + 29, C beträgt. Ill. Natur des atmosphärischen Niederschlags. Im Mittel aus den Beobachtungen des Hrn. Daniel Meyer in St. Gallen von 1815—1826 ergibt es sich, dass eben so viel Fälle von Regen unter + 20.4 G als von Schnee FE We über + 20,4 C dort vorkamen, d. h. dass es bei Tem- peraturen über + 20%. 4 C in der Regel nicht mehr schneit, unter + 20.4 C nicht mehr regnet. IV. Häufigkeit der Nebel. Von 1380 Nebelauf- zeichnungen in St. Gallen aus den Jahren 1814— 1826 fallen 7 zwischen — 15° R und - 10° R 85 L; Zee Seagate > 354 n a, ER 0%; 425 r. BAR EU DRIN, 366 ee FT OD, 141 ir +10 +19 „ 1 u 459) Zilt,, 2221200), Der Scheitel dieser wellenähnlichen Curve liegt bei + 20.5 G, d. h. die Nebel stellen sich bei dieser Tem- peratur am häufigsten ein. V. Mittlere Höhe der Wolken. Meine vieljäh- rigen Beobachtungen der Wolkenzüge in den Alpen (von der nördlichen Schweiz aus) baben als Ergebniss für die mittlere Höhe der Wolken im Sommer ungefähr 7800 frz. Fuss gegeben. Die zweifelhaften untern Gränzen dieser Höhe waren: Säntis, Mürtschenstock, Rossstöcke, Bri- sen, — die obern dagegen Reiseltstock, Schächenthaler Windgälle, Wallenstöcke, Gütsch, Hohe Hut u. s. w., das Mittel fällt auf 7800. Die mittlere Temperatur des Sommers ist in dieser Höhe annähernd = + 19.9 C. Im Allgemeinen schien im Frühling, Sommer und Herbst der Wolkenzug der Schneelinie zu folgen. Wegen der oft bedeutenden Dicke der Wolkenschichten {über 2000°) sind diese Beobachtungen grossen Fehlern unterworfen. VI. Maximum der Feuchtigkeit. In unsern Brei- ten ist es im Winter in den Niederungen feuchter als auf den Höhen, z. B. in Genf feuchter als auf dem St. Bern- hard, im Sommer findet in der Regel das Gegentheil statt, doch ist es Abends 9 Uhr das ganze Jahr hindurch in — Genf feuchter als auf dem St. Bernhard, und wahrschein- lich auch Nachts bis Morgens nach 9 Uhr. Die Untersuchungen über die Temperatur der Luft- säule St. Bernhard -Genf im Jahr 1839, welche ich in der Absicht, die Anomalien der Barometerformeln zu ergrün- den, und namentlich ihre Grösse und ihre Ursachen ken- nen zu lernen, vorgenommen hatte, zeigten, dass das Maximum der Feuchtigkeit im Laufe des Jahres in der feuchtesten Morgenstunde gefasst, zwischen die Monate April und Mai, d. h. zwischen die Mitteltemperaturen — 09.34 C und + 40.75 C dieser Luftsäule fällt. Das zweite Jahresmaximum trifft zwischen den Dezember und Jänner, d. h. zwischen Mitteltemperaturen der Luftsäule von + 20.72 G und — 49.76 C. Im Mittel ergab sich hieraus das Maximum der Feuchtigkeit bei + 19.19 C. Die zeitweilige Unsicherheit des Höhenunterschiedes zwi- schen dem St. Bernhard und Genf, den ich auf 1059‘ verringert habe (von 1069), um die barometrischen Er- gebnisse mit den muthmasslich richtigsten Mittellempera- turen in Einklang zu bringen, lässt in dieser Bestimmung eine Ungewissheit von mehr als 2°C zurück. Ich habe daher auch andere, verwandte Untersuchungen für so lange noch zurückgelegt, bis eine genaue geodätische Be- stimmung der Station auf dem St. Bernhard, beziehungs- weise ihrer Höhe über derjenigen in Genf, vorgenom- men und mitgetheilt sein wird. Endergebniss. Aus den fünf ersten Daten für den besprochenen meteorologischen Wendepunkt, den wir den hydro-thermischen nennen könnten, ergibt sich durch einfaches arithmetisches Mittel dessen Position um + 20.2C herum, und endlich schliessen wir aus all diesen Unter- suchungen und deren Ergebnissen, dass die nahe Ueber- einstimmung der Letztern unter sich nicht zufällig, son- dern wesentlich sei, was wir in folgenden Worten aus- gesprochen haben ;] Die Temperatur des thauenden Eises ist der Wende- punkt für die Natur und Quantität der atmosphärischen Niederschläge, doch ist zur Umwandlung der Letztern ein Wärmeüberschuss von + 20.2 C erforderlich, ver- möge der Trägheit der Masse. 5 MITTHEILUNGEN NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN. ZÜRICH. oN? 18. _ | Februar 1848. Hr. Bremi, über ein Phryganeengehäuse aus Brasilien. (Vorgelegt den 23. Dec. 1847.) Neben verschiedenen CGonchylien wurden von dem Naturforscher Beseke auch einige Gehäuse von Phryga- neen, welche, auf der Schale einer Unio sitzend, im Rio Bengal gesammelt wurden, aus Brasilien eingesandt.*) Diese Gehäuse sind in doppelter Beziehung so eigenthüm- lich, dass sie wohl einer nähern Erwähnung verdienen. Es ist nicht sowohl durch ihre Sculptur, dass sie sich auszeichnen, — so gebaute Röhren von Phryganeenlar- ven kommen auch in Europa vor, -- sondern das Eigen- thümliche derselben liegt in der Substanz, woraus sie bestehen. Während sonst alle solche Röhren aus klei- nen Partikeln von Pflanzen, Schneckenschalen oder Sand- körnern zusammengefügt sind, bestehen diese aus einer homogenen, compakten, hornartigen Masse, welche beim Drucke zwischen den Fingern eine bedeutende Elasticität zeigt, die weder durch stundenlanges Liegen der Röhre in warmem Wasser, noch durch starke Erwärmung im Ofen merklich vermindert wird. Es wäre wohl eine che- *) Sie sind irrthümlich als Dentalium nigrum Dunker verbreitet worden. mische Untersuchung dieser sonderbaren, an Farbe fast schwarzen Substanz zu wünschen. Die sehr feinen con- centrischen. Ringe, welche diese Röhren ihrer ganzen Länge nach zeigen, und einige Aehnlichkeit mit den An- wachslinien der Schnecken und Muschelschalen besitzen, machen ein ähnliches Wachsthum derselben wahrschein- lich, nämlich durch ein successives Ansetzen einer all- mälig sich verhärtenden Flüssigkeit, die das inwohnende Thier aus seinem Körper absondert. Eine solche Bildungs- weise von Phryganeengehäusen ist freilich bis jetzt nicht ‚beobachtet worden ; wohl aber sah Hr. Bremi eine ähn- liche Erscheinung an der Larve eines Rüsselkäfers, an deren ganzer Körperfläche ein weisser, gummiartiger Schleim hervortrat und während zweimal vier und zwan- zig Stunden zu einem festen, hornartigen, halbdurchsich- tigen Cocon austrocknete. Eine zweite bemerkenswerthe Eigenthümlickeit zeigte sich an einigen Gehäusen, die während des Lebens des Thieres Verletzungen erlitten hatten. Diese Stellen’wa- ren nicht mit dem ursprünglichen Materiale der Röhre geschlossen, sondern einfach aus groben Sandkörnern zu- gemauert. Es scheint hieraus hervorzugehen, dass die Phryganeenlarven, entgegen der Meinung einiger Ento- mologen, nicht vermögen, ihre Wohnungen, wenn sie einmal zerstört sind, in der ursprünglichen homogenen Weise wieder zu bauen, selbst nicht sie gehörig wieder zu repariren, es müsste denn diese Fähigkeit ein, dess- halb nur um so auffallenderer Vorzug einzelner Arten sein. Hr. Bremi bemerkt übrigens, dass oft die Phryga- neenlarven die sonderbarsten Bildungen zu Stande brin- gen. Dahin gehören z. B. die aus durchsichtigen Quarz- körnchen verkitteten Gehäuse, die in Gestalt eines hoch- gewundenen Schneckengehäuses aufgebaut sind und unter m we den Namen Valvata granifera und lustrica längere Zeit für Molluskenwohnungen galten, bis eine nähere Unter- suchung die Phryganeenlärven entdecken liess. Herr Blauner brachte solche Gehäuse aus Corsica zurück ; sie sollen selbst in Lugano sich finden, und scheinen daher eine grössere Verbreitung zu haben, als gewöhnlich ge- glaubt wird. Ein anderes sonderbares Gebilde entdeckte Hr. Bremi im verflossenen Spätsommer. Es besteht aus lauter Con- fervenfäden, die von zwei Seiten halb kreisförmig gegen- einander gekrümmt und in ihren Zwischenräumen mit Gummi ausgefüllt sind. Das Ganze stellt eine länglich- ovale, an beiden Enden offene Tasche dar, die beim Herumwandeln von der Larve auf der Kante getragen wird. Kommt die Zeit der Verwandlung, so legt die Larve ihre Tasche auf die breite Seite an eine glatte Fläche, und befestigt dieselbe an vier Ecken mit fächer- förmig ausgespannten, sehr feinen, mit Gummi verbun- denen Seidenfäden. Hr. Obergärtner Regel, über die Familie der Gesnereen. (Vorgetragen den 10. Januar 1848.) Herr Regel hält einen Vortrag über die Gesnereen, eine Gruppe von Pflanzen aus dem tropischen Amerika, welche, wegen ihrer mannichfaltigen und theilweise auf- fallend schönen Blumenformen, jetzt mit ganz besonderer Vorliebe kultivirt werden. In der Einleitung bespricht derselbe zuerst die bisher gebräuchlichen Eintheilungen dieser Pflanzen nach Endlicher und De Candolle, welche auf der Form der Blumenkrone, dem Verhalten der Antheren und Narbe, so wie der an der Basis des zu A Fruchtknotens befindlichen perigynischen Drüsen, welche sich entweder zu einem Ringe vereinigen, oder einzeln stehen, oder ganz fehlen, beruhen. Hr. Regels Beobach- tungen zeigen aber, dass bis jetzt keine der hieher ge- hörenden Gattungen natürlich und scharf begrenzt seien, indem diese Charaktere in den Gattungen Gesnera und Achimenes dem auffallendsten Wechsel unterworfen sind. Er sucht sie daher schärfer abzusondern und findet, dass man im Allgemeinen die nämlichen Charakteren dazu be- nutzen körne, dass man aber von Achimenes und Gesnera mehrere Arten wegnehmen und als eigene Gattungen auf- stellen müsse. Die Charaktere, weiche derselbe zur Be- gründung der Gattungen dieser kleinen Familie benutzt, sind folgende: 1) Die Basis der Blumenröhre, welche entweder rings herum ringförmig aufgeschwollen und dabei oft fünfhöckerig ist, oder welche dieser Aufschwellung ent- behrt und dann schief abgestutzt und angewachsen, und dabei öfters nach hinten mehr oder weniger spornförmig vorgezogen ist. 2) Die Blumenröhre selbst, welche bei einer Gat- tung ganz fehlt, und da, wo sie vorhanden, eine sehr verschiedenartige Form zeigt, indem sie entweder gleich dick und nirgends aufgeschwollen, oder gerade, oder ge- krümmt und in der Mitte oder gegen den Schlund ver- schiedentlich aufgeschwollen ist, wodurch die Blume sehr verschiedentliche Gestalten erhält. 3) Die Staubbeutel sind entweder seitlich mit ein- ander, oder zu einer Röhre verwachsen. 4) Die Nektarien fehlen nur bei einer Gattung ganz, bei den andern sind sie entweder in Form von einzelnen Drüsen vorhanden, oder diese Drüsen sind zu einem dicken, scheibenförmigen oder gebuchteten Ring, re oder in einen zarten, den Fruchtknoten eng umschlies- senden, häutigen Ring verwachsen. 5) Der Fruchtknoten, welcher entweder bis zu seiner Mitte, oder bis zu seiner Spitze mit dem Kelch verwachsen ist, wodurch die Stellung der Blumenkrone eine perigynische oder eine epigynische wird. 6) Die Narbe, welche entweder kopfförmig auf- geschwollen und kaum bemerkbar zweilappig, oder tief zweispaltig ist, so dass die Lappen derselben bedeutend länger als breit sind. — Durch Benutzung dieser Charaktere wird folgende Zusammenstellung und Begründung der Gattungen ver- anlasst, welche dem Verfasser um so tiefer in der Natur begründet erscheint, als dadurch gleichzeitig die natür- liche Tracht berücksichtiget wird, imdem gerade der so bedeutend verschiedene Habitus der Arten ein und der- selben Gattung die Veranlassung zu dieser Arbeit gege- ben hat. Die Namen der neuen Gattungen sind aus- schliesslich von schweizerischen Naturforschern entlehnt, weil auch die Familie, zu der sie gehören, den Namen eines der ältesten unserer Naturforscher trägt. — Dispositio generum Gesnerearuın. I. Germen calyce omnino concretum. 1) Conradia Mart. Annulus glandulaeque nullae. 2) Rytidophyllum Mart. Annulus epigynus crassus sinuosus. Diese beiden Gattungen wurden vom Verfasser nicht genauer untersucht, wesshalb er nicht näher auf diesel- ben eintritt. — 1. Germen basi tantum calyce concretum. * Stigma capitatum. A. Glandulae hypogynae. 3) Gessnera L. Corolla basi quinquegibbosa vel Ei eircumtumida ; tubo dorso curvato inflato. — Plantae herbaceae, caudice intermedio tuberiforme. Diese Gattung ist von der verwandten durch die ge- krümmte, auf dem Rücken gebogene Form der Blumen- röhre und die meist lippige, niemals aber ganz regelmäs- sige Gestalt des Saumes leicht zu erkennen. 4) Rechsteineria Rgl. Corolla basi circumtumida, tubo recto medio inflato. — Plantae herbaceae, caudice intermedio tuberiforme. Flores spicati, limbo aequaliter 5-lobo. R. allagophylla. (Gesnera Auct.) Nach Herrn Pfarrer Rechsteiner in Eichberg be- nannt. — Unterscheidet sich von Gesnera durch die ge- rade, in der Mitte rings herum aufgetriebene und unter- halb des Schlundes zusammen gezogene Blumenröhre, so wie durch den ganz regelmässig fünftheiligen Saum. In der Tracht weicht sie durch den ährenförmigen Blüthen- stand ab. 5) Gloxinia L’Her. Corolla campanulato-ventricosa, bası oblique adnata, postice plus minusve gibba. — Plan- tae herbaceae vel suffruticosae, caudice intermedio ple- rumque tuberiforme, rarissime radice (uberosa. (Gloxi- nia et Sinningia.) Durch die glockig aufgetriebene, an der Basis nicht verdickte, sondern nur nach hinien mehr oder weniger vorgezogene Blumenform von den vorhergehenden ver- schieden. — B. Annulus perigynus. 6) Moussonia Rgl. Corolla tubo medio inflato, basi circumtumido. — Plantae fruticosae. Annulus hypogy- nus crassus sinuosus. — M. elongata. Nach Herrn Prof. Mousson benannt. Diese Gattung unterscheidet sich von Gesnera, von welcher sie getrennt wurde, durch zu einem dicken, gebuchteten Ring ver- Be N“ wachsene Drüsen, so wie durch die mehr gerade Form der Blumenröhre, welche in der Mitte rings herum auf- getrieben ; so wie durch den fast regelmässigen fünflap- pigen Saum. Wahrscheinlich gehören zu dieser Gattung alle Arten mit strauchigem Stengel. 7) Naegelia Rgl. Corolla tubo ventre inflato, basi aequali. — Corollae basis oblique adnata, nec circumtu- mida. Flores ante anthesin involuti, spicati. Stolones perennantes squamosae. N. zebrina. (Gesnera Auct.) Nach Herrn Dr. C. Nägeli benannt. Eine ausge- zeichnete Gattung, welche mit Gesnera, zu der sie ge- rechnet wurde, nichts als die kopfförmige Struktur der Narbe gemein hat. Die auf dem Rücken gerade Biu- menröhre ist am Bauch stark aufgeblasen und an der Basis gar nicht aufgetrieben. Statt der Drüsen findet sich ein dünner perigynischer Ring. In der Tracht un- terscheidet sie sich durch den schuppigen, knollenförmi- gen unterirdischen Stengel, so wie durch vor der Blüthe eingerollte Blumen, welch letzterer Charakter ihr von allen andern Gesnereen einzig zukommt. 8) Niphaea Lindl. Corolla rotata, tubo nullo. An- therae tubo connexae. — Stolones perennantes squa- mosac. N. oblonga Lindl. Das gänzliche Fehlen der Blumenröhre macht diese Gattung genugsam kenntlich. 9) Köllikeria Rgl. Corolla tubulosa, tubo angusto aequali. — Corolla basi obliqgue adnata, postice vix gibba; limbo rigente. Flores ante anthesin nec involuti. Sto- lones perennantes squamosae. K. argyrostigma. (Achi- menes Auct.) Die kurze, gar nicht aufgeblasene Blumenröhre, der rachenförmige Saum, der perigynische Ring, die kopf- förmige Narbe, so wie die schuppigen Wurzeln und der =’ = traubenförmige Blüthenstand zeichnen diese, nach Herrn Prof. Kölliker benannte Gattung, hinlänglich vor allen verwandten aus. — ** Stigma Bilobum. (Plantae herbaceae; stolonibus perennantibus squamosis.) A. Glandulae hypogynae. 10) Diastema Benth. Corolla oblique adnata, po- stice vix gibba. D. ochroleuca et picta. (Achimenes Auct.) Die fünf freien Drüsen, die an der Basis nicht auf- getriebene, in der Mitte und gegen den Schlund hin aufgeblasene Blumenröhre, so wie die tief zweitheilige Narbe sind die wichtigsten Charaktere dieser Gattung. 11. Kohleria Rgl. Corolla basi eircumtumida. — Corolla tubo medio inflato, limbo subaequaliter 5 -lobo. K. birsuta. (Gesnera Auct.) Nach Herrn Seminarlehrer Kohler benannt und von Gesnera getrennt. Die zweitheilige Narbe, die gerade in der Mitte ringsherum aufgetriebene Blumenröhre mit regelmässigem Saum, so wie die schuppigen Knollen unterscheiden diese Gattung leicht und sicher von Ges- nera. Von Diastema ist sie durch die ringförmige Auf- treibung an der Basis der Biumenkrone, sowie durch die Form der Blumen, welche sich der Gattung Moussonia nähert, ebenfalls gut getrennt. — B. Annulus perigynus. 12) Trevirania Willd. ‘ Corolla tubo aequali. — Corollae basis oblique adnata postice plus minusve gibba, limbus planus patens. Trevirania coccinea, grandiflora, longiflora, patens. (Achimenes Auct.) Bei dieser Gattung blieben die Arten der Gattung Achimenes, mit gleich dicker, nicht aufgetriebener Blu- menröhre und grossem flachem Saum. ” Bu A ED = wu 13) Locheria Rgl. Corolla tubo inflato. — L. hir- suta, multiflora et pedunculata. (Achimenes Auct.) Nach Herrn Prof. Dr. Hans Locher benannt. Un- terscheidet sich von Trevirania durch die aufgetriebene, fast glockige Form der Blumenkrone, so wie durch den dicken, fast scheibenförmigen drüsigen Ring, welcher bei Trevirania dünn und den Fruchtknoten eng um- schliessend ist. Hr. Obergärtner Regel, über Varietäten und Bastarde im Pflanzenreiche. (Vorgetragen den 10. Jan. 1848.) Hr. Regel hält einen Vortrag über die Eigenthüm- lichkeiten und Unterschiede der Varietät und des Ba- stardes. In der freien Natur übt der Standort der Pflanze, der Boden, das Klima entscheidenden Einfluss auf das äussere Ansehen der Pflanzenart aus. Noch mehr treten im Kulturzustande verschiedenartige Abän- derungen auf und es entstehen da die mancherlei Ab- arten, welche aber alle die Eigenschaft haben, dass sie durch fortgesetzte Vermehrung durch Samen, unter Ver- hältnisse gebracht, welche ihrem natürlichen Standorte entsprechen, bald schneller, bald langsamer wieder zu ihrer Stammart zurück kehren; dieses der Prüf- stein der Stamm. und Abart. Durchaus verschieden durch ihre Entstehungsart und Eigenthümlichkeiten ist nun aber die hybride Pflanze, oder der Pflanzen- Bastard, von der Abart oder Varietät. Die hybride Pflanze entsteht stets durch geschlechtliche Vermi- schung zweier wirkli;h von einander verschiedener Pflanzenarten. Pflanzenformen, die durch gegenseitige FE Me Befruchtung von verschiedenen Abarten ein und dersel- ben Art entstanden sind, sind keine wirklichen Bastarde, sondern werden fälschlich in der Blumistik häufig als solche betrachtet. Die erstern nennt Referent wahre, die letztern falsche Bastarde. Referent will nicht ent- scheiden, ob die Ansicht von Kölreuter richüg sei, dass Bastarde in ihren vegetativen Theilen mehr der Mut- ter, in ihren reproduktiven mehr dem Vater entsprechen; wenigstens scheinen ihm mehrere von ihm gewonnene Bastarde genau in der Mitte zwischen beiden Eltern zu stehen. Ebenso mangelu noch bestimmte Erfahrungen über das Zurückgehen des Bastardes zur Mutterpflanze. Der wahre Bastard liefert einen neuen Typus, und die- ser ist ein so bestimmter, dass man von dem gleichen Befruchtungsversuch hunderte von Samenpflanzen auf diese Weise erziehen kann, welche stets dieselben we- sentlichen Charaktere tragen. Wurde nun der Versuch mit zwei Pflanzenarten ge- macht, die keine Neigung zum Variiren haben, d.h. aus Samen erzogen und unter gleiche Verhältnisse gebracht, auch dieselben wesentlichen und unwesentlichen Charak- tere als ihre Mutterpflanze zeigen, so werden auch die aus der Bastardbefruchtung hervorgehenden Pflanzen un- ter sich genau dieselben wesentlichen und unwesentlichen Charaktere zeigen. Anders verhält sich dieses, wenn der Bastard zwischen zwei Arten erzogen wurde, von denen entweder beide, oder nur eine sehr zum Variiren ge- neigt ist. Der so erzeugte Bastard wird auch nur in Bezug auf die wesentlichen Charaktere eine ganz be- stimmte Mittelform bilden, in den unwesentlichen Cha- rakteren werden aber die aus einer solchen Befruchtung hervor gegangenen Sämlinge, ebenso stets unter einander abweichen, als die Sämlinge der Stammarten unter ein- —_ 71 _ ander abzuweichen pflegen. Zur Begründung dieser Sätze zitirt Referent eine Menge Versuche, die er mit der Gattung Calceolaria im Jahr 1846 anstellte. Endlich bemerkt Referent noch, dass der wahre Bastard un- ter allen unsern Kulturpflanzen viel seltener ist, als man gegenwärlig allgemein annimmt und dass nament- lich auch die unzählige Menge der Spielarten unserer Gemüse, Obstarten etc. wohl alle nur in Folge der lange fortgesetzten Kultur, wo diese Pflanzen unter die verschiedenartigsten Bedingungen gebracht wurden, nach und nach entstanden sind, indem ihnen von Natur eine Neigung zum Variiren zum grossen Nutzen des Men- schengeschlechtes inne wohnte. Während nun der wahre Bastard von selbst sehr sel- ten, und künstlich nur sehr schwierig entsteht, entsteht der falsche Bastard überall sehr leicht und ganz ohne künstliche Mittel, wenn nur die verschiedenen Varietäten ein und derselben Art mit einander in Berührung kom- men. Der Grund hiervon, so wie von der um so schwie- rigern Annahme der Bastardbefruchtung, als die dazu verwendeten Arten weniger Verwandtschaft zu einander zeigen, dürfte einzig in der gleichmässigen Bildung von Pollen und Stempel im erstern Falle, so wie von der verschiedenartigen Bildung dieser beiden Theile im letz- tern Falle, zu suchen sein. Prof. Hermann Meyer, über die Fettabsonde- rungen. (Vorgetragen den 24. Januar 1848.) ‚Hr. Meyer machte der Gesellschaft vorläufige Mit- theilung von den Ergebnissen seiner Untersuchungen über Rn diejenigen Absonderungsflüssigkeiten, welche freies Fett als wesentlichen oder als ausserwesentlichen Bestandtheil enthalten. Er stellt es als allgemeines Gesetz auf, dass alles freie Fett, welches sich in Sekreten vorfinde, in den Zellen der letzten Endigungen der Sekretionskanäle entstehe. Er hat dieses Ge- setz als geltend erkannt für die wesentlich fetten Se- krete, z. B. der Milchdrüse, der Hauttalgdrüsen, der Ohrenschmalzdrüsen, der Meibomschen Drüsen, der ca- runcula lacrymalis, der Bürzeldrüse der Vögel; — und für die mehr vereinzelten Fettbestandtheile anderer Se- krete, z. B. des männlichen Samens, des Prostatasaftes. Es war zwar von einzelnen dieser Sekrete schon be- kannt gewesen, dass ihr Fett ursprünglich in Hüllen eingeschlossen sei; er wies nun aber nicht nur dieses als allgemeines Gesetz nach, sondern ermittelte auch die noch nicht erwiesene Zellennatur jener Hüllen dadurch, dass es ihm gelang, die jüngeren Formen jener Hüllen, als noch gar nicht, oder nur wenig mit Fett erfüllte kern- haltige Zellen aufzufinden. In Bezug auf die Milch be- merkte Hr. Meyer noch ins Besondere , dass die soge- nannten Kolostrumkörper nicht als die feltsezernirenden Zellen der Milchdrüse anzusehen seien ; da er die eigent- lich hiefür bestimmten Zellen aufgefunden habe. Hr. Meyer sprach sich dafür aus, dass die erwähn- ten sezernirenden Zellen der Drüsengänge nicht als Ge- bilde anzusprechen seien, welche spezifisch verschieden von Epithelien seien. Er hat in Epitheliumzellen im en- geren Sinne, z. B. an der inneren Fläche der Vorhaut ebenfalls Fett als regelmässigen Inhalt erkannt, und so auch hat Reinhardt nachgewiesen, dass alle Arten von Epitheliumzellen pathologisch auch Fett enthalten können. Hr. Meyer machte ferner auf die Bedeutung dieser 0 Untersuchungen aufmerksam. — Die Ursache der Spezi- fischkeit der Sekrete war von je ein Stein des Anstosses und erzeugte gar viele Theorien und Hypothesen. Nach- dem man das Leben der Zelle und deren sogenannte me- tabolische Kraft kennen gelernt hatte, und mit den Zel- len in den Sekretionsgängen der Drüsen bekannt gewor- den war, musste sich die Frage aufdrängen, ob nicht diese Zellen in näherer Beziehung zur Erzeugung des Sekretes stehen. Diese Frage ist nicht so zu verstehen, als ob die Zellen die ganze Menge des ausgeschiedenen Sekretes liefern sollten ; ihrer Thätigkeit kann nur die Erzeugung des spezifischen Theiles der Sekrete beige- messen werden. Henle hat diese Frage behandelt. Goodsir und Mekel haben bis jetzt aber allein durch darauf bezügliche Untersuchungen die Frage zu Gunsten der Zellen zu lösen gesucht; es sind aber zur bestimm- ten Begründung dieser Sekretionstheorie noch mancher- lei Untersuchungen nothwendig. Die angeführten Unter- suchungen des Hrn. Meyer sind in so ferne ein Beitrag zu dieser Begründung, als sie das Gesetz der Entstehung der Sekretionsstoffe in Zellen als allgemeines Gesetz für eine ganze Klasse von Sekreten aufstellen. — Wenn diese Sekretionstheorie auch immer noch nicht die nächste Ursache der Besonderheit der Sekrete erklärt, so führt sie doch in so ferne die Lösung näher, als sie dieselbe an eine bereits bekannte Urkraft der Zelle verweist, und somit zwei physiologische Fragen in eine einzige ver- schmilzt. a ; Verzeichniss der Geschenke für die Bibliothek der Natur- forschenden Gesellschaft in Zürich. 1847. (Fortsetzung.) 40) Savi, Cajetanus. Observaliones in varias triioliorum species. 8. Florentiae, 1810. — Geschenkt von Ern. Schult- hess-Schulthess. 41) Back, Capt. Narrative of the arctic land-expedition in the years 4833 — 35. 8. Paris, 4836. — Von Hrn. Dr. Meyer-Ahrens. 42) Mousson, A. Kleine Naturlehre für das Volk. 8. Zürich, 1847. — Von Hrn. Prof. Mousson. 43) Mayor, Dr. Ch. Sur un proced@ pour l’administration de I’e- ther dans les operations chirurgicales. 8. Lausanne, 1827. — Von Hrn. Dr. Ch. Mayor. 44%) Bischof, H. et L. R. de Fellenberg. Expertise chimico-legale ä l’occasion d’un empoisonnement. 8. Lausanne, 1847. — Von Hrn. L. R. v. Fellenberg. 45) Fellenberg, L. R. de. Analyse de l’eau minerale de l’Alliaz. 8. Lausanne, 1847. — Von Demselben. 46) Rousseau, Louis et (C. Lemonnier, promenades au jardin des plantes. 12. Paris, 1837. — Von Hrn. Carl Zimmer- mann. 47) Roloff, J. F. Die Reform der Naturwissenschaften. 3 Hefte. 8. Hamburg, 1845 — 47. — Von Demselben. 48) Jonston, Jo. Historia naturalis de quadrupedibus, de piscibus, de cetis, de exanguibus aquatieis. Fol. Francofurti, 1650. — Von Hrn. Dr. u. Prof. Schinz. 49) Amtlicher Bericht über Jie Versammlung deutscher Naturfor- scher und Aerzte zu Bremen. 4. Bremen, 1845. — Von Hrn. Hofrath Oken. 50) Zetterstedt, Joh. W. Diptera Scandinaviae. T. 1. 8. Lundae, 4842. — Von Demselben. 51) Dahlbom, G. Kort Underrättelse om Skandinaviska Insekters. 8. Lund., 1837. — Von Demselben. 52) Adams, C. Einige geometrische Aufgaben algebraisch gelöst. 4. Winterthur, 18%7. — Von Hrn. Büchi in Winterth. A ENT a EN EN I 78: 53) Uebersicht der Verhandlungen der technischen Gesellschaft in Zürich, 1846-47. 8. Zürich , 1847. — Von der tech- nischen Gesellschaft in Zürich. 54) Wydler, H. Ein Beitrag zur Kenn'niss der Gras-Inflorescenz. 8. — Von Hrn. Prof. H. Wydler. 55) Gedenkwürdige Verrichtüung der Niederl. Ostind. Gesellschaft im Kaiserreich Taising. Fol. Amsterdam, 1674. — Von Hrn. Dr, Prof. Schinz. 56) Baldaeus, Phil. Beschreibung der Ostindischen Küsten Malabar u. s. w. Fol. Amsterdam, 1672. — Von Demselben. 57) Ziegler, J. M. Atlas über alle Theile der Erde. Lief. I. Fol. Berlin, 1847. — Von Hrn. J. M Ziegler in Winterth. 58) Engelmann, W. Bibliotheca historico-naturalis. Bd. I. — Von Hın. Dr. Prof. Kölliker. 59) Koelliker, Alb. Rhodope nuovo genere di gasteropodi. 8. (Mi- lano), 1847. — Von Demselben. 60) Sanseverino, F. Sopra l’influenza di una bassa temperatura nella metamorfosi degli Insetti. 8. Milano, 1846. — Von Demselben. 61) Volkoff, S. d. Notice sur l’epaisseur du cräne humain. 8. (Paris). — Von Demselben. 62) Perrey, A. Memoire sur les tremblemens de terre. 4. Bru- xelles, 1844. — Von Hrn. Prof. Mousson. 63) Qu£telet, A. Instructions pour l’observation des phenomenes periodiques. 4. Bruxelles, 1842. — Von Demselben. 64) — - - Resume des observations sur la meteorologie etc. 4. Bruxelles, 1841. — Von Demselben. 65) Observations des phenomenes periodiques faites A Bruxelles en 1841. 42. 43. 45. 46. 4. Bruxelles. — Von Demselben. 66) Resume des observations meteorologiques et magnetiques faites nu Bruxelles, 1841 —45. 4. Bruxelles. — Von Demselb. 67) Quetelet, A. Nouveau catalogue des princip. apparitions d’6- toiles filantes. 4. Bruxelles. — Von Demselben, 68) Fairmaire, Leon. Revue de la tribu des membracides. 8. (Pa- ris, 1845). — Von Hrn. Dr. Prof. Schinz. 69) Schinz, Dr. H. R. Monographieen der Säugethiere. Heft 18. 4. Zürich, 1846. — Von Demselben. 70) Treviranus, Lud. Chr. Physiologie der Gewächse. 2 Bde. 8. Bonn, 1835-38. — Von Hrn. Dr. Prof. Kölliker. et 71), Forbes, Ed. Malacologia Monensis: 5. Edinburgh, 1838. — Von Hrn. Prof. Kölliker. 72) Meneghini, @. Alghe Italiane e Dalmatiche. Fasc. I—V. 8. Padova, 1842 — 46. — ‚Von Demselben. ; 73) Balfour, J. H., Charles, Babington and W. H. Campbell catalogue of British plants. P. I. 8. Edinburgh, 1841. — Von Demselben. 74) Report and proceeding of the Botanical Society. Nr. 2. 3. 4.5. 8. Edinburgh, 1838-41. — Von Demselben. 75) Maravigna, Carmelo. Deserizione di una nuoya specie di Con- r chiglia Siciliana vivente. 4. Catania. 1842. — Von Demselben. 76) Katalog der Pflanzen auf dem Höckler. 8. — Von Herrn Schulthess-Schulthess. 77) Bulletin de la societe des sciences naturelles de Neuchätel. Annee 1846. — De la societe des sciences naturelles de Neuchätel. 78) Bulletin de la societe imperiale des naturalistes de Moscou. Annee 1846. 3.4. 1847. 1.2. 8. Moscou, 1846 — 47. — Von Hrn. Dr. u. Prof. Schinz. 79) Rapport sur la sdance extraordinaire de la societe imperiale des naturalistes de Moscou ä l’occasion du jubile de M. Fischer de Waldheim. 8. Moscou, 1847. — Von Dem- selben. 80) Berichte und Mittheilungen von Freunden der Naturwissen- schaften in Wien. Herausgegeben von W. Haidinger. Bd. 1. 2. 8. Wien, 1846-47. — Von der Gesellschaft der Freunde der Naturwissenschaften in Wien. 81) Naturwissenschaftliche Abhandlungen. Herausgegeben von- W. Haidinger. Bd. I. 4. Wien, 1847. — Von Derselben. 82) Wolf, Rud. Die Lehre von den geradlinigen Gebilden in der Ebene. 2te Aufl. 8. Bern und St. Gallen, 1847. — Von Hru. Rud. Wolf in Bern. MITTHBEILUNGEN NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. N 19: 2er März 1848, Arn. Escher v. d. L., über die Thermalquellen von Pfäfers. (Vorgetragen den 20. Dec. 1847.) Hr. Escher v. d. L. theilt einige Bemerkungen mit über die Thermalquellen von Pfäfers. Das Taminathal ist von Ragatz bis zum Galfinenbach (Südl. von Vasön) eingeschnitten in das Nummulitenge- bilde, welches hier vorwaltend aus dunkelgrauem schim- merndem Schiefergestein mit untergeordneten Bänken von dunkel blaugrauem Kalkstein besteht. In letzterm er- kennt man ausser einer sehr grossen Zahl Kalkspathkörn- chen (Trümmer von Echinodermen u. s. f.), auch Num- muliten. Die Schichten streichen N. 550 O— 8. 550 W. und fallen mit 300 — 400 gegen Ost 550 S. Sie sind durchsetzt von zahlreichen, fast senkrechten Klüften, de- ren Streichen zwischen ©. 400 — 700 S. — W. 400 700N. schwankt, und die also die Streichungslinie der Schich- ten ungefähr rechtwinklig durchschneiden. Diese Klüfte zeigen sich in der Taminaschlucht ganz besonders zahlreich in einem 12—30 Fuss breiten, durch Rostfarbe ausgezeichneten Streifen, welcher in der Rich- tung der Klüfte von der einen Wand der Schlucht an die andere hinüber setzt und einige hundert Fuss hoch bis zu Tag hinauf sichtbar ist. Die Rostfarbe rührt von NEBEN. PIIRRN Eisenocker her, der die Wände der meist nur wenige Zoll von einander entfernten Risse bedeckt; häufig ist das Eisenoxydhydrat auch in den Kalkstein selbst einige Linien tief eingedrungen; in diesem Fall erscheint der Kalkstein gewöhnlich gebieicht, da sein Gehalt an Koh- lenstoff, durch welchen hauptsächlich die dunkle Farbe bedingt wird, wohl als Kohlensäure entwichen ist; die Körnchen von Kalkspath haben allein ihre dunkle Fär- bung nicht eingebüsst. Die Lagerung des Gesteins zeigt sich übrigens in diesem Streifen unverändert ; Kalkstein und Schiefer- schichten scheinen in ihm in derselben Ordnung wie im Nebengestein auf einander zu liegen ; Verwerfungen sind nicht nachgewiesen. Aus diesem Streifen nun entspringen die sämmtlichen hiesigen Thermalquellen, sowohl die drei beträchtlichern am rechten Ufer (das Herrenbad 33 Fuss ob dem Ta- minabett, der Kessel, die einzige jetzt benutzte Quelle, 18 Fuss ob der Tamina, der am Ufer der Tamina be- findliche Gumpen) , als die unbedeutenden Wasserfäden am linken Ufer, und die, welche zur Winterszeit im dannzumal fast trocknen Strombette sichtbar sind; und es ist ganz klar, dass die angeführten Gesteinszersetzun- gen, so wie der Absatz von Eisenocker, durch das Ther- malwasser stattgefunden haben und jetzt noch fortdauern. Ohne Zweifel rührt der letztere von der Zersetzung eines geringen Gehalts von Eisenoxydul in den vom Thermal- wasser durchströmten Gesteinen her. Da, wie oben erwähnt, der Streifen bis zu Tage hin- auf von Eisenocker durchdrungen und überzogen ist, welcher in der Taminaschlucht sonst nirgends in eiwel- cher Menge vorkommt, so haben offenbar entweder die Ausflussstellen der Quellen sich im Laufe der Zeit all- Pe Yo mälig gesenkt, oder die Menge des Thermalwassers war früher, zeitweise wenigstens, beträchtlicher , so dass es in Höhen hervorzuquellen vermochte, die es jetzt nicht mehr erreicht. Zu Gunsten der ersten Annahme spricht die Abgeschliffenheit und die wellenförmige, Halbkesseln ähnliche @estalt desjenigen Theils der Wände, der jetzt von der Tamina nie mehr erreicht wird. Diese Formen deuten auf ein allmälig tieferes Einschneiden des Tamina- betts hin. Das Thermalwasser tritt im angeführten Streifen so- wohl aus Schichtablosungen als aus den senkrechten Klüften heraus. Im Gumpen z.B. quillt es auf einer #— 5 Fuss langen Strecke zwischen Schichtablosungen zu Tage, und stösst Sand empor, der meistens aus kleinen, seltener ans Zoll langen, ziemlich scharfkanti- gen Bruchstücken des umliegenden Gesteins besteht. Von Zeit zu Zeit sieht man in ihm auch ziemlich grosse Gasblasen aufsteigen, welche nach Hrn. Pagenstecher's Untersuchung aus atmosphärischer Luft und kohlensau- rem Gas zusammen gesetzt sind. Im Herrenbad dagegen floss am 16. Sept, 1847 ein Theil des Wassers aus -einer der senkrechten Klüfte hervor, und zwar fiel es hier einige Zoll hoch herab ; während ein andrer aus einer Höhlung quoll, in welcher sein Ursprung nicht weiter verfolgt werden konnte; hier bemerkt man keine Gasblasen, auch führt diese Quelle keinen Sand. Alle drei Quellen, das Herrenbad, der Kessel und der Gumpen,, zeigten an der Oberfläche am genannten Tage eine Temperatur von 293/, — 30% R.; die gerin- gere Wärme, welche früher an der Herrenbadquelle beobachtet worden ist, mag Folge damals geringer Was- Er sermenge oder der Vermischung mit Tagwasser gewe- sen sein. Die Wassermenge der Pfäferstherme ändert bekannt- lich sehr nach den Jahreszeiten, der Trockenheit und Nässe der Jahrgänge (s. Dr. J. A. Kaiser , die Heilquelle zu Pfäfers). Diese Veränderlichkeit*) kann, verbunden mit dem Umstande, dass der Ausfluss der Quellen tiefer als 6000 Fuss unter den Gipfeln des Galanda und der grauen Hörner liegt, auf die Vermuthung führen, dass diese Quellen nicht aus der Tiefe aufsteigen, sondern dass sie ihre Wärme im Innern der Bergmassen über ihrem Ausflusspunkte erhalten ; doch ist diess für diese Quellen so wenig als für diejenigen von Leuk (Bischof Geologie I, 127) wahrscheinlich, da die Erdtemperatur in Gebirgen, die bis in ihren Kern durch zahlreiche Thäler eingeschnitten sind, gewiss sehr viel langsamer mit der Tiefe zunimmt als in Ebenen oder auf Plateaus, bei den Leukerquellen spricht auch der bedeutende Ge- halt an Gyps für ihr Aufsteigen aus der Tiefe. Gyps ist nämlich ein Bestandtheil der bunten Schiefer, welche in den Alpen als Unterlage der Gemmigesteine auftreten, im Leukerthale aber noch unter der Thalsohle verbor- gen liegen. Dass auch die Pfäferserquellen aus der Tiefe auf- steigen, ist durch einen im verflossenen November an- *) Sie geht, obgleich sie nicht in Zahlen angegeben ist, doch deutlich aus der beigedruckten Tabelle hervor, welche die seit 4839 durch Hrn. Kantons-Bauinspektor Hartmann veranstalteten Beobachtungen enthält. Die Lücken in den Beobachtungen vom Januar bis April rühren daher, dass im Herbst der zur Quelle führende Bretterweg weggenommen und die Deichelleitung gewöhn- lich beim Eintreten des ersten Thauwetters in der Nähe des Ur- sprungs der Quelle von herabfallenden Steinen zerschlagen wird. ar gestellten Versuch so viel als ausser Zweifel gesetzt. Als nämlich Herr Inspektor Hartmann in die Oeffnungen der obersten , damals bereits versiegten Quelle Kalkwas- ser eingoss, trübte sich nach einer halben Stunde das Wasser der mittlern, und wahrscheinlich hätte sich bei dem auch an der mittlern Quelle vorgenommenen Versuche das Wasser der untern gleichfalls getrübt, wenn die mittlere nicht noch zu wasserreich gewesen wäre, um dem Kalkwasser freien Durchgang zu gestatten. (Bei ei- nem frühern Versuche, den Herr Hartmann an der obersten Quelle angestellt hat, als sie noch wasserreich war, zeigte sich im Becken der mittlern Quelle auch keine Trübung.) Hrn. Inspektor Hartmanns Ansicht, dass die mittlere und oberste Quelle nur durch das Ue- berschusswasser der untersten gespeist werden , wird also die richtige sein, und das sanfte, nicht strahlartige Em- porquellen des Thermalwassers im Gumpen findet wohl darin seine Erklärung, dass das Wasser in dem unregel- mässigen Rohre und durch die erweiterte Mündung seine Kraft verliert. Bei diesem Verhalten der Quelle ist zu erwarten, dass durch möglichst tief angelegte Fassung der obersten Quelle das Quantum des benutzbaren Thermalwassers be- deutend vermehrt werden könnte; es weist darauf auch der Umstand hin, dass nach allen vorhandenen Nachrich- ten die unterste Quelle das ganze Jahr hindurch fliesst, die mittlere, 18 Fuss höhere, zur Winterszeit zuweilen mehrere Fuss unter die Oeflnung der Fassung hinabsinkt, die oberste, 33 Fuss höhere, endlich oft das ganze Jahr hindurch ausbleibt und nie länger als einige Monate fliesst. Zwischen diesen Zuständen der Pfäferser Quellen und den atmosphärischen Niederschlägen in Zürich findet übri- u: gens in dem verglichenen Zeitraum von 1839 — 1848 keine genaue Uebereinstimmung statt, was vielleicht da- her rühren mag, dass der bei Pfäfers viel stärker als bei Zürich herrschende Föhnwind eine andere Vertheilung der Niederschläge bewirkt. Da sich nach den oben angeführten Thatsachen die Pfäferser Thermen als aufsteigende Quellen darstellen, und da sie aus Flözgebirge entspringen, so liegt die Vermuthung nahe, dass sie ebenso wie diejenigen von Baden, Schinznach, Aix in Savoyen*) u. a. einer tief ins Innere der Erde eindringende Erhebungs- oder Ver- werfungslinie ihre Entstehung verdanken. Es ist indess ' bis jetzt noch nicht gelungen, für die Pfäferser Quellen eine derartige Verbindung mit Bestimmtheit nachzuwei- sen. Allerdings befindet sich etwa 1 Stunde südlich von ihnen eine vom Rhätikon bis in den Kanton Bern sich erstreckende Verwerfungslinie, an welcher im Tamina- thal die Gesteine der Juraformation ans Nummulitenge- bilde anstossen, und die in ihrem weitern Verlaufe mit den räthselhaften Lagerungsverhältvissen in Glarus, Uri, Engstlenalp u. s. f. in engster Verbindung steht; allein zwischen ihr und den Pfäferserquellen stellt sich kein Zusammenhang dar. Eher noch möchte man versucht sein, anzunehmen, dass ein und dasselbe Ereigniss sowohl diese Thermen als das Rhein - Walenseethal in’s Dasein gerufen habe, da die rostfarbigen Klüfte, aus denen die Thermen hervortreten, ungefähr dieselbe Richtung haben, wie das Rheinthal bei Ragatz. Uebrigens ‚könn- ten sie auch in Verbindung stehn mit den abnormen *) Prof, Mousson, Geologische Skizze von Baden im Aar- gau. Zürich 1840. — Ueber die Thermen von Aix in Savoyen. EEE PrR nie ep Bug Lagerungserscheinungen im Weisstannenthal , indem die verlängerte Richtung des Quellenstreifens ungefähr in die Gegend trifft, wo dort die metamorphischen, halb ery- stallinischen Gesteine des Melser Conglomerats auf dem Nummulitengebilde aufliegen. RUN Yo Zustand der Thermalquellen von Pfäfers nach + = fliessend. 0 = nicht fliessend. Januar. Februar. obere mittlere untere obere mittlere untere obere mittlere untere ++4|++ol++o|& obere mittlere untere un _ obere mittlere untere oO obere . scheint unter der Mündung der Fassung zu- mittlere rückgeblieben zu sein, unlere oO + + n 0 < + 1 +4 H obere mittlere untere obere mittlere untere obere mittlere untere ++ =. 1» Bau-Inspektor Hartmann’s Beobachtungen. [DJ] = keine Beobachtung vorhanden. August. | Septemb. | October. |November.| Dechbr. sehr reich +++ ++ o]++°© 0 0 lief nicht mehr über, sondern senkte sich um 3 Fuss bis im December. nicht stark fliessend En ++ |+++ allmälig verschwunden + (schwach = 7 =- fliessend == .e 0 rn o | sich vermindernd + + + 0 + + + + + 0 + En ++ 0o|++4 ++ e|+++ + + ++ +++ +++ +++ ++ 0 —_ 4 —- ein kleiner Mühlbach. eu a +4+4|+++ +++ 0 >® ns er ++=< 68‘CH | m6SLH | 8c’H8 sorLea | nıse | eron | cs 'Ln8l 08001] Er'cı | SI8EI ELLGT, SVosı | OL WEL | 18°09 | 15°E6 | 86'107 | c8‘or |8E'6Hr |'IrST 8991| erın | 88/101 os‘'arh | 16071 | 68°CH1 | VETZR | 9EE6 Ic. |ın‘ar | erst 61°0 | 90°07 | Anwar 19'YL1 | 66°108 | 61'651 | £0'86 | mWBT 08°89 | c9‘01 | Yr81 sır'st | 2006 | co'g6h| % GEHEN | 66121 | Z6'8EH "erst 0158 | 1'9CT | 92'98 Lues | 8r'g1 058 | 906 | 79'201 LL'90F | 97‘E8 899 | £0'EE | 6625 11701 | sc'9E | 5616 | seo un m | S6/er | Seel eso£ | ser | 6695 | 1108 6Lel | EROE | SBZ geEs | 12EI | 11/18 | 2808 | 90°08 gg | 1u/sı |cr‘9 I'sest “ıqdac| aqaon | aqO snöny) ng | "ıung | reg | mady | zuem | ‘aqag |‘aenuep “990 YOeN °UDIINZ UI DSBIUDSIOPIIN AydsIagydsouny Ru 0% Prof. A. Kölliker, über einige anatomisch- physiologische Gegenstände. (Vorgelegt den 7. Febr. 1847.) 1. Ueber die Einwirkung des magneto — electrischen Appa- rates auf die Gefässe der frischen Placenta. Wenn man die Gefässe einer eben gebornen Placenta mit den Drähten eines magneto - electrischen Apparates reizt, so erhält man sowohl in der Arteria umbilicalis und ihren Aesten, als in der Vena umbilicalis, da wo sie in der Placenta liegt, ganz deutliche Gontractionen. Dieselben sind sehr energisch im Bereich der genannten Vene und bewirken Einschnürung derselben, die ihren Durchmesser um das Zwei- und Dreifache verringern, weniger auffallend dagegen an den Arterien, doch auch hier deutlich. Wie es immer geschieht, wenn Gefässe mit dem genannten Apparate gereizt werden, so vergeht auch hier einige Zeit, bevor der Reiz wirkt, und über- dauert zweitens die Einschnürung den Reiz’ um Vieles. Diese Thatsachen sind in mehreren Beziehungen von Interesse. Erstens kann man sich fragen, welche Ele- mente bei den geschilderten Contractionen im Spiele sind, ob Muskelfasern und Nerven, wie anderwärts? Muskel- fasern finden sich nun allerdings nach meinen ÜUntersu- ehungen in den fötalen Placentargefässen in reichlicher Menge und ausgezeichneter Schönheit, in der Vene und ihren Aesten, so wie in den Arterien; allein Nerven- fasern, sind auch diese vorhanden? Bekanntlich kennt man in der Placenta noch keine Nerven, und selbst im Nabelstrang konnten sie von Schott nur 1 — 11/,“ weit präparirt, und von Valentin nicht über 3— 4 vom Nabel an microscopisch gesehen werden. Was mich be- -irifft, so habe ich die von Schott gefundenen Nerven ebenfalls aufs Deutlichste gesehen, allein nicht weiter ver- folgen können als er. Bei microscopischen Untersuchun- gen von Nabelsträngen, wie sie gewöhnlich aus Gebär- häusern erhalten werden, konnte ich bis jetzt keine Ner- ven entdecken. Namentlich war es mir trotz aller ange- wandten Zeit und Mühe unmöglich, im Placentarende des Funiculus irgend etwas von Nerven, sowohl mit un- bewaffnetem als mit bewaffnetem Auge zu sehen. Auch auf den Aesten der fötalen Placentargefässe zeigte mir die genaueste Untersuchung nichts von Nerven, und doch müssten sie an diesen Gefässen mit sehr freier Lage, vorausgesetzt dass sie den Nabelstrang in seiner Tota- lität durchlaufen, eben so leicht, selbst mit dem Messer zu finden sein, wie an den Umbilicalarterien und der Umbilicalvene in der Unterleibshöhle. Bei diesem Stande der Dinge bleiben nur zwei An- nahmen übrig. Entweder a) die Placenta und der untere Theil des Nabelstranges haben keine Nerven, oder b) sie besitzen solche, aber von so eigenthümlicher Art, dass sie weder mit dem Messer noch mit dem Mieroscope sichtbar gemacht werden können. Ad a) ist zu bemerken, dass wenn die Placenta keine Nerven besässe, die Contractionen ihrer Gefässe in Folge galvanischer Reizung ganz einzig in ihrer Art da stünden, indem sonst überall, wo der Galvanismus auf Muskeln eine Wirkung äussert, dieselbe durch Nerven vermittelt wird. Es müsste in dem angegebenen Falle der Galva- nismus direct auf die Muskeln der Gefässe wirken, de- nen somit Irritabilität, m. a. W. eine ihnen innewoh- nende, von Nerven unabhängige Zusammenziehungsfähig- keit nicht abgesprochen werden könnte. Ad b) erwähne ich, dass die neuesten Untersuchun- gen im Gebiete der mieroscopischen Nervenanatomie die % R a N VE . un. A Existenz von sehr feinen, blassen, ja selbst fast durch- sichtig zu nennenden Nerven dargethan haben. Solche finden sich nach Schwann’s von mir in der neuesten Zeit bestätigten Angaben im Schwanze der Batrachier- larven, nach Henle und mir in den Pacini’schen Körper- chen, nach Wagner in den letzten Endigungen der Ner- ven des electrischen Organes von Raja, nach mir in den Nerven der Cornea aller Wirbelthiere. Möglicherweise “ könnten auch die Nerven des Nabelstranges während ih- res Verlaufes in demselben ganz blass und fein werden, und für Messer und bewaffnetes Auge unbemerkbar in der Placenta enden. In Anbetracht dieser nicht zu läugnenden Möglichkeit kann ich, obschon Freund und Anhänger der Haller’schen Irritabilität und einer auch ohne Nerveneinfluss zu Stande kommenden Thätigkeit der Muskeln, doch mich nicht entschliessen, die von mir beobachteten Contractionen in Folge galvanischer Reizung als nicht durch Nerven vermittelt anzusehen, und finde mich bewogen, mit mei- nem Urtheile in Bezug auf das Zustandekommen dersel- ben vorläufig noch inne zu halten. Zweitens bemerke ich, dass die erwähnten Beobach- tungen auch insofern von Bedeutung sind, als sie das erste Beispiel von der Contraction menschlicher (wenn auch fötaler) Gefässe durch Galvanismus abgeben. 2. Ueber die Nerven der Hornhaut des Menschen und der Wirbelthiere. Bekanntlich sind die von Schlemm (Berliner encyel.- med. Wörterbuch, Art. Auge, Bd. IV. S. 22. 23) auf- gefundenen Nerven der Cornea von Säugethieren seither von Bochdalek (Bericht üb. d. Versammlung d. Naturf. in Prag 1837, S. 182), Valentin (de funct. nerv. p. 19 adnot.), Pappenheim (Compt. rend. de l’Acad. T. XV, p- 519, Ammon’s Monatschrift 1839, S. 281 mit Abbild., er RR ruhe Specielle Geweblehre des Auges), Purkinje (Müller’s Arch. 1845, p. 292) und Bruecke (Anatom. Beschr. d. Augapfels, Berlin 1847. p. 10) für den Menschen und verschiedene Säugelhiere bestätigt, und theils mit dem Messer , theils microscopisch untersucht worden, so dass eine fernere Besprechung dieses Gegenstandes ziemlich überflüssig erscheinen könnte. Jedoch sind einerseits in der neuesten Zeit diese Nerven von Engel (Zeitschr. d. Ges. v. Aerzten zu Wien 1847, p. 311) ganz geläugnet und von Beck (üher die Verbind. des Sehnerven mit dem Augen- und Nasenknoten, so wie über den feinern Bau dies. Gangl. Heidelb. 1847, p. 19) wenigstens der eigent- lichen Gornea abgesprochen worden, anderseits die fei- nern und vergleichend-anatomischen Verhältnisse dersel- ben noch nicht genügend festgestellt, was mich zur Mitthei- lung meiner hieher gehörenden Beobachtungen bestimmt. Was erstens das Vorkommen der Nerven betrifft, so habe ich dieselben beim Menschen und Kaninchen, beim Huhn und der Taube, beim Frosch und beim Flussbarsch, mithin bei allen vier Wirbelthierklassen aufs Deutlichste und unzweifelhaft gesehen. Denjenigen Anatomen, welche ihre Gegenwart beim Menschen in Abrede stellen, ist anzurathen, dieselben zuerst beim Ka- ninchen, wo sie leicht zu sehen sind, aufzusuchen, dann werden sie dieselben sicher auch beim Menschen, bei dem sie allerdings schwieriger gefunden werden, nicht mehr vermissen. Es stammen die Gorneanerven von de- nen der Iris, treten in den vordersten Theil der Sclero- tica und senken sich dann an der Verbindungsstelle der- selben mit der Hornhaut in die letztere ein, um in der Substanz derselben, jedoch meist der vorderen Fläche etwas näher als der hintern, bis in ihre Mitte zu ver- laufen. Charakteristisch ist für diese Nerven 1) ihre Verbreitung und Endigung in der Hornhaut, und 2) die Beschaffenheit ihrer Nervenprimitivfasern. Ersteres an- belangend, so bilden dieselben, wie Purkinje richtig bemerkt, indem sie unter stumpfen oder spitzen Winkeln vielfache Aeste abgeben, schliesslich ein ziemlich reiches Nervennetz in der Mitte der Cornea, in welches alle Aestehen ohne Ausnahme einzutreten scheinen , indem ee ee — ae wenigstens von einer freien Endigung derselben keine Spur zu sehen ist, wogegen Anastomosen zarter Bündel und einzelner Primitivfasern überall entgegentreten. In Betreff! der Natur der Primitivfasern, so ist besonders auffallend, dass dieselben nur am Rande der Hornhaut in einer Länge von höchstens 0,4 — 0,6 das bekannte dunkle Ansehen darbieten, weiter nach innen dagegen und in der Mitte ganz blass und durchsichtig sind, und hierin den von mir neulich ausführlich beschriebenen Nerven der Batrachierlarven, so wie den Endigungen der Nerven in den Pacini’schen Körperchen ganz gleichen. Ausserdem werden auch die Primitivfasern, je weiter nach innen sie (reten, um so feiner, ohne jedoch sich zu veräsleln, und erreichen endlich einen Durchmesser von nicht mehr als 0,001 — 0,0008. Neurilem be- sitzen dieselben jedoch keines. In Bezug auf die speciellen Verhältnisse der genann- ten Geschöpfe bemerke ich in dieser vorläufigen Mitthei- lung nur Folgendes: 1) Beim Menschen finde ich im ersten Lebensjahre ungefähr 24— 30 in die CGornea eintretende Nerven- stämmchen von 0,004 — 0,02’ Durchmesser, und sehr blassen, auch am Rande derselben wenig dunkeln Primi- tivfasern ; im Erwachsenen zähle ich 34—36 Stämm- chen, die nicht über 0,02 messen, mit etwas dunklern, jedoch immer noch bedeutend blassen Primitivfasern. 2) Im Kaninchenauge fand ıch 24—30 eintretende Stämmchen von einem Durchmesser von 0,002—0,016°”, mit sehr deutlichen, 0,0012 — 0,002“ messenden dunkeln Primitivfasern am Rande der Cornea, und sehr blassen feinen, kaum zu verfolgenden Netzen derselben in der Mitte der Hornhaut. 3) Huhn und Taube zeigen 12— 18 Stämme von 0,01 — 0,02‘, die ihr dunkles Ansehn unmittelbar nach ihrem Eintritte in die Hornhaut verlieren, und daher, und weil auch ihre weitern Verästelungen sehr blass sind, schwer wahrgenommeu werden. 4) Beim Frosche sind die Hornhautnerven wenig zahlreich, kaum 12 an der Zahl. Ihre stärksten Stämme messen 0,016‘; die feineren sind schwer zu sehen, weil ihre Fasern oft hart am Rande die dunkeln Contouren verlieren. Nach der Mitte zu bilden dieselben ebenfalls, jedoch schwer zu sehende Netze. 5) Der Flussbarsch endlich zeigt am Rande der Gornea sehr zahlreiche Nervenstämmchen, die unter viel- fachen Anastomosen einen mehr oder weniger vollkom- menen Ring bilden, und blasse, anastomisirende Aestchen bis in die Mitte der Hornhaut senden. Aus diesen Mittheilungen geht demnach hervor: a) dass es wirklich, wenigstens an sensiblen *) Nerven, Endumbiegungsschlingen der Primitivfasern gibt, was übrigens auch schon durch meine Beo- bachtungen über das Verhalten der dunkeln Nerven im Schwanze der Batrachierlarven bewiesen ist ; b) dass ausser in den Pacini’schen Körperchen auch in der Gornea der erwachsenen Säugethiere ganz blasse Nervenfasern vorkommen; g) dass in gefässlosen Organen reichliche Ner- vennetze sich finden. Die Cornea ist nämlich nach meinen und Anderer Erfahrungen, mit Ausnahme eines ganz schmalen Saumes am Rande, sicherlich ganz gefässlos. Schliesslich bemerke ich noch, dass bei Untersuchung der Nerven der Cornea Anwendung von Kali caust. und Essigsäure und Abschaben des Epitels der Hornhaut von wesentlichem Vortheil sind ; doch sind die Nerven auch an ganz frischen Hornhäuten leicht zu sehen. *) An motorischen Nerven kommen allerdings, wenn man auch die Nerven der Pacini'schen Körperchen vorläufig nicht zu denselben rechnen will, Verästelungen und feine Endigungen der Nervenfasern vor, so in den animalen Muskeln nach J. Müller’s und Brücke’s, von R. Wagner, Volkmann, Ecker und mir wieder- holte Beobachtung, in den glatten Muskeln der Froschlunge nach Ecker’s von mir bestätigter Entdeckung, endlich in den electri- schen Organen der Fische nach Savi, R. Wagner und Ecker. Von sensiblen Fasern mit Verästelungen und freien Endigungen sind bis jetzt nur die von Schwann und mir beschriebenen embryonalen Nerven der Batrachierlarven zu erwähnen, (Schluss folgt in nächster Nummer.) —. MITTEEILUNGEN NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. oN®” 20. ——_ April 1848, Prof. A. Kölliker, über einige anatomisch- physiologische Gegenstände. (Vorgelegt den 7. Febr. 1847.) (Schluss..) 3. Neue Beobachtungen über die Verbreitung der glatten Muskeln. Seit meiner im vorigen Jahre gemachten Mittheilung über die glatten Muskeln habe ich der Verbreitung der- selben noch ferner nachgespürt, wie im Folgenden in Kürze mitgetheilt werden soll. 1. Auge. Nicht nur die Muskeln der Iris, sondern auch der Spannmuskel der Aderhaut, Tensor cho- rioideae (m. ciliaris Todd und Bowman), den Bruecke und die genannten englischen Autoren aufgefunden haben, besteht aus glatten Muskeln. 2. Ohr. Der Musculus cochlearis, den Todd und Bo wman (micr. Anat. and Phys. of man. Part. II. p.79) beschreiben, besteht nach meinen Untersuchungen nur aus einer Modificalion von Bindegewebe. 3. Von allen einfachen Drüsen besitzen glatte Mus- kulatur nur die grossen Schweissdrüsen der Ach- selhöhle, ferner hie und da auch andere kleinere Schweissdrüsen, namentlich einzelne derer der Hand- fläche, des Scrotum, der Anusgegend, endlich auch die = eg Ohrenschmalzdrüsen, deren Muskeln sich wie dieje- nigen der im vorigen Jahrgange dieser Mittheilungen beschriebenen grossen Schweissdrüsen verhalten. 4. Lungen. Nach wiederholten und möglichst ge- nauen Beobachtungen muss ich den Lungenbläschen des Menschen jede Muskulatur absprechen, dagegen kommen glatte quere Muskelfasern noch in Bronchialästchen von 1/yo und jo’ vor. Die Lunge des Frosches enthält . sehr schöne und zahlreiche Bündel glatter Muskeln. 5. Leber. Beim Ochsen finden sich in der Gal- lenblase, den Wänden des Ductus cysticus, chole- dochus und den ausserhalb der Leber gelegenen Thei- len des Ductus hepaticus viele glatte Muskeln. Beim Menschen zeigen sich dieselben fast nur in der Gal- lenblase; im Ductus cysticus und choledochus sind sie kaum nachweisbar, im Ductus hepaticus mangeln sie ganz. 6. Der Ductuspancreaticus des Menschen und der Stenonische Gang haben keine glatten Muskeln; eben- sowenig die Thränenkanälchen und der Thränen- sack. Dagegen hat der Wharton’sche Gang des Menschen eine äussere sehr schwache Lage von Längs- muskeln. 7. Auch das Nierenbecken und die Nieren- kelche haben glatte Muskeln, ebenso die Ureteren, die Urethra des Weibes und die des Mannes in der Pars prostalica in Form starker Längs- und Querfasern, in der Pars membranacea und cavernosa als schwache Längsfasern. 8. Die Samenkanälchen haben keine Muskeln, wohl aber die Kanälchen der Nebenhoden; ebenso sind sehr muskulös der Ductus deferens und ejaculato- Fe rius (letzterer da wo er in der Prostata liegt weniger) und die Samenbläschen. 9. Muskulös ist ferner zur Hälfte die sogenannte Zellgewebescheide, welche die Samenbläschen umhüllt, und ein Band, welches die beiden Samenbläschen vereinigt. 10. Auch der Hoden besitzt ausser der Tunica dartos eine Hülle von glatten Muskeln. Diese innere Mus- kelkaut, wie ich sie nenne, liegt zwischen T. vaginalis communis und propria, entspringt vom Nebenhoden und bildet eine nach oben offene ziemlich starke Kapsel, die mit beiden Scheidenhäuten sich verbindet. 11. Die Prostata ist meiner Entdeckung nach ein vorzugsweise muskulöses Organ , in welchem die Drüsen- masse kaum ein Drittheil ausmacht. Die Muskelfasern bil- den 1) eineäussere Hülle mit 2 Blättern, von denen besonders das innere, wie schon seine röthliche Farbe an- deutet, fast rein muskulös ist. 2) eine schon vorhin er- wähnte Längs- und Querschicht, unmittelbar unter der Schleimhaut der Harnröhre und besonders am obern Theile des Organes entwickelt. 3) eine grosse Menge von Fa- serbündeln, die von den Ausmündungsstellen der Drüsen der Prostata aus radienarlig nach allen Seiten der Ober- fläche verlaufen und besonders in der Richtung des Quer- durchmessers ziehen , daher auch die röthlichgelbe innere Substanz der Prostata sehr leicht der Quere nach sich zerfasern lässt. Zwischen diesen Faserbündeln und den Maschenräumen, die sie unter einander bilden, liegen die einzelnen Drüsenmassen des Organes. 12. Die Vesicula prostatica hat schwache Mus- kelfasern in ihren Wänden. "13. Die Glandulae Cowperi zeigen nirgends Muskeln, mit Ausnahme der zarten Hülle, welche die- Bel BE selben einschliesst und von den benachbarten Theilen trennt. 14. Das Gubernaculum Hunteri enthält, wie schon Andere sahen, quergestreifte Muskeln. 15. Wenigstens zum Theil muskulös sind die Liga- menta uteri rotunda, anteriora und posteriora, das Ligam. ovarii und das Lig. latum an gewissen Stellen. Am bedeutendsten ist die Muskulatur im Lig. rotundum, welche auch zur Zeit der Schwangerschaft an Stärke sehr zunimmt. 16. Die Bulbi vestibuli und ihre Pars inter- media (Kobelt) besitzen durchweg den Bau von caver- nösen Körpern, d. h. sie enthalten grosse, nur von einem Epitel ausgekleidete Venenräume, die von einem zur Hälfte aus glatten Muskeln gebildeten Bal- kengewebe gestützt werden; ebenso gebaut ist das Innere der Glans clitoridis und der Corpora cavernosa derselben. 17. DieDuverney’schen Drüsen besitzen in ihren Ausführungsgängen eine zarte Längsmuskelhaut. 18. Der Uterus vergrössert sich während der Gra- vidität in seiner Muskulatur theils durch Neubildung von muskulösen Faserzellen, theils durch Wachsthum der schon vorhandenen und neugebildeten Elemente in die Länge. Hier finden sich daher die längsten muskulösen Faserzellen von Yo — 1,’ Länge. i9. Die Gefässe anbelangend , so habe ich meinen früheren Mittheilungen nur so viel wesentlich Neues hinzuzusetzen : 1) dass die Gefässe des mütterlichen Theiles der Placenta alle ohne Ausnahme der Muskulatur ent- behren, En ENTE En a = 0 2) dass auch die Lebervenen glatte Muskeln enthalten, und 3) dass die Venen des Uterus gravidus, die sonst wie andere Venen sich verhalten, 3 Muskelhäute, 2 longitudinale und eine mittlere transversale, be- sitzen, deren Elemente merkwürdiger Weise ebenso colossal, wie die der Muskelsubstanz des Uterus gravidus selbst sind. 20. Endlich bemerke ich noch, dass alle meine hier angeführten neuen Untersuchungen, den früher aufge- stellten Satz, dass die Elemente der glatten Muskeln einkernige Faserzellen sind, bestätigen. A. Menzel, Bemerkungen zur Entwieklungsge- schichte einiger Hymenopteren. (Vorgetragen den 20. März 1848.) 1. Ein Weibchen von Odynerus besuchte häufig eines meiner gegen Morgen gelegener Fenster und kroch bei jedem Besuch unten zwischen den Fuss des klaffenden Fensterflügels und den entsprechenden Theil des Gerü- stes. Bei der Eröffnung fand ich auf dem letztern fünf der grünen, in Blattrollen der Nessel lebenden Raupen des gemeinen Nesselzünslerss. Am Fuss des Fensterflü- gels, bei geschlossenem Fenster gerade über ihnen, hing an einem kurzen Faden ein länglich rundes über 1’ lan- ges und 1/3“ im Durchmesser haltendes weissgelbgrün- liches Ei. Die Raupen waren, durch Stiche der Mutter, gelähmt, zuckten und schnellten bei der Berührung, krochen wohl auch langsam eine Strecke weit fort. Nach Bau Se Verlauf eines Tages, während dessen die Wespe öfter sich einstellte, fand ich bei Eröffnung des Fensters aber- mals 5 Raupen eingetragen, alle parallel neben einander gelegt und um die 10 Raupen mit dem Ei einen ovalen Damm von Strassenschlamm angelegt. Ich brachte Vor- rath sammt Ei in eine Schachtel, und glaubte in Folge dieses Eingriffs das Geschäft an der unsichern Stelle be- endet. Zu meinem Erstaunen erschien die Wespe wie- der; sie trug abermals, trotz öfterm Eröffnen, wobei sie selbst einige Male an der zum Nestbau bestimmten Stelle überrascht wurde, 5 Raupen ein, hing über ihnen ein Ei auf, steigerte den Raupenvorrath auf 10 und baute den Wall. Wenn das Thier durch Eröffnung des Fen- sters an der Neststelle überrascht wurde, zeigte es sich nur verwundert, aber durchaus nicht scheu, und suchte weder zu fliehen, noch sich zu rächen, sondern es sah treuherzig umher und wartete des Augenblicks, bis das Fenster geschlossen wurde. Ich beraubte die Wespe aber- mals; und siehe, sie sammelte, legte, sammelte und baute zum dritten Mal, ganz in derselben Weise, wie früher, benahm sich eben so zutraulich, und übernachtete bei ih- rem Ei und den eingetragenen Raupen. Auch jetzt ward die Wespe beraubt ; auch jetzt suchte sie das gleiche Geschäft zu wiederholen , musste sich aber, weil absicht- lich das Fenster volle 24 Stunden geöffnet blieb, nach manchen vergeblichen Besuchen zum Aufsuchen einer andern Localität entschliessen, und blieb endlich ganz aus. Das ganze Geschäft vom Eintragen der ersten Raupe bis zum Anlegen des Walles nahm eine zweitägige Frist in Anspruch, gegen deren Ende die Wespe viel öfter sich einstellte, als Anfangs, was in genauer Bezie- hung zu dem erst dann beginnenden Baugeschäft steht. Wenn nun schon die vollständige Beobachtung des De NN . Di ganzen Vorgangs durch 24 stündiges Offenlassen des Fensters bei dieser Wespe abgebrochen wurde, so bot mir ein anderer gleichzeitiger Fall Gelegenheit, über die Dauer der mütterlichen Thätigkeit, wie über die wahr- scheinliche Zahl der von der weiblichen Wespe abzule- genden Eier einen vielleicht nicht unzulässigen Schluss zu ziehn. Im gleichen Zeitraum nämlich kam ein an- deres Weibchen von Odynerus auctus durch das stets geöffnete Fenster eines nach West gelegenen Zimmers meiner Wohnung häufig herein, flog in schiefer Rich- tung unter einen mit einem ziemlich tief herabreichenden Teppich bedeckten Tisch, welcher vor einem zwischen zwei andern Fenstern an der Wand stehenden Ruhebett steht, und verharrte hier stets einige Zeit, ehe es durch das gleiche, nie durch ein anderes der offenen Fenster, wieder ausflog. Wurde das Fenster versuchsweise ge- schlossen, so flog es eben so wenig durch ein anderes ein, so wenig es diess beim Ausfluge gethan hatte, ob- wohl es theils im Zimmer, theils vor dem Hause herum- Dog; nach Eröffnung desselben aber nahm es sogleich seinen Flug durch das auserkorene Fenster. Ich suchte die Stelle unter dem Tische auf, der ihre Besuche gal- ten, und sah das Thier stets in ein zunächst unter der Platte in jenem Beine befindliches Bohrloch kriechen, welches dem Fenster zunächst stand. Seine Besuche dauerten im Ganzen 8 Tage und wurden je gegen Ende des zweiten Tages frequenter. Während dieser Besuche war die Wespe nicht minder zutraulich, als die erstere. Einige Male ward sie in bescheidener Entfernung von einem Individuum der gemeinen Goldwespe begleitet, das, so lange die Wespe im Bohrloch beschäftigt war, an Fenstern und andern Gegenständen herumflog oder kroch, sobald die Wespe aber wieder ausgeflogen war, - 100° — sich ebenfalls unter den Tisch begab. Acht Tage also sammelte, legte und baute mein zweites Odynerusweib- chen ; am achten Tage endlich überzog es das Bohrloch mit einem Deckel von Strassenschlamm und blieb dann für immer aus. Ich aber klebte über den Bau ein klei- nes Gace-Netz, in dem ich die vollkommen entwickelten Nachkommen der Wespe, vielleicht auch solche der schmarotzenden Goldwespe vor vorzeitigem Entweichen zu bewahren hoffte. Nach dem frühern Falle zu schliessen, hatte die Wespe 4 Eier gelegt, für jedes Ei 10 Raupen, 5 vor, 5 nach dem Ablegen desselben, im Ganzen also vierzig Raupen eingetragen, je 10 mit einem Ei wahrscheinlich durch Verschluss mittelst eines Deckels in eine Zelle eingeschlossen, und 4 solche Zellen hinter einander in das erwähnte Bohrloch gebaut. Bei der bedeutenden Grösse eines Eies lässt sich eine beschränkte Eierzahl mit einigem Rechte annehmen ; vielleicht wäre die An- nahme, die Zahl der Eier beschränke sich wirklich auf vier, die eigentliche mütterliche Thätigkeit auf einen acht-, die Vollendung je einer Zelle auf einen zwei- tägigen Zeitraum, nicht allzugewagt. So interessant die bisher mitgetheilten Umstände über die mütterliche Thätigkeit, so interessant sind auch die nachfolgenden über die Entwicklung und Lebensthätig- keit der Larve. Am siebenten Tage nach Ablegen des Eies spaltet die weiche Haut des letztern an dem dem Aufhängepunkt entgegengesetzten Ende und wird gleich einer weichen Larvenhaut nach hinten abgestreift. Die junge Larve ist von Anbeginn an mit dem Kopfende ge- gen das Afterende abwärts gekrümmt, spindelförmig aber nach hinten allmälig und stärker verdünnt, hat Anfangs die Färbung des Eies, einen deutlich abgesetzten Kopf — 11 — und 13 Rumpfsegmente ; jener ist seitlich aufgetrieben und unten mit einem dicken wulstigen Saugnapf versehn, in den die Mundtheile der jungen Larve zurückgezogen sind. Seitlich scheint der weisse Tracheenstamm durch, der hinter dem Kopf beginnt, bis zum letzten Segment verläuft, an jedem Segmente nach oben und unten ei- nen senkrechten Zweig abgibt, etwas hinter der Körper- mitte aber oben und unten einen starken allmälig nach hinten verlaufenden flottirenden Ast absendet, von wel- chem wenige anastomosirende Zweige entspringen. Längs des Rückens scheint das blasse Rückengefäss durch. Die Eihaut bleibt an dem Afterende hängen und die junge Larve heftet sich mit ihrem wulstigen breit aufgesetzten Saugnapf an eine der Raupen, die durch windende Be- wegungen, Zucken und Schnellen des Körpers beson- ders dann ihre Empfindlichkeit zu erkennen gibt, wenn die Larve mittelst ihrer braungeendeten durchscheinenden Kiefer die Raupenhaut durchbricht. Sofort sieht man einen Strom grüner Flüssigkeit in den Körper der Larve treten, die zwar schnell, aber doch nicht in dem Maasse an Umfang zunimmt, in welchem die allmälig ermattende und endlich zu völliger Ruhe gelangende Raupe von Säften entleert wird. Die Larve erhält hierbei eine schmutzig dunkelgrüne Färbung und ihre Haut erlangt einen lebhaften Glasglanz, der im ganzen spätern Lar- venstande sich erhält. Die aufgenommenen Säfte bewe- gen sich wolkenartig von der Mitte des Körpers diame- tral nach vorwärts und rückwärts, obwohl die Lärve nur beim Beginne des Saugens leichte contrahirende Be- wegungen der Körpersegmente macht, dann aber völlig ruhig da liegt; besonders deutlich sind auch die Saft- strömungen im Rückengefäss, und die CGontractionen und Expansionen des letztern. Hat die Larve eine Raupe — 12 — ausgesaugt, so wendet sie sich zu einer andern und be- ginnt das gleiche Manoeuvre. So gehts bis zum fünften Tag ; an diesem liegt die Larve ruhig da, nur bisweilen macht sie windende Bewegungen ; endlich springt vorn und oben die Haut auf und die Larve streift dieselbe bis zum After ab, wo letztere sitzen bleibt, liegt noch einige Zeit ruhig da und wendet sich endlich zu einem der Opfer. Die Körpergestalt ist jetzt eine andere ge- worden ; jederseits am Rumpfe läuft von vorn nach hin- ten ein Längswulst, an dessen oberer Grenze in schiefen Furchen die Stigmen sich befinden. Der Saugnapf des nun kleineren Kopfes ist kleiner geworden, die Mund- theile treten deutlich hervor und bestehen eben so deut- lich aus einer queren eingebuchteten Lefze, zwei braun- geendeten und, wie ich bemerkt zu haben glaube, zwei- zähnigen Oberkiefern, zwei breiten, etwas gewölbten und am Ende gerundeten Unterkiefern, und einer halbkreis- förmigen, eng an die letzten angeschlossenen Lippe. Die seitlichen Längswülste zeigen an den Grenzstellen der Segmente entsprechende Einschnürungen, die Rücken- seite des Rumpfes ist stark gewölbt, die Unterseite mehr flach ; das letzte Hinterleibssegment zeigt, wenn man die zurückgestreifte Larvenhaut ablöst, einen deutlichen Quer- spalt. Die Farbe ist jetzt, wie später beständig, eine grünlich weissgraue ; die Tracheenstämme und ihre Aeste sind schärfer ausgeprägt und begleiten die obere Grenze der Längswülste. Auf der Grenze je zweier Segmente senden sie einen fast senkrecht abgehenden Ast nach oben und einen nach unten, von denen sich der erstere ohngefähr in der Mitte zwischen Seite und Rückenhöhe gabelt, der zweite aber ungetheilt bis zur Bauchseite verläuft und erst nahe der Mittellinie in zwei kurze Ga- beläste spaltet. Von den Kreuzungsstellen des Stammes und der Aeste entspringt oben ein schief nach hinten und oben laufender kurzer, ungetheilter Ast, der im Stigma endet. Stigmen sind 10 vorhanden, das erste hinter der Grenze zwischen dem ersten und zweiten Segment auf dem zweiten, das zweite hinter der Grenze des zweiten und dritten Segments auf dem dritten, u. s. w., das -— 108 — letzte auf dem eilften. Hinter dem dritten Stigma und zwischen den senkrechten Aesten gehn von dem Tra- cheenstamme dickere flottirende Aeste aus, die sich nach hinten umbiegen, und von denen besonders die hinter der fünften Kreuzungsstelle des Stamms und der senk- rechten Aeste abgehenden lang und geschlängelt bis zum Hinterleibsende verlaufen. — Die Larve beginnt jetzt auch eine etwas abweichende Lebensweise ; waltete vor der Häutung, vor welcher die Länge der Larve gegen 5 betrug, das Saugen vor, so verbindet diese jetzt mit dem Saugen das Fressen ; nicht zufrieden, die Säfte der Raupe zu saugen, frisst sie jetzt alle weichen Theile des Körpers auf und lässt nur die harte Kopfschale übrig; mit stärkeren Mundtheilen versehn, bedient sie sich zum Festhalten des Opfers besonders der Kiefer, weniger des reduzirten Saugnapfs, öffnet am leichtesten und liebsten die Rückenhaut auf der weichen Bindestelle zwischen je zwei Segmenten, besonders aber auf der Grenze zwischen dem Kopf und dem ersten Rumpfseg- ment. Hat sie mit ihren Kiefern die Haut der Raupe durchbohrt, so neigt sie den Kopf mit dem festgehalte- nen Raupentheil stark gegen die Brust, und gewinnt auf diese Weise grössere Sicherheit beim Festhalten und Auf- zehren der Anfangs widerstrebenden Raupe. Beim Er- greifen des Opfers zeigt die Larve keine besondere Aus- wahl ; sie nimmt, was ihr im Wege liegt ; so ergriff’ die zweitentschlüpfte Larve die jüngste, die mit ihr in der gleichen Schachtel lag, und zehrte sie völlig auf, worauf ich die Raupenvorräthe an die beiden übriggebliebenen, in besondern Schachteln aufbewahrten Larven vertheilte. — Nach dieser ersten Häutung besteht die Larve, wie ich annehmen zu dürfen glaube, noch zwei, von denen ich die erste, im Ganzen die zweite, wirklich beobach- tete. Nach dieser, die abermals nach vier Tagen Statt hat, unterscheidet sie sich, nun und später, einzig durch völligen Verlust des Saugnapfs, daher frei vortretende Mundtheile, kleineren Kopf und Abnahme, ja fast gänz- lichen Mangel der seitlichen Längswülste. Nach dieser zweiten Häutung lebte die erstentschlüpfte Larve als — 14 — solche noch 9, die zweitentschlüpfte nur noch 7 Tage, während welcher ich genöthigt war, weil die Raupen allmälig in dem grösseren Raume der Schachteln durch starke Verdunstung sehr zusammenschrumpften und fast gänzlich vertrockneten, wobei sie indess noch immer Spuren des Lebens zeigten, für anderes Futter zu sor- gen. Es gelang mir indess nur, eine einzige Raupe des Nesselzünslers zu finden. Dieser zerquetschte ich mit der Pincette den Kopf und legte sie der ältern vor, die denn auch alsbald anfıng, die ausgetretenen Säfte auf- zusaugen, dann aber sich lieber den vertrockneten Rau- pen zuwendete, diese auffrass und erst später, als aller Vorrath aufgezehrt war, der von mir gebotenen, inzwi- schen stark zusammengefallenen Raupe sich zukehrte. Für die andere Larve fand ich auch diesen Ersatz nicht, so wenig, wie später für die erste, indem die Verpup- pung der Nesselzünsler bereits allgemein erfolgt war; ich musste Anderes liefern. Grüne Spannerraupen, die ich durch eine Reihe vom Rücken bis auf den Bauch geführter Nadelstiche gelähmt hatte, wurden bei Weitem lieber gewählt, als solche mit zerquetschtem Kopf; die Afterraupen von Nematus Laricis, Erichsonii und andern Blattwespen wurden aber, selbst bei wirklichem Futter- mangel, verschmäht. Durch die gehörige Vorsicht ge- lang es mir, meine beiden Pfleglinge, die stets in ihren Schachteln ins Dunkel auf feuchte Erde gestellt wurden, und die zu keiner Zeit, weder durch den Mund, noch durch den After, irgend einen Stoff ausgeleert hatten, bis zu demjenigen Moment zu erhalten, da eine neue Entwicklungsperiode für sie eintreten sollte ; beide hat- ten die Länge von 7“, und in der Mitte des Körpers einen Durchmesser von fast 3“ erreicht, hörten merk- würdiger Weise an einem Tag zu fressen auf und zo- gen auf dem Boden der Schachteln Fäden, die an der Unterlippe hervortraten ; um ihnen vergebliches Abmü- hen zu ersparen, füllte ich die Schachteln bis auf einen kleinen Raum mit Baumwolle aus, und beide zeigten sich für die erwiesene Nachhilfe sofort dankbar, indem sie sich mit einem ziemlich dichten gelblich weissen Ge- - w-= webe umhüllten, durch welches leider der Blick nicht zu dringen vermochte, um die weitern Vorgänge zu ver- folgen und die vorliegenden Mittheilungen zu vervoll- ständigen. 1. Die zweite Beobachtung machte ich über die an der Raupe von Anarta myrtilli schmarotzenden Larven eines Elachestus, der nahe ver- wandt scheint mit E. albiven- tris, über dessen Entwicklung Bemerkungen von Nees von Esenbeck und Boyer de Fonscolombe vorliegen. Die Raupe mit ihren wahr- scheinlich vor Kurzem hervor- gebrochenen Schmarotzlarven erhielt ich am 19. August von Hr. Dr. Hess, dem ich über- haupt für die Lieferung von Beobachtungsmaterial zu grossem Danke verpflichtet bin. j Am 19. war die Raupe noch völlig lebhaft gefärbt und voll, hatte aber schon ihre Lebhaftigkeit verloren; seitlich hinter dem Kopfe, links von den Thoraxringen sass eine Anzahl etwa 1%‘ langer, kaum 3/4 dicker, undeutlich geringelter grüner Lärvchen, welche Fliegen- tönnchen glichen. Am 20. bemerkte ich an der Unter- seite des auf ein anderes Blatt übergegangenen, schon völlig entfärbten und zusammengefallenen Raupenkörpers 8 gekrümmte birnförmige Larven (A von der Seite, B von unten), welche mitdem verdickten Vorderende an der Raupe angesaugt erschienen; das verdünnte Hinterende C kann perspectivartig eingezogen und hervorgetrieben werden, und erscheint entweder abgerundet, oder zeigt ein rundes Höckerchen , das unten mit 2 kurzen fleischigen Häkchen, oben gegen die Basis mit 4 kleinen quadratisch gestellten spitzen Körnchen besetzt ist, welche an Grösse weit von den Häkchen übertroffen werden. Der verdickte, fast ku- gelige Vorderkörper mass nun über 1, das allmälig ver- a — 16 — dünnte Schwanzende über 1%’ ; auf jenen kommen ohne den nach unten eingeschlagenen Kopf, welcher 2 seitliche Wölbungen und 2 sehr kleine braune Kieferpunkte zeigt, 9 Ringe, welche oben hoch gewölbt, unten flach und beim Uebergang von der Unterfläche in die Seitenfläche, aber noch auf der untern Seite jederseits eine Längs- wulst besitzen. Das Schwanzende ist vierringig; der erste von diesen Ringen ist trichterförmig, der zweile fast walzig, beide fast gleich lang und jeder etwa drei mal länger, als der 3te oder 4te Schwanzring. Kopf und Schwanzende sind gegen unten stark zusammenge- neigt; der Vorderkörper sitzt grösstentheils ruhig ange- saugt, oder sucht nur selten eine neue Stelle zum Sau- gen auf, während das kegelige Schwanzende oft in Be- wegung nach links und rechts, auf- und abwärts begriffen ist, und das letzte, oder dieses und das vorletzte, sel- tener alle Segmente einzieht. Auch die Häkchen und Spitzen am letzten Segment scheinen einziehbar zu sein; ob am vorletzten oder drittletzten Segmente ebenfalls ausstülpbare Spitzen sich befinden, oder ob der Rand derselben zeitweise an der untern Seite geschärft werden kann, wage ich nicht zu entscheiden. Auffallenderweise und abweichend von der allgemeinen Regel tritt der starke Spinnfaden, mit dem die Larven theils den Rau- penkörper an die Umgebungen befestigen, theils ein lo- ses Dach aus einem unregelmässigen Gewebe über sich bilden, aus diesem Schwanzende, nicht aus der Unter- lippe, und zwar, wie es mir schien, aus einer Spitze des vorletzten Segmentes ; manche von diesen Spinnfä- den enden frei und sind dann kolbig angeschwollen. Die Farbe der Larve ist oben grün, unten und hinten (das ganze Schwanzende) gelblich ; das 3te und 4te Schwanz- segment sind intensiver gelb gefärbt. Im. Die dritte Beobachtung betrifft den Bau einer Lydalarve, den ich zwar schon von Westwood im 2. Band seiner trefflichen Einleitung in die neuere Classifi- cation der Insekten, Seite 108, erwähnt und Seite 102 — 107 — sammt der Larve, Fig. 71, 11 u. 12, abgebildet finde ; doch sind die dort gegebenen Mittheilungen so kurz, dass ich eine genauere Schilderung dieses Kunstwerks und seines Verfertigers nicht für überflüssig halte. Ich setze der- selben die Worte Westwoods voraus: »Seit mehreren Jahren habe ich eine Art dieser Gattung, Lyda inanita (Fig. 71, 9), in grosser Menge in dem Garten meines Wohnsitzes zu Hammersmith, und zwar (trotz der Ver- schiedenheit der Witterungsverhältnisse) regelmässig in der letzten Woche des Mai im geflügelten Zustande sich einstellen sehn. Auch habe ich, später im Jahr, auf Rosensträuchen Exemplare einer Lydalarve (die ich ohne Anstand für diejenige von L. inanita halte) gefunden, jede in eine tragbare Scheide eingeschlossen, die aus Stücken von Rosenblättern bestanden, welche zu einer spiraligen Rolle zusammengeordnet waren.« Ich selbst fand diese langen und engen Trichter An- fang und Mitte Juli an der Unterseite der Blätter von Rosa centifolia, wo sie mit dem erweiterten Mündungs- rand mitlelst 1 -—- 2’ langer Seidenfäden in senkrechter Richtung aufgehängt sind. Sie erreichen die Länge von 11/2’ und bestehen aus 3— ziemlich gleich langen, aber an Weite allmälig zunehmenden Rollen spiralig von un- ten nach oben, entweder von links nach rechts, oder von rechts nach links, doch immer so aufgerollter Ro- senblattstücke, dass die Sägezähne nach dem untern und ‚schmälern Ende gerichtet sind, und aussen auf der Rolle eine aufsteigende Spirale bilden ; die einzelnen Rollen enden oben am weitern Ende mit scharf abgeschnittener kreisförmiger Mündung; die engere untere steckt mit dem Mündungsrande in der nächstobern und ist mit dieser innen durch straffe und kürzere Seidenfäden ziemlich fest verbunden. Anfangs hielt ich diese Trichter für das Er- zeugniss einer Schmetterlingsraupe, bald aber belehrte mich die Form des zum Frasse hervorkommenden Kopfs der Larve, vollkommen aber endlich die aus dem Trich- ter hervorgekommene und in dem Erdbehälter des Reci- pienten meines Zuchtbehälters ein ruhiges Puppenlager aufsuchende Larve unzweifelhaft eines Andern. Die Larve = 7188. = misst gegen 7’, besteht ausser dem Kopf aus 13 Rumpf- ringen, von denen der erste eine fast dreieckige Rücken- platte (Spitze nach vorn) trägt, der vorletzte mit drei Querwülsten besetzt ist, während die dazwischen liegen- den vier solche Wülste zeigen; der letzte Ring stellt eine breite abgerundete Pyramide vor, die unten flach, jederseits von einer aufgetriebenen, mit einem Saume kurzer Haare besetzten Wulstkante besetzt ist, und oben zwei nach hinten convergirende und nach dieser Richtung anschwellende Längswülste trägt. Die 8 ersten Hinter- leibsringe sind seitlich und über der flachen Bauchseite von Bogenwülsten begrenzt, in deren concentrische obere Furche sich je 2 (die mittlern) Querwülste mit ihren un- tersten Enden einsenken. Am Kopfe sitzen vor den Au- genpunkten die ziemlich langen, scheinbar dreigliedri- gen Fühlerfortsätze, an den Brustringen die 6 Beine, seitlich am Afterring die dreigliedrigen auswärts gestell- ten Nachschieber, deren borstenförmiges Endglied rück- wärts gerichtet ist. Der Kopf ist dunkel graugrün, mit schwarzen Augenpunkten und braunen Fühlern, das vor- dere Dritttbeil des Rumpfes grasgrün, die beiden hintern Dritttheile gelbgrün;; die Vertiefungen zwischen den Wül- sten des Aftersegments sind wiederum dunkler grün ; auf dem Rücken vom 2ten bis 12ten Rumpfring scheint das Rückengefäss als dunklere grüne Längslinie durch ; Luft- löcher stehen jederseits 9, eines am vordersten, die übrigen am 4ten bis 11ten Rumpfring. Die Larve be- wohnt meist den vordern weitern Theil des Trichters , zieht sich bei Wahrnehmung der Annäherung eines frem- den Gegenstandes in die Tiefe zurück, sucht die gewalt- sam abgelösten Röhrenstücke wieder durch Fäden mit einander zu verbinden, und nagt, wie Schmetterlings- raupen, aus den Rosenblättern annähernd halbmondför- mige Stücke. Die eine derselben trat am 17. Juli aus ihrer Röhre und grub sich in die Erde des Ruhebetts ein ; die übrigen folgten ihr allmälig, so dass Ende Juli keine mehr übrig war. nn MITTHEILUNGEN DER NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. 2. En re er Mai 1848. Prof. Hermann Meyer, über Apparate zur Beobachtung der Diplopia monophthalmica. (Vorgetragen den 28. Februar 1848.) Hr. Meyer legte der Gesellschaft einige Apparate vor, welche geeignet sind, die von ihm in Henle und Pfeufer’s Zeitschrift für rationelle Medizin, Band V, beschriebenen diplopischen Erscheinungen leicht wahr- nehmen zu lassen. Es waren die folgenden: 1) Die beiden in den dort angegebenen Versuchen 8 und 9 beschriebenen Apparate. — Dieselben bestehen aus Pappdeckelrohren von gegen 1° Länge und 1/5” im Durchmesser, in welchen spitzige und stumpfe Nadeln nach dem in dem erwähnten Aufsatze angegebenen Plane angebracht sind. 2) Ein innen schwarz überzogenes Pappdeckelrohr, von 6” Länge und 1 Durchmesser, an dessen einem Ende ein Kreuz von rechtwinklig über einander geleg- ten schwarzen Fäden sich befindet; etwa 2” von dem Fadenkreuze entfernt, befindet sich eine stumpfe Nadel, welche in das Rohr hereinragend einen bequemen nähe- ren Fixationspunkt abgibt. Zur bequemeren Ausführung des Versuches 4. 3) Ein gleiches Rohr, an dem einen Ende durch ein Gitter von rechtwinklig gekreuzten Fäden geschlossen, deren Zwischenräume etwas über eine Linie gross sind; — 10 — auch in diesem Rohre befindet sich in einer Entfernung von ungefähr 2” von dem Gitter eine stumpfe Nadel als Anhaltspunkt für die nähere Fixation. Zur bequemeren Ausführung des Versuches 6. 4) Jeder der genannten Apparate kann an seinem Augenende durch einen Deckel geschlossen werden, in dessen Mittelpunkt sich ein Nadelstich befindet, durch welchen hindurch man die Erscheinungen der Verdoppe- lung der Bilder noch eben so gut, als vorher, wenn auch in schwächerer Beleuchtung wahrnehmen kann. (Vergl. den erwähnten Aufsatz, $. 381.) Alb. Mousson, über die Wasserverhältnisse der Thermen von Baden im Kanton Aargau. (Vorgetragen den 10. Januar 1848.) Das Vorkommen heisser, mit mineralischen Stoffen beladener Quellen, fern von allen vulkanischen Bildun- gen, ist eine so merkwürdige Erscheinung der physischen Erdkunde, dass sie wohl verdient von den verschieden- sten Seiten geprüft zu werden. Man ist in der Regel freilich mit Erklärungen über den Ursprung und den Verlauf solcher Quellen schnell bei der Hand; bei ge- nauer Prüfung aber erweisen sich die meisten derselben als blosse Hypothesen, die eben nur das Dasein des war- men Wassers in’s Auge fassen, dagegen aller besondern objectiven Begründung ermangeln.. Darum hat jede Thatsache, welche einen Schritt weiter zu gehen erlaubt, und bestimmte Eigenthümlichkeiten solcher Quellen auf- deckt, immer noch einiges Interesse. Ueber die Thermen von Baden im Besondern hat die geologische Untersuchung der Gegend nicht unwichtige Aufschlüsse geliefert. Berücksichtigt man nämlich, 1) dass ud —- 11 — der Durchbruch der Limmat die Jurassische Legernkette trichterförmig ausgewühlt und bis auf die tiefen Schich- ten des Keupers entblösst hat ; dass 2) die ganze Kette, ihrem Baue nach, ein aufgebrochenes Gewölbe darstellt, durch dessen Axe eine in die grössten Tiefen reichende Gesteinsunterbrechung sich fortzieht; dass endlich 3) die Quellen gerade da hervorsprudeln, wo die Verwerfungs- linie den tiefsten Grund des Kesselthales durchschneidet : so sieht man sich mit Recht veranlasst, alle ältern An- sichten eines Zuflusses des Wassers von den Seiten her aufzugeben, und das Erscheinen desselben, gleich wie die hohe Temperatur und den Gehalt an Salzen, un- mittelbar von dem Dasein jenes tiefen Risses in der Erd- kruste abhängig zu machen.*) Es fragt sich nun, ob die mannigfachen Erfahrungen, welche man gegenwärtig über die Wasserverhältnisse der Quellen besitzt, mit dieser Ansicht in Einklang stehen. Die Thermen von Baden haben das Eigenthümliche, dass sie nicht aus wenigen grossen Oeffnungen, sondern in vielen kleinen Adern aus dem Grunde des Kessel- thales zu Tage fliessen. Man kennt und benutzt gegen- wärtig 21 verschiedene Quellen. Fünf derselben haben ihre Oeffnungen auf der rechten Flussseite, in Ennetba- den, am Fusse des aus dem Profil der steil aufgerich- teten Keuperbildung bestehenden Abhanges. Eine quillt aus dem verhärteten Geröllgrunde des Flusses selbst, in dessen Wasser sich vermuthlich noch einige andere Adern verlieren.“*) Die übrigen 15 treten auf der linken Seite hervor, in der kleinen Ebene, welche die grossen Bä- der trägt, und ihren Ursprung der Umbiegung des Stro- *) Geologische Skizze der Quellen von Baden. 1842. **) J. A. Minnich, Baden in der Schweiz. 1845, p. 3. mes und dem allmäligen Angriff des gegenüberliegenden Ufers zu verdanken hat. Diese kleine Ebene besteht in ihrem Grunde aus Thon, bedeckt von Sand-, Kies- und Geröllmassen , die oft zu einer festen Nagelflue versin- tert sind. Der Thon ist, wie die umhüllten Stücke ver- härteten Kalk- und Dolomitmergels beweisen, ein Zer- störungsprodukt der ausgehenden Keuperschichten ; die Gerölle dagegen sind von gleicher Art, wie diejenigen der Hochufer, mit welchen die ältere und höhere Allu- vialfläche gegen den tief eingegrabenen Fluss und die Bäder abstürzt. Die meisten genannten Quellen sind von Alters her bekannt, und sie waren lange für das Bedürfniss genü- gend. Die Unkenntniss, in der man überdiess über den Ursprung derselben stand, so wie die Befürchtung, durch Veränderungen irgend einer Art die bestehenden Was- serverhältnisse zu stören, hielten von allen bedeutenden Nachgrabungen ab. Die erste wichtige Veränderung zur Vermehrung der Wassermenge war die von der Regie- rung angeordnete Fassung der früher im Flusse sich verlierenden Limmatquelle; sie wurde im Jahre 1831, durch vertragsmässige Vertheilung unter verschiedene Ba- debesitzer, der Benutzung übergeben. Von 1843 an veranlasste die immer grössere Ausdehnung der Bade- einrichtungen mancherlei Nachsuchungen auf Wasser, die nicht ohne Erfolg blieben. Den 18. Septemb. 1843 wurde die neue Quelle im Ochsen entdeckt, die vierte derjenigen, die zu diesem Gasthofe gehören. Den 5. März 1844 drang in einem Schacht von 23 Fuss Tiefe die viel reichere Quelle im Löwen gewaltsam hervor, welche Quelle, als eine der bedeutendsten, gegenwärtig den Namen der Verenahofquelle führt. In Ennetbaden wurde gleichzeitig das viel wirksamere Mittel des Erd- — 193 — bohrers in Anwendung gebracht, und ebenfalls nicht ohne Glück ; denn es führte den 30. März 1844 auf die Entdeckung der sehr starken Quelle im Engel, den 5. Juni auf diejenige der weit schwächern im Adler. Während, wie es scheint, die sämmtlichen Quellen der grossen Bäder, die tiefsten nicht ausgenommen, in dem aufgeschwemmten Boden oder der aufgewühlten Thonmasse gefasst worden sind, drang man in Ennetba- den in das anstehende Gestein vor. Die Bohrarbeit im Engel brachte gewöhnlich einen aus Thon, Mergel, Sand und Gypsbrocken gemengten Schlamm zu Tage. Sie ging durch mächtige Thon- und Mergelmassen, unter- brochen von einzelnen dünnen Gypsflözen, traf in Tie- fen von 52 und 57 Fuss, von der Bohrbank aus gerech- net, auf harte Lager eines feinen Dolomitkalkes, wurde aber wegen hinlänglichen Wasserandranges schon in ei- ner Tiefe von 82 Fuss beendigt. Jedenfalls beweist der Erfolg dieser Nachforschungen, 1) dass das Wasser in der Gegend, wo es erscheint, aus grosser Tiefe durch die Triasbildung emporsteigt; 2) dass die vorhandenen Oeffnungen nicht genügen, dasselbe vollständig zum Ab- fluss zu bringen, sondern dass eine, vermuthlich nicht - unbedeutende Menge von den wasserhaltenden Keuper- mergeln gehindert, in der Tiefe zurückgehalten und un- terirdisch weitergeführt wird. Inzwischen geschahen die gedachten Nachsuchungen nicht ohne sehr fühlbare Veränderungen in der Wasser- menge anderer Quellen, wodurch die Rechte ihrer Be- sitzer ernstlich gefährdet wurden. Um den entstehenden Streitigkeiten für die Zukunft ein Ende zu machen, er- liess der grosse Rath von Aargau unterm 7. Noy. 1844 ein Dekret, wodurch, ohne besondere höhere Bewilli- gung, alle und jede Veränderung mit den Quellen un- — 114 — tersagt, eine regelmässige Aufsicht über die Wasserver- hältnisse aufgestellt und wiederholte Messungen zur Con- statirung des vorhandenen Zustandes angeordnet wurden. Diesen amtlich ausgeführten Messungen sind die folgen- den genauen Angaben enthoben, wobei die Nivellements von Hrn, Geometer Leemann, die Wassermessungen von Hrn. Hochbaumeister Hemmann*) ausgeführt wurden. Geht man von der Verenahofquelle aus, deren Aus- lauf am höchsten liegt, so geben die folgenden Zahlen in Schweizerfuss (1 Fuss = 0,3 Meter) : 1) die relative Höhe des Auslaufes der übrigen Quellen, 2) die Tiefe ihres Wassers, oder die Tiefe, in der sie gefasst sind, 3) endlich die relative Höhe ihres Grundes. Auslauf. Wasser Grund, tiefe. 1. Verenahof-Quelle, Grosse Bäder . 0,00 31,50 31,50 2. Paradies-Q., Ochsen » Va tt, 6,15 3. Strassen-Q., Ochsen 5: Be. 029 52:83 096 12,48 4. Kessel-Q., Ochsen » rl 487,4 8,32 9. Neue Q., Ochsen » 20... 2,99. 8,0009 6. Wälderhut-Q., Bären » » ......649 -340 9,89 7. Kleiner heisser Stein , m. re 1 18,22 8. Ob.Wälderhut-Q., Sonne „ ee 9,93 9. Grosser heisser Stein » a FE, Pi 19,22 10. St. Verena-Q)., a DB. 7,25 859 15,84 11. Unt.Wälderhut-Q.,Sonne „ wen es) 9,83 12. Kessel-Q., Stadhof > >, 19,92 13. Kessel-Q., Bären » a 23 SE RT) 22,56 14. Engel-Q., Kleine Bäder . 9,73 93,58 103,31 15. Hinterhof-Q., Grosse Bäder . 11,40 8,90 20,30 16. Limmat-Q., Limmatbett „ . 11,41 24,00 35,41 *) Der ungemeinen Gefälligkeit des Hrn. Hemmann verdanke ich die vollständige Kenntniss der Messungsergebnisse und übrigen Zahlangaben, und glaube demselben hiermit öffentlich meine dank- bare Verpflichtung aussprechen zu sollen. — 15 — Auslauf, ne Gränd, 17. Gemeinsame Q., Kleine Bäder . 17,03 16,50 33,93 18. Neue Q., Adler „ ver er 8,z 19. Kleine Q., Freibad » » .....20,40 0,00 20,40 20. Grosse Q., Freibad » » ». 20,82 0,00 20,82 21. Kleine Q., Stadhof, Grosse Bäder -. 20,96 0,00 20,96 Mit Ausnahme der letzten drei, sind alle andern Quellen in einer gewissen Tiefe künstlich gefasst. Die Fassung besteht in einem gemauerten Schachte ; nur in den erbohrten Quellen des Adlers und Engels steigt das Wasser, in der ersten durch 42° in hölzernen, in der letztern durch 75°,8% in Gusseisenröhren empor. Wie “man sieht, liegt der Auslauf der meisten Quellen in En- netbaden tiefer, als derjenige der Quellen der Grossen Bäder. Ausnahme bildet einerseits die tiefgefasste und hochgetriebene Engelquelle, andrerseits die tiefliegende und freiausfliessende kleine Stadhofquelle. Trotz ihres um mehr als 20° tiefern Auslaufes sind die drei letzten Quellen der Reihe sehr wasserarm, zum Beweise, dass, wenn die verschiedenen Adern vielleicht auch aus einer nämlichen Wasseransammlung herstammen, die Abfluss- verhältnisse nur unvollkommen von dem hydrostatischen Drucke, vorzüglich aber von der Beschaffenheit und den Hindernissen der unterirdischen Gerinne bedingt sind. Ueber die seit dem Frühjahr 1844 zu 20 verschie- denen Malen angestellten Messungen der Wassermengen gibt die folgende Tabelle vollständig Aufschluss, wobei das in einer Minute zu Tage geförderte Wasser in Schweizermass und Sechszehnteln derselben (die Mass zu 11%, Liter gerechnet), angegeben ist. — 116 — Uebersicht der Wassermengen d 3 1844. 6 Bäd 25. | 10. | 14. | 31. |8., 9. |27., 28.\27., 28.|31.Jaı TOSSP. DEROR April.) Mai. | Mai. | Mai. | Octob.|Novbr,| Decbr.|1.Feb) Heisser Stein. klein. u. gross.|117.11 116, 14117. 141115.14115, 0114, a. 31112, 4 St. Verena-Quelle . . 133.15) 33. 0, 34, 3. 4 32, 8 32 31.1 Limmat-Q. . [90.10 90, 0, 90, . 0 87. 8 88, 6) 92. 8| 90. Hinterhof-Q. . 5 . 150, 0) 48. 0) P R 44,12 Stadhof, Kessel-Q. . . 117, 8) 17.11 R R 16.12 - kleine Q.. . 0,10) 0. 9| 0, r 0.10 Sonne, Wälderhut-Q. . | 17. 2| 16, ; r 16. 6 Bären, Wälderhut-Q. . 18,12! 18. Ka: h 17,10 - Kessel-Q. . h BR R ‘ 1, 6 - kleine Q, . F 1.4 1 4 1. Ochsen, Paradies-Q. . 110, 8): 9.15| 10, R 9.101 9, 8 - Kessel-Q. . i 3,13) 2,11) 2. h 2:11 2511 - Strassen-Q. . 111.13) 10,15) 11. 0) 10.12] 10. 7| 10,42 - Neue Q. . e 5.15 414 4 N 5.1 411 Verenahof-Q. . F .. 158.14 53. 8| 54, 2, 45. 4 44,12 138. 5.425. 7|430. Kleine Bäder. Engel, Neue 0. . . 1159, 12144, 12122. 4 99, 8 Adler, Neue Q. ; 4 4 3.10 Allgemeine Q. : . ; 51. 3| 5l, z 49,1% Freibad, Grosse Q. s A EINER - Kleine Q. . ö J 0. 71 0. 199. 15177. Gesammtmenge: . 91625. 6608. 2 Zur Berechnung der Gesammtmengen sind die fehlenden Zahlen durch d 117 18414 — 184%. 1846. I März. 184%. 28. Octbr. 28. April. 26. Mai. 5. April. 26. 28. Octbr. | April. 24. April. 18.,19.|13., 14. . | März. Novbr.|Januar. 5106, 4 111.12 29,13 104,12 29. 8 108.15 30. 3 86.13 45.10 15.12 0, 9 15. 1 11.79 2,14 105. 14|113. 28. 8| 29. 87. 8| 84, 5| 89. 46.10] 44, 16. 0) 15. 0.9 © 15. 4 14. 17. 6| 16. 2.101 2 - 119. 213 30, A| 93,111 43. 0 16. 8 0.9 15.12 18. 0 2,11 107, 13110, 7 28. 01 38, 0 84,13| 86, 10 47,11 15. 6 0, 8 14. 8 16.11 2.11 43. 4 0 b) 4 9 X By BE eo a a m nn 7.6 2.8 6.10 . 4 2,8 7. 0 2,8 6.5 2. 6| 1.11 9. 5| 9,13) 8,14] 10, 0 4.8 5. 9] 5.12] 8 1 72. 8| 72.10| 62, 8] 70. 0 418.13)425. 01397. 4422. 3 7.11 2.13 11.13 80 2.14 11.15 9.14] 11.10 10. 6| 10, 6) 6,14) 9. 6 75.12| 76. 4 61. 5l 61.12| 55, 7403. 5 448, 4450. 5399, 71415. 21378, 4 88.12 11 2.0 86. 548, 3 0 5 »2 8 4 N 63, 4] 84. 0 0,9. 48. 8| 53. 0 3.14] 3.13 0. 7) 0,8 116, 10]144. 8 2] der benachbarten ersetzt worden. 9.13) 4,15 56. .0| 56, 0 AA 44 0. 9| 0, 6 149.14159. 3 83. 4 93.101. ? 513, 41566. 111598. 21609, 81547,12]563. 6 87, 2,85. 0 2,12| 2. 3 5%. 4| 49,12 3.13) 2,12 0.5 2? 148, 51148. 4140. 0 518. 0 | — 18 — Es zeigt diese Tafel, dass gegenwärtig, als Mittel “der Jahre 1846 — 47, in den grossen Bädern eine Menge Thermalwasser von 419,1 Mass per Minute, in den klei- nen Bädern von 148, 7, zusammen 567, 8 Mass aus dem Boden fliesst. Die in 24 Stunden zur Benutzung gebo- tene Wassermenge beträgt somit 817200 Mass. Würde die Hälfte davon für die allgemeinen Bäder, die Trink- halle, die Duschen und Vaporarien, das Pferdebad und andere fremde Zwecke verwendet, so blieben immer noch 408600 Mass täglich für einzelne Bäder disponi- bel, was für 1000 Bäder, das Bad zu 400 Mass ge- rechnet, genügen könnte. Nach Hrn. Dr. Minnich‘) betrug im Jahr 1845, freilich also vor den neuen Ein- richtungen im Verenahof und Engel, die Zahl der Ba- dewannen mehr nicht, als 388 in den grossen Bädern, 56 in den kleinen, zusammen 444, von denen freilich mehrere die #- und 6fache Grösse der oben angenom- menen haben. — Wie gesagt, wurden die amtlichen Messungen erst unternommen , nachdem die verschiedenen neuen Quel- len (die neue unwichtige Quelle im Adler ausgenommen), bereits entdeckt worden waren. Ueber den frühern Zustand fehlt es an amtlichen Angaben, daher ist es unmöglich, den Einfluss, den die Eröffnung neuer bedeutender Abflusswege auf die vorhandenen Quellen ausgeübt hat, mit voller Sicherheit festzustellen, so wünschbar dieses zur rechtlichen Beilegung der entstan- denen Streitigkeiten sein würde. Hält man sich an die von dem Gemeinderath von Baden einer im Jahre 1845 bestellten Experten- Commission eingegebenen Daten, “) so ergeben sich die Veränderungen, welche der Winter und Frühling 1843 — 44 nach sich zogen, aus der fol- genden Tafel. *) Baden in der Schweiz, u. s. f. 1845, p. 232. *) Bericht der Experten Hrn. Architekt Stadler von Zürich und A. Escher v. d. Linth, vom 21. März 1845. Vor 1841. Vör —— m Bad. Mass.| Schwz. M.|Schwz. M. Heisser Stein, gr. u. klein. Grosse Bäder | 118 |! 140. 5 | 115.14 |— St. Verena-Quelle . „ 5 3% 40. 7 —_ Limmat-Q. } Limmatbett 89 105.15 _ Hinterhof-Q. Grosse Bäder 48 37. 2 _ Kessel-Q., Stadhof # F 18 24.7 — Kleine Q., Stadhof ; 3 3 1 1.1 u Wälderhut-Q., Sonne 2 a = 17 20. % _ Kessel-Q. (u. Wälderh.-Q.), Bären „ A 17 20. 4 — Kleine Q., Bären ; x E 3 3.10 — Paradies-Q., Ochsen s > : 14 16.11 _ Kessel-Q., Ochsen ; = 2 3 3.10 _ Strassen-Q., Ochsen . a ö 16 19. 0 _ Neue Q., Ochsen . \ - j e _ + Verenahof-Q. . 8 = — _ + Allgemeine Q. Kleine Bäder 47 39,15 _ Neue Q., Engel ” ® —_ 10, 0 + Neue Q., Adler : 5 iy H —_— | — + Das Gesammtergebniss wäre: 1844 Ein Verlust in den alten Quellen von i ; : 91. 3 2 Ein Gewinn in den neuen (Quellen von . R 167.11 : Eine Totalvermehrung des Thermalwassers von . 76. 8 " 1844. Difer. 24. 7] 112, 7 ie mb pub mei men u 2 der Fassung. 1846. Nach —— Schwz. M Differ. — 27.14 28.12 | — 11,11 8. 0 | — 17.15 43,11 \—13, 7 15. 8|— 5,15 0.8|I1— 0,9 14,11 1— 5.5 19. 8 | — 0.12 0. 0 | — 3.10 7.31—- 9,8 2,51—- 1.5 10.11 1— 85 8.10 |+ 8.10 66.12 | +66. 12 53.6 |— 1.9 87. 4 | +77. 4 3.12 + 3.12 1846 ..108 7 . 156. 6 5 47.15 — 120 ° — Die ältern Angaben in dieser Tabelle sollen auf der Erklärung der Wasserbesitzer selbst beruhen, und sich auf altes Badener Landmass beziehen, welches um 19;00 das neue Schweizermass übertrifft; die neueren Angaben sind für zwei verschiedene Perio- den aufgeführt, erstens als Mittel der 7 von April bis December 1844 vorgenommenen Wassermessungen, oder vor der Fassung der Verenahof- und Engel-Quelle, zweitens als Mittel der 6 in den Jahren 1846 und 1847 ausgeführten Messungen, nach dieser Fassung, Wollte man auch die Zuverlässigkeit der ältern An- gaben in Zweifel ziehen, so beweist doch schon die Vergleichung der Wassermengen 1844 und 46, vor und nach der Fassung der neuen Quellen, dass die ältern Quellen eine nicht unerhebliche Einbusse erlitten haben. Denn, obschon jene Fassung von einer Aufstauung be- gleitet war, welche die Wassermenge der neuen zu Gunsten der alten Quellen vermindern sollte, so betrug die Verminderung jener doch nur 11 Mass, während die alten Quellen nicht nur nichts gewannen, sondern einen neuen Verlust von 17 Mass erlitten. Es kann das Re- sultat nicht anders erklärt werden, als dass längere Zeit hindurch, wahrscheinlich in immer geringerem Maasse noch jetzt, Veränderungen in den sehr verwickelten und unregelmässigen Abflusskanälen vor sich gehen, wodurch der Abfluss durch die neuen Wege noch immer erleich- tert, derjenige durch die ältern erschwert wird, was al- lerdings bei der weichen und auflöslichen Beschaffenheit eines Theiles der Triasbildung sehr begreiflich ist. Dass diese Veränderungen, und somit auch die Abnahme der Wassermengen, in den ältern Quellen in der ersten Zeit nach der Zutageförderung der neuen, weit beträcht- licher sein mussten, als jetzt, kann schwerlich bezwei- felt werden. —. ER Geht man näher auf den Verlust der einzelnen Quel- len ein, so ist derselbe gegenwärtig in Procenten der frühern Wassermenge der folgende: Allgem. Q. in Ennetbaden 30% Wälderhut-Q., Bären . 235% Wälderhut- u. Kessel-Q., Kessel-Q., Ochsen nrBDe5 Bären ; % ..9 „. Verena-Q. . ; #2 Limmat-Quelle . . 17 „ Strassen-Q., Ochse ...42., Heisser Stein (gr. u. kl.) 20 „ Kleine Q., Stadhof RS IFE- Hinterhof-Q. . : .23 „ Paradies-Q., Ochsen . 59 „ Kessel-Q., Stadhof . .24 „ Kleine Q., Bären . 100 „ Der Verlust der wichtigern Quellen der grossen Bä- der betrüge hiernach Y; bis Y, ihrer ursprünglichen Wassermenge. Auf mehr als das Doppelte stiege der- selbe bei der Strassen-, der Paradies- und kleinen Stad- hof-Quelle, von denen die letztere eine sehr schwache ist. Die kleine Quelle im Bären blieb ganz aus, ver- mag also ihr Wasser nicht mehr bis zu ihrem frühern Auslaufe zu heben. Schwächer schon als in den gros- sen Bädern erscheint der Verlust in der Limmat-Quelle, am geringsten aber in der allgemeinen Quelle in Ennet- baden, ein Umstand, der darauf hinzudeuten scheint, dass die hervorgebrachten Störungen in den grossen Bä- dern weniger von den Bohrarbeiten in Ennetbaden, als von der Entdeckung der Verenahof-Quelle herrühren , gleichsam, als würde überhaupt eine unabhängige di- rekte Verbindung mit der unterirdischen Wasseransamm- lung die natürlichen Abflussverhältnisse weniger gefähr- den, als die Eröffnung neuer oberflächlicher Auswege in dem Bereich der bestehenden Abflusskanäle. Auffal- lend ist die Unveränderlichkeit der Wälderhut-Quelle im Bären, in Mitte anderer Wasseradern, welche sich sämmtlich veränderten ; doch wäre es voreilig, hieraus schliessen zu wollen, dass auch diese Quelle eine von den andern unabhängige Verbindung mit der Tiefe besitze. — 12 — E Die Andeutungen über die nähere Beziehung mehre- rer Quellen der grossen Bäder unter einander, und ihre Unabhängigkeit von den entferntern in Ennetbaden, er- halten eine neue Bestätigung durch die Veränderungen, welche die Arbeiten zur künstlichen Fassung der Vere- nahof-Quelle in andern benachbarten Quellen zur Folge gehabt haben. Da diese Arbeiten in den vier ersten Monaten des Jahres 1845 ausgeführt wurden, so fallen sie innerhalb des Zeitraumes der genauen amtlichen Wassermessungen. Sie bestanden darin, dass die Ve- renahof-Quelle, welche von der Seite her in die Schacht- grube einbrach, vollständig ausgepumpt, in einen 31’ hohen gemauerten Schachtthurm gefasst, und zu der gegenwärtigen Höhe emporgestaut wurde, letzteres in der Absicht, den umliegenden Quellen das ausgebliebene Wasserquantum wieder zu ersetzen. Vergleicht man die 5 Messungen, welche von Februar bis April 1845 ver- anstaltet wurden, mit dem Mittel der frühern und spä- tern, so erkennt man in mehreren Quellen eine erheb- liche Schwankung, bestehend in einer Abnahme und Wiederzunahme des Wassers, oder in einer vorüber- gehenden grössern, und bleibenden kleinern Verän- derung, die im Folgenden in Schweizermaassen ange- geben ist: Vorübergehende Aenderung. Bleibende Aenderung. Heisser Stein. . . — 11. 2 + 7.11 — 7 St. Verena-Quelle — 16. 11 +12. 7 — & Wälderhut-Q., Sonne — 5. 7 + 3. 1% Wälderhut-Q., Bären — 6.11 + 5. —_ Kessel-Q., Bären — 0. 4% 1: + Paradies-Q., Ochsen — 9.14 + 7. — Strassen-Q., Ochsen — 3.12 + 3. Verenahof-Q. . . +33. 4 — 16. 16 +16. 8 Wie man sieht, haben alle diese Quellen den Ein- fluss der mit der Verenahof-Quelle vorgenommenen Ver- a =) ae: änderung bedeutend verspürt. Vorübergehend hat die Paradiesquelle ihr ganzes Wasser verloren ; der St. Ve- renaquelle blieb 1/, der Wälderhutquelle im Bären !; ihres Wassers aus, doch stellte die Aufstauung der Ve- renahofquelle den durch das Auspumpen bewirkten Ver- lust zum grössten Theil wieder her, so dass die blei- bende Veränderung, nachdem die Unregelmässigkeiten des Abflusses sich ausgeglichen hatten, für die Strassen- quelle, die Wälderhutquellen und den heissen Stein, im Verhältniss zu der ganzen Wassermenge derselben, fast ganz verschwanden, während sie allerdings bei der sehr hoch ausmündenden Paradiesquelle auf 28%, bei der sehr nahe liegenden St. Verenaquelle auf 11% der ganzen Wassermenge stehen blieb. Die Kesselquelle im Raaben macht eine Ausnahme, indem ihre geringe Was- sermenge nach einer bedeutenden Schwankung entschie- dener Weise um mehr als die Hälfte zugenommen hat, was vermuthlich aus ihrer tiefen Lage zu erklären ist, wodurch beim Aufstauen der Verenahofquelle ein stär- kerer Zufluss veranlasst wurde. Die übrigen Thermal- quellen, zumal die entferntern der Limmat und von En- netbaden, scheinen durch die Arbeiten an der Verena- hofquelle nicht merklich afficirt worden zu sein, was mit dem Frühergesagten im Einklang steht. Durch diese Thatsachen wird bestimmt erwiesen, dass zwischen den verschiedenen Quellen von Baden eine Abhängigkeit besteht, welche für einige derselben eine nähere, für andere eine entferntere ist, sei es nun, dass die verschiedenen Wasseradern in verschiedenen Tiefen, wie die Aeste eines Baumes -von einem gemeinsamen Stamme ausgehen, oder dass in dem ungleichartigen Bo- den, zwischen den wasserhaltenden Thonflözen durch, Verbindungen zwischen mehreren getrennten Abflusska- nälen bestehen. — 124 — Wie dem auch sei, die Wirkungen des hydrostati- schen Druckes in einem so verwickelten Gewebe unre- gelmässiger und veränderlicher Wasseradern erscheinen durch die Hindernisse der Bewegung so bedeutend mo- difiecirt, dass es unmöglich ist, auf die so oft erhobene Frage, welchen Einfluss die Veränderung in einer der Quellen auf die übrigen ausüben wird,* mit Bestimmt- heit zu antworten. Dass jede tiefere Fassung, oder jede Senkung des Auslaufes eine Vermehrung der eigenen Wassermenge, und eine Verminderung derjenigen der andern Quellen zur Folge haben muss, und umgekehrt, — dass ferner der Einfluss einer solchen Veränderung auf andere Quellen um so bedeutender sein muss, als die- selben näher liegen, durch einfachere Verbindungen zu- sammenhängen und in ihrem Niveau mehr abweichen, lässt sich voraussehen : das Quantum der Veränderung aber wird mit einiger Wahrscheinlichkeit kaum anders, als durch ein direktes versuchsweises Verfahren zu ermitteln sein. Nicht ohne Interesse sind in dieser Hinsicht die Mes- sungen, welche während der Aufstauung der Verenahof- quelle über die Wassermenge derselben ausgeführt wur- den. Als der oberste Theil des Schachtthurmes noch nicht gebaut war, gab sie 128 Mass in der Minute; durch die weitere Aufstauung änderte sich diese Menge ' folgendermassen : Aufslauung 0 Wassermenge 128 Abnahme — - 18" u 120 - 8 - 18 - 106 - 1% E 18 - 96 - 10 22 - 74 - 22 (Schluss folgt.) NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. oN® 22. Ze Juni 1848. Alb. Mousson, über die Wasserverhältnisse der Thermen von Baden im Kanton Aargau. (Vorgetragen den 10. Januar 1848.) (Schluss.) Die ganze Erhöhung von 7,6 verminderte die Was- sermenge um 7% Mass, oder um 57%, also um mehr, als die Hälfte. Zugleich sieht man, wie jede weitere Aufstauung in wachsendem Verhältnisse nachtheilig ein- wirkt, so dass einige Fuss mehr dem Steigen des Was- sers eine Grenze gesetzt und die ganze dem Wasserdruck entsprechende Steighöhe vervollständigt hätten. Aehn- liches würde bei jeder andern Quelle, und zwar um so leichter erfolgen, als sie tiefer läge und ärmer an Was- ser wäre, wie einige von Hrn. Dr. Min nich angeführte Thatsachen es hinlänglich bestätigen. So soll die Limmat- quelle in der Höhe des Wasserspiegels des Flusses 125 Mass, 15 Fuss höher 974/, Mass, 16 Fuss höher 924%, Mass geliefert haben ; die neue Quelle im Ochsen lie- ferte Anfangs 20, durch Aufstauung um 9 nur noch 9 Mass ; die neue Quelle im Bären gab in ihrem Grunde 24 Mass, stieg aber nicht höher, als 10 Fuss. Ausser den gegenseitigen Beziehungen der Quellen unter einander verdient auch die Abhängigkeit derselben von den atmosphärischen Niederschlägen untersucht zu werden. Es fragt sich nämlich, ob und wie die Was- Heft 2. — 16 — sermenge 1) mit der Jahreszeit sich ändert, — von ei- nem Einfluss einzelner Regentage ist bisher wenig wahr- genommen worden — und 2) mit der Trockenheit und Nässe verschiedener Jahre ? Zur genauern Beantwortung dieser Fragen bedürfte es langjähriger Wassermessungen, die leider fehlen. Doch führen schon die 4jährigen Beobachtungen zu ei- nigen Resultaten, wenn man die im März, April und Mai gefundenen Zahlen mit denen des Octobers und Novembers vergleicht. In der folgenden Tafel sind un- ter I und II die Veränderungen während des Sommers jeden Jahres und des darauf folgenden Winters einge- tragen, wobei + ein Steigen, — ein Sinken der Was- sermenge bezeichnet. n m un 2 5EER 95 2 SE Eger Bı2Enn® Darıı Dıd5, 558 7 8 28735 °5 8 55 Feige = = © Bier m Zi = MR a a ro: ' smng2E SrZUBTHZSinnlTsn 2 =5°66© nn2seEnassom 8 m 2.28.00 = gBTEssunnzetg‘ O5 » SBEEToO 8.2 BS28 55353 & 2 Bea "a u 8, o8eTaras’r er 2 soo 598 3 TIO8oEZen' 'e3 © Ei 5 & Oo’ oT ME b = ® SI © SE = N S: sieh "OD... no: nu £ ern © © a er ee © kl e 17, 7 u nv Curie ee une, nl 3 he ha lc Ir) ıereel | RASTRFIARFARETNF mn. 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Die Messungen der Jahre 1844 und 45, selbst bei Weglassung des Zeitraumes, in wel- chem die Arbeiten an der Verenahofquelle störend ein- wirkten, stimmen hingegen nicht überein, offenbar weil die Wasserverhältnisse nach Eröffnung der neuen Ab- flusswege im Winter 1843 — 44 sich noch nicht vollstän- dig wieder regulirt hatten. Desshalb auch erstrecken sich die in der Tafel aufgeführten Mittel nur auf die beiden Jahre 1846 und 47, wobei die letzte Spalte das Mittel des Sinkens und Steigens, das von der noch im- mer fortdauernden schwachen allgemeinen Abnahme der Wassermenge unabhängig sein wird, oder also die mitt- lere jährliche Schwankung, nach Procenten der mittlern Wassermenge eben dieser Jahre, angibt. So weit ein bloss zweijähriges Mittel es zu bestim- men gestattet, steigt die von dem Gegensatz der feuch- ten und trocknen Jahreszeit herrührende Schwankung der Wassermenge auf etwa 9%. Sie vertheilt sich in- dess ungleich auf die verschiedenen Quellen. Auffallend gleich, nämlich zwischen 5 und 8%), erscheint sie in den 8 ersten Quellen der Reihe, welche, zufolge der früher gegebenen Niveautafel, zugleich die tiefer aus- laufenden der grossen Bäder sind, — sei es, dass diese verschiedenen Quellen nur auf kurze Strecke fremden Tuflüssen ausgesetzt sind, oder dass sie von einer gemein- — 19 — samen Wasseransammlung herkommen, welche der ge- dachten Veränderung unterworfen ist. Mit einer längern Fortleitung des Wassers in geringer Tiefe unter der Ober- fläche lassen sich diese Thatsachen nicht vereinigen. Nur die Kesselquelle im Bären, wiewohl in gleicher Tiefe, wie die vorigen, ausmündend, weicht bedeutend ab, was die früher bemerkte besondere Abhängigkeit, in der die- selbe zur Verenahofquelle steht, neuerdings zu bestäti- gen scheint. Die höhern Quellen verspüren alle den Einfluss der Jahreszeiten weit stärker, als diejenigen der vorigen Gruppe. Die Schwankung steigt von 12 und 13%) in der Kesselquelle (Ochsen) und in der Verena- hofquelle, bis auf 21% in der Strassenquelle, ja in der neuen Ochsenquelle auf 39%, oder auf mehr als 1%. Vielleicht erklärt sich der grosse Unterschied der höhern Quellen unter sich, so wie die starke Einwirkung der oberflächlichen Wasser im Vergleich zu demjenigen in den tiefern Quellen, bei einer Höhendifferenz, die den- noch nur wenige Fuss beträgt, daraus, dass die letztern aus dem wasserdichten Lehm- und Thongrunde fliessen, der nur geringen Zufluss gestattet, die erstern hingegen aus der ungleichartigen durchdringlichen Alluvialbe- deckung. Ob die Wassermenge und die Tiefe der Fas- sung, wie es wahrscheinlich ist, den Betrag der jährli- chen Schwankung ebenfalls bedingen, lässt sich gegen- wärtig nicht entscheiden. Die zweite der oben gestellten Fragen über den Ein- fluss ganzer feuchter oder trockener Jahrgänge lässt sich noch weniger, als die des Einflusses der Jahreszeiten ohne langjährige Messungen beantworten. Die einzigen zahlreichern ältern Angaben , die bekannt geworden sind, deren Genauigkeit sich freilich aber nicht mehr verbür- gen lässt, beziehen sich auf den heissen Stein und auf — 130 — die Frühlingsmonate. Sie finden sich in einer unterm 7. Mai 1844. vom Gemeindrathe von Baden an die Re- gierung gerichteten Eingabe: 1824. April. 4 Messung . . 129. 9 Neu Schweizer-Mass. 1830. April und Mai. 3 Mess, 109. 7 1836. März. 1 Messg. . 118. 4 1838. April. 1 Messg.. . . . 132. 9 1842. April. 1 Messg... . . 146.14 184%. März u. April. 4 Meise 125. 7 corr. 149.14 (!) Dazu kommen die neuern Messungen: 1844. April u. Mai. 4 Messg. . 117.1 corr. 141. 8 1845. April u. Mai. 4 Messe. . 106.10 an 1846. März u. April. 2 Messg. 119.11 147. 9 1847. April. 1.Messg.. . . . 110. 7° 138. 5 Das geringe Wasserquantum von 1845 fällt dem Ein- fluss der Arbeiten an der Verenahofquelle zur Last, und darf daher nicht in Anschlag gebracht werden. Auch sind die neuen Messungen mit den ältern, wegen des schwächenden Einflusses, den die Eröffnung neuer Ab- flusswege im Winter 1843 — 44 gehabt, nicht unmittel- bar vergleichbar. Als Correktion wurde der früher be- rechnete muthmassliche Verlust von 24.7 für 1844, und von 27.14 für 1846 und 47 hinzugezählt ;, doch scheint derselbe für die ersten Monate 1844 zu gross zu Sein. Diesen Daten zufolge könnte die Wassermenge je nach den Jahrgängen von 109 bis 148 Mass schwanken, oder um 30%) ihres mittlern Werthes, was allerdings sehr bedeutend erscheint, und das 4fache der jährlichen Schwankung beträgt. Es ist jedoch die Zuverlässigkeit der ältern Angaben zu unsicher, um irgend’ einen über- zeugenden Schluss zu gestatten. Berücksichtigt man ein- zig die neuern Messungen, so folgen die Jahre in der Ordnung 1847, 1844, 1846, von dem wasserärmsten zu dem wasserreichsten. Die Mengen wässriger Nie- — 1311 — derschläge, die während 1, 2, 3 Monaten vor der Zeit der jedesmaligen Wassermessung in Zürich gesam- melt wurden, waren, zufolge den von der naturforschen- den Gesellschaft publieirten Tafeln, die folgenden in Mil- limetern : 1 Mon. 2M. 3M 4M 5M. 6M. 4 Jahr. 1844. 86.96 138.69 246.34 264.46 288.53 481.58 1224.50 1846. 101.93 172.75 321.98 489.66 531.11 632.99 1452.15 1847. 39,7% 116.47 171.06 271,86 347.31 485.46 1197, 36 Für die Niederschläge von 1, von 2 und von 3 Monaten findet man die Ordnung der Jahre 1847, 44, 46, wie für die Wassermengen. Von 4 bis 6 Monaten folgen die Niederschläge nach der Reihe 1844, 47, 46, für das ganze Jahr wieder in der frühern Ordnung. Sucht man endlich den Zeitraum, für welchen das Ver- hältniss der Niederschläge am nächsten mit demjenigen der Wassermengen übereinstimmt, obgleich die Abwei- chungen in jenen immer weit grösser sind, als in die- sen, so ist diess für das ganze Jahr der Fall, nachher für 2 Monate, am wenigsten für 1 und 3 Monate. — Doch nur mit Zweifel, wegen der geringen Zahl von Thatsachen, darf die Vermuthung ausgesprochen werden, dass die Wassermenge, die im April gemessen wird, nicht bloss von den Niederschlägen der letztvorherge- henden Monate, sondern von der Regenmenge des gan- zen Jahres abhängig ist. Es würde diess darauf hin- deuten, dass.man es hierbei nicht‘ mehr mit Zuflüssen ‘zu thun hätte, welche die Wasseradern auf ihrem Wege aus der Tiefe zur Oberfläche, in der Nähe von letzterer, erhalten haben, sondern mit Veränderungen in der tief unter dem Boden befindlichen Wasseransammlung. Es würde allerdings auch diese von oberflächlichem Was- ‚ser unterhalten werden, — aber in ähnlicher Weise, — 12° — wie mit der Tiefe die Temperaturveränderungen sich verspäten und um ein, constantes Mittel vermindern, — würde die Wassermenge durch den ausgleichenden Ein- fluss, den das Durchsickern und Durchrinnen durch lange und verwickelte Canäle ausübt, nur verspätet und sehr gemildert den Veränderungen der Niederschläge folgen. Aus welchen höher liegenden Gegenden die Hauptmasse des Wassers herrührt, die nach ihrem Ein- dringen in grosse Tiefen, nach ihrer Erwärmung da- selbst und nach der Auslaugung salziger Stoffe der Triasbildung, durch die Gesteinsunterbrechung bei Ba- den geleitet, als Therme zu Tage steigt, bleibt freilich ein noch ungelöstes Räthsel. — Als Resultat der vorstehenden Erörterungen über die Thatsachen, welche man mit Bezug auf die Wasserver- hältnisse der Thermen in Baden gegenwärtig besitzt, glauben wir folgende Punkte feststellen zu können: 1) Die hydraulischen Verhältnisse, wie die geologi- schen, führen in gleicher Weise darauf, dass die Quel- len im Grund des Kesselthales von Baden direkt aus einer grossen Tiefe emporsteigen. 2) Die verschiedenen Quellen stehen durch direkte oder indirekte Verbindungen in gegenseitiger Abhängig- keit, und stammen daher wahrscheinlich von einer glei- chen Wasseransammlung her, doch ist die Beziehung der Quellen der grossen Bäder zu denen der kleinen je- denfalls weniger innig, als die der ersten unter sich. 3) Jeder neue Abflussweg, der aus grösserer Tiefe Wasser emporführt, vermehrt die ganze Menge des Ther- malwassers, indem die unterirdische Ansammlung durch die bestehenden Oeffnungen noch keinen vollständigen Abfluss findet. | 4) Der Gang der neuen Quellen und ihr Einfluss auf —_— 13 — die übrigen scheint in Folge noch fortschreitender, doch immer geringerer Veränderungen in den Gerinnen noch jetzt nicht vollständig regulirt zu sein. 5) Die Verbindungen der Quellen unter einander sind aber so verwickelt, dass der Einfluss einer Veränderung an einer derselben auf die übrigen nicht mit Sicherheit vorausgesehen werden kann, indem die Bewegung des Wassers eben so sehr, als von dem hydrostatischen Drucke, von den Hindernissen der Canäle modifizirt wird. 6) Im Allgemeinen vermindert die Aufstauung einer Quelle die eigene Wassermenge sehr bedeutend, sie ver- mehrt hingegen in etwas diejenige der übrigen Quellen, um so stärker, als sie näher und mit ihrem Auslaufe tiefer liegen. | 7) Der Einfluss der Jahreszeiten ist spürbar, ziem- lich gleich und kleiner bei den tiefern Quellen, ungleich und bedeutend grösser bei den höher mündenden. 8) Noch grösser ist der Einfluss verschiedener Jahr- gänge, doch scheint die Wassermenge eher von den Niederschlägen ganzer Jahre, als nur einzelner vorher- gegangener Monate abhängig zu sein. Zum Schlusse endlich erlauben wir uns die folgen- den beiden Punkte den Betheiligten zur Berücksichtigung anzuempfehlen : 1) Dass das einzige sichere Mittel bei Vornahme grösserer Veränderungen mit einer der Quellen darin besteht, versuchsweise zu verfahren, d.h. die beab- sichtigte Hebung oder Senkung des Wasserstandes erst in kleinem Massstabe vorzunehmen, und durch genaue Wassermessungen vorher und nachher den Einfluss auf die eigene und die benachbarten Quellen zu ermitteln. Diess genügt alsdann, um auch den Einfluss der grös- — 14 — sera Veränderung selbst mit Wahrscheinlichkeit zu be- urtheilen. 2) Dass eine vollkommene Regulirung der sämmtli- chen Wasserverhältnisse und eine vollständige Garantie für alle Betheiligten nur dann zu erlangen sein wird, wenn dieselben sich zu einer im Grossen ausgeführten tiefreichenden Bohrarbeit vereinigen. Die gewonnene Wassermenge würde nicht allein genügen, jedem Bethei- ligten sein gegenwärtiges Wasserquantum zu sichern, sondern ihm ohne Zweifel überdiess eine im Verhältniss zu seiner Betheiligung stehende bedeutende Vermehrung an Thermalwasser verheissen. — Dr. Ed. Schweizer, über ein neues Produkt der trocknen Destillation des Holzes. (Vorgetragen den 12. März 1848.) Im Verlauf einer Untersuchung über die Bestandtheile des rohen Holzgeistes habe ich eine Substanz aufge- funden, welche meines Wissens noch nicht beobachtet wurde, und welche in einer interessanten Beziehung zu dem von Scanlan entdeckten und von Gregory und Apjohn näher untersuchten Pyroxanthin (Eblanin) steht. — In Folgendem theile ich die Erfahrungen, die ich bis jetzt über diesen Gegenstand gewonnen habe, mit, nachdem ich diejenigen Angaben der genannten Chemi- ker über das Pyroxanthin, die dabei zur Sprache kom- men, vorausgeschickt habe. Das Pyroxanthin ist nach Gregory*) in dem rohen *) Annalen der Pharmacie, Bd. XXI, pag. 143, und Berze lius Jahresbericht, Bd. XVIIL, pag. 460. — 15 — Holzgeiste ursprünglich enthalten, und wird aus demsel- ben auf folgende Weise dargestellt : Es werden von dem roheu Holzgeiste etwa 15% ab- destillirt. Das braungelbe saure Destillat wird hierauf mit Kalkhydrat versetzt, wodurch die vorhandene Essig- säure neutralisirt und der färbende Stoff theils abge- schieden, theils mit Kalk verbunden niedergeschlagen wird. Unterwirft man das Ganze nun einer neuen De- stillation, so geht der Holzspiritus farblos über, wäh- rend ein tief gefärbter Rückstand bleibt, der aus essig- saurem Kalk und Pyroxanthin besteht. Man behandelt denselben mit verdünnter Salzsäure, welche den Kalk und die Essigsäure auszieht. Das Zurückbleibende wird mit kleinen Quantitäten Weingeist zu wiederholten Ma- len ausgekocht. Der Weingeist löst im Anfange fast “nur jene harzartige Substanz auf, durch welche er eine braune Farbe erhält. Bei den spätern Auskochungen wird der Weingeist immer reiner gelb gefärbt, indem sich dann das von dem Harze grösstentheils befreite Py- roxanthin auflöst. Beim Erkalten der Lösung scheidet sich letzteres in Krystallen aus, welche durch wieder- holtes Umkrystallisiren aus Weingeist vollkommen rein erhalten werden können. Das Pyroxanthin krystallisirt in Nadeln von der Farbe des pikrinsalpetersauren Kalis. In Weingeist, Aether und Essigsäure ist es bei Anwendung von Wärme lös- lich; hingegen löst es sich nicht in Wasser, Kalilauge und Ammoniak. In offener Luft erhitzt, fängt es schon bei 1340 C. an zu sublimiren; im verschlossenen Raume kann es jedoch nicht unzersetzt verfllüchtigt werden. Dieses letztere Verhalten steht im Widerspruche damit, dass das Pyroxanthin in dem flüchtigsten Theile der De- stillationsprodukte, dem Holzgeiste, enthalten ist. Gre- - 16 - gory erklärt diess dadurch, dass er annimmt, das Py- roxanthin sei in Berührung mit den Holzgeistdämpfen sehr flüchtig. — Im Uebrigen verweise ich auf Gre- gory’s Abhandlung. Der rohe Holzgeist, welchen ich zu meiner RER chung anwandte, war das zuerst Uebergehende, was der Fabrikant bei der Destillation des rohen Holzessigs von Eschenholz erhielt. In der Fabrik selbst wurde durch- aus keine weitere Reinigung, wie z. B. die gewöhnliche Rektification über Kalk, damit vorgenommen, so dass ich überzeugt sein konnte, die ursprünglichen Produkte der trocknen Destillation zu besitzen. Ich unterwarf über 200 Pfund dieser Flüssigkeit der fractionirten Destillation auf dem Wasserbade. Als die übergehenden Theile kaum mehr brennbar waren, wurde das darauf folgende besonders aufgesam- melt und die Destillation noch so lange fortgesetzt, bis fast bloss Wasser mit etwas Essigsäure überging. Als Rückstand blieb eine saure wässrige Flüssigkeit, und an den Wandungen der Blase hatte sich eine pech- artige Masse festgesetzt. Zunächst zog der zweite wässrige Theil des Destillates meine Aufmerksamkeit auf sich. Derselbe. war sehr schwach bräunlichgelb gefärbt, reagirte sauer, zeigte den eigenthümlichen brenzlichen Geruch des rohen Holzgeistes in hohem Grade und ei- nen ausserordentlich scharfen brennenden Geschmack. Als ich eine Probe davon mit Kali übersättigte, bildete sich nach einigen Sekunden ein chromgelber Niederschlag. Die Vermuthung lag nahe, dass hierbei Ausscheidung von Pyroxanthin Statt gefunden habe. Um mich hievon bestimmt zu überzeugen, behandelte ich sogleich eine bedeutende Menge der Flüssigkeit auf = I die angegebene Weise mit Kali. Im Anfange entstand ein starker orangefarbiger flockiger Niederschlag ; später schied sich eine rothgelbe harzartige Masse aus. Der erstere wurde auf einem Filtrum gesammelt, mit Wasser ausgewaschen und dann wiederholt mit kleinen Quanti- täten von heissem Weingeist behandelt. Die ersten wein- geistigen Lösungen waren dunkelroth gefärbt und hin- terliessen nach dem Verdunsten ein Harz. Später nahm der Weingeist eine intensive gelbe Färbung an. Der Rückstand wurde alsdann vollständig in kochendem Wein- geist aufgelöst, aus welchem beim Erkalten Pyroxanthin in reichlicher Menge herauskrystallisirte.e Nach mehr- maligem Umkrystallisiren, wobei noch kleine Mengen von anhängendem Harze entfernt wurden, erhielt ich dasselbe völlig rein mit allen den Eigenschaften, welche von Gregory angegeben worden sind. In Beziehung auf die Darstellung des Pyroxanthins habe ich noch zu bemerken, dass, um ein reines Pro- dukt zu erhalten, es durchaus nothwendig ist, die grösste Menge des Harzes durch Behandlung des Gemenges mit kleinen Quantitäten .kochenden Weingeistes zuerst aus- zuziehen,, obgleich dadurch ein nicht unbeträchtlicher Theil des Pyroxanthins verloren geht. Löst man das Gemenge gleich im Anfange in einer hinreichenden Menge von kochendem Weingeist, so krystallisirt das Pyroxan- thin allerdings beim Erkalten schon grösstentheils her- aus; allein die Krystalle sind schmutzig bräunlichgelb gefärbt, und können selbst durch häufiges Umkrystalli- siren nicht mit rein gelber Farbe erhalten werden. — Da sehr verdünnte Lösungen des Pyroxanthins noch intensiv gelb gefärbt sind, die Flüssigkeit, aus der ich dasselbe darstellte, aber beinahe farblos war ; da ferner die Ausscheidung des Pyroxanthins nicht in dem Mo- — 18 — mente geschah, als die freie Essigsäure durch Kali ge- sättigt war, vermuthete ich, das Pyroxanthin sei nicht als solches in der sauren Flüssigkeit aufgelöst enthalten gewesen, sondern dasselbe sei erst durch Einwirkung des Kali’s auf eine noch unbekannte Verbindung gebil- det worden. — Nach mehreren vergeblichen Versuchen gelang es mir endlich, die letztere auf folgende Weise abzu- scheiden : Ich versetzte die fragliche Flüssigkeit so lange mit Aether, bis sich derselbe nicht mehr auflöste, und eine ziemlich beträchtliche Schicht auf der Oberfläche der er- stern bildete, und liess das Ganze unter öfterm Um- schütteln etwa 2% Stunden stehen. Hierauf trennte ich die aetherische Schicht von der darunter stehenden Flüs- sigkeit und unterwarf dieselbe der Destillation im Was- serbade. Als kein Aether mehr überging, blieb ein flüssiger Rückstand, der sich beim Vermischen mit Was- ser als ein schweres bräunlich gefärbtes Oel ausschied. Eine Probe davon in verdünntem Weingeist aufgelöst und mit Kali versetzt, gab einen starken gelben pyro- xanthinhaltigen Niederschlag. — Aus der bei der ersten Destillation des rohen Holz- geistes erhaltenen spirituösen Flüssigkeit konnte noch eine beträchtliche Menge des öligen Körpers gewonnen wer- den, indem man dieselbe wiederholt destillirte und die jedesmal in der Blase zurückgebliebene wässrige Flüssig- keit mit Aether behandelte. Um die Substanz rein zu erhalten, wurde sie zuerst mehrmals mit Wasser gewaschen und hierauf mit Was- ser im Sandbade destillirt. Die Destillation wird durch starkes Stossen sehr erschwert. Ich machte jedoch hier- bei die Erfahrung, dass, wenn man bei Destillationen - 139 — dieser Art Glasröhrchen in die Retorte stellt, dadurch, dass die schwerere heisse Flüssigkeit in denselben in die Höhe getrieben und über die obere kältere Flüssigkeit ausgegossen wird, das Stossen beinahe vollständig ver- hindert werden kann. In der Retorte blieb zuletzt ein dunkelbraunes Harz noch mit etwas Oel gemengt zurück. Das gelblich ge- färbte Destillat wurde einer nochmaligen Destillation mit Wasser unterworfen. Die zuerst übergehenden Portio- nen waren beinahe farblos, während die später folgen- den zunehmend gelblich gefärbt wurden und in dem Maasse sich der Rückstand in der Retorte dunkel färbte. Das durch Destillation mit Wasser gereinigte Oel be- sitzt nun folgende Eigenschaften : Es ist schwerer als Wasser, besitzt einen unange- nehmen, an geräucherte Fische erinnernden Geruch und einen stark beissenden Geschmack. — In Wasser ist es schwierig, aber vollständig löslich ; in heissem Wasser löst es sich leichter, als in kaltem, so dass sich aus ei- ner gesättigten heissen Lösung beim Erkalten ein Theil des Oeles wieder ausscheidet. In Weingeist, Holzgeist und Aether ist es sehr leicht löslich. Es ist schwer flüchtig. Für sich kann es nicht, ohne eine bedeutende Zersetzung zu erleiden, destillirt werden. Der Inhalt der Retorte färbt sich dabei schnell dunkelgelb, zuletzt schwarz, unter Bildung einer bedeutenden Menge von Harz ; das Destillat erhält nach und nach ebenfalls eine dunkle Farbe, behält jedoch im Uebrigen seine frühern Eigenschaften bei. Wie bereits angegeben, kann es bei der langsamen Destillation mit Wasser farblos erhalten werden; allein es färbt sich, namentlich unter Einfluss des Lichtes und — 140 — der Luft, von selbst bald wieder gelblich, welche Fär- bung mit der Zeit zunimmt. Bei — 280 C. wurde es grösstentheils fest, in wel- chem Zustande es eine weisse fettartige Masse darstellte. Versetzt man eine wässrige oder weingeistige Lösung desselben mit Kali, so findet die bekannte Pyroxanthin- bildung Statt. Letztere wird auch durch Baryt und Kalk, und in der Wärme selbst durch kohlensaure Al- kalien hervorgebracht. Ammoniak bewirkt die Zersetzung in der Kälte erst nach mehreren Stunden, in der Koch- hitze hingegen schon nach einigen Minuten. Eine weingeistige Lösung des Oeles gibt mit einer weingeistigen Lösung von essigsaurem Bleioxyd keinen Niederschlag ; bei Zusatz von Ammoniak entsteht jedoch ein starker weisser flockiger Niederschlag. Quecksilber- oxydulsalze werden in der Wärme durch das Oel schnell reducirt. — Um zu erfahren, was für Produkte bei der Zer- setzung des neuen Körpers durch Alkalien ausser dem Pyroxanthin gebildet werden, wurde eine beträchtliche ‘ Menge des erstern in Wasser gelöst, die Lösung mit einem Ueberschuss von reiner Kalilauge vermischt, der starke gelbe Niederschlag, sobald sich derselbe etwas gesetzt hatte, filtrirt, und die durchfiltrirte alkalische Flüssigkeit ‚sogleich mit Schwefelsäure gesättigt. Hierbei wurde eine sehr geringe Menge eines weichen Har- zes ausgeschieden, das deutlich den Geruch des Kreo- sots besass. — Die davon getrennte Flüssigkeit wurde hierauf mit einem Ueberschuss von Aether geschüttelt, und nachher der Aether im Wasserbade wieder abdestil- lirt, wobei ein gelblich gefärbtes Oel zurückblieb. (Schluss folgt.) oe MITTHEILUNGEN NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. N?’ 29. 2 Juli 1848. Dr. Ed. Schweizer, über ein neues Produkt der trocknen Destillation des Holzes. ( Vorgetragen den 12. März 1848.) Schluss. Dasselbe wurde durch Destillation mit Wasser gerei- nigt. In Beziehung auf seine physikalischen Eigen-. schaften zeigte es wenig Verschiedenheit von der ur- sprünglichen Substanz. Es besass einen ähnlichen Ge- ruch, war schwerer als Wasser, in demselben etwas löslich, etc. Seine wässrige oder weingeistige Lösung erzeugte mit Kali indessen keine Spur von Pyroxan- thin mehr. In Kali ist es sehr schwierig und nur in der Hitze löslich. Wird es mit Kali einige Zeit gekocht, so zer- setzt es sich vollständig. Als ich die gekochte dunkel gefärbte Lösung mit einer Säure sättigte, schied sich wieder ein öliger Körper aus, der durch Destillation mit Wasser in ein Harz und ein flüchtiges Oel getrennt werden konnte, das in auffallendem Grade den charak-- teristischen Geruch des Kreosots zeigte, und auch in den übrigen physikalischen Eigenschaften mit dem letztern übereinkam. — Diese Zersetzung bedarf indessen noch einer nähern Untersuchung, ehe man daraus in Bezie- hung auf die Bildung des Kreosots bestimmte Schlüsse ziehen kann. — 12 — Aus der mit Aether geschüttelten wässrigen Flüssig- keit wurde zunächst der aufgelöste Aether durch Destil- lation im Wasserbade entfernt. Hierauf übersättigte man sie mit Schwefelsäure und destillirte sie im Sand- bade zum grössten Theile ab. Das klare farblose sauer reagirende Destillat wurde alsdann bis zur alkalischen Reaktion mit kohlensaurem Natron versetzt, im Wasser- bade zur Trockniss eingedampft und die rückständige Salzmasse abermals mit Schwefelsäure einer Destillation unterworfen. Man erhielt nun eine stark sauer reagirende Flüssigkeit von unangenehmem, ganz an Buttersäure erinnernden Geruch. Dieselbe hat die Eigenschaft, schon in der Kälte augenblicklich die Quecksilberoxydulsalze zu reduciren, wodurch sie sich von der Buttersäure, Es- sigsäure und Ameisensäure unterscheidet. Ich stellte diese Säure zu wiederholten Malen mit abgeänderter Verfahrungsweise dar, und immer besass sie die Eigenschaft, Quecksilberoxydulsalze zu reduciren, in demselben Grade. Im Uebrigen hat sie einige Aehn- lichkeit mit der Essigsäure, und sie ist vielleicht eine gepaarte Verbindung der letztern mit einer andern or- ganischen Substanz. Mit dem Pyroxanthin hat sich eine bedeutende Menge von Harz ausgeschieden. Indem man das Gemenge mit Weingeist von etwa 75% auszieht, die Lösung ein- dampft, den Rückstand wieder mit Weingeist behandelt, und diese Operationen mehrmals wiederholt, kann man dasselbe beinahe rein von Pyroxanthin erhalten. — Das- selbe besitzt eine rothbraune Farbe, ist leicht schmelz- bar, unlöslich in Wasser, hingegen löslich in Weingeist und Aether. In Kali ist es, namentlich in der Kälte, nur schwierig löslich. Seine weingeistige Lösung wird — 13 — durch eine Lösung von Bleizucker in Weingeist nur bei Zusatz von Ammoniak gefällt. Kurz zusammengefasst sind die Resultate, welche aus den mitgetheilten Versuchen hervorgehen, folgende: 1) In dem rohen Holzgeiste ist in nicht unbeträcht- licher Menge ein eigenthümliches schweres brenzliches Oel enthalten. 2) Dasselbe ist jedoch wahrscheinlich noch ein Ge- menge von zwei verschiedenen Substanzen, von denen die eine bei — 280 fest ist, während die andere bei dieser Temperatur flüssig bleibt. 3) Das Pyroxanthin ist nicht als solches in dem ro- hen Holzgeiste enthalten, sondern entsteht erst durch Einwirkung der Alkalien und alkalischen Erden auf das brenzliche Oel, oder vielmehr den einen Bestandtheil desselben (das Pyroxanthogen). 4) Mit dem Pyroxanthin bilden sich bei der Zer- setzung des Pyroxanthogens durch Kali gleichzeitig ein indifferentes Harz und eine flüchtige Säure, welche Quecksilberoxydulsalze äusserst leicht redueirt. Hoffentlich werde ich bald im Stande sein, eine nä- here analytische Untersuchung dieses Gegenstandes mit- theilen zu können. H. H. Denzier, Ingenieur, über die Bestimmung der mittlern Temperatur der Erdoberfläche, im Niveau des Meeres. ( Vorgelegt den 1. Mai 1848.) In einer Zeit, wo auf dem meteorologischen Gebiete die Ausmittelung nahebei konstanter Werthe, d. h. der mittlern Grösse veränderlicher Faktoren, mit Vorliebe be- trieben wurde, musste das Vorhaben, die mittlere Tem- = peratur der Erdoberfläche aus den besten vorhande- nen Daten abzuleiten, nicht minder lobenswerth als interes- sant erscheinen. Die Sammlung dieser Daten gieng zwar langsam vor sich, zeigte sich auch nach dem Erscheinen der meteorologischen Arbeiten von Kämtz, Dove und Löwenberg, vorzüglich aber von A. von Humboldt, endlich nach der Herausgabe des Physikalischen Atlasses von Berghaus, als eine fast überflüssige Arbeit. In der That wurde das bier gegebene Material, und besonders die Darstellung der Isothermkurven, später als Grund- lage betrachtet und nur die Revision einzelner Gegenden vorbehalten, so namentlich das Ergebniss der Reise A. Ermann’s benutzt. Mit den Berechnungen, die schon im Januar 1840 begonnen hatten, und die binnen ein paar Monaten über den Atlantischen, Indischen und Gros- sen Ocean ausgedehnt waren, wollte es indessen nicht ernstlich vorwärts, weil unterdessen die Ansicht Platz gegriffen, dass Mittelzablen wenig zur Förderung der Wissenschaft beizutragen vermögen, und weil sich über- diess die Perspective eröffnete, dass bald neue Beobach- tungen neue Rechnungen erforderlich machen würden. Endlich aber, im Frühling 1845, wurden sie doch zu Ende geführt, und wenn sie auch nichts Wesentliches zu Tage forderten, so mag ihre Besprechung und die Mittheilung ihrer Ergebnisse dennoch gerechtfertigt scheinen. Die Berechnungen wurden auf eine, nach Merkator'- scher Projektionsart entworfene Erdkarte mit eingetra- genen Isothermkurven basirt, welche durch Parallelkreise in Zonen von 2 Grad Breite getheilt war. Aus den be- kannten Dimensionen des Erdkörpers, unter Vorausse- izung der Abplattung = 1 : 297.648 (nach Dr. J. C. E. Schmidt, s. dessen Math. Geogr. oder Harding’s astr. Ephemeriden für 1831) wurden die Flächen der zwischen = We zwei Meridianen von 1° Längenunterschied und 2 Paral- lelen von 1° Breitenunterschied eingeschlossenen G rad- vierecke berechnet und die mittlere Temperatur dieser Vierecke, oder, wenn Landgränzen dieselben durchschnit- ten, ihrer Abtheilungen, aufgesucht. Das Produkt der Flächenräume in die wittlern Temperaturen gab den Mass- stab der vorhandenen relativen Wärmemenge, und die Summe aller Produkte eines Landstriches, getheilt durch die Summe aller Flächenräume, die mittlere Tempe- ratur dieses Landstrichs. Bei den unten aufgeführten Erdräumen sind nicht im- mer die wirklichen Gränzen festgehalten, sondern festge- setzt worden, wie folgt: Der Atlantische Ocean ist von den Parallelkreisen 70° N. und 60° S., zwischen Labra- dor und Grönland vom Parallel 60° N., ferner vom Fest- lande Amerika’s, Afrika’s und Europa’s, von der Strasse von Gibraltar und vom Kattegat in 8° Ost Paris und end- lich im Süden von den Parallelen 70° West Paris 20° Ost Paris begränzt. Sämmtliche Inseln, selbst Grossbri- tannien, sind inbegriffen, weil sie ein vorherrschend ocea- nisches Klima besitzen. Der Grosse Ocean erhielt seine Abgränzung in 66° N., durch das Festland von Asien (mit Einschluss von Malacka bis 11° N.), mit Inbegriff der Andamanen, Ni- cobaren, von Sumatra, Java und Timor durch diese In- seln, durch Neuholland’s Festland, ostwärts und südlich herum bis 115° Ost Paris, von da südlich bis zum Pa- rallel von 60° S., diesem folgend bis 70° W. Paris, mit Einsehluss von Feuerland, endlich durch das FEB von Amerika. Vom Indischen Meer, das hiedurch und durch Afrika und Asien abgegränzt ist, wurden das rothe Meer und der Persische Meerbusen getrennt und zu Afrika geschla- — 16 — gen. Europa und Afrika sind durch den Parallel 36° N. geschieden, Asien einer-, Afrika und Europa anderseits durch den natürlichsten Meridian 48° O. Paris. Das Mittelländische und Caspische Meer wurden demnach, und zwar ihrer geringen Ausdehnung wegen, nicht als selbständige Glieder betrachtet, dagegen das Festland von Neuholland. Süd- und Nordamerika sind durch den Pa- rallel 16° N. geschieden, während das südliche Eismeer sich bis 60° S. herab erstreckt und das nördliche alle Räume bis 70° N. herab umfasst. In sehr hohen Brei- ten ist zwar der Unterschied zwischen dem oceanischen und kontinentalen Klima bedeutend, allein die geringe Kenntniss jener Gegenden machte eine Ausscheidung zur Unmöglichkeit. Ueberhaupt kann Niemandem entgehen, welch’ höchst verschiedenen Werth die erhaltenen Ergebnisse besitzen müssen. Während über Europa ein ziemlich enges Netz meteorologischer Stationen gebreitet liegt, kennen wir aus dem innern Asien, Neuholland und Afrika so viel alt Nichts, das meteorologisch, namentlich aber mit Be- zug auf deren mittlere Temperatur, massgebend wäre. Anderseits ist indessen über allen Zweifel- erhaben, dass im Innern Afrika’s und Neuholland’s die Isothermen im Niveau des Meeres bei weitem nicht die Regelmässigkeit zeigen müssen, wie in Asien oder Europa oder Nord- amerika, um gleichgenaue Resultate hervorzubringen, weil innert den Wendekreisen und in deren Nähe die Uebergänge sehr sanft sind. Endlich versteht es sich von selbst, dass nur Gegebenes berechnet werden konnte, und dass dem Rechner nur die sorgfältige und richtige Benutzung des vorliegenden Stoffes obliegt. Damit jedoch die mittlere Jahreswärme der ganzen Erdoberfläche gegeben werden könne, waren Aufgaben zu lösen, über deren Basen zur Zeit noch ein undurch- dringliches Dunkel ausgebreitet ist. Es betreffen diesel- ben die Ermittelung der Temperatur der wirklichen und derjenigen der Kältepole. Die Kältepole im Norden wur- den jedoch ungeändert belassen, wie Brewster sie fest- gesetzt. Die mittlere Temperatur des Nordpols konnte aus einer Reihe von Bestimmungen unter annähernd glei- chem Meridian auf verschiedenen Meridianen ermittelt werden, und da alle Meridiane auf das nämliche Ender- gebniss führen mussten und auch bis auf # 3° C wirk- lich geführt haben, so liess sich der wahrscheinlichste Werth von — 17°.0 C als sehr angenähert betrachten. Je nachdem an der Stelle des Norpois festes Land vor- kömmt, was wahrscheinlich geworden, oder aber Meer, ist dieser Werth 1 -—- 2° zu gering, oder 2— 3° zu gross.. Hingegen kann er in keinem Falle bis — 11° € zurücksinken, wie ihn Berghaus annehmen zu sollen glaubt. Es bedarf hier der Erwähnung, dass die graphi- sche Construktion der Formulirung vorgezogen worden ist, weil die Anschauung das Charakteristische erkennen lässt, während die analytische Behandlung nur auf das System, auf den Charakter im Allgemeinen, führt. Nach denselben Grundsätzen wurde auch auf der südlichen Halbkugel verfahren. Hier liess sich zwar ein bestimmterer Charakter der Kurve erwarten, als im Nor- den, allein man durfte sich auch nicht verbergen, dass, wie dort hundert Nebeneinflüsse wegen der Zerrissen- heit von Land und Meer, so hier theoretische Anschau- ungen wegen Mangel an wirklichen Beobachtungen be- stimmend aufgetreten sein werden, dass also auf jenem Wege diesen Anschauungen das grössere Recht wider- führe. Bei der Prüfung verschiedener Meridiane stellte sich nun das unvorgesehene Resultat heraus, dass die — 148 — niedrigste Temperatur auf der südlichen Halbkugel nicht unterm wirklichen Pole zu suchen sei, sondern, wie sich freilich nur auf eine zweideulige Weise zu erkennen gab, unter etwa 83° 40° S. und 60° O. Paris. Die Wahr- scheinlichkeit eines besondern Kältepols war zugleich auch Wahrscheinlichkeit bedeutender kontinentaler Massen, de- ren wirkliche Nachweisung man seitdem zu erleben die Befriedigung. gehabt hat. Diese würden nun freilich den südlichen Kältepol um circa 40° östlicher versetzen, wenn derselbe, wie es wahrscheinlich ist, nahebei in den Schwerpunkt der Massen oder, besser gesagt, in dessen Meridian selbst fällt. Das angenäherte Zusammentreffen spricht übrigens für die Brauchbarkeit der zu Grunde gelegten Werthe. Als Temperatur des Kältepols darf man also jetzt noch — 17°.3 G und dann für den wah- ren Südpol — 16° G annehmen. — Es bedarf wol kaum der Erwähnung, dass diese zwei von einander abhängi- gen Werthe noch um einige Grade unsicher sind. Auf Basis dieser Bestimmungen ist für das nördliche Eismeer eine mittlere Temperatur von — 8°. 06 GC (in- nerhalb 60° N.), für das südliche von — 7°.40 GC her- ausberechnet worden. Nimmt man die Unsicherheit in der letztern Bestimmung — 4° C, in der ersten — 2° C, im Mittel also — 3° C an, so beträgt die daher rührende Unsicherheit in der Bestimmung der mittleren Tempera- tur der Erdoberfläche nur 0%. 40 GC. Da nun selbst in Europa die mitileren Temperaturen im Allgemeinen nicht diese Genauigkeit erreichen, so tritt hier der paradoxe Fall ein, dass man des Unbekannten gewisser ist, als des Bekannten, in ihrer Bedeutung für das Endresultat ge- lasst. Das allgemeine Ergebniss für die oben berührten Un- terabtheilungen ist: — 149 — 1. Atlantischer Ocean von 70° N. — 60° $. = + 18°.57 C. (1535253 Quadratmeilen.) 2. Grosser Ocean von 66° N. — 60° S. = + 19°. 65 C. (3273405 Quadratmeilen.) 3. Indisches Meer von 26° N. — 60° S. = + 20°. 21 C. (1134763 Quadratmeilen.) #4. Nördliches Eismeer von 90° N. — 70° N. = — 129.90 C. (281600 Quadratmeilen.) 5. Südliches Eismeer von 90° S. — 60° S. = — 7°.40 C. (625110 Quadratmeilen.) oder für die oceanischen Gewässer überhaupt findet sich die mittlere Lufttemperatur = + 15°.69 C. (6850131 Quadratmeilen) 6. Neuholland von 10° S. — 38° S. = + 21°. 96 C. (139756 Qm.) 7. Afrika » 36° N. — 35° » = + 25%. 81 » (629634 » ) 8. Südamerika » 16° » — 54° » = + 23°.13 » (332221 » ) 9. Nordamerika» 70° » —- 16° N.—=—+ 59.38 » (425290 » ) 10. Europa » 70° » — 36° » = 109.53 » (222366 » ) 11. Asien an er — 409,17 , (001701. 01 d. h. die mittlere Lufttemperatur der Kontinente über- haupt beträgt + 16°. 15 C. (2411018 Quadratmeilen). Schliesslich wird die mittlere Lufttemperatur der gan- zen Erdoberfläche (im Niveau des Meeres) = + 15°. 8ı C. (9261149 Quadratmeilen) gefunden, was in reaumür’schen Graden + 12°. 65 be- trägt, eine Grösse, die mit derjenigen sehr nahe .über- ‚einstimmt, welche man als temperirte Wärme (+ 10° R. im Freien, 13 — 14° R. in Zimmern) zu bezeichnen pflegt. Auf der Erde findet man diese Mitteltemperatur sehr nahe im südlichsten Frankreich (Montpellier, Tou- Ion), in Rom, Lissabon, Corinth, im Chinesischen Zwei- stromlande, im Süden der Vereinigten Staaten und end- lich unterm Aequator in der obsoluten Höhe von 800 bis 1100 Toisen, über deren angenehme, klimatische Verhältnisse nur Eine Meinung existirt. a 11 Aus obigen Zahlen geht auch das merkwürdige Fak- tum hervor, dass die mittlere Lufttemperatur sämmtlicher Meere derjenigen sämmtlicher Kontinente sehr nahe gleich ist. Denn der kleine Unterschied von 0°, 46 C. würde wol ganz aufgehoben werden, wenn man die beiden Po- larkontinente und die Inseln zu den Kontinenten rech- nete. Ist dieses Verhältnisss wirklich, wie es die Zer- rissenheit der Kontinente erwarten liesse, nur Spiel des Zufalls, oder aber einer innern Nothwendigkeit zuzu- schreiben ? Die Frage nach dem Verhalten der beiden Erdhalb- kugeln gegen einander ist dahin zu beantworten, dass die südliche allerdings die kühlere ist. Ihre mittlere Luft- temperatur findet sich nämlich = + 15°. 38 G., dagegen die der nördlichen = + 16°. 10 C. Das Mittel beider Angaben = + 15°, 74 C. gilt natürlich für die ganze Erdoberfläche und weicht von der oben angeführten Bestimmung um — 0°. 07 C. ab, welche Abweichung von dem Umstande herrührt, dass beide Berechnungen von einander unabhängig, die letztere zur Verification der erstern, geführt worden sind. — Der geringe Wär- meüberschuss von 0°. 72 C. bei der nördlichen Halbku- gel erklärt sich genügend aus dem 7 — 8 Tage längern Verweilen der Sonne nördlich vom Aequator, ja er hätte eher noch grösser erwarlet werden dürfen. Will man den Gegenstand in meridionalem Sinne‘ auffassen, so bietet sich zunächst die Vergleichung der beiden grossen Oceane dar. Diese ergaben im Allge- meinen: Grosser Ocean = + 19°. 65 C. Allant. sahen demnach einen Wärmeüberschuss des grössern, begreil- lich darum, weil seine Masse mehr zwischen den Tropen — 151 — liegt, als die des Atlantischen Oceans. Die kontinenta- len Massen lassen folgende zwei Gombinationen zu: 1. Westfeste = + 14°.04 C. (mit 757511 Quadratmeil.) Ostfeste = + 169.66 » (» 1513751 » ) Südfeste = + 21°.96 » (» 139756 » ) 2. Europa - Afrika = + 21°. 70 C. (852000 Omeil.) Asien-Neuholland = + 12°.23 „ (801507 ,„ ) Amerika =+142.04 „ 7575511 ,„) wobei vorzüglich der mächtige Einfluss Afrika’s auf die Ostfeste und besonders auf das Kontinentpaar Europa- Afrika hervortritt. Die Vergleichung der Temperaturen der einzelnen Kontinente weist die entschieden tropische Natur der Klimate Afrikas, Südamerikas und Neuhollands nach, während Europa und Asien sehr gemässigt und Nord- amerika entschieden kühl erscheinen müssen. Diese Ver- hältnisse bedingen augenscheinlich den klimatologischen Charakter der Kontinente weit mehr, als ihre Erdstellung es thut. Denn in der ungemein niedrigen Mitteltempe- ratur Nordamerika’s, die seiner Massenhaftigkeit im ho- ben Norden zugeschrieben werden muss, liegt die Erklä- rung seines extrematischen Klimas bis unter die Tropen herab, auf eine weit anschaulichere Weise, als in dem blossen geographischen Momente. Ebenso zeigt die hohe Mitteltemperatur Afrika’s seine überwiegend, ja fast ganz tropische Natur in diesen Zahlen deutlicher, als die Be- rücksichtigung seiner Erdstellung, wobei das massenhafte Heraustreten über die natürlichen Tropengrenzen als bedeutendes Moment erscheinen wird, das dagegen hier als vollständig bewältigt nachgewiesen ist. Nicht bloss als Ergebniss der Temperaturverhältnisse, sondern weit mehr der elektrischen Gegensätze werden dagegen die vielen und grossartigen Erscheinungen zu — 12 — betrachten sein, welche der’ Lufikreis im Südosten und Süden der Kontinente aufweist. In dem südasiatischen Insellabyrinthe die heftigen Teifune, bei Madagaskar und in Westindien die zerstörenden Orkane sind wol vorzugs- weise den Entladungen der vielen Landspitzen von über- schüssiger Elektrizität zuzuschreiben, welch’ Letztere frei- lich wieder in den Temperaturverhältnissen ihre Erklä- rung sucht. In dieselbe Kategorie, doch vielleicht mit vorherrschendem direktem Einflusse der Temperatur, scheinen die stürmischen Regionen des Cap Horn, des Cap der guten Hoffnung und von Vandiemensland, sowie von Kamtschatka und andere, nördlichere Promontorien zu gehören. Es wird hingegen nicht in Abrede gestellt werden können, dass im Ganzen und Grossen diese Temperatur- zahlen der Erdtheile mit den Zahlen des athmosphärischen Niederschlags in genauer Verbindung, fast könnte man sagen in Proportion stehen, dass also der bedeutendste Faktor der Pflanzenwelt damit gegeben ist. Freilich macht eine grossartige Aeusserung der kontinentalen Na- tur viele Ausnahmen und bedeutende Ausnahmen von die- ser allgemeinern Erscheinung, nämlich das Auftreten der Wüsten in ihren verschiedenen eigenthümlichen Formen. Diese Aeusserung der kontinentalen Natur, die auf dem Umstande beruht, dass die Sonne im Norden 81, im Sü- den 76--77 Tage ausserhalb des Parallels von 18° ver- weilt, also beinahe ein Vierteljahr hindurch unter den Wendekreisen und in deren Nähe fast im Zenith steht; dass die Tage in diesen Gegenden überdiess länger, folg- lich aus beiden Ursachen wärmer als die wärmsten Tage unterm Aequator sind, — diese Aeusserung der konti- nentalen Natur also verdrängt die wässerigen Nieder- schläge fast gänzlich oder lässt sie nur in untergeordneter — u Bedeutung fortbestehen. Ein anderes Moment findet sich in den Hochebenen. — Leidet Neuholland wesentlich unter dem Einflusse der brennenden Sonnenstrahlen des Wendekreises, Hochasien unter demjenigen der Hoch- ebenen- Natur, so wirken im südlichen Afrika die ver- einten Faktoren beider Einflüsse, und noch wissen wir nicht, ob der dortige Winter dieselben wieder zu para- lysiren die Macht besitzt. Um einen angenäherten Begriff von der ausserordent- lichen Verschiedenheit der über den Kontinenten ruhen- den und entladbaren Quantität Wasserdampfes zu be- kommen, erinnere man sich, dass bei gesättigter At- mosphäre und den oben angeführten Temperaturen der Druck des Dampfes in Afrika 10.6 pariser Linien Südamerika 9.0 h » Neuholland 8.4 5 » Europa 4.1 » > Asien 4.0 » » Nordamerika 2.9 h » beträgt. Nimmt man nun die Menge wirklich vorhan- denen Dampfes in Afrika, Südamerika und Neuholland im Mittel = 0.8 (Jahrb. v. Schuhmacher für 1840. S. 322), für Europa — 0.6, für Asien = 0.5 und für Nordamerika — 0.5 an, wo die letzten zwei Werthe eher zu gross sein dürften, so erhält man die nachste- henden, noch stärker von einander abweichenden Quan- titäten: Afrika — 8.5 Südamerika — 7.2 Neuholland = 6.7 r 4 Europa — 2.5 Asien — 2.0 Nordamerika — 1.4 — 154 — d. h. die Menge des atmosphärischen Niederschlages könnte in Afrika sechs Mal so gross sein, als in Nord- amerika, und vier Mal so gross als in Asien, wenn nicht, wie diess vorzüglich auch in Neuholland der Fall sein wird, die Tropensonne und Hochebenen von grosser Ausdehnung einen hindernden Einfluss ausüben würden. Nach dieser Ueberschau der Massenverhältnisse und ihren Beziehungen unter einander wird es nun an der Zeit sein, das Verhalten der mittleren Temperaturen im Einzelnen, also, in Folge des bei der Rechnung eingeschla- genen Verfahrens, das Verhalten der einzelnen Zonen der Prüfung zu unterwerfen. Aus der unten mitgetheilten Tabelle I. ergibt es sich, dass die Temperatur des Grossen Oceans von 60° —-44° N. die mittlere der zwischenliegenden Zonenstreifen über- steigt (im Maximum um 1°. 61 GC. unter 53° N.), dann bis 5° N. zurückbleibt (im Maximum um 2°.02 GC unter 27° N.), von da bis 15° S. wieder übersteigt (im Maxi- mum um 0°. 96 C unter 5° S.) und endlich von 15° S. bis 56° S. wieder zurückbleibt (im Maximum um 1°.05 G unter 31° S.). Im Süden wie im Norden zeigt sich also ein Streifen von 40° Breite, der den Tropen und den wärmern gemässigten Zonen angehört, mit niedrigerer Temperatur über dem Oceane als über den Land- und Wassermasssen zugleich, während beiderseits in den ho- hen Breiten der Grosse Ocean überwiegt. Wenn Letz- teres wegen der Strömungen des Wassers einleuchtend erscheint, besonders weil es auch im Atlantischen Ocean unter modificirten Umständen der Fall ist, so muss das Ueberwiegen der Kontinentalwärme in den mittlern Brei- ten dagegen um so mehr befremden, als die Strahlung auf den Kontinenten weit kräftiger denn auf dem von geschwängerterer Luft überdeckten Oceane sein muss. Es — 15 — lassen sich jedoch zwei Gründe angeben, welche die Er- niedrigung der Lufttemperatur über dem Oceane in nie- dern Breiten gegenüber der Erhöhung derselben über den Kontinenten erklärlich machen. Während nämlich über dem Lande nur die Atmosphäre zwischen Aequator und Polen vermittelt, so geschieht diess über dem Ocean und durch den Ocean zugleich, und zwar in Letzterm auch im senkrechten Sinne. Die Strömungen des Was- sers in senkrechtem und in meridionalem Sinne bewirken also durch die vollkommnere Ausgleichung die Strö- mungen der Atmosphäre über dem Oceane durch die grössere Geschwindigkeit und Regelmässigkeit (weil hier die Hindernisse der Gebirge und Thäler wegfallen) jenen sanftern Uebergang der Temperaturen, beziehungsweise * die höhere Wärme in den höhern Breiten, und die nied- rigere in den niedern Breiten, welche das oceanische Klima vor dem kontinentalen auszeichnen. Das Ueber- wiegen der oceanischen Lufttemperatur in der Nähe des Aequators endlich dürfte der geringern Raschheit des auf- steigenden Lufistroms, also der langsamern Verflüchtigung gegen die Pole hin zuzuschreiben sein. Die Zone der veränderlichen Winde und der Windstillen ist mit eine Folge der grössern Regelmässigkeit über den Oceanen, und es ist wol zulässig, sie als klimatische Scheidewand zwischen beiden Erdhalbkugeln anzusehen. Verfolgt man auf der, in meterologischer Beziehung genauer bekannten nördlichen Halbkugel (vermittelst Ta- belle 1.) zonenweise das Verhalten der Oceane und Kon- linente einzeln, so zeigt sich zunächst, dass Asien eine mittlere Stelle einnimmt, indem seine niedrigen nördli- chen Temperaturen durch die höhern südlichen aufgewo- gen und in ihrer Gesammtheit zum Mittel sämmtlicher Zonenstreifen umgewandelt sind. Hingegen gibt sich die — 156 — polare Natur Nordamerika’s und die tropische Afrika’s auch bei dieser Auffassungsweise deutlich kund, denn jenes bleibt durchschnittlich 1°.40 C unter, dieses nebst Europa 1°.75 GC über dem Mittel der Zonen. Der Grosse Ocean bleibt nur 0°.53 C hinter dem allgemei- nen Mittel zurück, was den oben berührten Ursachen zugeschrieben werden muss. Auf der Grundlage der Tabellen I und III lassen sich die CGonsequenzen einiger eigenthümlichen Beziehungen verfolgen, von denen bisher noch nicht die Rede war. Auf die einfachste führt folgende Betrachtung. Da der Luftdruck im Meeresniveau sich wesentlich überall gleich- bleibt, so kann man den Aequator als das untere und den Pol als das obere Ende einer Atmosphäre von durch- weg gleicher Dichtigkeit ansehen, die einem Drucke von ‘ mehr als 337 pariser Linien entspricht. Wie nun am obern Ende einer solchen Atmosphäre die Wärmeent- wicklung — 0 wäre, so ist dieselbe an den Polen in den Nachtgleichen und im Jahresmittel gewiss auch nahe — 0; wie ferner in senkrechter Richtung ein fortwährender Wärmeaustausch stattfände, also geschieht es in horizon- talem Sinne. Es wird sich folglich aus der bekannten Höhe einer gleichförmig dichten Atmosphäre von 337% Druck und dem bekannten Temperaturunterschiede zwi- schen Aequator und Polen die Wärmeabnahme in senk- rechter Richtung, die bekanntlich nur in sehr geringem Grade von der Dichtigkeit der Luft abhängt, annähernd finden lassen. Die Höhe einer Atmosphäre von gleich- mässiger Dichtigkeit beträgt für 337 Druck und für + 15°.8 C mittlerer Temperatur (der oben für die ganze Erdoberfläche gefundene Wertb) 4342 und der Tempe- raturunterschied zwischen Aequator und Polen im Mittel + 27°.5C — (— 16°.5C) — 44° GC; folglich entspricht MITTHEILUNGEN DER NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. oN? 24: — August 1848. HA. H. Denzler, Ingenieur, über die Bestimmung der mittlern Temperatur der Erdoberfläche, im Niveau des Meeres. (Vorgelegt den 1. Mai 1848. ) Schluss. einem Grad der hunderttheiligen Skale Wärmeabnahme eine Höhe von 98.7 oder 192%.3. Humboldt glaubte im Mittel 191” annehmen zu müssen (Recueil I. 129 a AR : Ist diese Auffassungsweise zulässig, wofür die schöne Uebereinstimmung der Rechnung mit wirklichen Beob- achtungen spricht, so muss sie es auch in ihren Konse- quenzen noch sein, d. h. sie muss auch zwischen Ae- quator und Polen annähernd richtige Werthe geben. Da nun die Wirkung der Sonne auf einen Punkt des Meri- dians im geraden Verhältniss des Kosinus der Polhöhe steht, so repräsentirt der Unterschied des Kosinus zweier Polhöhen den senkrechten Höhenunterschied für die ent- sprechende Temperaturdifferenz. Bezeichnet daher k die Höhe, welche 1° G Wärmeabnahme entspricht, p die untere und p‘ die höhere Breite, t die mittlere Tempe- ratur im Niveau des Meeres unter der Polhöhe p und U diejenige, welche p‘ entspricht, so ist nach Biot's Bestimmung des Gewichtes der Luft und nach Rudbergs Berechnung ihres Ausdehnungscoeffizienten: — 18 — i +r 4104‘ (cosp — cosp‘) (1 + 0.003665 (>-) t — Aus der Bestimmung für den Grossen Ocean (Tab. I.) ergibt sich mit Hülfe dieser Formel: von 0—30°N. k = 69tis von 0-30 8. k = 64 » 30—60° » k= 85» » 30-60» k= 81» » 60-90° » k = 114» » 60-90°» k=120 » Aus den allgemeinen Werthen (Tab. III.) findet man ver- mittelst der Formel: von 0—30° 1° G Wärmeabnahme auf 86.7 Toisen Höhe ne » 30 BE, 60° » » » » 73. 7; » » » 60-90° , » » »„ 124.6 , » wenn die mittlere Temperatur für 0° = + 27°.50 C, für 30° = + 20°. 60 C, für 60° — — 0°,54 C und für 90° = — 16°.5 C gesetzt wird. Vermittelst der in Tabelle I für Europa und Afrika gegebenen Temperaturen findet man von 30 — 60° N. (Temperaturen = + 23°.38 GC und + 4°.14 C) PC Wärmeabnahme für 82.0 Toisen Höhe, ein Werth, der für 45° Breite am genauesten übereintreffen soll. Schouw fand am Aetna 78teis, Ramond in den Pyre- näen 84‘ und in den Alpen 88‘ Höhe für 1° GC Wärme- abnahme. Eine grosse Reihe von Beobachtungen aus den Alpen ergab 1° G Wärmeabnahme auf 85: Höhe. — Die weitere Verfolgung des Gegenstandes kann nicht Zweck dieser Mittheilung sein. Die mittlere Temperatur der Erdoberfläche im Mee- resniveau fällt sehr nahe auf den Parallel von 38° (im Durchschnitt); folglich haben 62 Hunderttheile der Erd- oberfläche eine höhere und 38 Hunderttheile eine nied- rigere Temperatur. Beträgt die mittlere Temperatur des Planetenraums — 62° C, wie angenommen wird, so — 159 — empfangen die Pole einen Zuschuss von + 45°.5 C. Folglich muss der Aequator ungefähr 10°.5 GC, die Tro- pengegend überhaupt ungefähr 8° G durchschnittlich zur Speisung derjenigen Gegenden abgeben, deren Jahres- wärme hinter der mittlern zurückbleibt, d. h. ohne jene Mittheilung würde die Temperatur des Aequators 38° C betragen können, und die Temperatur des schmelzenden Eises würde in die Nähe des Parallels von 50°, also fast um 10° herabrücken. Dieser Fall ist im östlichen La- brador und im westlichen Sibirien verwirklicht, ‚woran ungünstige Strömungsverhältnisse, nämlich das lokale Ueberwiegen der polaren Winde, schuld sind. Wenig- stens weiss man von Labrador, dass nicht wie in Europa der Südwest, sondern der Nordwest der vorherrschende Wind ist, namentlich im Winter. Wenn, wie anzuneh- men erlaubt sein wird, die Natur in langsamen, aber grossartigen Pulsationen, deren Ursachen nur geahnt werden können, einen Kreislauf der Verhältnisse über die Erde hinwegführt, dann mögen entfernte Jahrhun- derte Zeugen der Befreiung des polaren Amerika’s vom ewigen Bodeneise und vielleicht auch der Urbarwerdung der Wüsten Afrika’s und Syrien’s sein. Ob alsdann Eu- ropa, ob das norwestliche Amerika umgekehrt seine kalte Periode haben werde, ist eine Frage, deren Lösung die Gegenwart mit Interesse entgegensieht. Wer die Natur in ihrem geheimen Treiben belauscht, dem wird es klar werden, dass die Folgen jedes Uebels dessen Heilung notkwendig mit sich führen. Es ist also nicht eine sanguinische Hoffnung, wenn man auch über dem ewigen Bodeneise des polaren Amerika und über dem heissen Staube der Libyschen Wüste in ferner Zukunft eine mildere Sonne aufgehen sieht. Weilt zwar jetzt die heisse Tagessonne und in harter Abwechslung die kühle, — 160 — ja kalte Nacht über dieser grauenvollen Wüstenei, so wird doch der Staub einst in seine Atome zersetzt und aufgelöst und vielleicht dannzumal wieder durch den reichlichen Thau der Nächte in eine feste Kruste ver- wandelt werden, die kein Orkan zerreisst. Und wenn im Laufe mancher Jahrhunderte die magnetischen Nord- pole weite Wanderungen zurückgelegt haben werden, vielleicht, dass dann auch die Kältepole Amerika’s und Asien’s in andere Meridiane versetzt sind? Die Wan- derungen Jener unterliegen keinem Zweifel mehr; sollte nun aber das nahe Zusammentreffen dem blossen Zufall zu verdanken sein, wenn doch der genaue Zusammen- hang der Temperaturen und der magnetischen Oscillatio- nen nachgewiesen ist ? Blickt man von dem Pulsschlage der Temperatur wie- der zurück auf den mächtigen Wärmevorrath, dessen Ausdruck oben mitgetheilt wurde, dann hält es schwer, die Frage zu unterdrücken, ob wol dieser reiche Quell im Laufe kommender Jahrhunderte nicht verarmen, ja versiegen könnte? Hier aber setzt sich der wägende Verstand sein Ziel, und erlaubt sich nur einen Blick auf die Jahrtausende der Vergangenheit, deren Stabilität im Ganzen und Grossen in dieser Beziehung geeignet ist, Beruhigung zu bringen. — Wenn der Verfasser dieser Zeilen auf den Weg hingedeutet hat, der die Gewissheit verschaffen kann, so geschah es in der Hoffnung, dass man wegen der Würdigkeit des Zieles die Mängel dieses ersten Versuches schonend beurtheilen werde. A 9wo1xH "ıJV : 90 “19 — 091% — |egrZ 5; y70% — Izeız ee Kr — get — "ur0 | 'puejloy -naN "uaIsy yosıpay | TIV padoung 647% I1°16 06°67 |srsH 09’97 05GFr y8El GEecr L9’0F «g'6 eL’8 GL 13'9 90'8 96E+ Io "ur990O Jury 0564 gr8l v4), ygWr en’ch 7908 956 98. 959 LE'G 96€ 85% 1e'F yro+ 01ER — Io "eyIl -9WY n ! 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Erhebungs-Krater. Gunung Tengger. ONO.-WSW. Südl. Rand Jopr-ider, 7400° Höchster Punkt: Lem- bung, 8165’. Im nördlichen Rand der höchste Punkt: Penan- jaan, 8000'. Eruptions- oder Central-Krater. Widodarin, ca. 7500% mil zwei erloschenen Kra Ba tern. Bromo, 7080°. tok, 7200*. 1 Ohne Name für's Ganze Krintjing in NO. eirca sternförmig ausgebildet. Längenachse: N.—S. Ohne Name für’s Ganze. Kendang 4—5009 in NW. und N. Pendil, ca. 6000° in S. Rantie, 7800° in SO. Längenachse: WSW. ONO. — Name unbekannt. Das Gebirge von Banglei. Achse von O.-W. 4000°. Höhe in N. bedeutender als in $. | Ohne Name. Ein iso | irter Kegel an der West: ! 8400°. Nicht ring- sondern | seite des Flusses Deluwang circa 8000°. Krater in sei- ner Form noch sehr woh erhalten. Widodarin mil drei Kratern, von dem der Rand des höchsten 7265’. Sie ben andere kleine Krale liegen auf dem Plateau von Gending- Wala zer- | streut. Batur, 5500 Noch thälig und millen in ei- nem See gelegen. Die Kra teröffnung liegt am SSO. Abhange des Kegels. Hauptseitenschlot. -Semiru in $. 11480‘, mil zwei Gipfeln, wovon ler eine gegenwärtig sehr hälig. An der Südseite inler der Spitze drei rau- shende Spalten. EB | | Argopuro in W. 9200°, mil verschiedenen Solfata- ren und erloschenen Kra- ern im Umkreise des Er- | durch he bungskralers. 36 ur Pa aunin W. 9600°. Id- jeng in ©. circa 9000, yeide im Kreise des Er- ebungskraters. » 4 ” Agung in ©. ca. 12000°. Berg ohne Name im Reich T: bonan in W. eirca 3000°%, beide ausser dem örhebungskrater gelegen. 185 Accessorischer Hochland im Gebirge eingeschlossen. | Seitenschlot. | | Lamonga n, ausserdem | Die Sandsee, die sich Erhehungskrater mit dem | als ein Hufeisen um die Tarup zur Seile, 66004, | Centralkraler zieht, 6460‘ nordöstlich vom Hauptge- | s- m. birge und davon getrennt ‚durch den Bergsattel von | Klakka. | | | | | Ringeit.N.O. en] Verschiedene kleinere ‚halb des Hauptgebirges , | 4800° und davon getrennt das Bergjoch von Waringin. Gänzlich gesprengt. Baluran 4890° in N. ©. v. Haupigebirge und durch die Fläche vom Sumber Waru davon geschieden. In N. der Kokosan ca. den ebenfalls gesprungen. Saraja in N. ©. circa 2000‘, vom Ganung Agung durch die Thalrinne von Tjalik geschieden. Ein anderer (ohne Na- men) im Erhebungskrater in W. neben dem Agung gelegen und ebenfalls ge- |sprengt, eirca 4800°. Hochebenen, reichlich mit Wasser versehen. Tagal Deluwang, 6800. Tagal Argo- puro, 8000°. Die Flächen von Ungust- Ungust 5623° und von Ga- nung Walu, umflossen vom Flusse (Sungie) pail. | 4500‘, im Erhebungskra- | B gelegen und im Nor- | Ein Theil des Reiches Bangley, vermuthlich bebaut und in der Mitte mil einem kleinen See. — 156 — J. H. Zollinger. -—- Das Gebiressystem des Idjeng und Raun im östlichen Java. (Mitgetheilt von Hrn. Prof. Moritzi den 5. Juni 1848.) An der Seestrasse von Balie liegt im östlichsten Theile von Java der Ort und Distrikt Banjuwangie. Zwischen ihm und dem westlicher gelegenen Distrikt Bondowosso breitet sich ein vulkanisches Gebirgssystem aus, das von zwei Bergen beherrscht wird, nach welchen wir dasselbe bezeichnen. Das Idjeng und Raun Geb. a. Raun. ‚alla, anne ° Ser N \ mn ZZ c. Kendang. NE (ya, e. Pendil. N‘ She IS Zum N a S> N == k RN g. Idjeng. SE = > NA == S ER h. Widodarin. NS,, SS _Siy4 Sir i. Rantie. ME N7 ZN U _es N k. Ungust-Ungust. ee" L Ganang-Waa SÜNNS m. Sungie Pait. Lg N Idjeng heisst soviel als Wohnung der Engel; Ran- tie, vorzüglich schön; Widodarin, Wohnung der En- gel; Pendil, Berg, der einem Reiskessel ähnlich ist; Kukusan, Berg der einem conischen Reiskochsiebe ähn- lich ist; Sungie pait, bitterer, saurer Fluss; Kendang, kettenartig verlängerter Berg; Suket, Grasberg; Raun, oder Rahun, der hohe und grosse Berg. — 197 — Dazwischen liegt der grasbewachsene Kesselgrund (Ta- gal-an) von Ungup-ungup und Gending Walu, K. Vor dem Kukusan in N. liegt der Baluran, der durch die Thalebene von Sumber-Varu davon geschieden ist. Vor g in N.N.W. liegt das Ringgit-System und insbe- sondere die Raun-Kette durch die Thalenge oder das Flachland von Pradjikan davon geschieden. Vor i liegt in W. und SW. das Jjang-System und insbesondere die Berge Sajing und Krintjing, durch die Thalebene von Bondowosso davon geschieden. In S. verlängert sich der Raun in niedrige Gebirgsketten und zunächst in die Berge Majang und Krikil, jener mehr westlich, dieser mehr östlich und beide gegen die Südküste von Java verlaufend. Das Gebirgs- System des Idjeng und Raun, das wir hier in seinen wichtigern Bestandtheilen und mit seinen nähern und entferntern Umgebungen bezeichnet haben, bildet einen ungeheuern Ring mit einer Längenachse von wenigstens 30 Palen, die in der Richtung von ONO. nach WSW. verlauft und deren Endpunkte der Raun und Id- jeng bilden. Es ist dies einer der grössten Erhebungs- krater auf Java. Ehe wir zur Beschreibung der einzelnen Theile über- gehen, sei es uns erlaubt, einige literarisch -historische Notizen vorauszuschicken. In De Wals indischem Magazin XXII. 1 u. 2 werden zweier Artikel erwähnt, die in einer frühern Epoche im Javanischen Gourant und in den Annales d’hist. nat. erschienen sind. Der erste ist von einem anonymen Verfasser und be- schreibt Reisen, die im Jahr 1789 und 1790 gemacht wurden. Die Beschreibung scheint allzu abenteuerlich und poelisch gehalten zu sein; allein sie ist darum merk- würdig, weil sie die älteste Nachricht von Excursionen nach dem Idjeng- und Raun-Gebirge enthält. — 188 — Der andere Artikel hingegen ist sehr klar und mit grosser Wahrheitsliebe abgefasst, wie man sich jetzt noch leicht überzeugen kann, da mit Ausnahme einiger unrich- tiger Namen die Schilderung auf den Krater das Wido- darin vollkommen passt und nicht nur für sich selbst, sondern auch dafür zeugt, dass der Vulkan seit jener Zeit keine bedeutenden Veränderungen erlitten hat. Dieser Ar- tikel rührt vom französischen Naturforscher Leschenault her, der den Widodarin im Jahr 1805 besuchte und seine Beschreibung erst in den Annales d’histoire naturelle XVIH veröffentlichte. Der Irrthum in den Namen mag vielleicht in einer unrichtigen Auffassung der Aussprache liegen, vielleicht auch in doppelten Benennungen, wie denn z. B. der Idjeng beim Volke in Banjuwangie meist Merapi (Feuerberg) heisst. Hier in Banjuwangie nennt man das ganze Gebirge Idjeng. Denken wir uns auf dem Gipfel des Raun um das Ganze zu übersehen und wenden wir uns nach N., so sehen wir gleich nebenan einen zweiten Gipfel, etwas niedriger als der Raun und vermuthlich auch ein ehema- liger Krater. Die maduresische Bevölkerung an seinem Fusse kennt keinen Namen dafür; die von Benjuwangie hingegen nennt ihn allgemein Gunung Saket. Weiter nach N. folgt eine nech niedrigere Bergkette, von den Inländern mit Recht G. Kendang (Bergkette) genannt. Ihre Richtung ist erst eine nördliche; neben Pradjikan macht sie einen sanften Bogen und wendet sich allmälıg nach O., begrenzt im 8. die ganze Abtheilung Panarukan der Länge nach. Südlich von Kalie Tikus und Assem Bagus ist sie von einer tiefen Schlucht durchbrochen, setzt sich dann aber wieder fort bis an den Gunung Ko- kosan, mit dem sie endigt. Der äussere Abhang -des Gunung Kendang hat eine sehr sanfte Hellung, die kaum MITTHEILUNGEN NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. oN? 26. On August 1848. J. H. Zollinger. — Das Gebirgssytsem des Idjeng und Raun im östlichen Java. (Mitgetheilt von Hrn. Prof. Moritzi den 5. Juni 1848. ) Schluss. 6° betragen kann; sie verläuft sich allmälig in die Ebene im N. Der innere Abhang des Gebirgs hingegen ist viel steiler, lehnt sich mit dem Fusse an die Hochebene im Ringe und bildet mit derselben einen beträchtlichen Winkel. Der Kokosan ist höher als der höchste Punkt der Ken- dang-Kelte (jener 5800’, dieser 7000° hoch). Der Berg scheint ebenfalls gewaltigen Erschütterungen ausgesetzt gewesen zu sein; denn nach N. hat er zwei tiefe Spal- ten, die zwischen sich noch ein Stück einschliessen, das als ein Ueberrest des frühern vollständigen Kegels anzu- sehen ist. So kommt es, dass von N. angesehen der Berg drei Gipfel zu haben scheint. Das System ändert hier seine Richtung. Der Idjeng, der auf den Kokosan folgt, liegt SSO. von letzterm und bildet den östlichen Endpunkt des ganzen Systems. Die südliche Hälfte des Ringes ist weniger vollständig entwickelt; sie geht in ei- ner WSW. Richtung vom Idjeng bis zum Raun. Sie besteht. nicht aus einem ununterbrochenen Gebirgszug wie der des Kendang, sondern aus mehrern Gebirgsstö- cken, die durch hohe Bergjoche von einander geschieden Heft 2. — 10 — sind. Der erste derselben ist der Gunung Rantie, süd- westlich vom Idjeng und etwas niedriger. Er besteht ebenfalls aus zwei Gipfeln und hat nach NO. sehr steile Wände, so dass man fast auf die Vermuthung kommt, dass sich einst Theile davon losgerissen haben müssen, Weiter nach WSW. liegt der noch niedrigere Gunung Pendil, den man wohl von ©. her nicht, aber in W. jenseits des G. Kendang sehen kann. Der G. Pendil lehnt sich in WiS. unmittelbar an den Fuss des Raun an und schliesst hiemit den Ring. Ausserhalb desselben erblicken wir in NNO. vom G. Kokosan noch einen einzeln stehenden Gebirgsstock , den Gunung Baluran, von vielen fälschlich G. Sedano genannt. Die inländische Bevölkerung kennt diesen letztern Namen gar nicht; sie nennt den Berg entweder, wie wir angege- ben , Baluran, oder Telaga Wurung. Der erste Namen wird von den Anwohnern gebraucht und vorzüglich dann, wann der Berg ungetheilt erscheint, was in SO., S., oder SW. der Fall ist. Der zweite wird vorzüglich von Seeleuten und dann gebraucht, wann der Berg von NO., N, oder NW. gesehen wird. Es ist dies ein sehr merkwürdiger Umstand, der einen Fingerzeig über die frühere Geschichte des Bergs enthält. Telaga Wurung soll nämlich bezeich- nen: etwas, das im Begriff war ein See zu werden, oder ein See sein könnte, aber nicht geworden ist, oder nicht ist. Der Berg nun ist die Basis eines grossen Kegels und mag früher höher gewesen sein oder selbst wirklich einen vollkommenen Kegel gebildet haben. Sein Gipfel oder oberer Theil scheint eingestürzt zu sein. Jedenfalls ist der Ring, den der Berg ursprünglich oder nach man- nigfachen Umwandlungen bildete, gegenwärtig im N. durch- brochen und zwar gerade so wie der Kokosan. Zwei tiefe Spalten schliessen nämlich ein drittes Stück ein, — MM — dessen Aussenwand nicht mit Wald sondern nur mit Grä- sern bewachsen und zugleich viel steiler ist als die übri- gen äussern Abhänge des Berges. Aus diesen Zuständen zusammengenommen geht die Vermuthung hervor, dass der isolirte Gebirgskeil von innen emporgehoben wurde, wogegen an seinem äussern Fusse das Terrain sich senkte. Wie dem auch sei, das Innere des Berges ist ein tiefer Kessel mit beinahe senkrechten doch noch freudig be- grünten Wänden. Möglich, dass einst in diesem Kessel ein See sich befand, ehe der Ring durchbrochen wurde; möglich auch, dass sich in der Regenzeit daselbst Was- ser ansammelt und im Sommer verschwindet, oder dass, wenn dies jetzt nicht mehr statt findet, es einst statt ge- funden hat. Genug, mir scheint dass der Name auf ehe- maliges Bilden und Verschwinden eines kleinen Sees hin- weist. Der Baluran hat, wie alle isolirten Vor-Vulkane, im O. eine andere Vegetation als das Hauptgebirge. Tjo- morro-Bäume (Casuarino) finden sich in seinen Wäldern wicht, dagegen eine Species eines Neu-Holländischen Far- rengeschlechts, die Doodya dives Kze. Auch rund um den Fuss ist eine sehr charakteristische Vegetation, die gänzlich von der Javanischen Ebene verschieden ist. Auf der nördlichen Seite besteht der Boden gänzlich aus vul- kanischem schwarzem Schutte in unregelmässigen Haufen aufgethürmt. Die Vertiefungen zwischen diesen Haufen sind mühsam zu durchziehen. Dieser nämliche Schutt bildet längs der Küste eine steile Wand, die in ihren äussersten Spitzen das wahre Vorgebirge Sedano, einige Palen vom Baluran entfernt, darstellt. Wenn man im Juli an dieser Gegend vorüberschifft, gewährt sie einen eigenen Anblick. Der Berg ist mit grünen Wäldern be- kleidet; nur der mittlere Gipfel ist mit verbleichten Grä- Ze sern bewachsen. Davor bis zum Meere dehnt sich das wasserlose Schuttland aus, auf dem alle Vegetation durch die Hitze versengt oder durch Zuthun der Menschen ab- gebrannt ist. An der Küste zieht sich die schwarze Mauer verhärteter Lava und ausgeworfener Felsblöcke hin und bildet einen schönen Gontrast mit dem milch- weissen Schaum der Brandung; zwischen beiden ist ein grüner Streifen von Strandpflanzen. Aus dem blauen Gewässer der See erhebt sich noch ein anderer weisser Kreis von grösserer Ausdehnung: er ist das Resultat der im Stillen waltenden Macht des Lebens, die, wiewohl durch kleine Geschöpfe wirkend, Grosses ausführt. Es ist der weisse Kalk lebender oder abgestorbener Polypen- stöcke, die schon manchen Theil des Meeres in eine kleine Bai, oder in einen Hafen oder in eine Lagune verwandelt haben. Kehren wir jedoch zurück zur Uebersicht des Haupt- gebirges und denken wir uns abermals auf unserm Stand- ort, dem Gipfel des Raun. Wir sehen dann, dass west- lich vom Idjeng sich ein Krater erhebt, der Widodaring und dass vor demselben nach NW. noch zwei ehemalige Krater stehen. Aus dem Krater des Widodarin strömt der Kalie oder Sungie Pahit, windet sich in einem Vier- telskreise um den Fuss der angegebenen drei Krater, durchfliesst in vielen Krümmungen das Hochland, wen- det sich allmälig nach N. und stürzt sich endlich durch eine enge tiefe Schlucht des Gunung Kendang in das Tiefland von Panarukan. Zwischen dem Rantie und Widodarin beginnt das Hoch- land das System und in der Ecke zwischen dem Raun und Suket endigt es. Jene Flächen, die im ©. des Sun- gie Pahit sich um Idjeng, Rantie und Widodarin ziehen, heissen Ungust- Ungust. Das Hochland kann eigentlich = 18 = nicht eine wahre Hochebene genannt werden, da es aus einem welligen Terrain besteht, wo sich nicht nur einige abgerundete Hügel neben tiefen Rinnen, sondern, wie wir noch sehen werden, selbst kleinere vulkanische Kegel erheben. Fast überall ist das Land mit Gras bewachsen und nur in den Thalrinnen hausen die düstern Casuarinen. Westlich vom Ungust-Ungust sind zwei kreisförmige Ver- tiefungen, kleine Flächen, deren Boden aus weissem Sand besteht und wahrscheinlich ehemalige Kratergründe sind. Sie heissen Lebo agung und Telaga Wero und liegen am NW. Fuss des Berges Rantie. Der Wall, der sie ringförmig umgibt, ist nicht sehr hoch. In der süd- westlichen Ecke des Hochlands endlich liegen 6 oder 7 kleine Kegel, die immer kesselförmig vertieft und daher einst wohl Eruptions- Krater gewesen sind. Der östlichste derselben heisst mit dem umliegenden Terrain Gending Walu; bier ist eine Onelle, die das ganze Jahr hindurch Wasser hat, weshalb sich gewöhnlich die Jäger des Re- genten hier aufhalten. Diese vielen kleinen Krater nebst dem gegenwärtigen und den frühern des Widodarin müs- sen wir als die Eruptions- und Centralkrater des Ge- birgs ansehen. Statt sich einen oder wenige Auswege zu verschaffen und einen oder wenige aber beträchtliche Kegel zu bilden, hat das unterirdische Feuer im Anfange hier sich viele und weniger grosse Ausgänge gesucht und dabei eine Menge kleiner Kegel gebildet. Es ist be- merkenswerth und zugleich auch natürlich, dass diejeni- gen Krater, die am frühesten erloschen, auch die klein- sten sind und umgekehrt, die am längsten thätigen auch die grössten. Der höchste aus ihnen allen ist der Wido- darin, der jetzt noch rauchende Solfataren hat. Wir schliessen mit den Höhenangaben der verschie- denen Punkte des Rann-Idjeng-Systems und verweisen - — 1% — in Bezug auf andere naturhistorische und geographichse Details auf die Beschreibung der beiden Reisen, die wir dahin gemacht haben. Die Höhen von Hi. Melwill sind trigonometrisch , die von Zollinger mit Hülfe des kochenden Wassers und die der übrigen Beobachter barometrisch gefunden worden. Pakkis-an am Raun . . . . . 1428 Junghuhn. Pondok Summur am Raun . . 5412 » Ardisaharie ibid.e. . . 2: .2....2500 » N. Rand des Raun . . . .... 9600 ” Pradjikan . . 253 » Höchster Punkt äh 6. Kaddang: 5800 ’ Höchster Punkt des Kokosan . 7000 Baluranı u: Stall ni enaltagin ak are Zallinger. id. 2 2 enrenet AaMelvih: Ungust - ara shimrsilenn ar A62Adangh, id. sh nike wein 5er m ger, Widodarin . . 6600 Leschenault, Höchster Blog nn Widoda- rin SSW. vom See . . . . 7218 Zollinger. id. laran.s ku sn ran ungh: id. a al Mer ne 1238. Van den Mus Ranlie . 222 2020202000» 8507 Zollinger. Idjeng + 0» 2 nn 1 00: 9399, Zollinger. id. } 9426 Melvill. Sungie Pahit irn am Diesel 5150 Jungh. Die zwei hier folgenden Reisebeschreibungen können als geographische Ergänzung des Artikels » Gebirgs-Sy- stem vom Idjeng und Raun “ angesehen werden, indem wir dort blos die orographischen Umrisse, hier aber mehr die Einzelheiten der Cultur, Pilanzenbedeckung und to- pographischen Beschaffenheit geben. — 195 — Die erste Reise trat ich von Banjuwangie aus den 20. April an. Von diesem Ort geht es zunächst nach Litjin. Nicht weit von hier durchritt ich mit meinem Begleiter, Hr. Dr. E., vier Bäche oder Flüsse und tra- ten dann in den Bambugürtel ein, der bis etwa 3000 Fuss Höhe geht. Vier Palen von Litjin steht am Wege eine Hütte, in der sich beständig 5 Mann aufhalten. Sie haben zu wachen, dass keine Sträflinge nach dieser Seite hin entwischen. Der Platz heisst Sodong, so wie auch der nebenan fliessende Bach im Trachytbette. Der Weg war im allgemeinen nicht besonders steil und für Pferde fast überall zugänglich. Die Bambu-Region fand ich reich an Erd-Orchideen und Blutegeln!). Höher bis etwa 4000 Fuss folgte der Rottang- und Pinanga-Gürtel (Pinang -ranti und Henjawas) und weiter oben traten wir in die Laubholzwaldung. Am Kalie Linu zeigten sich schon Vorboten der Alpen-Vegetation, so ein einzelnes Rhododendron javanicum, die Myriactis pilosa Bl. Noch höher an einer tiefen Schlucht trat sie noch bestimmter, wiewohl nach dem Klima modifieirt, auf. Eurya, Glei- chenia, Pieris aurita und Gautiera sind hier die Reprä- sentanten der alpinen Vegetation Europas. Auf dem Ta- gal-an von Ungust-Ungust (5623 nach Junghuhn) ver- schwanden, mit Ausnahme der gedachten Pteris, auch diese und machten einem niedrigen Grase Platz2), auf das zierliche Gasuarinen-Gruppen ihren leichten Schatten warfen. Auf dieser Hochebene streifen auch Hirsche, Kidang und Tiger herum. Jetzt sind sie jedoch seltener 1) Man triflt auf Java an vielen Stellen diese Thiere an, na- menllich auf dem feuchten Boden am untern Theil der Berge. Sie setzen sich Menschen und Thieren an die Füsse und belästigen be- sonders die baarfussgehenden Javanen. 2) Das noch nicht bestimmt ist. — 1% — geworden, seitdem der Regent seine Jäger fleissig aus- schickt. Auch ein Gemüsegarten war auf Ungust-Un- gust, der aber bald verlassen wurde, weil die Gase des Kraters das Gemüse tödeten (si fabula vera, und die Er- zäblung nicht eine Ausrede der faulen Javanen ist, um nicht mehr ins Gebirge gehen zu müssen). Hier ist ei- gentlich blos das östliche Ende der Hochebene dieses Ge- birgssystem und der übrige Theil zieht sich als eine Thal- ebene zwischen dem Idjeng und Rantie durch, um sich nach W. am Widodarin vorbei und nach N. bis an den Gunung Kendang etwa 10 Palen weit auszubreiten. Es ist schon bemerkt worden, dass dieses Hochland ganz und gar nicht eben ist und demnach den Namen Ebene kaum verdient und wir fügen hier noch bei, dass die Vegetation auch keineswegs gleichmässig ist. Der ebene Theil ist fast nur mit Gras bewachsen; der Wald findet sich mehr um den hügeligen Theil und in den Thalgründen. Der Rantie bietet wenig merkwürdiges dar. Ich beklomm ihn in sebr kurzer Zeit und sah von der NO. Spitze von Zeit zu Zeit, wenn die vorüberziehenden Wolken es erlaubten, Schiffe, die durch die Strasse von Balie segeln. Der Gipfel des Rantie ist entzwei gespalten. Auch in botanischer Beziehung liefert er wenig; nur ist mir eine Guscuta aufgefallen. Der Sungie pait kommt aus dem Krater des Wi- dodarin durch einen unterirdischen Abfluss. Gas ent- wickelt sich nicht sichtbar aus dem Wasser, das sehr helle ist, unbedeutend schwefelig riecht und säuerlich schmeckt. An seinem Ufer bemerkt man überall Vege- talion, so weit dies mechanisch möglich ist. Es muss also der Fluss eine ganz andere Beschaffenheit gehabt haben, wenn es wahr sein sollte, dass er die Vegetation an seinem Ufer getödet hat, oder der Bericht muss auf — MN — unrichtigen Beobachtungen beruhen, was wir einstweilen als das viel wahrscheinlichere annehmen wollen. Eine merkwürdige Erscheinung ist die Schwefelschlacke, die auf den höhern Ufern des Flusses aufgeschwemmt liegt. Dieselbe ist schmutzig hellgrün, blasig, brüchig und leicht; sie brennt mit blauer Flamme und verbreitet dabei den Schwefelgeruch. Das Vorkommen dieser Schla- cke an den erhöhten Stellen des Ufers erkläre ich mir folgendermassen: Der See des Kraters hat vielleicht von Zeit zu Zeit einen höhern Wasserstand und mag biswei- len sein Wasser über den Damm ergiessen, indem es nach unten nicht genugsam Abfluss hat. Beim Anschwel- len des Sees wird die leichte Schlacke von den Krater- wänden weggespült und mit dem Ueberwasser nach un- ten fortgerissen, wo sie sich in Folge des höhern Was- serstandes auf den erhöhten Stellen ablagert!). Der Widodarin als Krater ist in Leschenaults Ar- tikel sehr gut beschrieben, nur spricht er unrichtiger- weise vom Jdjeng statt vom Widodarin. Der Rand ist fast immer scharf, doch so, dass man gemächlich darauf wandeln und stehen kann. Im Westen, wo der Sungie pait ausströmt, ist er am niedrigsten. Die südwestliche und östliche Seite gehen senkrecht nach innen ab; in NO. hingegen ist noch eine Art Vorkessel, der flacher ist und in den man hinuntersteigen kann. Jedoch ist auch hier 1) Der Reisende nimmt dabei noch an, dass die Schwefel- sehlacke in Schaumgestalt auf dem Wasser schwimme und sich beim Ablagern erbärte. Es scheint jedoch, dass die Porosität die- ser Masse sich eher durch Einwirken von Feuer in Verbindung mit Dämpfen erklären lässt, wodurch sie vor dem Schwemmen schon leicht geworden. Beim Verhärten des supponirten Schaums musste das Wasser verdunsten und die Masse zerfallen. Das hier wirkende Agens dürfte vielleicht das gleiche sein, das aus dem compakten Obsidian porosen Bimsstein macht. — 18 — noch ein senkrechtes Stück von ungefähr 30 Fuss Höhe, das den Zugang an den See unmöglich macht. In dieser Östecke sind die noch rauchen- b den Solfataren des Berges an der senkrechten Wand bei a. In dem flachern Kesseltheile bei b sammelte ich sehr schöne Schwefelkrystalle und einen groben Bimsstein von schmu- zig graugelber Farbe. In NO. bei e sieht ein Felsstück aus dem Wasser heraus, das vermuthlich von den Wän- den herabgestürzt ist. In ©. hängt der Widodarin unmittelbar mit dem Id- jeng zusammen, von dem er nicht durch eine Kluft, sondern durch einen ebenen, schmalen, sandigen Streifen geschieden ist. Nach NW. liegen noch zwei ältere, gänz- lich untbätige Krater, für die die Einwohner keine be- sondere Namen haben. Der erste hat seinen sandigen Kratergrund noch nicht ganz mit Gras bedeckt, wohl aber der zweite; der erste hat keinen vollständigen Kes- selrand, sondern ist im Norden offen; der zweite hinge- gen ist noch ein vollkommener Ring. Beide liegen tiefer als der Widodarin. Das Feuer muss also von NW. nach SO. geschritten sein. In SW. erkennt man deutlich, dass der Rantie in N. 1. W., der Pendil in N. 1. W. und der Suket in N. 1. O. einen kleinen Kraterkegel am Fusse vor sich liegen haben. Vier bis fünf andere klei- nere ähnliche Kegel liegen noch in der Westecke des Hochlandes isolirt. Meine zweite Reise in dieses Gebirge galt dem Idjeng. Da dieser Berg noch von Niemandem vor mir bestiegen wor- den, so musste ich darauf Bedacht nehmen einen Fusspfad im Gestrüppe aushauen zu lassen. Ich hatte zu dem Zwecke acht Tage vorher Leute hieher beordert und diese hat- - mw.> ten Mühe gehabt in den acht Tagen damit zu Ende zu kommen, Von Litjing ging es über Sodong bis zum Djurang dalan denselben Weg, den ich verfolgt hatte als ich nach Ungust-Ungust zog. Dann musste ich plötz- lich rechts gegen den Berg ansteigen, wo der neu gemachte Pfad durch grosses Glaga (Gramineen) und weiter hin durch dicht verschlungene Farren (Gleichenia und Pteris) zog. In einer Höhe von ungefähr 6000 hatte man eine Hütte für mich zurecht gemacht, die mir als Schlafzelt dienen sollte, wenn ich nicht weiter kommen konnte. Am 29. Mai des Morgens frühe setzte ich den Weg nach dem Gipfel fort. Erst war es sehr beschwerlich weiter zu kommen, denn überall trafen wir auf umge- worfene, zum Theil schon verfaulte Baumstämme. Nur hie und da stand eine riesige Casuarina als Ueberbleibsel der früheren Vegetation und zwischen ihnen wohl auch schon einige Aufkömmlinge einer neuen Generation, eine Dodonaes triquetra, eine Acacia vulcanica, eine Tetran- thera citrata. Alle halb und ganz umgeworfenen Stämme lagen in der gleichen Richtung mit ihren Gipfeln nach Osten. Es sah aus als ob Jemand hier den Wald hätte ausrotteu wollen und alle Bäume gewissenhaft nach der- selben Seite gefällt; nur konnte man an den gebroche- nen und theilweise mit der Wurzel aus dem Boden ge- hobenen Stämmen leicht sehen, dass von einem Fällen mit der Axt hier nicht die Rede sein kann, wenn man auch sonst nicht wüsste, dass in Java in dieser Höhe kein Holz gesucht wird. Aehnliches sieht man am Wi- dodarin, jedoch nicht in gleicher Ausdehnung und auch am Gede gegen den Pangerango hin, wo die Bäume un- regelmässiger liegen und mit der Krone nach unten ge- richtet. Die beiden Naturforscher Hasskarl und Jung- huhn haben das Phänomen an dieser letztern Stelle — 200 — beobachtet, weichen aber in ihrer Erklärungsweise sehr von einander ab. Während Ersterer annimmt, dass eine Gas-Entwicklung aus dem Krater des Ged& die Ursache der Erscheinung sei, glaubt Letzterer ein Rutschen des Bodens, ähnlich der Gletscherbewegung annehmen zu müssen. Am Idjeng sind sicher die Bäume nicht durch Schiebung der Lava umgefällt worden und ebenso wenig durch den Druck der Asche. Wodurch aber? Fast möchte ich mit Hasskarl Luftdruck zu Hülfe nehmen, !) zumal die Gegend fast im gleichen Niveau mit dem nahe- liegenden Krater des Widodarin liegt. Ich hatte wohl mehr als zwei Stunden zu steigen ehe ich mich über das Baumlabyrinth wegearbeitet hatte. Hö- her wurde das Steigen viel leichter, obschon kein Weg mehr gebahnt und der Abhang des Berges steiler war. Es traten nur noch kleinere Farren, Gräser und Kräu- -ter auf und von Sträuchern die zerbrechliche Anaphalis criscida DC., übrigens bis zum Gipfel keine einzige neue Pflanze. Um halb eilf Uhr kam ich oben an und liess gleich Wasser kochen. Es erreichte eine Temperatur (unkorrigirt) von 198,5F bei 14,5°C Wärme der freien Luft. Eine herrliche Aussicht belohnte meine Anstren- gungen. Pulo Menjangan lag in ©. t. S. dicht bei Ba- lie und war, wie die Nordküste des letztern sehr deut- lich zu sehen. Die zwei Gipfel des Rantie lagen SW., der Pendil WSW., der Raun W. t. S., der Suket W., der Smirn W. 4° N., der Tengger-Mittelpunkt W. 10° N., der Argopuro mit seiner blendend weissen Solfatara WNW. 10° N. Auch den Krintzjing konnte ich vor 1) Wie wäre es, wenn man ganz einfach die atmosphärische Luft hier walten liesse, die bekanntlich in jenen Gegenden sich zu gewaltsamen Stürmen in Bewegung setzt? = MS letztereu durch die Tinten unterscheiden. Der Ringgit erhob seine Zähne NW. 10° N., den Krater des Wido- darin hatte ich zu meinen Füssen und ich konnte selbst einen Theil des Sees sehen. Ich stand auf einer Höhe von mehr als 9000, auf einem sehr berühmten Berge, den jedoch weder Javaner noch Europäer zuvor bestie- gen. Merkwürdiger noch, als was ich in der Ferne sah, war die unmittelbare Umgebung unter und neben mir. Der Gipfel des Berges hat nämlich ein bedeutender Um- fang und wird durch 2 (vielleicht 3%) ausgebrannte Kra- ter eingenommen: einen grössern östlich und einen we- nig kleinern westlich, hinter dem ich einen noch klei- nern dritten vermuthe. Diese zwei Krater sind ziemlich tief und ringsum mit fast senkrechten Wänden eingeschlos- sen; nur die Wände des oben bewachsenen Zwischen- walls sind weniger steil. Auch ibr Ring ist innen und aussen dicht bewachsen, meist mit Acacia vulcanica; derselbe ist nahezu kreisförmig. Der Boden beider ist vollkommen eben; doch muss das Niveau des westlichen etwas höher liegen. Alle Wände des ganzen Idjeng -Gipfels bestehen aus einer Mischung von Sand und Asche, die sich zu einem bröckelnden Gestein verhärtet haben. Mit Ausnahme des Bodens der beiden Krater ist alles bewachsen und die vorzüglichsten Species sind nächst der schon genannten Accacia Polygonum corymbosum, Imperata, Scleriae sp. und einige Farren. Der Berg hat oben einen Einschnitt und von ihm aus verläuft eine tiefe Kluft, die bis fast an den Fuss hinunterreicht. Vielleicht ist von dieser Stelle aus das Tiefland von Banjuwangie verschüttet worden; wenigstens scheint das Getrümmer nicht aus dem Widodarin gekommen zu sein, weil dasselbe in diesem Falle über die Rippen und Rinnen hätte fallen — 202 — und geschoben werden müssen. Die Rinnen wären da- bei ausgefüllt worden, was aber nicht ist. Zudem liegt der Widodarin, von Banjuwangie aus gesehen, hinter dem Idjeng und einige Palen weiter ab als dieser. Die Länge der östlichen Kawa mochte ich auf 3000 und die höchste Breite auf 2000° anschlagen; die Länge der west- lichen auf 2800 und die Breite auf 1800”. — Am 29. Mai Abends war ich wieder auf Litjin zurück. Den Gunung Kokosan, der nördlich von dem Idjeng liegt, habe ich nicht bestiegen. Ich schätze ihn kaum auf 6000° Höhe. Sein Gipfel ist sehr zerstückt und seine Seiten sehr zerrissen. Nach N. sei eine sehr tiefe Kluft, wie die des Tjappus am Salak. Am 31. Mai verliess ich in der Nacht Banjuwangie und segelte mit einer Kreuzprauw wieder rück- d. i. westwärts. Bei Sonnenaufgang kamen wir in die Nähe des Cap Sindano. Der Inländer kennt diesen Namen nicht. Der Berg, an dessen Fuss das genannte Vorge- birge liegt, wird im Innern Baluran und von der See her Telaga Wurung genannt. Der Name Sindano muss von Europäern oder andern Fremden herrühren. Die- ses Vorgebirge ist nicht sehr hoch und wird durch die Rippen, die vom Baluran herunter laufen, gebildet. Es ist als ob sich einst unzählige Ströme aus dem Baluran er- gossen, die sich in der Ebene verflacht und vereinigt und dann plötzlich stillgestanden und sich verhärtet hätten. Wir hätten bei Kalie tikus landen sollen; allein der Jura- gan der Prauw, der die Küste nicht kannte , setzte mich östlicher, im Fischerdorf Kembang Saharie, an’s Land. Das Land um dieses Dorf herum ist eben und wie fast die ganze Abtheilung Panarukan in der trocknen Jahreszeit staubig, die Flüsse ausgetrocknet und die Ve- getation versengt. Der Sand des Bodens wird dann durch —-— 203 — die heftigen SO.-Winde aufgejagt und daher kommt es wol, dass hier viele Menschen entzündete Augen haben. Cultivirt wird vorzüglich Baumwolle, Ricinus für Oel und Mais. Nachdem ich einen Tag in Situbondo ausgerubt hatte, begab ich mich am 3. Juni nach Pradjukan. Hier besteht der Boden aus regellosen Haufen von vulkani- schem Schutt, an dessen Oberfläche die Vegetation auch versengt war. Wahrscheinlich kommt dieses Getrümmer von dem in NW. liegenden Ringgit. Der Distrikt pro- ducirt sehr wenig Kaffee, dagegen mehr Indigo und et- was Zimmt. Die Pflanzung des letztern liegt dicht beim Hauptorte und besteht aus 70000 Bäumen, die letztes Jahr 1500 Pfund Zimmt geliefert haben. Den 4. Juni kam ich in Bondowosso an. Distanzen: Von Kembang Saharie bis Kali Tikus + 7 Palen. Von Kal-Tikus bis Situ Bondo { 9 zei Von Situ Bondo bis Pradjikan 7 » Von Pradjikan bis Bondowosso 17 y Von Bondowosso bis Djember ; 22 » Von Bondowosso bis Pakkisan 12 “ Von Ardi Salarie bis Raungipfel 13 " Vom Raungipfel bis Bondowosso . SPrTT. > nr Von Bondowosso bis Ma&san . ’ 1 91% „ Von Maesan bis zum Krintjing-Gipfl . 14% „ Vom Krintjing bis Dagal-an Deluwang . 15 “ Von Dagal-Deluwang bis Argopuro ug KO sj Von Dagal-Deluwang bis Taman Korsi . 12 - Von Taman Korsi bis Waringin 8 5 Von Waringin bis Bondowosso zo ef $ Von Bondowosso bis Besukie i u A 3 Von Besukie bis Probolingo . 5 40 0 Von Probolingo bis Surabaja . ...60 » — 204 — Dr. Ed. Schweizer, qualitative Analyse des Wassers von dem Sungie pait oder bit- tern Fluss auf Java. ( Vorgetragen den 15. Juni 1848.) Das analysirte Wasser aus dem in der vorigen Notiz erwähnten Sungie pait war ursprünglich in zwei Krügen enthalten, die aber beide auf der Winterreise von Hol- land nach der Schweiz zersprangen. Das Wasser ist der aus dem Eise gewonnene Ueberrest des ganzen Vorrathes und hat daher wahrscheinlich einen grossen Theil seines Gehaltes an fremdartigen Stoffen verloren. Da indessen, anzunehmen ist, dass das zurückgebliebene Eis von allen Bestandtheilen, wenn auch nur eine kleine Menge, in sich schloss, so wird die Analyse desselben dennoch Aufschluss über die qualitative Beschaffenheit des Wassers ertheilen. Das analysirte Wasser zeigte keinen besondern Geschmack und Geruch und reagirte nicht im geringsten sauer auf Lakmuspapier. Seine Menge betrug 89,330 Gr., welche nach dem Abdampfen 0,030 Gr. feste Bestandtheile zurückliessen. Dieser feste Rückstand bestand aus: Schwefelsaurem Kalk, Schwefelsaurem Natron, Chlormagnium, Kohlensaurem Kalk, Koblensaures Magnesia, Thonerde, Die Menge der Sehwefelsäuren betrug 0,017 Gr., die Menge des als Gyps in dem Wasser enthaltenen Kalks 0,010 Gr. und diejenige des Chlors 0,001 Gr. — Eine Reaction auf Jod gab ein negatives Resultat. — Der Hauptbestandtheil des Wassers von dem bittern — Men Flusse, ist also schwefelsaurer Kalk. Dasselbe ent- hält keine freie Schwefelsäure, was hingegen bei Gewäs- sern ähnlichen Ursprungs der Insel Java der Fall ist. So befindet sich ebenfalls im Idjengebirge in der Pro- vinz Bangu-wangie im Innern einer Solfatara ein soge- nannter Schwefelsäurensee, der nach Vauquelin: Schwefel- säure, schweflige Säure, Salzsäure, schwefelsaure Thon- erde, Spuren von Schwefel, Alaun, Gyps und Eisenvi- triol enthält. Auch im Krater des Patuha und auf dem Berge Telaga Bodas kommen nach Reinwardt solche Schwe- felsäurenseen vor. In Beziehung auf den Kratersee des Telaga Bodas sind jedoch die Angaben sehr verschieden. Während behauptet wird dieser See enthalte eine so grosse Menge von Schwefelsäure, dass hineingefallene, organi- sche Substanzen schnell verkohlt würden, während nach Prof. Boon Hecsch das Wasser des Sees eine solche Schwefelsäure und schweflige Säure enthält, dass die Steine und das Ufer davon zerfressen werden und dem- zufolge einstürzten, fand Waitz in Batavia keine Schwe- felsäure, sondern nur eine alkalische Schwefelverbindung darin, aus der sich durch theilweise Zersetzung, Schwe- felwasserstoff und schweflige Säure (jedoch nur in ge- ringer Menge) und unterschwefligsaures Natron gebildet hatten: in den meisten dieser Kraterseen finden bedeutende Schwefelwasserstoffgas - Exhalalionen statt, welche wohl einen wesentlichen Antheil an der Erzeugung der Schwe- felsäure haben. Dass sich unter gewissen Umständen Schwefelwasserstoff direct in Schwefelsäure umwandeln kann, hat neulich Du- mas durch interessante Beobachtungen und Versuche dar- gethan. In den Schwefelbädern von Aix in Savoyen wer- den die aus Kalkstein verfertigten Wände der Badezim- — 206 — mer sehr bald mit Gypskrystallen bedeckt und die Lein- wandvorhänge mit Schwefelsäure imprägnirt, so dass letz- tere, wenn sie nicht öfters gewaschen werden, endlich ganz zerfallen. Da weder das Wasser von Aix, noch dessen Dampf Schwefelsäure enthält, so muss sich diese also aus dem Schwefelwassertoff bilden. Leitet man nach Dumas bei einer Temperatur von 40 —50° ein Gemenge von Luft und Schwefelwasserstoffgas durch eine Röhre, die mit feuchter Leinwand oder einem andern porösen Kör- per gefüllt ist, so bildet sich Schwefelsäure; nebenbei entsteht keine Spur von schwefliger Säure und ebenso scheidet sich kein Schwefel aus. Die gleiche Umwandlung des Schwefelwasserstoffs in Sehwefelsäure findet auch bei den Fumarolen in Toscana Statt. Die Dämpfe die aus diesen Fumarolen ausströmen, enthalten keine Schwefelsäure, sondern nur etwas Schwe- felwasserstoff; dennoch bilden sie, wenn sie mit dem kalkhaltigen Boden in Berührung kommen, schwefelsauren Kalk. Auf gleiche Weise möchte nun auch die Bildung des schwefelsauren Kalks und der übrigen schwefelsauren Salze in dem See, aus welchem der Sungie pait entspringt, zu erklären sein. ” Prof. Hermann Meyer, über die Entwicklung der inneren Geschlechtstheile bei den Le- pidopteren. ( Vorgetragen den 2. Juli 1848.) Herr Meyer trug der Gesellschaft die Ergebnisse sei- ner nächstens weitläufiger bekannt zu machenden Unter- suchungen über die Entwicklung des Hoden und der Eierstöcke bei den Lepidopteren vor. Die Entwieklung = mw —ı dieser Theile ist in der Raupe zu erforschen. In der Puppe ist die Entwicklung schon zu weit vorgeschritten. Lyonnet kannte den Hoden bei der Raupe von Cossus ligniperda als »corps reniforme«, er kannte ihn aber nicht als Hoden. Die bekannten Untersuchungen von Herold vom Jahre 1815 sind die einzigen hieher einschlagenden der neueren Zeit. Sie leiden aber an grossen Mängeln in Bezug auf Darstellungsmethode und auf Untersuchung der Einzelheiten, welche Mängel theilweise in dem man- gelhaften Gebrauche des Mikroskopes ihren Grund fin- den. Siebold und Kölliker konnten keine Belehrung über die Entwieklung der Samenfaden bei den Lepidop- teren finden. Sie suchten solche beim ausgebildeten Schmetterlinge, während die Entwicklung der Samen- faden schon lange vor der Einpuppung in der Raupe vollendet ist. Auch die Entwicklung der Eier kann nur in der Raupe studirt werden. Hrn. Meyer’s Untersuchungen sind angestellt an den Raupen von Liparis auriflua, Gastropacha quercifolia , Saturnia carpini, Bombyx mori, hauptsächlich aber an denjenigen von Hyponomeuta evonymellus. Gestaltung und Entwicklung des Fettkörpers. Der Fettkörper der Insekten und Arachniden wird aus einer grossen Menge einzelner flacher, meist vielzipfeli- ger Lappen gebildet; diese Lappen sind mit Fetttropfen erfüllte Schläuche von strukturloser Wandung. Jeder solche Schlauch ist ursprünglich eine einfache Zelle mit grossem wandständigem Kern. In dieser Zelle la- gern sich die Fetttropfen unmittelbar ab, (z. B. bei Syr- phus) oder, was meistens der Fall zu sein scheint, es entstehen kernhaltige Zellen als Tochterzellen, diese bil- den die Fetttropfen als ihren Inhalt, und lösen sich dann auf, wobei das Fett frei wird und den Raum der — 208 — Mutterzelle (des Fettkörperschlauches) erfüllt. In einer Raupe der Saturnia carpini konnte dieser letztere Pro- zess unmittelbar erkannt werden. Bei andern Raupen wurde er deutlich aus dem Verhalten des Fettkörpers in verschiedenen Altern. An Arachniden (z. B. Tegena- ria) findet man das Fett noch meistens in den Tochter- zellen und diese in der grossen Mutterzelle (dem Fett- körperschlauche) eingeschlossen. Neben einander lie- gende Fettzellen haben oft Fett verschiedener Farbe. Anmerkung. Die Tracheen entstehen nach Hrn. Meyer’s Un- tersuchungen aus Zellen, welche den ursprünglichen Zel- len des Fettkörpers ganz gleich sein müssen. Sie entslehen wenigstens aus aneinander gereihten Zellen nach Art der Spiralgefässe der Pflanzen, und die Form dieser Zellen ent- sprechen in Grösse und Aussehen den Kernen der ursprüng- lichen Fettkörperzellen. An Verästelungsstellen der Tra- cheen ist die an dieser Stelle gelegene Zelle verästelt und die Spiralfaden der Aeste entstehen in den Auswüchsen der Zelle. Die Fettkörperlappen hängen durch ihre zipfeligen Fortsätze unter sich und mit dem Rückengefäss zusammen. Entwicklung der Eierstöcke und der Hoden. In zwei einander gegenüber liegenden an dem Rücken- gefäss angehefteten Fettkörperlappen zeigen sich als erste Entwicklungsstufe der Hoden und Eierstöcke je vier strukturlose in das Fett eingebettete geschlossene Schläuche. Die Achse dieser Schläuche, welche wahr- scheinlich einfache Zellen sind, steht, wenn sie die Be- deutung der Hoden haben, senkrecht auf der Körper- achse, wenn die Bedeutung der Eierstöcke, dann pa- rallel der Körperachse. — Ein hohler Zipfel des Fett- körperlappens zieht sich als Anlage des künftigen Aus- führungsganges gegen die hintere Seite des Körpers hin. — Tracheen verbreiten sich reichlich auf dem Gebilde - au < und sind häufig knäuelartig gewunden. — Die Hoden- schläuche liegen frei in dem umgebenden Inhalte des Fettkörperlappens.. — Die Ovariumschläuche sind mit einer einfachen Zellenschichte (äusseres Epithelium) be- ‘deckt. — Wo Hoden und Ovarien pigmentirt sind, da sind die einzelnen Schläuche umgeben von einer ein- fachen Schichte von kernhaltigen Pigmentzellen, an welche sich nach aussen Zellen anreihen, welche alle Uebergangs- stufen zwischen diesen Pigmentzellen und den Fettzellen des Fettkörperlappens zeigen. — Die Pigmentschicht liegt bei den Ovariumschläuchen ausserhalb des äusseren Epi- theliums. — Die Eröffnung der Schläuche in den Aus- führungsgang muss jedenfalls sehr spät geschehen, in- dem in Raupen vor dem Einpuppen die Schläuche noch geschlossen sind. Anmerkung. Auch bei einer Locusta viridissima im Nym- phenzustande fand Hr. Meyer den Hoden zusammengesetzt aus einer sehr grossen Anzahl geschlossener Hoden- schläuche, in welchen die Samenfaden bereits ganz aus- gebildet waren. Die Hodenschläuche verändern sich in der weiteren Entwicklung nur in Bezug auf ihre Grösse. Die Hoden beider Seiten vereinigen sich, wie schon Herold gezeigt hat, zu scheinbar einem einfachen runden Hoden durch Aneinanderlagerung. — Die Ovariumschläuche dehnen sich sehr in die Länge, werden bei der Entwicklung der Eier auch weiter und ihr äusseres Epithelium wird die Wandung des ausgebildeten Ovariumschlauches. Das Pigment, wenn welches vorhanden war, gewinnt nicht dem Wachsthum des Ovariumschlauches entsprechend an Ausdehnung, sondern bleibt in seiner ersten Ausdehnung auf die Spitze des ausgebildeten Ovariums beschränkt. Die Entstehung des Hodens und des Ovariums in ei- — 210 — nem neben dem Rückengefäss gelegenen und an dieses angehefteten Fettkörperlappen erklärt die spätere Anhef- tung dieses Gebildes an das Rückengefäss mittels eines Endfadens. Entwicklung der Samenelemente. In dem Ho- denschlauche entstehen Kerne. Um diese bilden sich Zellen. In diesen nimmt die Zahl der Kerne bedeutend zu, vielleicht durch Theilung des ursprünglichen Kernes, bis endlich eine grosse Menge von Kernen sich in einer verhältnissmässig grösser gewordenen Zelle eingeschlos- sen finden. Um jeden Kern bildet sich sodann eine Toch- terzelle. Alle Tochterzellen liegen innen an der Wandung der Mutterzelle in einfacher Schichte an. Die Tochterzellen geben den Samenfaden Entstehung, indem diese sich wahr- scheinlich in den Kernen bilden. Die Mutterzelle um- schliesst, allmälig lang gestreckt, das in ihr entstandene Samenfadenbündel als Schlauch. An den beiden Po- len des*Schlauches liegt noch je ein Kern mit einem Kernkörperchen eingeschlossen, um welchen sich die En- den der Samenfaden gruppiren. Die Samenfadenbündel sind demnach von einer Membran umschlossen und nicht nur in eine eiweissarlige, sie verklebende Masse einge- bettet. — Näher dem Rückengefäss sind in den Hoden- schläuchen die vorgerückteren, entfernter vom Rücken- gefäss die jüngeren Entwicklungsformen. Lange vor der Einpuppung (8— 14 Tage) findet man kaum mehr jün- gere Formen in den Hodenschläuchen, als die grossen mit Tochterzellen erfüllten Mutterzellen. Entwicklung der Eier. In dem Ovariumschlauche bilden sich zweierlei Kerne, grössere und kleinere. Um beiderlei Kerne bilden sich Zellen. Die Zelien um die kleineren Kerne bleiben unverändert. Die Zellen um die grösseren Kerne dagegen erzeugen, vielleicht durch Thei- — al — lung des ursprünglichen Kernes eine gewisse Anzahl von Kernen (5-10) in sich. Diese Kerne wachsen und wer- den ungefähr doppelt so gross als der ursprüngliche Kern, und umgeben sich dann mit einer Zelle. Diese Zellen sind die Keimbläschen. Die Mutterzellen der Keimbläschen liegen in der Achse des Ovariumschlauches in einfacher Reihe hinter einander. Zwischen ihnen schnürt sich der Ovariumschlauch paternosterförmig ein. Die un- veränderten kleinen Zellen werden zu einer inneren Epi- (heliumschichte des Ovariumschlauches und liegen zwi- schen diesem und der Mutterzelle der Keimbläschen. Die Keimbläschen umgeben sich darauf, während die Mutterzelle vergeht, jedes mit einer Zelle, dem Eie. Es ist jedoch bemerkenswerth, dass von den Eiern, welche um die Keimbläschen derselben Mutterzelle ent- stehen, nur das dem Eileiterende des Ovariumschlauches zunächst gelegene wirklich zum Ei wird, die anderen aber abortiv zu Grunde gehen. Zuerst füllt sich hierbei das Keimbläschen mit Fett ‚ dann vergeht dasselbe , so dass das ganze abortive Ei ‚ nun ohne Keimbläschen, nur mit Fett erfüllt ist; dann vergehen die abortiven Eier selbst. — Die abortiven Eier füllen die obere Hälfte jeder einzel- nen Einschnürung des Schlauches aus und bedingen da- durch die so häufige napfförmige Gestalt des reifen Eies, indem dieses sich nur in der unteren Hälfte entwickeln kann. — Das innere Epithelium des Ovariumschlauches . liegt in runden Zellen um den Raum der abortiven Eier: um das wirkliche Ei liegt es als langgestreckte Zellen, deren Achse radial gegen die Längenachse des Eies ge- stellt ist. Diese Zellen, unter sich und mit dem Chorion des Eies verschmolzen, bilden die halbkugelige feste Ei- schale des reifen Eies. Der flache Boden des Eies und eine kleine nabelförmige Vertiefung in dem Pole des Eies sind dagegen ohne diese Verstärkung seines Chorions , weil sich kein Epithelium um sie anlagern kann. — Das gelegte Ei hat noch eine verhärtete dünne Eiweisschichte um diese Hüllen herum, welche wahrscheinlich schon im Ovariumschlauche gebildet wird. Anmerkung. Die länglichen oder mehr ovalen Eier sind ebenfalls nach dem Typus der für die Darstellung gewählten napfförmigen Eier gebaut. Der Beginn der Eierbildung um die Keimbläschen fällt noch in die letzten 8—10 Tage des Raupenlebens. Mit der Vollendung des Puppenlebens ist alle Möglich- keit fast abgeschnitten, diese Entwicklung der Eier zu sehen. Die spitzen Enden der einzelnen Ovariumschläu- che, welche während des Puppenlebens noch die un- vollendeteren Formen der Eibildung zeigten, sind im ausgebildeten Schmetterlinge mit lauter abortiven Formen- erfüllt, aus deren Anschauung sich gar keine genügen- den Schlüsse machen lassen. Das äussere Epithelium wurde während dieser Ver- änderungen im Inneren zur äusseren Haut des Ovarium- schlauches, und in dieser lassen sich noch, ihre Ent- stehung andeutend, Kernrudimente erkennen. Alle Kerne, sowohl in der Entwicklung der Samen- elemente, als der Eier und der Häute des Ovariums zeigen deutliche Kernkörper. — ZB MITTHEILUNGEN NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. oN?® 27: oz 1848. J. J. Denzler, über die Oseillationen des Ba- rometers in Zürich von 1837 — 1844. (Vorgelegt den 13. November 1848.) Die merkwürdige Erscheinung einer zweimaligen Ebbe und einer zweimaligen Fluth des Luftdrucks im Laufe des Tages ist durch zahllose Beobachtungen unter sehr verschiedenen Polhöhen und in sehr ungleichen Erhebun- gen über den Meeresspiegel bereits als eine allgemeine Thatsache nachgewiesen und ihrer Grösse nach genau ermittelt worden. Dennoch sind verschiedene Seiten die- ser Erscheinung noch unaufgeklärt und dieselben einer neuen belehrenden Auflassungsweise fähig, welche in den folgenden freilich noch sehr mangelhaften Bemerkun- gen dargelegt werden soll. Da von A. von Humboldt ausgesprochen war, dass die Oscillationen des Barometers fast gar nicht von der Höhe abhängig seien, während sie nach Eschmann’s Be- obachtungen auf dem Rigikulım verschwinden, oder sogar in negativem Sinne auftreten, und während sie auf dem St. Bernhard nach vieljährigen Beobachtungen gleich Null sind; so lohnte es sich der Mühe, diesen Wider- spruch, der beidseitig durch sorgfältige und genügende Beobachtungen getragen wurde, durch eine allgemeine Auffassung zu lösen. Die Berechnung der Barometer- = beobachtungen mehrerer schweizerischer Stationen aus dem Jahre 1830, welche Behufs der barometrischen Hö- henbestimmung dieser Stationen vorgenommen werden musste, bot eine bequeme Gelegenheit zur Ergründung des Einflusses der Höhe auf die barometrischen Oscilla- tionen dar. Es ergab sich die Oscillation von 9 Uhr Morgens bis 3 Uhr Nachmittags, wenn man die Monate April bis und mit September als Sommer, die andern als Winter ansieht, wie folgt: St. Bernhard im Sommer = 0°‘.00, im Winter = — 0°.18 par.M. Bevers ° » » —= — 0".07 ,» yo =- 010 Weissenstein » > == ,04,05) 1, yo=-0'12 , St. Gallen , » 020 Da DIE Freiburg » » EEE Rh BEns EEE, Bern » » —==:0'1,25° , En 1 DL; 1 SEE Solothurn Y » er A LINE RR Genf 5 5 =r304 38, » —=—0''52 , Basel » » = 04432. ,5% le 03T Wenn auch die Dauer eines Jahres nicht hinreicht, um die Grösse der barometrischen Oscillationen zu be- stimmen, so ergab es sich doch aus diesen Zahlen, dass sie von der Höhe abhängig sind. Es zeigte sich ferner, dass das Emporheben der Atmosphäre durch die Tages- wärme des Sommers die Oscillation auf den drei relativ hohen Stationen Weissenstein, Bevers und St. Bernhard zur Hälfte, und bei letzterer sogar ganz aufwiegt. Weil diess bei dem absolut niedrigern Weissenstein noch stär- ker als bei Bevers hervortritt, wurden alle vorhandenen Beobachinngen benützt, um entscheidende Grössen zu gewinnen. Die lückenhaften Beobachtungen vom Weis- senstein aus den Jahren 1828 — 31 und die vollständigen von Bevers aus den Jahren 1827 — 31 führten auf fol- gende Zahlen: Weissenstein, im Somm. — - 0,034, im Wint.—= — 0‘''.124par.M, Bever®, » » =—0"0097, „, » = - UT ei u Hieraus folgt abermals, dass die Sommeroscillationen auf dem Weissenstein geringer als in dem höher gele- genen Bevers sind. Diese Anomalie, die mit den Rigi- beobachtungen im Einklang steht, rührt von der relati- ven Erhebung des Weissensteins über das nahe Aarethal her, die bei Bevers wegfällt, weil es auf einer Hoch- fläche von mehreren Stunden Breite liegt, auf welche die untern Luftschichten keinen bedeutenden Einfluss aus- üben können. Es darf folglich der Einfluss der plasti- schen Gestaltung des Bodens auf die Oscillationen des Barometers, der zu den merkwürdigsten meteorologischen Thatsachen gehört, bei Höhenberechnungen aus baro- metrischen Beobachtungen nicht ausser Acht gelassen werden. Die genauern Ergebnissse von den übrigen schwei- zerischen Stationen sind hier nicht zu berücksichtigen, weil sie zu keinem neuen Schlusse zu leiten geeignet sind. Folgenreicher war die Berechnung des Thaupunk- tes in Genf aus den Angaben des Haarhygrometers und der Temperatur, wobei das Mittel der von Gay-Lussac und Prinsep beobachteten Spannungen des Wasserdampfes als Grundlage angenommen wurde. Die für das Jahr 1841 durchgeführten Berechnungen zeigten, dass in ein- zelnen Monaten die Temperatur des Thaupunktes dieje- nige der Minima ühersteigt, und dass diesen Monaten die stärksten Oscillationen entsprechen, und umgekehrt. Sieht man nun das Mittel der Thaupunktstemperatur um 21" (9 Uhr Vormittags), 0°, 3% und 9" als deren Tagesmittel an, so ergeben die Monate Februar, März, April, Mai und September einen durchschnittlichen Ueberschuss der Thau- punkistemperatur über die Minima von 0°.57 C für eine mittlere Oscillation von 1.07 Millimetern und die übri- gen Monate einen durchschnittlichen Ueberschuss der ’ — 216 — Minima von + 1°.17 C für eine mittlere Oscillation von 0”.78. Die Minima stehen aber durchschnittlich 0°.44 C höher als die Thaupunktstemperaturen und die mittlere Oscillation von 21% — 3" beträgt 0”.90. Wird dann stets vom Thaupunkt das Minimum abgezogen, so zeigt es sich, dass für einen Unterschied derselben von — 0°.73 C eine Oscillationsänderung von — 0”.12 und für + 1°.01 C eine solche von + 0.17, d. h. dass in beiden Fällen für + 1° G Temperaturendifferenz eine Oscillationsänderung von + 0”.17 sich ergiebt. — Betrachtet man dagegen die Thaupunktstemperaturen von 21° und 9" als dienlich zur Bestimmung des wahren Mittels der Temperaturen des Thaupunktes, was zulässiger erscheint, so erhält man im Mittel der Monate März, April, Mai, August und Sep- tember + 0°.64 C und + 1”.124 Oscillation von 21% —3#, für die übrigen Monate aber — 1°.10 C und + 0”.743 Oscillation; oder, da bei dieser Annahme die mittlere Differenz der Temperaturen — — 0°.38 C und die mitt- lere Oscillaion — + 0.902 ist, so folgt für + 1°.02 G eine Oscillationszunahme von 0”.222 und für — 0°.72 C eine Abnahme von 0".159, d. h. in beiden Fällen für + 1° G Temperaturendifferenz eine Oscillationsänderung von + 0”,.22, somit um den dritten Theil mehr als bei der ersten Annahme. — Auf gleiche Weise, und zwar unter Zugrundelegung der zweiten, wahrscheinlich rich- tigern Annahme findet man aus den Zürcher Beobach- tungen von 1841 für + 1° G Temperaturendifferenz übereinstimmend eine Oscillationsänderung von + 09.13, oder zwei Drittel des aus den Genfer Beobachtungen her- vorgehenden Werthes. Es geht hieraus hervor, dass die numerische Genauig- keit diesen Bestimmungen noch fehlt, dass aber eine bemerkenswerthe Beziehung zwischen den barometrischen — 217 Öscillationen einerseits und dem Verhalten der Mini- mums- zu den Thaupunktstemperaturen anderseits un- zweideutig besteht. Das Verhalten des Minimums der Temperatur zum Thaupunkte wird durch den Sättigungsgrad der Luft mit Dämpfen, d. h. durch die hygrometrischen Werthe be- dingt. Es lag darum der Schluss nahe, dass die grössere oder geringere Zahl von Regentagen kleinere oder grös- sere Mittagsoscillationen bedingen werde. Nimmt man aus den Beobachtungen in Zürich vom Jahr 1841 die Monate März, Mai, August, September und November als die regenärmern (nach der Zahl der Tage) heraus, so findet man für sie durchschnittlich 12 3/; Regentage und die Oseillation von 21" bis 3° — — 1",00, die von 3% bis 9’ — + 0".51. Für die übrigen 7 Monate dage- gen ergeben sich durchschnittlich 17!/, Begentage und von 21 — 3" — 0”,59, von 3? — 9" + 0”,65 Oscillation. Im Jahresmittel hat man 151/, Regentage (d. h. Tage mit Regen) und respektive — 0”.76 und + 0”.,59 Oscillation. Also entsprechen einem Ueberschuss von 1.89 Regentagen respeclive — 0"”.17 undge 0”.06, einem Mangel von 2.65 Regentagen respektive — 0”.24 und + 0”.08 Os- eillationsänderung, d. h. in ersterm Falle dem Ueber- schuss von je 1 Regentag respektive — 0.095 und + 0”.031, im andern Fall aber respektive — 0”.091 und + 0”,033 Oscillationsänderung, in beiden Fällen innert den Gränzen’ der Genauigkeit dieselben Werthe. Der überraschende Einklang dieser Ergebnisse liess die Berechnung eines oder mehrerer Jahrgänge mit spe- zieller Ausscheidung in heitere und trübe Tage wünschen. Die gerade vorgelegenen Beobachtungen von dem fleis- sigen Daniel Meyer in St. Gallen aus den Jahren 1827 bis 1831 wurden nun, zum Theil wenigstens, in Berech- —= 26 — nung gezogen und dabei auch noch die Unterscheidung der Winde in südliche und nördliche aufgenommen, wo- bei reine Westwinde dem Süden, reine Ostwinde dem Norden beigezählt wurden. Im Mittel aus den Beobach- tungen der Jahre 1827 —29 ergab sich die Oscillation von 21" bis 3? im Sommer bei südlichen Winden an heitern Tagen — — 0''.44 par. M. » » » » trüben )) — 0'''.00 » „ nördlichen , „ Keatern "5, u DO » » » y) trüben » = — 0.18 y und im Winter bei südlichen Winden an heitern Tagen — — 0'.30 par. M. » » » „ trüben „ = — 0.09 » » nördlichen » » heitern » = 0,35 » » » » » trüben » = — 0", 11 » Die wesentliche Abhängigkeit der Barometeroseillatio- nen von der Witterung war durch diese Ergebnisse be- wiesen, ungeachtet es sich nicht in Abrede stellen liess, dass die Ausdrücke »heitere Tage « und „trübe Tage « sehr elastisch sind. Viel mehr liesse sich daher erwarten, wenn über den Umfang diesem Worte genaue, klare und passende Bestimmungen festgestellt und auch die Winde genauern Ausscheidungen unterlegt sein würden. Nicht minder wurde der Mangel der Oscillationp von 3" bis 9b vermisst, allein durch die eben eingehenden Zürcher Be- obachtungen aus den Jahren 1837 bis 1844 (der Dezem- ber 1844 war noch unter der Presse) wurde demselben abgeholfen. Bei der Berechnung dieser Beobachtungen sind in die Rubrik »trüb«, alle Perioden und Tage aufgenommen worden, welche entweder Niederschläge darboten oder ihrer Feuchtigkeit nach zu denselben hinneigten. Ebenso wurden zu den nördlichen und südlichen Winden alle — 19 — Tage und Perioden gerechnet, in denen diese Haupt- strömungen entweder andauerten oder unter Schwankun- gen vorherrschend waren. Die Ergebnisse dieser Berechnungen sind in den bei- gegebenen 4 Tabellen graphisch niedergelegt. Auf Tab. I erscheint in je einer Kurve der Gesammtausdruck der Oscillation von 21% bis 3% und von 3" bis 9% durch alle Monate des Jahres, erstere unter, letztere über der Mit- tellinie O0 in zwanzigfachem Massstabe der wirklichen mittlern Grössen aufgetragen. Wie es bei allen Mittel- werthen aus sich kreuzenden Einflüssen zu gehen pflegt, so ist auch hier das Charakteristische beinahe gänzlich verwischt. Die Mittagsoscillation (21? —3h) zeigt zwei Maxima, das grössere im April, das kleinere im Anfang des Herbstmonats, beide ziemlich annähernd zur Zeit der mittlern Jahrestemperatur; ferner zwei Minima, das stärkere im Dezember, das geringere im Juli, also bei- nahe zur Zeit der höchsten und niedrigsten Temperatur. Diese Perioden sind aber entweder lokalen oder zufälli- gen Ursprungs, denn in den fünfjährigen Beobachtungen von Basel, St. Gallen und Bevers tritt das grössere Ma- ximum nicht bloss einen Monat früher ein, als in Zürich, sondern es überragt ein zweites im August und ein drit- tes, mittleres im Oktober bedeutend, während im Sep- tember, also zur Zeit, wo Zürich ein Maximum aufweist, ein Minimum eintritt. Eilfjährige Pariser- und fünfzehn- jährige Strassburger-Beobachtungen (von Bouvard und Herrenschneider) zeigen sogar im April ein Minimum, und zwar in Strassburg das absolute, und die absoluten Maxima fallen in Paris auf den Jänner, in Strassburg zwischen August und September. Es würde daher die Mühe nicht lohnen, diese launenhaften Sprünge der Os- eillationsmittel weiter zu verfolgen, wenn nicht die zweite — 20 — Kurve, die Oscillation von 3° — 9b darstellend, noch darum einige Berücksichtigung verdiente, weil sie im Winter den kleinsten und vom Ende des Februar bis Ende des Weinmonats einen stets gleichen Werth zeigt, welcher Thatsache das Charakteristische nicht abgespro- chen werden kann. Beginnt man mit den allgemeinern Auffassungen, um sich zur Beurtheilung der speziellern Verhältnisse besser vertraut machen zu können, so zeigt sich bei jedem neuen Schritte der Mangel an hinreichenden Beobachtun- gen deutlicher und daher der Charakter des Phänomens verwischter und verkommener. Die Oscillation von 21» bis 3" zeigt, durch die Jahreszeiten nach den Unterschei- dungen von „heitern“ und „trüben“ Perioden verfolgt, im Winter eine mittlere Oscillation von — 1”".14 an 416 heitern und von — 0".02 an 275 trüben Tagen, somit einen Ueberschuss der heitern Tage von 1".12. Der Frühling (März bis Mai) gibt — 1”.46 im Mittel aus 454 heitern und — 0”.03 aus 282 trüben Tagen, d. h. 1”.43 Ueberschuss der heitern Tage, der Sommer (Juni bis August) — 1”,19 als mittlern Werth aus 524 heitern und -+ 0”.19 aus 212 trüben Tagen, somit 1”.38 Ueber- schuss der heitern Tage. Für den Herbst (September bis November) findet sich — 1".22 aus 419 heitern und — 0,10 aus 309 trüben Tagen, d. h. 1".12 Ueberschuss der heitern Tage, genau wie die des Winters. Endlich findet man das Jahresmittel der heitern Tage — -- 1”.255 aus 1813 und der trüben — — 0”,003 aus 1078 baro- metrischen Unterschieden, woraus sich ein mittlerer Ue- berschuss der Oscillation an heitern Tagen von 1.252 Millimetern ergibt. Es ist folglich keinem Zweifel unterworfen, dass die mittägliche Oscillation (von 21" bis 3%) überwiegend, _— 21 — wenn nicht etwa ausschliesslich von der Witterung ab- hängt, womit denn die Erklärungen dieser Erscheinung von Ramond, Daniell, Bouvard, Hällström, Kämtz und Andern in sich zerfallen, weil sie weder der Witterung erwähnen, noch dafür ein Aequivalent substituirt haben. Bouvard’s Erklärung, dass »die Schwankungen den mitt- lern Temperaturen proportional« seien, zeigt die stärkste Tendenz zur Einführung der Witterung als Faktor, allein ihre Unrichtigkeit liegt zu sehr obenauf, als dass sie zum rothen Faden würde, vermittelst dessen wir die wahre Erklärung finden könnten. Immerhin muss zugestanden werden, dass die nega- tive Osecillation des Sommers und die positive des Herb- stes an den »trüben“ Tagen nicht bloss denjenigen des Frühlings und Winters gegenüber gewichtig, sondern auch in absolutem Sinne (+ 0".19 und — 0”.10) auf- fallend gross sind. Es lässt sich aus denselben schlies- sen, entweder dass die Ausscheidung der heitern und trüben Tage nicht in der »rechten Mitte« getroffen wor- den, oder dass im Sommer und Herbst ein Faktor merk- lich thätig ist, wenn nicht ausschliesslich wirkt, der im Winter und Frühling zurücktritt. Man wird sich geneigt fühlen, diese Anomalien der ungenauen Unterscheidung heiterer und trüber Tage zuzuschreiben, wenn man den Charakter des Sommers, der in vorwiegender Neigung zur raschen Aufheiterung besteht, mit dem des Herbstes vergleicht, welcher vorwiegende Neigung zu getrübter Atmosphäre aufweist. Wirklich zählt auch nach obste- henden Angaben der Herbst die wenigsten (419, der Winter zwar nur 416, aber der Dezember 1844 fehlt, mit dem vermuthlich 433 sich ergeben würden), der Sommer die meisten (524) heitere Tage, während sich — 22 — Winter und Frühling nahe gleich (ca. 433 und 454) ver- halten. Die Oscillation des Barometers von 3 Uhr bis 9 Uhr Nachmittags hat nicht die klare Beziehung zur Witte- rung, welche die Mittagsoscillation so sehr auszeichnet. Im Jahresmittel beträgt sie an heitern Tagen + 0”.511 nach durchschnittlichem Ergebniss von 1834 Tagen, bei trüber Witterung dagegen + 0”.735 im Mittel aus 1057 Tagen. Wenn sehon diese Zahlen geeignet sind, unsere Verwunderung zu erregen, so geschieht dies in höherm Masse bei der Kenntnissnahme der Resultate einzelner Jahreszeiten. Der Winter gibt im Mittel aus 391 hei- tern Perioden + 0”.61, aus 300 trüben + 0.23 Oscil- lation, der Frühling aus 454 heitern + 0”.64 und aus 282 trüben Perioden + 0%.71; für den Sommer finden sich aus 503 heitern + 0”.4% und aus 233 trüben Pe- rioden + 1”,08 Oscillation; endlich für den Herbst aus 486 heitern + 0.39 und aus 242 trüben Perioden + 1”,07 Osecillation. Gleichwol liegt in diesen Zahlen eine Stetigkeit und Regel, welche die Möglichkeit ihrer Erklärung durch- blicken lassen. An den heitern Tagen fällt das Maximum zwischen den Winter und Frühling, an den trüben zwi- schen den Winter und Herbst, und umgekehrt tritt das Minimum an den trüben Tagen zwischen den Winter und Frühling, an den heitern zwischen den Sommer und Herbst. Der Verkehr ist also ein wechselweiser, d. h. grosse Oscillationen an heitern Tagen treten gleichzeitig mit geringen an trüben Tagen auf, und umgekehrt; im Ganzen sind aber die Oscillationen der heitern Perioden grösser, als die der trüben, denn jene betragen in 1834 Tagen 936”.77, diese in 1057 Tagen 777”.34, d.h. ungefähr 160” oder 1%, weniger. Dagegen ist das abso- Iute Minimum und Maximum an trüben Tagen grösser als an heitern; ein Verhältniss, das bei der mittäglichen Öscillation sich gerade umkehrt. Die wechselweise Beziehung der Abendoscillation an heitern und trüben Tagen zeigt sich in Tabelle II am deutlichsten. Jeder Ausbiegung der Kurve für die hei- tern Tage entspricht eine entgegengesetzte der trüben Tage. Im ganzen Jahre kommen 10 solcher Fälle vor und bei allen trifft dies gleichzeitig und fast in gleichem Masse ein (die Ausbiegungen der Kurve der heitern Tage sind immer ein wenig schwächer, als die der trüben Tage). Um den 18. April und um den 31. Dezember kreuzen sich beide Kurven so, dass den Sommer und Herbst über die Oscillation an trüben Tagen grösser als an heitern ist. Bei der Mittagsoscillation hat es sich herausgestellt , dass die trüben Tage sie verwischen. Da sie auf einer Abnahme des Luftdrucks beruht, so kann man den trü- ben Tagen eine Verstärkung des Luftdrucks zuschreiben, von der Grösse, dass sie jene Abnahme im Jahresmittel ganz aufhebt, im Sommer dagegen eher einen positiven Ueberschuss erzeugt. Diese Annahme würde die hohe Abendoscillation an trüben Sommertagen erklären, wäh- rend die geringe der heitern Tage der bedeutenden Ta- geslänge, genauer gesagt, dem langdauernden erniedri- genden Einfluss der Sonnenstrahlen zugeschrieben werden müsste. Ob dieser Einfluss ein direkter oder indirekter ist, weiss man noch nicht, allein dass er existirt, dafür" bürgt das starke Fallen des Barometers von 21"— 3b an heitern Tagen. Diese Erklärung genügt indess nur im Allgemeinen, denn es ist nicht abzusehen, warum sich im November dieselbe Erscheinung und in noch höherm Masse wiederholen sollte, als im Sommer. Die Verzöge- _— 24 — rung der Kreuzung der beiden Kurven bis über den Ok- tober hinaus liesse sich vielleicht aus der allmälig erster- benden Wärme der obersten Erdschichten, also durch die Ausstrahlung derselben erklären, und dann bliebe nur noch das seltsame Verhalten im November und die Re- gelmässigkeit der Ausbiegungen beider Kurven räthsel- haft. Diese Novemberanomalie ist um so merkwürdiger, als sie sich in umgekehrtem Sinne, nämlich dureh die grösste Annäherung, auch bei den beiden Mittagskurven einstellt. Addirt man die Resultate der Mittags- und Abend- oscillation an heitern Tagen (mit ihren wahren Zeichen genommen) zusammen und sucht den mittlern Werth her- aus, so wird man finden, dass zwischen den Mai und Juni ein Maximum (das absolute), in den Juli ein Minimum, zwischen August und September wieder ein Maximum, in den Oktober ein Minimum, in den November ein Ma- ximum und in den Dezember ein Minimum fällt. Die Ausbiegungen der Abendkurve fallen in derselben Reihen- folge und zeigen ein übereinstimmendes Verhalten. In den Monaten Jänner bis April ist hingegen kein Einklang wahrzunehmen. Addirt man auf gleiche Weise die Mi- nima der Mittag- und Abendoscillation, so findet man ein Maximum im Juni, August und November, ein Minimum im Juli und Oktober; dann, aber in umgekehrtem Sinne der Ausbiegungen (weil jenseits der Kreuzungen) , nega- tive Maxima im Jänner und März, ein positives im Fe- *bruar, d.h. ein negatives Minimum. Diese Uebereinstim- mungen geben indessen keinen Aufschluss, sondern zeu- gen nur für die beiläufige Gleichzeitigkeit gleicher Bie- gung in den Kurven. Wenn also nicht anzunehmen ist, dass die Novemberanomalie mit der mittlern Grösse der Oscillationen in CGonnexion steht, so hat man sich nach _— 235 — andern Beziehungen umzusehen. Die nächstliegende ist der mittlere Barometerstand. Im Mittel aus den acht Jah- ren, auf die sich die hier mitgetheilten Ergebnisse bezie- hen, fällt das Maximum des Barometerstandes in den Dezember und das Minimum in den November. Jenes übersteigt den nächsthöchsten Stand des August um 11% bis 2 Millimeter, dieses bleibt hinter dem nächsttiefsten um 0.1 bis 0.3 Millimeter zurück (Februar). Es ist daher nicht zu bezweifeln, dass dieses extreme Verhalten des mittlern Barometerstandes im November und Dezember zur Erklärung der Anomalie im November Anlass geben dürfte. Sieht man sich nun nach den übrigen meteorologi- schen Faktoren um, so zeigt sich weder im Gange des Hygrometers noch in dem des Thermometers auf der Station eine auffallende Unregelmässigkeit. Dagegen geht allerdings aus den korrespondirenden Barometerbeoach- tungen in Genf und auf dem St. Bernhard hervor, dass die mittlere Temperatur sehr hoher Luftsäulen im No- vewber wenig geringer ist als im Oktober, und aus den- jenigen vom Weissenstein und dem St. Bernhard, von Bevers und dem St. Bernhard ergibt es sich mit Bestimmt- heit, dass diese relativ hohe Temperatur des Novembers mehr den obern Regionen des Lufikreises das Dasein ver- dankt, indem einzelne Jahre (1830 und 1839 z. B.) in diesen Höhen beim November eine wärmere Luft in der freien Atmosphäre darthun, als die des Oktobers und selbst des Septembers gewesen ist. Diese fast unbegreif- liche Thatsache erklärt sich übrigens aus dem herabstei- genden NO. Passat und namentlich dem häufigen Novem- berföhn, sowie aus der Wärmeentbindung desselben durch Niederschlag und Nebelbildung, welche Letztern dem November seinen düstern Charakter verleihen, auf eine — 26 — ungezwungene Weise. Der tiefe Barometerstand des No- vembers in Zürich, zugleich der tiefste mittlere des Jah- res, zeugt einerseits für den mächtigen Rinfluss südlicher Strömungen, anderseits für die merkwürdige exzeptio- nelle Lage der Schweiz. Wenn jener Einfluss die eben berührten Temperatureigenthümlichkeiten indirekte be- weist, so wird die durchaus exzeptionelle Lage der Schweiz und voraus Zürich’s dadurch erwiesen, dass schon in Strassburg das absolute Monatsminimum in den April und das nächstniedrige doch in den Dezember fällt, während in Paris auf den November bereits ein relatives Maximum trifft und umgekehrt östlich von Zürich das absolute Monatsminimum in St. Gallen entschieden dem Dezember angehört (10jährige Beob. von Dan. Meyer, 1817 — 26). Es wird nun an der Zeit sein, die Aufmerksamkeit auf die speziellern Fälle zu wenden, welche durch die Barometeroscillationen bei ausschliesslich nördlichen oder ausschliesslich südlichen Luftströmungen gegeben sind. Die hieher gehörigen Kurven sind in Tabelle IH (nörd- liche Winde) und IV (südliche Winde) graphisch nieder- gelegt. Als bemerkenswertheste Thatsache darf der Pa- rallelismus der Mittagskurve an trüben mit der Abend- kurve an heitern Tagen bei nördlichen Luftströmungen bezeichnet werden. Vom Februar bis Ende Dezembers, also beinahe eilf Monate hindurch andauernd, zeugt er für die Richtigkeit der oben ausgesprochenen Ansicht, die Mittagsoscillation an trüben Tagen betreffend, und für einen ähnlichen Einfluss der langen Sommertage und der in den Spätherbst hinein fortdauernden Wärmestrah- lung des Bodens am Abend, wie ihn trübe Tage auf die Mittagsoseillation ausüben. Bei südlichen Winden ver- schwindet dieser Parallelismus vom Ende Dezember bis — 227 — Ende Mai, und wird im September und Oktober ein we- nig gestört, ohne dass abzusehen ist, ob letztere Ano- malien nur von der geringen Anzahl Beobachtungen: (s. unten in den ÜUebersichten) herrühren. — Die Mittags- kurve an heitern und die Abendkurve an trüben Tagen sollten aus analogischen Gründen ebenfalls Parallelismus aufweisen; bei nördlichen Winden ist ein Anklang davon in beiden Kurven zu finden, bei südlichen hingegen zeigt sich fast kein Einklang, was zum Theil von der geringen Anzahl von Beobachtungen herrühren dürfte. Eine andere merkwürdige Erscheinung zeigt die Abendoscillation bei nördlichen Winden im Jänner und März, bei südlichen dagegen im November, Ende Jänner und im April, weniger entschieden Ende Mai und Ende August. Diese besteht nämlich in einer starken Ausbie- gung beider Kurven der Abendoscillation (heitere und trübe Tage), der eine Kreuzung oder grosse Annäherung vorgeht und nachfolgt. Sie tritt, namentlich bei den südlichen Luftströmungen, zu bedeutend und zu häufig auf, als dass man versucht sein könnte, ihren Ursprung in einer unzureichenden Anzahl von Beobachtungen su- chen zu wollen. Es ist klar, dass nur eine grössere Zahl von Beobachtungen auf verschiedenen Stationen über die Natur dieser Erscheinung Aufschluss geben kann, da weder die Wärmeverhältnisse, noch der Gang des Hygrometers, noch der des Luftdruckes ähnliche Anoma- lien aufweisen. Die umsichtsvolle Bearbeitung hiezu hin- reichender Beobachtungen, denen genauere Angaben über das Aussehen des Himmels und über den Wolkenzug in höhern Regionen angewünscht werden müssen, würde wahrscheinlich das Ergebniss herausstellen, dass man in den untersten Luftschichten, unmittelbar auf dem Boden, im Stande ist, bei wolkenlosem und bei völlig bedecktem Be. eh Himmel südliche und nördliehe Luftströmungen in den höhern Regionen der Atmosphäre auf der gebrechlichen torricellischen Röhre im verschlossenen Zimmer zu lesen und zu verstehen. Die kleinlichen Regungen des Baro- meters, denen man durch die passende Benennung „Os- eillation“ Sinn und Bedeutung beigelegt zu haben glaubt, sind jedenfalls noch nicht in der Ursprache gelesen wor- den; auch hat man auf die geistreiche Bemerkung Leo- pold’s von Buch, dass das Barometer ein » klimatologi- sches Werkzeug« sei, noch viel zu wenig Gewicht gelegt. Noch sei es erlaubt auf die Goincidenzpunkte und die Extreme der barometrischen Öscillationen bei verschiede- nen Lufiströmungen überzugehen. Die Kreuzungen der Abendkurve, von denen schon früher die Rede war, treten bei nördlichen Winden um die Mitte April’s und gegen Ende Dezembers, bei südlichen Winden Ende April’s und um die Mitte des Dezember ein, schliessen also für jeme nach 81/, Monaten, für diese nach 7a Monaten die bemerkenswerthe Erscheinung 'ab, welche der Zwitternatur der Abendoscillation (als Tag- und Nachtoscillation zugleich) ihr Dasein verdankt. Man könnte sie die Sommerausweichung, jene Kreuzungen aber April- und Dezemberknoten nennen. — Das abso- lute Monatsmaximum der Mittagsoscillation an heitern Tagen beträgt bei nördlichen Winden — 1”.46, bei süd- lichen — 1”.79, und fällt bei erstern in den März, bei Letztern in den April; das absolute Monatsminimum der heitern Tage der Mittagsoscillation beträgt bei nördlichen Winden — 0”.85, bei südlichen — 1”.13, und fällt für jene in den Dezember, für diese in den Juli (Dezember — — 1”.16). Die Ausweichung der Extreme steigt also (Schluss folgt in No. 28.) Au Yahied Me jehnıgen Achten) 299 a Sl Sacher Pergeocherung. 2% RR 05 Kdlhimm in en 77 PPPerEL n rr Fon -—+— — due 8% gb hachemı ee do U, Hl ng nr En bang In Luitoitiisenikhellalön.n } im Kinich) an heiten D hüben Gay PN Auf du Yahzas auch ug 0u/ Berbuchtungen/ von we Ben? 4), Ik an en Nachmitiage le Oswe vowW: N E U Liteen 28 gkunrähen UNI am len Ü ung den REN ENG) a nl ns kn BANN — Ourwe von: > zur 79 at an Lubıw I bs ukak af awiiı un’ UV. er STOP um gi Vomdtag (u )) 3h Ban en iv W. frchav Y, BR an hie S a en v da Yahıaa, wach B jährige NoMchn) a a a] Fern 1 = = Ze a Se uk rn re vom. N} p) 4 u aan Los Tagen Be av ilm iger ab an tie Tagen 7 + — en) RE tsöisge Fang dev ee Meillekimen im ah I a a un Laufe du hen ech d gahnigen, Moihllm/dn 07, AL —n.. Rerbachkungen vv ah Vamdtagı [A Al p* Sek) g* a mv ee A Aue 7 RE aha ailın Yan MITTHEILUNGEN NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. oN® a8. 1848. J. J. Denzler, über die Osecillationen des Ba- rometers in Zürich von 1837 — 1844. (Schluss. ) bei nördlichen Winden auf 0”.61, bei südlichen auf 0%.66 (nach der Zeichnung auf 0”.73 und 0”.71), d. h. bei beiden auf denselben Werth; allein die mittlern Grössen sind um 0®.24 verschieden, nämlich — 1”.17 für nörd- liche und — 1”.41 für südliche Winde. — Das absolute Monatsminimum der Abendoscillation an heitern Tagen beträgt bei nördlichen Winden + 0”.35 (im Dezember), bei südlichen — 0”.40 (im November), das absolute Mo- natsmaximum bei nördlichen Winden + 1”.08 (im März), bei südlichen + 0”.69 (im Februar). Jene zeigen daher 0”,73, diese 1”.09 Ausweichung (nach der Zeichnung 0”.79 und 1”.18), welche Zahlen im Verhältnissse von 2:3 stehen, während die mittlere Grösse bei nördli- chen Winden + 0.52, bei südlichen + 0”.36 beträgt, welche Zahlen sich wie 3:2 verhalten, demnach zu obi- gen genau im Gegensatze stehen. . Die Kurven beider Oscillationen, welche den Beob- achtungen der trüben Perioden entnommen sind, zeigen so viele Seltsamkeiten, dass mindestens einige auf Rech- nung der zu geringen Zahl von Aufzeichnungen kommen dürften. Es mag ihre Weglassung aus dieser übersicht- — 230 — lichen Darstellnng in diesem Umstande ihre Rechtfertigung finden. Wer sie vergleichen will, kann entweder die Tabellen oder die unten folgende Zusammenstellung sämmtlicher Resultate zur Hand nehmen. Aus dem Bisherigen geht hervor, dass die Auffassun- gen, von denen bei der Berechnung ausgegangen worden, die grössere Mühe durch werthvolle Ergebnisse belohnt haben. Diese können in der Meteorologie, wie in so vielen andern Disziplinen, nicht ausbleiben, wenn die Mannigfaltgkeit der Einflüsse durch die Mannigfaltigkeit der Methoden aufgewogen wird. So kann auch gegen- wärtige Arbeit nur als ein Glied der Kette betrachtet werden, welche den ganzen Erdkreis umspannt und erst an den Gränzen der Atmosphäre ihren Wirkungskeis enden sieht. 230 Oseillation des Barometers in Zürich von 21% bis 3%, (Mittagsoseillation.) ) Zeitraum. Südliche Winde. Nördliche Winde. ’ 1837 — 1844. Schön. Trüb, Schön. Trüb Summe Oseillat. 3b _9ıb 3 _ 21h 3b__ agb Monat. | der |3"—21®| Tage. in in | Tage Tage. |jn mm mm mm Jänner | 248 | 1.550,50 % 7] o.ra4131 14 7 | 0.096105 83 + 0.105.622) * ebruar | 226 |- 1.689 46°7 7 |+ 0.043] 34 16 71.091] 959, + 02235121+ März | 248 |- 1.75155°3 7 |- 0.63051 3% 711.402) 80% Z|+ 0.25010237+ April | 240 | 1.705,58°5 7 | 0.073123 15 | - 1.263105 u Zr 024115455 F Mai 248 | 1.500,52 %, >| 0.320|34 15 2 1.317l104 9 — + 0.079,58507 mi 1240 |- 145846 °3 2 [+ 0.211[2010 z1-1.1981126113 7 |+ 0.131835 + al 248 |— 1.130,36 °, 7 14 0.258]36 18 Z1- 11251133179 7]+ 0.237) re \ st | 98 | 1.31548%5 7 |+ 0.034 2713 211.130 135120 7]4 0.244 a se — 0.0059 4, 2 1.399 1117'13]- 0.009 5832 + —0.169l20 14 7 1.307 108 * 7]+0.001 1B30t 0.521145 > 7) 0.870 81 a | 0.006 u pezmbr. 7 | 1.163290 °% I] 0.196127 h Z-0.851 91 7% — 40.037 most 2 Oseillation des Barometers in Zürich von 3 pis 9%, (Abendoscillation.) (1837—43.) | Zeitraum. Südliche Winde. Nördliche Winde. N \d 41837 — 1844. Schön. Trüb. Schön. Trub. ERRRENN uf gh_ gh gh_ gh gh gh g_ gi Monat. | der in Tage. in Tage in Tage in Tage Tage. | mm mm mm mm f 49 + 20 + .6+ 46 + Tänner. | 248 |+0.063130 19 #] 0.577543, *|+ 0.987855, " |+0476170 33 Februar | 226 | 0.9251 28 +] 4-0.06513977 + ]+ 0.703186 65 +] 40.719150 75 N 1.36 + 25 + 67 + 39 + März | 248 |+ 0.075828 ++ 0.5344559 41.085183 45 _|+ 054462 53 Z Aprit | 240 + 0.082651 +] + 0.369124" F+- 0.664 10487 *| 40.756147 z mai | 238 |+0.3466239 +14 0.852]10°, jr 042082 34 | 40.987164 s ; Juni | 240 |+ 0.282)53 3% +|40.955)27 > +) + 0.17110167*| + 1.194159 ° } { zwi | 248 | 0.355157 22 +]4 0.000lo7 *g #4 0.535116 687 *|4.1.341138 4 August | 248 |+ 0147158 3? +|+ 0.451307, + 0.603 usßd+| x 1.370[33 294 25 — 1 - er 4 A Septebr.| 240 |+ 0.415437, #4 1.213134 7 F+ 03 173,7 |+1.082 1637 ? 25 —+ 207 Ass 34 = | Oktober | 248 |+ 0.238139 2 +] + 0.665|30 75 | + 0.596]13%,9 _ |+ 1.107145 14 Novbr. | 240 | 0.403:5833 7 ]+ 0.868144 22 #1 +0.53295 3 61 #|4-.1.39943° s. Dezmbr.| 217 | 40.189139 26 +] + 0.115130 4, 7]+ 0.415 je + 0.902148 ı - Uebersicht der Barometer- und Hygrometer- differenzen. Zeitraum.) Mittagsosecillation. Abendoscillation. 1837 —44. |Hygr. Stand.| Differenzen. || Hygr.Stand.| Differenzen. Jahreszeit. | 21" | 34 Ja1-3b| Oseill.| 36 | gb Jgh_3h Oseill. Jänner 87.5 | 83.3 42 |0.795 83.3 |87.9 | 46 |0.332 Februar 87.8 | 80.2 7.6 10.746 80.2 | 88.6 8.4 | 0.594 März 84.8 174.5 ı 10.3 |0.876 | 74.5 |86.6 | 12.1 | 0.712 April 78.5 | 66.0 | 12.5 | 0.978 | 66.0 | 80.7 | 14.7 | 0.658 Mai 76.8 | 671 9.7 |0.895 67.1 | 81.7 | 14.6 | 0.619 Juni 72.6 | 61.4 | 11.2 | 0.865 | 61.4 | 79.6 | 18.2 | 0.641 Juli 75.4 |66.7 | 8.7 |0.689 || 66.7 | 80.6 | 13.9 |0.640 August 79.6 |68.7 | 10.9 |0.834 |68.7 83.5 | 14.8 | 0.637 September | 383.7 | 71.6 | 12.1 | 0.864 | 71.6 |88.3 | 16.7 [0.655 Oktober 86.0 | 75.6 | 10.4 | 0.747 |75.6 88.5 | 12.9 |0,672 | November | 88.3 | 81.7 6.6 | 0.617 | 81.7 | 89.0 7.3 10.523 Dezember | 91.2 | 87.6 3.6 | 0.525 || 87.6 | 92.4 4.5 |0.413 Winter 88.8 | 83.7 5.1 | 0.694 | 83.7 | 89.5 5.8 0.443 Frühling 80.0 |69.2 | 10.3 0.915 | 69.2 |83.0 | 13.8 | 0.663 Sommer [75.9 | 65.6 | 10.3 | 0.795 |65.6 |81.2 | 15.6 | 0.640 Herbst 86.0 | 76.3 9.7 |0.743 | 76.3 | 88.6 | 12.3 | 0.617 — 234 — H. Hirzel von Zürich, Untersuchung des Imperatoriaöles. (Vorgetragen den 4. September 1848.) Das Imperatoriaöl (Oleum imperatoriae) wurde durch Destillation der gesottenen Meisterwurzeln (von Impera- toria ostruthium) mit Wasser erhalten; es scheidet sich dann auf der Oberfläche des Destillates eine nicht sehr beträchtliche Menge eines flüchtigen Oeles aus; da dieses Oel auch in geringer Menge in Wasser löslich ist, so schüttelt man die wässerige Lösung mit Aether, welcher das Oel aufnimmt; die ätherische Schichte wird abgenom- men und der Aether abdestillirt, wo das Oel dann zu- rück bleibt. Um nun dieses dunkelbraun gefärbte, rohe Oel zu reinigen, wird es vorsichtig mit wenig Wasser destillirt, welche Operation durch heftiges Aufstossen sehr erschwert wird; es ist jedoch nicht möglich Alles überzudestilliren, sondern es bleibt immer eine dickölige theerige Masse zurück; das erhaltene Destillat wird nun vom Wasser getrennt und durch Chlorcalcium entwässert. Das reine Imperatoriaöl, wie man es auf diese Weise erhält, ist eine farblose, wasserhelle, leichtflüssige Flüs- sigkeit von aromatischem Geruch und brennendem, er- wärmendem Geschmack; es brennt leicht mit heller rus- sender Flamme; bei 170° fängt es an zu sieden, welcher Siedepunkt bei längerem Erhitzen fortwährend steigt. Seine Zusammensetzung ist: 1. 11. Kohlenstoff 85,57 84,80 Wasserstoff 11,45 11,38 Sauerstoff 2,98 3,82. Hieraus ergeben sich C + H33 0, denn berechnet man aus dieser Formel wieder die procentische Zusammense- tzung, so erhält man: Kohlenstoff: 85,41 Wasserstoff: 11,74 Sauerstoff: 2,85 100,00 welche Werthe mit den durch die Analyse gefundenen übereinstimmen. Aus dem continuirlichen Steigen des Siedepunktes liess sich schliessen, dass dieses Oel ein Gemenge ver- schiedener Oele sei, und daher wurde dasselbe einer frac- tionirten Destillation unterworfen. Als erste Portion wurde diejenige Quantität abgenom- men, welche von 170—180° überging; ihre Zusammen- setzung war: Kohlenstoff: 85,05 Wasserstoff: 11,50 Sauerstoff: 3,45 100,00 welche Zusammensetzung also mit der des Oeles über- einstimmt; ebenso zusammengesetzt war eine zweite Por- tion, welche bei 180—190° überging. Eine dritte Portion, welche von 200—220° überde- stillirte, zeigte folgende Zusammensetzung: I. lH. Kohlenstoff: 81,43 81,74 Wasserstoff: 11,32 11,27 Sauerstoff: 7,25 6,99 100,00 100,00. Dieses Destillat unterscheidet sich von dem reinen Oele bedeutend: es besitzt einen unangenehmern, elwas brenzlichen Geruch, eine schwach gelbliche Farbe und — 236 — ist dickflüssiger als das Oel; aus den gefundenen Wer- then ergeben sich für diese Verbindung: C3 Hzs 02; denn berechnen wir aus dieser Formel die procentische Zusammensetzung, so erhalten wir: Kohlenstoff: 81,08 Wasserstoff: 11,71 Sauerstoff: 7,21 100,00 welche Werthe mit den gefundenen übereinstimmen. Um nun über die Constitution des Oeles einigen Auf- schluss zu erhalten, wurde dasselbe mit wasserfreier wol- liger Phosphorsäure gemengt und nachher destillirt. Als Destillat wurde eine vollkommen wasserhelle, farb- lose, rosmarinähnlich riechende und aromatisch schme- ckende Flüssigkeit erhalten, welche folgende Zusammen- setzung zeigte: Kohlenstoff: 87,76 Wasserstoff: 11,76 99,52 diess entspricht der Formel: Gi H3 — Kohlenstoff: 88,23 Wasserstoff: 11,77 100,00. Dieser Kohlenwasserstoff kann nun mit Chlorwas- serstoffsäure eine Verbindung eingehen, welche man er- hält, wenn man in das Oel so lange reines CGhlorwasser- stoffsäuregas hereinleitet, bis Nichts mehr aufgenommen wird; man erhält dann eine rothgelb gefärbte Flüssigkeit; diese wird mit Wasser destillirt, das Destillat vom Was- — 237 — ser getrennt und durch Chlorcalcium entwässert, auf welche Weise die reine Verbindung erhalten wird. Sie stellt eine angenehm riechende, aromatisch schme- ckende Flüssigkeit dar, welche folgende Zusammensetzung zeigt: Kohlenstoff: 74,98 Wasserstoff: 10,86 Chlor: 13,28 99,12. Hieraus ergiebt sich die empirische Formel: C30 H?5 Chl.; denn berechnet man daraus wieder die procentische Zus sammensetzung, so erhält man: Kohlenstoff: 75,00 Wasserstoff: 10,42 Chlor: 14,58 100,00. Chlorgas wird von dem Oele unter starker Wärme- entwicklung und Ausscheidung von chlorwasserstoffsau- rem Gase aufgenommen, und es bildet sich eine gelbe, dicke, ölige Flüssigkeit, welche schwerer als Wasser ist, eigenthümlich riecht und beissend schmeckt; ähnlich verhält sich auch das Brom. Vergleichen wir das Imperatoriaöl mit den übrigen ätherischen Oelen, so finden wir, dass es namentlich mit denjenigen isomeren ätherischen Oelen, deren Formel — C10 HS ist, viel Uebereinstimmendes hat, und es ist daher sehr wahrscheinlich, dass es mit jenen Oelen eben- falls isomer ist; nehmen wir dieses an, so wäre die Chlor- wasserstoffsäureverbindung — 3(C10 Hs) + H Chl. — 233 — Diese Annahme wird noch bekräftigt, wenn wir sie auch auf das ätherische Oel selbst beziehen, denn aus den em- pirischen Formeln: G+0 H33 0 und C3e H2 02 ergeben sich dann die rationellen Formeln: 4(G10 Hs) + HO und 3(G10 HS) + 2H0. Allen diesen Verbindungen würde daher der gleiche Kohlenwasserstoff zu Grunde liegen und das ursprüng- liche Imperatoriaöl wäre daher ein Gemenge verschie- dener Hydrate ein und desselben Kohlenwasserstofls — (C16 H3). Leicht erklärt sich nun auch die Wirkung der was- serfreien Phosphorsäure auf das Imperatoriaöl; diese ent- zieht nämlich dem Oele sein Hydratwasser und scheidet den reinen Kohlenwasserstoff aus, wie sich dieses auch durch das Experiment bestätigt hat. Das Imperatoriaöl gehört also in die Reihe der Te- rebene, welche sich durch eine verschiedene Sättigungs- capacität unterscheiden, und so haben wir z. B.: Salzsaures Citronenöl = (Ce HS) + H Cl. » » Terpentinöl = 2(C" HS) + H Chl. » ». Imperatoriaöl = 3 (GC! HS) + H Chl. » ».. Pomeranzenöl = 3(C10 H5) + 2H Chl. — 1339 — Verzeichniss der im J. 1848 für die Bibliothek der Natur- forschenden Gesellschaft in Zürich eingegangenen Geschenke. 1) Meyer, Herm. Anleitung zu den Präparirübungen. 8. Leipzig, 1848. — Vom Hrn. Verfasser. 2) Annalen der k. k. Sternwarte in Wien. N. F. Bd. 8. 4. Wien, 1847. — Von der Sternwarte in Wien. 3) Schinz, H. R. Naturgeschichte der Vögel. Neueste Ausgabe. 4, Zürich, 1846. — Vom Hrn. Verfasser. 4) Batsch, A. J. @. C. Synopsis universalis analylica generum plantarum. 4. Jena, 1794. — Von Hrn. Obergärtner Regel. 5) Dumortier, B. €. Essai carpographique. 4. Bruxelles, 1835. — Von Demselben. 6) Eschweiler, Fr. G. De fructificatione generis Rhizomorphae commentatio. 4. Elberfeldiae, 1822. — Von Demselben. 7) Sprengel, C. Plantarum umbelliferarum prodromus. 8. Halae, 4813. — Von Demselben. 8) Caulinus, Ph. Zosterae Oceanicae Linnaei Anthesis. 4. Neapoli, 1792. — Von Demselben. 9) Müller, Dr. A. Die allgemeinen Gesetze der sphärischen Po- lygometrie. 4. Heidelberg, 1836. — Vom Hrn. Ver- fasser. 10) Müller, Dr. A. Die algebraische Auflösung der Gleichungen des 5ten und 6ten Grades. 4. Stuttgart, 1848. — Vom Hrn. Verfasser. 11) Partington, Charles F. An historical and descriptive account of the steam - engine. 2X ed. 8. London, 1826. — Von Hrn. Professor von Escher. 12) Tredgold, Th. A practical trealise on rail-roads and carriages. 8. London, 1825. — Von Demselben. = we 13) Simms, F. W. A treatise on the principal mathematical in- struments. 2° ed. 8. London, 1836. — Von Dem- selben. 14) Palmer, H. R. Description of a railway on a new principle. 2! ed. 8. London. — Von Demselben. 15) Uebersicht, eilfte, der Verhandlungen der Technischen Gesell- schaft in Zürich. 8. Zürich, 1848. — Von der Tech- nischen Gesellschaft. 16) Hausmann, Jo. Friedr. Ludw. Bemerkungen über Gyps und Karstenit. 4. Göttingen, 1847. — Vom Hrn. Ver- fasser. 17) — _ Ueber die Bildung des Harzgebirges. 4. Göt- tingen, 1842. — Von Demselben. 18) — —_ Ueber das Gebirgssystem der Sierra Nevada und das Gebirg von Jaen. 4. Göttingen, 1842. — Von Demselben. 19) Raabe, Dr. J. L. Die Jacob Bernouillische Function. 4. Zü- rich, 1848. Vom Hrn. Verfasser. 20) Ley, Dr. J. F. L. Ueber die Auflösung der Aufgaben des Apol- lonius von dem bestimmten Schnitte. 4. Köln, 1845. — Von Hrn. Prof. Baiter. 24) Mittheilungen der Naturforschenden Gesellschaft in Bern. Nr. 112-134. 8. Bern, 1848. — Von der Naturf. Ge- sellschaft in Bern. 22) Bulletin des seances de la societe Vaudoise des sciences na- turelles. Nr. 17. 18. 8. Lausanne, 1848. Par la soc. des sciences naturelles A Lausanne. 23) Verhandlungen der Schweizerischen Naturforschenden Gesell- schaft in Schaffhausen 1847. 32°* Sitzung. 8. Schafl- hausen. — Von der Schweiz. Naturf. Gesellschaft. 24) Siegfried, J. J. Die wichtigsten Momente aus der Geschichte Schweiz. Naturf. Gesellschaft. 8. Zürich, 1848. — Von Derselben. — 41 — 25) Blane. Examen de l’apologie des travaux du glacier du Gietroz 8. 1825. — Von Hrn. Siegfried. 26) Ziegler, J. M. Atlas über alle Theile der Erde. Lief. 2. fol. Berlin, 1848. Vom Hrn. Verfasser. 27) La Rive, A. de. Quelques recherches sur l’arc voltaique. 8. Geneve. — Vom Hrn. Verfasser. 28) Perler, Dr. €. J. Conspectus methodi plantarum naturalis. 4. Friburgi Brisg. 1822. — Von Hrn. Dr. Locher-Balber. 29) Hawle, Ig. und A. J. C. Corda. Prodrom einer Monographie der böhmischen Triboliten. 4 Prag, 1847. — Von Hrn. A. J. C. Corda. 30) Knoblauch, @. H. De calore radiante. 4. Berolini, 1846. — Von Hrn. Prof. Mousson. 31) Broun, John Allan. Observations in Magnetism and Meteoro- logy made at Makerstoun in 1843. 4. Edinburgh, 1847. — Von Hrn. Charpentier. 32) Saggi di naturali esperienze fatte nell’ accademia del Cimento. 4. Firenze, 1841. — Von Demselben. 33) Plana, Jean. Memoire sur la distribution de l’electricite A la surface de deux spheres eonductrices isolees. 4. Turin, 1848. — Von Demselben. 34) Schweizer, Dr. Eduard. Praktische Anleitung zur Ausführung quantitativer chemischer Analysen. 8. Chur, 1848. — Vom Hrn. Verfasser. 35) Guyot. Nouvelles recreations physiques et mathematiques. 3. edition. 3 vol. 8. Paris, 1786. — Von Hrn. Schult- hess-Schulthess. 36) Vega, Georg. Vorlesungen über die Mathematik. 4 Bde. 8. Wien, 1782-1819. — Von Demselben. 37) Sturm, J. W. und A. Schnizlein. Verzeichniss der phanerogamen und kryptogamen Gefässpflanzen in der Umgegend von Nürnberg und Erlangen. 8. Erlangen, 1847. — Von Hrn. J. Sturm aus Nürnberg. — Mi — 38) Thurman, J. Enumeration des plantes vasculaires du district de Porrentruy. 8. Porrentruy, 1848. — Vom Hrn. Verfasser. 39) Fabricius, Conr. Primitae florae Butisbacensis. 8. Wetzlariae, 1743. — Von Hrn. Schulthess-Schulthess. 40) Ludwig, Christ. Gott. De vegetatione plantarum marinarum. 4. Lipsiae , 1738. — Von Hrn. Dr. Locher-Balber. 41) Bulletin de la societ€ des sciences naturelles de Neuchätel. T. 1. feuille 1&18. (pages 1—256.) 8. Neuchätel, 1848. — Von der Gesellschaft von Neuchatel. 42) Wilbrand, Dr. Jo. Bern. Das Gesetz des polaren Verhaltens in der Natur. 8. Giessen, 1819. — Von Hrn. C. Zim- mermann. 43) Walther, Dr. Ueber den Egoismus in der Natur. 8. Nürnberg, 1847. — Von Demselben. 44) Stauffer, A. F. Sympathie des Menschen. 8. Konstanz, 1819. — Von Demselben. ’45) Deschwanden, J. W. Ueber die in den Beharrungszustand ge- langte Bewegung der Flüssigkeiten. 8. Zürich , 1848. — Vom Hrn. Verfasser. 46) Kasthofer, R. Ueber Behandlung der Wälder. 8. Genf, 1846. — Von Junker Staatsarchivar Meyer. 47) Troxler, Dr. Th. Ueber das Wesen des Scheintodes. 8. Bern, 41848. — Von Demselben. 48) Morlot, A. v. Erläuterungen zur geologischen Uebersichtskarte der nordöstlichen Alpen. Nebst der Karte selbst. 8. Wien, 1847. — Vom Hrn. Verfasser. Als Tausch für die Mittheilungen hat die Gesellschaft im Jahr 1848 folgende Schriften erhalten. 1) Verhandlungen des nieder-österreichischen Gewerbvereins. Heft 1-14. 8. Wien, 1840-48. — Von dem nieder-öster- reichischen Gewerbverein., -— Mu — 2) Verhandlungen des naturhistorischen Vereins der preussischen Rheinlande. Jahrg. 1-4. 8. Bonn, 1844-46. — Von dem naturhistor. Vereine der preussischen Rheinlande. 3) Goldfuss, Dr. Beiträge zur vorweltlichen Fauna des Steinkoh- lengebirgs. 4. Bonn, 1844. — Von Demselben. 4) Debey, Dr. M. Beiträge zur Lebens- und Entwickelungsge- schichte der Rüsselkäfer. Abthlg. 1. 4. Bonn, 1846. — Von Demselben. 5) Müller, Dr. Jos. Monographie der Petrefacten der Achener- Kreideformation. Abthlg. 1. 4. Bonn, 1847. — Von Demselben. 6) Bülletin der k. Akademie der Wissenschaften. Jhrg. 1847. 4. München. — Von der Akademie der Wissenschaften in München. 7) Abhandlungen der mathematisch -physikalischen Klasse der K. Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Bd. V. 1. (od. Bd. XXI.) 4. München, 1847. — Von Derselben. 8) Martius, C. F. Ph. v. Denkrede auf Joseph Gerhard Zuccarini. 4. München, 1848. — Von Derselben. 9) Pettenkofer, Dr. M. Die Chemie in ihrem Verhältnisse zur Physiologie und Pathologie. 4. München, 1848. — Von Derselben. 10) Studien des Göttingischen Vereins Bergmännischer Freunde. Herausg. von J. F. L. Hausmann. Bd. IM. IV. V: 1. 2. 8. Göttingen, 1833-44. — Vom Göttingischen Verein Bergmännischer Freunde. 11) Nachrichten von der Georg Augusts - Universität und der Aka- demie der Wissenschaften zu Göttingen. 1846. 1847. 8. Göttingen. — Von Demselben. 12) Korrespondenz-Blatt des zoologisch mineralogischen Vereins in Regensburg. Jahrg. I. 1847. Jahrg. II. 1. 2. 3. 8. Regensburg, 1847. — Von dem zoologisch - mineralogi- schen Verein in Regensburg. — a 43) Bericht 1 und 2 und Statuten des geognostisch-montanistischen Vereins für Inneröstreich. 8. Gratz, 1847. 1848. — Von dem geognostisch - montanistischen Verein für In- neröstreich. 14) Unterhaltungen, Königsberger naturwissenschaftliche. Heft i bis 4. 8. Königsberg, 1844. — Von der physikalisch- ökonomischen Gesellschaft in Königsberg. 15) Naturwissenschaftliche Abhandlungen herausg. von W. Haidin- ger. Bd. I. 4. Wien, 1847. — Von den Freunden der Naturwissenschaften in Wien. 46) Berichte über die Mittheilungen von Freunden der Naturwis- schaften in Wien. Gesammelt und herausg. von W. Haidinger. Bd. 3. 8. Wien, 1848. — Von Denselben. 47) Fortschritte, die, der Physik im J. 1846. Dargestellt von der physik. Gesellschaft zu Berlin. 8. Berlin, 1848. — Von der physik. Gesellschaft in Berlin. 18) Jahreshefte, Würtembergische naturwissenschaftliche. Herausg. von Dr. H. von Mohl u. a. Jahrg. II. II. IV. 1. 8. Stuttgart, 1846—48. — Vom Verein für vaterländische Naturkunde in Würtemberg. 19) Schriften, neueste, der Naturforschenden Gesellschaft in Dan- zig. Bd. IV. 2. 4. Danzig, 1847. -- Von der Naturfor- schenden Gesellschaft in Danzig. 20) Skusa, A. W. Rede zur Feier des ersten Säkularfestes der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig. 4. Danzig, 1843. — Von Derselben. MITTHEILUNGEN NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. 29. z 1848. Prof. Raabe, über singuläre Integralauflösun- gen einer Differenzialgleichung erster Ord- nung zweier Variabeln. (Mitgetheilt am 13. November. ) Im 31. Cahier des Journal de Ecole polytechnique theilt H. Catalan eine Note über die Ermittelung singu- lärer Integralauflösungen mit, die ich zum Gegenstande vorliegender Mittheilung mache. 1. Wenn eine endliche Gleichung zwischen zwei Va- riabeln x, y und einer allgemeinen Constante a in fol- gender Form gegeben ist: E(xiysa)ı0, (1) in der F ein beliebiges Functionszeichen vorstellt; wenn die dieser entsprechende Differenzialgleichung erster Ord- nung, die nicht mehr a enthält, durch: F'x,y, yı) = 0 (2) vorgestellt wird, wo F’ ein neues Functionszeichen und dy . ' : = % ist: so sind nicht nur alle durch specielle und eonstante Verfügungen über a aus (1) hervorgehenden Gleichungen Integralauflösungen (particuläre) dieser Dif- ferenzialgleichung in (2), sondern sämmtllche Elimina- lionsergebnisse von a, die Verbindungen von (1) mit folgender: — 2146 — dF(z, y, ——— . @) wie auch mit folgender: dF(s,y.a) _1 gr Saern @) herbeiführen, bieten ebenfalls Integralauflösungen dar. Diese werden nach Lagrange „singuläre“ Integralauflösun- gen genannt, falls sie nicht auch durch constante Verfü- gungen über a aus (1) zu ziehen sind. Auf dieses Ergebniss gelangen die meisten Schriftstel- ler, die sich mit diesem Gegenstande seit Lagrange be- schäftigt haben, welches auch ich im dritten Bande meiner Differenzial- und Integralrechnung (Nr. 595) mitgetheilt habe. 2. Der Zweck der am Eingange cilirten Note des H. Catalan geht nun dahin zu zeigen, dass es sein rich- tiges Bewenden mit dem Eliminationsergebnisse von a aus den Gleichungen (1) und (3), nieht aber im Allge- meinen mit dem haben kann, so aus den Gleichungen (1) und (4) gleichfalls durch Elimination von a gezogen wird. Zu diesem Behufe wird ein besonderer Fall durch _ die Gleichung: x+a— T3aßy —-a)=0 milgetheilt, aus der folgende analoge zu (#): — 3a 1 aa) ® gezogen wird, die a— 2y darbiete. Führt man diese Bestimmung von a in die vorgelegte Gleichung ein, wo- durch das Ergebniss der Elimination von a folgender- | massen sich darstellt: +2 =/, so thut diese der betreffenden Differentialgleichung erster Ordnung: 3xy, —6yı tı+2y=0 — MM — weder als singuläre noch als particuläre Integralauflösung ein Genüge, und ist dem gegenwärtig in Rede stehenden Falle ganz fremd. 3. So richtig die vorausgeschickte Bemerkung H. Gatalan’s betreffend das Eliminationsergebniss von a aus den Gleichungen (1) und (4) ist, erschöpft solche den gegenwärtig in Rede stehenden Gegenstand nicht ganz, indem auch ein Eliminationsergebniss von a aus den Glei- chungen (1) und (3) Relationen unter den Variabeln bis- weilen herbeiführen kann, die ebenfalls weder singulärer noch particulärer Beschaffenheit, und folglich dem frag- lichen Falle gleichfalls ganz fremd sind. Man überzeugt sich nämlich sehr bald, dass folgende Gleichung: ak -y„J)+/!i-p-Ni-2=0 in der Beziehung einer vollständigen Integralgleichung zu der Differentialgleichung erster Ordnung: yı 1 n-» Me steht. Stellt man nun die der erstern entsprechende, analoge zu (3) her, so gelangt man auf: x—- y=I, welche Relation zwischen den Variabeln x und y der ‚vorhergehenden Differenzialgleichung nicht genügt, und folglich derselben ebenfalls fremd ist. 4. Die Unzuverlässigkeit der in Nr. 1 mitgetheilten Vorschriften aus einer Gleichung wie (1) singuläre Inte- gralauflösungen abzuleiten, ist nunmehr eine unzweideu- tige Thatsache; anderseits bieten dieselben Vorschriften in den meisten Fällen ganz brauchbare Resultate dar, so dass die mitgetheilten zwei Fälle mehr als Ausnahmen denn als Regel angesehen werden dürfen: daher theile ich im Folgenden die Quelle dieser erwähnten Vorschriften a EEE —_— u — mit, woraus sowohl genügende Erklärung für die Aus- nahmsfälle, wie eine neue Fassung der alsdann zu be- folgenden Vorschriften hervorgehen wird. Wie schon seit Lagrange bekannt, und wie auch aus Nr. 594 meines oben citirten Werkes ganz unzweideutig hervorgeht, zieht man aus einer Gleichung zwischen zwei Variabeln x, y und einer allgemeinen Constante a, der Form: y=f@,a), (1) die ihr entsprechenden singulären Integralauflösungen, wenn man diese Gleichung (1‘) mit der aus ihr gefolgerten: dy 2=0 (6) durch Elimination von a verbindet. Die so gewonnenen Ergebnisse werden beim Statthaben dieser Gleichung (5) immer den Charakter von Integralauflösungen beibehal- ten, d. h. der aus (1‘) gezogenen Differenzialgleichung erster Ordnung genügen; dieselben sind jedoch nur dann singulärer Beschaffenheit, wenn sie durch keine constante Verfügungen über a aus (1‘) zu gewinnen sind. Wenn nun der endliche Zusammenhang der Variabeln x, y mit der allgemeinen Constante a nicht unter der Form (1‘), sondern durch eine Gleichung wie (1) aus Nr. 1 gegeben ist; dann hat man dem Vorausgeschickten zu- folge auch aus dieser den partiellen Differenzialquotienten dy herzustellen, denselben gleich Null zu setzen, und die da dadurch erhaltene Gleichung mit der vorgelegten in (1) durch Elimination von a zu verbinden. — Besagter Dif- ferenzialquotient ist nunmehr durch die Gleichung: dF(x,y,a) ur) da a da = Or) n dy _— An gegeben; daher hat man nur solche Relationen zwischen x, y und a mit Gleichung (1) behufs Elimination von a zu verbinden, die den unter gebrochener Form erschei- nenden Ausdruck rechterhand dieser Gleichung (6) auf Null bringen. In den meisten Fällen wird dieses nach den in Nr. 1 mitgetheilten Vorschriften erreicht, d. h. wenn der Zähler des eben erwähnten Ausdruckes gleich 0 [die Gleichung (3)], wie auch der Nenner desselben Ausdruckes gleich - [die Gleichung (4)] gesetzt, und je- des dieser Ergebnisse mit Gleichung (1) durch Elimination von a verbunden wird. Weil aber durch das Nullwer- den des Zählers oder das Unendlichgrosswerden des Nen- ners eines Bruches derselbe nicht immer den Nullwerth annimmt, welche Anforderung dem Vorausgeschickten zufolge unerlässlich ist; so bietet die Anwendung der Vorschriften in Nr. 1 bisweilen auch Ausnahmsfälle dar, d. h. bei Befolgung dieser Vorschriften gelangt man bis- weilen auf Relationen, die den Werth von 3 nicht gleich Null machen, welche aus eben diesem Grunde dem fraglichen Falle fremd und folglich zu verwerfen sind. Zugleich ersieht man aber auch die allgemeine Vorschrift, welche keines Ausnahmslalles mehr fähig ist, und die nunmehr, wie folgt, lautet: »Aus der Gleichung (1) stelle »man den Ausdruck rechterhand in Gleichung (6) her, »und verbinde jene durch Elimination von a mit jeder Re- »lation, die diesen als Nullwerth herausstellt ; die so ge- »wonnenen Relationen unter den Variabeln sind ent- »schieden Integralauflösungen der betreffenden Differen- »zialgleichung erster Ordnung, und zwar sind sie singu- — 350 — »lärer Natur, wenn sie durch keine constanten Verfü- »gungen über a aus (1) zu ziehen sind.*)“ Dass es mit der unmittelbar vorher aufgestellten Er- klärung der Ausnahmsfälle sein richtiges Bewenden habe, zeige ich im Folgenden noch näher nach. 5. Wird, erstens, der besondere Fall des H. Cata- lan vorgelegt, nämlich die Gleichung: s+a- Tafy— a)=0, wo der Ausdruck linkerhand die Function F (x, y, a) aus Gleichung (1) repräsentirt, und wo man: FR CR A ER ER da Y3a (@y — a) dF (x, y,a) _ _ A dy Y3a (2y — a) hat, so bietet die Relation, welche den Nenner des Aus- druckes rechterhand in Gleichung (6) vorangehender Nr. unendlichgross werdend macht, die Gleichung 2y — a = 0 dar; diese Relation stellt aber auch den Zähler un- endlichgross werdend heraus; sonach erscheint der Werth des partiellen Differenzialquotienten = vorläufig unter der unbestimmten Form =, d. h. man hat: *) Da man auch x als die relative Variable in Gleichung (1) ansehen kann, falls y als die absolute erklärt wird; so ist eine coordinirte Regel zu der oben mitgetheilten auch folgende: Aus Gleichung (1) stelle man‘den Ausdruck dF(x, y, a) 3 dF(x, y, 3) da e dx her, und verbinde jene durch Elimination von a mit jeder Relation die diesen Quotienten- als Nullwerth darbietet; u. s. w. — 231 — PN ni ya Y3a(2y —a) .: ©... Bin Bo - — ZEV 2, viyyza=o; Y3a (2y — a) multiplizirt man hier Zähler und Nenner mit /3a 2y—a), wodurch: d Ma = ee „Na @y-9)-3(-a)] erhalten wird, so stellt sich bei derselben Relation 2y — a = 0 die offenbar von Null verschiedene Bestimmung = = — s dar; — folglich ist das durch Verbindung der Gleichung 2y — a = 0 mit der vorgelegten sich herausstellende Eliminationsergebniss von a, nämlich die Gleichung: x +23, =0, weder eine singuläre noch particuläre Integralauflösung , sondern eine dem vorliegenden Gegenstande fremde Relation. Hingegen werden singuläre Integralauflösungen ge- dy wonnen, wenn man sämmtliche Relationen, die " =( herausstellen, die nämlich in der Gleichung: Ya&ıy-)-34-9)=0)) enthalten sind, mit der vorgelegten durch Elimination von a verbindet. Dieses, mit Umgehung der fremdartigen Auflösungen, welche Quadrirungen behufs Wegschaffung von Wurzelgrössen gewöhnlich herbeiführen, zu zeigen, addire ich die zuletzt aufgestellte Gleichung zur vor- gelegten und finde: x+ta—-3y—-ı)=I0, oder a=4@y ni *) Die Relationen, die im vorliegenden Falle * = 0 heraus- stellen, führen auf dieselbe Gleichung. — Bu — führt man diese Bestimmung von a in je eine der so eben addirten zwei Gleichungen ein, so ergiebt sich: 3k+y)- Y3By -)6y+ N), oder: x? + xy — 32 —=(0, aus der die Gleichungen: y-x=-0wd day + ı=0 gezogen werden, welche auch H. Catalan als die singu- lären Integralauflösungen der hier in Rede stehenden Differenzialgleichung erster Ordnung erkannt hat. Nimmt man, zweitens, den von mir in Nr. 3 vorge- legten besondern Fall vor, nämlich die Gleichung: ak - „+N1-YP- N -8=0, wo der Ausdruck linkerhand die Function F(x, y, a) der Gleichung (1) repräsentirt, und wo man demnach: dF (x, y, a) _ AP-&, 3.4.4) 45; y RE ea ne. hat, so bietet sichx — y=0 oder x = y als die Re- lation dar, welche den Zähler des allgemeinen Ausdruckes in Gleichung (6) auf Null bringt. Es stellt aber auch dieselbe Beziehung zwischen y und x den Nenner besag- ten Ausdruckes als Nullwerth dar. Denn aus der vor- gelegten Gleichung erhält man: „N-82—-N-y Wi 2 y für die Annahme x — y ergiebt sich nach bekannten Vorschriften: y. y A: oder a + > =—0, IE n1— y% woraus augenfällig, wie tat ward, auch ra — (0 erkannt wird. Dieses vorgesetzt, erhält man; 1 EI ER Ba ER. Bu - =» Darr Y,, a+ —— ri -y wo also noch zu zeigen erübriget, dass bei derselben . d ! Relation x — y der Werth von 3 verschieden von Null ausfällt. Erseizt man hier rechterhand a der vor- gelegten Gleichung gemäss, so ergibt sich: dy BzyP a Kk- 2 EPs eg) de BR weil der Ausdruck rechterhand in . für x — y übergeht, so differenzire man Zähler und Nenner rechterhand nach x, wodurch: ($ ) A. 26» en re et 1— x? n1—y% erhalten wird, und wo abermals der Ausdruck rechter- hand in " beix — y übergeht; differenzirt man aber- mals Zähler und Nenner nach x, so ergiebt sich zuletzt: ee en 1-1 welche Bestimmung, wie behauptet worden, von Null verschieden ist; — daher ist auch die Relation y—= x kei- nerlei Integralauflösung der gegenwärtig in Rede stehen- den Differenzialgleichung erster Ordnung. Wird hingegen die obige Bestimmungsgleichung für d = folgendermassen gestellt: dy:., «@-„N-y da aii—y2+y —_— 234 — so überzeugt man sich sehr bald vom Nullwerden des Differenzialquotienten — bei der Annahme y?— 1; und weil diese nur einen variabeln Werth für a darbietet: so stellt auch die Gleichung y? — 1 eine singuläre Integral- auflösung der in Rede stehenden Differenzialgleichung erster Ordnung vor. Stellt man noch die Werthform für dx da auch x? — 1 eine singuläre Integralauflösung im vorlie- genden Falle vorstellt. her, so überzeugt man sich in ähnlicher Weise, dass Anmerkung. Der in Nr. 3 gewählte besondere Fall, mit welchem ich mich auch im zweiten Theile der vorangehenden Nr. F(x, y, a) da dE beschäftiget habe, bietet für den von der allgemeinen Constante a unabhängigen Ausdruck x — y dar. Es spricht sich aber H. Catalan in der erwähnten Note dahin aus, dass nur inso- dF (x, y, a) da die durch Elimination von a aus den Gleichungen (1) und (3) her- vorgehenden Resultate richtig (exacts) sein werden; und weil, wie schon gesagt, der von mir gebrauchte Fall in der That kein a impli- ceirt; so erscheint die, diesem hochgeschätzten Geometer gegenüber , Eingangs Nr. 3, hingestellte Aeusserung nicht ganz gerechtfertiget. Hierauf ist aber zu entgegnen, dass H. Catalan die erwähnte Be- hauptung unbegründet gelassen hat; und dass solche auch nicht zu begründen möglich sei, führe ich zum Beschlusse einen besondern Fall vor. Wenn die Gleichung : (A—ı+y)®’ —-3+y)a -ı+ ®?+1=0 (e) vorgelegt ist, wo der Ausdruck linkerhand die Function F(x, y, a) repräsentirt und woraus: FVELY)_ sa-ı+ya-a-y (ß) gezogen wird; so enthält der Ausdruck rechterhand augenfällig die allgemeine Constante a. Dieser nimmt den Nullwerth auch bei der Annahme: fern keinen von a independeuten Ausdruck darbietet, a N TEWESE0 _— 3535 — an; und wenn diese in die vorgelegte Gleichung eingeführt wird, gelangt man auf das absurde Ergebniss 1 = 0. Der Grund hievon liegt darin, dass auch die Differenzialquotienten von F(x, y, a) nach x sowohl als nach y denselben Factor a— x + y mitführen. Man hat nämlich: PERS, = —-6(fa— ı+y)(a — %), nn = —6(a— ı+Yy)(s-+py) so dass nach Nr. 4 dy.in3 (ai He Wlan inn F) da 6a - ss Nla+ty dr: Alam sa HB mV) da 6(a—x+y)(a - 2x) erhalten wird, wo also bei der erwähnten Annahme a — x + y —= 0 weder 2 noch = der Null gleich wird. Scheidet man den gemeinsamen Factor aus Zähler und Nenner dieser Brüche aus, wo- durch sich Ay Aral ee My da, 2x +,y) ‘’ ‚da. ı..a.— ®% ‚ ergiebt; so erkennt man, dass der zweite Factor in obiger Glei- chung (ß) gleich Null gesetzt, oder die Gleichung a — 3x -— y=0, d d die Differenzialquotienten En und Ar als Nullwerthe herausstellt; — daher auch die vorgelegte Gleichung («) bei Einführung dieser letztern Relation zwischen x, y und a eine Integralauflösung her- beiführt, nämlich die Gleichung: Ak + y?-1=0, von der man sich bald überzeugt, dass sie zur Klasse der singu- lären Auflösungen gehört. — 2 — Prof. Raabe, über einen Hülfssatz zur Ausmit- telung der WVerthe bestimmter Integrale. (Mitgetheilt den 13. November.) In den Comptes rendus vom 16. Oct. 1. J. theilt H. Cauchy in einer Note folgenden Satz mit. [02] »Das Integral 7 ePif(refü)dr, wo f ein Functions- »zeichen und i die imaginäre Einheit ist, ändert den »Werth nicht, während das Argument p der imaginären »Variable z — rePi alle Werthe durchläuft, innerhalb wel- »cher die Function f(z) endlich und continuirlich verbleibt ; »überdiess muss diese Function der Art sein, dass das »Produkt zf(z) bei r—= 0 wie bei r— » den Nullwerth »darbietet. “ Dieser Satz leuchtet unmittelbar ein, wenn statt der imaginären er! eine reelle, positive Constante a gesetzt [02] wird. Wenn nämlich das bestimmte Integral f, f(r)dr den Anforderungen einer mathematischen Grösse nach den Nrn. 105 und 106 meiner Integralrechnung ent- spricht, gelangt man beim Uebergange von r in ar auf die Gleichheit : | oo [e\s) f af(ar) dr =l, f(r)dr, 0 0 wo die positiv gedachte, reelle Grösse a willkürlich ist. Erklärt man aber a als imaginär, der Form e®i, d.h. ersetzt in demselben bestimmten Integrale r durch rei, so leuchtet zwar 0 als unterer, nicht aber » als oberer Grenzwerth des umgebildeten besimmten Integrals ein; — hierin besteht das eigentliche Wesen des obigen Satzes, dessen Begründung und Brauchbarkeit in der Theorie — 157 — bestimmter Integrale die vorliegende Mittheilung zeigen wird. 1. Bei Feststellung der Gleichung : cd y I. af(ar)dr, 0 sei die allgemeine reelle oder imaginäre Constante a der Art gedacht, dass die Function f(ar) für keinen innerhalb 0 und & fallenden Werth von r unendlichgross wird. Zieht man hieraus den Differenzialquotienten von y nach a, so ist: dy r — f(ar)dr + afı (ar)rdr; da 0 fi) durch theilweise Integration erhält man, beachtend die unmittelbar vorher getroffene Feststellung über a: od CoD fi afı(ar)rdr = [rf(ar)| r— o) ZN f(ar) dr; wenn daher die zweite Voraussetzung, rf(ar) geht bei r—= © in Null über, getroffen wird, so ergibt sich q E- = 0; — woraus y von a independent erkannt, und der am Eingange aufgestellte Satz in folgender abweichen- der und einfacherer Form nunmehr mitgetheilt werden kann. Das bestimmte Integral [\ affar)dr, wo f ein Functionszeichen ist, ändert den Werth nicht, während die reelle oder imaginäre Constante a der Variable z=ar alle Werthe durchläuft, innerhalb welcher die Function f(z) nicht un- endlich gross wird; überdiess muss diese Func- tion der Art sein, dass das Produkt rf(z) bei r— o den Nullwerth annimmt. — 8 — 1. Anmerkung. Fällt nun die reelle positive Einheit unter den zusammenhängenden Werthen von a, die der ersten Anforde- rung dieses Satzes entsprechen; so hat man für alle diese Werthe von a, sie mögen reell oder imaginär sein, die Gleichheit: 16) 16) f af(ar)dr = f £(r)dr, (N) 0 0 falls noch die andere Bedingung des vorausgesetzten Satzes, dass nämlich rf(ar) beir = win Null übergeht, ebenfalls realisirt wird. 2. Anmerkung. Zum richtigen Gebrauche des obigen Satzes ist noch Folgendes zu beachten. Wenn die Bedingungen des vorausgeschickten Satzes nur für die innerhalb a; und az fallenden Werthe von a, nicht aber für diese Grenzen selbst stattfinden, so hat man, wenn « einen dieser Zwi- schenwerthe repräsentirt, folgende coordinirte zu (I): fi aflar)dr = f, en) dr, 0 0) wo nunmehr für a bloss sämmtliche innerhalb aı und az fallende Werthe angenommen werden dürfen. Ein analoges Bewenden hat es, wenn die Bedingungen des Satzes für sämmtliche innerhalb ag und az fallende Werthe von a, diese Grenzwerthe ausgenommen, realisirt werden; u. s. w. 2. Als erste Anwendung lege ich das bestimmte Integral: oem + 1) pi „m a vor, wo m und n reell und positiv, undm+1 und + z zu liegen kommt. 4 Wird, um noch eines von H. Gauchy ohne Be- weis veröffentlichtes Resultat nachzuweisen, in dem un- mittelbar vorher durch A dargestellten bestimmten Inte- — 262 — m 1 mA grale m durch - und n durch 57 ersetzt, so ist: m—3 m—1 m-+-1j +! 4 a) 2 da PETE )r( ). R: _ , (Cos.©+ ie Sin. 0" — Tım) BR Weil ® innerhalb — 5 und + 5 fällt, ist Tang. © aller reellen, nicht unendlichgross werdenden Werthe fähig; wird sonach Tang. ® durch = ersetzt, so ist: m—3 Hard > gr MAEHBBIEN 3 ee 2 2 ! a Im) BEL? (a? + b2) 2 wo a nothwendig verschieden von Null ist; berücksich- tigt man noch eine Eigenschaft der Function T' [Gl. (9) der Nr. 222 meiner Ir.], so hat man auch: & m—1 N ae —de=n2 — —, (3) ER (a + bei) r(3) e _. D} (a2 + b2) 2 wo m eine beliebige reelle positive Zahl repräsentirt, die grösser wie 1 ist; ebenso stellen a und b beliebige reelle Zahlen dar, mit der einzigen Beschränkung, dass a von Null verschieden sein muss. 5. Sehr brauchbar stellt sich das bier mitgetheilte Theorem dar, wenn Ergebnisse des Integrirens,, die all- gemeine reelle Constanten impliciren, auch auf imaginäre oder gar complexe Werthe derselben zu übertragen sind; wozu hier schliesslich ein Beleg mitgetheilt wird. Wie bekannt, hat man: — gm—1 — 2363 — an \ eier mta— m °’Ta, (#4) 0 wo a und m reelle, positive Zahlen vorstellen; geht im bestimmten Integrale r in rePi über, wodurch solches in a, Br , pi f eaPipa— 1,— mreP! ar 0 übergeht, so entspricht dieses, bei der getroffenen Fest- stellung über m, allen Anforderungen des Theorems, wenn p bloss der Werthe von — = bis + En fähig er- klärt wird. Es bietet sonach dieses bestimmte Integral für diese eben erwähnten Werthe von p denselben Werth, als bei der Annahme p = 0 dar; folglich hat man: ao ’ f eiPi pa — 1 zZ mreP! dr = m”? Ta), 0 oder auch a6) £ DEUFE: i ee DE f pi 1a mreP dr = er Pfim’Tıa. 0 Wird nun m Cos.p = « und m Sin. p = ß gesetzt, so ist: OD » f Mil -etrfürg — («+ Bi)? ra; 0 woraus hervorgeht, dass die Integralbestimmung in (4) noch Bestand hat, wenn auch m eine complexe Zahl @ + Pi repräsentirt, wobei jedoch der reelle Theil « nicht negativ sein darf. Anmerkung. Streng genommen darf «& nur insofern gleich 0 angenommen werden, als man dem Ausdrucke r?e ”" beim unendlichen Wachsen von r (wo a reell und potitiv ist) den Grenzwerth O0 anweist. —_— 23164 — Alb. Mousson, über die Land- und Süsswasser- mollusken von Java. (Vorgetragen den 27. November 1848.) Während die Wirbelthiere, die Vegetation, die Geo- logie von Java längst Gegenstände besonderer Untersu- chungen geworden sind, ist die Kenntniss der Mollusken- fauna dieser wie der übrigen Sundainseln auffallend im Rückstande geblieben. In ältern Werken finden sich mehr nicht als 31 Land- und Süsswasserschnecken, man- che überdiess mit unrichtigen Fundortsangaben, aufge- führt, welche wirklich auf Java vorkommen. Neuere Reisende befassten sich nur nebenbei mit Mollusken. So sandte Lechenault einige grössere Bulimusarten, die in den Werken von Ferussace und Lamark eine Stelle ge- funden haben. Aber erst durch die zahlreichen Sendun- gen der Hrn. Junghuhn und Oberst Winter, welche von den Hrn. v. d. Busch, Philippi, Pfeiffer und Dunker zur Kenntniss des Publikums gebracht worden sind, ver- vollständigte sich die javanische Molluskenfauna auch durch kleinere seltenere Arten. Die Zahl der authenti- schen Arten stieg dadurch auf 72. Gegenwärtig endlich kommen neuerdings durch die mehrjährigen Bemühungen des Hrn. Seminardirektors Zollinger 35 unbeschriebene Arten hinzu, welche die Gesammtzahl derselben auf 107 erheben, was zur Rechtfertigung dienen mag, wenn hier- mit eine Gharakterzeichnung der Moluskenschöpfung von Java versucht wird. Noch möge bemerkt werden, dass von den 76 neuern Arten, 23 zugleich in. den Winterschen und Zollinger- schen Sendungen, darunter die mehrsten eigenthümlichen Formen, vorkommen. Von 4—5 scheint der Ursprung noch etwas unsicher, von 4 andern die systematische -— %5 — Bestimmung. Weitaus die grösste Zahl der Formen, nämlich 79, scheint für Java ganz eigenthümlich, gemäss der Erfahrung, dass die Arten grösserer Inseln selten die angrenzenden Meeresarme überschreiten; doch ist zu be- achten, dass allerdings unsre Unkenntniss mit der Fauna von Sumatra und Borneo eine genaue Vergleichung nicht möglich macht. 24 Arten kommen auf andern Punkten der indischen Inselgruppen vor, doch erscheinen da- runter, erstens die ihrem Vaterlande und ihrer Bestim- mung nach etwas unbestimmten Formen, und zweitens vorzüglich fluviatile Arten, deren Unterscheidung einer- seits wegen Mangel an augenfälligen Merkmalen schwierig, deren Verbreitung anderseits, unter dem Schutze eines ausgleichenden Mediums, grösser ist. 3 Arten nur ver- breiten sich bis in die entferntern Gegenden der Erde, zwei derselben (Helix similaris Fer. und Melania tuber- eulata Müller) auf der südlichen Halbkugel, eine der- selben mit Ueberspringung der tropischen Zone (Unio tu- midus Retz) nach der nördlichen. Die Mollusken Java’s vertheilen sich, so weit die bis- herigen Sendungen es zu beurtheilen gestatten, folgender- massen auf die verschiedenen Gattungen. Nanina 6 Arten Paludestrina 1 Arten Helix Bu Pirena y55 Bulimus 10: ..15 Melanopsis Re Glausilia Zi. Melania Muieiy Limnaeus 2 , Neritina kdutı , Planorbis 1586, Navicula Ki Auricula 2 PR ER Cyrena NER IE Scarabus Yan Unio Ga, Cyelostoma 10 ,„ Alasmodonta 2 „ Ampullaria 2 , Anadonta RRORR Paludina ZEN 0 Also stehen 46 terrestrischen 61 fluviatide Arten gegenüber, ein Verhältniss, welches das Umgekehrte von dem der europäischen Arten ist und eher an das des nördlichen Amerika erinnert. Doch ist hinwieder das Ver- hältniss der Bivalven zu den Univalven, 15 zu 92. Die Arten selbst sind die folgenden: I. Gen. Nanina Gray. 1. javanica Fer. (Hel.) — 2. inguinata v. d. Busch (Hel.) 3. gemina v. d. B. (H.) — 4. bataviana v. d. Busch (H.) 5. Rumphü v. d. B. (H.) Neu: 6. centralis mit ausgeprägter Garocollenform und kleiner als die vorigen. Il. Gen. Helix Lin. 1. conus Phil. — 2. crassula Phil. — 3. similaris Fer. — 4. Winteriana v. d. B. — 5. rotatoria v. d. B. — 6. planorbis Lesson. Neu: 7. smimensis, klein, gerundet, fein behaart, an die europäische H. sericea erinnernd. 8. helicinoides, verwandt mit similaris, aber mit aus- geprägter Carina. Il. Gen. Bulimus Scop. 1. palaceus v.d. B. — 2. perversus Line (Hel.) — 3. interruptus Mich. — 4. achatinaceus Pfr. Neu: 5. purus verwandt mit palaceus und interruptus, aber sehr rauh gestreift, schlanker, stets weiss. 6. elegans, nahe an laevus, doch kleiner und zarter, flammige Zeichnung. 7. porcellanus, kleiner, zart, gerundete Windungen, zierliche Zeichnung. 8. galerieulum — klein, zart, sehr schiefe Oeffnung mit schwarzem Saum, eigenthümlich. 9. glandula — ganz nach dem Typus des europ. B. montanus. — 10. apex — verwandt mit clarulus, nur feiner und zarter. 11. Heeri — mit dem Typus des ventricosus Fer. — stumpfgethürmt, braun gefärbt. IV. Gen. Clausilia‘ Drap. 1. javana Pfr. — 2. Heldii Küst. — 3. corticina v. d. Busch. — 4. orientalis v. d. B. — 5. cornea Phil. — 6. Junghuhni Phil. Neu: 7. Moritzii Mouss. — Oeffnung lang, wenig entwickelte Lamellen , helldurchscheinend. V. Gen. Limnaeus Drap. 1. succineus Desh. Neu: longulus — dem vorigen verwandt, nur halb so gross, zarler. VI. Gen. Planorbis Guett. 1. tondanensis Quay. VI. Gen. Auricula Lam. 1. fasciata Desh. — 2. Iutea Quay. Neu: 3. sulculosa — kleiner CGassidulus, mit starken Furchen, verwandt mit A. mulcus Fer. 4. granifera — eichelförmig, klein, stark gekörnt. VI. Gen. Scarabus Meetf. 1. pyramidatus Reewe. IX. Gen. Cyclostoma Lam. 1. discoideum Sow. — 2. oculus capri Wood. — 3. perdix Brod. — 4. vitreum Lesson. Neu: 5. opalinum — verwandt mit discoideum, glän- zend glatt, opalartig durchscheinend. 6. cornieulum — klein, weitgenabelt, zackige Quer- zeichnung. — 268 — 7. eximium — nahe stehend an oculus capri, doch grösser, weitere Oeflnung, etwas ebene Nabelwände. 8. Zollingeri — kleiner, aber verwandt mit perdix, hautig, runzelige Oberseite. 9. Charpentieri — nahe an volvulus Müll., doch en- gere Windungen, mehrfacher Mündungskrumm. 10. cihferum — ähnlich ciliatum Sow, doch kantig und auf der Oberseite mit scharfen Langsrippen. X. Gen. Ampullaria Lam. | 1. celebensis Quay. | Neu: 2. scutata — ähnliche Form wie die vorige, stets viel kleiner, unregelmässiger. XI. Gen. Paludina Lam. 1. javanica v. d. Busch. -- 2. augularıs Müll. (Nerita.) XI. Gen. Paludestrina d’Orb. 1. ventricosa Quoy. (Paludina.) XII. Gen. Pirena Lam. 1. atra Lin. (Strombus.) XIV. Gen. Melanopsis Fer. 1. Helena Medar. XV. Gen. Melania Lam. 1. varicosa Trosch. — 2. testudinaria v. d.B. — 3. ornata v.d.B. — 4. glanes v. d.B. — 5. coarctata Lam. — 6. semicancellata v.d. B. — 7. terebra v. d. B. — 8. aspirans Hinds. — 9. porcata Jonas. — 10. torquata. v. d. B. — 11. inhonesta v. d. B. — 12. tuberculata Müll. (Nerita.) — 13. lineata Trosch. — 14. flavida Dunk. — 15. Riquetü Grat. — 16. siccata v. d. B. — 17. spinu- losa Lam. — 18. scabrella Phil. — 19. granum v. d. B. — 20. Winteri v. d. B. — 23169 — Neu: 21. infracostata — verwandt mit varicosa, obere Windungen eben, untere stark gerippt und gefurcht. 22. sulcospira — verwandt mit Kranzii Charp., stark gefurcht, wenig convexe Windungen. 23. unifasciata — verwandt mit inhonesta, breiter, dunkler Rand in der Oeffnung, ohne Rippen und Furchen. 24. cylindrica — klein, eylindrisch, gerippt und ge- furcht. XVI. Gen. Neritina Lam. 1. semiconica Lam. — 2. communis Quoy. — 3. ele- gantina v. d. B. — 5. fuliginosa v. d. B. — 6. rugosa v. d. B. — 7. flavovirens v. d. B. — inconspieua v.d. B. — 9. bella v. d. B. — 10. corona australis Chem. (Nerita.) Neu: 11. Iris — verwandt mit piperiva Chem., doch etwas comprimirtes Gehäuse, umhüllter Wirbel und ab- weichender Zeichnung. 12. rarispina — klein, mit oder ohne kurze Dornen, feine Flecken. AÄVII. Gen. Navicella Lam. Neu: 1. maculifera — nahestehend an tessalata Lam., doch länger, etwas comprimittirt, schuppig gefleckt. XVII. Gen. Cyrena Lam. 1. orientalis Lam. — 2. fluminea Müll. (Tellina.) — 3. violacea Brug. (Tyclas.) — 4. ceylonica Chem. (Venus.) Neu: 5. pulchella — verwandt mit purilla Pur., klein, feingereiht. 6. lata — zwischen ceylonica Chem. und cyprinoides Quoy — breit, quer fein gefurcht, grünlichgelb. XIX. Gen. Unio Retz. 1. exilis Dunker. — 2. tumidus Retz. Neu: 3. evanescens — nahestehend, vielleicht identisch — 270 — mit der indischen Art Jacquem. Voy. T. 18 f. 3 — dünn, aufgetrieben, verschwindende Schlosszähne. 4. productus — lang, etwas cylindrisch, glänzende Epidermis. 5. smutatus — breit, arcoarlig. 6. ligula — zart, comprimirt, breiter als smulatus. AÄX. Gen. Alasmodonta Lay. 1. Vanderbuschiana Lea. Neu: 2. erispata — flacher, gerundeter, schwächer, verlängerter Zahnbuckel. XXI. Gen. Anodonta Lam. Neu: 1. polita — sehr comprimirt, verlängert, zarl- schalig. Diesem Verzeichniss zufolge zeichnet sich die Mollus- kenfauna von Java durch folgende Charakterzüge aus: 1. Merkwürdig ist vorerst das Auftreten einer Reihe grösserer eigenthümlicher Naninen und das auflallende Zusammensinken der eigentlichen Heliceen auf wenige kleinere, unter sich abweichende Formen. Dieser Um- stand verknüpft Java mit den polynesischen Inseln, unter- scheidet es dagegen von den asiatischen und europäischen Continenten, und selbst von den an grossen Heliceen so reichen Philippinen. 2. Einen Charakterzug bildet ferner das Erscheinen einer durch Grösse und Farben ausgezeichneten Gruppe von Bulimusarten mit einer vortretenden Tendenz zu linkseitiger Aufwindung. In B. perversus und interruplus begründet die Richtung der Aufwindung nur individuelle Abweichungen. Diese Eigenthümlichkeit scheint sich durch die übrigen Sundainseln fortzuziehen, verschwindet da- gegen auf den Philippinen unter der grossen Mannigfal- tigkeit normaler Gebilde. — 271 — 3. Das Vorkommen des kleinen Bulimus glandula und der behaarten Helix smimensis, beide mit ganz europäi- schem Typus, verdient erwähnt zu werden. Sie gehören aber dem bergigen, nicht dem tiefern Theile Java’s an. 4. Es fehlen die dünnwandigen und zartschaligen Achatina- und Bulimusarten gänzlich, welche die einen im südlichen, die andern im mittlern Asien eine so wich- tige Rolle spielen. Der einzige kleine Bul. achatinaceus streift an die Achatinen, doch ohne bezeichnenden Typus. Ebenso fehlt das Genus Succinea mit seinen zart gebau- ten Gehäusen. 5. Es fehlt ebenfalls die auf der nördlichen Halbku- gel, namentlich in dem alten Continente so artenreiche Gattung Pupa, wiewohl sie durch ganz Hochasien fort- seizt und aus dem Oriente, den felsigen Küsten des rothen Meeres entlang, bis unter den Aequator hinabreicht. Um so merkwürdiger ist es, die verwandte Gattung Clau- silia in mehrern Arten mit fast europäischem Typus auf- tauchen zu sehen, vermuthlich als vorgerückte Vorposten einer durch ganz Asien sich ausbreitenden Bevölkerung. 6. Auffallend ist die geringe Zahl lacustrischer Pul- monaceen; sie beschränkt sich auf 2 Limnaeen und 1 Planorbis (Physen fehlen) und selbst diese Arten scheinen kein Eigenthum Java’s, sondern Bewohner der sämmtli- chen Sundainseln.. Zu bemerken bleibt jedoch, dass diese Gattungen ihrer Unscheinbarkeit und Zerbrechlich- keit wegen die Aufmerksamkeit der Reisenden weniger auf sich ziehen, und sich auch anderswo, Nord-America vielleicht ausgenommen, durch Artenarmut, im Gegen- salz zu einem grossen Reichthum an Individuen und Va- rietäten auszeichnen. 7. In der Gattung Auricula, welche an die Stelle von Suceinea tritt, findet man weniger für Java allein ‚ — 272 — als für die indischen Inselgruppen überhaupt bezeichnende Arten, hingegen, A. granifera ausgenommen, keine Ty- pen, die nicht auch in Africa und America sich wieder- finden. Dagegen stellt Scarabus, mehr als keine andere Schnecke, eine für Südasien und die indischen Inseln be- zeichnende Gestalt dar, die Europa, Africa und America durchaus fremd ist. 8. Neben Nanina und Bulimus gewinnt das terrestri- sche Genus Gyclostoma eine sehr ungewöhnliche Bedeu- tung und zeichnet sich durch die Mannigfaltigkeit und Schönheit seiner Arten aus. Die meisten Arten sind ei- genthümlich, doch mit dem Stempel derjenigen der übri- gen indischen Inselgruppen. Abweichend von den gros- sen Arten Madagascars ist ihr Deckel ein enggewundener, meist häutiger, nicht aber ein kalkiger. Die Tendenz einiger Arten zur Ablösung ihres Gewindes findet sich, sonderbarer Weise, weniger bei den philippinischen als bei einigen brasilianischen Arten. Von Helicine ist keine bekannt. 9. Ampullaria und Paludina, obgleich durch wei- ter verbreitete Arten repräsentirt, tragen auch wieder den ostasialischen Charakter, erstere wegen ihres dicken kalkigen Deckels, der den brasilianischen Arten fehlt, letztere durch ihre Tendenz zur Entwickelung von Spi- ralrippen. Die grössern Arten beider Gattungen sind als Nahrungsmittel nicht unwichtig. 10. Am merkwürdigsten vielleicht ist der ausseror- dentliche Reichthum an Melanien aus den verschiedensten Gruppen, wie kein Land von gleicher Grösse ihn aufzu- weisen hat. Unter der Zahl finden sich von den grössten und schönsten bekannten Arten; manche sind eigenthüm- lich, andere gehören zu Gruppen, welche dem melanien- reichen Nord-America durchaus fremd sind und nur auf — 273 — den indischen und ozeanischen Inseln zur Entfaltung ge- langten. Dahin gehören besonders die mit breitem Basal- rand der Oeffnung und mit Dornen versehenen Arten. 11. Auch der einzige Repräsentant von Melanopsis ist eine eigenthümliche, zum Theil noch räthselhafte Schnecke. 12. Bei den Bivalven, den Cyrenen, stösst man auf andere Verhältnisse. Die Arten haben nichts für Java Eigenthümliches, sondern ordnen sich einerseits in eine Gruppe, die durch ganz Asien, den Orient und Egypten ihre Charaktere behauptet, anderseits in eine andere, welche bis Geylon und Neu-Guinea reicht und mit eini- ger Modification wieder im centralen America aufblüht. Die Cyrenen vertreten das Genus Cyelas der nördlichen Länder. 13. Was endlich die Najaden betrifft, so gehören die Unionen bei ihrem zarten Bau und lamellenartigen Zwil- lingszahne dem in den ostindischen Flüssen vorherrschen- den Typus an, der aber durch die indischen Inselgruppen fortsetzt. U. tumidus stellt das einzige Beispiel einer vollkommen europäischen Art dar, indem der heisse Erd- gürtel sonst als ein unübersteigliches Hinderniss gegen die Verbreitung betrachtet wird. 14. Mehr eigenthümlich und von den nordamerikani- schen Typen abweichend sind hingegen die Alasmodonten und bilden, ihrer Schlossbildung nach, ein natürliches Zwischenglied zwischen den wahren Alasmodonten und den afrikanischen Iridinen. Auch die einzige Anodonta hat weder einen europäischen noch einen nordamerikanischen Charakter. — m — Dr. Franz Vögeli, über zwei neue Verbindun- gen von Phosphorsäure und Aether. (Vorgetragen den 11. Dez. 1848.) Unter den Mitteln. deren sich die neuere Chemie be- dient hat, um in das Wesen der organischen Verbindun- gen einzudringen, hat sich als eines der erfolgreichsten herausgestellt die Einwirkung unorganischer Säuren auf diese Verbindnngen. Die Wissenschaft verdankt dersel- ben ausser wichtigen Erscheinungen, die ausser den Be- reich dieser Betrachtungen fallen, Reihen von neuen Ver- bindungen , die zu den theoretisch merkwürdigsten ge- hören, wie die Aetherarten und ihre Verbindungen und die sogenannten gepaarten Säuren. Mit besonderer Gründlichkeit ist die Einwirkung der Schwefelsäure auf organische Substanzen studirt worden und die durch dieses Mittel dargestellten gepaarten Schwe- felsäuren sind ebenso zahlreich als mannigfaltig. Dem Verhalten der Phosphorsäure zu organischen Sub- stanzen ist eine viel zu geringe Aufmerksamkeit geschenkt worden; wir kennen indess mehrere sogenannte gepaarte Phosphorsäuren, wie die Aetherphosphorsäure, die Gly- cerinphosphorsäure und die Oleophosphorsäure, von de- nen die beiden ersten durch Einwirkung wasserhaltiger Phosphorsäure auf Alkohol und Glycerin hervorgebracht worden sind. Die wasserfreie Phosphorsäure ist bis jetzt ausschliesslich in ihrer Wasser entziehenden Einwirkung auf organische Verbindungen studirt, oder vielmehr zur Darstellung einer Reihe von interessanten Zusetzungspro- dukten gebraucht worden. Ob sie, wie die Analogie der wasserfreien Schwefelsäure vermuthen lässt, eigenthüm- liche Verbindungen zu bilden vermag, ist eine Frage, die bis jetzt unbeantwortet geblieben ist. — 275 — Zur Beantwortung dieser Frage mögen folgende Ver- suche beitragen, die über die Einwirkung der wasser- freien Phosphorsäure auf Aether und Alkohol angestellt worden sind. Diese und einige andere Versuche über das Verhalten des Phosphors zu Aether und über die Bildung der Ae- therphosphorsäure, welche an einem andern Orte vollstän- dig mitgetheilt worden sind, hat der Verfasser im Labo- ratorium des H. Prof. Magnus in Berlin ausgeführt, nicht ohne dem wohlwollenden Rathe seines hochverehrten Leh- rers wesentliche Unterstützung zu verdanken. Wurde wasserfreie Phosphorsäure in rektifizirten Ae- ther in kleinen Portionen nach und nach eingetragen, so war ein bedeutendes Zischen und eine Erwärmung zu beobachten, die den Aether selbst bei äusserer Abkühlung zum schwachen Kochen brachte, während die Phosphor- säure Klumpen bildete, die erst nach langem Liegen im Aether zu einem Syrup zerflossen. Zum Behnfe einer minder heftigen Einwirkung wurde die wasserfreie Phos- phorsäure unter einer Glocke über entwässerten Aether aufgestellt, so dass dessen Dämpfe nach und nach absor- birt wurden. Die Phosphorsäure nahm bald das Anse- hen einer gelben, seltner bräunlichen, zähen Masse an, die erst nach langer Zeit (8— 14 Tage) zu einem Sy- rup zerfloss, welcher nicht mit Aether wol aber mit Al- kohol mischbar war. Der erhaltene Syrup wurde in Wasser gegossen, wobei trotz äusserer Abkühlung eine geringe Abschei- dung von Aether nicht zu vermeiden war, und die Lö- sung mit kohlensaurem Baryt und Barythydrat gesättigt. Es schied sich hiebei eine bedeutende Menge unlöslicher und schwerlöslicher Barytverbindungen ab. Die von diesen getrennte barythaltige Flüssigkeit lieferte sowol wenn in — 76 — gelinder Wärme als wenn im luftleeren Raume über Schwefelsäure eingedampft, eine krystallinische Masse, die organische Substanz entbielt, und sich je nach der höhern oder niedrigern Temperatur, der sie ausgesetzt war, mit Hinterlassung eines grössern oder geringern Rückstandes in Wasser löste. Diese Lösung gab mit salpetersaurem Silberoxyd eine geringe Trübung, mit salpetersaurem Bleioxyd eine ähnliche, die durch Zusatz von Essigsäure verschwand — beide indess unwesentlich im Verhältniss zum Barytgehalt der Lösung. Es war hiedurch die Bildung einer Säure gewiss, die sich durch die Löslichkeit ihres Blei- und Silbersalzes von der Aetherphos- phorsäure unterscheidet. Die eben erwähnten Reaktio- nen zeigten indess, dass sie mit einer andern gemengt war, deren Blei- und Silbersalz unlöslich ist, die somit Aetherphosphorsäure sein konnte, und deuteten die leichte Zersetzbarkeit der erstern Säure an. Um die neue Säure rein von jenen andern zu er- halten, sättigte ich die in Aether zerflossene und in Wasser verdünnte Phosphorsäure mit Bleiweiss, bis schliesslich zugesetztes, frisch gefälltes, kohlensaures Bleioxyd nicht mehr zerlegt wurde. Es schieden sich unlösliche Bleiverbindungen aus; die davon getrennte bleihaltige Lösung wurde in abgetrennten Theilen im luft- leeren Raume und in gelinder Wärme eingedampft. In beiden Fällen schied sich ein schwerlösliches Bleisalz in Form perlmutterglänzender Blättchen ab, in letzterm wurde die Flüssigkeit, die zwar gesättigt schon sauer reagirte, stärker sauer, so dass sie von neuem kohlen- saures Bleioxyd zerlegte unter Abscheidung eines organi- sche Substanz enthaltenden Niederschlages: eine Bestä- tigung der oberwähnten Zersetzung. (Schluss folgt in No. 31.) . MITTHEILUNGEN NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. DAT .S, —— 1848, Dr. Franz Vögeli, über zwei neue Verbindun- sen von Phosphorsäure und Aether. (Schluss. ) Bei einer gewissen Koncentration schied die Lösung in beiden Fällen Krystallgruppen in der Form des Thein aus. Für sich erhitzt, schmolzen diese Krystalle, zersetz- ten sich unter Entwickelung eines angenehmen ätheri- schen Geruchs, und hinterliessen eine Masse, die vor dem Löthrohr die bekannte Reaktion des phosphorsauren Bleioxyds zeigte: Reaktionen, die genüglten, eine neue aus Phosphorsäure und organischer Substanz beste- hende Säure erkennen zu lassen, die schon durch die blosse Löslichkeit ihres Bleisalzes von der Aetherphos- phorsäure unterschieden ist. Wiederholte Bereitungen ergaben stets dasselbe Salz, was schon durch dessen ausgezeichnete physikalische Eigenschaften, später-aber auch durch die Analyse fest- gestellt wurde. Vollständiges Zerfliessen der Phosphor- säure mit Aether und Vermeidung jeder Temperaturer- höhung stellten sich als wesentliche Bedingungen heraus für eine reichliche Bildung der neuen Säure. Zu absolutem Alkohol zeigte die wasserfreie Phos- phorsäure ein ganz ähnliches Verhalten; ich erhielt unter — 8 — ähnlichen Umständen eine etwas grössere Menge dessel- ben schön krystallisirten Bleisalzes, von dessen Identität mit dem aus Aether erhaltenen nachfolgende Analysen er- geben werden. Auch hier dieselben Bedingungen der Bildung; war der Alkohol wasserhaltig, so wurde die neue Säure nicht erhalten. Das so erhaltene Bleisalz liess folgende Eigenschaften erkennen: Es ist in kaltem Wasser leicht, in warmem noch leichter, in verdünntem Alkohol leicht, in kaltem absolu- tem Alkobol schwer, in 40° C. warmem sehr leicht lös- lich. Je nach Umständen kann es daher in Nadeln und messbaren Krystallen, in Theinartigen Gruppen oder sei- denglänzenden krystallinischen Massen erhalten werden. Auf Wasser geworfen, zeigen Krystalle von passender Grösse das auch bei andern Salzen beobachte Tanzen auf der Oberfläche. Das Salz schmilzt bei 180° C. und erstarrt wieder um 175° zu einer sternförmig krystallinischen Masse. Mit einiger Vorsicht lässt sich diese Schmelzung vor- nehmen, ohne dass das Salz einen Gewichtsverlust erlei- det; unmittelbar nach vollständiger Schmelzung beginnt indess die Zersetzung, auf die wir später zurückkommen werden. Die von verschiedenen Bereitungen sowohl aus Alko- hol als aus Aether erhaltenen Mengen Bleisalz wurden getrennt analysirt. Das Bleioxyd wurde als Schwefelblei bestimmt. Die Phosphorsäure aus dem phosphorsauren Bleioxyd, das zurückblieb, wenn das Bleisalz vorsichtig im Luftbad ‘ geschmolzen und bis zur Trockne erhitzt, dann geglüht und mit Salpetersäure weiss gebrannt wurde; der Koh- -— u — len- und Wasserstoff durch Verbrennen mit Kupferoxyd nach der gewöhnlichen Methode. Die so erhaltenen, unter sich übereinstimmenden Re- sultate führten auf eine sehr unwahrscheinliche höchst verwickelte Zusammensetzung. Die Vergleichung dieser Resultate mit denjenigen, die auf gleichem Wege für die Zusammensetzung des gleich zu erwähnenden Kalk- salzes erhalten wurden, führte auf die zwar wenig wahrscheinliche Vermuthung,, dass die beim Erhitzen der Salze entweichenden Dämpfe Phosphorsäure enthalten möchten. Die nähere Untersuchung ergab die unerwar- tete Bestätigung dieser Vermuthung. Dieses machte eine besondere Bestimmung der Phosphorsäure nöthig. Folgende Methode erwies sich als zweckmässig : Die Substanz wurde wie bei einer gewöhnlichen Ver- brennung mit Kupferoxyd im Sauerstoffstrom verbrannt, und der hinterlassene Rückstand an phosphorsaurem Blei- oxyd aus dem Gewichtsverluste eninommen, den die Ver- brennungsröhre hiebei erlitt. Das hiezu verwendete Ku- pferoxyd durfte zu diesem Zwecke durch die Operation keine Gewichtsveränderung erleiden, es war durch Auf- lösen von Kupferhammerschlag in Salpetersäure, Filtriren Eindampfen und Glühen erhalten worden, und entsprach in diesem Zustande obiger Anforderung. Durch Ver- brennung einer rein organischen Substanz nach dieser Methode überzeugte ich mich von der Brauchbarkeit der- selben. Die Ergebnisse der Analyse sind folgende: Die aus der wässrigen Lösung erhaltenen Krystalle wurden auf Fliesspapier getrocknet und im gepulverten Zustand analysirt. Auf 160° erhitzt erleidet das Salz keinen Gewichts- verlust; es ist also frei von Krystallwasser. — 230 ° — Bleisalz gaben Schwefelblei, Bleioxyd. grm. 1. 0,8155 0,3820 43,71 p. c. 2. 0,5195 0,2415 43,34 - 3. 0,3700 0,1715 43,22 - 4. 0,6045 0,2815 43,37 - Bleisalz gaben Kohlensäure, Wasser , Kohlenstoff, Wasserstofl. 5. 0,8090 0,5490 0,2960 18,50 p.c. 4,08 p.c. 6. 0,8300 0,5675 0,2950 18,61 - 305 - 7. 0,5565 0,3750 0,1980 1840 - 3,95 - 8. 0,5495 0,3700 0,2005 18,27 - 406 - 9. 0,5695 0,3785 0,2025 18,25 - 3,96 - 10. 0,6695 0,4450 0,2415 1813 - 400 - Bleisalz gaben phosphorsaures Bleioxyd. 11. 0,4675 0,3320 = 71,02 p. c. 12. 0,5270 0,3745 = 71,06 - Die Bestimmungen 1,5, 11 rühren von einer Berei- tung der Säure aus Aether her, 2, 6 und 3, 7 von je zwei andern, 4, 10, 12 von einer Bereitung aus Alkohol. Die Mittel aus den Ergebnissen der Analyse stimmen sehr wohl mit der Formel: Pb O + 2 [C, H; 0] + Ph 0; überein, wie die Vergleichung der gefundenen mit den berechneten Werthen zeigt: Gefunden. Berechnet. Phosphorsaures Bleioxyd 71,04 71,21 Blixyd . . 00.4341 43,44 Phosphorsäure R 27,53 27,77 Kohlenstoff . 2 .. 18,36 18,66 Wasserstoff . R 1 0 3,90 Sauerstoff _. x a az 6,23 100,00 100,00 —_— 2831 — Das Kalksalz derselben Säure wurde theils direkt dargstellt durch Sättigung der über Alkohol oder Aether zerflossenen Phosphorsäure mittelst kohlensaurem Kalk und Kalkhydrat, theils aus dem Bleisalze durch Abschei- dung der Säure mittelst Schwefelwasserstoff oder durch doppelte Zersetzung mittelst Chlorcalcium in alkoholischer Lösung. Die Uebertragung der Säure von einer Basis auf die andere war stets mit einem Verluste verbunden, der nur der leichten Zersetzbarkeit der Säure zuzuschrei- ben ist. Dieses Salz ist sehr leicht löslich in Wasser, etwas schwieriger in verdünnter Alkohol, wenig in absolutem. Es lässt sich in seidenglänzenden spiessigen Gruppen, wol auch in Nadeln krystallisirt erhalten. In höherer Temperatur gibt es kein Wasser ab, schmilzt auch nicht, sondern zersetzt sich unter Entwick- lung der vom Bleisalze her bekannten Dämpfe. Die Analyse geschah, die mit Rücksicht auf den Kalk nothwendigen Abweichungen abgerechnet, wie beim Blei- salze. Die Ergebnisse sind folgende: Kalksalz gaben kohlensauren Kalk, Kalk. gr. 1. 0,2555 0,0725 15,90 p.c. schwefelsauren Kalk. 2. 0,4465 0,1790 16,50 - 3. 0,7530 0,2950 16,12 - 4. 0,6405 0,2550 16,39 - Kalksalz gaben Kohlensäure, Wasser, Kohlenstoff, Wasserstoff. 3. 0,4715 0,4775 0,2545 27,61 6,01 p. c. 6. 0,3045 0,3110 0,1650 27,81 6,01 - 7. 0,3215 0,3200 0,1735 27,14 6,00 - Kalksalz geben phosphorsauren Kalk. 8. 0,3360 0,1950 — 58,03 p.c, 9. 0,4615 0,2655 Er 98,53 - Die Bestimmungen 2, 3, 5, 8 entsprechen einem Salze, das direct durch Sättigung der zerflossenen Phos- phorsäure mittelst kohlensaurem Kalk erhalten wurde, das Salz zu den Bestimmungen 1, 7 wurde aus Bleisalz durch Abscheiden der Säure und Sättigen mit kohlensau- rem Kalk, dasjenige zu 4, 6, 8 aus Bleisalz durch dop- pelte Zersetzung mittelst Chlorcaleium dargestellt. Mit der Zusammensetzung verglichen, welche die aus dem Bleisalz bekannte Formel der Säure verlangt, zei- gen diese Resultate genügende Uebereinstimmung: Gefunden. Berechnet. Phosphorsauren Kalk 57,78 57,45 Kalk . R ! . 16,23 = 16,39 Phosphorsäure . . 41,55 41,06 Koblenstoff j Be 27,60 Wasserstoff s 0 5,75 Sauerstoff . A Au A) 9,20 100,00 100,00 Die Zusammensetzung der beiden wasserfreien Salze ist also: - ar. Pb +2 (C, H; O) + Ph Ca +2 (GC, H; 0) + Ph Die freie Säure enthält also ein Atom Phosphorsäure und zwei Atome Aether. Von dieser Zusammensetzung ausgehend, schlage ich vor, die neue Säure Biätherphosphorsäure zu nennen. Durch doppelte Zersetzung des biätherphosphorsauren Bleioxyds wurden das Magnesia-, das Kupfer- und Ni- ckelsalz derselben Säure dargestellt. Alle drei Salze sind sehr leicht löslich in Wasser; das erstere lässt sich schwie- _— 21833 — rig, das Kupfersalz gar nicht in krystallinischer Form erhalten. Das Nickelsalz dagegen erstarrt aus der war- men konzentrirten Lösung in zu Gruppen vereinigten Blättern, die Krystallwasser enthalten. Das Barytsalz, das bei einer gleich anzuführenden Operation als Neben- produkt erhalten wurde, ist leicht löslich in Wasser und verdünntem Alkohol, und in Nadeln wie in Blättern dar- zustellen. Durch Zerlegung des biätherphosphorsauren Bleioxyds durch Schwefelwasserstoff wurde die freie Biätherphos- phorsäure erhalten. Sie bildet im konzentrirten Zu- stande einen Syrup, der keine Neigung zur Krystall- lation zeigt. Sie zersetzt sich indess hiebei sehr leicht unter Bildung einer Säure, deren Blei- und Silbersalze unlöslich sind. Aus den unlöslichen Bleiverbindungen, die sich bei der Sättigung der über Alkohol oder Aether zerflosse- nen Phosphorsäure ausgeschieden hatten, wurden mit Schwefelsäure die Säuren abgeschieden und wieder mit Baryt gesättigt. Ich erhielt theils phosphörsauren Baryt, zwar in geringer Menge, theils ein Barytsalz, das aus der wässrigen Lösung bald in sechsseitigen Tafeln, bald in blättrigen Gruppen krystallisirte, und sich durch 'seine äussern Eigenschaften wie durch seine Reaktionen mit salpetersaurem Silber- und Bleioxyd und Chlorkalcium als ätherphosphorsauren Baryt zu erkennen gab. Dieses vollends festzustellen, wurde dieses Salz in Bleisalz um- gewandelt und analysirt: Aelherphosphorsaures Bleioxyd gaben Kohlensäure, Wasser, Kohlenstoff, Wasserstofl. gr. 0,4585 0,1230 0,0710 -7,31p.c. 1,72 p.c. _— 2834 — Aetherphosphorsaures Bleioxyd gaben phosphorsaures Bleioxyd. 0,6800 0,6021 = 88,54 p.c. schwefelsaures Bleioxyd. Bleioxyd. 0,8115 0,7406 = 67,20 p.c. Der Vergleich dieser Wertbe mit den der Formel entsprechenden zeigt genügende Uebereinstimmung: Gefunden. Berechnet. Phosphorsaures Bleioxyd 88,54 88,85 Bleioxyd . .. 67,20 6733 Phosphorsäure 4 a 3 21,52 Kohlenstoff . i a 7,24 Wasserstoff . i Ener) 1,50 Sauerstoff . 4 a 2,41 100,00 100,00 Man sieht aus dem Vorhergehenden, dass sich bei der Einwirkung der wasserfreien Phosphorsäure auf Ae- iher und Alkohol neben der Biätherphosphorsäure auch Aetherphosphorsäure bildet. Diese beiden Säuren sind indess nicht die einzigen Produkte. Bei einigen Bereitungen der Biätherphosphorsäure aus Alkohol gab sich in der zerflossenen Phosphorsäure ein höchst angenehmer ätherischer Geruch zu erkennen. Ge- nau derselbe Geruch war es, der beim Eindampfen der Lösung des biätherphosphorsauren Bleioxyds, bei der Zer- setzung aller biätherphosphorsauren Salze in höherer Tem- peratur und der freien Säure selbst war wahrgenom- men worden. Augenscheinlich bildete sich in allen Fäl- len derselbe flüchtige Körper, bei der directen Einwir- kung der Phosphorsäure auf Alkohol indess in so ge- ringer Menge, dass auf diesem Wege keine grössere Aus- beute zu gewinnen war. Einen andern Weg, diese Verbindung darzustellen, —_— 235 — bot die sehr regelmässige Zersetzung des biätherphos- phorsauren Bleioxyds in höherer Temperatur. Das Salz wurde in einer Retorte im Oelbade auf 180— 190° er- hitzt. Unmittelbar nachdem es geschmolzen, zerlegte sich das Salz, es entwickelten sich schwere weisse Dämpfe, die sich in der Vorlage zu einer wasserhellen Flüssigkeit verdichteten. Wurde die Temperatur über 200° erhöht, so zeigte sich besonders gegen das Ende der Operation ein bräunliches brenzliches Destillat, das sich nicht bil- dete, wenn die Temperatur unter 190° erhalten wurde. Zwei Bereitungen, in welchen die angegebenen Bedin- gungen erfüllt wurden, ergaben etwa 36 p.c. des Destil- lats und einen Rückstand im Betrage von 63,5—63,8 p. c., der geglüht 57,5 — 57,8 p. c. phosphorsaures Bleioxyd zu- rückliess, also noch ungefähr 6 p.c. organische Substanz enthielt. Dass dieses Destillat Phosphorsäure enthalte, ist schon oben erwähnt worden; dass diese darin nicht frei ist, geht daraus hervor, dass kohlensaures Kali von der Flüssigkeit nicht zersetzt wird. Das Destillat schmeckt nicht sauer, wol aber fade und eckelerregend , verändert Pflanzenfarben nicht, mischt sich mit Aether, Alkohol und selbst mit Wasser. Um den Siedepunkt der Flüssigkeit mittelst weniger Tropfen zu bestimmen, bediente ich mich einer Methode, die auf der Thatsache beruht, dass die Spannung der Dämpfe jeder flüchtigen Flüssigkeit bei der Temperatur des Siedepunkts gleich dem Druck der Atmosphäre ist. Eine vorläufige Bestimmung dieser Temperatur ergab 101°. C. für das rohe Destillat. Die Analyse der Flüssigkeit musste mit Rücksicht auf ihren Phosphorsäuregehalt ganz in ähnlicher Weise vorgenommen werden, wie diejenige der biätherphos- —_— 286 — phorsauren Salze, nämlich durch Verbrennung mit voll- ständig oxydirtem Kupferoxyd im Sauerstoffstrom und Bestimmung des Gewichtsverlustes, den die Verbrennungs- röhre nach dieser Operation zeigte. Die Analyse des rohen Destillats führte zu folgenden Resultaten: Destillat gaben Kohlensäure, Wasser, Phosphorsäure. gr. 1. Bereit. 0,1590 0,1780 0,1200 0,0485 2.» 0,2562 0,3380 0,2040 0,0937 d. h. Kohlenstoff. Wasserstoff. Phosphorsäure. 1. Bereitung. 30,50 pc. 8,37 p.c. 30,50 p.c. 2. » 35,98 - 8,86 - 36,57 - Diese Differenzen zeigen, dass die Flüssigkeit von verschiedenen Bereitungen nicht dieselbe Zusammenset- zung hat; werden aber diese Werthe auf Atomverhält- nisse berechnet, so sieht man, dass die Verschiedenheit nur im*Wassergehalte liegt. Es ergibt sich nämlich für die ki. 1. Bereitung. Ph: GC =1 At.: 12,1 At. Bi Ph) C=1.At.: 11,7, At Das Verhältniss der #hosphorsäure zum Kohlenstoff ist also nahe dasselbe, während das Destillat der zweiten Bereitung weniger Wasser enthält, als das der ersten. Chlorkaleium konnte zur Entwässerung des Destillats nicht angewendet werden, da jenes Salz zersetzend auf dieses einwirkt. Geglühtes kohlensaures Kali führte dem gewünschten Ziele näher; hatte solches einige Zeit in der Flüssigkeit verweilt, so ergab die Analyse einen hö- hern Kohlenstoffgehalt, und der Siedepunkt wurde höher (einmal 1421/9° GC.) gefunden. Die Analyse ergab: — A Destillat gaben Kohlensäure, Wasser, Phosphorsäure. gr. 0,2773 0,3850 0,2245 0,1058 0,5870 0,8340 0,4490 0,3420 0,2600 0,1300 Kohlenstoff, Wasserstoff, Phosphorsäure. 37,87 pc. 8,80 pc. 38,15 p. c. 38,76 - 8,50 - 848 - 38,01 - Das Verhältniss von 12 At. Kohlenstoff auf 1 At. Phosphorsäure , welches auch hier eintrifft, führt auf fol- gende Zusammensetzung: Ph O0; + 3 (C, H; 0) Vergleichen wir die gefundenen mit den dieser For- mel entsprechenden Werthen: Gefunden. Berechnet. Phosphorsäure . 38,08 39,15 Kohlenstoff .. 38,31 39,47 Wasserstoff .u:4859 8,22 Sauerstoff . ...;15;02 13,16 so ergibt sich allerdings eine nicht unbedeutende Diffe- renz,, die zeigt, dass das Destillat noch Wasser enthält. Zur Zeit verhindert weitere Entwässerungsversuche vor- zunehmen, glaube ich mich dennoch um so eher berech- tigt, obige Zusammensetzung anzunehmen, als der frag- liche Wassergehalt nicht einmal einem Atom Wasser auf drei Atome Aether entspricht. Ich behalte indess die völlige Feststellung dieser Thatsache späteren Versuchen vor. Die Entstehung des Phosphorsäure-Aethers aus dem biätherphosphorsauren Bleioxyd ergibt sich aus den oben _— 28 — angegebenen Bestimmungen über die Zersetzung dieser Salze in einer Weise, die durch folgende Formel aus- gedrückt ist: 2 (Pb Ph + 2Ae) = (Pb; Ph + Ae) + (Ph + 3Ae) d. h. zwei Atome biätherphosphorsaures Bleioxyd zerle- gen sich in ein Atom ätherphosphorsaures Bleioxyd und ein Atom Phosphorsäure-Aether. Folgende Zusammenstellung der Resultate jener Be- stimmungen wird die Richtigkeit dieser Behauptung ein- sehen lassen: 2 At. phosphors. Beioxyd, welche —=2Pb-+2 Ph +4 Ae. enthalten: Phosphors. Bleioxyd 71 p.c.=2 Pb +2 Ph haben geglüht hinterlassen: Phosphors. Bleioxyd_58 p.c.— 2 Pb + Ph sind also entwichen: Phosphorsäure 13 p.c.= Ph bei 190° gab das Salz: Phosphorsäure-Aether 36 p.c- worin Phosphorsäure 14 p.c.= Ph und Aether 22p.c. = 3 Ae. und hinterliess Rückstand . . . 64 p.c. worin phosphors. Bleioxyd (71-14) 57 p..=2 Pb + Ph und organische Substanz . - . 7pce= Ae. Dass die Zersetzung bald mehr bald weniger genau dieser Formel folgt, scheint schon der Wassergehalt des Destillats anzudeuten,, welcher wohl aus einer weitern Zersetzung herzuleiten ist. Dieselbe Zersetzung scheint nach den obenerwähnten Beobachtungen das Bleisalz zu erleiden, wenn dessen wässrige Lösung erwärmt wird. Die Untersuchung der andern Salze in dieser Beziehung zeigte, dass die Biäther- phosphorsäure, wenn an stärkere Basen gebunden, durch — 289 — die Zersetzung auch Phosphorsäure bildet. Die Zerset- zung des Kalksalzes lieferte z. B. nicht die erwartete Menge Destillat; wurde die alkoholische Lösung des Ka- lisalzes erwärmt, so wurde sie sauer und zerzetzte hin- zugefügtes kohlensaures Kali unter Abscheidung von phos- phorsaurem Kali. Was die Bildung der Aether- und Biätherphosphor- säure bei der Einwirkung wasserfreier Phosphorsäure auf Aether und Alkohol betrifft, so entsteht die Frage, ob diese zwei Säuren unmittelbare Producte der Einwirkung seien, oder ob vielleicht die eine aus der andern oder beide aus einer unbekannten in dem Augenblicke ent- stehen, wo sie mit Wasser in Berührung kommen. Ein qualitativer Versuch, in welchem die über Alkohol zer- flossene Phosphorsäure mit wasserfreiem Alkohol verdünnt, dann mit Basen gesättigt, und die Gegenwart beider Säu- ren erkannt worden, machte den ersten Fall wahrschein- lich. In Ermangelung einer Bestätigung dieses Resultats durch die quantitative Analyse, werden wir demselben indess kein völlig entscheidendes Gewicht beilegen. Fassen wir die im Laufe dieser Untersuchung gewon- nenen Resultate zusammen, so stellt sich der Hergang der fraglichen Einwirkung mit grosser Wahrscheinlich- keit folgendermassen dar: Der grösste Theil der einwir- kenden Phosphorsäure nimmt 1 Atom Aether auf und bildet die Aetherphosphorsäure, ein geringerer Theil ver- bindet sich mit 2 Atomen Aether zu Biätherphosphor- säure; ein dritter, kaum merklicher Theil bildet mit 3 Atomen Aether eine neutrale Verbindung, während ein wenig beträchtlicher Theil der Phosphorsäure unverbun- den bleibt. Die Verbindung dieser Produkte mit Was- ser scheint dann keine Veränderung zur Folge zu haben, falls die Verbindungen nicht, sei es in Lösung, sei es — 290 — im trockenen Zustande, erwärmt werden. In diesem Falle wandelt sich dann die Biätherphosphorsäure je nach der Basis, mit der sie verbunden ist, unter Bildung von Phosphorsäure-Aether in Aetherphosphorsäure oder Phos- phorsäure oder auch in beide zugleich um. Wurde die wasserfreie Phosphorsäure ohne äussere Abkühlung in Alkohol eingetragen, so war stets die Ent- wicklung von kohlenwasserstoffartigen Dämpfen (Elaylgas) bemerklich. Uebersehen wir schliesslich die Zusammensetzung der Salze der beiden Säuren im Zusammenhange mit der des neutralen Aethers, so haben wir, indem wir nach der Radikaltheorie den Aether als Basis betrachten, stets 3 Atome Basis auf 1 Atom Phosphorsäure, und wir kön- nen die 3 Verbindungen nach der Graham’schen Ansicht über die phosphorsauren Salze bezeichnen: A Ae Eh: m, und den Salzen der gewöhnlichen Phosphorsäure ver- gleichen, von denen sie sich durch die allen gepaarten Säuren wie den Aethyloxydverbindungen gemeine Eigen- thümlichkeit unterscheiden, dass der Paarling oder das Aethyloxyd nicht nach Art der unorganischen Basen ab- geschieden, die Phosphorsäure nicht durch die gewöhn- liche Reagentien nachgewiesen werden kann. Die Zusammensetzung des phosphorsauren Aethyl- oxyds unterstützt eben diese Ansicht, nach welcher die- jenigen phosphorsauren Salze, welche 3 Atome Basis, nicht wie Barzellius aufstellt, welche 2 Atome Basis ent- halten , als neutral gelten müssen. Ae, Ph: | Ph - Min Prof. Melchior Ulrich. Die Visperthäler ,„ der Saasgrat und der Monte rosa. (Vorgelragen den 22. Januar 1849.) Wer auf dem Kirchhofe von Visp gegen Süden blickt, und das Thal, das sich gegen diese Himmelsgegend hin- zieht, in geringer Entfernung durch eine Gebirgsmasse geschlossen sieht, der hat, wenn er nicht sonst näher darüber unterrichtet ist, keine Ahnung, dass in diesem Seitenthale des Wallis eine ganze Gebirgswelt sich vor- findet, die alles, was die Schweiz in dieser Art Impo- santes aufzuweisen hat, weit überbietet. Zwar wurden diese Thäler schon seit Jahrhunderten besucht, da zwei häufig gebrauchte Bergpässe durch dieselben nach Italien führen, der Monte moro und das Matterjoch. Indessen hat der erstere durch den Bau der Simplonstrasse bedeutend an Frequenz gelitten, und der letztere dient mehr dazu, die Verbindung zwischen den auf beiden Seiten des Pas- ses liegenden Thälern zu vermitteln, vorzüglich um Le- bensmittel und Wein aus dem Augsterthale zu beziehen. Der Gebirgsstock, der hier Italien von der Schweiz scheidet, wurde auch mehr von der südlichen Seite nä- her untersucht, zuerst von Saussure in der Umgebung des Matterjoches, später mit grosser Genauigkeit von Welden, der Monte rosa, Wien 1824. Der letztere hat seiner Schilderung eine Karte beigefügt, die auf der Südseite ziemlich zuverlässig sein mag, auf der Nord- seite aber völlig unbrauchbar ist. Auch Forbes, travels ihrough the alps, Edinburgh 1843, hat nach Beobach- tungen vom Thale aus eine Karte der Nordseite ange- fertigt, die aber noch vieles zu wünschen übrig lässt. Hr. Regierungsrath Hirzel hat in seiner Rundreise um — 292 — den Monte rosa, Wanderungen durch die Schweiz, Zü- rich 1829, manche schätzbare Aufklärungen geliefert, die sich indessen ebenfalls mehr auf die Südseite bezie- hen. Am weitläufigsten ist über die Nordseite Moritz Engelhard in seinen Naturschilderungen, Basel 1840. Dieser hat mehrere Jahre nach einander diese Gegenden besucht , er bestrebt sich, jeden Punkt genau zu schil- dern, wird aber durch seine allzugrosse Weitläufigkeit undeutlich, ist auch, da er die Sprache nicht immer ver- stand, häufig falsch berichtet worden, und hat über die höhern Gegenden kein eigenes Urtheil, da er sich mit Ausnahme des Matterjoches nicht in dieselben wagte. Daher möchte anch auf seine Karte in Vogelperspektiv- manier wenig Gewicht zu legen sein. Wie wenig Ebel von dieser Gegend wusste, sieht man auch daraus, dass er unter dem Artikel Visp bemerkt, man erblicke von der Brücke aus den Monte rosa. Man täuscht sich über- haupt häufig wegen des Monte rosa, man glaubt ihn an vielen Orten zu sehen, wo es doch nicht möglich ist. Die Hauptansicht desselben ist natürlich von der Süd- seite. Von der Nordseite sieht man nur von der Gemmi und den umliegenden Höhen einen Theil des Monte rosa, und zwar tief im Hintergrunde. Häufig werden die Mi- schabelhörner damit verwechselt. Es mag daher nicht ausser Wege sein, diese Seitenthäler mit ihren Gebirgen etwas näher zu schildern. Dabei bleibt natürlich alles, was in die Geologie, Mineralogie und Botanik einschlägt, völlig bei Seite, da ich als Laie kein Urtheil darüber habe; hingegen erlaube ich mir, in Bezug auf die Topo- graphie einige Aufklärungen zu geben, als Resultat ei- nes zweimaligen Besuches dieser Gegenden im Jahr 1847 und 1848. Indessen beschränken sich dieselben nur auf (Fortsetzung folgt in Nr. 32.) MITTHEILUNGEN NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. ram re Prof. Melchior Ulrich. Die Visperthäler , der Saasgrat und der Monte rosa. (Fortsetzung.) die Nordseite, da ich mich nicht über die Grenzen der Schweiz hinausgewagt. Vorerst mag das Saaserthal nä- her geschildert werden, dann das Nicolaithal, hierauf der Saasgrat, der beide von einander trennt, und mit dem Monte rosa komme ich dann zum Schlusse meiner Schil- derung. Bei Visp öffnet sich das Visperthal gegen das Rhone- thal, durchströmt von der Visp, die eine Wassermasse liefert gleich dem Rhodan, und häufig das Hauptthal unterhalb Visp unter Wasser setzt. Das Thal ist eine gute Viertelstunde breit, und scheint nach 1'% Stunden schon geschlossen, es ist die Masse des Saasgrates, welche diesen scheinbaren Schluss bildet, und zwar der nördlichste niedrigste Gipfel desselben, das Balfrin, ohne anders — Balenfiren, d. h. der Firn, der sich oberhalb dem Dorfe Balen befindet. Der grösste Theil der 11% Stunden langen Thalfläche wird von der Visp eingenom- men, dagegen findet sich noch bedeutender Anbau an den Seitenwänden, die dasselbe einschliessen , besonders auf der rechten östlichen Seite gegen das Dorf Visper- — 234 — terminen hinauf, auch auf der linken westlichen Seite ist der Boden durch Terassenbildung für Weinbau her- gerichtet. Man schreitet der rechten Seite der Visp nach hinauf, überschreitet dieselbe bei Neubrück , und steigt dann gegen Stalden hinauf, dessen Kirche schon von weitem auf einem Hügel entgegenglänzt. Von der Kirche zieht sich dann die Hauptstrasse des Dorfes noch vol- lends in die Höhe, und man ist nun auf dem Punkte, wo das Thal sich in zwei Theile scheidet, dessen östli- cher Saasthal, der westliche Nicolai- oder Matterthal heisst. Auf der Höhe des Dorfes liegt der Dorfbrun- nen, beschattet von einer Weinrebe, deren Stamm zehn Fuss Höhe und einen Fuss Durchmesser hat. Die Vor- berge des Balfrin, auf deren einem Grächen, der Ge- burtsort des Thomas Platter, liegt, erheben sich unmit- telbar über dem Dorfe, nur durch die Mattervisp davon getrennt. Um in’s Saasthal zu gelangen, steigt man zur Kinn- brücke hinunter, die in hübschem Bogen wohl 150 Fuss hoch die Mattervisp überschreitet, nicht weit unterhalb derselben vereinigt sich die Mattervisp mit der Saaser- visp, welche beide in tiefen Felsenschluchten dahin brau- sen. Von der Brücke aus blickt man das Visperthal hinaus ins Hauptthal, an das gewaltige Biesthorn im Löt- schenthale. Hat man die Kinnbrücke überschritten, so ist es schwer, den Weg ins Saasthal zu finden. Ein ziemlich betriebener, gepflasterter Weg scheint dahin zu führen , der sich gleich jenseits der Brücke rechts wen- det. Man hüte sich aber diesem zu folgen, er führt zu einem Steinbruch. Der eigentliche Weg ins Saasthal zieht sich links hinter einigen Scheunen durch, und ist nur ein schmaler Fussweg. Man ist schon auf einer be- trächtlichen Höhe oberhalb der Visp, der Weg zieht sich —-— 2995 — nun längs den Vorsprüngen des Balfrin dahin in einem schluchtartigen Thale‘, immer etwas ansteigend. Die Aus- sicht ist beschränkt, nichts als bewaldete Bergwände, die von beiden Seiten sich steil gegen die Visp herabsenken. Vorwärts sieht man an einigen Stellen die Pyramide des südlichen Fletschhornes, rückwärts ist der Blick in das Visperthal hinaus, zumal wenn dasselbe von der Sonne beleuchtet ist, anziehend. Man kommt bei einer Häu- sergruppe, die Ze Schmiden heisst, vorbei. So geht es gegen drei Stunden lang allmälig aufwärts, bis man der Visp zur Seite kommt, die früher immer in der Tiefe gebrauset hat. Wenn man hier gegen das Balfrin hinauf- blickt, sieht man die Zacken eines Gletschers, und ein Wasserfall stürzt von demselben gegen das Thal hinun- ter. Man hat nun alle Vorsprünge des Balfrin umgan- gen, das Thal wendet sich gegen Süden, und gewinnt einen etwas andern Charakter. Das Schluchtartige ver- schwindet, die Thalfläche wird breiter, der Wald zieht sich zurück, und macht Wiesen Platz. Hier ist nun - das Dorf Balen am Fusse der östlichen Bergwand ange- lehnt, mitten auf einer Wiese steht die Kapelle des Dor- fes, im Hintergrund gegen Norden stürzt ein hübscher "Wasserfall gegen die Visp hinunter. Aber auch hier ist die Aussicht beschränkt. Man überschreitet die Visp, und wandert wieder durch Wald. Sowie sich dieser lichtet, gelangt man zu einer Kapelle, und sieht die 'Thalfläche von Saas vor sich, mit Matten bekleidet. Hier ist die erste bedeutende Bergansicht gegen den Saasgrat hin. Gegen das Thal hinaus erhebt sich die Pyramide des Mittaghornes, an diese schliesst sich der Aeginer an, und neben diesem ragt die Schneekuppe des Allaleinhor- nes empor, an deren Fuss der Feegletscher in zerborste- nen Massen gegen das Seitenthälchen, in welchem das ze = Dorf Fee liegt, herabstürzt. Dieses ist durch eine be- waldete Hügelmasse gedeckt; Stationen-Capellen deuten den Weg dahin an. Saas ist ein ziemlich bedeutendes Dorf, ungefähr eine Stunde von Balen entfernt, und liegt in mehreren Häusergruppen in der Thalfläche; die Häuser sind alle von Lerchenholz erbaut, und die Kirche ein grosses steinernes Gebäude. Bei dem Wirthe Zer- brücken findet man eine gute Aufnahme. Gleich ober- halb Saas wird die Aussicht auf den Saasgrat noch um- fassender. Der ganze Feegletscher, durch die Feealp in zwei Theile getrennt, breitet sich aus, über dem Firn desselben erhebt sich der Alphubel. An diesen schliessen sich nördlich die vier Mischabelhörner an, vier gewal- tige Pyamiden, mit steilen, nur mit einzelnen Schneefle- cken bedeckten Felswänden; das südlichste davon heisst im Matterthale Täschhorn, das nächste dabei, das höch- ste, wird von Hrn. Domherr Berchtold, der als Dom- herr auch unter den Bergen einen Dom haben wollte, Dom genannt. Es ist eine Berg- und Gletscheransicht, wie man sie nicht häufig sieht. Das Saaserthal behält nun von Saas an ziemlich denselben Charakter, in der Thalfläche, die etwa eine Viertelstunde breit sein mag, Matten, die sich an der östlichen Thalwand noch ziem- lich weit hinauf erstrecken, die Bergwände des gegen- überliegenden Saasgrates sind rauher. So gelangt man nach drei Viertelstunden nach Almagell, einem kleinen Dorfe, hinter welchem von der östlichen Thalwand ein hübscher Wasserfall herabstürzt. Von hier wird die Ge- gend rauher, der Wald tritt wieder mehr ins Thal hin- unter, der Thalgrund erhebt sich bedeutender. Hat man nach fünf Viertelstunden von Almagell aus Zermegern und die Capelle Lerch passirt, so steigt man gegen den Allaleingletscher hinauf, dessen Masse das ganze Thal —ı = WM» abschliesst. Aussicht hat man nur gegen die Mischabel- hörner, die gegenüber liegenden Berge, an deren Fuss man hinwandert, sind zu nahe. Der Allaleingletscher stürzt vom Saasgrate zwischen dem Allaleinhorne, das zuweilen auch Monte Fee oder Mittaghorn in den Kar- ten genannt wird, und dem nördlichen Strahlhorne her- unter, und überschreitet das ganze Thal, ja er drängt sich noch an der jenseitigen Thalwand hinauf, so dass der Weg über den Rand desselben hinführt. Hat man den Gletscher überschritten, so breitet sich ein neues Thal aus, dessen Fläche am Rande des Gletschers mit einem See, dem Matmarksee, bedeckt ist. Dieser ist ein gefährlicher Nachbar für die Bewohner des Saas- thales. In dem Matmarksee sammeln sich nämlich alle Gewässer, die von dem Monte moro, den Strahlhörnern, den Vaterhörnern und ihren Gletschern herfliessen, so dass derselbe in gewöhnlichen Zeiten eine gute Viertel- stunde breit und eben so lang ist, und der Weg hart an der östlichen Bergwand neben ihm hinführt. Da nun der Matmarksee durch die Moraine des Allaleingletschers und den Gletscher selbst abgeschlossen ist, und nur un- ter demselben hin einen Abfluss findet, so ist leicht zu begreifen , dass derselbe durch herabstürzende Eisblöcke oder Geröll öfters gehemmt werden kann. Es war die- ses schon mehrere Male der Fall; so weit die Geschichte reicht, dreimal; etwas Bestimmteres konnte ich jedoch nicht darüber erfahren. Steigt nun durch solche Vor- fälle das Wasser des See’s, und lässt einen plötzlichen Durchbruch befürchten, so werden im Saasthale an ver- schiedenen Stellen Kreuze errichtet, um zur Andacht aufzufordern, und diese mit der Jahreszahl bezeichnet. So trifft man auf dem Wege von Balen gegen Saas ge- gen 30 Kreutze, meistens mit der Jahrzahl 1793 verse- —_— 298 — hen. Andere Kreuze mit Buchstaben erinnern an Un- glücksfälle durch Schneelawinen. Von der Höhe des Allaleingletschers übersieht man nun den ganzen obersten, von Holzwuchs entblöss- ten, Theil des Saasthales. Vorerst den Matmarksee, dann die Distelalp. Auf der Seite des Saasgrates zieht sich vom Ufer des See’s eine Bergwand gegen die Strablhörner hinauf, der Schwarzberg, auf welchem sich die Matmarkalp befindet. Zwischen den beiden Strahl- hörnern senkt sich der Schwarzberggletscher ins Thal herunter, und durch die Wand des Rothhornes davon getrennt, der Seviengletscher am Ende des Thales, der sich von der Gegend des Weissthores und den Vater- hörnern her ausbreitet. Die beiden Strahlhörner, von welchen das äussere auch cima de Jazi heisst, weil es von der Alpe Jazi bei Macugnaga sichtbar ist, werden durch die Vorberge des Schwarzberges und Rothhornes gedeckt, sie sind vom Thale aus nicht sichtbar. Diesen gegenüber erhebt sich auf der östlichen Thalseite die Pyramide des Stellihornes, die indessen ebenfalls vom Thale aus nicht gesehen werden kann. Hat man den Matmarksee hinter sich, so dehnt sich die Thalfläche, eine gute Viertelstunde breit, mit Guffer und Geröll be- deckt aus. Mehrere Felsblöcke von Gabbro (Ebel nennt sie Nephrit, Charpentier Blaustein) liegen am Wege. Zwei davon sind bemerkenswerth, der eine durch seine Grösse (60 Fuss Höhe, 50 Fuss Breite und Tiefe, also an Gewicht ca. 200,000 Cir.), der andere dadurch, dass er auf seiner südlichen Seite aufs schönste polirt und mit Gletscherschliffen durchzogen ist. Beide sind von den Strahlhörnern über den Schwarzberggleischer im Jahr 1818 ins Thal hinuntergekommen, ja noch mehr, der Schwarzberggletscher, der noch 1818, wie der Alla- — 299 — leingletscher, die ganze Thalbreite überdeckte, hat sich seit dieser Zeit wieder ganz zurückgezogen und die Blöcke hier zurück gelassen. Von diesen Felsblöcken gelangt man auf die Distelalp, gerade dem Schwarzberg- gletscher gegenüber. Sie wird mit 183 Stück Vieh be- fahren. Die Entfernung von der Capelle Lerch bis zur Distelalp beträgt 11% Stunden. Jenseits der Distelalp, da, wo der Seviengletscher sich ins Thal herabsenkt, wen- det sich dasselbe plötzlich gegen Osten, man steigt dem Bache nach hinauf auf den Telliboden, die oberste, schneefreie, mit Geröll bedeckte Fläche des Saasthales, die mehrere hundert Fuss über der Distelalp erhaben ist. Von hier betritt man die Schneeregion. Gerade gegen Osten dehnt sich ein Schneefeld aus, das zum Distelberg hinauf führt, und über diesen gelangt man nach Prebe- none hinunter. Mehr südlich davon erheben sich die Felswände, über welche der Weg auf den Monte moro sich hinzieht. Man überschreitet mehrere steile Schnee- felder, betritt mehrere Male beim „Hinaufsteigen über die Felsen den alten gepflasterten Saumpfad, der sich übrigens immer bald wieder unter dem Schnee verliert, und gelangt endlich nach beinahe zwei Stunden von der Distelalp weg über ein weites ansteigendes Schneefeld auf die Höhe des Monte moro. Mitten zwischen diesem und dem Distelberge, beide mit einem hölzernen Kreuze geziert, erheben sich aus dem Schnee die Felsmassen des St. Joderhornes, Pizzo rocco, nach Engelhard. Die Hauptaussicht auf dem Monte moro ist gegen Süden. Etwas westlich erhebt sich der Monte rosa mit vier sei- ner Kuppen, dem Nordend, der höchsten Spitze, der Zumsteinspitze und der Signalkuppe. Diese vier Spitzen bilden einen Halbkreis, und von denselben stürzt ein Gletscher beinahe senkrecht gegen Macugnaga hinunter. — 30 — Es ist ein Anblick, den man nicht so bald vergessen wird. Gegen Norden ist die Hauptansicht die des Saas- grates, aus welchem hauptsächlich die vier Mischabel- hörner und das Allaleinhorn sich hervorheben. Der üb- rige Theil der Aussicht ist mit der bereits angeführten nicht zu vergleichen; die Ebenen der Lombardei verhüllte ein neidischer Nebel. Kehren wir nun wieder nach Stalden zurück, um das Nicolai- oder Zermatterthal auf ähnliche Art zu durchgehen. Die Breite beider Thäler mag ungefähr die nämliche sein, das Matterthal an mehreren Stellen etwas breiter, doch übersteigt die Breite der eigentlichen Thal- fläche nirgends eine Viertelstunde. Von Stalden steigt der Weg bedeutend aufwärts, die Mattervisp brauset zwischen Felsschluchten in der Tiefe, die Gegend ist öde und rauh, Felswände, Riffenen, Geröll und Geschieb sind der Charakter derselben, mehr gegen die Höhe der Berge einiger Holzwuchs. So gelangt man nach zwei guten Stunden nach St. Niklaus, nachdem man zweimal die Visp überschritten. Hier gewinnt die Gegend einen anderen Charakter. Die Visp strömt nun dem Wege zur Seite, Matten breiten sich aus; doch werden sie öf- ters durch Waldpartien verdrängt; nach zwei Stunden erreicht man über Herbigen Randah, das auf hübschen Wiesenhügeln gelagert ist. Hier erblickt man die ersten Gletscher, doch in be- trächtlicher Höhe über der Thalfläche. Es ist westlich der Biesgletscher, der sich vom Weisshorn herabsenkt, und am 27. XII. 1819 durch einen Gletschersturz Ran- dah in grossen Schrecken versetzte. Ein grosser Theil des Dorfes wurde zertrümmert, mehr jedoch durch den Luftdruck, als durch die Gletschermassen selbst. Dem Biesgleischer gegenüber erblickt man in gleicher Höhe — 301 — die äussersten Zacken des Grabengletschers, der vor den Mischabelhörnern gelagert ist. Randah mag ungefähr in derselben Breite wie Saas liegen, die Gegend hat auch ungefähr denselben Charakter. Von Randah gelangt man in 3/, Stunden nach Täsch. Auf dem Hinweg bekommt man einen Vorgeschmack von der Gebirgswelt, der man sich nähert, das gewaltige Breithorn mit dem kleinen Matterhorn und seinem Nashornfelsen schliesst die Aus- sicht gegen Süden. Bei Täsch sind die Seitenwände der Berge, besonders die östlichen, weit hinauf bebaut, schöne Güter breiten sich da aus. Von Täsch an wird die Gegend wieder etwas wilder, die Visp mehr in Fel- sen eingeengt, der Weg steigt an. Plötzlich erblickt man um einen Vorsprung herum die gewaltige Pyramide des Matterhornes. Nach fünf Viertelstunden breiten sich die Matten bei Zermatt aus, am Schlusse des Thales zeigt sich der Gornergleischer, der zwischen dem Riffel- berge und Platten sich gegen das Thal kervordrängt. Zermatt liegt ungefähr in der nämlichen Breite wie die Distelalp im Saasthale.. Der Unterschied im Charakter der Gegend rührt daher, weil der Allaleingletscher im Saasthale das Thal abschliesst, und durch die kältere Temperatur, die von ihm ausströmt, im oberen Theile des Thales die Vegetation zurückdrängt. Im Matterthale bleiben die Gletscher der ganzeu sechs Stunden langen Thalfläche nach in gebührender Entfernung; von dem gewaltigen Riedgletscher bei St. Niklaus hat man keine Ahnung, bei Randah sind sie mehrere Stunden oberhalb der Thalfläche, bei Täsch ist der Täschgletscher eben- falls weit oben in den Bergen verborgen, bei Zermatt kommt der Gornergletscher nur am äussersten Rande des Thales zum Vorschein. Betrachten wir nun die Um- gegend von Zermatt etwas näher. Das mit hübschen — 302 — Matten bekleidete, an den Bergwänden mit Gütern und Holz bedeckte Thal dehnt sich noch ungefähr eine Stunde hinter Zermatt bis hart an den Gornergletscher aus. Links gegen West erhebt sich die Masse des Riffelber- ges. Es ist dieses der Berg, welcher gewöhnlich von den Touristen besucht wird, um die Gletscher und die Gebirgswelt in der Nähe des Monte rosa in Augenschein zu nehmen. Der Riffelberg bildet ein Vorgebirge in das Eismeer hinein. Auf seiner südlichen Seite wird er von dem Gornergletscher begränzt, auf der nördlichen von dem Findelengletscher. Man steigt durch eine hübsche Arven- und Lerchenwaldung zu den Riffelhütten hinan, die man in gut fünf Viertelstunden erreicht. Sie liegen an dem westlichen Abhange des Berges. Von hier an verschwindet der Holzwuchs, man wendet sich südlich, steigt einen breiten Weg, eine Geröllwand hinauf, und gelangt so auf das Plateau des Riffelberges. Hier wird man plötzlich durch den Anblick der Eiswelt überrascht. Der Gornergletscher dehnt sich stromartig, eine Stunde breit, vor den erstaunten Blicken aus, jenseits desselben erhebt sich über die Felswände des Platten das kleine Matterhorn, an dieses schliesst sich das gewaltige Breit- horn an, darauf folgen die zwei Schneekegel des Lys- kammes, die mit dem Namen Zwillinge, oder Castor und Pollux nach Berchtold, bezeichnet werden, auf diese die beiden Schneekuppen des L,yskammes, von Berchtold Silberbast geheissen. Die weitere Aussicht gegen den Monte rosa wird durch den Felszahn des Riffelbornes,. einem kleinen Nachbilde des Matterhornes, das in diesen Gegenden der beständige Gefährte ist, gehemmt. Man schreitet den Wänden desselben auf der nördlichen Seite entlang bei einigen Seen, oder vielmehr Teichen, vorbei, und hat man das Horn ganz umgangen, so ist man nach — 305 — ungefähr zwei Stunden von den Riffelhütten auf der ro- then Kumme, gerade oberhalb des Gornergletschers, und hat nun den Punkt, wo die Hauptansicht zu gewinnen ist, erreicht. Neben den oben genannten Gebirgsmas- sen liegt nun der Monte rosa selbst in imposanter Ge- stalt da. Der eigentliche Monte rosa heisst hier auch Gornerhorn, von seinen neun Spitzen sind aber nur zwei sichtbar, die sieben andern liegen mehr südlich, auf der piemontesischen Seite; die beiden sichtbaren sind das Nordend und die höchste Spitze, beide durch einen Schneekamm mit einander verbunden, zwischen densel- ben starrt der grosse Gornerhorngletscher in bedeuten- der Senkung gegen den Gornergletscher hinunter. Ein Felsenriff, das von der höchsten Spitze sich herabzieht, und in eine Gufferwand ausläuft, am Fusse welcher sich der Gornersee befindet, scheidet den grossen Gorner- horngletscher von dem Monterosa-Gletscher , der zwischen der höchsten Spitze des Monte rosa und dem Breithorn vom Lyskamm her sich in gewaltigen Massen gegen den Gornergletscher herabsenkt. Die Zwillinge sind von die- sem Standpunkte aus nicht mehr sichtbar, sie verschie- ben sich hinter das Breithorn. Der Gornergletscher, der gleichsam die Basis zu dieser ganzen Ansicht bildet , steigt südöstlich zu dem Weissthorpass hinauf und endigt dort in einen Eiskamm, zu welchem die Nordendspitze des Monte rosa in steiler Senkung der Felsmassen herab- stürzt. Will man noch einen umfassendern Standpunkt gewinnen, so erklimme man das Riffelhorn, diesen Fels- zahn, der sich senkrecht am Rande des Gornergletschers wol 600 Fuss über denselben erhebt, und in seiner Form mit dem Matterhorn Aehnlichkeit hat. Merkwür- diger Weise ist diese Felsmasse erst seit einigen Jahren erstiegen worden. Früher galt sie für unersteigbar. Das 3 Unternehmen ist indessen nicht sehr schwierig. Die ganz von Eisen durchdrungenen röthlichen Felsen bieten hinlängliche Standpunkte für die Füsse, einige Runse müssen freilich erklommen werden, die wenig Haltpunkte darbieten,, aber dessen ungeachtet erreicht man von der rothen Kumme aus in einer halben Stunde den mit ei- nem Steinmanne gezierten Gipfel, der sich ziemlich in die Länge zieht. Hier hat man nun eine vollkommene Rundansicht. Vom kleinen Matterhorn verfolgt man den Furglengrat bis zum Matterhorn, vor welchem der Furg- lengletscher liegt, über welchen hin, oberhalb der Fels- wände des Platten, der Pass auf das Matterjoch führt. An das Matterhorn schliesst sich die Bergkette bis zum Weisshorn an, die die westliche Thalseite des Mattertha- les begränzt, und deren verschiedene Gipfel so auf ein- ander folgen: Ebihorn , Dent Blanche, Gabelhörner, das obere und untere Rothhorn, das Mettelhorn, der Mo- ming, das Weisshorn, das Thal hinaus blickt man an die Felswände des Breithornes und der Jungfrau im Berneroberlande. Die Aussicht gegen den Saasgrat wird theils durch den höhern Theil des Riffelberges, der Ho- telli heisst, theils durch die Berge beim Findelengletscher, Rimfischschwend und Rimfischhorn, verdeckt. Steigt man wieder zur rothen Kumme hinunter, so überschreitet man dann, den höhern Theil des Riffelberges, Hotelli, der sich in das Stockhorn endigt, rechts östlich lassend, das Plateau des Riffelberges, das etwas ansteigt, und gelangt nach Verlauf einer Stunde auf die Seite des Riffelberges, die gegen den Findelengletscher abstürzt. Auf dem höchsten Punkte derselben unterhalb des Ho- telli, der Kugel, erblickt man den Findelengletscher gleich zu Füssen, jenseits desselben erhebt sich die Berg- masse von Rimfischschwend , die sich in dem Rimfisch- — 8305 — horn, dem Fundorte der seltensten Mineralien, endigt. Wie nämlich der Riffelberg den Gornergletscher von dem Findelengletscher trennt, und mit der Spitze des Stockhornes den Firn berührt, so trennt Rimfischschwend den Findelengletscher von dem Täschgletscher, und sen- det mit dem Rimfischhorn eine ähnliche Spitze wie das Stockhorn des Riffelberges gegen den Firn hinaus. Ober- halb dieser Gletscher dehnt sich nämlich vor den Strahl- hörnern des Saasgrates ein weites Firnfeld aus, das sich gegen das Weissthor hinzieht. Am Abhange von Rim- fischschwend , nicht weit oberhalb des Auslaufes des Fin- delengletschers, glänzt der Spiegel des Stellisee's aus alpenreicher Umgebung, gegen Zermatt hin erhebt sich die Kuppe des Rothhornes, Der ganze Thalkessel von Zermatt bis gegen Randah hin liegt, von der Visp durch- strömt, dem Beschauer zu Füssen. Gegen das Matter- horn hin überblickt man den Zmuttgletscher, der sich gegen die Höhe zieht, und jenseits als Ferpeclegletscher ins Thal von Evolena sich herabsenkt. Doch wir wol- len diesen von einer andern Seite her näher betrachten. Wir steigen in einer Stunde von der Kugel die Wand hinab gegen die Riffelhütten hin, und ebenfalls in einer Stunde durch den Wald hinunter wieder nach Zermatt. Wie der Riffelberg den Hauptstandpunkt darbietet für den Anblick des Monte rosa und der nächsten Um- gebung desselben, so das Hüreli oder Hörnli für das Matterhorn und seine Umgebung. Es ist dieses ein Fels- grat, der sich vom Matterhorn gegen N.O. hinzieht, und in seiner höchsten Spitze, Hörnli, gegen das Thal abstürzt. Aus dem Wirthshause von Zermatt bei H. Lauber hat man das Hörnli mit dem Matterhorn im Hin- tergrunde unmittelbar vor sich. Man steigt zuerst nach dem Weiler Platten, der nicht weit vom Auslauf des — 306 — Gornergletschers liegt, dann die mit Gütern und Alpen bedeckte Wand hinauf auf ein Alpen -Plateau, und von diesem wieder eine Wand hinauf südlich zum kleinen Schwarzsee, welcher zwei Stunden von Zermatt entfernt hart am Rande des Furglengletschers liegt, und an des- sen Ufer eine Gapelle steht. Von da klettert man die Moraine des Furglengletschers hinauf, und ist nun hart an den Felswänden des Hörnli. Man wandert längs den- selben hin, bis sich eine schickliche Gelegenheit findet, dieselben zu erklimmen, und gelangt dann nach Verlauf einer Stunde über den schmalen, verwitterten Grat zur Spitze des Hörnli, wo sich nicht weniger als vier Stein- männli vorfinden. Hier ist ein wahrhaft prachtvoller Standpunkt. Man befindet sich hart an den Felswänden des Matterhornes, das sich mit seinen kolossalen Formen noch „wenigstens 5000 Fuss über diesen Standpunkt er- hebt. Gegen Süden ist der Furglengletscher ausgebrei- tel, der sich gegen das Matterjoch hinzieht, der ganze Gornergletscher liegt vom Weissthor bis nahe zu seinem Ende zu den Füssen, südlich davon das kleine Matter- horn, das Breithorn und der Monte rosa, diesen gegen- über erhebt sich der Riffelberg mit dem Horne und hin- ter diesem ragen die beiden Strahlhörner des Saasgrates hervor, und der Schneekegel des Allaleinhornes, an welchen sich der Alphubel und die Mischabelhörner mit ihren steilen Felswänden anschliessen. Gegen Westen senkt sich vom Matterhorn her der Matterhorngletscher gegen den Zmutigletscher herab, dieser in seinem Aus- laufe ganz mit Geschieb überdeckt, zieht sich gegen die Höhe hinauf, und senkt sich dort unter dem Namen Ferpeclegletscher ins Thal von Evolena hinunter. Die schon oben benannten Bergspitzen füllen den Raum zwi- schen dem Zmuttgletscher und dem Weisshorn. Nicht — 307 — weit vom Auslaufe des Zmuttgletschers blickt man in der schmalen mit Weiden bedeckten Thallläche auf die Hüt- ten von Zmutt herab, und weiter gegen das Thal hinaus auf die Weiler südlich von Zermatt, und auf dieses Dorf selbst mit seinem Häuserklumpen. Zur Abwechs- lung steigt man bei der Rückkehr auf der westlichen Seite des Hörnli eine steile Geröllwand hinunter auf ein Alpenplateau, wo einige verfallene Hütten stehen, dann über eine steile mit Wald und Gestrüpp bedeckte und mit Felsklippen durchzogene Wand zum Zmuttbach, den man auf einer über die Felsen angebrachten Brücke überschreitet, dann zu den nur im Sommer bewohnten Hütten von Zmutt gelangt, und über hübsche Matten nach Verfluss von 3%, Stunden wieder nach Zermatt zurückkehrt. Nachdem nun die beiden Visperthäler in ihren Haupt- umrissen geschildert sind, verweilen wir noch einige Au- genblicke bei dem Saasgrate, der diese beiden Thäler von einander scheidet, und schliessen mit der genauern Beschreibung des Monte rosa oder des Gornerhornes. Da ich die beiden Thäler etwas weitläufiger beschrie- ben und dabei hin und wieder schon auf einzelne Theile des Saasgrates hingedeutet habe, so kann ich nun in der nähern Schilderung desselben etwas kürzer sein. Der Saasgrat erhebt sich bei dem Dorfe Stalden, ungefähr 1%/g Stunden innerhalb Visp, und endigt bei dem Weiss- thor, unmittelbar dem Monte rosa gegenüber. Er lässt sich in fünf verschiedene Gruppen abtheilen. Unmittel- bar ob Stalden erhebt sich hinter den Vorbergen die Masse des Balfrin, des niedrigsten Punktes des Saasgra- tes, der am besten vom Kirchhofe von Visp aus zu be- trachten ist. Ein kleiner Gletscher breitet sich vor ihm aus, in seinem Auslaufe in der Nähe von Balen sicht- — 308 — bar. An das Balfrin schliessen sich die Felsmassen des Nadelgrates an. Auf diese folgt das weite Firnfeld des Riedgletschers, der sich gegen das Nicolaithal herabzieht, und in der Nähe von St. Niclaus in einer Schlucht aus- mündet, jedoch so, dass man im Thale selbst keine Ah- nung von einem so gewaltigen Gletscher hat. Aus dem Firnfelde des Riedgletschers erheben sich nun als dritte Gruppe die Hauptmassen des Saasgrates, die vier Mi- schabelhörner, das nördlichste etwas seitwärts östlich, die drei andern starren in einer Reihe mit steilen schnee- besprengten Felswänden gegen den Himmel empor. Das erste und zweite haben keinen besondern Namen, das dritte und höchste wird von Herrn Domherr Berchtold Dom genannt, das vierte, südlichste, heisst, weil es von Täsch aus sichtbar ist, auch Täschhorn. Dieses sull auch Lägerhorn und der Dom Grabenhorn genannt werden, aber bloss im Matterthale, im Saasthale haben alle vier denselben gemeinsamen Namen Mischabelhörner. An das erste Mischabelhorn lehnt sich als Vorberg das Gemsi- horn, diesem nicht viel an Höhe weichend. Die Fels- wände der Mischabelhörner senken sich auf beiden Sei- ten zu Gletschern herab, gegen das Saasthal hin zieht sich denselben entlang der Hochbalmengletscher, der in einer Schlucht sich gegen den Feegletscher hin ausdehnt und durch den Mellig gedeckt wird, so dass er vom Thale aus nicht sichtbar ist. Auf ähnliche Art dehnt sich gegen das Nicolaithal am Fusse der Mischabelhör- ner der Grabengletscher aus, nur in seinen äussersten Zacken oberhalb Randah sichtbar. Die Vorberge Laui- horn, Galen, Hoberg, Bitzigen, Haupt, Kibn begränzen ihn gegen die Thalseite hin, er liegt in einer äbnlichen Schlucht, wie der Hochbalmengletscher, nur ist er von (Sehlnss folgt in Nr. 33.) k liriks der Iimie | Alıjig Mattsand Herbrichen Birigen Som Faschhorn Ülphubel Rimfischhorn Findelen Winkelmatt KSotelli Bockhorn Gt Fheodule Amillinge = In = M \ 3 i S m =) £ Plon Pass N oggen > * Sı © Simpeln KINN Shi st Niklausof NW Apns RE, Ri 5 2 ? Wi ES Mangen horn B orn S 7 By Wersomies EP Porablan SINN DE a A > i mung YS h OTR Fu ZA lm N, Mgr nt | - DBuchstalen-Grklaiung, tr a B.Berg, horn, MI Mont, @. Pir, See, Yp-Spine, 81. Bletscher Toposr. Anstalt v- J.Wurster w.Comp.in Winterthur, ö Ireas der Linie Sattel Kügergrat Semsi horn KBochbulmen Bl. Kalbermatten Ztnrgstalden Mittag horn Matimark \chmarzberg Rorhhorn Felliboden Weise Thor Nord Ende ‚Böchste Spitze Zumotein‘Sp. g ignalkwppe ee MITTHEILUNGEN NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. oN® 33. - 2 1848. Prof. Melchior Ulrich. Die Visperthäler ,„ der Saasgrat und der Monte rosa. (Schluss. ) bedeutend grösserm Umfange, ich habe ihn indessen nicht in der Nähe gesehen. Auf die Mischabelhörner folgt nun die vierte Gruppe, der Halbkreis des Feeglet- schers. Dieser wird durch die Feealp in zwei Theile ge- trennt, und senkt sich in das Seitenthal von Fee, das sich bei Saas ausmündet, herunter. Die Feealp wird in der Höhe durch eine Felswand begränzt, und oberhalb dieser dehnt sich der Firn des Feegletschers aus, gegen West von dem Alphubel gekrönt, der sich unmittelbar an die Mischabelhörner anschliesst, gegen Ost von dem Allaleinhorne, an welches sich der Aeginer und das Mit- taghorn anlehnen, und so den Halbkreis schliessen. Jen- seits des Allaleinhornes senkt sich gegen das Saasthal der Allaleingletscher binunter, gegen das Matterthal der Täschgletscher, der in die Täschalp ausmündet, die sich eine gute Stunde oberhalb der Thalfläche in einem 3%; Stunden langen schmalen Thale hinzieht. Auf diese bei- den Gletscher folgen als fünfte Gruppe des Saasgrates die beiden Strahlhörner, die südlichsten Kuppen des Saasgrates, sie sind durch einen Schneekamm von einan- — 310 — der getrennt. Von diesem Kamme zieht sich gegen das Saasthal hin der Schwarzberggletscher zur Distelalp hin- unter, und gegen das Matterthal der Findelengletscher zum Weiler Findelen. Das äussere Strahlhorn stürzt in mehreren Absätzen gegen das Weissthor herunter, und hat auch den Namen cima di Jazi, von der Alp gleichen Namens bei Macugnaga. Das innere Strablhorn wird von den Führern fälschlicher Weise Rimfischhorn ge- nannt, dieses liegt an der Spitze von Rimfischschwend dem Strahlborn gegenüber, jenseits des Firnes. Der Uebergang über den Saasgrat ist bis jetzt noch wenig versucht worden, nur bei der niedrigsten Kuppe, dem Balfrin, ist es schon mehrere Mable geschehen, von Balen gegen Grächen hin. Ich habe au zwei verschie- denen Stellen 1847 und 1848 den Saasgrat überschrit- ten; es wäre mir jedoch nicht möglich gewesen, ohne die geschickte und kundige Führung des Hrn. Pfarrer Hans Joseph Imseng von Saas. Dieser, früher Pfarrer in Randah, hat sich als eifriger Gemsjäger mit dieser Gebirgsgegend bekannt gemacht; er ist der einzige in beiden Thälern, der genaue Kenntniss von dieser Ge- birgswelt hat. Im Jahr 1847 versuchte ich mit zwei Ge- fährten und einem Führer, Johannes Madutz von Matt, Kanton Glarus, unter Führung von Hrn. Pfarrer Im- seng und seinem Knechte, Franz Joseph Andermatten, den Uebergang über den Allaleingleischer. Wir brach- ten die Nacht des 12. August in der Matmarkalp, am Fusse des Schwarzberges und am Ufer des Matmark- see’s zu. Um 3 Uhr, 13. August Vormittags, brachen wir bei sternenhellem Himmel mit einer Laterne auf, und hatten bis 5 Uhr die Höhe des Schwarzberges über Firlöffen, zum Mellig, zum äussern Thurm erreicht. Zu- gleich rötheten sich die Wände der Mischabelhörner von _— 31 — den Strahlen der Morgensonne, ein prachtvoller Anblick. Nun begann die Gletscherwanderung. Wir waren schon oberhalb des Allaleingletschers , der sich in zerborstenen Massen gegen das Thal hinuntersenkte. Eine steile Firn- wand, in welche Hr. Pfarrer den Tag vorher Stapfen getreten, die nun gefroren waren, musste quer über- schritten werden; unterhalb derselben öffneten sich Schründe. Dann stiegen wir den Firn des Allaleinglet- schers hinauf, den Felswänden des Allaleinhornes ent- lang, gegenüber ragten die Felsmassen des innern Strahl- hornes empor. Der Firn war von vielen Schründen durchschnitten , und stieg steil aufwärts. Die Aussicht war beschränkt, nur rückwärts gegen Ost ragte die Py- ramide des Stellihornes empor. Da die Felsmassen des Allaleinhornes aus Gabbro bestanden, der hier anstehend war, so nahm ich einen Stein von passender Grösse vom Firne, und brachte ihn nach Zürich. Herr D. Wiser fand darin neben Rutil einzelne Goldschüppchen, die in- dessen nur durch die Loupe zu erkennen sind. Auf der Höhe des Firnes, die wir um 8 Uhr, also nach 3 Stun- den erreichten, erwartete uns ein Anblick, der zu dem Imposantesten gehört, das ich je gesehen, zumal der Tag prachtvoll war. Auf einen Blick übersahen wir nämlich die Bergkette vom Lyskamm bis zum Weiss- horn, alles Berge von 12— 13000 Fuss Höhe, ein An- blick, der sich nicht schildern, nur geniessen lässt. Auf der Höhe, die zwischen 10—11000 Fuss haben mochte, da wir auf den Theodulpass mehr hinunter als hinüber sahen, dehnte sich ein weites Firnfeld aus, gegen Nord durch eine Felswand, einen Ausläufer des Allaleinhor- nes, begränzt, gegen Süden verlief sich dasselbe gegen das Weissthor hin. Rimfischhorn lag gleich jenseits des Firnfeldes , ungefähr zwei Stunden entfernt, und weiter — 312 — südlich das Stockhorn des Riffelberges.. Wir stiegen nun über das Firnfeld gegen den Täschgletscher hinun- ter, begaben uns aber nach einer halben Stunde schon auf das Abere und kletterten dann über die Moraine des Täschgletschers, die, man kann wohl sagen, mit Mine- ralien gesätligt war, und über mehrere steile Abstürze an der Seite des Täschgletschers in die Täschalp hinun- ter, wanderten das schmale Thal, in welchem dieselbe liegt, hinaus zu den Hütten, wo wir nach 3 Stunden von der Höhe eintrafen, und stiegen dann, den Bach links lassend, in einer Stunde durch schöne Güter ins Haupithal nach Täsch hinunter. Es war dieses ein Marsch von ca. neun Stunden. Der Firn war, beson- ders auf der Höhe, fest gefroren, und auch beim Hinauf- und Hinabsteigen hart, so dass wir ohne die mindeste Gefahr und Beschwerde diesen Uebergang machten. Ein ähnlicher Uebergang wäre der von der Matmarkalp über den Schwarzberggletscher hinauf zwischen den beiden Strahlhörnern hindurch, dann über den Firn auf den Findelengletscher , und die Schlucht hinaus nach Zermatt. Er soll auch schon gemacht worden sein; indessen wollte Niemand etwas Näheres wissen. Der Uebergang, den wir gemacht, soll vor mehreren Jahren von Hrn. Schutt- lewort und einem Gefährten von Täsch aus versucht worden sein, sie gelangten indessen bloss auf die Höhe, und mussten wegen eingelrelener schlechter Witterung wieder zurückkehren. Es war das dritte Mal, dass Hr. Pfarrer Imseng diesen Weg zurücklegte, das letzte Mal vor neun Jahren. Im Jahre 1848 versuchte ich einen andern Ueber- gang, und zwar einen solchen, den weder Hr. Pfarrer Imseng noch überhaupt jemand vorher gewagt, es war eine eigentliche Entdeckungsreise. Am 10. August bra- — 313 — chen unser Sechs gegen 5 Uhr Vormittags von Saas auf, nämlich Hr. Pfarrer Imseng mit seinem Knechte Ander- matten, ich mit meinem Führer Johannes Madutz, und zwei Zermatterführer, Stephan Binner, Botaniker, und Matthias zum Taugwalder, die auf Entdeckungsreisen be- griffen waren, und mich ersucht hatten, uns begleiten zu dürfen. Wir überschritten die Visp, und stiegen den waldigen Bergrücken, der Saas von Fee trennt, hinauf, über hübsche Güter auf die Alp Hanig, die wir in einer Stunde erreichten. Von hier überblickten wir den gan- zen Feegletscher und Firn, mit der Feealp in der Mitte, am Rande desselben das Dorf Fee und den Weiler Kal- bermatten. Von der Alp Hanig aus folgten wir einer Wasserleitung und stiegen ein einsames steiniges Thal zwischen dem Mellig und dem Distelberge aufwärts ge- gen den Gemsistock hin. Ein Seitenarm des Hochbal- mengletschers wurde überschritten und an den Felswän- den des Gemsistockes hinaufgeklettert. Eine Flora son- der Gleichen, die zwischen den Steinen hervorsprosste , erfreute unser Auge. Das Gemsihorn lehnt sich an das nördlichste der Mischabelbörner. Man steigt von dem- selben eine steile Schneeschicht hinauf, und befindet sich dann auf dem weiten Firnfelde des Riedgletschers. Nörd- lich erheben sich die Felszacken des Nadelgrates, südlich die Mischabelhörner,, eine steile Schneewand führt zu dem ersten derselben empor. Der Wind wirbelte den Schnee etwas auf, so dass wir zuweilen ganz in densel- ben eingehüllt waren. Nach 12 Uhr waren wir auf dem Gipfel des Mischabelhornes, wir hatten ungefähr 7 Stun- den gebraucht. Der Barometer, den ich sogleich auf- pflanzte, zeigte 121/ Uhr Mittags. 475,20 millim. Thermom. fix + 10° frei + 3° C. was mit der Station Zürich verglichen, nach gütiger a Mittheilung von Hrn. Professor Mousson eine Höhe von 12323 Pariser Fuss über Meer ergibt. Ueber den Hochbalmengletscher hinunter blickten wir in schwindelnder Tiefe auf den Feegleischer und seine Umgebung herab, das Allaleinhorn erhob seine Schnee- kuppe ungefähr auf die gleiche Höhe unsers Standpunk- tes. Neben diesem raglte die schwarze Felsmasse des innern Strahlhornes empor, und westlich davon die ge- waltige Masse des Monte rosa. Zwei der Mischabelhör- ner ihürmten sich unmittelbar westlich von uns empor, das höchste, der Dom, etwa 1000 Fuss über uns erha- ben. Sie schienen unersteigbar. Gegen Osten lag die ganze Bergreihe vom Stellihorn bis zu den beiden Fletsch- hörnern unter uns, über sie hin hätten wir nach Mailand blicken können, wenn der Dunstkreis völlig rein gewe- sen wäre. Gegen Norden ragte über den Nadelgrat ein ganzer Kranz von Bergen empor, vom Dent du Midi bis in die Bündnerberge hinein. Der Aletschgletscher vom Anfang bis zum Ende lag vor uns ausgebreitet, ebenso der Vieschergletscher, das Aletschhorn, das Fin- steraarhorn und der Galensteck zeichneten sich besonders durch ihre Formen aus, die Jungfrau als spitze Nadel trat mehr zurück. Wir stiegen, nachdem wir einen Steinmann errichtet und Proben der Steinart, Glimmer- schiefer, mitgenommen, wieder auf das Firnfeld des Riedgletschers hinunter. Nachdem wir dasselbe eine Stunde weit überschritten, senkte sich der Gletscher in gewaltigen Massen, ein steiles Schneefeld, durch ein Fels- riff von der Hauptmasse des Gletschers getrennt, schien den einzigen Weg zum Herabsteigen auf den mittleren Theil des Gletschers darzubieten. Unten am Schnee öff- nete sich aber ein gewaltiger Schrund, der Bergschrund. Hr. Pfarrer stieg mit den andern über das Schneefeld — 815 — hinunter und versuchte den Schrund zu passiren. Ich mit Madutz überschritt einen Felskopf, und gelangte dann quer über einen Schneeabhang bis zu einer Stelle, . wo der Schrund geschlossen war. Zu gleicher Zeit wa- ren beide Versuche geglückt, und wir wanderten dann wieder eine Stunde über den mittleren Theil des Glet- schers. Als nun aber der Gletscher in zerborstenen Massen gegen die Tiefe stürzte, wandten wir uns auf das Abere, wir mussten drei Gufferabhänge an der Seite des Gletschers hinabklettern, was um so beschwerlicher war, da selbst die grössten Steine keinen festen Halt hatten, und wir daher nur mit Vorsicht, je einer nach dem andern, uns in die Tiefe herablassen mussten. End- lich gelangten wir so zu dem untersten Theile des Ried- gletschers, überschritten denselben und stiegen über die Moraine in ein schmales Thälchen hinunter, in welchem die Schalbetalp lag. Von hier ging es dann einer Was- serleitung nach auf Höllinen hinunter, einer Häusergruppe auf einem Bergvorsprunge oberhalb St. Niclaus, dann über steile Matten und durch Wald nach St. Niclaus, wo wir erst Abends 8 Uhr nach sechsstündigem Herab- steigen anlangten. Die Sennen in der Schalbetalp hatten keine Ähnung, dass man aus dem Saasthale zu ihnen gelangen könne. Sie waren nie höher als über den ersten Gufferabhang gekommen, von wo sich der Weg nördlich gegen das Balfrin hinzieht. Wirklich würde man die Sache für nicht möglich halten, wenn man von der Schalbetalp gegen den Riedgletscher hinaufblickt, der in gewaltigen Massen abstürzt, und dessen Firnfeld hoch gegen den Himmel hinansteigt. Indessen war der Weg, mit Aus- nahme der Ueberschreitung des Bergschrundes, nicht gefährlich, wohl aber ziemlich beschwerlich. Man könnte — 316 — wol noch einen dritten Uebergang über den Saasgrat versuchen, von Saas über die Feealp, und die Felswand hinauf über den Firn des Feegletschers, und dann zwi- schen dem Täschhorn und dem Alphubel gegen Täsch _ hinunter. Auf diesem Wege würde man dann den Gra- bengletscher näher zu Gesicht bekommen. _ Vielleicht liesse sich auch noch ein Weg über den Seviengletscher im Hintergrunde des Saasthales gegen Macugnaga finden, oder dann auf das Weissthor zu. Zum Schlusse will ich noch in wenigen Zügen die Besteigung der höchsten Spitze des Monte rosa schildern. Die beiden höchsten Spitzen des Monte rosa, das Nord- end und die höchste Spitze, liegen auf Schweizerboden, und sind bisher, so viel bekannt, noch nie erstiegen worden, wohl aber einige der Spitzen auf piemontesi- schem Gebiete, so die Zumsteinspitze von Zumstein und Vincent, die Vincentpyramide von Vincent, die Ludwigs- höhe von Welden. Der Anblick der beiden ersten Spi- tzen ist schon oben beschrieben worden. Wir begeben uns also gleich auf den Riffelberg, und gehen von der rothen Kumme aus, am Rande des Gornergletschers, einige hundert Fuss oberhalb desselben über Felsköpfe etwa eine Stunde weiter, wo sich dem Gornersee gerade gegenüber in der Nähe eines Baches an einer Felswand ein von Schäfern errichtletes, von trocknen Mauern auf- geführtes, Viereck findet, und nahe dabei etwas höher eine Höhle in den Felsen hinein. Hier wurde von Johannes Madutz, Mathias zum Taugwalder und mir den 11. August 1848 das Nachtla- ger bezogen. In dem Viereck war die Küche, in der Höble das Nachtlager. Es war eine prachtvolle Mondnacht, die kleinen Seen auf den Gletschern glänzten im Silberlicht des Mondes, die Stille der Nacht wurde nur durch das u - BEE - u —= Rauschen des Wassers im Gletscher unterbrochen, das indessen gegen Morgen aufhörte. Zwei Franzosen, die 1847 ebenfalls die Besteigung des Monte rosa versucht, aber nur auf den Schneekamm gelangt waren, hatten ihr Nachtlager jenseits des Gletschers oben am Gornersee auf dem Guffer genommen, mussten aber alles Holz über den Gletscher hinschaffen. Wir zogen daher vor, bier das Nachtquartier zu nehmen, da noch dürre Holzreste, von einer frühern Holzvegetation herrührend, in Menge zu finden waren. Am Morgen des 12. August, erst 41/a Uhr, da es nicht früher heiter war, wurde der mit kla- rem Eis bedeckte Gornergletscher überschritten, in ca. 3/4 Stunden waren wir beim Gornersee, sahen aber keine Spur davon, ja fanden nicht einmal die Stelle, wo er sich befinden soll, er musste ausgelaufen sein, und soll eine ähnliche Beschaffenheit haben, wie der Aletschsee auf der Märjlenalp, mit schwimmenden Eisblöcken auf seinem Spiegel. Wir stiegen nun die Gufferwand hinan, und wie wir die Höhe erreicht, befanden wir uns unten am grossen Gornerhorngletscher und zwar dem östlichen kleinern Theil desselben, da ein Felsriff von der Guffer- wand aus denselben in zwei ungleiche Theile scheidet. Das Weissthor lag gleich östlich zur Seite. Unser Weg gegen die Höhe lag vor uns aufgeschichtet. Es schien eine tüchtige Aufgabe, da der Gletscher gegen die Höhe in ziemlich gleichartiger Steigung von ca. 30° ununter- brochen ansteigt. Wir mochten auf einer Höhe von ca. 8000 Fuss sein; also blieben noch 6000 Fuss zu erstei- gen, alles über Gletscher. Ein steiles Schneefeld wurde hinangestiegen, dann gelangten wir zu einem Chaos von Schründen. Der Gletscher wird hier nämlich zwischen dem Felsriff gegen West und den Felsmassen des Nord- endes gegen Ost zusammengedrängt, daher sind gewal- — 318 — tige Eiswürfel, durch Schründe von einander getrennt, über einander geschichte. Hier muss ein Durchweg gefunden werden; das Beil musste öfters nachhelfen, um auf die Höhe der Eiswürfel zu gelangen. Nachdem wir diese Sielle passirt, lagen mehrere Gletscherschichten , wahre Eisberge, über einander vor uns ausgebreitet. Schründe hielten uns nicht mehr bedeutend auf, dage- gen galt es tüchtig zu steigen. Doch war der Firn hart. Wie wir die Höhe des in der Form seiner Felsmassen ganz ausgezeichneten Breithornes neben uns hatten, also ca. 12000 Fuss hoch waren, zeigte sich eine neue Schwie- rigkeit, das Athmen wurde schwerer. Man konnte mit Noth 30 Schritte weit gehen, so fehlte der Athem, man musste sich auf den Bergstock lehnen und tief Athem schöpfen. So ging es den letzten Theil des Gletschers ziemlich langsam aufwärts, von andern Schwierigkeiten als die, welche die Noth des Athmens verursachte, war aber keine Rede. Nach 11 Uhr, also nachdem wir bei- nahe 7 Stunden ununterbrochen gestiegen, hatten wir die Höhe des Schneekammes, der die höchste Spitze mit dem Nordend verbindet, erreicht, und sollten nun die Frucht unserer Anstrengung geniessen. Aber welche Täuschung! Trotz des schönen Tages tobte der Nord- wind in dieser Höhe mit fürchterlicher Stärke. Wir wagten es nicht, an den Rand des Gletschers gegen Sü- den, der plötzlich gegen Macugnaga abstürzt, zu gehen, aus Furcht, der Wind möchte uns in die Tiefe schleu- dern, wir sahen nur die Eiszacken in die Luft, oder vielmehr in den Nebel hinausragen, denn der Südwind trieb eine ganze Schichte Nebel gegen die Höhe hinan, welche der stärkere Nordwind immer wieder. zurück- drängte. Wir wandten uns nun gegen das westlich lie- gende Horn der höchsten Spitze zu, und stiegen ein — 319 — Schneefeld zu demselben hinan. Als ich indessen bei den Felsen anlangte, und dieselben, die wenig Haltpunkte darboten, hinanklettern sollte, erklärte ich den beiden Führern, da auch hier der Wind mit aller Gewalt tobte, ich wolle nichts riskiren, und werde wieder auf den Schneekamm zurückkehren. Ich suchte hinter einem Schneehügel etwelchen Schutz, die beiden Führer, mit Seil und Hammer bewaffnet, verliessen mich, um den Versuch noch einmal zu wagen. Um 11% Uhr beobach- tete ich den Barometer. Er zeigte: 442,60 millim. Thermom. fix. 0 frei — 2° GC. mit der Station Zürich verglichen 14004 Pariser Fuss über Meer. Die Führer hatten unterdessen nach einer guten hal- ben Stunde die ca. 300-400 Fuss über meinem Stand- punkt erhabene Kuppe der höchsten Spitze erreicht und gaben mir dieses durch Jauchzen kund. Ich hatte in- dessen gute Zeit, bis sie wieder zu mir zurückkamen. Ich konnte mit Musse die nähere und weitere Umgebung ins Auge fassen, erhielt auch ‚Besuch von einem Raben, der mit mattem Flügelschlage sich gegen mich hinbe- wegle, sich aber bald wieder entfernte. Wenn ich nun aber die Aussicht etwas näher schil- dern soll, so muss ich zum voraus bemerken, dass ich gegen Süden von der ganzen Lombardei wegen des Ne- bels gar nichts sah, ja nicht einmal nach Macugnaga hinunterblicken konnte. Auch gegen Norden wurde ich im Betrachten der Aussicht durch den schneidenden Wind, der mir zuweilen ganze Schneemassen ins Gesicht jagte, gestört. Die Hauptmasse der Berge dehnte sich in wirrem Knäuel vor mir aus, und zwar in bedeuten- der Entfernung. Nur drei ragten aus den andern her- vor, das Matterhorn, das Weisshorn und im fernen We- — 320 — sten der Montblanc. Dieser etwas über meinem Stand- punkt erhaben, die beiden ersten, die ich mit dem Berg- stocke visirte, schienen etwas niedriger zu sein. Ich versuchte einige Male hinter dem Eishügel hervorzutre- ten, der gewaltige Wind trieb mich aber immer wieder zurück, riss mir auch einmal den Schleier fort, den ich aber glücklich wieder erhaschte.. Nach zwei langen Stunden kehrten die beiden Führer von dem Gipfel zu- rück. Madutz bemerkte, es sei ungemein schwierig, auf die Höhe zu gelangen, die Felsen seien alle mit Eis überzogen und auch die Zwischenräume mit Eis ausge- füllt, sie hätten mehrere Male den Hammer anwenden müssen. Das Horn ist kammartig gebildet und hat zwei gleich hohe Gipfel, durch einen Eissattel mit einander verbunden. Sie waren auf dem südlichen, fanden aber auf der Höhe keinen Raum zum Stehen, zumal auch hier der Wind grässlich tobte. Der eine sass rittlings, der andere auf einem etwa einen Schuh breiten Steine. Das Gestein ist alles fest, nicht verwittert, so dass sie kein Zeichen ihrer Anwesenheit hinterlassen konnten; Madutz schlug bloss einen Stein ab, den er mir brachte. Von der Aussicht konnten sie mir wenig sagen, sie wa- ren zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Macugnaga und Gressonay lagen zu ihren Füssen, die Zumsteinspitze wollte Taugwalder unter sich gesehen haben. Das Horn senkt sich ganz steil mehrere tausend Fuss gegen den Monterosa-Gletscher herab. Beim Hinuntersteigen, zu welchem sie eine gute Stunde brauchten, befiel den Wal- liser einige Furcht. Madutz musste ihn, um ihm mehr Zuversicht zu geben, ans Seil binden, und so kamen sie glücklich wieder zu mir hinunter. So war, wahr- scheinlich zum ersten Mal, die höchste Spitze des Monte rosa ersliegen worden, jedoch nicht unter den günstigsten — 321 — Umständen. Immerhin wird es auch bei windstillem Wet- ter etwas schwierig sein, das Horn zu erklimmen, und auf der Höhe sich mit Musse umzusehen, da der Raum zu beschränkt ist. Wir stiegen nun ohne weitern Unfall, als dass ich einmal mit beiden Füssen in eine Spalte sank, und mich, da die Ränder der Schründe meistens scharf sind, etwas verletzte, denselben Weg, ja in denselben Fussstapfen, den Gletscher wieder hinunter; weiter unten war der Schnee etwas weich geworden, so dass wir zuweilen bis an die Kniee einsanken. Doch waren wir nach 3!/g Stunden wieder glücklich beim Nachtquartier angelangt, und um 8 Uhr Abends rückten wir ins Wirthshaus von Zermatt ein. Die beiden Führer, die das Gesicht ohne Schutz gelassen hatten, mussten dafür büssen, sie waren den folgenden Tag ganz schneeblind; ich, mit grüner Brille und blauem Schleier versehen, spürte nicht die geringste Unannehmlichkeit, als dass sich die Haut des Gesichtes in den folgenden Tagen ablöste, woran haupt- sächlich der schneidende Nordwind schuld war. Sollte ein neuer Versuch gewagt werden, die höchste Spitze des Monta rosa zu ersteigen, so wäre nach dem Urtheile von Madutz der nördliche Gipfel derselben geeigneter dazu. (Hierzu gehört ein Kärtchen, _ 392 — Dr. E. Schweizer, über die Bestandtheile der Erdbeeren. (Vorgetragen den 17. Mai 1847.) Da über die Zusammensetzung der Erdbeeren nur die Angabe von Scheele, dass dieselben Citronensäure und Aepfelsäure enthalten, bekannt ist, so theile ich die Re- sultate einiger Versuche mit, die ich hierüber angestellt habe. Die gewöhnlichen Walderdbeeren enthalten: Spuren eines flüchtigen Oeles, Citronensäure, Aepfel- säure, Pektin, unkrystallisirbaren Zucker , Farbstoff, ein wachsartiges Fett, ein fettes Oel, Chlorophyll, Eisen- bläuenden Gerbstoff, stickstoffhaltige eiweissartige Mate- rie, Holzfaser, Kalk, Magnesia, Eisenoxyd, Phosphor- säure, Kieselerde und Kali. — Das fette Oel ist in verhältnissmässig bedeutender Menge in den Nüsschen der Erdbeeren enthalten und kann aus denselben am besten durch Extraction mit Ae- ther gewonnen werden. — Es besitzt eine grüne Farbe (von Chlorophyll), lässt sich leicht verseifen und trock- net an der Luft zu einem beinahe farblosen Firnisse ein. Bei — 20° scheidet sich noch nichts Festes daraus ab. Das wachsartige Fett findet sich in dem fleischi- gen Theile der Erdbeeren. Das getrocknete und von den Nüsschen so viel wie möglich durch Sieben getrennte Fleisch der Erdbeeren wird im Extractionsapparat zuerst mit Aether und dann mit Weingeist ausgezogen. Die weingeistige rothe Lösung wird verdunstet und der Rück- stand mit Wasser behandelt, welches Farbstoff und Gerbstoff löst und das Fett zurücklässt. Letzteres kann jedoch durch Wasser nicht vollständig von dem Farbstoff befreit werden; selbst nach mehrmals wiederholter Behand- — 323 — lung mit Wasser besitzt es noch eine röthliche Farbe. Dieselbe kann ihm durch verdünnte Kalilösung indessen entzogen werden. Es besitzt alsdann die Consistenz des Wachses, ist in kaltem Aether unlöslich, hingegen löslich in starkem Wein- geist, gibt beim Erhitzen ein butterartiges Destillat, ähn- lich der sogenannten Wachsbutter, und lässt sich durch Kali ziemlich leicht . verseifen. Nach Zersetzung der Seifen- lösung durch eine Säure sammelt sich eine feste Fett- säure, wahrscheinlich Stearinsäure, auf der Oberfläche der Flüssigkeit an. Der rothe Farbstoff findet sich bekanntlich nur in den äussern Zellen der Erdbeeren und zwar im aufge- lösten Zustande. Aus dem durch Auspressen der Erdbeeren erhaltenen und von dem Pektin durch Weingeist befreiten rothen Safte wird der Farbstoff gemeinschaftlich mit der Citro- nen- und Aepfelsäure durch eine Lösung von Bleizucker praecipitir. Im Anfang ist der Niederschlag ungefärbt und besteht grösstentheils aus äpfelsaurem Bleioxyd; nachher entsteht ein blauer Niederschlag, der den Farb- stoff, und besonders die Citronensäure enthält. Behan- delt man diesen Niederschlag mit Essigsäure, so löst sich der Farbstoff mit seiner ursprünglichen Farbe fast gröss- tentheils wieder auf. — Extrahirt man, wie oben schon angegeben, das getrocknete Fleisch zuerst mit Aether und dann mit Weingeist, verdunstet die purpurrothe weingeistige Lösung und behandelt den Rückstand mit Wasser, so bleibt das Fett zurück, während Farbstoff und Gerbstoff grösstentheils von dem Wasser aufgenom- men werden. In dieser Lösung ist jedoch der Farbstoff so innig mit dem Gerbstoff verbunden, dass er auf keine Weise von dem letztern getrennt werden konnte. Selbst u 1 die thierische Haut fällte mit dem Gerbstoff zugleich den Farbstoff aus; der lederartige Körper erhielt dadurch die Farbe der Erdbeeren. In einem modifizirten Zustande erhielt ich den Farb- stoff auf folgende Weise: Die zur Darstellung des fet- ten Oeles mit Aether extrahirten Nüsschen wurden mit Weingeist ausgezogen. Die tiefrothe Lösung wurde ver- dunstet und der Ruckstand mit Wasser behandelt, wel- ches Gerbstoff, etwas Zucker etc. auflöste, hingegen eine pulverförmige schön rothe Masse zurückliess. Dieselbe löste sich sehr leicht vollständig in Kali auf und wurde aus der Lösung dnrch Chlorwasserstoffsäure wie- der unverändert niedergeschlagen. Die so erhaltene Sub- stanz ist in Wasser unlöslich, hingegen löslich in Wein- geist. In Säuren, namentlich organischen, ist sie sehr wenig löslich; versetzt man jedoch die Säure nur mit ein Paar Tropfen Weingeist, so löst sie sich augenblick- lich mit prachtvoll rother Farbe darin auf. Umge- kehrt erhöht auch ein Zusatz von Säure sehr ihre Lös- lichkeit in Weingeist. In Kali löst sie sich mit grüner Farbe. In ihrer weingeistigen Lösung bringt eine Lö- sung von Bleizucker in Weingeist zuerst einen bläulichen Niederschlag hervor, der bei weiterm Zusalze von Blei- zucker eine rosenrotbe Farbe annimmt. Ohne Zweifel ist diese in Wasser unlösliche Modifi- cation des Farbstoffs durch Einwirkung des Sauerstoffs der atmosphärischen Luft auf den ursprünglichen Farb- stoff entstanden. MITTHEILUNGEN NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. N? 2 ——— 1849. H. Bremi, Uebersicht der schweizerisehen Rhyneboten., (Vorgetragen den 22. Januar 1849.) Unter den 8 Classen der Insekten gehören die Rhyn- choten zu den am wenigsten allgemein bekannten und beachteten, obgleich einzelne Gruppen derselben durch ihren Einfluss auf die Pflanzen und auf die Oekononie und Industrie der Menschen sich längst wichtig gemacht haben. Wie bekannt, ist die Verwandlung der Rhyucho- ten eine unvollständige, indem das Junge Thierchen schon bei seinem Ausschlüpfen aus dem Ei in der Tracht des vollkommnen Insektes auftritt, und sich nur durch den Mangel der Flügel von demselben unterscheidet; auch keine Puppenruhe stattfindet, sondern auch während die- sem Stadium der Metamorphose, der Genuss von Nah- rung und die freie Bewegung fortdauert. Diese Stetig- keit der Ernährung während der ganzen Lebensperiode steigert den schädlichen Einfluss, welchen alle gesellig auf Pflanzen lebenden Arten ausüben, sehr bedeutend. Nach den Flugorganen unterscheiden sich die Rhyn- choten in 2 Ordnungen, bei deren einen alle vier Flügel aus einer gleichartigen Membran bestehen; bei der an- dern aber die Oberflügel zum Theil lederartig, fest und undurchsichtig sind, während die Spitze die Durchsich- — 326 — tigkeit der Unterflügel behält. Jene, die Homoptera, sind überhaupt in ihrer ganzen Tracht und in ihren Le- bensverhältnissen sehr von diesen, den Heteroptera, verschieden und ausgezeichnet durch merkwürdige Eigen- schaften und grosse Bedeutung für die gesammte Pflan- zen- und Insektenwelt. Goccina. — In der ersten Familie der Homoptera, den CGoccina oder Schildläusen, tritt der Typus der Rhyn- choten, in Beziehung auf äussern Organismus, im klein- sten Volumen und sehr schwankenden Formen auf, was besonders in dem Vorhandensein von nur 2 Flügeln blos beim Männchen, und der schildförmigen Gestalt ohne bemerkbare Extremitäten beim Weibchen, auffällt. Aber in Beziehung auf den typischen Organismus zum Auf- nehmen der Nahrung und seine Anwendung sind diese die vollkommensten Sauger, und üben ihre Eigenschaft auf eine wahrhaft mörderische Weise für die Pflanzen, und beziehungsweise für die Oekonomie. Zu der schon erwähnten Stetigkeit des Nahrungsgenusses tritt noch hinzu: das Bleiben auf demselben Pflanzentheil, durch den ganzen Cyklus des Lebens und des Jahres, wodurch der Nachtheil ihrer Ernährung so nachhaltig wird. Der Aufenthalt der Schildläuse ist vorzugsweise auf der Rinde von Bäumen und Gebüschen;; wenige Arten gehen auf die Blätter über, und noch seltener leben sie an den Stengeln krautartiger Pflanzen. Nicht sowol ihre Klein- heit als die Gleichfarbigkeit der Schilder vieler Arten mit der von ihnen besetzten Rinde, entzieht sie so leicht dem Blick, dass ihr Dasein öfters erst durch den verur- sachten Schaden verrathen wird. Diese Gleichfarbigkeit der Schilder mit der Rinde ist von den Reflexen herzu- leiten, welche die Wirthe der Insekten auf diese äus- Fa sern, welches merkwürdige Phänomen in neuerer Zeit schon vielseitig anerkannt ward. Das Fortpflanzungsver- mögen dieser kleinen Thierchen ist ungeheuer, und es müssten die Folgen desselben höchst auffallend verderb- lich werden, wenn nicht die Vorsorge für die Erhaltung des Gleichgewichtes einer andern, noch viel kleinern In- sektengatiung angewiesen worden wäre; es sind dieses die Pteromalinen, die kleinsten der Hymenoptern, welche in ihrem Larvenstadium als Inquilinen in den Schildläusen leben und so ihrer Vermehrung Schranken setzen. Auch die Larven einiger Marienkäfer nähren sich von jenen Saugern; ich (raf einst an der Hohen- rohne eine weit ausgebreitete offene Waldstelle, die dicht mit Heidekraut bewachsen war, und wie beschneit aus- sah von den weissen Schildern der Diaspis nivea; dieses Gebüsch wimmelte von Coccinella renipustulata. So wichtig und merkwürdig die Coccina sind, so sind doch die Arten derselben noch wenig aufgesucht, beob- achtet und bekannt gemacht worden, namentlich von den schweizerischen Entomologen, und es fehlt noch gänzlich an einer Monographie derselben. Nur diejenigen Arten, welche die berühmten Farbstoffe liefern (von denen die Schweiz keine besitzt) und die, welche auf den Gewächs- hauspflanzen leben, sind speziell beobachtet und beschrie- ben. Neben diesen habe ich noch 40 Arten kennen gelernt, wol kaum die Hälfte der wirklich vorhandenen. Ihre Verbreitung nach der Höhe, die zu beobachten mir die Gelegenheit fehlte, wird sich nicht über die Baum- gränze erstrecken. ‘Weit artenreicher und verbreiteter als diese sind die Aphidina oder jene allbekannten Blattläuse, die dess- wegen bei dieser allgemeinen Uebersicht keiner speziel- len Charakterzeichnung bedürften, würden nicht ihre Ei- — 28 — genschaften so ausgezeichnet und merkwürdig sein, dass einige Züge derselben nothwendig in diese Darstellung gehören. Es sind die, durch viele mit der grössten Um- sicbt von den tüchtigsten Forschern lange fortgesetzten Beobachtungen bewährt erkannten, sonst unglaublichen Eigenschaften des Fortpflanzungsvermögens, nach welchen einige Gattungen von Blattläusen zugleich eierlegende und lebendiggebärende Thiere sind, die ohne vorherge- gangene Begattung bis ins 15. und 17. Glied sich frucht- bar zeigen. Andere gebären stets nur lebendige Junge, ohne je Eier zu legen, während noch andere nur durch Eier sich fortpflanzen. Diese Fähigkeit, ohne Begattung zu gebären, in Verbindung mit der kurzen Zeit von nur 10— 14 Tagen, welche die junge Blattlaus zu ihrer Ent- wicklung bedarf, erklärt denn auch ihre ungeheure Ver- mehrung, denn es können nach Schrank’s Berechnung, welche er auf Bonet's Beobachtungen gründet, vom Früh- jahr bis Herbst von Einer Blattlausmutter 23,740,000 Blattläuse entstehen. Es ist leicht einzusehen, dass der grüne Schmuck der Erde bald durch diese Thierchen verwüstet werden müsste, würde nicht einerseits ein gan- zes Heer andrer Insekten sie befeinden, und wäre nicht anderseits ihre gedeihliche Entwicklung an Temperatur- verhältnisse geknüpft, die, durch Winde und Regen leicht und schnell verändert, plötzlich ganze Generationen ih- res Daseins berauben können. ‘Von den Insekten, wel- che die Blattläuse aufreiben, sind es besonders die Lar- ven mehrerer Fliegenarten, die mitten in den Blattlaus- kolonien wohnen, und ihre Schlachtopfer ganz verschlin- gen; dann wieder kleine Schlupfwespen, die in jede Blattlaus nur ein Ei legen, von welchem die Larve das Innere der Laus bis auf das Skelet verzehrt; oder auch die mit scharfen Kiefern versehenen Larven gewisser — 3299 — Käfer und Neuroptern, welche von Kolonie zu Kolonie wandern, um ihnen Schranken zu setzen. Besonders merkwürdig ist das Verhalten der Ameisen : diese besu- chen sehr zahlreich die Kolonien der Blattläuse, um den honigartigen Saft und das süsse Mehl, welches die Blatt- läuse häufig secerniren, zu naschen, ohne die Blattläuse im mindesten zu beschädigen; sobald aber dieselben von den Blättern herabfallen, packen sie dieselben mit ihren Zangen und tragen sie nach Hause. Eine zweite merkwürdige Eigenschaft vieler Blattlaus- arten ist der besondere Einfluss, den sie auf die Pflanzen ausüben. Es äussert sich dieser in der einfachsten Form nur durch Erregung besonderer Farben, oder durch blosses Krauswerden der Blätter; in höherer Entwicklung durch enorme Ausdehnung und Eingerolltwerden einzel- ner Blatttheile, und endlich in der Erzeugung gallenarti- ger Auswüchse an Blättern, Blattstielen oder Zweigen. Diese Scheingallen, welche typisch vou den wahren Gal- len, die nur. von Hymenoptern erzeugt werden, gänzlich verschieden sind, öffnen sich, sobald das inwohnende In- sekt seine Entwicklung vollendet hat, mechanisch. Man wähne nicht, dass diese Entfärbungen und Deformatio- nen nur schlechthin Folgen des Saugens seien; im Ge- gentheil spricht sich darin die Individualität der Art aus. Die Blätter vom Weissdorn färben sich von der einen Art carmoisinroth, von der andern blassgelb; auf den Blättern der Ulme lebt eine Art ohne die mindeste Af- fektion, während die andre die Blätter rollt und gleich entfärbt, und die dritte Gallen erzeugt. Die interessantesten Gallen sind diejenigen von Cher- mes abietis Lin., welche sie am Grund der heurigen Zweige der Rothtanne erzeugt, die aber nur die Hälfte des Zweiges umfassen, und so gross und volkreich sie iR UNE ‚auch sind, doch dem Wachsthum keinen Eintrag thun; wogegen die weit kleinere der Ghermes strobilobius, die aber fast an den Spitzen der Zweige erzeugt wird, und dieselben umfasst, sehr verderblich einwirkt. Dadurch verkümmerte junge Tannen sind am Uto häufig. Eine dritte merkwürdige Eigenschaft gewisser Blatt- läuse ist die Erzeugung einer krystallinischen Flüssigkeit in Form von Kügelchen, welche häufig ihre Nester er- füllen, sowie die Sekretion eines seidenartigen Flaumes. Diese Bekleidung haben aber auch viele Arten der fol- genden Familie. Am auffallendsten macht sich durch ihr Haarkleid die Pemphigus xylostei De Geer, indem sie oft an warm gelegenen Waldsäumen in 1-2’ langen ununterbrochenen Reihen die Zweige der Heckenkirschen bekleidet. Die Chermes Laricis Hart., welche auf den Nadeln der Lerchen wohnt, verbreitet sich seit einigen Jahren in der Umgebung von Zürich sehr stark; von 1845 und 46 war sie nur auf einen jungen Baum in der Anlage an der neuen Thalackerstrasse beschränkt; von dort siedelte sie in die Änlage bei der Kantonsschule hinüber, und bedeckte vorigen Sommer alle Bäume der- gestalt, dass sie im August schon alle Nadeln abwarfen und im September neu zu treiben begannen. Hr. Kaltenbach hat 1843 in seiner Monographie der Blattläuse in 12 Genera 159 Arten beschrieben, die er in Deutschland beobachtete; von diesen lernte ich bis dahin 117 in der Schweiz als einheimisch kennen; es ist aber höchst wahrscheinlich, dass wir mehr als jene 159 Arten auf unserer reichen Pflanzenflora finden werden; einige der von mir beobachteten Arten sind neu, und da die Verbreitung nach der Höhe bis 7500° über Meer beobachtet ward, so ist sicher anzunehmen, dass die Al- penpflanzen auch eigenthümliche Arten von Blattläusen — 8331 nähren, wenn auch nicht viele, weil ihnen die klimati- schen Verhältnisse der Alpenregion nicht zusagen. Hr. Kaltenbach fand die ihm bekannten Arten auf 277 ver- schiedene Pflanzen vertheilt; dasselbe Verhältniss fand auch ich. Es ist merkwürdig, dass auch von diesen Insekten Pflanzen mit herben, scharfen, narkotischen Säften bevorzugt werden, wie Aconitum, Nerium, Co- nium; wogegen die Orchideen unberührt bleiben; die meisten Arten nähren jedoch die Birke und Eiche, jene 6, diese 7. Die Psylloden stehen den Aphidien in der Lebens- weise und manchen Eigenschaften sehr nahe, bilden aber gewissermassen den Uebergang zu den»Cicadinen. Es sind niedliche zum Theil bunte Thierchen, die sehr be- hende springen, daher ihnen der Name »Blattflöhe« bei- gelegt ward. Die Jungen besaugen auch sehr stark die Pflanzen, weil sie aber meist vereinzelt oder in wenig zahlreichen Kolonien leben, und nur in einer oder zwei Generationen sich fortpllanzen, so werden sie ihren Wir- then nicht wesentlich schädlich. Die Larven einiger Ar- ten, welche gesellig leben, rollen auch die Blätter, wie die bei uns so häufige Psylla Frascini und P. Hieracii; andere sind mit bläulichweisser Seide bedeckt, wodurch sie sehr auffallen, wie Psyll. Alni; mehrere sitzen ihr Leben lang auf demselben Punkte der Blätter und erre- gen schüsselförmige Vertiefungen der Blattfläche. Alle diese mir bekannten Larven tragen am Rande ihres Tho- rax und Abdomen einen Kranz gleichlanger Börstchen , die wie abgeschnitten scheinen; es sind dies zweigliedrige Tubi, die Sekretionsorgane der weissen staubigen Sub- stanz, welche sie umgibt, und der Seide, mit der sie sich kleiden. — 332 — Von den 46 mir bekannten Arten, sind zwei den Al- pen in einer Höhe von 6000 — 6500 eigen. Die zweite Abtheilung der Homoptera bilden die Gi- cadina, die sich ebenfalls ausschliesslich von Pflanzen- säften nähren; aber da sie weder in grossen Massen auf- treten, noch gesellig beisammen, und ihre Wohnpunkte oft ändern, so sind sie nicht schädlich. Die Familie der Cicadelina tritt besonders in den Gattungen Typhlo- cyba und Jassus in vielen Arten auf, die in schlanken Gestalten und niedlichem, buntem Farbenkleide auf Bäu- men, Gebüschen und im Grase sich zahlreich und leb- haft umhertreiben, und in einigen Arten auch die höhern Alpen noch bewohnen; ihre Mehrzahl aber ist in die Baumgränze beschränkt. Die an Individuen sehr zahl- reich vorhandenen Arten verursachen durch das Aussau- gen der Blattzellen ein eigenthümliches Fleckigwerden derselben. Von den Membracina, welche in Tropenlän- dern überaus artenreich und in den wunderbarsten For- men auftreten, finden sich in der Schweiz nur 2 Arten, deren eine, Centrotus cornultus, auch bei Zürich auf Gebüschen häufig vorkommt, die andere aber, Oxyrrha- chis genistae, bisdahin nur auf einem heissen Hügel in der Nähe von Weggis auf Spartium junceum in Menge von mir gefunden ward.*) Zahlreicher ist wieder die Familie der Fulgorina, de- ren grosse, schöne und merkwürdige Formen wieder der heissen Zone angehören, in der Schweiz repräsen- tirt, doch meist nur in kleinen Formen. Von Laternenträgern besitzt die Schweiz nur eine kleine, ganz einfachgrüne Art. Diese kannte man früher nur als einen seltenen Bewohner der südwestlichen *) Herr Prof. Heer fand sie ziemlich häufig im Tessin. — 333 — Schweiz; ich fand jedoch diesen europäischen Laternen- träger in den Jahren 1816, 17 und 18 häufig in einer Waldwiese bei Dübendorf; späterhin zeigte sich keine Spur mehr davon. Die meisten der schweizerischen Fulgorinen überwintern als halbausgewachsene Larven, nicht selten auch ausgewachsen, unter dem Moos. Dies ist auch der Fall bei den kleinsten Thyphlocyba- und Jassus-Arten, daher diese Insekten zu den ersten gehö- ren, die aus dem Schooss der schneebefreiten Erde auf- sauchen. Von den Singceikaden, Stridulantia, welche die grössten Homoptera umfasst und die sehr artenreich durch alle Länder der heissen und gemässigten Zonen verbrei- tet sind, sind mir fünf Ärten in der Schweiz bekannt, von denen aber nur eine überall in warmem Thalgeländ, auch in Zürichs Umgebung wohnt; die übrigen aber im Kanton Tessin und Wallis, und zwar für feine Ohren in belästigender Menge vorkommen. Ich vermuthe, dass sich neben jener gewöhnlichen Art, Cicada concinna Germ., noch eine oder zwei in unsern warmgelegenen Laubwäldern vorfinden. Sie zu entdecken, wird man auf den Gesang derselben lauschen müssen, der unter den Arten sehr verschieden ist, wie Hr. Professor von Siebold an zwei bei Freiburg im Breisgau entdeckten Arten beobachtet hat. Stehende und langsam fliessende Wasser werden von einigen Rhynchoten bewohnt, die in der Bildung des Kopfes und der Fühler und zum Theil auch der Flügel noch einige Achnlichheit mit den Homopteren zeigen und als Verbindungsglied dieser mit Heteropteren angesehen werden können. Es sind die Notonectici, die durch ihre sehr langen, mit Haaren gewimperten Hinterbeine sich sehr auszeichnen. Sie sind sehr gefrässige Kaub- = a ihiere und gewandte Rückenschwimmer, die an der Ober- fläche des Wassers auf die Beute lauern, sich äusserst schnell unter dieselbe hinstürzen und mit den Vorderbei- nen ergreifen. Die Arten und auch die Individuen sind wenig zahlreich, mit Ausnahme der sehr kleinen Sigara minula, die in unsäglicher Menge in seichten, steinigen Uferstellen des Zürichsees lebt. Nach den Beobachtun- gen von Hrn. Meyer in Burgdorf leben drei eigenthüm- liche Arten in Alpensümpfen bei 7000’ Höhe über Meer. Die zweite Familie der Wasserwanzen, der Nepin» vereinigt noch sonderbarere, auffallendere Formen von Raubinsekten, die man nach ihren langen, dünnen, schwa- chen Beinen nicht als solche ansehen würde, wenn nicht die grossen Fangarme darauf hinwiesen. Nepa cincrea wohnt an seichten, schlammigen Ufern, die lange Athem- röhre stets an die Oberfläche des Wassers haltend. Ra- natra linearis aber findet sich zwischen den Gonferven und Moosen tiefer Wasser. Vorüber diesen trägen, unbeholfenen Nepinen hüpfen in ganzen Schaaren auf dem Spiegel des Wassers ähn- lich gebildete Thierchen lebhaft umher, Mückenlarven nachjagend. Es sind dies Arten der Gattungen Hydro- metra und Velia, diese Bäche, jene Seen und stagni- rende Wasser bewohnend bis zu den hohen Alpen. Der durch den linienschmalen Körper und die haarfeinen Beine sich auszeichnende Limnobates aber schreitet langsam und geisterhaft über den Spiegel des Wassers dahin. Nahe jenen, auf feuchtem, kahlem oder nur mit nied- rigen Pflänzchen spärlich bekleidetem Strande, treiben sich die behenden flüchtigen Uterläufer, Riparii, umher, rastlos andere kleine Kerfen verfolgend. Die wenigen Ar- ten sind weit verbreitet, und Salda titoralis bewohnt selbst die sumpfigen Wiesen und die Ufer kleiner Alpen- _— 335 — seen in einer Höhe von 6—7000° über Meer, und zwar in weit grösserer Individuenzahl als in den Thälern. Unmittelbar an diese, verwandt durch Form und Le- bensweise, reihen sich die Schreitwanzen, Reduvini, deren kurzer, etwas gekrümmter und scharfgespitzter Schnabel mit den starken Vorderhüften und vorstehenden Augen das gierige Raubthier verräth. Die heissen Zo- nen sind die eigentliche Heimat dieser Familie, welche in ihnen mit einer grossen Menge von Arten sich ent- wickelten, wogegen in Europa nur wenige Repräsentanten auftreten, die sehr vereinzelt und zerstreut leben; die _ langbeinigen auf Kräutern und Gebüschen an warm ge- legenen Waldsäumen; die kurzbeinigen auf trocknen An- höhen an der Erde und unter Steinen. Nur 2 Arten sind ausschliesslich an die Wohnungen der Menschen ge- wiesen; die zarte niedliche Ploiaria vagabunda bewohnt das Aeussere der Häuser, und Reduvius personatus das Innere, wo sie sich hinter Schränken aufhält und andre schädliche Insekten vertilgt. Die übrigen, zum Theil sehr artenreichen Familien der Landwanzen, Geocores, die Gapsini, Lygae- odes, Goreodes, Scutati und Membranacei, können in einer allgemeinen Uebersicht, die mit objekti- ver Darstellung verbunden ist, wol zusammengefasst wer- den; denn so bunt ihr Farbenkleid, so mannigfaltig ihre Formen sind, so ist doch ihre Lebensweise so gleich- und ihre Sitten so einförmig, sie sind so arm an inter- essanter Lebensthätigkeit, dass bei jeder Gruppe das- selbe wiederholt werden müsste. Mit Ausnahme der Ly- gaeoden, die gröstentheils von thierischen Säften sich nähren, sind die übrigen während dem Larvenstadium nur an Pflanzenkost gewiesen, wogegen sie ausgewachsen auch das Blut anderer Insekten trinken. Dies ist vor- — 336 — zugsweise bei den Gapsini und Coreoden der Fall, bei den Scuteleriden und Membranacei nur Charakter ein- zelner Gattungen und Arten. In Beziehung auf Mengeverhältnisse zeigen sich viele Arten der CGapsini und Lygaeoden sehr häufig und eine Art, Lygaeus saxatilis, erscheint zuweilen im Frühjahr in ungeheuren Massen. Diesen vorüber tritt dagegen keine Art der Goreoden und Scutati in Menge auf; die Mehrzabl derselben zeigen sich nur zerstreut und verein- zelt, vorzüglich die grössern Coreoden. Diese leben dann schon im Larvenstand paarweise nahe beisammen, wie ich oft beobachtet habe. Es ist aber im Allgemei- nen die Vermehrung der Heteropterea im Vergleich mit der anderer Insektenklassen sehr gering; dies beweist die kleine Zahl der Eier die ein Weibchen legt: so z. B. die Ploiaria vagabunda nur 6, wogegen eine ebenso kleine Mücke mehrere hundert gebiert; und die grösten Scutali, wie Cimex rufipes und nigricornes nur 20— 100. Die Eier sind aber auffallend gross und im Verhältniss weit grösser als die anderer Insektenklassen, zum Theil auch ausgezeichnet durch prächtige oder merkwürdige Formen. Ein edler Charakterzug, der an den gesellschaftlich le- benden Hymenoptern, den Bienen und Ameisen bewun- dert wird, die Vorsorge für die Jungen findet doch bei den sonst so stupiden Scutati einen Reflex, indem die Acanthosomen ihre Eier beim Akt des Ausschlüpfens decken, und nachher ihre Jungen anführen. Wenige Insekten scheinen ihres Lebens so gesichert wie die Wanzen; dies wahrscheinlich in Folge ihres ei- genthümlichen, widrigen Geruches, der andere Insekten von diesen abhält; mir wenigstens ist es noch niemals vorgekommen, dass räuberische Käfer, Zweiflügler und Hymenopteren Wanzen angefallen haben, und nur äusserst — 397 — selten wird man solche in den Netzen der Spinnen be- merken. Nur von einer Fliege, der Gymnosoma rotun- data, hat Hr. Senator von Heyden beobachtet, dass sie ihre Eier auf eine ausgewachsene Gimex abgelegt, und zwar an die Einlenkung des Brustschildes mit dem Hin- terleib, woraus man schliessen kann, dass ihre Larven als Inquilinen in jenen leben; und zugleich auch, dass die Lebensdauer ausgewachsener Scutati mehrere Wochen aushält. Nur die Eier der Heteropteren werden, und zwar sehr häufig, von Ptromalinen angestochen. Ausser den schon erwähnten Uferläufern sind nur ei- nige Gapsini als Bewohner der höhern Alpenregionen be- obachtet; für die Mehrzahl aller Geocoren, besonders der Seutati, ist die Baumgränze auch die ihrer vertikalen Verbreitung. Der tabellarischen Uebersicht, welche ich zu Verglei- chung des Verhältnisses der von thierischen und vegeta- bilischen Stoffen sich nährenden Rhynchoten, sowie der Artenmenge der verschiedenen Familien und ihrer Ver- breitung nach der Länge entwarf, ist in letzterer Bezie- hung für die Heteroptera diejenige des Hrn. Meyer von Burgdorf, wie er sie 1843 in seiner trefflichen Bearbei- tung der schweizerischen Rhynchoten niederlegte, zum Grunde gelegt. Die Familie der Membranacei bildet den Uebergang zu der letzten Sektion der Rhynchoten, den Pediculina, welche, gleich wie die der ersten der Goccina auf Pflan- zen, so diese den Menschen und Säugethieren höchst lä- stige und schädliche Parasiten sind. Uebersicht der Rhynchoten in ihrer Verbreitung - nach den Familien und der Artenmenge. Züunfte. 3 . Coceina D 3. Cicadina 4. Hydrocores 5. Geocores 6. Pediculina t) Nach blos fragmentarischen Andeutungen. . Phytophthires Familien, . Coceina Aphidina . Psyllodes . Cicadellina . Membraina Fulgorina . Stridulantia . Notonectieci . Nepini . Galgulini . Hydrodromiei . Riparii . Reduvini . Capsini . Lygaeodes . Coreodes . Seutati . Membranacei Pediculina Summa Asia, Afrika,| Europa [Schweiz Australia u. Amerika. 2533 2) Nur in Deutschland, nach Kaltenbach. 3 ) Nach Burmeister 1835. ») Nach Heinrich Schäffer 1837. 5) Nach Meyer 1843. über- haupt. beson- ders. 732 — 339 Uebersicht der Rhynchoten nach dem Verhältniss in animalischer und vegetabilischer Nahrung. Blutsauger an | Raubinsekten | Animal. und Pflanzensau- Menschen und |als Larven und | vegetabil. Nah- ger, Säugethieren. ausgebildete. |rung, gemischt. | ausschliesslich. — a H. H. Denzler, Ing. — Note zu einem Vortrag vom 5. März 1849. Hiermit erlaube ich mir auf eine Einwendung des Hrn. Fischer-Ooster (Mittheil. d. Naturf. Gesell. in Bern, 1848, Nr. 126) gegen das Endergebniss meines Aufsatzes über einen meteorologischen Wendepunkt (Heft Nr. 17 dieser Mittheilungen) Antwort zu geben. Hr. F. weist nach, dass es in der Schweiz Stellen über der Schnee- linie gibt, wo die mittlere Temperatur des wärmsten Monats + 4° C beträgt; er stellt daher meine Bestimmung von + 2°%,2G für die Schneelinie in unsern Alpen in Ab- rede. Es liegt daher hier offenbar ein Missverständniss zu Grunde. Ich habe mich zwar zur Auffindung des ange- führten Werthes der bekannten Bestimmungen der Schnee- linie bedient, aber nicht ausschliesslich, indem ich z. B. auch die temporäre oder wandernde Schneelinie in Betrachtung zog. Daraus lässt sich ersehen, dass ich unter der untern Gränze ewigen Schnees nicht die Höhe von z.B. 8220° (Wahlenbergs Werth für die Schweizer- alpen) verstehe, sondern die Gränze wirklichen Schnees, und für diese allein gilt meine Bestimmung. Ich bin aller- dings der Meinung, dass die mittlere Temperatur des wärm- sten Monats an der untern Schneegränze in Tübet gerade so hoch sei, als au derselben Linie auf dem Südabhange des Himalaya, obgleich die Schneelinie bier südlicher , sonniger und wenigstens 3000 tiefer liegt, und ich glaube, dass meine Untersuchungen diess darthun. Wenn auf dem Faulhorn für den Juli eine mittlere Temp. von + #°C gefunden wurde, dann gilt es mir als ausgemacht, ent- weder, dass auf der Südseite der Kuppe (oder wo immer das Thermometer aufgehängt war) kein Schnee mehr lag, oder dass man das Thermometer möglichst aus dem Bereiche seines Einflusses zu bringen gesucht hat. MITTHEILUNGEN NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. oN? db. — —_ 1849. H. H. Denzler, Ing. — Andeutungen über den Gang der Temperatur in freier Luft im Laufe des Jahres und Tages. (Vorgetragen den 5. März 1849.) Da die Ergebnisse der Untersuchungen, welche hier übersichtlich besprochen werden sollen, auf Beobachtun- gen beruhen, die in der Schweiz angestellt worden sind, so lassen sich daraus für das allgemeine Verhalten der Wärme in freier Luft keine Lehrsätze, sondern nur An- deutungen folgern. Diese Andeutungen können zudem nicht unbedingt auf Gegenden übertragen werden, deren Erdstellung ein von dem Schweizerischen wesentlich ver- schiedenes Klima hervorruft. Es ist folglich nicht die Aufgabe gegenwärtiger Uebersicht, den Temperaturver- hältnissen einen neuen Boden zu unterbreiten; sondern es hat bei ihrer Ausarbeitung die Absicht geleitet, durch Nachweisung der Nothwendigkeit einer neuen Operations- basis die Vergangenheit abzuschliessen und neuen Beob- achtungen und Auffassungen in diesem Gebiete der Me- teorologie zu rufen. Aus den Versuchen von Pictet, Harvey, Wilson u. A. m., über den Gang der Tageswärme in unmittelbarer Bodennähe und in geringerer und grösserer Erhebung über dem Erdboden, sowie aus Wells Untersuchungen Se über die Thaubildung, hatte sich die Ansicht von einer Bodenatmosphäre herausgebildet, die als eine Art Ge- gensatz der freien Luft aufgefasst wurde. Um ihren un- bestritten irregulären Einflüssen zu entgehen, verlegte man die Aufhängestellen der Thermometer für die freie Luft um mehrere Fuss aufwärts, wodurch man der Ei- genthümlichkeiten des Bodeneinflusses baar und ledig zu sein glaubte. Dass dieser vielleicht in bedeutenden Hö- hen noch bemerkbar sein könnte, wagte man nicht zu schliessen, obschon man damals aus einigen in geringen Tiefen des Erdbodens beobachteten Thermometerständen eine weitgehende Zunahme der Wärme gegen den Erd- mittelpunkt bin folgerte. — Diese Inconsequenz liess sich jedoch aus dem Zwecke damaliger Untersuchungen leicht rechtfertigen, der in Einheit der Beobachtungsweise und möglichst grosser geographischer Ausdehnung des Sta- lionsnetzes bestand. Es ist das ein Vorrecht jeder Zeit- epoche, bestimmen zu dürfen, was ersitrebt und was er- reicht werden soll. Dieses Vorrecht wird auch jetzt an- gesprochen für den hier abgehandelten Gegenstand und als Operationsbasis die Ansicht: „Es gibt eine von der freien Luft wesentlich verschiedene Bodenatmosphäre, doch im Sinne eines sanften Ueberganges und gegensei- tiger Durchdringung“ ausgesprochen, als Werkzeug der Beobachtung „das Barometer in Verbindung mit den an- dern meteorologischen Instrumenten“ bezeichnet. Dass die alte, beschränkte Ansicht einer Bodenatmo- sphäre, deren wesentlichster Einfluss schon in der Höhe von einigen Toisen über dem Boden ausgewichen wäre, verlassen werden muss, ist leicht zu erweisen. Aus den mittlern Ständen des Barometers, Thermometers und Hygrometers der Jahre 1826—35 in Genf und auf dem N St. Bernhard‘) ergibt sich unter Benutzung der Bessel- schen Formeln und Tafeln“) der Höhenunterschied bei- der Stationen wie folgt: t 1826 — 1063.3 Mittel d. Stationentemperatur — + 3.8 C 1827 — 1075.1 » » » —= + 3.9 1828 = 1077.3 » » » PERL}, 1829 —= 1059.8 » » » — +29 1830 — 1056.5 » » » ee] 1831 = 1059.6 » » ) — +46 1832 = 1056.7 » » » = 4% 1833 — 1071.0 » » » — +45 1834 — 1075.9 » » » BEER 1835 — 1059.9 » » » — + 40 Die starken Abweichungen, bis auf 21'.8 gehend, sind jedenfalls mehrern Ursachen zuzuschreiben. Unre- gelmässigkeit der Barometeroscillation sollte zwar auf Jahresmittel mittlerer Barometerstände einflusslos sein. Setzt man die daraus hervorgehende Unsicherheit den- noch gleich dem vierten Theil mittlerer Grösse beidseiti- ger Oscillationen, weil sie in jährlichen Mitteln noch um so viel verschieden ausfallen, so erhält man + 1'.8 mög- lichen Fehler wegen der Oscillationen. Die wagrechte Entfernung Genf’s vom St. Bernhard beträgt 10 deutsche Meilen, diejenige Genf’s von Marseille 43 deutsche Mei- *) Bibl. universelle 1826 — 37. **) Jahrb. für 1839 von Schumacher, u. a. a. O. Die Feuchlig- keitskorrek&on wurde nach der Formel: logF = log (12500 + 2U) ‘ 4‘ + log (2U) + un + er — 8 berechnet, worin U den angenäherten Höhenunterschied in Toisen, z + z’ die Summe beider Temperaturen am freien Thermometer in Centesimalgra- den, y + y‘ die Summe der Angaben des Saussure’schen Hy- grometers bezeichnet. Die Ausdehnung der Luft für 1°C ist = 0.003665 angenommen. — Mh — len. Aus den Barometerständen des letztern Ortes‘*) von 1826 —34 ergibt sich der Höhenunterschied gegen Genf, mit Ausschluss der unveränderlichen Schwerekor- reklionen, 1826 im Maximum — 187'.6, im Mittel 173'.0, im Minimum (1834) — 161',2, folglich Abweichungen von + 14.6 und — 111.8 auf eine Entfernung von 43 Meilen. Setzt man die Abweichungen der Entfernung proportional, so ergeben sich für St. Bernhard und Genf in diesen Jahren Unsicherheiten von + 3'.4 und — 2.8, wovon indess Letztere mit dem Ergebniss des Jahres 1834 im Widerspruche steht. Die grösste Abweichung der andern Jahre unter sich beträgt nur 3'.7, d. h. 0'.9 für Genf und St. Bernhard, und die mittlere + 4‘.0, respektive nur + 0.93. Es ist also anzunehmen, dass die Unsicherheit dieser Verbindung nicht + 1" übersteige. Die Feuchtigkeitskorrektion beträgt in den Jahren 1826 -—-35 für den Höhenunterschied von Genf und St. Bernhard 2'.6 bis 3.0, ihre grösste Ausweichung also 0.4. Es dürfte die Unsicherheit in dieser Bestimmung, die wegen der prekären Natur des Saussure’schen Haar- hygrometers etwas höher anzuschlagen ist, jedenfalls + 0'.4 nicht übersteigen. — Eine fernere Abweichung muss aus der ungleichen Wärmeabnahme hervorgehen; doch ist dieselbe unbedeutend. Wenn angenommen wird, dass sie am Boden fünfmal stärker sei als in der Höhe des St. Bernhard, so fällt doch der Höhenunterschied nur 4.6 geringer aus, als bei Voraussetzung einer gleich- förmigen Wärmeabnahme. Ein solcher Zusend kann indess kaum je eintreten, und nur in Jahren wie 1829 und 34 eine merkliche Abweichung vorkommen. Man darf die daher rührende Unsicherheit also schwerlich = + 1’ annehmen. Endlich sind die Beobachtungsfehler *) Almanach für Erdkunde v. Berghaus, Jahrg. 1841, S. 16. — Ma in Anschlag zu bringen. Da sich die unverschuldeten sehr nahe aufheben werden und die konstanten nicht in Rechnung fallen, so können nur die Modefehler, d. h. die aus der Ablesungsmethode verschiedener Zeiten her- vorgehenden Fehler, und die von Interpollationen her- rührenden Berücksichtigung verlangen. Man darf, ohne den Beobachtern nahe zu treten, für beide Stationen + 0%,5 Unsicherheit hiefür ansetzen, welche + 3"2 entsprechen. Die Summe aller dieser möglichen Unsicherheiten, gegen deren wirkliches, gemeinsames und gleichzeitiges Eintreten gewichtige Gründe sprechen, beträgt nur + 7'.4, während die Mittelzahlen der Jahre 1827, 28, 33 und 34 und der Jahre 1826, 29, 30, 31, 32 und 35 um 15'.5, endlich die Extreme um 21'.8 auseinander gehen und obiger Werth von & 7'.4 für ein einzelnes Jahr gilt. Werden die oben gefundenen Höhenunterschiede dagegen in die zwei Gruppen der fünf höchsten und der fünf kleinsten Werthe geschieden, so zeigt sich zwischen bei- den ein Unterschied von 14.0 und als mittlere Unsicher- heit # 1.77, d. h. nur ein Viertheil desselben. E Es bleibt also zur Erklärung dieser grossen Abwei- chungen, der Hauptsache nach, einzig noch der Ausweg offen, dieselben auf Rechnung ungenügender Bestimmung der mittlern Temperatur zu setzen. Vermittelst des wirk- lichen Höhenunterschiedes von 1058' lässt sich die mitt- lere Temperatur der Luftsäule berechnen, und es ergibt sich dieselbe, unter Vernachlässigung der oben bespro- chenen Nebeneinflüsse, wie folgt: 1826 = + 24C 1831 — + 42C 1827 = _. 0,5 1832 — + 4.7 1828 — + 0.1 1833 —- 11 1829 — + 2.4 1834 — + 1.07 1830 — + 4.3 1835 — + 3.5 ne.) NR Das Mittel der Jahre mit den grössten Höhenunter- schieden gibt: + 4°.6 C aus den Stationsbeobachtungen und + 0°.8 für die Luftsäule, das Mittel der Jahre mit den kleinsten Höhenunterschieden dagegen: + 4°.0 C aus den Stationsbeobachtungen und + 3°.8 für die Luftsäule, d.h. die auf den Stationen wärmern Jahre sind in freier Luft die kältern gewesen, und um- gekehrt. Dieses auffallende Ergebniss, das durch die schon be- sprochenen Fehler nur in quantitativem Sinne Modifica- tionen erleiden kann, beweist, dass die Thermometer in Genf und auf dem St. Bernhard allerdings noch im Be- reiche der Bodenatmosphäre liegen. Die speziellere Untersuchung zeigt aber, dass an der um 0°.6 C höhern Temperatur der wärmern Jahre Genf mit 1°.06 C und der St. Bernhard mit 0°.19 C betheiligt ist. Die höher liegende, der freien Luft weit eher angehörende Station hat eine Temperatur, welche derjenigen der freien Luft schon um 0°%,87 C näher steht, als die der untern Station. — Man kann über den Ur- sprung dieser sonderbaren Erscheinung nicht im Zweifel stehen. Die wärmern Jahre sind auch die heilerern, haben somit stärkere Wärmestrahlung und höhere Tem- peratur an der Erdoberfläche; die strahlende Wärme aber verliert sich theils in den Planetenraum, theils wird sie zur Auflösung der sichtbaren Dünste erfordert und dadurch latent. In freier Luft wird folglich das auf der Erdoberfläche wärmere Jahr ein kälteres, und um- gekehrt. Die Bodenatmosphäre und die freie Luft zeigen somit eine wesentliche Verschiedenheit schon in einer der allgemeinsten Beziehungen. Aus den Beobachtungen, welche auf Veranstaltung RR der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft in den Jahren 1826 — 32 auf mehrern Stationen in der Schweiz‘) angestellt wurden, können einerseits diejenigen von Weis- senstein und Solothurn, anderseits von Bevers und St. Gallen zur Ermittelung spezieller Beziehungen zwischen den beiden fiktiven Atmosphären dienen. Da jedoch die beiden Höhenunterschiede dieser Verbindungen zur Zeit noch nicht trigonometrisch ermittelt sind, so dürfen die Temperaturen der freien Luft nur als Annäherungen gelten, was indess für die Untersuchung des Ganges der- selben gleichgültig erscheint. Die Verbindung des Weis- sensteins mit Solothurn ergab, unter Voraussetzung von 443‘ Höhendifferenz , ferner ohne Berücksichtigung der durch die ungleiche Wärmeabnahme im Laufe des Jahres bewirkten Fehler, nachstehendes Ergebniss: 1830 Luftsäule in °R. Stationenmitlel in ®R. Monat. PIE ob 22 21 ot» 3h Januar — 2.0 | — 1.9 | — 47 | — 3.0 Februar — 238 |1—- 23 | — 13 I — 18 | + 92 März +58]|4+ 45 | + 71 April 12 88 8.4 9.6 Juni 5—30 8.7 11.2 11.2 12.1 Juli 16.1 14.6 15.5 August 14.8 13.4 14.3 September 9, 10.6 9.0 9.7 November ! 5.041+ 38 |+ 5.4 December + 1.7 |— 12 | — 02 Mittel + 741457 |+70 *) Manuseripte, im Archiv der Schw. Naturf. Gesellschaft zu Bern aufbewahrt. — me = Aus diesen Zahlen lassen sich schon einige bemerkens- werthe Resultate über den Gang der Wärme in einer Luftsäule von 443‘ Höhe, d. h. in einer relativen Höhe von 1330 Fuss abstrahiren. Um 21" beträgt die Diffe- renz des Januar und Juli in der Luftsäule 15°,6 R, auf den Stationen im Mittel 19°.3 R, um 0b respektive 16°%.4 und 18°.5 R, endlich um 3° 18°.0 und 18°.1 R. Die Stationentemperaturen sind somit um respek- tive 3°.7 R, 2°.1 und 0°%.1 R extrematischer als die der freien Luft. Bemerkenswerth ist zweitens der Umstand, dass das Minimum der Monatstem- peraturen auf den Stationen in den Januar, in der Luftsäule eher in den Februar fällt. Be- sonders aber verdient Erwähnung, dass die Tempera- turen der ersten Hälfte des Jahrs auf den Sta tionen, die der zweiten Hälfte in freier Luft die höhern zu sein scheinen, und dass der Ue- bergang vom November zum Dezember in Letzterer weit sanfter ist, im Verhältniss von 2 zu 3. Endlich geht aus den Mittelzahlen hervor, dass das Maximum der Tagestemperatur in der Luft- säule erst nach 3° eintrifft und nicht vor 3%, wie bei den Stationen. Die Verbindung von Bevers mit St. Gallen war zu- erst nur für das Jahr 1830 bewerkstelligt worden; allein die grosse Entfernung der Stationen von einander liess die Berechnung mehrerer Jahrgänge als höchst wünschens- werth erscheinen. Nachträglich sind wirklich die mitt- lern Stände der einzelnen Monate von 1827, 28 und 29 berechnet worden, obne jedoch ein befriedigendes Re- sultate herbeiführen zu können. Es scheint, dass das Barometer in Bevers in diesen drei ersten Jahren bei- nahe 1 pariser Linie höher stand, als es hätte stehen — u sollen, denn der Jahrgang 1830 stimmt mit der vorläu- figen trigonometrischen Bestimmung des Höhenunterschie- des beider Stationen, aber nicht wit dem Schlussresultat der drei vorhergehenden Jahre. Ueberdiess scheinen in den Summationen der Letztern beim Januar und No- vember beträchtliche Fehler zu stecken. Es folgen da- her hier bloss die Ergebnisse des Jahres 1830, deren Berechnung ein Höhenunterschied von 527° zu Grunde gelegt war. 1830 Luftsäule in °R. Stationenmiltel in °R. Monat. 21" ob 3h Februar 1 2231-16) — 15] —- 55 | =. 4.394 =109 März +18|+211)+25|+13| +50) + 50 April $ 5.8 68 69 8.5 8.3 Mai 6.7 72 97| 14 Juni : 8.0 8.5 109| 125 Juli . 10.3 | 10.3 14.0 | 16.4 August 2. 132 | 13.6 1271 .148| Septmbr. 49) 56 83 | 97 | Oktober : 3.5 4315. 45 | 73| November| 501 52) 50|)+07,+ 31| Dezember| + 0.0 + 08|+08| — 36 — 09 | Jamar (2 sa ll 85 | 225] 2 98 | 64 a | Mittel: |+ #4 | + 4.7 | + 50{.-+ 42 | + 67 Aus diesen Zahlen geht die Hinausschiebung des Maximums, die weit sanftere Wärmeabnahme in der zweiten Hälfte des Jahres, als die Zu- nahme in der ersten gewesen, die niedrigere Tem- peratur der Luftsäule in dieser, der Statio- nen in jemer, ebenfalls hervor. Bemerkenswerther aber ist der weit extrematischere Gang der Wärme rg — auf den Stationen, als in der Luftsäule, welcher um 21" (für Januar + Februar und Juli + August) = 7°.2R, um 0% = 5°,6 R und um 3 — 5°.2 R stärker gefunden wird. Der Sommer erscheint entschieden kühler, der Winter milder in der Luftsäule als auf den Sta- tionen. Zum Theil gehört diese Abrundung der schärf- sten Gegensätze auf Rechnung der grossen Höhe der Luftsäule, zum grössern Theil jedoch auf Rechnung der lokalen Verhältnisse. Beide Stationen liegen in Hochthä- lern, die dem Nordost und dem Südwest offen stehen und ziemlich wasserarm sind. Die zwischenliegenden Ge- genden hingegen gehören in die ausgezeichnetste Föhn- region. Daher wol mag es kommen, dass der föhnreiche Winter in der Luftsäule wärmer als in St. Gallen, d.h. der untern Station, der föhnarme Sommer noch kühler als in Bevers, d. h. auf der obern Station, ausfällt. Wegen der zu grossen Entfernung beider Stationen von einander wäre es zu gewagt, aus den Unregelmäs- sigkeiten des Ganges in der Luftsäule auf besondere Ei- genschaften zu schliessen Grössere Höhe der Luftsäule, kleine Entfernung der Stationen, mehrjährige Beobach- tungen und deren Berechnung — das sind vorläufig die Grundlagen, auf welche ernste Schlüsse gebaut werden dürfen. Bis jetzt aber fehlt es immer noch an Rechnern in diesem Theile der Meteorologie, und das Schlimmste ist wol, dass die gedruckten Beobachtungen gewöhnlich von Fehlern wimmeln. Es folge hier noch, zur Bekräftigung der schon ge- machten Wahrnehmungen und zur Ermittelung des Blei- benden und des Zufälligen, die Uebersicht des Ganges der Temperatur in der Luftsäule St. Bernhard-Genf wäh- rend des Jahres 1830. Der Höhenunterschied war bei der Berechnung = 1058'.5 gesetzt worden. 1830 Luftsäule in ®R. Mittlere |Stationenmittel in OR. Temperatur — h auf den Monat. MP u ;gb P° | Stationen. | | wa Januar -— 9.61 1— 5.12) — 4.99| — 7.22 .71| — 5.89 Februar |— 2.91|— 2.68. — 2.06| — 3.24 .88|— 1.71 März +1.06,+ 1.85 +1.48| + 1.34 .81/+ 4.04 April 474 525 5.414 5.11 h 7.12 Mai 5.94 646 7.32 6.63 i 8.92 Juni 7.03 7.49 787 7.03 .61| 10.15 Juli 9.92) 10.1% 11.03| 10.59 .37| 13.20 August 883 9.26 10.22 9.68 ‚s8| 12.57 Septmbr. | 421) 5.20 5.53 5.98 i 7.61 Oktober 5.33 5.23 5.42 3.76 . 6.13 November|-+ 3.02) + 3.00 + 3.78| + 0.51 .51/+ 2.52/+ 2.10 Dezember|— 1.84) — 1.80 — 1.51| — 3.74 Mittel [+ 3.31/+ 8173 4140| + 3.11 Aus dieser Uebersicht, welche die frühern Wahr- nehmungen bestätigt, findet sich, dass die Luft- säule ein um respektive 3°%55 R, 3°%.83 R und 3°.74 R minder extremes oder milderes Klima nachweist, als die Stationen, oder, bei Zugrunde- legung der mittlern Temperatur dieser Letztern und ih- res Eintritts in der Luftsäule um 23%, doch noch um 2°.46 R weniger extrematisch als die Statio- nen erscheint. Die Vergleichung der Temperatur in freier Luft mit derjenigen der einzelnen Stationen zeigt ferner im Winter geringe Wärmeabnahme in der untern Sektion, grosse in der obern; im Som- mer findet das Gegentheil statt. In den drei Sommermonaten ist nämlich die Wärmeabnahme bezie- hungsweise: ee in der untern Sektion + 6°.51R + 8°.08R + 7°.66R „ obern 5 RL I 0 + 20,06 + 2°,96 dagegen in den drei Wintermonaten: . in der untern Sektion + 1°.14R + 2°.82R + 2%,51R » obern ni + 4.44 + 3°,00 a rl so dass die Bewegungen in diesen Jahreszeiten, nach den Stationen, 1) im Sommer + 3°.39R + 6°.02R + 4°.70R 2) im Winter — 3°,30 = 128 d. h. 6°.69 R, 6°.20 R und 5°.98 R betragen, während sie sich nach Jahreszeiten in der untern Sektion auf 5°.37R 5°.26h 5°.15R » obern N ER 07.94 0°,83 belaufen, woraus die grosse Annäherung der Temperatur des St. Bernhard zu derjenigen der freien Luft abermals ersichtlich ist. Es lassen sich nunmehr aus den Ergebnissen der drei Verbindungen nachstehende Sätze als wahrscheinlich für die gemässigte Zone gültig aufstellen: 1) das Maximum der Tagestemperatur trittin freier Luft später als auf niedern und höbern Stationen ein; 2) in der ersten Hälfte des Jahres ist esin freier Luft kälter als auf gleichhohen Statio- nen, in der zweiten dagegen wärmer; 3) je höher und freier eine Station liegt, um so näher fällt ihre Temperatur mit derjenigen der freien Luft in gleicher Höhe zusammen; 4) Auf niedrigen Stationen ist es im Winter beziehungsweise kälter, im Sommer beziehungs- weise wärmer als in freier Luft, — allgemein, auf den Stationen herrscht beziehungsweise ein excessives Klima. — 353 — Bei den bisher benutzten Beobachtungen war zu be- dauern, dass sie je nur 1/; des Tages umfassen. Leider mangeln Beobachtungen aus den frühen Morgenstunden für eine längere Dauer immer noch. Eine für den Be- obachter und den Berechner schätzenswerthe Stundenreihe wäre 5®, 11", 17% und 23°, allenfalls mit Zufügung von 3b, — Die nachstehenden Resultate gründen sich auf Be- obachtungen, die doch einen halben Tag einschliessen , und insofern über den Gang der Temperatur im Laufe des Tages neue Aufschlüsse gewähren können. Es sind die Beobachtungen von Genf und dem St. Bernhard aus dem Jahre 1839. Der Höhenunterschied ist hier — 1058 angesetzt worden. 1839 | Temp. der Luftsäule in ° C Stationenmiltel in °C Monat. | 21 | & 3° gh 2+ | ob | ah gh Januar 4.76 4,511 4.04 5.09. 5.69, — 3.69.._ 3.74 59 Februar |— 1.81, — 1.49|— 1.01\— 1.28|— 3.30 — 1.99 — 1.41 März |- 1.52) — 0.69 + 0.24|+ 0.10|— 0.95 + 1.50, + 0.99 April |- 0.34 + 1.11|+ 1.58/+ 0.93|4+ 1.25 + 3.57 + 3.72) Mai +4,75 + 5.78|+ 6.42)+ 5.72]+ 6.57+ 8.65 + 9.23 Juni | 12.12)+ 13.28|+ 13.8514 13.39|+ 13.38 + 15.66|+ 16.25 Juli _ |+ 13.144 14.02]+ 14.65)+ 13.77]+ 14.394 16.58|+ 17.30 August |+ 9.11)+ 10.25/+ 11.10)+ 11.04]+ 11.28.4 13.79|+ 13.76 Septbr. |+ 9.864 10.24 + 11.61 + 10.37|+ 8.71 + 10.581+ 10.82 Oktbr. |+ 8.34/+ 8.62)+ 9.47|+ 9.07|+ 5.49 + 6.92)+ 7.40 Novbr. |+ 4.91|+ 5.50|+ 5.68! + 4.75[+ 1.69 + 3.26 + 3.2541. Dezbr. |+ 2.72|+ 3.14\+ 3.19+ 2.68[- 0.10,+ 1.69|+ 0.79 — 0.6 Mittel |+ 4.711+ N 6.06 + 5.46) + 240.4 6.38|+ 6.531 + 3.59 | Aus diesen Zahlen lassen sich, mit Uebergehung des oben Nachgewiesenen, folgende Resultate abstrahiren: — 36 — 1) In freier Luft ist es das ganze Jahr hin- durch um 9% wärmer als auf Stationen von glei- cher Höhe. Bei Tage ist es im Frühling und Sommer auf den Stationen, im Herbst und Win- ter in freier Luft am wärmsten. 2) Der mittlere Unterschied der Extreme im Laufe des Tages scheint in einer Höhe von 52% über dem Boden nur den vierten Theil desjenigen der Stationen von gleicher Höhe zu betragen, nämlich hier nur 2°%.04C, während die Stationen 8°.33C ergeben (Winter 0.233, Frühling 0.275, Som- mer 0.244, Herbst 0.370 der Stationendifferenzen). 3) Das Maximum der Temperatur in freier Luft, 529: über dem Boden, tritt im Jahresmit- tel ungefähr 2 Stunden später ein, als auf den Stationen. Aus obigen Zahlen findet man näm- lich den Eintritt des Maximums im Winter um 3®20° mit — 0°.61 GC (Minim. — — 1°.85 C) Frühling „ 510 „+ 2% (»„ =+03% ) Sommer, A555 ,rEHIEA2 TE 10.907) Zerbst“ „east EI TR ARTE Das Minimum tritt wahrscheinlich nach Sonnenaufgang ein. 4) In der Luftsäule ist, beziehungsweise zu Stationen von gleicher Höhe, der Mai oder Juni am kältesten, der November oder Dezember am wärmsten. Der Punkt beziehungsweise grös- ter Erkältung fällt also mit der grösten Trok- kenheit auf den Stationen, derjenige grösster Temperaturerhebung mit dem Maximum der Feuchtigkeit auf den Stationen zusammen. In freier Luft werden daher die erstern Monate auch feuchter als die letztern sein. Diese Wahrnehmung harmonirt mit der oben nach- — 355 — gewiesenen Thatsache, dass wärmern Jahren auf den Stationen kältere in freier Luft entsprochen haben. Es bleibt jetzt noch übrig, die Verhältnisse der Wärmeab- nahme in freier Luft näher ins Auge zu fassen. Leider kann, weil die trigonometrischen Bestimmungen mangeln, von der Bestimmung des Werthes der Wärmeabnahme die Rede nicht sein, sondern bloss von dem Gange der- selben, und auch dieser wird, da bei der Berechnung die Wärmeabnahme selbst ein modifizirender Faktor ist und doch noch ignorirt werden musste, nur als Andeu- tung gelten dürfen. Von hiezu geeigneten Stationen und längern Beobachtungsreihen findet sich keine Auswahl vor; man bleibt auf Genf, Weissenstein und St.-Bern- hard beschränkt, auch zeigt nur das Jahr 1830 auf der Mittelstation so wenig Lücken, dass es die Mühe der Berechnung lohnt. Aus den drei Luftsäulen Genf-Weis- senstein, Weissenstein-St.-Bernhard und Genf-St.-Bern- hard erhält man drei Puukte in freier Luft in 438.4, 967.6 und 738'.7 relativer Höhe, nebst den ihnen ent- sprechenden, angenäherten Temperaturen der freien Luft. Aus dem Unterschiede derselben und dem Höhenunter- schiede lässt sich’s finden, wie gross die Wärmeabnahme für je 100° Höhe ist. Nachstehende Tabelle enthält die Ergebnisse der Berechnung in dieser Form. Man wird sogleich fühlen, dass die auffallende Uebereinstimmung der Resultate unter sich nicht der Genauigkeit der Be- obachtungen allein zugeschrieben werden darf, sondern durch die Verbindungsweise befördert wird. Die zweite Tabelle dagegen, in welcher die Luftsäulen Genf-St.-Bern- hard und Solothurn-Weissenstein compariren, gibt unab- hängige, allein wegen der grossen Entfernung ziemlich unregelmässige Resultate. — 36 — 1830 Untere Abtheilung. Obere Abtheilung. Monat. 21® on A, > Januar 1.21 Februar 0.46 März 1.31 April 1.27 Juni 5-30 1.05 Juli 1.37 August 1.37 September 1.66 November 0.28 Dezember 1.10 Mittel 1.13 Hieraus wäre zu schliessen, dass im Allge- meinen die Wärmeabnahme in der relativen Höhe von 588° und von 853' gleichgross ist. Im Winter und Frühling dagegen scheint sie in der untern Abtheilung ungefähr 1/55 schwächer, im Sommer und Herbst ungefähr 1/4, stärker zu sein als in der obern. Die unabhängigen Luftsäulen Genf-St.-Bernhard und Solothurn - Weissenstein, zwischen 2095 und 1268'.0, 224.3 und 667'.3 absoluter Höhe fallend, die also in ihren mittlern Höhen 293° Verschiedenheit zeigen, geben nach gleichen Grundsätzen folgende, in Gentesimalgraden ausgedrückte Zahlenwerthe: (Schluss folgt in Nro. 36.) MITTHEILUNGEN NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. ON" 36, - * 1849. H. H. Denziler, Ing. — Andeutungen über den Gang der Temperatur in freier Luft im Laufe des Jahres und Tages. (Schluss.) 1830 Ganze Differenz. Auf 100‘ Höhe. Monat. DIL : : zu Januar | | 1,33%] 1.33 Februar } b 2 0.17 0.44 März 2. 2, h 10.92 | 1.84 April 3. 11.40 |. 157 Juni 5-30 h \ ir } 121.30 1.47 Juli } ß r 181 2.15 August \ 0 | . 1:70 1.94 Seplember j ‚3 2:6: 2.56 | 2.15 November BR a 3 r | 0.72: |- 0,51 Dezember | 2. 1.26 | 1.36 Mittel Ss6 | 4%: 1.32 | 1.18 Diese Ergebnisse sind zwar um i/, kleiner als obige, slimmen aber im Allgemeinen ganz, in den Monaten Februar und November, die sich durch geringe Wärme- abnahme auszeichnen, auffallend damit überein. Nach Jahreszeiten geordnet, zeigt sich die Wärmeabnahme in freier Luft auf 100° Höhe im Zi Ba nG 26 °C Winter um 21° — 0.77 0: — 0.92 3b — 1.04 Frühling u. Herbst „ 21? = 1.13 0? — 1.10 3" — 1.52 Sommer „ 21% = 1.09 O0" = 1.60 3b — 1.85 Um den Einfluss der Verschiedenheit des barometri- schen Drucks beurtheilen zu können, folge hier das End- ergebniss der Verbindung der Luftsäulen Basel-St.-Bern- hard und Solothurn-Weissenstein, deren Mitten um 259* Höhe differiren, indem die Station Basel 141'.1 über dem Meere liegt. Es beträgt die Wärmeabnahme auf 100* Höhe in Centesimalgraden im 1830 21» 0% ah Winter 0.54 0.88 1.03 Frühling und Herbst 0.93 1.32 1.46 Sommer 0.93 1.50 1.92 Jahr 0.81 1.24 1.47 In allen Jahreszeiten wächst die Wärmeab- nahme in freier Luft von 21" bis 3° ausseror- dentlich stark; im Winter hat sie ihren klein- sten, im Frühling und Herbst den mittlern, im Sommer ihren grössten Werth. — Auch in diesen Zahlen liegt der Beweis einer wesentlichen Ver- schiedenheit der Bodenatmosphäre und der freien Luft in meteorologischer Beziehung. In Ersterer ist die Wärme- abnahme zur Zeit des Maximums der Temperatur eine geringere als vor- und nachher, und ihr Wachsthum überhaupt sehr unbedeutend; in der freien Luft scheint ungefähr zur Zeit des Maximums der Temperatur die stärkste Wärmeabnahme ein- zutreten; auch ist ihr Wachsthum auffallend gross. — 359 — Prof. O0. Heer. — Ueber eine Sammlung Käfer aus Adelaide in Neuholland. (Vorgetragen den 5. Februar 1849.) Herr Scheuchzer erhielt von Adelaide eine Samm- lung Käfer, welche der Gesellschaft vorgelegt wurde. Adelaide liegt im südwestlichen Theile Neuhollands, in einem Flachlande, aus welchem sich ein paar Hügelket- ten bis zur Höhe von 2000 Fuss n. M. erheben. Auch diese Gegend trägt den trocknen, ariden Charak- ter der meisten neuholländischen Landschaften, deren Boden sandig und steinig und während eines grossen Theils des Jahres fast wasserlos ist. Das Klima ist, nach den Angaben von Dr. Bär (in der entomolog. Zeitung 1847) wie im südlichsten Theile Europas; die Winter (im Mai beginnend) sind mild und selten zeigt sich Schnee auf den Hügelketten; der Frühling (mit Ende August be- ginnend) zeigt eine herrliche Vegetation und wunderrei- chen Blüthenschmuck. Die Schmetterlinge, Fliegen und Rihynchoten erscheinen in Menge und weithin ertönt der Gesang der grossen Cicaden. Mit dem Sommer vertrock- nen die Bäche, die Ebenen und Berge verlieren ihren Blumenschmuck; ja manche Pflanzen sterben bis auf die in der Erde liegenden Wurzelstöcke oder Zwiebeln und Knollen ab. Schon Ende Dezember ist dermassen die Ve- getalion verlrocknet und die Insektenwelt verändert, in- dem die Heuschrecken jetzt die Ueberreste der Pflanzen- decke oft in ganzen Schaaren heimsuchen, Käfer und Florfliegen und wespenartige Insekten in reichlicher Menge sich zeigen. Doch bald verschwinden auch diese und erst im Spätherbst (März und April) tritt die Insekten- welt wieder auf den Schauplatz, die aber mit Eintritt des Winters wieder verschwindet. — 360 — , In der Vegetation dieser Landschaft herrschen zwar die neuholländischen Typen vor; die Wälder werden von grossen Eucalypten, von Frenulen, Banksien, Metroside- ros, Leptospermen, die Gesträuche von einer Masse von Acacien, Chorizemen, Eutaxien, Grevillien, Lasiopetalen, Myoporen gebildet. Daneben aber treten auch einige europäische Formen auf, Im Schatten der Wälder wach- sen Weidenröschen, Glockenblumen, Geranien und Se- necionen; an den Ufern der im Sommer ausgetrockne- ten Bäche: Lycopus, Lythrum und Lotus, nebst einigen Dolden; ja an einem Bache fand Dr. Bär ein niedliches Veilchen und ein Vergissmeinnicht von Leptospermen und CGorreen überschattet. Aehnlich verhält es sich mit der Insektenwelt. Die Hauptmasse hat einen fremdartigen, ächt neuholländischen Typus. Wir sehen da dickbeinige Anoplognathen, gold- glänzende Lamprimen, halbkugelige Paropsis, bunte Stig- moderen und stachlige Hipporhinen: Gattungen, ‘welche durch meist zahlreiche Arten die neuholländische Käfer- .fauna charakterisiren. Mehrere Arten scheinen durch ei- nen grossen Theil von Neuholland verbreitet zu sein; so findet sich in der Sammlung: Anoplognathus velutinus Boisd., Stigmodera Yarelii Hope, Monocrepidius Austral- asiae Boisd., Silpha lacrymosa Kirb., Staphylinus erythro- cephalus F., Trogodendron fasciculatum Spin. Belus su- turalis Boisd., Rhinotia haemoptera Kirb., Chrysolophus spectabilis, Hlipporhinus tribulus und Rhipicera mysta- cina F., Arten, welche auch an der Ostküste Neuhol- lands vorkommen. Die Mehrzahl der eingesandten Arten weicht indessen von denen der Ostküsten Neuhollands ab, von welchen besonders die Umgebungen von Sidney seit längerer Zeit viele Insekten in die europäischen Sammlungen geliefert a: |: ı haben. Beachtenswerth ist es, dass in Adelaide eine grössere Annäherung an die europäische Fauna wahrge- nommen wird. Wir finden da Acmaeoderen, Agrilen, Zonitis, Rhipophoren, Chrysomelen, Cryptocephalen, Coc- einellen, Halticena und Histeren von ganz europäischer Tracht, und neben einigen allerdings höchst eigenthümli- chen Gattungen (wie Silphomorpha und Xylotretes) wie- der andere, welche ganz als Repräsentanten der Unsri- gen in jenem Lande zu betrachten sind. So entsprechen unseren Omaloplien dort die Liparetren, unsern Antha- xien die Coraeben, unsern Gymindis die Philophloeen. Ja selbst ein paar Arten sind, wie es scheint, mit euro- päischen übereinstimmend; nämlich der Eunectes griseus und Golymbetes pulverosus; zwei Wasserkäfer, wobei er- innert werden darf, dass überhaupt die Weasserthiere eine viel grössere Verbreitung haben, als die Landthiere. Von letztern finden sich zwar ebenfalls 3 europäische Ar- ten in der Sammlung vor, nämlich: Dermestes cadaveri- nus, Corynetes rufipes und Aphodius granarius. Allein diese sind offenbar eingeführt. Die zwei ersteren leben im Pelz- werk und Victualien und haben den Menschen über einen grossen Theil der Erde begleitet; der Aphodius granarius aber lebt im Schafmist und ist ohne Zweifel mit den Schafen eingeführt worden. Es findet sich dies Kä- ferchen nicht nur durch ganz Europa, sondern auch in Asien und Amerika, und ist nebst einigen andern Arten durch die Schafe verbreitet worden. Ein zweites Mist- käferchen von Adelaide (Onthophagus auritus Erichs.) ist dagegen der südlichen Hemisphäre eigenthümlich, scheint aber da eine grosse Verbreitung zu haben, indem es auch in Van-Diemensland gefunden wurde. TE Prof. Hermann Meyer, über den Ver- knöcherungsprocess. (Vorgetragen den 23. April 1849.) Herr Meyer legte der Gesellschaft seine Beobachtun- gen über den Verknöcherungsprozess im physiologischen Zustande vor und zeigte zugleich eine Sammlung von ungefähr 150 mikroskopischen Präparaten, welche geeig- net sind, den grössten Theil seiner Beobachtungen durch Demonstration zu beweisen. Nach seinen Untersuchun- gen muss der Begriff des permanenten Knorpels in dem gewöhnlichen, durch die Etymologie ausgedrückten Sinne fallen, denn er hat Beobachtungen , dass alle Arten von Knorpel verknöchern können, einschliesslich der Faser- knorpel, fibröser sowohl als gelber. I. Der Knorpel. Das charakterische Element des Knorpels ist die Knorpelzelle. Die Knorpelzelle gehört eigentlich in die Klasse der indifferenten Zellen, denn die differen- zirte Knorpelzelle ist die Knochenzelle. Da aber viele Konorpelzellen lebenslänglich in ihrem gewissermassen embryonalen Zustande verbleiben und niemals zu ihrer vollendeten Entwickelung in Knochenzellen gelangen, so ist es natürlich, dass man an ihnen auch eine Reihe von selbstständigen Veränderungen wahrnimmt, welche von dem relativen Alter der Zelle abhängig sind. Die junge Konorpelzelle ist klein und sieht granulirt aus; — hat sie ihr Wachsthum vollendet, so ist sie glattwandig und durchsichtig (seiten mit leicht getrübtem Inhalte), und lässt deutlich ihren Kern erkennen; — die ältere Knor- pelzelle zeigt als charakteristisches Alterssymptom eine ver- — 363 — dickte Wandung,, und als Alterssympton überhaupt einen oder mehrere Fetttropfen und Abnahme oder gänzliches Schwinden des Kerns. — Nach vollendetem Wachsthum kann die Knorpelzelle auch. Mutterzelle von Tochterzel- len werden, deren Zahl den allergrössten Verschieden- heiten unterworfen ist. Bildet sie sich in dieser Weise aus, dann erzeugen sich, während die Zelle aufs Neue wächst, in ihr die entsprechende Anzahl von Kernen, und um jeden von diesen sodann eine Zelle, welche für sich wieder den ganzen Entwicklungsgang der Knorpel- zelle durchläuft. Die Mutterzelle wird nicht aufgelöst, wenn auch ihre Wandung häufig durch innigere Ver- bindung mit der Interzellularsubstanz an Schärfe der Umrisse verliert. — In selteneren Fällen scheint auch eine Tochterzellenbildung wieder in den Tochterzellen geschehen zu können, so dass also alsdann drei Genera- tionen von Zellen in einander eingeschachtelt vorkom- men. Zwischen den Knorpelzellen befindet sich die Inter- zellularsubstanz. Auch diese zeigt nach dem relati- ven Alter des Knorpels eine bedeutende Verschiedenheit. In dem jüngsten Knorpel befindet sich nur eine sehr ge- ringe Menge von Interzellularsubstanz, in den älteren eine weit grössere Menge; so dass die Vergrösserung des Knorpels im Wachsthume hauptsächlich durch Zunahme der Interzellularsubstanz gewonnen zu werden scheint. — Ursprünglich ist die Interzellularsubstanz glashell , entweder farblos oder wie z. B. in den Wirbelkörperan- lagen des Embryo, roth. Später wird sie gelb bis ins Bräunliche und gewinnt ein granulirtes Ansehen. Noch später zerfällt sie in feine cylindrische Fasern, welche mit den Zellgewebsfasern die grösste Aehnlichkeit haben. Die Zellen (einfache Zellen oder Mutterzellen) liegen 364 — anfangs unverändert in dieser Fasermasse, dann aber werden ihre Wandungen dünner und verschwinden gänz- lich, während ihre Kerne, noch in der Zelle spindelför- mig oder cylindrisch ausgewachsen, zwischen den Fasern liegen bleiben. Regelmässig findet dieses Verhalten in den Zwischenwirbelbändern statt, — sehr häufig, mehr aber als Altersymptom, in den Rippenknorpeln und an- deren, — am bekanntesten ist dieser Hergang in dem Gelenkknorpel geworden, wo ihn die pathologische Ana- tomie mit dem Namen der Usur belegt hat. In Knorpeln junger Individuen findet sich auch noch eine andere Art der Rückbildung, indem nämlich die Interzellularsubstanz gallertig erweicht und aufgelöst wird, während die Zellen sich in der eben beschriebenen Weise zurückbilden. Auf solche Art bilden sich manchmal im Innern grösserer Knorpel, welche erst später verknö- chern, mehr oder weniger umfangreiche Höhlen, — je- denfalls werden so die Kanäle erzeugt, in welchen sich dann die Gefässe des Knorpels bilden, da, wo überhaupt solche vorkommen. Das sogenannte Knorpelmark ist nur solche gallertig erweichte Knorpelsubstanz. Gefässbildung tritt in dem Knorpel nur selten auf und ist keinenfalls nothwendiger Vorläufer oder gar Bedingung der Verknöcherung. Die Altersperioden des Knorpels entwickeln sich un- abhängig von dem absoluten Alter des Individuums; in dem einen Knorpel treten die Alterssymptome der Zellen oder der Interzellularsubstanz früher, in dem andern später auf. II. Die Verknöcherung. Verknöcherung, d. h. Ablagerung von Kalksalzen in den Knorpel, kann in allen angegebenen Entwicklungs- —. 368 stadien der Zellen oder der Interzellularsubstanz gesche- hen, mit Ausnahme der Stadien, in welchen die Zellen bereits zurückgebildet werden. Es ist nicht zu überse- ben, dass in dem Verknöcherungsprozesse die Kalksalze sowohl in die Interzellularsubstanz als in die Zelle abge- lagert werden, denn auf diese Unterscheidung gründen sich wichtige Verschiedenheiten jenes Prozesses. Es gibt nämlich zwei Hauptarten der Verknö- cherung des Knorpels, und diese sind: 1) vorangehende Verknöcherung der Interzellularsub- stanz und nachfolgende Verknöcherung der Zellen; 2) vorangehende Verknöcherung der Zellen und nach- folgende Verknöcherung der Interzellularsubstanz. Die erste Art findet sich bei der Verknöcherung eines jeden Koorpels, welcher noch in der Entwicklung oder im Wachsthum begriffen ist, mil einem Worte: in allen denjenigen Knorpelmassen, welche uns in dem aus- gewachsenen Individuum bereits als Knochen entgegen- treten. Die zweite Art dagegen tritt in denjenigen Knor- peln auf, welche in dem Erwachsenen noch als Knorpel vorgefunden werden, nämlich in den Rippenknorpeln, Kehlkopfknorpeln, Gelenkknorpeln, in den Knor- pelscheiben der Symphysen, in den Nasenknor- peln, in dem fibrösen Knorpel und in dem gel- ben Knorpel. Will man vereinzelte Knochenzellen in grosser Anzahl erhalten, so darf man nur an einem Knochenkerne, der sich in einem der genannten Knor- pel findet, flache Schnitte auf dessen. Oberfläche führen, und man darf sicher sein, sie in jedem Schnitte in gros- ser Menge zu finden. Besonders geeignet dafür sind die Knochenkerne in den Knorpelscheiben der Wirbelkörper- symphyse und der Schambeinfuge, auch die vereinzelten Ara Knochenkerne, welche sich bisweilen vor der vollendeten Vereinigung des Sitzbeins, Schambeins und Hüftbeins in den Knorpelfugen zwischen diesen vorfinden. 1. Erste Art der Verknöcherung. Die erste Art der Verknöcherung (d. h. diejenige, bei welcher die Interzellularsubstanz zuerst verknöchert) kann eintreten in allen Zeitaltern der Entwicklung der Inter- zellularsubstanz, sogar dann noch, wenn schon eine Zer- faserung derselben begonnen hat; ganz zerfaserle oder erweichte Interzellularsubstanz, namentlich wenn die ein- geschlossenen Zellen schon eine Rückbildung erfahren haben, verknöchert nicht mehr. Die Verknöcherung der Interzellularsubstanz besteht in der Ablagerung von feineren oder gröberen Kalk- krümeln.. Von einem Punkte ausgehend schreitet diese Ablagerung allseitig fort, — in den langen Knochen wird dieses allseitige Fortschreiten aber bald zu einem zwei- seitigen, wenn in dem seitlichen Fortschreiten der Um- fang des Knochens erreicht ist. Die Gränze der Abla- gerung schreitet in einer ununterbrochenen Linie vor- wärts und umschliesst dabei alle Zellen (einfache oder Mutterzellen), welche ihr im Wege liegen. Auf der. Aussenfläche der Zellenwandung findet die stärkste und grobkörnigste Ablagerung statt. Die vorher gewöhnlich noch granulirten Knorpelzellen erreichen im Augenblicke ihrer Umschliessung ihre Entwicklung, indem sie durch- sichtig mit vollkommen sichtbarem Kern in dem Ver- knöcherungsrande liegen, dann verdickt sich ibre Wan- dung, während zugleich Kalkablagerung in dieselbe statt- findet, der Kern verschwindet und der Rest der Höhle stellt das Knochenkörperchen dar. — In Mutterzellen kommen die Tochterzellen nur allmälig zur ausgebildeten a Entwickelung, indem die dem Verknöcherungsrande noch ferneren Tochterzellen stets noch unentwickelt, die im Verknöcherungsrande selbst gelegenen Tochterzellen dagegen hell und ausgebildet sind. Die Mutterzelle er- füllt sich, während ihre Wandung sich verdickt, mit Kalkkrümeln, und die durch diese eingeschlossenen Tochterzellen verknöchern dann nach dem oben angege- benen Gesetze. Im embryonalen Knorpel umschliesst die ver- knöchernde Interzellularsubstanz nur einfache Zellen, und da dieselbe an Masse nicht bedeutend ist, so macht sie nur den Eindruck von einem feinen Netzwerk, welches die Zellen umschliesst. Wenn man das Präparat etwas zwischen den Gläschen zerreibt, so kann man einzelne Stücke dieses Netzwerkes, aus welchem die Zellen her- ausgefallen sind, zur Anschauung bringen. Bei dem wachsenden Knorpel findet zunächst dem Verknöcherungsrande das Wachsthum durch Bil- dung grosser Mutterzellen statt, welche nach und nach in die Verknöcherung hineingezogen werden. Mit der Bildung dieser Mutterzellen ist eine bedeutende Verdrän- gung der Interzellularsubstanz verbunden. Je nach der Richtung des Wachsthums sind die Mutterzellen rund- lich oder langgestreckt, und je nach der Stärke des Wachsthums grösser oder kleiner, mit mehr oder weni- ger Tochterzellen erfüllt. Die bekannten „Zellenreihen“ in dem Knorpel zunächst dem Verknöcherungsrande der Diaphysen sind Tochterzellen sehr langer und schmaler Mutterzellen. Die Markräume entstehen nicht aus den „Zellen- reihen“, sondern bilden sich nach einem besondern Plane in die jüngste Verknöcherungsschichte hinein. In ihren Scheidewänden erkennt man oft noch weit vom Verknö- — 368 — cherungsrande entfernt Theile der Umrisse der Mutter- zellen und der Tochterzellen. Die Bildung der Mark- räume zerstört nämlich einen Theil des neugebildeten Knochens, so dass in. den Scheidewänden zwischen ihnen pur Stücke der angefressenen Mutterzellen und einzelne in Verknöcherung begriffene Tochterzellen, seltener noch ganze Mutterzellen, gefunden werden. 2. Zweite Art der Verknöcherung, In den sogenannten permanenten Knorpeln, welche theilweise (Rippenknorpel, Gelenkknorpel, Knorpelplat- ten der Symphysen) nur unverknöcherte Reste der um sprünglichen Knorpelanlage des Knochens sind, findet die Verknöcherung in der Weise statt, dass in einiger Ent- fernung von dem Knochenrande die Knorpelzellen (ein- fache oder Mutterzellen) verknöchern und dass dann eine Verknöcherung der Interzellularsubstanz nachfolgt. — Die verknöchernden Zellen können noch dünnwandig oder schon dickwandig, nur dürfen sie noch nicht rück- gebildet sein. Dünnwandige Zellen erfüllen sich entweder ganz mit feineren oder gröberen Kalkkrümeln, oder es bil- det sich ein Kalkkrümelniederschlag der einen oder der andern Art auf der Innenfläche ihrer Wandung. Diese Ablagerungen bleiben entweder in ihrer krümeligen Ge- stalt oder sie verdichten sich an der Wandung zu einem homogenen Knochenring. Dickwandige Zeilen erfahren zunächst eine Ver- knöcherung ihrer Wandung und können sich im Uebri- gen gleich den dünnwandigen verhalten, indem sie sich noch mit Kalkkrümeln erfüllen. Mutterzellen verknöchern nach denselben Gese- tzen gleichzeitig mit ihren Tochterzellen, nur verschmilzt Mi "> dabei die Ablagerung in der Mutterzelle mit der Abla- gerung in der Tochterzelle und mit deren Wandung zu einem homogenen Ganzen. Die nachfolgende Verknöcherung der Interzellu- larsubstanz beginnt mit einem krümeligen Nieder- schlage auf die Aussenfläche der verknöcherten Zellen- wandung. Die Menge dieses Niederschlages vergrössert sich, bis die ganze Interzellularsubstanz verknöchert ist. In grösseren Massen eines so gebildeten Knochens können sich dann auch Markräume bilden, welche nach eigenem Plane zerstörend sich in die Knochenmasse einfressen. Faserknorpel (fibrose und gelbe! verknöchern auf die angegebene Art. Die von ihrer Interzellularsubstans umschlossenen Fasern werden in die Verknöcherung der- selben mit bineingezogen und gehen dabei zu Grunde. Auch bei diesen Knochen tritt nachträglich Bildung von Markräumen auf. III. Die Bestandtheile des fertigen Knochens. Es wird behauptet, dass ein jeder spätere Knochen in dem Fötus als Knorpel vorgebildet sei, und dass die- ser Knorpel in Knochen umgestaltet der ausgebildete Knochen sei. Es ist diess indessen nur tbeilweise rich- - tig. In die Bildung des ausgebildeten Knochens gehen nämlich zweierlei Elemente ein, und diese sind: 1) der Knorpel des im Fötus knorpelig vorgebildeten Knochens, und 2) neu gebildete Knorpelmassen, welche als Produkt des Periostes von aussen auflagern. Die erste Art des Knorpels bildet in dem ausgebil- deten Knochen des Neugebornen die sudstantia spongiosa, — die letztere die substantia dura, d. h. sie bildet die — u — Knochenlamelle, welche auf der dem Periost zugewand- ten Fläche den Knochen begränzt; an HRöhrenknochen bildet sie allein die Röhre der Diaphyse. Am Schädel zeigen beide Knochenarten ein besonderes Verhältniss. Die Bildung der aufgelagerten Knochenmassen geschieht in folgender Art: Es ergiesst sich innerhab der Masse des Periostes in geringer Entfernung von der Oberfläche der Knochenmasse, welche aus den Elementen des embryo- nalen Knorpels hervorgegangen ist, ein Blastem, welches ein flächenhafl ausgebreitetes Netzwerk darstellt und durch kleine Querbalken desselben Blastems mit dem schon gebildeten Knochen in Verbindung steht. In die- sem Blastem bilden sich Knorpelzellen, welche nach vorangegangener Verknöcherung ihrer Interzellularsub- stanz verknöchern (Verknöcherungsart des embryonalen Knorpels). Solche Ablagerungen geschehen schichten- weise, je nachdem die Verknöcherung der ursprünglichen Knorpelanlage fortschreitet; desshalb ist an einem langen Knochen, welcher in seiner ganzen Dicke nach zwei Seiten hin verknöchert, die Rindensubstanz in der Mitte am dicksten; bei rundlichen Knochen dagegen, deren Verknöcherung allseitig zu gleicher Zeit das Periost er- reicht, ist diese Schale von Rindensubstanz gleichmässig dünn. Die Maschen, welche dieses Neizwerk zwischen sich lässt, sind ursprünglich sehr gross, werden aber allmälig durch neue ähnliche Ablagerungen ausgefüllt. Auf diese Weise entsteht aus den allmäligen grösseren Ablagerun- gen die konzentrische Schichtung des ganzen Knochen- rohres und aus der allmäligen Ausfüllung der Maschen- räume das System der Knochenkanälchen mit seinen um- gebenden konzentrischen Schichten. Das Wachsthum des Knochens geschieht durch fort- — 31 — währende Auflageruugen der genannten Art, während von innen die Markhöhle durch Auflösung des Vorhan- denen sich vergrössert. Diese Auflösung schreitet auch nach vollendetem Wachsthum vorwärts und desshalb wer- den die Knochen alter Individuen immer dünner. Nach dem Gesagten muss zwischen dem ursprüngli- chen Knochen und der aufgelagerten Rindensubstanz an- fangs eine zurückgebliebene Schichte des Periosts gefun- den, und deren Kontinuität nur gestört werden durch die kleinen Knochenbalken, welche beide Arten von Knochensubstanz unter einander verbinden; — wo dage- gen, wie am Schädel, eine solche Auflagerung auf Knor- pel geschieht, und wo desshalb die verbindenden Quer- balken fehlen, da bildet jene zurückgebliebene Schichte eine kontinuirliche Membran, welche Knochen und Knor- pel von einander trennt. * Die aufgelagerte Rindensubstanz der Knochen ist in den Knochen des Neugebornen auch im ausgebildeten Zustande leicht von der ursprünglichen Knochenmasse zu unterscheiden. Während diese nämlich runde Knochen- körperchen hat, hat jene langgestreckte, deren Längen- achse der Längenachse des Knochens parallel ist; — in der ursprünglichen Knochenmasse sieht man ferner noch die Umrisse der Mutterzellen, wenn solche in ihre Bil- dung eingingen, in der aufgelagerten dagegen nie, denn Mutterzellenbildung kommt in den aufgelagerten Knor- pelmassen nie vor. Während an den Knochen des übrigen Skeletes die - Auflagerung der Rindensubstanz nur auf bereits verknö- cherten Knorpel geschieht, findet sich beim Schädel stellenweise das Verhältniss, dass auch unverknöcherter Knorpel solche Auflagerungen erfahren kann. Der Primordialschädel ist die knorpelige Anlage — 372 — des ganzen Schädels; er bildet eine geschlossene Kapsel um das Gehirn. Wirkliche Verknöcherung findet sich in ihm nur in Stellen, welche den grossen und kleinen Flügeln des Keilbeins, dem Körper des Keilbeins, dem Basilartheile und dem Gelenktheile des Hinterhauptes ent- sprechen. (Die eigenthümlichen Verhältnisse des Felsen- beines machen besondere Untersuchungen nöthig.) Alle genannten Theile verknöchern nach den gewöhnlichen Gesetzen des embryonalen und des wachsenden Knorpels, und erfahren sodann eine Verdickung von aussen durch aufgelagerte Rindensubstanz.. Am grossen Flügel des Keilbeins beim Neugebornen ist z. B. die ganze äussere Hälfte (der Fläche nach) solche Rindensubstanz. — Alle übrigen Theile des Primordialschädels, welche entspre- chen der Hinterhauptschuppe, dem Scheitelbein, der Schläfenschuppe, dem Stirnbein, dem Oberkiefer, dem Zwischenkiefer, dem Vomer, dem Jochbein und dem Unterkiefer (Meckel’scher Knorpel), verknöchern nicht, sondern verschwinden, während sie Auflagerungen von Rindensubstanz nach dem oben aufgestelten Gesetze er- fahren; die genannten Knochen werden demnach allein aus Rindensubstanz gebildet. Die dünnen Strahlen homogener Substanz, welche an dem Rande fötaler Scheitelbeine und Stirnbeine zu sehen sind, sind nur Blastem für die Knorpelzellen der künftigen Knochenmasse, und ihr Vorkommen kann da- her keinenfalls zur Begründung einer Ansicht benutzt werden, nach welcher diese Knochen nur aus verknö- chernden Fasern gebildet werden sollen. Es geht in die Bildung weder der Rindensubstanz der Röhrenkuochen, noch auch der aufgelagerten Schädelknochen, noch auch der Verstärkung der Schädelbasis durch aufgelagerte Rindensubstanz irgend eine Faser ein. Hr. Meyer wird die Beobachtungen, deren Haupter- gebnisse mitgetheilt wurden, bald ausführlicher dargestellt publiziren. MITTHEILUNGEN DER NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. OoN? 37. niet an ÄR ne 1849. Alb. Mousson. — Ueber den galvanischen Strom ‚durch Muskeleontraktion. (Vorgetragen den 18. Juni 1849.) Herr Mousson trägt einige Bemerkungen vor über den unlängst von Hrn. Bois-Reymond angestellten merk- würdigen Versuch, welchem zufolge die Muskeleontrak- tion der Ursprung eines am Galvanometer nachzuwei- senden galvanischen Stromes wäre. Die Enden eines empfindlichen Galvanometers werden mit Platinstreifen versehen und in zwei Schalen mit Salzwasser getaucht. Fasst man zugleich jeden der Streifen mit einer Hand, so zeigt sich, dadurch allein, noch keinerlei Wirkung, wird aber der eine Arm krampfhaft angespannt, so geht von dieser Seite ein Strom durch das Galvanometer, der die Nadel oft um 30 und 40° abzulenken vermag. Lässt man abwechselnd den einen oder andern Arm wirken, so wechselt der Strom, und geschieht es mit dem Takte der Schwingungen , so können letztere wohl bis zur Rotation vergrössert werden. Auch mit zwei oder mehreren Personen, die sich die Hand geben, gelingt die Nachweisung eines, wenn auch schwächeren, Stromes. So einfach und entscheidend der Versuch scheint, da die Wirkung nur mit der Muskelthätigkeit eintritt N ee und mit der Seite derselben wechselt, so lassen sich dennoch Umstände anführen, welche mit dieser Erklä- rung nicht leicht in Verbindung zu bringen sind, oder wenigstens auf eine Verwicklung mit andern erregenden Ursachen hindeuten. 1) Die hervorgebrachte Elektricität besitzt jedenfalls, eine bedeutende Intensität, denn es bedarf zu ihrer Nach- weisung eines langen Drahtes von tausenden von Win- dungen, während kurze und dicke Drähte, wie diejeni- gen des empfindlichen Mellonischen Apparates, nicht ge- nügen. Dieser Umstand, so wie der Durchgang des Stro- mes durch den menschlichen Körper, schliessen die Mög- lichkeit aus, dass eine ungleiche Erwärmung der beiden Platinstreifen, also eine thermoelektrische Erregung, ir- gendwie im Spiele sei. Vielmehr besitzt der Strom alle Charaktere eines hydroelektrischen Stromes. 2) Damit der Versuch sicher gelinge, müssen bei der Empfindlichkeit des Galvanometers die leitenden und den Uebergang vermittelnden Theile der beiden Seiten die vollkommenste Gleichheit der Beschaffenheit haben. Das Salzwasser muss durchaus gleiche Stärke besitzen, die Platinstreifen müssen auf das sorgfältigste gereinigt, die berührenden Finger in den gleichen Zustand ver- setzt worden sein. Die letztere Bedingung ist so we- sentlich, dass es wirklich schwer wird, die Hände so vorzubereiten, dass nicht schon bei der ersten Berüh- rung, ohne Muskelthätigkeit, eine Bewegung der Nadel nach der einen oder andern Seite erfolgt. Nach vor- herigem Gebrauch der Hände, nach vorausgegangener Berührung verschiedenartiger Stoffe, oder vorausgegan- genem Druck ist es viertelstundenlang fast unmöglich, die erforderliche Indifferenz zu erhalten. Am besten ge- lingt es durch ruhiges Einsenken beider Hände in die — 375 — nämliche Flüssigkeit unter gegenseitiger Berührung und Reibung der später zu benutzenden Finger. 3) Hat man die eine Hand einmal wirken lassen, besonders kräftig und längere Zeit hindurch, so bleibt in derselben eine anregende Disposition; man erhält, frei- lich schwächer. Ströme, wenn man nachher ganz ohne Muskelanspannung den Streifen nur berührt, selbst schon wenn man die Finger ohne Berührung des Platins nur in die Salzlösung taucht, ja sogar, wenn dieses mit bei- den Händen geschieht. Lässt man den Strom abwech- selnd mehrere Male von der einen und andern Seite aus- gehen, so werden die Ablenkungen bald geringer und unregelmässiger, man hat sie nicht mehr in seiner Ge- walt und sie stehen nicht mehr im Verhältniss zur Mus- kelanstrengung. In allen diesen Fällen müsste man san- nehmen, dass die durch Contraktion entwickelte Elek- trieität einige Zeit in dem Organe hafte und nur all- mälig durch den Strom sich ausgleichen könne, was auf eine reiche Elektricitätsentwicklung hindeuten würde; allein mit einem solchen Verweilen der Elektricität in dem Organe steht die grosse Intensität, die sie besitzt, im Widerspruch. 4) Unwillkürlich verbindet man mit der Anspannung der Vorder- oder Oberarmuskeln eine Anstrengung der Hand, aus der ein Druck der Finger gegen den Platin- streifen hervorgeht. Sucht man den Versuch durch An- strengung der blossen Armmuskeln, ohne Druck der Fin- ger zu Stande zu bringen, was mit einiger Uebung leicht gelingt, so hören alle Wirkungen auf, als ob die im Arme allein entwickelte Elektricität keinen Abfluss mehr erhalten könne. Wiederholt man den Versuch, indem man den Streifen nicht zwischen den Fingern fasst, son- dern von einem Gehülfen an einem andern Theil der 2 Hand anlegen lässt, so gelingt es ebenfalls nicht, und auch hier würde die Elektrieität eines Ausweges erman- geln. Beide Thatsachen sind bei der Intensität der Elek- tricität schwer begreiflich und setzen auf jedem andern Wege als demjenigen der selbst thätigen Fingerspitzen, die Entstehung eines bedeutenden Leitungswiderstandes voraus, für welchen keine Ursache anzugeben ist. 5) Versucht man es, die Berührung der Finger mit dem Platinstreifen, statt durch ganz gleichartiges Salz- wasser, beiderseits durch mehr oder weniger abweichende Flüssigkeiten zu vermitteln, so treten sogleich Wirkun- gen hervor, welche die bisher erhaltenen bedeutend über- steigen und die Nadel oft zur Rotation bringen. Diess ist der Fall sowohl mit alkalischen als säurenden Kör- pern und dadurch wird auf eine Ursache hingewiesen, die mit den Thatsachen besser zusammenstimmt, als der angekündigte Ursprung durch Muskelcontraktion. Da nämlich der Druck der berührenden Finger und Hand- theile gegen den Streifen die Hauptbedingung des Ge- lingens ist, so erscheint es folgerecht in diesem Drucke, in der dadurch veränderten Berührung und den dadurch bewirkten schweissigen oder andern organischen Abson- derungen den Ursprung des dem hydroelektrischen so verwandten Stromes zu suchen. Die Erklärung des Fort- bestehens einer anregenden Disposition, der Unregelmäs- sigkeit der Wirkung bei öfterer Wiederholung der Ver- suche, der Entstehung von Strömen durch blosse Be- 'rührung der Flüssigkeit u. s. f. ergibt sich dann von selbst aus dem Verweilen der ausgeschiedenen Stoffe an der Epidermis oder an den Platinstreifen. — 377 — Alb. Mousson. — Ueber eine merkwürdige Ver- änderung an einer Blitzableitung. (Vorgetragen den 18. Juni 1849.) Die hier erläuterte Veränderung wurde an der seit 5 Jahren bestehenden, seiner Zeit mit grosser Sorgfalt eingerichteten Ableitung auf dem Bürgerspitale in St. Gal- len beobachtet. Die Leitung besteht in ihrer ganzen Ausdehnung aus Messingseilen, jedes der Seile aus 9 einzelnen Dräthen von 2 Mill. Dicke zusammengesetzt und schwach zusam- mengedreht. Der Drath kam aus der k. k, Fabrik von Achenrain in Tyrol. Die Leitung geht über 3 von Ost nach West gerichtete Längs- und 4 rechtwinklicht ste- hende Querfirsten des mit Schiefern gedeckten Daches weg, und zwar in i Fuss Höhe über dem Firste. Sie steht an mehreren geeigneten Stellen mit dem Boden in Verbindung. Da die nach russischer Art construirten engen und starkziehenden Kamine auf den Firsten ste- hen, so sind die Leitungen über die ihre Oeffnung de- ckenden und schützenden Eisenplatten durch einen da- selbst befindlichen Ring weggezogen. "Die Hauptleitung über den Dachfirsten nach der Länge des Gebäudes, sowie die Ableitungen nach dem Boden zeigen sich ganz unversehrt; hingegen haben, wohl an 20 Stellen, die Zuleitungen zu den Kaminen und auch zwei Querleitungen in der Nähe häufig gebrauchter Ka- mine, ihre Zähigkeit verloren und eine ungewöhnliche Brüchigkeit erhalten. Die einzelnen Drähte sind, ver- muthlich in Folge der Erschütterungen durch den Wind, an verschiedenen Stellen gesprungen, ein Stück aus der Querleitung der östlichen Seite von 2 Fuss Länge wurde sogar ganz herausgebrochen auf dem Dache liegend ge- — 3718 — funden. Auffallender Weise haben hingegen die Seilstücke, welche unmittelbar auf den eisernen Deckplatten der Kamine weggehen, ihre Ductilität und Festigkeit ziem- lich bewahrt. Die zur Prüfung eingesandten Seilstücke waren, we- niger die unversehrten als die brüchiggewordenen, mit einem vom Rauch der Kamine herrührenden schwärz- lichen Ueberzuge, auf der einen Seite immer viel stär- ker als auf der andern überdeckt. Die Drähte zeigten ihre Quersprünge alle auf dieser nämlichen Seite des Seiles, daher nicht neben einander, sondern in der Folge, wie sie durch diese Seite gehen, hintereinander, wäh- rend die andere, weniger geschwärzte Seite auch weit weniger spröde ist. Einzelne Drähte haben nur einen Sprung, andere 4 bis 5 und mehr, in Entfernungen von oft nur wenigen Linien. Die Quersprünge beginnen alle auf der geschwärzten, zugleich convexen Seite der Drähte, dringen aber nicht immer durch die ganze Dicke derselben ein. Die schon vorhandenen Sprünge waren im In- nern mehr oder weniger geschwärzt, oft auch grau ge- färbt, wie chemisch verändert; neu gebildete Sprünge hingegen, die man oft schon durch ein einziges Hin- und Herbiegen bewirken konnte, zeigten auf ihren frischen Bruchflächen, den äussersten Rand ausgenom- men, keine Veränderung der Farbe und ein ziemlich ähnliches Korn wie die unveränderten Theile. Selbst unter der Loupe war kein Unterschied bemerkbar. Offenbar sind nur die Stellen umgewandelt, welche häufig und direkt vom Rauche getroffen wurden, da einer- seits die Stücke auf den Eisenplatten nicht bedeutend gelitten haben, und anderseits von den Kaminen ablie- gende Theile der Querleitungen, gegen welche der Rauch bei den vorherrschenden Winden oft schlagen musste, _ wu ebenfalls ergriffen wurden. Dadurch wird jede Vermu- thung ausgeschlossen, dass elektrische Ströme, die in grosser Stärke nach Werthheim allerdings die Stärke der Metalldrähte etwas vermindern — irgendwie im Spiele sein könnten. Die Erklärung, die zuerst sich aufdrängt, besteht in der Annahme, dass der Rauch irgend einen Stoff mitführt, der chemisch verändernd, auf die Be- standtheile des Messings wirkte. Zur Heizung wird in den meisten Ofen ein Torf von schlechter Qualität be- nutzt, der allerdings — was jedoch nicht sehr wahr- scheinlich ist — Schwefeldämpfe entwickeln soll; indess zeigt sich die Veränderung gleichfalls in der Nähe der Kamine der Krankenzimmer und der Küche, wo nur Tannenholz verbrannt wird. Wie gesagt zeigen auch die frischen Bruchflächen keine Spur einer chemischen Zer- setzung. Diese Umstände scheinen jene Annahme einer chemischen Veränderung zu widerlegen, und es bleibt kein anderer Ausweg, als den vom Rauche der stark- ziehenden Kamine bewirkten bedeutenden Temperatur- veränderungen die merkwürdige Umwandlung zuzuschrei- ben. Wie beim Eisen lang wiederholte Stösse und Er- schütterungen das Gefüge lockern und Sprödigkeit er- zeugen, so scheint beim Messing eine tausende von Ma- len sich wiederholende Erhitzung und Erkältung, die im Winter von + 150 auf — 10° gehen mag, in Folge der ungleichen Ausdehnungen und Zusammenziehungen, die Cohaesion vermindert zu haben. Wie bekannt weicht der Messing, als eine Legirung verschiedener Bestandtheile, in seinem Verhalten vom Eisen und Kupfer ab. Hat man ihm durch Bearbeitung eine gewisse Zähigkeit und Duc- tilität verlieben, so genügt eine einzige Wiedererhitzung, um dasselbe für eine Menge Benutzungen wieder un- tauglich za machen, und einige wiederholte Erhitzungen — 350 — machen es vollkommen spröde. Was hier der hohe Hitzgrad bewirkt, würde dort durch eine lange Wieder- holung schwächerer Erwärmungen und Erkältungen eben- falls zu Stande gebracht. Damit würde eine Erfahrung in Verbindung stehen, die von einem ganz zuverlässigen Spengler mitgetheilt wurde, dass nämlich Messingdrähte, schon durch blosses langes Liegen an der Sonne, also durch Veränderungen, die höchstens 500% betragen mö- gen, merkliche Veränderungen in ihrer Zähigkeit und in ihrer Fähigkeit bearbeitet zu werden, erleiden. Diesen Thatsachen nach kann kaum bezweifelt wer- den, dass die Brüchigkeit der Blitzableitung in St. Gal- len in einer durch Temperaturveränderungen bewirkten mechanischen Auflockerung und nicht in einer chemi- schen Umwandlung ihren Grund hat. Zugleich wird da- durch dargethan, wie unvollkommen bei solchen Benu- tzungen Messing als Ersatzmittel für Eisen und Kupfer dient und mit welcher Vorsicht man bei Verwendung dieses Metalles zu Einrichtungen, die auf lange Zeit der Witterung bloss gelegt sind, verfahren muss. Hr. Joh. Wild, Ingenieur, über die Aufnahme der topographischen Karte des Kt. Zürich. (Vorgetragen den 2, Juli 1849.) Sowohl theoretische Untersuchungen als praktische Erfahrungen lehren, dass einer jeden grössern Vermes- sung eine Triangulation vorangehen muss, theils um alle Blätter der Karte zu einem richtigen Ganzen ver- binden zu können, theils zur Erreichung grösserer Ge- nauigkeit, welche durch direkte Messung aller vorkom- menden Entfernungen nie erreichbar wäre. — 381 — Auch der Karte der Schweiz wurde eine solche Trian- gulation zu Grunde gelegt (vgl. Eschmann Ergebnisse der Schweizerischen Triangulation), welche sich auf eine Basis von 40000 Fuss Länge stützt, die im Aarberger Moos gemessen wurde, und aus welcher sämmtliche Dreiecke mittelst Winkelausmessungen bestimmt wur- den. Eine zweite Verificationsbasis von 10000 Fuss wurde im Sihlfelde unterhalb Zürich gemessen. Der An- schluss der Schweizerischen Dreiecksseiten an diejenigen der Nachbarstaaten gab die befriedigendsten Resultate, so dass, nachdem dann noch die geographische Lage der Hauptpunkte theils durch eigene astronomische Be- obachtungen, theils durch Ableitung aus französischen Bestimmungen festgesetzt war, ein beliebiger Theil der Schweiz des Nähern bearbeitet werden konnte. Die schweizerische Triangulation gab nun für den Kanton Zürich drei benutzbare Punkte, nämlich Rigi, Hörnli und Lägern. Von diesem Normalpunkte aus wurde unser Kanton mit einem sekundären Dreiecksnetz überlegt, welches circa 600 Punkte umfasst, theils künst- liche Signale, theils Kirchthürme, theils Giebel oder Ka- mine von Häusern, sowie auch hervorragende oder iso- lirte Bäume. Diese trigonometrischen Punkte sind über die ganze Fläche möglichst gleichförmig vertheilt .und durch circa 1800 Dreiecke mit einer Sorgfalt bestimmt, die nicht bloss für eine Karte im Massstabe von 1:25000, sondern auch für allfällige spätere in grösserm Massstabe vorzunehmende Messungen genügt. Ueberdiess wurden sämmtliche Signalpunkte durch eingegrabene Steine fixirt. Mit dieser Arbeit wurde gleichzeitig ein trigonome- trisches Nivellement verbunden, dessen Anschluss an die Grossherzoglich Badischen Höhenbestimmungen die befriedigendste Uebereinstimmung ergab. — 32 — Die Detailvermessung, welche schon ziemlich weit vorgerückt ist, geschieht mit Hülfe des Messtisches. Zu diesem Zwecke wurde der Kanton Zürich in 25 Theile getheilt und jedem Theile ein Messtischblatt gewidmet. Der Anschluss je zweier‘ Theile ist so viel wie möglich durch natürliche Grenzen gebildet, nemlich durch Flüsse und Gebirgsgräte, in vielen Fällen musste man auch zu Kirchgemeindegrenzen oder Strassen seine Zuflucht neh- men und nur höchst selten wurden Coordinatenlinien ge- wählt, um nicht missbeliebige Durchschneidungen zu er- halten. Jedes der 25 Blätter enthält durchschnittlich 25 trigonometrisch bestimmte Punkte und wenn man dieje- nigen noch dazu rechnet, welche ausserhalb der ange- gebenen Grenze liegen, dennoch aber auf das quadrati- sche Messtischblatt fallen, circa 50 benutzbare Punkte. Das gewöhnliche Verfahren, wornach das Papier mit- telst Eierklar auf das Messtischblatt geklebt wird, um das Werfen von Blasen zu verhüten, wurde nicht an- gewendet, weil dem Einfluss der Feuchtigkeit der Luft dadurch nicht hinlänglich vorgebeugt ist, sondern trotz dieser Vorsorge sich Blasen bilden, die oft bedeutende Verschiebungen in den gegebenen trigonometrischen Punkten zur Folge haben, wodurch die Aufnahme theils erschwert, theils weniger genau wird. Man zog es da- her vor, das Papier auf das Brett festzuleimen, obschon die endliche Aufbewahrung und Benutzung der so ge- gebildeten Originalkarte weniger bequem ist. Zwar zeig- ten sich auf einzelnen Blättern in Folge des Schwindens des Holzes Risse. Indess fand man die daraus entste- henden Fehler so gering, dass die angewendete Methode dennoch den Vorzug verdient. Auf diese, nach dem obigen Verfahren hergerichte- ten Messtischplatten wurden die trigonometrischen Punkte — 383 — mittelst rechtwinkeliger CGoordinaten eingetragen, wobei selbst für die ganze Ausdehnung des Kantons Zürich die sphärische Gestalt der Erdoberfläche nach dem vorge- schriebenen Massstab der Karte ohne Einfluss blieb. Für die allgemeine Karte der Schweiz dagegen ist die- ser Krümmung Rechnung getragen, indem die Coordi- naten nach der modifieirten Flammsteed’sche oder s. g. Bonne’sche Projectionsmethode berechnet werden. Es ist hierbei der Meridian durch die Sternwarte von Bern als eine gerade Linie angenommen, der zugehörige Brei- tenkreis aber als ein Kreisbogen, dessen Radius gleich ist der Linie, welche den Meridian durch die Sternwarte zu Bern tangirend von da aus verlängert wird, bis sie die verlängerte Erdachse schneidet. Bern ist dann als Mittelpunkt der Projectionsebene betrachtet und hier sind die Längen auf dem Meridian, sowie die Breiten auf dem Breitenkreise in ihrer richtigen Grösse aufgetragen. Für beliebige andere Breiten sind concentrische Kreise gezogen und auf diese wieder die Längengrade in rich- tiger Grösse gezeichnet. Die gleichen Längengrade von verschiedenen Breitenkreisen mit einander verbunden, bilden die entsprechenden Meridianbogen und natürlich müssen dieselben um so mehr elliptisch werden, je wei- ter sie vom mittlern Meridian von Bern abstehen; indes- sen ergiebt sich selbst für die äussersten Grenzen der Schweiz nur eine sehr geringe Krümmung. Bei dieser Projectionsart behalten die Grade der Parallelkreise ihre wahre Grösse unter einander bei, der Flächeninhalt des abgebildeten Landes bleibt im richtigen Verhältnisse und die gegenseitige Lage zweier beliebigen Punkte wird nur unmerklich verschoben. Die vorgenommene Rechnung hat gezeigt, dass die Krümmung des mittlern Meridianes unserer Kantonskarte a; bis an seine äussersten Grenzen im vorgeschriebenen Massstabe kaum ersichtlich ist. Daher durften wir auch ohne Bedenken unsere trigonometrischen Punkte auf zwei rechtwinklige CGoordinatenaxen beziehen. Wir zeichne- ten demnach auf jedes Messtischblatt ein Quadrat von 12000 met. Seiten und zogen dazu Coordinatenlinien in Abständen von 3000 met., in der Art, dass jede dieser Coordinatenlinien um ein gewisses Vielfaches von 1000 met. von Bern absteht. Sonach konnte jeder Punkt, des- sen CGovrdinaten berechnet waren, unabhängig von den andern verzeichnet und in die genaue Lage gegen Bern gebracht werden. Gemäss den Vorschriften des eidg. Quartiermeister- stabes soll die Aufnahme der flächern Schweiz im Mass- stabe von 1 : 25000 ausgeführt werden und der Lage und Gestalt nach genau enthalten: alle Städte, Dörfer und Weiler, die einzelnen Höfe, Häuser und Scheunen. Schlossruinen und öffentliche Brunnen, die bedeutendern Gärten, Mauern und Hecken, welche ein militärisches Hinderniss bilden, alle Strassen, Neben- und Fusswege nebst Brücken und Fähren, alle Seen, Teiche, Flüsse, Bäche und Kanäle, alle Waldungen und einzelne Ge- büsche, die in grössern Massen beisammenstehen, sowie auch die Weinberge, Sümpfe und Torffelder, ferner die Kantons- und Bezirksgrenzen, endlich alle Terrainune- benheiten und alle Namen der Ortschaften, Berge, Seen, Flüsse und Bäche. Als Fehlergrenze ist vorgeschrieben, dass die Distanzen je zweier beliebiger Punkte auf 0,01 genau sei. Für unsere kantonalen Zwecke wird ausserdem noch verlangt, dass die Kirchgemeindegrenzen angegeben seien, ebenso Sand- und Kiesgruben sowie grössere Steinbrüche. Ferner begnügten wir uns nicht mit der » forme prineci- — 385 — pale des villages« wie sie die eidgenössische Instruction verlangt, sondern wir wollten ein möglichst richtiges Bild davon haben, wesshalb wir die Dörfer in dem grössern Massstabe von 1: 5000 aufnehmen liessen und hierauf eine Reduktion derselben im Massstabe von 1:25000 besonders bewerkstelligten. Die Fehlergrenze betreffend fanden wir die obigen Vorschriften für grössere Distanzen zu weit, für kleinere zu eng. Wir hielten für richtiger, statt einer relativen Grenze eine absolute festzusetzen und nahmen dafür bei offenem, freien Terrain 15 m. oder den vierten Theil einer Linie, in unzugänglichen, verschlossenen oder be- waldeten Gegenden 30 m. oder circa 4/g Linie an. Die bisherige Erfahrung hat gezeigt, dass die Grenze festge- halten werden kann, dass man aber billiger Weise nicht mehr verlangen dürfe. Ueberdiess haben wir noch eine Fehlergrenze für die Höhen festgesetzt, worüber die eidg. Instruktion gar nichts enthält und wobei wir festgesetzt haben, dass die in der Karte in Zahlen ausgedrückten Höhen in Beziehung auf die zunächst liegenden, trigo- nometrisch bestimmten in offenem Terrain bis auf 2 m., in verschlossenem Terrain bis auf 4 m. richtig sein sol- len, während bei interpolirten Höhen ein Fehler von beziehlich 6 m. und 12 m. gestattet ist. Auch diese Grenze konnten wir bis dahin inne halten. Um aber solchen stringenten Anforderungen ohne allzugrosse pekuniäre Opfer zu genügen, ‘musste man die geometrischen Operationen so vereinfachen, dass die Erreichung der Resultate möglichst sicher und schnell erhältlich war. Das Wesentlichste ist die richtige Aufstellung und Orientirung des Messtisches, wobei das Problem der drei Punkte in Anwendung kommt. Bringt man aber, = 8 — wie wir es immer (hun, mit dem Messtische eine Mag- netnadel in Verbindung, deren Stellung bei richtiger Orientirung des Tisches beobachtet worden, so kann dann auf irgend einem andern Punkte leicht die Orien- tirung angenähert hergestellt und der Standpunkt sogar aus zwei Punkten bestimmt werden, wenn diese nicht allzu entfernt sind und einen ziemlich rechtwinkligen Schnitt geben. Für Schluchten oder sehr baumreiche Gegenden muss einzig die Magnetnadel die Orientirung geben, nachdem man sich jedoch auf freien Punkten von ihrer jedesmaligen Abweichung überzeugt hat. Aller Detail wird nun von dem ermittelten Stand- punkte aus mit dem Distanzmesser aufgenommen, die unzugänglichen Punkte dagegen durch Interfektion, ebenso auch die Fixpunkte, die etwa auf dem Messtische die Anzahl der trigonometrischen Punkte vermehren helfen. Unsere Distanzenmesser bestehen aus Mikrometerli- nien auf Glas, die im Brennpunkte des Diopterfernrohrs angebracht sind, folglich vom Auge des Beobachters aus einen constanten Sehwinkel begrenzen. Eine Messplatte ist in der Art eingetheilt, dass wenn bei senkrechter Stellung derselben gegen das Fernrohr jene Mikrometer- linien einen oder mehrere Theile zwischen sich fassen , dadurch die Entfernung der Latte unmittelbar ausge- drückt ist. Es lassen sich auf diese Art Distanzen bis auf 200 Fuss mit der dem Massstab der Aufnahme an- gemessenen Genauigkeit durch blosse Visuren bestimmen. Ein besonderes Geschäft ist endlich die Angabe der Un- ebenheiten des Terrains. Die neue Karte soll näm- lich auch ein deutliches Bild der plastischen Gestaltung der Bodenfläche, und zwar in der Weise geben, dass man von jeder Station die Höhe über das Meer zu erkennen im Stande sei. Dieser Anfgabe wird nun Ge- r | — 38397 — nüge geleistet, theils durch Bestimmung von Niveauli- nien, welche in gleich grossen senkrechten Abständen über das aufzunehmende Terrain gezogen werden. Nach den eidg. Vorschriften müssen diejenigen Niveaulinien dargestellt werden, deren Höhe über Meer ein Vielfa- ches von 10 m. ist. Wir fanden es am zweckmässig- sten, diese Horizontalen mittelst Distanz und Neigungs- winkel zu berechnen, wie diess in ähnlicher Weise bei den trigonometrischen Höhenmessungen geschah. Da- durch lag es in unserer Macht, beliebig viele Höhen zu bestimmen, bis die Gestaltung der Bodenfläche daraus ersichtlich ward, und wir durften dann unbedenklich jene Niveaulinien zwischen die gefundenen Höhen inter- poliren, indem der Massstab der Aufnahme so klein ist, dass Fehler von 6 m. in verticalem und von 30 m. in horizontalem Sinne noch innerhalb die erlaubte Grenze fallen. Nur kommt bei dieser Methode eine Unzahl von Rechnungen vor, die an Ort und Stelle selbst ausge- führt werden müssen, nemlich Reduktionen der Distan- zen auf den Horizont und Bestimmungen der Höhenun- terschiede. Wir sahen uns desshalb nach Mitteln um, diese Arbeit möglichst zu erleichtern und bedienten uns anfangs eigener, zu diesem Zwecke bearbeiteter Tabel- len. Allein diese Tabellen förderten die Arbeit nicht mit der wünschbaren Schnelligkeit; dagegen entsprach der logarithmische Rechenstab, den wir für die oben erwähnten Rechnungsoperationen besonders construirten, unsern Wünschen vollkommen. (Vrgl. das gedruckte Protokoll der technichen Gesellsch. in Zürich vom Jahr 1847.) Mit solchen Hülfsmitteln ausgerüstet, war es uns möglich, unsern strengen Vorschriften nachzukommen, — 388 — ohne dass dem Staate desshalb grössere Opfer auferlegt werden mussten. Obschon die topographischen Arbeiten erst im Jahr 1845 begonnen werden konnten, und verhältnissmässig nur wenig Ingenieure daran Theil nehmen, so ist doch zu hoffen, dass sämmtliche Aufnahmen mit dem künfti- gen Jahre beendigt sein werden. Freilich hätte durch Anstellung einer grössern Anzahl Geometer die Arbeit schneller gefördert werden können; allein die Gontrolle wäre schwieriger und die Arbeit selbst ungleichförmiger geworden. Ueber die Herausgabe der Karte sind zwar noch keine Beschlüsse gefasst; ich hoffe aber, dass Zürich dabei andern Kantonen folgen werde, die gefunden ha- ben, dass bei einer Verkleinerung sehr viel nützlicher Detail verloren gehe und desshalb eine besondere Aus- gabe im Massstabe der Aufnahme veranstaltet haben. Es ist daher auch über die Behandlung des Stiches der Karte noch nichts Bestimmtes festgesetzt. Ich erlaube mir hierüber nur zu bemerken, dass sich die meisten Fachmänner zu der Ansicht hinneigen, es sollten für diesen grössern Massstab keine Schraffuren angewendet werden, um die Terrainunebenheiten darzustellen, son- dern bloss die Niveaulinien gezeichnet werden, die in den Aufnahmshlättern enthalten sind. MITTHEILUNGEN DER NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. ON’ 38. rin: 1849, J. Siegfried. — Zur Geschichte der vater- ländischen Botanik. (Vorgetragen den 18. Juni 1849.) Es schien mir der Mühe nicht unwerth, diejenigen mir bekannt gewordenen Pflanzengattungen zu sammeln, die nach Schweizern genannt sind und diese Genera, im Ganzen etwa 80, mit einigen Notizen über die Männer zu begleiten, denen solche Auszeichnung zu Theil ward, wofern ihrer nicht in andern Schriften schon gedacht”ist, Daher verweise ich über die ältern Baslerischen Na- turforscher auf (Prof. W. Herzogs) Athenae Rauricae Bas. 1778 und Adumbratio eruditor. Basil. 1780; über einige St. Gallische auf L. Hartmann’s Gesch. der Natur- wiss. im K. St. Gallen in dem Jahresberichte 1822 des dortigen naturforsch. Vereines. Die Genfer Gelehrten nennt Senebier Hist. litt. de Geneve 1786, die Botani- ker insbesondere A. P. DeCandolle in Hist. de la Bota- nique genevoise 1830; die Waadtländer Naturforscher zählt Ph. Bridel auf in einer leider unvollendeten Ab- handlung v. J. 1821 in Feuilles d’Agricult. vaud. t. 9.; die Zürcherischen Naturforscher , Aerzte u. A. die Säcularschrift v. 1846, zu welcher hier einige kleine Ver- besserungen angebracht sind. — 3 — Uebrigens sind die Werke, in denen diese Genera- namen zum ersten Male auftreten, verglichen und dabei mancher sich immer fortpflanzende Fehler berichtigt wor- den; nur ein paar wenige, die selbst nachzuschlagen mir unmöglich war, sind aus DC. Prodromus, Meissner’s Comment. pl. vasc. gen. und Endlicher’s Gen. pl. an- geführt worden. Folgendes ist das Verzeichniss in alphabetischer Ord- nung: Agassizia Chavannes Antirrhin. Par. 1833 ist Gal- vezia Dombey, Gatt. d. Scrophul. — Agassizia Spach Suites a Buffon, von demselben in Annal. Sc. nat. 1835 Holostigma genannt, Gatt. d. Oenothereen (Tr. Epilo- bieen) heisst nunmehr Sphaerostigma Seringe D. C. Prodr. Louis Agassiz aus Orbe, geb. 1807, gew. Prof. d. Naturg. an der Academie in Neuenburg. Jetzt in Phi- ladelphia. Ammannia Houston ex Linn. Gen. No. 155 Gatt. der" Lythrarieen. Nach Paul und Johannes Ammann (erster ein Deutscher aus Breslau, geb. 1634, Arzt und Professor in Leipzig, gest. 1691). Letzter, Johannes Ammann aus Schaffhausen (1707 —1740), Arzt und Professor der Botanik in Petersburg. Dessen Vater war der Arzt J. Conrad Ammann, der in Amsterdam lebte und sich besonders damit beschäftigte, Taubstummen zur Sprache zu verhelfen. Aretia Hall. (Strp. Helvet. p. 486 gen. 616) villosa floribus umbellatis. Nomen est ab Aretio eive meo, qui alpinas patriae stirpes legit et ad C. Gesnerum misit co- luitque in horto iterque alpinum edidit, post Gesneri Fractum Montem antiquissimum. Diese Species ist die Aretia Vitaliana Gaud. Fl. Helv., (nicht die Aretia — 31 — Linn., welche eine Rotte bildet von Androsace Tournef.) und ist v. Duby (Bot. gallic. 1. p. 383) Gregoria genannt worden. (Aretia Link ist eine Rotte von Primula Linn.) Benedicetus Aretius, eigentlich Benedict Marti, aus Bätterkinden im bern. Amtsbezirk Fraubrunnen. Prof. der Philosophie in Marburg, seit 1549 in Bern, wo er 1553— 1574 Prof. d. gr. und lat. Sprache und seit 1563 der Theologie war. Er soll.sich in Marburg auch auf Botanik gelegt und einige kleine Reisen unternommen haben. Schon €. Gessner wollte in seinem grossen Pflan- zenwerke eine Gattung nach seinem Freunde nennen; aber der Tod raffte Gessnern weg vor der Herausgabe desselben. Bauhinia C. Plumier nov. pl. amer. gen. p..23. „Joh. et Caspar Bauhinus nobile par fratrum ex patre Gallo Ambiano Basileae nati sunt. Quos saeva sed felix pau- pertas tam utiles medicinae et botanicae tulit etc.“ Diese Gatt. d. Papilionaceen (Caesalpin.) enthält bei DC. Pro- drom. 2. p. 512) als 1. Sect. Bauhinia Cavan. od. Gas- paria Kunth und als 5. Baubinsa Kunth oder Caulotre- tus Rich. Johannes Bauhin (1541—1613) der berühmteste Botaniker seiner Zeit, von 1570 an Leibarzt des der Botanik befreundeten Herzogs Ulrich von Württemberg (in Montbeillard, Mömpelgard), an dessen Hof Baubin wohnte. Vgl. noch Cherler und Chabrey. Sein 19 J. jüngerer Bruder Caspar (1560-1624) war von 1589 an Prof. der Anatom. u. Botan. bis 1614, und wie Joh. 'Leibarzt an demselben Hofe, wohnte aber in Basel; Ver- fasser wichtiger Werke über Botanik, unter denen die erste Ortsflora. Johann Caspar, einziger Sohn Caspar’s, (1606— 1685), folglich ohne sechs Brüder, wie aus Ver- wechslung mit dem folgenden (Hieronymus) in Ersch u. aan Gruber’s Eneyclop. steht; Arzt und 1629 Prof. d. Ana- tom. und Bot., gab zwei Werke seines Vaters heraus. Hieronymus (1637 —1667) Sohn Joh. Gaspar’s, Bru- der von drei Geistlichen, einem Ärzte und neun andern Geschwistern, ward 1660 Nachfolger seines Vaters, als dieser zur prakt. Mediein vorrückte, demnach 31 Jahre lang (nicht 55, wie b. E. u. G. Encycl.) diese Stelle inne gehabt hatte. Er besorgte nur eine neue Auflage von 3. Theodors aus Bergzabern (Tabernemontanus) Kräuter- buch 1664, das Caspar 1623 herausgegeben hatte. Bonnetia Cambessedes Mem. du mus. t. 16 (1828) p. 379 u. 409. Mart. nov. Gen. 1. p. 114 Gattung der Ternströmiaceen (Guttif. DC.). — Bonnetia Schreb. gen. ist durch Mahurea Aublet ersetzt. Charles Bonnet aus Genf (1720—1793), Advo- cat, Philosoph und Naturforscher, Schüler des geistrei- chen Galandrini. Vgl. d. Biographie durch J. Trembley, u. G. Cuvier’s Lobrede. Bremia Regel Botanische Zeitung 1843. S. 666. eine Gattung der Pilze. J. J. Bremi aus Zürich, geb. 1791, Entomolog und Botaniker. (Neben diesem Genus besteht die ältere Brehmia Harvey, eine Gattung der Loganiaceen). Bridelia (Briedelia) Willd. Spee. t. 4. p. 978. Gatt. der Euphorbiaceen (Tr. Phyllantheen). Zu Ehren Samuel Elis&e Bridel’s (1761 — 1828) Erziehers der beiden Fürsten August und Friedrich von Sachsen-Gotha, Secretär und Bibliothekar des ältern der- selben, Botaniker und Dichter. Einer seiner Brüder war Philippe Bridel, Pfarrer in Basel, Chäteau d’Oex und Montreux, der 1845 im 88. Jahre starb, mit den Natur- wissenschaften vertraut, Verfasser des Gonservateur Suisse — 393 — etc. Vgl. über die drei Brüder Bridel Prof. Monnard in der Revue encyclopedig. tom. 38. Brunsfelsia Plumier pl. amer. gen. p. 12. Gatt. der Scrophularineen. Otto Brunsfels aus Mainz (1488—1534) eines Kü- fers Sohn, erst Karthäusermönch, dann evangel. Pfarrer und Schullehrer in Strassburg, seit 1530 Arzt in Basel und in Bern, wo er starb. „Primus in Germania her- bariam medicinam propemodum extinelam e crassissimis eruere tenebris tentavit.“ Seine längere Thätigkeit ge- hört freilich Deutschland an. Galandrinia H. B. K. Nov. gen. et sp. t. 6. p. 62. Gatt. der Portulaceen (Tr. Galandrinieen). J. Louis Galandrini (ein in Lucca einheimischer Name) aus Genf (1703—1758) Prof. der Mathematik mit seinem Freunde Gabriel Cramer, später der Philosophie (und Naturwissenschaft), Staatsrath. Vgl. Trembley. CGandollea Labillard. nov. Holl. 2. p. 33. Gattung der Dilleniaceen. — Candollea Mirb. zu Buffon, heisst nun Nipholobus Kaulfuss (Polypodiaceen). — Candollea Raddi Atti etc. ist zum Theil Plagiochila Nees u. Mon- tagn. in Nouvell. annal., Fam. Jungermann. — Osbeckia pityrophylla DC, Prodrom. 3. p. 139. (Melastomac.) ist von A. Chamisso Pyramia genannt worden (Linnza 9. S. 458). Augustin Pyramus DeCandolle aus Genf, geb. 1778 einige Tage nach Linne’s Tod; gest. 1841; Professor in Montpellier, Paris, und von 1817 an in Genf, Mitglied von mehr als 100 gelehrten Gesellschaften. Vgl. Notice etc. par DelaRive in Bibl. universelle 1845, Verh. Schw. nf. Ges. 1842 Nekrolog durch Dr. Prof. Locher - Balber, wo 130 meist botanische Werke und Abhandlungen an- geführt sind. N Chabraea DC. (Ann. mus. 19. p. 65 u. 71 [1812]) u. Prodr. 7. p. 58 ist Lasiorhiza Lagasca amenid. nat. 1. 32 (1811), Gatt. der Gompositeen (Lippenblumige). — Chabraea Adanson war früher schon von Linne Peplis ge- nannt worden. Dominique Chabrey, Dominicus Chabraeus, der älteste, nach J. Leri mit Sicherheit bekannte, Genfer Bo- taniker, lebte immer ausserhalb Genf am Hofe des Her- zogs von Württemberg, und in Vverdon, wo er Arzt war, sich aber vorzüglich mit Botanik beschäftigte. Vgl. über ihn, ausser DC., Bridel, Feuille du C. de Vaud t. 9. Chailletia DC. (annal. da mus. t. 17. [1811]) hat einer mit den Rhamneen verwandten kleinen Familie den Namen gegeben. J. Fred. Chaillet aus Neuenburg (1747 — 1839) hatte sich auf seinen Kriegszugen zuerst in Corsica, zu- mal aber nach seiner Rückkehr in seine Heimat mit Liebe und Eifer der Botanik zugewandt. Vgl. dessen Leben durch DC. in Mem. soc. Sc. nat. Neuch,. T. 2, und Schw. nf. Ges. Verh. 1839 (durch Godet). Cherleria Hall. (iter helvet. anni 1739 $. 79. Edit. Gott. 1740). Hanc plantam ... malo Cherleriam di- cere in memoriam botaniei eximii cui plurimas et pul- chras plantas debemus qu& apud Joh. Bauhinum exstant. — Es ist die Gherleria sedoides J.. (Familie der Al- sineen) gemeint. Heinrich Cherler aus Basel war Arzt und Schwie- gersohn Job. Baubin’s. Sein Name erscheint neben dem des letztern auf den Titeln Historie plantarum — — prodromus. Ebrod. 1619, sechs Jahre nach Bauhins Tod auf Kosten der caldorischen Gesellschaft herausgegeben ; und Historia plantarum universalis etc., die Ghabrey noch 24 Jahre später erscheinen liess. j | — 39 — Choisya H. B. K. Nov. gen. et sp. t. 6 p. 4 aus der Familie der Diosmeen (Rutaceen DG.), nur eine Art enthaltend. Jaq. Denys Choisy aus Genf (geb. 1799), gewes. Prof. der Philosophie, hat mehrere Familien für DC. Prodromus bearbeitet oder in Zeitschriften eingerückt. Glairvillea DC. Prodr. 5. p. 636. Muss nach DC’s. späterer Angabe (t. 7. p. 292) getilgt und zu Ga- cosmia (Compositeen) H. B. Kunth gezogen werden. Joseph de Glairville aus Frankreich (1752 1830), Botaniker und Entomolog, der sich etwa 50 Jahre lang in Winterthur aufgehalten hatte. Vgl. Eröffnungsrede Verh. Schw. Nf. Gesellsch. 1846. Colladonia DC. Prodr. t. 4. p. 240. Gatt. der Umbelliferen. — Colladonia Sprg. Syst. 1. 757 ist Pali- courea Aubl. Zu Ehren Louis The&od. Fred. Golladon aus Genf, geb. 1794, Arzt, der die NG. der Cassien be- schrieb. Sohn des Apothekers, J. Ant. Golladon, (1758—1830), der seine insbesondere auf Chemie und Botanik gerichteten Studien in Deutschland vollendet hatte. Mit den beiden Pictet und mit Vaucher Gründer der Nf. Ges. in Genf. Vgl. Mem. soc. phys. Geneve t. 5. Delesseria s. Lessertia, Dubyaea DC. (Coll. Mem. Compos. p. 19. Prodr. 7. p- 247). Gatt. der Compositeen (Hieracieen). — Du- byaea DC. diss. 1827 heisst nun Diplusodon Pohl pl. brasil. (Lytbrarieen). J. Et. Duby aus Genf, geb. 1798, Pfarrer zu Eaux- vives, Botaniker. Dufresnia DC. Coll. Mem. Valerian. Prodr. t. 4. p- 624. —: 3% — Pierre Dufresne aus la Tour in Faucigny, geb. 1786, Bürger in Genf seit 1816, Arzt. Ehrharta Thunberg Vetensk. Acad. Handl. 1779 p. 216. t. 8. Gatt. der Gräser (Oryzeen). Friedrich Ehrhart (geb. 1742 in Holderbank bei Schinznach, wo sein Vater (aus Bern) Pfarrer war, gest. 1795 bei Hannover) Apotheker und Botaniker, Schüler Linne’s Vaters und Sohnes, lebte fast immer in Hanno- ver. — Nachrichten über sein Leben gibt E. selbst in P. Usteri’s neuen Ann. der Bot. 19. 1796. (Erhardia Scop. introd. n. 277 ist nach Balth. E., dem Verfasser einer ökonom. Flora 12 Thle. 1753, Ajo- vea von Aublet und von andern Botanikern anders be- nannt worden.) Fativa DC. (Prodr. t. 3. p. 88) Gatt. der Lythra- rieen). Vgl. Denkschriften der Schw. Nf. Ges. 1. Band. 1829: 8, 97. Nicolas Fatio de Duillier aus Genf, geb. in Basei 1664, gest. in Chelsea 1753,- lebte in Paris, im Haag und grösstentheils in England; Philosoph und Ma- thematiker. Gagnebina Neck. elem. 1296. Eine Gattung der Mimoseen. Abraham Gagnebin aus la Ferriere, der Kirch- gem. Renan, im damal. Bisthum Basel und jetzigen bern. St. Imerthal, wo er Arzt war. Seine Söhne Abraham (1707—1800), den Haller in seiner Präf. Stirp. helv. anführt, und Daniel (1709—1781) hatten eine Samm- lung von naturgeschichtl. Merkwürdigkeiten, Münzen an- gelegt, die damals sehr berühmt war; das Herbarium ist an Dr. Benoit in les Ponts verkauft worden und wird nunmehr im Besitz des Apoth. Chapuis in Boudri sein, der des letztern Herbarium an sich gebracht hat; die — 397 — Bibliothek , meist medicinische Werke enthaltend, ist nach Neuenburg, von da nach Basel gekommen. (Nach C. Nicolet und Godet.) Garcinia Linn. Hort. Cliff. p. 183.: »Dixi novi hujus generis arborem a Garcino qui primus hujus gene- ris characterem dedit in Actis anglicanis et a Garcia ab horto qui primus hanc plautam descripsit.« Gattung d. Clusiaceen (Garcinieen) aus dem tropischen Asien. Laurent Garcin aus Neuenburg (1683—1752), Chi- rurg und Botaniker in Indien, seit 1730 in Frankreich und Holland, und kurze Zeit in Genf und Neuenburg. Sein Sohn Laurent (1733—1781 in Genf) war Pfarr- vikar, Hofmeister, Dichter und Musiker. Er hielt sich zuletzt in Nyon auf, ward durch Heirath Herr von Got- tens und widmete sich der Botanik mit grosser Liebe. Er sammelte für eine helvetische Flora. Vgl. Conserv. Suisse Nr. 47. oder Jahrg. 1819. Gaudinia Palisot de Beauvais Agr. p. 95 mit der Art fragilis (Avena L.), um Genf und im Waadtland wachsend.. Gaudinia Gay Bull. sc. nat. (1829) 18. p. 412. ist Limeum L. (Phytolacc.) J. F. A. Ph. Gaudin aus Nyon (geb. 1766 in Lon- girod, wo sein Vater Pfarrer war, gest. 1833), bekannt mit Clairville, Schüler Dr. Johann Gessner’s, Pfarrer in Longirod und Nyon. Vgl. sein Leben und Schriften in Feuille du C. de Vaud t. 20. (1834) durch J. P. Monnard. Gaya H. B. Kunth. Nov. gen. et spec. 5. p. 207. Gatt. der Malvaceen. — Gaya Gaud. Fl. helvet. (Um- bellif.) ist von Meisner pl. vasc. gen. p. 104 in Neogaya verwandelt worden, um Verwechslung mit der eben ge- nannten Gattung zu verhüten. — Gaya Spreng. hat Gay selbst Seringia (Büttneriaceen) genannt. a — »Genus nuncupatum Jacobo Stephano Gay, graminum scrutatori diligentissimo, auctori dissertationis de Lasio- petaleis etc.“ Kunth I. c. (1821) geb. in Nyon, Schü- ler Gaudins; lebt in Paris. Gesnera Plumier (nov. pl. amer. gen. p. 27) eine Galtung aus dem trop. Amerika, deren Name späterhin auf die ganze Familie überging. Jene Gattung aber selbst hat Marlius (p. 38) in zwei andere (Rhytidophyllum und Conradia) aufgelöst und statt derselben eine neue Ges- nera gebildet. (Nov. gen. 3. p. 27. fl.). Genannt nach Conrad Gesner (1516—1565), Stadt- arzt und Prof. der Physik (Naturwissenschaft) in Zürich; Bruder des Zunftmeisters Andreas, des Stammvaters der Familie Gessner. Vgl. ausser der Denkschrift d. zürch, Nf. Ges. die Biogr. von Dr. Felix Plater in den Verh. der Nf. Ges. zu Basel 1840. — Ausgezeichnet als Na- turforscher, namentlich als Botaniker ist Johannes Ges- ner (1709—1790) Bruder des Numismatikers Jacob G., Prof. der Physik ebendaselbst. Ginginsia DC. Prodr. t. 3. p. 362, Arten d. Linn. Gattung Pharnaceum (Familie der Portulaceen). Fred. Ch. Jean de Gingins, geb. in La Sarraz 1790, Verfasser mehrerer botan. Monograpbieen und des Essai sur la metamorphose des plantes. Gen. 1829 etc. Godetia Spach. Ann. Sc. nat. p. 172. 1835, eine Gatt. der Oenothereen. Charles Godet aus Neuenburg, geb. 1797, gewes. Schulinspector und Prof. daselbst; bekannt durch seinen Aufenthalt in Podolien und Litthauen "und seine Reisen im Kaukasus. Graffenrieda DC. Coll. Mem. Melast. p. 20. Prodr. t. 3. p. 105. (Vgl. Mart. nov. gen. 3. p. 144). Franz Ludwig von Graffenried, Herr zu Gerzen- 399° — see und Kiesen, Gönner und Freund der Naturwissen- schaften, Jandvogt zu Nyon und Yverdon. Er soll auf das grosse Pflanzenwerk aus dem Nachlasse von Joh. Bauhin, das Chabrey 165i herausgab, 40,000 fl. ver- wendet haben. Hagenbachia Nees und Mart. Nov. Act. Acad. N. C. 11. p. 18 u. 20. Gatt. der Hamodoraceen, Ordnung der Ensatae. Carl Friedrich Hagenbach aus Basel, geb. 1771, Arzt und Prof. der Botanik daselbst. Von ihm Tenta- men Florae Basil. 2 vol., Supplem. 1821—1843 und Nachtrag in Verband. der Nf. Ges. in Basel Vl. S. 144 ff. Setzte die Schweizerpflanzen von Hegetschw. und Labram fort. — Einen ältern dieses Namens erwähnt Hall. Stirp. praefat. p. 7.: „Hagenbachius Basil. Bernam, vallem Lauterbrunn etc. nen absque fructu adiit etc. Halleria Linn. Hort. Cliff. p. 323, Scrophularineen. Dixi in honorem doctissimi botanici Alb. Halleri M. D. Soc. Reg. Suec. Prof. botanices Gottingensis. Alb. v. Haller aus Bern (1708—1777). Vgl. s. Le- ben und Schriften in Biogr. univers. (v. Cuvier) und die Lobreden v. Heyne und Senebier. R. Wolf in d. Mitth. Bern. Nf. Ges. Nr. 66. Unter Hallers 4 Söhnen ist als Bo- taniker der jüngste anzuführen, Albrecht (1758— 1822) Oberamtmann zu Interlaken, des Raths, Vorsteher der Schw. Naturf. Ges. 1822. Er hielt, sich meist in Genf auf, Heeria Schlechtendal Linnaea Bd. 13. (1839) p. 433 (Melastomac.). —- Heeria Meisn. pl. vasc. gen. p. 55 eine noch unsichere Gattung der Terebinthaceen, gleich Anaphrenium E. Mey. Vgl. Römeria Thunb. Oswald Heer aus Glarus, geb. 1809, Ph. Dr., Prof. der Ng. in Zürich. — 400 7° — Hegetschweilera Index seminum in hort. bot. Turicensi 1842 collectorum, eine Gattung der Papilio- naceen. J. Job. Hegetschweiler aus Rifferschweil, Dr. M. Zürch. R.-Rath. (1789 - 1839). Huberia DC. Coll. M&m. Melast. p. 61. Prodr. 3. p. 167. Der Name ist dem Genf. Geschlechte Huber (Übere) entlehnt, aus welchem — ausser Jean Huber 1722 — 1790, Maler, und Voltaire’s Freund, der über den Flug der Raubvögel (1784) geschrieben hatte — DeCandolle’s Freund Franc. Huber-Lullin, (1750—1831), so wie dessen Sohne Pierre, geb. 1777, der Name gewid- met ist. Jurinea Gassini in Bull. philom. 1821, p. 140. Gatt. der Compositeen (Röhrenblum., Cynareen). Wahrscheinlich zur Erinnerung an Andre Jurine aus Genf (1780—1804 in Paris). Freund des ebenfalls früh verstorbenen F. De-La-Roche. — Er war Sohn des berühmten Arztes und Zoologen Louis Jurine (1751 —- 1819). Vgl. Biogr. univ. Suppl. (durch Jourdan). Kohleria Regel Regensburger Flora 1848. Nr. 15. Gatt. der Gesnercen. Joh. Michael Kohler, aus Württemberg, geb. 1812. Lehrer am Seminar in Küssnach, K. Zürich. Köllikeria Regel. Ebend. Alb. Kölliker aus Zürich, geb. 1817, Ph. u. Med. Dr.; früherhin Prof. an der Hochschule in Zürich, jetzt in Würzburg. Lachenalia J. Fr. de Jacquin Nie. Jos. Fil. in Noy. Act. helvet. Vol. 1. p. 39. (Basil. 1787). Gatt. der Liliaceen (Asphodeleen). Werner LaCbenal aus Basel (1736-1800), Arzt, — MM — Prof. der Anatomie und Botanik. Vgl. ausser Athenae Raur. Hall. Epist. erudit. Lavatera Tournef. Hist. Acad. Science. 1706. p. 86. Gatt. der Malvaceen. Heinrich Lavater aus Zürich (1560 — 1623), zwei- ter Sohn Ludw. Lavaters (Antistes der zürch. Geistlich- keit, der ausser seiner, S. 21 der Denkschr. angeführ- ten Schrift über Cometen, auch „De spectris, lemuri- bus, magnis fragoribus variisque praesagitionibus “ ge- schrieben hatte, von ihm selbst (1578) ins Deutsche: „Von gespänsten, ungehüren, fälen ete.“ übersetzt; sogar (ranzös. italien. holländ. vorhanden) M. Dr., Prof. der Physik und Mathem. daselbst. Ein Sohn von Hrch. L. war Heinrich (1611—1691) Stadtarzt in Bern und in Zürich, Prof. Nach diesen „Messieurs Lavater medecins de Zuric“ ist die Gatt. genannt worden. Leria DC. Annal. mus. 19. p. 68 (1812). Gatt. der Compositeen (Lippenbl. Mutisiaceen). Jean de Leri, Lery, Joannes Lerius, um 1534 zu Lery in Burgund gebor., gest. 1611, Mitglied der genf. Geistlichkeit. Von ihm eine Reise nach Amerika (franz. 1578, lateinisch 1586), in der er dortige Pflanzen an- führt. Lessertia DC. Astrag. p. 37. Gatt. der Papilionac. und Delesseria von Lamouroux Annal. mus. t. 20. p. 122 eine Gattung der Algen (Floriden). Aehnlich wie nach demselben Botaniker auch 2 Gattungen „Desfontai- nia und Fontanesia“ aufgenommen sind. J. P. Benjamin Delessert, geb. 1773 in Lyon, gest. 1847 in Paris, aus einer waadtländischen Familie, die aber schon seit dem vorigen Jahrh. in Frankreich sich aufhält. An seine Mutter, gebürtig aus Neuenburg, hatte J. J. Rousseau seine Briefe über Botanik gerichtet. — 402 Vgl. S. 548 in Bibl. univ. 5. 1847, wo Delessert’s Ne- krol. durch Alph. DeCandolle. Lochera Regel Regensbg. Flora 1848. Nr. 15. Gatt. der Gesnereen. Hans Locher, geb. 1797, Med. Dr., Prof. an der Hochschule in Zürich. Macairea DC. Coll. Mem. Melast. p. 39. Prodr. t. 3. p. 109. Isac Macaire-Prinsep aus Genf, geb. 1795, Apo- theker. Verfasser zahlreicher botanisch-chemischer Ab- handlungen. Marcetia DC. Coll. M&m. Melast. p. 35. Prodr. 3. p. 124. Franc. Marcet aus Genf, geb. in London 1803, a. Professor und Staatsrath. Lieferte mehrere botanische Abhandlungen in Zeitschriften. — Er ist Sohn von Alex. Marcet (1770 geb., gest. 1822 in London), lange Zeit Arzt und Professor der Chemie an Guys Hospital. (Vgl. Bibl. univ. durch Gasp. De-La-Rive vol. 2i. und Mem. Soc. phys. Geneve 2. Bd. 2. Abth. 1824); seine Gattin, geb. Jeanne Haldimann, schrieb in englischer Sprache über Chemie, Physik, Pflanzenpphysiologie, Staatswirth- schaft, über Land und Wasser; mehrfach übersetzt und benutzt. Meisneria DC. Coll. Mem. Melast. p. 26, Prodr. 1. 3. p. 114. Carl Friedrich Meisner aus Ihlefeld in Hannover (1765—1825) seit 1796 in Bern, wo er von 1815 an Prof. der Geographie und Naturgeschichte war, ausser- dem Freund der Dicht- und Tonkunst. Vgl. den Nekrl. in Annalen der Schw. Nf. Ges. 2. Bd. und in den Al- penrosen 1826. — Dessen gleichnam. Sohn M. Dr. und Prof. der Botanik in Basel, zuerst in Bern. — 4 |Meriania Swartz Fl. ind. occid. 2. p. 824, eine Gatt. der Melastom. — Meriana Flor. Flum. ist die von Linne als Evolvulus angeführte Gatt. und Meriana Trew durch Wattsonia Mill. (Irideen) ersetzt. Dieser Pflanzenname soll an die aus Basel stammende Maria Sibylla Merian (geb. 1647 in Frankfurt, gest. 1717 zu Bosch in Holland) und an ihre beiden Töchter erinnern, die im Malen von Blumen und Insekten Aus- gezeichnetes leisteten. Mit ihrer ältern Tochter (Johanna Helena Herold) hatte dieselbe zu diesem Zwecke eine Reise nach Surinam unternommen, und letztere dieses Land (1702) zum zweiten Male besucht. Ihre litera- rische Thätigkeit gehört gänzlich Deutschland und Hol- land an. — Eine Tochter der jüngern war Gemahlin L. Euler’s.] Miegia Persoon Ench. 1. p. 102 ist später durch Arundinaria Richard bei Michaux Fl. bor. Amer. Gatı. der Gramin. (Bambuseen) verdrängt worden, während Miegia Schreb. gen. No. 1713. (Gyperaceen) durch die ältere Remirea Aubl. Guian. p. 45 unnütz ward. J. Rud. Mieg aus Basel (169%— 1733), Schüler sei- nes mütterlichen Oheims Th. Zwinger, Anatom und Chi- rurg, Leibarzt zu Nassau. Von ihm, wie von seinem Sohne Achilles (geb: 1731) Schriften über medicinische Gegenstände. Moricandia DC. Syst. nat. t. 2. p-626. Gatt. der Crueiferen. Stefano Moricand aus Genf, geb. 1779, Kaufmann, Botaniker und Gonchyliolog. Moritzia DC. Mss. — Meisn. pl. vasc. gen. comment. p- 188. Eine Gatt. der Boragineen. Alexander Moritzi aus Chur, geb. 1806, eine Be Zeit lang Gonservator des Herbariums von DeCandolle, gew. Prof. in Chur und Solothurn. Moussonia Regel Regensburg. Flora 1848. Nr. 15. Gatt. der Gesnereen. Alb. Mousson, geb. 1805. Ph. Dr. Prof. d. Phy- sik in Zürich. Muraltia Neck. element. bot. no. 1382. Gatt. der Polygaleen. — Muralta Adanson ist eine Section (Cheirop- sis DC.) der Gatt. Clematis Linn. (Ranunculaceen) ge- worden. Joh. v. Muralt aus Zürich (1645—1733), Stadt- arzt, Prof. der Physik (Naturwissensch.) u. Mathematik (gemeinsam mit Dr. Salomon Hottinger bis zu dessen Tode 1713). Nägelia Regel Regensburger Flora 1848, Nr. 15. Gatt. der Gesnereen. Carl Nägeli aus Kilchberg K. Zürich, geb. 1817, Ph. Dr., Privatdocent der Botanik an der zürch. Hoch- schule. Eine Nägelia ist von Rabenhorst aufgestellt wor- den, ist aber keine selbständige Gattung. [Neckera Hedw., Neckeria Gmel. und Neckeria Scop. tragen den Namen von Natal Joseph Necker aus Flan- dern (geb. 1729, gest. 1793 in Mannheim). — Sonst ist Necker ein Genf. Geschlecht, aus dem mehrere ausge- zeichnete Männer hervorgingen, namentlich der auch um Botanik verdiente Syndic Jaq. Necker (1757—1825).] Ü®kenia Schiede Linnaea 5. (1830) p. 92. Gatt. der Nyctagineen. Okenia oder Ockia Dietr. ist Adenandra Willd. Enum. 256 (Diosmeen). Laurenz Oken aus Offenburg, geb. 1779, Med. u, Phil. Dr., Prof. an der Hochschule in Zürich. (Schluss folgt in Nro. 39.) — MITTHEILUNGEN NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. oN? 89. nn 1849. J. Siegfried. — Zur Geschichte der vater- ländischen Botanik. (Vorgetragen den 18. Juni 1849.) (Schluss.) Perrottetia H.B. et Kunth novy. gen. 7 p. 75. Synops. plant. aequinoet. i. 4 p. 189. Gatt. der Gelastri- neen. — Perrottetia DC. Ann. scienc. nat. (1825.) 5. p. 95. ist von demselben in M&m. Legum. p. 312. mit Ni- colsonia vertauscht worden, um nicht eine Verwechslung mit obigem Genus zu veranlassen, das um dieselbe Zeit genannt wurde. Samuel Perrottet aus einem Dorfe von Vully, Gärt- ner im Pflanzengarten in Paris unter Andre Thouin, be- gleitete 1818 eine französ. Expedition unter dem Capitän Philibert an die Küsten von China und in den asiat. Ar- chipel, eine andere 1824 nach dem Senegal. Vgl. Feuille du C. de Vaud t. 18. 1831. Pestalozzia Zollinger u. Moritzi Verzeichn. javan. Pflanzen S. 31 ist Gynostemma pedata Blume in Linnza 1. 497 Fam. der Nhandirobeen (Menispermaceen Bl. Cu- eurbitac. Decaisne in Archiv. Mus. I. 147.) Heinrich Pestalozzi aus Zürich (1745—1827 in Birr, Kt. Aargau), der verdiente Pädagog u. Schriftstel- ler, Vorsteher der Armen- u. Erziehungsanstalten in Stans, Burgdorf und Yverdon. Pictetia DC. Ann. Se. nat. 1825, p. 93. Gatt. der Papilionaceen. Bibl. univ. 1825. t. 29. p. 40. — 406 — Der Genf. Familie Pictet gehören an Jean Louis P. (1739 — 1781) Syndic, und mit s. spätern Schwager J.A. Mal- let, abgeordnet zur Beobachtung des Venusdurchganges nach Umba in Sibirien (1769), und M. August Pictet- Turretini (1752—1825) Advok., Prof. der Philosophie (Na- turwissenschaften), Direktor der Sternwarte. Nekr. (durch Vaucher) in Bibl. univ. 1825. Nach ihm ist diese Gattung genannt. Sein Bruder war Charles Pictet-de-Rochemont (1755 —1824), zuerst Lieut. in franz. Diensten; Staatsrath u. Schriftsteller. Vgl. Biogr. univ. Suppl. t. 77. Bibl. univ. Vol. 27 ff. Fragm. de lettres etc. Helv. Alm. 1807. Prevostea Choisy Ann. Scienc. nat. t. 4 (1825) p. 496. Gatt. der Convolvulaceen. Isac Benediet Pr&vost (1755—1819) aus Genf, seit 1777 in Montauban und daselbst (seit 1810) Professor der Philosophie; fruchtbarer Schriftsteller. Notic. de la vie etc. par P. Prevost. Gen. 1820. — Dieser sein Neffe Pierre Prevost — Marcet (1751—1839) Philolog, Phi- losoph, Staatsökonom, Mathematiker und Physiker, Bio- graph;* Prof. in Genf (1784—1823). Querard, France litt. t. 7. zählt seine zahlreichen schriftstell. Arbeiten auf. Pueraria DC. Mem. Legum. p. 252. — Ann. Sc. nat. (1825). p. 96. Gatt. der Papilionaceen (Phaseoleen). Marc Nicolas Puerari aus Genf, geb. 1768. gest. 18... Schüler Wabls in Copenhagen. Sein Herbarium ist mit dem De Candollischen vereiniget. Pyramia s. Gandollea. Rechsteinera Regel Regensburger Flora 1848 Nr. 15. Gatt. d. Gesnereen. Conrad Rechsteiner aus Speicher geb. 1798, gew. Pfarrer in Teufen, K. Appenzell, jetzt in Eichberg, K. St. Gallen. Botaniker und Besitzer einer Naturaliensamm- lung, namentlich eines ausgezeichneten Herbariums. — MIT — Regelia J. GC. Schauer in Linnaea 1843. p. 243. Gatt. der Myrtaceen. Ed. Regel aus Gotha, geb. 1815, Obergärtner im botan. Garten in Zürich. Rochea DC. Plantes grasses Nr. 103. M&m. Crass. p- 21. Gattung der Crassulaceen, mit den beiden Sectio- nen Danielia und Franciscaria, nach den Aerzten und Botanikern Daniel und Francois De la Roche aus Genf, Vater und Sohn. Erster, geb. 1743, gest. in Paris 1815; letzter geb. 1782 in Genf, lebte fast immer zu Paris, wo er 1814 starb: Rogeria Gay Ann. Sc. nat. 1. 457. (1824) in der Anzeige einer Monographie der Pedalineen, die aber nie erschienen ist. Roussea Smith (Pl. icon. ined. 1. p. 6.) In memo- riam celeberrimi Jean Jaq. Rousseau qui epistolas amoe- nissimas de re botanica scripsit et amabilem scientiam ad extremum usque halitum coluit et ornavit. Linnaeus qui saepius cum illo per epistolas consilia communicabat in manuscriptis plantam nomini suo consecraverat. Cum vero haec ex Linnaei filii hallucinatione alio nomine {Rus- selia) evulgata est, genus novum pulcherrimum et maxime singulare Rousseam dixi. — Roussaca DC. (Prodr. t. 7. p. 522.) Roussoa Röm. et Schult. (syst. t. 3. p. 3.): Roussea vulgo scribitur sed Roussoa scribenda et dicenda si eadem D. M. Joann. Jacobi Rousseau cele- brandus. — Rousseauvia Bojer hort. maurit. p. 246. Es ist die einzige Gatt. der mit den Saxifrageen ver- wandten Familie der Roussaeaceen DC. mit der Art sim- plex. (Nicht zu verwechseln mit Rousseauxia DC. mem. melastom. p. 54. nach Des Rousseaux genannt. Ueber J. J. Rousseau aus Genf (1712—1778) u. s. Werke vgl. Querard France litt. 8e vol. Römeria Medikus in Usteri Annal. der Botan. 1792. — 48 — St. 3. S. 15. Gatt. Papaveraceen. — Ausserdem noch sechs Male: 1. Römeria Thunb. Fl. cap. 19% ist Heeria Meisn. pl. vasc. gen. p. 55. — 2. Römeria Thunb. in Röm. Arch. Il. 2 ist e. Section von Myrsine Linn. — 3. Römeria Trattinik Steriphoma Sprgl. (Capparideen). — 4. Römeria Zea in Röm. u. Schult. Syst. Diarrhena Pal. de B. (Gramineen). — 5. Römeria Dennst. Scaevola Linn. (Goodeniaceen). — 6. Römeria Raddi Mem. Soc. ital. ist jetzt Aneura Dumortier Comment. J. Jac. Römer aus Zürich (1763—1819) Arzt und Prof. der Bot. am dortigen medicin. Institut. Seinen Werken in den bibliogr. Notizen zur Denkschrift S. 30 sind noch anzuschliessen: Taschenbuch bei botanischen Wanderungen in der Schweiz Z. 1790. und von Planta- rum cryptogam. Britanniae Tasc. 4 J. Dickson Lond. 1785—1801, die zwei ersten Hefte Turic. 1788—1794. Salisia Regel in Regensburger Flora 1849. Gatt. der Gesnereen. Ulyss. v. Salis in Marschlins bei Chur, geb. 1795, Botaniker. Bekannter sind noch C. Ul. v. Salis-Marchlins 1728 —1800, Staatsmann u. Gründer der Erziehungsanstalt in Haldenstein und Reichenau, Landwirth ; und dessen Söhne Rudolf, thätiger Botaniker, Landwirth und Meteorolog; Carl Ulysses (1765—1818), Mitarbeiter Steinmüllers an der Alpina, Verfasser einiger historischer und Reisewerke. — Hieron. Salis-Soglio (} 1830) war Militär, Orni- tholog und Forstmann. Saussurea DC. Ann. Mus. t. 16 (1810) p. 196. Gatt. der Compositeen (Röhrenbl., Carlineen). Zum An- denken an Horace Benediet (1740 — 1799), sowie an desselben Sohn Nic. Theod. de Saussure (1767 — 1845) aus Genf. — Auch der Vater des Geologen, Nicolas, 1709— 1791, hatte mehrere landwirthschaftliche Schriften herausgegeben. Vgl. über H. Bened. de S. Biogr. univ- — 109 — (durch Cuvier) und Eloge durch denselben und durch Senebier, über Theod. de S. Notice par le prof. Macaire Bibl. univers. vol. 57. u. M&m. de la Soc. de Geneve. Vol. 11. Saussurea Salisb. Linn. Transact. 8 p. 11. ist Fun- kia Sprg., Liliaceen.) Scheuchzeria Linn. Flora. lappon. gen. 133. „Di- ximus genus hocce a doctissimo isto fratrum pari Jo. Scheuchzero magno isto agrostographo et J. Jac. Scheuchzero curiosissimo isto Alpium helveticarum lustratore qui quantum praestiterint nulli non norunt.“ Gatt. der Alismaceen (Juncagineen) mit der einzigen Art palustris, eine der glücklichen Gattungen u. Arten, die mit Synonymen bis jetzt verschont blieb. Joh. Jacob Scheuchzer aus Zürich (1672—1733), Stadtarzt, Professor der Mathematik und später, nach J. v. Muralts Tod, auch der Physik. Sein Bruder und Nachfolger Johannes Sch. (1684—1738). Ihr zahlreicher handschriftl. Nachlass befindet sich auf den Bibliotheken in Zürich und bei Hrn. Shuttleworth in Bern. (Jac. Sch. S. 32 Denkschr. ceitirter Nekrolog steht übrigens Mer- eure Suisse Janv. 1734, und von seinen Söhnen hat J. Caspar, M. Dr., (1702—1729) E. Kämpfer’s Geschichte v. Japan, aus Sloane’s Auftrag ins englische, 1728, (nicht ins deutsche S. 35) übersetzt.) Schinza Dennst. hort. malabar. 5 p. 7. (Weimar 1818) ist jetzt Caperonia Aug. St. Hil. Mem. Mus. 12 p- 342 Fam. Euphorb. Also eingegangen. Sie war ge- nannt nach Sal. Schinz aus Zürich (1734—1786) M. Dr. Prof. der Physik u. Math. daselbst. Schinzia hat dagegen Dr. Hegetschweiler in seiner helvet. Flora p. 768 eine Rotte der Gatt. Crepis (eine andere heisst Zschokkia) und Dr. C. Nägeli in Linnaea — 40 — 1842 p. 281 eine Gattung Pilze genannt zu Ehren von Heinr. Rud. Schinz (geb. 1777) M. Dr. u. Prof. der Na- turgesch. an der Hochschule in Zürich. (Die S. 36 der Säcularschrift Zürch. nf. Ges. angeführte Beschreibung der Maasse und Gewichte stammt von Heinr. Schinz (geb. 1725 gest. 1800) Mitgld. d. Raths u. Zeugherr. Vgl. Neu- jahrsbl. d. Stadıbibl. 1846. S. 96. u. Mon. Nachr. 1800.) Schleichera Willd. Spec. plant. t. 4 p. 1096. Po- Iygamia Gatt. der Sapindaceen. (Bei DC. Prodr. 1, 615. als Sect. Ill. der Gatt. Melicocca Juss.) J. C. Schleicher war Pflanzenhändler in Bex, und hatte zwei Verzeichnisse von Schweizerpflanzen heraus- gegeben (1801. 1807). Senebiera DC. Bull. phil. no. 22. p. 172. (Mem. Soc. hist. nat. Paris. Tom. VII. (1821) p. 142.) Gattung der Cruciferen (Tr. Senebiereen). Die frühere Seneberia (Laurineen) von Necker n. 796 ist durch Ocotea Aubl. ersetzt. Jean Senebier aus Genf, (1742—1809)} Pfarrer in Chancy, u. Lullins Nachfolger als Bibliothekar, Verfasser zahlreicher Werke, besonders über Pflanzenphysiologie, De Gandolle’s Lehrer. Vgl. Eloge etc. durch J. P. Mau- noir aine. Par. et Gen. 1810. Querard France litt. Vol. 9. Stähelina Hall. Stirp. helvet. p. 624. durch Bartsia Linn. Hort. Cliff. p. 325 verdrängt; Fam. der Scrophu- larineen (Rhinanthac.) „Cum prior monuerim hanc plan- tam novum generis nomen mereri primus idem imposue- rim, spero Botanicos idem servaturos in memoriam Stä- helini, amici olim Vaillantii (1669 — 1721), qui in mi- nimarum plantarum notitia non multos pares habet et hoc ipsum opus fungorum et adfinium deinde rariorum indi- genarum plantarum aliquot centuriis auxit et ornavit.“ Hall. — 411 — Der Name Stähelina ist dagegen von Linne einer Gattung der Compositeen (Carlineen) ertheilt worden. Benediect Stähelin aus Basel (1695—1750), Schüler von Vaillant in Paris, Arzt und Professor der Physik; er begleitete öfters A. v. Haller auf seinen Alpenreisen, der von dessen Vater sagte: »Joh. Heinr. St., (1668— 1721) prof. Basil., in agro patrio non paucas stirpes re- perit, quas augendo catalogo Bauhiniano destinaverat.“ Auch Joh. Rudolf St. (1724— 179...) war Arzt, Profes- sor der Botanik und Medicin, und gab, wie vorige, ei- nige bot. u. medic. Werke heraus. Sulzeria Röm. et Schult. Syst. t. 4. p. LX. Syno- oym mit Anabata Willd. mss. ex Spreng. Gen. 742. „Nomen mutavimus ob affınitatem nimiam cum Anabasi et quod male tornatum. Diximus in honorem Fridr. Gabr. Sulzer viri de historia naturali universa oplime meriti.« Sehr wahrscheinlich ist J. Georg Sulzer gemeint (1720— 1779) aus Winterthur, zuletzt Direktor der philos. Klasse der Akad. d. Wiss. in Berlin; eher als J. Hein- rich Sulzer (1735—1814), Stadtarzt in Winterthur, Entomolog, zu dessen Schrift (Nro. 2. S. 41 der zürch. Denkschrift) diejenige seines Freundes J. Römer (S. 29. das.) eine Ergänzung bildete. Sutera Roth nov. pl. sp. 291. (1821) excl. sp. in Bot. Bemerkungen p. 172, eine Gatt. der Scrophulari- neen. Ausserdem Suteria DC. Prodr. 4, p. 536. Gatt. der Rubiaceen (spec. Gephaelid. Lindley (ohne Angabe der Herleitung.) J. Rudolf Suter aus Zofingen (1766 — 1827), Arzt daselbst und in Bern, Prof. der griech. Sprache und Litteratur in Bern. Mit Paul Usteri, C. Escher, A. Rengger, Mitglied des grossen Rathes der helvet. Repu- blik. Vgl. P. Usteri, im Nekrolog Verh. Schw. nf. Ges. — 4|M23 — 1827. Bekannt durch seine Flora, von welcher Dr. J. Hegetschw. eine neue Ausgabe besorgte. Thomasia Gay Mem. Mus. VII. p. 450. Gattung der Bütineriaceen (Tr. Lasiopetaleen). Thomas, eine waadtländische Familie aus Bex. »Hoc genus consecravi Petro et Abrabamo Thomas, Halleri coetaneis, (Stirp. Helv. 1768, praef. p. XVII.) nec non fratribus Philippo Ludovico (1784—1823) et Emmanueli Thomas, Abrahami filiis, Petri nepotibus etc.“ Trembleya DC. Coll. Mem. Melast. p. 37. (Prodr. t. 3. p. 125.) Nach der Genf. Familie Trembley, aus welcher Jaq. Andr& Trembley (1714—1763) in s. 20. Jahre Prof. der Philosophie, der Mathematik und später der Theolo- gie. Er gab — nicht Calandrini, der desselben Lehrer war — die Diss. de Vegetatione et Generatione planta- rum Gen. 1734, heraus. Abraham T. (1710—1784) ist namentl. durch seine Untersuchungen über die Süss- wasserpolypen bekannt geworden. Jean T., geb. 1749, war Advokat, Schüler von Bonnet und dem Astronomen Mallet, Mathematiker, Physiker und Philosoph, der be- sonders in die Barometermessungen grössere Genauigkeit brachte. Von den Sectionen (Rotten) dieser Gattung hat DC. die zwei ersten Jacobia u. Abrahamia genannt. Tschudya DC. Coll. Mem. Melast. p. 56 Prodr. t. 3. p. 155, wird jetzt mit Clidemia Don in M&m. Wer- ner soc. 4. 306. zusamınen genommen. Nach einem Seitenzweige der Familie Tschudi aus Glarus, der schon seit etwa 180 Jahren in Metz sich niedergelassen, aber sein Bürgerrecht vor der Landsge- meinde erst noch in jüngster Zeit erneuert hat. J. B. Louis Theod. Baron de Tschudi (gest. in Paris 1784) \ — 43 — u. besonders dessen Sohn sind Verfasser werthvoller Schrif- ten über land- und forstwirthsch. Gegenstände. Usteria Willdenow Beob. Ges. nf. Freunde in Ber- lin 4 t. 2. Gatt. der Loganiaceen (Tr. Usterieen); ehe- mals der Rubiaceen. — Usteria Cavanill. Icon. 2. p. 15 ist ersetzt durch Maurandia Ortega Decad. HI. 21. Gatt. der Scrophul. (Tr. Antirrbin.) — Usteria Dennst. Hort. Malab. 5. p. 5 ist synonym mit Acalypha Linn. gen. Gatt. der Euphorbiaceen. Paul Usteri aus Zürich (1768—1831), M. Dr., des Raths und Bürgermeister. Seinen in der Denkschrift ge- nannten botan. Werken ist noch beizufügen: Delectus opusculorum botan. Argentor. 1791 — 98. 2 Vol. 8. A. L. de Jussieu Genera plantarum. Excudi curavit notisque auxit P. Usteri. Turici 1791. 8. (Heinrich Usteri, S. 42, war nicht ein Bruder v. Martin U., sondern von Paulus Usteri (1746-1814), Kaufmann und Amtsverwalter in Stein; geschickter Mathematiker. Mon. Nachr. 1814.) Vaucheria DC. Bull. Soc. philom. an IX. (1801). Ectosperma von Vaucher selbst (Histoire des Conferves 1803) genannt, eine Gattung der Ulvaceen (Algen). J. Pierre Etienne Vaucher aus Genf (1763— 1841), Sohn eines Zimmermanns, in dessen Werkstätte derselbe e. Zeit lang arbeitete; Erzieher, Pfarrer und Prof. der Kirchengesch., welche Stelle er bis in sein 76. Jahr be- kleidete. Seit seinem 18. Jahre hatte er seine Musse dem Studium der Botanik zugewandt. Vgl. Nekrolog (durch DeCandolle) in Verh. Schw. nf. Ges. 1841. Vieusseuxia Dan. De la Roche ‚Diss. Lugduni Bat. 1766. DC. Ann. Mus. 2. (1803) p. 136. Gatt. der Irideen. Gasp. Vieusseux aus Genf (1746—1814), Arzt in Leyden und Genf. Vgl. Notice etc. Bibl. brit. durch L. Odier. a. — Wydleria DC. Mem. Umbellif. p. 36. mit der Art portoricensis. Heinr. Wydler aus Albisrieden bei Zürich, geb. 1800, M. Dr., Prof. der Botanik in Bern, bielt in Genf sich auf bei DeGandolle, in Petersburg, in Puerto rico. ZollikoferiaDC. Prod. t.7. p. 183. Gatt. der Com- positeen (Zungenbl. u. Lactuceen), Dagegen ist die Zol- likofera hieracioides Nees (Peltidium apargioides Zollikof. oder Hieracium stipitatum Jacq. durch DC. wieder Unter den frühern Namen Willemetia (Neck.) apargioides ge- bracht worden. (Vgl. Heg. Fl. p. 737. 763.) C. Tob. Zollikofer von Altenklingen aus St. Gal- len (1774 —1743), Arzt u. Apotheker, neben zahlreichen Staats- und Gemeindeämtern besonders der Botanik zu- gethan. Vgl. dessen Nekrolog durch Dan. Meyer Verh. Schw. nf. Ges. 1844. Zwingera Schreb. gen. 1752. ist Simaba Aug. St. Hil. (Simarubeen) im Bull. Soc. phil. 1823. p. 129. u. Zwingera Hofer (Act. helvet. t. 4. p. 267. Basil. 1762.) Nolana Linn. gen. 193. aus der nach dieser Gattung ge- nannten Familie. Aus der baslerischen Familie Zwinger haben sich mehrere als Vorsteher der basl. Geistlichkeit u. als Aerzte einen ehrenvollen Namen erworben. Theodor, der äl- tere, (1533— 1588) Arzt, Prof. zuletzt der theoret. Me- dicin, Schüler von Thom. Plater, P. Ramus; Conr. Gess- ners Freund. — Theodor, der jüngere, (1658— 1724) Bruder Rudolfs, des Antistes; Schüler der Wepfer, Har- der, Muralt, Wagner, Scheuchzer ; Arzt und unter an- dern Prof. der Anatomie u. Botanik. Gleich Vorigem gab er viele medicinische Schriften und Verzasca’s Kräu- terbuch, 1696, (wie später 1704 sein Sohn) heraus. — Friedrich, Sohn des letzten, (1707—1776) Schü- — M5 — ler von Boerhave u. Albinus, Arzt u. Prof. an d. Hoch- schule in Basel; bad. Hofrath. Er bearbeitete für Dan. Bruckner’s Merkwürdigkeiten von Basel die Pflanzen und Mineralwasser. Nach den Kantonen vertheilen sich die Genera auf folgende Weise: Am meisten zählt Genf (25): Bonnetia. Galandrinia. Candollea u. Pyramia. Chabraea. Choisya. Colladonia. Dubyaea. Dufresnia. Fatioa. Huberia. Jurinea. Leria. Ma- cairea. Marcetia. Moricandia. Pictetia. Prevostea. Pue- raria. Rochea. Roussoa. Saussurea. Senebiera. Trembleya. Vaucheria. Vieusseuxia. (Coulteria, Heylandia, Merciera, Seringia sind über- gangen. Vgl. DC. Hist. bot.) Dann Zürich (20): Bremia. Clairvillea. Gesnera. Heeria. Hegetschweilera. Kohleria. Köllikeria. Lavatera. Lochera. Moussonia. Muraltia. Nägelia. Okenia. Pesta- lozzia. Regelia. Römeria. Scheuchzeria. Schinzia. Sulze- ria. Usteria. (Wydleria s. Bern.) Basel (8): Bauhinia. Brunsfelsia. Cherleria. Hagen- bachia. Lachenalia. (Meriania). Miegia. Stähelina. Zwin- gera. Waadt (10): Bridelia. Garcinia. Gaudinia. Gaya. Ginginsia. Lessertia od. Delesseria. Perrottetia. Rogeria. Schleichera. Thomasia. Bern mit Aargau (7): Aretia. (Ehrharta). Gagne- bina. Graffenrieda. Halleria. Meisneria. Sutera. Wyd- leria. Neuenburg (3): Agassizia. Chaillelia. Godetia. (Gar- cinia s. Waadt.) Graubünden (2): Moritzia. Salisia. Appenzell: Rechsteinera. — 46 — St. Gallen: Zollikoferia. Glarus: Tschudya. Schaffhausen: Ammannia. Unter den Familien kommt die grösste Anzahl auf die Gesnereen (8), ausser Gesnera alle von E. Regel genannt; auf die Melastomaceen und Gompositeen (beide 7), alle von DeGandolle; auf die Leguminosen (5), unter denen 3 von DeCGandolle; die Scrophularineen (3), die Umbelliferen, Lythrarieen, Gruciferen, Gramineen (2), und mehrere Familien mit einem Genus. Bereits aufgegebene Genera sind (nach Endlicher Gen.) Agassizia, Chabraa, Clairvillea, Miegia, Tschu- dya. Der verschwundenen Schinza ist eine Schinzia nachgefolgt. Noch ist mancher aller Anerkennung werthe einhei- mische Botaniker, und zwar nicht nur lebende, die ohne- hin einander nicht zu vergessen scheinen, bei der Be- nennung der Pflanzengenera übergangen worden; nicht zu gedenken der grossen Zahl von Aerzten, Geographen, Mineralogen u. Geologen, — von welchen letzten indes- sen einige bei Benennung von Petrefacten u. Alpengi- pfeln bedacht wurden —, von Gärtnern, Forst- und Landwirthen, Reisenden, welche um Botanik od. vater- ländische Naturgeschichte überhaupt auch ihr Verdienst haben. Der Raum verbietet, hier einige Namen aufzu- zählen; es sollten dieselben in e. Geschichte der Lei- stungen der Schweizer im Gebiete der Natur- wissenschaften“), noch besser in einer vaterlän- dischen Biographie aufbewahrt werden. *) Das einzige mir hierüber Bekannte ist ein Vortrag des sel. Steinmüller, der in den Verhandlg. schw. nf. Ges. 1819 (Protokoll) srwähnt wird; derselbe um vaterländische Naturgeschichte vielfach — MT — Hr. Prof. Mousson. — Aus dem Präsidialbericht vom Mai 184% bis Mai 1849. (Vorgetragen den 14. Mai 1849.) A. Wissenschaftliche Thätigkeit. Wenn in frühern Zeiten diese Richtung weniger nach Aussen gepflegt wurde, sondern sich mehr auf gegen- seitige Unterhaltung und Belehrung der Mitglieder be- schränkte, so zeigte sich dagegen seit der Säcularfeier (Oct. 1846.) ein neuer Aufschwung. Die Gesellschaft be- urkundete ihre wissenschaftlichen Leistungen während der Periode, die dieser Bericht umfasst, j a) durch Vorträge, wofür sich stets eine bereitwillige Unterstützung zeigte, und welche ohne Zwang und ohne bestimmte Reihenfolge unter den Mitgliedern in bedeuten- der Anzahl gehalten wurden. In den 39 Sitzungen wur- den von 38 Vortragenden 117 Abhandlungen, kleinere Mittheilungen oder Vorweisungen geliefert, welche sich auf die verschiedenen Wissenschaften folgendermassen vertheilen: Zoologie 27, Anatomie und Physiologie 18, Botanik und Landwirthschaft 13, Mineralogie und Geo- logie 12, Physik und Meteorologie 24, Chemie 9, Ma- thematik und Astronomie A, Technologie und Topogra- phie 3, Geographie und Reisen 7, Medicin 5. Der Cha- rakter dieser Vorträge war mehr wissenschaftlich als po- pulär, indem die meisten derselben für die verdiente Geistliche lieferte Beiträge zu einer Geschichte der schweiz. Ornithologie im Naturwiss. Anzeiger Nro. 3. — Von Geschichten der Naturwiss. in den einzelnen Kantonen sind die von St. Gallen und Waadt oben angeführt worden; über an- dere findet sich einiges in manchen Eröffnungsreden zu den Ver- sammlungen der schweiz. naturforsch. Gesellschaft. — MB — b) gedruckten Mittheilungen bestimmt waren. Diese begannen ihre Existenz vom Jubiläum an. Bis jetzt erschienen 35 Nummern mit 62 Artikeln von 21 Auto- ren verfasst, von denen ins Gebiet der Zoologie 10, Phy- siologie und Anatomie 3, Botanik 6, Mineralogie und Geologie 9, Mathematik und Astronomie 5, Physik und Meteorologie 10, Chemie 4, Technologie und Topogra- phie 1, Geographie und Reisen 4 zu zählen sind. Durch diese Mittheilungen soll 1) den arbeitenden Mitgliedern Gelegenheit gegeben werden, Arbeiten zu publiciren und deren Priorität zu sichern, 2) sämmtlichen Mitgliedern sowohl als dem Publikum ein etwelcher Beweis des Stre- bens und Wirkens der Gesellschaft geleistet werden, 3) endlich sollen sie einen wichtigen Tauschartikel mit andern Gesellschaften abgeben. Daher schien auch die Form derselben als eine Auswahl von Notizen einer an- dern z. B. derjenigen eines Bülletins der Sitzungen vor- zuziehen zu sein. c) durch öffentliche Vorträge, welche ebenfalls seit der Säkularfeier ins Leben traten, jedoch stets in bescheidenem Masse gehalten wurden, damit theils das Publikum, theils die Vorträge haltenden Mitglieder nicht allzu häufig in Anspruch genommen und ermüdet würden, und auch die Gesellschaftskassa weniger zu leiden habe. Diese Vorträge wurden nur im Winter gehalten und zwar 1846/47 von Herrn Prof. Kölliker — über die Menschenracen (Zoologie); von Hrn. Hofmeister — über die neuesten Entdeckungen im Sonnensysteme (Astrono- mie); 1847/48 von Hrn. Prof. Meyer — über das Auge (Physiologie), zwei Vorträge; 1848/49 von Hrn. Prof. Heer — ein Bild aus der Vorzeit Radoboy’s (Paläonto- logie); von Hrn. Prof. Mousson — über den gaivani- schen Strom (Physik); ak Ve d) durch meteorologische Beobachtungen, welche seit 1828 in regelmässigem Gange sind und seit 1842 im Kantonsschulgebäude gemacht werden. Seit 4 Jahren werden zur Vergleichung mit Zürich auch auf dem Uetliberg correspondirende Beobachtungen über Ba- rometer und Thermometerstand, Wind und Bewölkung angestellt. e) durch Einwirkung auf das öffentliche Le- ben, indem sie 1) die Beaufsichtigung des Ganges der Thurmuhren nach mittlerer Zeit übernommen hat; 2) Begutachtungen lieferte, wie z. B. über einen von Hrn. Ing. Wetli erfundenen Planimeter ; 3) Untersuchungen über das hiesige Trinkwasser ein- leitete; 4) Untersuchungen über die Kartoffelkrankheit. f} durch Herausgabe von Neujahrsschriften, in welchen irgend ein Gegenstand der Naturwissenschaf- ten auf eine populäre Weise zunächst für die Jugend vorgetragen wird. Es ist diess eine schon mit Neujahr 1799 eingeführte Sitte. Die Neujahrshefte von 1847 und 1848 handelten von den Fischen unserer Seen und Flüsse, insbesondere von den Salmen. Verfasser dieser Jahrgänge ist Herr Dr. und Pr. Schinz. Jedes Heft ist mit einer Abbildung versehen. B. Eigenthum der Gesellschaft. a) Bibliothek, ein Institut, auf welches ein beson- deres Augenmerk gerichtet werden muss, indem andere Bibliotheken in Zürich sich der Litteratur der Natur- wissenschaften beinahe gar nicht annehmen. Sie ist für den Einzelnen eine höchst schätzbare Hulfsquelle, indem sie ihm manches Kleinod bietet, das er sich, auf eigene — 420 ° — Mittel beschränkt, nicht zu erwerben vermöchte. Leider aber sind auch die Mittel der Gesellschaft beschränkt und erlauben nur spärliche neue Anschaffungen, da die Fort- setzungen bedeutende Opfer verlangen. Im Jahre 1847 wurden für Bücheranschaffungen aus- gegeben !0fl. 1373 fl. 7 s., und zwar für 75 Fortsetzun- gen !0fl. 991 35 s., für 22 neue Anschaffungen !9fl. 381 12. Im Jahre 1848 wurden ausgegeben !Pfl. 1102 fl. 37 s., nämlich 10fl. 820 13 s. für 64 Fortsetzungen und ı0fl. 282 24 s. für 41 neue Anschaffungen. Geschenke für die Bibliothek erhielt die Gesellschaft im J. 1847 84, im Jahre 1849 69. Zu den Letztern sind auch diejeni- gen 21 Schriften gerechnet, welche die Gesellschaft als Tausch für ihre Mittheilungen erhielt. b) Die Sternwarte ist seit 1848 nach einer langen Reihe von Jahren wieder neu eröffnet; allein von keinen Behörden unterstützt, kann sie sich nur eines sehr be- schränkten Wirkungskreises erfreuen. c) Das Archiv enthält nicht nur die sämmtlichen die Gesellschaft betreffenden Aktenstucke, sondern, nament- lich aus -den frühern Zeiten, Abhandlungen und Berichte aller Art, hauptsächlich landwirthschaftlichen Inhalts. Dasselbe wurde im Jahre 1848 von Hrn. Siegfried neu _ geordnet und regristirt. C Bestand der Gesellschaft. Die Zahl der Mitglieder hat sich etwas vermehrt, in- dem 1848 eintraten 5, austraten 3, 1849 8 aufgenom- men wurden und 4 abgingen. Gegenwärtig zählt die Ge- sellschaft 87 Anwesende, 11 Abwesende, also im Ganzen . 98 Mitglieder. In dieser letzten Zahl sind jedoch die Ehrenmitglieder nicht inbegriffen. Mittheilungen Naturforschenden Gesellschaft Zürich. ZWEITER BAND. (Nr. 40 — 78.) Mit zwei Tafeln und einem Kärtchen Zürich. In Gommission bei 8. Höhr. 13850 — 1852. Inhalt des zweiten Bandes. Viertes Heft, Nr. 40 — 52. Untersuchungen über den Borax, von Prof. Dr. E. Schweizer Anatomisch-physiologische Bemerkungen, v. Prof. A. Kölliker Die Südthäler des Wallis, von Saas bis Bagne, und der Monterosa, von Prof. Melchior Ulrich Mathematische Notizen, von Hrn. Ing. Denzler Ueber die Nerven der CGornea, von Stud. J. Rahm Helmintbologischer Beitrag, von Dr. Giesker und Dr. Frei . Verzeichniss der Vorweisungen und Vorträge Ueber Stibäthyl, ein neues antimonhaltiges organisches Ra- dical, von Prof. G. Löwig und Prof. Ed. Schweizer Veber den Fundamentalsatz der Methode der kleinsten Qua- drate, von Hrn. Ing. Denzler . Zur krummlinigen Bewegung der Flüssigkeiten, von Prof. Deschwanden Ueber die Anthrazitpflanzen der Alpen, von Prof. O. Heer. Ueber die, in der Nacht vom 16. auf den 17. Februar 1850, in unsern Centralalpen gefallene röthlich- braune Sub- stanz, von Prof. O. Heer Chemische Untersuchung der am Gotthard in der Nacht vom Pag. 1 17 118 129 16. auf den 17. Februar 1850 mit dem Schnee gefalle- nen Substanz, von Prof. E, Schweizer Untersuchungen über die Verbindungen des Stibäthyls, von €. Löwig und E. Schweizer Fünftes Heft, Nr. 53 — 69. Ueber die Verbindung des Stibäthyls, von Löwig und Schwei- zer. Zweite Abhandlung. Schluss Neue Versuche über die Beihülfe der Nerven zu der Spei- chelsekretion, von Prof. C. Ludwig. Mit 2 Tafeln Protokollauszüge vom 18. Febr. bis 18. März 1850 Ueber die Anwendnng von Schwingungsbeobachlungen zur Bestimmung der spezifischen Wärme fester Körper, von Dr. A. J. Amsler Zurückführung der Wurzelform einer algebr. Gleichung auf die Integration linearer partieller oder auch eines Sy- stems simultaner gemeiner Differentialgleichungen erster Ordnung, von Prof. Raabe Ueber eine besondere Entwicklung von Kartoffeln, von H. Bremi Aus einen Briefe von Hrn. Erni, dat. New-Haven 1850 Ueber die Höhenlage und das Klima des Ober -Engadins, von H. J. Denzler Das Lötschenthal, der Monte leone, der Portiengrat und die Diablerets, von Prof. M. Ulrich 4 Ueber die Entwieklung und zoologische Stellung der Tardi- graden, von J. Kaufmann Ueber das Stibmethyl und seine RE Abhandlung 1, von H, Landolt 209 210 240 241 Ueber die Anordnung der Gefässe im Kolon des Kaninchens, von F. Ernst Untersuchungen der Wurzeln und Bahnen der sekretischen Nerven der glandula parotis beim Kaninchen, von Dr, C. Rahn Untersuchungen über das Stibamyl und seine Verbindungen, von G. Cramer ; f : Verzeichniss der in den Jahren 1849 und 1850 für die Biblio- thek der Gesellschaft eingegangenen Geschenke Protokollauszüge über die Gesellschaftssitzungen . Verzeichniss ‘der im Jahr 1850 angeschaflten Bücher Sechstes Heft, Nr. 66— 78. Ueber die flüchligen Säuren des fetten Oeles des Spindel- baums (Evonymus europaeus), von Prof. Ed. Schweizer Neue physiologische Versuche, von Prof. Dr. Stannius aus Rostock ; mitgetheilt von C. Ludwig Ueber die Bewegung der Flüssigkeiten bei Ueberfällen, von Prof. Deschwanden . Ueber einige ohne Integrationsverrichtung gewonnene Inte- gralergebnisse,, von Prof. Raabe A ; h Verzeichniss der im Jahr 1851 für die Bibliothek der Ge- sellschaft eingegangenen Geschenke Graphische Bestimmung des Ausflusses der Flüssigkeiten durch rechteckige Oeflnungen, und bei zweiseiliger Kontraktion, von Prof. Deschwanden Ueber die Bildungsweise der Landzunge von Hurden im Zü- richsee , von Dr. A. Escher v. d. Linth Einige Versuche über die Harnsecretion, von T. Kierulf, pract. Arzt aus Christiania Pag. 356 369 439 466 375 483 506 515 Untersuchungen über das Stibmethylium und seine Verbin- dungen, zweite Abhandlung, von Hans Landolt Ergebnisse 31jähriger Gewitterbeobachtungen von Hundwil bei Herisau, 1821 — 1751‘, von Hrn. Ing. Denzler . Ueber Zinnäthyle, neue aus Zinn und Aethyl bestehende or- ganische Radicale, von Prof. C. Löwig . Ueber das Funkeln der Sterne, von Hrn. Ing. Denzler Protokollauszüge über die Vorträge im Sitzungsjahr 1851/52 Pag. 524 MITTHEILUNGEN DER NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. Prof. Dr: E. Schweizer. — Untersuchungen über den Borax. (Vorgetragen den 8. Oktober 1849.) Der Einfluss, welchen äussere Momente auf die Ver- wandtschaftsäusserung von Körpern ausüben, tritt in sehr auffallendem Grade bei der Borsäure hervor. Während die Borsäure bei gewöhnlicher Temperatur unter allen Säuren fast die geringste Verwandtschaft zu den Salzba- * sen hat, ist sie im Stande, in hoher Temparatur die stärksten Säuren aus ihren Verbindungen auszutreiben. In der wässrigen Lösung der borsauren Salze zeigt die ‚Borsäure eine weit geringere Verwandtschaft als in den festen Salzen und mehrere bis jetzt bekannten Erfahrun- gen sprechen dafür, dass mit der Verdünnung der Lö- sung borsaurer Salze auch die Affinität der Borsäure immer mehr abnehme, umgekehrt aber beim Erhitzen einer solchen Lösung die Affinität wieder gesteigert werde. Kommt die Borsäure mit einer andern Säure in Wech- selwirkung, so werden die Grenzen, innerhalb welcher verschiedene Aeusserungen der Verwandtschaft der Bor- " säure Statt finden, um so weiter auseinander gerückt, ‚ je grösser die Verschiedenheit der Stärke beider Säuren ist und umgekehrt. | Band I. t De Von diesen Gesichtspunkten besonders ausgehend, schien es mir nicht uninteressant, das Verhalten von sol- chen Säuren zum Borax zu prüfen, welche in Beziehung auf ihre Affinitätsgrösse der Boraxsäure nahe oder gleich stehen. 1. Verhalten der Kohlensäure zum Borax. Sehmilzt man Borax mit kohlensaurem Natron zusam- men, so wird bekanntlich die Kohlensäure ausgetrieben, und es entsteht einfach borsaures Natron; diese Zersetzung findet auch schon Statt, wenn eine Lösung von Borax mit kohlensaurem Natron gekocht wird. Setzt man hin- gegen das einfach borsaure Natron in Krystallen oder im aufgelösten Zustande der atmosphärischen Luft aus, so verwandelt es sich nach und nach wieder durch Anziehen von Kohlensäure in Borax und einfach kohlensaures Na- tron. — Als ich einen Strom von Kohlensäuregas durch eine in der Kälte gesättigte Boraxlösung leitete, bemerkte ich, dass eine beträchtliche Menge davon absorbirt wurde, indem bei nachherigem Zusatze einer stärkern Säure ein lebhaftes Aufbrausen entstand. Eine solche mit Kohlen- säure behandelte Boraxlösung reagirt schwach sauer; dampft man sie ein, so entwickelt sich bei einer gewis- sen Concentration Kohlensäure in reichlicher Menge und es bleibt wieder reiner Borax zorück. Um die Quantität von Kohlensäure, welche eine Lö- sung von Borax zu binden im Stande ist, zu bestimmen, löste ich 4,000 Gr. Borax (NaO, 2Bo03 + 10agq), von dessen Reinheit ich mich vorher durch die quantitalive Analyse überzeugt hatte, in der nöthigen Menge Wasser in der Kälte auf, und leitete durch die Lösung mehrere Stunden lang einen langsamen Strom von Kohlensäure- gas. Nachdem alsdann durch Umschütteln der Flüssig- > ee keit nnd Aussetzen an die Luft die bloss mechanisch auf- gelöste Kohlensäure entfernt worden war, wurde die ge- bundene Kohlensäure nach der Methode von Will und Fresenins bestimmt. — Man erhielt 0,435 Gr. Kohlen- säure. 100 Theile krystallisirter Borax nehmen also 10,90 Th. Kohlensäure auf, welche Quantität gerade bin- reicht, um das Natron in einfach kohlensaures Natron zu verwandeln. Nach der Rechnung enthalten 100 Th. Borax 16,35 Th. Natron, welche zur Bildung von NaO, C02 — 11,40 Th. Kohlensäure bedürfen. Vermischt man eine mit Kohlensäure vollkommen ge- sättigte Lösung von Borax mit den gleichen Volumen Weingeist, so scheidet sich selbst nach längerer Zeit kein Borax aus; wird hingegen eine noch so sehr verdünnte reine Boraxlösung mit Weingeist versetzt, so wird der Borax sogleich und fast vollständig im krystallisirten Zu- stande ausgefällt. Hieraus geht mit Bestimmtheit hervor, dass in der mit Kohlensäure gesättigten Boraxlösung kein Borax mehr enthalten ist. 2, Verhalten des Schwefelwasserstoffs zum Boras. Schwefelwasserstoffgas wird von einer wässerigen Lö- sung des Boraxes in grosser Menge aufgenommen. Ver- setzt man die damit gesättigte Lösung mit Chlorwasser- stoffsäure, so entsteht hefliges Aufbrausen durch das wieder entweichende Gas. Concentrirt man die Flüssig- keit durch Abdampfen, so entweicht der Schwefelwasser- stoff ebenfalls nach und nach vollständig wieder und nach dem Erkalten krystallisirt reiner Borax heraus. Lässt man dieselbe längere Zeit der luft ausgesetzt stehen, so entwickelt sich bei Zusatz von Salzsäure kein Schwe- felwasserstoffgas mehr, hingegen entweicht beim Kochen der Flüssigkeit mit dieser Säure viel schweflige Säure, BE Sa während Schwefel ausgeschieden wird. Es war mithin unterschwefligsaures Natron vorhanden, das sich durch Oxydation von Schwefelnatrium gebildet hat. Ich leitete längere Zeit einen langsamen Strom von Schwefelwasserstoffgas durch eine kalte Boraxlösung und vermischte hierauf die letztere mit dem doppelten Volu- men Weingeist. Es fand hierbei keine Ausscheidung von Borax Statt; erst nach langer Zeit bildeten sich auf dem Boden des Gefässes einige kleine Boraxkrystalle, ein Zei- chen, dass die Zersetzung durch Schwefelwasserstoff noch nicht ganz vollständig war. Die weingeisthaltige Flüssig- keit wurde alsdann so lange mit Aether versetzt, bis sich zwei Schichten bildeten. Die untere gelblich gefärbte Schicht war eine concentrirte Lösung von Schwefel- natrium in Wasser; durch Verdunsten der obern Schicht erhielt man schuppenförmige Krystalle, die sich bei ge- nauer Prüfung als reine Borsäure erweisen. Durch diese Versuche wird dargethan, dass bei der Einwirkung von Schwefelwasserstollgas auf Borax im ge- lösten Zustande Schwefelnatrium entsteht, während Bor- säure frei wird. Der Borax wird also durch Schwefel- wasserstoff vollständig in Säure und Basis zersetzt, so gering ist die Verwandtschaft der 2 At. Borsäure zu 1 At. Natron in der kalten Lösung des Boraxes. Beim Er- wärmen der Lösung und beim Goncentriren derselben wird die Verwandtschaft der Borsäure gesteigert, so dass sie das Schwefelnatrium wieder zu zersetzen im Stande ist. Kohlensäure bewirkt ebenfalls eine Zersetzung des Boraxes in wässriger Lösung. Durch den Versuch konnte nicht ausgemittelt werden, ob dabei Borsäure als solche ausgeschieden wird. Die Zersetzung kann daher auch auf die Weise gedacht werden, dass die Kohlensäure dem Borax die Hälfte des Natrons entzieht und doppelt - — Fr} — kohlensaures Natron bildet, während das von Bolley ent- deckte vierfach borsaure Natron entsteht: 2(NaO, 2B0o03) + 2C02 = NaO, 4B003 + Na0O, 2602 Indessen ist es doch wahrscheinlicher, dass die Wir- kung der Kohlensäure gleich derjenigen des Schwefel- wasserstoffs ist, weil die Verwandtschaft der Kohlensäure im Allgemeinen etwas stärker ist, als die des Schwefel- wasserstoffs, daher die Kohlensäure noch eher im Stande sein wird, der Borsäure alles Natron zu entziehen, als der Schwefelwasserstoff. Zu Gunsten dieser Ansicht spricht auch der Umstand, dass in einer durch Kohlen- säure zersetzten Boraxlösung Weingeist keine Fällung hervorbringt, welche bei Gegenwart von vierfach bor- saurem Natron ohne Zweifel eintreten würde. Der Borax wird hiernach durch die Kohlensäure in einfach kohlensaures Natron und Borsäure zerlegt: NaO, 2B03 + CO2 = NaO, CO2 + 2BO03. Die Ursache, warum kein doppelt kohlensaures Natron gebildet wird, ist wohl in der Gegenwart der freien Borsäure zu su- ahen, welche eine weitere Aufnahme von Kohlensäure verhindert. Barreswillsprach die Vermuthung aus, dass der Bo- rax bei der Auflösung in viel Wasser eine Zersetzung erleide, ähnlich derjenigen der Wismuthsalze und der Seifen unter gleichen Umständen. Er sagt: »wenn man den krystallisirten Borax als ein neutrales Salz betrach- tet, so müsse man denselben in sehr verdännter Lösung für eine neutrale, mit einem basischen Salze und freier Säure gemengte Verbindung betrachten.“ Diese Ansicht gründet er auf folgende Erfahrungen: Chlor wird von verdünnter Boraxlösung aufgenom- men und zwar gerade so, als ob die Basis ganz frei da- rin enthalten wäre. Ebenso verhält es sich mit Jod und BE RS Brom. Der Schwefel löst sich in Borax wie in freien Alkalien und treibt die Borsäure aus. Es bildet sich Schwefelnatrium und unterschwefligsaures Natron. Je verdünnter die Boraxlösung ist, desto mehr Schwefel löst sich in derselben. Dass das Wasser die Verwandtschaft der Hopeiuite zu den Basen zu vermindern, ja sogar aufzuheben ver- mag, beweist die Beobachtung von Rose am unzweideu- ligsten, dass beim Vermischen einer sehr verdünnten Boraxlösung mit salpetersaurem Silberoxyd kein borsau- res Silberoxyd, sondern reines Silberoxyd praecipitirt wird. Die Ansicht, dass der Borax beim Auflösen in Was- ser eine Zersetzung erleide, hat daher viele Wahrschein- lichkeit. Indem man den Borax, wie es eigentlich allge- mein angenommen ist, als doppelt borsaures Natron be- trachtet, würde die Zersetznng darin bestehen, dass das Wasser der Verbindung die Hälfte der Borsäure entzieht, wodurch einfach borsaures Natron gebildet wird. Dieses einfach borsaure Natron ist alsdann durch die schwäch- sten Säuren zerlegbar und zwar wieder um so leichter, je verdünnter die Lösung ist. Die mitgetheilten Untersuchungen über die Einwir- kung der Kohlensäure und des Schwefelwasserstoffs auf den gelösten Borax sprechen dafür, dass in einer in der Kälte gesättigten Boraxlösung der Borax nicht nur theil- weise, wie es Barreswill annimmt, sondern vollständig in Borsäure und einfach borsaures Natron zerlegt ist, in- dem durch jene Säuren in einer solchen Lösung eine vollständige Zersetzung hervorgebracht werden konnte. Kieselsäure in ihrer löslichen Modification wirkt nicht zersetzend auf eine Lösung von Borax. Ich brachte reine, gallertartige Kieselsäure, erhalten durch Zersetzung des PR re Fluorkiesels in Wasser mit einer sehr verdünnten Bo- raxlösung zusammen und liess das Ganze längere Zeit unter öfterm Umschütteln stehen. In der filtrirten Flüs- sigkeit war nur eine geringe Menge von Kieselsäure ent- halten, und bei Zusatz von Weingeist wurde der Borax unverändert wieder ausgeschieden. Die Kieselsäure steht daher in ihrer Verwandtschaft zu den Basen der Bor- säure nach, während letztere von der Kohlensäure und dem Schwefelwasserstoff darin übertroffen wird. 3. Einfache Methode zur Analyse des Boraxes. Bei Anlass der Untersuchung der im folgenden Ab- schnitte abgehandelten Verbindung kam ich auf eine sehr einfache und genaue Methode, die Alkalien in Borsäure-haltigen Verbindungen zu bestimmen, welche zunächst ihre Anwendung bei der Analyse des Boraxes findet, dann aber auch in manchen andern Fällen mit Vortheil benutzt werden kann. Diese Methode gründet sich darauf, dass wenn man eine Lösung von Borax mit Chlorwasserstoffsäure ver- setzt und hierauf zur Trockniss abdampft, das Natron vollständig als Chlornatrium in dem Rückstande bleibt, die Borsäure unter diesen Umständen also keine reci- proke Verwandtschaft äussert. Die Bestimmung des Natrons im Borax wird daher auf folgende Weise ausgeführt. Man löst die abgewo- gene Menge von Borax in Wasser auf, setzt einen Ueber- schuss von Salzsäure hinzu und dampft die Lösung auf dem Wasserbade ein. Gegen Ende setzt man noch ei- nige Tropfen Salzsäure zu. Die völlig trockne Masse wird alsdann wieder in Wasser gelöst, die Lösung mit Salpetersäure versetzt und das Chlor durch salpetersau- | res Silberoxyd niedergeschlagen. Aus dem Chlorsilber ER GEN wird das Chlor und aus diesem die Menge des Natrons berechnet. In Folgendem sind die Resultate einer Analyse des Boraxes angegeben, bei welcher diese Methode der Na- tronbestimmung in Anwendung gebracht worden. Der Borax wurde durch mehrmaliges Umkrystallisiren voll- kommen gereinigt. 2,000 Gr. Borax verloren beim Glühen 0,941 Gr. Wasser. 2,000 Gr. Borax lieferten 1,494 Gr. Chlorsilber = 0,3258 Natron. In 100 Theilen enthält also der Borax nach dieser Analyse: Berechnet. Analyse v. Berzelius. Natron 16,29 16,35 16,31 Wasser 47,05 UL, 47,10 Borsäure 36,66 35,48 36,59 100,00 100,00 100,00 Unsere Methode gibt also ein ebenso genaues Resul- tat, wie diejenige von Berzelius, nach welcher der Borax durch Fluorwasserstoffsäure zersetzt wird. 4. Eine Verbindung von Borax mit arseniger Säure. Eine gesättigte Lösung von Borax löst eine grosse Menge von arseniger Säure ohne Ausscheidung von Bor- säure leicht auf. Es bildet sich dabei eine Verbindung von Borsäure, arseniger Säure und Natron, die sich na- mentlich durch ihre grosse Löslichkeit in Wasser von den Stoffen, aus denen sie entstanden ist, auszeichnet. Das Verfahren, um die Verbindung im reinen Zu- stande darzustellen, war folgendes: Eine in der Kälte gesättigte Lösung von Borax wurde mit einem Ueberschusse von fein gepulverter arseniger Säure längere Zeit auf dem Wasserbade erhitzt. Man — Br filtrirte alsdann die Flüssigkeit von der ungelösten arse- nigen Säure ab, concentrirte sie auf dem Wasser- bade und liess sie ruhig stehen, wobei sich Krystalle von unverändertem Borax ausschieden. Man dampfte sie wei- ter zur Syrupsdicke ab und vermischte den Syrup mit ein wenig Wasser, wobei sich abermals viel Borax aus- schied. Der noch flüssige Theil wurde durchgeseiht, wieder sehr stark eingedampft und dann viele Tage in der Kälte stehen gelassen, wobei sich jedoch nur einige bräunliche Flocken und keine Krystalle von Borax mehr ausschieden. Die von den Flocken geklärte Flüssigkeit dampfte man nun vollständig ein. Der Rückstand blieb lange weich und zähe, nach mehrtägigem Erhitzen wurde er jedech vollkommen fest und spröde und stellte sich als eine durchsichtige gummiarlige Masse von schwach gelblicher Farbe dar. Um sie vollständig rein zu erhal- ten, wurde sie in der möglichst geringen Menge Wasser gelöst, die Lösung von einigen Spuren von arseniger Säure, die sich ausgeschieden hatten, getrennt und hierauf unter der Luftpumpe verdunstet. Während der Verdun- stung blieb der Syrup völlig klar. Die feste Masse wurde mehrere Wochen unter der Luftpumpe gelassen, um sie durchaus trocken zu erhalten. Die neue Verbindung ist ungemein leicht in Wasser löslich. In sehr geringer Menge Wasser löst sie sich jedoch nur langsam zu einem Syrupe auf. In Weingeist ist sie beinahe unlöslich. Die wässerige Lösung reagirt alkalisch. Dieselbe wird an der Luft nach einiger Zeit etwas trübe, ohne Zweifel, indem durch die Kohlensäure der Luft ein wenig arsenige Säure ausgeschieden wird. Beim Erhitzen in einer Glasröhre bläht sie sich stark auf unter Entwicklung von Wasserdämpfen, es sublimirt | arsenige Säure und metallisches Arsenik wird ausge- schieden. Aus der wässrigen Lösung scheidet sie sich selbst bei der langsamsten freiwilligen Verdunstung nicht im kry- stallinischen Zustande aus. Nur einmal bildeten sich in einer solchen Lösung weisse kugelige Körper. Eine syrupdicke Lösung der Substanz erstarrt in Schnee zu einer weissen strahlig krystallinischen Masse, welche, sowie sie aus dem Schnee entfernt wird, sogleich wieder vollständig flüssig wird. Die Analyse der Verbindung zeigte grosse Schwie- rigkeiten. Das Wasser konnte nämlich auf keine Weise direkte bestimmt werden, da sich die Verbindung beim Erhitzen sowohl für sich als mit Basen zersetzt. Mit zu Grundelegung der oben mitgetheilten Methode zur Analyse des Boraxes führte ich die Analyse der neuen Verbindung in einer Weise aus, dass ich auch die Borsäure wenigstens annähernd zu bestimmen im Stande war, so dass die Menge des Wassers sich mir aus dem Verluste ergab. - Analyse, I. Man löste 2,000 Gr. der Verbindung in Wasser, säuerte die Lösung mit Chlorwasserstoffsäure an und fällte die arsenige Säure durch Schwefelwasser- stoff als Schwefelarsenik,, aus dem die Menge der erstern auf gewöhnliche Weise bestimmt wurde. Man erhielt 1,111 Gr. arsenige Säure. Die von dem Schwefelarse- nik abfiltrirte saure Flüssigkeit dampfte man hierauf auf dem Wasserbade zur Trockniss ein, löste den Rückstand in Wasser auf, versetzte die Lösung mit etwas Salpeter- säure und füllte das Chlor nun durch salpetersaures Sil- beroxyd. Aus der Quantität des Chlorsilbers konnte die Menge des Natrons berechnet werden. Man erhielt 0,966 Chlorsilber == 0,210 Natron. ee Il. Aus einer Lösung von 2 Gr. der Verbindung wurde ebenfalls auf die angegebene Weise zuerst die ar- senige Säure durch Schwefelwasserstoff gefällt. Man er- hielt in diesem Falle 1,368 Schwefelarsenik — 1,102 arsenige Säure. Hierauf übersättigte man die von der arsenigen Säure befreite Lösung mit Ammoniak und dampfte sie zur Trock- niss ein, wobei von Zeit zu Zeit noch etwas concentrir- tes Ammoniak zugesetzt wurde. Dadurch verhinderte man die Verflüchtigung von Borsäure mit den Wasser- dämpfen, so dass die ganze Menge derselben in dem Rück- stande enthalten war. Der aus Chlornatrium, Chloram- ımonium und borsaurem Ammoniak bestehende Rückstand wurde geglüht und gewogen. Beim Glühen verflüchtigte sich der Salmiak und das Ammoniak des borsauren Am- moniaks. Die frei gewordene Borsäure konnte möglicher Weise einen Theil des Chlornatriums zerlegen, so dass der geglühte Rückstand aus Chlornatrium, Borsäure und borsaurem Natron bestand. Das Gewicht desselben gab also die ganze Menge der Borsäure plus der ganzen Menge des Natrons, letzteres zum Theil als solches, zum Theil als Chlornatrium an. Es betrug dasselbe 0,773 Gr. Der Rückstand wurde alsdann in Wasser gelöst, die Lösung mit Salpetersäure angesäuert und das Chlor durch salpetersaures Silber- oxyd niedergeschlagen. - Man erhielt 0,790 Gr. Chlorsil- ber, welche 0,324 Chlornatrium entsprechen. Zieht man das Chlornatrium von dem Ganzen ab, so erhält man das gemeinschaftliche Gewicht der Borsäure und des damit verbundenen Natrons. 0,773 — 0,324 Chlornatrium = 0,449 Borsäure + Natron. Es entsprechen ferner 0,324 Chlornatrium — 0,172 Natron. Addirt man nun 0,172 Natron zu 0,449, RN. RR so erhält man das gemeinschaftliche Gewicht der Bor- säure und der ganzen Menge des in der Verbindung ent- haltenen Natrons — 0,621 und subtrahirt man hiervon die in 1. gefundene Menge Natron, so erhält man die Quantität der Borsänre — 0,411. Nach dieser Analyse wurden also in 100 Theilen der Verbindung gefunden: Arsenige Säure 55,55 Natron 10,50 Borsäure 20,55 Wasser 13,40 100,00 Nach der empirischen Formel 3NaO + 6B003 + 5As03 + 10aq müsste die Verbindung enthalten: Arsenige Säure 55,79 Natron 10,55 Borsäure 23,53 Wasser 10,13 100,00 Obgleich hiernach die gefundene Menge der Borsäure um 3 Proc, zu niedrig, mithin diejenige des Wassers um 3 Proc. zu hoch ausgefallen wäre, so halte ich den- noch diese Formel für den richtigen Ausdruck der Zu- sammensetzung der Verbindung: 1) weil die gefundenen Quantiläten der arsenigen Säure und des Natrons mit den berechneten sehr gut übereinstimmen und die Me- thoden, nach welchen die Bestimmungen dieser Bestand- theile Statt gefunden haben, sehr genau sind, und 2) weil der Umstand, dass bei der Bildung der Verbindung keine Borsäure ausgeschieden wird, schon zeigt, dass Borsäure und Natron in der Verbindung im Verhältniss wie im Borax enthalten sind. ee Der Verlust an Borsäure hat seinen Grund ohne Zwei- fel darin, dass sich bei Zersetzung des borsauren Am- moniaks doch etwas Borsäure mit dem noch vorhande- nen Wasser verflüchtigte. Die Verbindung enthält also die Bestandtheile von 3 At. Borax und 5 At. arsenige Säure. — Da beim Erhitzen der Verbindung auf der einen Seite sich metallisches Arsenik (unter Bildung von arseniksaurem Natron) ausscheidet, auf der andern arse- nige Säure sublimirt, so ist anzunehmen, dass ein Theil der arsenigen Säure mit Natron verbunden, ein anderer Theil hingegen in einer loseren Verbindung ohne Zweifel mit Borsäure vorhanden ist. Bei der Voraussetzung, dass alles Natron mit arseniger Säure zu saurem arsenig- saurem Natron verbunden wäre, könnte für die Verbin- dung die Formel 3(NaO, As03) + 2(3B003, As03) + 10agq) aufgestellt werden. Allein es ist nicht wahrscheinlich, dass, wenn auch die arsenige Säure den Borax in der wässrigen Lösung vollkommen zersetzt, beim nachherigen Abdampfen die vorhandene Borsäure sich nicht wieder einen Theil des Natrons aneigne. Die nähern Bestand- theile der Verbindung sind daher ohne Zweifel: arse- nigsaures Natron, borsaures Natron und eine _ Verbindung von arseniger Säure mit Borsäure. Hiernach sind aber verschiedene Vorstellungsweisen über die Constitution der Verbindung möglich, von denen ich folgender den Vorzug gebe: Na0, As03 + 2(NaO, 2Bo03) + 2(Bo03, 2As03) + 10agq. a A 5. Verhalten einiger organischen Säuren zum Borax, Benzoesäure wird von einer Boraxlösung schon in der Kälte in grosser Menge aufgenommen. Ich digerirte eine in der Kälte gesättigte Lösung von Borax mit einem Ueberschuss von Benzoesäure in gelinder Wärme und dampfte hierauf die filtrirte Flussigkeit bis zur starken Concentration auf dem Wasserbade ein. Die concen- trirte Lösung wurde in der Ruhe erkalten gelassen, aber selbst nach 12 Stunden hatten sich keine Krystalle aus derselben ausgeschieden. Als sie hingegen nach Verlauf dieser Zeit zufällig bewegt wurde, bildeten sich eine Menge von Krystallschuppen darin, die sich als reine Borsäure erwiesen. Die davon getrennte Lösung gab bei weiterem langsamem Verdunsten zuerst ziemlich grosse säulenförmige, dann haarförmige Krystalle von Benzoe- säure in beträchtlicher Quantität. Die erstern nament- lich zeigten einen starken Glanz und waren vollkommen durchsichtig, wurden aber bei Berührung mit reinem Wasser sogleich weiss und undurchsichüig. Beim Um- krystallisiren erhielt man sie in derselben Gestalt, in wel- cher man gewöhnlich die Benzoesäure aus der wässrigen Lösung erhält. — Die von der Benzoesäure getrennte dick- liche Flüssigkeit gab bei weiterm Verdunsten nichts Kry- stallinisches mehr , sondern hinterliess zuletzt eine weisse seifenartige Masse. Dieselbe löste sich ungemein leicht wieder in Wasser auf und schied sich selbst bei der lang- samsten Verdunstung ihrer Lösung nicht im krystallini- schen Zustande, sondern nur in Aggregaten von kuge- ligen Absonderungen aus. Diese Verbindung besteht aus: Natron, Borax- säure, Benzoesäure und Wasser. Sie löst sich sehr ZEN leicht in Weingeist auf, wodurch sie sich besonders von dem benzoesauren Natron unterscheidet. Ihre wässrige Lösung besitzt einen anfangs beissenden, hintennach süss- lichen Geschmack. Die Wirkung der Benzoesäure auf den Borax unter- scheidet sich von der der arsenigen Säure also darin, dass im erstern Falle ein Theil der Borsäure des Boraxes wirklich ausgeschieden wird. Beim Concentriren der Flüssigkeit äussert ferner die freie oder lose gebundene Borsäure reciproke Affinität und treibt einen Theil der Benzoesäure wieder aus; zuletzt bleibt aber dennoch eine eigenthümliche Verbindung, welche aus Benzoesäure und den Bestandtheilen des Boraxes besteht. Es ist wahr- scheinlich, dass die Benzoesäure den Borax vollständig zerlegt und benzoesaures Natron und freie Borsäure bil- det, dass aber ein Theil der letztern beim Abdampfen das benzoesaure Natron unter Abscheidung von Benzoe- säure in die neue Verbindung verwandelt. Gerbsäure und Gallussäure verhalten sich auf ähnliche Weise zu Borax wie arsenige Säure. Es bilden sich ohne Ausscheidung von Borsäure Verbindungen von Gerbsäure und Gallussäure mit den Bestandtheilen des Boraxes, welche in Wasser ebenfalls sehr leicht löslich sind. Die Verbindung der Gallussäure stellt im trocknen Zustande eine gummiartige Masse, die der Gerbsäure ein gelbliches Pulver dar. Letztere besitzt den adstringiren- _ den Geschmack der Gerbsäure nicht mehr. Wird die wässrige Lösung derselben mit einer Säure versetzt, so gesteht das Ganze zu einer gallertartigen Masse, ohne Zweifel, indem sich die von Berzelius mit derselben Eigenschaft beobachteten Verbindung von Gerbsäure und Borsäure ausscheidet. en ne Margarinsäure, Stearinsäure und Oelsäure werden von einer Boraxlösung in bedeutender Menge aufgenommen. Die in der Wärme mit Stearinsäure ge- sätligte klare Lösung gesteht beim Erkalten vollständig zu einer Gallerte. Auch Golophonium ist leicht lös- lich in einer Boraxlösung. 6. Amorpher gewässerter Borax. Bekanntlich erhält man den Borax in zwei verschiede- nen Krystallformen, mit verschiedenen Quantitäten Wasser verbunden, je nach der Temperatur, bei welcher die Kry- stallisation Statt findet. Unter 56° krystallisirt er näm- lich in schiefen rhombischen Prismen mit 10 At. Kry- stallwasser (der gewöhnliche Borax NaO, 2Bo03 + 10ag), über 56° in Oktaedern mit 5 At. Krystallwasser (NaO, 2B003 + 5ag). Dampft man eine Lösung von Borax auf dem Was- serbade bei 100° ein, so bleibt der Borax zuletzt als eine vollkommen amorphe durchsichtige und spröde Masse zurück. Ist die Temperatur während des Abdampfens niedriger als 90°, so erhält man den Borax im krystal- linischen Zustande. Um den Wassergehalt der amorphen Verbindung zu bestimmen, erhitzte ich dieselbe so lange auf dem Was- serbade bei 100°, bis sie nichts mehr am Gewicht ver- lor, und glühte hierauf eine abgewogene Quantität da- von. Sie enthielt 26,60 Procent Wasser, was auf ein At. wasserfreien Borax genau 4 At. Wasser ausmacht: Berechnet. Gefunden. NaO, 2B0o03 = 100,8 73,68 73,40 AHO 36,0 26,32 26,60 136,85 100,00 100,00 MITTHEILUNGEN DER NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. ON" 1850. Prof. A. Kölliker, — anatomisch-physiologische Bemerkungen. (Vorgelegt den 12. Oktober 1849.) 1. Zur Entwicklungsgeschichte der menschlichen Haut. a) Haare. Die Haare entstehen in soliden ganz ge- schlossenen Fortsätzen der Schleimschicht der Oberhaut. Im 4. und 5. Monat, früher oder später, je nach den verschiedenen Localitäten, wachsen aus der untern Fläche der Oberhaut kleine, ganz aus Zellen ge- "bildete Fortsätze in die in der Bildung begriffene Leder- haut hinein. Anfänglich warzenförmig von Gestalt neh- men dieselben mit dem Längerwerden eine Flaschen - “ oder Schlauchform an und stellen sich auch an den mei- sten Orten und zwar nach bestimmten Gesetzen schief. Wenn sie eine gewisse Länge, ungefähr Yo“, erreicht haben, so beginnt in ihnen die Bildung des Haares. Die kleinen runden Zellen, die dieselben bilden, und voll- kommen mit denen der Schleimhaut der Epidermis über- einstimmen, sondern sich erst in zwei Theile dadurch, dass ihre innern Zellen sich verlängern, während die äussern sich gleich bleiben. So entsteht in dem ur- Band II. 2 Se a sprünglich ganz gleichförmigen Fortsatze der Ober- haut ein centraler etwas hellerer Körper von spitz kegel- förmiger Gestalt, der schliesslich, indem er nochmals in zwei Theile zerfällt, in ein kleines Haar und seine in- nere, glashelle Wurzelscheide sich umwandelt, während zugleich die äussern ursprünglich runden Zellen nun als äussere Wurzelscheide sich kund geben. So entsteht durch Umwandlung von Zellen, die aus der Oberhaut hervorgewuchert sind, das junge Wollhaar mit seinen Scheiden, und zwar ersteres mit allen seinen Theilen, Wurzel, Schaft und Spitze auf einmal, und liegt anfänglich in einem ganz geschlossenen, mit der äussern Leibesoberfläche nicht communicirenden Raume. Das Durchbrechen der Haare ist eine secundäre Erschei- nung, die wohl zumeist durch mechanische Verhältnisse zu Wege kommt, indem die Haare und die eine Strecke weit mit ihnen sich verlängernden innern Scheiden durch ihr Wachsthum die ihnen entgegenstehenden Oberhaut- zellen auseinander schieben und durchbrechen. Wo die Haare nicht gerade herauswachsen, liegen ihre Spitzen oft schief zwischen den Oberhautlamellen und werden in ihrem Freiwerden wahrscheinlich auch durch eine theil- weise Abschuppung der Oberhaut unterstützt. Aus dem Gesagten ergibt sich, wie irrig die frühere auch jetzt noch von Einigen vertheidigte Ansicht von einer Bildung der Haare in Einstülpungen der Haut ist. Die einmal gebildeten Haare bleiben nicht zeitlebens bestehen, vielmehr kommen auch beim Menschen ganz sicher Ein, vielleicht mehrere Haarwechsel vor, wie bei andern Geschöpfen. An den Augenwimpern eines einjährigen Kindes habe ich constatirt, wie derselbe vor sich geht. Die neuen Haare bilden sich in den Haarbälgen der alten Haare neben denselben. RR | Wenn ein neues Haar entstehen will, so sieht man, dass die Zellen am Grunde des Haarbalges (der sogenannte Keim [Pulpa] des Haares, nicht zu verwechseln mit der Pa- pilla pili) zu wuchern beginnen. Hierdurch wird das alte Haar in die Höhe getrieben, von dem Boden, aus dem es bis jetzt seine Nahrung gezogen hat (der Papilla pili). entfernt, und so zum Absterben gebracht, was sich sehr leicht dadurch zu erkennen gibt, dass dasselbe eine zackige, ganz verhornte, gegen den wuchernden Haar- keim scharf abgegrenzte Zwiebel erhält und seine innere Wurzelscheide verliert. Allmälig wächst nun der frühere Haarkeim in dem alten Balge zu einer Länge von Yo bis 1/2‘ an, während das alte Haar um dieselbe Länge von dem Grunde des Haarbalges sich entfernt und in ei- ner Ausbuchtung des obern Drittheiles des Haarbalges seine Lage hat, und dann heginnt auch das neue Haar sich zu bilden und zwar merkwürdiger Weise ganz so wie die ersten Haare der Embryonen. Der wuchernde Haarkeim nämlich, der mit der äussern Wurzelscheide des alten Haares continuirlich zusammenhängt, und wie diese als Schleimschicht des Haarbalges, so als Schleimschicht des Haa- res betrachtet werden kann. vorausgesetzt, dass man das Haar analog der Hornschicht der Oberhaut erklärt, — der Haar- keim sageich, besteht anfänglich durch und durch auskleinen runden Zellen wie die äussere Wurzelscheide. In der Folge der Entwicklung werden die centralen unter denselben länger und bilden einen kegelförmigen Körper, welcher endlich, durch nochmalige Sonderung seiner Elemente, in ein kleines Haar und seine innere Scheide zerfällt, während die rund gebliebenen äusseren. Zellen nun als äussere Scheide erscheinen. So bildet sich in dem alten Balge neben und unter dem alten Haar, auf dessen Pa- Pilla in einem ganz geschlossenen Raume das neue Här- chen, das, wenn es zu wachsen beginnt, bald neben dem alten Haare durchbricht, so dass dann zwei Haare in Einem Balge stecken, und endlich durch das Ausfällen des letztern alleiniger Besitzer seiner Hülle wird. Dem- nach entsteht auch beim Haarwechsel das junge Haar mit allen seinen Theilen auf einmal, liegt anfänglich in einem ganz geschlossenen Raume, und entsteht aus Zel- len, die von einem, der Schleimschicht der Oberhaut analogen Gebilde aus sich entwickelt haben. b) Schweissdrüsen. Die Schweissdrüsen entstehen im 5. Monat des Fötallebens und sind in ihrer primitiven Gestalt den An- lagen der Haarbälge und Haare sehr ähnlich, nämlich kleine, durch und durch solide Fortsätze des Rete Mal- pighii der Oberhaut, aus kleinen, runden Zellen zusam- mengesetzt wie dieses und warzenförmig von Gestalt. Nach und nach wachsen die Drüsenanlagen, werden fla- schenföormig und am Ende leicht gekrummt, und senken sich so immer tiefer in die Lederhaut hinein; doch sind sie noch lange ganz solide ohne Spur von Lumen und Ausführungsgang. Im 6. Monat beginnt ihr Ende sich leicht zu krümmen, und zugleich zeigt sich die erste Andeutung einer Höhlung, indem das Innere der Anlage sich nach und nach verflüssigt. Im 7. Monat sind die noch länger gewordenen und mit ihren Enden hacken- förmig gekrümmten Drüsenanlagen alle hohl, und nun erst erblickt man auch die Fortsetzung dieser Höhlung durch die Oberhaut in Gestalt kurzer, nicht gewundener Kanälchen mit äusserer Oeffnuung. Jetzt ist die Schweiss- drüse mit allen ihren Theilen da, und es braucht nur das Drüsenende durch fortgesetztes Wachsthum sich knäuel- förmig aufzurollen und der Gang in der Oberhaut durch EN eigenthümliches Wachsthum der ihn begrenzenden Zellen sich spiralig zu winden und es sind Drüsen da, die von denen der Erwachsenen nicht mehr wesentlich sich unter- scheiden, wie es schon bei Neugebornen der Fall ist, ausgenommen dass dieselben hier ungemein dicht, viel dichter stehen als später. Mithin sind die Schweissdrüsen erst solide Fortsätze der Schleimschicht der Oberhaut, die in zweiter Linie einen Kanal in sich erzeugen und in dritter erst durch die Oberbaut hindurch mit der Aussenwelt sich in Ver- bindung setzen. c) Talgdrüsen. Ich habe nur die Entwicklung der Talgdrüsen, die mit Haarbälgen in Verbindung stehen, verfolgt, die freilich die überwiegende Mehrzahl bilden, und gefunden, dass das Schema derselben gerade so ist, wie bei den Schweiss- drüsen. Dieselben sind anfänglich (im 5. und 6. Monate) knospenartige Auswüchse der äussern Wurzelscheide d. i. der Schleimschickt der Oberhaut der Haarbälge, ganz aus denselben rundlichen Zellen wie diese gebildet und vollkommen solide. Im 6. Monate werden diese Aus- wüchse länger, birn- und flaschenförmig, und neigen sich nach dem Grunde der Haarbälge hin. Zugleich scheiden sich ihre Zellen, die bisher alle einander gleich waren, in _ zwei Gruppen, dadurch dass die innern grösser werden und Fetttröpfchen in sich erzeugen, während die äussern unverändert bleiben, welche Veränderung in dem dickern "Ende der Drüsenanlage beginnt, nach und nach aber auch ‚auf den Hals derselben und den Theil der äussern Wur- zelscheide der Haarbälge, an welchem derselbe ansi'zt, fortschreitet. Schon jetzt erkennt man deutlich, dass die ionern Zellen den ersten Hauttalg, die äussern das spätere Drusenepitelium darstellen und ganz evident wird dieses, wenn nun im Grunde der Drüsenanlagen eine Zellenpro- duction nach innen stattfindet , durch welche die innern fetthaltligen Zellen nach dem Haarbalge zugeschoben und nach und nach in denselben eingetrieben , respective se- cernirt werden. Dann ist die Talgdrüse fertig, freilich in einfacherer Form als später, nämlich als einfacher Schlauch, zu dem dann in der Folge noch andere Schläuche in grösserer oder geringerer Zahl sich gesellen, welche alle in gleicher Weise wie der erste, jedoch aus Wucherun- gen seines Epitelium und nicht mehr aus solchen der äussern Wurzelscheide der Haarbälge selbst entstehen. Somit sind auch die Talgdrüsen anfänglich solide Zellenmassen, Wucherungen eines epidermoidalen Ge- bildes; ihre Höhle entsteht später, und noch später der Ausführungsgang mit seiner Ausmündung dadurch, dass die innern Zellen zum Secrete sich gestalten und durch beginnende Bildung von neuen ähnlichen Zellen nach aussen gefördert werden. Deutlicher als bei den Schweissdrüsen und nament- lich den Talgdrüsen kann man die Bildung von Drüsen und ihrem Secrete nicht sehen, und es geht aus meinen Be- obachtungen mit Evidenz hervor, dass an eine Entste- hung der Hautdrüsen durch Einstülpung nicht zu denken ist. Aber nicht blos für diese Drüsen, sondern auch für alle andern muss meiner Überzeugung nach die Einstül- pungs- oder Ausstülpungstheorie verlassen werden. Bei den Ohrenschmalzdrüsen und der Milchdrüse habe ich bestimmt beobachiet, dass sie wie die beschriebenen Drüsen zuerst ganz solide Wucherungen des Rete Mal- pighii der Oberhaut sind, was für erstere Drüsen zwar nicht auffallen wird, wohl aber für die Milchdrüsen, die später so complieirte Organe sind. Und doch ist dem so, IA denn die Milchdrüsen zeigen sich bei weiblichen Embryo- nen aus dem 7. Monate als ganz solide kleine einfache warzenförmige Fortsätze der Oberhaut, welche sich erst secundär aushöhlen und durch Sprossenbildung verästeln. In Betreff der andern Drüsen ist es für viele schon längst nachgewiesen, dass sie nicht aus dem Darm sich aus- stülpen, sondern an Ort und Stelle entstehen, so für die Primordialnieren und bleibenden Nieren, für die Eierstöcke und Hoden, und was die noch übrigen au- belangt, so ist wenigstens nach dem, was ich bei Säu- gethieren sah, und was auch meine Beobachtungen über die Bildung der Leber der Cephalopoden bestätigen, nirgends an eine Entstehung derselben durch Ausstülpung der Darmschleimhaut oder anderer Schleimhäute zu den- ken. Von allen einfachen Darmdrüsen, nämlich (Magen- saft-, Brunner’sche-, Lieberkühn’sche-, Dickdarmdrüsen), von den Schleimdrüsen aller Orten, den Uterindrüsen, den Tonsillen, den Speicheldrüsen, der Thränendrüse, glaube ich mit Bestimmtheit sagen zu dürfen , dass sie anfänglich solide Wucherungen des Darm-, Uterus-, Tra- chea-, Nasenhöhlen-, Gonjunctiva-Epiteliums sind. Für das Pancreas und die Leber gilt vielleicht dasselbe, oder dann entstehen diese Organe, namentlich das letztere, wie es Rathke von der Lunge annimmt, dicht ausser- halb des Darmes aus einem der Darmschleimhaut frem- den Blasteme, und setzen sich erst nachträglich, wie auch die Ausführungsgänge der Nieren, Hoden u. s. w. mit den Organen, in die sie münden, mit dem Darme in Verbindung, wobei vielleicht das spätere Ende des Drüsenausführungsganges, anfänglich ebenfalls nichts als eine solide Wucherung des Darmepitels unter Theilnahme der übrigen Darmhäute ist, Ka HL Ich will nämlich nicht behaupten, dass bei der Bil- dung der Hautdrüsen die Lederhaut keinen Antheil nimmt, denn man findet in der That die ersten Anlagen der Schweissdrüsen von einem zarten Häutchen umge- ben, das zu einem Theile der spätern Faserhüllen der Drüsen wird. — Eine Entwickelung der Drüsenschläuche aus Zellen, an welche ich vor Zeiten selbst geglaubt habe, findet nach dem, was mich meine neuern Beob- achtungen lehren, bestimmt bei keiner Drüse, auch nicht bei ihren allerletzien Enden Statt, vielmehr sind diesel- ben alle anfänglich solide, aus vielen Zellen zusammen- gesetzte (zebilde, ähnlich den Schweiss- und Talgdrüsen- Anlagen, die erst secundär sich aushöhlen, dadurch, dass ihre innern Zelien sich auflösen oder unter Bildung eines besonderen Inhaltes nach aussen entleert werden, wäh- rend ihre äusseren Zellen zu einem Epitelium sich ge- stalten. In einigen Drüsen scheinen selbst alle Zellen der Anlagen mit der Zeit in Secret sich umzuwandeln, wie in den Hoden. 2. Kerne in den Fettzellen der Erwachsenen. Alle Fettzellen der Erwachsenen haben Kerne; we- nigstens muss ich diess daraus entnehmen, dass, so oft in Folge von Abmagerung oder Hautwassersucht das Fett aus denselben schwindet, ohne Ausnahme Kerne in ihnen zum Vorschein kommen. Ich habe noch keine Leiche eines in Folge langer Krankheit Abgemagerten, wie sie auf anatomischen Theatern so häufig vorkommen, oder eines an Anasarca Leidenden, untersucht, ohne sehr viele Feitzellen zu finden, die neben einem mehr oder weniger verkleinerten, oft intensiv gelben Fettropfen, viel helles Serum führten; ja viele Zellen enthielten selbst nur Se- rum, höchstens mit einigen kleinen Fettpartikelchen. Alle Zur diese Zellen, die in höheren Graden der erwähnten Zustände selbst ausschliesslich ohne Beimengung gewöhnlicher Fett- zellen sich fanden, besassen einen länglich-runden wand- ständigen Kern, von 0,003— 0,004 Grösse, sie selbst waren meist verkleinert, oft mit verdickten Wandungen. — Obschon es mir nun noch nicht gelungen ist, an den gewöhnlichen Fettzellen der Erwachsenen den Kern mit voller Bestimmtheit zu sehen, so zweifle ich doch in An- betracht seines constanten Vorkommens in den erwähnten Fällen keinen Augenblick an seiner Existenz, da gewiss nicht anzunehmen ist, dass, während das Fett der Zel- len mit den übrigen plastischen Substanzen des Körpers schwindet, stickstoffhaltige Kerne sich neu erzeugen. 3. Endigung der Nerven in der Haut. Die Erforschung der Endigung der Nerven in der Haut ist eine ungemein schwierige Sache. Ich habe mich jedoch mit Sicherheit davon überzeugt, dass beim Men- schen jede Papille eine Nervenschlinge einer feinen dun- kelrandigen Primitivfaser von 0,001—0,002 Durchmes- ser enthält. Dagegen kann ich nicht angeben, wie diese Schlingen zu den Netzen von Nervenstämmchen in den tiefern Schichten der Haut sich verhalten. Bei der Maus habe ich neulich die sehr auffallende Entdeckung gemacht, dass in der Haut des Bauches ganz ähnliche verästelte, blasse Nervenfasern existiren, wie die von mir aus dem Schwanze der Froschlarven abgebildeten (Annal. des Se. nat. 1846). Dieselben bilden in den äussersten Theilen ‚der Cutis mit äusserst feinen Fasern (die feinsten von dem Durchmesser der Bindegewebefibrillen) enge, poly- gonale Netze um die Haarbälge herum , etwas tiefer mit stärkeren Stämmchen von 0,001 -- 0,002“ weitmaschigem Netze, und hängen in der tiefsten Lage der Cutis mit Br Netzen wirklicher gewöhnlicher Nervenstämmchen - zu- sammen, gerade wie auch bei Froschlarven die blassen Fasern mit solchen, die dunkelrandige Nerven enthalten, sich verbinden. Ob die dunkelrandigen Fasern der Maus frei oder mit Schlingen enden, ob sie sich theilen oder nicht , darüber müssen künftige Untersuchungen Auf- schluss geben. — Die Maus, an der diese Beobachtung gemacht wurde, war ausgewachsen, aber jung; die obere Epiphyse der Femur zeigte sich mit der Diaphyse ver- bunden, die untere noch nicht. . Tysonsche Drüsen des Mannes. In Betreff dieser noch immer zweifelhaften, oder in ihrer Natur nicht genau erkannten Drüsen kann ich an- geben, dass an der Glans und der innern Lamelle des Praeputium ganz bestimmt Drüsen vorkommen, allein dieselben sind sehr inconstant und finden sich bald nur in höchst geringer Anzahl (?—10), bald in grosser Menge, selbst zu Hunderten. Dieselben sind, und diess ist über allen Zweifel erhaben, gewöhnliche Talg- drüsen, die von denen anderer Gegenden nur dadurch sich unterscheiden , dass sie nicht mit Haarbälgen in Verbindung stehen, sondern frei in der Haut sich öffnen. Man unterscheidet sie meist schon mit freiem Auge als kleine weissliche, nicht über die Haut hervorragende Puncte, und an mit Natron oder Essigsäure behandelten Hautlamellen lassen sich auch microscopisch ihre Eigen- thümlichkeiten sehr leicht studiren. Es ergibt sich, dass dieselben theils einfach schlauchförmig, theils einfach traubenförmig sind. Die erstern besitzen einen rundli- chen oder birnförmigen Schlauch von 0,048— 0,12 und einen geraden Ausführungsgang von 11y““ Länge und 4/as5— Ya3’“ Breite, die letzteren haben 2, 3, höch- er stens 5 Endbläschen, und messen 0,08—0,18 im Gan- zen, auch die Oeffnungen der beiderlei Drüsen von 0,02—0,06° sind nicht schwer zu sehen. Bezüglich auf den Sitz dieser Drüsen, bemerke ich, dass dieselben 10—50 an der Zahl an der innern Lamelle des Praepu- tium, besonders in der Gegend des Frenulum und ihres vorderen Randes nie vermisst werden , während sie an der Glans selbst und ihrem Halse bald vollkommen man- geln, bald und dann meist in grösserer Zahl bis auf i00, namentlich an ihrer vorderen Fläche, vorkommen. Dass diese Talgdrüschen, die den gewöbnlichen Inhalt besitzen, an der Bildung des Smegma sich betheiligen, ist klar, aber eben so sicher, dass das genannte Secret bei weiten dem grössten Theile nach durch Abschup- pung der Epidermis des Praeputium sich bildet. Diess zeigl die mieroscopische Untersuchung , ferner der Um- stand, dass das Smegma auch bei spärlicher Zahl der Drüsen reichlich da ist, endlich, dass dasselbe beim weiblichen Geschlechte an der analogen Stelle vorkommt, obschon bier keine Spur von Talgdrüsen sich zeigt. 5. Contractionen der Milz, der Lederhaut, der Areola mammae und der Schwimmblase, erregt durch Galvanismus. Die frühere Lehre von einem contractilen Bindege- webe ist, wie ich glaube, durch meine miecroscopischen Untersuchungen, welche in allen Organen, in denen man früher ein solches angenommen hatte, namentlich in der Iris, der Lederbaut, den Venen, Lymphgefässen, "Arterien, glatte Muskelfasern nachwiesen,, in ihren Grund- pfeilern erschüttert worden; allein noch fehlte der letzte Beweis , der, dass die gefundenen Muskeln der genann- ten Organe wie im Bau, so auch in der Function mit den evidenten Muskelbäuten des Darmes und der Drüsen — N a Ca übereinstimmen und namentlich auch durch Galvanismus erregbar sind ; dasselbe galt auch für die Theile, in denen, wie z. B. in der Milz, obschon von ihrer Con- tractilität noch nichts bekannt war, glatte Muskeln auf- gefunden worden waren. In Berücksichtigung dieser Lücke in unseren Erfahrungen ging mein ferneres Be- streben dahin, auch die Verrichtungen der erwähnten Organe zu prüfen, welches denn auch bisher von einem ganz günstigen Erfolge gekrönt war. Schon vor einiger Zeit habe ich gezeigt, dass Arterien und Venen der menschlichen Placenta, durch den Rotationsapparat er- regt, sich zusammenziehen, welche Versuche von H. Dr. Wild (Beiträge zur Physiologie der Placenta. Würzburg, 1849) mit demselben Resultate wiederholt wurden; dann habe ich neulich dasselbe auch an den Blutgefässen des amputirten Fusses eines Jünglings und auch an den Lymphgefässen gesehen, so, dass wenigstens für die Gefässe des Menschen die Richtigkeit meiner auf die Microscopie basirten Schlüsse sich bestätigt. Noch blieben aber ziemlich viele andere Theile, an denen eine solche galvanische Erregung zu versuchen war, in Betreff wel- cher im Folgenden einiges bemerkt werden soll. a) Die Milz war schon früher, beim Hund, der Katze und dem Kaninchen von mir galvanisirt worden, jedoch ohne Erfolg, nnd ebenso erging es auch Prof. Ecker, wie er mir mündlich mittheilte. Diese Versuche hat Prof. R. Wagner neulich aufgenommen, und wie er (Göttingen, gel. Anz., Aug. 1849) bekannt macht, mit Glück, indem es ihm gelang, beim Hunde und bei der Katze, nicht aber beim Kaninchen, deutliche Gontraclio- nen zu erregen, wobei sich jedoch zeigte, dass diesel- ben durchaus nicht in allen Fällen eintreten. Hierdurch neu aufgemuntert, nahm auch ich die Milz wieder vor, U und hatte denn auch in der That die Befriedigung, bei dem ersten untersuchten Hunde die eclatantesten Con- traclionen zu sehen. Ich schnitt hier unmittelbar nach dem Tode des Thieres die Milz heraus und legte sie auf eine Glastafel, dann reitzte ich unter Beihülfe meines jüngeren Freundes, J. N. Czermak aus Prag, ihre Oberfläche mit 2 Nadeln , jedoch ohne Erfolg. Nun be- feuchtete ich, da ich mir das Misslingen nicht erklären konnte, die zu erregende Stelle mit Wasser, und, siebe da, im Nu wurde eine kleine Stelle ganz blutleer , weiss- lich gerunzelt und hart. Ich vertauschte darauf die eine Nadel mit einer Kupferplatte von circa 1” Durchmes- ser und legte dieselbe mit der ganzen Fläche auf eine benetzte Stelle, wieder mit demselben Erfolg; die ganze Stelle wurde sehr schnell weiss und höckerig. So ging es auch an allen andern Orten; reitzte ich eine nicht benetzte Stelle, so trat kein Erfolg ein, wurde sie be- feuchtet , so erschien augenblicklich die Contraction. Wie R. Wagner, kann ich nach dem ganzen Ansehen der contrahirten Stellen nichts anderes glauben, als dass dieselben wirklich der Wirksamkeit der von mir be- schriebenen glatten Muskeln , vorzüglich derjenigen in der Hülle der Milz, ihren Ursprung verdanken. — _ Diess ist der einzige gelungene Versuch, den ich aufzu- weisen habe, indem ich auch wieder bei einem Hunde, Kaninchen, zwei Ochsen, einem Spanferkel und auch ‚bei einem Hechte vergebens experimentirte. Jedoch sind diess mit Ausnahme des Hundes und des Spanferkels, Thiere, die in der Hülle der Milz keine Muskeln ent- halten; der Hund war eben in Verdauung begriffen, während welcher auch Wagner keine Resultate sah, und was das Spanferkel anbelangt, so möchte es leicht sein, dass erwachsene Thiere bessere Resultate geben, da be- re kanntlich bei jungen Geschöpfen die Reizbarkeit der glatten Muskeln sehr bald erlischt. — Die menschliche Milz möchte wohl kaum contractil sein, denn in der Hülle besitzt dieselbe keine Muskeln und was ich früher im Innern derselben, jedoch nicht mit Bestimmtheit für solche erklärte, sind nach meinen neuesten Unter- suchungen (Todd’s Cyclopaedia of Anatomy, Tom IV., Article Spleen) Elementartheile von sehr zweifelhafter Natur, und kaum Muskeln. b) Lederhaut. Als ich in Gegenwart von Dr. Ley- dig, Dr. H. Müller und J. Czermak vergeblich an der Milz des erwähnten Sus scrola experimentirt hatte, verfielen wir darauf, unsere eigenen Venen zu galvani- siren. Eine Vene des Handrückens von Dr. L. schien sich besonders gut dazu zu eignen, und in der That nach nicht gar langer Einwirkung des Apparates zog sich dieselbe denn auch zusammen, und entleerte ihr Blut so ziemlich. Dabei war aber ein unleidlicher nicht mehr auszuhaltender Schmerz entstanden. Da es gerade die Stelle war, wo der Stamm des Nervus radialis seine Theilung beginnt, so hatten wir diese im Verdacht, und mit Recht: denn als wir bei Dr. M. dieselbe Stelle er- regten,, entstand derselbe unbändige Schmerz, welcher dagegen nicht kam, wenn die Haut am Vorderarm über den Muse. Extensores radiales gereizt wurde. Hier zeigte sich dagegen eine andere Erscheinung, nämlich Contractionen einzelner.Muskeln ganz für sich, je nach dem die Pole hier oder dort aufgesetzt wurden. Wir konnten den Flexor pollicis longus, die Extensores pol- licis, den Abductor longus, Flexor carpi radialis, selbst den Palmaris brevis so ziemlich für sich, und zwar je nach der Einwirkung des Heizes in vorübergehende oder anhaltende Thätigkeit versetzen. Als wir nun so in diesem, man möchte fast sagen Spiele, auch wieder einen Muskel von Dr. M. durch die Haut hindurch zur längeren Contraction gebracht hatten , fiel uns plötzlich die Veränderung der Haut an der gereizten Stelle in die Augen — wir sahen die schönste Cutis anserina, aber ganz local, auf einer kaum 1%’ grossen Stelle. Jetzt grosse Freude. Ich erinnerte mich meiner früheren Galvanisationsversuche der Lederhaut an einer amputir- ten Extremität, wo ich ebenfalls, in einem Falle, Gon- traclionen gesehen zu haben glaubte (Zeitschr. f. wiss. Zool. von Siebold und Kölliker, Jahrg. I. pag. 259) und gleich wurde bei Dr. M. der Versuch an einer Stelle wiederholt, und siehe da, mit demselben eclatanten Er- folg; ebenso zeigte es sich auch an meinem Arm und denen von Pr. L. und J. CGz. in wohl 20 Versuchen, unter denen keiner fehlschlug. Beim Anstellen des Versuches nimmt man den einen Pol in die Hand, den andern legt man auf die zu untersuchende Stelle. Isı derselbe eine Nadel, so tritt, wenn dieselbe auf die trockene Haut nur aufgelegt wird, kein Resultat und auch kein Schmerz cin. Drückt man dagegen ihre Spitze an, so entsteht augenblicklich ein ganz penetranter, nahezu unausstehlicher Schmerz und zugleich kommt. in einer halben Minute höchstens die schönste Gänsehaut, zuerst rings um die Nadel herum und allmälig in einem kleinen Kreise von beiläufig %/;, Yg — 1“ Durchmesser , zum Vorschein. Nimmt man die obenerwähnte Kupfer- platte, so bildet sich die Gutis anserina gleich in einer Kreisfläche von der Grösse der Platte und dehnt sich dann noch etwas weiter aus. Alle diese Wirkungen {reten noch schneller ein, wenn die Haut etwas befeuch- ' tet wird, und zwar ist es in diesem Falle nicht etwa die Kälte des Wassers, welche die Gänsehaut erzeugt , wie Be ai eine Benetzung ohne Anwendung des Apparates zeigt, sondern die Electricität. — Diese ersten Versuche habe ich seither, sowohl bei den schon genannten Personen, als auch bei 5 andern wiederholt, und zwar auch am Oberarm, der Brust, dem Schenkel, immer mit dem- selben Resultate, ohne Ein Fehlschlagen, so, dass ich nicht zweifeln kann, dass die Erscheinung der Gänse- haut bei galvanischen Reizungen der Haut eine ganz constante Sache ist; doch zeigen sich bei Ausdehnung der Experimente noch einige Erscheinungen, die alle Berück- sichtigung verdienen. Einmal waren nicht alle Indivi- duen gleich reizbar, indem die Zusammenziehungen lang- samer oder schneller, energischer oder minder energisch, mehr oder weniger ausgebreitet, auftraten. Dann sah ich bei 2 Individuen bei Application der Nadel am Vorder- arme totale Gänsehaut an beiden Armen (und wahrschein- lich auch am übrigen Körper) entstehen. Offenbar war diess eine Folge der Aufregung der Gentralorgane, eine Reflexerscheinung, denn es waren die betreffenden In- dividuen solche, die noch nie electrisirt worden waren, welche meine Deutung am besten dadurch als richtig sich ergibt, dass beim zweiten oder dritten Versuch mit der Gewöhnung an den Schmerz, auch die allgemeine Wirkung ausblieb, und wie bei uns Andern nur locale Cutis anserina sich bildete. Endlich mag auch nicht vergessen werden, dass bei jedem Galvanisiren einer Hautstelle dieselbe in der kürzesten Zeit, fast mit dem Eintreten der Hautcontractionen oder gleich nachher sich röthete, eine Erscheinung, für die es nahe liegt, den Grund in einer antagonistischen Erweiterung der Gefässe (kleiner Arterien und Venen der Cutis) zu suchen. (Der Schluss folgt in der nächsten Nummer.) MITTHEILUNGEN DER NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. EIERN 1850. Prof. A. Kölliker, — anatomisch-physiologische Bemerkungen. (Schluss.) Somit wäre auch die Lederhaut, oder besser gesagt, die Gegend der Haarbälge, denn nur hier ist Con- traction, durch Galvanismus zur Zusammenziehung zu bringen, und kommen die kleinen, von mir beschriebe- nen glatten Muskelbündel an den Haarbälgen zur Gel- tung, eine Thatsache, die mir physiologisch wichtig ge- nug scheint, da das contractile Bindegewebe, wenn nicht bei der Lederhaut, sicherlich keinen Zufluchtsort mehr findet, indem ihm auch die Iris durch E. Webers Expe- rimente abgeschnitten ist. Die beobachteten ganz localen Contraclionen, ohne irgend welche Theilnahme selbst der nächsten Partien , entstehen offenbar direkt als Folge des Reizes, wie wenn z. B. die Warze durch mecha- nische Eingriffe sich erhebt oder Blutgefässe local sich einschnüren, wobei die schwierige Frage über die Be- theiligung der Nerven nicht entschieden werden soll. Für Wirkung von Reflexen kann ich dieselben nicht halten, doch will ich bei nächster Gelegenheit an einem amputirten Gliede die Sache zur Entscheidung zu brin- Band Il. 3 gen suchen. Cutis anserina entsteht allerdings auch, aber nie local durch Reflexe. J. Gzermak theilte mir mit, dass Dr. Frantzius in Breslau gefunden habe, dass, wenn man sich an der Schulterblattgegend durch Kratzen reize, urplötzlich eine Gänsehaut an dem gan- zen gleichseitigen Arme entstehe, ebenso am ganzen Schenkel, wenn man die Haut am Hüftbeinkamm irri- tirt, was, wie die vorhin erwähnten 2 Fälle, nicht an- ders, als durch Betheiligung der Gentralorgane zu erklä- ren ist. J. Gzermak fand dieses an sich bestätigt , wie ich selbst sah, und ebenso Dr. Leydig; Dr. Müller und ich dagegen waren bei diesem Experiment vollkommen unglücklich. — Durch mechanische Reize waren wir nicht im Stande locale Cutis anserina hervorzurufen und es stellen sich daher als ihre Erreger dar: 1) Direkte Einwirkung auf die Haut (Kälte und (ialvanismus). 2) Direkte Einwirkung auf die Gentralorgane (Furcht, Schrecken). 3) Indirekte solche Einflüsse vermittelt die galvani- sche oder mechanische Reizung der Haut. c) Areola. Auch hier bringt der galvanische Reiz Contractionen hervor. Zwar sind an diesem Orte der fast unerträglichen Schmerzen wegen Resultate viel schwieriger zu erzielen als anderwärts an der Haut, doch habe ich bei 3 Individuen, an denen ich bisher den Versuch anzustellen Gelegenheit hatte, wenn auch nicht eine totale Erhebung der Warze, doch ein theilweises Hervortreten derselben und ganz bestimmte Zusammen- ziehungen eines Theiles der Areola ( oder der Hälfte desselben) gesehen. Ich liess in diesen Fällen den einen Pol in die Hand nehmen und setzte den andern (eine Nadel) an den befeuchteten Rand der Areola. Schnell u re Mer Eee ni era, entstand hierauf das bekannte Hervortreten der Haut an den benachbarten Haarbalgmündungen, das sich Aufrich- ten der Haare (Cutis anserina) und etwas langsamer eine namentlich in 2 Fällen sehr deutliche halbseitige Runze- lung des Hofes sammt einer Verringerung der zusam- mengezogenen Stelle an Umfang, und einem einseitigen Hervortreten der Warze. Eine totale Erhebung dersel- ben (durch gänzliche CGontraction des Hofes) liesse sich gewiss durch abwechselndes Aufsetzen der Nadel an 2 oder 3 Stellen, vielleicht auch durch Application beider Pole, erzielen. — Mithin sind auch die von mir entdeckten gelblichen Faserbündel der Arcola durch Galvanismus zur Con- traction zu bringen, was als vollgültiiger Beweis für meine Deutung derselben als glatter Muskeln gelten kann. Dieselben scheinen sich physiologisch den kleinen glatten Muskelbündeln an den Haarbälgen ganz gleich zu verhalten, nur dass sie auch durch direkte mechani- sche Einwirkungen sich in Thätigkeit setzen lassen. d) Schwimmblase. Herr J. Gzermak fand schon vor einem Jahre bei Untersuchung der Schwimmblase des Hechtes verästelte Nervenprimitivröhren. Um zu er- fahren, ob dieselben sensible oder motorische sind, galvanisirte er das Organ, und siehe, dasselbe contra- hirte sich sehr lebhaft. Nun zeigte sich bei der micros- eopischen Untersuchung eine Faserschicht, die offenbar aus glatten Muskelfasern und zwar, isolirten Faserzel- len bestand, wovon ich mich selbst neulich überzeugte. Daraufbin nahm Hr. Czermak auch hier mehrere andere Fische vor, und fand bei Experimenten mit galvanischer Reizung, an denen ich mich ebenfalls betheiligte, dass auch die hintern Schwimmblasen von Ghondrostoma nasus, Abramis brama , Cyprinus carpio, Barbus vulgaris, sehr Er.) Van deutlich und lebhaft contractil sind. In der That zeig- ten auch die Blasen der 3 erstgenannten Fische 2 gerade oder spiralig gedrehte, starke Bänder queerverlaufender, glatter Muskeln, und auch die Barbe zartere Muskelfasern in continuirlicher Schicht. Die Bedeutung dieser Thatsache ergibt sich einfach, wenn man bedenkt, dass der Hecht und die genannten Cyprinoiden einen Ausführungsgang der Schwimmblase in den Darm besitzen und durch denselben Luft aus der Blase austreiben können. Die vordere Blase der Cyprinoiden fand Hr. Czermak nicht contractil. 6. Ueber das Wachsthum der Knochen in die Dicke, da wo Sehnen an sie sich einpflanzen. Bisher nahm man allgemein an, dass das Periost alle Theile der Knochen überziehe, mit Ausnahme der über- knorpelten Enden. Dem ist aber nicht so. Es gibt sehr viele Stellen, wo Sehnen direkt an den Knochen an- stossen und an seine Rauhigkeit sich ansetzen , ohne dass eine Spur von Periost vorhanden wäre. So z. B. an der Achillessehne, den Sehnen des Quadriceps Latis- simus , Pectoralis, Biceps brachii , Brachialis internus, Deltoideus, Gluteus medius, Adductor magnus, elc. Da hier die Sehnenfasern bis an den Knochen gehen, und dieses schon bei Embryonen so ist, so frägt sich, wie an diesen Stellen der Knochen wächst. Ich habe nun gefunden, dass an allen diesen Orten bei jungen Thieren der Theil der Fasern, der unmittelbar an den Knochen stösst, eine faserknorpelige Natur hat, d. h. viele Knorpelzellen in einem vom Bindegewebe etwas abweichenden Fasergewebe enthält, und dass dieser Fa- serknorpel ossificirt,, was sich z. B. an den Knochenzel- len die er einschliesst, nicht schwer nachweisen lässt, indem ihre Umwandlung in Knochenkörperchen ganz 377° — deutlich is. Auch bei Erwachsenen finden sich noch Knorpelzellen an den Einpflanzungsstellen der Sehnen. — Wie die Sehnen, verhalten sich auch viele Bänder, die direkt an Knochen sich anhaften, so das Lig. pa- tellae, calcaneo-cuboideum, etc. Auch hier fehlt das Periost, auch hier ist Faserknorpel bei jungen Indivi- duen da, auch ein Rest von Kuorpelzellen bei Er- wachsenen. Prof. Melchior Ulrich, — die Südthäler des Wallis, von Saas bis Bagne und der Monterosa., (Vorgetragen den 17. December 1819.) Dieser Vortrag schliesst sich ganz an den vorjähri- gen an, und bildet die Fortsetzung desselben, daher ich denselben damit beginne, theils Berichtigungen , theils Ergänzungen anzuführen. Die Gegend nämlich, die ich auch dieses Jahr wieder durchwandert, ist noch in so vielen Beziehungen im Unklaren , dass jeder neue Be- such derselben, wenn er auch noch so flüchtig ist, im- mer wieder Vieles aufklärt, und dass man nur bei einem längeren Aufenthalte völlig ins Reine kommen könnte. Ich flechte zugleich dieses Mal einige geologische Noti- zen ein, die ich der Gefälligkeit eines meiner diessjäh- rigen Reisegefährten , Herrn Gottlieb Lauterburg, Stud. med. von Bern, verdanke. — Auf dem Wege von Vis- pach nach Stalden erscheinen am rechten Thalufer Talk- und Chloritschiefer, hier und da Blöcke von dolomiti- schem Kalk, in der Nähe von Stalden Glimmerschiefer. Am linken Thalufer scheint über einer Grundlage von Serpentin gelber Glimmerschiefer anzustehen. Auch soll sich in dieser Gegend ein Fundort von Güldsteinen vorfinden, der zu Oefen verarbeitet wird. Auf dem rech- ten Ufer der Visp, nicht weit unterhalb Stalden, erhebt sich eine Gruppe von Erdpyramiden , von ähnlicher Be- schaffenheit, wie diejenigen bei Useigne im Eringerthale und auf dem Ritten bei Ober-Botzen. Auf dem Wege von Stalden nach Saas ist es nicht die Pyramide des südlichen Fletschhornes , die man erblickt, sondern das Stellihorn im Hintergrunde des Saasthales. Bei Bahlen kommen Blöcke von granatreichem grauem Glimmer- schiefer vor, welche wahrscheinlich von dem Saasgrate herstammen. Der gewaltige Felsblock auf der Distelalp ist nicht 1818 über den Schwarzberggletscher hinunter- gekommen , sondern lag schon früher da, wurde aber von dem vorrückenden Gletscher etwas von seiner Stelle bewegt. Auch dieses Jahr ist der Gletscher wieder im Vorrücken begriffen. In Saas ist es nicht bloss der Mattmarksee, der den Bewohnern Gefahr droht, son- dern wegen des unvorsichtigen Abholzens auf dem Grundberge wird das Dorf jeden Frühling auch von Schneelawinen heimgesucht. Eine solche hat dieses Jahr eine ganze Heihe der grössten Häuser, sechs an der Zahl, in der Gharwoche in Trümmer gelegt. Man hielt diese Stelle des Dorfes für die sicherste, und daher flüchtete auch der Wirth Zerbrücken seine Haushaltung in eines dieser Häuser. Als die Leute im Gebete ver- sammelt waren, brach die Lawine um Mitternacht los, und neunzehn Personen fanden unter den Trümmern der Häuser ihren Tod, darunter drei Kinder des Wirthes Zerbrücken. Es war weniger die Schneemasse , welche dieses Unglück verursachte, als vielmehr der Luftdruck, der sogar Menschen durch die Fenster hinaus ins Feld warf. Die Bergkette zwischen Saas und Simplon ist nun unter Beihülfe des Hrn. Pfr. Imseng durch meinen ° NT Reisegefährten, Hrn. Gottlieb Studer von Bern, ziemlich ins Reine gebracht, ich verweise, ohne auf das Einzelne einzutreten, auf die nächstens erscheinende Karte dieser Thäler. Im Nicolaithale habe ich den Triftgletscher zu er- wähnen vergessen, der sich beim obern Gabelhorn aus- dehnt und seinen Abfluss, den Triftbach, durch das Dorf Zermatt der Visp zusendet. Ferner, dass neben dem Riffel und Hüreli seit einigen Jahren das untere Rothhorn , oberhalb Findelen, das von Zermatt aus in vier Stunden erstiegen wird, von den Touristen besucht wird. Ich möchte indess dieses eher zur Ergänzung empfehlen, und nicht rathen , den Besuch des Riffel oder Hüreli desswegen zu unterlassen. Ich kann zwar nicht aus eigener Erfahrung darüber sprechen, da ich das Rotbhorn nicht bestiegen, sondern mein Urtheil gründet sich auf die Lage des Rothhornes, das gegen- über den beiden andern mehr im Hintergrunde steht. Ich komme nun in meinen Berichtigungen zu dem Saasgrate. Ich habe fünf Gruppen bei demselben ange- führt, es sind aber nur vier. Die zweite Gruppe näm- lich, der Nadelgrat, isı nichts anders als die Südseite der ersten Gruppe, des Balfrin. Ich darf dieses mit völliger Bestimmtheit aussprechen, ungeachtet die Ein- wohner von Saas auch noch in diesem Irrthume befangen sind. Sie nennen nämlich diese Südseite des Balfrin Nadel- grat, in der Meinung, damit einen andern Theil des Saasgra- tes als das Balfrin zu bezeichnen. Wenn man aber das Bal- irin von Vispach aus in seiner Form ins Auge fasst, so fin- det man in Saas dieselbe Form, wie sie sich rückwärts zeigen muss, beim Nadelgrat. Es ist also der Nadel- gral nichts anderes als der südliche Absturz des Balfrin, der sich in Felsmassen gegen den Riedgletscher absenkt. Die zweite Gruppe des Saasgrates sind die Mischabelhör- u ner; so heissen sie im Saasthale, veredelt aus Mistga- belhörner, da sie wirklich ähnliche Zacken haben; im Nicolaithale haben sie den Gesammtnamen Täschhörner. Jedes dieser vier Hörner hat aber seinen besondern Namen. Das erste nördlichste, welches ich 1848 be- stieg, und das etwas östlich von den drei andern liegt, und Eine Spitze hat, nennt Hr. Pfr. Imseng das kleine Mischabel. Das zweite ragt in drei Zacken empor, und hat keinen besonderen Namen. ich würde dasselbe am liebsten seiner Form wegen Nadelgrat nennen, wenn es nicht zu Verwirrungen mit der Rückseite des Balfrin führen könnte; in der Gegend von Emd soll man das- selbe so nennen. Das dritte, höchste, Mischabel- oder Täschhorn, hat zwei Spitzen, und heisst im Nicolaithal Grabenhorn , eigentlich Grabenhüri ; Herr Domherr Berchtold hat es als den höchsten Berg im Innern der Schweiz, Dom genannt, es übersteigt die Höhe von 14,000 Fuss. Das vierte Mischabelhorn ist das Läger- horn mit Einer Spitze. Gegen das Saasthal hin dehnt sich der Hochbalmengletscher vor den Mischabelhörnern aus und sendet seinen Abfluss durch ein kleines Sei- tenthälchen bei der Alp Hanig vorbei dem Feegletscher zu. Nördlich von dem kleinen Mischabel senkt sich der Bidergletscher gegen Balen hinunter. Auf der Seite ge- gen das Nicolaithal ist es nicht bloss der Grabengletscher, der am Fusse der Täschhörner hingelagert ist, sondern es sind drei Gletscherarme, die sich gegen das Thal hinuntersenken, am nördlichsten der Hohberggletscher, dann der Grabengletscher, und endlich der Kühngletscher. Jeder dieser Gletscherarme sendet einen Abfluss ins Thal hinunter, den Wildibach, den Bizbach, u. s. w. Bei der dritten Gruppe, dem: Alphubel oder Täschgrat , wie er im Nicolaithale heisst, und dem Allelinhorn, an wel- Be "SEN ches sich der Eginer und das Mittaghorn anlehnen, habe ich nichts zu berichtigen. Nur bemerke ich, dass sich zwischen dem Jägerhorn und dem Alphubel ebenfalls zwei, durch einen Grat getrennte, Gletscher in stei- ler Senkung gegen das Nicolaithal herabziehen. Bei der vierten Gruppe, den beiden Strahlhörnern,, habe ich mehrere Irrthümer zu berichtigen. Vorerst heisst die nördliche Kuppe nicht Strahlhorn, sondern Rimpfisch- horn , wie Herr Pfr. Ruden in Zermatt schreibt; Herr Berchtold schreibt Rimsischhorn. Diese Gruppe stellt sich nämlich so dar. An den südlichen Felswänden des Allelinhornes zieht sich ein Arm des Allelingletschers gegen den Grat hinauf, und jenseits desselben breitet sich der Firn des Täschgletschers , der sıch in die Täsch- alp herabsenkt , aus. Aus dieser Gletschermasse erhebt sich als Spitze von Rimpfischwängi das Rimpfischhorn auf der Höhe des Grates (ich nannte «es irriger Weise das nördliche Strahlhorn),. Zwischen diesem Rimpfisch- horn und dem Strahlhorn zieht sich ein anderer Arm des Allelingletschers zum Grate hinauf, nicht der Schwarz- berggletscher, wie ich irrig bemerkte, und stürzt an den Felswänden von Rimpfischwängi unter dem Namen _ Rimpfischgrat-Firn und Gletscher gegen den Findelen- gletscher hinunter. Beim äussern Thurme, oberhalb der Mattmarkalp, theilen sich diese beiden Arme des Allelin- gletschers, der eine nordwestlich gegen Rimpfischhorn und Allelinhorn, der andere südwestlich gegen Rimpfisch- horn und Strahlhorn. Südlich ausserhalb des Strahlhor- nes vereinigen sich vier Firne und Gletscher mit einan- der, und bilden zusammen Ein Eismeer. Vom Saasthale her ziehen sich der Schwarzberg- und der Seewinen- oder Distel-Gleischer , getrennt durch die Bergwand zun Seewinen (nicht Rothhorn) zu dem Firnplateau hinauf, ET vom Matterthale der Findelen- und der Gornergletscher, getrennt durch den Riffelberg. Diese vier Firne vereini- gen sich bei dem Weissthorpasse, so dass man über vier Gletscher hinauf zu demselben gelangen kann. Süd- lich von diesem Passe erheben sich die Felsmassen des Monterosa, nordöstlich die Bergreihe, die mit dem Monte moro und dem St. Joderhorn endigt, und zwar in dieser Reihenfolge, zuerst Cima di Jazzi oder Roffel- staffelhorn, dann Fadhorn, dann Rothhorn, und endlich Monte moro. Diese Bergreihe schliesst das Saasthal und bildet den Hintergrund desselben. Es ist also zu berichtigen, dass es keine Vaterhörner gibt, sondern ein Fadhorn, von der Alp Fad so genannt, oberhalb Macug- naga, die am Pfade liegt; ferner, dass die Cima di Jazzi ein eigner Berg ist, und nicht ein anderer Name für das Strahlhorn; endlich , dass das Rothhorn in die- ser Bergreihe liegt, und nicht zwischen dem Schwarz- berg- und Seewinengletscher. Zum Schlusse meiner Be- richligungen bemerke ich noch, dass es zwar zwei Strahlhörner gibt, aber nicht ein nördliches und ein südliches, sondern ein äusseres und ein inneres. Das äussere ist aber nichts anderes als ein Felsabsatz, der den Rimpfischgratgletscher von dem Findelengletscher trennt; beide Strahlbörner haben ihren Namen daher, dass daselbst viele Mineralien, Sirahlsteine etc. gefun- den werden. Ich habe vor zwei Jahren, 1847, geglaubt, es dehne sich Ein Firnfeld vom Täschfirn bis zum Weiss- thor hin aus, ich wurde dabei durch die Felswände von Rimpfischwängi, die auf ihrem Scheitel Firn tragen, ge- täuscht; ich sah nämlich vom Grat oberhalb des Täsch- gletschers über diesen Firn unmittelbar auf den Gorner- firn hin: erst dieses Jahr gewahrte ich, dass der Täsch- firn vom Findelen- und Gornergletscher dureh die Fels- u We wände von Rimpfischwängi, die gegen diese Gletscher abstürzen, getrennt ist. Dieser nämliche Firn auf Rimp- fischwängi veranlasste mich zu einem zweiten Irrthum. Ich wusste, dass das Rimpfischhorn die Spitze von Rimpfischwängi bildet, sah westlich von dem Rimpfisch- wängi-Firn eine Spitze, die ich daher für das Rimpfisch- horn hielt, es war aber das Fluhhörnli, das sich da erhebt, wo der Firn auf den Felswänden von Rimpfisch- wängi aufhört. Nun aber ist das Rimpfischhorn östlich von diesem Firn auf der Höhe des Saasgrates. Ich musste diese Berichtigungen zu meiner eigenen Recht- ferligung vorausschicken. Man kann daraus sehen, wie jeder neue Besuch dieser Gegenden neue Resultate zu Tage fördert, und wie man nur nach und nach zum Ziele kommt, Ich erlaube mir nun, die topographischen Ergebnisse meiner Reise von 1849 in diese Gegenden mitzutheilen. Zuerst werde ich einen dritten Ueber- gang über den Saasgrat schildern, dann die zweite Be- steigung des Monterosakammes, und endlich die andern Südthäler des Wallis vom Nicolaithal bis ins Bagnethal im Einzelnen durchgehen. Ich hatte dieses Jahr das Glück , an Herrn Gottlieb Studer und Hrn. Gottlieb Lauterburg, beide von Bern, zwei schätzbare Gefährten zu finden. Diese mit dem Führer Madutz trafen mit mir den 8. August 1849 ge- gen Mittag in Saas ein. Ich hatte Hrn. Pfr. Imseng vorher schriftlich ersucht, nachzusehen, ob es wohl möglich sei, über die Feealp und die Felswand auf den Feefirn zu gelangen zu dem Grate zwischen dem Alp- hubel und dem Lägerhorn, und von da nach Täsch hin- unter, oder dann einen Uebergang zwischen dem Rimp- fischhorn und Strahlhorn gegen den Findelengletscher zu suchen. In Saas angelangt übergab mir Franz Ander- Era matten einen Brief von Hrn. Pfr. Imseng, worin er mir ‚anzeigle, dass ein Uebergang von Saas nach Täsch über den Feefirn noch nie versucht worden und auch nicht möglich scheine, dass er dagegen mit Franz Joseph An- tamatten heute, den 8. August, den Uebergang nach dem Findelengletscher näher ins Auge fasse, und uns auf den Abend in der Mattmarkalp erwarte, wo er uns Be- richt erstatten werde. Wir brachen daher nach Matt- mark auf, und trafen den Herrn Pfarrer in der Senn- hütte an, der uns meldete, dass auf die Höhe gut zu gelangen sei, dass aber eine steile Firnwand gegen den Findelengletscher hinunterführe, die einige Schwierigkeit darbieten möge, zumal sie in der Mitte von einem Schrunde durchschnitten sei. Dennoch wollten wir den Versuch wagen, mit dem Plane , wenn der Uebergang nicht möglich sei, den Felswänden des Rimpfischhornes entlang über den Allelingletscher hinunter zu steigen und über den Täschfirn, wie vor zwei Jahren, das Thal zu erreichen. Donnerstag den 9. August brachen unser Sieben um drei Uhr in der Nacht von der Mattmarkalp auf, näm- lich Hr. Gottlieb Studer, Hr. Gottlieb Lauterburg, Hr. Pfr. Imseng und ich, nebst den Führern Johannes Ma- dutz, Franz Andermatten und seinem Schwager Franz Joseph Antamatten. Der Mond beleuchtete unsern Weg. Wir stiegen den Schwarzberg hinauf, ungefähr denselben Weg, den wir vor zwei Jahren gemacht, nur dass wir uns etwas mehr links hielten. Glimmerschiefer war das vorherrschende Gestein. In 2!/ Stunden hatten wir den äussern Thurm, ein mit einer thurmäbnlichen Felsmasse gekröntes Felsriff am Rande des Allelingletschers, erreicht. Hier verliess uns Hr. Pfr. Imseng, da er we- gen Amtsgeschäften uns nicht weiter begleiten konnte. N Um 6 Uhr rückten wir auf dem Allelinfirn vorwärts auf den innern Thurm zu. Es ist dieses ein auf einer Fels- masse ruhender Gletscherabsatz, etwa 1000 Fuss höher als der äussere Thurm. Er erhebt sich mehrere 1000 Fuss über den sich unten dahin ziehenden Schwarzberg- gletscher, und bildet einen südlichen Arm des Allelin- gletschers. Um 7 Uhr waren wir auf dem innern Thurm angelangt, der Firn war so hart und die Schründe ge- schlossen, dass keine Vorsichtsmassregeln genommen werden mussten. Wir genossen hier eine schöne Rund- sicht. Gegen Süden breitete sich unter uns der Schwarz- berggletscher und der Seewinengletscher aus , durch die Bergwand zun Seewinen von einander getrennt; jenseits derselben erhob sich die Bergreihe vom St. Joderhorn bis zur Cima di Jazzi, an welche sich die gewaltige Masse des Monte rosa anschloss. egen Westen blick- ten wir zu der Grathöhe , die wir erklimmen wollten , hinauf, zwischen dem Strahlhorn und dem Rimpfisch- horn. Gegen Norden war der niederere Theil des Allelin- firnes, den wir ganz überblickten, vor uns ausgebreitet, und jenseits desselben erhoben sich die grünlichen , aus goldhaltigem Gabbro bestehenden, Felsmassen des Allelin- hornes, und weiter im Hintergrunde die starren Fels- wände der Mischabelhörner und das Balfrin. Am Hori- zonte zog sich eine Bergreihe dahin, vom Biesthorne bis zum Finsteraarborn, und in deren Mitte die Pyramide des Aletschhornes. Gegen Osten lag die Scheidewand zwischen Saas und Simplon vor uns, vom Rossboden- und Laquinhorn, oder, wie sie auch mit einem Ge- sammtnamen heissen, den beiden Fletschhörnern, bis zum St. Joderhorn mit dem Stellihorne als dem hervor- ragendsten Gipfel. Gegen 8 Uhr brachen wir wieder auf, und waren in gut zwei Stunden auf der Höhe des a ; Re Rimpfischgrates. Der Firn steigt sehr steil gegen diesen Grat hinan; dieser wird rechts von den Felswänden des Rimpfischhornes , die sich noch circa 500 Fuss über denselben erheben, begränzt, links südlich steigt der Firn bis zur Spitze des Strahlhornes hinauf, so dass dasselbe ohne Schwierigkeit zu ersteigen wäre. Auf der Höhe des Grates, die aus Serpentin besteht, lag auf Einen Blick die ganze Berg- und Gletscherwelt vom Monte rosa bis zum @abelhorn vor uns, die Serpentin- wände von Rimpfischwängi, dem Fundorte der seltensten Mineralien, schnitten die weitere Aussicht gegen Westen ab. In der Tiefe unter uns zog sich der Findelenglet- scher gegen das Weissthor hinauf. Eine circa 300 Fuss hohe, wohl 45° steile, in der Mitte von einem Schrunde durchzogene Firnwand führte auf den untern Theil des Rimpfischgratgleischers, der gegen den Findelengletscher abstürzt. Antamatten wollte in den harten Firn Tritte einhauen, da erklärte aber Andermatten, hier hinunter gehe er nicht, er wolle nachsehen, ob an der Seite des Rimpfischhornes hinunter zu kommen sei. Er kam mit dem Berichte zurück, er glaube, man komme über eine schiefe Felswand hinunter ganz gut bis zum Schnee, und dieser sei dort weniger steil. Es wurde nun das eirca 100 Schuh lange Seil vorgenommen, und einer nach dem andern über die Felswand bis zum Schnee hinuntergelassen. Der letzte, Madutz, musste selbst se- hen, wie er hinunter komme, doch ging es gut von Statten, da die Wand mehrere Absätze haite, so dass die Vorrichtung mit dem Seile mehr der Vorsicht we- gen angewendet wurde, und um mehr Zeit zu gewinnen, da es auch auf diese Art etwa eine Stunde dauerte, bis wir alle oben am Schnee versammelt waren. Nun war noch die circa 200 Fuss hohe Firnwand zu überwinden. VER Auch hier wurde das Seil zu Hülfe genommen, und einer nach dem andern bis in die Nähe des Schrundes hinunter gelassen. Ein Tornister, der bei dieser Mani- pulation einen Stoss bekam, setzte in gewaltigen Sprün- gen über die Wand hinunter, und zeigte uns den Weg, den wir zu nehmen hatten; eine, glücklicher Weise ge- leerte ,„ Weinflasche zertrümmerte bei dieser Fahrt. Auch über den Schrund wurde mit Hülfe des Seiles ein Sprung gewagt, und dann gings auf dem untern Theil des Fir- nes ganz leicht, da sich derselbe nach und nach aus- flächte. Da nun der Rimpfischgratgletscher gegen den Findelengletscher in starkem Absturze sich herabsenkte, wandten wir uns zu den Felsmassen von Rimpfischwängi, und suchten eine Zeit lang Schutz unter denselben, da inzwischen ein ÜUpngewitter mit Regen aus dem Thale herauf herangezogen. Wir glaubten nun alle Fährlich- keiten überwunden zu haben; als wir aber über die Felsen auf den untern Theil des Findelengletschers her- absteigen wollten, senkte sich eine steile Risi, die wenig Haltpunkte darbot, gegen denselben hinunter. Es musste nun jeder von uns Dreien mit einem Führer schauen, wie er zurechtkomme, der Führer musste immer zuerst festen Stand suchen, und dann seinen Schützling mit der Hand von Stelle zu Stelle bis in die Tiefe des Glet- schers bringen. Wir wanderten nun ohne Gefährde über den obern Findelengletscher dahin, bis wir in der Ge- gend von Z’Fluh, wo einige Schäferhütten standen, das feste Land betraten, und zwar über eine alte, mit spär- lichem Rasen bedeckte Moraine. Der Gletscher hatte sich hier nämlich in seiner Breite zurückgezogen, die alte Moraine verlassen. und eine neue parallel mit der- selben gebildet. Wir schritten nun über mit Gand_ be- deckten Rasen zum Stellisee, wo wir nach fünfstündigem — 48 — Herabsteigen 41 Uhr eintrafen, dort den Rest des Proviantes zur Hand pabmen, und , da ein Ungewitter in zweiter Auflage im Anzuge war, in Eile uns den Hütten von Findelen zuwandten. Auf dem Wege dahin erblickten wir jenseits des Gletschers ebenfalls einen See, den Grünsee, am Fusse der Grieskumme. Wir mussten eine Zeit lang in einer Sennhütte Schutz suchen, und gelangten dann glücklich in 3%, Stunden durch Alpen und Wald nach Winkelmatten hinunter, und um 7 Uhr Abends waren wir in Zermatt. Für den ganzen Marsch hatten wir, die Rasten nicht gerechnet, 12 Stunden gebraucht. Ich glaube, der Pass wäre umgekehrt we- niger schwieriger zu bezwingen, da man weit leichter über Risinen, Firn- und Felswände hinauf- als hinab- steigt. Unsere beiden Führer von Saas kehrten auch den folgenden Tag denselben Weg zurück. Ich hatte nicht geglaubt, dass dieser Uebergang schon irgend ein Mal versucht worden sei. Hernach aber hörte Hr. Lau- terburg von einem Herrn in Vivis, derselbe sei schon im 16. Jahrhundert gemacht worden ; seit dieser Zeit freilich nicht mehr ; worauf sich aber diese Angabe grün- det, weiss ich nicht. Gewöhnlich wird der Weg über den Findelengletscher hinauf bis zum Weissthorpass ver- sucht, und dann entweder über den Schwarzberg- oder Seewinengletscher hinunter in den Hintergrund von Saas, so dass man ausserhalb des Strahlhornes, südlich davon, den Firn überschreitet. Aber auch dieser Weg wird sehr selten gemacht. Ich habe wenigstens nichts Sicheres darüber gehört. (Fortsetzung folgt in der nächslen Nunmer.) ar MITTHEILUNGEN NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. Prof. Melchior Ulrich, — die Südihäler des Wallis, von Saas bis Bagne und der Monterosa. (Fortsetzung.) Dieser Uebergang halte, wie ich schon oben ange- deutet, das Ergebniss zur Folge, dass wir einen deutli- chen Ueberblick über den Hintergrund des Saasthales erhielten, und auch die Verbindung des Findelengletschers mit dem Täschgletscher aufgeklärt wurde. Ungeachtet wir an den Wänden von Rimpfischwängi, an welchen wir dahin wanderten , wahrscheinlich eine bedeutende Ausbeute von Mineralien hätten machen können, so er- laubte uns doch die Zeit nicht, uns damit zu beschäfli- gen, wir hatten genug mit uns selbst zu thun. Ein Mi- neraliensammler soll, wie er nachher sagte, ganz in un- serer Nähe gewesen sein, er gab aber keinen Laut von sich, wahrscheinlich, um nicht seine Sehätze profanen Augen zu verrathen. Den 20. August wurde Rasttag gehalten, da das gestrige Ungewilter bis tief hinunter Schnee gelegt hatte, und das Wetter am Morgen noch etwas zweifelhaft war. Doch wurde Nachmittags mit Hrn. Pfr. Ruden eine Band Il. 4 ee; kleine Excursion auf den Hubel oberhalb Zermatt gemacht, um eine Rundschau über die Umgebung zu erhalten. Hier wurden uns die Gletscher der Mischabelhörner ge- gen das Nicolaithal in ihrer Lage klarer. Auch die Ge- gend gegen den Zmuttpass wurde zum voraus re- cognosciert. Den 11. August, Samstag, wurde alles ausgerüstet, um einen zweiten Versuch zur Ersteigung des Monte- rosa zu machen. Neben Madutz begleitete uns noch der Bruder des Matthäus zum Taugwald, da dieser ander- wärlig beschäftigt war, Johannes zum Taugwald, und ein Schaafhirte, Joseph Cronig. Bei prachtvollem Wet- ter rückten wir nach 8 Uhr Vormittags unter Begleit des zum Taugwald aus. Madutz folgte mit dem An- dern uns später nach, mit Wolldecken und Pro- viant belastet. Wir stiegen über die Hütten zur Augst- kumme hinauf auf die Guglen, und lagerten uns hier, um die schöne Aussicht zu geniessen. Das anstehende Gestein ist schiefriger Serpentin mit viel Strahstein. An der Nordseite ist an einigen Stellen Glimmerschiefer auf- gelagert. Wir überschritten dann den Riffel zur rothen Kumme hin, und hielten uns oben am Rande des Gor- nergletschers, bis wir zu dem vorjährigen Nachtquartier in den Gadmen gelangten. Wir waren schon nach drei Uhr da und hatten hinlänglich Zeit, Holz und Gras für das Nachtlager zu sammeln. Während meine beiden Gefährten auf dem Gornergletscher Skizzen der Umge- bung anfertigten, machte ich einen Spaziergang über den Gornergletscher hin, um mit Musse die Gegend, wo der Gornersee sein soll, ins Auge zu fassen. Bei der südlichen Seitenmoraine war eine ganze Gruppe Glet- scherlische, die Steinart Gneis, von der nämlichen Be- schaffenheit, wie im Oscella-Thale. Von dem See sah — 51 ich keine Spur, wohl aber die Stelle, wo er sich befin- den soll. Es ist dieses eine Ecke am Fusse der Guffer- wand »ob dem See«, gegen welche sich der grosse Gor- nerhorngletscher herabsenkt. Hier kann sich nun je nach der Beschaffenheit des Gletschers entweder Wasser an- sammeln, oder, wie «es dieses Mal der Fall war, so- gleich ablaufen, wenn das Eis demselben den Durchgang gestattet. Man kann also eigentlich nicht wohl von einem Gornersee sprechen, wenigstens habe ich dieses und vo- riges Jahr keine Spur davon gesehen. Ich müsste ihn denn nicht an der rechten Stelle gesucht haben. ‘Doch weisst der Name der Gufferwand »ob dem See« darauf hin, dass er sich hier befinden muss. Nach meiner Rück- kehr wurde das frugale Nachtessen bereitet. Es war ein prachtvoller Abend, und als die Spitze des Monte rosa zuletzt erbleichte, und die Gebirgskolosse wie Ge- spenster in der Dämmerung vor uns standen, krochen wir in unsere Höhle hinein, um für den folgenden Tag Kräfte zu sammeln. Den 12. August waren wir schon früh munter, und stärkten uns zuerst zu dem Unternehmen. Gegen 4 Uhr überschritten wir den Gornergletscher. Anstatt aber, wie voriges Jahr, über die Gufferwand oben am See hinauf zu klettern, liessen wir dieselbe rechts liegen, und stiegen den Gletscher hinauf, bis wir uns am Fusse des eigentlichen Monterosa oder Gornerhornes befanden. Dann gings zuerst ein steiles Schneefeld hinauf, und wir befanden uns nun in dem voriges Jahr von mir ge- schilderten Gletscher-Chaos. Der Gletscher hatte über- haupt im Allgemeinen dieselbe Form, wie voriges Jahr. Man kann drei verschiedene Abstufungen unterscheiden. Zuerst das Gletscher-Chaos, dann die drei Eisberge, und endlich eine bedeutende Anzahl Eishügel. Die Haupt- LE verschiedenheit des Gletschers bestand darin , dass es dieses Jahr bedeutend mehr Schnee hatte. Auch von den Seitenwänden des Nordendes waren ziemlich viel Eisblöcke herabgestürzt , so dass es nicht ganz geheuer schien. Wie wir zu den über einander geschichteten Eiswürfeln gelangten, erstieg Madutz einen derselben, um einen Ueberblick über das Chaos zu erhalten, und wusste uns gleich den Weg anzuweisen. Statt, wie vo- riges Jahr, von einem Eiswürfel auf den andern hinaufzu- steigen, konnten wir dieses Jahr; wegen des vielen Schnees zwischen denselben hinwandern,, da die Schründe mit Schnee ausgefüllt waren, und hatten in kurzer Zeit glücklich diesen Wirrwar hinter uns. Nun ging das eigentliche Steigen an. Die drei Eischichten, die Ber- gen gleich sich über uns erhoben, mussten bezwungen werden. Es ging langsam aber sicher vorwärts ; zu- weilen bei gewaltigen Schründen vorbei, die 60—70 Schuh breit waren. Einer derselben war mit einer schmalen Schneebrücke überwölbt,, die Sonnenstrahlen drangen unter dieselbe hin, so dass das ganze Eisge- wölbe in hellgrüner Farbe glänzte. Ein wundervoller An- blick, für das Auge so ungewohnt, dass man sich zuerst orienlieren musste, was man eigentlich sehe. Wir waren bis dahin im Schatten gewandert, da die Felsmassen des Nordendes die Sonnenstrahlen von uns abhielten, nun traten wir aber in die Sonne. Wir spür- ten gleich die Wirkung derselben. Natürlich hatten wir alle die Augen geschützt, auch die Führer , die Erfah- rungen des vorigen Jahres hatten sie belehrt, aber je- der hatte sich auf seine Weise ein Schutzmittel ausge- sucht. Wir drei mit Madutz waren mit gefärbten Bril- len versehen, Hr. Lauterburg hatte überdiess noch einen Tuchiappen, der im Gestelle der Brille befestigt war, I A NR zum Schutze des Gesichtes, so dass er wie eine Domi- nomaske aussah, ich einen blauen Schleier. Die beiden Walliser Führer hatten Papierfetzen über das Gesicht mit ausgeschnittenen Augen. Der frisch gefallene, blen- dend weisse, Schnee war nun weich geworden, so dass wir bis an die Kniee einsanken, und die Führer im Weg- bahnen abwechseln mussten, da dieses Geschäft für einen allein zu ermüdend gewesen wäre. So bezwangen wir einen Eishügel nach dem andern, aber die Felsmassen der höchsten Spitze, so nahe sie zu sein schienen, woll- ten doch nicht näher rücken. Von den Beschwerden des Athemholens spürten wir dieses Jahr gar nichts, da wir wegen des tiefen Schnee’s nur Schritt für Schritt vor- wärts kommen konnten. Die Berge sanken immer wei- tes unter uns herunter, nur der Montblanc mit seiner gewaltigen Gebirgsmasse im fernen Westen zeigte sich uns als ebenbürtig. Endlich war der letzte Eishügel erklommen , der, hinter welchem ich voriges Jahr ge- gen den Wind Schutz gesucht, lag uns zur Seite, und wir waren 101/ Uhr auf der Höhe des Schneekammes am Fusse der höchsen Spitze, deren Felswand noch etwa 250 Fuss über uns emporragte. Wir hatten also eirca 7 Stunden gebraucht. Vorerst lagerten wir uns nun und nahmen den Proviant vor. Fataler Weise war aber das Salz im Nachtquartier liegen geblieben, so dass wir den Braten wegen des faden Geschmackes nicht hinunterzubringen vermochten, wir mussten uns daher mit Wein und Käse begnügen. Das Wetter war im Vergleich mit dem vorigen Jahre schön, keine Spur von Nebel, nur kam der Wind zuweilen stossweise über den Kamm daher, doch Störte er nicht. Madutz hatte dieses Mal keine Lust, die höchste Spitze mit uns zu versuchen, es hätte zu viel Zeit weggenommen , dage- IT a gen sollte der Versuch gemacht werden, das Nordend, das am Ende des Kammes etwa eine halbe Stunde ent- fernt lag, zu erklimmen. Ich, für meine Person, zog es vor, mit zum Taugwald für einmal zurück zu bleiben, mit der Absicht, wenn der Versuch gelingen sollte, dann sogleich nachzufolgen. So rückten die beiden An- dern mit Madutz und Cronig, alle am Seil befestigt, aus. Sie waren kaum eine halbe Viertelstunde entfernt, so gab es schon einen Halt, der Kamm wurde so schmal, dass der Schnee und das Eis über die Felswand hin- ausragten, und daher Tritte eingehauen werden mussten. Dabei regten sich so kalte Windstösse, dass Madutz, der das Beil handhabte , dasselbe nicht mehr zu halten vermochte, und so sahen sie sich gezwungen, wieder zu uns zurück zu kehren. Ich hatte während dieser Zeit die nähere und fernere Aussicht betrachtet. Ich stand auf dem gegen das Nordend etwas ansteigenden Kamme, und blickte SSöstlich von der höchsten Spitze auf die Zumsteinspitze und die Signalkuppe hin, die in gleicher Höhe sich neben mir erhoben, auf der Zumsteinspitze, so nahe sie lag, sah ich keine Spur von einem Kreutze oder irgend einem Zeichen. Diese vier Gipfel des Monte rosa bilden zusammen einen Halbkreis. Von ih- nen aus senken sich ungemein steile vergletscherte Fels- wände gegen Macugnaga hinunter, in eine Tiefe von eirca 9000 Fuss. Das Ganze hat die Form eines Kra- ters von ähnlicher Beschaffenheit, wie man solche bei den Mondsgebirgen entdeckt hat , auf der Erde wüsste ich nichts damit zu vergleichen. In diesen Höllenschlund hinunter blickt das staunende Ange. Weiter gegen Süd- Ost war ein ganzes Wolkenmeer ausgebreitet, das die Becken des Langen- und Orta-Sees deckte. Jenseits davon sah man wieder Land, die Entfernung war aber u so gross, dass man nichts mehr deutlich zu unterschei- den vermochte. Alles verlor sich in eine bläuliche Farbe. Nur gegen Osten glaubte ich am Rande des Wolken- meeres eine Masse weisser Punkte zu erblicken, und darin Mailand zu erkennen. Im fernen Osten ragten Schneegebirge hervor, der Lage nach musste es der Orteles mit seiner Umgebung sein. Gegen Norden wa- ren alle Berge mit Ausnahme des Matterhornes, der Dent blanche und des Weisshornes tief unten in bedeu- tender Entfernung, der Montblanc ragte nur noch mit der Spitze aus dem Nebel hervor. Von der höchsten Spitze liess ich durch zum Taugwald einige Steine ab- schlagen, es war mit Quarz durchzogener granathaltiger gelber Glimmerschiefer. Die Schichten fallen beinahe senkrecht von Süden gegen Norden ein , eine Quarz- ader von einigen Fuss Mächtigkeit ist in dieselben ein- gekeilt. Die höchste Spitze zieht sich von OSO gegen WNW eine gute Viertelstunde lang kammartig mit zwei gleich hohen, durch einen Eissattel verbundenen , Kup- pen hin, und stürzt dann gegen den Gornergletscher in mehreren Absätzen ab, sie bildet daher mit dem Kamme ungefähr einen rechten Winkel. Das Nordend dagegen erhebt sich am Ende des Kammes kegelförmig etwa 150 Fuss über denselben. Ein Gletscher zieht sich von N. gegen dasselbe hinauf, der circa eine halbe Stunde breit sein mag, gegen das Weissthor stürzen die Felsmassen, auf welchen er ruht, in mächtigen Absätzen ab. Diese beiden Spitzen sind sehr schwer zu ersteigen. Die Fel- sen der höchsten Spitzen sind ungemein steil , und bie- ten wenig Haltpunkte dar, die überdies noch mit Eis überzogen sind. Der Kamm, der zum Nordend hin- führt, läuft in einen so schmalen Grat aus, dass es auch bei windstillem Weiter ein gewagtes Unternehmen BER ge ist, denselben zu überschreiten. Vielleicht liesse sich dasselbe über den Gletscher, der von der Nordseite sich heraufzieht, bezwingen. Der Barometer zeigte auf dem Schneekamm 11 Uhr Vormittags 445,30 millim. Ther- mometer fix + 9.0 frei + 1,5. c. Der Puls von Hrn. Lauterburg zeigte in der Minute 110 Schläge, der meinige 82. Wir blieben bis 12 Uhr auf der Höhe. Dann schrit- ten wir wieder über den Firn hinunter, alle am Seile befestigt. Wir sanken bei jedem Schritte bis über die Kniee ein, doch gelangten wir glücklich über die Eis- hügel und Eisberge hinunter zum Gletscherwirrwar. Auch dieses wurde glücklich passirt. Freilich sank der eine und der andere zuweilen in eine Spalte, indessen war die Sache nicht gefährlich, es geschah immer nur mit Einem Fusse, und wir gaben dann desto mehr Acht. Da aber das Seil, wenn schon sehr zweckmässig, doch ziemlich lästig war, da man immer sich in Acht nehmen musste, dass es sich nicht zwischen den Füssen verwickle, so banden wir dasselbe los, ehe wir völlig auf dem abern Gletscher waren, und sahen bald, dass es zu früh ge- wesen. Wir hatten noch einen Gletscherarm zu über- schreiten, der mit von der Sonne durchfurchtem Schnee bedeckt war. Madutz voran sank in eine Spalte, bald folgte ein zweiter, ein dritter, der Gletscher war ganz von Schründen durchzogen. DMaher nahmen wir das Seil wieder zur Hand, und gelangten endlich glücklich nach Ueberschreitung des Gornergletschers gegen 4 Uhr wieder ins Nachtquartier, so dass wir in der Hälfte der Zeit hinabgestiegen waren. Hier wurden die Kleider gewechselt, und dann rüstig auf die Augstkumme zuge- schritten, wo eine warme Milch uns trefflich mundete. Nach 7 Ubr waren wir wieder in Zermatt, sehr zufrie- ee den mit dem Erfolg unsers Unternehmens, ungeachtet es auch dieses Mal nicht völlig geglückt war. Es wird übrigens schwer sein, in allen Beziehungen gutes Wet- ter auf dieser Höhe zu treffen, und überhaupt ist die Zeit, die man auf der Höhe verweilen darf, sehr kurz zugemessen. Die Besteigung des Monterosakammes war dieses Jahr weniger schwierig als das vorige, aber we- gen des tiefen Schnees beschwerlicher. Bevor ich unsere weitern Streilzüge über die Glet- scher mittheile, werde ich zuerst versuchen, ein Bild der Südthäler des Wallis vom Nicolaithal bis ins Bagne- thal in einigen allgemeinen Zügen zu entwerfen. Diese Thäler lassen sich in zwei Klassen eintheilen, eigentliche Thäler, und blosse Thalschluchten. Die erstern haben das mit einander gemein, dass sie, wie das Visperthal , gegabelt sind. Das Thal, das dem Nicolaithal zunächst liegt gegen Westen, bildet den Uebergang zu diesen beiden Klassen, das Turtmannthal. Es ist in seiner For- mation sehr einfach. Gegen das Hauptthal der Rhone öffnet es sich bei dem Dorfe Turtmann in einer Wald- schlucht. Der Bach, der dasselbe durchströmt, hat sich nicht zwischen den Felsen durchgefressen, sondern stürzt in schönem Falle zu Thale. Hat man die Waldschlucht passirt, so öffnet sich ein kleines schmales Alpenthal, in welches sich im !!intergrunde der Turtmanngletscher her- absenkt, von dem Weisshorn gekrönt. Das Thal ist nur im Sommer bewohnt, von den Hirten, die das Vieh besorgen. In die zur Seite liegenden Thäler kann man auf verschiedenen Wegen gelangen. der Hauptpass aus dem Nicolaithal ist der Jungpass von St. Nicolaus aus, beim Dreizehnderhorn vorbei, das eine Thalschlucht schliesst, die sich bei Turtig öffnet. Gegen Westen füh- ren mehrere Wege ins Einfischthal. DB Zwischen diesem und dem Turtmannthal öffnet sich die zweite Thalschlucht, die sich gegen das Borterhorn hinzieht. Eine westliche Seitenschlucht bildet der soge- nannte Illgraben, der die Form eines Kraters hat, und dessen Bach, wegen des lockern, von Wald entblössten, Thonbodens bei starken Regengüssen öfters schon Ver- wüstungen im Rhonethal angerichtet hat. Das Einfischthal , oder, da die Bewohner französisch sprechen, das Val d’Anniviers, ist nun das erste bedeu- tende Seitenthal. Es öffnet sich bei Siders, und hat eine Länge von circa acht Stunden, von der Usenz (Navisanche) durchströmt, die sich bei Chippis in die Rhone mündet. Diese hat sich ihr Beit in die Tiefe der Thalschlucht eingegraben. Der Weg führt an dem rech- ten Ufer durch Waldung bedeutend in die Höhe, und hält sich bis Vissoye immer ungefähr gleich hoch. Das Thal ist sehr schmal, die Usenz füllt die Thalsohle aus, an beiden Seiten senken sich mit Wald bekleidete Fels- massen in die Tiefe. Auf der östlichen Seite münden zwei Tobel in den Hauptstrom, die sogenannten Pontis, welchen der Weg bis in den Hintergrund folgen muss, da gewaltige Felsmassen dieselben bilden. Das Gestein ist Kalk. So gelangt man meistens durch Wald über Fang nach Vissoye, das man schon von weitem auf einem Vorsprung erblickt, und in 3'/g Stunden erreicht. Hier ändert sich der Charakter des Thales. Vissoye gegenüber breitet sich auf schönen Matten das Dorf St. Jean aus. Die Waldung weicht zurück, Wiesen und Aecker tre- ten an die Stelle. Bei Mission theilt sich das Thal in zwei Seitenarme. Rechts, westlich in der Höhe, erblickt man die Häuser von Grimenze, wo das Torrenthal beginnt, das mit dem Torrent- oder Moiregletscher sich schliesst. Links westlich öffnet sich das Thal von Zinal, ie in dessen Hintergrunde gewaltige Gletschermassen auf- gethürmt sind, getrennt durch das Felsriff des I’ Ob£che. Man ist nun in der Alpenregion. In der Nähe von Ayer wird in einer Seitenschlucht Nikel ausgebeutet. Will man einen Ueberblick über die Gletscher im Hin- tergrunde des Zinal gewinnen, so ist der beste Stand- punkt die Alp Larpitette, dem Abhange des I’ Obeche gegenüber. Hier liegt der Zinalgletscher ausgebreitet, und gegen das Weisshorn hin der Durangletscher. Die Berge, die diese Gletscher im Halbkreis umschliessen, sind alte Bekannte aus dem Mattertbale, sie haben aber nun französische Namen erhalten. Gegen Westen erhebt sich die prachtvolle Pyramide des Steinbockhornes, hier Dent blanche genannt, daran schliesst sich gegen Osten die Pointe de Zinal, die im Zmutthale nicht sichtbar ist, hierauf folgt das Gabelhorn, hier Moming genannt, dann das Rothhorn als le Blanc, und endlich das Weiss- horn mit dem Namen Pigne de Leiss. Sogar das Mat- terhorn, das an einigen Punkten erblickt wird, muss den Namen ändern, und heisst la grande Couronne. Von der Dent blanche aus zieht sich ein Grat gegen das Thal hinaus , dessen höchster Gipfel Grand Cornier ge- nannt wird, und der Torrentgleischer und Thal von dem Zinalgleischer und Thal trennt. Früher soll ein Pass aus dem Hintergrunde des Zinal nach Zmutt geführt haben, der sogar von Saumthieren benutzt wurde. An dessen Stelle senkt sich nun der Hochwänggletscher, der auch Einfischbalmengletscher heisst, gegen den Zmuttgletscher hinunter. Ebenso soll ein Weg an der Nordseite des Gabelhornes über den Triftgletscher hin- unter nach Zermatt geführt haben. Nähere Auskunft wusste in beiden Thälern Niemand zu geben. Er ist für einen weitern Besuch in diese Gegenden aufgespart, Be - 2 da das eingetretene schlechte Wetter den Versuch dieses Mal nicht gestattete. Gegen das Turtmannthal bin geht der Hauptweg über das Dorf St. Luc oberhalb Vissoye. Von dem Torrentthale gibt es mehrere Uebergänge ins Eringer- thal über die Bergkette, deren hauptsächlichster Gipfel der Sacheneire (Saxa nigra) ist, so der Torrentpass und weiter südlich der Gol de Breone. Als dritte Thalschlucht öffnet sich zwischen dem Ein- fischthal und Eringerthal das Reschythal, in dessen Hin- tergrund sich der Mont Noble erhebt. Nun folgt als zweites Seitenthal das Eringerthal, val d’ Herins. Dieses öffnet sich bei Sitten, und hat circa 12 Stunden Länge, von der Borgne durchströmt. Es beginnt, wie das Einfischthal, mit einer Waldschlucht, in deren Höhe auf dem linken Ufer der Borgne sich der Weg hin zieht, bis bei Heremence die erste Thalgabe- lung eintritt. Es ist die Gebirgsmasse, die mit dem ver- gletscherten Voasson als dem höchsten Gipfel sich zwi- schen dem Heremence- und dem Eringerthal hinlagert, und an deren nördlichem Absturze die Erdpyramiden bei Useigne sich erheben. Das Heremencethal ist ein blosses Alpenthal, in dessen Hintergrund sich der Glet- scher von Liapec oder Lenaret von dem Grand Otemma her herabsenkt, und das von der westlichen Seite von der Gebirgskette gegen das Bagnethal begränzt wird, die mit dem Montblane du Liapee beginnt, mit dem Mont- Pleureur und Col d’Orsera fortsetzt, und dem Metailler endigt. Verfolgen wir von Heremence das eigentliche Eringerthal, dessen beide Gebirgsseiten schon erwähnt sind, so breitet sich, wenn man die Heremence-Borgne überschritten hat, eine fruchtbare, hügelige, mit Dör- fern besetzte, etwa eine halbe Stunde breite Thalfläche a aus, deren Bewohner bis weit in die Berge hinauf sich Wohnungen und Pflanzungen bereitet haben. Diese Thalfläche endigt sich bei Hauderes, eine kleine Stunde oberhalb dem Hauptorte des Thales, Evolena, das etwa acht Stunden von Sitten entfernt liegt. Hier beginnt die zweite Thalgabelung.. Sie wird gebildet durch den wil- den Gebirgsstock der Dents |Zähne), voran die grotes- ken Formen des Vejuy, dann die Dent de Berauk, de la Za, etc., bis zu den Dents des bouquetins, oder Ai- guelles rouges hin. Jm Osten dieser Gebirgsmasse hebt sich das Thal von Ferpecle gegen den Gletscher gleichen Namens, im Westen das von Arolla gegen den Arolla- gletscher. Der Ferpeclegletscher ist gekrönt durch die Dent blanche und die Dent d’Herins, der Arollagletscher durch den Mont Collon, und die Pigne d’Arolla. Ueber den Ferpeclegletscher ist ein Uebergang nach Zmutt, über den Arollagletscher ein solcher ins Valpellina. Westwärts führt der Col d’Orsera aus dem Heremencethal ins Bagne- thal. Im Rbonetbal folgen nun wieder zwei Thalschluch- ten, die vierte und fünfte, nämlich die der beiden Nen- daz, von der Prinze durchflossen, und die von Iserable. Beide ziehen sich gegen den Col de Verbier hin. Im Hintergrunde derselben wird Bleiglanz ausgebeutet. Sie unterscheiden sich dadurch von den andern Thalschluch- ten, dass sie im Vorgrunde auf beiden Seiten des Thales mit Wiesen und Aeckern und weiter hinauf mit Maien- sässen (Mayens) besetzt sind, auch eine Anzahl Dörfer in sich schliessen. Ein Weg mit hübscher Aussicht in das Rhonethal hinunter führt in bedeutender Höhe in der Waldregion von Iserable nach Nendaz. Das erstere ist an eine so steile Thalwand hingebaut, dass man den Be- wohnern vorhält, ‚sie müssen ihre Hühner beschlagen Pe lassen, damit sie fortkommen können; Nendaz zeichnet sich dadurch aus, dass hier die Stieren und Kühe auf ähnliche Art gebraucht und gesattelt werden, wie an an- dern Orten die Pferde und Maulthiere. Von Iserable führt über die Mayens von Riddes, in dessen Nähe sich die Schlucht ausmündet, ein Pass über den Col d’Etab- Ion oder du grand plan ins Bagnethal bei der Pierre a voie vorbei. Dieses, das Bagnethal, ist das dritte Seitenthal, das sich bei Martinach öffnet, und bei Sembranchier , zwei Stunden oberhalb, westlich in das Entremontthal, das auf den grossen Bernhard zuführt, ausgabelt, östlich in das eigentliche Bagnethal, das ich noch etwas näher schil- dern will. Eine theilweise vergletscherte Gebirgsmasse, die sich in den Combin endigt, trennt die beiden Thä- ler. Das Bagnethal selbst hat zwei ganz verschiedene Abtheilungen. Der untere Theil bis Lourtier, von Sem- branchier aus etwa zwei Stunden lang, ist eine ziemlich breite Thalfläche, mit Matten, Obstbäumen, Aeckern be- setzt, der Boden bis weit in die Berge hinauf urbar ge- macht; das Thal steigt nur nach und nach an. Der Hauptort ist Chable mit einem ordentlichen Wirthshause. Bei Champsec werden Guldsteine gefunden und verarbei- tet. Von Lourtier an ändert sich der Charakter des Tha- les völlig. Der Weg steigt über einen Abfall steil hin- auf in eine Wald- und Felsenschlucht hinein. Die Dranse füllt die ganze Thalsohle aus, und muss sich an vielen Stellen durch die Felsmassen hindurchdrängen. Nur hie und da trifft man auf kleinen Matten einige Wohnungen an. Wasserstürze und Felspartien ziehen den Blick auf sich. Einer dieser Wasserstürze zeichnet sich besonders aus. Die Dranse stürzt mit einer gewaltigen Wasser- masse wohl 50 Fuss tief hinunter, es tobet und brauset, Be ya dass man sein eignes Wort nicht hört und alles in Was- serstaub eingehüllt ist. So steigt man von Lourtier gut drei Stunden, bis man zu der Brücke von Mauvoisin gelangt, die in schönem Bogen die Dranse überschreitet, und seit 1818 neu erbaut ist. Hier blickt man in eine enge Felsenschlucht, die Fussgestelle des Mont Pleureur gegen Osten, des Mauvoisin gegen Westen, durch welche sich die Dranse durchdrängt. Hat man die Höhe des Weges erreicht, so eröffnet sich eine neue Aussicht. Man ist auf dem Schauplatze der Verwüstung von 1818. Jen- seits der Dranse erhebt sich eine wohl zwei tausend Fuss hohe Felswand in mehreren Absätzen, auf welcher die Eismassen des Getrozgletschers ruhen. Ueber diese Wand hinunter stürzen die Eisblöcke, wenn der Getrozgletscher in Vorrücken begriffen ist. Anno 1818 war dieses in solchem Masse der Fall, dass das schmale Thal bis zur Höhe des Fussweges, also circa 100 Fuss, damit ange- fallt war, und die Dranse keinen Durchgang mehr unter dem Eise fand. Das ganze Felsenthal von Torembec wurde daher ein See. Man suchte einen Kanal durch das Eis zu sprengen, die Wassermasse riss aber nicht bloss diesen zusammen, sondern wälzte alles mit ein- ander fort, Verderben und Graus durch das ganze Thal verbreitend. Dieses Jahr waren nur einige schwärz- liche Schneemassen am Fusse der Felswand aufgehäuft. Aber die Lage des Getrozgletschers ist von der Art, dass man nie sicher ist, ob nicht wieder ähnliche Ereignisse eintreten. Man steigt nun ins Thal von Torembec hinunter, so heisst der oberste Theil des Bagnethales. Es ist dieses ein schmaler Thalzug, etwa zwei Stunden lang, von bei- den Seiten von Felswänden eingeschlossen, über welche zahlreiche Wasserfälle herabstürzen. Oberhalb dieser PRPIuR ;:. ae Felswände breiten sich Alpen aus. So gegen Osten die Alp Getrox , die sich gegen den Grand Otemma hin- zieht. Den Hintergrund des .Thales schliesst der Du- rangletscher, der sich vom Combin herabsenkt, zwei an- dere Gletscher Borcharesse und Corbaichere ziehen eben- falls von dieser Gebirgsmasse aus gegen das Thal hinun- ter mehr nördlich. Jenseits des Durangletschers erhebt sich gegen Süden der Mont Gele und westlich davon führt der Col de Fenätre ins Aostathal hinüber. Von dem Grand Otemma her zieht sich ebenfalls ein Gletscher- arm gegen das Thal hin, der Glacier de Ghermontane. So ist der Hintergrund des Bagnethales ganz mit Glet- schern ausgefüllt. Wir verlassen dieselben nun einen Augenblick, um nach Zermatt zurückzukehren, und über die Gletscher wieder an dieselbe Stelle zu gelangen. Unser Reiseplan ging nämlich dahin, hinter dem Ein- fischthal durch über den Zmuttgletscher die Höhe des Zmuttgrates, oder Col d’Erin, wie Forbes den Pass nennt, zu erreichen, und über den Ferpeclegletscher ins Erin- gerthal herabzusteigen. Am 13. August brachen wir mit zwei Zermatterführern, deren Namen ich verschweige, da wir durchaus nicht mit ihrem Benehmen zufrieden waren, am Abend nach dem mittlern Staffel der Zmuttalp auf, um am folgenden Tage früh den Gletscher betreten zu können. Am 14. August regnete es aber, und blieb den ganzen Tag neblig, so dass wir in der Zmuttalp eine Geduldprobe aushalten mussten. Nur Hr. Studer machte amı Nachmittag einen Versuch, den Nebel zu durehdrin- gen, und gelangte glücklich auf das nebelfreie Hüreli, was uns mit Hoffnungen auf den folgenden Tag erfüllte. Diese Hoffnungen wurden nicht getäuscht. Den 15. August brachen wir um 5 Uhr Vormittags von dem Zmuttstaffel auf und hatten bald den Zmutt- MITTHEILUNGEN DER NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. DR ut Abe Fi 1850. Prof. Melchior Ulrieh, — die Südthäler des Wallis, von Saas bis Bagne, und der Monterosa. (Fortsetzung.) gletscher erreicht. Derselbe war in seinem Auslauf ganz mit kleinen Steintrümmern übergandet, und aber, so dass er ungeachtet der vielen Schründe leicht zu passiren war. Drei Gandecken durchziehen denselben. Diejenige unten am Matterhorn enthält Blöcke von Gabbro und Serpen- tin, zuweilen auch Gneisblöcke, die auf der nördlichen Seite eisenhaltigen Serpentin und Glimmerschiefer, die Mittelgandecke, vom Stockje ausgehend, enthält grosse Stücke Bleiglanz auf Glimmerschiefer. Drei Seitenglet- scher senken sich nördlich gegen den Zmuttgletscher herab, zwischen dem obern Gabelhorn und dem Ebi- oder Hohwänghorn der Arbegletscher, der kleinste, zwischen dem Ebihorn und der Pointe de Zinal der Hohwäng- gletscher, und zwischen dieser und dem Steinbockhorn oder Dent blanche der Schönbühlgletscher. Der Hoh- wänggletischer hat, wie schon oben bemerkt, auch den Namen Einfischbalmengletscher , über diesen soll ein Pass geführt, und an der Stelle des Zmuttgletschers früher das Band 11. 3 Sean: Dorf Tiefenmatten in alpenreicher Umgebung gestanden haben, daher auch der Gletscher zuweilen so genannt wird. In der Mitte des Zmuttgletschers erhebt sich ein Felsriff, das denselben in zwei Theile theilt, das Stockje oder Stockhorn, und diesem Theil des Gletschers den Namen gibt. Gegen Süden blickt man an das Matter- horn hin, das ebenfalls gewaltige Gletscher gegen den Zmuttgletscher herabsenkt. Wir genossen das interes- sante Schauspiel, dass eine tüchtige Eismasse sich los- irennte, unter gewaltigem Donner in die Tiefe stürzte, und in viele einzelne Eisblöcke zerschellte. Die Struktur des Gletschers wurde im Vorbeigeben ins Auge gefasst, die Gletschermühlen waren, da es noch früher Morgen war, noch nicht im: Gange, dagegen wurden Steine in die Trichter herabgeworfen, die ein dumpfes Getöse ver- ursachten, auch die Gletscherflöhe wurden in ihren Schlupf- winkeln aufgesucht. So gelangten wir an den Fuss des Stockje bei dem Spiegel eines kleinen Seees vorbei, und stiegen dann an den Wänden desselben hinauf bis gegen die Höhe. Wir befanden uns hier mitten in dem Eis- meer, und hatten nur noch den Firn des Zmuttgletschers, oder, wie er hier heisst, Stockgletschers, zu überschrei- ten. Es war 81/, Uhr, als wir uns hier lagerten, und nach 3/, Stunden brachen wir wieder auf. Der Schnee war so hart, und nur die breitern Schründe offen, dass wir, ohne das Seil zur Hand zu nehmen, vorwärts schrit- ten. Der Firn steigt nicht besonders steil aufwärts, wir waren in sieben Viertelstunden, also im Ganzen in gut fünf Stunden, auf der Höhe der Tete blanche. So heisst im Eringerthal die Kuppe, in Zermatt dagegen z’ Manje, weil am Fusse derselben gegen Süden ein von ihr ge- trennter Felszahn sich erhebt, einem Manne gleich. For- bes nennt sie Stockhorn. Wir sahen uns umsonst nach Ba dem Schrunde um, der Hrn. Forbes so viele Mühe ge- macht, wir mussten zwar bisweiler bedeutende Schründe umgehen, aber von Schwierigkeiten war dabei keine Rede. Wir hielten uns freilich etwas mehr nördlich, als Hr. Forbes, da gegen Süden der Firn weit zerrissener und steiler war. Um 11 Uhr waren wir auf der Höhe. Wir hatten das Matterhorn uns gleich gegenüber, nicht mehr bedeutend über uns erhaben; ein hoher Grat ver- bindet dasselbe mit einer andern Kuppe, von welcher uns die Führer keinen Namen anzugeben wussten. Wir erfuhren erst nachher im Eringerthale, dass es die Dent d’Herins, oder, wie man sagte, die Dent de Rong sei. Vor uns gegen Westen war der ganze Ferpeclegletscher ausgebreitet, durch die Felsmassen der Montmine in zwei Theile getrennt, jenseits derselben erhoben sich die wilden Gebirgsmassen der Zähne (Dents) vom Vejuy an bis zu den Dents des Bouquetins. Gegen Norden senkte sich der Ferpeclegletscher ins Thal hinunter, das wir bis’ in die Gegend von Evolena überblickten, und am Hori- zont eine Reihe Bernerberge vom Geltengletscher und Wildhorn bis zum Wildstrubel. Unmittelbar vor uns gegen Osten, durch den Firn getrennt, erhob sich die prachtvolle Pyramide der Dent blanche, und den Kreis schlossen das Weisshorn mit dem Rothhorn und Gabel- horn, dann die Mischabeln und die Berge und Gletscher bis zum Monte rosa hin, den wir noch mit der Spitze des Nordendes hinter dem Matterhorn hervorragen sahen. Der Barometer zeigte 111), Uhr Vormittags 496,60 millim. Therm. fix + 6° frei + 2° C. Wir hielten uns nur eine Stunde auf dieser Höhe auf, bis 12 Uhr, und entliessen dann die Zermatter Führer, mit Madutz allein den weiten Weg über die Gletscher aufsuchend. Das Felsriff der Motta rotta, das gleich der heissen Platte A auf dem untern Grindelwaldgletscher mitten aus dem Firn hervorragt, blieb zur Linken liegen , und wir gelangten bald gegen den Fuss der Dent blanche hin, über ein von vielen Schründen durchzogenes abschüssiges Firnfeld herab; der Sicherheit wegen waren wir am Seile befestigt. Alle verdeckten und offenen Schründe wurden glücklich über- schrilien, am Fusse der. Dent blanche bin hielten wir uns auf eine Moraine zu, die den Hauptfirn des Fer- peclegletschers von einigen Seitengletschern, die nördlich von der Dent blanche sich herabsenken, trennt. Blöcke von Serpenlin und Gabbro, sowie Gmneis von der Dent blanche her, waren die Bestandtheile der Moraine. Diese Seitengleischer scheinen erst spätern Ursprungs zu sein; sie machen den Eindruck, wie wenn sie früheres Alpen- land überdeckt. Wir überschritten diese abern Gletscher- arme, und betraten nach 21% Stunden wieder das feste Land, in der Nähe der Sennhütten der Alp Bricole. Wir lagerten uns bei einer Quelle, gleich oberhalb der Stelle, wo die durch die Montmine getrennten Gletscherarme des Ferpeclegletschers sich wieder zu Einem Strome ver- einigen, das wilde Gebirg der Zähne uns gegenüber. Wir glaubten, da wir in die Nähe von Menschen gekom- men waren, nun das Aergste hinter uns zu haben. Wir täuschten uns aber sehr. Mehrere wilde Gletscherbäche mussten überschritten werden, dann kam ein wahres Chaos von Gand; die Seitenbäche hatten hier gewaltig gewü- thet, und von den Höhen ganze Berge von Schuttmassen in die Tiefe gerissen. Alles dieses musste überstiegen werden. Als wir gegen den Ausfluss des Ferpecleglet- schers gelangten, ging das Klettern von Neuem an. Der alte Weg war ganz weggerissen, den neuen fanden wir nicht, so mussten wir wieder über mit zahllosen Alpen- rosen bedeckte Gandmassen hinunterklettern und uns zu- “ Pas, 009 weilen mit Gewalt durch dieselben durchdrängen, bis wir endlich die Tiefe des Thales erreichten. Der Ferpecle- gletscher endigt in schönem Absturz, in der Mitte der Eiswand hatte sich eine Grotte gebildet. Die Moraine, die wir zu üherwinden hatten, bestand aus Serpenlin- Chlorit- und Glimmerschiefer und edlem Serpentin. Wir gelangten nun zu den Hütten von Prazfleuri und stiegen noch vollends nach Hauderes hinunter, einer Wasserlei- tung nach, da auch hier der Weg von der Borgne fort- gerissen war. Mitten im Dorfe trafen wir den Notar Mestre an, den Hr. Studer von früher her kannte, und« der uns in die Wohnung von Jean Pralong, dem Füh- rer Hr. Forbes, führte, wo wir gut aufgehoben waren. Wir waren nun an dem Punkte, wo das Ferpeclethal sich von dem Arollathale scheidet, am Fusse des Vejuy, und hatten von unserm Lagerplatze bis dahin 3 Stunden gebraucht, im Ganzen, ohne die Rasten, etwa 11 Stun- den. Ich für meine Person würde es vorziehen, diesen Pass umgekehrt zu machen, vom Eringerthale hinaufzu- steigen und ins Zmuttthal hinunter, da über die Gand- massen leichter hinauf als hinunter zu kommen ist. fre- fährlich ist der Pass nicht, wohl aber beschwerlich, und wer einen Begriff von der Gletscherwelt im Grossen ha- ben will, der findet hier die beste Gelegenheit. Bei sol- chen Gletscherpässen ist übrigens der Weg jedes Jahr anders, es können sich Schründe bilden und den Weg- versperren, von denen man ein anderes Jahr keine Ah- nung hat; in dieser Beziehung hatten wir es weit besser getroffen, als Hr. Forbes. Unser Plan ging nun dahin, über die Gletscher in das Bagnethal zu gelangen , und zwar hinter dem Here- mencethal durch. Jean Praiong bot sich uns als Führer an, da er wenigstens theilweise mit der Gegend bekannt ZU war. Wir machten am Vormittag des 16. August noch einen kleinen Ausflug nach Evolena hinunter, wo die ganze Bevölkerung des Thales zur Feier des St. Theo- dulfestes versammelt war. Wir fanden eine Menge ge- waltiger Blöcke von dolomitischem Kalke, oberhalb des Dorfes, auf den Wiesen zerstreut; sie sind von dem Ge- birgszug der Sacheneire herabgestürzt, in welchem sie eine Schichte bilden, und werden zum Brennen verwen- det. Nachmittags brachen wir unter Führung von Jean Pralong und Madutz in das Thal der Zähne oder von Arolla auf; es ist eine waldige Schlucht, in deren Tiefe der Bach fliesst. Wir hielten uns westlich in der Höhe, meistens durch Wald, zuweilen über Alpen, und kamen nach dreistündigem Marsche in unser Nachtlager auf der Alp Arolla. Diese ist bedeutend über das Thal erhaben, und bietet einen schönen Standpunkt. Unmittelbar unter uns in der Tiefe lag der Arollagletscher, von einem klei- nen Fichtenwäldchen eingeschlossen, im Hintergrunde von der Masse des Mont Collon begränzt, um welchen er sich östlich herumzieht, westlich drängt sich der Glet- scher von Vuibez vor. Oestlich von uns erhob sich die Gebirgsmasse der Dents vom Vejuy an bis zu den Becs de Zardezan, am Grenzkamme. Gegen SW. erhebt sich die Pigne d’Arolla und sendet zwei Seitengletscher ge- gen das Thal hinunter; der südliche heisst glacier de Piece, der nördliche glacier d’Otemma, auf der Nord- seite von den Felsmassen von Zinareffien eingeschlossen. Uns zur Rechten zog sich ein kleines Thälchen gegen das Val d’Heremence hin, das wir am folgenden Tage zu durchschreiten hatten. Am 17. August brachen wir nach 4 Uhr aufin das Thälchen hinein, das im Hintergrunde von dem Mont- rouge geschlossen wird. Wie wir vorwärts schritten, ka- vu MB men wir an einer mit spärlichem Rasen bedeckten Hügel- reihe vorbei. Wir fassten dieselbe näher ins Auge, und sahen, dass es nichts anderes sei als eine Moraine; zu- gleich entdeckten wir noch zwei solcher Hügelreihen, die parallel mit derselben liefen, so hatten wir zwei Seiten- morainen mit einer Mittelmoraine vor uns. Als wir wei- ter wanderten, öffnete sich beim Montrouge ein zweites Nebenthälchen; auch dieses war mit solchen Moränen- hügelreihen durchzogen. Beim Montrouge trafen diese beiden Hügelzüge zusammen, und die Sache wurde et- was verwickelt. Da wir uns nicht länger aufhalten konn- ten, so war es schwer, sogleich ein klares Bild über die ganze Hügelbildung zu erlangen; so viel war ausgemacht, dass wir das ganze Gerüste von zwei kleinen Gletschern vor uns hatten, nur die Gletscher selbst fehlten. Ich kenne keine andere Stelle in den Bergen, wo eine ähn- liche Erscheinung sich zeigt. Wir mussten uns hier ent- schliessen, ob wir uns das Seitenthälchen rechts hinauf wenden und über den Pas de Riedmatten auf den Glet- scher von Liapec herabsteigen wollten, oder links an Montrouge vorbei über den Pas de Chevres. Es war nämlich früher einmal ein Hr. Domherr Riedmatten in diese Gegend gekommen, und hatte den Weg, der nach ihm den Namen erhalten, vorgezogen, um über eine steile Risi hinab auf den Liapecgletscher im Hintergrunde des Heremencethales zu gelangen. Dieser Weg war der längere. Wir zogen den kürzeren vor und hielten es mit den Ziegen. So stiegen wir- die Rasenwand links am Montrouge hinauf. Auf dem Grate blickten wir auf den Liapecgletscher hinunter; eine senkrechte circa 50 Fuss hohe Felswand führte auf denselben herunter, der Pas de Chevres. Das Gestein war schiefriger Serpentin. Glücklicher Weise war die Schichtenbildung der Felswand SRBRUR.. ; /= "banal der Art, dass sich eine Art Runs quer durch dieselbe herabsenkte, in welchem wir uns von Absatz zu Absatz herablassen konnten. Dieses wurde der grössern Sicher- heit wegen mit Hülfe des Seiles bewerkstelligt. Es dau- erte eine halbe Stunde, bis alle auf dem Gletscher ver- sammelt waren. Leider war uns aber diessmal das Wet- ter nicht günstig. Schon am Morgen früh war der Him- mel bewölkt gewesen. Wir brauchten fünf Viertelstun- den bis zum Pas de Chevres und waren um 6 Uhr auf dem Gletscher. Bald regnete es etwas, doch konnten wir die Formen der Berge noch deutlich unterscheiden. Wir befanden uns am Fusse des Grand Otemma, der noch einige 1000 Fuss über uns sich erhob, und überblickten den untern Theil des Liapecgleischers, der sich gegen das Heremencethal herabsenkte, das in düsterm Grau verborgen war. Vor uns stieg der Firn in die Höhe, auf der Südseite von einer Felswand vom Grand Otemma her begränzt, auf der Nordseite von einer solchen des Montblanc du Liapec. Dieser beginnt die Bergreibe, wel- che das Heremencethal vom Bagnethal scheidet. Wir überschritten nun den Gletscher, auf welchem wir Steine vom Grand Otemma her antrafen, es war Goneis, und stiegen den Firn hinan, der mit gewaltigen Schründen durchzogen war, die uns aber nicht am Vorwärtsschrei- ten hinderten. Nach 11/g Stunden hatten wir die Höhe des Col d’Otemma, wie wir ihn nannten, erreicht. Der Regen hatte sich inzwischen in Schneegestöber verwan- delt, und auf der Höhe tobte ein Wind, der uns umzu- werfen drohte. Der Boden war gewölbt und Glatteis, so dass der frisch fallende Schnee uns in dieser Bezie- hung dienlich war, da er den Füssen mehr Halt gab. Von der Höhe senkte sich ein Firn und Gletscher gegen das Bagnethal herab, aber niemand von uns wusste den- NEE IE selben zu benennen. Keller hat auf seiner Karte einen Fenitragleischer, der so ziemlich der Lage dieses Glet- schers entspricht; Forbes spricht von einem Glacier de la Brena, der seiner Schilderung nach in dieser Gegend liegen muss. Wir liessen Wind und Schneegestöber auf der Höhe zurück und ritten über den Firn dieses Glet- schers hinunter, da die Beschaffenheit desselben es ge- stattete. Dann liessen wir den eigentlichen Gletscher rechts liegen und wandten uns links südlich auf das Abere zu, eine Geröllwand herabkletternd. Hier hatten wir den ersten Blick ins Bagnethal. Unmittelbar uns gegenüber erhob sich der Combin, mit seinem Gipfel in Wolken verhüllt; von ihm senkte sich ein Gletscher ins Thal hin- unter und schloss den Hintergrund desselben. Forbes nennt ihn glacier de Duran. Zwei andere Gletscher starr- ten mehr nördlich in die oberhalb der Felswände liegen- den Schaafalpen hinunter, nach Kellers Karte die Glet- scher von Borcharesse und Corbaichere. Links unter uns in der Tiefe zog sich ein anderer Gletscherarm um den Grand Otemma herum, einem erstarrten Flusse gleich, nach Forbes Angabe der Glacier de Chermontane, der aber nicht, wie Forbes glaubt, ins Heremencethal führt, sondern ohne Zweifel mit dem Glacier de Vuibez, der westlich von Mont Collon hervortritt, in Verbindung steht. Zwischen diesem Chermontanegletscher ‚und dem Duran- gletscher erhebt sich der Mont Gel& und westlich davon führt der Col de Fenätre ins Aostathal hinüber. Wir stiegen nun vollends die Geröllwand des Kammes hin- unter und gelangten dann über einige Felsriffe neben dem Spiegel eines kleinen Seees vorbei auf die Getroz- alp. Vor uns lag der Getrozgletscher ausgebreitet, am Fusse des Mont pleureur auf einer Felswand ruhend. Aus der uns gegenüberliegenden Thalwand konnten wir Pa schliessen, dass wir uns oberhalb einer Felswand befan- den, daher hielten wir uns, für einmal noch, in der Höhe, überschritten mehrere Bäche, und erblickten end- lich, nachdem wir 2)/% Stunden herabgestiegen, die Hüt- ten der Alpe. Wir lagerten uns auf einem Vorsprung denselben gegenüber und stiegen dann nach kurzer Rast auf gebahntem Wege einer Felswand nach ins Thal von Torembec, wie der oberste Theil des Bagnethales heisst, hinunter. Alle Bäche, die wir überschritten, stürzten als Wasserfälle über diese Felswand zu Thal. Wir wa- ren nun an der Stelle, die ich schon oben geschildert, und kamen nach fünfstündigem Marsche glücklich in Chable, dem Hauptorte des Bagnethales, an. Ich schliesse hiemit meinen diessjährigen Bericht und hoffe, wenn die Verhältnisse es.gestatten, das folgende Jahr wieder diese Gegenden besuchen und über diesel- ben noch weitere Aufklärungen geben zu können. Hr. Ing. Denzler. — Mathematische Notizen. (Vorgelegt den 10. Dezember 1849.) 1. Satz über die Flächen von Dreiecken zwischen Parallelen. Satz. Zwischen n Paaren von parallelen Linien £ : 3 8n(n —1) (n— 2 mit 2n(n — 1) Schnittpunkten liegen = ı ie he Dreiecke, welche unter sich und mit den Parallelen nur die Spitzen gemein haben und wovon die durch com- plementäre Schnitipunkte gebildeten Dreiecke gleich gross sind. Erläuterung. Es sei a1, bi, &...m die eine Linie und ag, bs, ©... ng die andere Linie jedes Pa- yes rallelenpaars, so bezeichnen ajbı, aıcı . - » aını, bics . . . biny,...cın, Schnittpunkte und agbz, aaca...agng, bzcz ... bang... cang ihre complementären Schnittpunkte und dann muss Alaıbı, agcı, bacz) = Alazba, aıcz, bıcı) A(aıbg, azcı, bice) = Alazbı, area, bacı) A(lzmg, ling, mın,) = Allımı, len, mgna) etc. sein. Die angeführte Anzahl der Schnittpunkte 2n{n — 1) ist das Maximum für n Parallelpaare. Nimmt diese An- zahl ab, so vermindert sich um so mehr auch die An- zahl der gebildeten Dreiecke. Die Anzahl der für das Maximum von Schnittpunk- ten entstehenden Dreiecke ist leicht abzuleiten und soll hier nicht besprochen werden. Dagegen bemerken wir, dass der Beweis für den allgemeinen Satz sich auf den- jenigen für drei Parallelenpaare reducirt, weil je die zwei einander gleichen Dreiecke in den drei gleichen Paaren liegen, dass ferner in diesen drei Paaren die Nachwei- sung der Gleichheit je zweier complementärer Dreiecke, wenn er nur allgemein geführt wird, volle Beweiskraft für die übrigen drei Paare hat. Beweis. Die Parallelen mögen von ‚links nach rechts fortschreitend in der Ordnung ayagbjczcıcz.... auf einander folgen. Es sei a, die Abscissenaxe und A, B, GC... die senkrechten Abstände der Parallelen a} und ag, bı und ba, c, und cz...; ferner sei @ der Winkel von b; und ba mit a; und ag, & der Winkel von c; und c, mit a; und ag und ß und y die Entfernungen der Schnittpunkte a,b; und a,cı vom Anfangspunkt der Coor- dinaten und endlich sollen die Abscissen X,,p,» Kaybr, Xapbı- den darauf senkrechten Ordinaten Y,p,, Yayb Vasb; - : » entsprechen. Pre | 9 Für die Behauptung Al(asbı, aycı, bacg) = Alaybg, agcz, bıcı) hat man z s C Ka =B— Aetg. Xıe PR EEE sin ı (B - = ENT ee sin p cosb Snw—-— 9) ar — ut Vaiei Be Me boca C x > nel Dat ee sin () — 9) Ba X ,jba huge sin p’ Anaal — arte rn Actg vb, (B — pp) sing cosy sın (d — 9) Apıcı = — (B — p) sing sin d sin (d — Q) / 7 Yan; == 0, Yarez 2 A, Yes = Für diesen Fall muss man haben AlX,.n, - ++ Yıoc) (pr — Kl nt RE Kpper — y) B \ er AB it Kazcz IP nn) BERATr Yycı) (Vazco ai= Xpıcı) eg, Vs (B vr Ar 5 welche Gleichung sich reduzirt auf ni sin .p AB RT Ay ug Ak. — Kaobı > Vipooo 2 yY boco — AB 15 sin @ BY > 7 7 / ug AA Rs Rn \ bıcı 7” ß- Vanins “EZ sin p Ba m: Seizi man für die Coordination ihre oben angege- benen Werthe in diese Gleichung und reducirt, so wird sich endlich auf beiden Seiten der Gleichung der Werth Null ergeben, womit dann die Richtigkeit des Satzes; Alagbı, aycı, baca) = Alaıba, age, byc,) und folglich auch des allgemeinen Satzes bewiesen ist. Dieser Satz schliesst auch den aus der Elementar- Geometrie bekannten über die Gleichheit der Dreiecke zwischen Parallelen bei gleichen Grundlinien in sich ein. Auf ähnliche Art könnte man zu beliebigen Vielecken, ja auf Pyramiden zwischen mehrern parallelen Flächen- paaren übergehen. Ebenso würden Untersuchungen über die von den Parallelen oder einzelnen Punkten dersel- ben beschriebenen Curven nahe liegen. Einstweilen wol- len wir aber diese Fragen unbeantwortet lassen. 2. Eine neue Anwendung des Lehrsatzes von der Aehnlich- keit der ebenen Dreiecke. Wenn die Schenkel eines \ Winkels von Parallelen ge- | schnitten werden, so erhält man bekanntlich ähnliche oder proportionale Dreiecke, deren merkwürdige Eigen- schaften in den Lehrbüchern der Geometrie meistens sehr - ausführlich behandelt wer- - den. Man braucht indess nur - die einfachste Beziehung auf dem nächsten Wege zu ver- folgen, so erhält man die interessante Lösung der Auf- gabe, ganze oder gebro- chene Zahlen mit dem Zirkel zu potenziren. Er Sei nämlich AQ eine von den Parallelen BK und Cl geschnittene gerade Linie, so wird, wenn BD = AB gemacht ist, CE = AC sein. Setzt man nun AB=a, AC = b und zieht EF parallel AQ und AG durch F, so erhält man: AB:BF=AC:CG oder a:b =b:(CG, woraus (G — = gefunden wird. Ist nun abermals GH | AO, so ergiebt sich: AB: BH = AC: Cl oder, weil 2 3 BH = CG ist: a: n = b:CI, woraus CI = . folgt. Ä i . . Luk Die Wiederholung dieser Operation wird successive — a b5 bs ; s i —, =, U. S. w. geben, somit, wenn a als Mass der Li- at a? nien CE, CG, CI u. s. f. angesehen werden will, so bil- det sich nach und nach die Reihe: b! b2 b3 b+ b» we Bi, ever area Wie weg al 2 83 a a" worin - ‘eine ganze oder gebrochene Zahl vorstellen kann. Ebenso zeigt sich: AC : AB = Cf: Bg odrb: a — 3 A 3 —2 a: Bg, d.h. Bg — n- > und weiters Bi= 5; _ = oder auch, wenn b als Mass betrachtet wird, successive Pit He 7 (NR 1) rafir Oma Pa En ee («) Setzt man dagegen BD einer beliebigen Grösse c gleich, so ergiebt sich durch die successive Entwickelung der Werthe CE, CG, CI für den Massstab a und der Werthe von CD, CG, Ci u. s. f., für den Massstab b nachstehendes Reihenpaar : be b2e b3e b"-1c a2 ad a ar e/b\-! e/b\-? eh; ejb\-" +1 G) &) a >) BF NE u) Bezeichnet man AB mit A, AC mit B, AQ mit G, u. s. f., ferner BD mit a, CE mit b, u. s. f., und ver- längert die Parallelen mit AQ rückwärts, so lassen sich nachstehende Proportionsverhältnisse ermitteln: De A er bi eat ee EEE ce woraus, wenn man A als Massstab annimmt, folgende Reihe hervorgeht: aB aBC aBCD aBCDE aBCDE...N ST a Me re und insofern A — 1 gesetzt wird, so geben die succes- siv entwickelten Linien Produkte von Zahlen an, die durch Linien repräsentirt sind. Dieses Liniensystem ist also geeignet, Zahlen von Flächen- und Körperräumen sowohl als die von höhern Ordnungen sinnlich darzustel- len, oder, praktisch gefasst, die Multiplikationen, Divi- sionen und Potenzirungen niederer und höherer Ordnun- gen selbst zu vollziehen. PR. Wr 3) Neues Verfahren bei der trigonometrischen Anwendung des Pothenot’schen Problems. Nach Tobias Mayer ist: 9o— 3560 — a —ß-y angenommen und dann findet sich: AB sin. y BC sin. ß sin. @ cotang. A — colang.@ + woraus BD — AB sin. A sin. B Ab u sin. ß cD = BC sin. (7 + 9 — A) sin. Y folgt. Nun sollten aber nicht allein «, ß und y vom sphärischen Excesse befreit sein, was also von vorn her- ein eine Wiederholung der Rechnung bedingt, sondern es sind, wenn zwischen mehr als drei gegebenen Punk- MITTHEILUNGEN DER NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. N? 15. BR: 1850. Hr. Ing. Denzler. — Mathematische Notizen. (Schluss.) ten die Winkel gemessen werden, immer einige Berech- nungen anzustelien. So z. B. geben vier Punkte die sechs Kombinationen abe, abd, abe, acd, ace und ade, 5 Punkte bedingen deren zehn u. s. w., woraus sich nicht bloss eine bedeutende Weitläufigkeit erzeigt, son- dern überdies, wegen dem Mangel an Zusammenhang der einzelnen Kombinationen unter sich, der Auffindung des wahrscheinlichsten Werthes jeder gesuchten Seite sich Schwierigkeiten entgegenstellen, die in der Incon- gruenz der Bedingungen ihren Ursprung nehmen. Wir huben daher den Weg des blessen Versuchs dem der Berechnung vorgezogen, inden wir dem»gesuch- ten Winkel: A entweder einen beliebigen oder einen auf Schätzung beruhenden angenäherten Werth beilegten, oder indem. wir vermittelst roher Berechnung nach der oben angeführten ‘Formel einen hinreichend genauen Werth irgend eines unbekannten: Winkels ermittelten, um theils den sphärischen Excess zu ermitteln, theils die Reehnung in’aller Schärfe führen zw dürfen. Letzteres ist immer zulässig, sobald die noch vorzunehmenden Korrektionen weniger als eine Minute betragen werden. Band 11 6 a Das Rechnungsverfahren besteht nun dariu, dass man vermittelst des angenommenen, geschätzten oder berech- neten ersten Winkels alle übrigen berechnet, den sphä- rischen Excess eliminirt und bei den Log. sin. der Win- kel die Differenzen pr. Minute oder Sekunde aufführt, da dieselben als Gewichte und zugleich als Korrektions- mittel zu dienen haben. So waren z. B. gegeben: Auflrchel (F) beobachtet: Z. Randen (A) — Schauenberg (A) = 119° 23° 14.6 /. Sehauenberg (A) — Uto (B) sr aT az /. Uto (B) — Lägern 42° 6° 444 /. Lägern — Randen (A) = 4182 .261158%%6 /. Schauenberg (A) — Lägern 1230 9746759 /. Uto (B) — Randen (A) 160° 33° 42.7 Il Schon gegeben: log. Seite = 4.619 0372 in Metern. » » = 4.488 9463 » 4.210 0296 » 4.543 4913 » 4.546 5632 » » » = 4678 06067 » S Ferner war gegeben: Auf Randen (A): / Schauenberg (A) — Lägern = 53° 54° 47.5 » Schauenberg (A): / Uto (B) — Randen (A) = 80° 47° 50.5 » Uto (B) : / Lägern — Schauenberg (A) = 91° 28° 26,8 » Lägern : / Randen (A) — Uto (B) = 133° 49' 29.4 /. Uto (B) — Lägern = 14° 13° 392 /. Lägern — Randen (A) —= 53° 21° 468 /. Randen (A) — Schauenberg (A) = 59° 30° 57.0 /. Schauenberg (A) — Ute (B) = 61° 6’ 1'2 Gehen wir von der ersten rohen Bestimmung -ab, setzen den Winkel Uto (B) — Irchel (F) auf Schauen- berg (A) = 50° 12’ als bekannt voraus, befreien wir = u — ferner sämmtliche Winkel vom sphärischen Excesse, so erhalten wir: - Dif.p.Sek. Log. Sin. Log. Seite. Uto (B) (g) 49° 44' 57.7 — 17.8 9.3882 6527 4.378 1800 + Schauenberg (A) 50° 12° 0*0 + 17.6 9.885 5215 4.381 0488 Irchel (F) 800 3° 2443 9.993 4190 4.488 9463 — Schauenbg(A)(g) 30° 35° 19.6 — 35.6 9.706 6093 3.385 4674 + Randen (A) (g) 30° 1'262 + 36.5 9.699 2842 4.378 1423 Irchel (F) 119° 23° 14.2 9.940 1791 -4.619 0372 — Randen (A) (g) 23° 53° 20.6 — 47.6 9.607 4195 4.206 8048 + Lägern (g) 370 39° 41,1 + 27.3 9.786 0370 4.385 4223 Irchel (F) 118° 26° 58*.3 9.944 1060 4.543 4913 Dif. 1”. Log. sin. Log. Seite. — Lägern (g) 36° 9° 47.8 + 2.3 9.997 4825 4.381 0588 + Uto (B) (g) 419 45° 28.4 + 23.7. 9,823 1809 4.206 7572 Irchel (F) 42° 6° 13.8 9.3826 4533 4.210 0296 — Lägern (g) 350 3° 47.0 —,30.0 9.759 2721 4.378 1590 -+ Schauenbg (A) (g) 22° 46’ 26.4 + 50.1 9,587 8201 4.206 7370 Irchel (F) 122° 9° 466 9.927 6463 4.546 5632 — Randen (A) (g) 9° 40° 17.5 - 123.6 9.225 30 1 4.381 1447 + Uto (B) (g) 9° 46° 0°.o +1223 9.229 5185 4.385 3551 Irchel (F) 1600 33° 42.5 9.522 1701 4.678 0067 Die Vergleichung der Ergebnisse für die nämlichen Linien zeigt, dass der angenommene Winkel von 50° 12° zu klein, folglich der dritte, geschlossene im nämlichen Dreiecke zu gross ist. Nimmt man hier die Winkel auf Irchel (F) als richtig an, was erlaubt sein wird, da sie den Umkreis nur 0.1 zu gross angeben, so erhält man für sämmtliche Winkel und die logarithmischen Differen- zen die Zeichen sehr leicht, wobei nur wohl zu beach- ten, dass die Differenzen bei Winkeln über 90° umge- kehrte Zeichen der Winkelkorrektion erhalten (wie hier bei Lägern im 4. Dreiecke), weil wachsenden Winkeln über 90° abnehmende Sinus entsprechen und umgekehrt. u. Vergleicht man. die, erhaltenen Basen und logarithmischen Sinusdifferenzen (per Sekunde), so ergeben, sich ,nach- stehende verschiedene Ergebnisse für die noch anzubrin- gende Winkelkorrektion: Log. Seite Uto (B). — Irchel (F) — 4.381 0488 4.381 0588 4.381 4447 Diff. 17.6 ' ui Fe | Gorr, == 55 = 5 / ea an R “ Corr.— 6,8 > Butt Er in [77 BR AR con. = ar ° s) Log. Seite Schauenberg (A) — Irchel (F) = 4.378 1800 4.378 1423 4.378 1890 if. — 17.8 Diebe | Corr. = 6.9 » + 36.5 Corr, = 7.4 ) sek a Cor. — 7:0 Log. Seite Randen (A) — Irchel (F) = 4.385 4674 4.385 4223 4.385 3551 Diff. — ir Cor. ua » + 273 Ccorr. = 74 “4 na ab Corr.=)7".1 Log. Seite Lägern — Irchel (F) = 4.206 8048 4.206 7572 4.206 7370 Diff. — 47.6 | Goes 6. ur 281 Corr. = 6.9 „— 77 y ee 2 Da die Korrektionen so wenig verschieden ausfallen, so mag das einfache arithmetische Mittel der ‘aus den grössten Unterschieden (Gewichten) abgeleiteten Werthe genügen. Wir erhalten dann: = m —_ 959 : 141.2, 859 : 125.9 | 3472.:.254,3 01: 08.5 | 2.,5844.,.8008-2, Br 1123 : 157.9 672 : 95.0 476 : 71.3 678: 97.7 Bringt man nun diese Korrektion vermittelst der angegebenen Differenzen sogleich an, so erhält man für Log: Seite Uto (B) — Irchel (F): 1) 4.381 0609 —= 24047.00 Meter 2) 4.381 0604 —= 24046.97 , 3) 4.381 0594 = 24046.92 » Log. Seite Schauenberg (A) — Irchel {F): 1) 4.378 1677 = 23887.33 Meter 2) 4.378 1675 — 23887.32 , 3) 4.378 1683 = 23887,37 |, Log. Seite Randen (A) — Irchel(F): 1) 4.385 4428 = 24290.85 Meler 2) 4.385 411 — 24290.76 , 3) 4385 4395 — 24290.67 Log. Seite Lägern — Irchel (F): 1) 4.206 7720 == 16098.00 Meter 2) 4.206 7736 = 16098.06 , 3) 4.206 7716 = 16097.99 » Diese Werthe weichen zwar nur in den Hauptthei- len der Meter von einander ab, hätten jedoch bei um- ständlicherer Behandlung, auf die hier absichtlich nicht eingelreten werden wollte, einander bei weitem näher gebracht und ihren Gewichten nach ausgeschieden wer- den können. _ Die nämliche Methode ist auch in den Fällen beim Messtisch angewendet worden, wo sich sehr unsichere FE Schnitte ergeben haben und immer mit unerwartet gulem Erfolge, so dass die Umständlichkeit des Verfahrens durch den höhern Werth der Ergebnisse mehr als aufgewogen wurde. 4 Stud. J. Rahm. — Leber die Nerven der Cornea. (Vorgetragen den 4. Febr. 1850.) Es unterliegt jetzt wohl keinem Zweifel mehr, dass die Cornea der Wirbelthiere Nerven besitze. Es wurde dies schon durch Schlemm (Berliner encyclop.-med. Wörterb. Bd. IV. pag. 22— 23.) bei Schaf, Rind, Hirsch, Pferd, Hund durch Bochdalek (Isis 1838. pag. 587.), durch Valentin (De funet. nervor. p. 19.), durch Pap- penheim (Compt. rend. de l’Acad. T. XV. p. 519, v. Ammons Monatsschrift 1839 p. 281.), durch Purkinje (Müllers Archiv 1845 p. 202.) angegeben. Im Jahr 1848 wurde diese Thatsache durch Beobachtungen von Kölliker, die er in den Mittheil. der Zürch. naturf. Gesellschaft niederlegte, noch näher festgestellt. Kölliker wies diese Nerven nach beim Menschen, beim Kaninchen, beim Huhn, bei der Taube, beim Frosch und beim Fluss- barsch. Bei der Untersuchung verschiedener Thiere wurden diese Nerven, ausser bei den von Kölliker angeführten, gesehen beim Ochsen, Schwein, bei der Katze, dem Hund, der Maus, beim. Sperling, beim Frosch und bei der Esche. Die Zählung der Stämme gab oft bedeutende Differenzen, sowohl bei verschiedenen Individuen der- selbeu Spezies, als auch bei beiden Hornhäuten dessel- a = ben Thieres; so wurden in der einen Gornea eines jun- gen weissen Kaninchens 8, in der andern 9 Stämme ge- funden, bei einem ausgewachsenen Thier in der einen 12, in der andern 14. Wie die Zahl der Stämme, so war auch ihre Stärke und ihre Vertheilung auf dem Um- kreis der Gornea sehr verschieden, so dass der eine Kreisvierttheil der zuerst erwähnten Hornhaut 2 (dickere), der andere 4 (schwächere), der 3te wieder 4 istarke und schwache) und der 4te 2 dieke Stämme besass. Ueber den Verlauf und Ursprung dieser‘ Nerven gibt Kölliker mit Brücke (Anatom. Beschreib. des menschl. Augapfels. Berlin 1847.) und andern Autoren an, dass sie von den Nerven der Iris herstammen. Es durchboh- ren nach diesen Angaben die Nervi ciliares (die N. cil. breves vom Ganglion ciliare, die N. c. longi vom Re- mus naso-ciliaris des Quintus kommend) die Sclerotica an ihrer hintern Hemisphäre, verlaufen im Stroma der Cho- rioidea, den Gefässen derselben anliegend, nach vorn und trennen sich dort; ein Theil versorgt den M. tensor chorioid., ein anderer die !ris und ein dritter, schwäche- rer, durchbohrt die Sclerotica nicht weit vom Rande der Cornea und tritt in die letztere ein, um sich in deren Sub- stantia propria zu verzweigen. Darüber nun gaben die vorliegenden Untersuchungen ein anderes Resultat. Es musste bei der CGornea des weissen Kaninchens auffallen, dass längs der Peripherie derselben sehr oft Aeste vom Nervenstamm sich lostrennten und ‚wieder nach der Scle- rotica zurück Zweige abgaben; ebenfalls kam es einige Mal vor, dass eine Abtheilung Nervenfasern mit einem Stamme bis gegen 2'' in die Hornhaut hineinverlief, sich dann plötzlich lostrennte und in einem Bogen wie- der zur Sclerotica zurückkehrte. Es musste der Gedanke nicht fern liegen, dass die Nerven der Gornea und Sele- — 88 rolica zu "einander in einem, nähern Verhältniss stehen. Die Sclerolica sammt der Cornea von einem weissen Ka- ninchen wurden nun sorgfältig von allen anhängenden Theilen befreit, und in 4 Segmente geschnitten, deren Grenzlinien hinten an der Einmündungsstelle des. N. op- - licus und vorn in der Mitte der Gornea zusammentrafen, Die, Sclerotica wurde mit Essigsäure durchsichtig gemacht und es ergab sich nun bei der mikroskopischen ÜUnter- suchung folgendes Resultat: Es treten an der hintern Hemisphäre der Sclerotica mehrere, ziemlich starke Ner- venstämme ein und verlaufen in der Substanz.der- selben nach vorn zur Gornea. Der Verlauf eini- ger solcher Stämme wurde auch ‚gezeichnet. , Auf dem Wege zur Gornea gaben diese Stämme zahlreiche Aeste ab, die sich sowohl in der Selerotica unmittelbar ver- zweigen, als auch unter sich häufige Anastomosen bil- den. Je weiter die Stämme nach vorn dringen, desto mehr verzweigen sie sich und dringen endlich‘ mit zahl- reichen Aesten in die Cornea selbst ein, Es lässt sich leicht erklären, dass Aeste wieder zur Sclerotica zurück- kehren, weil die Nerven beider Häute wieder von einem Haupistamme entspriugen, ebenso, dass die Zählungen so. verschiedene Resultate gaben, weil nämlich. die Ver- ästlung bald näher der Cornea bald entfernter von ihr vor sich geht, Ueber die Endigung der Hornhautnerven gibt‘ Köl- liker an, dass dieselben höchstens in einer Länge von 0,4'"'—0,6'' das gewohnte dunkle Ansehen darboten, dass sie von.da an blass, durchsichtig und immer feiner werdend nach der Mitte der Hornhaut gingen und. dort Netze bildeten, ohne sich je zu verästeln. Auch darüber gaben diese Untersuchungen ein abweichendes Resultat.. Bei den übrigen Thieren, sowie auch beim — 89 grauen Kanisichen wurde das von Kölliker angegebene ebenfalls beobachtet; beim weissen hingegen: konnte man gewöhnlich die Primitivfasern mit ihrem gewöhnli- chen Charakter bis in die Mitte sehen; zweimal sind auch deutliche Theilung der Nerven beobach- tet:und gezeichnet worden. Jedes Mal gingen die Theilungsäste' unter fast rechtem Winkel auseinander. Das eine Mal’ fand die Theilung in einem Stamm von'6 Fib- rillen, das andere Mal an einer einzelnen Faser statt, deren 'Aeste sich bald der Beobachtung entzogen. *) ‚Eine andere Beobachtung lässt sich noch hier an- reihen. An der Hornhaut frischer, Ochsenaugen zeigten sich am Umfange der Gornea zahlreiche Gefässschlingen, die in. dieselbe hineindrangen; mit ihnen liefen immer Nervenstämme. Die Messung zweier dicht nebeneinan- der. laufenden Schlingen gab folgendes Resultat: ‚Die Breite des Haargefässes 1/00‘, die Breite der äussern Schlinge 4/2‘, die der innern 1/6“, ‘die Länge der äussern 1‘, die der innern 3/4‘. Dr. Giesker und Dr. Frey.— Helminthologischer Beitrag. (Vorgetragen den 18. Febr. 1850.) Herr Dr. Giesker wurde am 30. Dezember 1848 behufs einer Konsultation zu. der Frau eines Fabrik-Auf- sehers in einer Seidenzwirnerei bei Zürich gerufen. Nach .‘) Ausser in der Cornea des weissen Kaninchens wurden noch Theilungen schmaler Nervenfasern beobachtet beim Frosch: in allen Mesenterien, im Augenlied , in der Haut; beim Hecht: in den Augenmuskeln. En Be der Mittheilung eines Arztes, welcher bis dahin die Pa- tientin behandelt hatte, leidet diese seit der Mitte Au- gust desselben Jahres an einer Entzündung in der Mitte der rechten Fusssohle, welche ihren Platz oft wechselte, in der Art, dass sie bald mehr am äussern, bald mehr am innern Fussrande erschien, in der Form einer etwas erhabenen, 1—11/; Zoll im Durchmesser haltenden An- schwellung. Eine solche am Fussrande befindliche An- schwellung verschwand dans nach dem Verlaufe von 6—8 Tagen, ohne dass es jemals zu einem Aufbruche kam. Dagegen bleibt die Mitte der Fusssohle immer etwas angeschwollen und schmerzhaft, so dass die Kranke pur mit der Spitze des Fusses den Boden berühren kann, ‚und in der Besorgung ihrer häuslichen @eschäfte verhin- dert ist. In den verflossenen Monaten wurde an der Frau Mancherlei versucht, als Blutegel, Einreibung ver- schiedener Salben, Pflaster, Fussbäder, Aufschläge ete., theils in der Absicht, die Geschwulst zu zertheilen, theils dieselbe zum Aufbruch zu bringen; aber alles vergeblich. Die von Hrn. Giesker vorgenommene Untersuchung ergab Folgendes: Zuerst zeigte sich eine blass geröthete Anschwellung in der Fusssohle, welche von der innern Seite des Gal- caneus sich schräg nach aussen bis zum Metatarsuskno- chen der kleinen Zehe erstreckt. Dieselbe hat aber offen- bar weder mit dem Knochen noch mit dem Periost et- was zu schaffen, ebensowenig mit den Muskeln der Fuss- sohle, indem die Zehen vollständig beweglich sind. Sie haftet vielmehr im Zellgewebe unter der fascia plantaris, beim Anfühlen ist sie nicht besonders schmerzhaft, der Länge nach nachgiebig und scheint, zwar ohne Fluctua- tion zu verrathen, einem Hohlgange in der Tiefe anzu- gehören. Ferner zeigt sich eine kreisrunde, einen Zoll nm — im Durchmesser betragende, pseudoerysipelatös gerö- thete, wenig erhabene Anschwellung etwas oberhalb des Fussrandes in gerader Richtung unter dem Malleolus in ternus. Mitten auf dieser letzteren Geschwulst findet sich ein kleiner schwarzrother Fleck, so dass die ganze An- schwellung an einen entzündeten Insekten- oder Bienen- stich erinnerte, nur dass der schwarze Punkt etwas grös- ser als bei diesem war. Eine Oefinung an der schwar- zen Stelle liess sich nicht entdecken, vielmehr bemerkte man bei genauem Zusehen über diese die unverletzte Oberhaut ausgebreitet. Die Frage, ob sich die Kranke niemals, vielleicht vor längerer Zeit, einen Holzsplitter, Nagel oder ein Glasscherbe etc. in den Fuss getreten habe, wurde von ihr entschieden verneint. Die Krank- heit habe zuerst nicht in der Fusssohle, sondern am äussern Knöchel als runde, entzündliche Anschwel- lung mit dunklem Gentralflecken begonnen, sich erst von da an über den Unterschenkel und die Fusssohle aus- gebreitet und sei anfangs als Ueberröthe (Erysipelas) be- handelt worden. Trotzdem konnte Hr. Giesker die Ansicht nicht un- terdrücken, dass in der Fusssohle ein fremder Körper verborgen sei und die von Zeit zu Zeit am Fussrande erscheinende entzündliche Anschwellung die Bedeutung eines Ausstossungsversuches habe. Geleitet von frühern ähnlichen Beobachtungen wurde deshalb dem anwesenden Arzte und der Patientin der Vorschlag gemacht, die Ge- schwulst, unter welcher ein Hohlgang verborgen, zu spalien, um entweder so eines vorhandenen fremden Körpers habhaft zu werden, oder jenen zur Heilung zu bringen. Es ward eingewilligt und die Operation vollzogen. Zuerst wurde ein Einschnitt in die Geschwulst am innern Fussrande gemacht. Der auf derselben befindliche schwarze Fleck führte an einen kleinen Gang, welcher freilich mit einem grössern in der Fusssohle befindlichen Kanal zu- sammenhing. Letzterer ward mit einem zweiten grössern Schnitte ebenfalls gespalten. Der Verlauf des letztern Ganges entsprach ganz der Lage der oben angegebenen zweiten Geschwulst, er erstreckte sich unterhalb der Fascia plantaris zwischen ihr und den Sehnen der Zehen- beuger und endigte blind am Ballen der kleinen Zehe. Im Kanale fand sich kein Eiter, sondern nur ge- ronnenes Blut, sowie theils abgestossenes, theils miss- farbiges Zellgewebe vor. Ein fremder Körper wurde aber trotz eifrigen Nachsuchens hier nicht bemerkt. Als die ziemlich starke Blutung aufgehört hatte, wurde die Wunde mit Charpie ausgefüllt und ein Verband ange- legt. Mit dem gegenwärtigen Ärzte wurde verabredet, diesen so lange liegen zu lassen, bis er von eingetrete- ner Eitererung durchfeuchtet sei. So blieb der Verband 8 Tage liegen und wurde dann am 7. Januar gelöst, Abermals wurde mit Finger und Sonde nach einem'fe- sten fremden Körper vergeblich gesucht und zuletzt noch die Wunde zu diesem Zwecke von unten her stark aus- gedrückt. | In dem aus der Tiefe hervordringenden Eiter wurde aber jetzt etwas sich wurmartig bewegendes bemerkt, was, mit der Pinzette gefasst, sich als ein thierisches We- sen zu erkennen gab. Es wurde in Wasser zum Behuf einer weitern Untersuchung aufbewahrt. Der anwesende Arzt hielt es für Täuschung. Er fasste, wie er sagte, einen ähnlichen Gegenstand, zerdrückte ihn zwischen den Fingern, in der Vermuthung, es sei nur eine Zellgewebe- masse. a ae Nachdem die Wunde gereinigt war, wurde der näm- liche Verband wie früher angelegt und nach zwei Tagen erneuert; abermals wurde gesucht, aber nichts mehr:ge- funden. Da sich in den nächsten Tagen Granulationen nur spärlich aus der Tiefe erhoben, wurden warme Fo- mentationen übergeschlagen und mit diesen bis zur Hei- lung der Wunde fortgefahren. Aber noch vorher, am 21. Januar, zeigte sich unerwartet neben der Schnitt- wunde am äussern Fussrande eine kleine rundliche An- schwellung und auf derselben wieder der dunkle Fleck. In.der Hoffnung vielleicht einen weitern Beitrag zu diesem sonderbaren Falle zu gewinnen, wurde der letzte sorg- fältig ausgeschnitten. Am 11. Februar war die Wunde geheilt und die Patientin von ihren Leiden vollkommen befreit, so dass sie schmerzlos den Fuss gebrauchen konnte. Als sie am 6. August des Jahres 1849 Zürich verliess, war sie vollkommen wohl. Der letztgenannte der Verfasser untersuchte die aus der Wunde erhaltenen Objekte genauer. Das Thier er- wies sich als ein kleines, etwa 6‘ messendes Exemplar des gewöhnlichen Leberegels, Distomum hepaticum, eine Bestimmung, mit welcher. sich auch später eine aner- kannte Autorität, Herr Professor von Siebold in Frei- burg, einverstanden erklärte. Die übrigen gesammelten Objekte waren unwesentlicher Natur, Eitermassen und Stücke des Epidermis. Der zuletzt ausgeschnittene schwärz- liche Fleck war ein Stück Epidermis, welehe. namentlich in.ihren jüngeren Lagen ein zersetzter Blutfarbestoff bräunlich gefärbt hatte. "Der geflissentlich in aller Breite erzählte Fall liefert einen. interessanten Beitrag zur helminthologischen Lite- ratur. _- Mm = Denkt man zuerst an eine vorgefallene Täuschung, was hier am nächsten liegt, um so mehr, als gerade die Annalen der Medizin an derartigen Irrthümern ungemein reich sind, so könnte wohl allein nur das Distomum mit der Charpie acht Tage vorher zufällig in die Wunde ge- bracht und hier am Leben erhalten worden sein. Hält man sich jedoch an den ganzen Krankheitsverlauf, so wird man wohl ein solches immer höchst unwahrschein- liches Hereinbringen und Fortleben eines Leberegels in die Wunde abweisen dürfen, da zwischen den Anschwel- lungen in der Fusssohle , ihrem Auftreten an einzelnen Stellen und nachherigem Verschwinden, dem Vorkom- men eines Kanales an diesem Theile und dem gefunde- nen Thiere ein causaler Zusammenhang mit grösster Wahrscheinlichkeit existirt. Vor 20 Jahren würde man unstreitig das Vorkom- men des Distomum hepaticum in einem von der Äussen- welt abgeschlossenen derartigen Kanale als ein schönes Beispiel zu Gunsten einer Generatio aequivoca angeführt haben. Gegenwärtig mit dem so erweiterten Wissen in der Naturgeschichte der Eingeweidewürmer wird man den Fall ganz anders erklären müssen, und das vorlie- gende Distomum hepaticum (einen beim Menschen bekannt- lich seltenen Schmarotzer) für einen verirrten Helmin- then anzusehen haben. Dem Zwecke dieser Mittheilun- gen würde ein weiteres Eingehen in diese Materie wicht entsprechen, wesshalb auf die ohnehin bekannten Unter- suchungen Steenstrups und von Siebolds über den Gene- rationswechsel der Trematoden zu verweisen ist. Was endlich die Lebensperiode betrifft, in welcher der Leberegel in den Körper gelangt sein mag, so scheint dieses wohl in der Gercarienform gewesen zu sein, in welcher bekanntlich dieses Thier auch in Säugethiere einwandern Zi dürfte. Der Weg, welchen die Gercarie einschlug, um die Fusssohle zu erreichen, kann ein doppelter gewesen sein. Entweder ging sie in der bei Säugethieren wohl gewöhnlichen Weise in den Verdauungskanal, brach aber alsdann in die Blutbahn herüber, um mit dieser die Fuss- sohble zu erreichen, wo sie in das Zellgewebe wieder sich heraus arbeitete, um hier die Endverwandlung zu erfahren, — oder die Gercarie durchbohrte von Aussen die Fusssoble. Welcher der beiden Wege der wahr- seheinlichere, dieses zu entscheiden mag dem Leser über- lassen bleiben. Sollte die oben erwähnte von dem an- wesenden Ärzte zerdrückie Masse noch ein zweites Exem- plar des Thieres gewesen sein, so würde wohl nur der letztere Weg übrig bleiben. Verzeichniss der Vorweisungen und Vorträge. Sitzung vom 10. Dezember 18%9. 1. Hr. Prof. Mousson liest den zweiten Theil sei- ner Beschreibung von Tarasp im Unter-Engadin und be- gleitet den Vortrag mit Vorweisung einer Karte und meh- reren Ansichten dieser Gegend, sowie mit daselbst vor- kommenden Mineralien. 2. Hr. Ingenieur Denzler legt einige geometrische Sätze vor und spricht 3. über den Einfluss der geodätischen und (opogra- phischen Arbeiten auf die Naturwissenschaften. Sitzung vom 17. Dezember 1849. 1. Hr. Prof. Heer spricht über die im August 1849 beobachteten Ameisenschwärme und weist durch vorge- = WW = legte Versteinerungen nach, dass solche Schwärme schon in der Vorwelt Statt gefunden haben. 2. Hr. Professor Ulrich gibt eine Schilderung sei- ner diessjährigen Reise in der Gegend um den Monte Rosa und der Besteigung dieses Berges. Zahlreiche Pa- noramen, gezeichnet von Hrn. Gottlieb Studer in Bern, eine in grossem Massstabe von eben demselben entwor- fonen Karte, nebst Vorweisung von Mineralien der be- reisten Alpengegend vervollständigen den Vortrag. Sitzung vom 7. Januar 1850. Hr. Prof. Heer legt eine Sammlung von Pflanzen aus den Steinkohlen und aus den Anthrazitschiefern der Alpen vor und entwirft ein Bild von der Flora dieser Erdperiode. Sitzung den 21. Januar 1850. Hr. Prof. v. Deschwanden spricht über den Bau der neuen Brittania-Röbrenbrücke und erläutert das Ver- fahren durch Zeichnungen und Modelle. Sitzung vom 4. Februar 1850. 1. Hr. Prof. Heer weist einige Pflanzen aus, dem Anthrazitschiefer des Col de Balme vor. 3. Hr. Bibliothekar Horner liest eine Uebersetzung aus dem Werke über physische Geographie von Miss Sommerville vor, welche über die Natur und den Cha- rakter. der Mineralgänge handelt. 3, Hr. Prof. Frei berichtet über eine Untersuchung des Hrn. Stud. Rahm aus Schaffhausen über die Nerven der Hornhaut. 4. Derselbe legt einen Bericht über eine eigene Unter- suchung über die Absorptions- und Resorptionsorgane an der Magenschleimhaut. MITTHEILUNGEN DER NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. 4 ON 46. u Near bar 185. Prof. C. Löwig, und Prof. Ed. Schweizer, — iiber Stibaethyl, ein neues antimonhaltiges, organisches Radical. (Vorgelegt den 6. Mai 1850.) Die vortrefllichen Untersuchungen Bunsen’s über das: Kakodyl machten es im hohen Grade wahrscheinlich, dass sich Antimon mit Kohlen- und Wasserstoff zu einem organischen Radicale vereinigen könne. Von dieser Idee ausgehend, versuchte der eine: von: uns.schon vor meh- reren Jahren eine Verbindung dieser Art. durch Einwir- kung von Chlor- oder Bromäthyl auf: Antimonkalium; dar- zustellen.*) :Es wurde in der That. auf diese Weise, be- sonders bei Anwendung von Bromäthyl, eine farblose Flüssigkeit erhalten, ‚welche schwerer war. als) Wasser, an! der Luft einen starken weissen ‚Rauch’ entwickelte, ' sich leicht, in Weingeist und Aether, löste, und durch Sauerstoflabsorption. in.;einen: weissen in Wasser löslichen Körper überging, welcher deutlich sauer. reagirte, ‚In der ‚wässrigen Lösung ‚bewirkte Schwefelwasserstoff einen 'hellgelben ‚Niederschlag, welcher einen starken, mercaptan- *) Chemie der organischen Verbindungen; ‚Bd. 2 5. 433. Band 11, 7 u ähnlichen Geruch besass und im getrockneten Zustande von rauchender Salpetersäure unter Feuererscheinung zer- setzt wurde. Eine Analyse des im luftleeren Raume über Schwefelsäure getrockneten Präcipitats. lieferte Kohlen- und Wasserstoff wie im Aethyl, wesshalb sich vermuthen liess, dass die ursprüngliche «flüssige Verbindung selbst eine Verbindung von Aethyl mit Antimon sein könne. Obgleich es schon längst unsere Absicht war, diesen Ge- genstand weiter zu verfolgen, so würden wir doch jetzt die folgende ‘Untersuchung nicht vorgenommen: haben, wenn uns nicht: die wichtige Arbeit Frankland’s*) über die Isolirung des Aethyls von Neuem dazu veranlasst hätte. Wir bitten jedoch das Folgende nur als eine vorläufige Notiz zu betrachten, und wir: werden im Verhältniss als die mit manchen Schwierigkeiten verbundene Untersu- chung voranschreitet, die Resultate bekannt machen. ‘Das Wichtigste, zu welchem wir 'bis jetzt gelangt, ist,’ dass auf’ die angegebene Weise in der That ein organisches Radical gebildet wird, welches Kohlen- und Wasserstoff im Verhältniss wie im Aethyl, ‘verbunden mit Antimon;,, enthält, und welchem wir vorläufig den Namen Stibä- thyl gegeben haben. Das Antimonkalium, welches wir zur Darstellung des Suibäthyls "benutzen ‚ erhalten wir durch‘ Glühen: eines innigen Gemenges 'von’5 Theilen rohen Weinsteines‘ mil 4 Theilen’'Antimon. ‘Das Gemenge wird in‘einem: be- deckten Tiegel erst langsam bis ‘zur Verkohlung des Weinsteins erhitzt, dann eine Stunde lang einer: Weiss- glühhitze ausgesetzt, hierauf wird der Ofen luftdicht ver- schlossen und der Tiegel langsam erkalten gelassen, wozu wenigstens 24 Stunden erforderlich sind: Man erhält auf P2 ”) Annalen der Pharmazie , Bd. 72. S. 171216. a diese Weise einen vollkommen krystallisirten Regulus, von ausgezeichnetem ' Metallglanz, welcher das Wasser unter heftiger Entwicklung von Wasserstoflgas zerseizt, sich ‚wegen: seiner Dichtigkeit: an der Luft: nur langsam oxydirt und in einer trockenen Reibschaale schnell zu einem feinen Pulver zerrieben ‘werden kann, sich dabei " aber erwärmt und an der Luit sich sehr bald entzündet. Diese Entzündung kann jedoch verhindert werden, wenn man: sogleich beim Reiben 2—3 Theilen feinen Quarzsand hinzufügt: Nach einer Analyse von Hrn. Hilgard aus Nlinois, welcher uns bei unserer Untersuchung thätig unterstützte, enthält die Legirung 12% Kalium. Um das Stibäthyl zu erhalten, kann man sowohl Chlor- als Brom- und Jodäthyl'anwenden; das letztere eignet sich jedoch am besten dazu, weil es noch leichter als Brom- äthyl zersetzt wird. So, wird salpetersaures Silberoxyd durch eine 'weingeistige Lösung von Jodäthyl sogleich ge- fällt; «während ‘Bromäthyl erst nach einiger Zeit auf das- selbe einwirkt. Das Jodäthyl erhalten wir nach der ge- wöhnlichen Methode durch gemeinschaftliche Einwirkung von Jod und Phosphor auf‘ Weingeist. Es ist jedoch nöthig, dasselbe, um es vollkommen phosphor-wasserfrei zu: erhal= ten, mehrmalen mit Jod und Chlorcaleium zu behandeln. Bringt man fein geriebenes Antimonkalium mit Jod- äthyl zusammen, so beginnt nach einigen Minuten eine "äusserst heftige Einwirkung, welche, wenn die Quantität der reagirenden Stoffe gross ist, bis: zur ‚Entzündung gehen kann. Mit grossen‘ Massen zu’ operiren, ist un- ‚möglich, auch ist es nethwendig, um die Heftigkeit der Einwirkung zu mässigen, ‘das Antimonkalium mit 2 -3 Theilen feinem Quarzsand zu zerreiben. Das Antimon- kaliun muss im Verhältwniss 'zum Jodäthyl im ‚grossen Ueberschuss angewandt werden, ' weil, wie’ sich aus den — 10 — Analysen ergeben wird, 3 At. Jod gegen 1 At. Antimon austauschen, und: die Legirung: nur 12 % Kalium ent- hält. Wir bringen nicht mehr‘ Jodäthyl auf das Antimon- kalium, als: nöthig ist, dasselbe schwach damit zu be- feuchten. Wir finden: es am vortheilhaftesten,, zur Darstellung des: Stibäthyls kleine Kolben mit kurzem Halse von 3 bis 4 Unzen Anhalt ‚anzuwenden. Dieselben werden zu %stel mit der frisch geriebenen Mischung von Antimon- kalium ‘und Sand gefüllt: und sogleich Jodäthyl im ge- nannten Verhältniss zugesetzt. Der Kolben wird mit einer gewöhnlichen: gläsernen Destillationsröhre, welche in ‘eine kleine Vorlage mündet, verschlossen. : Nach einigen Mi- nuten tritt die Reaction ein; durch die stattfindende Wär- meentwicklung wird das im Ueberschuss zugesetzte Jod- äthyl 'verflüchtigt und der Kolben selbst mit: Jodäthylgas angefüllt.. Sobald kein Jodäthyl mehr übergeht, wird die Destillationsröhre entfernt: und der Kolben, noch warm, so. schnell als möglich mit dem eigentlichen Apparat in Verbindung gesetzt. Derselbe besitzt folgende Einrich- tung: Ein hohes: weites Cylinderglas ist mit einem Kork, welcher dreimal durchbohrt ist, verschlossen; durch die eine Oeffnung geht eine bis’ auf den Boden reichende Glasröhre , welche, ausserhalb in einen rechten Winkel gebogen, ‘mit einem Apparate in: Verbindung steht, in welchem während der: Operation: fortwährend Koblen-- säure entwickelt und durch eine lange Chlorcalciumröhre geleitet wird. Durch die zweite 'Oeffnung wird eine gleich unterhalb des Korkes mündende, weite, 1-——2 Fuss lange Glasröhre gebracht, aus welcher: die Kohlensäure entweicht. Durch die dritte sehr enge Oeffnung endlich geht‘, die «eigentliche. Destillationsröhre fast bis auf..den Boden: :des Gefässes ‚in welches schon vorher ein-mit — 101 0° — Antimonkalium zum Theil‘ gefüllter kleiner: Kolben ge- bracht wird, der zur Auffangung des ‚Produktes, ' und später’ wieder als Destillationsgefäss dient." Durch den Apparat lässt man, bevor die Operation beginnt ‚' wenig- stens 1/5 Stunde lang’ einen raschen Strom von Koblen- säure gehen, damit sich zuvor alle Theile mit Kohlensäure anfüllen. ‘Der Kolben wird ‘nun auf der Spirituslampe im Anfang schwach und nach und nach stärker so ‚lange erhitzt, bis keine Tropfen mehr übergehen.‘ Der Kolben wird alsdann entfernt ;' die Destillationsröhre, ohne sie aus dem Apparate 'herauszunehmen, mit Wachs verschlossen, und die’Operation, die höchstens 20 Minuten dauert , mit einem zweiten Kolben u.'s.'w., vorgenommen. ' Arbeiten sich zwei in die Hände, und hat man 20- 24 Kolben in Bereitschaft, so kann man sich leicht in einem Tage 4—5 Unzen rohes Produkt verschaffen. Der Kolben: in wel- chem: das Destillat aufgefangen wurde, wird nun in der Athmosphäre von Kohlensäure verschlossen und nach ei- nigen Stunden die Rectification im gleichen Apparate vor- genommen. Um‘ zu entscheiden:ob bei der Einwirkung des Jodäthyls auf Antimonkalium verschiedene Produkte gebildet werden, brachten wir ir den Apparat mehrere kleine Fläschchen und fingen das Uebergehende in 4 Por- tionen auf, was leicht und ohne Verlust durch Drehen des Cylindergefässes geschehen kann. Obgleich das Stib- äthyl: keinen angenehmen Geruch besitzt, so ist derselbe doch so wenig belästigend, dass man selbst‘in einem Zim- mer die Operation vornehmen kann. Wir theilen nun die’ Resultate der 'Analysen der: ver- schiedenen bei (der Rectification erhaltenen Portionen mit. Zum Abwägen der Substanz bedienen wir uns kleiner, enger Cylinderröhren, welche zu einer langen Spitze aus- gezogen sind. Dieselben sind an der ‚Stelle, an welcher — 102 — die Haarröhre ‚beginnt, in einen spitzen Winkel gebogen; die Gapillarröhre ist so lange, dass sie fast auf‘ den Bo- den des oben angegebenen, mit Kohlensäure gefüllten Cylinderglases reicht, in welche sie durch: die enge (efl- nung gebracht wird. durch ‘welche bei der Destillation die Destillationsröhre geht; die Cylinderröhrchen selbst befinden sich ausserhalb des Apparates. Dieselben' wer- den nun mit der Spirituslampe so stark erhitzt, als das Glas, ohne weich zu werden, ertragen kann. Nach dem Erkalten erhitzt man sie abermals und nach 9— 10maliger Wiederholung sind dieselben vollständig mit Kohlensäure angefüllt. Man taucht nun die Spitze in die Substanz, die natürlich sich schun vorher im Apparate befinden muss, und füllt sie so weil an, dass ungefähr der sechste Theil leer bleibt und sich in der Haarröhre keine Flüs- sigkeit mehr befindet. Ehe man die Spitze aus dem Ap- parate herausnimmt, lässt man sie noch so lange in der Athmosphäre mit Kohlensäure, bis die kleine Menge Substanz, welche an derselben haftet, abgedunstet: ist; die Spitze wird dann zugeschmolzen. Um: nun die Cylin- der in die Verbrennungsröhre zu bringen, macht man an der Biegung einen Feilstrich und hricht die ‚Spitze im Momente, in dem man den Cylinder in die Veerbrennungs- röhre bringt, ab; dabei findet, weil sich Kohlensäure im Cylinder befindet, kein Rauchen statt. Die Haarröhre wird hierauf 2—3 Mal zerbrochen und ebenfalls in ie Verbrennungsröbre gebracht. Die Verbrennung geht mit Kupferoxyd ohne Sthwie- rigkeiten 'von statten, aber die Oxydation: ist unvollstän- dig. Wir erbielten von derselben Substanz: 25, 28, 30 bis 33% Kohlenstoff. Die Ursache liegt in der Zerset2- barkeit’ 'der Verbindung durch die Wärme; ‚es, scheidet sich nämlich ein inniges Gemenge, vielleicht eine. Ver- — 103 — bindung von. Antimon und. .Koble , aus, ‚auf, welche das Kupferoxyd nicht ‚mehr 'einzuwirken vermag, \. Dagegen gelingt. die Verbrennung. vollständig, wenn, man dem'Ku- pferoxyd 4—5 % ehlorsaures Kali zusetzt. Das chlorsaure Kali wird geschmolzen, dann zerrieben, mitdem noch warmen Kupferoxyd ‚gemengt und das Gemenge einige Tage unter der Glocke über Schwefelsäure stehen gelassen. Ein solches Gemenge entwickelt ganz gleiehförmig Sauerstoffgas , und man bat die. Begulirung: der ‚Operation ganz in der Hand. In. die Verbrennungsröhre wird zuerst etwas reines Kupfer- oxyd, dann ‚eine Schicht ..des Gemenges, hierauf die Sub- stanz.,: dann: bis; ‚zur Hälfte der. Röhre von der ‚Mischung und zuletzt.;wieder reines: Kupferoxyd: gebracht. , o'Weder Salpetersäure noch Königswasser., bewirken eine vollständige Oxydation des Antimons, Wir versuchten dasselbe zu bestimmen, indem wir in die Verbrennungs- röhre. Zinkoxyd: brachten, dem: ‚etwas ‚chlorsaures | Kali zugesetzt; wurde; ‚wir erhielten: jedoch Differenzen von 5%, je nach der Hitze, ‚welche ,bei der Verbrennung einwirkte. ‚In sehr hoher ‚Temperatur scheint sich. eine Verbindung von Antimonoxyd mit. Zinkoxyd zu bilden, welche weder: von ‚Salzsäure noch Königswasser ange- griffen wird. Bessere und: übereinstimmendere Resultate erhält man, wenn dem Zinkoxyd kein chlorsaures Kali ‚zugesetzt wird. Das Antimon: scheidet sich dann: metal- disch aus, und: ist. leicht durch Königswasser zu lösen. Die besten Resultate erhielten wir jedoch, indem: wir die Verbindung durch: ‚glühenden Quarzsand ; leiteten.: Wir wenden ‚eine lange Verbrennungsröhre ‚an, ‚bringen in ‚den untern Theil: etwas ‚Sand, auf. denselben die Sub- stanz,. füllen. ‚den übrigen Theil zu 3/, mit Quarzsand an ‚und ‚lassen ‚ den. leeren: ‚Theil, der , Röhre aus dem Ver- brennungsofen . herausreichen,, ‚damit. er : kalt‘ bleibt und — 104 — sich in demselben das Antimon) welches’ sich möglicher- weise verflüchtigen könnte, eondensiren kann. Der Quarz- sand wird nun, wie bei organischen Elementenanalysen, nach und nach bis zum Glühen erhitzt, und dann über denselben der Dampf der Verbindung geleitet. Sowie derselbe mit dem glühenden Sand in Berührung kemmt, scheidet sich Antimon krystallinisch aus, und man findet dasselbe gewöhnlich in einem sehr kleinen Raume bei- sammen. Nach dem Erkalten wird der Inhalt der Röhre in ein Becherglas gebracht, die Röhre mit Königswasser ausgewaschen und der Sand mehrere Stunden lang mit _ rauchendem Königswasser digerirt. Man verdünnt nun mit einer Lösung von Weinsäure, fällt das Antimon durch Schwefelwasserstoff und findet die Menge des Antimons durch Bestimmung des Schwefelgehaltes des erhaltenen vollständig getrockneten Schwefelantimons. In der ersten Portion bildeten ‘sich ‘nach. einiger Zeit farblose, spiessige Krystalle, welche Jod enthielten; schon beim Uebergiessen derselben mit verdünnter Sal- petersäure wird Jod frei, was beim Jodäthyl nicht‘ der Fall ist. Wir haben aber bis jetzt diese Krystalle nur in so geringer Menge erhalten, ‘dass es uns nicht mög- lich’ war, eine nähere Untersuchung derselben vorzuneh- men. Auch der: flüssige Theil enthält noch‘ Jod, wel- ches sogleich ausgeschieden wird, wenn man denselben mit concentrirter Salpetersäure zusammenbringt. Bei der Analyse des flüssigen Theiles mit Kupferoxyd' und :chlor- saurem Kali setzte sich zuletzt in der: Röhre des 'Chlor- caleiumsapparates plötzlich Jod ab. Ohne zweifel: bildete sieh zuerst Jodkupfer, welches zuletzt,‘ nachdem‘ Alles oxydirt: war, durch den noch freigewordenen: Sauerstoff in Jod und Kupferoxyd zerlegt wurde. Die'zweiten, dritten und vierten Portionen waren jedoch ganz frei von Jod. — 105 — Es folgen nun die Resultate einiger Analysen der zwei- ten, dritten und ‚vierten Portion des Destillates. 1.''0,393 Substanz der zweiten ‚Portion gaben: 0.472 Kohlensäure = 32,74 % Kohlenstoff, 0,266 Wasser = 7,18 % Wasserstoff. 2. 0,468 Substanz der zweiten Portion gaben: 0,280 Antimon = 59,82 YAntimon. 3. 0,513. Substanz der zweiten Portion gaben: 0,619 Kohlensäure = 32,88 0%, Kohlenstoff, 0,323 Wasser = 6,99 % Wasserstoff. 4.'0,396 Substanz der zweiten Portion gaben: 0,235 Antimon = 59,42 %, Antimon. 5. 0,496 Substanz der zweiten Portion ohne chlor- saures Kali verbrannt gaben: 0,560 Kohlensäure = 30,78 %) Kohlenstoff, 0,322 Wasser = 7,24 %, Wasserstoff. 6. 0,421 Substanz der dritten Portion gaben: 0,529 Kohlensäure = 34,27 % Kohlenstoff. 7. 0,388 Substanz der dritten Portion gaben bei der Verbrennung ohne chlorsaures Kali: 0,254 Wasser = 7,26 % Wasserstoff. 8. 0,528 Substanz der dritten Portion gaben: 0,318 Antimon = 60,22 ’%, Anlimon. 9.. 0,446 Substanz der vierten Portion ohne chlor- saures Kali gaben: 1 0,548 Kohlensäure = 33,52 %, Kohlenstoff, 0,291 Wasser =. 7,24 %, Wasserstofl, 10. 0,413 Substanz der vierten Portion gaben: 0,5223Köhlensäure = 34,47 0% Kohlenstoff‘, 0,275 Wasser = 7,28 % Wasserstofl. — 106 — 11. 0,399 Substanz gaben: 0,234 Autimon =58,70 % Antimon. Zu? Aus diesen Analysen ergibt sieh, dass die dritte: und vierte Portion. nicht ganz 1 % Kohlenstoff mehr als die zweite enthalten. ‚Wenn man ‚jedoch .bedeukt, ‚dass die Verbindung in hoher Temperatur Antimon verliert, so lässt sich begreifen, dass die letzten Quantitäten, welche übergehen, etwas mehr Kohlenstoff geben als die zweite Portion, welche jedenfalls als das reinste Produkt zu be- trachten ist. Alle sonstige Verhältnisse sind aber so über- einstimmend, dass ausser den obengenannten jodhaltigen - Krystallen , bei der Einwirkung des Jodäthyls auf Anti- monkalium die Bildung eines gleichartigen Produktes ohne Anstand angenommen werden kann, Die erhaltenen Resultate stimmen am besten mit der Formel C;2 H;; St überein. 2. Portion. 3. Port. %.. Porlion. Ci = 72,0 .33,32:32,74.32,88.34,27..33,52.34,47 H,= 15,0 6,94 7,18. .6,99. 7,26. 7,24. 7,28.7,19 St = 129,2 59,74 59,82.59,42.60.22.58,79 216,2 100,00 Es kommen demnach auf 3 At. Aethyl 1: Antimon = Ag St. Das Stibäthyl ist also insofern mit dem Anti- monwasserstoff äquivalent, als in dem erstern 3 At. Was- serstoff durch 3 At. Aethyl vertreten sind; die Zusam- mensetzung bietet demnach nichts Ueberraschendes dar. Das Stibäthyl erscheint als ein wasserklares, äusserst dünnflüssiges, das Licht ziemlich stark brechendes Liqui- dum von unangenehmem, zwiebelartigen Geruch, welcher jedoch bald ‚wieder verschwindet; bei —29° geht es noch nicht in den festen Zustand über. Bringt man an ei- — AM — nem Stäbehen einen Tropfen an die Luft, so entsteht ein ‚dicker, weisser Rauch, nach einigen Augenblicken entzündet sich derselbe und verbrennt mit blendendweis- ser, stark leuchtender Flamme. .Es ist schwer als Was- ser, in demselben unlöslich, löst. sich aber leicht in Weingeist und Aether. In unserer nächsten Abhandlung werden wir über: die specifischen Gewichte des flüssigen und gasförmigen Stibäthyls, sowie über dessen Siedpunkt nähere Mittheilungen machen. Lässt man das Stibäthyl durch. eine feine Spitze in reines Sauerstoflgas treten, so: verbrennt es mit der glänzendsten Lichtentwieklung. Rauchende Salpetersäure bewirkt ebenfalls eine pracht- volle‘ Verbrennung. Mit Brom vereinigt es sich unter Verpuffung. Lässt: man: das Stibäthyl: mit ‚der ‚Vorsicht in 'einen ‚Ballon: treten, ‘dass keine Entzündung eintritt, so: bildet sieh ein weisser Rauch, welcher sich pulverför- mig an die Wandungen des Gefässes anlegt;. gleichzeitig entsteht jedoeh, und besonders wenn man eine grössere Menge auf die genannte Weise oxydiren lässt, eine:zähe, farblose, durchsichtige Masse, welche : in Aether löslich ist, während der pulverförmige Körper sich nicht in dem- selben löst; Aether kann daher sehr gut zur Trennung bei- der Stoffe angewendet werden. Lässt man eine weingeistige Lösung des Stibäthyls in einem lose bedeckten: Gefässe langsam verdunsten, so bleibt eine zähe Masse zurück, welche durch Aether leicht in die genannten ‚zwei Kör- per zerlegt werden kann. Der in Aether .lösliche Theil bleibt nach dem Verdunsten in Gestalt eines zähen,, farb- losen Syrups zurück, der auf dem Wasserbade nach und nach zu‘ einer durchsichtigen Masse eintrockaet. ‚Die pul- verförmige, in Aether unlösliche Substanz löst sich leicht in Wasser «und: Weingeist. : Die Lösungen reagiren deut- Jich sauer und scheiden die Kohlensäure aus ihren Ver- —_— WE — bindungen. Dieser‘ Körper: besitzt "einen stark 'biltern Geschmack, sehr ähnlich dem’'des schwefelsauren Chinins: Sowohl die wässrige als weingeistige ‘Lösung, welche beide leicht filtrirbar ‘und 'dünnflüssig sind‘, besitzen. die merkwürdige Eigenschaft, beim Erwärmen' dick‘, wie Stärkekleister zu werden,‘ und zuletzt zu einer 'porcel- lanartigen, leicht zerreiblichen Masse einzutrocknen. Der trockne Rückstand ist in kaltem Wasser und: 'Weingeist wieder leicht löslich und die Lösungen zeigen beim Erwärmen die gleiche Erscheinung. Die wässrige Lösung dieser Sub- stanz, welche wir vorläufig Stibäthylsäure nennen wollen; gibt mit Schwefelwasserstoff vermischt, einen 'hellgelben Nieder- schlag, welcher einen höchst unangenehmen, mercaptan- ähnlichen, lange anhaftenden Geruch besitzt und'sich sehr leicht sowohl 'in Kali’ als Schwefelkalium löst. » Sättigt man die wässrige Lösung (der Stibäthylsäure ‘genau mit Kali und dann mit Schwefelwasserstoff‘, so erhält man'ein äusserst leicht lösliches Sulvosalz, welches eine‘ grosse Neigung zu krystallisiren besitzt. ‘Wird der ‚Schwefel- niederschlag unter der Glocke über Schwefelsäure ge- trocknet, so erscheint er als ein sehr schönes;, hellgelbes Pulver; im’ Wasserbade verändert er: seine Farbe und wird braun wie Kermes. Bauchende Salpetersäure‘ zer- setzt die ’Substanz unter Feuererscheinung; beim Erhitzen derselben über der: Spirituslampe erhält man ein flüssiges Destillationsprodukt, welches alle Eigenschaften des Schwe- feläthyls besitzt, und als Rückstand bleibt Schwefelantimon; Vermischt ‘man die wässrige Lösung der Stibäthylsäure mit concentrirter Salzsäure ‚ so scheidet sich augenblick- lich eine gelbliche, ölige, schwere Flüssigkeit aus, Die- selbe ‘ist in reinem ‘Wasser löslich; ' setzt man aber ızu der Lösung wieder 'concentrirte Salzsäure, so erhäll' man sogleich’'wieder ‘die ölige Substanz. — 109 — ‚ Die syrupartige Masse , welche nach dem Verdunsten der ätherischen Lösung zurückbleibt, und welche: gleich- zeitig. mit der: Stibäthylsäure bei der freiwilligen Oxyda- tion: gebildet wird, ist im ‚Wasser kaum löslich, | sie löst sich! aber, wie schon angegeben, leicht in: Aether ‚und ebenso auch in :Weingeist,. auch:wird sie von einer wäss- rigen Kalilösung leicht aufgenommen. Wird (die alkalische Lösung einige Zeit. digerirt. und ‚hierauf, mit ‚verdünnter Schwefelsäure: schwach übersättigt,, so entsteht. ein weis- ser Niederschlag, welcher mit concentrirter Salzsäure so- gleich eine flüssige, in Wasser untersinkende Chlorver- bindung bildet. Kalte, verdünnte Salpetersäure zeigt auf das Stib- äthyl keine Wirkung. Beim Erwärmen aber erfolgt unter schwacher Entwicklung von salpetriger Säure vollständige Lösung. Wird dieselbe gelinde verdunstet, so erhält man sehr schöne, farblose, durchsichtige Krystalle, welche in salpetersäurehaltigem Wasser schwer löslich sind, sich aber sehr leicht in reinem Wasser lösen. Aus der wässrigen Lösung krystallisirt die Verbindung in ausgezeichnet schö- nen, grossen, rhomboidalen Krystallen; dieselben besitzen einen bittern Geschmäck. reagiren schwach sauer auf Lak- mus und schmelzen schon bei 40--50° zu einer schweren, farblosen Flüssigkeit, welche beim Erkalten zu einer durchsichtigen , krystallinischen Masse erstarrt. Wird dieselbe mit wenig Wasser übergossen, so wird sie weiss und nach einiger Zeit erhält man wieder die ursprüng- lichen Krystallen. Diese Verbindung ist ein salpetersau- res Salz; Schwefelsäure scheidet aus derselben Salpeter- säure aus, und setzt man zu einem Krystall etwas grünen Vitriol, dann Wasser und Schwefelsäure, so erhält man die bekannte Reaction auf Salpetersäure. Wir übergehen weitere Beactionsversuche, deren wir = EMO —- noch mehrere mittheilen könnten. Das Gesagte mag vor der Hand genügen zum Beweise, dass das Stibäthyl alle Eigenschaften eines 'selbständigen Radicales, gleich dem Kakodyl, besitzt, und wir hoffen bald nähere Mittheilungen über die verschiedenen Verbindungen machen zu kön- nen. Es unterliegt keinem Zweifel, dass auch Methyl und Amyl auf gleiche Weise mit dem Antimon verbun- den werden können; auch lassen sich wahrscheinlich an- dere Metalle nach derselben Methode in organische Ver- bindungen überführen. Hr. Ingen. Denzler, — über den Fundamental- salz der Methode der kleinsten Quadrate, (Vorgetragen den 25. März 1850). Bekanntlich liegt. der Methode der kleinsten Qua- drate die Voraussetzung überzähliger Beobachtungen und die Annahme zu Grunde, dass im einfachen arith- metischen: Mittel. scheinbar gleichberechtigter Einzel- wahrnehmungen über einen Gegenstand der wahrschein- lichste Werth zu suchen sei. Es erscheint in der That nichts einleuchtender als diese Annabme, wenn man ihre Anwendung auf solche Beobachtungen: beschränkt, die ihrem innern Wesen nach im besten Falle nur. Annähe- rungen an die Wahrheit, nie aber diese selbst zu geben im Stande sind. | Note... Scharf betrachtet, ist die Anwendung dieser Annahme wol nie unbeding! zulässig, weil bei jeder Beobaclı- tung Fehlerquellen von ganz verschiedener Natur vorkommen werden. Kennt man das Geselz ihres Zu- und Abnehmeus und zugleich ihren erreichbaren höchsten Werth, so wird man begreiflich beim Mittelziehen darauf Rücksicht nehmen — 1 — müssen ; ‚ist ihr Gesetz bekannt und ihr Dasein gewiss, die ‚„(arösse des Einflusses aber nicht bestimmbar , dann betrach- ‚tel. man solche Fehler als zufällige und daher der Wahr- scheinlichkeitsrechnung. unterworfen, obgleich diess in ‚aller Strenge nicht richtig ist. Allein die Kleinheit und Man- nigfaltigkeit dieser Fehlerquellen und die mitlelst der Methode der kleinsten Quadrale seil längerer Zeit erlangten Erfolge sprechen für diese Anwendungsweise. — Als Bei- spiel der Manuigfaltigkeit der Fehlerquellen seien hier die be- deulendern einer einfachen Winkelbeobachtung mit dem Theo- dolithen erwähnt, nämlich die Fehler der Form und Lage der Theilstriche. des Auges und der Beleuchtung beim Ablesen, der Federung und ungleichen Drucks im Innern des Instruments, der op- tischen ' Kraft und der Aenderungen in. der optischen Axe des: Ferurohrs, ‚der Lage des Niveau,.der Form, Grösse und Beleuchtung der anvisirten Bilder, des Wogens und der seitlichen Ablenkung, derselben, der Ermüdung und. verschiedenen Zartheil in der Behandlung des Instruments beim Beobachter, u. s. w. Betrachtet man eine Reihe Einzelbestimmungen einer nur annäherungsweise zu ermittelnden, Grösse, die sämmt- lich vom Beobachter als gleichberechtigt erklärt sind, so gewahrt man auf den ersten Blick, dass sich die grosse Mehrzahl um den mittlern Werth schaart, während die übrigen sporadisch zerstreut auftreten. Gegen die An- nahme gleicher Berechtigung der innersten wie der äus- sersten Werthe sträubt sich nunmehr der innere Sinn, weil jeizt die Grundlage des Urtheils eine ganz andere als zur Zeit der Beobachtung ist. An die Stelle der Gerechtigkeit im Einzelnen, d. h. der Gleichberech- tigung aller zulässig ‚erklärten Werthe, tritt nun die Bil- ligkeit im Allgemeinen, d. h. die Abschätzung nach dem wahrscheinlichen Erirage, weil wir uns schliesslich ein- — 112 — gestehen müssen, dass Beobachter und! Werkzeuge: ihre Schwächen haben werden, die erst in der Gruppirung der Einzelwerthe deutlich zu Tage treten und ‘daher dem Beobachter zur Zeit der Beobachtung nicht bekannt sein konnten, Note. Von 1000 Einzelbestimmungen einer nur annäherungs- weise zu ermillelnden Grösse liegen 500 so enge beisammen, dass die entlegensten, als gleichberechtigt erklärten, einen mindestens fünfmal grössern Spielraum zeigen. Verstehen wir unter dem mittlern Fehler die Hälfte der noch bleibenden grössten Ausweichung, nach- dem die. ausserhalb liegende Hälfte sämmtlicher Beobach- tungen bereits gestrichen worden, so haben wir einen Haltpunkt für weitere Untersuchungen eingeführt. Da nun dieser innern Hälfte eine beziehungsweise weit engere Fehlergränze angehört, als der äussern, so ist es doch wahrscheinlich, dass der Zufall in derselben weit günstiger gewirkt habe, als in dieser. Sollen wir nun diese Gunst des Zufalls verscherzen, oder ihr ausschliessliche Berücksichtigung angedeihen lassen, oder sollen wir eine richtige Mitte vorausseizen und dieselbe auszumilteln trachten? Beim einfachen arithmelischen Mittel sämmitlicher, als gleichberechtigt erklärten Beobachtungen geht die günstige Vermittlung des Zufalls für uns verloren. Es gibt nun einen einfachen Weg, um zu erfahren, ob und wieviel wir dabei einbüssen, nämlich die Vergleichung wirklicher Beobachtungen mit der Wahrheit. Allein die reine, volle Wahrheit ist uns nur in wenigen Fällen zu- gänglich (wie z. B. die Summe der einen Umkreis bil- denden Winkel), und gerade hier fehlen uns die benö- (bigten Angaben. Wir müssen uns daher an die Arbeiten der besten Beobachter und gewissenhaftesten Rechner halten. (Schluss in folgender Nummer.) | N une er MITTHEILUNGEN DER NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. hg —— 1850. Hr. Ingen. Denzlier, — über den Fundamental- satz der Methode der kleinsten Quadrate. (Schluss). Beide Anforderungen sehen wir in Bessel’s und Bayer’s „Ostpreussischer Gradmessung “ in grösstmögli- cher Vollkommenheit erfüllt, indem das Ergebniss der endlichen Ausgleichung so nahe der Wahrheit gleich sein muss, dass wir uns vergeblich um Herbeischaffung bes- sern Stoffes abmüden würden. Die Berechnung der ersten 884 Beobachtungen von Horizontalwinkeln in vier aufeinanderfolgenden und na- hebei. gleichgrossen Abtheilungen führte jedesmal zum nämlichen Endergebnisse, wesshalb eine grössere Aus- dehnung der Untersuchungen behufs Entscheidung obiger ersten Frage überflüssig erscheinen musste. Die Ermitt- lung der Abweichungen des einfachen arithmetischen Mit- tels“ aller als gleichberechtigt erklärten Beobachtungen und derjenigen ihrer innern Hälfte von den durch die endliche Ausgleichung erhaltenen Werthen ergab näm- lich die nachstehenden Zahlen: Band I. 8 Beob. 227 229 207 221 384 zeigen » » » » durchschnittl. Fehler aller Beobacht. — 14 0,397" 0,355" 0,341' 0,104" 0,300* Fehler d. innern Hälfte Beob. und 0,238” » 0,334" » 0,294 » 0,065' » 0,226‘ d. h. in allen vier Reihen spricht das (auf Serien von ungleicher Grösse beruhende) Endergebniss zu Gunsten der innern Hälfte, deren Mittel um ein Viertheil genauer ausgefallen ist, als das Mittel sämmtlicher vom Beobachter als gleichberechtigt erklärten Einzelwerthe. Von Interesse mögen noch folgende Ergebnisse sein: Absolut grösste Abweichungen = 16,25°° in 89 Beobachtungen desselben Winkels, Note. 13,25 - 35 - 11,00 - 30 - 9,70 - 28 - u. S. W. u. S. W. im Mittel 7,88% auf eine mittlere Serie von 24,4 Beobacht. Absolut grösste Ausweichungen in der innern Hälfte = in 32 Beobachtungen desselben Winkels, im Mittel 2,46‘ auf eine mittlere Serie von 35.2 Beob. Betrachten wir jedoch die Ergebnisse jener vier Reihen näher, so fällt uns die stetige Abnahme des mitt- lern Fehlers*) aller Beobachtungen und namentlich der *) Es ist hier das einfache arithmetische Mittel gemeint, und nicht der oben definirte mittlere Fehler. 3,88” 3,93° 3,50% 3,25°' 3,00°' 3,00% - 30 - 36 - 89 - 29 - 22 u. 8. W. u.5 W. — 415 — kleine Werth der vierten Reihe sogleich auf. In der That bestehen die drei ersten Reihen aus kleinen Beo- ba chtungsserien desselben Winkels, während die vierte Reihe einige grosse in sich fasst. Verfolgen wir diese Andeulung, so erhalten wir für Serien Fehler aus Fehler aus der allen Beob. innern H. B. 17 mit 258, od. durchschn. 15 B. 0,348 und 0,387" 10 - 283, - - 28 - 0,332” - 0,288 6 - 343, - - 57 - 0,237" - 0,054 d. h. bei kleinen Beobachtungsserien scheint das arithmetische Mittel aller Beobachtungen genauer als das der innern Hälfte zu sein. Note. Eine neue Berechnung der 432 ersten Beobachtungen, in Serien von je 8 Beobachtungen ausgeschieden, spricht zwar nicht zu Gunsten dieser Wahrnehmung. Man findet nämlich bei Serien. Fehler einer Serie. 27 mit 216 Beob. resp. 0,748° und 0,695 27 - 2316 - - 0,879 - 0,867°° oder im Gesammtmiltel 0,814 - 0,781° Allein die Maxima der Abweichungen belragen resp. 4,557° und 4,874, die miltlern Fehler (nach der oben ge- gebenen Definition) in den 27 letzten Serien resp. 0,486‘ und 0,555, und es finden sich ferner bei den 5% Serien Fehler über 2,0 resp. 2 und 3 £ 8 310 Kan Idain ihre Tao slloR- 10a oe en N -r En ig vor, d. h. die innere Hälfte gibt hier zwar genauere, allein ‚auch extremalischere Werthe. — Die ersten 355 Beo- bachtungen, in Serien von je 5 Beobachtungen geschieden, ‚ wovon die 3 innern als innere Hälfte angesehen wurden, 0 dagegen zu Gunsten obiger Wahrnehmung, indem — N6 — 35 Serien resp. 0,681° u. 0,723 durchschn. Fehl. einer Serie 36. - - . 0,887 - 0,903 5 - - - oder also 71 Serien resp. 0,786‘ u. 0,815‘ durchschn. Fehl. einer Serie ergeben. Die Maxima der Ausweichungen beitragen resp. 6,730‘ und 6,868, die mittlern Fehler resp. 0,836 und 0,951‘; endlich finden sich bei den 71 Serien Fehler über 2,0 resp. und 4 = - - 1b”’- 2 8-7 - - 10°. =: 20 -.3 - - 08 - 238, - 3 - 0. a vor. Die Entscheidung der Frage, bei wieviel Beobachtun- gen für diese Beobachtungen und Beobachter die gleiche Genauigkeit von Mitteln liege, ist also hier nicht gegeben; jedenfalls dürfte aber die Zahl 8 von der Wahrheit wenig abweichen. Weil somit bei grossen Beobachtungsserien das arith- metische Mittel der innern Hälfte, bei kleinen hingegen dasjenige aller Beobachtungen die grössere Genauig- keit erlangt, so müssen wir uns gestehen, dass der wahr- scheinlichste Werth einer Reihe als gleichberechtigt erklärter Bestimmungen derselben Grösse weder hier, wie bisher geschah, gesucht werden darf, noch dort zu finden ist. Wir sind folglich genöthigt, eine richtige Mitte vorauszuseizen und aufzusuchen. Es ist hier allerdings nicht der Ort zur philosophi- schen Erörterung dieser Aufgabe; daher wollen wir ver- suchen, das Schema unserer Abstraktionen in bildlicher Anschauungsweise niederzulegen. Soll eine Menge selbständiger Personen für einen anerkannt guten Zweck gewonnen und verbunden wer- den, zeigen sich jedoch in ihren Ansichten Abweichun- gen nach allen Seiten hin, so wird vorerst eine gerechte — MT — Politik jeder Persönlichkeit volle und gleiche Be- rechtigung des Worts und des Gewissens zugestehen. Damit ist ihre Aufgabe zu Ende. Nun aber ist es Sache der Diplomatie, die Verschiedenheit der Änsich- ten so auszugleichen, dass schliesslich alle modi- fizirten Meinungen eine blosse Konsequenz des obersten Grundsatzes sind. Der Hebel, auf den sie rechnen darf, ist die in jeder Vereinigung liegende moralischeKraft, welche den Trieb des Menschen zur Gesellschaftlichkeit bewirkt und rechtfertigt. Die Diplomatie wird daher bei der Erfindung des obersten Grundsatzes vorzüglich die nahe oder ferne Verwandtschaft der Ansichten mit der grössern oder geringern Vertretung derselben durch Personen in’s Ebenmass zu bringen trachten, und. es wird ihm gelingen, die Entferntstehenden zu um so grös- sern Konzessionen zu bewegen, je isolirter sie sich se- hen und je klarer sie ihnen den Vortheil der Vereini- gung nachzuweisen im Stande ist. Wir dürfen jetzt erklären, dass die Benutzung aller als gleichberechtigt bezeichneten Einzelwerthe mit unserer Änsicht im Einklange steht, dass aber eine hö- here Gerechtigkeit nicht die abstrakte Idee der formel- len Gleichberechtigung, sondern die konkrete, einzige und daher oberste Idee der innern Gleichberechti- gung, die im formellen Rechte, in der Stellung und Bedeutung zugleich und zwar auf organische Weise Platz greift, zum Prinzipe hat. Wenn wir gewissenhaft die » Gleichberechtigung in der Diskussion“, die „Achtung vor der freien Persönlichkeit “ und den ,„Steuerfuss nach Kräften“ massgebend im Reiche der Wahrscheinlichkeit walten lassen, dann werden wir den höchstmöglichen Ertrag erzielen und verhoffen dürfen. Note. Aus der Ungenauigkeit des bisher nie in Zweifel ge- —— ” — 18 — zogenen Satzes über den wahrscheinlichsten Werth einer Reihe als gleichberechtigt erklärter Beobachtungen derselben Grösse folgt keineswegs die Unrichtigkeit der Methode der kleinsten Quadrate, weil dieser Satz nur zur Bestimmung der in die Rechnung übergehenden Werthe dient, und weil durch die nachherige Behandlung die daher rührenden Feh- ler möglicherweise beseiligt werden. So in allen einfachen Fällen. Wenn dagegen wegen verschiedener Natur der Beo- bachtungen die gegenseiligen Gewichte bestimmt werden müssen, dann greift allerdings obiger modifizirler Salz in das Gefüge der Rechnung ein; er wird darum auch zu neuen Untersuchungen veranlassen. Prof. Deschwanden, — zur krummlinigen Bewegung der Flüssigkeiten. (Vorgelegt den 18. März 1850). Die folgenden Untersuchungen sollen eine Ergänzung meiner früher veröffentlichten Abhandlung über diekrumm- linige Bewegung von Flüssigkeiten sein und schliessen sich daher der äussern Form nach in der Bezeichnung und Benennung der verschiedenen, in den Rechnungen vorkommenden Grössen genau an dieselbe an. Ausser den allgemein bekannten Gesetzen, welchen die Bewegungen der Flüssigkeiten unterworfen sind, zeigte jene Abhandlung vorzüglich, was für Beziehungen zwischen den an verschiedenen Punkten einer bewegten flüssigen Masse herrschenden Geschwindigkeiten, sowie, was für ein Verhältniss zwischen der Grösse der ver- schiedenen Normalflächen einer solchen Masse bestehen. Durch die folgenden Betrachtungen soll dagegen versucht werden, auch noch die Gestalt der Normalflächen, sowie ee en > DA et a ar em buuf, nn su gie <- — 0119 — die Gestalt und Grösse der Elementarkanäle näher zu bestimmen. Sollte dieses gelingen, so wären hiermit alle wesentlichen Elemente der Bewegung der Flüssigkeiten mit genauerer oder entfernterer Annäherung bestimmt. Es muss zwar gleich zum Voraus zugegeben werden, dass die Ergebnisse dieser Untersuchungen jedenfalls nicht hinreichend sein werden, die Aufgabe, die Bewegung flüs- siger Körper zu bestimmen, in ihrer ganzen Allgemein- heit aufzulösen. Allein dieselben dürften doch zur Be- stimmung mehrerer Arten dieser Bewegung genügend sein und somit immerhin einiges Licht suf derartige Er- scheinungen werfen. Bevor auf den Hauptgegenstand eingetreten werden kann, muss eine Voruntersuchung angestellt werden. Man nehme zu diesem Zwecke zwei nahe bei ein- anderliegende Normalflächen einer sich bewegenden Flüs- sigkeitsmasse an. Da eine jede dieser Flächen alle Ele- mentarkanäle der Flüssigkeit in je einem Punkte schnei- den wird, so befindet sich von jedem Elementarkanale ein gewisses Stück zwischen den beiden Normalflächen. Sind diese letztern unendlich nahe bei einander, so ist die Länge dieser Stücke gleich der normalen Entfernung, um welche die beiden Normalflächen an verschiedenen Stellen von einander entfernt sind; sowohl in diesem Falle aber, als auch hei einer endlichen Entfernung der beiden Normalflächen von einander, haben die von den verschiedenen Elementarkanälen abgeschnittenen Stücke im. Allgemeinen ungleiche Grösse. Es zeigt sich nun durch folgende einfachen Beobachtungen, dass unter den analogen Dimensionen, dieser Stücke ein sehr einfaches Verhältniss. besteht. Die Linien ‚abedef... und ayb,cadıcsfr ..., F(l) seien die Durchschnitte ‚der. beiden Normalflächen. mit der — 120 — Ebene, in welcher die an dieser Stelle befindlichen Ele- mentarkanäle liegen, und aaı, bb, ccı..... seien die Durchschnitte der Grenzflächen der Elementarkanäle mit dieser Ebene, so dass ab, be, cd.... die Höhen und aa), bb,, cc, .... die Längen der zwischen den beiden Normalflächen liegenden Stücke der Elementarkanäle be- deuten. Sowohl diese Längen, als jene Höhen, seien unendlich kleine Grössen. Um nun das Verhältniss kennen zu lernen, in wel- chem die Längen ff, und ggı der zwischen den Normal- flächen liegenden Stücke zweier unmittelbar anfeinander folgender Elementarkanäle zu einander stehen, verlän- gere man die Linien fg und fig; bis zu ihrem Durch- schnittspunkte in m. Da nun ff; senkrecht auf fm steht, und ggı nur einen unendlich kleinen Winkel mit ff, bil- — 11 ° — (det, so kann man die Dreiecke mff; u. mgg; als einander ähnlich annehmen und daher die Proportion ff : ggı = fm : gm aufstellen. Bezeichnet man nun ff; als ein unendlich kleines Stück der Länge It eines Elementarkanales, mit dii, so kann gg; mit dit + d?l! bezeichnet werden. Ebenso kann fg mit db! bezeichnet werden, wenn die Länge der ganzen Linie abe...f mit b! bezeichnet wird. Ferners soll fm, als Krümmungshalbmesser der Linie ff, im Punkte f, mit r! u. gm, mithin durch r! + db! bezeich- net werden. Führt man alle diese Bezeichnungen in diese Proportion ein und berechnet man daraus das Ver- hältniss u so erhält man: eeegpee.e dit ’ j alt riiof Bezeichnet man endlich noch das Längenstück aa, des ersten Elementarkanales auf der hohlen Fläche der Flüssigkeitsmasse mit di und integrirt diese Gleichung zwischen den Grenzen dl u. di! einerseits, und o u. bi anderseits, so erhält man: dli b! dbi logn. = 5 FR Nun hat man aber für eine Flüssigkeitsmasse, welche aus einem Behälter mit ruhendem Flüässigkeitsspiegel herfliesst, auch die Gleichung: b! dbi 27 wo v und v! die Geschwindigkeit der Flüssigkeit in den Elementarkanälen aa, und ff, bezeichnen (siehe GI. 11 d. Abhdl. über d. Bew. d. Flüssigk.). Daher erhält man nun aus diesen beiden Gleichungen die Beziehung: d). | dit v d.h. die normalen Entfernungen, um welche zwei un- ae = „logn. — a en 122° — endlich nahe bei einander befindliche Normalflächen an verschiedenen Stellen von einander abstehen, sind ver- kehrt proportional mit den Geschwindigkeiten, welche die Flüssigkeit an diesen Stellen besitzt. Giebt man allen Elementarkanälen einen solchen Quer- schnitt dq, dq!, dass in gleichen Zeiten eine gleiche Menge Flüssigkeit durch sie hinfliesst, so besteht auch die Beziehung: dqt 09 mb ah Drückt man nun dq! u. dq noch durch d!.db! und d.db aus, indem man die senkrecht zur Zeichnungsebene gerichtete Dimension der Elementarkanäle mit d! und d - bezeichnet, und annimmt, ihre Höhe db! u. db sei über- all gleich, so hat man also: dqt .. di.dblı2..0v (2) last ah Abe ran vorn und aus den Gleichungen 1 und 2: (3) dA dk std Abt / ö i dl dry dr dir © d,db Die Längen der zwischen zwei unmittelbar aufein- ander folgenden Normalflächen liegenden Stücke zweier Elementarkanäle sind proportional mit ihren Querschnitlten. Sind die Dimensionen d! u. d einander gleich, ' wie z. B. bei einer zwischen zwei parallelen Wänden flies- senden Flüssigkeitsmasse, so erhält die Gleichung (3) fol- gende Gestalt: I a dl db Es findet also in diesem Falle das: sehr einlache Verhältniss statt, dass die Längen derjenigen Stücke zweier Elementarkanäle, welche zwischen zwei unendlich nahe bei einander befindlichen Normalflächen liegen, mit ihren Höhen proportional sind. — 13 — Legt man z. B. die Normalflächen soweit aus ein- ander, dass die zwischen ihnen liegenden Stücke des ersten Elementarkanales aa;a9a3 . ... an ebenso lang als hoch sind, so dass in Fig. 2 die unendlich kleinen Recht- ecke ab;, ab, agabz.... Quadrate sind, so sind auch alle andern, von den Normalflächen und den Grenzflä- chen der Elementarkanäle gebildeten Rechtecke Quadrate. Mit Hülfe dieser Sätze ist man nun im Stande, den Haupizweck dieser Abhandlung , nämlich die Bestimmung der Gestalt der Normalflächen, sowie der Länge und Gestalt der Elementarkanäle auf folgende Weise zu er- reichen. Man bemerke zunächst, dass die Verlängerungen der zwei Grenzflächen ee, u. ff; (Fig. 1) irgend eines Elementarkanales, der die beiden Normalflächen abe... h und a,b;c;...h; durchschneidet, den Winkel ef — eıf, ff, miteinander bilden, und dass dieser Winkel gleich dem Differenziale des Winkels p! ist, welchen die beiden Tangenten miteinander bilden, die man an die beiden Elementarkanäle aa; u. ff; bei ihrem Durchschnittspunkte _ mm — mit der gleichen Normalfläche ziehen kann.‘ Man kann daher den Werth des obigen Ausdruckes der Grösse dpi dbt folgende Weise auf theils gegebene, theils durch Rech- nung bestimmbare Grössen zurückführen. Die Differenz ef — eıfı ist nämlich nichts anderes als die Verände- rung, welche die Höhe eines Elementarkanales bei seinem Uebergange aus einer Nörmalfläche in eine andere, un- mittelbar auf diese folgende, erleidet, und kann mithin durch d.db! ausgedrückt werden. Da ferners bi als Funktion der Krümmungshalbmesser r u. R der beiden äussersten Elementarkanäle aa, und hh, des Flüssigkeits- strahles angesehen werden kann, diese Krümmungshalb- messer aber für die Punkte a u. h einen andern Werth besitzen als für die Punkte a, u. hy, so kann, zur Ver- meidung aller Zweideutigkeit, jenem Ausdrucke noch d.dbt d(Rr) während er in jener allgemeinen Form auch den Unter- schied der beiden Grössen eıfj u. fig; anstatt des Unter- schiedes von ef und e;f; bedeuten könnte. Man hat da- her nun: dbi gleich setzen. Ausserdem lässt sich derselbe auf bestimmter die Gestalt dihr) gegeben. werden, BE EN EIEN! ef, — e4f, = + "ARı) d(Rr) wo das — Zeichen für Elementarkanäle gilt, die nach der Richtung ihrer Bewegung konvergiren; das + Zei- chen für solche, die nach dieser Richtung divergiren. Ferners ist zufolge Gl. 1: h V ii = dit = di daher nun: NE d.dbi | d{Br) diRr) _ dpi dbi 1) v db di joy Um den Winkel 1! oder den Winkel p zu erhal- ten, den die an die beiden äussersten Elementarkanäle aa und’ hh; gezogenen Tangenten miteinander bilden, muss diese Gleichung einerseits zwischen den Grenzen o u. b! oder o u. b, und andrerseits zwischen den Gren- zen o und 91 oder 0 und 9 integrirt werden. Bedenkt man, dass di von bit und b ganz unabhängig ist, so hat man daher: ih u 4. dbt 2.2 d(Rr) (P' dr) 2) d@Rr) (PACRr) V vi Durch diese Gleichungen wird der Winkel p! oder p als die Summe aller unendlich kleinen Winkel dar- gestellt, unter welchen alle einzelnen Elementarkanäle, an der Stelle wo sie durch eine gegebene Normalflache gehen, konvergiren. Der letzte dieser Winkel lässt sich aber auch noch als das Ergebniss einer andern Opera- tion auffassen. Betrachtet man nämlich. einen Flüssigkeitsstrahl (Fig. 3) an der Stelle an, wo seine Normalfläche noch eine Ebene ist, so sind die beiden durch die Punkte a u. n an die äussersten’ Elementarkanäle gezogenen Tangenten miteinander parallel, und der Winkel p ist mithin für diese Stelle ‚des Strahles gleich Null. ‚Jede folgende Nor- malfläche auf dem gekrümmten Theile des Strahles wird aber eine grössere Krümmung erhalten, und daher wird der Winkel p, den die an die äussersten Elementarka- näle durch 4 u. ny, 3 u. m,..... An U. D„ gezogenen — 126 — Tangenten mit einander bilden, bis zu einer gewissen Grenze mehr und mehr zunehmen, je mehr sich die Punkte a, u. n, von a u. n entfernen. Der Winkel p kann also auch als die Summe aller unendlich kleinen Winkel angesehen werden, um welche die. gegenseilige Neigung der äussersten Elementarkanäle, beim Ueber- gange von einer Normalfläche zu der unmittelbar darauf folgenden, zunimmt. Sind nun h, u. hip, sowie aq u. a4q die Krümmungshalbmesser R u. r der Stücke 'hhy und aa; der äussersten Elementarkanäle, so nimmt die gegenseitige Neigung dieser letztern bei ihrem Ueber- gange von h nach h; und von a nach a, offenbar um de — dß oder um dß — d« (Fig. 1) zu, je nachdem von a u. h an die Linien aa; u. hh, könvergiren oder divergiren.. Daher hat man nun: dp .d(Rr) Br Alltene = + (de — dß) wo das + oder — Zeichen genommen werden muss, je nachdem der Flüssigkeitsstrahl von da an, wo er gerad- linig ist, konvergirt oder divergirt. Bezeichnet man aay, wie oben, mit dl, und hh, mit auf Mn ist: dL d« = R’ dß = _ _ Bezeichnet man endlich noch die Geschwindigkeit des Elementarkanales hh; mit V, während die des Ele- mentarkanales aa), wie oben, mit v, bezeichnet wird, so hat man zufolge Gl. 1: dL V v j VW oder dL = di.y > und daher nun: dp.d(Rr) _ ER." (6) : d(Br) 2dl (K- Ver 208 ) Aus den Gleichungen 5 und 6 erhält man nun so- gleich : — 17 — d. db! gdp.d(Rr) _ 1.8.0 4 Pam) a RES, nn; yı und durch Integrirung in Beziehung auf p und zwischen den Grenzen o und @ einerseits, und in Beziehung auf Ru. r, zwischen denGrenzeer R=r=ouR=R, r = r anderseits: R=R,rt=r „.ddb! Trade 1 d(Rr) ) . 2 m 2 d{R — u — f —_.. se 9 f (Br) (£ V -) Peg: R=1ı=0 vi Da ferners, zufolge d. gen. Abhdlg., mit Hülfe der (vleichungen: R-r b_ für sehr kleine en =(1 + be) rb RT Werthe von ® logn EA co + Ya(r — R)(bt)? par die Fälle, wo = vi rRb nicht nahe = 0 ist (9) . d.db.v = di.db1.vi = d,.db,.v; = const. die Grössen b!, b, v! u. v oder V als Funktionen von b;, by‘, R u. r ausgedrückt werden können, so kann in gegebenen Specialfällen mit Hülfe der Gleichungen 7 u. 8 ebenfalls als Funktion dieser Grössen angesehen werden. > Aus Gl. 6 ergibt sich ferner: (8) dp.d(Rr) a d(Rr) dl =4# gr g?’ B:oNV: er u. da zufolge dem durch Gl. 7 gegebenen Werthe von 2: d.db! dpo.dBr) 2 d(Rr) ( Ba f d(Rr) a UERE RD TR v dB) 1) Ar yi — 18 — so erhält man durch Integrirung der Differenzialgleichung für dl zwischen den Grenzen l u. |; einerseits, und den Grenzen R; u. R,, ra u. r, anderseits: RB, r=n 8 d.db! PAR RE Keen #f d(Rr) f d(Rr) . p DD R=R,, tr=n wo worin für p der aus Gl. 7 sich ergebende Werth zu setzen ist. , Zur Bestimmung der Länge des untersten Elementarkanales hat man: Vv dL = dl y: mithin: R=R,,r=rn ä en c r (11) aormiko- Ef, re f, (Kr) R=R, r=rg Das — Zeichen gilt in den beiden Gleichungen 10 und 11 für Flüssigkeitsstrahlen, welche von der gerad- linigen Stelle an konvergiren, das + Zeichen für solche, welche divergiren, Durch diese Gleichungen kann nun die Länge. der- jenigen Stücke des obersten und untersten Elementar- kanales bestimmt werden, welche zwischen den Punkten liegen, bei welchen ihre Krümmungshalbmesser: gleich rı u. ro, Rı u. Ra sind. Durch die Gleichungen 7 bis 11 kann mithin sowohl die Bewegung als die Gestalt einer flüssigen Masse bestimmt werden. Diese Bestim- mung kann jedoch in den meisten Fällen nur annähe- rungsweise erreicht werden, weil die zu integrirenden Ausdrücke fast stets sehr. zusammengesetzt sind.. Nur in wenigen, sehr "einfachen Fällen ist es möglich, zu einer vollständigen Auflösung zu gelangen. MITTHEILUNGEN DER NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. ON? AS. zyians mad 1850. Ueber die Anthrazitpflanzen der Alpen, von Prof. O. Heer. (Vorgetragen den 7. Januar 1850.) Als Ad. Brogniart vor 22 Jahren die Anthrazitpflan- zen der Tarentaise bearbeitete (Annales des Se. Nat. 1828 p- 113), hat er, durch die Autorität Elie deBeaumont's ver- anlasst, dieselben dem Lias zugetheilt, und suchte durch eine sehr künstliche Hypothese die auffallende Thatsache zu erklären, dass diese Pflanzen durchgehends nicht nur dem: genus, sondern ‚auch‘ der species nach mit denen des Steinkohlengebirges übereinstimmen. Gegenwärtig ist Brogniart von dieser Ansicht, welche Favre (sur les An- thracites des Alpes; m&m. de la Societ& phys. de Geneve IX. 418) gründlich widerlegt hat, zurückgekommen und er rechnet (cf. Annales des Sc. Nat. 1849 :p. 298) diese Anthrazitpflanzen jetzt zur Steinkohlenflora, wie alle Bo- taniker, welche bis jetzt sich mit denselben (Unger, Bun- bury) beschäftigt haben. Die Geologen dagegen sind ge- theilter Ansicht. 'Elie de Beaumont und Sismonda halten an, der frühern Ansicht fest, dass die pflanzenführenden und die Belemniten-Schichten zu Einer Formation, und zwar zum Lias, gehören, und neuerdings ist auch Mur- Band 11. eo 9 — 130 — chison (über- den Gebirgsbau in den Alpen, Apenninen und Karpathen S. 21 u. f.) dieser Ansicht beigetreten, so dass sie durch die ersten Autoritäten gestützt wird. Anderseits .bat Favre (l. ce. p. 423). nachgewiesen, dass die Anthracite von La Mure im Departement der Isere unter dem Lias liegen, ‘und eine ganz andere La- gerung als dieser, und durch Faltungen die jetzige Lage erhalten haben. Derselben Ansicht ist auch Dr. A. Escher von der Linth. Diese Geologen halten daher dafür, dass in Petit-Coeur ‚eine Umkehrung .der Schichten stattgefunden habe und so die Belemniten führenden Lager unter die äl- tere Kräuterschicht gekommen sei. Der Gegenstand ist von grossem Interesse, indem es sich nicht allein darum han- delt, ob unsern Alpen die ganze Steinkohlenformation fehle oder nicht, sondern ob die bisherigen Ergebnisse der Untersuchungen über die fossile Flora uns zu Schlüs- sen über die Entwicklungsgeschichte der Pflanzenschöpfung berechtigen oder nicht. Denn wir können uns nicht ver- heblen, dass, wenn die Anthrazitpflanzen mit der Lias- flora zu vereinigen sind, die wichtigsten Resultate der bis jetzt geführten Untersuchungen aufgegeben werden müss- ten. Es wird daher jeder noch so kleine Beitrag, wel- cher zur Aufklärung dieser Verhältnisse dienen kann, willkommen sein; was mich veranlasst, hier ein Ver- zeichniss der von den Herren Dr. A. Escher v. d. Linth und Rathsherr P. Merian im Wallis und in der Taren- taise gesammelten und in den Museen zu Zürich und Basel aufbewahrten Stücke milzutheilen, welche ich einer genauen Untersuchung und Vergleichung mit den Koh- lenpflanzen unterworfen ‚habe. Es sei mir erlaubt, dem- selben: einige allgemeinen Bemerkungen vorauszuschicken. Die Frage, um die es sich handelt, ist also: Ge- hören ‚die Belemniten und die pflanzenführenden 'Schich- — 131 ten zur selben Formation oder nicht; im’ erstern Falle kann dann wieder in Frage kommen, ob diese Forma- tion nach den Pflanzen zur Steinkohlen - Periode, oder aber nach den Belemniten zum Lias zu ziehen sei. Für erstere Ansicht haben sich Brogniart, Bunbury und Cha- mouset ausgesprochen, sich darauf berufend, dass die dort gefundenen Belemniten der Art nach nicht mehr zu bestimmen und dass keineswegs erwiesen sei, dass die ent- schiedenen Lias Amoniten-Schichten mit den Belemniten führenden zusammengebhören; für letztere dagegen: Beau- mont, Sismonda und Murchison, indem noch nie Belem- niten unterhalb des Lias gefunden worden, und sie fer- ner die Ammoniten-Schicht mit derselben in Verbindung setzen. Das Hauptargument bildet für diese Geologen die Lagerung der Schichten in Petit-Coeur. Hier liegen die dunkel gefärbten Belemniten - führenden Kalkplatten auf dem Talgschiefer, und über ihnen liegen die Schie- fer, welche die Pflanzen enthalten. Die Belemniten und Pflanzen führenden Schichten, sagt Murchison (l. c. S. 24), bilden Theile derselben Ablagerung; die untersten und obersten sind von ähnlicher Zusammensetzung, Talgschie- ‚fer und Sandstein wiederholen sich. Allein diess Haupt- argument scheint mir nicht stichhaltig zu sein. Nicht allein sind an andern Stellen in unseren Alpen, wie im Wallis, am Col de Balme, die Kalkschicht und die Pflan- zen führende getrennt und liegt letztere unmittelbar auf den krystallinischen Felsen auf; auch bei Petit-Coeur kön- nen die Belemniten und: Pflanzenschicht unmöglich zu- sammengehören. Denn die Belemniten sind bekanntlich Meeresthiere, und zur Zeit, als sie da abgelagert wurden, muss da Meeresgrund gewesen sein. Die Pflanzen füh- rende Schicht zeigt uns dagegen weder in der Taren- taise, noch in Savoyen, noch im Wallis, noch auch in Steyermark die geringste Spur von Meerespiflan- zen oder Meeresthieren. Es sind: alles Landpflan- zen *); zur. Zeit ihrer Ablagerung muss also Festland in der Nähe gewesen sein. Es sind dieselben so wunder- schön erhalten, die zartesten Blattfiedern noch mit: ein- ander verbunden, die niedlichen, so ‚zarten -Annularien und Asterophylliten noch mit vollständigen Blatiwirteln an den dünnen Stengeln befestigt, die Blattränder selt- ner zerfetzt.:oder verletzt, die Blätter überdiess so nied- lich ‘auf dem Stein ausgebreitet, als wären sie hinge- malt worden, so dass dieselben unmöglich weither trans- portirt sein: können, Die Art der Erhaltung zeigt: unab- weisbar, dass sie in der Nähe gewachsen sein müssen. Es liesse sich nun allerdings denken, dass es Strandpflan- zen gewesen, ‚ welche ins nahe Meer geschwemmt wur- den, in welchem. die Belemniten gelebt haben.‘ Allein dann ‘müssten sie mit diesen gemischt vorkommen, diess ist aber durchaus nicht der Fall; nie kommt ein Belem- nit oder irgend ein Meeresthier in der Pflanzen führen- den Schicht vor, und umgekehrt; gegentheils ‚liegt: auch bei Petit-Coeur zwischen beiden Schichten eine Gesteins- masse, welche: keine Petrefakten enthält. Es haben'aber sehr wahrscheinlich die Anthrazitpflanzen sieh nicht‘ im Meereswasser abgesetzt, denn sonst würde man auch Fu- coideen neben (denselben finden, wie diess z. B. bei Ra- doboj der Fall ist, wo neben ‚den Insekten und Land- *) ‘Nur die Annularien und Asterophylliten werden von Man- chen als Wasserpflanzen (aber nicht als Meerespflanzen) betrach- tet, wie mir scheint,: aber mit Unrecht. Man findet dieselben, namentlich die Annularia ferlilis, sehr häufig mil und unter den Farren; sie lebten wohl mit diesen-zusammen im Schallen der Wälder, wie die Asperulen, denen sie in der Tracht ah lich sehen, in'denen der Jetztwelt. — 13 — pflanzen‘ eine Menge Meerespflanzenreste‘ vorkommen, wie denn auch in der :Belemnitenschicht auf dem Col de Madelaine von Dr. Escher von der Linth‘ eine Meeres- pflanze (aus der Familie der Fucoideen) gefunden worden ist Da also die Belemnitenschicht Meeresthiere und auch Meerespflanzen enthält, die Pflanzenschicht dagegen keine Spur von beiden,‘ glaube ich mich zum Schluss berech- tigt, dass sie im süssen Wasser sich gebildet habe, und daraus‘ erklärt sich dann hinlänglich,, warum in derselben keine:'Koblenthiere 'gefunden werden, da ja nicht allein die Weichtbiere dieser Periode, sondern auch die so cha- rakteristischen Trilobiten Meeresthiere waren. Die Ab- wesenheit derselben spricht daher keineswegs gegen die Unterbringung der Anthrazitpflanzen unter ‘die Kohlen- flora, sondern weist gegentheils darauf hin, dass die Pflan- zenschicht von ganz anderer Bildung sei, als die Belem- nitenschicht. Ist letztere eine Meeresbildung, der Authra- zitschiefer Süsswasserbildung , so ist klar, dass zwischen denselben ein grosser '»hiatus« liegen müsse; will man aber diess auch nicht für erwiesen erachten, so liegt doch diess ausser Zweifel, dass die organischen Einschlüsse der Belemnitenschicht gänzlich verschieden sind ‘von denen der Pflanzenschicht und daheridiese Schichten kei- neswegs Theile derselben Ablagerung bilden können; denn offenbar sind die organischen Charaktere, wo sie so deutlich und scharf ausgesprochen sind, wie bier, wichtiger als die petrographischen. * Jch glaube da- her, dass in Petit-Goeur 'eine Umkehrung der Schichten stattgehabt, und in Folge dessen die Belemnitenschicht unter die Pflanzenschicht gekommen sei. Also selbst in Petit-Coeur, wo diese Verhältnisse am verwickeltsten sind, weist: der Umstand, dass die Belemniten und die Kräu- terschieht durch ihre organischen Einschlüsse scharf von — 134 — einander getrennt sind, darauf hin, dass sie nicht gleichzeitig abgelagert sein können; ‘noch mehr ist diess an allen übrigen Stellen der Alpenkette der Fall, wo in der Provence, dann im Wallis und ebenso in den östreichischen Alpen diese Schichten mit den Anthrazit- pflanzen unmittelbar auf dem krystallinischen Gebirge auf- lagern. Vergleichen wir diese Anthrazitflora mit derjenigen anderer Formationen, werden wir sehr bald finden, dass sie mit der Steinkohlenflora übereinstimme. In unseren Sammlungen besitzen wir, wie das folgende Verzeichniss nachweist, 28 Arten von Anthrazitpflanzen, von welchen 12 Arten bis jetzt noch nicht aus diesen Anthrazitlagern bekannt waren. Zählen wir dazu die von Brogniart und Bunbury erwähnten Arten, erhalten wir im Ganzen 48 Species. Von diesen sind 5 Arten noch nirgends anders- wo gefunden worden, und scheinen den Antbrazitschie- fern eigenthümlich zu sein, nämlich: Pecopteris Beau- montii Br., P. pulchra m., Neuropteris Soretü Br., Neu- ropteris Escheri m. und Lepidophy!llum carieinum m. Etwa 6 Arten sind zweifelhaft, doch Steinkobhlenpflanzen so nahe stehend, dass sie wohl mit ihnen zusammenfal- len werden, wie man einmal vollständige Exemplare fin- den wird. 37 Arten aber stimmen völlig mit den Stein- koblenpflanzen überein und keine einzige weder mit einer Pflanze des Trias, noch des Lias. Vergleichen wir diese Pflanzen !mit denen der ver- schiedenen Abtheilungen des Steinkohlengebirges, werden wir: wieder finden, dass sie am meisten mit denen der ältesten Lager übereinstimmen. Calamites cannacformis und Neuropteris Loshii finden sich schon im Uebergangs- gebirge, und der Cyatheites Schlottheimii @., der in den Anthrazitschiefern zu den häufigen Arten gehört und die — 135 — Neuropteris tenuifolia Br., oder doch zwei. diesen sehr ähnliche Arten, sollen, nach Sharpe und Bunbury, — so- gar in der silurischen. Formation bei Oporto vorkommen. Die Stigmarien, Lepidodendren und Odontopteris Brardiü sind besonders häulig in den unteren Koblenlagern und finden sich ebenfalls in den Anthrazitschiefern. —: Diese Anthrazitbildung hat eine sehr grosse Verbreitung. Wir finden sie nicht‘ allein im ‚südlichen Frankreich , in Sa- voyen und Wallis, es’ hat. sie Escher v. d..Linth auch im Engelberg und am Tödi, Ct. Glarus, aufgefunden; sie lässt sich, wahrscheinlich bis in. die östreichischen Alpen ver- folgen. , Dort wurde sie schon: vor längerer Zeit an. der Grenze von Steyermark, Salzburg und Kärnthen zwischen Gmünd und Turrach, entdeckt, in neuerer Zeit von Hrn. v. Morlot auch in Krain. Die Untersuchungen von Unger (über ein Lager vorweltlicher Pflanzen auf der Stangalp in Steyermark, 1843) zeigen ‚unzweifelhaft, ‘dass diese Anthrazite ‚der ‚östreichischen Alpen. mit. den. unsrigen übereinstimmen, — Auch dort liegen. die schwärzlichen, Pflanzen ‚führenden Schiefer auf Gneis und Talgschiefer auf und ‚enthalten eine grosse Zahl von Landpllanzen, ohne! die geringste Spur von ‚Meerespflanzen ‘oder Mee- resthieren. - Von den 44 Arten, welche Unger von da bekännt gemacht hat, kommen 13 mit denen unserer An- thrazitschiefer überein ; ‚31 "Arten dagegen wurden noch nicht in den letzteren gefunden; von diesen 31; Arten . sind aber ;wieder 28 ächte Steinkohlenpflanzen, und da von jenen 13, mit unsern, Änthraziten gemeinsamen Arten, 12 ebenfalls im Steinkohlengebirge vorkommen, ‚sind 40 Arten. .der ‚steyermarkischen Anthrazitschiefer als ächte Kohlenpflanzen zu betrachten. Unter diesen haben wir 5 Galamiten , -Stigmaria ficoides, Anuularia fertilis, i3 Ar- ten Sigillarien, 4 Arten Lepidodendren, mit Ausnahme = 136 — der Sigillarıa parallela Ung. (welche jener Localität'ei- genthümlich zu sein scheint) alles Arten, welche im Stein- koblengebirge Europa’s, z. Theil auch Nordamerika’s, ge- funden werden und als besonders charakteristische Pflan- zenformen desselben betrachet werden. Im Ganzen kennen wir also aus den Anthrazitschie- fern Steyermarks und unserer östlichen Alpen 79: Spe- cies von Pflanzen, von welchen nur 8 dem Anthrazit al- lein angehören, etwa 7 als zweifelhaft zu betrachten sind, 64 Arten aber völlig mit solchen des Kohlengebirges übereinstimmen, Diese Uebereinstimmung findet‘ nicht allein statt bei Vergleichung der Gesammiflora der An- thrazitschiefer, sondern ebenso , wenn wir die einzelnen Localitäten für sich mit solchen des Steinkohlengebirges zusammenstellen, und so will ich namentlich hervorheben, dass auch in Petit-Goeur die meisten dort gefundenen Ar- ten einerseits mit denen der übrigen Localitäten und an- derseits mit denen der Steinkohle übereinstimmen. Es ist Gewicht hierauf zu legen, weil man sonst vielleicht auf den Gedanken kommen könnte, das Räthsel, das Petit- Coeur hinsichtlich der Ueberlagerung der Kräuterschicht über den Lias darbietet, durch die Annahme zu lösen, dass man bis jetzt irrig die Anthrazitschiefer dieser Lo- ealität mit den anderen zusammengestellt habe. Vergleichen wir nun anderseits diese Anthrazitflora mit derjenigen des Lias, werden wir eine gänzliche Ver- schiedenheit wahrnehmen. Schon im sogenannten Per- mischen System erscheinen zum‘ Theil andere Arten und verschiedene Gattungen, welche dem eigentlichen Stein- kohlengebirge fehlen; noch mehr ist diess im Trias der Fall. Nicht nur sind die Arten hier alle verschieden, sondern auch gerade diejenigen Formen verschwunden, welche in der Kohle die wichtigste Rolle gespielt haben; — 1397 — wir sehen keine Sigillarien mehr, keine Lomatophylleen, Stigmarien, Aunularien und Asterophylliten; die Schuppen- bäume verschwinden, wogegen nun die Equiseten durch baumartige Tracht’ und häufiges Vorkommen ein we- sentliches Glied in der Pflanzenschöpfung ausmachen und nebst den Nadelhölzern und Cycadeen den Hauptcharak- ter dieser Zeit bilden. Auf diese Triasperiode erst folgt der Lias, dessen Flora allerdings vielfach noch an diejenige des Trias, und namentlich an die des Keuper, erinnert, allein da- mit auch gänzlich von derjenigen der Kohlenzeit abweicht. Mit Zurechnung der neuerlich von Fr. Braun bei Culm- bach, in der Nähe von Baireuth, entdeckten Pflanzen, erhalten wir für den Lias 145 species, die bis jetzt be- kannt geworden sind.‘ Alle ’diese Arten, ohne Ausnahme, sind gänzlich verschieden von denen der Steinkohlenpe- riode, und nur einige ‘wenige scheinen mit Arten des Keuper übereinzukommen. Nicht allein aber die Arten, auch die Mehrzahl der genera und selbst mehrere Fami- lien der Köhlenzeit sind nicht mehr vorhanden, so die Sigillarien, die Stigmarien und Asterophylliten. Die Farrn- kräuter und Equiseten bilden keine Wälder mehr, und erstere, wiewohl noch häufig, erscheinen grossentheils' in eigenthümlichen Formen, nämlich mit fingerig zertheiltem Laub und einem netzförmigen Aderwerk (Sagenopteris, Gamptopteris, Thaumatopteris, Laccopteris, Clatropteris). Als Waldbäume erscheinen eigenthümliche Nadelhölzer (Araucarien, Brachyphylien,, Palissya) und zahlreiche Gy- cadeen. Eine solche Flora fand sich auf den Lias-Inseln des nördlichen Deutschlands, und zu gleicher Zeit sollte, wenn die Ansicht von Elie de Beaumont richtig wäre, in un- seren Gegenden eine Flora gewesen sein, welche auf der — 133 — einen Seite von dieser total verschieden, anderseits aber nicht etwa .bloss bis auf die Familien und Gattungen, sondern bis auf die Arten hinab, völlig mit der so un- endlich viel älteren Kohlenflora übereingestimmt hätte. Also ein Glied der Kohlenflora wäre hier zur Liaszeit, in einem weiten Landstrich, vom Departement der Isere in Frankreich bis nach Kärnthen, übrig geblieben oder vielmehr , da so grosse Erdrevolulionen dazwischen lie- gen, wieder erschienen, während viel früher, zur Zeit der Keuperbildung, wenige Stunden von diesem Land- striche entfernt, nämlich im CGant. Basel, die so gänzlich verschiedene Keuperflora gestanden hatte und zur. Zeit des bunten Sandsteines im Elsass die von der. Koblen- flora so gänzlich abweichende Flora des bunten Sand- steines. Nach einer solchen Annahme hätten wir.also erst die Kohlenflora gehabt, auf diese folgte die des bun- ten Sandsteines und des Keupers ; auf diese die des Lias, welche in dem ganzen Anthrazitgebiete wieder mit den Koblenpflanzen auftreten würde, während sie im ganzen übrigen Gebiete einen total verschiedenen, dem Keuper verwandten, Charakter hat! Auf diese, aus zwei so heterogenen Elementen zusammengeseizte, Liasflora würde die des Oolithes folgen, welche wieder zunächst an die eigentliche Liasflora sich anschliesst und auch im Isere- Departement, in der Nähe des Anthrazitgebietes „ wie diess Scipio Gras nachgewiesen hat, durchaus den Cha- rakter der Oolithflora besitzt und gänzlich von der des Anthrazitschiefers abweicht! Ja noch mehr; ich habe in dem untern Lias des Cant. Aargau (bei Müllingen), nebst In- sekten, auch einen Cycadeenstamm entdeckt, welcher zeigt, dass auch in unserem Lias diese Gycadeen eine Rolle ge- spielt haben, während in dem Anthrazite nie eine Spur einer: solchen Pflanzenform gefunden worden ist. — Es — 139 — wäre somit, wenn die Ansicht jener Geologen richtig wäre, ein Glied der so eigenthümlichen Koblenflora mitten in die so gänzlich differenten Floren des Trias und des Jura eingeschoben und das nur in einem Theil des Liaslandes, während das andere, ganz in der Nähe liegende, eine Pflanzenwelt zeigt, welche uns auf so überraschende Weise den Zusammenhang in der Entwickelungsgeschichte der Pflanzenschöpfung nachweist*). Es widerspricht da- her in der That eine solche Annahme so gänzlich allen unseren Erfahrungen über die Entwicklungsgeschichte der Natur, ‚dass sie unmöglich länger haltbar sein kann. Es wird diess um so mehr der Fall sein, wenn wir berück- sichtigen, ' dass die Steinkolenflora, so weit wir solche _ jetzt kennen, auf; der ganzen Erdoberfläche denselben Charakter halte und auf den entferntesten Punkten der- selben zum Theil bis auf die Arten übereinstimmt. Vom Lias ist allerdings zur Zeit noch nicht bekannt, ob die Pflanzen so grosse Verbreitungsbezirke hatten, wie die Kohlenpflanzen, dagegen weiss man (und wir verdan- ken: diesen wichtigen Nachweis dem Herrn Murchison), dass noch in der Numulitenbildung, also in einer so *) Sehr merkwürdig ist in dieser Beziehung, dass die Gym- nospermen (Cycadeen urd Nadelhölzer) von dem Trias an. bis zur Kreide dominiren und erst mit dieser die eigentlichen Dicaly- ledonen auftreten. Es zeigt uns diess auf überraschende Weise das Gesetz der geschichtlichen Fortentwicklung der Pflanzenwelt. Es bilden‘ die Gymnospermen gleichsam ‘die Brücke von den Ge- fäss-Cryplogamen zu den Phanerogamen, wie namentlich die neue- ren Entdeckungen über die Blülhenorgane ‘der ersteren zeigen, und müssen unmillelbar an dieselben angeschlossen, also vor die Monycotyledonen gestellt werden, und so folgen sie deun auch in der Entwicklungsgeschichte der Erde unmittelbar auf die Wefässeryplogamen,, welche in dem Steinkohlengebirge dominirt haben. — 140 ° — viel spätern' Zeit, "eine grosse Uebereinstimmung in der Muschelfauna von ganz’ Europa‘ bis nach Indien statt- fand; dass derselbe Charakter von Spanien ‚und Marocco bis nach Brahma putra‘ in Indien, ‘vom Nordabfall der Alpen bis‘nach Aegypten sich verfolgen lässt. Man 'hat nun freilich neuerdings hie und da behaup- tet, dass die Pflanzen keine geologischen Charaktere her- geben, wobei man also annelımen müsste, dass sie einem anderen Entwicklungsgesetze gefolgt wären, als die Thiere. Allein um für beide Naturreiche so verschiedene Entwick- lungsgeselze anzunehmen, müsste man bessere Gründe auf- bringen, als bisher geschehen ist. Wenn Murchison (1. e. S. 25) den Galamites arenaceus Br. als Beweis 'an- führt, dass die Gegenwart gewisser Pflanzenreste keines- wegs so entscheidend für das Alter einer Ablagerung sei, als die thierischen Ueberbleibsel, so beruht die Angabe selbst, worauf der Beweis gestützt wird, auf einem Irr- thume, indem Brogniart, ‘der hier angeführt wird, jenen Calamites nirgends als dem alten Kohlengebirge ange- hörend angibt, sondern nur als eine Pflanze des Trias. Im Uebrigen haben wir nicht zw übersehen, dass ‘die Bestimmungen, welche nur auf einzelne Stengelglieder und Stengelstücke gegrändet 'sind, nicht die Sicherheit gewähren, wie diejenigen, welche auf den Blättern beruhen; daher die Calamiten und Equiseten, die man grossentheils erst aus solchen kleineren Fragmen- ten ‘kennt, allerdings sich weniger ‚zu genauen Ver- gleichungen und darauf zu bauenden Schlüssen eignen; aber nicht etwa darum, weil sie nicht in allen Perioden in eigenthümlichen, nur diesen angehörenden Arten er- scheinen, sondern lediglich. weil die Art der Erhaltung die genaue Bestimmung sehr erschwert und:..zum Theil unmöglich macht. Wo aber die Pflanzen in charakteristi- —_ MM — 2 schen Organen erhalten sind ‚ die ‚eine genauere. Unter- suchung-und Vergleichung zulassen, da sind die Pflanzen eben: so, entscheidend, als die Thiere, wovon wir uns im- mer mehr überzeugen, je genaner diese Pflanzen studirt und ..je: mehr uns, bekannt werden. Die Schlüsse, die wir auf ‚sie bauen, werden aber um so mehr Geltung haben, wenn nicht etwa nur ‚einzelne Arten, über deren richtige Bestimmung man, in anormälen Fällen, noch in Zweifel sein kann, sondern die Gesammtheit der Arten und der ‚ganze Charakter der Flora uns so wichtige Ver- gleichungspunkte an die Hand geben, wie diess bei der Flora der Anthrazitschieier der Fall ist. Wenn H. de la Beche (Bibl. univers. de Geneve, Oct. 1849) die Zuverlässigkeit der auf Untersuchung der fossilen Pflanzen. gegründeten geologischen :Bestimmun- gen angreift, weil Niveauunterschiede grosse Verschie- denheiten bedingen, und durch Flüsse und Meeresströ- mungen die Pflanzen weit vertragen werden können, be- denkt er nicht, dass diess in gleicher Weise auch von den Thieren gilt“), und ‚dass übrigens nicht unschwer aus der Art der Erhaltung und der Art des Vorkommens der Objekte erschlossen werden kann, ob sie aus gros- sen Entfernungen hergeschwemmt seien oder nicht. Wenn *) So sind die Treibhölzer, die im Norden (Island u. s. w.) an die Küste geschwemmt werden, oft ganz bedeckt mit Mu- seheln, Serpulen und anderen Meeresthieren, die aus weiten Fer- nen herkommen; ebenso‘ werden mit den Sargassos eine Menge Meeresthiere nach fernen Gegenden versetzt. ‚Ganz ‚anders ver- hält ‚es sich bei Landthieren: und Landpflanzen, welche im Was- ser zu Grunde gehen und verwesen; die Treibhölzer kommen daher nicht mehr mit ihren Blumen und Blättern versehen an; alle diese weichen, kraufarligen Theile gehen zu Grunde und nur die holzarligen bleiben. — 12 — wir nur einzelne Früchte finden, wie z. B. im Lon- don-thon, da werden wir allerdings zur Annahme be- rechtigt sein, dass diese Gegenstände wahrscheinlich aus grösserer Entfernung hergeschwemmt seien; wo aber die Pflanzen auch in ihren zarten Theilen wohl erhalten, wo die Blätter und Stengel noch zusammenhängen, die ersteren grossentheils unverletzt sind, die Pflanzen fer- ner auf dem Steine ausgebreitet sind, wie diess bei den Anthrazitpflanzen der Fall ist, da werden wir an einen solchen weiten Transport nicht glauben können, und diess wird um so weniger der Fall sein, in je grösserer Menge und in je grösserem Bezirke wir diese Pflanzen finden. Verzeichniss der ÄAnthrazitpflanzen des Zürcher und Basler Museum. Die mit einem ' versehenen Arlen sind für die Anthra- zitschiefer neu; die mil einem + versehenen sind zur Zeit noch nicht im Steinkohlengebirge aufgefunden worden; da- gegen alle, welche das Zeichen nicht haben; die mit 6. bezeichneten sind von Unger auch in den Anthrazitschie- fern der öslreichischen Alpen nachgewiesen worden. “1. Sphenopteris tridactylites Brogniart hist. nat. des pl. foss. t. 50. (?) Petit-Coeur. Col de Balme. Die Exemplare sind zu einer sicheren Bestimmung nicht gut genug erhalten, scheinen aber nach der Form der Blätter zu obiger Art zu gehören. Die Wedel sind doppelt zusammengesetzt ; die Blättchen alle von einander abstehend und in fast rechtem Winkel an die lange Blatt- spindel befestigt. Sie sind etwas kleiner als bei dem von Broeniart abgebildeten Stück, aber von selber Gestalt. — 193 — Sie sid auch fiedertheilig, die unteren Lappen dreilappig, die oberen dagegen ganz-randig. "2. Neuropteris Loshii Brogn. t. 73. Erbignon im Wallis. 3. Neuropteris giganlea Stbg. Br. Petit-Coeur. Erbignon ; hier die häufigste Art! Das Geäder ist bei manchen Stücken sehr schön er- halten, ‚Der Mittelnerv lösst sich schon in der Mitte des Blättchens auf; die. Seitennerven laufen in schwachen Bogenlinien nach dem Rande und sind dichotom gespalten. 4. Neuropteris tenuifolia Schl. Brogn. Erbignon. Col de Balme. Petit-CGoeur. 5. Neuropteris flexuosa Brogn. tab. 68. 2. Moutiers. Neben den schmalen, länglichten Blättchen, welche mit denen der N. flexuosa übereinstimmen, liegen zwei grössere, breitere Blättchen, welche fast die Form der Blättchen der N. rotundifolia Br. haben. Nach Bunbury kommt aber die N. flexuosa in einer Varietät mit solchen breitlichen Blättichen vor, welche er auch aus den An- (hrazitschiefern {von Martigny) erhielt. Vielleicht gehört hierher auch die N. rotundifolia, welche Brogniart vom Col de Balme und la roche Macot anführt. Die N. fle- xuosa Br. hat im Kohlengebirge eine sehr weite Verbrei- tung und findet sich in Nordamerika, besonders Penn- sylvanien noch häufiger, als bei uns. z 6. Neuropteris heterophylla Br. Erbignon;; auf demselben Steine mit N. gigantea. ‘77. Neuropteris Escheri m. Fronde pinnis inferioribus (?) pinnatis, pinnulis ob- longis; pinnis superioribus pinnatis, pinnulis ovatis, ob- — 1 — tusis, pinnati-parlitis, 35 lobis rotundatis, terminali «la+ teralibus vix majori. R Petit-Coeur , ‚auf demselben Steine mit Pecop- teris pulchra, Annularia brevifolia und Astero- phyllites. Es liegen auf dem Steine drei Fiedern, welche, wie ich glaube, zusammengehören, obwohl eiue in der Form der Blättchen von den’ beiden anderen sehr abweicht. Wahrscheinlich stellt diese eine Fieder höher oben am Wedel’dar, die beiden anderen von einer Stelle tiefer unten am Wedel, ist diess der Fall, so stand unsere Art der Neu- ropteris heterophylla Brogn, sehr nahe, bei: welcher‘ wir diese heiden Blattformen an einem Wedel ‘haben. Sie weicht aber von derselben ab, darin, dass 1) die Fieder- blättchen etwas kleiner und schmäler sind und 2) dass die ‚Endlappen nicht grösser sind, als die Seitenlappen; aus demselben Grunde kann unsere Art-nicht zu N. So- retii gebracht werden, bei der überdiess die Fiederblätt- chen eine etwas andere Form haben. Die Fiedern, welche ich für die tiefer am Wedel stehenden halte, sind lang; die Fiederblättchen werden gegen die Spitze der Fieder hin+allmälig kleiner und das Endblättchen ist sehr klein und am Grunde undeutlich gelappt; es stehen diese Blättchen ziemlich weit von ein- ander, ‚so dass . die Ränder sich nicht berühren. Diese Blättchen sind länglich, vorn und am Grunde stumpf zu- gerundet. Die Nervur ist sehr undeutlich; ‚doch bei eini- gen Blätichen zu ermitteln. Wir sehen einen starken Mittelnerv, der auswärts sich verliert. Von diesem gehen in ziemlich stark schiefer Richtung feine Seitenadern aus, welche gabelig sich theilen. (Schluss in folgender Nummer.) MITTHEILUNGEN DER NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT. IN ZÜRICH. oN?! 49: ee a er 1850. Ueber die Anthrazitpflanzen der Alpen, ven Prof. O. Heer. (Schluss). Die andere Blattfieder {die, wie ich glaube, höher oben am Wedel befestigt war) hat eine etwas gebogene Blattspindel, mit alternirenden Blättchen. Diese sind fie- dertheilig; die unteren 5-, die oberen 3lappig. Diese Lappen sind sehr stumpf, rundlich; der äussere kaum grösser als die übrigen. Das Ende der Fieder ist nicht erhalten. In der Nähe dieser Blattfieder liegt noch _eine 7lappige Fieder, welche wahrscheinlich auch dazu gehört, so dass die Fieder wahrscheinlich am Grunde siebenlap- pige,. in ‘der Mitte fünflappige und aussen dreilappige Fiederblättchen hat. Herr Dr. A. Escher v.d. Linth brachte diese schöne Pflanze von Petit-Coeur mit, und sie wurde ihm gewidmet. 78. Neuropteris Soretii Br. Erbignon. Petit-Coeur. }6.9. Neuropteris alpina Sternb. | Erbignon. Petit-Coeur. "Col de Balme. ' Diese Art, welche zuerst auf der Stangalp in Steyer- mark gefunden wurde, scheint in unseren Anthrazitschie- Band 1. 10 A fern nicht selten zu sein. und hat in denselben eine grosse Verbreitung. Sie zeichnet sich besonders dadurch aus, dass die Fiederblättchen am Grunde der ganzen Breite nach an die Blattspindel angewachsen sind. 10. Odontopteris Brardii Br. Col de Balme. Petit-Coeur. Gehört zu den häufigsten Arten der Anthrazitschie- fer, doch sieht man, wie diess auch Bunbury (Quatrl. Journ. of the Geol. Soc., Mai 1849) bemerkt, seltener Exemplare, welche so. scharf zugespitzte Blätter zeigen, wie sie Brogniart's Figur (auf Tafel 76) darstellt. 11. Odontopteris obtusa Br. Petit-Coeur. Von dieser kommen Uebergänge zur O. Brardii vor, daher sie wahrscheinlich nur als Varietät derselben zu betrachten ist. Bei einem Exemplar sind die Blättchen, wie dies Bunbury bemerkt, ungleich gebildet, indem die der einen Seite etwas länger und schmäler und mehr zu- gespitzt sind. *12. Odontopteris minor Br. Col de Balme. Das Basler Museum besitzt davon einen schönen, grossen Wedel. Er ist 102 Linien lang; die Hauptspin- del ist stark, überall gleich dick, daher das Blatt noch viel länger gewesen sein muss. Die Fiedern stehen weit von einander ab und zwar in ganz ungleichen Distanzen; sie sind etwa 35 Linien lang und mit linear-lanzettlichen Fiederblättchen besetzt, welche locker gestellt sind, so dass sie sich nicht berühren. Sie sind etwa 3 Linien lang. Neben diesem grossen Wedel liegen noch einzelne Blattfiedern und ein anderes Wedelstück näher der Spitze, wo die Fiedern viel näber beisammen stehen. = *13. Gyelopteris reniformis Br. Erbignon. Ein Exemplar von der Erbignon-Alp im Basler Mu- seum stimmt wohl mit der Steinkohlenpflanze überein. Das Blatt ist gross, nierenförmig, am Grunde ausgebuchtet; indessen nicht ganz erhalten. Die Nerven sind am Grunde stark und dichotom gespalten. Var. b. bedeutend kleiner. Von Petit-Coeur, mehrere gleich grosse Blätter; eines auf demselben Steine mit Odontopteris obtusa und Cyatheites Schlotibeimiil. Das Blatt ist von der Grösse der Cyclopteris Bokschii G., also bedeutend kleiner als das der C. reniformis; es hat einen Quer- und Länge- Durchmesser von etwa 10 Linien. In der Form und Nervur dagegen scheint es mit demselben übereinzustim- men, daher ich es einstweilen als Varietät hier unterge- bracht habe. Vielleicht werden später besser erhaltene Exemplare zeigen, dass diese Blätier einer eigenthüm- lichen Art angehören, oder aber, dass sie die äusseren Blättchen, die grossen aber die unteren des zusammenge- setzten Wedels sind. Das Blatt ist am Grunde weit, aber ziemlich seicht ausgerandet und nierenförmig; der Blattrand ist, soweit er erhalten ist, ganz; die Nerven sind fächerförmig, am - Grunde dick, ziemlich stark gebogen und gabelig zer- theilt, und von da an ‚bedeutend dünner werdend. Von der C. Bokschii unterscheidet es sich durch die Ausrandung am Grunde und die weniger dicht stehen- den und am Grunde verdickten Nerven. 14. Cyatheithes Schlottheimii Goep. | (Pecopteris eyathea Brogn.) Col de Balme. Petit-Coeur: = — Von der ersteren Localität besitzen wir einen sehr schönen Wedel. Die Blattspindel ist mässig stark ; die Fiedern sehr lang und zierlich gebaut; sie besitzen eine grosse. Zahl von Fiederblättchen, welche am Rande sich nur besühren, nicht übereinander gelegt sind. Es scheint diese Art. in den Anthrazitschiefern nicht selten vorzu- kommen, zugleich gehört sie zu den verbreitetsten Far- ren des Steinkohlengebirges, in dem sie in Deutschland, Frankreich und Nordamerika gefunden wurde. 0.15. Gyatheites arborescens. Brogn. (Pecopt.) Col de Balme. Petit-Coeur, La Mure, mon- tagne de Bacule Garienne (Dauphine). Diese Art ist noch häufiger in den Anthraziten als vorige und wird auch in den Steyermärkischen gefunden. Wir besitzen mehrere zierliche Wedel von derselben, welche ganz mit:denen der Steinkohlenpflanze überein- stimmen. Punbury zieht diese Art mit Unrecht zu der vorigen, denn die Blattfiedern sind bei dieser Art durch- gehends schmäler, die Fiederblätichen kleiner, namentlich kürzer und. stumpfer, daher die Seitenränder der Fie- dern mehr in geraden, parallelen Linien verlaufen. b. C. platyrrachis Brogn. Petit-Coeur. Col de Balme; auf der Rückseite des Steines, welcher die schönen Wedel der C. Schlotheimii trägt. Die Blattiedern und Blättchen haben ganz die Form der C. arborescens, daher Göppert und Unger sie mit dieser vereinigen, während Brogniart sie als Art ge- trennt hatte, weil die Blattspindel sehr breit ist; sie ist viel breiter und daher ursprünglich dicker als bei der €. Schlotheimii. *16. Gyatheites Gandolleanus Brogn. (Pecop- teris.) — 149 — Montagne de Bacule Carienne (Dauphine) mit Cya- theites arborescens auf demselben Steine. Stimmt mit der Steinkohlenpflanze überein, nur sind die Blattfieder- chen etwas schmäler. 0.17. Cyatheites polymorphus Brogn. (Pecopt.) Erbignon. 18. Alethopteris Brogniartii Goep. (Pecopteris pteroides Brogn.) Ist, wie es scheint, das häufigste Farrenkraut in La Mure. Bei einigen sind die Blattränder umgerollt, wie bei den Pteris. 19. Pecopteris Pluckenetii Sternb. Col de Balme. Das Basler Museum besitzt von dieser Localität ein prachtvolles Stück, den unteren Theil eines Wedels dar- stellend. Von der starken Spindel laufen lange Fiedern aus, die ziemlich nahe beisammen stehen, so dass die Blättchen der benachbarten Fiedern sich theilweise decken. Die Fieder ist in eine ‚grosse Zahl secundarer Fiedern zertheilt (an einer sind jederseits 12 zu zählen, ohne dass die Spitze erhalten ist); jede derselben ist fiedertheilig, mit 6—8 Lappen; diese Lappen sind alle am Grunde verbunden und stumpf zugerundet. Stimmt genau mit Fig. 3 tab. 107 von Brogniart, nämlich den oberen zwei Fiedern, überein. Einen sehr schönen Wedel, welcher mit der unteren Fieder von Fig. 3 tab. 107 übereinstimmt, haben wir in unserer Sammlung aus dem Steinkohlengebirge von Zwickau. "720. Pecopteris pulchra m. Fronde bipinnata, pinnis pinnulisque patentibus, re- motis; pinnulis distantibus, oblongo-lanceolatis, basi api- —. ceque obtusis, integerrimis; nervo medio excurrente, ner- vis secundariis sub angulo acuto egredientibus. Petit-Goeur ; ein wohlerhaltenes Exemplar, wel- ches Hr. Dr. A. Escher von da mitbrachte. Die Spindel ist mässig dick; an derselben sind die Fiederblätter ziemlich weit von einander abstehend, so dass sich ihre Ränder nicht berühren. Diese Fiedern sind nicht sehr lang; die mittleren Blättchen derselben sind länger, als die am Grunde und am Ende der Fieder stehenden. Die Fiederspindel ist dünn; die Blättchen alterniren an derselben, doch sind immer je 2 etwas mehr genähert. Diese Blättchen stehen so weit von ein- ander ab, dass die Ränder nie sich berühren und immer ein ziemlicher Zwischenraum zwischen denselben wahrge- nommen wird. 'Es stehen viele dieser Blättchen in einem rechten, andere in einem schwach spitzigen Winkel vou der Spindel ab. Sie sind länglich lanzettlich, am Grunde etwas breiter als oberhalb der Mitte und dort wie vorn ganz stumpf zugerundet. Sie sind 4—41/, Lin. lang und 1—1', Lin. breit. Die Nervur ist bei den meisten verwischt, doch sieht man bei einigen, dass der Haupt- nerv bis zur Spitze des Blättchens geht und dass von diesem in schiefer Richtung sehr zarte secundäre Ner- ven entspringen. Von den unteren Blattfiedern der Neuropteris Escheri, welche auf demselben Steine liegen, unterscheiden sich diese leicht durch ihre schmälere Form; von Cyatheites Schlotheimii durch die viel kürzeren Fiedern und die längeren, schmälern, weiter auseinander stehenden Fie- derblättchen. Sie stimmt am meisten mit der Abtheilung von Pecopteris mit gefiederten Wedeln und ganzen Blätt- chen und dürfte unter diesen wieder der Pecopteris Jae- — 151 — geri Goepp. (aus den Steinkohlen von Waldenburg) am nächsten stehen, von der sie aber durch längere und mehr abstehende Blättchen sich unterscheidet. 21. Sigillaria Spec. Herr Ratbsh. Merian hat ein grosses Stammstück in Erbignon gesehen. Brogniart erwähnt aus der Taren- taise 8—9 Species, unter welchen S. Brardii, S. Lessel- lata und nolata. *22. Lepidophyllum lanceolatum Brogn.? Petit-Coeur. ‚Ein grosses, langes, lanzettliches, ganzrandiges Blatt, das auswärts sich allmälig verschmälert und von einem starken Längsnerven durchzogen ist. Ich sah mehrere Stücke, aber bei keinem war Basis und Spitze erhalten, daher es nicht mit Sicherheit zu bestimmen ist. "23. Lepidophyllum carieinum m. Petit-Coeur; auf demselben Steine mit Neuropteris Escheri. Ein steifes, gerades, langes, linearisches, über- all gleich breites (11/ Linien) Blatt, mit sehr starker, kielförmiger Mittelrippe, wogegen keine weiteren Längs- rippen zu erkennen sind. Sieht aus wie ein Carex-Blatt, gehört aber doch wohl eher einem Lepidodendron an, welche zum Theil solche langen, schmalen Blätter hatten. Es spricht dafür namentlich sein steifes Aussehen. Sehr ähnlich dem Lepidophyllum lineare Brogn. mem. du museum VII. t. 14 f. 2, allein das Blatt ist nur halb so breit und ausser der starken Mittelrippe treten keine weiteren hervor. 6.24. Calamites Gisti Brogn. La Mure; ein kleines Stengelstück. — 152 — "25. Galamiles undulatus Brogn. La Mure. Ein grosses, aber entrindetes Stammstück. Die Länge der Stengelglieder beträgt 1/3 des Querdurchmessers. Die Furchen sind ziemlich tief; die Rippen %, Lin. breit. Die Streifen verlaufen in wellenförmigen Linien; sie sind schwach gewölbt und hie und da mit Querlinien versehen. Wärzchen sind keine bemerkbar. Die Knoten erschei- nen als tiefe Querfurchen. Stimmt in den wellenförmi- gen Streifen und der Form der Rippen mit C,. undula- tus Br. überein, dagegen sind die Rippen etwas schmä- ler und die Stengelglieder kürzer. Da aber auch der naheverwandte C. Suckowii bald kürzere, bald längere Stengelglieder hat, darf diess wohl kein Grund sein, ihn vom GC. undulatus zu trennen. Von dem C. Cisti unter- scheidet er sich nicht allein durch die kürzeren Stengel- glieder, sondern namentlich die viel breiteren Rippen und den wellenförmigen Verlauf derselben, wodurch er sich auch, . wie aber auch durch die längeren Stengelglieder, vom C. approximatus Brogn. unterscheidet. 6.26. Calamites Suckowii Brogn. Diese im Kohlengebirge häufige und weitverbreitete variable Pflanze kommt auch in den Anthrazitschiefern der Tarentaise und von Steyermark vor. 27. Annularia brevifolia Brogn. Beudant Mineralogie und Geologie (deutsche UVeber- setzung) S. 557. Fig. 212. Col de Balme; Petit-Coeur. Scheint ziemlich häufig zu sein; mehrere Exemplare stimmen ganz mit solchen aus dem Steinkohlengebirge von St. Etienne bei Lyon und von St. Imbert, welche wir in unserer Sammlung besitzen, überein; andere aber haben = 6 — etwas kürzere Blättchen. Sie hat dünne Stengel, welche mit zierlichen Blattwirteln besetzt sind. Diese bestehen aus 12 —16 Blättchen, welche fast keilförmig sind; sie verbreitern sich auswärts allmählig und sind stumpf zu- gerundet. Aus den Blattwirteln entspringen die zarten Aeste (wie es scheint jederseits einer), an welchen: die Blattwirtel auswärts an Grösse allmählig abnehmen. Die Annularia fertilis Stbg., welche im Kohlenge- birge sehr häufig und auch in den Änthraziten der Stang- alp vorkommt, ist bis jetzt noch nicht in unseren Gebir- gen gefunden worden. ‘28. Asterophyllites anthrazinus m. Caule gracili, feliis verticillatis, arcualis, filiformibus, internodio triplo longioribus ; verticillis sub-patentibus. Petit-Goeur; auf demselben Steine mit Neurop- teris Escheri. Hierher gehört ohne Zweifel Asterophyllites Nr. 12 der Tarentaise und Nr. 10 des Col de Balme von Bun- bury; welchen er mit dem Asteroph. foliosus Lindl. ver- gleicht, bei dem indessen die Blätter kürzer als die Inter- nodien sind. Von dem A. longifolius Brogn., welchen Brogniart und Bunbury in der Tarentaise angeben, un- terscheidet er sich durch die ‘kürzeren Internodien und kleineren, vom Stengel mehr abstehenden Blätter. Der Stengel ist dünn; am dicksten Theil hat er nur eine Breite von 1 Linie; die Internodien werden gegen die Spitze hin kürzer, daher die kürzer werdenden Blatt- wirtel näher zusammenrücken. Die Blättchen sind faden- förmig , überall fast gleich breit, vom Stengel abstehend und eine Bogenlinie 'beschreibend. ‘Es scheinen 8-—10 einen ‚Blattwirtel zu bilden. A Ueber die, in der Nacht vom 16. auf den 1%. Februar 1850, in unsern Centralalpen ge- fallene röthlich - braune Substanz. Von ©. Heer, Prof. Vorgetragen den 18. März, und mit spälern Zusätzen vermehrt. Unsere öffentlichen Blätter brachten zuerst die Nach- richt, dass am Gotthard farbiger Schnee gefallen sei. Um über diesen Schneefall und die Beschaffenheit der färbenden Substanz Aufschluss zu erhalten, wandte sich Herr Dr. A. Escher von der Linth an die Herren Land- ammann Lusser in Altorf und Thalammann Fr. J. Nager in Andermatt. Beide haben auf sehr verdankenswerthe Weise unserm Ansuchen entsprochen. Herr Lusser übersandte ein Fläschchen geschmolzenen Schneewassers, in welchem die röthlich-braune Substanz einen dicken Bodensatz bildet und durch Filtration erhaltene trockene Masse. Diese war am ersten und zweiten Tag nach dem Schneefall von Herrn Dr. Renner in Hospendal eingesam- melt worden. Herr Nager aber überschickte uns solche Substanz, die er bei Andermatt, den 25. Februar, also 8 Tage nach dem Schneefall, durch Filtration des ge- schmolzenen Schnees, erhalten hatte. Ueber das Auftreten dieses farbigen Schnees erzählt Letzterer in seinem Briefe Folgendes: »Ich verfügte mich an Ort und Stelle, um den gewünschten röthlich- braunen Schnee zu erhalten. Ich wählte dazu die Ge- gend gegen die Oberalp, indem auf dieser Seite am we- nigsten Fusswege sich befinden und daher der Schnee am wenigsten mit hiesigen Bestandtheilen vermischt sein kann. Ueberdiess ist die ganze Thalfläche mit 5—6 Fuss tiefem Schnee bedeckt, so dass von Strassenstaub keine — 15 — Rede sein kann. Diese braun-röthliche Substanz wurde aber nicht mit dem Föhn, sondern mit der Rheinbise (welche von Bünden her kommt) gebracht und kam auch nicht als Staub, sondern in sehr fetten und grossen Schneeflocken, so dass am Morgen, als wir aufstunden. die ganze Gegend mit 2%/, Zoll tiefem röthlich-braunem Schnee bedeckt war. Diese Decke er- streckt sich von Wasen bis Airolo, und gegen Bünden und Wallis so weit wir sehen. Am ersten Tag war die- ser Schnee röthlicher, verlor aber an Farbe, weil bald darauf anderer Schnee fiel, der jetzt wieder zu schmel- zen anfängt und wahrscheinlich die röthliche Masse in den gewöhnlichen Schnee herunterzieht.« — Diese Er- zählung des Auftretens des farbigen Schnees im Ursern- thale von Hrn. Nager, welcher als ein sehr zuverlässi- ger Beobachter allbekannt ist, zeigt uns also, dass dort die färbende Substanz: 1) mit dem Schnee und 2) wäh- rend der Nacht gefallen sei, und 3) dass sie in kur- zer Zeit über Berg und Thal ausgebreitet war, und 4) dass bald darauf anderer Schnee gefallen, welcher den gefärbten bedeckte; alles Punkte, welche bei der Deu- tung dieser Substanz und bei den so verschiedenen ander- weiligen Angaben über ihr Auftreten der höchsten Beach- tung werth sind. Die ersten drei weisen darauf hin, dass die färbende Substanz nicht an Ort und Stelle er- zeugt worden, sondern aus der Luft niedergefallen sei, und der letztere erklärt uns, warum die Verbreitung an einzelnen Orten ungleichmässig zu sein schien und der gefärbte Schnee erst am Nachmittag, d. h. nach dem Schmelzen der darüber gebildeten weissen Schneedecke beobachtet wurde. So schreibt mir Herr Dr. Condrau in Dissentis, dass er in dortiger Gegend am Morgen und noch Mittag 1 Uhr keine röthliche Färbung am Schnee — 156 — bemerkt habe, wohl aber sei ihm Nachmittag 2 — 21% Uhr gleich aufgefallen, dass der Schnee an der Strasse gefärbt sei und wie er sich umgesehen, habe er bemerkt, dass diese Färbung eine weite Verbreitung gehabt habe. Bei einem zweiten Ausgang um 5 Uhr habe er be- merkt, dass auch sämmtliche Berge und die ganze Umge- gend eine rothe Farbe angenommen hatte. »Dieser Schnee wurde, schreibt Herr CGondrau weiter, im ganzen Medel- serthal und Tavetsch und in der ganzen Nachbarschaft von Dissentis bis gegen Trons hinab beobachtet, und zwar nicht allein im Thale, sondern auch auf den Ber- gen, doch von Dissentis an thalauswärts verlor sich die Farbe immer mehr. In der Nacht vom 16— 17 Februar war in Dissentis ein ca. 4 Zoll tiefer Schnee gefallen, und auch in den vorigen Tagen hatte es täglich mehr oder weniger geschneit. Am Morgen des 17. fiel etwas Schnee bis gegen 9 Uhr, worauf ein feiner Hagel (Rie- sel) kam. Diese Hagelkörner waren am Nachmittag ganz farblos und erst nach Wegheben derselben kam der ge- färbte Schnee zum Vorschein; es geht daraus unzweifel- haft hervor, dass nur ein Theil des vom 16. auf den 17. Febr. gefallenen Schnees diese Färbung erhalten, und zwar wahrscheinlich nur der, welcher am Morgen gefal- len ist.« — Aus dieser Darstellung des Hrn. Dr. Condrau geht also ebenfalls das schnelle Auftreten der Färbung, vom Thale bis zu den Bergen hinauf, hervor, und fer- ner, dass die oberste Lage farblos war; halten wir diese Erzählung des Falles mit derjenigen des Hrn. Nager zu- sanımen, werden wir sie leicht durch die Annahme verei- nigen können, dass im Bündner Oberland der farbige Schnee während der Nacht gefallen und vom frischen weissen Schnee am Morgen bedeckt wurde, so dass die Färbung erst nach Wegschmelzung des letztern zum Vor- — 197 schein kam, wobei zu berücksichtigen ist, dass Mit- tags das Thermometer auf 6° R. stand. Da der farbige Schnee im Ursernthale durch die Rheinbise kam, wird er wahrscheinlich daselbst etwas später gefallen sein, als in Dissentis, und war so nicht mit neuem überdeckt, als die Thalbewohner am Morgen aufstunden, daher sie ihn schon am Morgen bemerkt haben. Das ungleiche Ab- schmelzen der weissen Schneedecke an Sonnen- und Schat- tenseiten macht es uns leicht erklärlich, warum einzelne Stellen intenser gefärbt waren, als andere, und es kann diess keineswegs als Beweis gelten, dass die färbende Masse in dem Schnee sich gebildet habe. Der Verbreitungsbezirk dieses farbigen Schnees war ein sehr grosser. Wir ersehen aus dem bereits mit- getheilten, dass er von Trons weg im ganzen bündneri- schen Oberland, nebst seinen Seitenthälern Medels und Tavetsch, und im ganzen ÜUrsernthale gesehen wurde. Er lässt sich über die Furka ins Oberwallis und ins Ober- haslithal verfolgen, wo er noch in Guttannen und bis zum Hasligrund beachtet wurde. Anderseits soll, nach Mitthei- lungen von Hrn. Pfarrer Felix in Nufenen, auch auf dem Bernhardin derselbe wahrgenommen worden sein, und die aus dem Schnee von Hinterrhein abfiltirte Substanz, welche mir eingesandt wurde, macht es in der That wahrscheinlich, dass auch in dortiger Gegend solch’ farbiger Schnee ge- fallen sei. Herr Felix sagt, er habe erst auf diess Phä- nomen geachtet, nachdem man ihm erzählt, dass es auf dem Bernhardin gesehen worden sei, und habe dann in seiner Gegend zwar keinen rothen, aber einen, wie von Asche bestreuten, Schnee wahrgenommen. Im Ober- engadin wurde zwar zu jener Zeit keine solche Entfär- bung des Schnees gewahrt, doch erhielt ich von Herrn Lehrer Krättli in Bevers Substanz, die beim Schnee- — 158 — schmelzen zurückblieb, welche nach ihrer Beschaffenheit schliessen lässt, dass wahrscheinlich auch dort diess Phä- nomen sich gezeigt, allein in so geringem Grade, dass es den Schnee nicht auf bemerkbare Weise entfärbte. Es lässt sich daher diese Erscheinung durch die ganze Kette der Gentralalpen verfolgen, während in den nörd- lichen Alpen nirgends eine Spur davon gesehen wurde. Im Kanton Bern wurde es nur bis zum Hasligrund, in Uri bis Wasen, in Bünden bis Trons beobachtet; ein Blick auf die Karte zeigt, dass diese Orte fast in glei- cher Richtung liegen. Gehen wir zur microscopischen Untersuchung der Substanz über, wird es am zweckmässigsten sein, sie nach den Fundorten zu trennen. 1. Im Schneewasser von Schnee, der bei Hospen- dal, am folgenden Tag nach dem Fall gesammelt wurde. Die Substanz bildet einen bräunlichen Niederschlag im Wasser; getröcknet ist sie gelblich-braun, etwas ins röth- liche spielend. Unter dem Microskop erkennt man sehr bald, dass sie aus sehr kleinen, fein zertheilten minerali- schen Partikelchen bestehe, in welche mineralische Haupt- masse organische Substanzen verschiedener Art einge- streut sind. Die mineralische Masse besteht wieder aus zweierlei Körperchen, nämlich: 1) kleinen, glasigen, durch- sichtigen Splittern, und .2) sehr kleinen , lebhaft roth ge- färbten Körnchen. Die erstern zeigen sehr mannigfache und unregelmässige Formen; die einen sind rundlich, andere dreieckig, andere trapezförmig, vieleckig, und alle ganz unregelmässig, so dass nichts von Krystallformen zu sehen ist. Sie scheinen grossentheils tafelförmig zu sein und erscheinen als ganz dünne Splitter; die al- lerkleinsten aber sind rundlich und zeigen im Wasser lebhafte Molekülarbewegung. Sie sind durchsichtig, und v — 159 — hei durchfallendem Licht wasserhell, zeigen indessen ei- nen schwachgelblichen Anflug. Diese Körperchen bilden die Hauptmasse und geben derselben wohl die graulich- gelbe Farbe. Viel seltener nnd nur in die vorige Haupt- masse eingestreul, finden sich die rothen Körnchen , welche eine bald hellere, bald dunklere rotbe Färbung zeigen. Auch diese sind sehr klein, haben aber durch- gehends mehr Körper als die durchsichtigen, hellen, und eine öfters unebene Oberfläche; sie erscheinen daher nicht als tafelförmige Splitter, sondern als dickere Körn- chen, von sehr ungleicher Form. Die einen sind rund- lich, andere länglich, doch die Begrenzungslinien nicht in regelmässigen Bogen verlaufend; in ein paar Fällen waren die Körnchen an einem Ende zugespitzt und erin- nerten an Krystalliormen. Die Grösse dieser Körnchen wechselt zwischen 1/50 bis 1/o0oo Linie Durchmesser. Ueber die mineralische Natur dieser Körnchen, wie der durchsichtigen Splitter, kann kein Zweifel walten; nicht allein ihre unregelmässigen Formen, noch mehr ihre Unverbrennlichkeit beweist dieses unumstösslich. Setzen wir die Substanz der Glühhitze aus und bringen sie wie- der unter das Microscop, sehen wir unter demselben nach wie vor, neben den hellen diese rothen Partikel- chen. Eben so wenig werden dieselben durch die Salz- säure zerstört, indem in der mit solcher behandelten Substanz neben den vorherrschend durchsichtigen, was- serhellen Partikelchen auch röthliche vorgefunden wer- den. Neben diesen mineralischen Stoffen bemerken wir, bei Anwendung der trockenen Destillation eine schwarze Masse. Diese ist unzweifelhaft aus der Verkohlung der organischen Substanzen hervorgegangen. Solcher habe ich im geschmolzenen Schneewasser folgende gefunden: 1) Blumenstaubkörnchen; diese sind am häu- figsten. Die Vergleichung mit den Pollenzellen der Ha- — 160 — selnuss zeigt die vollständigste Uebereinstimmung*) mit denselben. ‘Bei den meisten sieht man drei kleine, runde pori; bei jedem porus ist die innere Pollenhaut zurück- gezogen, daher wir dort einen schwach elliptischen , hel- len Flecken erhalten; wir bekommen also drei solcher heller Flecken, welche eine ziemliche Grösse haben. Der von der innern Membran umschlossene Theil des Pollen- kornes ist grau-gelblich gefärbt und in einzelnen Fällen erkennt man noch den körnigen Inhalt. Bei den Poren ist. das Pollenkorn etwas vorgezogen; es ist also nicht rein kuglig,: sondern etwas abgeplattet; beim Trocknen ziehen sich die Stellen, wo die Poren liegen, ein, und das Korn wird mehr oder weniger dreieckig. Die mei- sten: Pollenkörner haben drei Poren, doch sah ich auch solche mit vier. Da diese im Uebrigen mit den andern übereinkommen, sind sie wohl nicht von ihnen zu {ren- nen, um so mehr, da nach Meyen auch bei der Hasel- nuss Körner mit 4 Poren vorkommen; ich freilich habe bei derselben immer nur drei gesehen. *) . Unger bildet in seiner interessanten Abhandlung (atmos- phärischer Staub von Gralz) auf Taf, Ii. fig. 7 fünf Pollenkör- ner ab, die er als Hanfpolleh betrachtet; die zwei rechts und oben stehenden stimmen mit denen der Haselnuss überein, wo- gegen die drei kugelrunden von eirer andern Pflanze herzurüh- ren scheinen, Beim Hanf haben wir, ähnlich wie bei der Ha- selnuss , auch in der Regel drei kleine Poren, bei welchen sich die innere Pollenhaut auch zurückzieht, daher das Pollenkorn ein ähnliches Ansehen hat; allein die Hanfpollenkörner haben eine viel zartere durchsichtige Äussere Membran; sie haben auf einer Seile eine grosse, dreieckige hellere Stelle (verdünnte Par- thie der äussern Membran), und dort fallen sie sich beim Trock- nen zusammen und nehmen {rocken eine elliplische Gestalt an. Beim Haselnusspollen fehlt diese Falte und beim Trocknen wird das Korn dreieckig. ! (Schluss in folgender Nummer.) MITTHEILUNGEN NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT a > IN ZÜRICH. > oN? 50. er En Eu: 1850. Ueber die, in der Nacht vom 16. auf den 1%. Februar 1850, in unsern Centralalpen ge- fallene röthlich - braune Substanz. Von O. Heer, Prof. . (Schluss). 2. Pilzkeimzellen? Für solche halte ich sehr kleine, länglich ovale, durchsichtige Bläschen, mit kör- nigem Inhalt. Sie stimmen mit den Bläschen, ‚welche Unger (microscopische Untersuchung des atmosphärischen Staubes von Gratz, Tab. III. Fig. 20) für Keimzellen von Cladosporium fumago erklärt. 3. Stärkekörnchen; kleine rundliche und ovale Körnchen, welche durch Jod sich blau färben. 4. Pflanzenfasern; unter diesen kommen lange, dünne, weisse gedrehte Haare vor, welche ohne Zweifel als Baumwollenhaare zu deuten sind. 5. Einzelne thierische Haare, Ueberblicken wir diese Substanzen, müssen wir noch- mals wiederholen, dass die organischen nur in die mine- ralische Hauptmasse eingestreut vorkommen. Da ausser den angeführten rothen Körnchen keine Substanzen wei- Band 1. 11 — 162 — ter darin sich finden, die diese Farbe haben, muss die röthliche Farbe des Schnees von diesen hergerührt haben. An derselben Stelle wurde von Hrn. Dr. Renner Ende April wieder Schnee gesammelt, nachdem der neue wegge- ; schmolzen und der farbige wieder zum Vorschein ge- kommen war. Ich erhielt. durch Hrn. Landamman Lus- ser auch von dieser Substanz. Es stimmt dieselbe völlig mit der obigen überein. Neben den beiden mineralischen Stoffen finden sich Haselnusspollen und Amylum darun- ter; bei einem rundlichen Körnchen lassen sich die Schich- ten wohl erkennen. Dass bedeutend mehr Baumwollhaare darunter liegen, rührt wohl vom Filtrirpapier her. Unter den Pflanzenfasern ist ein Spiralgefässbündel zu erkennen. II. Substanz von Andermatt, 8 Tage nach dem Falle gesammelt. Schon in Farbe und äusserem Aussehen völlig mit der vorigen stimmend, ebenso auch die mi- eroscopischen Verhältnisse. Auch "hier haben wir zwischen den hellen, durch- sichtigen Splittern kleine rothe mineralische Körnchen; auch hier eine nicht geringe Zahl von Blumenstaub ‚der Haselnuss. Neben den dreiporigen sah ich aber nicht allein 4, sondern selbst fünfporige. Ferner sah ich Baum- wollbaare, gegliederte Pflanzenhaare und schwarze Thier- haare. Einmal sah ich eine kleine Diatoma. Von dieser Substanz hat Herr Prof. Dr. Schweizer 130 Milligramm untersucht, um das Verhältniss der or- ganischen zur unorganischen Masse auszumitteln. Es er- gab diese Untersuchung auf 100 Theile getrocknete Sub- stanz 88,46 nicht flüchtige und 11,5% flüchtige organische Stoffe; daher die mineralischen, ganz entsprechend der microscopischen Untersuchung, nahe an %0 der Gesammt- masse bilden, III. Substanz den 9. März in Hinterrhein im Rheinwald — 1693 — von Hrn. Pfarrer Walser gesammelt. Diese sieht ganz anders aus als die vom Gotthard. Sie hat eine dunkelgraue Farbe und besteht grossentheils aus verschiedenartigen, theils sehr kleinen, theils aber ziemlich grossen durchsichtigen, wasserhellen, seltner opacen Partikelchen, die wohl gros- sentheils kleine Quarz- und Glimmertheile sein därften. Zwischen dieser Masse, welche als Felsen- oder Stras- senstaub zu betrachten ist, finden sich eine Zahl kleiner durchsichtiger, unregelmässer Körnchen eingestreut, ähn- lich den glasigen, hellen Splittern des Gotthardstaubes, und ebenso einzelne rothe Körnchen, die alle sehr klein und denen’ des Gotthardstaubes sehr ähnlich sehen. Da- neben fand ich: 1) sehr vereinzelte Haselnusspollenkörner, 2) einzelne -Stärkekörner, 3) einzellige; fein zugespitzte Pflanzenhaare, 4) einen Gefässbündel einer Pflanze und zarte Pflanzenfasern. Das Vorkommen jener kleinen gla- sigen Splitter und rothen Körnchen und Pollen weist „wohl darauf bin, dass auch im Rheinwald dieselbe Sub- stanz gefallen, wie am Gotthard, nur dass hier später eine Menge fremdartiger Körperchen dazu kamen, welche die Hauptmasse der übersandten Substanz ausmachen. Es ist daher die Angabe des dortigen Sammlers, dass alle Winter solcher farbiger Schnee dort vorkomme, leicht zu erklären. IV. Von Bevers im Engadin erhielt ich eine ganz gleich gefärbte und gleich aussehende Masse, wie die vorige, von Hrn. Lehrer Krättli, welcher sie Anf. April aus dem Schnee filtrirt bat: Auch in dieser finden wir neben den vielen gröberen und wasserhellen Felsenfragmenten, die ohne Zweifel aus der Umgebung herrühren, .eine Zahl von kleinen eckigen, splittrigen Partikelchen und von rothen Körnchen. Neben diesen aber fand ich in dieser Sub- stanz : — 164 — 1. Pollenkörner von Haselnuss, ganz wie im Gott- hardstaub. 2. Stärkekörner, darunter einzelne mit deutlicher Schichtenbildung. 3. Gegliederte Pflanzenhaare, ganz übereinstimmend mit den von Unger (atmosphär. Staub) Taf. .II. 31. ab- gebildeten. 4. Baumwollhaare. 5. Stücke von Fliegenflügeln. 6. Einige Diatomeen. Bei der ähnlichen Beschaffenheit dieser Substanz mit der vorhergehenden, dürfte sie wohl auf dieselbe Weise herzuleiten sein. Fragen wir nun nach der Deutung dieser merkwür- digen Erscheinung, so lag es nahe, an den rothen Schnee zu denken, welcher im Sommer stellehweise in unseren Alpen angetroffen wird. Hier wird bekanntlich die rothe - Färbung von organischen Körperchen gebildet, welche: in unzähliger Menge im Schnee leben. Die Hauptmasse bilden kügliche Pflänzchen (Protococcus nivalis Ag.), die eine wasserhelle Membran besitzen, welche einen rothen Inhalt einschliesst. Zeitenweise bemerkt man im Innern dieser Zelle kleinere rundliche Zellchen, welche als Fort- pflanzungszellen betrachtet werden. Dass diese Proto- coccuszellen nur die unreifen Eier der Philodinen seien, wie diess Vogt behauptet hat, ist im höchsten Grade unwahrscheinlich, denn wir sehen sie überall, wo rother Schnee gefunden wird in unermesslicher Zahl, während die Philodinen im Schnee sehr selten sind und meines Wissens bis jetzt erst auf den Aargletschern beobachtet wurden; und wie sollten gerade die unreifen Eier in solchen Massen in den Schnee kommen ? Neben diesen, den Schnee roth färbenden, Zellen finden wir aber noch » — 165 — gar verschiedenartige Körperchen, welche indessen nur zufällig dahin gerathen sind, als Diatomeen, Infusorien (ich sah Monas, CGolpoden, Bursarien und Vibrionen), Flechten- und Pilzkeimzellen , Pflanzenhaare, Pollenkör- ner u. s. w. Diesen rothen Schnee habe ich in unseren Alpen vielfach beobachtet, theils nur Flecken auf dem Firn bildend, wie am Glärnisch, am Kärpfstock und an den Kalfeusenstöcken, oder aber ganze weite Schneefel- der überziehend und prachtvoll färbend, wie im Hinter- grunde des Flössthales an der Selvretta und auf der Za- portalp. Auch habe ich denselben vielfach, theils zu Hause, theils an Ort und Stelle mieroscopisch untersucht, und glaube ihn daher wohl zu kennen. Allein von die- sem Protococcus habe ich in den oben erörterten Sub- stanzen keine Spur gefunden und ebensowenig auch Hr. Prof. Dr. Nägeli, der sie ebenfalls untersucht hat. Die einzigen rothen Körperchen, die.sich darin finden, sind, wie früher erwähnt, jene kleinen Körnchen, und dass diese mineralischer Natur, werden auch die Hrn. Prof. P. Merian, Dr. Escher von der Linth und Stocker-Escher bezeugen, welche sie bei mir gesehen haben; wenn es überhaupt noch solcher Autoritäten bedarf. Es ist mir daher ganz räthselhaft, wie es kommi, dass die Herren Prof. Perty und Brunner den Februarstaub diesem Pro- tococcus nivalis zuschreiben können und ersterer zur An- gabe kommt, dass die rothen Körperchen dieser Substanz völlig mit denjenigen übereinstimmen, welche im Som- mer im rothen Schnee der Alpen gefunden werden. Ich musste vermuthen, dass Herr Lusser nach Bern eine an- dere Substanz gesendet habe, als uns, und wandte mich daher wieder an ihn, um darüber Aufschluss zu erhal- ten; er schreibt mir aber: es komme die Substanz, die nach Bern gesandt worden, wie die unsrige aus derselben — 16 — Hand, nämlich von Dr. Renner in Hospendal, nur dass unsere einige Zeit früher gesammelt ‘worden; zugleich sandte er mir aber von der später gesammelten, welche völlig mit der früheren übereinstimmt; so dass ich in der That nicht im Stande bin, diess sonderbare Räthsel zu lösen. Sind, woran ich, nach den Angaben des Hrn. Perty, nicht: zweifeln will, rothe Zellen in der Substanz ge- wesen, welche nach Bern kam, so können doch diese nicht auf Protococeus nivalis gedeutet werden, sondern rühren wohl von einer anderen roth gefärbten Alge her, deren es bekanntlich eine grosse Zahl gibt, und müssen ferner diese Algen als nur zufällig auf den Schnee ge- wehte Körper betrachtet worden, welche keineswegs diess Phänomen des farbigen Schnees in unseren Alpen ver- ursacht haben können. Denn, wenn die rothe Färbung des Schnees durch sie bedingt worden wäre, wie sollte es kommen, dass keine Spur davon in der, zu verschie- denen Zeiten und an verschiedenen Stellen gesammelten, farbigen Substanz gefunden wird, die wir erhalten haben? Schon die Farbe spricht dagegen, der Protococeus färbt den Schnee schön carmoisinroth und behält aufbewahrt jahrelang die schöne rothe Farbe bei; so hatte ich sol- chen mehrere Jahre in Schneewasser aufbewahrt, ohne dass die Farbe der Zellen sich änderte. Die am Gotthard gefallene Masse aber färbte den Schnee braun-röthlich. Eben so entschieden spricht die Art des Auftretens die- ses farbigen Schnees dagegen. Der Protococeus nivalis ist noch nie im Winter beobachtet worden, sondern im- mer nur im Sommer; nie in Thalgründen, sondern immer nur in Höhen von 7—8000 Fuss s. m.; niemals findet er sich auf frischgefallenem Schnee, sondern immer nur auf altem , gelegenem, festem Firn; es ist bekannt, dass - 7 — wenn im Sommer neuer Schnee auf Firn fällt, der roth gefärbt ist, dieser die rothe Farbe nicht annimmt, son- dern der rothe Schnee erst wieder zum Vorschein kommt, wenn der neue abgeschmolzen ist. Die fragliche röth- liche Masse erschien aber überall in dem neuen Schnee; ja nur in einer Schicht des neuen Schnees, und in die- ser sollten sich nun plötzlich diese unzähligen Myriaden von Pflanzen gebildet haben ! Und nun gar dieses plötz- liche Auftreten in einer so grossen Längenzone vom En- gadin bis an die Grimsel, von den. Bergspitzen bis zu den Thalgründen hinab! Diess allein schon ist, wie Herr Lusser richtig bemerkt, ganz entscheidend; wie kann auch in der That Jemand, der den Zusammenhang der orga- nischen Natur mit den äusseren Einflüssen kennt, ‚an- nehmen, dass eine Pflanze auf einmal innerhalb eines solchen horizontalen und verticalen Verbreitungsbezirkes, wie ein deus ex machina, erscheine, — und wie sollen wir erklären, dass sie nur in den Centralalpen auftrat, keine Spur in den nördlichen Alpen sich vorfand! Herr Prof. Brunner appellirt hier an die ungeheure Produk- tionskraft der Natur, allein es will mir scheinen, dass er derselben denn doch gar zu viel zumuthe; und wenn Herr Prof. Perty die wunderbare Wirkung des Föhnes und der Sonnenwärme in Änspruch genommen, so hat er wohl nicht bedacht, dass dieselbe alle Winter in den Al- pen Statt hat, und doch war dies Phänomen den Alpen- bewohnern so neu, dass es das allgemeine Interesse der- selben erweckt hat. Ueberdiess kam, wenigstens in Urseren, die rothe Substanz in der Nacht, fiel mit Schneeflocken zur Erde und es herrschte nicht der Föhn, sondern die Bise! Diess alles spricht offenbar dafür, dass diese fär- bende Substanz nicht in dem Schnee sich gebildet, son- dern aus der Luft gekommen sein müsse. — 18 — Aus der näheren Umgebung kann sie nicht stam- men, schon wegen des Blumenstaubes von Corylus, denn dieser blühte damals noch nicht in Zürich, geschweige in unseren Gebirgsgegenden; es muss daher die Substanz von Süden, aus einem wärmeren Lande hergeweht sein, wo die Haselnuss damals geblüht hat. Es kann nun hier wohl nur der atmosphärische Staub (Passatstaub) und die vulkanische Asche in Betracht kom- men. Bekanntlich verdanken wir Ehrenberg die interes- sante Entdeckung, dass die Südwinde aus fernen Gegen- den, ja selbst aus Amerika, verschiedenartige, sehr kleine Körperchen uns zutragen. Es hat derselbe eine Zahl von Diatomeen nachgewiesen, welche auf diese Weise in der Luft nach unseren Gegenden, aus fernen Welt- theilen verführt werden. Mir will es aber scheinen, dass obiges Phänomen nicht hierher gerechnet werden dürfe, denn einmal spricht dagegen die grosse Masse gefallener Substanz in so grosser Ausdehnung und das sehr seltene Auftreten der Diatomeen in derselben. Um so mehr spricht aber für die Ansicht, dass es vulkanische Asche sei, welche bei dem letzten grossen Ausbruch in bedeutende Höhen getrieben und nach unseren Gegenden vertragen wurde. Die Hauptgründe, die mich veranlassen, sie da- zuzurechnen, sind: 1. Vesuv-Asche, welche 1842 nach Piedimonte ge- weht wurde, und die wir in unserer Sammlung besitzen, hat genau dasselbe Aussehen, nur ist sie etwas heller ge- färbt. Unter dem Miscrocope ist sie ihr täuschend ähn- lich; die Hauptmasse besteht auch aus jenen durchsichtigen, glasigen, tafelförmigen. Splittern, und daneben haben wir jene kleinen rothen Körnchen. Vesuvasche, welche 1822 auf der Vesuvhöhe selbst gesammelt wurde, zeigt eben- — 169 — falls dieselben Bestandtheile, nur ist dieselbe dunkler ge- färbt und aus grösseren Körnchen gebildet; es ist klar, dass je die grösseren, schwereren Körnchen früher nie- derfallen werden, als die feiner zertheilten, leiehten, da- her die in der Nähe des Vesuvs gesammelten immer ein etwas anderes Ansehen haben werden. Wahrscheinlich ist die Asche, welche Ehrenberg vom letzten Ausbruch erhalten, ebenfalls aus der Nähe der Eruptionsstelle, da- her sie als grobkörnig (wie Pulver) geschildert wird. Im Uebrigen sagt Ehrenberg, dass sie aus durchsichtigen Körnchen bestehe. 2. Die ähnliche chemische Zusammensetzung, wo- rüber aber Herr Prof. Sehweizer in einem besonderen Aufsatze das Nähere seiner Untersuchungen mittbeilen wird. Ich will nur das hier nochmals hervorheben, dass diese Untersuchung die vorherrschend mineralische Natur dieser Substanz nachgewiesen hat, und die Angabe des Herrn Prof. Brunner ganz unerklärlich macht, dass die Hauptmasse organischen Ursprungs sei. 3. Erklärt sich ‚auf diese Weise leicht der Hasel- oussblumenstaub, der in so grosser Menge darin ange- troffen wird. Die Hügel und Bergrücken um Avellino, in. der Nähe des Vesuvs, sind auch jetzt noch, wie zur Zeit des Plinius, welcher erzählt, dass die Haselnüsse von dieser Gegend ihren Namen (Avellana) erhalten haben, mit Haselnusssträuchen bedeckt, und die Haselnüsse von Avella bilden auch jetzt noch einen Handelsartikel. Un- zweifelhaft standen diese damals in voller Blüthe, wäh- rend um Zürich die ersten Blüthen erst am 19. Febr. auf- brachen, Dieser Haselnusspollen wurde gleichzeitig mit der vulkanischen Asche in die Höhe gehoben und so mit derselben nach Norden vertragen. Sehr leicht erklärlich ist aber; dass auch andere organische Stoffe, welche in — 170 — der Luft schwebend waren, mit fortgerissen ‘wurden’; diess gilt von den Stärkekörnchen, Pflanzenfasern, Pilz- keimzellen u. s. w. | 4. Herr Gaspar Escher in Salerno, der im März hier war, erzählte uns, dass die Ausbrüche bis zum 12. Fe- bruar gedauert haben, und dass in der Nacht‘ vom 9. bis 10. Februar in Salerno eine grosse Masse vulkani- scher Asche gefallen sei. Und Herr Lusser schreibt mir am 4. Mai: Vor wenigen Tagen hat ein Oflizier, der seit vielen Jahren in Neapel gedient und die Eruption des Vesuvs mehrmals gesehen hatte, mir gesagt, dass die vom 11. Februar die schönste, aber auch schrecklichste war, die er gesehen habe. Ungeheuere, mehrere Tage sich fortbildende Aschenwolken seien, besonders am 11,, vom Sturme über die Gegend von Avellino hingewälzt und in nordöstlicher Richtung fortgetrieben worden; so dass der Horizont von ihnen ganz umdüstert wurde. Daraus geht also hervor, dass die Asche von dem Südweststrom nach nördlichen Breiten fortgerissen werden musste. ' Nea- pel liegt um mehrere Grad östlicher als unsere Gentral- alpen, und der südliche Luftstrom hat bekanntlich eine Südwestrichtung, daher: wäre durch diese die Asehe nicht in unsere Gegenden, sondern in die östreichischen Alpen vertragen worden; offenbar wurde daher die Asche wohl durch den Südwest, welcher in jener Zeit geweht hat, in unsere Breiten gebracht, dann aber durch den Ostwind nach unseren Gegenden geführt, daher sie eben nicht mit Südwind, sondern mit dem Ostwinde ins Urseren- thal kam, wie diess Herr Nager in seinem Briefe erzählt, womit denn auch die Verbreitung von Trons weg bis an den Gotthard und -ins Berner Oberland übereinstimmt. Dabei haben wir zu berücksichtigen, dass nach Mitthei- lungen der Herrn Pfarrer Felix in Nufenen und Krättli = m — in Bevers, am 12. Februar, im Engadin und Rheinwald, und daher wohl der ganzen Alpenkette, ein hefliger Föhnsturm wehte, vom 14.—18. Febr. dagegen die Bise (Ostwind), wechselnd mit Windstillen herrschte. Rührt die in unseren Alpen gefallene Substanz von der am 11. aus- geworfenen Vesuvasche her, wurde also diese zunächst durch den Südwestwind, wahrscheinlich am 11. und 12. Februar, nach den nördlichen Breiten gebracht und dann durch den Ostwind uns zugetragen und ist im Ganzen 5 Tage lang in der Luft geblieben; eine Annahme, durch welche die Art des Auftretens, der Verbreitungsbezirk und in Verbindung mit dem Umstande, dass dieser far- bige Schuee stellenweise mit neuem bedeckt wurde, alle die verschiedenen Angaben über mehr oder weniger leb- haft gefärbten Stellen auf befriedigende Weise erklärt werden können. Die grosse Entfernung des Vesuvs kann keine Schwie- rigkeit machen. Wir wissen ja, dass die Asche des Aetna nicht selten in Malta (30 geograph. Meilen ent- fernt) niederfällt, dass beim Ausbruch des Vulcanes Sum- bava 1815 die Asche nordwärts bis CGelebes (60. geogr. Meilen weil) und westwärts bis Java getragen wurde und daselbst 8 Zoll hoch fiel, ja dass 1812 Asche auf ein nach Brasilien gehendes Packetboot fiel, welches 1000 englische Meilen von jedem Lande entfernt war. -Auch für unsere Gegenden steht diese Erscheinung nicht ver- einzelt da. Der berühmte Lambert, welcher ‘damals in Gleven sich befand, erzählt, dass am 14. Oktober 1755 bei herrschendem Südwinde ein sonderbarer Nebel (Kai) mit Erdniederschlag in Bünden, Veltlin und Tyrol beob- achtet worden sei. Am Abend fiel Regen und mit dem- selben so viel Staub, dass sich in einem mässigen Becher Regenwassers ein Finger hoher Niederschlag abgesetzt ae habe. Gleichzeitig wurde in Locarno ein röthlicher Ne- bel und im Regenwasser eine röthlich-lehmige Masse be- obachtet; 16 Tage darauf erfolgte das durch: die Zerstö- rung von Lissabon so bekannte Erdbeben, dem vulka- nische Eruptionen vorausgegangen waren, so dass jener Staub sehr wahrscheinlich von Vesuvasche herrührte. Ob der Höherauch, welcher 1783 fast 11 Wochen lang in Bünden beobachtet wurde (so 12 Tage im Juni, 19 im Juli und 2 im August), mit den wiederholten Erdbeben, die damals Kalabrien so schwer heimsuchten, und mit den lange andauernden (vom 11. Juni bis 3. Aug.) Aus- brüchen des Vulkanes Skaptar-Jökul auf Island in Ver- bindung gebracht werden darf, muss zweifelhaft erschei- nen, da dieser Höherauch so lange gedauert hat; eher könnte der röthliche Nebel, welcher 1831, gleichzeitig mit der neu aus dem Meere aufgestiegenen Insel, südlich von Sizilien sich zeigte und über Europa sich verbrei- tete, auf vulkanische Asche zu deuten sein. Hr. Prof. E. Schweizer. — Chemische Untersu- chung der am Gotthard in der Nacht vom 16. auf den 1%. Februar 1850 mit dem Schnee gefallenen Substanz. Herr Prof. Heer überliess mir eine kleine Menge von dieser bei Andermatt gesammelten Substanz zur Ana- Iyse. In seiner Abhandlung über diesen Gegenstand er- wähnte er bereits, dass ich das Verhältniss der unorga- nischen zu den organischen Bestandtheilen wie 88,46 % : 11,54 0% gefunden habe: 0,130 Gr. der Substanz ver- loren nämlich beim Glüben im Platintiegel 0,015 Gr. Die grössere Menge der Substanz, welche nach Zerstö- - 43 — rung der organischen Theile jedoch bloss 0,913 Gr. be- trug, wurde zur quantitativen Analyse benutzt. Der geglühte Rückstand wurde, nachdem man ihn mit heissem Wasser behandelt hatte, welches nur eine kaum wahrnehmhare Spur von löslichen Stoffen in sich aufnahm, längere Zeit mit concentrirter Salzsäure dige- rirt, ein Verfahren, welches gewöhnlich bei der Analyse gemengter Silikate eingeschlagen wird, um den durch Säuren zerlegbaren Theil von dem durch Säuren unzer- legbaren zu scheiden. — Die Substanz wurde von der Salzsäure ohne das geringste Aufbrausen stark angegrif- fen. Nachdem man die saure Lösung von dem unge- lösten Rückstand filtrirt hatte, behandelte man den letz- tern in der Kälte mit Aetzkali, um die durch die Säure ausgeschiedene Kieselerde von dem unzerlegten Theil zu trennen, bestimmte hierauf den letztern und erfuhr so das Verhältniss des zerlegbaren zu dem unzerlegbaren Theil. 0,913 Gr. Substanz enthielt hiernach: durch Säuren zerlegbaren Theil 0,422 Gr. durch Säuren unzerlegbaren Theil 0,491 » 0,913 Gr. Der durch Säuren zersetzte Theil wurde nach ' den gewöhnlichen Methoden analysirt und in 0,422 Gr. der- selben gefunden: Kieselerde 0,186 Gr. Thonerde 0,092 Eisenoxydul 0,071 Kalk 0,071 0,420 Gr. 0,421 Gr. des durch Säure unzersetzten Theils ga- ben, mit koblensaurem Natron aufgeschlossen: - Mm — Kieselerde 0,330 Thonerde mit Spuren von Eisenoxyd 0,050 Kalk 0,012 Magnesia 0,004 Alkalien *) 0,025 0,421 Gr. Stellen wir nun die Resultate dieser Analysen nach Prozenten zusammen, so enthalten 100 Theile: Der Substanz Mineralische Stoffe 88,46 Organische Stoffe 11,54 100,00 Der mineralischen Stoffe Durch Säuren zerlegbaren Theil 46,22 Durch Säuren unzerlegbaren Theil 53,78 100,00 Des durchS. zer- Des durch S. unzer- | legbaren Theils legbaren Theils Kieselerde 44,08 78,38 Thonerde 21,80 11,88 Eisenoxydul 16,82 Spuren "Kalk 16,82 2,82 Magnesia _ 1,05 Alkalien — 5,87 99,52 100,00 Und berechnen wir hiernach die Zusammensetzung des mineralischen Theils als Ganzes, so haben wir in 100 Theilen :: *) Die Alkalien konnten wegen der zu geringen Menge von Substanz nicht genauer bestimmt werden. Kieselerde 62,68 Thonerde 16,47 Eisenoxydul 7,79 Kalk 9,33 Magnesia 0,54 Alkalien 3,19 100,00 Aus dieser Analyse geht zunächst hervor, dass die in Frage stehende Substanz grösstentheils mineralischer Natur ist und dass der mineralische Theil derselben aus Silikaten besteht. Nach Hrn. Prof. Heer’s mikroskopischer Untersu- chung bilden die Haupimasse des mineralischen Theiles glasartige durchsichtige Splitter, in welche viel seltener sehr kleine rothe Körnchen eingestreut sind. Nach der Behandlung der Substanz mit concentrirter Salzsäure beobachtete man noch hin und wieder einzelne dieser Körnchen; es schien sich aber doch die grössere Anzahl derselben durch die Salzsäure aufgelöst zu haben. Da die in Salzsäure löslichen Theile beinahe die Hälfte der Substanz ausmachen, so muss ausser den rothen Kör- nern noch ein anderer Stoff durch die Säure zerlegt worden sein; die die Hauptmasse bildenden glasigen Split- ter sind daher wahrscheinlich noch ein Gemenge von verschiedenen Mineralien, Es ist nach dem so eben Angeführten begreiflich, dass die Analyse keinen bestimmten Aufschluss darüber zu geben im Stande ist, welcher Mineralspecies die ro- then Körner sowohl als die glasigen Splitter angehören. Ich lasse mich auf blosse Vermuthungen hierüber nicht ein, nur finde ich es erwähnsnswerth, dass der durch Säuren nicht zerlegbare Theil in seiner Zusammensetzung ziemlich nahe mit dem Bimsstein und Obsidian über- einslimmt. Hr. Prof, Heer hat es in seiner Abhandlung im höchsten Grade wahrscheinlich gemacht, dass die Sub- stanz vulkanische Asche sei, welche nach dem letzten Ausbruche des Vesuys durch die Winde in unsere ‚Ge- genden : getragen wurde. — Diese Ansicht. wird. durch unsere Analyse unterstützt, indem durch dieselbe wenig- — 4160 stens die Aehnlichkeit der Substanz mit der vulkanischen Asche in Beziehung auf die Zusammensetzung nachge- wiesen wird. — Die einzige bekannte Analyse von der Asche des Vesuvs rührt von Vauquelin her. . Derselbe fand in der Asche, welche am 22. Oktober 1822 in Nea- pel gefallen: Kieselerde (etwa 55%), Thonerde (etwa 15 %), Eisenoxyd (etwa 16%), Kali und Spuren anderer Stoffe. Genauere Untersuchungen lieferte Dufrenoy von der Asche amerikanischer Vulkane. Die Asche von Guadaloupe vom Jahre 1797 z.B. erscheint nach ihm unter dem Mikroskope als ein Gemenge von milchweissen Körnern mit eckigen glasigen Körperchen, von welchen die erstern in Salzsäure löslich, die letztern hingegen unlöslich sind. Er fand in 100 Theilen: Des löslichen Theils Des unlöslichen Theils Kieselerde 58,19 | 62,10 Thonerde 23,77 22,41 Kalk 9,76 0,85 Eisenoxydul 7,22 Talkerde 2,31 98,9% Kali 7,12 Natron 3,68 98,47 Sowohl nach dieser als nach den übrigen bekannten Analysen von vulkanischen Aschen scheint es eine Ei- genthümlichkeit in der Zusammensetzung der letztern zu sein, dass sie Talkerde in verhältnissmässig nur sehr ge- ringer Menge und zwar hauptsächlich nur in dem durch Säuren unzerlegbaren Theile enthalten. Vauquelin gibt unter den Bestandtheifen der Asche des Vesuvs gar keine Talkerde an. Es kann also jedenfalls kein Olivin in den vulkanischen Aschen vorkommen, "Vergleichen wir die soeben mitgetheilte Analyse von Dufr&noy mit der Analyse unserer Substanz, so sind die Bestandtheile sowohl des durch Säuren zerlegbaren als des durch Säuren unzerlegbaren Theiles bei beiden Sub- stanzen dieselben; ferner enthält in beiden der zerleg- bare Theil weder Alkali noch Magnesia und die letztere kommt in dem durch Säure unzerlegbaren Theil nur in geringer Menge vor, wogegen die Kieselerde der vor- herrschende Bestandtheil derselben ist. MITTHEILUNGEN NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. ON" ukyB: 1850. C. Löwig und E. Schweizer , — Untersuchungen über die Verbindungen des Stibäthyls. (Zweite Abhandlung.) Bevor wir unsere Untersuchungen über die Verbin- dungen des Stibäthyls beschreiben, ergänzen wir die in unserer ersten Abhandlung mitgetheilten physikalischen Eigenschaften durch die Angabe seines Siedepunktes und seines specifischen Gewichtes in flüssiger und gasförmi- ger Gestalt. Zur Bestimmung des Siedepunktes bedienten wir uns circa 5 Loth reinen Stibäthyls; dasselbe wurde in einer Athmosphäre von Kohlensäure in eine kleine Retorte gebracht und die Destillation im Sandbade mit Hülfe des schon in unserer ersten Abhandlung beschrie- benen Apparates vorgenommen. Das Stibäthyl fängt bei einem Barometerstand von 730 M.M. bei 1500 zu kochen an; der ‚Siedepunkt steigt aber rasch auf 158,50 und bleibt constant bis fast der letzte Tropfen übergegangen ist, wenn sich das Thermometer in seinem Dampfe be- findet. Das specifische Gewicht des flüssigen Stibäthyls ist bei 160 — 1,3244. . Zur Ermittlung des specifischen Gewichtes seines Dampfes bedienten wir uns der Dumas- schen Methode, nur benützten wir dazu einen mit Chlor- äthylgas gefüllten Ballon. Die Füllung geschah auf fol- gende Weise: der Ballon wurde durch Eintauchen in warmes Wasser auf 40—450 erwärmt, "hierauf die Spitze desselben in Chloräthyl getaucht und gleichzeitig der Bal- Band 1. 12 — 478 .— Ion durch eine Kältemischung unter 0% abgekühlt. Wir liessen eine bedeutende Quantität Chloräthyl in den Bal- lon treten, brachten ihn wieder in warmes Wasser und wiederholten die gleiche Operation 5—6 Mal, bevor die Spitze zugeschmolzen wurde. Der Ballon wurde nun gewogen, hierauf abermals, nachdem die Spitze in einer Atmosphäre von Kohlensäure abgefeilt war, erwärmt und dieselbe dann in Stibäthyl getaucht, welches sich ebenfalls in einer Atmosphäre von Kohlensäure befand. Nachdem eine gehörige Menge Stibäthyl in den Ballon eingetreten war, wurde derselbe, ohne jedoch die Spitze aus dem Kohlensäuregas herauszubringen, in ein Chlor- zinkbad gebracht und in demselben bis auf 1800 erhitzt. Um die Entzündung der Stibäthyldämpfe zu vermeiden, liessen wir während der ganzen Operation Kohlensäure durch den Apparat treten, in welchen die Spitze des Ballons mündete. Diese Vorrichtung hat noch den Vor- zug, dass man das Stibäthyl, welches gasförmig entweicht, wieder gewinnt. Als kein Gas mehr ausströmte, wurde die Spitze schnell zugeschmolzen und dann der Ballon gewogen. Das specifische Gewicht des en ergab sich durch Ipinende Berechnung: Barometerstand alles ywäne Ieen Inhalt des Ballons . . : .... ....139 C.C. Gewichtszunahme des Ballons nach der Füllung mit Chloräthylgas bei 380 0,442 gramm. Reduction auf 0° und 760 M.M.. . 117 CC. Spec. Gewicht des Chloräthylgases . 2,2292 Gewicht eines C.G. Chloräthylgases . 0,00295 gr. Gewicht von 117 C.C. Chloräthylgas 0,3387. - Gewichtszunahme des Ballons nach der Füllung mit Stbäthylgas . . ... 0,442 = Gewicht des Stibäthylgases . . . - 0,7807. - — 179 — Temperatur des mit Stibäthylgas gefüll- ten Ballons beim Zuschmelzen . . . 1800 Zurückgebliebenes Chloräthylgas . . 0 Reduction des Inhaltes auf 0° und TEN U EBENE: FRA IDEE TIA NEE TR TER: Gewicht eines Liters Luft . . . . 1,2991 "gr. - - - Stibäthylgas . . 9,6621 - Specif. Gewicht des Stibäthylgas . . 7,438 oder: Maass Spec. Gew. 3 At. Aethylgas — 6 == 12,1110 1 - Antimongas —1 — 178871 t At. Stbäthylgs — 4 u 29,9981 und Fr = 7,499. Verbindungen des Stibäthyls. An Verbindungsfähigkeit übertrifft das Stibäthyl, das Kakodyl und die Salzbilder ausgenommen, alle bis jetzt bekannten sowohl einfachen als zusammengesetzten Kör- per. Es vereinigt sich bei gewöhnlicher Temperatur mit _ Sauerstoff, Schwefel, Selen und den Salzbildern unter bedeutender Wärmeentwicklung, welche sich beim Sauer- stoff und dem Chlor momentan bis zur Entzündung stei- gert. Die Verbindungen mit den genannten Körpern kommen in allen Verhältnissen mit den entsprechenden Kaliumverbindungen überein und lassen sich leicht durch . wechselseitige Zersetzung in einander überführen. 1 At. Stibäthylgas verbindet sich mit 2 Ät. Sauerstoff, Schwe- fel, Selen etc.; höhere oder niedrigere Verbindungsstu- fen haben wir bis jetzt keine erhalten. Unter gewissen Umständen treten jedoch 2 At. Aethyl aus dem Stib- äthyl aus, während ein Radical = C,H;,St — AeSt ge- bildet wird. Dieses Radical, welches sich mit 5 At. O, S, Chl. etc. vereinigt, wollen wir zur Unterscheidung — U — Aethylstibyl nennen. ‚ Es unterscheidet, sich von. dem Stibäthyl hauptsächlich durch die Unlöslichkeit seiner Schwefelverbindungen in Wasser, während das Schwelel- stibäthyl sehr leicht in demselben löslich ist. Alle Ver- bindungen daher, welche nur Spuren von Aethylstibyl enthalten, geben sogleich mit Schwefelwasserstoff einen gelben höchst unangenehm riechenden Niederschlag. Wir werden in unserer nächsten Abhandlung das Aethylstibyl und seine Verbindungen beschreiben. Stibäthyl und Sauerstoff. Bringt man. Stibäthyl aus einer Spitze in reines Sauerstoflgas, so entzündet es sich momentan und ver- brennt mit blendend weissem Lichte; das gleiche erfolgt auch in der Luft, nur tritt die Entzündung erst nach einigen Sekunden ein, während vorher ein dicker, weis- ser Rauch entsteht. Findet hingegen die Oxydation lang- sam statt, so erhält man, wie bereits in unserer ersten Abhandlung angegeben wurde, neben einer durchsichti- gen, syrupdicken Masse, noch ein weisses, in Weingeist unlösliches Pulver, welches wir vorläufig Stibäthylsäure genannt haben. Die Zusammensetzung dieser Säure ist: (C,H;St1)0;; sie ist daher Aethylstibylsäure. Die syrup- dicke Masse besteht aus: (Gj2H4;St)Oz; wir nennen diese Verbindung Stibäthyloxyd und bezeichnen dieselbe mit Sıä0a. Es hält schwer, das Stibäthyloxyd durch directe Oxydation rein, d. h. es vollkommen frei von der sich gleichzeitig bildenden: Aethylstibylsäure zu erhalten. Am reichlichsten gewinnt man das Stibäthyloxyd direct, wenn man eine verdünnte weingeistige Lösung in einem lose bedeckten Becherglase langsam verdunsten lässt; dabei bildet sich nur wenig Aethylstibilsäure, während durch Verdunstung der ätherischen Stibäthyllösung die letztere in überwiegender Menge entsteht. Den Rückstand be- — 191 7° — handelt man mit Aether, welcher das Stibäthyloxyd löst; dasselbe enthält jedoch noch Aethylstibylsäure; die voll- ständige Trennung von derselben gelingt nur durch wie- derholtes Auflösen in Aether und Verdunstung der äthe- rischen Lösung. Das Stibäthyloxyd ist rein, wenn seine wässrige Lösung durch Schwefelwasserstoflwasser nicht gefärbt oder getrübt wird; ist nur eine Spur von Aethyl- stibylsäure zugegen, so färbt sie die Lösung sogleich gelb. Unter Wasser geht die Oxydation des Stibäthyls nur äusserst langsam von statten, wesshalb man auch dasselbe am besten unter einer Schicht von Wasser auf- bewahrt. Am reinsten und am leichtesten erhält man das Stibäthyloxyd aus seiner schwefelsauren Verbindung. Dieselbe wird, in Wasser gelöst, mit Barytwasser ver- setzt, die vom schwefelsauren Baryt abfiltrirte Lösung langsam auf dem Wasserbade verdunstet und der Rück- stand mit Weingeist ausgezogen, in welchem sich eine Verbindung von Stibäthyloxyd mit Baryt löst, welche durch Einleiten von Kohlensäure zersetzt wird. Man fil- trirt nun vom kohlensauren Baryt ab und .erhält nach dem Verdunsten der weingeistigen Lösung das reine Stib- äthyloxyd. Auf gleiche Weise lässt sich dasselbe auch ‚aus dem salpetersauren Salze darstellen. Schüttelt man eine weingeistige Lösung von Stibäthyl mit fein geriebe- nem Queksilberoxyd im Ueberschuss, so bildet sich un- ter rascher Reduction des Oxyds, welche jedoch mit keiner bemerkbaren Wärmeentwicklung verbunden ist, reines Stibäthyloxyd; Schwefelwasserstoff reagirt nicht im geringsten auf dasselbe. ‚In seinem reinsten Zustande erscheint das Stibäthyl- oxyd als eine zähe, vollkommen wasserhelle, durchsich- tige Masse ohne Spuren von Krystallisation. Lässt man . es mehrere Tage unter der Glocke über Schwefelsäure — Mm — stehen, so wird es ziemlich fest; es erweicht aber wie- der auf dem Wasserbade. Es ist in Wasser und Wein- geist leicht, und auch in Aether, jedoch in geringerer Menge, löslich.*) Das Stibäthyloxyd besitzt einen stark bittern Gesehmack , welcher dem des schwefelsauren Chi- nins sehr ähnlich ist; es scheint nicht giftig zu sein, denn selbst grössere Mengen in der wässrigen Lösung inner- lich genommen bewirken nicht einmal Neigung zum Er- brechen. An der Luft erleidet das Stibäthyloxyd keine - Veränderung; es ist nicht flüchtig. Wird es in einer un- ten. zugeschmolzenen Glasröhre erhitzt, so entweichen dicke weisse Dämpfe, welche mit heller Flamme ver- brennen, während ein Antimon- und Kohle-haltiger Rück- stand bleibt; der grösste Theil des Antimons. wird je- doch durch die Destillationsprodukte entfernt. Kalium redueirt das Subäthyloxyd bei gelinder Erwärmung unter Abscheidung von Stibäthyl. Rauchende Salpetersäure zersetzt es unter heftiger Feuererscheinung; von. ver- dünnter wird es aber ohne Gasentwicklung gelöst. In concentrirter Schwefelsäure ist es ohne Zersetzung lös- lich. Leitet man über Stibäthyloxyd trocknes salzsaures Gas, so bildet sich unter starker Wärmeentwicklung Wasser und Chlorstibäthyl. Wässrige Chlor-, Brom- und Jodwasserstoffsäuren führen es augenblicklich in die entsprechenden Haloidverbindungen über. Schwefelwas- serstoff ist ohne sichtbare Einwirkung; nach dem Ver- dunsten der mit demselben gesältigten Lösung von Stib- äthyloxyd erhält man Krystalle von Schwefelstibäthyl. Die Zusammensetzung des Stibäthyloxyds ergab sich durch die Analysen der salpetersauren und schwefelsau- *) In unserer ersten Abhandlung ist angegeben, das Stib- älhyl sei in Wasser nicht löslich; diese Angabe ist unrichtig. — 1838 — ren Verbindungen, welche bei den betreffenden Salzen _ mitgetheilt sind. Es besteht aus: 12 Atome Kohlenstoff . . 72 . . 31,04 15 = Wasserstoff .. ... 15 . . +6,46 1 - Anton 7272. ae EBEp ı TRRNNTEE En 2 - Sauerstoff . . Bor... 6,90 232 100.00 Das Stibäthyloxyd verhält sich ganz wie eine unor- ganische Basis und gibt selbst mit den stärksten Säuren, wie Schwefelsäure und Salpetersäure, krystallisirbare Salze. Wir haben bis jetzt nur wenige Verbindungen untersucht; sie scheinen sämmtlich in Wasser leicht lös- lich zu sein, wenigstens erhält man in der Lösung des salpetersauren Stibäthyloxyds durch kein Salz’ einer an- dern Säure einen Niederschlag. Salpetersaures Stibäthyloxyd. Man erhält das salpetersaure Stibäthyloxyd entweder direct .durch Sättigen der verdünnten Salpetersäure mit Stibäthyloxyd, oder durch Auflösen des Stibäthyls in der “ ebenfalls verdünnten Säure. Das Stibäthyl löst sich in der mässig erwärmten Säure ganz wie ein Metall auf, indem sich von demselben fortwährend Blasen von Stick- stoffoxyd entwickeln; es scheidet sich jedoch jedesmal, auch wenn man sehr verdünnte Säure anwendet, neben- bei eine kleine Menge Antimonoxyd aus, welche man durch Filtration von der Lösung trennen muss. Da das salpetersaure Stibäthyloxyd in überschüssiger Salpeter- säure schwer löslich ist, so kann man das Salz leicht durch gelindes Abdampfen aus der sauren Flüssigkeit in Krystallen gewinnen. Concentrirt man die saure Lösung auf dem Wasserbade stark, so scheidet sich die Verbin- — 184 — dung in öligen Tropfen aus, welche sich auf dem. Boden des Gefässes ansammeln uud beim Erkalten krystallinisch erstarren. Das von der sauren Mutterlauge befreite Salz wird in wenig Wasser gelöst, und die Lösung der frei- willigen Verdunstung überlassen. Man erhält ausgezeich- net schöne, grosse, rhomboidale Krystalle, welche in Wasser leicht, in Weingeist schwerer, nnd in Aether kaum löslich sind. Die Lösungen reagiren sauer auf Lakmus und besitzen den gleichen. biltern Geschmack wie das, ‚Stibäthyloxyd, welcher übrigens allen Ver- bindungen des Stibäthbyls eigenthümlich ist. Das Salz schmilzt bei 62°,5. zu einer farblosen Flüssigkeit, welche bei: 57° zu einer blendend weissen, krystallinischen ‘Masse erstarrt; beim Erhitzen verpufft es, ‚wie ein (remenge eines salpetersauren Salzes mit Kohle. _CGoncentrirte Schwefelsäure scheidet augenblicklich die Salpetersäure aus, und vermischt man die wässrige Lösung des Salzes mit concentrirter, Salzsäure, so erhält man Chlorstibäthyl als eine farblose, ölige Flüssigkeit. Schwefelwasserstoff ist obne Reaction auf die Verbindung. Analyse. Die Verbrennung der Verbindung ge- schah durch Kupferoxyd, welches mit metallischem Ku- pfer gemengt ‚war. Zur Bestimmung. der Salpetersäure wurde die wässrige, mit, Barytwasser gemischte Lösung des Salzes auf dem Wasserbade zur Trockniss. verdunstet. Der Rückstand wurde mit absolutem Weingeist vermischt und durch Einleiten von Kohlensäure die. Verbindung des Stibäthyloxyds mit Baryt zersetzt; hierauf wurde das Ganze auf ein Filter gebracht, der Rückstand auf dem- selben einigemal mit Weingeist ausgewaschen, ‚derselbe dann mit Wasser behandelt und aus der filtrirten Lösung der Baryt durch. Schwefelsäure gefällt. — 185 — 1: 0,732 Gramm Substanz gaben: 0,599 Gr. Kohlensäure‘ = 22,26 %, Kohlenstoff, 0,300.» Wasser — 4,55 % Wasserstoff. 2. 0,541 Gramm Substanz gaben: 0,431 Gr. Kohlensäure — 21,60 %% Kohlenstoff, 0,226 » Wasser — 4,62 0% Wasserstoff. 3. 1,025 Gramm Substanz gaben: 0,714 Gr. schwefels. Baryt — 32,20 %, Salpetersäure. 4. 0,768 Gramm Substanz gaben: 0,320 Gr. Wasser — 4,62 % Wasserstoff. Die Verbindung besteht daher aus: gefunden 12 At. Kohlenstoff 7a a7 a1. 0232 226 15 „ ‚Wasserstoff. 15. 441 ., 455 . ‚4,62 .. 4,62 { „ Antimon 129 . 37,94 2 „ Sauerstoff 16... 4,87 2 ,„ Salpetersäure 108 . 31,78 . 32,20 340 100,00 - Diese Formel ist daher: Stä O,, 2N0,. Da die salpetersaure Verbindung sehr leicht vollkom- men rein zu erhalten ist, so eignet sie sich sehr zweck - 'mässig zur Darstellung anderer, namentlich der Haloid- verbindungen des Stibäthyls. Schwefelsaures Stibäthyloxyd. Auch diese Verbindung lässt sich direct darstellen; man erhält sie jedoch am reinsten durch genaue Zersetzung des Schwe- felstibäthyls mit schwefelsaurem Kupferoxyd; beide Kör- ‘ per werden in der wässrigen Lösung angewandt. Das schwefelsaure Salz’ ist in ‘Wasser äusserst leicht lös- lich ‚und krystallisirt daher erst aus der syrupdicken Flüs- sigkeit. in. kleinen , ganz; weissen Krystallen; Ueberschuss von, Schwefelsäure ' verhindert . die Krystallisation,, ohne — 16 — jedoch eine Zersetzung auf das Stibäthyloxyd auszuüben. Die Krystalle werden zwischen Papier gepresst und hie- rauf unter der Glocke über Schwefelsäure getrocknet. Dieselben erleiden bei 100° keinen Verlust; sie werden aber weich und schmelzen in einer etwas höhern Tem- peratur zu einer farblosen Flüssigkeit. Auch dieses Salz besitzt einen bittern, lange anhaltenden Geschmack , ist geruchlos, in Weingeist ziemlich leicht löslich, aber fast unlöslich in Aether. Salzsäure fällt aus der wässrigen Lösung zugleich Chlorstibäthyl. Zur Bestimmung der Schwefelsäure wurde das Salz in Wasser gelöst und die Lösung mit salpetersaurem Ba- ryt gefällt. Fällt man mit Chlorbaryum, so muss der schwefelsaure Baryt einigemal mit Weingeist ausgewa- schen werden, um das anhängende Chlorstibäthyl zu ent- fernen. 1. 0,388 Gramm Substanz gaben: 0,290 Gr. schwefels. Baryt — 25,45 % Schwefelsäure. 2. 0,396 Gramm Substanz gaben: 0,297 Gr. schwefels. Baryt = 25,58 % Schwefelsäure. 12 At. Kohlenstoff 72 . 23,08 15 ,„.. Wasserstoff 15. 4,80 1 ,„ Antimon 129 . 41,03 2 „. ‚Sauerstoff 16 . 5,46 2 „. Schwefelsäure 80 . 25,63 . 25,45 . 145,58 312, 100,00. Stä O0), 280;. Stibäthyl und Schwefel. Bringt man Subäthyl mit Schwefel unter Wasser zusammen, so findet die Verbindung sogleich unter Wär- meentwicklung statt, erhitzt man das Ganze, giesst man die — 197 0 — wässrige Lösung vom überschüssigen Schwefel ab, und ver- dunstet man dieselbe, so erhält man das Schwefelstibäthyl in Krystallen. Am schnellsten gewinnt man diese Verbin- dung, wenn man eine ätherische Stbäthyllösung in ei- nen kleinen Kolben mit gewaschenen und wiedergetrock- neten Schwefelblumen kocht. Giesst man die noch warme ätherische Lösung vom überschüssigen Schwefel ab, so erstarrt nach wenigen Minuten die ganze Flüssigkeit zu einem Haufwerk blendend weisser Krystallnadeln. Man lässt nun die ätherische Mutterlauge ablaufen, bringt die Krystallmasse einige Zeit mit der Luft in Berührung, damit sich das noch anhängende Stibäthyl oxydiren kann, löst sie dann wieder in warmem Aether, und erhält durch mehrmaliges Umkrystallisiren die vollkommen reine Ver- bindung. Das Schwefelstubäthyl ist die schönste Stibäthylver- bindung, welche wir bis jetzt zu untersuchen Gelegen- heit hatten. Getrocknet erscheint dasselbe als eine sehr voluminöse, silberglänzende Krystallmasse von unangeneh- mem, schwach mercaptanähnlichem, lang anhaltendem Ge- ruch und von bitterm, schwach .an Schwefelkalium erin- nernden Geschmack. In Wasser und Weingeist ist das Schwefelstibäthyl leicht löslich, ebenso in warmem, aber schwer löslich in kaltem Aether; es schmilzt erst über 100° zu einer farblosen Flüssigkeit, welche nach dem Erkalten krystallinisch erstarrt. An der Luft erleidet das vollkommen trockene Schwefelstibäthyl keine Verände- rung. Erhitzt man es über seinen Schmelzpunkt hinaus, so zersetzt es sich unter Bildung eines flüssigen Produk- tes, welches die grösste Aehnlichkeit mit Schwefeläthyl hat. Bringt man in geschmolzenes Schwefelstibäthyl ein Stückchen Kalium, so entwickeln sich augenblicklich — 18 — Dämpfe von Stibäthyl. welche sich an der Luft :ent- zünden. Die wässrige Lösung des Schwefelsubäthyls fällt alle Metallsalze als Schwefelmetalle, und es eignet sich daher diese Verbindung am besten zur Darstellung der Stibäthyl- oxydsalze. Verdünnte Säuren entwickeln sogleich Schwe- felwasserstoff. Mit einem Worte: das ganze Verhalten dieser Verbindung ist so analog dem des Schwefelka- liums, dass die Analogie zwischen diesem und Schwe- felnatrium nicht grösser gedacht werden kann. Die Verbrennung wurde auf gewöhnliche Weise mit Kupferoxyd vorgenommen, und der Schwefel ganz wie bei den Schwefelmetallen, durch Oxydation mit starker Salpetersäure bestimmt. Rauchende Säure kann nicht angewandt werden, weil diese eine Entzündung bewirkt, am besten eignet sich eine Säure von 1,42 spez. Ge- wicht; im Anfange scheidet sich aber immer ein Theil Schwefel aus. 1. 0,640 Gramm Substanz gaben: 0,682 Gr. Kohlensäure — 29,06 % Kohlenstoff, 0,3560 „ Wasser = 6,25 % Wasserstoff. 2. 0,625 Gramm Substanz gaben: 0,666 Gr. Kohlensäure —.29,12 % Kohlenstoff, 0,352 „ Wasser —= 6,24 % Wasserstoff. 3. 0,718 Gramm Substanz gaben: 0,060 Gr. Schwefel und 0,250 „ schwefels. Baryt — 13,09 %, Schwefel. 4. 0,465 Gramm Substanz gaben: 0,025 Gr. Schwefel und 0,268 ,„ schwefels, Baryt — 13,02 % Schwelel. — 189 — 12 At. Kohlenstoff 72 . 29,03 .. 29,06 .. 29,12 15 » Wasserstoff 15. 6,05 «6,2514 ..16,24 1: „. Antimon 129 . 52,01. 51,60 . 51,62, 2 „. Schwefel 32 ...12/91:.. 13,09... 13,02 248 100,00 100,00 100,00. Formel: Stä 8». Stibätbyl und Selen. Selen: verhält sich: zu Stibäthyl ganz wie Schwefel. Kocht man eine ätherische Stibäthyllösung mit gefälltem Selen, so krystallisirt das Selenstibäthyl während des Erkal- tens ganz wie das Schwefelstibäthyl,, mit dem es überhaupt in seinen wesentlichsten Eigenschaften übereinkommt. An der Luft erleidet aber das Selenstibäthyl sehr bald eine Zerse- tzung, indem Selen abgeschieden wird. Wir haben diese Verbindung nicht analysirt, weil wir überzeugt sind, dass sie dieselbe Zusammensetzung, wie das Schwefelstibä- thyl hat. Das Selenstibäthyl besteht daher aus: 12 At. Kohlenstoff 72 . 24,32 15 » Wasserstoff 15 . 5,06 1 » Antimon 129 „ 43,59 2 » Selen 80 . 27,03 296 100,00. Formel: Stä Se. Stibäthyl und Jod. ‚Jod und Stibäthyl vereinigen sich ‘unter Wasser augenblicklich unter starker Wärmeentwicklung. Setzt man zu einer ätherischen Stibäthyllösung Jod, so findet momentan ein heftiges Kochen statt, und das Jod ver- schwindet eben so schnell, als wenn es in eine reine Ka- — 110 — lilosung gebracht wird. Man stellt die Jodverbindung am vortheilhaftesten dar, indem man zu einer weingei- stigen Lösung von Stibäthyl, welche man in eine Kälte- mischung bringt, in kleinen (uantitäten so lange Jod setzt, als dessen Farbe verschwindet, und die erhaltene, vollkommen farblose Lösung der freiwilligen Verdunstung überlässt. Das Jodstibäthyl krystallisirt aus der Lösung in vollkommen farblosen, durchsichtigen, oft 1/9” langen Nadeln, die man, um die Verbindung vollkommen rein zu erhalten, zuerst aus der weingeistigen, und dann aus der ätherischen Lösung umkrystallisirt; diess ist nöthig, weil sich fast immer noch eine kleine Menge eines in Aether unlöslichen , gelbgefärbten Pulvers bildet, wel- ches eine Verbindung Jods mit Aethylstibyl ist. In un- serer ersten Abhandlung haben wir angeführt, dass öf- ters im Stibäthyl farblose Krystalle erscheinen, welche Jod enthalten, diese Krystalle sind Jodstibäthyl. Dasselbe besitzt einen schwachen Geruch nach Stibäthyl und einen stark bittern Geschmack. Von Weingeist und Aether wird es sehr leicht aufgenommen; auch im Wasser ist es, ohne eine Zersetzung zu erleiden, löslich. Aus der heiss gesättigten, wässrigen Lösung scheidet sich der grösste Theil wieder in Krystallen aus; eine Jodbe- stimmung der aus der wässrigen Lösung ausgeschie- denen Verbindung gab das gleiche Resultat, wie die Analyse der aus Weingeist oder Aether erhaltenen Krystallen. Das Jodstibäthyl schmilzt bei 70,5° zu einer vollkommen farblosen, durchsichtigen Flüssigkeit, welche bei der gleichen Temperatur wieder krystallinisch erstarrt; erhitzt man dasselbe auf 100° und lässt man es längere Zeit in dieser Temperatur, so sublimirt ein kleiner Theil un- verändert, erhöht man aber die Temperatur nur mässig, so tritt die Zersetzung unter Bildung dicker, weisser an Dämpfe ein; eine Jodausscheidung wird dabei nicht be- obachtet. Kalium bewirkt im geschmolzenen Jodstibäthyl augenblicklich die Reduction. Gegen Metallsalze verhält sich das Jodstibäthyl ganz wie eine.Lösung von Jodka- lium. In einer Sublimatlösung bewirkt Jodstibäthyl ei- nen rothen Niederschlag, welcher sich in einem Ueber- schuss desselben wieder vollständig löst. Salzsäure zer- setzt das Jodstibäthyl augenblicklich unter Bildung von Chlorstibäthyl; Chlor und Brom setzen das Jod in Frei- heit; das Gleiche bewirkt Salpetersäure unter Bildung von salpetersaurem Stibäthyloxyd. CGoncentrirte Schwe- felsäure verhält sich zu Jodstibäthyl wie zu Jodkalium; es entwickelt sich sogleich ein dicker Dampf von Jodwas- serstoff; gleichzeitig wird Jod frei unter Bildung von schwefliger Säure. Die Verbrennung geht mit Kupferoxyd leicht von statten, wenn der vordere Theil der Verbrennungsröhre mit Kupferdrehspäne angefüllt wird. Die Jodbestimmung geschah durch salpetersaures Silberoxyd. Die im Was- serbade geschmolzene Verbindung wurde in Weingeist gelöst, und die Lösung durch salpetersaures Silberoxyd gefällt. Es wurde zuerst die weingeistige Lösung des salpetersauren Stibäthyloxyds an einem dunklen Orte ab- filtrirt und das Jodsilber anfangs mit ein wenig Wein- geist und dann mit Wasser ausgewaschen. 1. 1,160 Gramm Substanz gaben: 0,636 Gr. Kohlensäure — 14,94 % Kohlenstoff‘, 0,344 » Wasser = 3,28 % Wasserstoff. 2. 1,462 Gramm Substanz gaben: 0,805 Gr. Kohlensäure — 15,05 %, Kohlenstoff, 0,131 » Wasser — 3,21 0% Wasserstoff. — 192 — 3. 1,213 Gramm Substanz gaben: 0,648 Gr. Kohlensäure — 14,60 0/, Kohlenstoff, 0,358 ‘» Wasser — 3,24 % Wasserstoff. 4. 1,105 Gramm Substanz gaben: 0,610 Gr. Kohlensäure — 15,11 % Kohlenstoff. 5. 0,641 Gramm Substanz gaben: 0,190 Gr. Wasser — 3,26 %, Wasserstoff. 6. 0,400 Gramm Substanz gaben: 0,405 Gr. Jodsilber — 54,07 % Jod. 7. 0,560 Gramm Substanz gaben: 0,560 Gr. Jodsilber — 54,18 %, Jod. 8. 0,600 Gramm Substanz gaben: 0,596 Gr. Jodsilber — 53,70 % Jod. gefunden 12 At. Kohlenstoff 72 .15,32 . 14,94 , 15,05 . 14,60.15,11 14 » Wasserstoff 15. 3,19. 3,27. 3,21. .3,2%...3,26 1 » Antimon 129 ..27,45 . 27,72 . 27,56 . 27,46 2 » Jod 254 . 54,04 . 54,07 . 54,18 . 53,70 470 100,00 100,00 100,00 100,00 Formel: Stä Jds. Stibäthyl und Brom. Bringt man in Brom Stybäthyl, so entzündet sich jeder Tropfen, welcher mit dem Brom. in Berührung kommt. Das reine Bromstibäthyl erhält man leicht auf folgende Weise: Zu einer weingeistigen Stibäthyllösung fügt man nach und nach so lange eine frisch bereitete, weingeistige Lösung von Brom, als’ noch dessen Farbe verschwindet. Um eine zu heflige Einwirkung zu ver- meiden, muss das Gefäss, in welchem sich die Stibäthyl- lösung befindet, durch Eis abgekühlt werden. Man ver- mischt nun die Lösung mit einer grossen Menge Wasser, MITTHEILUNGEN NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. aa. N 1850. C, Löwig und E. Schweizer , — Untersuchungen über die Verbindungen des Stibäthyls. (Zweite Abhandlung. — Fortsetzung.) wodurch die Bromvörbindung als eine vollkommen farb- lose, wasserklare, durchsichtige, schwere Flüssigkeit ge- fällı wird. Dieselbe wird noch einigemal mit Wasser gewaschen, dann auf Chlorcalecium gestellt und nach ei- nigen Tagen von demselben abgegossen. Auch kann man, um die Verbindung zu reinigen, dieselbe mehrma- len aus der weingeistigen Lösung durch Wasser fällen. Das Bromstibäthyl erscheint als eine farblose, das Licht stark brechende Flüssigkeit von 1,953 spez. Gewicht bei 17°, welche bei — 10° zu einer schneeweissen, krystal- linischen Masse erstarrt; es riecht unangenehm terpentin- artig, reizt beim Erwärmen stark zu Thränen und be- wirkt heftiges Niesen, ähnlich wie Chloral. In Wasser ist es gänzlich unlöslich, es löst sich aber leicht in Wein- geist und Aether; aus der weingeistigen Lösung wird es durch Wasser vollständig gefällt. Das Bromstibäthyl ist nicht flüchtig, und selbst mit Wasserdämpfen geht nichts über. Es brennt mit weisser Flamme unter Entwicklung stark saurer Dämpfe; unterwirft man es einer Destillation, so erhält man neben andern Produkten, eine stark rau- chende Flüssigkeit von unerträglichem Chloralgeruch. Band 11. 13 A Concentrirte Schwefelsäure zersetzt die Verbindung un- ter Entwicklung bromwasserstoffsaurer Dämpfe; Chlor scheidet augenblicklich das Brom aus. Gegen Metallsalze verhält sich die weingeistige Lösung des Bromstibäthyls ganz wie Bromkalium. Das Bromstibäthyl wurde wie die Jodverbindung analysirt. 1. 0,784 Gramm Substanz gaben: 0,543 Gr. Kohlensäure — 18,87 % Kohlenstoff, 0,309 „ Wasser — 135 % Wasserstoff. 2. 0,590 Gramm Substanz gaben: 0,412 (ir. Kohlensäure — 19,05 %, Kohlenstoff, 0,224 ,„ Wasser — 125 % Wasserstofl. 3. 1,358 Gramm Substanz gaben: 0,932 Gr. Kohlensäure — 18,94 % Kohlenstoff, 0,491 ,„ Wasser — 101 % Wasserstoff. 4. 0,497 Gramm Substanz gaben: 0,496 Gr. Bromsilber — 42,42 %, Brom. 5. 0,589 Gramm Substanz gaben: 0,592 Gr. Bromsilber — 42,63 % Brom. gefunden Te 12 At.’ Kohlenstoff 72 . 19,15 . 18,87 . 19,05 . 18,94 15 » Wasserstoff 15 . 4,00. 4,35. 425. 401 1 » Antimon 129 . 34,30 . 34,36 . 34,07 2 » Brom 160 . 42,55 . 42,12 . 42,63 376 100,00 100,00 100,00 Formel: Stä Bra. Stibäthyl und Chlor. Lässt man in einen mit Chlorgas gefüllten Ballon aus einer engen Röhre Tropfen von Stibäthyl fallen , so — 1% — entzünden sich dieselben im Momente der Berührung und verbrennen mit heller, rüssiger Flamme. Bringt man über Quecksilber in trocknes, chlorwasserstoffsaures Gas Subäthyl, so steigt sogleich das Quecksilber, das Volu- men vermindert sich um die Hälfte, das rückständige Gas ist Wasserstoffgas, während sich Chlorstibäthyl ge- bildet hat. Man bemerkt an den Stellen, an welchen das Stibäthyl das Gas berührt, eine fortwährende Entwick- lung von Gas, während im gleichen Verhältniss das Quecksilber steigt. Uebergiesst man das Stibäthyl mit rauchender Salzsäure, so bildet sich ebenfalls unter Ent- wicklung von Wasserstoffgas Chlorstibäthyl; im Anfange färbt sich das Stibäthyl auf der Oberfläche dunkel, zu- letzt aber erscheint das Chlorstibäthyl vollkommen farb- los. Man erhält die Verbindung rein und leicht, wenn man die concentrirte Lösung des reinen, salpetersauren Stibäthyloxyds mit starker Salzsäure mischt; es fällt so- gleich das Chlorstibäthyl nieder und sammelt sich auf dem Boden als eine farblose Flüssigkeit an. Man reinigt die Verbindung auf gleiche Weise, wie das Bromstibä- thyl. Uebrigens gehen alle bereits beschriebenen Verbin- dungen durch Behandlung mit Salzsäure in Chlorstibäthyl über. Dasselbe ist eine vollkommen farblose, das Licht stark brechende Flüssigkeit von 1,540 spez. Gewicht bei 17°. Es riecht stark terpentinartig, schmeckt bitter wie Stibäthyloxyd, ist in Wasser unlöslich. aber leicht lös- lich in Weingeist und Aether; bei — 12° ist es noch flüssig. Kocht man das Chlorstibäthyl mit Wasser, so scheint sich mit den Wasserdämpfen eine kleine Menge unverändert zu verflüchtigen. Bei der Destillation für sich zeigt es ähnliche Erscheinungen, wie das Bromstibäthyl. Goncentrirte Schwefelsäure auf Chlorstibäthyl gebracht ent- wickelt augenblicklich chlorwasserstoffsaures Gas unter — 1% — starker Wärmeentwicklung, während umgekehrt Ghlor- 'wasserstoffsäure aus der Lösung des schwefelsauren Stib- äthyloxyds Chlorstbäthyl fällt; die Ursache liegt in des- sen Unlöslichkeit. Im Uebrigen verhält sich das Chlor- stibäthyl wie Chlorkalium oder Chlornatrium. Die Analyse geschah auf gleiche Weise, wie die des Jod- und Bromstibäthyls. 1. 0,458 Gramm Substanz gaben: 0,421. Gr. Kohlensäure — 25,11 % Kohlenstoff, 0,230 „ Wasser "— 5,55 %, Wasserstoff. 2. 0,381 Gramm Substanz gaben: 0,350 Gr. Kohlensäure — 25,04 % Kohlenstoff, 0,190 „ Wasser = 5,48 % Wasserstoff. 3. 0,697 Gramm Substanz gaben: 0,642 Gr. Kohlensäure = 25,11 %) Kohlenstoff, 0,340 ,„ Wasser — 5,41 % Wasserstoff. 4. 0,544 Gramm Substanz gaben: 0,540 Gr. Chlorsilber — 24,63 % Chlor. 5. 0,336 Gramm Substanz gaben: 0,330 Gr. Chlorsilber — 24,28 %, Chlor. 6. 0,672 Gramm Substanz gaben: 0,660 Gr. Chlorsilber — 24,20 % Chlor. gefunden N 12 At. Kohlenstoff 72 . 25,17 . 25,11 . 25,04 . 25,11 15 ,„ Wasserstoff 15. 5,25. 5,55. 548. 5,4 I , Antimon 129 . 45,45 . 45,27 . 45,20 . 45,28 2 „ Chlor 1. 24,72 . 24,63 . 24,28 . 24,20 287 100,00 100,00 100,00 100,00 Formel: Stä Chls. — 197 — Stibäthyl und Cyan. Bringt man genau 2 At. Cyanquecksilber und 1 At. Schwefelstibäthyl, beide in der wässrigen Lösung zusam- men, so besitzt die vom Schwefelquecksilber abfiltrirte Flüssigkeit in einem auffallenden Grade den Geruch und Geschmack der Blausäure; gegen Metallsalze verhält sich dieselbe wie eine Lösung von CGyankalium, salpetersau- res Silberoxyd fällt sogleich Cyansilber. Vermischt man die Lösung mit schwelelsaurem Eisenoxyd-oxydulsalz , so bildet sieh augenblicklich Berlinerblau, und setzt man zu der von Berlinerblau abfiltrirten Flüssigkeit Salzsäure, so fällt Chlorstibäthyl nieder. Aus diesen Reactionen geht hervor, dass die Lösung Cyanstibäthyl enthält. Lässt man jedoch dieselbe 24 Stunden stehen, so erhält man die Reactionen nicht mehr, und namentlich findet keine Fällung von’ Berlinerblau mehr statt, schneller noch ver- schwinden die Reactionen beim Erwärmen der Flüssig- keit. Hieraus folgt, dass nach einiger Zeit eine Umse- tzung stattfindet, in deren Folge das Cyanstibäthyl ver- schwindet. Kocht man die veränderte Flüssigkeit mit Kali, so bemerkt man eine reichliche Entwicklung von Ammoniak. Wir werden in unserer nächsten Ahandlung, in wel- cher die Zersetzungsprodukte des Stibäthyls und seiner Verbindungen beschrieben werden sollen, nochmals auf das Cyanstibäthyl zurückkommen. Setzt man Jodstibäthyl zu einer weingeistigen Lö- sung von Gyanquecksilber, so löst sich das anfangs ge- fällte Jodquecksilber wieder auf, wenn das Jodstibäthyl ‚in grösserer Menge hinzugefügt wird. Aus der Lösung krystallisirt während des freiwilligen Verdunstens ein Salz in kleinen, schwefelgelben, glänzenden, harten Krystal- — 198 — len, welche in Wasser und Weingeist vollständig löslich sind. Setzt man zu der wässrigen Lösung eiwas ver- dünnte Salzsäure, so wird sogleich Jodquecksilber ge- fällt, während gleichzeitig Chlorstibäthyl und Blausäure gebildet werden. Diese Krystalle bestehen ohne Zweifel aus Jodquecksilber und CGyanstibäthyl, entsprechend den Verbindungen des Jodquecksilbers mit Cyankalium. Ueber die Zusammensetzung des Stibäthyls. Wirft man einen Blick auf das Stibäthyl, so über- rascht zunächst seine enorme Verbindungsfähigkeit mit den negativen Elementen. Versteht man unter einem or- ganischen Radicale ganz allgemein einen bestimmten Ato- mencomplex gleicher oder verschiedener Elemente auf eine solche Weise verbunden, dass ‘sich derselbe ganz wie ein Atom eines Elementarstoffs gegen andere Ele- mente verhält, so ist in der ganzen organischen Chemie, ausser dem Kakodyl kein Körper bekannt, welcher diese Eigenschaft in einem solchen Grade besitzt, als das Stib- äthyl. Ein Körper, welcher sich direct mit den negati- ven Elementarstoffen zum Theil unter Feuererscheinung verbindet, der das chlorwasserstoflsaure Gas ganz wie Kalium zersetzt, welcher durch Kalium aus all seinen Verbindungen und begabt mit allen seinen frühern Rigenschaften wie- der ausgeschieden wird, dessen Oxyd sich direct mit der Säure zu Salzen vereinigt; dessen Schwefelverbindung die Metallsalze fällt, wie Schwefelkalium, muss mit dem- selben Rechte, trotz seiner zusammengesetzten Natur, als ein Radical betrachtet werden, wie das Kalium in den entsprechenden Verbindungen, und selbst die Gegner der Radicaltheorie werden zugestehen müssen, dass durch — 19 — die Entdeckung des Stibäthyls, sowie durch die Isolirung des Methyls, Aethyls, Amyls etc. dieselbe an Boden be- deutend gewonnen hat. Eine andere Frage ist aber: wie sind die einzelnen Atome in einem solchen Radicale wahrscheinlicherweise mit einander verbunden? Und in Beantwortung dieser Frage können selbst die Vertheidiger der Radicaltheorie getheilter Ansicht sein. In den Verbindungen, welche das Stubäthyl bildet, hat man dasselbe stets als ein Gan- zes zu nehmen. Betrachtet man aber seine Zusammen- setzung näher, so wird man zunächst dazu geführt, das- selbe mit dem Antimonwasserstoff zu vergleichen, d. h: es als Antimonwasserstoff zu betrachten, in welchem die Wasserstoffatome durch Aethylatome vertreten sind. Mit dem gleichen Rechte kann man das Stibäthyl mit dem Ammoniak vergleichen, ja um so mehr, da in der neue- ; sten Zeit Verbindungen entdeckt wurden, welche Am- moniak darstellen, in welcher 1 At. Wasserstoff durch 1 At. Methyl, Aethyl, Amyl ersetzt ist. Diese Analogie verschwindet aber durch die Vergleichung der Stibäthyl- verbindungen mit denen des Ammoniaks, während die merkwürdigen Basen von Wurtz, sowie die entspre- chenden Anilinbasen von Hofmann in ihren Verbin- dungsverhältnissen mit dem Ammoniak übereinkommen. Die Vertretung des Wasserstoffs im Ammoniak durch Anilin spricht sehr zu Gunsten der Ansicht, dass manche organische Basen, namentlich diejenigen, welche nur aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Stickstoff bestehen, wie das Anilin, Tolüidin etc., weder Ammoniak noch Amid enthalten, sondern ganz gleich dem Ammoniak ,. eigen- thümliche Wasserstoffbasen darstellen, welche sich in ih- ren Verbindungsverhältnissen wie Ammoniak verhalten.) *) Chemie der organischen Verbindungen. Il. S. 1834. — 20 — Ammoniak, Methylamin, Aethylamin, Amylamin, sowie die entsprechenden Anilinbasen, verbinden sich nicht mit Sauerstoff, Schwefel, den Salzbildern, wenn nicht 1 At. Wasserstoff hinzutritt, und diese Verbindungen enthalten auf 1 At. Basis 1 At. der genannten Elemente. Das Stibäthyl hingegen vereinigt sich direct mit demselben und verhält sich in dieser Beziehung, sowie in seiner Einwirkung auf die Wasserstoffsäuren, ganz wie ein stark positives Metall; nur verbindet sich das Subäthyl stets mit 2 Atomen der nichtmetallischen Elemente, während z. B. in den entsprechenden Kaliumverbindungen, mit denen die des Stibäthyls ganz übereinkommen, nur 1 At. derselben enthalten ist. In dieser Beziehung unterschei- det es sich auch von dem Kakodyl, mit dem es sonst sehr übereinkommt; denn die Hauptverbindungsreihe des Kakodyls, mit der die des Stibäthyls zu vergleichen ist, enthält auf 1 Atom Kakodyl 1 At. Sauerstoff, Schwefel etc. Bekanntlich. betrachtet Kolbe das Kakodyl als eine Verbindung von 2 At. Methyl auf 1 At. Arsenik, eine Ansicht, deren Richtigkeit wohl kaum bezweifelt werden kann. Nach Kolbe ist das Kakodyl ein Radical, in welchem 2 Atome Meshyl mit 1 Atom Arsenik gepaart sind und er findet hierin eine wesentliche Stütze für seine Theorie über die Zusammensetzung der zur Dyhenylreihe gehörenden organischen Säuren; so ist z. B. nach Kolbe das Acetyl ein Radical, welches aus 1 At. Methyl ge- paart mit 2 At. Kohlenstoff besteht. Das Verbindungs- vermögen des Kakodyls bedingt nach dieser Ansicht das Arsenik; das ÄArsenik vereinigt sich mit Sauerstoff, Schwe- fel, Chlor etec., und in sämmtliche Verbindungen geht das gepaarte Methyl mit ein. Das Kakodyloxyd ist da- her — (CgH3),,ArO, die Kakodylsäure entspricht der Formel (G>H3)2,ArO3 und ganz analog ist die Essigsäure ee Methyl gepaart mit Kleesäure, daher ihre Formel: (C;H3),C303. Nach dieser Theorie, welche auch durch andere Thatsachen unterstützt wird, spielt das gepaarte Methyl in den genannten Verbindungen eine ganz indif- ferente Rolle. Die Verbindungen des Stibäthyls veran- Jassen uns, der Theorie von Kolbe folgende gegenüber zu stellen: Das Kakodyl ist ein Radical, bestehend aus: MeAr gepaart mit i At. Methyl und demnach seine ra- tionelle Formel (MeAr),Me; seine Verbindungsfähigkeit bedingt daher das freie Atom Methyl und nicht das Ar- senik. Das Kakodyloxyd entspricht dem Manganoxydul und die Kakodylsäure der Mangansäure. Ebenso besteht das Stibäthyl aus 2 Atomen Aethyl, verbunden mit dem Paarling AeSt; folglich seine Formel — (AeSt),Ae,. Die Ursache, warum das Stibäthyl 2 Atome Sauerstoff, Schwe- fel etc. aufnimmt, liegt in den 2 Atomen freien ÄAethyls, welche mit AeSt gepaart sind. Treten diese beiden Atome aus, so bleibt der Paarling Aethylstibyl zurück, welcher nun ebenfalls als Radical auftritt. In dem glei- ‘chen Verhältniss verschwindet der positive Charakter der Verbindung; das Antimon wird nun das Bestimmende, und desshalb verbindet sich das Aethylstibyl mit 5 At. Sauerstoff, Schwefel etc. Sollte es gelingen, das Stib- äthyt noch höher zu oxydiren, so würde ohne Zweifel eine 2basische Säure entstehen. Es erklärt sich ‘nach dieser Theorie das gleiche und abweichende Verhältniss zwischen Kakodyl und Stibäthyl sehr einfach und natur- gemäss. Bis jetzt hat Frankland nicht angegeben, ob die von ihm isolirten Radikale: Methyl, Aethyl, Amyl, die gleichen Verbindungen geben, welche als Methyl-, Aethyl- und Amylverbindungen bekannt sind; es geht jedoch aus seinen Angaben hervor, dass ihr Verbindungs- vermögen mit dem des Methyls im Kakodyl und des Aethyls im Stibäthyl nicht vergleichbar ist, indem sie sich indifferent zu verhalten ‚scheinen. Diese Verschie- denheit kann jedoch nicht überraschen. Im isolirten Zu- stande verhalten sich die genannten Radicale wie viele Elementarstoffe, welche sich nur mit andern Körpern ver- einigen, wenn sie im Momente ihres Freiwerdens aus bestehenden Verbindungen, in welchem Zustande sie noch nicht ihre physikalischen Eigenschaften angenommen ha- hen, mit denselben in Berührung kommen. Im Kakodyl und im Stibäthyl befinden sich Methyl und Aethyl in demselben Zustande, wie die Elemente im Momente ihrer Ausscheidung, und daher das grosse Verbindungsvermögen. Es entsteht nun die Frage: lässt sich die Ansicht, welche wir über die Zusammensetzung des Kakodyls und Stubäthyls ausgesprochen haben, auch auf die Radikale übertragen, welche der Ameisensäure, Essigsäure, über- haupt den Dyhenylsäuren zu Grunde liegen, d. h. lässt sich z. B. das Acetyl als ein Radical betrachten, wel- ches aus 2 At. Koblenstoff gepaart mit 1 At. Methyl = C3,C3H; besteht, oder soll man in demselben mit Kolbe das Methyl als Paarling annehmen ?*) *) Die Existenz von Verbindungen, in welchen Methyl, Aethyl und Amyl als Paarlinge auftreten, ist kaum in Zweifel zu ziehen. Hieher gehören: die Methylunterschwefelsäure, Aelthyl- unterschwefelsäure (Sulfäthylschwefelsäure) etc. Für diese Ver- bindungen hat Kolbe die Formeln : (Cail5),8205, (C4H5),S205 ge- geben ; ebensogut passen jedoch auch die Formeln: (CzH3,502)S0; und (C,H5,SO2) SO; entsprechend der Benzidschwefelsäure: (C4>H5;,SO2)SO; und Naphtalinschwefelsäure: (C2oH7, SO2),S0;5, und um so mehr, da die Paarlinge: CjeH;, SOz und CgoH7, SOz für sich bekannt sind. Ich benütze diese Veranlassung, um die Resultate einiger Analysen mitzulheilen, welche eine neue Un- tersuchung des sulfäthylschwefelsauren Baryt gelieferthat. Es wur- — 203 — Wir glauben, dass weder für die eine, noch für die an- dere Ansicht hnreichende Gründe vorliegen, und halten es noch immer für am wahrscheinlichsten, dass das Acetyl = (C,H; ist, ebenso wie das Acthyl = C;H;, und dass erst durch elektrolytische oder andere Einwirkung eine Spaltung in C, und CzHz erfolge. Nach Kolbe ist die Essigsäure Methylkleesäure; destillirtt man essigsaures Ammoniak mit wasserfreier Phosphorsäure, so erhält man die gleiche Verbindung wie durch Einwirkung von Cyan auf Methyl. Ist dieser Körper Gyanmethyl, wie man all- gemein angenommen hat, ‘so erklärt sich die Bildung desselben aus essigsaurem Ammoniak sehr einfach: Klee- säure und Ammoniak bilden Wasser, und Cyan, welches letztere sich mit dem gepaarten Methyl vereinigt, und gerade auf der Bildung von Cyanmethyl aus essigsaurem Ammoniak stützt wesentlich Kolbe seine Theorie. Aber dieser Körper lässt sich auch als eine Verbindung von Stickstoff mit Acetyl betrachten, und es lassen sich für den hiezu ausgezeichnet schöne Krystalle dieses Salzes angewandt. 0,623 Gramm krystallisirtes, lufttrockenes Salz gaben: ‚ 0,388 Gramm schwefelsauren Baryt = 40,90 % Baryt; 0,899 Gramm desselben Salzes gaben: 0,558 Gramm schwefelsauren Baryt = 40,79 % Baryt; 0,7035 Gramm bei 1009 getrockneles Salz gaben: 0,464 Gramm schwefelsauren Baryt = 43,38 ” Baryt; 1,006 Gramm desselben Salzes, bei 160% ausgelrocknet, gaben: 0,664 Gramm schwefelsauren Baryt = 43,34 % Baryt. Die Formel BaO, C;H5S20; + HO verlangt 41,06 % Baryt, - - BaO, C,H5S20; verlangt 43,20 % Baryt, - - BaO , C4H5S20; verlangt 41,36 % Baryt. Die Sulfäthylschwefelsäure besteht daher aus C4Hs;, S20;. Der Name »Sulfäthylschwefelsäure« kann aber doch beibehal- ten werden. Löwig. — 204 — diese Ansicht mindestens ebenso viel Gründe geltend machen, als für die Formel MeCy. Zunächst die voll- ständige Indifferenz auf den lebenden Organismus; ein Körper, welcher gewissermassen Blausäure darstellt; näm- lich Blausäure, in welcher H durch Methyl vertreten, würde sicher giftige Eigenschaften zeigen. Dann spricht für die Bildung von Stickstoffacetyl das grosse Um- setzungsbestreben des Cyans; ferner die Bildung von amei- sensaurem Ammoniak aus wässriger Blausäure, wenig- stens kann dieselbe ebenso zu Gunsten der einen An- sicht geltend gemacht werden, wie die Bildung von Blau- säure aus ameisensaurem Ammoniak für die andere. Auch sprechen die wenigen Versuche, welche oben mit dem CGyanstibäthyl angegeben sind, sehr zu Gunsten einer Umsetzung. Vielleicht sind auch folgende Versuche, die wir schon vor längerer Zeit angestellt, geeignet, etwas zur Entscheidung dieser Frage beizutragen. Erhitzt man bei gelinder Wärme ein inniges Gemenge von 2 Theilen vollkommen entwässerten Bleizucker mit 1 Theil ebenfalls ausgetrocknetem sogenanntem Pariser- blau in einer Retorte, so beginnt bald eine lebhafte Gas- entwicklung; es entweicht ein Gemenge von circa 2 Vol. Kohlensäuregas auf 1 Vol. Kohlenoxydgas, während sich gleichzeitig in der Vorlage eine farblose, ätherische Flüs- sigkeit ansammelt. Wird das flüssige Destillat, welches bei mässiger Wärme übergeht, entfernt, und dann nach und nach die Hitze bis zum Glühen der Retorte gestei- gert, so geht ein gelbgefärbtes öliges Produkt über; zu- gleich entweicht, besonders gegen das Ende der Opera- tion, eine grosse Menge kohlensaures Ammoniak. Als Rückstand bleibt ein pulverförmiges Gemenge, welches äusserst pyrophorisch ist und mehrere Tage lang Am- moniak in grosser Menge entwickelt, wenn feuchte Luft - ms - ‚sparsam mit demselben in Berührung kommt. Das er- wähnte flüssige Destillat, welches im Anfang überdestil- lirt, ist farblos und besitzt einen nicht unangenehmen, schwach ammoniakalischen Geruch, schmeckt süsslich und mischt sich mit Wasser, Aether und Weingeist in allen Verhältnissen. Aus der wässrigen Lösung wird die Ver- bindung durch Chlorcaleium oder Kalilauge wieder voll- ständig ausgeschieden. Das Destillat wurde, zur Ent- fernung des Ammoniaks, mit etwas Phosphorsäure ge- schüttelt, hierauf über Queksilberoxyd rectifieirt und zuletzt «durch Chlorcalcium entwässert. So gereinigt ist das Produkt vollkommen farblos, sehr dünnflüssig, von angenehmem ätherischem Geruch und brennend süssli- chem Geschmack. Es brennt mit hellleuchtender Flamme und besitzt ein spec. Gewicht von 0,790 bei 15°. Wird es im Wasserbad erhitzt, so fängt es bei 69° zu kochen an; der Siedepunkt steigt jedoch rasch auf 71°, bleibt dann einige Zeit stationär, erhöht sich aber bald bis auf 80°, bei welcher Temperatur der grösste Theil übergeht; die letzten Portionen destilliren jedoch erst bei 83°. Die Analysen des bei 71° SIUTBERABEEBEN Destillats gaben folgende Resultate: 1. 0,298 Gramm Substanz gaben ; 0,660 Gr. Kohlensäure — 60,44 0% Kohlenstoff, 0,256 » Wasser —= 9,56 % Wasserstoff. 2. 0,486 Gramm Substanz gaben: 1,072 Gr. Kohlensäure — 60,17 % Kohlenstoff, 0,428 ,„ Wasser — 9,79 % Wasserstoff, 3. 0,267 Gramm Spbilans mit Kalikalk verbrannt gaben: 0,0393 Gr. Stickstoff — 14,72 % Stickstoff. — 206 — 4. 0,350 Gramm Substanz gaben: 0,0459 Gr. Stickstoff — 13,11 % Stickstoff. Diese Resultate lassen sich auf die Formel NC,,Hy03 zurückführen: gefunden 10 At. Kohlenstoff 60 . 60,60 . 60,40 . 60,17 9 » Wasserstoff 9. 9,10... 9,56 . 9,79 1,5»... Stickstoff... 44 .,14,14::414,72.. 43,14 3 » Sauerstoff 16 . 16,16 . 15,32 . 16,73 99 100,00 100,00 100,00. Das bei 80° erhaltene Destillat gab folgende Re- sultate: 1. 0,468 Gramm Substanz gaben: 1,034 Gr. Kohlensäure — 59,83 % Kohlenstofl , 0,3552 „ Wasser — 8,37 % Wasserstofl. 2. 0,570 Gramm Substanz gaben: 0,250 Gr. Kohlensäure — 59,83 % Kohlenstoff, 0,448 „ Wasser — 8,74 % Wasserstoff. 3. 0,582 Gramm Substanz gaben: 0,120 Gr. Stickstoff '— 20,58 % Stickstofl. Diese Resultate passen auf folgende Formel: 7 At. Kohlenstoff 42 . 60,00 . 59,83 . 60,26 6 „ Wasserstoff 6. 857. 874. 8,37 1, Stickstoff 14 . 20,00 . 20,58 1 ,„ Sauerstoff 8. 11,43 . 10,58 70 100,00 100,00. Eine Analyse des bei 77° übergegangenen Destil- lates gab: C. 60,23 %, H 8,92 % , N 18,42 %. — 207 — Von der bei 83° übergegangenen Flüssigkeit erhiel- ten wir zu wenig zur Analyse; es lässt sich jedoch an- nehmen, dass der Gehalt an Stickstoff in demselben noch grösser war. Die verschiedenen Destillate kommen in ihren che- mischen und physikalischen Verhältnissen ganz mit einan- der überein. Schüttelt man dieselben mit Kalilauge, so bemerkt man in der Kälte keine Einwirkung, beim Er- hitzen aber- entweicht Ammoniak in reichlicher Menge. Destillirt man den Rückstand, wenn keine Ammoniakent- wicklung mehr stattfindet, mit überschüssiger Phosphor- säure, so geht Essigsäure über, wie wir uns durch die Analyse des Silbersalzes überzeugten. Löst man etwas Kalium in wasserfreien Weingeist, so erhält man eine Lösung von wasserfreiem Kali in wasserfreiem Weingeist. Dieselbe wirkt weder in der Kälte noch in der Wärme auf die Substanzen ein, setzt man aber nur wenige Tro- pfen Wasser hinzu, so entwickelt sich augenblicklich Am- moniak. Kalium reagirt mit Heftigkeit auf die Substanzen unter reichlicher Bildung von Cyankalium. Säuren ver- anlassen in der Kälte keine merkliche Zersetzung, kocht man aber die Produkte mit verdünnter Schwefelsäure, so destillirt Essigsäure über, und der Rückstand enthält schwefelsaures Ammoniak. Die gleichen Reactionen werden auch bei der Zer- setzung des Stickstoffacetyls oder des sogenannten Cyan- _ methyls beobachtet. Nun ist: CNjHy0z — NC,H; — 'C,H,03 und NGC-H;,O + NG,H; — G;H;0. Die bei 71° übergegangene Substanz enthält demnach 2 Atome, und die bei 80° übergegangene 1 At. Aceton auf 1 At. Stickstoffacetyl oder Cyanmethyl. Obgleich man vermu- then sollte, dass ein Gemenge beider Körper schon un- ter 70° zu sieden beginnen würde, ein solches auch — 208 — schwerlich bei der Analyse ein bestimmtes stöchiometri- sches Verhältniss ergeben hätte, so glauben wir doch an keine chemische Verbindung, weil das spezifische Gewicht des Dampfes der bei 80° siedenden Flüssigkeit gegen eine solche spricht. Wir erhielten folgende Resultate: Gewichtüberschuss des mit Dampf gefüll- ten Ballons über den mit Luft ge- füllten . > j ö . 0,092 Gramm. Inhalt des Ballons .. 256 C.C.M. Luftrückstand Ä j \ 0 Temperatur der Luft . i 23° Temperatur des Dampfes . rc ORR Barometerstand . . 3 . 735 M.M. Spec. Gewicht des Danibfes f 1,60. Spe. Gew. 7 Maass Koblengas 5,8520 12 ,„ Wasserstoffgas 0,8316 2 ,„. Stickstoffgass 1,9412 air Sauerstoflgas 1, 1093 6 Maass Gas 9,7341 folgl. i M. 1,622. oder: Ms. Spc. Gw. Ms. Spe. Gw. C,H; = 2 — 3,7598 4 CG;H; = 2 = 2,9238 N = 22 1,9412 "" 0 = I = 1,1093 GH;N = 4 =A— —. ‚7010 G;H;0= 2 = 4,0331. Eine chemische Verbindung würde, allen Thatsachen gemäss, nur 4 Maass Dampf gegeben haben. Uebrigens mag sich die Sache verhalten wie, sie wolle, für die vor- liegende Frage ist es ganz gleichgültig, ob man eine chemische Verbindung oder ein blosses Gemenge annimmt. ö MITTHEILUNGEN NATURFORSHCENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. N? 53, & 1850. €. Löwig und E. Schweizer „ — Untersuchungen über die Verbindungen des Stibäthyls. (Zweite Abbandlung. — Schluss.) Die Frage ist nämlich: kann sich bei der genannten Zer- setzung Cyanmethyl bilden? Dass das Berlinerblau in ei- ner hohen Temperatur zersetzt wird ohne Entwicklung von Cyan, dass dasselbe dagegen als reducirender Kör- per wirkt, wenn es mit Metalloxyden geglüht wird, ist bekannt. Die Bildung vom Cyanmethyl würde voraus- setzen, dass der durch Zersetzung des Berlinerblau’s aus- geschiedene Stickstoff sich mit den 2 At. Kohlenstoff, mit welchen das Methyl in der Essigsäure gepaart ist, zu Cyan vereinige, während der Kohlenstoff des Cyans reduci- rend wirke, dass demnach in demselben Momente wieder Cyan gebildet würde, in welchem es zersetzt wird. Oder es müsste angenommen werden, dass der gepaarte Kohlenstoff in der Essigsäure reducirend wirke; eine Annahme, welche aber unstatthaft ist, weil durch Erhitzen des Berlinerblaus kein Cyan frei wird. Dagegen erklärt sich der Vorgang sehr einfach, wenn das Produkt Stickstoffacethyl ist, der Kohlenstoff des Cyans reducirt das essigsaure Bleioxyd, es wird Acetyl frei, welches sich im Momente seiner Ausscheidung mit dem Stickstoff des Cyans verbindet. P60,C,H;30; + NCa = 2C0; + C;H3N. Band 11. 14 — 210 — Allerdings widerlegt die Bildung von Stickstofface- iyl nicht die von Kolbe aufgestellte Theorie. Bezeich- net man nämlich Acetyl mit (C5H3;)Cz, so vereinigt sich dasselbe als Ganzes mit Stickstoff; die Formel der Ver- bindung ist dann N + (%H3)Cz, und nicht GH3,Cy. Wir glauben jedoch, dass es den Thatsachen immer noch am" besten entspricht, das Acetyl als eine unmittelbare Ver- bindung von C,H; zu betrachten. Uebrigens ist es nicht unsere Absicht, Kolbe’s Theorie zu widerlegen; wir wollten nur die Gründe entwickeln, die uns bestimmen, den Körper als Stickstoffacetiyl und nicht als Gyanme- (hyl zu betrachten. Ist aber der Körper wirklich Stick- stoffacetyl, so bleibt natürlich die ganze Gruppe der Nitryle unangefochten. Zum Schlusse bemerken wir noch, dass wir auch eine Verbindung von Wismuth mit Aethyl dargestellt haben; man erhält sie sehr leicht durch Einwirkung von Jodäthyl auf Wismuthkalium. Auch der Phosphor gibt ganz analoge Verbindungen. Prof. C. Ludwig, — Neue Versuche über die Beihülfe der Nerven zu der Speichelsekretion. (Vorgelegt am 2. September 1850.) Die Erscheinung, dass viele Drüsen des thierischen Organismus nur unter Mitwirkung der Nerven ihre ab- sondernden Funktionen erfüllen, ist ihren Ursachen nach verschiedenen Deutungen unterworfen gewesen. Von den vielen zur Erklärung aufgestellten Theorien haben nun aber, seitdem sich die Physik der anatomischen Thatsa- — Mn chen bemächtigt hat, nur noch zwei einen verbreiteten Eingang gefunden. 1) Man schrieb die durch den Nerveneinfluss hervor- gerufenen Sekretionsveränderungen (mochten diese quanti- tativer oder qualitativer Art sein) einer Modification der me- chanischen Bedingungen der Sekretionsapparate zu, wel- che dadurch eingeführt werden sollte, dass der Nerv ver- ändernd auf die in den Drüsen enthaltenen Muskeln der Gefässe oder Ausführungsgänge wirkte. Indem der Mus- kelapparat der Gefässe bald an dem Venen-, bald an dem Arterienende in Folge dieser Voraussetzung in Thä- tigkeit gesetzt und damit bald dieses bald jenes veren- gert wurde, musste begreiflich die Grösse des Seiten- druckes, welche durch den Blutstrom in den Blutgefäss- capillaren der Drüse herbeigeführt wird, wesentlich ver- ändert werden. Da aber die der Sekretion wirklich za Gute kommende Kraft bestimmt wird durch die Differenz der Kräfte, welche das Sekret in den Drü- senkanal eintreiben und derjenigen, welche sich ihrem Eintritt in denselben entgegensetzen, so war auch ander- seitig ersichtlich, wie eine Bewegung resp. Verschliessung der Ausführungsgänge der Drüsen im Stande war, ver- - ändernd auf diese Sekretion zu wirken. Diese flüssige und in ihrer Einfachheit elegante Hypothese erläuterte - bei weiterer Verfolgung, wie erwähnt, nicht nur die quantitative, sondern auch die qualitative Veränderung - des Sekrets. Diese letztere aber bekanntlich darum, weil “ die neueren chemischen und endosmotischen Untersuchun- gen es wahrscheinlich gemacht haben, dass sowohl die Weite der Poren in den thierischen Membranen, als auch die Dauer des Aufenthalts der Drüsenflüssigkeit in den Drüsenkanälchen von wesentlichem und sehr ver- schiedenartigem Einfluss auf Qualität der Absonderung sein müssen. ' Bei dem engen Anschluss dieser Hypothesensumme an unsere anatomischen, physikalischen und chemischen Kenntnisse, besitzt sie bei Weitem die meisten Anhänger, wenn auch durch keinen entscheidenden Versuch (es sei denn, dass man hierher den Erfolg der Durchschneidung des Augenastes von Trigeminus zählen will) ihre Giltigkeit über allen Zweifel festgestellt ist. 2) Die andere Anschauung lässt dagegen , ohne die eben gegebene Hypothese auszuschliessen, die Nerven in viel direkterer Weise auf die Erweckung, Beschleu- nigung oder Umänderung der Sekretion einwirken. Nach ihr verändern sich nemlich die Theilchen, welche die Drüsen- oder Blutgefässmembranen conslituiren, unter dem Einfluss des in Erregung gesetzten Nerven in ihren chemischen Eigenschaften und in Folge dieser Verände- rung werden in vorerst nicht näher bestimmbarer Weise die endosmotischen Fähigkeiten der Drüse verstärkt ge- schwächt und modifizirt. Diese Hypothese konnte ebenso, wie die vorhergehende, nur Wahrscheinlichkeitsgründe und Analogien für sich geltend machen, sie konnte aber ebenso wenig durch die dawider erhobenen Einsprüche widerlegt werden. Ihre Gegner vermochten höchstens zu zeigen, dass ihre Einführung in die Wissenschaft nicht durch eine Nothwendigkeit geboten wurde. Durch folgende Versuchsreihe, welche ich gemeinschaftlich mit Herrn C. Rahn von Zürich ausführte, glaube ich nun im Stande sein, durch Exelusion ihre Giltigkeit für die Speichelabsonderung zu erweisen. Um durch den Versuch eine Entscheidung zwischen einer von beiden Grundanschauungen herbeizuführen eig- net sich nach verschiedenen von mir angestellten Ünter- -— 2313 — suchungen keine Drüsengattung besser als die der Spei- cheldrüsen und unter diesen wiederum keine mehr als die glandula submaxillaris. — Für die Anwendung der Speicheldrüsen überbaupt spricht: a) Die Thatsache, welche meines Wissens zuerst durch C. G. Mitscherlich‘) in seiner für den damaligen Standpunkt ausgezeichneten Abhandlung erwiesen ist, dass der Speichel nur unter Beihilfe einer Ner- venerregung abgesondert wird. Die Untersuchung über Abhängigkeit der Absonderung von den Ner- ven wird also durch keine aus anderweiligen Ur- sachen eintretende Sekretion gestört. Die einfache Anordnung des Capillarsystems, dessen Wandungen nach neuen von uns hierüber angestell- ten Untersuchungen nur an seinem den -Arterien zugewendeten Theile mit Muskelfasern versehen sind. c) Die Abwesenheit oder sehr geringe Menge von Muskelfasern an den Drüsen- resp. Ausführungs- gängen. Diese von Kölliker *) entdeckte Thatsa- che haben wir auch auf physiologischem Wege be- stätigt, indem beim Hunde und der Katze die Gänge (sowohl stenonianus als whartonianus) un- ter der Einwirkung des elektrischen Induktions- apparates keine Zusammenziehungen zeigen. Es fal- len nach b) und c) eine Anzahl von Einrichtun- gen, durch deren Eintreten die Untersuchung sehr viel verwickelter wird, hinweg. = } *) Ueber den Speichel des Menschen, Rusts Magazin XXX VIH. 491. ) Beiträge zur Kenntniss der glatten Muskeln, Zeitschrift für wissenschaftl. Zoologie, I. Bd. BER T y Für die glandula submaxillaris als Untersuchungs- objekt entschieden wir uns aber, weil d) ihr Drüsenkörper vollkommen freigelegt und also den drückenden Einflüssen der umgebenden Mus- keln entzogen werden kann, die man bekanntlich öfter als ein der Speichelabsonderung günstiges Element betrachtete. Weil ihr Blutgefässsystem (und namentlich die ent- sprechende Carotis und eine der grössern Venen, welche aus der Drüse treten, ohne Eintrag ihrer Funktion den Messungen zugänglich ist. Zugleich sind ihre Nerven leicht in die zur isolir- ten Erregung nothwendige Lage zu bringen. — Ihre Nerven sind, so weil unsere Untersuchungen rei- chen, doppelter Art: ein Zweig des ramus lingua- lis trigemini dringt mit dem Ausführungsgang, ein anderer aus dem plexus carolicus mit der Arterie in die Drüse. — Der erstere ist der uns interes- sirende. Endlich ist der Ausführungsgang selbst bei kleinen Thieren weit genug, um die Einfügung eines Hg- Manometers zu gestatten, und die Drüse liefert in kurzer Zeit beträchtliche Mengen von Flüssigkeit, um das Messrohr so weit als nöthig zu füllen. Die Hilfsmittel, mit denen man im Stande ist die schwebende Frage zu erledigen, gestalten sich sehr ein- fach, wenn man bedenkt, dass uns die Entscheidung nur darüber obliegt, ob bei steigender oder sinkender Ner- venerregung Veränderungen in den Strömungserschei- nungen des Blutes eintreten, welche den eingeführten Schwankungen der Sekretionskräfte entsprechen, und na- mentlich, ob es auch gelingt, die Sekretion zu stillen oder anzuregen durch Veränderungen in dem Blutstrom _— 15 — der Drüse, welche auf anderm Wege als auf dem der Nervenerregung herbeigeführt sind. Wir müssen demgemäss gleichzeitig a) dieSchwan- kungen in der Nervenerregung, b) den Seiten- druck des Blutstromes und c) die Veränderun- gen der Sekretionskräfte messen. a) Wenn man auch über kein absolutes Maass der Nervenerregung gebieten kann, so erlauben doch be- kannte Kunstgriffe bei Anwendung der elektrischen Er- regungsmittel eine sichere Schätzung, ob die im Nerv vorhandene Erregung einer andern, die an demselben Nerv unmittelbar vorhergegangen oder gefolgt war, über- oder unterlegen ist. In diesem Sinn muss also mit eintretender Nerven- erregung die Sekretion beginnen, mit der Steilheit der Dichtigkeitskurve des erregenden elektrischen Stroms, mit einer Verlängerung des eingeschalteten Nervenstücks u. s. w. die Sekretion steigen, mit dauernder Erregung des Nerven allmählig wieder abnehmen und endlich nach Entfernung des Erregungsmittels still stehen. Die An- wendung dieser bekannten Mittel bot bei der glandula submaxillaris nicht die geringste Schwierigkeit. Wir benutzten als Erregungsmittel den von du Bois- Reymond‘) für physiologische Zwecke so ausserordent- lich verbesserten Magnetelectromotor, welcher durch ein Bunsensches Element in Bewegung gesetzt wurde. Um genau die Zeit zu bestimmen, während welcher die erregenden Mittel auf den Nerven einwirkten, brachten ' wir in den primären Kreis des Induktionsapparats eine Vorrichtung, durch die es möglich wurde auf die Trom- *) Thierische Elektrieität. II. 1. 393. — 216 —— mel des Kymographions“) (auf welche gleichzeitig die später zu erwähnende Intensitätseurve der Sekretion ver- zeichnet wurde) seine Schliessungsdauer zu verzeichnen. Diese Vorrichtung war folgende: Auf das Brett des Kymographions, welches das Uhr- werk zum Drehen des Cylinders trägt, waren 2 am Bo- den isolirte Messingstücke in einigen Linien Entfernung von einander eingeschraubt. Beide trugen kleine Hül- sen mit Schrauben, in welche die Drähte eines Pols, der primären Kette eingefügt waren. Ausserdem be- wegte sich auf dem einen der beiden Messingstücke in horizontaler Richtung um eine vertikale Achse ein He- bel, durch dessen Drehung gegen das andere Messing- stück der Draht des erwähnten Pols vervollständigt wurde. Dieser Hebel trug einen senkrechten, der Cylinderachse parallel gestellten Pinselträger, der mit seinem Pinsel gegen den Cylinder in der Art eingestellt werden konnte, dass er im Moment des Schlusses das Papier des Cylinders berührte. — Der Nerv selbst wurde in den sekundären Kreis möglichst isolirt eingeschaltet, und zwar einfach dadurch, dass man-2 dünne, übersponnene und gefirnisste Drähte mit ihren blanken Spitzen unter den Nerv brachte. Diese blanken und durch Biegung in verschiedene Ent- fernung stellbaren Spitzen waren auf eine isolirende Un- terlage (ein gefirnisstes, sehr dünn geschabtes und fein zugespitztes Brettchen) befestigt. Bei einer nicht allzu heftigen Wirkung des Magnetelectromotors und bei einer Entfernung der Drähte um 1—2 M.M. genügte diese Isolation so weit sichtbar vollkommen, indem weder Schmerzensäusserungen noch Muskelzuckungen eintraten. Den Nerven selbst sucht man behufs der Erregung *) Volkmann Hämodynamik p. 148. — 17 — am bequemsten an dem Ausführungsgang der glandula submaxillaris auf, ehe dieser unter den musculus mylo- byoideus, um in die Mundhöhle zu gelangen, getreten ist. Er begleitet von da aufwärts den Ausführungsgang in die Drüse. Man kann ihn nach Belieben vor der Reizung durchschneiden, oder ihn auch unzerschnitten der Reizung unterwerfen. b) Zur Bestimmung der Sekretionsintensität stehen verschiedene Wege offen. Man kann entweder das Vo- lum des in der Zeiteinheit gelieferten Sekretes oder bes- ser und für unsere Zwecke geeigneter den Sekretions- druck direkt messen. Behufs letzterer Messungsmethode fügt man in den Drüsengang ein Hgmanometer ein, das mit seiner Mündung gegen die Drüsenbläschen gerichtet ist. *) Zur Würdigung dieses Verfahrens dürften nachstehende Bemerkungen genügen. Belegt man die Kraft, mit welcher das Sekret aus dem Poren der Drüsen- oder, wenn man will, der Ga- pillargefässwandung in das Lumen des Drüsen- röhrchens wirklich eindringt, mit dem Namen . der Absonderungskraft, so muss dieselbe in hydrosta- tischem Maasse ausgedrückt, gemessen werden kön- nen, wenn man das Drüsenröhrchen an seiner Aus- flussmündung mit einem die Flüssigkeit aufstauenden Ap- parate in Berührung bringt. Bei der Einfachheit des Prinzips ist es sogleich einleuchtend, dass der Anwen- *) Dieses von Hales zur Bestimmung des Druckes, unter welchem die Rebstockblutung geschieht, in die Wissenschaft ein- geführte Mittel ist für die Untersuchung der Drüsenabsonderung auf meine Veranlassung zuerst von C. Loebell gebraucht wor- den. De conditionibus quibus secret. in glandul. perficiuntur: Marburgi 1849. — 218 — ’ dung dieser Methode theoretischer Seits nichts im Wege steht. Um die praktischen Bedenken gegen dieselbe weg- zuräumen, resp. in ihrem wahren Werth zu würdigen, wollen wir uns sogleich die einzelnen vom Manometer in stetiger Folge gelieferten Werthe in Form einer Curve (wie es denn später doch geschehen wird) aufgetragen denken, deren Abseisse die Zeit und deren Ordinaten die Grösse des Sekretionsdrucks bedeuten. Diese Curve wird einen von der Abseisse aufsteigenden und einen zu ihr absteigenden Theil besitzen. Damit nun von dem Manometer die Werthe ver- zeichnet werden, welche dem wahren Sekretionsdrucke entsprechen, ist es nothwendig, dass 1) in die Drüsen- bläschen zu jeder Zeit eine hinreichende Menge von Flüssigkeit eingetrieben wird, damit das Quecksilber in dem Messrohre zu der dem Eintreibungsdruck entspre- chenden Höhe gefördert werden kann, eine Flüssigkeits- menge, die wenigstens theilweise von dent Caliber des Manometers unabhängig ist, da sich die Prüsenröhren bei steigender Spannung der in ihnen aufgestauten Flüs- sigkeit um ein bestimmtes Volumen erweitern. — Diese Bedingung dürften wir bei der reichlichen Absonderung der Speicheldrüsen, dem engen Ausführungsgang und einem nicht allzu weiten Hgmanometer als erfüllt betrachten, wenn es sich, wie in unserm Fall, nur darum handelt, einen gewis- sen oberen Grenzwerth der Ordinate während einer, längere Zeit hindurch dauernden, Absonderung zu erhalten. — 2) Obiger Anforderung wird ferner nur dann genügt, wenn die zwischen dem Drüsenporus und dem Manometer ge- legenen Drüsentheile wasserdicht schliessen bei einer Druckhöhe, welche dem Maximum des Sekretionswerthes entspricht. Sofern dieses nicht geschieht, werden be- greiflich statt der Maxima der Sekretionswerthe nur die 5 — 219 — Grössen gemessen, unter welchen die beträchtlicheren Drü- sengänge mit Flüssigkeit gefüllt werden können, ohne dass diese wirklich durch die Wandungen filtrirt. — Diese Bedingung ist in unsern Fällen nicht vollkommen erfüllt gewesen. Wenn der Sekretionsdruck zu sehr hohen Werthen aufstieg (in einzelnen Fällen zu einer Höhe von 7—8 Fuss Wasser und mehr), so erlaubten die zartwan- digen Gänge eine beträchtliche Filtration, sodass sich die einzelnen Drüsenläppchen weit von einander trenn- ten (wie bei einem künstlichen Oedem nach Wasserinjek- tion) und die Speichelgänge und die Oberfläche der Drüse sich mit Feuchtigkeit bedeckten. Unsre Gurven enthalten demgemäss kein wahres Maximum, dessen Bestimmung auch kaum von besonderem Interesse sein dürfte. — 3) Fer- nerhin musste, damit die Werthe des absteigenden Theils der Curve mit denen der Natur übereinstimmen, eine Vorrichtung vorhanden sein, die bei Nachlass der Sekre- tion ein entsprechendes Ausströmen der Flüssigkeit aus der Drüse und dem Manometer ermöglichte. Da diese Bedingung bei vollkommenem Verschluss des einzigen Aus- fübrungsganges der Drüse durch das Manometerrohr nur sehr unvollkommen erfüllt ist, so geben die absteigenden Theile unserer Curve sehr ungenaue Werthe. Der Umstand aber, der uns eben zum Theil an der Gewinnung der wahren aufsteigenden Curve verhinderte, gewährt uns jetzt wenigstens den Vortheil, überhaupt noch einen ab- steigenden Ast der scheinbaren Curve zu erhalten, was von beträchtlicher Wichtigkeit ist, weil uns dadurch überhaupt ein Wendepunkt in den Sekretionskräften an- gedeutet wird. — 4) Endlich werden auch noch die Ver- hältnisse zwischen den Sekretionskräften und der zuge- hörigen Zeit, mit anderen Worten die Formen der Curve im Manometer anders ausfallen als in der Drüse. Dies ist für das Anfangsstück ersichtlich, wenn man sich erin- nert, dass merkliche Zeit vergehen muss, ehe die Menge von Speichel geliefert ist, welche das Hg zur entsprechenden Höhe treibt; möglicher Weise könnte, z. B. bei Beginn der Sekretion (wie bei der Muskelerregung), diese sich in ihrem Maximum befinden und dann allmählig abfallen: hier würde begreiflich das Anfangsstück unserer allmählich aufstei- genden scheinbaren Curve ganz fehlerhaft sein. Im Ver- lauf des Aufsteigens unserer Curve wird sich nun der vorher erwähnte Filtrationsfebler zu verschiedenen Zei- ten mit verschiedenem Werthe, je nach der Spannung, welche die aufgestaute Flüssigkeit erlangt hat, geltend machen, weil von dieser die Geschwindigkeit des schäd- lichen Abflusses abhängt. Wir können nach unserer reichlichen Erfahrung behaupten, dass in keinem Fall die Einwirkung dieses Nachtheils ausgeblieben ist, weil selbst bei viel niedrigern Werthen des Sekretionsdrucks als den vorhin angegebenen, eine Filtration eintrat. In dem absteigenden Schenkel der wahren Curve, d. h. wenn in der Drüse die Sekretionskräfte nachlassen, werden end- lich die grössten Fehler zu finden sein. Gesetzt es fällt die Sekretionskraft, nachdem sie ein Maximum erreicht hätte, plötzlich auf Null, so würde die scheinbare Curve nur sehr langsam sinken, weil aus der durch den Ma- nometer geschlossenen Drüse die Filtration nur allmäh- lig vor sich geht. Trotz aller dieser Fehler wird aber dennoch unsere Curve von unschätzbarem und unersetzlichkem Werthe sein, wie die Angabe der Versuche gleich zeigen wird. Die Einsetzung des Manometers in die Drüse wird von einem einigermassen geüblen Anatomen ohne Schwie- rigkeit ausgeführt werden können. Wir haben unsere 1—2 M.M. weite Dille immer möglichst nah an der _ 21 — Drüse in den Ausführungsgang eingefügt, und dabei Sorge getragen den Nerv nicht mit einzubinden oder zu verletzen. Wenn der Ausführungsgang zusammengefal- len und demgemäss schwer zu finden ist, so darf man nur ein paar Tropfen Essig in die Mundhöhle des Thie- res einbringen, um ihn sogleich zu füllen. c) Zur Bestimmung der in den Blutgefässen vor- handenen Druckkräfte haben wir uns der bekannten Methode bedient. Wir fügten die Messröhre zuweilen in die art. carotis derselben Seite, auf welcher die unter- suchte Drüse lag, mit einem Ansatzstück zur Bestim- mung des Seitendrucks ein, mit dem man zugleich, je nachdem man das dem Herzen oder der Peripherie zu- gewendete Ende der Carotis zuhält, den Seitendruck in der art. aorta oder im circulus Willisii bestimmen kann. In andern Fällen haben wir ein Röhrchen in eine der stärkeren, aus der Drüse zurückkehrenden Venen eingeführt. Wir zogen es hier vor, eine einfache Dille in das peripherische Venenende zu bringen, weil 1) wie uns Injektionsversuche zeigten, die Venen in der Drüse keine Klappen tragen und 2) weil wir auf diese Weise hoffien, die beträchtlichsten Wirkungen allenfalls vor- handener Druckschwankungen im Capillarsystem zu ge- winnen. Die Beobachtungen wurden gleichzeitig mit den an der Drüse gewonnenen auf das Kymographion auf- getragen. Die Ergebnisse der mit diesen Hilfsmitteln angestell- ten Untersuchungen waren folgende. A. So lange der Blutstrom‘) und die Er- m *) Neuere Beobachtungen am Kaninchen, gemeinschaftlich mit Hrn. C. Rahn gewonnen, lehren, dass: auch nach Auf- u regbarkeit des Nervensystems anhielten, wurde jedesmal durch eine Reihe elektrischer Schläge, welche auf unsere Nerven wirkten, die bis- her stockende Speichelabsonderung einge- leiitet. Die Zeit, welche zwichen der Einwirkung des Erre- gungsmittels und dem Erscheinen des Speichels im Aus- führungsgang, resp. einer Bewegung des im Manometer . enthaltenen Hg verstrich, war eine verschiedene. — Nach den genauen Zeitbestimmungen am Kymographion be- gann in verschiedenen Beobachtungen die Hgsäule 4— 24 Sekunden nach der ersten Einwirkung der Induktions- schläge aufzusteigen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die auf diese Weise bestimmten Zeitintervalle zwischen Beginn der Erregung und Sekretion selbst in ihren klein- sten Werthen zu gross ausgefallen sind. Man darf die- ses annehmen, weil es schon zu einer beträchtlichen Spannung in den grossen Speichelgängen gekommen sein muss, ehe sich das Quecksilber und der Schwimmer er- heben werden. Eine freilich ungenauere Zeitbestimmung, welche man erhält, wenn man den erwähnten Zeitraum aus dem Erscheinen des Speichels in der Oeffnung des eingeschnittenen Gangs nach der Uhr zu bestimmen sucht, scheinen diese Annahme zu bestätigen. Bei diesen Be- obachtungen erscheinen sehr häufig fast momentan mit der Reizung die ersten Tropfen in der Oeffnung. B. Die Curve des Absonderungsdruckes gestaltet sich unter verschiedenen Umstän- den sehr verschieden. hören des Herzschlags durch Erregung der Nerven mit Salpetersäure oder elektrischen Schlägen noch Absonderung er- zielt werden kann. — 223 — Unsere Beobachtungen lehren Folgendes. a) Bei möglichst ungeschwächtem Zustand des Ner- ven und bei dauernder und gleichmässiger Einwirkung der Schläge des Induktionsapparates erhebt sie sich all- mählig bis auf ein Maximum, und hält sich auf diesem längere Zeit ohne Schwankungen. Der aufsteigende Ast der nun schon zahlreichen Curve, welche wir von Hun- den und Katzen besitzen, lässt kein bestimmtes Gesetz über Verhältniss des Wachsthums beider Goordinaten- achsen durchblicken. Dieser Ausspruch wird durch die folgenden Zahlen gerechtfertigt, welche von den Speichel- curven dreier verschiedener Hunde genommen sind. Zum Verständniss derselben mag bemerkt werden, dass die Zahlen der 1. Columne jeder Tabelle das Wachsthum der Ordinate, während der in der 2. Golumne angegebe- nen Zeit bedeuten. Die 3. und 4. Columne geben den absoluten Werth der Coordinaten an den bestimmten Stellen an. Die Zeiten sind in Sekunden, die Ordinaten in MM. und Hg. ausgedrückt. —_— 24 — Tabelle EL Höhe des Auf-und Ab-| Zeit des Summe Summe steigens der, Aufsteigens, der der Zeilen. Curve im Hg. | „n. Sekunden. | Höhen. n. Sekunden. nach MM. | “ ES - w oo - - w - er w SBSWHOoo PB u om mv manı - - 3 A I 3 3 3 3 2 1 0 i 0 1 0 0 0 0 1 0 - ++ + + om w De iR #11 Pr. All Fig 7 A #. Fig 2 m, N mm u R VA Ne 7% MITTHEILUNGEN DER NATURFORSHCENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. 0 0 1850. Prof. C. Ludwig, — Neue Versuche über die Beihülfe der Nerven zu der Speichelsekretion. (Schluss.) Tabelle I. A A SS EEE a — Höhe des | : Auf- und Ab- | Zeit des Summe Summe steigens der | Aufsteigens. | der der Zeiten. Curve in Hg.| „ Sekunden. | Höhen. n. Sekunden. nach MM. 1,61 | 749 64,0 — | 749 65,6 #82. | 75,1 67.2 50. | ur | 76,1 68,8 0,0 3,2 76,1 71,0 +10 ia | Um 72,6 0,0 3,2: | 770 75,8 +1,0 19,2 ı 780 95,0 1,0 | 4,8 77,0 99,8 2,5 1,6 79,5 101,4 1,0 — 805 ‚ 103,0 0,4 Z— | 80,9 104,6 3,8 = 887 106,2 1,4 — I. 86,1 107,8 147 — :yR: 109,4 0,0 323... 858 112,6 +0,8 16 88,6 | 114,2 00 ı 64 | 886 | 120,6 ein 224 809 | 443,0 Band I. 15 Höhe des Auf- und Ab- steigens der Curve in Hg. Tabelle Il Zeit des Aufsteigens. n. Sekunden. 226 — Summe der Zeiten. n. Sekunden. Höhe des Auf- und Ab- steigens der Curve in Hg. nach MM. — 2927 Tabelle III. Zeit des Aufsleigens. n. Sekunden. | Summe des Höhen. 7 11,5 18,5 23,5 29,7 34,2 35,5 40,4 44,3 44,7 46,2 19,3 50,0 50,0 51,6 51,6 51,0 50,0 46,2 46,2 47,6 49,7 49,7 50,8 50,8 47,8 45,7 44,3 42,2 Summe der Zeiten. n. Sekunden. u Pe alle a mein un Mn Al zz um len Men BZ line Ara Eee ee a A Aa a Fee Ar ir mh a FE. Ehen ED —_— 2383 — Im Allgemeinen stellen sich‘in diesen 3 Curven, wie überhaupt, die Regeln heraus, dass 1) das Wachsthum des Drucks mit abnehmender Geschwindig- keit erfolgt; aber selbst dieses Gesetz ist kein allgemein giltiges, wie die Zahlen zeigen, und 2) dass der absolute Werth der Beschleu- nigung des Wachsthums der Ordinaten bei verschiedenen Gurven keine Funktion des Maximums der Höhe darstellt, welche die Curve schliesslich erreicht. Denn obgleich die Ordinaten für gleiche Stücke der Absecisse (der Zeit) in der zweiten Curve (deren Maximum der Höhe 154,0 M.M. beträgt), beträchtlicher wachsen als für die erste (deren Maximum mit 88,6 M.M. erreicht ist); so wachsen doch die erste und die dritte fast gleichmässig, obgleich das Maximum dieser letzten durch 51,6 M.M. dargestellt ist. — Wir empfehlen zur weitern Veranschaulichung dieser Verhält- nisse die Betrachtung der Figuren 1. (zu Tabelle IH, ge- hörig) 4.5. 6., auf denen die Speicheleurve mit A. A. und die Abscisse mit B. B. verzeichnet ist. — b) Die Curvenform wechselt ferner je nach der Inten- sität der Erregung, gleichviel ob wir eine Veränderung der- selben durch Abschwächung oder Verstärkung des erre- genden Mittels, oder des Nerven erzielen. Was zuerst die Veränderung der Curve in Folge des Nach- lasses der auf die Drüse wirkenden Kräfte anlangt, so finden wir, dass die Ordinaten in einem nicht’näher zu be- stimmenden Verbältniss mit der Erregung abnehmen. Denn 1) die Gurve sinkt trotz dauernder: und gleichmässiger Einwirkung des Erregungsmittels von ihrem erzielten Maximum allmählig ab. 2) Verzeichnet man von der- selben Drüse mit zwischen liegenden Pausen mehrere Curven, so gelangt man endlich (oft erst nach 1—2 Stun- _ u — den) auf einen Zeitpunkt, wo man trotz der möglichst intensiven Einwirkung des Erregungsmittels doch gar kein Ansteigen der Hgsäule mehr bewerkstelligen kann. In Uebereinstimmung mit dieser Angabe steht schon die alte von Mitscherlich zuerst gewonnene Beobachtung, dass eine durch Reflex oder Mitbewegung eingeleitete Speichbelabsonderung in den ersten Zeiten ihres Auftretens mehr Speichel liefert als einige Zeit nach ihrem Eintritt. — 3) Unterbricht man, während man das Manometer in der Drüse stehen lässt, die Einwirkung des Erregungs- mittels, so sinkt meist augenblicklich die Curve, von der Höhe, die sie erreicht hatte, ab, so dass jedenfalls ein Nachlass der absondernden Kräfte eintritt; aus früher an- gegebenen Gründen gewährt es kein Interesse, den absolu- ten Werth des Sinkens unserer Curven zu verzeichnen. Um einen Begriff von dem Modus des Sinkens zu gewähren, verweisen wir auf Fig. 1. u. 2., wo der Strich e die Zeit der Oeffnung der Kette angiebt. — In einem Falle dagegen wurde nach Oeffnung der Kette uoch eine kurze Zeit hindurch. ein Steigen beobachtet. Aber auch dieses Steigen, welches ähnlich wie Nachempfindung etc. aufzufassen sein möchte, geschah -mit viel geringerer Be- schleunigung, als in den unmittelbar vorhergehenden Zeiten. — 4) Steigert man endlich die Intensität der elektrischen Schläge, nachdem die Curve für einen gewissen Grad der Erregung ein Maximum erreicht und während einiger Zeit” constant erhalten hatte, oder schon von diesem abgesunken war, so erhebt sich sich dieselbe von Neuem. Bei Wiederholung dieses Versuchs muss man im Gedächtniss behalten, dass man aus bekannten Gründen mit möglichst niedrigen Graden der Intensität des einwirkenden Erregungsmittels begin- nen muss. Diese Wirkung veranschaulicht die Curve 3; .. bei G ist die Rolle des du Boisschen Induktionsappa- rates der primären Spirale näher gerückt worden. Die unter 3. und %. verzeichneten Einflüsse auf die Form der Speichelcurve werden wegen der unvollkom- menen Art, mit der wir in unsern bisherigen Versuchen noch immer den Nerven mit den Strom zuführenden Drahtenden in Verbindung brachten, beim Zeichnen der Curve oft genug störend. Verschieben sich die Drähte, wenn die sie fixirende Hand oder das Thier Bewegun- gen machen, so bemerkt man augenblicklich die auffal- lendste Formänderung der Curve, so dass über das Be- stehen dieses Zusammenhangs nur zu häufig Nachricht gegeben wird. Solchen Einflüssen verdankt wohl die Speichelcurve (A) in Fig. 5 das unregelmässige Auf- steigen. Ausser den von Seite des Nerven und seiner Zu- stände ausgehenden, üben zweifellos noch eine grosse Zahl anderer Umstände, die in der Drüse, dem Blut u. s. w. gelegen sind, ihren Einfluss auf die Form der Se- kretionscurve. Wir sind noch nicht in der Lage gewesen, sie zum Gegenstand der Untersuchung machen zu können. Nach dem, was wir soeben mittheilten und nach den Bemerkungen, die bei Beurtheilung der vorstehen- den Methode schon gemacht worden sind, bedarf es kaum der ausdrücklichen Versicherung, dass unsere Curven weder auf allen Punkten das Gesetz der wahren Curve des Sekretionsdrucks, och dass sie auch das Ma- ximum desselben geben. — Indem wir aber die gegebe- nen Thatsachen mit den ihnen zugehörigen Beschränkun- gen zu Grunde legen, scheint es gerechtfertigt, wenn wir aussprechen: 1. Die Sekretionskraft erreicht nicht momentan mit dem Beginn der Nervenerregung das Maximum, welches — 31 — sie vermöge der stattfindenden Erregung gewinnen kann. Würde mit dem Beginn der Erregung des Nerven ein Maximum der Sekretionskraft erzielt, so müsste die Curve der Sekretion, abgesehen von ihrer besondern Form, un- ter allen Umständen wenigstens die Eigenthümlichkeit zeigen, mit fortlaufend abnehmender Beschleunigung an- zusteigen. Es ist. dieses selbstverständlich, wenn man bedenkt, dass die Beschleunigung des Aufsteigens im Manometer 1) von der Differenz der Drücke in der Drüse und im Manometer abhängig ist, und 2) durch die Menge der aus der Drüse in das Manometer gelieferten Flüssigkeit bedingt wird, diese letzte selbst aber wie- der eine Funktion der erwähnten Druckdifferenz und der Spannung der Drüsengänge ist, welche die Filtration durch die Drüsenmembranen bewirken. — Da nun statt dessen dieGurve während des Ansteigens einzelne Beschleu- nigungen erfährt, so können diese nur von einem neu hin- zulretenden Aufwachsen der Sekretionskräfte herrühren. 11. Aus den vorliegenden CGurven ergiebt es sich noch, dass bei tetanischer Erregung des Nerven eine dauernde Absonderung eingeleitet wird. Diese wichtige Folgerung wird unwiderleglich erwiesen, wenn man sich bemerkt, dass sich die Curve bei dauernder Erregung des Nerven längere Zeit, zuweilen bis zu 30 Sekunden, auf demselben Maximum erhält, während sie sogleich von diesem absinkt, so wie man den erregenden Kreis öffnet. Das Absinken der Curve nach Eröffnung des erregenden Kreises beweist offenbar, wie uns auch der Augenschein überzeugt, dass ein stetiges Filtriren des Speichels in die Umgebung der Drüse durch die Wan- dungen der Drüsengänge hindurch stattfindet, wenn der Ausführungsgang, wie in unserm Fall, unter einem hö- hern Druck verschlossen ist. Erhält sich nun trotzdem — Si — der Druck längere Zeit constant, so dann dieses nur durch Zufügen neuer Flüssigkeit von Seite der Sekre- tionsquelle geschehen. Diese Thatsache wird -es einem Jeden, der sich mit der Lehre vom Seitendrack in Stromröhren befreundet hat, begreiflich machen, dass unsere Nervenerregung die Absonderung nicht dadurch bewerkstelligt, dass sie eine dauernde Zusammen- ziehung .des Theils der die Drüse durchziehenden Blut- gefässcapillaren einleitet, welche dem arteriellen ‚System zugewendet sind. Eine in den Wandungen der Strom- röhren bewerkstelligte Bewegung würde offenbar nur im Momente der Gontraktion, nicht aber während der Dauer derselben den nach den Venen zugewendeten Theilen des Capillarsystems eine Druckerhöhung mittheilen können, durch welche die Absonderung hervorgerufen werden könnte. Nach allen bisher bekannt gewordenen Beob- achlungen über Gontraktion der feinen Ärterienzweige, muss das Blut in den Capillaren nach eingeleitetem Te- tanus mil einem geringern Seitendruck als vor al- ler CGontraktion der Arterienwandung fliessen, und so- mit müsste unsere Sekretion, in sofern sie vom Sei- tendruck in den kleinen Blutgefässen abhängig wäre und namentlich in sofern dieser von den Bewegungen ihrer Wandungen bedingt wird, durch eine tetanische Erre- gung der zugehörigen Nerven eher eine Unterdrückung als eine Beschleunigung erfahren. Zugleich unterlassen wir nicht, darauf hinzuweisen, dass das langsame Aufst@igen und das lange Verweilen auf gleichen Höhen und namentlich das allmählige Sin- ken alle Befürchtungen zur Seite schieben, als ob acces- sorische, der Drüse fremde, Muskelreize Ursache dieser Veränderungen wären. Solche Thatsachen überzeugen mehr als alle Versicherung, dass man die Drüse voll- = BB = kommen frei g@>, dass man den Nerven isolirt erregt hat u. s. w.”) C. Die ausserordentlich hohen und constanten Wer- the des Absonderungsdruckes, welche die vorhergehen- den Versuche geliefert hatten, waren dafür bestimmend, bei einer Vergleichung derselben wit dem Seitendruck des Blutstroms den letzten an einem solchen Orte zu untersuchen, an dem man sogleich das Maxmimum der möglicher Weise auf die Absonderung einwirkenden Herzkräfte feststellen konnte. Mit einem Worte, es wurde der Seitendruck in der entsprechenden a. carolis mit dem Absonderungsdrucke gleichzeitig beobachtet. Aus zahlreichen Beobachtungen heben wir sogleich fol- gende hervor. 1) Hund mittlerer Grösse: art. carolis dextra, Gleichzeitige Beobachtungsdauer— 27,2 Secunden; Mitteldruck der a. carotis= 108,5 MM. Hg.; der Se- kretionsdruck sckwankte in dieser Zeit von 190,7 bis 196,5 MM. Hg. Siehe Fig. 4. 2) Derselbe Hund: Beobachtungsdauer — 52,3 Sec. ; mittlerer Seitendruck in der a. carotis= 112,3 M.M. Hg.; der Sekretionsdruck erhebt sich während die- ser Zeit von 0,0 bis 190,3 MM. Hg. Während 25,5 Sekunden erreicht die Curve den Mittleren Werth des Blutdrucks und erhält sich bis zum Schluss des Versuchs über derselben. Siehe Fig. 5. 3) Nach Beendigung dieses Versuchs war bis zur Vorrichtung eines neuen an demselben Hund das © *) Welche Veränderungen accessorische Muskeldrücke her- beizuführen im Stande sind, zeigt der absteigende Schenkel der Speicheleurve in Fig. A. Die kleinen Schwankungen gingen isochron mit keuchenden Athemzügen des Thieres. _ Blut in der a. carolis dextra vollkOamen geronnen, unter diesen Umständen ergab eine neue Speichel- curve ein Maximum von 150,0 M.M. Hg. Siehe Fig. 1. und Tabelle II. Zu diesem Versuche ver- dient bemerkt zu werden, dass die Drüse schon über 1 Stunde blosslag und ihr zugehöriger Nerv sich mit zwischenliegenden Pausen schon viele Mi- nuten in dem erregenden Kreise befunden hatte. Kleiner Hund. art. carotis und glandula sub- maxillaris sinistra : Beobachtungsdauer = 62,7 Sek.; mittlerer Seitendruck in der art. carotis — 84,0 M.M.; Sekretionsdruck im Maximum 45,4 M.M. Siehe Fig. 6.*) Das Ergebniss dieser Beobachtungen liefert unzwei- felhafı den Beweis, dass die Kraftquelle, welche das Se- kret in die Drüsengänge eintreibt, unter keinen Umstän- den in dem Theile der Herzkräfte, welche das Blut be- wegen, gesucht werden kann. Dieser Ausspruch ist vollkommen unangreifbar, wenn man bedenkt, *) Bei Vergleichung zwischen den Figuren und den gegebe- nen Zahlen bittet man zu beachten: 1) Die Zahlen sind nach bekannten Regeln auf den wahren ) Werth corrigirt, so dass man die gemessenen Ordinalen- höhen mit 2 multiplicirt, und die dem Drucke der Wasser resp. der kohlensauren Natronlösung entsprechende Höhe abgezogen hat. Die Curven sind dagegen Durchzeichnungen der Originale. A. A. bedeutet die Speicheleurve, C. C. die Curve der Ca- rolis, D. D. den Mitteldruck, nach der Methode von Volk- mann bestimmt (Hämodynamik S. 170); B. B. endlich die gemeinschaftlichen Abscisse 0,001 M. derselben repräsenlirt 0,16 Sekunden. Der Pfeil steigt vom Beginn der Beob- achtung auf. — 2335 — dass 1) der Sekretionsdruck mit einer beträchtlichen Geschwindigkeit steigt, so dass man unter Voraussetzung seiner Abhängigkeit vom Blutdruck eine sehr bequeme Communikation zwischen Drüsen- und Blutröhren an- nehmen müsste; 2) dass der Sekretionsdruck unter Umständen fast um den doppelten Werth den gleichzeitigen Mitteldruck in der art. carotis, also den Werth übersteigt, den man nach der ebengemachten Voraussetzung leichter Ausglei- chung der Drücke in den beiden betreffenden Röhren selbst bei Annahme der günstigsten Verwen- dung desselben, als den Maximalwerth betrach- ten könnte, über den das Blut zur Erzielung des Ab- sonderungsdrucks verfügen kann. 3) Dass endlich aber der Werth des Sekretions- drucks, selbst wenn er, wie in Beobachtung 4, unterhalb des Mitteldruckes in der Carotis bleibt, dennoch keine diesem letzteren proporlionalen Schwankungen erleidet. Diese proportionalen Schwankungen hätten aber un- ausbleiblich eintreten müssen, weil (wie unter 1 er- wähnt), die Geschwindigkeit des ansteigenden Sekretions- druckes eine solche Einrichtung der die beiden Röhren- systeme verbindenden Poren verlafgte, vermöge deren eine rasche und leichte Ausgleichung der Drücke mög- lich würde, wenn sie in beiden Systemen verschieden waren. Um nun aber der Hypothese, wonach das Einströ- men des Sekretes in die Speicheldrüse von den Herz- kräften abhängig sein soll, möglichst allen Boden zu ent- ziehen, wurde zu Versuch 3 noch ein anderer ergänzender an einem grossen Hunde angestellt. — In dem ersteren 3) von beiden Versuchen war der für die Sekretion ver- —. Ma — wendbare Druck dadurch möglichst ermässigt, dass die Carotis der entsprechenden Seite verschlossen war. Als nun der nery. glandula submaxillaris in den Kreis des Induktionsapparates gebracht wurde, erhob sich der Se- kretionsdruck fast auf den frühern Werth und überstieg namentlich den Mittelwerth, der nach unmittelbar vor- hergehenden Beobachtnngen an demselben Thier vorhan- den gewesen war, beträchtlich, obgleich jetzt nothwen- dig der in der Drüse verwendbare Theil des vom Her- zen herrührenden Druckes um Bedeutendes sinken musste. In unserer neuen Beobachtung dagegen suchten wir die, wesentlichste der bekannten Venen auf, welche aus der Drüse das Blut sammeln und unterbanden dieselbe. Da hierdurch eine bedeutende Hemmung des Blutstroms in den Gapillaren der Drüse erzielt, und somit der auf den Gapillaren lastende Seitendruck beträchtlich erhöht wurde, so musste nolhwendig nun auch ohne Nervener- regung eine Speichelsekrelion eintreten , vorausgesetzt, dass diese eine Funktion des in den Blutgefässen beste- henden Seitendrucks war. Es trat nun äber trotzdem nicht eher Sekretion ein, als bis der Nerv dem Einfluss der elektrischen Schläge ausgesetzt wurde. Unsere Thatsachen beweisen bis jetzt nur, dass: der vom Herzen abhängige und zur Sekretion verwendbare Blutdruck nicht im Stande ist, die hohe Druckkraft, un- ter welcher die Speichelsekretion vor sich geht, zu Jie- fern. Nun erlauben aber die in den Blutgefässen der Drüse vorhandenen Muskeleinrichtungen noch eine an- dere Hypothese. Nach ihr könnten die Druckkräfte des Bluts, die ihm in Folge der Herzwirkung eigenthüm- lich sind, noch vermehrt werden durch Gontraktionen der Gefässe. Obgleich diese Möglichkeit die unwahrschein- lichste von allen ist, so wollen wir doch der Wichtig- “in keit des Gegenstandes wegen auch noch auf ihre Kritik resp. Widerlegung eingehen. Damit die örtlichen Gontraktionen der Gefässe die Er- zielung eines stetigen Sekretionsdruckes, wie es’ unsere Erfahrungen verlangen, erwirken könnten, müsste man zuerst voraussetzen, dass bei einer tetanischen Erregung des Nerven die zugehörigen Muskeln nicht ebenfalls in tetanische, sondern in rhythmische, mit Pausen unter- brochene Bewegungen geriethen. Solche Bewegungen der kleinen Drüsenarterien würden, ähnlich, wie das Herz seinen Inbalt in das Gefässystem treibt, das Blut in das Capillaren-, resp. absondernde Blutgefässsystem der Drüse mit beschleunigter Geschwindigkeit eintreiben und dadurch einen pausenweise verstärkten Seitendruck hervorrufen. Würde die Geschwindigkeit des Blutes, die aus diesen Bewegungen resultirt, ausserordentlich sein, so liesse sich dadurch, unter mancherlei anderen complieirten Voraussetzungen, ein mittlerer Seitendruck gewinnen, welcher durch den Absonderungsdruck dar- gestellt würde. Ein solcher Mitteldruck, der durch die Blut-" und Drüsengefässwände hindurch wirkte, könnte möglicher Weise in den Drüsenröhren als ein stetig an- steigender oder abfallender erscheinen. ohne durch Still- stehen oder Absteigen unterbrochen zu werden, wie wir Aehnliches bei den raschen Herzschlägen der Vögel selbst 'in den grössern Arterien gewahren. Wir unterlassen es, auf die grossen theoretischen Schwierigkeiten, die bei dem eigenthümlichen' Bau‘ der ‚Drüsen einer solchen Annahme entgegenstehen, aufmerk- ‚sam zu machen, um aus ihnen unsere Gegengründe 'ge- gen dieselben zu suchen, weil uns ein einfacher Versuch ihre Unhaltbarkeit unwiderleglich an die Hand giebt. Ist in der That eine Bewegung, "wie sie eben ge- _— 238 — schildert wurde, in den kleinen Arterien der Drüse vor- handen, so muss sich die Wirkung derselben in den auf die ergiebigste Weise mit ihnen communicirenden Drü- senvenen noch mehr geltend machen als in den Drüsen- röhren. Sie muss also in gleicher Weise, wie in den letzteren, auch in den ersteren mit Hülfe des Manome- ters beobachtet werden können. Der Versuch ergab nun aber das Gegentheil. Während das Maximum des Ab- sonderungsdrucks sich bei schwacher Erregung des Ner- ven auf 85,0 M.M. Hg. stellte, bei starker Erregung aber auf 125,7 M.M. emporstieg, hielt sich der Druck in den Venen der Speicheldrüse constant, und ohnealle interponirten Schwankungen auf 12,2 MM. Hg. Im Angesicht soleher Thatsachen bedarf es keiner weiteren Hervorhebung anderer Schwierigkeiten, welche sich von Seiten der Zusammensetzung des Speichels im Vergleich zu der des Blutes gegen eine Filtrationstheorie mit dem Bekanntwerden der hohen Sekretionsdrücke entgegenstellen. Die einfache Abwägung der betreffenden Kräfte überzeugt uns, dass die Speichelabsonderung mit Hilfe der Filtwrationstheorie nicht mehr erläutert werden kann. — Wenn nun aber der Nerv seine Wirksamkeit für die Drüse nicht auf indirektem Wege, mit andern Wor- ten, nicht dadurch entfaltet, dass er die sogen, mecha- nischen Bedingungen derselben umändert, so dürfte es gerechtfertigt sein, ihm eine direktere Einwirkung zuzu- schreiben. Es wird nun eine Aufgabe zukünftiger Beobachtun- gen bleiben, auszumitteln, ob der Nerv für sich diese Funk- tion übernimmt, nach Analogie der bekannten elektri- schen Endosmose, oder ob derselbe in tetanischem Zu- stande nur auf gewisse bewegliche Drüsentheile inducirend, — 239 — resp. verwandtschaftsverändernd wirkt, wodurch sie be- fähigt werden, anziehende Kräfte gegen das Wasser des Blutes geltend zu machen, die ihnen ausserdem nicht an- gehörig sind. Die Wichtigkeit vorstehender Beobachtungen für die Nervenphysiologie, die um einen neuen Zweig berei- chert wird und für die Sekretionslehre, darf wohl kaum besonders hervorgehoben werden. Wenn ich es thue, so geschieht es nur, um den Wunsch auszusprechen, es möchte die sichere Thatsache nicht zum Fundament ex- tremer Hypothesen benutzt ‘werden; denn wenn es nun auch gewissist, dass die Nerven sogenannte trophische Funk- tionen im engern Sinne des Wortes ausüben können, so wird dazu doch offenbar ein spezifisches Atom nöthig sein, das sich dem umändernden Einfluss des Nerven fügt; und wenn es auch sicher ist, dass die Speichelabsonde- rung unter dem chemischen Einfluss des Nerven ge- schiebt, so ist es anderweitig sehr wahrscheinlich, dass Nieren, Leber, Hoden, Eierstock, Brustdrüse u. s. w. ohne Zuthun dieser Art von Nervenwirkung ihre che- -mische Funktion erfüllen, und zwar schon aus dem ein- fachen Grunde, weil diese Apparate Tag aus Tag ein in stetligem Gange sich befinden. Analog den Speicheldrü- sen dürften dagegen Thränen-, Schleim -(?) und Magen- saftdrüsen sich verhalten. Wohin die Schweissdrüsen, das Pankreas und andere zu zählen seien, lässt sich nicht einmal vermuthungsweise aussprechen. Oder — 240 — Protokollauszug. Sitzung vom 18. Febr. 1850. 1. Herr Dr. Escher v.d. Linth weist einen Fund von einem Zahne. eines Mastodon turicense aus. Käpf- nach vor nebst einigen daneben aufgefundenen Zahn- wurzeln. 2. Hr. Dr. Giesker zeigt einen Leberegel, disto- mum hepaticum, vor, den er lebend aus der Fusssoble eines Menschen geschnitten. Hr. Prof. Frei erläutert die Entwicklung des distomum durch mehrere Genera- tionen. 3. Hr. Ingenieur Denzler macht mit einer am 28. Jan. auf dem Uetliberg beobachteten Lufterscheinung bekannt und sucht dieselbe durch Refraction zu er- klären. 4. Hr. Obergärtner Regel weist Orchideen vor. Sitzung vom 4. März 1850. Hr. Dr. Amsler hält einen Vortrag über die kli- matologischen Verhältnisse der Polargegenden. Sitzung vom 18. März 1850. 1. Hr. Oberst Pestalozzi weist einen versteiner- ten Zahn eines Haifisches vor, der im Würenloser Stein- bruche gefunden. wurde. 2. . Hr. Ingenieur Denzler hält einen Vortrag über einen Fundamentalsatz der Wahrscheinlichkeitsrechnung. 3. Hr. Prof. Heer zeigt röthlichen Staub vor, der im Ursernthale auf den Schnee niederfiel und bemerkt, dass derselbe sich als vulkanische Asche vom Vesuv zu erkennen gebe. 4. Hr. Prof. v. Deschwanden legt eine Abhand- lung über die Bewegung der Flüssigkeiten vor. MITTHEILUNGEN DER NATURFORSHCENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. ON? ‘55. a - 1850. Jac. Amsler, über die Anwendung von Schwin- gungsbeobachtungen zur Bestimmung der spezifischen Wärme fester Körper bei con= stantem Volumen. (Vorgetragen den 25. November 1850.) Wertheim‘) bestimmte für nachgenannte Metalle aus einer grossen Anzahl sehr sorgfältig angestellter Be- obachtungen die Elasticitätscoelficienten theils nach der Methode der Verlängerung, theils nach der Methode der Schwingungen. Fast ohne Ausnahme lieferte die letztere grössere Werthe, als die erstere. Wertheim schrieb den Unterschied auf Rechnung der durch Gompression frei werdenden Wärme. Unter dieser Vorausselzung suchte er aus der Gombination der beiden Beobachtungsreihen das Verhältniss der spezifischen Wärme bei constantem Druck zur spezifischen Wärme bei constantem Volumen zu berechnen, ganz analog dem von Dulong für die Gase angewendeten Verfahren. Folgende Tabelle enthält die von ihm gefundenen Zahlen: *) Annales de chim. et de phys. T. XI. Band 11. 16 und N y ” “or | | Elasticitätscoefhi- | cienten aus Verlän-jaus Schwin- gerung = qjgungen=gq‘ Blei, gegossen 1775 1993,4 | 1,4417 74,10 gezogen 1803 2278 1,2718 | — 1,14 angelassen 1827,5| 2146 1,4356 | — 1,33 Silber, gezogen 7357,7| 7576 1:0524:) 4,4435 angelassen | 7140,5| 7242 1,2540 1,14 Gold, gezogen | 8131,5| 8599 1,1035 1,96 angelassen | 5584,6] 6372 | 1,2540 | — 7,69 Zink, gegossen 9021 9338 1,0628 | + 1,44 gezogen 8734,51 9555 | 1,1690 4,42 Kupfer,gezogen 12449 12536 1,0158 | 1,07 angelassen | 10519 | 12540 | 1,1595 | — 2,22 Gussstahl, gezg. 19549 19823 10253 1, angelassen | 19561 19828 1,0245 1,14 Stahldraht, 18809 19445 1,0605 1,42 | | angelassen | 17278 19200 1,2001 27,20 Platindraht, 17044 17165 1,0130 1,07 angelassen | 15518 15611 1,0105 1,05 Messing, gezog.| 8543 10163 — 2,31 Krystallglas , 4088,8| 5409,4 — 8,36 Eisen, gezogen | 20869 19903 angelassen | 20794 | 19925 | ine r Die Beobachtungen für Messing und Glas sind ei- ner spätern Abhandlung Wertheims entnommen.‘) Die mit k bezeichnete Golumne enthält die von Wertheim für das Verhältniss der beiden spezifischen Wärmen an- gegebenen Werthe. Er berechnete sie nach der Formel h=18 (£) — 0,8 Er scheint dazu gekommen zu sein durch Anwendung des Poisson’schen Satzes, dass die Schallgeschwindigkeit in einer unbegränzten Masse sich zu der in einem dün- nen Stabe verhält, wie V£ :4. Allein dieser Satz ist, unter Zulassung der Poisson’schen Elasticitätstheo- rie, nur dann richtig, wenn k = 1 gesetzt wird. Die von Wertheim angewendete Formel ist daher falsch. — Wir wollen die strenge Formel entwickeln unter folgen- der allgemeinen Voraussetzung: wenn ein cylindrischer Stab in der Richtung der Axe einen Druck erleidet, AL L ’ der Aenderung der Volumeneinheit, en dem Drucke sind die Veränderungen der Längeneinheit, und proportional, und es findet zwischen ihnen die Relation statt 1 4AL 34 a Pr 3 wo m eine Constante ist. Poisson setzte bekanntlich m = 2 in Uebereinstimmung mit den Versuchen von Cagniard-Latour; Wertheim“) dagegen fand aus eigenen Versuchen m = 3 als wahrscheinlichsten Werth. — *) Annales de chim. et de phys. T. XXIII. *) Ibid. -_— MM = Wir betrachten ein Element, das von zwei auf die Axe senkrechten Ebenen begränzt wird. Seien Il, f, v beziehlich Länge, Querschnitt und Volumen dieses Ele- ments, q der Elasticitätscoefficient, so erzeugt ein in der Richtung der Axe wirkender Druck P eine Volumenän- derung = — ap vorausgesetzt, dass bei der Compres- sion die Temperatur constant erhalten wird. Bleibt aber die Wärmemenge des Elementes unverändert, so ändert sich in Folge der Compression seine Temperatur um t Grade. Bezeichnet « den linearen Ausdehnungscoeffi- cienten, so wird sein Volumen überhaupt die Aenderung Av erfahren, wenn dv Rn 1) en er + 3et Den Zustand des Elementes kann man sich auch so erzeugt denken: erst theill man ihm eine solche Wärme- menge @ mit, dass sein Volumen gerade in v + Zv über- geht. Lässt man nun den Druck P wirken, und ent- zieht gleichzeitig dem Elemente wieder dieselbe Wärme- menge &, so wird sein Volumen nicht weiter verändert. Sei & die specifische Wärme bei constantem Druck, 7 die specifische Wärme bei constantem Volumen, _ die Dichtigkeit, so wird die Mittheilung der Wärme ® eine > @ x Temperaturerhöhung um Fr also eine Volumenände- vo rung 9) Iv _ dan v Eve zur Folge haben. Die Wärmemenge ® wird nun bei constantem Volumen des Elementes entzogen; die Tem- zu = s [) j peratur wird also wieder sinken um Hug Die ganze Temperaturzunahme wird also sein: 3) je 9mbeynyg el; 1 P N eig) Die Längenänderung des Elementes ist P]\ P Fr = gf + al also wird An P n In Imgf (3m Te :) Setzt man 3m ai q 3m.- 1+2 € so ist Bis a q’ Hieraus leitet man nun leicht auf bekannte Weise die Differentialgleichung für die Longitudinalschwingun- gen eines dünnen Stabes ab. Sei x die Entfernung des Elementes v vom Ende des Stabes im Zustande des Gleichgewichtes, x + u seine Entfernung zu einer belie- ‚bigen Zeit $, so erhält man den _ ds? — 246 — V= V« ist bekanntlich die Geschwindigkeit, mit wel- cher der Schall sich im Stabe fortpflanzt, und lässt sich leicht aus der Schwingungsdauer ableiten. Hat man v’ und @ beobachtet, so erhält man q’ = ov'2, was man uneigentlich den aus. Longitudinalschwin- gungen bestimmten Elasticitätscoefhicienten nennt. Auf diese Weise sind die in der Tabelle für q’ angegebenen Werthe bestimmt. Aus dem Ausdrucke für q‘ folgt == m(4) = ee Dieses ist die gesuchte Formel zur Berechnung von (£) Mit Hülfe derselben ergeben die Wertheim’schen Beo- bachtungen fir m =3 die in der Tafel in der mit h bezeichneten Golumne enthaltenen Werthe. Der grösste Theil derselben liegt aber ausser aller Wahrscheinlichkeit, oder ist geradezu unmöglich. Die direkte Beobachtung zeigt nämlich, dass unter gewöhnlichen Verhältnissen durch Compression Wärme frei wird; es muss also (2) positiv und < 1 sein. Die Tabelle zeigt aber mehrere negative Werthe, und darunter gerade für die am sorgfältigsten untersuchten Körper, Messing und Glas. — Für Eisen würde z >41. — Für m = 2 erhält man wenig wahr- scheinlichere Zahlen. Die Ursachen dieses höchst auffallenden Verhaltens verdienen näher untersucht zu werden. An der Zuver- . lässigkeit der Bcodachtungen darf nicht gezweifelt wer- den. — Vielleicht kann eine der folgenden Bemerkungen zur Erklärung führen : 1) Die abgeleitete Formel beruht auf der Voraus- selzung, dass das Element v seine Temperatur nicht än- dert, wenn es beliebigen Kräften unterworfen wird, die seine Form, nicht aber sein Volumen ändern. — Die Richtigkeit dieser, allerdings höchst wahrscheinlichen Annahme, ist noch durch keine Versuche erwiesen. 2) Es ist möglich, dass bei festen Körpern, welche einem einseitigen Drucke unterworfen sind, der Ausdeh- nungscoefficient « in der Richtung des Druckes ein anderer ist, als in einer darauf senkrechten Richtung. 1) Am wahrscheinlichsten dürfte die Annahme sein, dass die durch Verlängerung bestimmten Elasticitätscoel- ficienten, ausser für Eisen, sämmtlich zu klein sind, nämlich in folgendem Sinne: Es ist wahrscheinlich, dass die einer gewissen Anspannung entsprechende Verlänge- rung nicht augenblicklich eintritt (abgesehen von dem Einflusse der Trägheit der Masse). Dass dieses bei der bleibenden Dehnung der Fall ist, ist bekannt; dass es bei vorübergehenden Verlängerungen statt finde, darauf scheinen einzelne Erfahrungen wenigstens hinzudeuten. — Es wird unter dieser Voraussetzung einer bestimm- ten momentanen Verlängerung eine grössere Anspannung entspfechen, als die ist, welche bei längerer Dauer (wie die Bestimmung von q sie immer erfordert) dieselbe Ver- längerung hervorbringen würde. — Ausser beim Eisen könnten so alle, sowohl die negativen als die überwmässig grossen Werthe von h, erklärt werden. Wie dem nun sei, jedenfalls ist aus dem Gesagien so viel klar, dass bei unsrer gegenwärtigen Kenutniss der molecularen Kräfte, Schwingungsbeobachtungen nicht zu einer zuverlässigen Bestimmung des Verhältnisses der beiden spezifischen. Wärmen benutzt werden kön- —_— 48 — nen.‘) Dagegen scheinen sie geeignet, um zu einer ge- nauern Kenntniss der molecularen Kräfte selber zu füh- ren, wenn man jenes Verhältniss anderweitig bestimmt hat. Prof. Raabe. — Zurückführung der Wurzel- form einer algebraischen Gleichung auf die Integration linearer partieller, oder auch eines Systems simultaner gemeiner Differen- zialgleichungen erster Ordnung. (Vorgelegt den 2. December 1850.) 1. Wenn wir die allgemeine Form einer alge- braisch rationalen Gleichung des m-ten Grades folgen- dermassen feststellen: 1) + Ha"? +... mai tm mt, so denken wir uns unter den Coefficienten a;, a2, . ... Am beliebige, von x independente Zahlengrössen, die unter einander in keinerlei gegenseitiger Beziehung stehen. Wenn die m Wurzeln der Gleichung 1) durch x;, X2, X3, -.. Xm repräsentirt werden, so ist bekanntlich irgend einer der Goefficienten in 1), etwa a,, wenn der- selbe noch mit (— 1)* multiplicirt wird, der Summe aller CGombinationen besagter m Wurzeln zur k-ten Klasse, obne Wiederholungen gleich, falls nämlich die *) Natürlich bezieht sich diese Bemerkung nicht auf die von W. Weber in Pogg. Ann. Bd. XX mitgetheilte Methode, weil dort die Schwingungsbeobachtungen nur zur Bestimmung der Spannungs- änderung dienen. —_— 119 — in jeder Combinationsgruppe vorkommenden k Wurzeln, als gegenseitige Faktoren auftreten. ' Dieses vorausgesetzt, stellen wir die Gleichung des (m — 1)-ten Grades, welche mit Ausnahme der einen Wurzel x), wo p aller Werthe von 1 bis m fähig ist, alle übrigen Wurzeln mit der Gleichung 1) gemein hat, durch: Dt HP RT 2 (PER lPImLer + P)n = 0 dar ; so bestehen unter den Coefficienten (Plı».:(P)2» (P)3 - (P)m—ı dieser, und denen a;, a2, 33, .... Am der vorgelegten Gleichung 1) folgende einfache Relationen : a4 = (P)ı — X» a = (pP) - 8,(P)ı ; 2 Fr be gl a ee a ehe a = (P)s — Xp(P)k-1 , An = — Xı(P)n-1; wo die ganze und positive Zahl k aller Werthe von 2 bis m—1 fähig, und wo irgend ein Symbol (p). die Wurzel x, nicht enthält. Aus diesen Relationen in 3) zieht man nach und nach, wenn von der ersten ausgegangen wird, folgende: (p)ı =4+ Xp» (Pe = a + as, + „; 4) fer diese; (P)n-1 = Am-1 + am—2 %) + 3m-3 25 +... nm + x y: geht man hingegen von der letztern unter den Relatio- nen in 3) aus, so gelangt man auf folgende Gleichungen : a (P)nAa= - —, %) a am—i (P)m—2 —— z = ’ x xp p Am am—1 Am —? ee et a u.Ss. W. von welchen wir jedoch im Folgenden keinerlei Gebrauch machen werden. Die hier aufgestellten Ergebnisse setzen stillschwei- gend voraus, dass der Grad der Gleichung 1), oder dass die Zahl m mindestens gleich 2 ist. 2. Irgend eine Wurzel der Gleichung 1), z. B. die Wurzel x;, kann als Function der Coefficienten a;, a3, 23, . » . Am angesehen werden. Denkt man sich in die- ser zwar unbekannten Function eben diese Goefficienten durch die bekannten symmetrischen Functionen der Wur- zeln — wie sie etwa die Gleichungen 3) angeben — er- setzt; so darf die zuerst erwähnte Darstellungsgleichung von x; nach jeder der m Wurzeln für sich, oder par- tiell differenzirt werden. Wird diese partielle Differenziation zuerst nach x; vollzogen, so gelangt man zunächst auf: a6 dxı daı dxı daa dxı da; dxı dam da; dxı daz dsı dassdia "2" a da wenn aber in den Gleichungen 3) p = 1 angenommen wird, so zieht man aus denselben: da _ dag _ das __ ee a a a Sn een d m Burn Mm-1; BE 2 — 3 — folglich geht das vorhergehende partielle Differenziations- ergebniss über in: dxı ‚dar +Mı ”- id ee Arte Fe 5) das ig Wird ferner dieselbe, am Eingange gedachte Bestim- mungsgleichung für x; nach xz partiell differenzirt, so gelangt man, weil x; von x3 unabhängig ist, zunächst auf: dxı day dxı daz dxı das dxı das; daı dxa da dx2 da; dxa T10 dan dx2’ nimmt man in den Relationen 3) p = 2 an, so zieht man aus denselben: das da2 daz r ee El RER dan _ ! = 1; folglich geht das vorhergehende partielle Differenziations- ergebniss über in: n dxı dsı dxı dx. 6) dar Es (2)ı das == ( 2)2 di — (mi da —ı. Wird weiter dieselbe gedachte Bestimmungsgleichung nach x3 partiell differenzirt, so gelangt man ähnlich wie zu den eben aufgestellten auf die folgende Gleichung: d d ) + 9147 — + Sa er Gn-ı 2 —0. Wenn in dieser Weise ER wird, so gelangt man zuletzt auf das partielle Differenziationsergebniss nach xm , welches Er; Form ist: dxı dxı 8) => 4 (m). + (m). - (mM)m-— Fr ds _g, - 92 — Multplicirt man ‚diese durch partielle Differenziationen nach x, 29,35. .. Am I0.5)..6), ZI, SuSE) au stellten Ergebnisse nach der Ordnung ihrer Folge mit h h h X Hr, Jul u und stellt hierauf ihre Summe her, so stellt sich Dt Summenergebniss heraus : Fi dxı 1b dp daR e. se = (Pıx pP ‚? | x En = (P)m — = Sy = wo die angedeuteten NT über alle ganzen Zahlenwerthe von 1 bis m sich erstrecken. und wo wir unter h irgend eine ganze Zahl, Null mitbegriffen, ver- stehen. Ersetzt man hier die Symbole (p)ı. (P)z> - - - (PJm-1 gemäss den Gleichungen 4), und führt folgende abkür- zende Bezeichniung ein: » 9) seit tn.oh so stellt sich das zuletzt gewonnene Summenergebniss folgendermassen dar: dxı Sn dar S dxı + (Gr 48) m 's s „5 Fa, ra, ee, kart ee + a Sm 2: dm? Sn +1 4, a3mii S,) ‚dx ee h m wo der geringste Werth von m, wie schon erwähnt ward, gleich 2 ist, wo aber h aller ganzen, posiliven wie negativen Werthe, wie auch des Nullwerthes fähig ist. — Bekanntlich ist S, , falls A irgend eine ganze Zahl, Null mitbegriffen, ist, durch die Coefficienten wie durch die Gradzahl m der Gleichung 1) darstellbar; daher haben wir in l. eine lineare partielle Differenzialgleichung zwi- schen der Wurzel x;, als der relativen Variable, und den Coefficienten a;, ag, . . . Am der Gleichung 1), als den absoluten Variabeln, gewonnen, die von nicht unbedeu- tendem Werthe bei der Bestimmung: der Wurzelform einer Gleichung des m-ten Grades unzweifelhaft ist. Wird ferner die oben angedeutete Willkührlichkeit der Zahl h in Betracht gezogen, so nimmt man weiter die unendliche Mannigfaltigkeit dieser aus I. zu ziehenden linearen par- tiellen Differenzialgleichungen ab; von denen jedoch, wie sich von selbst versteht, bloss m unter einander wesent- lich verschiedene sein werden. 3. Ehe wir zu einer nähern Discussion der par- tiellen Differenzialgleichung in I. übergehen, theilen wir die bekannten Relationen mit, die zur Bestimmung von S, aus Gleichung 9) führen, Erstens hat man, wie aus Gleichung 9) unmittelbar entnommen wird: 10) 5 =m. Zweitens besteht für alle ganzen und positiven _ Werthe von r =1 bis r = m die Recursion: 1) Ss ta Sa, ara 7 +...2-18, +07, =. Br a RE Drittens hat man für alle ganzen Werthe von r die Recursion: 12) S au/k. 0% ANPERNE +2%2S, 9t:.- m =, m-+r 1 +r— die, wenn r positiv gedacht wird, als Ergänzung von 11) zur Bestimmung von S,, falls A ganz und positiv, anzu- sehen ist. Viertens zieht man aus 12), wenn r negativ und ganz, aber numerisch kleiner oder höchstens gleich m ist, mit Zuziehung der Gleichungen 10) und 11), folgende Recursion: 13) au S_, + Am-ı 8 +4. An-rH4i SD + Tam-r =. —r+1 Fünftens wird ebenfalls aus 12), wenn r durch — m — rerseizt wird, folgende Recursion gezogen: 15) Am S_ nt Ami S_ —m nrid + am—2S_ m—-r+2 + ER +Ss_,=0, die mit der vorhergehenden vereint, zur Bestimmung von S_, für alle ganzen und positiven Werthe von A gebraucht werden kann. 4. Wird nun in der allgemeinen linearen partiellen Differenzialgleichung I. die Annahme h = 0 gemacht, so nimmt solche beachtend die Gleichungen 10) und 11) vorangehender Nr. folgende höchst einfache Form an: dsı 1 SU an era = 5) m da +(m — 1) a Ar +(m - 9) 2% dsı das ee da, | 25 — Integrirt man diese nach der von Lagrange herrühren- den Verfahrungsweise, welche ich in Nr. 567 meiner Integralrechnung ebenfalls mitgetheilt habe, so gelangt man mit ÜUebergehung aller Zwischenrechnungen auf folgende Integralgleichung: 16) > 4 + o(bı, be, bs, .- . bm—1), wo das zweite Glied rechterhand vom Gleichheitszeichen eine willkührliche Function der m — 1 Grössen b;, bs, b3, .. . bn-ı vorstellt, die wir in der Folge einfach durch p darstellen werden. Betreffend die Grössen b,, bz, b3, .. . bm-ı, hängen solche von den Coefficienten der vorgelegten Gleichung 1) in der Weise ab, dass wenn k einen der Zeiger 1, 2,3,...m— 1 vorstellt, die Grösse b« durch folgende Gleichung gegeben ist: 17) k = a4 % ar » ‘) a ir Fe re ee Ele le wo ein Symbol wie (k) den Coefficienten von x* in der Entwickelung des Binoms (1 + x)P vorstellt. Dieses Ergebniss in 16) erledigt zum Theil die am Eingange in Nr. 2 angeregte Frage, welche die Darstel- lung einer Wurzel x; der in Rede stehenden algebrai- schen Gleichung, als Function ihrer m Coefficienten a;, a2, =. . Am verlängt. Wir ersehen nämlich aus diesem Ergebnisse, dass besagte Wurzel von einer Function @ noch abhängig ist, die bloss die m — 1 Argumente b,, b2,... bm_4 involvirt, deren allgemeiner Repräsentant durch b; in Gleichung 17) ‚gegeben ist. Ueberdiess neh- men wir aus demselben Ergebnisse in 16) ab, dass das 6 bei den Gleichungen zweiten, dritten und vierten Gra- des übliche Verfahren, das zweite Glied, ehe zu deren Lösung geschritten wird, wegzuschaffen, allgemein bei jeder Gleichung zu befolgen sei, worauf namentlich das a a. . HT Glied — = in Gleichung 16) hinweist. Ersetzt man näm- lich in der vorgelegten m gradigen Gleichung 1) die Un- a bekannte x durch — = + 9, so erhält man in Bezug auf @ abermals eine Gleichung m-ten Grades, in der das zweite Glied fehlt, und in der die Coeflicienten der üb- rigen Glieder genau die durch b;, be, ... . bn-ı vorge- stellten Grössen sind; daher auch der Werth von eine Function dieser m — 1 Argumente sein mass. 5. Die allgemeine partielle Differenzialgleichung T. sind wir nun mittelst des Ergebnisses in 16) in eine ana- loge umzubilden im Stande, in der @ die relative Va- riable, und die m — 1 Argumente bj, ba, .. . bn-ı die absoluten Variabeln vorstellen. Man wird zu diesem Zwecke die partiellen Differen- zialquotienten von x; nach ay, a2, .... am aus 16) ziehen; so z. B. wird man: dx d m—3 m-—3 d ey TR Ye „apa 08 Sie a nr finden, wo man Kürze halber « statt - gesetzt hat. Diese Bestimmung, wie die der übrigen partiellen Differenzial- quotienten, die man in ähnlicher Weise aus 16) ziehen kann, ‘wird man in die allgemeine partielle Differenzial- gleichung I. einführen, und hierauf die Grössen ag, a3, . Am der allgemeinen Gleichung 17) gemäss als Func- tionen von by, ba, : . . bm-ı und « erselzen. (Schluss folgt in nächster Nummer.) MITTHEILUNGEN DER NATURFORSHCENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. ON 56. Arne: 1850. Prof. Raabe, — Zurückführung der Wurzel- form einer algebraischen Gleichung auf die Integration linearer partieller, oder auch eines Systems simultaner gemeiner Differen- zialglelehungen erster Ordnung. (Schluss.) Auf diesem Wege gelangt man zur partiellen Diffe- renzialgleichung, die p als Function von b,, ba, ... bn-ı darzubieten hat. Da aber in dieser Endgleichung die E at Grösse & oder = nicht mehr vorkommen darf; so kann die erwähnte Umbildung um ein Bedeutendes vereinfacht werden, wenn, nachdem ähnlich wie vorhin sämmtliche partielle Differenzialquotienten von x; hergestellt worden sind, die in denselben explicite noch vorkommende Grösse «& durch irgend einen constanten, gegenwärtig durch den r - > d Nullwerth ersetzt wird. — Diesem nach wird man statt . N den Ausdruck : | 1 -2 d -k d -1+(", Ks RR ) ger Band 11. 2 — 8 — wie statt der parliellen Differenzialquotienten : as di, du das u das wi ir aday bezüglich folgende: Bi... IE dr db’ „die db; in die allgemeine partielle Differenzialgleichung I. einzu- führen, und, nachdem solches geschehen, die Grössen a4, 29, 33, ... 4m bezüglich durch 0, bi, ba, ... bm-ı zu ersetzen haben. Dieses Alles ausgeführt, gelangt man auf folgende lineare partielle Differenzialgleichung : “ dp h+1 dbı ‘ 2 .\ dp a N S. ih. ‘ ‘ ‘ 4 ‘ d angegangen, Dollar Te md dp ea Fr m a) wo wir unter S, den Werth von S, verstehen, wenn man in dieser a4, a2, 33, . . . Am bezüglich durch 0, bi, ba, . » . bm—ı ersetzt. — 159 — Der kleinste Werth von m ist hier noch immer gleich 2; die Zahl h endlich ist hier nur angebbarer ganzer Werthe fähig, weil bei der Annahme h = 0 die eben gewonnene partielle Differenzialgleichung in die Identität 0 = 0 übergeht. ‘6. Bedenkt man, dass gegenwärtig folgende Glei- chungen bestehen: ‘ 4 ‘ 4 sn s, =, ,+2b=0, Ss, +3b=0, wie für alle Werthe vonr=4 bis r=m folgende Bestand hat: « # 9+bS a De ee S, +bS r—3 t—3 2 1 r so geht die allgemeine partielle Differenzialgleichung in Il. bei der Annahme h = 0 in folgende über: 18) 2b, A + 3bz en + 4b; A Hr ji mon = Diese lineare partielle Differenzialgleichung integrirt, er- hält man die Bestimmung: 19) po=T!bı . pa, &, %,-.:Cm-2)» wo 9‘ eine auf die Grössen c4, c2, . ,. Cm-2 bezügliche willkührliche Function bedeutet, die wir in der Folge einfach durch @’ andeuten werden. Betreffend diese neu eingeführten Grössen c4, €2, . - . Cm—2 hat man, wenn k einen der Werthe 1, 2, 3,...m-— 2 vorstellt, die allgemeine Gleichung: br +4 20) pE En 1 Dieses Ergebniss in 19) führt die Eingangs Nr. 2 — 260 — angeregte Frage wieder einen Schritt näher der Erledi- gung zu. Mittelst desselben geht nämlich Gleichung 16) in folgende über: a — 16°) u=-n+ Ybı . plc, c@, &, -.-Cm—2), aus.der entnommen wird, dass die Bestimmung von x; nur noch von der Ermittelung einer Function 9’ abhän- gig ist, die lediglich noch die m — 2 Argumente c;, c9, . Cm 2 Implicirt. Anmerkung. In dem besondern Falle, wom = 2 ist, stellt die hier eingeführte Function 9° nur noch eine Zahlenconstanle vor, d. h. wenn xı eine Wurzel der Gleichung des zweiten Gra- des x° + 4x + a2 — 0 ist, hat man nach 16): u a Dr Fee ul ztreib= term ’ wo c die besagte Zahlenconstante ist. Führt man diese Bestlim- mung der Wurzel in die vorgelegte Gleichung zweilen Grades ein, so gelangt man auf ce? + 1 = 0; und wenn diese Gleichung aufgelöst, und das Ergebniss von ce in ‘den vorigen Werth von xı eingefübrt wird, so gelangt man auf die bekannten Wurzel- formen einer Gleichung zweiten Grades. 7. Nach der unmittelbar vorher mitgetheilten Be- merkung dürfen wir die Annahme m = 2 nunmehr aus- schliessen; so dass in der noch mitzutheilenden Umbil- dung der partiellen Differenzialgleichung N. ‚der kleinste Zahlenwerth von m gleich 3 anzunehmen ist. Behufs dieser Umbildung , die uns zur Bestimmung von @' abermals eine lineare partielle Differentialgleichung darbieten wird, ziehen wir aus 19) die partiellen Diffe- renzialquolienten von p nach by, ba, ... . bm—ı, wobei wir auf folgende Gleichungen geführt werden: dp 1 h; dp dp‘ dp‘ — m —— 3-9' — 34 — 4 do ...,= Memr ——— 21) dbı Ybı BR deı dez dem — 2) BL rt ze db, bk dek-i wo k die Zahlen 2, 3, 4,...m-—.1 vorstellt. Führt man diese Bestimmungen, wie die von aus 19) in II. ein, so gelangt man auf eine Bestimmungs- gleichung der Function 9‘; nun hängt diese lediglich von den neu eingeführten Argumenten cı, €, ... &m-2 ab; — daher darf die in der besagten Bestimmungsglei- chung explicite noch vorkommende Grösse b; durch jed- weden constanten Zahlenwerth, im vorliegenden Fall am bequemsten durch die reelle positive Einheit ersetzt wer- dp den. Diesem nach wird man statt — den Ausdruck setzen : db, ce dg dp’ y e Yin 3 de er ; do’ on : L, I durch 2Y ci au, 76 (vnk=2bisk=m- 1) und die Argumente b;, b>, b3, ... bn-ı bezüglich durch 1, Ye, Ye, - - » Ycm_2 zu ersetzen haben. Nimmt man alle diese Abänderungen mit der par- tiellen Differenzialgleichung II. vor, so gelangt man zur Bestimmung von 9%’ auf folgende lineare. partielle Diffe- renzialgleichung : ra dp‘ — dp‘ In. Aı Ya dcı + As Ya a, + Yo m u = dp’ 1 u 1 u 1 FAZ ui, en, im _ En + ı 9‘ = 39" _ wo zur Vereinfachung der Darstellung die Gleichungen festgestellt worden sind : — 262 — u R Te a a=s42-5farı todo u — u er, 2-4, +1 -2 1), ı + fa Ss und für alle ganzen Werthe vonk =3 bsk=m— 2 besteht folgende Gleichung: «= rı # Sr +Ya SHıa-at. k+2 53, + (x Fa —\ u k+1,-—— Ye“) Hr + — Yax-1 S, In allen diesen Gleichungen stellt S, den Werth von & dar, wenn in dieser die Argumente b;. ba, b3,.. bu—1ı bezüglich durch 1, Ye, Yc2, - . - Yem_. ersetzt werden; der kleinste Werth der hier auftretenden ganzen Zahl m ist 3; die Zahl h endlich ist mit Ausnahme des Null- werthes wie der positiven Einheit, für welche Werthe die Gleichung III. auf Identitäten führt, aller übrigen ganzen Zahlenwerthe fähig. Schliesslich bemerke ich noch, dass dort, wo man bei einer speciellen Verfügung über m oder h auf c, geführt wird, diese durch die reelle positive Einheit, wie jedes c_, durch die Null zu ersetzen ist. Anmerkung. Die partielle Differenzialgleichung Il. ist es, auf die ich bis jetzt gelangen konnte; ihre integralion ver- langt, wie bekannt, die vollständige Inlegralion eines Syslems m — 2 simultaner gemeiner Differenzialgleichungen, welches Endziel ich jedoch bis jetzt vergebens angestrebt habe. — 163 — Hr. Bremi. — Ueber eine besondere Entwick- lung von Kartoffeln. (Vorgetragsn den 7. Oklober 1850.) Die folgende Entwicklungsweise junger Erdäpfel scheint merkwürdig und neu, und daher der Erwähnung werth. Unter einem Haufen vorjähriger Kartoffeln, welche im Keller aufbewahrt wurden, alle ganz gesund waren, und mässig lange Keime trieben, fanden sich im Anfang Septembers zwei Stücke, welche keine Keime trugen, aber zerborsten waren, und aus deren Innerm sich junge Kartoffeln zwischen den klaffenden Theilen hervordräng- ten. Dabei scheint der Umstand noch besonders beach- tenswerth: dass von den Kartoffeln eine angesteckt war, während, wie schon erwähnt, alle alten, auch die Mut- terkartoffeln, sich vollkommen gesund zeigten. Folgende Umstände müssen wohl bei Erklärung die- ser ganz abnormen Entwicklung in Berücksichtigung fallen, 1. Die häufigen Regen, die im Mai und Juni fie- len, hatten ihren Einfluss, in Verbindung mit dem star- ken Trieb von unten her, auf sehr mannigfaltige Weise an verschiedenen wilden und Kultur-Pflanzen ausgeprägt; wenigstens glaube ich die ungewöhulich häufige, besun- ders an den südwestlichen Abhängen der Berge weit ' verbreitete Entwickelung gewisser zweifelhafter parasiti- scher Pilzformen diesen Verhältnissen zuschreiben zu dürfen. Eine dieser verschiedenen Entwicklungen ist beson- ders auffallend, und in Zürich bisdahin noch niemals beobachtet worden; sie zeigte sich auf Linden, vorzugs- weise in der Umgebung des Schlössli auf dem Zürich- berg, und sebeint mit Zuversicht als ein bloss krankhaf- tes Luxuriren der Haare erklärt werden zu müssen, weil auch oft und zu verschiedenen Zeiten wiederholte Un- tersuchung mit dem Microscop keine Spur von Insek* tenbrut oder Eriophyes (nach Siebold) nachwies. 2. Als dann nach dem langen Regenwetter trockne Wärme eingetreten war, tauchten an den Ostabhängen des Uto an den Blättern verschiedener Bäume und Ge- büsche, vorzüglich der Galophytaceen, in ebenso unge- wöhnlicher Häufigkeit, andere protomyceische Missbil- dungen auf. 3. Und endlich als nach wiederhelt vielem Regen im August anhaltende Nordostwinde die Luft und Erde in hohem Grade austrockneten, luxurirten wieder Schim- melkeimer und verwandte Gebilde der niedrigen Pilzfor- men und Schwämme auf den absterbenden Blättern in solcher Menge, dass stellenweise die Gebüsche wie mit Mehl bestreut erschienen. An diese Momente zur Charakteristik der Pflanzen- entwickelung dieses Jahres in meteorologischer Beziehung schliessen sich noch einige aus der Insektenwelt an, und zwar in gleicher Weise, nur aus der Entwickinng der phytophagischen Insekten, 4. Bekanntlich war dieses Jahr im Allgemeinen sehr — ja ausgezeichnet arm an Insekten, von der Thalsohle bis an die Schneelinie; nur einzelne Familien von Insek- ten, mit wenigen Arten, sind nicht nur sehr häufig, sondern in ungeheurer Menge aufgetreten; und diese waren vorzugsweise einige blattminirende kleine Rüs- selkäfer, und blatminirende kleine Schmetterlinge. Es kann sich Jeder davon überzeugen , der mit Auf- merksamkeit die Weidengebüsche bei der Kantonsschule — 205 — betrachtet; wo man Mühe hat, nur einzelne nicht von Minen besetzte Blätter aufzufinden. — Ebenso ist an Waldsäumen auf Erlen kaum ein freies Blatt zu finden, an dem sich nicht die Minen der Lithocolletis Rajella zeigen, während an Apfel- und Kirschbäumen alles mit den geschlängelten Gängen der Phyllocnistis suffusella besetzt ist. Ueber die vielen und merkwürdigen Produktio- nen von Pflanzen, welche von den oben erwähnten Eriophyes herkommen sollen, später umständlichere Mit- theilungen. Hr. Erni. — Aus einem Briefe, datirt NWew-Haven 9. August 1850. (Mitgetheilt den 7. October 1850) ». 0... Ich besitze unter den Rhus-arten alle Spe- eies bis auf eine. Die gifligste Art ist Rhus venenata (Poison Sumach). Das gewöhnliche Volk nennt diese Art (und auch einige Arten von Gornus) Dogwood. Ebenso wird auch die weniger giftige Spec. Toxicodendron (Poi- son Joy) bisweilen bezeichnet. Die Leute verwechseln eine Menge ganz unschuldiger Pilanzen damit. Ick konnte in Lavell nie klug werden, welche Pflanzen eigentlich die giftigen wären, obschon ich dort mir alle Mühe gab, sie zu finden, und ich mehrere Fabrikarbeiter mit ganz aufgeschwollenen und* wie zerkratzten Gesichtern sah, die mir sagten, dass sie beim blossen Spazieren _ durch Gehölze vergiftet worden seien. Die Geschichte _ wird dann so vergrössert, dass man öfters keck behaup- ten hört, man könne beim Berühren der Pflanzen tödt- — 356 — lich erkranken oder lahm. werden. Diesen Sommer bin ich hier mit einem Arzte bekannt geworden, der die Flora von Neu-England genau kennt; dessen Hände wa- ren bei einem Besuche, den er mir abstatlete, wie mit einer Art Flechte bedeckt, indem die Haut sich stellen- weise in Schuppen ablöste. Er erzählte mir, dass er ca. 1 Woche vorher von der in einem nassen Sumpfe wachsenden Rhus venenata vergiftet worden sei und zwar beim blossen Vorbeispazieren; er bemerkte ein starkes Brennen und Kitzeln mit Entzündungen der Haut beglei- tet; beim Berühren werden viele Personen so affızirt,, dass ihr Gesicht durch Entzündung aufschwelle und sie für mehrere Tage zu sehen unfähig mache. Prof. N.,... der gegenwärtig war, führte an, dass er beim zufälligen Berühren von Rhus Taxicodendron so aufgeschwollene Hände gekriegt habe, dass er ca. 10 Tage keinen Ge- brauch von seinen Fingern habe machen können. Auf meinen Wunsch hin führte er mich durch das Gehölz, wo er vergiftet worden; bald fanden wir Rhus Taxico- dendron in ungebeuren Mengen, entweder an Bäumen sich aufklammernd, oder sich am Boden ca. 2 Fuss er- hebend (Kinder, die barfuss gehen, sollen besonders oft böse Füsse davon erhalten). Da ich nun wusste, dass ich bei nachtheiligem Einfluss — gewöhnlich. ıritt derselbe nach 2—3 Tagen ein — höchstens einige Tage unfrei- willigen Zimmerarrest zu befürchten hatte, so sammelte ich getrost viele Specimens. Bald kamen wir dann an den Rand eines Sumpfes, wo mein Begleiter höchst ehr- erbietig stehen blieb, und» mir die Stelle zeigte, wo Rhus venenata baumartig auf 20 —25 Fuss Höhe sich erhob. Er gab mir den Rath, keinen Zweig zu brechen; aber ich beabsichtigte mich vergiften zu lassen, um die Wirkung durch eigene Erfahrung zu kennen, brach — 23167 — daher 3 Zweige, um sie zu trocknen, und rieb absicht- lich die Hände mit den federartigen Blättern. Ich habe dadurch aber nicht den geringsten Effekt empfunden, bin also eine der wenigen Personen, ‘die ungestraft die Pflanze berühren können. Von beiden Arten habe ich Exemplare getrocknet. Auf einer spätern Excursion mit dem Sohn eines Professors trafen wir einen Baumstamm ganz bekränzt mit Rhus Taxicodendron; ich lief bin und riss viele Stücke davon herunter, während mein Gefährte versicherte, dass er mir um vieles Geld nicht die Hand reichen würde, indem er, als eine für das Gift sehr em- pfindliche Person, sicherlich Wochen lang darunter zu leiden hätte und ihm Hände und Gesicht aufschwellen würden. Die hier vorkommende Species von Asclepias und die merkwürdige Saracena purpurea habe ich in vielen Exemplaren gesammelt. . .. Das Stinkthier (Mephitis americana) riecht man oft Meilen weit, zu Gesicht ist mir noch keines gekommen, denn gemein ist dasselbe nur auf dem Lande. Der Ge- ruch ist nicht zu beschreiben. Farmers Söhne im hie- sigen Laboratorium versichern mich, dass man die im geringsten bespritzten Kleider entweder möglichst schnell abwerfen oder Monate lang vergraben müsse, um des Geruches, der unausstehlich sein soll, los zu werden. Trotz Baden und Waschen solle der Körper einige Tage darnach riecheu und man darf sich nicht unter die Ge- sellschaft mischen. Wenn die stinkende Flüssigkeit nahe an einem Hause vergossen worden, soll Silbergeschirr schwarz werden, was einen Gehalt an Schwefel (der ja gewöhnlich einen Bestandtheil übelriechender und eigen- thümlicher organischer Verbindungen ausmacht) anzeigt. In Alabama {Tenesse Counti im Staate New-York) sind mehrere Quellen entdeckt worden, die eine unge- — 1568 — heure Menge stark mit freier Schwefelsäure gesäuerten Wassers liefern. Das Wasser schmeckt wie Essig, die Zähne angreifend. Meine Analyse von einer Quelle gab auf 1000 Theile Wasser 4,6844 Salze und freie Schwe- felsäure, nämlich: Freie SO; 2,0216 Schwefelsäure. FO. SO; 0,4356 Eisenvitriol. Ca. 0. SO; 1,1065 Gyps. Mg. O0. SO; 0,4592 Bittersalz. Al. 05.3 SO; 0,3702 Schwefels. Al. KO SO; 0,1061 Schwefels. Kali. Na. ©. SO; 0,1196 Schwefels. Natr. Li. O3 0,0656 Kieselerde. ; org. Bestdthl. Spuren Wasser 995,3156 Summa ... 1000 H. H. Denzler „ Ingenieur. — Ueber die Höhen- lage und das Klima des Ober-Engadins. (Vorgetragen den 6. Jan. 1851.) Das Engadin ist ein 18 Stunden (zu 4800 Meter) langes Hochthal in der Mitte des Alpengebirgs und zeich- net sich vor andern Alpenthälern durch seine Meeres- höhe und das Emporrücken der Pflanzenwelt aus. Die höhere Abitheilung desselben, das Ober-Engadin, ein 8 Stunden langes, beinahe ebenes, in der Richtung der Centralalpen streichendes Thal, liegt zwischen 5000‘ und 5630‘ absoluter Höhe und enthält 10 grosse Dörfer und 11 kleinere Ortschaften. Das ganze Engadin hat nur zwei, beziehungsweise niedrige Zugänge, nämlich die u Verbindung mit dem nördlichen Tyrol durch den Inn, bei Martinsbruck 3137‘ hoch, und den sogenannten Ma-. lojapass (5630’), eine Felsenschwelle, die steil ins Thal der Maira (Bergell) abfällt und die Verbindung mit dem Comersee vermittelt. Dagegen begleiten hohe Gebirgs- züge das Thal zu beiden Seiten und diese werden von verhältnissmässig sehr hohen Pässen durchsetzt. Der niedrigste Uebergang in der Südkette, der Berninapass, liegt noch 6864‘, der niedrigste in der Nordkette, der Julierpass, 7031‘ über dem Meere, heide also weit hö- her, als der Simplon, St. Gotthard, Lukmanier, Bern- hardin und Splügen in der westlichen Centralkette der Alpen, die ungefähr auf eine dem Engadin gleichkom- mende Länge vertheilt sind. Ueberhaupt ist das Ver- hältniss der mittlern Passhöhen zu den mittlern Gipfel- höhen im Engadin weit stärker, als in der ganzen Al- penkette vom Montblank bis zum Orteler, wie nachste- hende, sorgfältig berechnete Uebersicht) zeigt: Pässe = Gipfel = Verhältniss : Montblank-Monterosa: 9150 12180° 1:1.33 Monterosa-P. Camona?): 7460° 10270° 1: 1.38 P. Camona-P. Lungin3): 7480° 10160 11.36 M. d. Oro-Orteler: 7970° 10380° 1: 1.30 Allgemeines Mittel: 7900° 10380° 1:14.30 P. Lungin-Muttler ‘): 7970' 9880° 1:1.14 P. Ciumbraida-P. Lat5): 7450‘ 9180° 1:1.23 1) Trigonomelrische und geometrische Höhenbestimmungen der Eidg. Vermessung (gröstentheils noch nicht publizirt) und Höhen der Schweiz von Durheim , Bern 1850 5.9 ‚Oestlich vom Lukmanier und nördlich vom Vogelberg. 3) Oestlich vom Seplimer. *) Nördlich von Schleins im Unter- Engadin. ’) Der erste liegt westlich vom Braglio oder Umbrail, der zweite westlich von den Queilseen der Eitsch. [23 a — In relativem Sinne sind also die Gebirgspässe des Engadins bei weitem höher als die westlichen bis zum Montblank, absolut: genommen stehen sie einzig denen der Abtheilung Montblank-Monterosa nach, und sogar die zerrissene Kette des Münsterthals und Unter-Enga- dins (P. Ciumbraida-P. Lat) wetteifert in den Passhöhen mit der westlichen Gentralkette. — Bemerkenswerth sind auch die Eigenthümlichkeiten zweier Pässe im Ober- Engadin. Die beiden Seen auf dem Höhenpunkte des Berninapasses, der L. Nero und der L. Bianco, stehen miteinander in Verbindung, bilden also eine natürliche Wasserverbindung (Bifurkation) zwischen Inn und Adda, d. h. Donau und Poo. Ebenso sind die Seen auf der Passhöhe zwischen v. Tuors hinter Bergün und v. Sul- sanna ob Cinuscel, die Lais da Raveischg (7958°), un- ter sich verbunden und bilden dadurch eine Bifurkation zwischen Inn und Albula,- d. bh. Donau und Rhein. Die massenhafte Erhebung der östlichen CGentralal- pen ergibt sich schon aus diesen Zahlen, sie wird aber noch anschaulicher, wenn man das Hochland in flächli- cher Beziehung ins Auge fasst. Die mittlere Höhe der schweizerischen Hochthäler darf auf 1200 Meter (3694‘) gesetzt werden, während die der Pässe 2400, der Gipfel fast 3600, des Scheitelpunktes (Montblank) 4800 Meter beträgt. Wird nun auf einer guten Karte des Alpenge- birgs alles Land, das über 2400 Meter Meereshöhe hat, mittelst Farbenton ausgeschieden, so entstehen Berggrup- pen, die bei den niedrigsten Pässen nur durch schmale Bänder miteinander verbunden sind, oder die als Inseln auftreten. Als grösste Gruppe erkennt man auf den er- sten Blick die der Berninakette und in ihrer Mitte liegt das Engadin. Hier hat also die Reaktion des Erdinnern gegen seine Rinde ihr Maximum in flächlicher Ausdeh- - Mm = nung erreicht, während sie vom Montblank bis zum Monterosa ein solches mehr in linearem Sinne zeigt. Nachstehende Zahlen über die Flächen der zwischen dem Kleinen, St. Bernhard einerseits, dem Arlberg und den Quellseen der Etsch anderseits liegenden Gruppen mögen die Vertheilung derselben andeuten. Diese Zahlen sind schon vor vielen Jahren ermittelt worden und können desshalb keinen Anspruch auf Genauigkeit, aber jeden- falls auf Massgeblichkeit machen. Uebersicht des schweizerischen Hochlandes über 1200 Meter Meereshöhe. Deutsche Geviertmeilen. Scheitelpunkt. Bernina - Gruppe 95 P. Mortiratsch 12475‘ Monterosa “ 45 Monterosa 14220‘ Montblank , 30 Montblank 14810’ St.Gotthard ,„ 25 Gallenstock 11329' (?) 0. Berneralp. „ 20 Finsteraarhorn 13160‘ W. a 5 18 Wildhorn 10063° Adula y 18 Vogelberg 10280’ (?) Dödi y» 14 Dödi 11152' Rothhorn Mr 8 Brzr. Rothhorn 7238‘ M. Leone jr 7 M. Leone 10830° (?) Titlis > 6 Titlis 9970' Glärnisch & 4 Glärnisch 8975‘ Säntis . 3 Säntis 7709‘ Branleire 3 2 Branleire 7265’ - Kleinere Gruppen 4 Von den 300 Geviertmeilen des schweizerischen Hochlandes über 1200 Meter Meereshöhe nimmt somit die Berninagruppe beinahe den dritten Theil ein, die nächstgrösste nur etwa den siebenten und die beiden — 272 — nächstgrössten bloss den vierten Theil. Diese massige Erhebung hat sowol dem Davos als dem Engadin die abnormen Flussthalprofile nnd die merkwürdigen Fels- schwellen an deren obern Enden verschafft. Während nämlich die Alpengewässer so zu sagen ohne Ausnahme in der Nähe ihres Ursprungs das stärkste Gefälle besi- tzen und dasselbe dann allmälig abnimmt, ist umgekehrt das Längenprofil des Inn von der Maloja bis Martins- bruck über die, beide Endpunkte verbindende gerade Linie aufgebaucht, und zwar bei Sils um 40°, beim St. Moritzer See um 290‘, bei der Vereinigung des Inn mit dem Flatz 230°, bei Scanfs 400’, bei Cernetz 220’, und bei Lavin 150‘. Unterhalb Tarasp fällt endlich das Fluss- profil sehr nahe mit der angenommenen geraden Linie zusammen. Nachstehende Uebersicht zeigt, wie mannig- falig und seltsam das Gefälle des Inn im Engadin wech- selt, und es können die angegebenen Werthe, die der eidgen. Vermessung zu verdanken sind, als sehr ange- nähert betrachtet werden. Gefälle des Inn im Fngadin. Maloja bis St. Moritzersee = 343 p. mille auf 3'/; St. Länge. St. Moritzer Seeb.Flatzmündung =32 - - na - Flatzmündung bis Scanfs =syh- - -3 - - Scanfs bis Cernetz —ı EV - 2% - - Cernetz bis Lavin — ER - Due - Lavin bis Schuls —=1M% - - 3 2 # Schuls bis Ramüs 1% - RN OR, 1 Remüs bis Martinsbruck — 10 - - 1a: - r Mittleres Gefälle des Inu —= 9%, p. mille auf 18 St. Länge. (Fortsetzung folgt in nächster Nummer.) MITTHEILUNGEN DER NATURFORSHECENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. N? 54. aib. Faus, ı 1851. H. H. Denzier „ Ingenieur. — Ueber die Höhen- lage und das Klima des Ober-Engadins. (Fortselzung.) Das ausserordentlich geringe Gefälle des Inn im Ober-Engadin, d. h. von der Maloja bis unterhalb Scanfs, im Durchschnitt nicht völlig 8 per mille, erklärt die auf- fallende mittlere Höhe dieser 8 Stunden langen Thal- strecke. Dieselbe beträgt nämlich, im Thalweg des Inn gemessen, 5310‘ und sinkt am untern Ende nicht ganz auf 4700‘ Meereshöhe hinab, während die mittlere Höhe des Innprofils im Unter-Engadin (auf 10 Stunden Län- generstreckung) nur 3880‘ erreicht und zwischen 4700 ‘ und 3110‘ Meereshöhe fällt. Das ganze Engadin hat demnach 4550° mittlere Höhe und liegt mit Ausnahme eines bloss 2 Stunden langen und äusserst schmalen Streifens der Thalsohle von Schuls bis Martinsbruck über der Höhe von 1200 Meter (Schuls, bei der Kirche, 3725’), die als mittlere der schweizerischen Hochthäler betrach- tet werden darf. — In obiger Gefällsübersicht ist mit Bezug auf das Ober-Engadin noch das starke Gefälle des Inn unterhalb des St. Morizer Sees der Beachtung werth. - Der Inn fällt dort über eine Felsschwelle von etwa 150° Höhe hinunter, wovon etwa die Hälfte auf einen schö- Band 11. 18 _— 74 — nen Wasserfall zu rechnen sein wird. Diese Schwelle trennt die Seeterrasse des Ober-Engadins, in der sieben grössere und kleinere Seen liegen, von seinem Geschie- begebiete. Die mittlere Höhe der Seeterrasse beträgt 5520‘, d. h. nur 20° weniger als die Höhe des Rigi- kulm; das Geschiebgebiet zeigt eine mittlere Höhe von 5090‘. Der Flatzbach und die wilden Gewässer der Thäler auf der Südseite, namentlich des V. Chiamuera bei Campogaschg, haben durch den Gletscherschutt und andere aufgelöste oder mitgerissene Theile, die ihnen fast immer in grossen Massen beigemengt sind, eine breite, aber sehr schädlichen Ueberschwemmungen ausgesetzte Thalsohle geschaffen, die bei Scanfs in eine enge Thal- rinne übergeht. i Die dem Ober-Engadin benachbarten Thäler kön- nen sich nur ausnahmsweise in der Höhe, keines aber zugleich in Höhe und Ausdehnung mit demselben mes- sen. Am nächsten steht ihm das Thal von Livigno oder Wälsch-Luvin, dessen Thalkirche 5766‘ über dem Meere liegt. Weit höher liegt das Averserthal (bei Cresta 6160"), aber es ist sehr kurz. Die Thalkessel von Casaccia (4500), Bivio oder Stalla (5500‘), Bergün (4276‘) und Poschiavo (3120') sind nicht nur von geringer Ausdeh- nung, sondern liegen auch tiefer als die Seeterrasse des Ober-Engadins. Die klimatischen Folgen dieser massenhaften Erhe- bung des Alpengerüstes im Ober-Engadin zeigen sich in der auflallenden Höhe der Getreidearten und des Baum- wuchses, sowie der untern Gränze des ewigen Eises und Schnees. Au den sonnigen Halden des Ober-Engadins sieht man Sommergerste und bei Samaden in 5500‘ Höbe noch Roggen. Die Stein- und Kernobstbäume steigen im Engadin und Münsterthale bis 4600‘ Höhe hinauf. I Die Waldbäume, Arven, Lärchtannen u. s. w. findet man in 6000° Höhe noch ausnehmend kräftig und ein- zelne Waldparzellen reichen an 7000’ hinauf. Am Ber- ninapasse, und zwar westlich am Abhange des Munt Perse, südöstlich am Piz Lagalp, erblickt man weit über 7000° absoluter Höhe noch eine Menge Strunke abge- faulter oder abgeschlagener Nadelholzbäume, die bis 2‘ übers Kreuz messen. Wahrscheinlich würde denselben junger Aufwachs nachgefolgt sein, wenn nicht die Ver- pachtung der höhern Alpen an Schafhirten demselben , wie anderwärts, ein Ziel gesteckt hätte. — Die gewalti- gen Gletschermassen der Bernina steigen auf der Nord- seite nirgends bis 6000' Meereshöhe hinab; auf der Süd- seite findet sich der Fuss des steilen und massigen Pa- lügletschers ob CGavaglia in 5990° Höhe. Die Schneelinie muss im Ober-Engadin jedenfalls auf mehr als 9000 ange- setzt werden; sie sinkt aber gegen die benachbarten tiefern, namentlich gegen die südlichen Thäler, sehr rasch ab. Nach- stehende Angaben, die sich auf Beobachtungen im schnee- reichen und kühlen Sommer 1847 gründen, indem Ende Augusts und Anfangs September fusstiefer Schnee sogar zu Schuls (3725‘) im Unter-Engadin gefallen und ein paar Tage liegen geblieben ist, mögen hiezu einige Be- lege liefern. Rosatsch 9218‘, eine massige Kuppe bei St. Mo- ritz — Schneeflecken um den Gipfel. P. Negro 9457', Bergspitze ob St. Moritz — Schnee - auf der Südseite nicht massenhaft. € P. Hot 10001‘, steiles Horn im Beverserthal — - Schneekappe auf dem Gipfel. P. v. Campana 9146’, Bevers gegenüber — kein Schnee. > 2. Cresta mora 9043', bei Bevers — auf der Nord- seite Schneeflecken. P. Mezzem 9127‘, bei Gampogaschg — kleine Schnee- lecken. P. Griatschouls 9157‘, ob Zutz — einige Schnee- spuren. x P. Valluglia 9155‘, eine Kuppe im gleichen Thale — Schneeflecken. P. d’Esen 9637 ', Bergspitze bei Cinuscal — nord- wärts ein kleines Schneefeld. An den äussern Gränzen des Ober-Engadins sind folgende Wahrnehmungen gemacht worden, die hier der Erwähnung werth sein dürften. P. Lagalp 9117‘. Bergpyramiden am Berninapasse — nordwärts ein Schneefeld. P. Canciano 8639‘, Bergstock bei Poschiavo — viele Schneeflecken. & M. Combolo 8935‘, Bergkuppe ob Tirano — öst- lich ein Schneefeld. P. Senna 9477‘, Pyramide ob Poschiavo — kleiner Gletscher auf der Nordseite. P. d. Margna 9716‘, Bergstock an der Maloja — Gletschermantel. P. Pülaschin 9280‘, Bergspitze am Julier — Schnee- felder. P. Rugnux 8955‘, Bergstock bei Bergün — Schnee- flecken. P. d’Arezza 8955‘, Vorsprung bei Cernetz — Schnee- flecken. M. d. Baselgia 9141‘, ob Gernetz — westlich Schnee- flecken,, östlich kleines Schneefeld. Diese Beobachtungen dürften zu der Annahme be- — 377 — rechtigen, dass im Jahre 1847 die Schneelinie um Po- schiavo herum in 8800‘ Höhe, im Thale von Oberhalb- stein und Bergün um 9100‘, um Cernetz bei 9150’ und im centralen Ober-Engadin in 9450‘ Höhe angenommen werde konnte. Jedenfalls ist ein Emporrücken der un- tern Gränze ewigen Schnees da nicht zu verkennen, wo die drei hohen Thalsohlen des Davos, des Engadins und des Thals von Livigno das Maximum der Hebungskräfte nachweisen. Allein trotz dieses merkwürdigen Emporrückens der organischen Welt, trotz dieses Zurückweichens der er- stärrten, ist das Ober-Engadin doch ein kaltes und rau- hes Hochthal, das europäische Tübet. Das zeigen am überzeugendsten die trefflichen meteorologischen Beo- bachtungen*), welche der verstorbene Apotheker Bovelin in Bevers, 5280‘ über dem Meere, d. h. in der milt- lern Höhe des Ober-Engadins, von 1827—31 unausge- setzt angestellt hat. Bevers liegt ungefähr in der Mitte des Ober-Enga- dins am nördlichen Thalabhange und am Ausgang des hohen und rauhen Beverserthals. Die Richtung des Hauptthales von Südwest nach Nordost, die westöstliche Richtnng des oben genannten Seitenthales, das gegen Süden liegende Thal des Berninapasses, die kleinern Thäler Campana und Müsellas gegen Südost, die Mün- dung des grossen Val Chiamuera gegen Ost und die 20 Minuten breite Sohle des Hauptthals verleihen dem schö- nen und grossen Dorfe eine, beziehungsweise sehr freie Lage. Nur gegen Nord wird die Aussicht durch die *) Manuseript im Archiv der schweizerischen Naturforschen- - den Gesellschaft zu Bern. nahe Cresta mora (9043') sehr eingeengt, wahrscheinlich hat aber die Strahlung ihrer nackten, dunkeln Felswände auch einen bedeutenden Einfluss auf die hohen Sommer- temperaluren, während sich das Grün der Weiden des Thales und seiner Gehänge ziemlich neutral verhalten wird. — Die von Boveln beobachteten Instrumente, Ba- rometer und Thermometer , waren auf Veranstaltung der schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft von Oeri in Zürich angefertigt, von Hofrath Horner genau mit den übrigen in der Schweiz verbreiteten in Ueberein- stimmung gesetzt und dann im Sommer 1826 glücklich nach Bevers transportirt worden, so dass eigentlich die Beobachtungen vom 19. August 1826 bis zum 31. De- zember 1831 reichen. Die Scale des Barometers war in zwei messingenen, auf altes Nussbaumbolz ange- schraubte Platten eingravirt; das Barometer hing 13’ (alt franz. Mass) über dem Strassenpflaster (Boden der Kirche 5294°) und das Thermometer gegen Nord, mög- lichst vor direkter Strahlung geschützt. Die Beobach- tungen wurden um 9 Ubr Vormittags, Mittags und 3 Uhr Nachmittags angestellt; extreme Thermometerstände fin- den sich nur vom Sept. 1826 bis Juli 1828 bisweilen aufgezeichnet vor, doch meistens ohne Angabe der Be- achtungsstunde und besondere Angaben über höchste Temperaturen fehlen beinahe immer. — Der Barometer- stand ist nachstehends in Pariser Linien und die Tempe- ratur in Reaumür’schen Graden ausgedrückt und bei je- nem noch die Temperatur des Quecksilbers nach dersel- ben Eintheilung beigefügt. (Siehe beiliegende Tafel.) Die Barometerstände des Jahres 1830 und 1831 sind weggelassen worden, weil sie in absolutem Sinne 677 — | 60% +| 8192 | CL —| C0% + | 68'928 | VIEL — | EB E + 12'916 ‚J9qu929q 60°) 3 688 Gn'SsLe | 020.7] 2IE YwSLs | I9SE 7 | IE cY'SLo "49qUI9AON LS'G + yES IE'9L6 | 669 +) 16'S 18'915 | 66% + | S0'S 09915 “1990710 6,088 er LLo | 806 608 sh LLS | 989 161 EV 215 “jaqmajdas vr | Hol Ie'2L6 | WS°hl 8G0l | WELLE | SG'6 800r 8g'LLG snöny 08% 1 | 0L’H1 ce 8Ls | CEWl Zivil 98'815 | Wlch sol 68'815 nf erh | yn6 68'116 || 6608 08°6 IN'LLS | €0'6 10'6 YI'LLG ung 688 | 662 nS'9LE | 648 wel 6'916 || 78'9 989 LS'9L6 "EN 69% 195 enCLo | 19% 89 | EWSLE | CC + | 067 In'SLG dv 96 +| 16°% c6%L6 || 08% 7 | 085 861% | IL = | 69T Y0'SL6 "ZzIEN ee | 189 L6'%LG | €0°E — | ILS c0'SLE | 608 — | WG EV'SLG “aenagog LG’oh = | 06'08 + | 9L’mhLE OL'oR — | 99'098 + 48" rh2E| 2608 — | 08'098 + B= mrhLe "SEnUef EM Er Is urg El Be seg CR sag _ Tonuseuon ‚sdeyprwgden] auf & sseyJIW säeyjtwioA auf 6 66 — 1581 u 2 2 2 2 u 2 = „> . u — 280 — auffallend abweichen, woraus zu schliessen ist, dass das Barometer eine Veränderung erfahren hatte. — Das regelmässige Steigen des Luftdrucks gegen den Som- mer und das Sinken bis in den November rührt natür- lich von der hohen Lage des Ortes her; die Unregel- mässigkeiten der Wintermonate dagegen erscheinen auch in den gleichzeitigen St. Galler Beobachtungen. — Sehr schwierig ist die Enizifferuug der täglichen Barometer- oscillation von 9 Uhr Vormittags bis 3 Uhr Nachmit- tags, die in der Regel schon in 10tägigen Mitteln deut; lich hervortritt. Sie beträgt im Durchschnitt der fünf Jahre (von 1827 —31) im Januar 0''.145 Mai 0.057 September 0,019 Februar 0.163 Juni 0.068 Oktober 0.091 März 0.125 Juli 0.063 November 0.043 April 0.086 Aug. 0.107 Dezember 0.074 also im Jahresmittel 0''.087. Jedenfalls muss diese Er- scheinung, wie auf den andern Schweizer-Stationen*), wesentlich von der Witterung abbangen, allein auch die plastische Gestaltung des Bodens, die Jahreszeit und die Einwirkung der Elektrizität werden bier, wie anderwärts, von ıerklichem Einflusse sein. Ziemlich regelmässig sind dagegen die Unterschiede je des niedrigsten und des höchsten Barometerstandes jeden Monats, die jedoch hier nicht als absolute Grös- sen gegeben werden können, weil ausser den gewohnten Beobachtungsstunden fast keine Angaben sich vorfinden. Der mittlere Werth dieser monatlichen Ausweichungen beträgt in allen fünf Beobachtungsjahren bei 0° R. im *) Mittheilungen der Naturforschenden Gesellschaft in Zü- rich, Heft 3. 1848. S. 213 u. =. f. -_ ui Januar 9.09 Mai 5.51 September 6''.36 Februar 10.17 Juni 5.41 Oktober 7.63 März 6.90 Juli 4.60 November 6.50 April 6.89 Aug. 5.23 Dezember 8.19 im jährlichen Mittel also 6‘.87, d. h. genau die Hälfte der mittlern jährlichen Ausweichungen der Extreme, die zwischen 12’".36 (1827) und 15’.41 (1830) schwankten, durchschnittlich aber 13‘.74 betragen haben. Den ab- solut grössten Unterschied findet man zwischen dem "höchsten Barometerstand 281‘'.78 vom 19. Jan. ‘1828, um 10 Uhr Abends, und dem niedrigsten 264.81 (beide bei 0° R.) am 25. Dezember 1830, um 9 Uhr Vormittags, nämlich 16.97. Im Allgemeinen kommen die höchsten und niedrigsteu Barometerstände auch hier noch in den Wintermonaten vor. In den Jahren 1827 —31 betrug die mittlere Jah- restemperatur von Bevers nur + 1°.9 R.; da jedoch diese Jahre zu den kühlen gehörten, so dürfte sie zu + 2°.4:R. angesetzt werden, wie eine Vergleichung mit 16 Jahrgängen von St. Bernhard und von Genf gezeigt hat. Man findet die gleiche mittlere Jahrestemperatur im nördlichen Norwegen und im mittlern Island wieder, d. h, um 20° nördlicher, als Bevers liegt. — Das Mit- tel der einzelnen Jahreszeiten betrug im fünfjährigeu Durschschnitte im Winter (Dezember, Januar, Februar) — 7°.0 R. Frühling (März, April, Mai) +.22R. ‘Sommer (Juni, Juli, August) + 10.0. R. Herbst (Septemb., Oktob., Novemb. + 2.6. R. welche Zahlen die Richtigkeit der im Engadin sprich- wörtlich gewordenen Redensart: »9 Monate Winter, 3 — 12 — Monate kalt« im Allgemeinen beweisen. Aber auch der Mai und September gehören dort oft zu den angeneh- men Monaten des Jahres, wie schon aus nachstehenden Mittelzahlen der einzelnen Monate (1827 —31) ersicht- lich ist. 9 Uhr Vormittag. Mittags. 3 Uhr Nachmittag. Januar — 10°.0 — 5°%.5 — 594 Februar — 81 ee a | — 2.6 März — 18 + 25 | April WB -T 5.3 4.9 Mai 6.8 91 8.5 Juni 8.7 11.0 10.6 Juli 12.0 14.% 14.1 August 10.1 12.1 11.7 September 6.6 8.7 8.1 Oktober + 4.0 + 6% +: 541 November — 3.4 — .+0.6 — 15 Dezember — 741 Zt —ı 4.9 Jahresmittel + 1°7 BR. +27 R + 23 Ro Die oben angegebenen Mittel des Jahres und der vier Jahreszeiten sind aus diesen monatlichen Mittelwer- then durch Vergleichung mit den gleichzeitigen Beobach- tungen in Genf und auf dem St. Bernhard gefunden worden, und zwar, da in Bevers die Zunahme von 9 Uhr Vormittags bis Mittag und 3 Uhr Nachmittags un- verhältnissmässig stark ist, durch Ermittelung der Zeit des täglichen Mediums vor und nach 9 Uhr Vormittags und der verhältnissmässigen Erhöhung oder Erniedrigung der um 9 Uhr aufgezeichneten Temperaturen. Beide Vergleichungsorte ergaben auffallend übereinstimmende Werthe. _— 283 — Während der fünf Jahre wurden die Temperaturen von + 15° R. und — 10° R., die zu den hohen und tiefen zu rechnen sind, zu den gewohnten Beobachtungs- zeiten überschritten, wie folgt: Ueber + 15° R. Unter — 10° R. stand das Thermometer im Mai 3 Mal\ 5 8 . / November 9 Mal Juni AUT DNS E Dezember 39 » Juli 81» 7 e Januar 71 » August 32 » 592 5 [Februar 47 » fer) März 374 zusammen 157 Mal (jährlich 31 —32) über + 15° R. und 169 Mal (jährlich 34) unter — 10° R. In den einzel- nen Jahren zeigten sich aber sehr grosse Verschieden- heiten; die Zahl der Ueberschreitungen betrug näm- lich 1827 resp. 52 und 36, 1828 28 und 14, 1829 15 und 41, 1830 38 und 47, 1831 23. und 31. Eine sorgfältige Untersuchung der Temperaturbeo- bachtungen in Bevers zeigt, dass namentlich in den Som- mermonaten wärmere und kältere Epochen vorgekom- men sind, die sich während aller 5 Jahre zu den glei- chen Zeiten wieder eingestellt haben, somit periodisch sein könnten. Die wärmern Epochen sowol als die käl- tern, welche hier aufgeführt sind, beziehen sich auf die Beobachtungen um Mittag oder 3 Uhr Nachmittags, in- dem je die höchste Temperaturangabe des Tages ausge- wählt worden ist. Warme Epochen. 5 Mai + 9°.0 bis + 13°%.1 Mittel + 11%.3 R. (4 Tage). 26. - 11.5 - 17.0 - 1321-06 ° - 3. Juni 11.3 - 17.0 - 132- 4 = 23. 0- 45.7 - 17.111024 165 - 7° - 12. Juli — 284 — 15°.0 bis -+ 20°.0 Mittel + 18°.0. R. (9 Tage). 1. August 13.6 - 1 0 PRRITT 30. - 18. Sept. 29. - 8. Juni + 3°%.2 bis + 6°.8 2 a 7. Juli 17. = 2.0 - 11.8 - 7. August 21. - Die warmen Epochen begannen durchgehends 95. - 6.4 - 21.5 19.0 15.7 14.1 r5.5 17.6 - 15.4 - 13.4 - 11.7 - 11.9 - Kühle Epochen. 6.7 - 82 - 92 - 9.7 - 6.0 - 10.0 13.8 13.0 10.7 10.1 8.5 - 11.3 - 11.3 - 81 - 8.3 - 8 7 8 4 6 Mittel + 4°.7 R. (6 Tage). mit schöner Witterung, auf die gegen den Schluss Regen oder ein Gewitter folgte. Zu den trocknen gehörten die vom 26. Mai und 18. September, zu den nassen die vom 3 Juni, 1., 17. und 30. August und 29. Septem- ber, zu den gewilterhaften die vom 23. Juni und 12. Juli. Folgende Epochen strenger Winterkälte sind aus den vormittäglichen Beobachtungen abgeleitet worden. 3°.0 bis — 16°.8 Mittel — 10°.2 R. {5 Tg.). — 16.6 - 28. Nov. 29. Dez. 8. Jan. 20. - 1. Febr. IB 2, ui — 11.3 - 17.0 - 6.1 - 97 - 13.0. - 8.0 - — 21.6 — 19.2 — 20.5 — 24.1 — 19.5 — 18.0 — 18.1 — 14.8 — 17.7 — 43.7 — 12.9 5 b) 3 6 4 7 Es versteht sich das wol von selbst, dass diese Epo- chen nicht immer genau auf die bezeichneten Tage ge- fallen sind, sowie umgekehrt, dass nur solche aufge- —_— 2385 — nommen wurden, die wenig von denselben abwichen (Spielraum = 3 Tage). Schliesslich ist noch der extremen Temperaturen zu gedenken, die im Laufe der 5 Jahre in jedem Mo- nate vorgekommen sind. Leider sind die höchsten Stände des Thermometers nie ausser den gewohnten Stunden angegeben, und auch die niedrigsten des Dezember, Ja- nuar und Februar wurden den Beobachtungen um 9 Uhr Vormittags entnommen, sind also kaum als angenähert absolute Werthe zu betrachten. Tiefste Monatstemperatur. — 22°.1 R. am 31. Jänner 1831. — 24.1 - - 1. Februar 1830. — 197 - - 8. März 1828. — 10.5 - - 5. April 1828. — 2.0 - - 10. Mai 1828. — 11 - - 28. Juni 1827. — 21 - - 16. Juli 1828. — 35 - - 30. August 1827. — 5.0 - - 22. September 1827. — 541 - - 26. Oktober 1827. — 17.5 - - 27. November 1827. — 21.6 - - 28. Dezember 1829. Höchste Monatstemperatur. + 4°,1 R. am 9. Jänner 1827. + 77 - - 28. Februar 1830. +147.50-I8- 47.5 März 183% FIIR 30: April 1828. + 17.0 - - 24. Mai 1830. +171 - - 2. Juni 1827. Ar 215 ei 30. Ja 1827; +19.0 - - 19, August 1826. _ a. — + 149,0 R. am 28. September 1826. +112 - - 5. Oktober 1827. + 74 - - 6. November 1830. +57 - - 17. Dezember 1826. Der grösste Temperaturunterschied betrug demnach 45°.6 R., die wirklichen Extreme dürften jedoch minde- stens 59° R. auseinander gelegen haben. Zu diesem bedeutenden Unterschiede mag die plateauähnliche Lage von Bevers nicht wenig beitragen. Im Mittel der fünf Jahre zeigt es sich, dass nach dem 7. Juni kein Schnee mehr in bevers zu fallen pflegt und dass er erst mit dem 30. Oktober wieder als Regel auftritt; ebenso fällt der Regen durchschnittlich erst vom 12. Mai an vorherrschend und seine Periode scheint mit dem 4. Oktober zu enden. Nach den Temperaturen zu schliessen, war das Schmelzen des alten Schnees durch- schnittlich am 5. April im vollen Gange und vom 22. Oktober an konnte neuer Schnee liegen bleiben. Leider enthalten auch die vorliegenden Beobachtungen keine An- gaben über das Schmelzen und das Bleiben des Schnees, sondern bloss über die Natur der Niederschläge. Die Vertheilung der Letztern auf die einzelnen Monate zeigt folgende Uebersicht, in der die Angaben der fünf Jahre zusammengefasst sind. Also Tage mit Schneelage. Regenlage, Niederschlag. Januar 28 _ 28 (jährlich 5.6) Februar 20 1 21 ae März 22 5 27 EL e ). April 39 19 58 „Rl:6 Mai 15 23 38 un Juni 8 45 53 „10:6 Juli 1 52 93 »„ 10.6 - 7 -— Also Tage mit > ge. re Schneelage. Regenlage Niederschlag. August 3 47 50 (jährlich 10. ) September 13 37 50 » 10. Oktober 8 7 15 » 3. November 36 7 43 » 8.6 Dezember 28 3 31 » 6.2 221 246 467 Im Durchschnitt fiel also jährlich an 44 Tagen Schnee und an 49 Tagen Regen. Da sehr häufig Angaben über nächtlichen Regen- oder Schneefall sich vorfinden, so dürften vorstehende Zahlen sich der Wahrheit bedeutend nähern. — Obgleich bier kein Regentag im Jänner auf- gezählt ist, so unterliegt es doch keinem Zweifel, dass es in allen Monaten regnen und ebenso in allen schneien kann (1847). Merkwürdig ist in letzterer Beziehung ein Fall der seltensten Art; am 9. Juli 1829, um 3 Uhr Nachmittags, fiel nämlich Schnee bei einer Temperatur von + 8°.7 R. — Endlich dürfte der Aufzeichnung werth sein, dass in allen fünf Jahren vom 10 —18 Februar, vom 5—25 Oktober und (mit Ausnahme ven 6 Fällen) vom 9—18 Juni weder Schnee noch Regen gefallen ist; als nasse Epochen dürfen dagegen bezeichnet werden: 14—16 März (9 Fälle), 14—23 April (32 Fälle), 8—16 November (26 Fälle) und 17—31 Dezember (19 Fälle). Auf die übrigen Zeiten haben sich die Niederschläge bei- nahe gleichförmig vertheil. Nur der September 1827 und 1823 zeichnete sich durch Trockenheit ganz beson- ders aus; der Letztere zeigte uns zwei Regentage im _ Anfange und einen Schneetag am Ende des Monats. Die Beschaffenheit des Himmels um Mittag ist für alle fünf Jahre in nachstehender Uebersicht zusammenge- drängt. 288 Heiter. Bewölkt Bedeckt. Niederschläge. Schön: Trüb Januar Februar März | April Mai Juni Juli August Septemb. Oktober Novemb. Dezemb. Jährlich 1 67 39 51 06 32 4 59 48 78 74 82 72 69 97 65 98 147 40 26 31 70 16 14 12 34 12 rl 15 22 19 4 20 15 42 99: 246 106: Ba :A4 95 79 2. 100: 125: 103: 103: 24 131 104: 109 : 253: 96 49 90 30 92 47 46 46 112 Die Windverhältnisse in Bevers haben mit der Ver- theilung von Schnee und Regen die auffallendste Aehn- lichkeit, und dürften daher die Aufmerksamkeit der Me- teorologen in hohem Grade verdienen. man nämlich die Winde in südliche und nördliche so , dass reiner West noch als Süd und reiner Ost als Nord gerechnet wird, so zeigen Bovelins mittägliche Aufzeich- nungen durchschnittlich per Jahr im Unterscheidet Januar 26.0 nördliche und 4.8 südliche Winde. Febr. März April Mai Juni Juli August Sept. Oktob. Nov. Dez. (Schluss folgt in nächster Nummer.) » » 7.8 10.4 11.6 » » » MITTHEILUNGEN DER NATURFORSHCENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. ON 58. GL IOLL ERTL 1851. H. H. Denzler „ Ingenieur. — Ueber die Höhen- lage und das Klima des Ober-Engadins. (Sehluss.) oder das ganze Jahr hindurch im fünfjährigen Mittel 219.8 nördliche und 142.8 südlicbe Winde und 2.6 Windstillen um die Mittagsstunde Was die Letzteren betrifft, so muss allerdings zugegeben werden, dass die Lage von Bevers die Häufigkeit der Winde begünstigt, allein Bovelin hat, wahrscheinlich durch das Gefühl der auffallenden Kegelmässigkeit angeregt, seine Aufmerksam- keit ganz entschieden der Richtung der Luftströmungen geschenkt und wahrscheinlich auch den Zug der Wolken häufig unter die Windrichtungen aufgenommen. Wenig- stens sind Windstillen im Ober-Engadin nicht nur im Thale selbst, sondern auch auf Höhen von 9—10,000' gar keine Seltenheit, wie der Verf. aus eigener Erfah- rung zu bezeugen im Falle ist. Von Stürmen berichtet das meteorologische Tage- buch so viel als gar nichts. Bemerkenswerth ist aus dem Jahr 1827 ein Föhnsturm am 15. Juli und ein Südost- sturm am 4. August. Der in andern Theilen der Schwei- zeralpen so gefürchtete Föhnsturm ist dem Ober-Engadin fast ganz , dem Unter-Engadin völlig fremd, und im Thale Band 11. 19 „90 - von Poschiavo soll er meistens von Nord, d. h. von den Berninagipfeln herunterkommen, deren Eismassen ihm seine ungesunde Eigenschaften fast ganz rauben. Um so häufiger ist dagegen im Engadin die weiche stille Föhn- luft, die zur Sommerszeit oft in wenigen Stunden die Nordgehänge von 1 bis 2 Fuss liefem Schnee befreit. — Die merkwürdige Föhnperiode vom 15—19 Juli äussert sich in Bevers gewöhnlich durch Gewittersturm, so 1827, 1829, 1830 und 1834; dagegen 1828 durch starken Nord bei tiefem Barometerstand und bis — 2°.1 R. Kälte, also Föhn in der Höbe. Die Föhnperioden vom 20. Ja- nuar, 21. Februar, 4%. März und 21. Dezember weisen nur tiefen Barometerstand und Temperaturerhöhungen von 5—12° R. nach. — Die in Graubünden, Uri und Wallis bisweilen so verderblich wirkende Periode vom 27. August verräth sich in den Beverser Beobachtungen gar nicht, ungeachtet sie an den Karpathen, in Konstan- tinopel und selbst am Ararat, also ost- und westwärts, sich mitunter zu äussern scheint. Es ist endlich noch der Vertheilung der Gewitter auf die einzelnen Monate zu gedenken. Das Tagebuch der fünf Jahre enthält diesfalls nachstehende Aufzeich- nungen: Im Mai 1 Gewitter und 1 Mal Hagel. Im Juni 2 Gewitter und 1 Mal ferner Donner. Im Juli 10 Gewitter und 1 Mal Hagel. Im August 2 Gewitter. Im Sept. 4 Gewitter (wovon 3 im Jahre 1829). —_— 291 — Prof. Melchior Ulrich. — Das Lötschenthal, der Monie leone, der Portiengrat und die Diablerets. (Vorgetragen den 20. Januar 1851.) Ich habe Sie das vorige Jahr in die Südthäler des Wallis von Saas bis Bagne geführt, und hoffte, Ihnen auch dieses Jahr ergänzende und berichtigende Mitthei- lungen über diese Gegenden machen zu können. Die ungünstige Witterung dieses Sommers hat aber meinen Plan vereitelt, dennoch habe ich nicht ganz ohne Frucht die Thäler des Wallis besucht, und erlaube mir nun, in kurzen Umrissen die Punkte, die unter günstigen Verhältnissen von meinen Reisegefährten und mir in diesem Jahre berührt wurden, in topographischer Bezie- hung zu schildern. Zwei davon sind gleichsam die Hoch- warten, die über die früher von mir geschilderten Ge- genden einen umfassenden Ueberblick gewähren, der Monte leone und die Diablerets, der erstere im Osten, die andern im Westen, der Portiengrat bietet über die - Bergreihe, die Saas von Val Antrona und Val Vedro trennt, einigen Aufschluss dar, und das Lötschenthal führt auf einem weniger bekannten Punkte in die Thä- ler der Rhone. Wir beginnen mit dem letztern. % Mit meinem vorjährigen Reisegefährten, Hrn. Gott- lieb Studer von Bern, mit Hrn. Antiquar Siegfried von Zürich und dem unentbehrlichen Führer Madutz traf ich Montag den 5. August 1850 Abends in Kanderstäg ein. | Der gewöhnliche, an interessanten Standpunkten reiche, Weg ins Wallis führt über die Gemmi. Wir liessen ‚| denselben dieses Mal rechts liegen. Im Hintergrunde ‚des Thales von Kanderstäg stiegen wir den 6. August — 292 — der Kander nach hinauf gegen die Klus hin ins Gastern- (hal hinein. Die Kander stürzt tobend und brausend durch diese Felsschlucht hinunter, die dem Wanderer our einen schmalen Weg neben dem Wildbache darbie- tet. Hat man die Höhe der Klus erreicht, so betritt man das ringsum von himmelhohen Felswänden einge- schlossene Gasternthal, das in seinem untersten Theil einen flachen Thalboden darstellt, ohne anders das Becken eines früheren Sees, ehe die Kander durch die Fels- wände der Klus sich den Weg gebahnt. Es sind die Fussgestelle des Fisistockes und Aliels, die einander ge- genüberstehen, weiter hinein des Doldenhornes und des Balmhornes. Zahlreiche Wasserfälle stürzen über die Felswände zu Thal. Die Kander hat in dem obern wal- digen Theile des Gasternthales, das nach und nach an- steigt, bedeutende Verwüstungen angerichtet. In 21/5 Stunden erreicht man den Hintergrund des Thales , zu- letzt zur Seite eines tiefen Felstobels, in welches sich die Kander hineingewühlt, hinansteigend. In dem offe- nen Thalgrunde oberhalb der Waldregion stehen auf son- niger Höhe die Hütten von Selden. Der Schluss des Thales ist von dem Kandergletscher (nicht Längengletscher, dieser ist im Lötschenthale), der in seinem untern Theile auch Al- petligletscher heisst, von einer Schafalpe an der Südseite so genannt, ausgefüllt. Dieser senkt sich, von dem Mutt- horn gekrönt, zwischen den steilen Felswänden der Blüm- lisalp im Norden, und des Sack- und Birghornes im Sü- den, in das Thal hinunter, in seinem untern Theile furcht- bar. zerrissen. Ueber denselben führt ein in neuester Zeit‘ viel gebrauchter Gletscherpass auf den Tschingel- gletscher und über den Tschingeltritt hinunter auf die Steinbergalp im Hintergrunde des Lauterbrunnenthales. Wir liessen denselben links liegen, und stiegen gegen — 293 — das Schilthorn und Balmhorn hinauf dem Lötschenglet- scher zu, an der Seite der Wasserstürze des Gfellbaches, des Ausflusses desselben. Der Weg geht vorerst über schöne Alpen hinan bis zu der Sennhütte im Gfell, die man in 3, Siunden erreicht. Von da an wird der Pfad rauher, und führt über Geröll und Felstrümmer mit ei- nem hübschen Ausblick auf das Doldenhorn und die Blümlisalp und über den Kandergletscher hin an die Felsspitzen der Jungfrau. Bald kommt man in die Nähe des Lötschengletschers, dessen unierster Absturz in ge- waltigen Eismassen sich über eine Felswand herabsenkt. Oberhalb dieses Absturzes betritt man den Gletscher, hart am Fusse des Balmhornes, das seine steilen Fels- massen noch einige 1000 Fuss hoch erhebt. Jenseits des Gletschers steigen die Geröll- und Felswände des Schilt- oder Hockehornes empor. In einer guten Viertelstunde ist der von vielen Schründen durchschnittene, abere, ganz fla- che Gletscher überschritten, und man befindet sich am Fusse des Schilthornes und eines Schneefeldes, das gegen die Höhe des Passes, der vermittelst des Kummbornes Schilthorn und Balmhorn verbindet, hinansteigt. Dieses wird gegen einen Felskopf hin quer überschritten, und dann an den Felsen hinangestiegen, wobei man zuweilen auf den alten gepfla- sterten Saumweg trifft, ein Beweis, dass dieser Pass früher häufig gebraucht worden. Der Weg zieht sich dann nach und nach auf die Höhe, die ein weites Pla- teau bildet, dieses Jahr mit bedeutenden Schneemassen überdeckt. Die Kuppe des Kumm- oder Ferderrothhornes erhebt sich nun neben dem Balmhorn, durch die Re- gitzifurca davon getrennt. Jenseits dieser senkt sich der Flubgletscher, von seinem Ausflusse her auch Dalaglet- "scher genannt, in den Hintergrund des Thales von Leuck hinunter. Ein Uebergang ist hier noch nie versucht — 294 — worden. Das Kummhorn bietet mit seinen gewundenen und zerknickten Schichten, die man mit Einem Blicke übersieht, einen merkwürdigen Anblick dar. Auf der Höhe des Passes, die wir in 21/, Stunden von der Gfell- hütle aus erreichten, zeigte der Barometer um 11 Uhr Vormittags 595,20 millim. Thermom. fix + 11° frei + 10° C., was mit der Station Sitten verglichen nach gütiger Mit- theilung von Hrn. Domherr Rion 8316 Par. F. über Meer ergibt. Die Aussicht auf der Höhe ist zwar nicht umfassend, aber grossartig. Gegen Osten der Grat des Nesthornes, das sich wie ein Riese ‚über denselben er- hebt, gegen Süden die Kette der beiden Fletschhörner und des Weissmies, an welches sich im Mittelgrunde der Saasgrat mit seinen verschiedenen Gipfeln anschliesst, im Hintergrunde der Monte rosa, und gegen Westen begränzt die Kette des Weisshornes den Horizont. Man überblickt das Lötschenthal mit seinen Wäldern, Matten, Dörfern, Weilern, im Hintergrunde zieht sich der Län- gengletscher gegen die Furgge hinauf, die ihn mit dem Aletschgletscher verbindet. Ueber ziemlich steile Geröll- wände, mit Felsklippen durchzogen, die Stelle heisst auf den Platten, steigt man nun, den Ferdengletscher , über welchen ein Pass zwischen dem Ferder- und Resti- rothhorn nach Leuck führt, rechts lassend, auf die Kum- menalp hinunter, und kann von da entweder dem Bach nach sich Ferden zuwenden, oder dann quer den Wald durchschreitend erst in Kippel den Thalgrund erreichen. Von der Höhe bis ins Lötschenthal erfordert es zwei Stunden. Das Lötschenthal ist eines der schönsten Alpenthä- ler der Schweiz, und doch so wenig bekannt und be- sucht, dass es nicht unnöthig sein mag, durch eine ge- - mw — uauere Schilderung desselben die Aufmerksamkeit auf dasselbe zu lenken. Wir beginnen mit dem Grate, der dasselbe vom Gastern- und Lauterbrunnenthal trennt. Derselbe erhebt sich mit der Spitze des Schilthornes , das auch Hockehorn heisst, von einer Alpe am Fusse desselben. Der Märwig-Rück verbindet dieses mit dem Sackhorn, zwischen diesem und dem Birghorn breitet sich der Rothe Tätsch aus, dann folgt der Petersrücken, jenseits dessen sich das Tschingelhorn erhebt, durch die Wetterlücke von dem Breithorn, das im Lötschenthale Strahlhorn heisst, getrennt. Vor diesen Bergspitzen und Gräten dehnt sich gegen Süden ein weites Firnfeld aus, das in seinen einzelnen Theilen verschieden benennt wird. So heisst der Gletscher am Fusse des Hockehor- nes Golubachgletscher, der, welcher vor dem Märwig- Rück gelagert ist, Mühlebachgletscher. Vor dem Sack- horn liegt der Tembachgletscher, an der Südseite von dem Stühlihorn und Tembachhorn begränzt. Vor dem Birghorn dehnt sich der Telligletscher aus. An diesen schliesst sich, durch die Tellispitzen im Süden getrennt, ‚der Ausserthalgletscher an, und von diesem durch die Grindelspitzen getrennt, der Innerthalgletscher. Beide liegen südlich des Petersrücken und des Tschingelhornes, und vermitteln den Uebergang von dem Kandergletscher ins Lötschenthal. Der Innerthalgletscher zieht: sich bis gegen das Breithorn hinauf, und wird südlich durch die ‚Burstspitzen von dem Jägigletscher getrennt, der einen nördlichen Seitenarm des Längengletschers bildet, und durch den Ahnengrat von dem Ahnengletscher getrennt wird, der in der Gegend der Furgge sich mit dem Län- gengletscher verbindet, und so die nördliche Thalseite ‚des Lötschenthales schliesst. Steigen wir nun ins Thal selbst hinunter, das parallel — 29% — mit dem Rhonethal sich von Westen gegen Osten hin- zieht, so findet sich auf der Sonnenseite desselben am rechten Ufer der Lonza, wie der Thalbach heisst, in einer Länge von ca. 3 Stunden, eine ganze Reihe von Dörfern und Weilern, einige davon mit Kapellen verse- hen, die Thalkirche liegt in Kippel. Diese Dörfer liegen auf hüglichten Matten, theilweise auch von Getreidefel- dern umgeben. Die Reihe beginnt mit Ferden, dann folgt Kippel, hierauf Wyler, dann Tenn, Tennmatten, Ried, Platten, Eisten, Grün, Kübmatten, Faflen, Glet- scherstaffel, und zuletzt Guggisstaffel. Von der oben ge- nannten Gletschermasse stürzen eine Menge Bäche zu Thal, die indessen mehr Schluchten als eigentliche Thä- ler bilden. Die bedeutendern sind die Tellischlucht bei Platten, das Ausserfaflerthal bei Faflen, und das Inner- Fallerthal bei Gletscherstaffel. Diese Dörfer und Weiler sind, mit Ausnahme von Ferden und Kippel, nur unbe- deutend, und stehen mit ihren Häusern von Lerchenholz enge gedrängt in einander. Von einem Wirthshause ist im ganzen Thale keine Rede, doch findet man Aufnahme in der Wohnung des Hrn. Pfarrer Lehner in Kippel. Auch im Gletscherstaffel, wo wir die Nacht des 6. Au- gust zubrachten, konnten wir ganz gut ein Unterkommen finden. Dieser ist eine gute halbe Stunde unterhalb des Längengletschers, an einer felsigen Hügelreihe, wohl von einer frühern Moraine herrührend, hingebaut. Wäh- rend des Sommers beziehen die Einwohner von Platten und der Gegend mit Weib und Kind diesen Staffel. Die Hütten sind ganz gleichförmig gebaut. Unten befindet sich der Stall, oberhalb desselben nimmt die eine Hälfte des Hauses die Sennhütte ein, die andere eine mit ei- nem Ofen von Grüldsteinen versehene Stube und einige Kammern. Die Frauen, mit weissen leinenen Schürzen versehen, führen die Haushaltung, daher sieht es in den Hütten ziemlich reinlich aus. Jeden Morgen wird der Dünger aus dem Stalle gefördert, und sorgfältig aufbe- wahrt. Kurz das ganze Hauswesen ist gut geregelt. Um so mehr ist es sich zu verwundern, dass dieses Thal von einer leidigen Hautkrankheit, die beinahe alle Einwohner erfasst hat, heimgesucht wird, und es wäre zu wünschen, dass von Seite der Behörden kräftige Massregeln dagegen ergriffen würden. Die Schattenseite des Thales, am linken Ufer der Lonza, ist bis weit in die Berge hinauf mit Wald bedeckt. Da dehnt sich bei Ferden der Kastlerwald aus, dann folgt der Kipplerwald, der Niederwald, der Oberwald, der Schwarzwald, der Nestwald, der Bellwald Eisten gegenüber. Gehen wir nun zur Schilderung der südlichen Thalseite über, so ist es der Grat des Nesthornes, der diese bildet. Diese beginnt von Westen her bei der Rothenberger Mine, die seit einigen Jahren von einer Aktiengesellschaft auf silberhaltigen Bleiglanz ausgebeutet wird, und guten Er- trag zu liefern scheint. Sie befindet sich etwa 2 Stun- den oberhalb der Thalfläche am westlichen Absturze des Nestgrates. In der Nähe derselben horsten in der Nische einer Felswand einige Adler, von denen einer letzten Herbst geschossen wurde. Von der Mine steigt- der Grat an, und erhebt sich zum Kastlerhorn, welches durch den Betzlerrück mit dem Hohen Gleifen in Ver- bindung steht, von wo der Wylergletscher sich gegen das Thal herabsenkt. Von dem Schwarzhorn, das nun folgt, senkt sich der Tennergletscher herab. Der Grat seizt sich im Schafberg fort, sendet den Nestgletscher in der Gegend von Ried ins Thal hinunter, und erhebt sich nun zu seiner höchsten Spitze, dem Nest- oder _ Biesthorn, ‘vor welchem nördlich das kleine Nesthorn — 298 — gelagert ist, das den Beichgletscher zu Thal sendet. Der Elwerück und der Aeberizgrat verbindet nun das Nest- horn mit dem Breithorn, nicht zu verwechseln mit dem Breithorn im Lauterbrunnenthale. Von der Firnmasse des Grates senken sich der Standbachgletscher, der Ae- berizgletscher und der Lawingletscher gegen das Lötschen- thal hinunter, die beiden letztern durch einen Grat ge- trennt, in der Nähe von Faflen. Nun folgt die Masse des Breithornes. Ein Gletscherarm verbindet vor dem- selben den Lawingletscher mit dem Distelgletscher, der oberhalb des Gletscherstaffel das Thal erreicht. Ueber diesen hinauf kann man auf die Höhe des Grates, im Aletsch oder Beichgrat genannt, gelangen, und dann über den Jägi- oder obern Aletschgletscher hinunter den grossen Aletschgletscher erreichen. An der Südseite des Längengletschers erheben sich die Beichflühen, und der Grat schliesst mit dem Stägithalhorn, das sich gegen die Furgge herabsenkt, südlich von diesem starrt die Masse des Aletschhornes empor. Es bleibt nun noch die West- seite des Thales zu schildern übrig, die ich zum Theil schon beim Uebergang über den Lötschenpass berührt. Südlich vom Kummhorn oder Ferderrothhorn zieht sich der Ferdengletscher gegen den Grat hinauf, über wel- chen ein Pass ins Leucker Bad führt. Nun folgt der Bestigrat, der sich zu den Fresinspitzen erhebt, und in dem Restirothhorn endigt. Am südlichen Fusse dessel- ben ziehen sich die Restialpen hin, über welche ebenfalls ein Pass ins Leucker Bad führt. Diese werden gegen Süden von dem Faldumgrat eingeschlossen, der sich über die Laucherspitzen zum Faldumrothhorn erhebt, zwischen welchem und dem Niven im Süden durch den Faldum- grund ebenfalls ein Pass ins Leucker Bad führt. Ich habe bei der Schilderung der einzelnen Theile —_— 219 — des Lötschenthales immer zugleich die Stellen angemerkt, über welche Pässe möglich sind. Ich will nun zum Schlusse noch einen Weg erwähnen, den vor ‚einigen Jahren ein Einwohner des Lötschenthales, Joseph Ebener, zurückgelegt hat, den nach ihm wohl Niemand weiter einschlagen wird. Er hatte meinen Reisegefährten, Hrn. Gottlieb Studer, über den Längengletscher und die Furgge auf den Aletschgletscher und die Märjelenalp begleitet. Statt nun, wie dieser ihm rieth, über den obern Aletsch- oder Jägigletscher zurückzukehren, zog er es vor, gleich den Ollmergletscher am Fusse des Aletschhornes hinanzusteigen, er ganz allein, mit einem Beile bewaffnet. Er gelangte glücklich den Gletscher hinauf auf den Grat, über welchen sich die Spitze des Aletschhornes , die leicht zu erreichen gewesen wäre, nur wenig mehr erhob. Auf der Nordseite des Grates aber senkte sich eine steile harte Firnwand gegen den untern Gletscher hinunter. Er musste nun Schritt für Schritt abwärts mit dem Beile Tritte einhauen, und ge- langte so glücklich auf den untern Theil des Gletschers, und kehrte von diesem über die Furgge wieder ins Lötschenthal zurück. Es erübrigt noch, den Weg aus dem Lötschenthale ins Rhonethal hinunter zu schildern. Gleich unterhalb Ferden wendet sich das Thal, und zieht sich gegen Sü- den, während das Lötschenthal als solches parallel mit dem Rhonethal läuft. Man steigt über Golschenried zu der Kapelle im Goppenstein hinunter. Von hier an ver- engt sich das Thal, und wird zur Schlucht, die sich , meistens mit Wald bedeckt, bis ins Rhonethal hinabzieht. Die Zeitungen haben gemeldet, dass in den letzten Jah- ren durch die Aktiengesellschaft der Bleimine eine neue Strasse ins Lötschenthal sei angelegt worden. Indessen — 30 — beginnt dieselbe erst eine Strecke unterhalb Goppenstein bei einigen Kohlenhütten, von wo der Fussweg zu der Mine hinaufführt, also wohl 5 Viertelstunden unterhalb Kippel, und zieht sich dann regelrecht mit vielen Wen- dungen und Stützmauern durch die Schlucht nach Steg, Gampeln gegenüber, hinunter, das man von Goppenstein aus in fünf Viertelstunden erreicht. Am Ausgang der Schlucht, gleich oberhalb Steg, ist eine grossartige Schmelze neu erbaut, mit lang dahingezogenem und thurmartig aufwärts strebendem Kamine, um die bösen Dünste unschädlich abzuleiten. Ich kann das Lötschenthal noch nicht verlassen , obne auch eine kurze Andeutung von der Südseite des Nestgrates zu geben. Während die Nordseite desselben nur einige unbedeutende Gletscher ins Lötschenthal her- absendet, und daher keine eigentliche Thalbildung sich vorfindet, ist die Firnmasse, die sich auf der Höhe des Grates lagert, mehr gegen Süden geneigt, so dass von dieser aus sich gewaltige Gletscherarme zu Thale ziehen, und durch die Abflüsse derselben vier Thäler oder vielmehr Thalschluchten gebildet werden, die bisher kaum dem Namen nach bekannt waren. Dieselben lie- gen zwischen Naters und Gampelen, und folgen von Osten nach Westen so auf einander. Von dem Breit- horn des Lötschenthales zieht sich südlich ein Grat, der den Breithorngletscher von dem obern Aletsch- oder Jägigletscher trennt, gegen das grosse Nest- oder Bell- horn oberhalb der Bellalp hin. Südlich von diesem gros- sen Nesthorn breitet sich der Gredetschgletscher aus, der durch einen Arm mit dem Breithorngletscher in Verbindung steht, nnd bildet durch seinen Abfluss das Gredetsch- oder Mundthal, östlich von dem Gerstenhorn, westlich von dem Alpelhorn begränzt, das sich bei Mund, — 301 — Glys gegenüber , öffnet, in dessen Nähe die Quelle des Briegerbades unter einer Felswand in sumpfigem Boden hervorquillt, die grosse Aehnlichkeit mit dem Wasser des Leuckerbades bat. Auf das Gredetschthal folgt westlich das Baltschiederthal. Im Hintergrunde dessel- ben, das sich Vispach gegenüber öffnet, ist eine anselin- liche Gletschermasse gelagert, die verschiedene Namen trägt. Zwischen dem Breithorn und dem Nest- oder Biesthorn, durch den Grat des Elwerücks mit einander verbunden , dehnt sich nämlich in der Nähe des Breit- hornes der Breithorngletscher , in der Nähe des Biest- hornes der Biesthorngletscher aus. Es ist dieses übri- gens dieselbe Firnmasse, die nur von der Umgebung her verschiedene Namen erhält. Dieser Firn wird auf der Südseite durch das Jägihorn und seinen Grat begränzt, und nimmt dort den Namen Jägigletscher an. Von dem Biesthorn zieht sich ein Grat gegen das Baltschiederthal hin, der in seiner höchsten Spitze ebenfalls den Namen Breithorn trägt. Zwischen diesem Breithorn und dem vorhingenannten Jägihorn senkt sich der Biesthornglet- scher gegen das Baltschiederthal hinunter, und erhält in seinem untern Theile den Namen Baltschiedergletscher. Südlich von dem Grate des eben genannten Breithornes zieht sich gegen das Biesthorn hinauf noch ein kleinerer Gletscher, der Triftgletscher , der seinen Abfluss eben- falls von der Westseite her dem Baltschiederthal zusen- det. So wird der Bach dieses Thales von einer grossen Gletschermasse genährt, und durchläuft in drei Stunden das Thal der Rhone zu. Westlich vom Biesthorn, zwi- schen diesem und dem Hohengleifen, dehnt sich der Biestgletscher aus, der in vielen Abflüssen über die Stelle im Rämi abfliesst und das Bietschthal bildet, das sich oberhalb Raron ins Rbonethal öffnet. Endlich dehnt — 302 — sich westlich vom Hohengleifen, zwischen diesem und dem Kastlerhorn, der ljolegletscher aus, dessen Ausfluss Ijole das Ijolethal bildet, das zwischen Raron und Nie- dergestelen ins Rhonethal ausmündet. Diese vier Thäler werden nur im Sommer bezogen. Ich hätte während meines kurzen Aufenthaltes im Lötschenthale unmöglich mich mit allen diesen Einzeln- heiten der Gegend bekannt machen können, wenn ich mich nicht der gütigen Beihülfe des Hrn. Ingenieur Bachofen zu erfreuen gehabt hätte, der zum Behufe der eidgenössischen Vermessung einige Monate dieses Som- mers in diesen Thälern sich aufgehalten, und dem ich für seine Mittheilungen sehr dankbar bin. Wir geben nun zum Monte leone über. Wer das Wallis hinauf- oder hinabreist, oder auf einer der Berg- höhen, die Wallis von Bern scheiden, sich befindet, dessen Blick wird vor allem aus durch ein weites Firn- feld angezogen, dessen Scheitel sich oberhalb Brieg ge- gen den Himmel erhebt, und den Hintergrund des Sal- tinethales, oder die höchste Spitze des Simplonpasses bildet. Es ist dieses der Monte leone. Einen bestimm- ten deutschen Namen trägt er nicht. Auf dem Simplon nannte man uns den Namen Hühnerhörner, von den Steinhühnern her, die sich gegen diese Richtung hin vorfinden. Auf Kellers Karte heisst er Breithorn. In- dessen wird dieser Name von andern dem Mäderhorn gegeben. Will man die nähere Umgebung dieses Berges ins Auge fassen, so bietet sich der beste Standpunkt bei der Hütte Tavern auf der alten Simplonstrasse, eine Stunde unterhalb des Hospitzes, dar. Hier zeigt sich gegen Osten gleich oberhalb der neuen Strasse, die in einem Halbkreis die Thalschlucht von Tavern umschrei- tet, der Kaltwassergletscher in seiner ganzen Mächtig- — 308 — keit, auf der nördlichen Seite von dem Mäderhorn be- gränzt, auf der südlichen von dem Monte leone, der in drei Spitzen sich erhebt, und vor welchem gegen das Hospitz hin das Schönhorn gelagert ist. Wir trafen den 8. August Abends im Hospitz ein, wo wir aufs gast- freundlichste aufgenommen wurden. Beim Nachtessen brachten wir unsern Plan zur Sprache, Morgen bei schönem Wetter den Monte leone zu ersteigen. Allge- meines Erstaunen. Noch habe Niemand seine Spitze betreten, es gehe alles über Gletscher , und diese fürchte man sehr. Man sagte uns, einer der Conventualen , Hr. Alt, habe vor einigen Jahren mit Hrn. Prof. Forbes das Mäderhorn erstiegen, und dieser bot sich an, auch uns dahin zu geleiten. So wurde für den 9. August die Abrede zur Besteigung des Mäderhornes getroffen. Um 4 Uhr machten wir uns bei wunderschönem Wetter auf den Weg. Da aber der Monte leone so lockend mit seinen Firnzionen vor uns lag, machten wir Hrn. Alt den Vorschlag, die Besteigung dieses Berges zu versu- chen. Er willigte ein, und so wandten wir uns über Alpen am Fusse des Schönhornes hin gegen den Kalt- wassergleischer zu. Mehrere steile Geröllwände mussten quer üherschritten, und harte Schneekehlen übersetzt werden, und so gelangten wir an den südlichen Rand des Kaltwassergletschers, der durch ein Felsriff von dem Gletscher des Monte leone und Schönhorns, der auch _ Kaltwassergletscher heisst, getrennt ist. Hier wandten wir uns südlich gegen das Schönhorn hin, und betraten um. 6 Uhr diesen Gletscher. Wir stiegen zuerst ein Schneethälchen hinan, dann lag ein ca. 100 Schuh ho- her Eiswall vor uns, in diesem schneereichen Sommer mit spärlichem Schnee bedeckt, doch immer so, dass ‚man ohne Anstrengung denselben erklimmen konnte. — 304 — Oberhalb desselben öffnete sich ein breiter Schrund, der umgangen werden musste. Hier wurden nun die Glet- schervorrichtungen zur Hand genommen, und alle an ein Seil geknüpft. Hr. Alt zeigte keine Lust, uns wei- ter zu begleiten, und entschloss sich nach einigem Zö- gern wieder umzukehren. Wir dagegen stiegen nun rasch den Gletscher empor, den Monte leone mit seinen drei Spitzen unmittelbar gegen Osten vor uns. Der Firn erhob sich ziemlich steil, doch war der Schnee hart und körnig, und die Schründe, die wir überschreiten muss- ten, boten keine Schwierigkeiten dar. Wir waren so ungefähr eine Stunde aufwärts gestiegen, als der Glet- scher in zerborsienen Massen uns entgegentrat, was uns nöthigte, uns nordwärts auf ein Felsriff zuzuhalten, das diesen Theil des Gletschers von dem untern Kaltwasser- gletscher trennt. Hier rasteten wir einige Augenblicke, und da keine Aussicht war, weiter oben Proben der Steinart zu erhalten, so nahm ich hier eine solche mit, es war Gmneis. Von da musste wegen der zahlreichen Schründe der Gletscher, der sehr steil anstieg, mit Vorsicht wieder betreten, und der am wenigsten steile Weg zwischen dem nördlichen und mittlern Gipfel eingeschlagen wer- den. In einer Stunde hatten wir den Grat zwischen diesen beiden Spitzen ohne Schwierigkeit erreicht. Hier dehnte sich nun ein weites Firnfeld aus, das unter dem Namen Alpiengletscher sich gegen Simpeln herabsenkt. Die südlichste Spitze des Monte leone ragle wie ein Zuckerhut aus demselben empor. Wir wandten uns, die mittlere Spitze überschreitend, derselben zu. Der Firn stieg, durch einen Schrund getrennt, zu derselben hinan, auf der Westseite dagegen senkte sich der Gipfel (Fortsetzung folgt in nächster Nummer.) MITTHEILUNGEN DER NATURFORSHCENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. ON do. | 1851. Prof. Melchior Ulrieh. — Das Lötschenthal, der Monte leone, der Portiengrat und die Diablerets. {Fortselzung.) in steilen Felsmassen gegen den Gletscher, den wir hin- aufgestiegen, hinunter. Der Schrund wurde glücklich überschritten, und dann mit dem Steinbammer einige Tritte in: das Eis eingehauen, die uns glücklich auf die Höhe führten. Indessen war hier kein Platz zum 'Ste- hen, der Grat war scharf wie ein Messer, und wir muss- ten uns auf der Ostseite Standpunkte bereiten, so dass - wir. nur. mit dem Kopf über den Grat binsehen konn- _ien. Es war 9 Uhr 15 Minuten, als wir uns hier fest- gesetzt. Wir hatten also ca. 5 Stunden gebraucht. Der Barometer zeigte am 9. August 91% Uhr Vormittags FE 507,50 millim. Thermom. fix + 16° frei + 4° C. "was mit den Beobachtungen von H. Rion in Sitten und H. de /’Eglise auf dem Hospitz. Simplon verglichen eine | Höhe von 10671 Par. Fuss über Meer ergibt. Die Aus- sicht auf diesem ganz freistehenden Punkte war bei dem htvollen Tage ausgezeichnet. Gegen Westen wurde E.. zwar durch die beiden Fletschhörner, das Weiss- mies und den. Portiengrat, die ganz in der Nähe sich Band I. 20 — 306 — erhoben, begränzt, gegen Norden dagegen lag die ganze Bergreihe von der Dent du midi bis über den Bernina hinaus vor uns ausgebreitel, Spitze an Spitze, Gletscher an Gletscher, mehrere der grössten Gletscher lagen ganz vor uns entfaltet, so der Aletsch-, der Viescher-, der Rhonegletscher, auch die ganze Masse des Dödi war deutlich zu unterscheiden, und südöstlich vom Bernina ragten Bergspitzen in heller Klarheit empor, die wir nicht zu bestimmen wagten. Gegen Süden war der Ho- rizont so weit, dass wir die Umrisse der Appeninen zu unterscheiden vermochten , und aus dem Nebelllor , der die Landschaft bedeckte, glänzte ein Stück des Lan- gensees hervor. Das Rhonethal war an mehreren Stel- len sichtbar, Brieg und Naters lagen gleich zu unsern Füssen. Auf das Schönhorn und das Mäderhorn blick- ten wir, wie auf zwei Trabanten des Monte leone, hin- unter. Jenseits des Firnes gegen NO. erhob sich noch eine vierte Spitze des Monte leone, die vom Thale aus nicht sichtbar ist, und die vielleicht noch einige Fuss höher sein mag, als die, auf welcher wir uns befanden. Indessen hätte es zu viel Zeit erfordert, auch diese noch zu ersteigen. Wir waren zufrieden mit unserm Stand- punkte, auf welchem wir zwei Stunden verweilten, wäh- rend welcher Hr. Studer ein Panorama über einen Theil der Aussicht skizzirte.. Wir brachen um 11 Uhr wieder auf. Während wir die Höhe erreicht, war Hr. Alt wieder ins Hospiz zurückgekommen, nnd hatte von un- serer Expedition berichtet. Die Fernrohre wurden so- gleich aufgepflanzt, und jede unserer Bewegungen beo- bachtet, selbst, sowie einer von uns den Kopf über die Schneefirst erhob, wurde dieses bemerkt, so klar war die Luft. Auf dem Rückwege bestiegen wir noch den nördlichsten der drei Gipfel, den wir beim Hinaufsteigen - u — links gelassen, und hatten hier besonders einen Blick auf den untern Theil des Kaltwassergletschers und das Mäder- horn hin, sowieins Rhonethal hinunter. Dann wurde der Rückweg über den Firn angetreten, Es ging steil hinunter, doch war der Schnee gerade so weich, um noch guten Halt za geben, die Schründe wurden glücklich passirt, auch der Eiswall ohne Gefahr beseitigt, in 5 Viertelstun- den waren wir schon auf dem Abern, und in weitern 5 Viertelstunden, also im Ganzen in 21% Stunden, lang- ten wir 11%, Uhr glücklich wieder im Hospitz an. Hier war nun grosser Jubel über unsere gelungene Expedition. Es war ein Fragen und Antworten, dass die Hallen da- von erschallten. Hr. de l’Eglise, der sich auf dem St. Bernhard zehn Jahre lang mit meteorologischen Beobach- tungen beschäftigt, hatte die Gefälligkeit gehabt, corres- pondirende ‚Beobachtungen mit dem Barometer zu ma- chen, welche ich mit bestem Danke benutzte. So war auch diese Spitze glücklich erklommen, und zwar ohne die mindesie Gefahr und Schwierigkeit. In weniger schneereichen Jahren mag der oben erwähnte Eiswall ei- tige Schwierigkeit darbieten, indessen mit einem Beile lässt er sich leicht bemeistern, und wenn man auch aus- gleiten sollte, so kann die Hinabfahrt ohne Gefahr Statt finden, da der Boden unterhalb weicher Schnee ist und sich nach und nach ausflächt. Dagegen ist die Belohnung für die unbedeutende Anstrengung ungemein gross, der Monte leone bietet wegen seiner isolirten Lage, da er besonders gegen Süden ganz frei steht, eine so umfas- ‚sende Aussicht dar, dass sich nur wenige Punkte mit ihm werden messen können. Den 9. August Abends Stiegen wir noch nach Sim- Peln hinunter. Hier wartete Franz Joseph Antamatten auf uns, der von Saas herübergekommen war. Unser — 308 — Plan war nämlich, die Kette der Fletschhörner, die Saas vom Simplon trennt, an einem’ geeigneten Punkte zu überschreiten, um: einen vollständigen Deberblick über dieselbe und ihre Verzweigungen zu erhalten. Es stun- den uns mehrere Wege dahin offen. Wir hätten gleich vom. alten Spital auf dem Simplon uns gegen den Ross- bodengletscher hinwenden ‚ denselgen überschreiten, und in. der Gegend von Balen das Saasthal erreichen können, ein.Weg, der auch schon gemacht worden. Die Fletsch- hörner, die wir bei diesem Passe südlich gelassen, - hät- ten uns aber allen Ueberblick über die Kette entzogen, Daher handelte es sich nun darum, ob wir durch Zwisch- bergen bei Gondo, oder durch Laquin bei Gsteig den Uebergang versuchen wollten. Herr Pfarrer Imseng in Saas hatte uns das letztere gerathen, da das Thal von Zwischbergen ein einförmiges etwa acht Stunden langes Thal sei, hingegen der Uebergang durch Laquin mehr Abwechslung darbiete, wobei freilich zwei Gräte, über- stiegen werden müssten. Es scheidet nämlich ein Grat, der zwischen dem Laquin- oder südlichen Fletschhorn und dem Weissmies beginnt, diese beiden Thäler von einander. So wurde der Weg durch Laquin vorgezogen, und da in Simpeln kein Führer zu finden gewesen wäre, hatte uns Herr Pfarrer Imseng seinen Knecht: Antamat- ten zu diesem Behuf nach Simpeln entgegengeschickt. Den 10. August wurde gegen 41/, Uhr aufgebrochen, und gleich bei. Gsteig oder Algaby in das Laquinthal.ein- gelenkt. Es ist dieses ein schmales ca. 11/5 Stunden lan- ges Seitenthal, von dem Bache Laquina durchströmt, an beiden Thalseiten mit Wald bedeckt. Der Weg zieht sich ander nördlichen Thalseite bin. Im Hintergrunde des- selben befindet sich eine Alpe, der Altstaffel. Hier, hat man den Blick an das Laquinhorn , von dem ein Gletscher, — 309 — der oberhalb einer hoben Felswand endigt, sich gegen das Thal herabsenkt. Der Firn dehnt sich bis gegen das Weissmies südlich aus, wird aber durch eine Bergstufe, die den Hintergrund des Laquinthales bildet, verdeckt. Diese Bergstufe musste erklommen werden, um zu ei- nem Gletscherarme der Firnmasse zu gelangen, über welchen hinauf man den Grat zwischen dem Laquinthal und Zwischbergen erreicht, Es war dieses ein tüchtiges Stück Arbeit. “Die Bergstufe war zwar nur eine Rasen- wand, die aber sehr steil anstieg, in der Mitte auf einem kleinen Plateau standen noch einige verlassene Hütten, im Bödemli genannt. Nach 21/ Stunden hatten wir die Höhe erreicht, und gelangten auf einer Einsattelung zwi- schen dieser Bergstufe und dem Grauhorn bei einigen Teichen vorbei an den Fuss des Gletschers, den wir zu überschreiten hatten. Hier wurde vorerst ein Rast ge- macht, und der Proviant vorgenommen, denn nach den Anstrengungen, die wir schon gemacht, war eine Stär- kung nöthig. Der Gletscher wurde nun betreten, er ist ringsum von verwitterten Chloritschieferfelsen eingeschlos- sen, die mit ihrer grünen Farbe der Landschaft einen ganz eigenthümlichen Charakter verleihen. Der untere Theil des Gletschers war aber; ein Gletschertisch, dessen Fussgestelle wie abgedrechselt war , zog unsere Aufmerk- samkeit auf sich, Gletscherflöhe fanden wir zu Tausen- den, so wie wir Steine vom Eise hoben, sie bewegten sich klumpenweise. Als wir zu dem Firn gelangten, galt 'es Vorsicht, denn zahlreiche Schründe durchschnitten den- selben. Da diese zu zahlreich wurden, hielten wir uns auf ein Felsriff zu, über welches wir auf den obern Firn gelangten, und dann bald den Grat erreichten. Wir hatten über den ganzen Gletscher ca. 11/ Stunden ge- #i — 310 — braucht. Es war 11 Uhr, als wir hier anlangten. Der Barometer zeigte 11 Uhr Vormittags: 545,50 millim. Thermom. fix + 14° frei + 8°.3° C. mit Sitten verglichen, 8821 Par. Fuss Höhe, Es war uns kein Name für diese Einsattelung be- kannt; wir erlaubten uns daher, dieselbe Laquingrat zu nennen. Die Aussicht auf dieser Höhe war nicht umfas- send. Wir befanden uns in einer Lücke zwischen ge- waltigen Felsmassen. Gegen Nordost blickten wir auf den Gletscher hinunter, den wir hinaufgestiegen, dann das Laquinthal binaus, an den Monte leone hin. Gegen Südwest sahen wir in der Tiefe den hintern Theil des Zwischbergerthales.. Eine 500—600 Fuss hohe Schnee- kehle, die mit hartem Schnee steil austieg, führte da hinunter. Antamatlen hatte vorgezogen, uns auf diese Einsattlung zu führen, statt auf eine höhere mehr gegen das Weissmies bin, die er gestern passirt, die er aber wegen der vielen Schründe, die er zu überschreiten hatte, nicht zum zweiten Male zu berühren wagte. Es war dieses eine unnöthige Besorgniss, denn, wenn mehrere bei einander sind, und überdiess an ein Seil geknüpft, so ist bei einiger Vorsicht an solchen Stellen wenig zu riskiren. Durch diese Abänderung verursachte er uns einen Umweg von mehr als zwei Stunden. Wir muss- ten nun nämlich vorerst die Schneekehle hinunter, was so bewerkstelligt wurde, dass einer nach dem andern am Seile herabgelassen wurde, so weit dasselbe reichte, dort sich einen Standpunkt austrat, und wartete, bis alle bei einander versammelt waren. So ging’s auf die gleiche Weise mehrere Mahle hinunter, bis sich die Wand nach und nach ausflächte. Während dieser Operation zeigten sich unten am Schneefelde zwei Gemsen, die keine Ah- nung hatten, dass sie in ihrer Einsamkeit gestört werden — 311 — würden. Ein donnerndes Halloh überzeugte sie vom Gegentheil, was die armen Thiere so erschreckte, dass sie in gewaltigen Sätzen über ein Schneefeld hinauf Reiss- aus nahmen. Die Schneekehle hatte uns oberhalb des Hintergrundes des Zwischbergerthales gebracht. Wir kletterten nun an den aus verwitterten Chloritschiefer- felsen bestehenden nördlichen Wänden in beträchtlicher Höhe westwärts, ohne die Thalsohle zu betreten, und gelangten so endlich, nachdem wir zahlreiche Felsspornen übersetzt, bald über Gandtrümmer hinunter, bald hiu- auf geklettert waren, an den Saum des Zwischberger- gletschers, der den Schluss des Zwischbergerthales bil- det, und in gewaltigen Massen von den steilen Felswän- den des Portiengrates, Piz Parabianco im Antronathale genannt, sich herabsenkt, ein Gletscher, der, wenn er in einer besuchtern Gegend läge, allgemein bewundert würde. Wir stiegen ein Schneefeld am Rande desselben hinan, bis die Schründe uns nöthigten, einen andern Weg einzuschlagen. Wir hielten uns nun auf eine steile Gufferwand zu, über deren Blöcke, die meistens nicht die grösste Festigkeit hatten, wir gegen die Höhe hin- aufkletterten. Während dieses anstrengenden Steigens erfreute uns ein Anblick, der uns ganz unerwartet war. Ueber den Grat, der Zwischbergen von Antrona trennt, blickten wir nämlich auf den Langensee hinunter. Wir sahen den Einfluss der Toccia in denselben, wir konn- ten die einzelnen Häuser von Suna und Palanza unter- scheiden, aus dem blauen Spiegel tauchten die Baromäi- schen Inseln empor, alles im hellsten Sonnenglanze, und 'was den wundervollen Anblick noch erhöhte, ein Nebel- flor dehnte sich oberhalb aus, so dass die Landschaft wie ein abgeschlossenes Tableau vor uns lag. Man denke ‚sich nun den Contrast!! Wir von Eis und Schnee um- — 312 — geben, wo die Sonne nur in bleichen Strahlen erglänzte, und vor unsern Augen dieses in den glühendsten Far- ben strahlende Bild! Einen andern, zwar minder frap- panten, Anblick gewährte uns das Vigezzathal, das Dome d’Ossola mit Locarno verbindet. Auch hier glänzte. alles im hellsten Sonnenschein, und die neue Strasse zog sich wie ein Silberband durch die grünen Matten und: zwi- schen den zahlreichen Dörfern. Auf der Höhe der Guf- ferwand angelangt, lag die Schneekuppe des Weissmies vor uns; ein Schneefeld führte auf den Grat, den wir südlich von demselben-zu betreten hatten. Dieses wurde quer überschritten, und um 4 Uhr befanden wir uns endlich auf dem Grat, den wir, weil. er nördlich von den Felsmassen des Portiengrates liegt, ebenfalls Portien- grat nannten, da er keinen besondern Namen trägt. Wir hatten also vom Laquingrat bis dahin ca. fünf Stunden gebraucht. Da es wohl noch zwei Stunden erfordert hätte, das Weissmies zu ersteigen, so mussten wir die- sen Plan aufgeben, und so war unser Zweck,; einen Ueberblick über diese Bergkette zu erbalten, ıtheilweise vereitelt. Denn auf der Höhe übersahen wir bloss einen Theil des Saasgrates, und vom Portiengrat südlich den Mittelrück, die Sonne oder. das Sonnighorn , den Weiss- fad, das Stelliborn, und uns gleich gegenüber das Kan- zelti oder Steinthälihorn und das Allmagellhorn, vor wel- chen der Rothenplattengletscher sich gegen die Allmagell- alpen herabsenkte. Auf dem Grate wehte ein so eisig kalter Wind, dass wir nur einige Augenblicke. da ver- weilten, und ich etwas, unterhalb . desselben an einer geschütztern Stelle in Eile eine Barometerbeobachtung machte. . Er zeigte 4 Uhr Abends: 518,40 millim, Thermom. fix + 8° frei + 8° GC, mit Sitten verglichen 10,105 Par. Fuss. — 3B — Wir stiegen dann eine mit Felsriffen durchzogene Geröllwand gegen ein Schneefeld hinunter. Beim Ueber- schreiten desselben war der Schnee so weich, dass wir bei jedem Schritte bis über die Kniee einsanken, und zuweilen nur mit der grössten Mühe vorwärts kommen konnten, so dass wir froh waren, endlich das Abere zu betreten. Die Steinart war prächtiger weisser Glimmer- schiefer, ‚von welchem der- Boden ganz erglänzte. Es soll bier in der Nähe Titan gefunden werden, wir muss- ten uns mil einigen Granaten begnügen. Der Weg zog sich noch ziemlich weit an Rasenabhängen hin, ehe wir in: die Thalsohble der Allmagellalpen gelangten. Diese wurden um 6 Uhr erreicht, in einer Sennhütte auf den anstrengenden Marsch eine warme Milch genossen, und dann weiter das Thal hinaus geschritten, dem Lehmbache, dem Abfluss des Rothenplattengletschers , nach. Wir stie- gen neben dem wunderschönen Wasserfalle des Lehmba- ches. durch einen berrlichen Lerchenwald in die Thallläche von Allmagell im Saasthale herunter, das wir in. drei Viertelstunden erreichten, und in‘ weitern drei Viertel- stunden lJangten wir endlich glücklich in Saas an, nach einem: anstrengenden Marsche von 14 Stunden, die Ra- sten nicht gerechnet. Seit dem: vorigen Jahre ist hier ein neuer Gasthof, zum Monterosa, entstanden, von Alois Zerbrücken aufs Beste besorgt. Derselbe befindet sich auf dem östlichen Abhange oberhalb des Dorfes. Man ist in den freundli- chen Zimmern sehr gut aufgehoben, die. Bedienung ist reinlich, das. Essen reichlich. und die Zeche billig. Der ‚Wirth ‚bat zugleich den Anfang zu einer geologischen und mineralogischen Sammlung der Gegend gemacht, ‚die jetzt schon manches Interessante darbietet. 0. Der 11. August wurde zum Rasttage bestimmt, und —_— 3lh — bei dem prächtigen Wetter ein Ausflug nach Fee ge- macht. Man überschreitet oberhalb Saas die Visp, und steigt dann den felsigen, mit Lerchen und Arven besetz- ten, Hügelabsatz hinan, bei mehreren Stationskapellen in italienischer Bauart vorbei, bis man in einer kleinen Stunde den Thalkessel erreicht, in welchem auf grünen Matten die Hütten von Fee liegen. Gleich herwärts des Dorfes, oberhalb der letzten Stationskapelle, bietet sich auf einem Felsenvorsprung eine Gebirgs- und Gletscher- ansicht dar, wie sie nur selten in dieser Schönbeit sich zeigt. Jenseits der Hütten von Fee senkt sich die Masse des Feegletschers ins Thal hinunter, durch die Gletscher- alpe in zwei gewaltige Arme getrennt, von welchen der südliche, von der Schneekuppe des Allelinhornes ge- krönt, am Fusse des Eginer vorbei in zerborstenen Mas- sen sich herabsenkt, der nördliche steigt zu den Firn- sätzen hinan, die terrassenartig sich bis zum Gipfel des Alphubels erheben. Nördlich vom Alphubel starren die Felsmassen der Mischabelhörner empor, die man vom Fuss bis zur Spitze ganz überblickt, eine Höhe von ca. 8000 Fuss. Von diesen senkt sich der Hochbalmenglet- scher in ein Seitenthälchen hinunter, der Vordergrund mit seinen grünen Auen und Alpen bildet gegen diese starre Wildniss einen unvergleichlichen Gontrast, und um das Bild zu vollenden, stürzt links zur Seite der Fee- bach durch einen tiefen Felsenschlund gegen das Saas- thal hinunter. Es geht die Sage in Fee, es habe vor ca. 100 Jahren ein rüstiger Gemsjäger den Versuch ge- macht, eine der Spitzen der Mischabeln zu ersteigen, ein Bund Stroh zu diesem Behufe mitgenommen, und die Abrede getroffen, er wolle, sowie er die Spitze erreicht, dasselbe anzünden. Man habe wirklich auf der Spitze des Nadelgrates, wie der zweite Gipfel heisst, den Rauch - Mi — aufsteigen sehen, der Mann aber sei nicht mehr zurück- gekehrt. Wenn die Umgegend von Saas eine Auswahl von erhabenen Gebirgs - und Gletscher-Ansichten darbie- tet, so ist sie auch noch in einer andern Beziehung merkwürdig. Gleich jenseits der Visp quillt nämlich in mit Eisenocker durchzogenem Boden eine Mineralquelle hervor, auf welche uns Herr Bezirksarzt Dr. Anden- matten von Saas, in Vispach wohnhaft, der gerade hier auf Besuch war, aufmerksam machte. Eine Partie die- ses Wassers wurde in vorschrifisgemäss gefassten Fla- schen nach Zürich geschickt. Herr Professor Eduard Schweizer hat die Güte gehabt, die qualitative Analyse desselben zu bestimmen. Sein Gutachten geht dahin: „Dieses Wasser ist vollkommen klar, besitzt keinen Geruch, hingegen einen schwach zusammenziebenden Ge- schmack. Die Temperatur der Quelle fand man bei 81/9° Lufttemperatur zu 199%. Seine Haupibestandibeile sind folgende: 1. Schwefelsaurer Kalk. Derselbe ist in so bedeutender Menge vorhanden, dass er sich schon beim Abdampfen des Wassers auf die Hälfte in Krystallen aus- scheidet, und dass beim Vermischen des Wassers mit der gleichen Menge Weingeist ein starker flockiger Nie- derschlag entsteht. 2. Schwefelsaure Magnesia. In geringer Menge. 3. Schwefelsaures Natron. In sehr geringer Menge. Chlornatrium. In sehr geringer Menge. Kohlensaurer Kalk. Kohlensaure Magnesia. Eisenoxyd. Spuren. Freie Kohlensäure. Geringe Menge. SIEH — 316 — Es kommt dieses Mineralwasser sowohl in seinen Eigenschaften als seiner Zusammensetzung mit dem Mi- neralwasser von Weissenburg im Kanton Bern (s. Ana- Iyse dieses Wassers von Fellenberg) sehr nahe überein; es unterscheidet sich von demselben jedoch durch die niedrigere Temperatur, welche bei letzterem 27 —-29° beträgt.“ Unser Plan war gewesen, über die Gletscheralpe hinauf auf den Firn des Feegletschers zu gelangen, von da den Grat beim Alphubel zu erreichen, und einen Weg nach Täsch im Matterthale hinunter zu suchen. Hr. Pfarrer Imseng hatte die Güte gehabt, die Gegend vor- her zu rekognosziren, diesen Pass aber unzugänglich ge- funden,, und wir selbst mussten uns bei näherer Prüfung desselben davon überzeugen, so dass wir uns nun ent- schlossen, den Weg über das Weissthor zu versuchen, und von dort entweder über den Gorner- oder den Fin- delengletscher nach Zermatt zu gelangen. Wir begaben uns daher den 11. August Abends noch auf die Distel- alp im Hintergrunde von Saas. Die folgenden Tage trat aber so schlechtes Wetter ein, dass wir, ohne unsern Zweck zu erreichen, wieder das Thal verlassen mussten, und keine weitere Ausbeute davon trugen, als die Wahr- nehmung, dass der Schwarzberggletscher oberhalb des Allelingletschers seit dem vorigen Jahre bedeutend gegen ' das Thal vorgerückt sei. Jetzt schon war der Thalbach durch denselben etwas aufgestaut, und wenn das Vorrü- cken so fortschreitet, wird der Gletscher in wenigen Jah- ren das Thal überschritten haben, und wie der Allelin- gletscher den Mattmarksee bildet, ebenfalls den Thalbach zum See anschwellen. Schon 1818 war dieses der Fall gewesen, und der Gletscher seit dieser Zeit wieder über be En — — 37 — das ganze Thal zurückgewichen. Nun scheint wieder die entgegengesetzte Bewegung eingetreten zu sein. Wir wollten nun die Reise umgekehrt machen; ins Bagnethal einleuken, und von da über die Gletscher bis nach ‚Zermatt durchzudringen suchen. Aber auch hier gebot uns die ungünstige Witterung Halt. Wir konnten nur bis nach Lourtier im; Bagnethal gelangen, wo; wir uns durch den Gemsjäger Bernard rolliet über die Ver- zweigungen der Bergketten dieses Thales belehren liessen, und endlich noch als letzten Versuch die Besteigung der Diablerets uns vorsetzten, um wenigstens von diesem Punkte aus einen Ueberblick über die Bergmassen: des Bagnethales zu erhalten. Bei schönem Wetter stiegen wir, Mittags den 18. August von Aigle die neue Strasse. gegen die Ormonds hinauf. Dieselbe ist ganz kunstgerecht ausgeführt, und bietet beim Hinansteigen einen hübschen Ueberblick über die Umgegend. Plötzlich aber verändert sich der Cha- rakter der Landschaft, die Waldregion wird vorherr- schend,; das Thal zur Schlucht, in deren Tiefe die -Eau- grande dem Genfersee zuströmt. Sogar ein kleiner Tun- nel muss passiert werden, und in zwei Stunden gelangt man. nach Seppey in den Ormonds-dessous. Die. Gegend hier ist: ziemlich einförmig, meistens Wald, auf.den Mat- ten. viele zerstreuten Hütten. Denselben Charakter ‚hat der. Weg gegen die Ormonds-dessus hinauf, unter. der Burg Aigremont hin. Das Dorf de l’Eglise rechts. in der Tiefe lassend gelangt man nach weitern zwei Stun- den'zu den Ormonds-dessus oder au Plan des Illes. Hier ist man ganz in der Alpenregion, und die Umgebung hat einen erhabenen Charakter. , Namentlich zieht das Creux de Champ im südlichen Hintergrunde der Wiesenfläche, auf welcher die Häuser von Plan aux Iles liegen, den — 318 — Blick auf sich. Dieses Creux de Champ ist nämlich ein Halbkreis von Felswänden, über welchen sich Gletscher ausdehnen, die von dem Grate der Diablerets überragt werden. Oestlich davon erhebt sich die Pointe du Sexrouge, westlich die beiden rochers du Culand. Es ist dieses ein Anblick, der besonders für Maler viel Interesse darbietet. In etwas kleinerm Massstabe wiederholt sich diese For- mation westlich eines mit Wald bedeckten Bergrückens, am Fusse der rochers du Culand. Um auf die Diablerets zu gelangen, mussten wir diesen Bergrücken übersteigen, und unterhalb der Felswände dieses Halbkreises in einer Sennhütte au Chalet vieux, die übrigens ein neues stei- nernes Gebäude ist, mit dem Gemsjäger Jean David En- serme, der uns von dem Präsidenten der Gemeinde au Plan als ganz zuverlässiger Führer empfohlen wurde, übernachten. Den 19. August wurde gegen 5 Uhr bei schönem Wetter der Marsch angetreten. Es ging gleich von der Sennbülte an steil aufwärts über Rasenwände Der Rasen wurde immer spärlicher, an seine Stelle trat Ge- röll und Felsklippen, der Blick in die Tiefe wurde im- mer lauterer. So stiegen wir etwa 11/5 Stunden hinan, einen Weg, den ich am besten mit dem auf den grossen Mythen vergleiche, nur dass er etwas weniger steil sein mochte, Ueber uns thürmten sich gewaltige Felsen auf, die Wände des unteren rocher du Culand. Wir waren nun am Fusse derselben, und der Weg schien völlig abgeschnitten. Nur eine Runse oder ein Kamin auf der Ostseite des Halbkreises bot das Mittel, in die höhern Regionen zu gelangen. Es ist dieses die Borne de Cu- land. An den Vorsprüngen wurde diese ca. 20 Fuss hohe Felsspalte erklommen, und wir befanden uns nun auf einem Alpengrund, der aber nur von den Gemsen — 319 — benutzt wird, auf dem Gipfel der Felswand, an deren Fusse unser Nachtlager lag. Unser Führer Enserme glaubte nun am Ziele seiner Wanderung zu sein, wir belehrten ihn aber eines Bessern, und wiesen ihm als Ziel die Diablerets, die wir nach Umschreitung eines Felssatzes erblickten. Er erklärte, weiter hinauf sei er noch nie gekommen, der Präsident müsse ihn missver- standen haben, und so sahen wir uns auf Madutz allein und sein Talent, in solchen Gegenden den Weg zu fin- den, angewiesen, doch konnten wir den Enserme nicht entlassen, da er mit unserm Proviant belastet war. Nach Umschreitung des Felsvorsprunges des untersten rocher du Guland gelangten wir auf ein Schneefeld, das sich gegen die Gletscher des Creux de Champ herabsenkte, und gegen Westen zu dem Grate emporstieg, der den untern rocher du Culand mit dem obern verbindet. Wir stiegen zu dem Grate empor, und erreichten ihn in fünf Viertelstunden, eine Gemse vor uns hertreibend. Der Standpunkt war hier so ausgezeichnet, dass Hr. Studer beschloss, hier eine Skizze aufzunehmen, da wir nicht wissen konnten, ob wir auf dem Gipfel der Diablerets, wenn wir dahin gelangten, gegen Mittag eine ebenso günstige Beleuchtung haben werden, als jetzt gegen 8 Uhr Vormittags. Dieser Grat steht nämlich bedeutend gegen Westen vorgerückt, so dass theils der obere rocher du Culand, an dessen Fuss wir uns befanden, theils die Diablerets, da sie weiter östlich zurückstehen, uns ge- gen Süden nichts verdeckten. Die ganze Gebirgsmasse des südlichen Wallis lag vor uns ausgebreitet, ein ei- gentliches Chaos von Gipfeln, das wir aber, da wir nun so ziemlich heimisch in diesen Bergen waren, mit gros- sem Genuss entzifferten. Im fernen Osten bildeten die beiden Fletschhörner mit dem Weissmies, die wir vor — 320 — einigen Tagen in der Nähe begrüsst, die Gränze. Vor ihnen lagerten sich. die Mischabelhörner. Dann folgte das Weisshorn mit seiner Kette, dem Rothhorn und dem Gabelhorn, hinter welchem die Spitze des Monte rosa hervortauchte. Mit dem Matterhorn begann eine weitere Kette, die durch die Dent blanche und den Grand Cornier gebildet wurde, vor welchen die Couronne de Breone und der Sasseneire als Vorberge sich lagerten. ' Die Dent de Rong überragte die Kette der Dents, die mit dem: Vejuy endigt, und mit den Pointes rouges gegen Süden schliesst , hinter welchen der Mont Collon sich erhob. Nun begann gegen Westen ein ganzer Gebirgs- stock sich zu entfalten, den wir bis jetzt noch nie in dieser Ausdehnung erblickt, sondern nur einzelne Par- tien davon. Es war die Masse, die mit der Pigne d’Arolla im ' Osten beginnt, mit der ‚Pointe de Rouinette ‚oder dem Mante, dem Grand Otemma des Hrn. Berchtold , ihre höchste Spitze erreicht, und mit dem Mont Pleureur gegen Westen schliesst. Vor dem letztern 'erhob. sich der Gipfel des Montfort, der die Grenzscheide zwischen Heremance und Bagne bildet. Nun folgte in unserer Nähe die Spitze des Haut du Cry, und westlich. von diesem ragte der stolze Combin empor, von dem 'Gor- bassieregletscher bis zum Gipfel erreicht. Dann schloss sich der. Velan und der Pic de Cogne an, und endlich erhob sich über den Dent de Morcle die ganze Gebirgs- masse des Montblanc. Von dieser senkte sich der Blick ins. Thal hinunter, und der ganze Genfersee lag wie ein Binnenmeer mit. seinem ‚blauen Spiegel vor uns ausge- breitet, dann folgten die Waadtländerberge, unter denen der Tour d’Ay und de Majan sich durch ihre Form auszeichneten, ihnen schlossen sich die Freiburgerberge (Schluss folgt in nächster Nummer.) MITTHEILUNGEN DER NATURFORSHCENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. BE - 1851. Prof. Melchior Ulrich. — Das Lötschenthal, der Monte ieone ,-der Portiengrat und die Diablerets. (Schluss.) an, und das Panorama endigte mit der Kuppe des Stock- hornes. Senkrecht unter uns blickten wir auf die Alp Anzeindaz hinunter, wohl 2000 Fuss tief, das Glocken- geläute der Heerde tönte zu uns herauf. Diese ganze Aussicht war auch nicht durch ein Nebelchen gestört, alle die Gletscher und Spitzen glänzten im frischen Glanze der Sonne. Nachdem wir uns an dieser erhabenen Aus- sicht erlabt, galt es nun, den Weg auf die Diablerets weiter zu verfolgen. Wir gedachten zuerst, die Kuppe des obern rocher du Culand zu überschreiten, und von da aus die Felsenburg der Diablerets zu ersteigen,, aber - die Felswände waren zu steil und hoch. Wir wander- ten daher an der Nordseite desselben auf dem Gletscher dahin. An der östlichen Ecke hatten wir wieder die Diablerets vor uns. Da wir nun bereits in einer ziem- lichen Höhe waren, so beschlossen wir, auf der Ostseite des rocher die Schneewände quer zu überschreiten, und so in die Mitte eines Eiswalles zu gelangen, der den obern rocher du Culand mit den Diablerets verbindet. Band 11. 21 — 322 — Unter uns breitete sich ein Firnplateau aus, das sich bis an den Fuss der Felswände der Diablerets hinzog , und weiter gegen Osten sich zu den Gleischern herab- senkte, die die Felsmassen des Creux de Champ krönen. Wir kamen glücklich bis in die Mitte der Wand. Da trat uns aber eine Schneekehle mit hartem Eis entgegen, die sich ganz steil gegen den Firn herabsenkte, .und an deren Fuss sich ein Schrund dahin zog. Madutz war mit Enserme schon jenseits derselben. Da erklärten wir, ohne Fusstritte dieselbe nicht überschreiten zu wollen. Madutz hieb daher bei der Rückkehr Fusstritte ein, gab aber dabei auf sich selbst zu wenig Acht, so dass er plötzlich ausgleitete, und die steile Eiswand mit Blitzes- schnelligkeit herabrutschte. ‚Durch einen kühnen Sprung auf die Seite konnte er sich noch unmittelbar vor dem Schrunde aufhalten, spürte aber sogleich Schmerzen im Knie, da. er durch die Anstrengung wahrscheinlich die Sehnen verstreckt hatte. Doch klomm er wieder zu uns hinan. Ein Versuch, den er nun machte, die Spitze des rocher du Culand zu erreichen, schlug ebenfalls fehl, und so blieb uns, nachdem wir wohl eine Stunde auf derselben Stelle verweilt, nichts anderes übrig, als an einer schneereichern Stelle auf den Firn.unter uns herabzurutschen, und von da den weitern Weg aufzusu- chen. Von diesem Firnplateau aus schien uns der Eis- wall, der den obern rocher du Culand mit den Diable- rets verbindet, so hoch und steil, dass wir uns schon daran machten, den weiten Weg über die Gletscher einzuschlagen, das Creux de Champ im Halbkreis zu umgehen, und zwischen der Sex rouge und den Diable- reis den Grat zu ersteigen. Doch schreckte uns wieder der weite Weg ab, der vor uns lag, und den wir in seinen Einzelnheiten aus der Ferne nicht beurtheile — 3233 — konnten, und so entschlossen wir uns endlich, die Er- steigung des Eiswalles zu versuchen. Es wurden nun alle ans Seil geknüpft, auch Enserme, der sich bis jetzt beinahe Schritt für Schritt geweigert hatte, uns weiter zu begleiten. Wir überschritten den Schrund, und stie- gen getrost die Wand hinan, Madutz, wenn schon ver- letzt, voran, entweder mit den Fusse, oder wenn der Schnee und das Eis zu hart war, mit dem Steinhammer Tritte einhauend. Der Wall mochte ca. 300—400 Fuss hoch sein, und so steil wie eine Schanze, also ca. 45°. Es ging langsam aber sicher aufwärts, die Tritte wur- den immer schief gegen die Bergwand eingehauen, so dass man weniger ausgleiten konnte, und die Wand quer hinangestiegen. Der Schnee war so spärlich über das und ohne Gefährde auf den Gipfel der Diablerets brin- jen werde. Als wir unsers Irrthums gewahr wurden, ren wir schon so hoch hinangestiegen, dass wir we- stens den Versuch wagen wollten , ob wir nicht allein n Weg zu finden wüssten. Zudem war es uns be- kannt, dass wir, so wie wir den Gipfel der Diablerets 2 0 erreicht, ohne weitere Gefahr über die Gletscher auf die Passhöhe des Sanetsch gelangen könnten. Uebrigens war beim Hinansteigen des-Walles Jeder so sorgfältig bemüht, einen festen Tritt zu haben, und zum Ueberfluss noch alle am Seile befestigt, dass nur ein ganz ungewöhnli- ches Ereigniss, wie die Lostrennung der Eismasse, uns hätte Gefahr bringen können. Wir waren nun zwar glücklich auf der Höhe des Eiswalles, aber damit noch keineswegs auf der Höhe der Diablerets. Diese erhoben sieh noch ca. 500 Fuss über uns. Wir schritten über den Grat dahin, stiegen über Felsriffe bei einer einsamen Felsenschlucht vorbei an den Fuss des höchsten Gipfels, den wir von der Westseite her erreichten. Unter uns lag in schwindlichter Tiefe, ca. 3000 Fuss, die Alpe von Anzeindaz. An der Felswand, die wir hinabblickten-, soll einige 100 Fuss unterhalb der Stelle, wo wir uns befanden, eine Schichte Steinkoblen, sowie auch Ver- steinerungen zu Tage kommen. Eine senkrechte, ca. 20 Fuss hohe, Felswand, die wenig Haltpunkte darbot, führte gegen die Höhe. Wir fanden endlich eine schick- liche Stelle, und Enserme voran, der nun nach Ueber- schreitung des Eiswalles, durch welchen ihm der Rück- weg abgeschnitten war , alle Thatkraft wieder gewonnen hatte, rief uns von oben, es sei zur Höhe hin nicht # mehr schwierig. So kletterte einer nach dem andern die Wand hinauf, ich der grössern Sicherheit wegen ans f Seil gebunden. Oben an der Wand angelangt, nahmen wir den Proviant vor, um uns zum letzten Sturme zu stärken, und dann gings rasch die Geröllwand hinan,# und die Spitze, die uns so lange entgegengewinkt, lag nun zu unsern Füssen. Es war dieses aber nicht di höchste Spitze, und von einem Gletscher, den wir hier erwartet, keine Spur. Wir mussten einen schmalen Graf! - 395 — überschreiten, südlich blickten wir, ohne dass das Auge einen Ruhepunkt hatte, auf die Derboranceseen hinunter, wohl über 3000 Fuss tief, endlich kam der Gletscher zum Vorschein, und mit ihm die höchste Spitze der Diablerets, die sich wie eine Dachfirst aus demselben erhob. Es war 11% Uhr, als wir dieselbe betraten. Es we- hete aber hier ein so kalter Wind, und in den Bergen waren hin und wieder Nebel gelagert, auch zeigten sich einige Streifnebel in der Nähe, dass ich nur in aller Eile eine Barometerbeobachtung machte. Derselbe zeigle 11% Uhr Nachmittags: 520,05 millim. Thermom. fix + 5° frei + 3° C. mit Sitten verglichen 9930 Par. Fuss über Meer. Wir warfen nur eine kurze Umschau über die Ge- gend, das Oldenhorn oder die Becca d’Eudon mochte etwa 400 Fuss niedriger sein. Wir selbst befanden uns auf einem Firndach, das sich gegen Süden steil abdachte, und in eine Felswand endigte, die lothrecht zu den Derboranceseen abstürzte. Der Grat der Diablerets , über den wir hinaufgestiegen, lag uns nördlich zur Seite, et- was niedriger. Es galt nun den’Weg über die Gletscher auf die Höhe des Sanetschpasses zu finden. Eine wel- lenförmige Firnmasse, die sich bald zu Thälern vertiefte, bald zu Schneefirsten erhob, lag: gegen Osten vor uns. Wir hätten der Schneewand des Hauptgrates der Diable- rets nachgehen, und so die Höhe des Zanfleuronfirnes erreichen können, dabei aber hätten wir oberhalb einiger Felswände den steilen Schnee passieren müssen. Wir zogen es daher vor, durch ein Firnthälchen von der höchsten Spitze niederzusteigen, und dann über eine dritte Schneespitze der Diablerets den Zanfleuronfirn zu betreten. Dieser breitete sich in weiten Flächen zwischen der Pointe ‘de Sex rouge und dem Oldenhorn nördlich, — 6 —— und der Tour de St. Martin südlich aus, und bot keine weitern Schwierigkeiten dar. Wie wir denselben betra- ten, trennte sich Enserme von uns, und schlug den Rück- weg zwischen der Pointe de Sex rouge und dem Olden- horn ein. Wir folgten vorerst den Spuren von Gem- sen. Es ist nämlich ein ziemlich erprobtes Mittel, so wie sich auf Gletschern und Firnen Spuren von Gem- sen finden, diesen nachzugehen, indem man so am si- chersten die verborgenen Spalten vermeidet, im Falle nämlich die Gemsen auf ihrem Marsche nicht gestört werden. Auf diese Weise hatte Hr. Domherr Rion den Col de Severeu von Heremence nach Bagne glücklich passiert. Auch bier folgten wir eine Zeit lang solchen Spuren. Plötzlich aber trennten sich dieselben auf alle Seiten, so dass wir wieder auf uns selbst angewiesen waren, Höchst wahrscheinlich waren hier die Gemsen durch irgend etwas aufgeschreckt worden. Wir gelang- ten nun in die Nähe des Oldenhornes, das wir nördlich liegen liessen, und dessen Spitze mit wenig Zeitaufwand zu erreichen gewesen wäre, und hatten nun bald den Montbrun oder das Sanetschhorn nördlich zur Seite. Von hier an wurde der Firn zum Gletscher , und senkte sich mit vielen Schründen durchzogen gegen die Höhe des Sanetschpasses hinunter. Nach 4 Uhr hatten wir das Ende des Gletschers erreicht, also in beinahe drei Stunden von der höchsten Spitze der Diablerets an, und in weitern drei Stunden gelangten wir über den be- kannten Sanetschpass nach Gsteig hinunter, wo wir auf die überstandenen Strapalzen in dem gastfreundlichen Pfarrhause Ruhe und Erquickung fanden. Es ist nicht zu bezweifeln, dass der Gipfel der Diablerets schon meh- rere Male betreten worden, indessen wird dieses über den Gletscher von Zanfleuron bewerkstelligt worden sein. — 327 — Um mit Genuss diese Partie zu machen, muss man in einer Hütte auf dem Sanetsch die Nacht zubringen , um am frühen Morgen den Gletscher zu überschreiten, da beim Hinaufsteigen wohl fünf Stunden über den Glet- scher gerechnet werden müssen. Erreicht man zu frü- her Tagszeit die höchste Spitze der Diablerets, so ge- niesst man eine Aussicht, die zu den imposantesten ge- rechnet werden darf, da alle die gewaltigen Gebirgsmas- men des Südwallis in völliger Entwickelung vor den er- staunten Blicken liegen, und auch die ganze Gruppe des Montblanc in ihrer colossalen Grösse sich zeigt. Da wir in unserm diessjährigen Reiseplan durch die ungünstige Witterung vielfach gestört wurden, so bleibt namentlich das Bagnethal noch weitern Besuchen vorbe- halten, über deren Resultat ich vielleicht später Ihnen Mittheilungen machen werde. J. Kaufmann, Stud. phil. — Ueber die Entwick- lung und zoologische Stellung der Tardi- graden. (Vorgetragen den 2. März 1851.) Einleitung. Die Tardigraden bilden eine kleine Gruppe mikro- scopischer Thiere, die schon seit längerer Zeit die Auf- merksamkeit: der Naturforscher auf sich gezogen hat. Bekannt sind die Versuche, die bereits Spallanzani mit denselben anstellte, um über’ die durch Leeuwenhoek ent- dekte räthselhafte Eigenschaft derselben, nach vollständi- gem Eintrocknen selbst in jahrelanger Frist wieder auf- leben zu können, Aufschluss zu erhalten. Nachdem man — 323 — diese von Spallanzani festgestellte Thatsache wieder viel- fach in Zweifel gezogen, hat in neuester Zeit Doyere, ein französischer Naturforscher, der überhaupt über die Tardigraden die umfassendste Arbeit geliefert hat*), durch sehr genaue Untersuchungen jene ihre merkwürdige Un- sterblichkeit auf’s Neue bestätigt. So genau nun auch durch Doyere der anatomische Bau der Tardigraden be- kannt geworden, ist nichtsdestoweniger die Stellung der- selben im zoologischen System bisher zweifelhaft ge- blieben. Um in den nachfolgenden Angaben verständlich zu sein, ist es nöthig, wenigstens in kurzen Zügen eine Be- schreibung des innern Baues der Tardigraden voranzu- schicken. Man kennt gegenwärtig etwa acht Tardigradenspe- cies, die unter die Gatlungen Emydium, Milnesium und Macrobiotus vertheilt sind. Die meisten leben auf den Moospolstern, welche hie und da die Ziegeldächer be- decken, wo ihnen ihre Lebenszähigkeit gewiss zu statten kommt; wenige halten sich im Wasser auf, wo sie zwi- schen Pflanzenresten oder in dent Schlamme, der abge- fallene Blätter überzieht, ihre Nahrung suchen. Der ana- tomische Bau zeigt bei den verschiedenen Arten wenig Abweichungen. Sie sind eine ganz übereinstimmende, isolirte Gruppe und bieten gerade desswegen, weil sie keine Uebergangsformen aufweisen, für die Classifikation so’ grosse Schwierigkeiten dar. Das Aeussere eines Tardigraden stellt ein Geschöpf vor, an welchem man Bauch- und Rückenseite, Kopf und Hintertheil deutlich unterscheiden kann. Die Bauch- *) S. Annales des Sciences nat. Seconde serie. tom. 14, pag. 269—351. tom. 17, pag. 193—205. tom. 18, pag. 1—35. — 3239 — seite trägt stets acht paarig geordnete Extremitäten. Sie dienen zur Vermittlung der Ortsbewegung und sind zu diesem Zwecke an ihrem Ende mit drei bis vier scharf zugespitzten Haken verseben, die das Thier willkürlich ausstrecken und einziehen kann. Die Rückenseite bietet nichts Auffallendes dar; nur bei der Gattung Emydium ist sie von mehrern harten Schalenstücken gebildet, die mit fadenförmigen Fortsätzen versehen sind und vermöge ihrer Anordnung eine bei den andern Gattungen nicht so deutliche Segmentirung des Körpers erkennen lassen. Das hintere Leibesende geht unmittelbar in das letzte Beinpaar über, während das entgegengeselzte vordere Ende den Kopf des Thieres darstellt. Derselbe isı der Träger der Mundöffnung, welche bei"der Gattung Mil- nesium mit sechs kurz hervorragenden Palpen umgeben ist. Zwei schwarz pigmentirte Punkte, zu beiden Seiten des Kopfes gelegen, hat man als Augen erkannt, wahr- scheinlich die einzigen höhern Sinnesorgane dieser Thiere. Die Hautbedeckung der Tardigraden umhüllt die in- nern Theile als ein meist durchsichtiger schlaffer Sack, an welchem die Extremitäten als blosse Ausbuchtungen ‚erscheinen. Deutlich abgegränzte Muskelstränge durch- ziehen diese Höhle wie ein Netz nach allen Richtungen und rufen durch ihr Spiel die lebhaften Contraktionen aller Körpertheile hervor, wie sie, wenngleich in viel höherm Grade, auch bei den Räderthieren zu beobach- ten sind. Doyere hat bei Milnesium tardigradum Doy. das ganze System auf’s Genaueste dargestellt und an die- ser Species 287 einzelne Muskeln aufgefunden. Es ist mir öfters gelungen, durch Anwendung von Jodlösung die Stränge, indem sie eine gelbe Färbung erhalten, deut- lich zu machen. Von den in der Leibeshöhle gelegenen Organen — 30 — macht sich vor allen der Verdauungsapparat bemerkbar. Er stellt sich dar als ein in gerader Richtung laufender Kanal, der vorn mit der Mundöffnung beginnt und auf der Bauchseite in der Medianlinie zwischen den zwei hintersten Beinpaaren mit der Afteröffnung sein Ende nimmt. Es lassen sich an ihm füglich drei Abtheilungen unterscheiden: eine vordere, mittlere und hintere. Die vordere Abtheilung reicht von der Mundöffnung bis in die Gegend, wo die vordersten Extremitäten sich absetzen. Sie enthält einen sehr künstlich eingerichteten und ganz eigenthümlich wirkenden Zahn- und Saugap- parat. Bei den meisten Arten geht die Mundöffnung in einen ausstreckbaren Rüssel über, dessen Ende schröpf- kopfartig erweitert ist. Hinten steht derselbe unmittel- bar mit einer ziemlich langen geraden Schlundröhre in Verbindung. Die Wandung dieser Röhre ist stark, so dass eine Krümmung derselben nur gewaltsam herbeige- führt werden kann, eine Eigenschaft, die für den Me- chanismus des Zahnapparates unentbehrlich ist. Die Röhre dient nämlich zwei schief gestellten nadelförmigen In- strumenten, deren Spitzen durch zwei seitliche Oeffnun- gen in sie eindringen und bis an die Mundöffnung ge- langen können, momentan zur Aufnahme. Diese Instru- mente, die Zähne (stylets), sind durch Einlagerung von kohlensaurem Kalk erhärtet. Sie sind vorn scharf zu- gespitzt und artikuliren hinten durch eine gabelspaltige Basis mit einem sehr zarten Querbalken (fulcrum), der selbst wieder in die feste Schlundröhre eingelenkt ist. An die Basis eines jeden Zahnes heften sich Muskeln, durch deren Antagonismus diese wichtige Waffe in Wirk- samkeit gesetzt wird. — Die ganze Einrichtung wird end- lich vervollständigt durch den Saugapparat, ein kugelför- miges Gebilde, welches an das hintere Ende der Schlund- — 331 — röhre angesetzt ist und die Fortsetzung ihres Kanals durchtreten lässt. Die Saugkraft desselben beruht darin, dass radiäre Muskelfasern,, die von dem centralen, engen Kanale aus nach allen Richtungen gegen die Peripherie verlaufen, durch ihre gemeinschaftliche Contraktion den Kanal zu erweitern suchen. Wird nun gleichzeitig die hintere Austrittsstelle des Kanales geschlossen, so muss Luft oder Flüssigkeit durch die Mundöffnung einströmen, wenn nicht ein luftverdünnter Raum entstehen soll. Es ergibt sich nun leicht, zu welchem Zwecke Rüs- sel, Zahn- und Saugapparat vorhanden sind. Die Tardi- graden sind nämlich Fleischfresser. Sie greifen Infuso- rien, Räderthiere etc. auf, saugen sich an ihnen fest und lassen nun die beiden Stylete des Zahnapparates so lange gegen das Opfer wirken, bis seine Hülle durchbohrt ist. Die Zähne sind also in ihrer Wirkung zu vergleichen mit den bei saugenden Insekten vorhandenen in den Saug- rüssel eingeschlossenen Stechborsten oder mit den ver- letzenden Zähnen, die den Hirudineen zukommen. — Der Saft, der nun aus der Wunde dringt, wird durch die Thätigkeit der muskulösen Saugscheibe eingesogen; er dient dem Thiere zur Nahrung und gelangt in die zweite Abtheilung des Verdauungssystems. Bei diesem Vorgange ist wahrscheinlich noch ein anderes Organ thätig. Es findet sich nämlich zu beiden Seiten des Saugapparates ein mehr oder weniger gelapp- ter Körper von drüsiger Natur, welchem die Verrich- tungen einer Speicheldrüse angewiesen zu sein scheinen. Man hat den Ausführungsgang desselben noch nicht ver- folgen können. An einem losgerissenen Stücke eines Tardigraden sah ich denselben an der äussern Seite der Basis der Stylete vorbeigehen und eine ziemliche Strecke weit in der Richtung der letztern verlaufen. — Ob übri- — 332 — gens das Sekret die Bedeutung des Speichels habe oder ob es vielleicht auf die angepackie Beute als Gift wirke, wofür einige Beobachtungen zu sprechen scheinen, ist nicht ermittelt. Die mittlere Abtheilung des Verdauungskanals er- streckt sich bis in die Gegend des dritten Fusspaares. Sie beginnt am Saugapparat mit einer verengten Stelle, der Speiseröhre. Ihr folgt eine beträchtliche Erweite- rung, der Magen. Eine Menge von grössern oder klei- nern Ausbuchtungen, sowie eine starkgelbe, nicht selten in’s Grüne übergehende Färbung charakterisiren dieses mitten durch die Leibeshöhle sich ausdehnende Organ. Die Färbung wird hervorgebracht theils und zwar haupt- sächlich durch die Anwesenheit von eigenthümlichen Le- berzellen, theils durch die Vermischung der zu verdauen- den Massen mit der ölartigen, braungelben Flüssigkeit, welche von jenen Zellen erzeugt wird. Nach hinten wird der Magen allmälig enger und geht ohne bestiimmbare Grenze in einen kurzen Darm über. Diejenigen Theile, die sich zunächst anschliessen und die die hintere Abtheilung des Verdauungssystems darstellen, gehören nicht mehr diesem Systeme allein zu: sie nehmen zugleich auch die Ausführungsgänge der Ge- schlechtsorgane auf. Der Darm geht nämlich über in eine blasenförmige Erweiterung, die Kloake. Den In- halt derselben leitet ein kurzer Ausführungsgang durch den After nach Aussen. Die Geschlechtsorgane sind bei den Eardigraden so angeordnet, dass männliche und weibliche in einem In- dividuum vereinigt vorkommen. Die Thiere sind also Zwitter ; sie pflanzen sich nur geschlechtlich fort. — Die genannten Organe sind sehr einfach gebaut. Vor allem springt dem Beobachter eines der keimbereitenden Organe, $ ’ y f Ä —_— 353 — das Ovarium, in die Augen. Es stellt einen einfachen, ge- räumigen, vollkommen durchsichtigen Sack dar, der den Magen auf seiner. Rückenseite überlagert und, wenn er durch Anhäufung seines Inhaltes ausgedehnt wird, bis in die Gegend des zweiten Beinpaares sich erstreckt, wo er durch Bänder angeheftet ist. Sein hinteres Ende geht durch einen kurzen Ausführungsgang in die Kloake über. — Was die männlichen Geschlechtsorgane betrifft, so ist ihre Beobachtung mit grossen Schwierigkeiten verbunden. Wir wissen durch Doyere Folgendes: Eine unpaare, hin- ter und über dem Ovarium gelegene Samenblase, die in die Kloake mündet, sendet nach vorn zwei Blindsäcke aus, die sich rechts und links an das Ovarium anlagern. Diese Säcke werden als Samen bereitende Organe ange- sehen. Sie sollen ihr Sekret in die Samenblase ergies- sen, in welcher Doyere wirklich cerkarienförmige Sper- matozoiden gesehen hat. Auch ein Nervensystem ist bei den Tardigraden be- obachtet worden. Es besteht aus vier ganglionären An- schwellungen, die in ihrer Lage und Verzweigung der Gliederung des Körpers und der Stellung der Beinpaare entsprechen. Diese Nervenknoten liegen, wie das Bauch- mark der Gliederthiere, auf der Bauchseite des Verdauungs- kanals und sind unter sich durch paarige Längskommis- suren verbunden. Von dem vordersten Knoten treten ausser den starken Sehnerven zwei knopfförmig endi- ‚ gende Stränge nach vorn, die mit dem sogenannten ver- längerten Mark der Gliederthiere verglichen werden könn- ten. Ein Gehirnknoten jedoch scheint nicht vorzukommen. Während das Nervensystem so deutlich ausgebildet ist, fehlt den Tardigraden ein abgeschlossenes Gefäss- und Respirationssystem gänzlich. Die Ernährungsflüssig- keit wird bloss in den wandungslosen Räumen der Lei- 2 ie beshöhle durch die Bewegungen des Thieres hin und her getrieben. Sie bespült auf diesem Wege alle innern Theile und dringt selbst in die Höhlen der Extremitäten hinaus. In dieser Flüssigkeit schwimmen ausser zablrei- chen Elementartheilen eine Menge von eigenthümlichen, verhältnissmässig, sehr grossen kugligen oder polyedri- schen bläschenförmigen Gebilden. In ihrem Innern fin- den sich kleine dunkelrandige Körnchen, die in fortwäh- render, sehr lebhafter Molekularbewegung begriffen sind. Man hält diese Kugeln für den Blutkörperchen analoge Bildungen. Sie finden sich unter allen Lebensverhält- nissen und sind nicht selten so zahlreich, dass das Thier ganz davon vollgepfropft ist. — Sie erschweren die Be- obachtung anderer Theile des Körpers ungemein und nur der Umstand, dass sie sich in dem Moment, wo der eingetrocknete Tardigrade unter Einwirkung von Wasser allmälig wieder sich ausdehnt, noch in den tiefer gelege- nen Theilen der Leibeshöhle befinden, machte es Doyere möglich, seine schönen Untersuchungen über das Nerven- und Muskelsystem anzustellen. Diese gedrängte Darstellung wird insofern genügen, - als sie es gestattet, die wichtigsten bis jetzt bekannten Thatsachen in Betreff des anatomischen Baues der Tardi- graden bei der folgenden Untersuchung als etwas Be- kanntes vorauszusetzen. Sowohl die Veranlassung, diese Untersuchung auf- zunehmen, als auch die Möglichkeit, mich als Anfänger im Verlaufe derselben zurecht zu finden, verdanke ich ausschliesslich der Güte des Herrn Professor H. Frey, meines hochverehrten Lehrers. EG —.. BB) = Ueber die Entwicklung der Tardigraden. Es ist bei der Seltenheit, mit der man Gelegenheit hat, Tardigraden zu beobachten, begreiflich, wenn eine zusammenhängende Entwicklungsgeschichte derselben noch nicht gegeben wurde; noch mehr aber sind hievon ge- wisse Schwierigkeiten, die sich in den meisten Fällen der Beobachtung entgegenstellen, die Ursache. Diese Schwierigkeiten liegen in der eigenthümlichen Beschaffen- heit der Tardigradeneier. Die Eier der Tardigraden verlassen ihre Bildungs- stätte, das Ovarium, sobald sie fähig sind die Entwick- lung anzutreten. Hiebei verhalten sich die einzelnen Ar- ten verschieden. Die meisten legen ihre Eier in eine Hülle, welche durch Häutung von dem mülterlichen Thiere sich ablöst; einige dagegen, worunter der am meisten bekannte Macrobiotus Hufelandii, lassen diesel- ben ohne alle Vorsorge vereinzelt liegen. Die Eier der ersten Arten haben eine glatte, ebene Membran ; dieje- nigen aber, welche vereinzelt abgelegt werden, sind auf ihrer ganzen Oberfläche mit Warzen und Haken be- setzt, womit sie sich zu ihrem Schutze an fremde Kör- per befestigen können. Berücksichtigt man ferner, dass die glatten Eier fast sämmtlicher Arten eine starke (braun- gelbe) Färbung besitzen, so ergibt sich aus dem Gesag- ten, dass die Eier der meisten Tardigraden, weil un- durchsichtig, für die mikroscopische Behandlung nicht geeignet sind, die einen wegen ihrer höckerigen Ober- fläche, die andern wegen ihrer Färbung. — Hierin lie- gen die erwähnten Schwierigkeiten. Während daher die Eier der Tardigraden schon längst bekannt sind — schon Otto Friedr. Müller hat sie gesehen —, ist man hinsicht- — 3356 — lich ihrer Entwicklungszustände auf wenige vereinzelte Beobachtungen beschränkt. Bei den folgenden Untersuchungen baben günstigere Umstände es erlaubt, die Entwicklung der Tardigraden näher zu verfolgen. Es gibt nämlich unter diesen Thie- ren eine schon von Dujardin beschriebene und abgebil- dete Art, die Doyere, der sie übrigens nicht selbst be- obacktet zu haben scheint, Macrobiotus Dujardin genannt hat. Dieses Thier gehört zu der Gruppe von Tardi- graden, die ihre glatten Eier in eine gemeinschaftliche Hülle legen; diese Eier sind aber bei Macrobiotus Du- jardin durchaus ungefärbt und daher für die mikrosco- pische Behandlung vollkommen zugänglich. — Auf dieses Thier beziehen sich alle die folgenden Untersuchungen. Dasselbe lebt nicht wie die meisten andern Tardigraden auf Ziegeldächern, sondern im Wasser. Es fand sich vor in der Enge bei Zürich an einer schon durch bota- nische Seltenheiten bekannten Stelle und stund mir die- sen Winter in beliebiger Anzahl zu Gebote. Bei dieser Gelegenheit muss ich in Beziehung auf eine von Dujardin gemachte Angabe, die auch Doyere mit der Bemerkung anführt, dass sie der weitern Be- stätigung bedürfe, aufmerksam machen. Dujardin be- zeichnet nämlich das Vorhandensein der oben beschrie- benen in der Ernährungsflüssigkeit schwimmenden gra- nulirten Kugeln als ein Verhältniss, das nur bei wenigen Individuen dieser Species anzutreffen sei. Es würde sich hieraus vielleicht ein Anhaltspunkt für die physiolo- gische Bedeutung dieser allerdings noch hypothetischen Körper ergeben. Allein bei allen Exemplaren, die ich gesehen, waren diese Körper in Menge vorhanden und nur bei todten Thieren lösten sich dieselben in eine un- geordnete Körnermasse auf. MITTHEILUNGEN NATURFORSHCENDEN GESELLSCHAFT | IN ZÜRICH. ON 6. 1851. J+. Kaufmann, Stud. phil. — Ueber die Entwick- Jung und zoologische Stellung der Tardi- graden. (Schluss.) Ueber die ersten Anfänge der Eier bei den Tardi- graden lässt sich etwa Folgendes angeben. Wenn man Individuen, bei denen Eier entstehen, bei starker Ver- grösserung untersucht, so lassen sich im Ovarium eine grosse Menge von Bläschen und Elementarkörnchen un- terscheiden. Ohne Zweifel sind diese Bläschen als künf- tige Zellenkerne anzusehen; denn es finden sich gleich- zeitig schon andere ähnliche Bläschen, um welche sich eine dunkle Masse von Körnern gelagert hat. Da diese Masse mit den umliegenden Theilchen nie zusammen- fliesst, sondern sich scharf von denselben abgrenzt, so ‚muss sie selbst wieder von einer Membran umgeben sein.” Man bemerkt ferner, da nun das centrale Bläs- chen wegen seines dunkeln Hofes viel deutlicher hervor- tritt, dass in seiner Mitte, also im Centrum des ganzen Gebildes, ein einzelnes dunkles Körperchen vorhanden ist. — Es ergibt sich nun leicht die Bedeutung dieser einzelnen Theile. Das Ganze ist eine noch im Wachs- tbum begriffene Zelle. Das centrale Bläschen repräsen- tirt den Keru mit dem Kernkörperchen, der dunkle Hof 22 _ BB den Zellinhalt und die äussere Membran die Zellmembran. Das Wachsthum dieser Zelle besteht nun darin, dass sich die Zellmembran erweitert, indem der Inhalt fort- während an Masse zunimmt. Die Grösse des Kernes bleibt unverändert. Während daher bei der einen: Zelle der Kern sehr gross erscheint, liegen andere daneben, wo derselbe verhältnissmässig schon zurückgetreten ist, _ weil hier der Zellinhalt massenhafter geworden. Betrachten wir nun ein anderes Individuum, bei wel- chem diese Zellen ihre normale Grösse erreicht haben, so eröffnet sich folgendes Bild. Das Ovarium ist stark erweitert. Es bedeckt den Magen vom Rücken her voll- ständig, dehnt sich aus bis zur Speiseröhre und schwankt vermöge seiner Schwere links und rechts neben dem Ma- gen herunter. Die freien Kerne und Körnchen sind ver- schwunden. An ihre Stelle ist eine Anzahl grosser Zel- len gelagert, die versehen sind mit helldurchscheinendem Kern und einer deutlichen, doppelt contourirten Zellmem- bran. Diese Zellen, deren Herkunft uns schon bekannt geworden ist, sind die Eier. Die Zellmembran ent- spricht dem Chorion, der Zelleninhalt dem Dotter, der Kern dem Keimbläschen. Das Kernkörperchen würde als Keimfleck zu betrachten sein; allein es ist bereits verschwunden; das Keimbläschen entbehrt aller festen Formbestandtheile. Die Eier wechseln sehr an Zahl. In der Regel sind 5—10 vorhanden. Als grosse Seltenheit kömmt nur ein einzelnes vor; dagegen habe ich einmal 18 dergleichen zählen können. Die Eier liegen im Ovarium ohne Ord- nung neben und über einander. Sie zeichnen sich be- sonders dadurch aus, dass ihnen eine bestimmte äussere Form mangelt. Ihre Membran ist noch so weich und biegsam, dass sie dem Drucke, den die nächstgelegenen — 39 — Theile während den Bewegungen des Thieres auf sie ausüben, nachgibt, wodurch die Umrisse derselben sich fortwährend verändern. Das Keimbläschen erscheint, wenn das Thier sich ruhig verhält, kreisrund und hat dann einen Durchmesser von 1/445. Es nimmt aber, wie das Ei selbst, durch äussern Druck eine elliptische, dreieckige oder polygonale Form an. Ob dasselbe als ein freiliegender Körper ringsum von Dottermasse um- geben sei, oder ob es, was in ähnlichen Fällen stattfin- det, der Zellmembran aufliege, konnte ich nicht entschei- den. Soviel wenigstens ist Thatsache, dass es nicht im- mer das Centrum einnimmt. Mit der Anlage der Eier steht die Häutung des Tbie- res in Beziehung. Man hat Gelegenheit zu beobachten, wie sich zuerst an den Füssen die neugebildeten Haken aus den alten herausziehen, wie die Extremitäten nach- folgen und endlich die alte Haut das ganze Thier wie ein schlaffer, wasserklarer, geschlossener Sack umhüllt. Nun sind die Vorbereitungen getroffen, die dem Thiere gestatten, von seiner Last frei zu werden. Ein "einziges Mal ist es mir geglückt, diesen Vorgang, nämlich das Ablegen der Eier, zu beobachten. Das Thier hatte sich stark zusammengezogen; im Ovarium lagen vier Eier, von denen das hinterste eben im Begriff stund her- auszutreten. Die Ausführungsgänge sind ziemlich enge. Das Ei musste also, was bei der Nachgiebigkeit der Eihaut leicht 'möglich war, stark in die Länge gezogen werden, um sich hindurchzuwinden. , Allmälig wurde es durch den Kanal weiter gepresst, bis ein Theil desselben durch die Afteröffnuung zum Vorschein kam. Noch etwas drängte es sich weiter; dann aber wurde es plötzlich hinausgestossen, weil nun die muskulösen Wandungen rasch sich zusammenzogen. Mit dem Ei trat zugleich — MU U — eine Menge von Elementarkörnchen hervor, die sich in dem von der alten Hülle eingeschlossenen Raume ver- breiteten und so lebhafte Bewegungen ausführten, dass der Gedanke an Spermatozoidengewimmel ziemlich nahe lag. Es war aber eine mit Spermatozoiden zu verglei- chende Form an diesen Körperehen nicht zu erkennen. Nach wenigen Minuten rückte ein zweites Ei nach und wurde auf gleiche Weise zur Welt befördert. Bei allen vier Eiern war das Keimbläschen verschwunden. Es ist daher wohl anzunehmen, dass sie schon im Ovarium be- fruchtet werden; doch sind Beobachtungen noch keine gemacht worden. — Tardigraden, die ihre Eier schon gelegt hatten, aber noch in der abgeworfenen Haut, die sehr fest ist, gefangen sassen, habe ich sehr oft gesehen. Es dauerte immer längere Zeit, bis sie unter Mithülfe des Zahnapparates die Hülle durchlöchert und ihren Kör- per in Freiheit gesetzt hatten. Sobald die Eier in ihren neuen Aufenthaltsort ge- ratben sind, erhalten sie eine bleibende Form. Ihre Um- risse beschreiben eine der Kugelgestalt sich ziemlich nähernde Ellipse. Der Längendurchmesser beträgt 1/0‘, der Querdurchmesser 1/3‘. Diese Verhältnisse sind, wenn man ganz geringe Abweichungen nicht in Anschlag bringt, von nun an bleibend. Die Membran behält jedoch stets einen elastischen Zustand bei. Das Ei erträgt einen be- deutenden Druck und kehrt, wenn derselbe nachlässt, sogleich zu der 'frühern Form wieder zurück. Es ist auffallend, zu welcher bedeutenden relativen Grösse das Ei bei den Tardigraden ‚gelangt. Die Länge des Thieres beträgt höchstens 1/7‘. Das Ei hat also einen Durch- messer, der nur sechsmal kleiner ist als die Länge des ganzen Xhieres. Sogleich nachdem die Eier gelegt worden sind, oft = MM = sogar bevor noch der alte Tardigrade ihre Nachbarschaft verlassen hat, gehen weitere Veränderungen in ihrem Innern vor. Das Keimbläschen ist, wie oben bemerkt wurde, verschwunden. Eine zarte Linie, die dem Quer- durchmesser entspricht, wird sichtbar und scheidet die ganze Masse des Dotters in zwei Hälften. Zugleich tritt im Centrum jeder Hälfte als heller rundlicher Fleck ein Kern zum Vorschein. Dieser Kern wird allmälig elliptisch ; seine längere Axe liegt so, dass sie mit dem Querdurch- messer des Eies parallel läuft. Nach und nach schnürt er sich in der Mitte ein; er wird also biscuitförmig, eine Erscheinung, die ich mehrmals recht deutlich wahrgenom- | men habe. Während diese Einschnürung in beiden Dot- terhälften immer weiter schreitet, durchfurcht bald eine zweite Theilungslinie die Dottermasse, die die erste in ihrer Mitte rechtwinklig kreuzt; also dem Längsdurch- messer des Eies entspricht. Sie läuft durch die Einschnü- rungsstelle beider Kerne und nimmt mit der fortschrei- tenden Einschnürung derselben an Deutlichkeit zu. End- lich ist diese Einschnürung zur vollständigen Theilung geworden. Das Ei 'ist in vier gleiche Theile getheilt, ‚wovon jeder mit einem Kern versehen ist. Es kann übrigens auch der Fall eintreten, dass die eine Hälfte der Dottermasse schon die Theilung vollendet hat, wäh- rend die andere sie erst beginnt, oder dass selbst in anderer Richtung verlaufende Theilungslinien statt der beschriebenen auftreten. Die Vorgänge, die sich zunächst anschliessen, beste- hen in einer Fortsetzung der eben beschriebenen Thei- lungsweise. Der Kern nämlich, anfangs noch an der Theilungslinie gelegen, die ihn durchschnitten hatte, rückt in das Centrum seines Dotterquadranten. Seine rund- liche Form wird wieder elliptisch und schnürt sieb ein, — Mm — während eine neue Theilungslinie auch den Dotter hal- birt. Das Ei enthält nun, wenn die Furchung eines je- den Viertheils der Dottermasse auf ähnliche Weise (was wenigstens möglich ist) stattgefunden hat, 8, dann 16 etc. Dotterkugeln, die sich gegenseitig abplatten und je einen mil Dottermasse umgebenen Kern in sich schliessen. Es ist mit diesen Veränderungen ein Vorgang be- schrieben worden, mit welchem die Eier sehr vieler an- derer Thiere ebenfalls ihre Entwicklung beginnen. Man pflegt diesen Vorgang die Furchung des Dotters zu nen- nen. Das Ende desselben ist ein Entwicklungszustand, der unter dem Namen des maulbeerförmigen Dotters be- kannt ist. Der Dotter ist in diesem Stadium bereits in eine grosse Menge von zusammenhängenden Kugeln aufgelöst, deren Durchmesser 1/3409‘ beträgt. Sie sind wahre Zellen und das Material, aus welchem alle Theile des Embryo aufgebaut werden. Die Dotterfurchung ist bei gewöhnlicher Zimmer- temperatur schon nach 24 Stunden vollendet. — Die Eier der Tardigraden beurkunden übrigens ihre Herkunft auch dadurch, dass sie, wie die Tardigraden selbst, eine Le- bensenergie besitzen, die vielen äussern Einflüssen wider- steht. Sie lassen sich, wenn sie stets mit Wasser ver- sehen werden, wochenlang zwischen zwei Glasplatten auf- bewahren, ohne in ihrer Entwicklung gestört zu werden. Sie sollen sogar das vollständige Eintrocknen ohne Nach- theil aushalten. Die Dotterfurchung der Tardigraden ist bei Macro- biotus Hufelandii auch von v. Siebold beobachtet wor- den. Eine Angabe darüber findet sich in seinem Lehr- buch. Bald nachdem die Furchung des Dotters vollen- det ist, wird an einer oberflächlichen Stelle der Dot- 343 — termasse eine leichte Einknickung wahrgenommen, die sich nach einiger Zeit etwas Liefer eingräbt. Diese Stelle zeich- net die Lage des künftigen Embryo vor. Um nämlich soviel Raum als möglich zu ersparen, war es nöthig, dass derselbe in eine gekrümmte Lage gebracht werde, so zwar, dass Kopf und Hinterleib gegen die -Bauchseite sich umschlagen und einander bis zur Berührung nabe kommen. Jene Einknickung entspricht nun der Stelle, wo diese Berührung später stattfinden soll; sie bezeich- net also auch die künftige Bauchseite. Diese Veränderung bildet den Uebergang zu einem zweiten Hauptstadium der Entwicklung. Es ist dies die Bildung der sogenannten Keimscheibe. Das Auftreten derselben geschieht im Allgemeinen so, dass sich, von jener Einknickungsstelle ausgehend, über den ganzen Dotter durch weitere Theilung seiner oberflächlichsten Zellen eine hellere Schicht, die Keimscheibe, ausbreitet, langsam nach allen Seiten um sich greift und nachdem sie an dem der Bauchseite entgegengesetzten Pole zu- sammengeflossen ist, den ganzen Dotter umschliesst. Bei den Tardigraden lässt sich ein solches langsames Umsichgreifen nicht erkennen. Die Keimscheibe scheint hier vielmehr in ihrem ganzen Umfange fast gleichzeitig zu entstehen. Sie ist zwei Tage nach vollendeter Dot- terfurchung rings um das Ei herum schon ganz deutlich zu erkennen. | Wenn die Keimscheibe vollständig entwickelt ist, so sticht sie, unter dem Mikroscop gesehen, als eine ziem- lich breite, helle, scharf abgegrenzte Zone von der in- nern dunkeln Masse, die noch aus Dotterzellen besteht, ab und schliesst sich, mit Ausnahme der eingeknickten Stelle, ringsum der Eihülle an. \ Aus der Keimscheibe gehen, indem ihre Zellen zu — 34 — einer doppelten Haut, einer äussern und innern, ver- schmelzen, zwei sogenannte Schleimblätter hervor, von welchen das äussere, in Uebereinsimmung mit den Ent- wicklungszuständen höherer Thiere, als seröses, das in- nere als muköses Blatt anzusehen ist. Das innere Blatt ist die erste Anlage der Wandungen des Verdauungs- kanals und seiner Anhängsel; das äussere dagegen geht über in die Haut, in das Nerven- und Muskelsystem. Die Verwandlung des innern Blattes der Keimscheibe geschieht, soweit die Beobachtung an so kleinen Eiern reichen konnte, auf die Weise, dass die Doltermasse in der Mitte des Eies an gewissen Stellen körnig wird, wo- durch mehrere hellere Flecken entstehen, die nach und nach sich verlängern und endlich zusammenfliessen. Da- raus geht ein enger, bogenförmig gekrümmter Kanal hervor, dessen concave Seite der künftigen Bauch- seite zugekehrt ist. Dieser Kanal erweitert sich, wäh- rend das muköse Blatt als seine künftige Wandung von der Keimscheibe sich losmacht und durch dieses Ausein- anderweichen den Raum entstehen lässt, der beim ent- wickelien Thiere die Ernährungsflüssigkeit enthält. Da- durch verliert die Keimscheibe ihre früher so scharfe Abgrenzung gegen die Dottermasse. Gehen wir nun eine Stufe weiter, so zeigen sich bereits die ersten Spuren der Extremitäten. Es sind von dem serösen Blatte gebildete durchsichtige Höcker, die sich zu beiden Seiten des Embryo paarig hervortreiben. Von diesen Höckern werden zuerst die vordersten und erst nach und nach die übrigen sichtbar. — Vorn und hinten lässt sich, wenn man das Ei so lange wälzt, bis die Bauchseite nach oben zu liegen kömmt, ganz deutlich daran erkennen, dass von den beiden umgeschlagenen Enden des Körpers das eine Ende dicker ist. In diesem — 345 — dickern Theile sieht man später den Zahnapparat sich entwickeln; es muss also das Kopfende sein. An Eiern, die sich soweit entwickelt haben, lässt sich noch recht deutlich die mittlere dunkle Masse von der äussern durchsichtigen unterscheiden. Deotterzel- len jedoch kann man nunmehr in der dunkeln Masse des Eies nicht mehr erkennen. Sowie die Entwick- lung weiter schreitet, geht auch der Unterschied zwi- schen dunkler und: heller Masse verloren. Der ganze Embryo wird ‚allmälig durchsichtiger; seine einzelnen Theile erhalten ein gleichartiges Ansehen, wodurch es unmöglich wird, ihre Abgrenzung zu erkennen. Auch die äussern Umrisse sind nicht mehr an die frühere be- stimmte Form gebunden; das ganze Gebilde ist, indem die zellige Anordnung in Membranen übergegangen, wei- cher und beweglicher, so dass es das Innere der Eihülle so vollständig als möglich ausfüllt. Diese Veränderungen haben den Embryo auf das Ende seiner Entwicklungszeit vorbereitet. Inzwischen hat sich jedoch noch ein Körpertheil geschaffen, der jetzt vor allen andern hervortritt. Es ist der Zahnapparat. Schon sind alle seine einzelnen Theile deutlich zu er- kennen; auch die Saugscheibe schimmert hindurch; die Haken, womit die Füsse bewaffnet sind, können, wenn man aufmerksam betrachtet, unterschieden werden. — Nun ‚liegt der Embryo fertig gebildet da. Er hat nur nölhig, die engen Grenzen seines Aufenthaltes zu durch- brechen, um ein neues Leben beginnen zu können. Er regt sich, seine äussern Umrisse werden verändert, ein- zelne Theile des Körpers verschoben. Der Zahnapparat geräth in Bewegung ; seine Zuckungen hören wieder auf, um nach kurzer Zeit wieder zu beginnen. Ob nun durch die Thätigkeit des Zahnapparates, oder durch die = Ausdehnung des ganzen Körpers, oder durch beide zu- gleich das endliche Bersten der Eihülle herbeigeführt werde, mag dahingestellt bleiben. Den Austritt des jungen Thieres aus dem Ei habe ich mehrmals zu be- obachten Gelegenheit gehabt. — Das letzte Entwick- lungsmoment, wo der Zahnapparat schon vorhanden ist, sowie das Auskriechen von Embryonen hat auch Doyere beobachtet. a) Was die Zeit betrifft, während welcher die Eier der Tardigraden ihre ganze Entwicklung durchlaufen, so be- trägt sie nach den Beobachtungen von Schultze und Doyere 24—25 Tage. Es ist sehr wahrscheinlich, dass eine mässig erhöhte Temperatur die Entwicklungsvor- gänge beschleunigt. Der junge Tardigrade ist den Eltern in allen Thei- len vollkommen gleich; nur in seinen Dimensionen steht er ihnen nach. Er erreicht höchstens 1/; der Leibes- länge eines ausgewachsenen Tbieres. Bemerkenswerth scheint es mir, dass bei eben aus- geschlüpften Tardigraden die Kugeln der Ernährungs- llüssigkeit gerade die Grösse der Kugeln des maulbeer- förmigen Dotters (1/340‘') besitzen, während: sie sonst Ya" —NYırz‘'' messen. Es ist daher, besonders wenn man berücksichtigt, dass sie noch sehr sparsam vorhanden sind, wohl anzunehmen, dass sie unmittelbar aus Dotter- kugeln hervorgegangen seien, wodurch ihre ernährende Thätigkeit noch wahrscheinlicher gemacht würde. . VonSiebold führt in seinem Lehrbuche der verglei- chenden Anatomie unter der Entwicklungsgeschichte der Arachniden an, dass die Emydien als sechsbeinige Tbierchen aus den Eiern hervorschlüpfen. Dieser Angabe wider- sprechen aber zwei in Doyere’s Abhandlung (tom. 14, pag. 281 u. 358) enthaltene Stellen, die sich dahin aus- sprechen, dass den Emydien zwar ein Tbeil ihrer faden- förmigen Anhängsel und an jeder Gliiedmasse zwei Ha- ken (zwei sind schon vorhanden) erst später nachwachsen, dass sie aber mit vollzähligen Füssen zur Welt kom- men. — Es sind diese Verhältnisse um so wichtiger, als sie bei der systematischen Stellung der Tardigraden be- rücksichtigt werden müssen. Fassen wir nun die Entwicklungsgeschichte der Tar- digraden kurz zusammen, so ergibt sich Folgendes: Nach dem Verschwinden des Keimbläschens wird der Dotter einem totalen Furchungsprozess unterworfen. Dann folgt, ausgehend von einer bestimmten, eingeknickten Stelle oder vielleicht von der ganzen Oberfläche der Dotter- masse, ein noch weiter fortgesetzter, aber nur oberfläch- licher Zerklüftungsprocess, durch welchen eine klare feinkörnige Schicht, die Keimscheibe, gebildet wird, die zuletzt die Dottermasse vollkommen in sich schliesst. Dort, wo die Keimscheibe zuerst erschien, ist die Bauch- seite, ihr gegenüber die Rückenseite des Embryo gele- gen. Es lässt sich ein äusseres seröses und ein inneres muköses Schleimblatt unterscheiden; letzteres wird zum Verdauungskanal mit seinen Anhängseln, das erstere geht über in Haut, Muskeln und Nerven. Die Extremitäten erscheinen, zuerst die vordern, später die hintern, als paarige Höcker und sind Ausstülpungen des serösen Blattes. Ist endlich der Zahnapparat angelegt, so ver- lässt der Embryo, den Alten in allen wesentlichen Thei- len gleich gebildet, das Ei. Ueber die zoologische Stellung der Tardi- graden. (Vorläufige Mittheilung.) Die ersten Naturforscher, die Tardigraden beobach- .— 348 Be iet haben, sind Eichhorn und Göze. Sie wussten das sonderbare Thierchen nirgends hinzustellen und nannten es den Wasserbär. Einige Jahre später machte der be- kannte Däne Otto Fried. Müller im Archiv von Füssli eine Abhandlung über ein ähnliches Thier bekannt, welche mit vortrefflichen -Abbildungen begleitet ist. Er machte unter Anderem darauf aufmerksam, dass das Thier in Bezug auf seine Häutung mit den Insekten übereinstimme und nannte es wegen seiner Aehnlichkeit mit den Milben Acarus Urseilus. Unter diesem Namen wurde dasselbe auch später von Gmelin in seiner Ausgabe von Linne’s Systema naturae als Milbe aufgeführt. Als man aber später die Sache wieder näher untersuchte, stiess man doch auf viele von dem Bau der Milben abweichende Punkte. Dujardin namentlich machte aufmerksam auf gewisse Aehnlichkeiten, die die Tardigraden mit den Rä- derthieren gemein haben, vereinigte beide und stellte sie unter der gemeinschaftlichen Benennung Systoliden in die Klasse der Würmer. Doyere ist dieser Eintheilung ge- folgt und seither blieb es ungewiss, ob die Tardigraden für Würmer oder für Arthropoden zu halten seien. Wir wollen es einstweilen übergehen, die Gründe zu erörtern, die Dujardin und Doyere für ihre Ansicht aufgestellt haben. Wir halten die Tardigraden nicht für Würmer, sondern für Arthropoden und verlassen uns hiebei auf folgende Thatsachen: 1) Die Entwicklungsgeschichte der Tardigraden stimmt vollkommen überein mit derjenigen der Arthropoden; sie weicht dagegen ab von derjenigen der Räderthiere. Die Abweichung betrifft hauptsächlich das Auftreten der Keim- scheibe. Dieses Entwicklungstadium kömmt bei den Eiern der Räderthiere, nach den Untersuchungen, die Hr. Prof. Frey an Rotifer und Philodina angestellt hat, nicht vor, — während sie in der Klasse der Arthropoden ganz allge- mein beobachtet wurde. 2) Die Haut der Tardigraden besteht aus Chitin. Das Chitin , eine in ätzendem Kali unlösliche Verbindung, ist bekanntlich eine Substanz, die ausschliesslich den Ar- thropoden 'zukömmt. Um über diesen wichtigen Punkt uns vollkommen in’s Klare zu setzen, wurden die ge- nausten Versuche vorgenommen. Tardigraden, die, in eine beiderseits zugeschbmulzene Glasröhre eingeschlossen, drei volle Tage mit concentrirter Kalilauge bei einer Temperatur von 70°-—-80° C. behandelt wurden, liessen ihr Hautskelet mit allen seinen einzelnen Theilen zurück. Eine solche Behandlung erträgt die Haut der Würmer nicht; sie löst sich vielmehr längstens nach 2—3 Stun- den vollständig. Est ist nicht nöthig darauf einzugehen, dass die Tardi- graden mit ihren saugenden Mundtheilen, mit ihrem ent- wickelten Nervensystem, mit ihren, wenn auch nicht deutlich gegliederten Extremitäten sehr wesentlich von den Räderthbieren abweichen. Die angeführten Gründe sind schon hinreichend, ihre Stellung unter den Arthro- poden zu fixiren. Hs. Landolt. — Ueber das Stibmeihyl und seine Verbindung. Erste Abhandlung. (Vorgetragen den 2. März 1851.) Herr Prof. Löwig veranlasste mich, unter seiner Leitung eine Untersuchung über das Stibmethyl vorzu- nehmen, deren wichtigste Ergebnisse ich in Folgendem mittheile. Es soll jedoch dieses nur als eine vorläufige Notiz betrachtet werden, und ich behalte mir vor, spä- — „00 — ter die analytischen Resultate sowohl, wie die genauern Angaben zu veröffentlichen. Zur Darstellung des Stibmethyls wurde derselbe Ap- parat, dessen sich die Hrn. Prof. Löwig und Schwei- zer bei der Darstellung des Stibäthyls bedient hatten, angewandt. Reines wasserfreies Jodmethyl, durch gemein- schaftliche Einwirkung von Jod und Phosphor auf Holz- geist erhalten, wurde mit einem Gemenge von Antimon- kalium und Quarzsand in einem kleinen Kolben der De- stillation unterworfen. In der Regel trat sogleich eine heftige Reaction ‘ein, unter welcher das überschüssige Jodmethyl sich verflüchtigte; hierauf wurde durch all- mähliges Erhitzen das Stibmethyl überdestillirt. In dem. physikalischen Charakteren kommt das Stib- methyl mit dem Stibäthyl vollkommen überein. Es stellt eine farblose schwere Flüssigkeit von eigenthümli- chem Geruch dar, welche in Wasser unlöslich ist, "und sich in Weingeist schwer, aber leicht in Aether löst. An der Luft entwickelt es dicke weisse Dämpfe, entzün- det sich, und verbrennt dann mit weisser Flamme unter Abscheidung von metallischem Antimon. Die Verbindungsreihe des Stibmethyls ist ebenfalls entsprechend der des Stibäthyls. Es vereinigt sich mit 2 At. Sauerstoff zu einer Basis, welche 2 At. Säure sättigt, und ebenso giebt es die correspondirenden Ver- bindungen mit S3, Chl;, Brg, Jdg etc. Auch die Eigen- schaften dieser Verbindungen sind im Wesentlichen nicht abweichend von den Eigenschaften der entsprechenden Stibäthylverbindungen. Sammelt man bei der Darstellung des Stibmethyls das Jodmethyl, welches zuert übergeht, und das Süb- melhyl, das bei höherer Temperatur entweicht, gemein- schaftlich in einem Gefässe, so bemerkt man ein schwa- = 8 — ches Aufkochen, und nach kurzer Zeit ist das flüssige Gemenge in eine vollkommen weisse krystallinische Masse umgewandelt. In ihrer Abhandlung über das Stibäthyl geben die Hrn. Prof. Löwig und Schweizer an, dass in den ersten Portionen, welche bei der Darstellung des Stib- äthyls übergehen, sich öfters Krystalle bilden, welche sie als Jodstibäthyl betrachteten; sie erhielten aber zu wenig, um analytische Untersuchungen damit vornehmen zu können. Eine Untersuchung dieser Krystalle erhalten beim Stibmethyl, zeigte, dass dieselben nicht zu der Stib- methylreihe gehören , sondern der Formel St Me; + Jd entsprechen. Man erhält diese Krystalle sehr leicht, wenn man in Stibmethyl reines Jodmethyl eintröpfelt ; andere Produkte werden dabei nicht gebildet. In dieser Hinsicht also schliesst sich das Stibmethyl, und jeden- falls auch das Stibäthyl ganz dem Ammoniak an, denn es unterliegt keinem Zweifel, dass die Krystalle, welche die Hrn. Prof. Löwig und Schweizer in ihrer Ab- handlung erwähnen, gleichialls der Formel St Ae; +Jd entsprechen, und in der That bringt man zu Stibäthyl Jodäthyl, so kann man die gleichen Krystalle hervorrufen. Ferner können auch in diesen Verbindungen das Aethyl und Methyl sich gegenseitig vertreten; so wurden z. B. durch Eintröpfeln von Jodmethyl im Stbäthyl Krystalle erhalten, welche der Formel StiAe; Me + Jd entspra- chen. — Ich werde später die Verbindungen beschreiben, welche mit der Stibäthylreihe übereinkommen, und in Folgendem nur diejenigen erwähnen, welche dem Am- monium entsprechend zusammengesetzt sind. Die Untersuchungen über diese Reihe haben als wichtigstes Resultat ergeben, dass eine Verbindung be- stehend aus: (St Me,) © isolirt erhalten werden kann, wo- = 5. — durch die Ammoniumtheorie selbst eine vollkommne Be- stätigung erhält. Die Verbindung St Me; nenne ich ent- sprechend dem Ammonium Stibmethylium. Stibmethyliumoxyd. (StMe;,) O Um diese Basis zu erhalten, setzt man zu der wäs- serigen Lösung der entsprechenden Jodverbindung (St Me;) Jd solange frisch gefälltes Silberoxyd, bis kein Jodsil- ber mehr gebildet wird. In der Auflösung befindet sich die genannte Basis, und verdunstet man die Lösung ne- ben Schwefelsäure unter der Luftpumpe, so bleibt eine weisse krystallinische Masse zurück, welche in Beziehung auf alkalische Charaktere mit dem Kalihydrat vollständig übereinstimmt. Zwischen den Fingern bemerkt man das- selbe schlüpfrige Gefühl wie beim Kalihydrat; der Kör- per ist ungemein ätzend, in Wasser und Weingeist sehr leicht löslich, aber unlöslich in Aether. Verdunstet man die Lösung bei Zutritt der Luft, so zieht sie Kohlen- säure an, braust dann stark auf mit Säuren, und setzt man zu dem kohlensauren Salz Kalkwasser, so fällt kohlensaurer Kalk nieder, und in der Auflösung befindet sich wiederum die reine Basis. Hält man über die Auf- lösung einen mit Salzsäure angefeuchteten Glasstab, so bemerkt man weisse Dämpfe, aber dennoch ist die Basis nur wenig flüchtig, denn selbst beim Abdampfen der Lö- sung auf dem Wasserbade bleibt sie fast in der ganzen Quantität wieder zurück. Erhitzt man die Verbindung schnell in einer unten zugeschmolzenen Glasröhre , so entwickeln sich Dämpfe, die sich an der Luft unter Ab- scheidung von metallischem Antimon entzünden; bei vor- sichtiger Erhitzung verflüchtigt sich jedoch die trockne Basis ohne Zersetzung. Die wässerige Lösung hat einen laugenartigen Geruch und Geschmack, rothes Lakmus- MITTBEILUNGEN NATURFORSHCENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. ON | san; 1851. Hs. Landolt. — Ueber das Stibmethyl und seine Verbindungen. Erste Abhandlung. (Schluss.) papier bläut sie momentan. Ammoniak wird durch die- selbe sogleich schon in der Kälte ausgeschieden, und selbst Baryt scheidet die Basis aus der Jodverbindung nicht aus. Kalk und Bleioxyd werden durch das Stibmethyliumoxyd sogleich gefällt; in der Lösung eines Zinkoxydsalzes ent- steht ein weisser Niederschlag, welcher sich im Ueber- schuss des Fällungsmittels wieder löst. Aus Kupfersal- zen wird Kupferoxydhydrat gefällt, welches nicht mehr löslich ist im Ueberschuss; Quecksilberoxydulsalze werden schwarz, Quecksilberoxydsalze gelb präcipitirt; in Silber- oxydsalzen entsteht ein braunschwarzer, im Ueberschuss des Fällungsmittels unlöslicher Niederschlag. Mit Platin- chlorid giebt die Lösung wie das Kali einen gelben Nie- derschlag. Kocht man die concentrirte wässerige Lösung des Stibmetbyliumoxyds mit Schwefel, so erhält man eine gelb gefärbte Flüssigkeit,‘ und vermischt man dieselbe mit einer verdünnten Säure, so scheidet sich Schwefel- milch aus, unter Entwicklung von Schwefelwasserstoff. Ueberhaupt kommt dieser Körper so sehr mit dem Kali überein, dass man ihn bei bloss qualitativen Prüfungen sicher dafür halten würde. Das Stibmethyliumoxyd bildet mit den Säuren neu- 23 —— 354 — trale und saure Salze, welche, soweit die Beobachtun- gen reichen, ganz mit den Kalisalzen übereinkommen, und auch mit denselben isomorph sind. Man erhält diesel- ben theils direkt, tkeils durch doppelte Wahlverwandtschaft. Saures schwefelsaures Stibmethyliumoxyd. Setzt man zu einer Lösung der Jodverbindung (St Me,) Jd solange eine kochende Auflösung von schwe- felsaurem Silberoxyd, als noch ein Niederschlag von Jod- silber erfolgt, und verdunstet man das Filtrat auf dem Wasserbad, so erhält man das Salz in schönen quadra- tischen Tafeln mit abgestumpften Ecken. Die Krystalle sind sehr hart, in Wasser leicht und auch ziemlich leicht in Weingeist löslich... Sie schmecken scharf sauer und hinterher bitter. Die Formel des Salzes ist: (St Me,) O0, HO + 280; Sättigt man die concentrirte Lösung des sauren Sal- zes mit Stibmethyliumoxyd, so verschwindet die saure Reaction vollständig, und vermischt man nun die wäs- serige Lösung mit ätherhaltigem Weingeist, so scheidet sich das neutrale Salz in Oeltropfen aus, welche nach einiger Zeit an der Luft fest werden. Es bildet viersei- tige Prismen, und ist demnach isomorph mit dem schwe- felsauren Kali. Salpetersaures Stibmethyliumoxyd. Diese Verbindung wird auf gleiche Weise wie das schwefelsaure Salz durch Anwendung von salpetersaurem Silberoxyd erhalten. Es ist ein in Wasser leicht lösli- ches, herb und zugleich bitter schmeckendes Salz, das in kleinen Nadeln krystallisirt und beim Erhitzen verpuflt, Saures kohlensaures Stibmethyliumoxyd wird erhalten, wenn die wässerige Lösung der Basis voll- = 384 = ständig mit kohlensaurem Gas gesälligt wird. ‚Es kry- stallisirt in kleinen sternförmig gruppirten Nadeln, ist in Wasser leicht löslich, schmeckt schwach alkalisch bitter, und giebt mit neutralen Bittererdesalzen keinen Nieder- schlag. Jodstibmethylium. (St Me,) Jad. Dieses bildet sich, wie schon gesagt, immer, wenn Suibmethyl mit Jodmethyl in Berührung kommt. Die erhaltene weisse krystallinische Salzmasse wird zwischen Papier getrocknet, und hierauf aus Wasser oder Wein- geist umkrystallisirt. Diese Verbindung krystallisirt in sehr schönen sechsseitigen 'Cafeln, und ist in Wasser und Weingeist leicht, in Aether jedoch schwer löslich. Der Geschmack ist salzig, hinterher bitter. In einer unten zugeschmolzenen Glasröhre erhitzt, entwickelt das Jod- suibmethylium Dämpfe, die sich an der Luft von selbst entzünden, zugleich wird antimonige Säure abgeschie- den. Aus der wässerigen Lösung kann durch Silber- salze das Jod ausgefällt werden; mit Sublimatlösung ver- selzl, giebt sie einen Niederschlag von Jodquecksilber, unter Bildung von Chlorstibmethylium. Durch Säuren wird Jod ausgeschieden. Cblorstibmethylium. (St Me;) Chl erhält man durch Abdampfen der Jodverbindung mit con- centrirter Salzsäure, oder durch Zersetzung derselben mit Sublimatlösung, am besten jedoch, wenn eine Lö- sung des reinen Oxyds mit Salzsäure gesältigt wird. Nach dem Abdampfen resultiren weisse Krystalle, welche in Wasser leicht löslich, in Weingeist schwerer und in Aether ganz unlöslich sind, einen bittern Geschmack be- sitzen und sich im Uebrigen entsprechend der Jodver- bindung verhalten. — 356 — F. Ernst, Stud. medie. von Winterthur. — Ueber die Anordnung der Gefässe im Colon des Kaninehens, (Vorgetragen den 2. März 1851.) Das Colon des Kaninchens wird von den 3 gewöhn- lichen Ueberzügen gebildet. Wir treffen zuäusserst auf die serosa, welche nur eine dünne, zarte Schicht bildet; innerhalb derselben begegnen wir der Muskelhaut, welche 2/7, —1/y‘ dick ist und durch sparsames Bindegewebe mit der erstern zusammenhängt. Die Schleimhaut dagegen ist mit der Muskelhaut durch eine ziemlich ansehnliche Schicht vom Bindegewebe verbunden, so dass diese letz- tere auch als besondere membrana vascula s. nervea den übrigen 3 Hauptmembranen zur Seite gestellt wird. Die mucosa hat im Anfange des Colon einen elwas geringern Durchmesser, als gegen das Ende zu, woselbst ihre Wul- stungen abnehmen. Sie erreicht hier die Dicke von 1/5’ und darüber. Wir finden in ihr die haustra oder cel- Iulae, welche durch das verschiedene Verhalten der Längs- und Kreismuskelfaserschicht herbeigeführt werden. Die erstere oder äussere Schicht ist kürzer als die Schleim- haut und muss deshalb diese in Falten ziehen. Die Cir- culärbündel dagegen gehen in diese plicae ein und be- dingen dieselben durch ihr stellenweise stärkeres Ein- schnüren. Im Anfang des Colon finden sich 3 neben einander liegende Reiben von solchen haustris, welche durch schmale Streifen, die sog. taeniae, unterbrochen sind. Nach kurzem Verlaufe verschwindet die eine Reihe, bald nachher auch die zweite, so dass nur noch die dritte übrig bleibt und sich bis zum Colon descendens fort- setzt. Die plicae dieser dritten Reihe, oder wegen ihrer abgerundeten Gestalt und weil der Name plicae für die kleinen Schleimhautfalten gebräuchlicher ist, besser — 357 — Wulstungen der Schleimhaut genannt, werden durch das Schwinden der beiden erstern breiter, nehmen aber kaum mehr als die Hälfte der Peripherie. des Darmrohres in Beschlag. Betrachtet man mit freiem Auge die Ober- fläche der Schleimhaut dieses Darmtheiles, so fällt einem gleich der eigenthümliche Bau derselben auf. Sie ist nämlich nicht glatt, wie bei andern Thieren, sondern ganz gleichmässig mit kleinen Erhöhungen besetzt, welche etwa mit Tastwärzchen zu vergleichen sind, wenigstens von den Zotien sich dadurch unterscheiden, dass sie nicht flottiren, wenn sie unter Wasser gebracht und mit einem Pinsel berührt werden. Sie sitzen nämlich mit breiter Fläche auf und spitzen sich allmählig zu, nach Art von Pyramiden. Ebenso unterscheiden sie sich auch von den blossen Falten, wie sie im Magen vorkommen, durch ihr enges, ganz knappes und regelmässiges An- einanderliegen, so wie anderseits durch ihre Form. Sie finden sich bis zum Colon descendens, wo sie zugleich mit den haustris aufhören. Erst hier wird die Schleim- haut glatt und eben. Im Anfang des Colon sind diese Gebilde noch den Zotten ähnlicher. Wir finden dieselben schon von Cuvier erwähnt, welcher sich folgendermassen ausdrückt: „La membrane interne est 'lisse dans le coecum, mais sa surface est papilleuse dans la portion du colon, qui a trois rangs de boursouflures“. *) -Rudolphi hält sie für drüsige Organe.) Allein seine Angaben zeigen, dass er die feinere Struktur und und Zusammensetzung dieser Erhabenheiten nicht genug *) Lecons d’analomie comparde de G. Cuvier. Par. 1805. T. 1. pag. 491. “) K.A. Rudolphi. Anat. Physiol. Abhandl. Berl. 1812. p. 50 - u. 220. —_— 38 — gekannt hat, denn er stellt sie mit den Drüsenformen, welche sich im processus vermiformis finden, zusammen. Bei Meckel finden wir wiederum eine andere Auf- fassung dieser Gebilde *). Er sagt, dass beim Hasen son- derbarerweise die Schleimhaut des Colon einen von den übrigen Thieren ganz abweichenden Bau zeige. Wäh- rend sie bei letztern glatt sei, finde man hier, besonders im Anfange desselben dicht gedrängte Zotten, welch® zwar breiter, aber kürzer seien, als diejenigen des Dünndarms und im Verlauf des Colon schnell abnehmen. Meckel hält die Ausicht Rudolphi’s für unrichtig, da es ihm nie gelang, Schleim aus diesen Erhabenheiten herauszudrücken, was geschehen müsste, wenn es drü- sige Organe wären. — Dass Guvier derselben Ansicht ist, wie Meckel, und die Erhabenheilen, wie letzterer es Ihut, mit den Zolten ganz gleich stelli, möchte ich bezweifeln. Er bediente sich in obiger Beschreibung des Ausdruckes papilleuse und nicht villeuse, und hat da- durch mehr die Wärzchenform als die Zottenform be- zeichnet. Böhm untersuchte das Golon genauer.) Er beschreibt diese Gebilde als pyramidenähnliche Vorsprünge, welche ihre Spitze wie die Zolten gegen die freie Flä- che des Darmes richten. Sie seien von der Basis bis zur Spitze mit vielen runden Oeffnungen besetzt, in welche man von oben hineinseben könne. Eine Seitenansicht zeige Streifen, welche von der Basis gegen die Spitze hinziehen. Bei genauer Beobachtung fand er, dass diese Streifen Röhren seien, welche an ihren Mündungen an ‘ der Oberfläche eng und fest verbunden waren, gegen die °) 3. J. Meckel. Syst. d. vergl. Anat. Halle 1829. T. 4. p 630. ") De g.and. inlest. siruel. pemit. dist. inaug. IL. Boehni. Berol p. 48. ' — I _— Basis aber sich leicht von einander theilen liessen. Wenn er dieses Objekt zwischen zwei Glasplatten brachte und einen Druck anwendete, ergoss sich aus den Mündun- gen, so wie aus zufälligen Seitenrissen eine. körnige Masse. Böhm gibt diesen Erhabenheiten deshalb den Namen glandulae pyramidatae und sondert sie somit von den Zotten und Falten der übrigen Darmschleimhaut, welche keine Drüsen besitzen. Wohl nicht mit Unrecht bringt er diesen eigenthümlichen Bau des Colon mil einem zweiten Verdauungsakte in Verbindung, der bei Herbivoren im Coecum und Anfang des Colon sehr wahr- scheinlich vor sich geht. — Hassal macht die Bemer- kung,*) dass er beim Kaninchen einen ganz eigenthüm- lichen Bau der Darmzotten beobachtet habe, indem deren Oberfläche mit zahlreichen Schleimfollikeln ausge- stattet sei. Er gibt an, dass das Darmstück , welches diesen Charakter zeigte, sehr wahrscheinlich aus der Nähe der Vereinigung des Dünn- und Dickdarmes genom- men worden sei. Ohne Zweifel meint Hassal damit auch diese zottenäbnlichen Erhabenheiten des Colon; denn es findet sich im ganzen übrigen Darm nichts, das bei genauer Beobachtung mit diesen Gebilden ver- wechselt werden könnte. Im Dünndarm kommen bloss die einfachen Zotten vor, welche nie Drüsenmündungen oder Drüsenschläuche zeigen. Uebrigens deutet seine eigene Angabe, dass er nicht recht wisse, wohin dieses unter- suchte Darmstück gehört habe, ziemlich deutlich darauf hin, das es nichts anders als Colonpartie gewesen. Was meine Beobachtungen darüber anbelangt, so muss ich mich Böhm’s Ansichten anschliessen. Diese pyramidenartigen Erhabenheiten fand ich im Anfang des Colon noch ziemlich gross. Sie messen hier im Mittel ") Mikrose. Anatomy. Hassal. p. 488. z — 360 — Yo —'/ı2'' Höhe und 1%—Yy"' Breite (an der Basis). Im weitern Verlaufe des Colon werden sie allmählig breiter und flacher, so dass ihre Breite gegen das Co- Ion descendens zu 1/1;—1/14' und ihre Höhe 1/34" be- trägt. Bald verschwinden sie dann so zu sagen ganz. Die Schleimhaut ist mit schlauchförmigen Drüsen besetzt. Ich konnte dieselben ziemlich regelmässig auf der gan- zen Fläche der Erhabenheiten im grössten Theil des Colon wahrnehmen; nur kam mir ihr Aufsuchen im Anfang des Golon auf den höhern und zottenähnlichen Falten viel schwieriger vor. Sie können hier ziemlich leicht wegen ihren zarten und unbestimmten Wandungen übersehen werden, gegen das Ende des Colon dagegen werdeu sie von deutlichern und schärfern CGontouren um- geben. Die Mündungen hatten hier einen Durchmesser von Yo—NY45"'. Die Länge der Schläuche betrug im Mittel Yo —Yı2‘'. Weiter nach abwärts wachsen diese Grössenverhältnisse und erreichen im rectum ihr Maximum. Wir ersehen hieraus, dass diese Hervorragungen als eine besondere Modification der gewöhnlichen Faltenbildung zu betrachten sind. Man kann sie auf der einen Seite nicht, wie Meckel es that, wit den Falten und Zotten gleich stellen, denn dagegen spricht ihr Drü- sengehalt; auf der andern Seite ist aber auch kein Grund vorhanden, sie von den Zotten und Falten ganz zu tren- nen, wie es von Rudolphi geschah. Wenn Böhm den Namen glandulae pyramidatae*) gewählt hat, so ist diess wohl auch etwas zu weit gegangen; denn durch diese Benennung stellt er sie auch ganz zu den drüsigen Organen, und trennt sie von den Zotten und Falten, mit denen sie offenbar verwandt sind. Wir betrachten sie also als eine zotten- und faltenähnliche Bildung, welche *) Ibid. pag. W. — 361. — sich durch die pyramidenähnliche Form und durch den Gehalt der Drüsen charakterisiren; aus diesem Grunde ist wohl besser, den Namen glandulae pyramidatae um- zukehren und sie pyramides glandulatae oder dann plicae glandulosae zu nennen. Der Kürze wegen gebrauchen wir den auch von Böhm herrührenden Namen: Pyra- miden. Ueber Gefässanordnung im Colon finden wir bei Böhm*) ungefähr folgende Notizen: »Um die hier noch resorptionsfähigen Fluida „aufzunehmen, sind zwar weder Chylusgefässe noch Zot- „ten vorhanden, sondern die Blutgefässe übernehmen „hier selbst den Dienst. In keinem andern Thiere fin- „det man die Endigung der Blutgefässe (inem vasorum „sanguiferorum) besser als beim Kaninchen. Injicirt man „die Gefässe dieses Darmstückes, so wird die ganze Ober- »fläche einer Pyramide von einem dichten Gefässnetze be- „deckt,. welches eine eigenthümliche Formation besitzt, „so dass die Gefässe mit dem Inhalte des Darmes in un- „mittelbare Berührung kommen. Die Gefässe sind in „diesen Pyramiden so vertheilt, dass sie gegen die Spitze „sich schlingenartig umbiegen. Aus dieser Anordnung „geht hervor, dass diese Gefässe nicht so fast für die „Absonderung, welche an den Drüsenwandungen vor „sich geht, sondern vielmehr für die Aufsaugung der „Flüssigkeiten, die in der Höhle des Colon enthalten „sind, dienen. Denn wenn sie nur für die Vermehrung „der Secretion bestimmt wären, müsste der Gefässreich- »ihum an den einzelnen Wandungen der tubuli viel „grösser sein, als er an den Mündungen und besonders „an der Spitze der Pyramiden gefunden wird. — Diese Angaben Böhm’s sind zwar grösstentheils richtig ; allein *) Ibid. pag. 49 u. 50. BL: =: gn sie sind denn doch ‘ziemlich lückenhaft und geben dem Leser keine klare Anschauung von der ganzen Gefäss- anordnung, Es lässt sich das Bild nach neuern Unter- suchungen ganz vervollständigen. Ich will zu diesem Behufe die Resultate beschreiben, welche ich aus meh- rern von Hr. Prof. Frey verfertigten, vollständig ge- lungenen Injektionen schöpfte.*) Wir können voraus- schicken, dass sich die Gefässanordnung in diesem Darm- stück ganz ähnlich verhält, wie diejenige des Magens, wie sie schon früher von Hrn. Prof. Frey gefunden wurde; ja es hält oft schwer, getrocknete Präparate aus beiden Darmpartien zu unterscheiden; denn in die- sem Zustande sind die Pyrathiden von den Faltungen der Magenschleimhaut nicht zu unterscheiden. Was die Gefässnetze der serosa und muscularis an- langt, so berühren wir dieselben nicht weiter, da es die- selben sind, wie sie im Magen und Dünndarm gefunden werden. Die Gefässe verlaufen zwischen den serösen Platten des Gekröses und gelangen auf diesem Wege in die Bindehautschicht zwischen serosa und muscularis. Hier ziehen sie um das Darmstück herum, geben aber häu- fige Aeste ab, welche die muscularis in schiefer Rich- tung durchbohren. Lassen wir nun vor der Hand die Arterien unberücksichtigt. Die: Venen haben auf die- sem Verlaufe durch die muscularis einen Durchmesser Y—Yp—1/no''; sie gelangen sehr bald in das submuköse Bindegewebe, woselbst sie sogleich in die horizontale Lage umbiegen. In dieser Richtung verlaufen die Venen “als Yo —Yın — Yıs'' dicke Zweige, welche gegenseitig durch Anastomosen in Verbinduug stehen und dadurch *, Einiges über d. Verlauf d. Blutgefässe in d. Magenschleim h v. H. Frey. (Aus d. Mitth. d. naturf. Ges. in Zürich.) — 3563 — grosse weite Netze bilden, gegen die Unterfläche der "Schleimhaut. Aus diesen von Hrn. Prof. Frey genannten Ba- salvenen entspringen nun wieder aufsteigende, die Schleim- haut meistens senkrecht, oft aber auch in etwas schiefer Richtung durchsetzende Zweige von 1/y—1/so, seltener 1/70‘ Durchmesser. — Die Distanzen, in welchen diese aufsteigenden Venen zu einander stehen, sind ziemlich verschieden, können aber im Mittel auf 1/4, —1/1,'' ange- nommen werden. Jede solche Vene entspricht jedesmal einer jener pyramidenartigen Erhabenheiten, in deren Mitte sie gegen die Spitze heranzicht. Es hängt deshalb die Distanz der aufsteigenden Venen hauptsächlich von der Breite der Pyramidenbasis ab. Die Venen laufen mit einander parallel, und geben während ihres Verlaufes durch die Schleimhaut keine Aeste ab, sondern bleiben in der Regel unverzweigt, bis sie die Basis. der Pyramide erreicht oder selbst die Hälfte derselben bereits durchlaufen haben. Nur in seltenern Fälleu geschieht diese Theilung schon früher, wo dann die Zweige schon in der Mitte der Schleimhaut in schie- fer Richtung nach oben ziehen und sich je einer in eine Pyramide der Schleimhaut einsenkt. Diese Verlaufs- anomalie hat auch früher schon Hr. Prof. Frey im Ma- gen gesehen und in der betreffenden Abhandlung eine Zeichnung davon gegeben. Sind nun diese Venen auf die eine oder andere Weise an die Schleimhautoberfläche gelangt, so zerthei- len sie sich wurzelartig in 1/11 — Yız0‘ dicke Zweige, welche der Oberfläche noch mehr sich nähern und als- dann an der Spitze der Pyramide nach allen Richtungen umbiegen und sofort in dem Gefässnetz sich auflösen, das wir gleich beschreiben werden. Diese Venenwür- zelchen sind also als die Sammler oder vasa efferentia desselben zu betrachten. ı mM = Wir haben oben die Arterien im submucösen Binde- gewebe verlassen, bis wohin sie dem Verlauf der Venen entsprechen. Sie haben natürlich ein geringeres Volu- men, als die betreffenden Venen; jedoch ist hier das Grösseverhältniss zu letztern besonders stark. Während ihres Verlaufes durch die muscularis messen sie 1/3, — 1/50 Durchmesser, in der Unterfläche der Schleimhaut nur 1/0 — 1/70", während die betreffenden Venen, wie wir oben gesehen haben, 1/15 —1/12‘'' und noch grösser sind. Von hier an ist ihr Verhalten ein anderes als das der Venen. Diese Basalarterien geben nämlich sofort sehr zahlreiche kleine Zweige ab, und bilden gleich von der Basis der Schleimhaut aus ein feines Capillarnetz. Es steigen nämlich 1/3900 —/i0o‘' grosse sehr häufige Ge- fässchen senkrecht und einander parallel nach aufwärts, welche bald höher bald tiefer durch Queräste und Spal- tung mit einander in Verbindung treten und auf diese Weise ein langgestrecktes arterielles Capillarnetz bilden. Die einzelnen Gefässchen desselben construiren Maschen von 1/55— 1/11 Weite. Von diesem gleichartigen Netze wird die ganze Schleimhaut durchzogen, so dass sich bei*einem senkrechten Schnitt durch dieselbe das zier- lichste Bild zeigt. Die aufsteigenden Venen werden von diesem Netze vollständig umgeben und umflochten. Die Drüsenschläuche, welche ziemlich enge an einanderstehen, stecken in diesem Geflechte verborgen; sie sind es auch hauptsächlich, welche diese parallel gestreckte Richtung den Capillargefässen vorschreiben. Hie und da sieht man neben diesen feinen Gapil- laren noch ein grösseres Arterienstämmchen in schie- fer Richtung die Schleimhaut durchziehen, das während seines Verlaufes einige Aeste abgibt und gegen den freien Rand der Schleimhaut zu sich undeutlich verliert. Welche Beziehung diese einzelnen, seltenern Zweige zu dem ganzen Gefässsystem dieser Theile haben, konnte ich nie sicher constatiren. Entweder ist es blos eine Anomalie des gewöhnlichen Verlaufes, oder vielleicht sind dieselben sogenannte vasa privala oder Nutritionsgefässe für das Schleimhautgewebe selbst. Ich halte letzteres für wahrscheinlicher. Wir haben bis jetzt die Anordnung der Arterien und Gefässe beschrieben, wie sich uns dieselben an senk- recht durch die Schleimhaut geführten feinen Schnitten zeigen. Der Uebergang des einen Systems in das an- dere findet, wie wir bereits gesehen haben, an der Ober- fläche statt; doch veranschaulicht die Ansicht von Oben diesen Uebergang noch besser und vollständiger. Wir haben freilich gesehen, wie sich in der Achse der Py- ramide die Capillaren in die Venenwürzelchen allmählig umbilden und so die Gentralvene der Pyramide bilden; allein der ganze Zusammenhang des Netzes mit diesen vasis efferentibus gibt sich erst bei Betrachtung der Ober- fläche recht deutlich zu erkennen. Bringt man die von den übrigen Häuten abpräparirte Schleimhaut, oder noch besser nur die oberste Schicht derselben, welche mittelst der Gooper’schen Scheere oder einem feinen Messer abgeschnitten wird, unter das Mikroscop, so sieht man die dicht an einander stehenden Pyramiden mit Gefäss- ringen versehen, welche besonders deutlich hei auffallen- dem Lichte hervortreten. Bei durchfallendem Licht be- merkt man, falls der Schnitt dünn genug ist, deutlich die Mündungen der schlauchförmigen Drüsen, von denen je 1, selten 2 je einem solchen Gefässringe entspricht. Die Mündungen der Drüsen messen 1/,—1/40‘' Durch- messer. Die Grösse der Gefässringe richtet sich nach diesen Durchmessern. Die Gefässchen selbst sind 1/3900 bis 14/360“ ‚dick. Mehrere solcher eng neben einander liegenden Gefässringe bilden einen Bezirk, aus welchem = we — einige Gefässchen entspringen, welche in die Würzel- chen der Venen übergehen. Diese letztere nehmen mei- stens ihre Richtung von der Peripherie gegen die Achse der Pyramide, und zwar ziehen sie meist etwas der Spitze zu, woselbst sie dann umbiegen und hier durch den Zusammenfluss vieler kleiner Quellen zu den ziem- lich beträchtlichern Würzelchen werden, aus welchen dann bald das voluminöse vas efferens entsteht. Wenn man ein mit verschiedenen Massen von Arterien und Venen aus injicirtes Präparat vor sich hat, so sieht man die Massen meistens sich in diesen intermediären Gefäss- chen, welche von den Ringen zu den Venenwürzelchen ziehen, mischen. Während das Capillarnetz, das die Schläuche umspinnt; so wie die Ringe um die Mündun- gen von der arteriellen Masse gefüllt ist. Diese Unter- suchungen bestätigen deshalb die schon von Böhm aus- gesprochene Thatsache, dass der Uebergang der Arterien in die Venen erst und nur an der Oberfläche, und zwar in der Nähe der Pyramidenspitze vor sich gehe. Nur in einem Punkte weichen wir von Böhm’s Angaben wesentlich ab. Er sagte oben, dass blos oder wenig- stens hauptsächlich nur die Drüsenmündungen reich an Gefässen seien. Ihm scheint das CGapillarnetz, welches die Arterienzweigchen um die Drüsen bilden, nicht be- kannt gewesen zu sein. Wir haben hier aber nachge- wiesen, dass das gesammite arterielle System gerade haupt- sächlich für dieses Drüsengefässnetz verwendet werde und dass also hier, wie in den übrigen Darmpartien, diese Absonderungsorgane mit zahlreichen Quellen für ihre Secretbildung versehen seien. Doch wir haben uns blos mit den Erhabenheiten der Schleimhautoberfläche beschäftigt; es bleibt uns noch übrig, die zwischen denselben gelegenen Theile der Schleimhaut zu betrachten. Diese sind wegen des engen Aneinanderliegens — 367 — der Pyramiden nur schmale, kleine Räume, über welche feine Gefässe quer verlaufen, welche, wie die oben angeführten intermediären Gefässchen, aus einzelnen Ringbezirken entspringen und zu den benachbarten Pyramiden ziehen. Dadurch bilden sie selbst wieder bald kleinere, bald grös- sere Ringe oder Netze, in denen Drüsenmündungen ge- sehen werden. Doch fand ich bier diese letztern nicht häutig. Im untere Theile des Colons, wo die Schleimhaut glatt wird, treten diese Gefässringe besonders deutlich zu Tage. Die flache Beschaffenheit der Oberfläche muss. hier der Anordnung der Gefässe auf derselben eine ge- ringe Modification geben. Die Venen steigen auch hier senkrecht, in grössern Distanzen durch das Schleimhaut- gewebe empor; an der Oberfläche biegen ihre 1/44, bis 1/30‘ dicken Würzelchen in die Horizontale um und verlaufen zwischen den Gefässringen eine Strecke weit. Sie bilden sich hier durch Zusammenfluss der oben an- geführten, aus den arteriellen Ringen entspriogenden in- termediären Gefässchen. Die Gefässringe um die Drü- senmündungen bilden an dieser glatten Oberfläche des Golons ein zierliches, gleichartiges Ring- oder Polygon- netz, das einen sogleich an den Durchschnitt einer Bie- nenwabe erinnert. Der untere Theil des CGolons geht ohne bestimmte Grenze in das rectum über, welches auch ganz-analoge Verhältnisse zeigt, so dass wir es bier gut anreihen können. Die serosa hat hier eine Dicke von Yıs—Y4s'', die muscularis misst 1),—1/3"', die mucosa 1/;—!/g'. Die Drüsenschläuche sind lang und ragen oft wie Orgelpfei- fen in das Unterschleimhautgewebe herab. Sie messen Yr—l/s‘'' Länge und 1/57‘ Breite; an den Mündungen sind sie etwas enger, Y4—4/s5'”. Ihre Wandungen sind — 368 — sehr deutlicb und scharf. Ihr Inhalt, feinkörnig und bell, besteht nach Untersuchung von Hrn. Prof. Frey aus 1/3—200‘ grossen Kernen von rundlichem, etwas gra- nulirtem Ansehen; so wie aus häufigen Zellen mit blassem Inhalt, deren Kerne nicht überall deutlich sichtbar sind. Im rectum, so wie auch im Coecum haben die Zellen eine Grösse von Yyp—1/150”', oft sind sie noch grösser, /ooo—Yı20‘', bald feinkörnig, bald mehr blass. — Die ganze Gefässanordnung ist dieselbe, wie diejenige im Co- lon descendens, so dass ich mich auf Angabe einiger Grössenverhältnisse beschränken kann. Die zwischen den Schläuchen emporsteigenden und dieselben umspinnen- den Arterienzweigchen messen 1/940— 1330“ Durchmesser, Die Gefässringe an der Oberfläche haben einen Durch- messer von 1/9—1/29‘'. Die aufsteigenden Venen sind 1/55''' dick. So viel wir aus einer zwar nur (heilweise gelunge- nen Injektion eines Hundes entnehmen konnten, ist der Verlauf auch hier im Colon ein ganz analoger. — Das rectum war in diesem Falle dagegen gut injicirt; es zeigte um die Mündungen der 1/,,— 1/33" breiten Drüsen Ge- fässringe von 1/19, 1/93, Y/a6—!/a9''' Durchmesser, welche gleichmässige Polygone -bilden. Ebenso sahen wir in einem menschlichen Colon und rectum dasselbe System; zwar war die Injektion keine gelungene, sondern zeigte blos einige wenige Stellen deutlich injicirt; allein die Basal-, so wie die aufsteigen- den Venen, theilweise auch das Capillarsystem der Drür sen war mit Masse gefüllt und erlaubte uns, das Ana- loge anzunehmen. MITTHEILUNGEN DER NATURFORSHCENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. x ON? 8. STEUERN 1851. Conr. Rahn, Dr. — Untersuchungen der Wur- zeln und Bahnen der sekretischen Nerven der Glandula parotis beim Kaninchen. Die Mittheilungen über Speichelabsonderung, welche vor Kurzem in diesen Schriften durch Professor Lu d- wig niedergelegt sind, liessen es wünschbar erschei- nen, genauere Bestimmungen des Ursprungs und Verlaufs der hier wirksamen Nerven zu erhalten. — Einer Auf- forderung des befreundeten Lehrers zu Folge, habe ich dieselben im physiologischen Laboratorium der hiesigen Hochschule unternommen. f Wir hatten bei unsern vorläufigen Versuchen‘) gefun- den, dass bei Trennung gewisser Nervenwurzeln die Se- kretion bald auf Reizung des mit dem Hirn in Verbin- dung stehenden Stumpfes, bald auf Erregung des peri- pherischen Endes erfolgte. Letztere Wirkung erklärt sich durch die centrifugale Fortpflanzung der Erregung; er- stere setzt nach unsern bisherigen Erfahrungen über die Funktionen der Nervenelemente eine Leitung nach den Nervencentren und Ueberpflanzung auf centrifugale Ele- mente voraus. Bezeichnen wir die Nervenbahnen, in denen diese Thätigkeiten vor sich gehen, mit dem Namen Ab- sonderungsnerven, so wollen ‘wir die Nervenwurzeln er- *) Einiges über Speichelsekretion ‚Inauguraldisserlation von G. Rahn. 18; Sept. 1850. 24 = — 370 — sterer Art geradläufige, die der letztern rückläu- fige nennen. Die Abstammung der Nerven betreffend, lässt sich nach den schon früber bekannten Thatsachen vermuthen, dass dieselben cerebrospinale und zwar eigentlich soge- nannte Hirnnervenfasern sind. Und zwar aller Wahr- scheinlichkeit nach sind Geradläufig: 1. Der nery. trigeminus. Hiefür spricht: a) Die Verbreitung desselben in die Parotis. b) Die Thatsache, dass mit den Kaubewegungen die Speichelabsonderung eintritt; indem dieselbe nicht durch mechanischen Druck erzeugt wird, so ist wohl anzunehmen, sie entstehe durch Erregung der Paro- tisäste des dritten Astes, welche nach Art der Mit- bewegung zu deuten wäre. c) Dass bei heftigen Neuralgien des trigeminus, die seinen dritten Ast treffen, lebhafte Speichelsekretion einzutreten pflegt.‘ (Romberg. Lehrb. der Nerven- krankheiten I. Bd. p. 17. 39. 2te Aufl.) Denkbar, obschon nicht wahrscheinlich, wäre hier auch eine reflektorische Thätigkeit unter den Fasern des tri- geminus, oder zwischen sensiblen Fasern desselben und anderweitigen Absonderungsnerven. 2. Der nerv. facialis, und zwar beim Menschen die R. parotidei posteriores, beim Hunde und Kaninchen die chorda tympani. Diese schickt nämlich bei diesen einen Ast, der sich um das Kiefergelenk herumschlägt, zur Parotis. Ferner spricht für den n. facialis die Beobachtung von vermehrter Absonderung des Speichels, die sich nach Halblähmungen des facialis einstellt, wenn hier nicht die Lähmung der contraktilen Gebilde der Mund- höhle und consecutives Auslaufen des Sekretes aus dem Munde statt des frühern Hinabschlingens eine Täu- - 371 — schung über die secernirte Speichelmasse zuliesse. (Arnold Zwei Fälle von Lähmung der Antlitznerven in Valentin Lehrb. 2. Aufl. Il. 385. uad Bemerkungen über den Bau des Gehirns und Rückenmarks. Zürich. 1838.) In einem Fall von halbseitiger Gesichtslähmung blieb die entspre- chende Hälfte der Mundhöhle trocken (W. Arnold). Bei Compression des facialis durch einen Ohrpolypen blieb das Sekret der Obrspeicheldrüse in derselben angesam- melt, wenn es nicht durch Druck auf die Drüse entleert würde. James bei Longet. Anatomie und Physiologie des Nervensystems, übers. von Hein. 2. Bd. p. 403. Man hat sich allgemein der Hypothese angeschlossen, dass die chorda tympani Erreger der Speichelabsonderung sei. Vorausgesetzt wurde hierbei, es diene die Thätig- keit des Nerven bloss zur Entleerung des angesammel- ten, nicht aber zur Bildung neuen Sekretes. Zu den rückläufigen Speichelnerven liessen sich vermulhungsweise zählen: 1. Nerv. glossophar., weil nach Geschmacksempfin- dungen auch ohne gleichzeitige Muskelbewegungen Spei- chelabsonderung eintritt. Vergleiche hierüber Stannius Funktionen der Zungennerven, Müllers Archiv. 1848. Auch uns ergaben vorläufige Versuche an Hunden dasselbe Resultat. 2. Ramus lingualis trigemini, insofern auch ihm Func- tion als Geschmacksnerve zukommt. Die Versuchsreihe, die diese Thatsachen uns aufer- legte, war folgende: 1. Für die direkte Erregung musste das Grosshirn eines Kaninchens, nach vorheriger Unterbindung der art. -earolides cerebrales, abgetragen und die betreffenden Ner- venwurzeln vom Gehirn getrennt werden. So mussten ge- reizt werden: a) b) den gen = m2. — Die vom Gehirn abgetrennte Wurzel des trigeminus. Der facialis , und zwar r. seine ganze Wurzel nach einfacher Durchschnei- dung derselben; ß. nach Zerstörung des Nerven’ an seinem Austritt aus dem fallopischen Canal, und zwar in der Art, dass der einzige Ast, der noch ungestört wirkte, die chorda tympani (und nervulas m. stapedii) war. 2. Für die rückläufige Erregung: Reizung der Mundhöhle nach durchschnittenem R. lingualis trigemini. Ebenso nach Durchschneidung des N. glossophar. Durchschneidung des Stammes des N. glossoph. und Reizung des centralen Stumpfes. 3. Um die Beziehungen zu ermitteln, die zwischen Fasern der geradläufigen Nerven und den rückläufi- Statt haben, musste je ein Nervenstamm von jeder dieser beiden Arten durchschnilten werden, und nun lag der einfache Versuch vor, den unverletzten rückläufigen Nerven zu reizen und den Einfluss der Reizung auf die beziehungsweise Thätigkeit des mit dem Nervencentrum communicirenden geradläufigen Nerven zu beobachten. a) Man durchschneidet den glossopharyngeus und fa- cialis. Beide Operationen sind leicht. Um den fa- cialis zu entfernen, bedient man sich des bekannten Weges, die Wurzel durch Zerren des Stammes aus dem foramen stylomastoideum auszuziehn. Die Ope- ration ist für gelungen zu halten, sobald die Gere- brospinalflüssigkeit aus dem for. stylomastoid. her- vordringt. Es bleibt nach dieser Operation von den zu prüfenden Nerven noch der trigeminus übrig in seinen rück- und geradläufigen Fasern. — 373 — b) Wird nach derselben Operation der centrale Stumpf des glossopharyngeus erregt, so ergibt sich das Verhältniss der rückläufigen Fasern dieses Nerven zu den geradläufigen des trigeminus. e) Man durchschneidet den ganzen trigeminus; dieser Versuch gelingt nur‘ nach Eröffnung der Schädel- höhle und Abtragung der Grosshirnhemisphären unter Beobachtung der obenerwähnten und bekannten Gau- telen. Fodera’s von Magendie und Longet verbes- serte Methode ein Neurotom durch die sonst unver- letzte Schädeldecke direkt auf die Wurzel des fünften Paares einzuführen, gewährt keine sichere Garantie für die gelungene Zerstörung ihres dritten Astes. dj Um die Beziehung des rückläufigen Tbheils des trige- minus zum facialis aufzufinden, muss der Ursprung des erstern in obiger Weise bloss gelegt und der ganze Stamm durchschnitten werden. Direkte Reizung des centralen Stumpfes und Beobachtung der Sekretion gibt Aufschluss. _ Die besonderen Methoden, deren wir uns zur Rei- zung der Nervenstämme und der Beobachtung des Ein- tritts der Sekretion bedienten, waren folgende: I. Nervenerregung entweder mittelst des Dubois’schen Maguetelektromotor (s. Dubois-Reymond, Untersuchungen über Tbier-Elektricität H. 1, 393.) Als zuführende Drähte wurden die feinsten käuflichen Drähte der Posamenter benutzt und dieselben möglichst nahe gestellt. Zur Si- cherung des Erfolges trachteten wir den Nerven, wo es immer anging, durch ein untergeschobenes Glimmerplätt- ehen zu isoliren. Für motorische Nerven wurde die voll- ständige Isolirung der elektrischen Schläge zur Gewiss- heit, wenn sich die eintretenden Muschelbewegungen bloss auf das ihm zugehörige Gebiet beschränkten. Bisweilen — 374 — reizten wir die Nervenstämme auch mittelst Betupfung durch: Salpetersäure. 2. Zur Beobachtung der Sekretion ist hier das Ma- nometer nicht geeignet, da eine Ganule nur mit ziemli- chen Schwierigkeiten sich in das enge Lumen einführen lässt. Das nachfolgende Verfahren erwies sich uns als be- friedigend in seinen Resultaten: der Gang der Drüse wird aufgeschlitzt, ihr Parenchym zwischen den Fingern gut ausgedrückt, sie und ihre Umgebung mittelst Löschpa- pier von aller vorhandenen Feuchtigkeit möglichst befreit und nun ein weisses Filtrirpapierchen auf die Oeffnung des Ganges aufgelegt. Derselbe bleibt so lange trocken, bis eine plötzliche Sekretion in Folge einer Nervenerre- gung eintritt, in welchem Falle es sich rasch an der der Oeffnung des Ganals,entsprechenden Stelle anfeuchtet. Das befeuchtete Papierchen wird entfernt und durch ein tro- ckenes ersetzt, und so wird fortgefahren, so lange die Stückchen nass werden oder insoweit man die Dauer der Sekretion bestimmen will. Oft muss die Reizung erst 10—30 Sek. lang einwirken bis Sekretion eintritt, welche letztere aber die Reizung dann oft auch ebenso lange Zeit überdauert. | Versuche.‘) 1. Nach Unterbindung beider arteriae carotides .ce- rebrales wurde das Grosshirn abgetragen, der ductus 'stenonianus bloss gelegt und geöffnet und der trigemi- nus an seiner Durchtrittsstelle durch das Tentorium voll- kommen durchschnitten. a) Auf Erregung des peripherischen Stumpfes des tri- geminus mittelst des Magnetelektromotor treten iso- lirte Bewegungen des Kiefers ein, sowie 10—20 Sek. *) Jede der folgenden Nummern entspricht einer Anzahl gleichartiger Versuche. — 375 — nach dem Beginnen der Reizung ein starker , dieselbe überdauernder Speichelausfluss. b) Erregung des facialis am peripherischen Stumpfe be- wirkt sehr intensive Bewegungen der Kopfschwarte sowie des Gesichts und starke Speichelabson- derung. 2. Nach obigen Vorbereitungen und namentlich nach Durchschneidung des Trigeminus wurde der peripherische Stumpf des Nerven neben der Sella mit Salpetersäure zerstört, während welcher Zeit sehr lebhafte Speichelab- sonderung eintrat. Erregung des facialis ergab vollkom- men isolirte Bewegungen des Gesichts bei durchaus re- gungslosem Kiefer. Die Speichelabsonderung war sehr stark, selbst da noch, als das Athmen oft minutenlang ausblieb und aus der durchschnittenen Garotis das Blut nur noch in Tropfen ausrann. 3. Nach den früher erwähnten Vorbereitungen wurde zunächst der Facialis möglichst tief innerhalb des foram. stylomastoideum durchschnitten. Auf Erregung des trigeminus innerhalb der Schädelhöhle tritt Speichel- absonderung ein. Ebenso bei Reizung der Wurzel des facialis, wobei diessmal jede Muskelbewegung ausbleibt. 4. Der N. glossopharyngeus und ductus stenonianus werden linkerseits aufgesucht und durchschnitten ohne vorgängige Excerebration. -Auf Erregung des centralen Stumpfes des neunten Nerven entsteht jedesmal Spei- chelabsonderung. Auf Reizung des centralen Stumpfes des N. vagus (noch vor Abgang des R. laryngeus supe- rior) und hypoglossus mittelst des Induktionsapparates erfolgt nie Speichelabsonderung. 5. Excerebration. Nervus glossopharyngeus und ‘ duetus stenonianus rechterseits bloss gelegt, durchschnit- ten. Die Reizung des centralen Nervenstumpfes erzeugt — 376 — starke Speichelabsonderung. Dann wird der Stamm des trigeminus durchschnitten; die darauf folgende Erregung des glossopharyngeus erzeugt keine Speichelabsonderung mehr. Nun wurde vollkommen excerebrirt und die Wur- zeln der N. vagus und hypoglossus gereizt, worauf keine Speichelabsonderung erfolgte. ‘Hingegen trat dieselbe in hohem ‘Grade ein, als der facialis nachher an seiner Wurzel gereizt wurde. 6. Nach Excerebrationen erwies sich einige Male die Erregung des centralen Stumpfes vom Nervus glos- sopharyngeus für die Erweckung der Speichelabsonderung nutzlos. 7. Ein Kaninchen wurde durch Injection von Lau- danum in die äussere Ingularvene narkotisirt, der linke ductus stenonianus bloss gelegt und geöffnet, der Nerv. facialis bis in die Paukenhöhle durch den Knochen ver- folgt und dann aus der Wurzel gerissen. Der glosso- pharyngeus wurde blossgelegt und durchschnitten. Auf Er- regung des centralen Stumpfes erfolgt keine Speichelab- sonderung. Das Einsetzen der Zuleitungsdrähte in die Mundhöhle veranlasst starke Kaubewegungen und diese einen zweifelhaften Erfolg in Beziehung auf Speichelab- sonderung. Nun wurde der Schädel geöffnet, das Gross- hirn abgetragen und die Wurzeln des trigeminus gereizt, worauf starke Absonderung eintrat. 9. Ohne vorhergehende Betäubung wurde der linke duct. st. aufgesucht und eröffnet, der facialis aus dem for. stylomast. ausgerissen,, welches ohne Winseln des Thieres geschah. Der glossopharyngeus bloss gelegt und durchschnitten; die Erregung seines centralen Stum- pfes erzeugt keine Speichelabsondernng, aber lebhafte Schmerzenäusserungen und Schluckbewegungen. Einfüh- rung der Drähte in die Mundhöhle erzeugt lebhafte Zun- - #1 — gen- und Kaubewegungen, aber keine Speichelabsonde- rung. Nun wurde excerebrirt und die Drähte in den mealus audilorius internus geführt, ohne dass Speichel- absonderung eintrat; auf Reizung des trigeminus trat sehr lebhafte Absonderung ein. Diese letztere Alternative wurde mehrmals mit dem besten- Erfolge wiederholt. Aus diesen Beobachtungen fliessen uns nachstehende Schlüsse. 1. Die Nervenfasern, welche beim Kaninchen die Sekretion der Gl. parotis direkt bewirken, liegen in zwei Bahnen: a) in dem Ram. tert. trigemini, b) in dem N. facialis, und zwar in der chorda. Kein anderer Ner- venzweig vermag, vom Gehirn getrennt und gereizt, die Sekretion der Parotis zu bewirken. II. Der einzige rückläufige Nerv scheint der Glos- sopharyngeus zu sein; überhaupt scheint das rellektorische Gebiet der Speicheldrüsen sehr umgränzt und vor dem Eindringen anderweitiger Erregungen geschützt zu sein, da selbst intensive Reizung der anliegend entspringenden sensiblen Nerven keine Speichelsekretion bervorzurufen vermag. Ill. Der N. glossophar. scheint nur auf den facia- lis reflektorisch einzuwirken. ? IV. Vermittelst des trigeminus steht dem Willen eine indirekte Anregung zur Erzielung der Speichelab- sonderung zu, indem derselbe zugleich mit der Kaube- wegung Sekretion veranlassen kann; eine ähnliche Wir- kung scheint der Wille auf den facialis nicht ausüben zu können, da nach Bewegung der mimischen Muskeln noch kein Eintreten der Speichelabsonderung beobach- tet ist.? V. Die Erfolge der Erregung der Wurzeln gerad- wirkender Nerven, ehe sie in die Ganglien eingetreten — 378 — sind (Knie des facialis, ganglion Gasseri); dann die durch das Gehirn vermittelten reflektorischen Erregungeh schei- nen die Annahme zu widerlegen, dass die wirksamen Ner- venfasern in den Ganglien ihren Ursprung haben, respec- tive zum sogenannten sympathicus gehören. Leider mussten die Untersuchungen vor vollkomme- ner Beendigung geschlossen werden, sonst wäre noch der Versuch gemacht worden, zu erledigen, ob 1) nicht bei erregbareren Thieren, wie Katzen, auch vom (rigeminus Reflexe auf trigeminus und facialis, oder vom glossopharyngeus eben solche auf den erstern mög- lich gewesen wären; 2) mit welcher relativen Stärke beide direkte Ner- ven für die Speichelabsonderung eintreten; nach dem An- scheine zu urtheilen, ist die Wirksamkeit des facialis beträchtlicher, als die des trigeminus, da nach des er- stern Erregung viel grössere Tropfen Speichel austreten. Die Zahl der möglichen Täuschungen, die ganz abgese- ben von der Erregbarkeit des Nerven schon durch die Ap- plikation des Erregungsmittels bestehen, ist zu beträcht- lich, als dass jetzt schon ein besonderer Werth auf dieses Ergebniss gelegt werden könnte. Zum Schluss bemerken wir, dass die Untersuchung auch auf die glandula submaxillaris ausgedehnt war, und eigentlich mit ihr begonnen hatte; es erhob sich aber dadurch Schwierigkeit, dass bei Kaninchen der Ausfüh- rungsgang der Drüse ohne Verletzung des Nerven kaum geöffnet werden kann. In einzelnen Fällen gelang es, den Nerven unverletzt zu erhalten, und hier ergab sich, dass die Drüse ihre Nerven mittelst des trigemi- nus und facialis auch aus dem Hirn bezieht: ein Resul- tat, welches übrigens noch durch weitere Untersuchun- gen fester begründet werden muss. — 379 — C. Cramer. — Untersuehungen über das Stiba- myli und seine Verbindungen. (Vorgetragen den 12. Mai 1851.) Von Herrn Prof. Löwig veranlasst, unter seiner Leitung‘ eine Untersuchung über das Stibamyl vorzuneh- men, auf dessen Existenz man nach der Entdeckung des Stibaethyls mit ziemlicher Sicherheit . schliessen konnte, theile ich hier in Kürze die Resultate der Ar- beit mit. Das Stibamyl entsteht ganz analog mit dem Stibä- ihyl und Stibmethyl bei der gegenseitigen Einwirkung von Antimonkalium und Jodamyl. Das Antimonkalium wurde erhalten durch anfangs schwaches, dann allmälig verstärktes aber nicht zu hef- tiges Glühen gleicher Theile Weinstein und Antimon. Das Jodamyl, wie es sich bei der gemeinsamen Ein- wirkung von Jod und Phosphor auf Amylgeist bildet, wurde durch wiederholtes Waschen mit einem Gemenge gleicher Theile Weingeist und Wasser von der phospho- rigen Säure, einem Theile Jodwasserstoffsäure und dem un- zerseizten Amylgeist und durch nachheriges Schütteln mit Quecksilberoxyd auch von den letzten Spuren von Jod- wasserstoffsäure befreit. Um einem zu grossen Verlust an Jod vorzubeugen, liess man, sobald sich eine reich- liche Quantität Jodwasserstoffsäure entwickelt hatte, je- desmal das Ganze etwa 24 Stunden lang in einer zuge- pfropften Flasche stehen, damit die Säure auf den noch unzersetzten Amylgeist einwirken könne. Die Zersetzung war auf diese Weise ungefähr am dritten Tage voll- ständig. Eine zweimalige Destillation über Chlorcalcium diente dazu, das Wasser und Jodquecksilber , welches: sich zum — 380 — Theil in Jodamyl löst, zu entfernen‘). Da in höherer Temperatur, und somit gegen das Ende der Operation hin leicht wieder Wasser aus der Verbindung mit Chlor- caleium entweicht, so ist eine fractionirte Destillation nothwendig. Das specielle Verfahren bei der Darstellung des Stui- bamyls ist, wenige Modificationen abgerechnet, dasselbe wie beim Stibäthyl (siehe die Abhandlung I. über das Sıibäthyl von den Herren Prof. Löwig und Schweizer). Da das Stibamyl erst in sehr hoher Temperatur flüchtig ist, so hat man besonders auf kleine Kölbchen zu sehen. Wegen der unbedeutenden Differenz der Siedpunkte des Stibamyls und Jodamyls ist es unnütz, das überschüssige Jodamyl jedesmal vorher in eine besondere Vorlage ab- zudestilliren; sondern man fängt die verschiedenen unrei- nen Destillate alle in Einem Kölbchen, von der Art, wie die zur Bildung des Stibamyls angewendeten, auf und unterwirft das Ganze, mit pulverisirtem Antimonka- lium und etwas Quarzsand vermengt, später einer frac- tionirten Destillation. ”) Da bei der Verdampfung des Stibamyls weit weniger Wärme latent wird als beim Jod- amyl, so zeigt die Wärme der Destillationsröhre an, wann das zum Auffangen des Produktes bestimmte Fläschchen gewechselt werden muss. So lange nämlich die Röhre heiss ist, geht fast bloss Jodamyl über, fängt sie aber an kälter zu werden, so kommt reines Stibamyl. *) Bemerkenswerth ist auch noch, dass das Jodquecksilber, welches dabei entsteht, sowohl in der gelben als rothen Modili- calion heraus krystallisirt, und dass die gelben Krystalle selbst Wochen lang unverändert bleiben. *) Eine krystallisirte Verbindung von der Zusammensetzung Sb Am,, Jd, ähnlich dem Jodstibmethylium, entsteht dabei nicht. u * — 331 — Das Stibamyl ist eine wasserhelle, ziemlich dünne Flüssigkeit, von unangenehmem, zwiebelartigem und zum Husten reizenden Geruche, ähnlich wie das Stybäthyl und Stibmethyl. Das spez. Gewicht beträgt 1,0587; der Sied- punkt und das specifische Gewicht der Dämpfe konnten nicht bestimmt werden. Das Stibamyl löst sich in Aether und Weingeist leicht, dagegen in Wasser nicht auf. Auch das Stibamyl raucht an der Luft, obwohl lange nicht so stark wie das Stibaethyl, und bildet eine durch- sichtige, firnissartige, nachher festwerdende Masse von bitterm Geschmack. Eine Selbstentzündung findet dabei nicht Statt, ungeachtet dass die Temperaturerhöhung noch ziemlich. beträchtlich ist. Das Stibamyl verbindet sich begierig mit den Haloiden, auch mit Schwefel; (doch wird es von dem Stibaethyl und Stibmethyl an positiven Ei- genschaften weit übertroffen. Analyse des Stibamyls. Die vollständige Verbrennung geht auch bei Anwen- dung von reinem Kupferoxyd ohne Zusatz von chlorsau- rem Kali leicht von Statten; auch ist die Vorsicht, das Kölbchen in einem Raum voll Koblensäure mit der Sub- stanz zu füllen, hier nicht nothwendig. (Leider besitzen die Resultate dieser Analyse, wie die der meisten übri- gen, nicht die gewünschte Genauigkeit. Man möge dies damit entschuldigen, dass es meistens sehr schwierig war sich völlig reines Material zu verschaffen, da, wie es scheint, fast alle hieher gehörigen Verbindungen flüssig sind, die geringen Quantitäten aber, die mir zur Unter- suchung zu Gebote standen, keine weitläufige Reinigung erlaubten. 1. 0,452 Gramm Substanz gaben: — 382 — 0,849 Kohlensäure, 0,398 Wasser, mithin: 51,10 % Koblenstofl', 9,73 % Wasserstoff. 2. 0,428 Gramm Substanz gaben: 0,798 Kohlensäure, 0,375 Wasser, mithin: 50,93 % Kohlenstoff, 9,81 % Wasserstofl. Die Formel für das Stibamyl ist daher: Sb Am; , denn SbCz H;z enthalten: 52,63 % Kohlenstoff, 9,65 % Wasserstoff. Verbindungen des Stibamyls. Auch das Stibamyl vereinigt sich mit 2 Atomen Jod, Brom, Chlor, und ohne Zweifel auch Sauerstoff. Die Verbindungen mit den Haloiden sind sämmtlich Flüs- sigkeiten. 1. Jodstibamyl (St Amz) Jdg. Behandelt man die ätherische Lösung des Stibamyls genau so lange mit kleinen Quantitäten von Jod, als die jedesmal eintretende Färbung wieder verschwindet, so entsteht Jodstibamyl. Versetzt man hierauf die Flüssig- keit mit Weingeist, worin die Jodverbindung schwer lös- lich ist, so scheidet sie sich in demselben Masse aus, als der Aether verdunstet. Sie wird durch Chlorcaleium entwässert und stellt dann eine schwerflüssige, fast farb- ° ri > lose, schwachgelbliche Flüssigkeit, von unangenehmem Geruche dar. Analyse des Jodstibamyls. 1. Bestimmung des Kohlen- und Wasserstoffgehaltes. Wegen der Schwerflüssigkeit der Substanz konnte bei der Elementaranalyse kein Kölbehen angewendet wer- den. Eine abgewogene Quantität wurde in einem kleinen Becherglas mit Kupferoxyd gemengt und so in die Ver- brennungsröhre gebracht, welche vorn mit reinem Ku- pfer aufgefüllt wurde, um das bei der Verbrennung frei werdende Jod zurückzuhalten. 0,260 Gramm Substanz gaben: 0,302 Kohlensäure, 0,134 Wasser, mithin: 31,7 % Kohlenstoff, 5,8 % Wasserstoff. Durch Berechnung nach der Formel (SbCz, H3;) Jdg findet man: 100 Theile Jodstibamyl enthalten: 30,2 %, Kohlenstoff, 5,5 % Wasserstoff. 2. Jodbestimmung. Das Jod wurde aus der ätherisch-weingeistigen Lö- sung des Jodstibamyls durch salpetersaures Silberoxyd gefällt und aus dem erhaltenen Jodsilber berechnet. 0,574 Gramm Substanz gaben: 0,470 Jodsilber, mithin: 2 44,2 % Jod. Re Nach der Formel (Sb Amz) Jdg ergaben sich: 42,6 % Jod. Ohne Zweifel enthielt dieses Jodstibamyl nach Jod- amyl, woraus sich der Ueberschuss von Jod leicht erklärt. Il. Bromstibamyl (Sb Am;) Brg Behandelt man das Stibamyl auf dieselbe Weise, wie oben mit Brom statt Jod, so entsteht Bromstibamyl. Wascht man dasselbe mehrmals mit Weingeist und be- freit es durch Chlorcaleium vom Wasser, so kann es völlig rein erhalten werden. Es stellt dann eine schwer- flüchtige und ziemlich schwerflüssige, gelbliche Flüssigkeit dar und besitzt einen unangenehmen, zum Husten rei- zenden Geruch. Analyse des Bromstibamyls. 1. Kohlen- und Wasserstoffbestimmung. Eine gewisse Menge wurde in ein Kölbchen gebracht und gewogen, im Uebrigen wie bei der Jodverbindung verfahren. 0,426 Gramm Substanz gaben: 0,553 Kohlensäure, 0,265 Wasser, mithin: 35,4 % Kohlenstoff, 6,92 0% Wasserstoff. Nach der Berechnung enthält die Verbindung 35,8 % Kohlenstoff, 6,57 % Wasserstoff. 2. Brombestimmung. Das Brom wurde aus der ätherisch-weingeistigen MITTHEILUNGEN NATURFORSHCENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. ON?” 64, 1851. C. Cramer. — Untersuchungen über das Stiba- myl und seine Verbindungen. (Schluss.) Lösung des Bromstibamyls durch salpetersaures Silberoxyd gefällt und aus dem erhaltenen Bromsilber berechnet. 0,286 Gramm Substanz gaben. 0,214 Bromsilber , mithin: 31,82 % Brom, berechnet: 31,87 % Brom. Unser Bromstibamyl wurde aus völlig reinem Stiba- myl bereitet; daher die Uebereinstimmung der Resultate der Analyse mit denen der Rechnung. 11. Chlorstibamyl (Sb Amsz) Chlg. Behandelt man den trockenen Rückstand, der sich bildet, wenn ‘man Stibamyl in der ätherischen Lösung längere Zeit an ‘der Luft stehen lässt, in der Wärme mit Salzsäure, ‘oder reines Stibamyl ebenfalls in der Wärme mit verdünntem Königswasser, so entsteht Chlor- stibamyl. Dasselbe lässt sich durch Wasser und Aether von der überschüssigen Säure befreien, und stellt eben- falls eine ölige, gelbgefärbte Flüssigkeit dar. 25 — 386 — IV. Sauerstoffverbindung. Lässt man das reine Stibamyl oder eine ätherische Lösung desselben an der luft stehen, so bleibt ein durch- sichtiger Firnis$ zurück, und zuletzt erstarrt das Ganze zu einer durchsichtigen, farblosen, gummiähnlichen Masse. Es ist diess unstreitig ein Oxydationsprodukt; doch lässt sich über die wahre Zusammensetzung desselben noch nichts Bestimmtes angeben; soviel scheint gewiss, dass die Verbindung (Sb Am;) O3 darin enthalten ist, da: bei der Einwirkung von Salzsäure neben Algaroth und an- dern Produkten auch Chlorstibamyl entsteht, welches durch Aether ausgezogen werden kann. V. Schwefelverbindung. Erhitzt man Stibamyl unter Wasser mit Schwefel, so entsteht eine schwefelhaltige Verbindung; ebenso wenn man in einem Kölbchen eine ätherische Lösung von Stib- amyl mit Schwefel kocht, die ätherische Lösung abgiesst und der freien Verdunstung überlässt. Es bleibt dann eine gelbe, krystallinische, leicht schmelzbare und leicht flüchtige Substanz von widerlich-zwiebelartigem Geruche zurück. Dieselbe ist aber immer mit überschüssigem Schwefel gemengt, weil auch der Schwefel in Aether et- was löslich ist, und zersetzt sich leicht. Die Analysen gaben daher noch keinen sichern Auf- schluss über die innere Zusammensetzung der Verbindung. Versetzt man aber die weingeistige Lösung derselben mit Salzlösungen schwerer Metalle, so fallen gefärbte Nieder- schläge (Schwefelmetalle) zu Boden. — 387 — J. M. Ziegler. — Ueber die Zeichnung und Ge- birgsdarstellung der topographischen Karte der Kantone St. Gallen und Appenzell. Der Kanton St. Gallen wurde in den Jahren 1840 bis 1846 durch Herrn Stabsmajor Eschmann und seine Gehülfen, die Herrn Eberle und Hennet, topographisch vermessen, nach dem für eidgenössische Vermessungen festgesetzten Reglement. — Die Verification der Auf- nahme und diejenige des Stiches ward dem Hrn. Inge- nieur Hartmann, Bauinspector des Kantons St. Gallen, übertragen. Die Originalblätter enthalten demnach, aus- ser allen erforderlichen Lokalbestimmungen, ein vollstän- diges Netz von Niveaulinien (Horizontalen) in einem ge- genseitigen senkrechten Abstande von 10 zu 10 Metres. — Dieselben gewähren demnach in diesem Verhältniss ein genaues Bild der Terrainverhältnisse und durften beim Stich der Karte unmöglich fehlen. Als vom Grossen Rathe des Kantons St. Gallen be- schlossen war, dieselbe im Aufnahmsmasstabe durch Steinstich vervielfältiigen zu lassen und die Niveaulinien mit in denselben als wichtige Bedingung aufzunehmen, trat die nicht geringe Schwierigkeit auf, die sämmtlichen Horizontalen durchzuführen, weil nahezu in zwei Dritt- theilen des Kantons die Bodenverhältnisse derart Stei- gungen zeigen, dass auf weite Strecken hin die Niveau- linien in der Zeichnung so nahe gerückt werden, dass deren Menge — auch wenn Farbendruck angewendet worden wäre — für klare Darstellung und den Ge- brauch eher schädlich als fördersam hätte werden müs- sen; dazu kam, dass eine grosse Zahl von Felspar- tien mit in das Kartenbild zu zeichnen war, welche — 388 — weil sie der Durchführung von Horizontalen unüber- steigliche. Schwierigkeiten: entgegengesetzt. hätten, meist nur in ihrer Ausdehnung ‚und allgemeinsten ‚Gestalt be- kannt waren, dennoch ‚aber in ihren charakteristischen Formen kaum in der Karte fehlen durften. — Es wurde daher, hei Uebertragung des Stiches an den Unterzeich- neten, festgesetzt: 1. die Darstellung des Terrains durch Schraffuren auszuführen, dieselben jedoch genau inner- halb der Horizontalen zu halten, dass durch deren Fu- gen diese erselzt seien und jede 10€ Horizontalen d. h. je von 100 zu 100 Metres eine Niveaulinie, über‘ das ganze Land hingezogen und mit der entsprechenden Hö- henzahl bezeichnet werde. 2. Da, wo‘ bei grössern Steigungen, gegen 45° und mehr, die ‚Schraffirungs- linien zu kurz würden, durften die zwischeninneliegenden Zehn-Metres-Schichten auf 20 Metres hohe erweitert wer- den; für noch bedeutendere Steigungen aber, das Pas- sende dem Zeichner überlassen. Möglichst viele Höhenangaben mussten nach Angabe der Aufnahme in die Karte getragen werden. — Die Ori- ginalblätter, sowie die erste Recognoszirungsreise durch die gebirgigen Theile des Kantons liessen in die Augen springen, dass die Lagerungsverhältnisse des Gesteines, sowie dessen materielle Verschiedenheit einen wichtigen Antheil haben an der Bodengestaltung, dass somit nicht nur Ingenieurs und Topographen, sondern auch Geogno- sten um Rath zu fragen seien. Ein. solcher ward ihm von Arn: Dr. A. Escher von der Linth freundlich gewährt. Dessen Abhandlung über (die Gebirgskunde im Kanton Glarus *) enthalten wichti- *) Gemälde der Sehweiz. Der Kanton Glarus, von Dr. Oswald. Heer und J. 5. Blumer-Heer. 1846. p. 5I—%. u > — 3889 — gen Aufschluss über die Lagerungsverhältnisse des St. Gallischen Oberlandes. Noch wichtigern Aufschluss ga- ben die geologischen und Gebirgszeichnungen der beiden Herrn Escher von der Linth, Vater und Sohn, und die während dem Stich der Karte aus neuen Beobachtungen gewonnenen Resultate des letztern, sowie gemeinschaft- liche Bereisung einzelner Gebirgstheile. Glücklicherweise fiel für den Schreiber dieses in die Zeit seiner Vorbe- reitungen und Studien zu der Karte ein längerer Auf- enthalt in Berlin, wo ihm die wohlwollende Güte des Hrn. Leopold von Buch zu Theil ward. Die reiche Sammlung topographischer Karten dieses berühmten und mit der Alpengebirgswelt vertrauten Geognosten, deren Vergleichung, mehr aber noch dessen eigene topographi- sche Zeichnungen und die geistreichen Bemerkungen des- selben wurden von bestimmendem Einflusse. Die Aufgabe, welche in dem interessanten Lande zu lösen war, wurde kla- rer. Die Behandlung der Karte, die Darstellungsweise der Bodenverhältnisse ergaben sich aus den Bedingungen, welche gleichsam in der Natur vorgezeichnet lagen‘). Bei dem starken Fortschritt der Naturwissenschaften und ihren Hülfszweigen, bei den gegenseitig in einander übergreifenden Grenzen der einzelnen Fächer kann nim- mer das Eine ohne das Andere sichere Wege gehen. Es muss auch der Topograph mit dem Geognosten sich ver- . stehen lernen. Während dieser nur dann richtige Folge- rungen und Schlüsse zu ziehen wagt, wenn seine Beob- achtungen in genauen Karten vor Augen liegen, so wird *). Dass aber dieser Zweck mittelst nöthigen Lokalstudien, entsprechender Zeichnung und Stich dann ermöglicht wurde, ver- dankt der Bearbeiter dem hohen Regierungsrathe des Kantons St. Gallen und der freundlichen Aufmunterung durch hinausge- schobenen Termin für deren Beendigung. — 390 — jener bei seinen Vermessungen und Zeichnungen natur- getreu arbeiten, indem er in den Bergen das Steigen und Fallen der Schichten und die verschiedenen Bildun- gen mit einigermassen sachkundigem Auge anblickt und sich durch das Charakteristische der Massen leiten lässt. Der geübte Beobachter wird bald wahrnehmen, dass die Gebirgsformen nicht bloss geometrische Gestalten sind, sondern dass jede derselben ihre eigenthümliche Physio- gnomie trägt, und nicht blos das nackte Gestein, was zu Cage tritt, sondern die Formen weitreichender La- gerungen selbst dort, wo sie mit Vegetation bekleidet sind, derselben entsprechen. Seit jener gewaltigen Epoche, welcher man die be- stimmenden Kräfte für die jetzige äussere Gestalt der Erde zuschreibt, wurde die Oberfläche unsers Planeten in die allgemeinsten Formen von Gebirgen und: Ebenen abgetheilt, zugleich wurden den Bergen, Hügeln und ih- ren Verbindungsgliedern die spezifischen Physiognomien aufgedrückt, welche trotz Wald und Flur an ihnen vor- kommen können. — Es versteht sich von selber, dass man bei dem vorliegenden Zwecke in geologische Ein- zelnheiten sich nicht verlieren durfte. Die Massen muss- ten, trotz der gewaltigsten Erschütterungen, Hebungen und Ueberstürzungen, als solche aufgefasst werden, sie liessen sich nicht in ihren einzelnen Elementen anschau- lich machen. Glücklicherweise war für ein allgemei- nes Bild, wie die topographbische Karte es gewähren kann, dieses nicht nothwendig. Berg und Thal’ zei- gen sich aber jetzt noch wie sie in jener vorbistori- schen Zeit nach geognostischen Gruppen gestaltet wur- den, oder später durch Erosion und Alluvionen nach und nach neue Formen annahmen. — Das Verstehen- lernen dieser Erscheinungen musste beim Studium der -—- 391 — Karte stets gegenwärtig sein; dann durfte bei den Merk- malen des Genus die Topographie stehen bleiben und die weitern Untersuchungen der Species dem Sachkundigen überlassen. Bei der oben bezeichneten Schraffirmethode ist vor- geschrieben, die grössern oder gerinugern Neigungen der Flächen durch mehr oder weniger Schatten anzudeuten. Da nun die lokalen Verhältnisse im Allgemeinen an den Steil- oder den Kopfseiten der Schichten den stärkern Abfall nachweisen, so ist für die spezielle Andeutung der Verschiedenbeiten in den Massen in der Regel die Kopfseite jeweilen die schwärzere, auch da, wo das Gestein unter Erdbedeckung und Vegetation verborgen liegt. In den entsprechenden Felspartien konnte man die Gesteinart, je nach der blättrigen oder derben Schich- tung, unterscheiden. Dieselben deuten die Form der Gebirgsmassen an, so weit die entsprechende Bildung vorherrschend ist. Wir können für unsere Zeichnung in Beziehung auf die Physiognomie der Berge folgende cha- rakteristische Massen unterscheiden : Die Kalke. Die Kreidebildung. Die Gonglomerate. Die Molasse. Bis in Einzelnheiten hinab sind diese Unterschiede zu verfolgen und daraus Schlüsse zu ziehen. Z. B. die nacktliegenden Kalkfelsen widerstunden länger den Ein- flüssen der Witterung und: setzten derselben längern Wi- derstand entgegen als die unter- oder oberhalb liegenden Kreide- oder CGonglomeratmassen. Daher sind Wasserfälle stets da zu finden, wo eine Kalkschicht das Einschneiden eines @ebirgswassers verhinderte, aber nicht wehren konnte, dass die weichern Bildungen unterhalb allmälig RD 15 weggespüult wurden, eine senkrechte oder unterhöhlte Felsenwand entstund und dadurch Wassersturz möglich wurde. So erklären sich auch Verengungen oder Er- weiterungen in den Thälern: Das Calfeusen-Thal (Blätter Scheibe und Tamina) zeigt bei St. Martin (Blatt Tamina) eine auffallende Verengung, unzweifelbar den dortigen Kalk- massen zuzuschreiben, während tiefer thaleinwärts dieses sich erweitert, wo Kreidebildung vorherrschend ist. Dort sieht man gen Osten die steilen Schieferwände in den Kopfseiten der Schichten, deren Massen vornehmlich den Taminastrom bei jedem Hochwasser schwarzgrau färben und selbst den Rhein trüben, ungeachtet jener 6 Stunden weit seine Fluthen bis iv den letztern wälzen muss. — Die Kopfseiten der Schichten tragen durchweg grössere Spuren von Erosion als die Schichtenseiten, aus leicht zu erklärenden Gründen, — so dass schon aus der ungleichen Neigung der Abhänge eines Hochtbales, auch wenn keine blossliegenden Theile untersucht wer- den, auf die Richtung des Fallens der Schichten mit Wahrscheinlichkeit geschlossen werden darf. Der östli- che Kamm von Calfeusen , derjenige des Ringelspitzes z. B. gehört mit dem Calanda, dem Fläscherberg, den Churfirsten und ihrer östlichen Fortsetzung der durch die Hebung der Finsterarhornmasse geborstenen Kalk-Schale an, deren einzelne Abschnitte radienförmig nach Ost, NO. und N. abfallen, während die davon eingeschlosse- nen Massen der Grauenhörner und der Flumseralpen bis ins Murgthal im Allgemeinen ein sanftes nordöstliches Fallen wabrnehmen lassen. Das Flumserthal zeigt hier eine entsprechende Gestaltung durch Erosion. Es lagert sich nämlich auf deren Höhe (Blatt Wallenstadt) eine Schicht Kalk von geringer Mächtigkeit, welche sich west- lich von 'Flums bis in das Seezthal hinablässt. "Unter = MB, = dieser liegen Gonglomerate, verwitterbare Massen, welche den athmosphärischen Einflüssen weniger Widerstand entgegensetzen konnten seit die schützende Kalkdecke irgendwo geborsten war. Das Flumserthal erweitert sich seither stetsfort und hat zu beiden Seiten — nicht so wie Calfeusen nur auf der Ostwand steil — ziemlich gleich geneigte Seiten. Dessen Bildung lässt sich auf ähnliche Weise verstehen, wie Lyell das stete Zurückweichen des Niagarafalles erklärt*). Das Vergleichen von Formen und Windungen der Wasserläufe in den verschiedenen Massen weist ebenfalls auf die Bestandtheile der letztern hin. Hin- ten in Galfeusen baben die zeitweisen Bäche offene Ein- schnitte mit ziemlich regelmässigen Wänden gebildet und zwischeninne prismaartige Pfeiler stehen lassen. Im Kalk und der Kreide laufen die Quellenbäche, die Schnee- und Regenwasser in engen Furchen, graben weite Becken aus wo ein harter Fels dem natürlichen Lauf sich ent- gegensetzt, oder versenken sich plötzlich in tiefe Spalten zwischen rundlichen und massigen Formen. In mehr gerader Richtung suchen die Wasser über die dachför- migen Abhänge der Nagelfluh die Tiefe zu erreichen; sie zeigen durchweg gleichmässigere Linien. Oft bezeichnen sie die Grenze zwischen Nagelfluh und Kalk oder Krei- debildung, z. B. zwischen Speer und Mattstock (Blatt Schaenis) und zwischen Stockberg und dem Kamm des Lüthispitzes (Blatt Nesslau). Die Rundschau von der 2504 Metres hohen Spitze des Sentis lässt die Physiognomie der verschiedenen Mas- sen, besonders diejenige der Nagelfluh, in der Natur deutlich erkennen. — Zur Vergleichung derselben mit der geologischen Bildung sind in Sammelkärtchen die ”) Geologie I. Cap. 10. 11. - — 3A — oben bezeichneten Formationen durch geeignete Linien unterschieden. Die häufig vorkommenden Ueberwer- fungen und Schichtenbiegungen , welche am Weissmei- len, am Gonzen, ob Ragnatsch, am Sexmoor und und anderwärts vorkommen, gestaättete der Masstab der Karte nicht oder nur unvollkommen anzudeuten. Da- gegen suchte man die Felspartien durch passende Dar- stellung zu unterscheiden, um dadurch auf das von Ve- getation bedeckte Gestein der entsprechenden Masse hin- zudeuten. Nur eine merkwürdige Kalkschicht von ge- ringer (10° — 40‘) Mächtigkeit (zuerst bemerkt durch Herrn Conrad Escher von der Linth und von Herrn Professor Oswald Heer beobachtet), welche bald an den grauen Hörnern auf 2500 M. Höhe, bald an den Wän- den vom Weisstannenthal (1500 M.) bald gegen Val Tüsch (1800 M.) (Blätter Tamina und Scheibe) dann wieder am Foostok (auf 2000 M.) (Blatt Scheibe) in verschiedenen Höhen als schmales Band zu Tage tritt, suchte man von den ob- und unterhalb liegenden Bildungen zu unterschei- den. — Die Kantone St. Gallen und Appenzell geben ferner Stoff zu mannigfaltigen naturhistorischen und sprach- lichen Untersuchungen, sowie zn Nachforschungen und geographischen Schlüssen über die Lage und das allmä- lige Grösserwerden der bewohnten Ortschaften, welche durch die topographische Karte auf eine lebendige Weise veranschaulicht werden können. — Hievon an einem an- dern Orte. Nachträglich ist zu bemerken, dass mit Zustimmung des Tit. Regierungsrathes des Kantons St. Gallen der Stich des mitten inneliegenden Kantons Appenzell nach den im eidgenössisch-topographischen Archive liegenden topographischen Blättern dieses Landes auf möglichst ent- sprechende Weise, wie das Terrain des St. Gallischen - 395 — u Gebietes, gezeichnet und gestochen werden. Letztere Karte ist schon vor langen Jahren durch den kürzlich verstorbenen Herrn Oberst Merz in Herisau, auch mit 1/25000 der Reduktion aufgenommen und fleissig gezeich- net worden, selbst mit grosser Rücksichtnahme der Ter- rainverhältnisse, allein ohne eine hinlängliche Anzahl von Höhenbestimmungen und also ohne Niveaulinien. Erst der Sohn, Herr Ingenieur Merz, vollendete auf Veran- lassung des Hrn. General Duiour das Werk des Vaters und zwar nach reglementarischer Vorschrift; jedoch auf diese Weise nur den kleinern Theil seines Heimatkan- tons, nämlich die Ergänzungen der St. Gallischen Blätter Werdenberg und Nesslau und die südlichen Theile der Blätter Herisau und Altstätten*). Es ist also der geogno- stisch interessanteste Theil von Appenzell in seinen Bo- denverhältnissen durch Niveaulinien hypsometrisch be- stimmt. Dass aber auch die übrigen Landestheile mög- lichst genau in ihren Höhen bekannt werden, übernahm es Herr Stabsmajor Eschmann, im Auftrage des Schrei- ber dieses, noch eine erforderliche Anzahl von Profilen in allen Richtungen des Kantons zu messen und alle wichtigen Punkte und Einsattelungen nach ihren Höhen zu bestimmen. Er hat den grössern Theil der Monate Mai und Juni dieses Jahres 1851 dazu verwendet und eine völlig befriedigende Genauigkeit erzielt. Diese Ergebnisse werden im Verein der von den Her- ren Merz gezeichneten topographischen Aufnahmen und *) Ueberdies wird Herr Merz nachträglieh durch Angabe von neuen Häusern, Stegen und dergl. die ältere Karte ergän- zen. Auch wird Herr Ing. Neff, eidg. Artillerie - Oberst, durch Mittheilung des von ihm zu entwerfenden Strassennetzes und Bezeichnung der angenommenen Linien Jie Appenzellische Karte ergänzen. — u — ihrer Höhenbestimmungen die Grundlage bilden, womit nach entsprechenden. Lokalstudien die Physiognomie des Landes Appenzell aufgefasst und im Kartenbilde wieder- gegeben werden soll. Eine nothwendige Ergänzung der St. Gallischen Karte, deren Gebietstheile geschichtlich und naturwissenschafllich ein merkwürdiges Ganzes bilden. Verzeiehniss der in den Jahren 1849 und 1850 für die Bibliothek der Gesellschaft einge- gangenen Geschenke. 1849. Von Hrn. Dr. Arnold Escher v. der Linth. ‘ Mineralogische Belustigungen. 6 Bde. 8. Leipzig 1768-1771. Beobachtungen, die Mineralogie betreffend. Von F. von Berol- dingen-. 2 Bde. 8. Hannover und Osnabr. 1792 und 94. Wallerius, J. Gotsch., Systema mineralogicum. 2 vol. 8. Hol- mia 1772 und 2774. Bergmännisches Journal. Jahrgang 1788—1793. 8. Freiberg. Neues bergmännisches Journal. Herausgegeben von A. U. Köh- ler und C. A. S. Hofmann. Bd. 1—3. 8. Freyberg. 1795 bis 1800. Neue Versuche nützlicher Sammlungen zu der Natur- und Kunst- geschichte, sonderlich von Ober-Sachsen. 4 Bde. 8. Schnee- berg 1750—1755. 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Derblich, W., über den Werth und die Bedeutung der Him- melskunde. 8. Breslau 1816. Nolte, Dr. E, die grossen und merkwürdigen kosmisch-telluri- schen Erscheinungen im Luftkreise unserer Erde. 8. Han- nover 1831, Klenke, Dr. Herm., Das Buch vom Tode. 8. Halle 1840, Ueber Höhenrauch. und ähnliche Erscheinungen, 8. Erlangen 1847, Von dem Naturhistorischen Verein in Nürnberg. Hilpert, Joh. W., Zum Andenken an Dr. Jakob Sturm, 8. Nürnberg 1849, Von der Museumgesellschaft in Zürich. Jahresbericht XV über die Museumgesellschaft in Zürich, 8. Zürich 1849. VonHrn. Ingenieur Wild. Tabellen für die topographische Aufnahme des Kantons Zürich. 8. (Zürich 1849). VonHrn. Prof. Dr. Schinz. Schinz, Dr. H. R., Monographien ‘der Säugelhiere 19—22, 4. Zürich 1848, 5 VonHrn. Oberst und Zeugsherr Weiss. Zwölfte Uebersicht der Verhandlungen der technischen Gesell- schaft in Zürich. 8. Zürich 1849, VonDr. J. G. Flügel in Leipzig. Flügel, Dr. J. G., Litterarische Sympathien oder industrielle Buchmacherei. 8. Leipzig 1843. 1850. Von Hrn. Prof. Baiter, Baur, C. W., trigonometrische Analysen geometrischer Aufga- ben, &.: Ulm 1849. Von Hrn. Deglandin Paris. Degland, €. G,, Ornithologie Europeenne. 3 vol. 8. Paris. 1849. — 4103 — Von Hrn. Prof. Dr. Fritzsche. Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt. Jahrgang 1. 1. 8 Wien 1850. Von Hrn. Prof. Hausmann iin Göttingen. Hausmann, J. Fr. L., Ueber die Erscheinung des Anlaufens der Mineralkörper, nebst noch 2 andern Aufsätzen. 8. Götlin- gen 1848. Von Hrn. Horner, Bibliothekar. Abhandlungen bei Begründung der k. s. Gesellschaft der Wis- senschalten. 8. Leipzig 1846. Von Hrn. Prof. Kölliker in Würzburg. Verhandlungen der phys. mediz, Gesellschaft in Würzburg. Bd. 1. 1—5. VonHrn. Prof. A. Müller. Müller, Dr. A., Die Fundamental- Gesetze der höhern Geome- trie. Abih. I. 4. Stuttgart 1850. : VonHrn.Dr, Carlo Passerini. Passerini, Carlo, Notizie relative a tre specie d’insetli nocivi all’ Ulivo. 8. Firenze 1823. Passerini, C., Istoria dei bruci della Lithosia Caniola, 8, Fi- renze 1844. Passerini, C., Notizie sopra due specie d’insetli nocivi agli al- beri, 8. Firenze 1849. Passerini, C., Dei vantaggi dello studio dell’ entomologia per Vagricoltura. 8. Firenze 1846. Passerini, C., Sopra due inselli nocivi. 8.. Firenze 1840. Passerini, C, Sul danno che ha recato agli ulivi una specie d’in- selto. 8. Firenze 1838. Passerini, C., Osservazioni sulle larve della Scolia Flavilrons. Continuazione. 4. Pisa 1840, Firenze 1841. Von Hrn. Prof. Dr. H, Schinz. Schinz, Dr. H. R., Monographieen der Säugethiere, Heft 23, 24. 25. 4. Zürich. 1848, Pictet, F. J., Descriplion de quelques poissons fossiles du Mont Liban. 4 Geneve 1850, Wiedemann, C. R. W,, Archiv für Zoologie und Zoolomie, 3 Bde, 8. Berlin 1800-2, - = Dumeril, C., Analytische Zoologie. 8. Weimar 1801. Schneider, J. G., Historia amphibiorum. Fase. 1. 2. 8. Ienae 1799—1801. Schneider, P. J., Ueber die Gifte. 8. Würzburg 1815, Gruner, Q. 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Verhandlungen der technischen Gesellschaft in Zürich, Nro. 13. 8, Zürich 1850. Von Hrn, Prof. R. Wolfin Bern. Richelot, F. J., Commentatio de integralibus Abelianis primi or- dinis. 4. Regiomontli 183%. Von Hrn. J. M. Ziegler in Winterthur, Ziegler, J, M,, Altas über alle Theile der Erde, Lief, 4. — 405 — Von Hrn. GC, Zimmermann. Marcard, H, M., Beschreibung von Pyrmont, 2 Bde. 8. Leip- zig 178%. Sennebier, Joh,, Physikalisch chemische Abhandlungen. ‚Als Tausch für die Mittheilungen hat die Ge- sellschaft in den Jahren 1849 und 1850 folgende Schriften erhalten. Von der Mineralogischen Gesellschaft zu St, Petersburg. Verhandlungen der K, K. Mineralogischen Gesellschaft zu St. Petersburg 1842—47. 8, Petersburg, Hecht, J. C. L., Resume über die Petrefakten Würltembergs. 8. St. Petersburg 1834. Kämmerer, Dr. A., Ueberblick der Theorieen Werners und Hut- tons. 8. St, Petersburg 1834. Stahl, C. F., Der Thüringer-Muschelflötzkalkstein und der ältere Kalkstein Würtembergs hinsichtlich ihrer Versteinerungen. 8.- Petersburg 1834. Nordenskiöld, Nils v. Erläuterung der Zusammensetzung che- mischer und mineralogischer Formeln, 8. St, Petersburg 1837, Eichwald, Ed., Die Urwelt Russlands. Aus dem Russischen. Heft 1. 8. St, Petersburg 1840, Cramer, C., Eiwas über die Naturkunde in Nord-Amerika, Zwei- ter Abschnitt. 8, St. Petersburg 1840, Kutorga, D, St., Beitrag zur Kenntniss der organischen Ueber- reste des Kupfersandsteins am westlichen Abhange des Noals. 8. St. Petersburg 1838. — — Beitrag zur Geognosie und Paläontologie Dorpats. Bei- trag 1.2. 8. St. Petersburg 1835. Societ& des Naturalistes de Moscou. Bulletin de la sociele imp6riale de Moscou 1847. 3. 4. 1848 1—4. 1849. 1-4. 1850. 1. 8. Moscou 1847-50. Rapport sur la seance extraordinaire de la sociel& des nalura- listes de Moscou le 22 Fevrier 1847. 8. 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Abhandlungen der mathematisch physikalischen Klasse der Aka- demie der Wissenschaften. Bd. I. u. V. 1. 4. München. Buchner, Dr. C. L. A., Ueber den Antheil der Pharmacie an der Entwicklung der Chemie, 4. 1849. K. K. Akademie der Wissenschaften in Wien, Sitzungsberichte der k. k. Akademie der Wissenschaften. 1849. 8. Wien 1849. Von der Naturforschenden Gesellschaftin Bern. Mittheilungen der Naturforschenden Gesellschaft in Bern 1849. 144—194. 8. Bern. De la Soci&ete Vaudoise des Sciences nalurelles. Bulletin des seances de la societ& Vaudoise des sciences na- {urelles Nr. 19. 8. Lausanne, — Mi — Von dem Verein der Preussischen Rhein- lande in Bonn, Verhandlungen des naturhistorischen Vereins der Preussischen Rheinlande. Jahrgang 5. 6. 8. Bonn 1848, 1849, Vou dem Verein für Vaterländische Natur- kunde von Würtemberg. Württembergische naturwissenschaftliche Jahreshefte. V. VI. 1.2. 8. Stultgart 1848. 1849, Von der Akademie der Wissenschaften in Göltingen. 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Leipzig 1849. fi Von der Zoological sociely of London, Proceedings of the zoological society of London. Part, I—-XVl. 8. London. Von der Hortlicultural Society ofLondon. Journal of {he hortieultural society, Vol. IV. 1—4. 8. London 1849. ze Von der Geographical Society of London. Journal of the geographical society. Vol. XVII. XVIH. XIX. XX. 1. 8. London 1847—49, Von der Astronomical society of London. Memoirs of the royal astronomical society. Vol. I-XVIH. 4, London 1822 - 50. Observalions, magnelical and meteorological, made at Greenwich under {he direction of John Airy 1842-49. 4. London 18441 —50. Notices, monthly, of (he astronomical society of London. Vol. I—IX. 8. London 1831—49, Von dem Vereine für Naturkundein Nassau. Jahrbücher des Vereins für Naturkunde in Nassau. Heft 6, nebst den Stalulen. 8. Wiesbaden 1850. Vonderk. Akademie der Wissenschaflenin -Stockholm. Handlinger, kongl. Vetenskaps Akademiens 1848. 1.2. 8, Stockholm 1849. Öfersigt af kongl. Vetenskaps - Akademiens Förhandlinger te Ärgängen, 1848. 6te Argängen. 1819. 8. Stockholm 1849, Protokollauszüge über die Gesellschafts- sitzungen. 22. April 1850. Hauptversammlung. BRechnungs- abnahme. Die HH. Ingen. Denzler, Prof. v. Deschwanden und Siegfried werden ins Comite gewählt. Bericht über die Bibliothek. Beschluss für Anfertigung eines neuen Katalogs durch Hrn. Siegfried. Die HH. Chorherr Berch- told in Sitten, J. Dubois von Montpereux und Louis Goulon von Neuenburg werden als Ehrenmitglieder auf- genommen. Vorweisung eines Instr. zum Zeichnen der — 41 — Kegelschnitte von Hrn. Dekan Tschopp in Einsiedeln. Erklärung der Ringsysteme und Lichtstreifen auf be- stäubten Spiegeln von Hrn. Prof. Mousson. 6. Mai 1850. Vorträge von Hrn. Prof. Heer über fossile Insekten im Lias von Birmenstorf, und von Hru. Dr. Escher v. d. Linth über die Weichthiere des Lias daselbst. 27. Mai 1850. Vorweisung von Geschenken von Hrn. Bibliothekar Horner und Hrn. Dr. Rahn-Escher und Vor- legung von Tauschgeschenken. Hr. Ingen. Denzler be- richtet üher seine Beobachtung einer Nebensonne am 26. Mai 5 Uhr Vormittags. Hr. Ziegler legt seine neue Karte der Schweiz vor. Hr. Prof. Heer weisst neulich gefundene fossile Insekten aus Birmenstorf vor. 10. Juni 1850. Vorlegung von Tauschgeschenken. Wahl eines neuen Mitgliedes. Hr. Prof. Schinz referirt über neu entdeckte Spezies von Säugethieren. Herr Mech. Goldschmid weist ein von ihm construirtes Do- ‚sen- oder Luftbarometer vor. 8. Juli 1850. Vorlegung neu angeschaffter Bücher. Wahl eines Abgeordneten an die Versammlung in Aa- rau und Ertheilung von Aufträgen an denselben. Herr Prof. Mousson bespricht eine optische Erscheinung vom 25. Juni Abends 7 Uhr. Herr Dr. Escher v. d. Linth weisst eine Blitzröhre vor. Hr. Prof. Frei spricht über die Entwicklungsgeschichte der Echinodermen. Hr. Prof. Schweizer selzt seine Mittheilungen über das Stibätil fort. Derselbe legt eine chemische Analyse über die in Andermatt niedergefallene vulkanische Asche vor. Hr. Dr. Escher v. d. Linth weist eine in Locle gebräuchliche Substanz vor, die zum Schleifen von Diamanten ange- wendet wird und die er für ein Naturprodukt hält. 9. Sept. 1850. Wegen bevorstehender längerer Ab- =. a = wesenheit des Tit. Präsidiums und noch fortdauernder Absenz des Vizepräsidiums wird Hr. Prof. Mousson er- sucht, als Stellvertreter des Hrn. Vicepräsidenten die Lei- tung der Geschäfte zu übernehmen. Ueberweisung zweier Nr. des Journals „Les Alpes“ von Martillet an-die Bü- cherkommission. Herr Prof. Heer weisst Bernsteine mit _ eingeschlössenen Insekten vor. Hr. Prof. Ludwig spricht über die Mitwirkung der Nerven zur Speichelsekretion. Hr. Bibliothekar legt Geschenke von Hrn. Prof. Schinz und Hru. Zimmermann, ferner Tauschgeschenke und Fortsetzungen vor. Hr. Hofmeister bespricht die in hier angestellten meteorologischen Beobachtungen von 1849 in Vergleichung mit denjenigen vom Uetliberg. 6. Oktober 1850. Vorlegung eines Geschenkes von Hrn. Prof. Kölliker in Würzburg und von Tauschge- schenken. Hr. Prof. Mousson theilt Bruchstücke aus einem Briefe von Hrn. Erni in New-Haven mit. Herr Bremi weist eine abnorme Bildung junger Kartoffeln vor. Hr. Ingen. Denzler nimmt die erste Idee, die Veran- lassung zur Anfertigung des Wethlischen Planimeters gab, für sich in Anspruch. Hr. Prof. Meier weist eine Verbesserung des Wheatstonischen Stereoscopes vor. Hr. Kaiser aus Rappersweil setzt einige elektr. Telegraphen und ein hippisches Chronoscop in Thätigkeit. 4. Nov. 1850. Vorlegung von Tauschgeschenken und neuen Anschaffungen von Büchern. Hr. von Rappart macht eine Menge mikroskopischer Vorweisungen. ? 25. Nov. 1850. Vorlegung von Fortsetzungen und Geschenken. Hr. Regel liest über einige merkwürdige Pflanzengebilde. Hr. Dr. Amsler über die Anwendung von Schwingungsbeobachtungen zur Bestimmung der spezifi- schen Wärme fester Körper bei constantem Volumen. 2. December 1850. Vorlegung von Tauschgeschen- — 43 — ken. Hr. Siegfried liest das von ihm verfasste Neujahrs- stück für 1851 vor. Hr. Prof. Mousson zeigt einige optische Interferenzversuche. 17. December 1850. Vorlegung von Geschenken von Hrn. Dr. Schweizer in Moskau. Der Bücherkom- mission wird „Schlaginweit Untersuchungen über die Ti- roler-Alpen“ empfehlend überwiesen. Hr. Prof. Locher- Balber verliest einen Bericht über das Auftreten chroni- scher Magenkrankheiten im Kanton Zürich. Hr. Prof. Mousson hält einen Vortrag über die galvanische Pola- risalion. 6. Jan. 1851. Vorweisung von Geschenken und ‘ Fortsetzungen. Hr. Ingen. Denzler über das Klima von Bevers. Hr. Escher v. d. Linth eröffnet das Urtheil des ‚Hrn. v. Ehrenberg in Berlin über die in Uri wieder gefallene vulkanische Asche. Hr. Prof. Frei liest über die Entwicklungsgeschichte der Holothurien. 20. Jan. 1851. Vorweisung von neuen Anschaf- fungen, Fortsetzungen und Geschenken. Hr. Prof. Ulrich liest über seine Besteigung der Diablerets. Hr. Prof. Mousson über die zur Hebung des versunkenen Dampf- schiffes „Delphin“ anzuwendenden Mittel. 3. Febr. 1851. Hr. Prof. Deschwanden entwickelt die Theorie der Bewegung der Flüssigkeiten über einen Ueberfall. Hr. Prof. Meier über die Bildung verschie- dener Kopfformen. 17. Febr. 1851. Hr. Obergärtner Regel: Mitthei- lung der neuesten Forschungen über die Befruchtungs- organe der Farrengewächse. Hr. Dr. Escher v. d. Linth weist 1 Ex. Kiefern von Cervus lunatus, ferner Cicadeen aus der Braunkohle von Käpfnach vor. Derselbe theilt einen Brief des Hrn. Prof. Heer aus Madeira mit. 3. März 1851. ‘Vorlegung von Geschenken und Fort- — HA — setzungen. Hr. Kaufmann liest über die Entwicklungs- geschichte der Tardigraden. Hr. Ernst über die Anord- nung der Gefässe im Colon des Kaninchens. Hr. Lan- dolt über das Stihmethyl. Hr. Ingen. Denzler über das Erdbeben vom 7. Febr. Wahl des Hrn. v. Rappart zum Mitgliede der Gesellschaft. 17. März 1851. Vorlegung von Geschenken. Hr. Bremi über vulkanische Asche, am 10. März in Maur, Kt. Zürich, gefallen. Hr. Hofmeister über das Erdbe- ben vom 10. März. Vorweisung des Hrn. Bremi von Zerstörungen an Holz durch Ameisen. Hr. Prof. Meier über den Bau und die Verrichtungen des Kehlkopfes. Hr. Prof. Frei über die Faierschen Drüsen. 31, März 1851. Mittheilung eines Briefes von Hrn. Prof. Heer. Hr. Ziegler von Winterthur legt seine Karte des obern Theils des Kt. St. Gallen vor. Herr Ingen. Denzler über die meteorologischen Verhältnisse Zürichs. 28. April 1851. Mittheilung eines Briefes von Hrn. Prof. Heer. Hr. Prof. Schinz über den Diornis. Hr. Kramer über Stibamyl. Hr. Escher v. d. Linth zeigt fossile Beeren und Kerne von Vitis teutonia Braun. Hr. Escher v. d. Linth über den Einfluss des Lichtes auf die chemische Thätigkeit des Sauerstoffes nach Schönbein. 12. Mai 1851. Wahl des Hrn. Thurmann in Prun- trut zum Ehrenmitgliede und des Hrn. Tobler, Ingen., zum Mitgliede. Hr. von Rappart macht mikroskopische Vorweisungen, Hr. Prof. Frei gibt Erläuterungen dazu. Hr. Dr. Keller weist ein Kleinod aus der Beute der Schlacht bei Murten vor, welches durch die Pracht und Grösse des darin enthaltenen Onyx sich auszeichnet. 16. Juni 1851. Hauptversammlung. Berichterstat- tungen und Rechnungsabnahme. Wahl des Hrn. Escher = — von der Linth zum Präsidenten, des Hrn. Prof. Mousson zum Vicepräsidenten, des Hrn. Ad. Pestalozzi zum Quä- stor-Ausgeber, des Hrn. Apotheker Lavater zum Mit- gliede des Gomite, des Hrn. Dr. Frick zum Mitgliede der Gesellschaft. Vorlegung von Geschenken. Niedersetzung einer Commission zur Begutachtung der Frage über Herausgabe eines naturgeschichtlichen Lehrmittels. Uebersicht der neuen Anschaffungen im Jahre 1850 für die Bibliothek der Gesellschaft. Zoologie. Edwards, Milne, Histoire naturelle des Crustacees. Avec pl. 3 T. (suites & Buffon) 8. Paris 1834—37. Westwood, J. ©., An introduction to Ihe modern classification of insecls. 2 vol. 8. London 1839. Meyer, Herm. v., Zur Fauna der Vorwelt. Abth. il. Die Sau- rier des Muschelkalkes. Lief. 1. 2. Fol. Frankfurt 1847, Botanik, Lindley, John und W. Huiten, The fossil flora of Great Britain. 3 vol. 8. London 1831—37. Harvey, W. Henry. Phycologia Britanniea. Vol. I. I. and P. 41—54. 8. London 1846—49. Bowerbank, J. Scott., A history of the fossil fruits and reeds of the London celay. P. 1. 8. London 1848. Blume, C. L., Bijdragen tot de Flora van Nederlandsch Indie 17 Stuk. 8. Batavia 1825—26. Balf, The british Desmidieae. 8, London 1848, Mineralogie und Geognosie, Dufrenoy et Elie de Beaumont, Explicalion de la carte geologique de la France. T.1. 2. 4. 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Vermischtes, Opuscoli malemalici e fisiei di diversi aulori. 2 vol. 4, Mi- lano 1832, MITTHEILUNGEN NATURFORSHCENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. ON? 66. 1851. Prof. Eduard Schweizer. Ueber die flüchtigen Säuren des fetten Oeles des Spindelbaums (Evonymus europaeus). Die reifen Samen des Spindelbaums enthalten in be- trächtlicher Menge ein fettes Oel, das hin und" wieder von den Landleuten durch Auspressen dargestellt, und als Mittel gegen Ungeziefer in den Haaren von Menschen und Thieren und bisweilen auch gegen alte Schäden und Wunden gebraucht wird. Dieses Oel, dessen Eigenschaften den Gehalt an ei genthümlichen Stoffen vermuthen liessen, wurde im Jahr 1833 von Riederer einer chemischen Untersuchung un- terworfen. (Buchner’s Repert. Bd. 44, und Berzelius Lehrb. dar Chemie Bd. 7, pag. 549.) Riederer fand darin einen harzartigen Bitterstoff, dem er den Namen Evonymin gab, und eine flüchtige fette Säure, die er aber nicht näher untersuchte. Er erhielt dieselbe durch Verseifung des Oeles und Destillation der Seife mit Phosphorsäure in wässriger Lösung, von der er bloss angibt, „dass sie sauer reagire und im Uebrigen der flüch- tigen Oelsäure von Croton Tiglium ähnlich sei.“ Nach- dem ich durch Wiederholung des Versuches im Kleinen diese Angabe bestätigt gefunden, stellte ich mir die Auf- gabe, die Natur dieser Säure bestimmter zu ermitteln, 27 — 48 — da die flüchtigen Fettsäuren Glieder einer höchst interes- santen chemischen Reihe sind. Das fette Oel des Spindelbaumes ist sowohl in den Samen als in den pomeranzengelben Samenhüllen ent- halten. Nach einer Beobachtung Nägeli’s befindet sich der Farbstoff in den letztern nicht im aufgelösten Zu- stande, sondern ist als eine körnige Masse an den Wan- dungen der Zellen abgelagert. Erst beim Auspressen löst sich der Farbstoff in dem Oele auf und ertheilt demselben eine braungelbe Farbe. — Was die Eigen- schaften des Oeles betriffi, so sind dieselben im Allge- meinen folgende: Es besitzt eine dickliche Consistenz, in dünnen Schichten eine hellgelbe Farbe, einen widerlichen Geruch.wie Repsöl und einen bittern, hintennach kra- izenden Geschmack. Es erstarrt erst bei — 12 bis 15°. Mit dem festen Fette scheidet sich dabei auch der grösste Theil des Farbstoffes aus, der, wenn das Oel wieder aufthaut, nicht vollständig wieder verschwindet, sondern in schön rothen Körnern an den Wandungen des Glases zurückbleibt. Schüttelt man das Oel mit warmem Was- ser, so erhält das letztere einen bittern Geschmack ohne eine Färbung anzunehmen. Die Angabe von Riederer, dass das mit dem Oele geschüttelte Wasser Lakmus röthe, habe ich nicht bestätigt gefunden. Im Weingeist ist es schwer löslich, hingegen löst es sich sehr leicht in Ae- ther auf. Eine Lösung des Oeles in einem Gemenge von Alkohol und Aether gab mir mit einer alkoholischen Lö- sung von essigsaurem Bleioxyd keinen Niederschlag, wäh- | rend Riederer einen pflasterartigen Niederschlag von | »Spindelbaumölsaurem Bleioxyd« erhalten haben will. Durch Verseifen des Ocles mit Kali erhält man eine schöne gelbe Seife. Aus der durch Zersetzung dersel- | ben vermittelst Salzsäure ausgeschiedenen Oelsäure schei- | — 519 — det sich nach einiger Zeit Margarinsäure in farblosen Warzen aus; der noch flüssige Theil ist braungelb ge- färbt. — Das Oel, dessen ich mich zu meinen Versuchen bediente, war wenige Tage vorher gepresst worden; die Quantität desselben betrug ca. 11/,g Maass. Da die flüchtigen Fettsäuren mit den Alkalien keine seifenartige Verbindungen geben, sondern mit denselben leicht lösliche Salze bilden, so vermuthete ich, die flüch- lige Säure sei nach der Verseifung des Oeles in der Un- terlauge enthalten und schlug daher zu ihrer Darstellung folgenden Weg ein: Die braun gefärbte Unterlauge wurde von der Seife getrennt, durch Schwefelsäure ge- nau neutralisirt und auf dem Wasserbade so weit als mög- lich eingedampft. Die rückständige Masse wurde hierauf mit einem Ueberschuss von verdünnter Schwefelsäure ei- ner Destillation im Sandbade unterworfen. Die Destil- lation war sehr schwer auszuführen, da das in Menge sich ausscheidende schwefelsaure Kali heftiges Aufstossen verursachte, das durch Anwendung der in solchen Fällen gebräuchlichen Mittel nicht verhindert werden konnte. Gegen Ende der Destillation zeigten sich im Halse der Retorte einige Krystalle. Das Destillat reagirte stark sauer, zeigte einen sauren, scharfen Geschmack und den Geruch der Essigsäure. Beim Schütteln mit Aether ging die Säure grösstentheils in den letztern über und konnte dann durch Abdestilliren der aetherischen Lösung auf dem Wasserbade leicht im conzentrirten Zustande erhal- ten werden. Bei einer anderen Bereitung wurde die nach dem Abdampfen der mit Schwefelsäure neutralisirten Unter- lauge erhaltene Masse mehrmals mit Weingeist extrahirt und aus dem Rückstand, der nach dem Verdunsten der vereinigten weingeistigen Auszüge blieb, die flüchtige — 420 ° — Säure durch Destillation mit Schwefelsäure abgeschieden. Indem auf diese Weise zuerst die grosse Menge des schwefelsauren Kalis entfernt worden, konnte die Destil- lation mit Schwefelsäure leichter ohne Stossen vollständig zu Ende geführt werden. Nachher vereinfachte ich das Verfahren noch mehr auf die Weise, dass ich die abgedampfte neutralisirte Unterlauge mit einem Ueberschuss von verdünnter Schwe- felsäure versetzte und das Ganze alsdann wiederholt mit Aether schüttelte. Der Aether nahm fast bloss die flüch- lige organische Säure in sich auf, während die übrigen Stoffe mit der Schwefelsäure in der wässrigen Lösung zurück blieben. In der von der Unterlauge durch Pressen getrenn- ten Seife war nur noch eine kleine Menge der flüchti- gen Säure enthalten, wie ich mich durch Destillation der Seife mit Schwefelsäure überzeugte. Nach dem Verdunsten der ätherischen Lösung , die bei der Darstellung der Säure jedesmal erhalten wurde, blieb die letztere als eine ölige Flüssigkeit von stechend saurem Geruch und scharf saurem Geschmack zurück. Wurde dieselbe mit wenig Wasser in Berüh- rung gebracht, so erstarrte sie unter Wärmeentwicklung fast grösstentheils zu einer krystallinischen, etwas bräun- lich gefärbten Masse. Um die auf diese Weise ausgeschiedene feste Sub- stanz im reinen Zustande zu erhalten, wurde sie von dem noch flüssigen Theile abgepresst, wiederholt aus kochendem Wasser’ umkrystallisirt, dann getrocknet und zuletzt der Sublimation unterworfen. Die so gereinigte Substanz besitzt nun folgende Ei- genschaften: Sie bildet nach der Sublimation lange, sehr dünne - Mu = krystallinische Blättchen und Nadeln von starkem Glanze. Sie ist vollkommen farblos und geruchlos, besitzt hinge- gen einen erwärmenden, hintennach scharf säuerlichen Geschmack. Sie schmilzt leicht, ihre Dämpfe reizen zum Husten, sie brennt mit leuchtender russiger Flamme. In kaltem Wasser ist sie sehr schwer löslich, in kochen- dem Wasser löst sie sich hingegen in grosser Menge auf; die gesättigte heisse Lösung erstarrt nach dem Er- kalten zu einer krystallinischen Masse. In Weingeist und Aether ist sie leicht löslich. Ebenso löst sie sich sehr leicht in den Alkalien. Wird die alkalische Lösung mit einer Säure versetzt, so entsteht ein milchiger Nie- derschlag, der sich nach einiger Zeit in einen krystalli- nischen verwandelt. Die gesättigte ammoniakalische Lö- sung der Substanz gibt mit salpetersaurem Silberoxyd einen weissen krystallinischen Niederschlag, der sich in einem Ueberschuss von Ammoniak leicht löst, und mit Eisenchlorid einen röthlich gelben Niederschlag. Hiernach wäre die Substanz nichts anders als Ben- zoesäure, was durch die Analyse des Silbersalzes voll- kommen bestätigt wurde. 0,382 Gr. des Sibersalzes hinterliessen nach dem Glühen in einem Porcellantiegel 0,181 Gr. reines Silber = 0,19% Gr. Silberoxyd (das Aeq. des Silbers zu 108,1 angenommen.) ü Hiernach besteht das Salz in 100 Theilen aus: 50,78 Silberoxyd und 49,22 Säure. Das benzoesaure Silber- oxyd enthält nach der Formel Ag O, C,, H; O; in 100 Theilen: 50,67 Silberoxyd und 49,33 Benzoesäure. Die von der Benzoesäure abgepresste Flüssigkeit enthielt noch Benzoesäure, hauptsächlich aber eine flüch- tigere stark riechende Säure. In der Kälte schied sich ein grosser Theil der noch aufgelösten Benzoesäure aus. zu = Um die letzten Theile der Benzoesäure aus der Flüssig- keit zu entfernen, wurde dieselbe mit koblensaurem Na- tron gesättigt, dann durch Abdampfen concentrirt, hier- auf mit etwas Schwefelsäure versetzt und die dabei ab- geschiedene Benzoesäure durch Filtration getrennt. Das saure Filtrat wurde abermals mit Natron gesättigt, zur Trockniss abgedampft, der Rückstand mit concentrir- ter Phosphorsäure der Destillation unterworfen und so die zweite Säure in concentrirtem Zustande rein erhalten. ‚Dieselbe besass vollkommen die Eigenschaften einer concentrirten Essigsäure. Sie zeigte denselben Geruch und Geschmack, dasselbe Verhalten zu salpetersaurem Silberoxyd und Quecksilberoxydul und zu neutralen Ei- senoxydsalzen. Ferner entwickelte das Natronsalz, mit arseniger Säure in einer höhre erhitzt, den eigenthüm- lichen Geruch des Alkarsins. Die Identität dieser Säure mit der Essigsäure wurde auch durch die Analyse des Silbersalzes vollständig be- wiesen. | 0,350 Gr. des Silbersalzes lieferten 0,225 Gr. Sil- ber = 0,242 Gr. Silberoxyd. Das Salz besteht mithin in 100 'Üheilen aus: 69,14 Silberoxyd und 30,36 Säure. Das essigsaure Silberoxyd enthält nach der Formel Ag 0, C, H; O; in 100 Theilen: 69,48 Silberoxyd und 30,52 Essigsäure. Nach dieser Untersuchung ist also in dem Spindel- baumöl keine eigenthümliche flüchtige Fettsäure enthal- ten, sondern was Riederer als solche bezeichnete, ist ein Gemenge von Benzoesäure und Essigsäure. Der scharfe Geschmack des Gemenges rührt von der Benzoesäure, der Geruch von der Essigsäure her. Die bei der Darstellung aus der ätherischen Lösung erhaltene — 423 — ölartige Flüssigkeit ist als eine concentrirte Lösung von Benzoesäure in Essigsäure zu betrachten. Wird dieselbe mit Wasser in Berührung gebracht, so verbindet sich die Essigsäure mit dem letztern, und die Benzoesäure schei- det sich, da sie in der wässrigen Säure viel schwerer löslich ist, gröstentheils ab. Es frägt sich nun, auf welche Weise kommen die beiden Säuren in dem Spindelbaumöl vor? — Riederer seheint anzunehmen, es sei die »scharfe Spindelbaumöl- säure“ zum Theil wenigstens mit dem Evonymin, dem in dem Oele enthaltenen Bitterstoffe, verbunden. Was zuerst diesen Bitterstoff betrifft, so stellte Riederer den- selben nicht im reinen Zustande dar, sondern sein Evony- min war, wie auch schon Grundner*) bemerkte, ein Gemenge des Bitterstoffs mit dem harzartigen Farbstoff. Wird, wie schon bemerkt, das Oel mit warmem Was- ser geschüttelt, so nimmt dieses einen bittern Geschmack an, ohne sich dabei im Geringsten gelb zu färben. Ich behandelte eine bedeutende Menge des Oeles mit kochen- dem Wasser und dampfte das letztere, nachdem es sich vollständig geklärt hatte, auf dem Wasserbade zur Trock- niss ein. Ich erhielt auf diese Weise ein wenig Bitter- stoff als eine kaum gefärbte extractähnliche Masse. Als ich dieselbe nun mit Schwefelsäure einer Destillation un- terwarf, erhielt ich keine Spur weder von Essigsäure noch von Benzoesäure, woraus hervorgeht, dass diese Säuren in dem Oele nicht an den Bitterstoff gebunden sein können. Sie können daher nur entweder im freien Zustande oder in Verbindung mit der Fettbasis, dem Glycyloxyd, in dem Oele enthalten sein. *) Buchner’s Repert. Bd. 47, pag. 315. — 42h — Wie ich mich wiederholt überzeugle, zeigt Wasser, welches längere Zeit mit dem frischgepressten Oele ge- schüttelt worden, keine Spur von einer sauren Reaction. Ebensowenig reagirt Wasser, welches mit dem Oele ei- ner Destillation unterworfen worden ist, sauer. Hinge- gen zeigt die alkoholische Auflösung deutlich saure Reac- tion auf Lakmuspapier. Da Wasser weder durch Schütteln noch durch De- stillation mit dem Oele eine saure Reaction annimmt, so kann die Essigsäure nicht frei vorkommen. Sie muss daher an Glycyloxyd gebunden als eigentliches Fett, als Acetin, vorhanden sein. Wenn auch eine solche Ver- bindung bis jetzt nicht beobachtet worden ist, so hat ihre Existenz nichts Auffällendes, da ja die Essigsäure ein Glied der Reihe der Fettsäuren ausmacht, und der Buttersäure und Baldriansäure z. B., deren Fette be- kannt sind, sehr nahe steht. Die saure Reaction der alkoholischen Lösung des Oeles hingegen macht es wahrscheinlich, dass die Ben- zoesäure frei, in dem Oele bloss aufgelöst, vorkommt. Dass in diesem Falle das mit dem Oele geschüttelte Was- ser keine saure Reaction annimmt, lässt sich aus der be- deutenden Löslichkeit der Benzoesäure in fetten Oelen erklären. Dieses Vorkommen der Benzoesäure ‚scheint nicht zufällig zu sein, wenn man die gleichzeitige Bil- dung von Essigsäure, Buttersäure, Valeriansäure, Ca- pronsäure und Benzoesäure bei der Einwirkung von oxy- direnden Stoffen auf die Proteinkörper damit zusammen- hält. Versuche, um aus andern fetten Oelen, wie z. B. aus dem Repsöl und Ricinusöl nach der angegebenen Methode flüchtige Fettsäuren und Benzoesäure abzuschei- den, gaben mir bis jelzt ein negatives Resultat. Ich er- = = hielt höchstens Spuren von Essigsäure, welche, beiläufig bemerkt, auch in dem Schweineschmalz von Chevreul in sehr geringer Menge nachgewiesen worden ist. Professor Dr. Stannius aus Rostock, Neue phy- siologische Versuche (mitgetheilt von €. Ludwig). Bei einem Besuche in Zürich war College Stannius aus Rostock so gültig, uns im physiologischen Institute die wesentlichsten der hier unter I. mitzutheilenden Ver- suche zu zeigen. Auf meinen Wunsch war er bereit, um ihre Veröffentlichung zu beschleunigen, dieselben an diesem Orte niederzulegon. l. Versuche am Herzen. Die in folgenden Blättern mitzutheilenden Versuche sind sämmtlich am Herzen kräftiger, frisch gefangener Frösche angestellt, und haben, vielfach wiederholt, con- stant die gleichen Ergebnisse herbeigeführt. 1. Anlegung einer Ligatur aus seidenen Fäden, um die beiden nervi vagi hat keinen augenscheinlichen Einfluss auf den Rhytmus der Bewegungen des Frosch- herzens. 2. Sind die beiden nervi vagi durch Seidenfäden fest umschnürt, so erfolgt auf Application der Electroden des electromagnetischen Rotations- Apparates, mag die letztere oberhalb der Ligaturstellen des Nerven oder an der medulla oblongata statt heben, kein Stillstand des Herzens. Werden die Electroden dagegen unterhalb der Ligaturstellen applicirt, so steht das Herz still. 3. Wird successive um jede der drei Hohlvenen eine feste Ligatur gelegt, so schlägt das Herz fort. = 4. Wird der gemeinsame venöse Sinus vor seinem Uebergange in den Vorhof unterbunden, so schlägt das Herz fort. Auch die drei Hohlvenen pulsiren selbststän- dig fort. Die Pulsation der Hohlvenen und des übrigen Herzens sind aber nicht mehr synchronisch. Die Zahl der Herzschläge ist geringer, als die der Hohlvenen. In 2 Minuten wurden 52 Pulsationen des Herzens und 72 Pulsationen der Hoblvenen gezählt. - 5. Werden nach Anstellung des Versuches 3 die Electroden an die medulla oblongata angelegt, so hören die Pulsationen des Herzens auf. 6. Werden nach Anstellung des Versuches 4 die Electroden an die nervi vagi angelegt, so hemmen sie dessen Bewegungen nicht. 7 Wird genau diejenige Stelle unterbunden, wo der Hohlvenensinus in den rechten Vorhof mündet, so steht das ganze Herz, im Zustande der Diastole, stille. Nur die drei Hohlvenen pulsiren selbstständig fort. Ei- nige Male ist es mir gelungen, den gleichen Erfolg nach Durschschneidung des Herzens an der genannten Stelle zu beobachten. Wurde ein Schnitt gerade an der Ueber- gangsstelle des Hohlvenensinus in den rechten Vorhof geführt, so stand das ganze Herz stille. Doch vermochte ich dies nur sehr selten auszuführen. 8. Durch jeden mechanischen oder galvanischen Reiz ist das so stillstehende Herz zu länger oder kürzer anhaltenden rhythmischen Contractionen zu briogen. Wird der Ventrikel mittelst einer Nadelspitze gereizt, so zieht sich bisweilen zuerst der Ventrikel nebst dem Bulbus arleriosus zusammen, und dann die Vorhöfe; häufiger zuerst der rechte Vorhof; dann der Ventrikel und Bul- bus; hierauf noch eine oder zwei Contractionen der Vor- höfe obne Theilnahme des Ventrikels. — 47 — Schwache . Reizung des Ventrikels mit der Nadel- spitze oder durch Streichen seiner Aussenwand mit einer Feder oder einem dünnen Scalpel hat oft gar keine Zu- sammenziehung irgend eines Herztheiles zur Folge, wenn ganz ähnliche Reizung des rechten Vorhofes eine deut- lich von ihm ausgehende, auf den Ventrikel sich über- tragende Contraction hervorruft. Es ist mir einige Zeit nach Anlegung der Ligatur sogar gelungen, die Spitze des linken Ventrikels mit der Scheere abzutragen oder in den Ventrikel einzustechen, ohne dass irgend eine Contraetion darauf erfolgte. Reizung der Spitze des Ven- trikels bedingt in der Regel eine einmalige von dem rech- ten Vorhof ausgehende Zusammenziehung des ganzen Herzens. Wird der rechte Vorhof mechanisch gereizt, so zieht er sich zuerst zusammen; dann der Ventrikel; dann er- folgen noch eine oder zwei Gontractionen der Vorhöfe. Doch kann die nochmalige Zusammenziehung der Vor- höfe auch ausbleiben. \ Reizung der Grenze zwischen Ventrikel und Vorhö- fen zieht 8 bis 10 Mal auf einanderfolgende durchaus rhythmische Contraclionen von Ventrikel und Vorhöfen nach sich. 9. Application der Electroden an die nervi vagi oder an die medulla oblongata, nachdem auf die unter 7 bezeichnete Weise das Herz selbst stillstehend gewor- den ist, während die Bewegungen der drei Hohlvenen fortdauert, zieht Stillestand den Hohlvenen Zusammen- ziehung nach sich. 10. Sobald nach Anstellung des unter 7 bezeich- neten Versuches das Herz zum Stillstande gebracht, dann aber durch stärkere mechanische Reizung in einer Reihe von Zusammenziehungen begriffen ist, dauren diese letzteren — 428 — bei Application der Electroden an die medulla oblongata oder an die nervi vagi ungestört fort, während die Zu- sammenziehungen der Hohlvenen sistiren. 11. Wird nach genauer Anstellung des unter 7 beschrie- benen Versuches eine zweite Ligatur um eine”nabe gele- gene Stelle des rechten Vorhofes angebracht, so zieht sich die zwischen den beiden Ligaturen liegende Stelle bisweilen rhythmisch zusammen, während das übrige Herz stille steht. Häufiger treten jene Zusammenziehungen nicht ein. Man überzeugt sich, dass die Zusammenzie- hungen des pulsirenden rechten Vorhofes genau von der Grenze des Hohlvenensinus und der letztern ausgehen, und dass niemals ein anderer Gang der Zusammenziehun- gen Statt findet. 12. Legt man nach Anstellung des nnter 7 beschrie- benen Versuches eine Ligatur um die Grenze zwischen Kammer und Vorhöfen, welche zugleich den Bulbus ar- teriosus an seinem Ursprunge umschnürt, so ziehen sich Ventrikel und Bulbus zusammen, während die Vorhöfe vollkommen unbewegt bleiben. Die CGontraction des Ven- trikels schreitet von der Ligaturstelle aus abwärts; die des Bulbus ist von der genannten Stelle aus eine auf- wärtsschreitende. Bisweilen sind diese Zusammenziehungen des Ven- trikels und des Bulbus durchaus isochronisch; in andern Fällen kommt auf 4 bis 5 Zusammenziehungen des Bul- bus nur eine einzige Contraction des Ventrikels. 13. Die unter der Nr. 12 gestellten Bedingung im Zu- stande der Diastole stille stehenden Vorhöfe machten auf jeden örtlichen mechanischen Reiz eine einzige von dem Hohlvenensacke aus nach der Grenze des Vertrikels hin fortschreitende Gontraction. Es ist leichter, eine solche Gontraction zu erregen - — 129 — durch eine von der Grenze des Hohlvenensackes aus statthabende Reizung, als durch eine solche, die an der Ventrikulargrenze Statt hat. Die auf diese Weise im Zustande der Diastole ru- henden Vorhöfe werden durch die Electroden des Ro- tations-Apparates nie zu einem tetanischsn Krampfe solli- eitirt, sondern gerathen in Zusammenziehungen, die durch gleichmässige Pausen unterbrochen sind. Ich erzielte in 30 Sekunden 14 Contractionen. 14. Durch die um die Querfurche des Herzens gelegte Ligatur wird der Ventrikel gleich dem Bulbus also zu rhythmischen Contractionen sollicitirt. Diese hal- ten lange an. Stehen endlich beide Herztheile stille, so können sie durch mechanische Reizung wieder in rhyth- mische Contractionen versetzt werden, die aber nach Verfluss der Reizung ebenfalls sich bald sistiren. Später sind solche noch durch Application des Electroden des Rotations-Apparates auf die Substanz des Ventrikels und des Bulbus zu erzielen. Diese vermag weder den Ven- trikel, noch den Bulbus allein, noch beide zugleich in Tetanus zu versetzen, bewirkt vielmehr rhythmische, durch zwischenliegende Pausen unterbrochenen- Contrac- tionen beider, deren ich 14 bis 15 in 30 Sekunden zählte. 15. , Anlegung einer Ligatur um die aus dem Her- zen hervorgehenden Arterienstämme ist ohne Einfluss auf die Herzbewegungen. Sie bringt weder das pulsirende Herz zur Ruhe, noch setzt sie das stille stehende Herz wieder in Bewegung. Ebenso unwirksam bleibt Anle- gung einer Ligatur um die Lungenvenen. 16. Wird zuerst eine Ligatur um die heiden Ar- terienstämme und dann eine zweite um den Vorhof an der Eintrittsstelle des Hohlvenensinus gelegt, so tritt zu- — #0 7° — weilen kein Stillstand des Herzens ein; wenigstens be- merkte ich zweimal , dass es in seinen rhythmischen CGon- traktionen verharrte. Meistens erfolgte Stillstand des Herzens. 17. Wird der Ventrikel durch einen Querschnitt unterhalb der Herzfurche abgetrennt, so kann er sich dessen ungeachtet ziemlich lange nach seiner Isolirung zusammenziehen. Dies geschieht namentlich sobald er in Blut gelegt wird. 18. Werden die Vorhöfe an der Furche durch einen unvollständigen Querschnitt unvollkommen von dem Ven- trikel getrennt, so bleiben beide, Vorhöfe und Ventrikel, längere Zeit hindurch in rhythmischen abwechselnden , auf einander folgenden Contractionen begriffen. 19. Wird nach vorausgegangener Anlegung einer Ligatur um das Ostium venosum des rechten Vorhofes, derselbe durch einen längs dem Ostium arteriosum ge- führten Querschnitt vom Ventrikel getrennt, so zieht er sich rhytmisch zusammen. Werden jetzt vom Ostium arleriosum aus ringförmige Segmente durch Scheeren- schnitte von ihm genommen, so ziehen sich diese nicht mehr zusammen, während das dem Ostium venosum zu- nächst gelegene Segment rhythmisch fortpulsirt. 20. Ist der rechte Vorhof selbst etwas oberhalb der Einmündungsstelle des Hohlvenensackes unterbunden, so dass ein Segment desselben mit dem nicht unterbundenen Hohlvenensinus in ununterbrochenem Zusammenhange bleibt, so sieht man — am deutlichsten nach Ausschnei- dung des übrigen Herzens — dass das genannte Segment, nebst der Hohlvenenanfängen fortpulsirt. Hat nun der Frosch anderweitig ziemlich viel Blut verloren, so er- kennt man, dass bei jeder Zusammenziehung jenes Seg- mentes das ganze Pfortadersystem mit pulsirt. Nament- = ih = lich erstrecken sich diese Pulsationen auf die Venae re- vehentes und ihre Wurzeln in den Nieren. Mas sieht zugleich, dass bei jeder Zusammenziehung das in jenen Gefässen enthaltene Blut nach der Peripherie gedrängt wird, während jeder Nachlass eine centripetale Blutbe- wegung zur Folge hat. Bei jener verengern sich die Venen des Pfortadersystems; bei diesem erweitern sie sich. Man kann dies Schauspiel oft sehr lange beob- achten. 21. Der vorige Versuch gelingt auch ohne Aus- schneidung des übrigen Herzens. Berührung der nervi vagi mit den Electroden des Rotations-Apparates bewirkt Gession aller dieser Pulsationen. 22. Sobald die Hohlvenen nach Anstellung des Ver- suches 7 von Blut vollkommen ausgedehnt sind, hören auch sie auf, sich zu contrahiren; entleert man Blut, so beginnen sie weiter zu pulsiren. I. Ueber die Wirkungen der Blausäure auf Nerv und Muskel. a. Blausäure und Strychnin. Es sind jetzt 15 Jahre verflossen, seit ich in Berlin Versuche über die Wirkung des Strychnin, des Opium und der Blausäure anstellte, von welchen nur die erstern bekannt gemacht wurden. Mehrere damals angestellte Beobachtungen deuteten darauf hin, dass bei Fröschen die Wirkung des Strychnins (Strych. nitricum) durch gleichzeitige oder vorausgegangene Beibringung von Blau- säure paralysirt wurde. Es schien mir wichtig, diese anscheinend erkannte Thatsache zu constaliren. Zunächst wurde einigen Fröschen Blausäure, welche 3,5 p. Ct. wasserfreie Blausäure enthielt, in das Herz, — 12 — in die Gefässe oder in die Eingeweidehöhle eingebracht. Die Thiere erschienen träge, matt, hinfällig, vielleicht ein wenig betäubt; sie waren in ihren Bewegungen sehr schwerfällig. Die Tendenz zu reflektirten Bewegungen war sehr gering. Sie ertrugen Kneipen der Zehen, ohne zu zucken. Keines verfiet in spätere Zuckungen, selbst dann nicht, wenn die Blausäure unmittelbar auf die medulla oblongata gebracht ward. Dann wurde einem Frosche, welchem zuerst Blau- säure unter die Hautdecken eingespritzt war, und der matt und schwerfällig in seinen Bewegungen erschien ; Strychnin in concentrirter Auflösung auf die medulla ob- longata gebracht. Nach einigen Minuten erschien der rechte Schenkel auf einen Moment in Starrkrampf begrif- fen; allgemeine Starrkrämpfe traten durchaus nicht ein. Das Thier schien matt und ganz erschöpft und starb bald darauf. Nach 12 Stunden war noch keine Todtenstarre eingetreten. Nach wieder 13 Stunden war nur der rechte Schenkel starr. Einem andern Frosche ward eine concentrirte Strych- ninlösung und eine etwas grössere Quantität Blausäure auf die Medulla oblongata und auf das Rückenmark ge- bracht. Nach einigen Minuten trat ein ganz momentanes Strecken beider Hinterextremitälen ein, worauf das Thier in vollständige Schlaffheit verfiel und bald starb. Nach 41/, Stunden zuckten die Muskeln auf Application der Electroden des Rotations-Apparates nicht mehr, und 7 Stunden später war noch keine Todienstarre eingetreten. Einem andern Frosche wurde ebenfalls Blausäure mit Strychnin auf die blosgelegte medulla oblongata ge- bracht. Es traten sehr schwache und kurz dauernde Starrkrämpfe ein. Nach 6 Stunden zuckten die Muskeln MITTHEILUNGEN NATURFORSHCENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. N? 6, 2 1851. 7. Professor Dr. Stannius aus Rostock, Neue phy- siologische Versuche (mitgetheilt von G. Ludwig). (Schluss.) nicht mehr auf Reize; aber 41/, Stunden später war noch keine Todtenstarre vorhanden. Einem vierten Frosche wurde ein Gemenge von Blau- säure und Strychninauflösung durch den After beigebracht. Nach 2 Minuten ein ganz leises Zittern im Oberschenkel ; hierauf im Unterschenkel, jedoch ohne alles krampfhafte Strecken. Nach einer Stunde ruhigen Dasitzens in mat- tem, schlaffen Zustande, Tod. Fünf Stunden nach Bei- bringung der Gifte mangelnde Muskelzuckungen; man- gelnde Todtenstarre. Vier Stunden später dasselbe. Derselbe Versuch wurde bei einem fünften Frosche angestellt. Nach Verlauf einer Minute traten spurweise Zuckungen im rechten Schenkel ein; dann Schlaffheit und bald Tod. Nach 3 Stunden zuckten noch die Muskeln auf Reizung. Nach 4'1/ Stunden Verlust der Leistungs- fähigkeit der Wurzeln; keine Starre. Ebenso nach 10 Stunden. Der Versuch ward aufs Neue wiederholt. Nach Ver- lauf von 3 Minuten Tetanus, welches nach 2 Minuten spurlos vorbei war und der Erschlaffung Platz machte. — 44 — Tod. Nach 4 Stunden noch Muskelzuckungen. Nach 81/, Stunden Verlust der Leistungsfähigkeit der Muskeln und Starre. Bei einem 7ten Frosche, der zu dem gleichen Ver- suche dienen musste, zeigten sich nach 2 Minuten sehr schwache Spuren von Starrkrampf, zuerst in der einen, dann in der andern Extremität, dann Schlaffheit; noch einmal eine leise Spur von Zuckungen in den linken Ze- hen. Sehr geringe Neigung zu heflexbewegungen auf Reizung der Zehen. Tod. Nach 41/ Stunden Verlust der Leistungsfähigkeit der Muskeln; beginnende Starre. Nach 71/, Stunden schwache Starre. Bei einem 8ten Frosche trat keine Spur von teta- nischen Krämpfen ein. Er lag schlaff da. Nach 41/5 Stunden Verlust der Leistungsfähigkeit der Muskeln; keine Starre. Nach 7 Stunden keine Starre. b. Unmittelbare Berührung von Blausäure mit Nerv und Muskel, Die soeben mitgetheilten Thatsachen über Hemmung der tetanischen Wirkung des Strychnins durch Blausäure regten die Frage an, ob Blausäure auf den motorischen Nerven oder auf die Muskelsubstanz selbst wirke. Zur Erledigung dieser Frage wurde zunächst folgen- der Versuch angestellt: Die sämmtlichen für den Schenkel bestimmten Ner- ven wurden an ihrer Austrittsstelle aus dem Canalis spi- nalis durchschnitten und isolirt, darauf ward der Schen- kel amputirt. Die genannten auspräparirten, aber mit ihm in ungestörter Verbinduug erhaltenen Nerven wur- den insgesammt in ein mit Blausäure gefülltes Gefäss so weit als möglich eingetaucht. In das Gefäss wurde von Zeit zu Zeit neue Blausäure eingegossen, um den durch „ m Verdunstung erzeugten Verlust zu compensiren. Die äus- sersten freien Enden der in Blausäure eingetauchten Ner- ven wurden ‘nun von Zeit zu Zeit mit den Electooden des Rotations-Apparates gereizt. Nach Verlauf von 3 Stunden entstanden bei Berührung der Nerven an ihren äussersten freien Enden Zuckungen in den Muskeln des Schenkels. Eine halbe Stunde später blieben sie aus. Anfangs, und zwar noch nach Verlauf von einer Stunde, zeichneten sich die Zuckungen durch ihre Lebhaftigkeit aus, die viel bedeutender war, als an einem andern Schen- kel, dessen Nerven in destillirtes Wasser getaucht wur- den. Andererseits wurde der zweite Schenkel desselben Frosches in einen mit Blausäure von gleicher Stärke ge- füllten Glascylinder getaucht. Nach 7 Minuten ward er herausgenommen; aber weder bei Reizung des Nerven, noch der Muskeln mit den Electooden erfolgte eine Zu- ckung. Nachdem er etwa 1 Minute lang der atmosphä- rischen Luft ausgesetzt gewesen, konnten wieder Zuckun- gen erzielt werden. 17 Minuten nach Beginn des Ein- tauchens war wieder keine Zuckung zu erzielen. Nach- dem der Schenkel wieder zwei Minuten lang der atmo- sphärischen Luft ausgesetzt gewesen, traten auf Reizung abermals Zuckungen ein. Abermaliges Eintauchen in Blausäure hatte binnen wenig Minuten vollständige Un- empfänglichkeit des Muskels für Reize nach sich gezo- gen. Der nicht mehr leistungsfähige Muskel befand sich aber nicht im Zustande der Starre, sondern war schlaff und weich. Diese Versuche sind vielfach wiederholt und modifi- eirt worden. Es wurden in ein und dasselbe Gefäss voll Blausäure die, wie oben geschildert, präparirten Nerven eines Froschschenkels und einzelne sehr reizbare Muskeln des andern Schenkels gebracht. Letztere hatten ihre Lei- — 436 — stungsfähigkeit binnen 7 — 8 Minuten vollkommen einge- büsst, während die Reizung des Nerven die lebhaftesten Zuckungen zur Folge hatte. Andere Male wurden von Haut entblösste Schenkel oder einzelne Glieder eines Schen- kels so in ein Gefäss mit Blausäure gebracht, dass die ganz frei gelegten Hauptstämme der Nerven nebst der obersten Muskulatur in Blausäure getaucht wurden, wäh- rend andere Abschnitte, z. B. die Metatarsi und Zehen, mit ihren Muskeln und Nerven frei aus dem Gefässe heraushbingen. Wurden nun die in dem Gifte liegenden Muskeln gereizt, so zuckten sie nicht mehr; wurden aber die gleichfalls von dem Gifte umspülten Nervenstämme berührt , so erfolgten die lebhaftesten Zuckungen in den Muskeln der regio metatarsi und der Zehen, welche von dem Gifte nicht unmittelbar berührt wurden. Leicht ge- lingt es, den Musculus gastrocnemius, an dessen Seiten die Nerven für die Muskeln der regio metatarsi und der Zehen verlaufen, so in ein kleines Gefäss mit Blausäure zu bringen, dass nur jener Muskel und die an ihm ver- laufenden Nerven in das Gift getaucht sind, die Fussge- gend aber frei aus dem Gefässe heraushängt. Man kann sich nun überzeugen, dass der eingetauchte Muskel völ- lig abstirbi, während die an seiner Aussenfläche verlau- fenden Nerven noch Stunden lang fähig bleiben, die mit dem Gifte nicht in unmittelbaren Contact gekommenen Muskeln der Fussgegend zu Bewegungen zu sollicitiren. Werden muskulöse Theile, z. B. Schenkel oder die Körper kleinerer Frösche, deren Muskeln durch Blausäure ihre Leistungsfähigkeit verloren haben, in Blausäure ein- schliessenden Gefässen bewahrt, d. h. wird die Verdun- stung der aufgenommenen Blausäure verhütet, so verfal- len-sie niemals in Starre; wird dagegen ein durch Blau- säure temporär leistungsunfähig gewordener Theil sehr — 437 — frühzeitig aus der gifiigen Flüssigkeit herausgenommen, so vermag, weil letztere in der Atmosphäre verdunstet , noch schwache Starre einzutreten. Dass Blausäure, gleich wie sie in den vorhin erwähn- ten Fällen den Eintritt der Todtenstarre verhindert, de- ren Eintreten, sobald sie unvollkommen eingewirkt hat, auch zu verzögern und deren Intensität herabzusetzen vermag, ist mir aus den früher mitgetheilten Beobach- {ungen an Fröschen sehr wahrscheinlich geworden. Es handelte sich nun darum, zu erfahren, ob die Blausäure auf Nerven und Muskeln von Säugethieren ebenso wirke, wie auf die genannten Gebilde von Frö- schen. Zu Versuchen erschienen mir der Nervus ple- reuicus und das Zwerchfell von Kaninchen am geeignel- sten. Wurde das centrale Ende des zuvor durchschnit- tenen Nervus plereuicus eines frisch getödteten Kanin- chens in Blausäure eingeführt, so behauptete das einge- taucht gewesene Stück des Nerven seine Leistungsfähig- keit über eine Viertelstunde lang, sobald man ein zu schnelles Eintrocknen des Zwerchfelles durch Befeuchtung mit Blut verhinderte. Wurde dagegen ein ausgeschnit- {enes, sehr lebhaft reagirendes Stückchen des Zwerch- felles in Blausäure eingetaucht, so hatte es seine Con- fractilität binnen 4—5 Minuten völlig eingebüsst. Diesen Erfahrungen gemäss darf es als eine gesi- cherte Thatsache betrachtet werden, dass die Blausäure, in unmittelbare Berührung gesetzt mit dem motorischen Nerven, dessen Leistungsfähigkeit nicht herabsetzt, da- gegen allerirend auf den Muskel wirkt, mit welchen sie in unmittelbaren Contact kommt. Opium und Strychnin wirken ganz anders, wie vergleichende Versuche heraus- stellten. Die auf die vorhin angegebene Weise auspräparirten — 418 — Schenkeluerven eines Frosches wurden in eine Auflösung von Extractum Opii aquosum, von dessen Wirksamkeit ich durch Application auf die innere Herzoberfläche mich überzeugt hatte, eingelaucht. Nach 45 Minuten waren sie vollkommen unempfänglich für den elektrischen Reiz und zwar so weit sie nur in die Opiumlösung eingetaucht gewesen waren. Die Muskeln des andern Schenkels des- selben Frosches, welche in das gleiche Gefäss mit Opium- lösung getaucht waren, zuckten nach 2 Stunden stark und deutlich, und hatten erst nach 41/, Stunden ihre Lei- stungsfähigkeit völlig eingebüsst. Viel langsamer und beschränkter stellte die locale Wirkung einer sehr concentrirten Strychninlösung sich heraus. Die in dieselbe eingetauchten Nerven hatten ihre Empfänglichkeit gegen den elektrischen Reiz nach 45 Mi- nuten nur an den äussersten freien Enden verloren; wur- den diese abgeschnitten, so zuckten noch die Schenkel- muskeln auf Application der Electroden an dieselben ; und dies geschah noch, als mechanische Reizung wirkungs- los blieb. Die in dieselbe Lösung eingetauchten Muskeln waren noch nach 2 Stunden durchaus leistungsfähig. — Sowohl die in Opiumauflösung, als auch die in der con- centrirten Lösung des Strychninum nitricum abgestorbenen Muskeln verfielen in Todtenstarre. Zu der Blausäure zurückkehrend, will ich nieht un- terlassen, zu bemerken, dass im Momente der Eintau- chung der abgeschnittenen Nervenenden oder des von Haut entblössten abgeschnittenen Schenkels selbst, in der Regel Muskelzuckungen eintraten, welche ungefähr eine Minute lang anhielten, aber später niemals wiederkehrten. Da diese Zuckungen nicht beständig sich einstellten, da sie namentlich auch dann ausblieben, wenn der noch mit dem übrigen Körper in Verbindung gehaltene, obschon — 439 — von Haut entblöste Schenkel in die Flüssigkeit getaucht ward, da solche Zuckungen auch immer vermisst wur- den, wenn einem Frosche Blausäure unter die Haut oder auf die Centralorgane des Nervensystemes gebracht wird, so ist ihrem Auftreten anscheinend kein grosses Gewicht beizulegen. j Wird ein Schenkel, dessen Muskeln in schlaffem Zu- stande sich befinden, in Blausäure getaucht, so verlieren die Muskeln ihr Verkürzungsvermögen und verharren, sobald sie längere Zeit in Blausäure bleiben, in dem ein- mal gegebenen Zustande, ohne in eine mit: Verletzung verbundenen Todtenstarre zu verfallen. Der schlaffe Zu- stand der Muskeln und das Nichteintreten der Todten- starre kann darauf deuten, dass die Blausäure die Mus- keln etwa ihrer Elasticitätsgrösse beraubt. sur, Ist diess der Fall, so muss auch die Blausäure we- nigstens aber bei eintretender Todtenstarre die Muskeln in schlaffen Zustand versetzen ; dies thut sie aber keineswegs. Taucht man einen von Haut entblössten und in Todtenstarre begriffenen Froschschenkel, an dem die meisten Muskeln auf den stärksten unmittelbaren Reiz nicht mehr antwor- ten und im Zustande der Starre unbeweglich verharren , _ an dessen übrigen Muskeln aber nur noch schwache Spu- ren von Zuckungeu einzelner Fascikel zu erlangen sind, in Blausäure, so erhält sich die Starre unverändert, falls der Muskel in der Blausäure bleibt. Prof. Deschwanden. — Ueber die Bewegung der Flüssigkeiten bei Ueberfällen. (Vorgetragen den 16. Juni 1851.) Durch die ausgedehnten vielseitigen Versuche, welche während der letzten Jahre Boileau über die Bewegung — 40 — des Wassers bei Ueberfällen angestellt hat, ist die Auf- merksamkeit der Mechaniker und Geometer neuerdings auf diesen Theil der Hydraulik gelenkt worden. Ich wurde durch sie veranlasst, zu versuchen, ob sich nicht diejenigen hydraulischen Prinzipien, die ich in einer im Jahr 1847 erschienenen Abhandlung entwickelte und auf mehrere einzelne Fälle anwandte, auch auf diesen Fall anwenden lassen. Das Folgende enthält die Ergebnisse dieses Versuches in einer kurzen und übersichtlichen Darstellung, in welcher der Weg, auf- dem sie erhalten wurden, nur angedeutet, nicht vollständig beschrieben ist. Um dessen ungeachtet den Standpunkt, von wel- chem aus diese Untersuchungen geführt wurden, klar hervorzuheben, führe ich kurz die Unterschiede an, welche zwischen der hier befolgten und der bisher ge- wöhnlich angewendeten Behandlungsweise bydraulischer Prinzipien besteht. Die wesentlichste Verschiedenheit besteht darin, dass ich von der Annahme, die Flüssigkeit bewege sich in parallelen und ebenen Schichten, abgewichen bin, und mir statt dessen die ganze Flüssigkeit in die unendlich dünnen faden- oder kanalförmigen Räume zerlegt dachte, welche die einzelnen Flüssigkeitstheilchen während ihrer Bewegung durch den betrachteten, von der Flüssigkeit durchströmten Raum beschreiben. Sollte aber diese An- nahme irgend welche neue Resultate herbeiführen, so durfte von der Verschiedenheit der Bewegung, welche die Flüssigkeit in den verschiedenen Kanälchen dieser Art besitzt, nicht abgesehen werden. Die Bestimmung dieser Verschiedenheit gelang dadurch, dass die Zentri- fugalkraft berechnet wurde, welche sich in diesen Ka- nälen entwickelt, wenn sie eine krummlinige Gestalt ha- ben, und dass alsdann untersucht wurde, was für eine — 4 — Veränderung die Zentrifugalkraft eines jeden Kanälchens in der Bewegung der Flüssigkeit der übrigen Kanäle hervorbringe. Denkt man sich mehrere solcher unmit- telbar aufeinanderfolgenden krummen Elementarkanäle, so ist leicht einzusehen, dass die Geschwindigkeit derje- nigen, die näher an der erhabenen Fläche der von ihnen gebildeten Flüssigkeitsmasse liegen, durch die Zentrifu- galkraft aller übrigen vermindert wird, weil alle diese Zentrifugalkräfte nach jener erhabenen Fläche hin gerich- tet sind, und daher auf die in deren Nähe befindlichen Elementarkanäle einen merkbaren Druck ausüben, da- durch aber. nach den gewöhnlichen hydraulischen Gese- tzen eine Verminderung der in denselben vorhandenen Geschwindigkeit bewirken werden. Die an der hohlen Fläche der Flüssigkeitsmasse vorkommende Geschwindig- keit wird dagegen von diesen Zentrifugalkräften nicht verändert werden. Es ist nun in der‘ oben angeführten Abhandlung das Gesetz genauer angegeben worden, nach welchem sich jene Geschwindigkeitsverminderung richtet. Mit Hülfe desselben und einiger anderer daraus abgelei- teter Folgerungen können dann auch die Querschnitte und endlich die ganze Gestalt der Elementarkanäle, so- wie mithin die Geschwindigkeit und Richtung aller ein- zelnen Flüssigkeitstheilchen angegeben werden. Während bei der Annahme der Bewegung der Flüssigkeit in pa- rallelen Schichten vorausgesetzt wird, die Bewegung sei in allen Punkten einer solchen Schicht gleich gross, wurde dagegen bei den Betrachtungen, welche den fol- genden Ergebnissen zu Grunde liegen, auf die Verschie- denheit zwischen der Bewegung der im Innern der Flüs- sigkeitsmasse befindlichen Theilchen sehr sorgfältig Rück- sicht genommen. an Obgleich nun diese Annahme, wie ich glaube, der Wahrheit näher kömmt, als die des Parallelismus der Schichten, so erhält man dennoch immer noch keine mit. der Wirklichkeit vollständig übereinstimmende Er- gebnisse. Die Annäherung an die Wahrheit ist zwar grösser als bei jener älteren Theorie, allein noch kei- neswegs vollkommen. Die Ursachen davon liegen darin, dass sämmtliche Reibungen, sowie die Viskosität der Flüssigkeiten unberücksichtigt gelassen werden mussten, und dass man die oben angedeuteten Grundsätze oft we- gen mathematischen Schwierigkeiten nur angenähert, nicht vollstännig genau durchführen konnte. Gleichwohl aber hoffe ich durch diese Untersuchungen einiges Licht über die behandelten, in theoretischer Beziehung noch so we- nig bearbeiteten Fälle zu verbreiten. Vollkommener Ueberfall. 1. Länge der Ueberfallskante gleich der Breite des Kanals. 1. Bewegung der Flüssigkeit bis zur Ueberfallswand; von a, bis ag. Die Kante des Ueberfalles soll scharf angenommen werden. Der Flüssigkeitsstrahl falle, nachdem er über die Kante getreten, frei herunter, ohne sich an die Wand des Ueberfallwehres anzuhängen. Die nach der obern Seite gekehrte Ueberfallswand werde einstweilen senkrecht angenommen. Die Modifikationen, welche in der Untersuchungsweise und den Resultaten eintreten, wenn diese Annahmen nicht gemacht werden können, sowie namentlich der Fall, wo die Länge der Ueberfalls- kante kleiner als die Breite des Kanales ist, werden spä- ter besprochen werden. In dieser Figur sei a,a,‘ derjenige Querschnitt der Flüssigkeitsmasse, in welchem durch den Einfluss des Ueberfallwehres alle Elementarkanäle a,'a‘, m,m‘, a,a noch zu einander parallel und zugleich horizontal sind. Soll- ten diese Annahmen in der Wirklichkeit für keinen Quer- schnitt vollkommen erfüllt sein, so wird sich doch im- mer ein solcher finden lassen, für welchen sie mit grosser Annäherung an die Wahrheit gemacht werden können. Lässt man ferner die Reibung der Flüssigkeiten an den Wänden und dem Boden des Kanals, sowie die an der Luft bei a,‘a‘ unberücksichtigt, so ist in diesem Quer- schnitte auch die Geschwindigkeit v, überall gleich gross. Verfolgt man nun die verschiedenen Elementarkanäle von diesem Querschnitte an in der Richtung gegen den Ueber- fall hin, so werden sie im Allgemeinen folgende Verän- ..derungen erleiden. Der oberste Elementarkanal a,/a’ wird sich nach und nach etwas senken, dadurch seine Geschwindigkeit ver- mehren , seinen Querschnitt dagegen in demselben Maase vermindern. Der unterste Elementarkanal a,a wird da- gegen streben, nach der Kante a; hinaufzukommen, und Ah muss sich daher auf irgend einem Wege von a, an em- porheben. Ferner wird seine Geschwindigkeit sich nicht vermehren, so lange er nicht in die nächste Umgebung von a, kömmt, sondern nahezu unverändert gleich v, bleiben. Würde nämlich nur die Schwere auf ihn ein- wirken, so müsste seine Geschwindigkeit bei seiner auf- steigenden Bewegung nach demselben Gesetze abnehmen, wie die eines aufwärts geworfenen Körpers. Nun be- findet sich aber zwischen a,aag und dem Boden a,o des Kanales eine Flüssigkeitsmasse, die nahezu als ruhend angesehen werden kann und daher nach ‘den gewöhnli- chen hydrostatischen Gesetzen betrachtet werden muss. Diese Flüssigkeitsmasse wird daher auf den Elementar- kanal a,a einen’ hydrostatischen Druck ausüben, der an den höhern Stellen a und ag geringer ist als bei a,, und zwar um das Gewicht einer Flüssigkeitssäule, deren Höhe der Höhendifferenz zwischen jenen Punkten a, az und dem Punkte a, gleichkömmt. Da mithin dieser, die Be- wegung des untersten Elementarkanales hemmende Druck nach'oben zu abnimmt, so wird dadurch die Bewegung an den höhern Punkten mehr begünstigt als an den tie- fer gelegenen, wodurch jene Wirkung der Schwere, welche die Geschwindigkeit an den höheren Stellen zu vermindern sucht, genau aufgehoben wird. ‚Wendet man die gewöhnliche Formel: N ne En e ‚= "+3 @- PM) +w. . welche der auf die Flüssigkeiten bezogene Ausdruck des Gesetzes der lebendigen Kräfte ist, und in welcher v, wp, die Geschwindigkeit und den Druck auf den Flüssigkeits- spiegel einer in einem Gefässe befindlichen Flüssigkeits- masse, vundp dieselben Grössen an einer beliebigen an- = ii = dern Stelle der Flüssigkeit, s das spezifische Gewicht und h den senkrechten Höhenunterschied dieser zweiten Stelle vom Flüssigkeitsspiegel bedeuten, auf den vorlie- genden Fall an, so erhält man das angeführte Ergebniss sogleich mit der grössten Leichtigkeit. Zur Bestimmung der im Innern der flüssigen Masse vorhandenen Bewegung ist dagegen diese Gleichung nicht mehr binreichend, indem hier die Wirkung der Zentrifu- galkraft, von welcher oben gesprochen wurde, berück- sichtigt werden muss. Durchschneidet man die Flüssig- keit an irgend einer Stelle wit einer Fläche a'm’a, welche von sämmtlichen Elementarkanälen normal getroffen wird, so wird man den durch a‘ gehenden Elementarkanal noch als geradlinig ansehen können, während die übrigen um so mehr gekrümmt sind, je näher sie bei dem untersten Kanale a,a liegen. Die Geschwindigkeit wird mithin in dieser Normalfläche bei a‘ am grösten, gegen a hin im- mer kleiner, und bei a selbst, wo sie gleich v, ist, am kleinsten sein. Bezeichnet man die Geschwindigkeit bei a’'und m‘ mit v und v‘, die Bogenlängen a’m‘ und a’a mit b‘ und b, und den Krümmungshalbmesser irgend eines Elementarkanales bei seinem Durchgange durch a’a mit r, so hat man zufolge der genannten Abhandlung über die Bewegung der Flüssigkeiten: V [= db logn — = — v h) Führt man nun für r eine passende Funktion von b’ ein, a a . he deren Werth für den Punkt a‘ unendlich gross und für a gleich dem Krümmungshalbmesser R des untersten Ele- \ b mentarkanales wird. z. Br =R-—, so erhält man aus b‘ ’ obiger Formel: el 1 Ben böse chr)? logn v0 oder: logn Re er =: Mm = Mittelst dieser Gleichung lässt sich, wie man sieht, die Geschwindigkeit berechnen, welche an irgend einer Stelle der Normalfläche aa’ herrscht, wenn man nur die Ge- schwindigkeit v, und den Krümmungshalbmesser R des untersten Elementarkanales, sowie die Länge b oder das Verhältniss 4 kennt. Für den obersten Elementarkanal ergibt sich: logn — =— m. ‚ oder; Da man nun durch diese Gleichungen das Verhält- niss der Geschwindigkeit v’, die an irgend einer Stelle von a’a vorkömmt, zur Geschwindigkeit v, bei a, und mithin zu derselben Geschwindigkeit v,, welche in allen Punkten der Normalfläche a,a,‘ vorhanden ist, annäherungs- weise kennt, die Querschnitte der Elementarkanäle in a’ und a,’a, sich aber zu einander umgekehrt wie diese Geschwindigkeiten verhalten, so kann man nun auch das Verhältniss bestimmen, in welchem diese Querschnitte a’a und a,’a, oder b und b, zu einander stehen. Ein angenähertes Resultat dieser Bestimmung ist: Bes | a ! = + 0,04444 (R)- 0,00212 () _ 0,00014 (2): bı5 + 0,0002, (7) = 244} Diese Reihe konvergirt auch dann noch, wenn der Werth hu .eaoun u |; von g in die Nähe von 3 kömmt. Zur vollständigen Kenntniss der Gestalt der beweg- ten Flüssigkeilsmasse ist aber namentlich noch die Kennt- niss des Winkels p nöthig, welchen die an den unter- sten Elementarkanal durch irgend einen Punkt a gezo- gene Tangente mit einer Horizontalen bildet. Um diesen — MI — Winkel angenähert zu bestimmen, kann auf folgende Weise verfahren werden. Man denke sich neben der Normalfläche a’a eine zweite, die von’der ersten um die unendlich kleinen Grössen dl, dl’, dL entfernt sei, und für welche der Werth a ebenfalls um die unendlich kleine 7 R Grösse ar grösser sei, als der entspreckende Werth für x die Normalfläche aa‘. Alsdann kann man zunächst die Länge der zweiten Normalfläche, die nun gleich b — db sein wird, mittelst obiger Gleichung für b durch & und x an bestimmen. Ausserdem ergibt sich durch einige ein- fache geometrische Betrachtungen, und mit Hülfe der oben angeführten Gleichung zur Bestimmung der Ge- schwindigkeit v‘, der Satz, dass: er aldl we A oder dass die Entfernung der beiden Normalflächen an zwei verschiedenen Stellen sich umgekehrt verhalten wie die an denselben Stellen vorhandenen Geschwindigkeiten. (Siehe Mittheil. der Naturf. Gesellsch. in Zürich, Nr. 47, 1850.) Mittelst dieses Satzes und der oben angegebenen Gleichung für v’, und wenn man sich die nicht ganz richtige Annahme erlaubt, dass die Linie a’a ein Kreis- bogen sei, können nun auch dT, d und dL durch an bestimmt werden. Da nun in der Figur, welche von den beiden Normalflächen und von dL und dl einge- schlossen wird, alle Umfangslinien der Grösse und Ge- stalt nach und ebenso alle Winkel bekannt sind, so kann auch der Winkel dp bestimmt werden, denn die beiden x Be Normalflächen oder die an sie gezogenen Tangenten bei dL miteinander bilden. Denkt man sich endlich die ganze flüssige Masse von a,a,‘ bis aa’ mit unendlich vielen, ein- ander unendlich nahe stehenden Normalflächen geschnit- ten, so kann man alle Winkel, welche je. zwei und zwei derselben bei a,a miteinander bilden, durch Integration addiren, und erhält dadurch den ganzen Winkel 9. Entwickelt man die sämmtlichen Funktionen, die sich bei diesen Rechnungen ergeben, in Reihen nach Poten- zen von so erhält man: b R’ —=- (2) + 0,08889 ( (2) +0,01058 (+) + 0,00051 (2) _.0,00002 (2) +0,00001 (2) la Mittelst dieses Werthes von 92 lassen sich nun die Or- dinaten und Abscissen des untersten Elementarkanales bestimmen. Nimmt man die Horizontale a,a als Abscis- senaxe und a, als den Anfangspunkt der Koordinaten an, so erhält man: y=b, ir +0 on (2) 0,0899 (2) - 0,00168 (2) — 0,0000% (7)” +0,00008 (KR) +: , a eu xx, =», [0,57735 Iogn & — 0,0387 (2 — 2%) R, -— 0,05533 ((R) ri Ki R))-° 00602 (x Yes (x ‘)) za (2) (() (I MITTHEILUNGEN NATURFORSHCENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. | N? 68. Ar 5 1851. Prof. Deschwanden. — Ueber die Bewegung der Flüssigkeiten bei Ueberfällen. (Fortsetzung.) worin sich x, und 27 in dem Ausdrucke für x — x, auf ’ irgend einen Punkt in der Linie a,a beziehen. Durch diese Gleichung ist nun die Gestalt des un- tersten Elementarkanales vollständig bestimmt. Es er- giebt sich aus ihnen, dass diese Linie, von irgend einem Punkte a an gerechnet, in der Richtung nach aufwärts oder gegen die Bewegung der Flüssigkeit hin, sich im- mer mehr der Horizontalen a,o nähert, und dabei ihre Krümmung immer mehr vermindert. Der Punkt a, selbst aber, wo der Elementarkanal vollständig in die Gerade a,0 übergehen würde, wäre unendlich weit von jedem Punkte a entfernt, in welchem die Linie eine endliche Krümmung hat. Nach abwärts oder nach der Richtung der Bewegung hin, krümmt sich dagegen die Linie mit immer zunehmender Biegung gegen die Ueberfallskante hinauf, und erreicht die Stelle ag, wo sie der Richtung nach senkrecht gegen die Horizontale_a,0 steht, in einer nahe den Werth 2,1 hat. Höhe von etwa 0,638 b,, wo - — 150 — Zugleich sieht man auch, dass die Linie schon in einer kleinen Entfernung von aa der Horizontalen a,0 sehr nahe kömmt, obschon sie dieselbe erst in unendlicher Entfernung genau erreicht; denn setzt man in den Glei- y =; = 2,1 und K = 0,01, so erhält man: x — x, = 2,73 b, und y = 0,003 b,. Wenn man also von ag aus nur um etwas mehr als das 21/sfache der Tiefe, die der Kanal beim Anfange der Aufstauung hat, aufwärts geht, so findet man den un- tersten Elementarkanal so nahe bei der Horizontalen a,0, dass er von derselben kaum mehr zu unterscheiden ist, wenn der Kanal nicht aussergewöhnlich grosse Dimen- sionen hat. Ueber dem Punkte aa lässt sich die Linie nicht mit Genauigkeit weiter verfolgen, theils weil für diese Gegend die oben angegebenen Reihen nicht mehr konvergiren, theils weil die Bedingungen nicht mehr er- füllt sind, unter denen sie allein richtige Ergebnisse lie- fern. Die zwischen ag und a, gelegene Stelle wird nach- ber besonders besprochen werden. Dagegen muss hier chungen für x — x, und noch darauf aufmerksam gemacht werden, dass die Goor- dinaten der Linie a,ag mit b, proportional sind, und dass mithin die Linie in tiefen Kanälen die gleiche Gestalt wie in weniger tiefen, nicht aber die gleiche Grösse hat, sondern dass ihre Dimensionen proportional mit dieser Tiefe sind. Alle Linien dieser Art in allen Kanälen sind also einander geometrisch ähnlich. Der Zustand der zwischen a,aag und a,0 eingeschlos-. senen Flüssigkeitsmasse kann nun auch genauer beurtheilt werden. Da diese Masse keinen Theil der Elementarkanäle der ausfliessenden Flüssigkeitsmenge bildet, so wird sie selbst nicht zum Ausflusse gelangen können, sondern fortwäh- rend in dem bezeichneten HKaume verbleiben. Dessen Bien u ungeachtet nimmt sie doch einigen Theil an der Bewe- gung der ausfliessenden Flüssigkeitstheile. Da wo sie nämlich den Elementarkanal a,aaa berührt , wird ihr durch die Reibung der Flüssigkeitstheilchen aneinander die Be- wegung des Elementarkanales selbst wenigstens theilweise mitgetheilt, so dass die zunächst bei a,aaz liegenden Theil- chen sich von a, gegen ag hin bewegen, und zwar mit einer Geschwindigkeit, die gleich oder etwas kleiner als - die des Elementarkanales selbst ist. Da diese Theilchen aber in der Gegend von ag nach der Richtung der Linie aa, nicht mehr weiter gehen können, so müssen sie sich nach 0, und von dort nach a; zurückwenden, von wo sie denselben Kreislauf wieder beginnen. Die zwischen a,aag und a,0 befindliche Flüssigkeitsmasse wird mithin eine wirbelnde Bewegung machen; jedoch nur mit so geringer Geschwindigkeit, dass sehr angenähert angenom- men werden kann, der von dieser Masse auf ihre Um- gebung ausgeübte Druck sei den gewöhnlichen hydrosta- tischen Gesetzen unterworfen. Es kann daher nun auch die Pressung, die an ver- schiedenen Stellen des ganzen, oberhalb des Wehres be- findlichen Raumes stattfindet, bestimmt werden. In dem, jene schwach wirbelnde Bewegung enthaltenden Raume findet also, wie bemerkt wurde, der gewöhnliche bydro- ‘ statische Druck sehr angenähert statt. Da dieser Druck in a, nun gleich dem Gewichte einer Flüssigkeitssäule mit der Höhe a,a,/ oder b, ist, so ist mithin der Druck an irgend einer Stelle zwischen a,aag und a,0 gleich dem Gewicht einer Flüssigkeitssäule, deren Höhe gleich dem senkrechten Abstande dieser Stelle von dem Flüssigkeits- spiegel in a, ist. Dieses Gesetz gilt ferner auch noch für den untersten Elementarkanal a,aag der zum Ausflusse gelangenden Flüssigkeitsmasse, auf der ganzen Strecke — 452 — von a, an bis ag; weiter jedoch, wie nachher gezeigt werden soll, nicht mehr. Für die übrigen Elementarka- näle gilt dagegen dieses Gesetz um so weniger genau, je mehr sie sich der Oberfläche der Flüssigkeit nähern, Sowie nämlich die Geschwindigkeit dieser Kanäle grösser wird als die des untersten Kanales, so wird die in ihnen herrschende Pressung etwas kleiner als die dem Flüssig- keitsspiegel bei a, entsprechende hydrostatische, und er- hält im obersten Elementarkanale a,‘/a’ endlich den Werth . Null, obschon alle Punkte a‘, a’... . desselben tiefer liegen als,a,. Dieser Unterschied zwischen der hbydro- statischen und wirklich vorhandenen Pressung in den ver- schiedenen Elementarkanälen ist jedoch seinem absoluten Werthe nach nicht bedeutend, so lange man nicht in die unmittelbare Nähe der Ueberfallskante kömmt, weil sich die Oberfläche der Flüssigkeit erst nahe bei dieser Kante merklich senkt. 2. Bewegung der Flüssigkeit von der Ueberfallswand bis zur Ueberfallskante; von ag bis a4. Nachdem die Beweguug der Flüssigkeit bis zur Nor- malfläche ag a’a verfolgt worden, muss der zwischen die- ser und der Normalfläche a, a’, liegende Raum näher betrachtet werden. Die Bewegung, welche in demselben stattfindet, lässt sich zwar nicht so genau wie bei dem vorber behandelten Raume a,a,/a’gag bestimmen, allein es können doch wenigstens einige wesentliche Eigenschaften derselben näher erkannt werden. Vor Allem muss festgehalten werden, dass die sämmt- lichen Elementarkanäle bei ihrem Uebergange von aga’g zu a, a’, ihre Geschwindigkeit sehr bedeutend vermehren. Diess ist vorzüglich bei dem untersten Kanale während — 153 — seines Ueberganges von az nach a, der Fall. In az ist die Geschwindigkeit dieses Kanales noch gleich v,, näm- lich dieselbe wie in a,a,/; in a, entspricht sie dagegen der Fallhöhe ar = h oder dem senkrechten Abstande der Ueberfallskante vom Flüssigkeitsspiegel in a,‘, und ist mithin gleich Y3gh + v2 = v4. Ebenso ist die Ge- schwindigkeit v/; bei a’, gleich Y3gh‘ + v2. Es folgt hieraus, dass die im untersten Elementarkanale bei a, vor- kommende Geschwindigkeit grösser ist, als die, welche in derselben Normalfläche bei a’, im obersten Elementar- kanale vorhanden ist, während bis zu aaa’ immer die Geschwindigkeit des untersten Elementarkanales kleiner war, als die des obersten. Der zwischen az und a; statt- findenden Umkehrung dieses Verhältnisses entspricht auch die in denselben Zwischenraum fallende Veränderung des Sinnes, in welchem der unterste Elementarkanal gebogen ist, -indem er von a, bis ag seine erhabene Seite nach unten, in a, Uagegen dieselbe nach oben wendet. Der Wendungspunkt a; kann angenähert bestimmt werden. Die wichtigste Veränderung aber ist die, welche mit der im untersten Elementarkanale vorhandenen Pressung vorgeht, indem diese in ag noch gleich dem Gewichte einer Flüssigkeitssäule mit der Höhe a,r, in ay aber, mit Ausschluss des Luftdruckes, gleich Null ist. Dass innerhalb des Elementarkanales agaza, diese Verände- rung in der Pressung vorgeht, ist kaum zu widerle- gen; alsdann muss aber auch dieselbe Veränderung in dem kleinen zwischen dem Boden aga3a; und der Ge- raden az3a,; enthaltenen Raume vorgehen, also auch in diesem Raume der Druck bei ag gleich dem Gewichte ' einer Flüssigkeitssäule mit der Höhe asr, der bei a, da- gegen Null sein. Es müsste also die kleine Flüssigkeits- masse a933a4 gleichsam soviel wiegen, als eine Flüssig- ZB — keitssäule mit der Höhe agr. Dieser scheinbare Wider- spruch löst sich bei näherer Betrachtung der obwaltenden Verhältnisse auf die einfachste und befriedigendste Weise auf. In dem zwischen der Ueberfallswand und dem Bo- gen agaza, eingeschlossenen Raume ist eine Flüssigkeits- masse enthalten, welche, wie die zwischen a,ag und a,0 befindliche, nicht ausfliesst, sondern nur eine wirbelnde Bewegung hat. Da sich dieser Wirbel ungefähr den ihn umgebenden festen-uud flüssigen Theilen anschliesst, so hat er eine längliche Gestalt, und wird namentlich in der Nähe von a; eine sehr rasche Biegung machen, so dass er an dieser Stelle fast in eine Spitze ausläuft, während er oben und besonders auf den Seiten weniger rasche Krümmungen hat. Eine Folge hievon ist nun aber der Umstand, dass die in diesem spitzen Winkel sich herum- bewegenden Flüssigkeitstheilcben in der Nähe von az we- gen des kleinen Krümmungshalbmessers der Kurven, welche sie zu durchlaufen haben, eine viel grössere Zen- _ trifugalkraft nach Aussen ausüben, als an irgend einer andern Stelle, und dass mithin hier der Druck des Wir- bels nach Aussen grösser ist, als oben und auf den Sei- ten. Durch die genauere Rechnung ergiebt sich nun, dass die Pressung zwischen den einzelnen Flüssigkeits- theilchen des Wirbels, wenn sie in a, gleich Null oder gleich einem Atmosphärendrucke angenommen wird, im Mittelpunkte etwas kleiner als dieser ist, bei a2 aber al- lerdings zu der Grösse des Gewichtes einer Flüssigkeits- säule agr, oder der Summe dieses Gewichtes und des atmosphärischen Luftdruckes ansteigt. Damit steht ferner in nothwendigem Zusammenhange, dass die Geschwin- digkeit des Wirbels bei ag kleiner sein muss, als an irgend einer andern Stelle. Diese Geschwindigkeit wird nun aber nahezu gleich der des Elementarkanales a2a3a4, " Zi Di 7 m 4. ne Te m U ZU u a Fr BE F2 also in ag etwa gleich v,, in a, gleich v,, und mithin dort wirklich viel kleiner als hier sein. Es lässt sich auch der Mittelpunkt des Wirbels mit einiger Annähe- rung an die Wahrheit bestimmen, und es zeigt sich, dass derselbe viel näher bei a; als bei az liegt. Man sieht hiermit, dass die Veränderung, welche die zwischen den Flüssigkeitstheilchen herrschende Pressung bei ihrem Uebergange von a, nach a; erleidet, nur durch die wir- beinde Bewegung der kleinen Flüssigkeilsmasse agazaz möglich wird, eine Bewegung, welche aber auch durch die Reibung an den ausfliessenden Flüssigkeitstheilchen nmothwendig entstehen, und während der ganzen Zeit des Ausflusses immerwährend erhalten werden muss. 3. Bewegung der Flüssigkeit über die Ueberfallskante. Es bleibt nun noch übrig, die Bewegung und Ge- stalt des Flüssigkeitsstrahles bei seinem Uebertritte über die Ueberfallskante zu bestimmen. Da zu den Grössen, welche zu diesem Zwecke näher untersucht werden müs- sen, namentlich auch die in jeder Zeiteinheit ausfliessende Flüssigkeitsmenge gehört, so wäre es wünschbar, diesen Theil der vorliegenden Betrachtungen mit besonders gros- ser Genauigkeit und Sorgfalt anstellen zu können. Die Bestimmung der Flüssigkeitsmenge selbst kann nun zwar mit einem ziemlich hohen Grade von Genauigkeit ausge- führt werden; dagegen ist es nicht möglich, einige an- dere hier in Betracht kommende Grössen, namentlich die Richtung des Flüssigkeitsstrables unmittelbar über der Ueberfallskante; mit einiger Zuverlässigkeit anzugeben. Ich muss mich daher einstweilen begnügen, im Folgenden ausser der Flüssigkeitsmenge noch die Dicke und Krüm- mung des Flüssigkeitsstrahles in der Nähe der Ueberfalls- in kante anzugeben, und die Bestimmung der übrigen Grös- sen, die man zu kennen wünschen möchte, künftigen ° Untersuchungen vorbehalten. Die verschiedenen, nahe bei der Kante a, befindli- chen Normalflächen haben, je nachdem sie mehr oder minder weit unter oder über dem Wehre sind, sehr ver- schiedene Richtungen, indem sich die unterhalb befind- lichen mehr nach der Seite hin neigen, nach welcher die’ Flüssigkeit hinströmt, die oberhalb befindlichen mehr nach derjenigen, von welcher sie herfliesst. Aus allen diesen Normalflächen wurde zur Untersuchung diejenige aymyaz‘ ausgewählt, deren Richtung am genauesten als eine senk- rechte angesehen werden kann, oder welche so beschaffen ist, dass die durch den Punkt m, an die Normalfläche gezogene Tangente senkrecht steht, und zwar unter der Voraussetzung, dass dieser Punkt die Normalfläche in zwei solche Theile a,m; und a‘, m, zerlege, dass durch dieselben in gleichen Zeiträumen gleiche Flüssigkeits- mengen fliessen. In dieser Normallläche ist nun die Ge- schwindigkeit V, bei a, gleich Y2gh + v2. Um die Geschwindigkeit v’/ irgend eines andern Elementarkanales zu bestimmen, muss wieder die Formel: logı Le dh, sn v‘ Aakı r’ angewendet werden. Da ohne Zweifel die Krümmungs- radien der höher liegenden Elementarkanäle etwas grösser als die der tiefer liegenden sind, so wurde in dieser For- mel für den vorliegenden Fall für r‘ der Ausdruck R; + b/ gesetzt, in welchem :R; den Krümmungshalb- messer des untersten Elementarkanales bei a,, und b/ die Bogenlänge von a; bis zu dem betrachteten Elemen- tarkanale bedeutet. Man erhält alsdann sogleich: ” V4 en ENEr vr Hieraus kann nun leicht die Flüssigkeitsmenge M, die in jeder Sekunde ausfliesst, bestimmt werden, sobald R; und b; bekannt sind. Die Bestimmung des Krümmungs- halbmessers R;, gelingt dadurch, dass man das Verbältniss der Schwere zu der auf die Elementarkanäle wirkenden Zentrifugalkraft berücksichtigt. Nimmt man nämlich an, dass die Normalfläche a; a‘, überall nur wenig von der senkrechten Stellung abweiche, so muss die ganze auf die Elementarkanäle in a,a/, wirkende Schwere nur al- lein von den senkrecht nach oben wirkenden Zentrifu- galkräften dieser Kanäle aufgehuben werden, weil der von Aussen auf die flüssige Masse bei a, ausgeübte Druck ja nur gleich dem Luftdrucke ist. Desshalb muss R; diejenige Grösse erhalten, bei welcher die Summe aller jener Zentrifugalkräfte gleich der auf die Kanäle wir- kenden Schwere ist. Um nun aber auch noch die Dicke a,a’, des Flüs- sigkeitsstrahles, oder die Grösse b,; zu bestimmen, muss ein anderes Prinzip beigezogen werden. Alle diese Be- trachtungen werden nämlich unter der Voraussetzung angestellt. dass die Flüssigkeit in den Beharrungszustand der Bewegung gelangt sei, oder dass die Bewegung in allen Punkten des von der Flüssigkeit angefüllten Rau- mes in allen Beziehungen stets gleich bleibe. Dieser Zustand tritt aber nur dann ein, wenn die Schwere die grösst mögliche mechanische Arbeit auf die in jeder Zeiteinheit von dem Beginne a, a,’ der. Stauung bis zur Ueberfallskante a; a/, strömenden Flüssigkeit ausübt. Die Grösse b; muss daher denjenigen Werth annehmen, für = welchen jene mechanische Arbeit ein Maximum wird. Anstatt bei der Ausführung der hier angedeuteten Rech- b B nungen b; selbst oder = als die Unbekannte anzusehen, u ist es übrigens bequemer, diese letztern Grössen als be- kannt, dagegen aber v, als Unbekannte zu betrachten, wobei das Prinzip, auf das sich die Rechnungen stützen, ganz unverändert bleibt. Folgende Gleichungen sind die Ergebnisse dieser Rechnungen: ayh 7 a a(1 la; Andy 5 bu12 R R,) ER: I) Gl a of logo (1 + 5) 4 2 und wenn Er = v, oder die Tiefe des Kanales im Ver- hältnise zur Tiefe h der Kante unter dem Flüssigkeits- spiegel sehr gross ist: = rr : (- 3 + 117) = 0,5615. Ferner: M—hl2gh.(1 + za) »(' = +) lotm (1+#) Hierzu kommt noch zur Berechnung der Tiefe b, des Kanales: DEU 0 u am — 459 — Wenn man die durch die Reibungen hervorgebrachte Verminderung der Geschwindigkeit berücksichtigt, und sich dahei auf die Untersuchungen von Weisbach stützt, so muss der oben angegebene Werth von b; noch mit 0,962 und der von M mit 0,963 multiplieirt werden. In folgender Tafel sind die numerischen Resultate zusammengestellt, die man durch diese Formeln für ver- schiedene Werthe von “ erhält: 4 460 “ogerı | «87080 “go | « 98970 « 900% | “ 18E7'0 «ogsee | « 8IErO q 909e% | « 18170 > ysa/ly eriv‘o x W a a « y 8084‘0 Te9°‘0 sag2‘0 697°‘0 vers‘0 LEY8‘0 ’q ‚Zungroy ne IqdIspny IM « 68187 “ gyey‘T “ 1198'% “ 9g0LE y 9846% ’q « 2018‘0 ysT8‘0 1267‘0 891r‘0 6C17°0 gsz/y 8897‘0 W « 9089°0 « 0019°0 « 8669°0 « 9869°0 “gr6g‘o y 6689°0 -Zungiay jne Jgaısyony suyg 21700 9970°0 0008°0 0088°0 — 41 — Hieraus ergeben sich nun die wesentlichsten Gesetze, nach denen sich der Ausfluss der Flüssigkeiten bei eincr Ueberfallwehre richtet. > Zunächst muss hervorgehoben werden, dass die nu- merischen Coeficienten von b; und M unabhängig von der absoluten Tiefe des Kanales und der Ueberfallskante sind, und nur von dem Verhältnisse dieser beiden Grös- sen zu einander abhängen; und dass somit die Bewegun- gen der Flüssigkeiten bei geometrisch ähnlichen Kanälen jeder Grösse auch geometrisch ähnlich sind. Ferner zeigt sich, dass die Grösse bj; stets proportional mit der ersten Potenz und M proportional mit der 1'/ Potenz der Tiefe h der Kante unter dem Flüssigkeitsspiegel ist. Dagegen ist der Werth des numerischen Coefficienten der Grössen b, und M für verschiedene Werthe von m oder = etwas verschieden, und zwar so, dass er bei verhältnissmässig sehr grossen Kanaltiefen etwas klei- ner, bei kleinen dagegen etwas grösser ist. Diese, je- doch nicht sehr merkliche Vermehrung des Coefficienten von b; für kleinere Kanaltiefen kommt vorzüglich davon her, dass bei weniger tiefen Kanälen die Geschwindigkeit der Flüssigkeit grösser ist, als bei tieferen, und daher bei jenen der Strahl. in der Gegend von a’, sich nicht so schnell senkt, sondern weiter horizontal herausspringt, und desshalb den Punkt a‘, höher über a; emporhebt. Die bei weniger tiefen Kanälen vorkommende Vermeh- rung des Coefficienten von M kommt dagegen von den beiden Umständen her, dass bei diesen der Querschnitt b, des Strahles und zugleich auch dessen Geschwindigkeit grösser ist als bei tiefen Kanälen. Diese Vermehrung der Coefficienten beginnt indes- sen erst dann merklich zu werden, wenn sich die Tiefe — 162 — b; des Kanales bis etwa auf das Fünffache der Tiefe h der Kante h vermindert hat, indem bei allen tieferen Ka- nälen die Coeffhicienten nur um einige Tausendstel ihres ganzen Werthes von einander abweichen. Wird aber die Tiefe des Kanales noch kleiner als etwa das Fünf- fache der Tiefe h, so nehmen jene Coeflicienten immer schneller zu, bis sie ihren Maximumwerth für den Fall erreicht haben, in welchem b, und h gleich gross sind, oder wo der Kanal ohne ein Wehr in die freie Luft ausmündet. j Es lässt sich die Frage aufwerfen, ob bei einem sehr tiefen Kanale in der That alle Flüssigkeitstheile zum Ausflusse gelangen, oder ob sich nicht etwa bloss die höher liegenden bis zu einer gewissen Tiefe hinunter über die tiefer liegenden wegschieben, diese letztern aber in Ruhe oder in einer schwach wirbelnden Bewegung verharren möchten? Die vorliegende Theorie entscheidet hierüber nichts, und die Frage muss daher als eine un- erledigte angesehen werden; dagegen verdient bemerkt zu werden, dass die oben berechneten numerischen Goef- ficienten auch für den Fall keine merkliche Veränderung erleiden würden, dass die tiefsten Flüssigkeitstheilchen eines sehr tiefen Kanales nicht mehr zum Ausflusse ge- langen würden. 4. Vergleichungen der theorelischen Ergebnisse mit den Erfahrungen. Der Vergleich dieser Ergebnisse mit der Wirklich- keit kann nicht so weit ausgedehnt und mit solcher Si- cherheit angestellt werden, wie es wünschbar wäre; weil, die Versuche, die über den Ausfluss des Wassers bei Wasserfällen angestellt worden sind, theils nicht auf alle in den oben angedeuteten Rechnungen vorkommenden — 463, — Grössen sich erstrecken, theils innerhalb enger Grenzen eingeschlossen sind, und desshalb die extremen, von der Theorie noch behandelten Fälle nicht erreichen; oder weil sie endlich unter Umständen vorgenommen wurden, welche die Ergebnisse veränderten, oder bei den hier angestellten Betrachtungen nicht berücksichtigt werden konnten. Dennoch bestätigen die bekannt gewordenen Erfahrungsresultate mehrere der angeführten theoretischen Ergebnisse auf die erfreulichste Weise. Die durch die Theorie bestimmte Bewegung der Flüssigkeit oberhalb des Wehres von a, bis a, wird im wesentlichsten durch die neuesten Versuche von Boileau vollkommen bestätigt. Er wies nach, dass die ausflies- senden Wassertheilchen von einem gewissen Punkte a, aus in einer hyperbelähnlichen Linie gegen die Ueber- fallskante hinaufsteigen ; dass zwischen diesen Theilchen, dem Boden und der Wand des Wehres ein Winkel be- stehe, dessen einzelne Theilchen niemals zum Ausflusse gelangen; und dass endlich, was zur Bestätigung der theoretischen Resultate namentlich wichtig ist, der hydro- statische Druck an irgend einer Stelle dieses Raumes, bis in die Nähe der Ueberfallskante, also bis in die Ge- gend von ag, gleich dem Gewichte einer Wassersäule sei, deren Höbe gleich dem senkrechten Abstande der betrachteten Stelle vom Punkte a,’ ist. Es folgt hieraus, dass nicht nur die Gestalt des von den Wassertheilchen durchlaufenen Weges, sondern auch ihre Geschwindigkeit sehr nahe mit den Ergebnissen der Theorie übereinstim- men muss. Bei den Versuchen über den frei ausfliessenden Flüs- sigkeitsstrahl a,a‘, wurde fast immer ausschliesslich eine möglichst genaue Bestimmung der Flüssigkeitsmenge M zu erreichen gesucht, weil diese für die praktische Me- — , 44 — chanik von grosser Wichtigkeit ist. In folgender Tafel sind die neuesten Versuche dieser Art, die von Boileau, soweit sie öffentlich bekannt geworden, mit den Ergeb- nissen der Rechnung zusammenstellt. Es muss aber be- merkt werden, das die hier unter Boileau’s Namen an- geführten Zahlen nicht unmittelbar die Ergebnisse seiner Erfahrungen sind, sondern aus einer von ihm aufgestell- ten Formel gewonnen wurden, deren Ergebnisse zwischen ’ den Grenzwerthen a = 7,000 und © — 1,667 mit den Erfahrungsresultaten selbst verglichen wurden, und von denselben innerhalb dieser Grenzen höchstens um 1/50 ihres Werthes bisweilen im einen, bisweilen im anderen Sinne abwichen. b, durch Is h n | durch Rechnung . „ h mit Rücksicht nach Boileau’s auf Reibung. Formel, © , 0,4143 h/2gh | 0,4083 hY2gh 4,3604 | 0,4184 ,„ | 0,4233 , 3,5230 | 04218 „ | 0,4258 » 2,0063 | 0,4357 _ „ | 0,4709 » 0,4586 » 0,5568 -» 1,1285 | 0,5045 » | 0,8810 , u SS -I oO [er] Es ergibt sich aus der Vergleichung dieser Zahl- werthe, dass für tiefe Kanäle die Ergebnisse der Rech- nung mit den von Boileau erhaltenen ziemlich genau übereinstimmen, jedoch etwas grösser als diese letzteren sind; dass aber bei weniger tiefen Kanälen die Ueber- einstimmung nicht mehr so befriedigend ist und die Ab- weichung zugleich im entgegengesetzten Sinne stattfindet, MITTHEILUNGEN NATURFORSHCENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. oN?? 69. 1852. Prof. Deschwanden. — Ueber die Bewegung der Flüssigkeiten bei UVeberfällen. (Schluss.) indem jetzt die Rechnungsergebnisse kleiner als die von Boileau erhaltenen sind. Der wesentlichste Unterschied zwischen den beiden Zahlenreihen besteht aber darin, dass Boileau’s Werthe bei abnehmender Kanaltiefe in ei- nem sehr raschen Verhältnisse zunehmen, und für einen frei in die Luft mündenden und mit keinem Wehre ver- sehenen Kanal sogar unendlich gross werden, während die durch Rechnung erhaltene Zahlenreihe langsamer wächst, und auch in dem zuletzt genannten Falle einen durchaus endlichen, die Ziffer 0,5 nicht weit überstei- genden Werth beibehält. Nach Boileau’s Formel wären also die äussersten Grenzwerthe der Ausflusskoeffhizienten gleich 0,408 und ©; nach meinen Rechnungen 0,414 und 0,5.... Da die Versuche, die Boileau selbst an- gestellt hat, nicht über den oben angegebenen Grenzwerth von . — 1,666 hinausgehen, und für diesen Fall die beiden Zahlenreihen noch keine sehr verschiedenen Werthe darbieten, so sind Boileau’s eigene Erfahrungsresultate hier nicht entscheidend; und da meines Wissens auch 30 — 46 — keine andern zuverlässigen und hierüber entscheidenden Erfahrungen vorliegen, so müssen zur Feststellung einer definitiven Ansicht hierüber weitere Experimente abge- wartet werden. In der Bestimmung einer andern Grösse, nämlich der Geraden rt, ist dagegen durch die Erfahrung grös- sere Vollständigkeit als durch die Theorie erreicht wor- den. Die oben angedeuteten Betrachtungen geben nur die Länge des Bogens a, m, a’, woraus wegen der zu unvollständigen Bestimmung der Lage und Krümmung dieses Bogens kein sicherer Schluss auf die Lage des Punktes t gezogen werden kann. Prof. Raabe, über einige ohne Integrationsver- richtung gewonnene Integräalergebnisse. (Gelesen den 8. December 1851.) Die niedere Arithmetik liefert schon einige Beispiele analogen Inhaltes zu dem hier Mitzutheilenden dar. Wenn z. B. von einer bestimmten ganzen Zahl die Zahl 996 subtrahbirt werden soll, so kann die eigentliche Subtrac- tion dadurch umgangen werden, dass man zum Minuen- dus die Zahl 4 addirt, und hierauf die Ziffer der Tau- sender um eine Einheit verringert. Wenn z. B. ferner eine vorgelegte ganze Zahl durch 25 dividirt werden soll, so kann die eigentliche Division dadurch umgangen werden, dass man den Dividendus mit 4 multiplicirt, und im Ergebnisse die Ziffern der Einheiten und Zehner unterdrückt. — Analog hiemit habe ich einige Integral- bestimmungen, sei es ohne irgend welche Integrations- ne verrichtung, oder auf die höchst einfache Integration von fdx zurück gebracht erhalten, die ich im Vorliegenden mitzutheilen die Ehre habe. I. Das von Poisson behandelte bestimmte Integral: TC f log. (1 + a2 + 2aÜos. x) dx, 0 wo a2 < 1 ist, sei durch f(a) dargestelll, nämlich man selze: 7 f(a) ch log . (1 + a? + 2aCos. x) dx, 0 so hat man, wenn x durch x — x ersetzt wird, auch: 7c f(a) = log. (1 + a? — 2aCos. x) dx; 0 addirt man diese zwei Gleichungen, so ist: 7T 2f(a) -f log (1 + a® — 2a?Cos. 2x) dx; 0 ersetzt man hier 2x durch x, so ist auch: 27 4l(a) nr log (1 + a® — 2a?Cos. x) dx. 0 Zerlegt man dieses bestimmte Integral in eine Summe zweier, das eine von x—=0 bis x = z, und das andere von x = z bis x = 2z; ersetzi man im letztern x durch nz + x, so gelangt man zuletzt auf: 214 A(a) = | log.(1 + a* + 2a?Cos. x) dx, 0 aus der beachtend die Bestimmungsgleichung von fa) fol- gende Functionalgleichung gezogen wird: f(a) = | f(a2). Aus dieser findet man nach und nach folgende Gleich- heiten: — 683 — 1 1 1 1% f(a) = 5 (@2) = = f(a) — 23 f(a3) — b7I f(a16) u. s, w. und zuletzt: f(a) = Sn f(a2”). Da wir hier a2 < 1 angenommen haben, so nähert sich der Ausdruck f(a?") beim beständigen Wachsen von n ohne Ende dem Werthe von f(0); es ist aber nach der Begriffsgleichung f{0) = 0, daher hat man auch f(a) =, d. h. man hat ohne irgend welche Integrationsverrichtung die Bestimmung: TC f log (1 + a? + 2aCos. x) dx = 0 (a) 0 gewonnen, wenn a? < 1 ist, N. Sei ferner der zweite Fall: Ir dx f(a) —1, 1 -+ a? — 2a(0s.x vorgelegt, wo wir über a die einzige Annahme treffen, dass sie nicht der reellen Einheit gleich ist. Durch Zerlegung des bestimmten Integrals gelangt man sehr bald auf: f(fa) = be dx 4 nu. 0 Or @),> o1+2 -— 2aCos. x o 1+ a2 + 2aCos. x’ woraus GyZ2ı+ta) Fi oder auch: dx 1 -+ a® — 23? Cos. 2x ’ Ir dx Be + 2 Kr et ? ), 1 + a* — 22?Cos. x erhalten wird; folglich hat man beachtend die Begriffs- gleichung von f{a) folgende Functionalgleichung: Frey — 469 — (a) = (1 + 3?) f(a2), (1) die auch mit folgender einerlei ist: 1 — a (a) = Z: (a2). (2) Ersetzt man in (1) a durch a?, und führt das Ergebniss in (2) ein, so hat man: I) = 4 a9); @) ersetzt man in (1) a durch a‘, und führt das Ergebniss in (3) ein, so hat man: f(a) = : — a6 „7 1QG°); fährt man in dieser zweimal beschriebenen Weise fort, so gelangt man auf folgende allgemeine Gleichheit: it a +1 f(a) = III f(a?"). Ist nun a reell und numerisch kleiner wie die Einheit, oder ist a eine einfache oder complexe imaginäre Zahl, deren Modul (in der Bedeutung von Cauchy genommen) kleiner wie die Einheit ist; dann hat man, da unter n jede beliebig grosse Zahl, also auch eine unendlich gross werdende gedacht werden kann, die einfache Gleichheit: a) = 45 10). % Ist aber a reell und numerisch grösser wie die Einheit, oder ist es der Modul bei der Annahme eines imaginären Werthes von a, dann hat man zuerst wegen der Begriffs- gleichung von f(a): 1 1 Det: wendet man auf (+) das Ergebniss in (4) an, so gelangt man gegenwärtig auf: — 40 — Man hat also: 14% G)= +, 10), (5) wo das obere Zeichen gilt, wenn a oder der Modul von a< 1 ist, das untere Zeichen aber bei der entgegenge- setzten Ungleichheit Statt findet. Aus der Begriffsgleichung von f(a) ist ferner f(0) - (So: 0 daher hat man bloss mit Zuziehung der einfachen Inte- grationsverrichtung in dieser Gleichung, die auf f(0) = 2x führt, die Integralbestimmung: ” dx h 2x Kram (b) wie auch beachtend die Gleichheit (2), die f(-a) = f(a) giebt: Dr dx Lt 2r N in ir&+a0sx 12 (b‘) Das obere oder untere Zeichen gilt in diesen Ergebnis- sen, je nachdem die reell gedachte Zahl a oder, im Falle sie imaginär ist, ihr Modul kleiner oder grösser als die Einheit ist. III. Als drittes und letztes Beispiel theile ich hier noch eine Differenzialgleichung erster Ordnung mit, de- ren vollständige Integralgleichung ebenfalls ohne irgend welche Integrationsverrichtung erzielt werden kann. Wenn zu einem dreiachsigen Ellipsoid der Gleichung: a a eig (1) en. _ a — wo a, b, c die drei Achsen vorstellen, die die Ungleich- heiten a> b > c eingehen, die sogenannten Krümmungs- curven in irgend einem Punkte hergestellt werden sol- len; dann hat man für die orthogonale Projection dieser Krümmungscurven in die Goordinatenebne der xy folgende Differenzialgleichung erster Ordnung zwischen x und y zu integriren: Axyyı + (® — Ay. — B) yı — 37 — 0, (2) wo zur Abkürzung: 2 b—_ ee a? — b2 A=-n me N ger = (3) gesetzt worden” ist, und y, den Differenzialquotienten - vorstellt.*) Diese Differenzialgleichung (2) ist es, die ich im Folgenden ohne irgend eine Integrationsverrichtung voll- ständig integriren werde. Dividirt man diese Differenzialgleichung durch y,, und differenzirt sie hierauf nach y und x, so gelangt man sehr bald auf: 1 (A En = (xyyg + sy? — y)=Pd, (%) wo y, den zweiten Differenzialquotienten von y nach x repräsentir!. Sieht man nun von dem Faktor dieser Gleichung ab, der den Differenzialquotienten zweiter Ord- nung nicht mitführt, so hat man es mit folgender Dif- ferenzialgleichung zweiter Ordnung zu thun: xyya + ıyı? — yyı = 0. (3) Die Integration dieser kann durch die Bemerkung um- *) Monge, Application de l’analyse ä la geomelrie, pag. 123. — 42 — gangen werden, dass sie, obwohl nur ein einmaliges Differenziationsergebniss der Gleichung (2), gleichwohl von den beiden allgemeinen Constanten A und B, die diese enthält, befreit ist. Es folgt nämlich hieraus, wenn der Gegenstand rein analytisch aufgefasst wird, dass eine von diesen zwei Gonstanten nothwendig eine sogenannte »überflüssige« ist. Wenn daher eine dieser zwei Constanten durch die Null und die andere durch irgend eine allgemeine Con- stante ersetzt wird; dann bietet das Ergebniss eine voll- ständige Integralgleichung unmittelbar vorhergehender Ordnung dieser Differenzialgleichung zweiter Ordnung in (5) dar. Setzen wir sonach in (2): r Ar—=M0.und-B ==:n, wodurch sie in folgende übergeht: 2 — nn). ı — xy =, (6) wo n eine allgemeine CGonstante bedeutet: so ist diese eine vollständige Integralgleichung unmittelbar vorherge- hender Ordnung zu (5); und da sie simultan mit (2) be- steht: so bietet das Eliminalionsergebniss von y, aus den- selben folgende dar: 1 A -x2 2 — ne (n welche die endliche und, weil die allgemeine Constante n mitführend, die vollständige Integralgleichung zu (2) ist. Betreffend den unbeachtet gelassenen Faktor in Glei- chung (4), bemerken wir, dass derselbe der Null gleich gesetzt, wie bekannt, die singuläre Integralauflösung her- beiführt, und dass endlich diese auf die vier von Monge zuerst bemerkten »Ombilies« oder die sogenannten Na- belpunkte führt. — Ma — | Nicht in dem Grade, wie die vorausgeschickten Bei- | ) spiele, kann doch die Bestimmung von |, log. T(x-+ a) dx n etwelchermassen zu den in der Ueberschrift vorliegen- der Mittheilung angedeuteten Fällen gezählt werden, wo T(z) die von Legendre eingeführte Bezeichnung der Func- tion von z ist, welche das Euler’sche Integral zweiter Art werthet. Zur Werthung des erwähnten Integrals lege ich den folgenden bekannten Satz dieser Funciion Gamma zu Grunde: T(na) = Ta) T(a sr a BE T(a + = na 5@R) 2 wo n irgend eine ganze positive Zahl, und a eine all- gemeine posilive Grösse vorstellt. Wird diese Gleichung logarithmisch aufgelöst, und erklärt hiebei n als eine un- endlich grosswerdende Zahl, so gelangt man sofort auf die Gleichung: } +1 17 108. 7 (x) dx @ log. T(?) + (a 50) log. o 1—o 2 + log. 2, wo die unendlichklein werdende Zahl ® gleich n ist. Setzt man folgende Vereinfachungsgleichung fest: y(a) = o log. r(*) +alog.o, (1) so ist die unmittelbar vorher aufgestellte Gleichung auch mit folgender gleichbedeutend: i . pi h, log. T(x + a) dx =; log. 2r + Yl(a). (2) ze Anstalt nun g(a) mit Hülfe der Gleichheit (1) zu ermit- teln, schlage ich gegenwärtig folgenden einfachen Weg ein: — Durch Differenziation der: Gleichheit (2) nach a er- giebt sich: f, Tı(x-+ a) aa 0 T( + a) oder, wenn die Integration linkerhand vollzogen wird: 1 EN die wegen der bekannten Eigenschaft der Function T', nämlich I{1 + a) = ala), in: yı(a) = log a übergeht, die nach einer wirklichen Integration auf y(a) = a log.a — a + Const. führt. Bei der Annahme a = ® gelangt man einerseits aus dieser auf: p(o) — Üonst., und anderseits aus (1) auf p(®) = 0; daher ist 0 — Const. , und man hat: p(a) =alog.a —a; folglich geht die Gleichung (2) über in: 1 fo T(x-+ a) dx =alog.a—a+%log. m, (3) welche Bestimmung für alle reelle Werthe von a Be- stand hat. — 45 — Verzeichniss der im Jahr 1851 für die Biblio- ihek der Gesellschaft eingegangenen Ge- schenke. Von der allgem. schweiz. Gesellschaft für die ge- sammiten Naturwissenschaften. Verhandlungen der Schweizerischen Naturforschenden Gesell- schaft. Vers. 35.. 8. Aarau 1851. Karte der Schweiz. Herausgegeben auf Veranstaltung der Eid- genossenschaft. Blatt 2. 3. 4. 5. 6. 7. 11. 16. 17. 21. fol. Von Hrn. Prof. Kölliker in Würzburg. Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie von C. Th, v. Siebold und A. Kölliker. Bd. I. 4. II. 2. 3. IV. 2. 8. Leipzig 1849 —51. Von Hrn.Prof. Mousson. Lagrange, J. L. Me&canique analylique. 2 v. 4. Paris 1811. Von Hrn. Prof. Nees v. Fsenbeck in Breslau. Nees v. Esenbeck, Dr. C. @., Vergangenheit und Zukunft der K. Leopold. Car. Akademie der Naturforscher. 4. Breslau 1851. Adresse und Bitte der K. Leop. Car. Akademie der Naturforscher an die deutschen Fürsten. 4. 1851. Von Hrn. Obergärtner Regel. Treu, Dr. Ch. J., Plantae selectae Decas I—IV. fol. Norim- bergae 1756. Von Hrn. Prof. Ritter in Genf. Ritter, Elie, M&moire sur la d&terminalion des el&ments de V’or- bite d’une com&le ou d’une planete. 4 Geneve 1851. Von Hrn. C. Schinz, Kaufmann. Scheuchzer, J. J., Icones stirpium ipprimis rariorum ad vivum eoloratae. Centuriae V. 2 v. fol. Mserpt. — MM — Phytanthoza iconographica. Cum explic. J. G. Dieterici. 4 v fol. Ratisbonae 1737—45. Von Hrn. Dr. Prof. Schinz. Rapport de la commission pour iudier le Cre&linisme. 4. Turin 1848. Meyer und Wolf, Taschenbuch der deutschen Vögelkunde. Bd. 3.. 8. Frankfurt 1822. Bullelin de la sociel@ imperiale des naluralistes de Moscou. Annee 1841. 4. Moscou. Agassiz, L., Contribution to the natural history of (he Acalephae of N. America. — — The classification of insects from embryological data. 4. Von Hrn. Schulthess-Schulthess. Andrei, J. H., Charakteristik inländischer Forstbäume und Sträuche. 8. Frankfurt 1790. Von Hrn. J. Siegfried, v.o. m. Bericht über den Bestand und die Wirksamkeit der nalurforsehen- den Gesellschaft in Graubünden. Nr. 1 und 2 nebst Bücher- verzeichniss.. 8. Chur 1826—29. Von Hrn. J. Thurmann in Prunftrult. Thurmann, J., Coup d’oeil sur les (ravaux de la sociele juras- sienne. 8. Porrentruy 1850. Von Hrn. Usteri-Usteri sel. Erben. Audebert, et L. P. Veillot, les oiseaux dores. 2 v. fol. Paris 1802. Von Hrn. Prof. Rud. Wolfin Bern. 32 ällere und neuere mathematische und astronomische Disser- talionen. Schweigger, Dr. J. S. €.. über die Natur der Sonne 8. Halle 1829. RE HE, & ® F - Mi Stampfer, S., die totale Sonnenfinsterniss am 28. Juli 1851. 8 Wien 1851. Drechsler, Dr., Scholien zu Christoph Rudolfs Coss. 8. Dres- den 1851. Encke, J. F., de formulis Dioptrieis. 4. Berolini 1844. Woepke, F., Disquisiliones circa solaria veterum. 4. Berolini 1842. Argelander, F. @. A., de fide Uranometriae Bayeri. 4. Bonnae 1842. Köbel, J., Jacobs-Stab. 4. Frankfurt 1521. Weidler, J. F., de discrimine demonstralionum et constructio- num geom. et mech. 4. Vitembergae 1717. Resume des observalions magn&liques el me&leorologiques failes a Bruxelles en 1843. 4. Bruxelles. Wolf, R., Taschenbuch für Mathematik und Physik. 8. Bern 1852. Studer, Dr. B., Beiträge zur Klimatologie von Bern. 4. Bern 1837. L’Huillier, Discussion generale des doctrines des Polygones et des Polhyedres. 4. Geneve. Herrschel, J. J. W., An account of a series of observalions made for the purpose of determining the difference of the meri- dians of Greenwich and Paris. 4. London 1826. Von Hrn. Prof. Wydlerin Bern. Wydler, H., Die Knospenlage der Blätter. 8. Bern 1850. — — Fragmente zur Kenntniss der Versläubungsfolge der An- theren. 8. Aus der Flora 1851 besonders abgedruckt. Von Hrn. J. M. Ziegler in Winterthur. Ziegler, J. H., Atlas über alle Theile der Erde. Lief. 5. fol. Berlin 1851. Von Hrn. Seminardirektor Zollinger. Moritzi, Systematisches Verzeichniss, der von -H. Zollinger auf Java gesammelten Pflanzen. 8. Solothurn 1845. Zollinger , 12 Aufsätze aus holländischen Zeitschriften. — 48 — Als Tausch für die Mittheilungen hat die Ge- sellschaft im Jahre 1851 folgende Sehrif- ten erhalten. Von der Naturforschenden Gesellschaftin Basel. Bericht über die Verhandlungen der Naturforschenden Gesell- schaft in Basel. Nr. VIII. und IX. 8. Basel 1849. 1850. Von der Physikalischen Gesellschaft in Berlin. Fortschritte der Physik im Jahre 1847. Herausgegeben von der phys. Gesellschaft in Berlin. Jahrg. III. 2. 8. Berlin 1850. Von dem Naturhistorischen Verein der Preuss. Rheinlande zu Bonn. Verhandlungen des Naturhistorischen Vereins der Preussischen Rheinlande und Westphalens. Jahrg. VIH. Pag. 1 — 256. 8. Bonn 1851. Müller, Dr. Jos., Monographie der Petrefacten der Aachener Kreideformation. Abth. 2. 4. Bonn 1851. Vonder Schlesischen Gesellschaft für vaterlän- dische Kulturin Breslau. 38ster Jahresbericht der Schlesischen Gesellschaft für vaterlän- dische Kultur. Jahrg. 1850. 4. Breslau 1851. Vonder Royallrish Academie in Dublin. Proceedings of the Royal Irish Academy. Vol. V. 1. 8. Dub- lin 1851. Von der Finnischen Gesellschaft. Acta societatis scientiarum Fennicae. 4. Helsingforsiae 1849. Von dem physik. Verein in Frankfurt a. M. Jahresbericht des physikalischen Vereins zu Frankfurt am Main. 1848—49. 8. Frankfurt a. M. — 49 — Von der Gesellschaft der Naturwissenschaften zu Freiburg im Breisgau. Beiträge zur rheinischen Naturgeschichte, herausgegeben von der Gesellschaft der Naturwissenschaften zu Freiburg im Breis- gau. Jahrg. I. 1. 8. Freiburg 1849. Von derK&K. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göltingen. Nachrichten von der Georg-Augusis-Universität und der königl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Götlingen. 1850. 8, Göttingen. Von dem geognostisch montanislischen Verein für Inneröstreich in Grätz. Fünfter Bericht des geognostisch-montanistischen Vereins für In- neröstreich. 8. Grätz 1851. Morlot, A. v., Sechs Abhandlungen über die Begehungen im Sommer 1849. 8. 1850. . Von dem Naturwissenschaftlichen Verein in Halle. Jahresbericht des naturwissenschaftlichen Vereins in Halle. Jahr- gang II. IN. 8. Berlin 1850. 1851. Von der Wetterauischen Gesellschaft iin Hanau. Jahresbericht der Wetterauischen Gesellschaft für die gesammle Naturkunde 1847-50. 8. Hanau 1850. VonderSoci&l&dessciencesnaturelles ä Lausanne. Bulletin de la societ@ des sciences naturelles du canton de Vaud. Nr. 22. 8. Lausanne 1850. Catalogue ‚des ouvrages appartenant ä la societe. 8. Lausanne 1850. Observations met6orol. faites A Morges. Nov. 1849 A Nov. 1850 8. Lausanne 1850. Von der Royal astronomial society in London. Memoirs of (he royal astronomial society. Vol. XIX. 4. Lon- don 1851. — 40 — Monthly notices of (he royal astronomical society. Vol. X. Lon- don 1850. Astronomical magnelical and regen ohseryaln made at Greenwich ie 1849. 4. London 1850. Von der Chemical Sociely or London. Quarterly Journal of the chemical ‚Society XI. XII. XIV. XV. 8. London 1851. Von der Geographical Society of London. Journal of (he geographical Society of London. XX. 2. 8. Lon- don 1851. Von der Horticultural Society London. Journal of the horticultural society. Vol. V.2, 3,4 VIL1A, 3, 4 With the list of the membres. 8. London 1850. 1851. Von der Socie&Lt& d’agriculture de Lyon. Annales des sciences physiques et .nalurelles d’agrieullure et d’industrie publ. p. la sociel& royale d’agriculture de Lyon. T. 1. 7. 8. 9. 10. 2e serie 1.2, 8. Lyon 1838—50. Von.der Societ& des naluralistes de Moscou. Bulletin de la societe Imp. des naturalistes de Moscou 1850. 2. 3. 4 1851. 1.2. 8. Moscou 1850. 1851. Von der k. Bayerischen Akademie der Wissen- schaften zu München. Abhandlungen der malhemat.-phys. Classe der k. Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Bd. VI. 1. 4. München 1851. Bulletin der k. Akademie der Wissenschaften. Jahrg. 1850. 4. München 1550. Roth, Dr. J. R., Schilderung der Naturverhältnisse in Süd- Abyssinien. 4. München 1851. (Schluss folgt.) MITTHEILUNGEN DER NATURFORSHCENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. N? yo. Se EEE NE 1852. Als Tausch für die Mittheilungen hat die Ge- sellschaft im Jahre 1851 folgende Sehrif- ten erhalten. (Fortsetzung.) Von der Königl. Böhmischen Gesellschaft der Wis; senschafltlen zu Prag. Abhandlungen der königl. Böhmischen Gesellschaft der Wissen- schaften. Fünfter Folge Bd. 6. 4. Prag 1851. Von dem Zool. mineral. Verein in Regensburg. Korrespondenzblatt des zool. mineralog. Vereins in Regensberg. Jahrg. IV. 1850. 8. Regensburg 1850. Von dem Naturforschenden Verein zu Riga. Korrespondenzblalt des nalurforschenden Vereins zu Riga. Jahrg. IV. 8. Riga 1850. 1851. Icones plantarum novarum per deserta Asiae colleclarum ab A. Lehmann. Fol. Vonderk. Akademie der Wissenschaften in Wien. Sitzungsberichte der k. Akademie der Wissenschaften in Wien. Math. naturw. Classe. 1850. 8. Wien 1850. — — Jahrg. 1851. Bd. VI. 1-5. 8. Wien 1851. . 31 — 482 — Von den Freunden der Natlurwissenschalften in Wien. e% Berichte über die Mitheilungen von Freunden der Nalurwissen- schaften in Wien. Bd. V. VI. 8. Wien 1849—50. » Von derK&K.K.Sternwartein Wien. Annalen der K. K. Sternwarte in Wien. Theil XXIV. N. F. XIV. 4. Wien 1851. Meteorologische Beobachtungen der Wiener Sternwarte in den Jahren 1847 —50. Nebst Uebersicht von dem Jahr 1847. 4. Wien. Von dem zoologisch-botanischen Verein zu Wien. Statulen des zoclogisch - botanischen Vereins zu. Wien. 8. Wien o. J. Von dem Verein für Naturkunde im Herzogthum Nassau in Wiesbaden. Jahrbücher des Vereins für Naturkunde im Herzogthum Nassau. Heft VIL. 1.2.3. 8. ‚Wiesbaden 1851. Von dem Naturwissenschaftlichen Verein von Würtemberg. Würtembergische naturwissenschaftlliche Jahreshefte. Jahrg. VII. 1. 2. 8. Stuttgart 1851. Von der Physik. medizinischen Gesellschaft in Würzburg. Verhandlungen der physikalisch - medizinischen Gesellschaft in Würzburg. Band I. S. 14—22. Band 1. S. 1—5. 8. Erlangen 1851. = u —= Prof. Deschwanden. — Graphische Bestimmung des Ausflusses der Flüssigkeiten durch recht- eckige Oeffnungen, und bei zweiseitiger Kontraktion. Die Bewegung einer flüssigen Masse kann dadurch angenähert richtig bestimmt werden, dass man die Ge- stalt und Geschwindigkeit der einzelnen Flüssigkeitsfäden, oder der von den einzelnen Flüssigkeitstheilchen durch- laufenen Räume untersucht, und dabei die allgemeinen hydrodynamischen Gesetze zu Grunde legt, allein nicht nur auf den Eiufluss der Schwerkraft und der äusseren Pressungen, sondern auch auf die Zentrifugalkraft Rück- sicht nimmt, vermöge welcher die Flüssigkeitstheilchen auf einander drücken, wenn sie sich durch krumme Wege bewegen. In den Nr. 67, 68 und 69 der Mittheilungen der naturforschenden Gesellschaft in Zürich wurden die wichtigsten Ergebnisse zusammengestellt, welche man für die Bewegung. der Flüssigkeiten über einen Ueberfall erhält, wenn man die Gestalt und Geschwindigkeit der Flüssigkeitsfäden durch Rechnung zu bestimmen sucht. Da der Rechnung in vielen Fällen bedeutende Hinder- nisse entgegenstehen, so versuchte ich dasselbe Ziel auch durch graphische Konstruktion zu erreichen. Im folgen- den gebe ich kurz die Grundsätze an, nach denen diese Konstruktionen ausgeführt wurden, sowie die Ergebnisse, welche durch Anwendung .der letzteren auf den Ausfluss von Flüssigkeiten durch rechteckige Oeffnungen und bei zweiseiliger Kontraktion erhalten worden sind. Es ist, wie sich von selbst versteht, nicht zu er- warten, dass die Konstruktion so genaue oder so allge- mein gültige Resultate gewähren werde, wie eine auf analylischem Wege gewonnene Formel; dass jedoch in — 44 — diesem Falle in Ermangelung des Besten auch das min- der Vollkommene einigen Werth habe, dürfte vielleicht aus folgenden Mittheilungen hervorgehen. 1. Konstruktion. Die graphische Aufgabe, welche hier zu lösen ist, besteht darin: diejenige Gestalt der ausfliessenden Flüs- sigkeilsmasse zu verzeichnen, welche den allgemeinen hydrostatischen Gesetzen, und besonders auch dem Ein- flusse entspricht, welchen die einzelnen Flüssigkeitsfäden bei Biegungen durch ihre Zentrifugalkraft auf einander ausüben. Wenn man der ausfliessenden Masse einerseits die Gestalt zu geben sucht, die sie wegen dieser Zentri- fugalkrafi sowie wegen der Einwirkung der Schwerkraft haben muss, welche beiden Kräfte auf die im Innern der flüssigen Masse befindlichen Flüssigkeitstheilchen un- mittelbar einwirken, und andrerseits auch diejenige Ge- stalt, die sie in Folge der von aussen auf sie ausgeübten Pressungen besitzen muss, so lässt sich jene Aufgabe in folgende zwei anderen zerlegen; erstens, die Gestalt zu verzeichnen, welche die ausfliessende Masse wegen der in ihrem Innern, und zweitens diejenige Gestalt zu ver- zeichnen, welche sie wegen der von aussen auf sie wir- kenden Kräfte haben muss. Um die erste dieser Aufgaben zu lösen, wurde vor- züglich folgender, in Nr. 47 der Mittheilungen der na- turforschenden ‚Gesellschaft ‚in, Zürich mitgetheilte Satz benutzt: die Längen derjenigen Stücke zweier. Flüssig- keitsfäden, welche zwischen zwei unmittelbar aufeinander folgenden Normalflächen liegen, sind proportional mit ihren Querschoitten. Für die hier betrachteten Fälle, in welchen die Querschnitte der Flüssigkeitsfäden rechteckig sind und eine ihrer Dimensionen, die Dicke oder Tiefe, stets e — 5 = gleich bleibt, verwandelt sich dieser Satz in folgenden: Die Längen derjenigen ‚Stücke zweier Flüssigkeitsfäden, die zwischen zwei unmittelbar aufeinander folgenden Nor- malflächen liegen, sind ‘proportional mit ihren Breiten. Hieraus folgt wieder, dass sich eine 'bewegte flüssige Masse von gleicher Dicke und mit rechteckigem ' Quer- schnitte durch die Endflächen der Flüssigkeitsfäden und die Normalflächen in lauter Prismen mit unendlichklei- nem: quadratischem Querschnitte und gleicher Höhe zer- legen lässt, woraus sich wieder ergiebt, dass die eine Pro- jektion dieser Masse durch die Projektionen jener Flä- chen in lauter unendlichkleine Quadrate,- die Endflächen jener Prismen, zerlegt werden kann. Eine nähere Aus- einandersetzung hievon findet sich an der oben angeführ- ten Stelle der Mittheilungen u. s. w. Stellt z. B. abe a,b,c, Fig. 2 die in einem Gefässe befindliche und aus demselben ausfliessende Flüssigkeitsmasse vor, und zwar unter der Voraussetzung, dass ‘die senkrecht auf der Zeichnungsfläche stehende Dimension dieser Masse überall gleich gross sei, so besteht mithin.die erste Eigenschaft, welche diese Figur besitzen muss, darin, dass sie sich, ohne dass irgend welche Abfälle entstehen dürfen, in unendlich kleine Quadrate muss zerlegen lassen. Besitzt sie diese Eigenschaft, so entspricht sie den Gesetzen, nach welchen sich die im Innern der flüssigen Masse be- findlichen Flüssigkeitstheilchen bewegen. Um der Gestalt der ausfliessenden Masse auch noch die Eigenschaften zu geben, welche sie wegen der von aussen auf sie einwirkenden Kräfte erhalten soll, muss die Gestalt und Geschwindigkeit der beiden äussersten Flüssigkeitsfäden, oder, wenn diess leichter ist, die Ge- stall und Geschwindigkeit eines der beiden äusseren und eines inneren ermittelt werden. Die Gestalt der äusseren — 46. — Fäden ist vorzüglich von der Umgebung der ausfliessen- den Masse, hier also von der Gestalt des Gefässes und der Grösse und Stellung der Oeffnung abhängig, und kann mit Berücksichtigung derselben leicht angeuähert angegeben werden. Ihre genauere Bestimmung aber ist erst im Verlaufe der Konstruktion möglich. Von einem inneren Faden kann die Gestalt dann leicht angegeben werden, wenn die Gestalt der ganzen Flüssigkeitsmasse eine Axe der Symetrie hat, denn in diesem Falle ist diese Axe selbst einer jener inneren Fäden. Die Ge- schwindigkeit der äussersten Flüssigkeitsfäden an ver- schiedenen Stellen hängt von der senkrechten Entfernung dieser Stellen unter oder über dem Flüssigkeitsspiegel ab, von welchem die ganze flüssige Masse ausgeht, und von den von aussen auf jede einzelne Stelle des Fadens ausgeübten Pressungen, und muss hieraus nach den ge- wöhnlichen hydrodynamischen Gesetzen berechnet werden. Diesem zufolge kann im vorliegenden Falle die Kon- struktion der ausfliessenden Masse auf folgende Art aus- geführt werden. . — 187 — Stellt adb a,d,b, Fig. 1 das Gefäss, und bb, die in der Bodenfläche desselben angebrachte Ausflussöffnung vor, und ist die senkrecht zur Zeichnungsfläche stehende Dimension der Oeffnung gleich derjenigen des Gefässes, so verzeichne man zuerst die beiden äussersten, : oder einen der äusseren und einen seiner Gestalt nach bekann- ten inneren Flüssigkeitsfäden. Man kann sich dabei an die Regel halten, die äussersten Fäden möglichst genau an die Wände des Gefässes anzulegen, in welchen sich die Flüssigkeit bewegt, oder parallel mit diesen Wänden zu machen Beim Ausflusse aus einem Gefässe, dessen Oeffnung in der Mitte der Bodenfläche ist, wie im vor- liegenden Falle, kann man den mittleren Faden als Axe der Symetrie sogleich geradlinig durch die Mitte des Ge- fässes ziehen, wie eo in Fig. 1, während man den äussersten- Faden genau an die Gefässwand adb anlegt, und von b an etwa parallel mit eo nach bc hinzieht. Kleine willkürliche Abänderungen von dieser Art die äussersten Fäden zu zeichnen, haben auf das Endergeb- niss keinen Einfluss, wesshalb auch keine genaueren Re- geln dafür vorgeschrieben zu werden brauchen. Nun sehe man die ganze, zwischen den beiden ver- zeichneten Flüssigkeitsfäden liegende Masse oeadbc als einen einzigen Flüssigkeitsfaden an, und theile ihn durch Normalflächen in lauter Stücke ein, die eine so genau wie möglich quadratische Gestalt haben, wie in Fig. i durch die von m,n,o ausgehenden Linien. Im vorliegen- den Beispiele ist es sehr leicht, ‘diese Theilung mit Ge- nauigkeit auszuführen ; hätte aber die Gefässwand ad eine unregelmässige Gestalt, so könnten diese Quadrate nur mit entfernterer Annäherung bergestellt werden, und man müsste sich dabei’ so verhalten, wie später bei der Kon- struktion angenäherter Quadrate dieser Art angegeben = ME — werden wird. Unter allen Umständen aber kann die Her- stellung dieses Quadratnetzes als die erste, freilich noch sehr entfernte Annäherung zur graphischen Auflösung der gestellten Aufgabe angesehen werden. Wie weit sie noch von der Wahrheit entfernt ist, sieht man, wenn man zur Herstellung der zweiten Annäherung übergeht. Um den zweiten, der Wahrheit schon bedeutend näher stehenden Grad der Annäherung zu erreichen, theile man die ganze, zwischen eo und adbec liegende flüssige Masse nach der Richtung ihrer Bewegung durch die von f in Fig. 1 ausgehende punktirte Linie in zwei Hälften, sehe jede derselben als einen Flüssigkeitsfaden an, und gebe den Grenzlinien dieser Fäden eine solche Gestalt, dass sie sowohl den Gesetzen der im Inneren, als auch denen der von Aussen wirkenden Kräfte ent- sprechen. Man zeichne zu diesem Zwecke zuerst die in Fig. 1 von f ausgehende punktirte Linie, welche die Trennungsfläche der beiden nun angenommenen Flüssig- keitsfäden darstellen soll, und zwar so, dass sie jede der bei der ersten Annäherung erhaltenen quadratischen Fi- guren so genau als möglich in zwei Rechtecke theilt, deren eine Dimension doppelt so gross als die andere ist. Alsdann zeichne man zwischen je zwei bei der er- sten Annäherung gezeichneten Normalflächen noch je eine andere hinein, wie die durch p, q, n.. gehenden punktirten Linien in Fig. 1. Die Gestalt und Richtung dieser Linien muss so sein, dass sie die Linien eo, adc und f normal schneiden, und die durch die Linie f ent- standenen länglichen Rechtecke so genau als möglich in quadratähnliche, theilweise mit krummen Linien begränzte Vierecke zerlegen. Man erhält hierdurch ein Vierecks- netz zweiter Ordnung mit viermal so vielen Vierecken als bei der ersten Annäherung. — 489 — Wäre die erste Zeichnung nun schon nabezu richtig gewesen, so müssten durch dieses zweite, über die Fi- gur geworfene Vierecknetz nur Quadrate, oder von Quadraten: wenig abweichende Vierecke entstehen. Mei- stens ist diess aber nicht der Fall, indem einzelne Vier- ecke der zweiten Ordnung, wie im gegenwärtigen Bei- spiele die bei q und n liegenden, sehr weit von (Juadra- ten abweichen. Um die Annäherung des zweiten Grades zu erreichen, muss daher die ganze Figur so verändert werden, dass sich auch die Vierecke der zweiten Ord- nung so sehr‘ wie möglich Quadraten nähern, oder es muss das Vierecksnetz in ein Quadratnetz verwandelt werden. Dabei kann auf folgende Weise verfahren werden. Da bei dieser Veränderung der äusserste Flüssig- keitsfaden adbe sich von der Gefässwand adb wird ent- fernen müssen, so ist zunächst auszumiltteln, was für "Pressungen er an verschiedenen Stellen wird auszuhalten haben, und. wie gross daher seine Geschwindigkeit an denselben ist, damit daraus die Grösse der auf ihn fal- lenden Seiten der besprochenen Quadrate abgeleitet wer- den kann. Die angenäherte Bestimmung davon ist hier sehr leicht. Wenn z.B. alk Fig. 2 der äusserste Flüs- sigkeitsfaden ist, und die zwischen alk und adb liegende Flüssigkeitsmasse nahezu in Ruhe ist, so wird auf jede Flächeneinheit von alk bei I der Druck hs ausgeübt, wo s das spezifische Gewicht der Flüssigkeit, uh den senkrechten Abstand des Punktes | vom Flüssigkeitsspie- gel aa, bedeutet. Ist nun die Geschwindigkeit der Flüs- sigkeit bei aa, gleich v, und bei I gleich v, so hat man zufolge den gewöhnlichen hydrodynamischen Gesetzen: Yu+n-82= 1 — 4190 — So lange die zwischen alk und adb enthaltene Flüs- sigkeit angenähert in Ruhe ist, ist mithin die Geschwin- digkeit des Flüssigkeitsfadens alk von a bis nahe bei, b gleich gross, und müssen daher auch die an alk an- stossenden Seiten der Quadrate zweiter Ordnung gleich I IR - \ rar 2 gross, und zwar, wie sich bei aa, zeigt, gleich 7, a sein, Nachdem hierdurch die Grösse der an die Linie alk anstossenden Quadrate bestimmt ist, mache man eine neue Zeichnung von dem Vierecknetze zweiter Ordnung, und zwar so, dass man nieht etwa nur ein oder zwei einzelne Vierecke zu verbessern und in Quadrate zu ver- wandeln sucht, sondern man fasse sogleich die ganze Fi- gur mit allen ihren Vierecken in’s Auge, und stelle sich die Veränderungen vor, die mit derselben vorgenommen werden müssen, um die letztern in (Quadrate zu ver- wandeln und dabei die an alk anstossenden Seiten die- ; | ser Quadrate gleich z ae zu machen. Hat man durch = _—_—— - m — diese Ueberlegung eine ungefähre Vorstellung von der richtigen Gestalt des Fadens alk erlangt, so zeichne man sich denselben wie die Linie alk in Fig. 2 hin, trage auf ihr die Seiten kl, Is, .... gleich . ae auf, verzeichne von den Punkten k, I, s... aus die Nor- malflächen kq, Im, sp. .... und alsdann die mittlere, von f ausgehende Grenzlinie der beiden grossen Flüssig- keitsfäden, so dass die auf der einen Seite derselben liegenden Vierecke, etwa die zwischen der Linie f und alk befindlichen, so nahe als möglich eine quadratische Gestalt erhalten. Zeigt sich alsdann, dass unter den sämmtlichen neu entstandenen Vierecken noch solche sind, die von der quadratischen Gestalt wesentlich ab- weichen, so muss die Linie alk etwas verändert, und von ihr aus das Netz auf dieselbe Weise neu gezeichnet werden, wie eben beschrieben worden ist. Auf diesem Wege fährt man mit Veränderungen fort, bis man zu einem möglichst vollkommenen Quadratnetze gelangt ist. Es mag hier passend sein, eine Bemerkung über die Aehnlichkeit der bei diesen Zeichnungen vorkommenden Vierecke mit gewöhnlichen Quadraten zn machen. Es ist aus dem Vorausgegangenen zu ersehen, dass diese Vierecke, wie das ÖQuadrat, sich durch die Flüssig- keitsfäden und Normalflächen in lauter unendlichkleine Quadrate müssen zerlegen lassen, ohne dass Abfälle ent- ‚stehen, und so dass an alle vier Seiten der Vierecke eine gleich grosse Zahl dieser Quadrätchen anstösst. Da- her müssen sich auch die vier Umfangslinien der Vier- ecke, wie die Seiten des Quadrates, normal schneiden, weil sonst bei der Zerlegung in kleinere Quadrate noth- wendig Abfälle entstehen müssten. Dagegen ist keines- wegs nölhig, dass die vier Umfangslinien, wie beim Quadrate, gleich lang oder gerade seien; diess ist im — 492 — Allgemeinen nur dann der Fall, wenn ihre Länge oder Biegung unendlich klein ist. Bei der Ausführung der Zeichnungen ist daher vorzüglich darauf zu sehen, dass sich alle vier Umfangslinien der Vierecke normal schnei- den, und dass die beiden Durchmesser derselben, welche sich in ihrer Mitte treffen und von den Halbirungspunk- ten der Seiten der Vierecke ausgehen, ungefähr gleich gross seien. Zum Unterschiede der gewöhnlichen Qua- drate, Hechtecke u. s. w. könnte man die hier vorkom- menden: Bogenquadrate, Bogenrechtecke u. s. w. nennen. Auf ähnliche Weise wie man durch das Bogenquadrat- netz zweiter Ordnung die zweite Annäherung zur Lösung der Aufgabe erhalten hat, erhält man eine dritte durch Zeichnung eines Quadratnetzes dritter Ordnung. Man zerlegt die ganze flüssige, zwischen eo und ak liegende Masse nun in vier grosse Flüssigkeitsfäden, indem man noch die in Fig. 2 von g und h ausgehenden punktirten Linien zieht, zeichnet die ebenfalls durch punktirte Li- nien angedeuteten Normalflächen, von der Mitte der Bo- gen kl, Is, .... aus, normal zu sämmtlichen von e, 8, f, h, a ausgehenden Linien dazu, und verändert alsdann die ganze Figur so, dass die Vierecke dritter Ordnung die Gestalt von Bogenquadraten erhalten. Auf. diese Weise erhält man die durch die Fig. 3, 4, 5 darge- stellten Zeichnungen. Das Quadratnetz dritter Ordnung gewährt für alle Stellen, an denen die Flüssigkeitsfäden keine sehr star- ken Krümmungen haben, schon eine Genauigkeit, die für die meisten praktischen Zwecke hinreichend ist. Bei der Stelle kb aber, wo starke Krümmungen vorkommen, und zugleich die Geschwindigkeit des Flüssigkeitsfadens akb sich verändert, müssen noch Quadratnetize höherer Ordnungen angewendet werden. Dabei ist zugleich fol- . a gendes zu bemerken. Ist H der Höhenunterschied zwi- schen dem Punkte b und aa,, so ist die Geschwindigkeit des Fadens akb bei b nach den gewöhnlichen hydrody- namischen Gesetzen gleich: V2gH + vi, während sie in den Gegenden von al, bis nahe gegen b hin, gleich: X ist. Der Uebergang der letzten dieser beiden Geschwin- . digkeiten zur ersten kann nun kaum anders geschehen, als so, dass der Faden akb bei k den Gefässboden ganz oder beinahe berührt und hierdurch den Raum alkd von der unmittelbaren Berührung mit der Oeflnung bb, ab- schliesst, dann in einem kleinen Bogen nach b hinüber geht und zwischen sich und dem Gefässboden einen Raum übrig lässt, in welchem sich eine kleine wirbelnde Flüs- sigkeitsmasse befindet, die durch die Verschiedenheit der Pressungen, die sie nach verschiedenen Seiten bin aus- übt, jenen Uebergang möglich macht. Es ist leicht nach- zuweisen, dass die Länge bk dieses Wirbels annähernd in demselben Verhältnisse grösser sein muss als dessen ‘Höhe, wie die Geschwindigkeit /2gH + vi, die bei b stattfindet, grösser ist als die Geschwindigkeit v,, welche zwischen adk herrscht. Wenn .die zwischen alk und adb befindliche Flüs- sigkeitsmasse nicht als ruhend: betrachtet werden darf, welches der Fall ist, wenn. die.Weite bb, der Oeflnung im. Verhältnisse zur Weite aa, des Gefässes ziemlich gross ist, so. bleibt die Geschwindigkeit im Flüssigkeitsfaden alk nicht überall gleich v,, sondern nimmt in der Nähe von k etwas ‚zu, .und: geht dann in die Geschwindigkeit V2gH + v! über, ohne dass jener keine Wirbel nöthig — 49 — ist und ohne dass der Faden alb den Gefässboden vor seinem Eintritte in die Oefluung bb, zu berühren braucht. Die beiden Werthe v, und Y2eH + vi sind übrigens in diesem Falle weniger von einander verschieden als wenn die Oecffuung bb, im Verhältnisse zu aa, klein ist. Die Grösse der Kontraktion des bei bb, austreten- den Flüssigkeitsstrahles kann bestimmt werden, ohne dass man den Strahl bis in eine beträchtliche Entfernung von der Oeffnung fortzusetzen braucht. Sobald nämlich H nicht sehr klein ist, kann die Geschwindigkeit des Flüs- sigkeitsfadens abc bei be als nahe konstant angenommen ‘werden, so lange er sich nicht mehr als etwa um die Weite der Oeffnung von bb, entfernt. Daher fallen auch alle an bc anstossenden Bogenquadrate gleich gross aus und behalten ihre Grösse bis zur vollständigen Kontrak- tion unverändert bei. Da nun an der Stelle, wo diese erfolgt sein wird, auch alle anderen Quadrate dieselbe Grösse haben werden, so erhält man die Breite des voll- kommen kontrasirten Strahles, wenn man so viele Qua- drate von der Grösse der bei bc befindlichen zusammen- setzt als auf die Breite des ganzen Strahles gehen. Es versteht sich von selbst, dass alle diese Kon- struklionen im grossen Massstabe ausgeführt werden müs- sen, wenn sie einige Genauigkeit gewähren sollen, und dass es namentlich nöthig ist, die kleine, aber mit star- ken Krümmungen versehene und wichtige Stelle bei bb, in noch mehr vergrössertem Massstabe als die übrigen Theile besonders zu verzeichnen. Nach denselben Grundsätzen, nach denen der Aus- fluss der Flüssigkeit aus einem Gefässe in dem nun bei- spielsweise behandelten Falle durch Konstruktion bestimmt wird, kann diess auch in andern Fällen geschehen, in- dem man die eigenthümlichen Verhältnisse berücksichtigt, —_— 495 — in denen sich jedesmal namentlich die äussersten Flüssig- keitsfäden befinden. Die Ergebnisse dieser graphischen Behandlungsweise mehrerer Fälle sollen im Folgenden kurz zusammengestellt, und wo möglich mit den Erfah- rungsergebnissen verglichen werden. 2. Ausfluss bei grosser Druckhöhe, wenn die Oeffnung in der Mitte des Gefässbodens ist, und bei verschiedener Gefässweite. Es wird hier angenommen, der Flüssigkeitsspiegel im Gefässe, aus welchem die Flüssigkeit ausfliesst, bleibe stets in der gleichen senkrechten Entfernung über der Oeffnung, indem die ausfliessende Flüssigkeit durch Zu- fluss von aussen stels wieder ersetzt werden soll. Die- ser Zufluss kann von verschiedenen Seiten herkommen, und die Bewegung der ausfliessenden Flüssigkeit ist theil- weise hiervon abhängig. Sie ist z. B. verschieden, wenn die neue Flüssigkeit von der Seite, parallel mit dem Bo- den des Gefässes, oder wenn sie von oben nach dem Spiegel der Flüssigkeit zufliesst. Jenes kömmt in der Anwendung da vor, wo eine flüssige Masse durch einen Kanal nach einer im Boden desselben angebrachten Oefl- nung hinfliesst; das letztere dagegen soll gegenwärtig an- genommen werden. Es wird daher vorausgeselzt, sowie der Flüssigkeitsspiegel aus der ursprünglichen Lage aa, Fig. 3 in eine tiefere hinuntersinkt, werde der über ihm entstehende, von Flüssigkeit entleerte Raum sogleich wieder, durch neue Flüssigkeit his zur Linie aa, ausge- füllt, und diese Flüssigkeit habe schon in dem Augen- blicke, da sie in diesen Raum gelangt, die gleiche Be- wegung, welche die früher durch die Stelle aa, fliessende Flüssigkeit hatte. Es. wird mithin bei dieser Voraus- setzung angenommen, in dem Querschnitte aa,.des Gefäs- ses, und daher auch in jedem andern Querschnitte des- selben , bleibe die einmal vorhandene Bewegung der Flüs- sigkeit unverändert gleich. Konstruirt man unter diesen Voraussetzungen die Flüssigkeitsfäden und Normalflächen so, wie in Abthei- lung 1 dieses Aufsatzes angedeutet worden ist, für eine Oeffnung, deren Breite bb, zwischen = und : der Breite aa, des Gefässes liegt, so erhält man folgende Ergebnisse: | Die äussersten Fäden albe und a,l,b,e,, Fig. 3, liegen zuerst, wenn aa, in beträchtlicher Höhe über dd, ist, ganz nahe an’ den Flüssigkeitswänden ad und a,d, an, und fangen erst dann an sich merklich von densel- ben zu entfernen, wenn sie sich dem Boden bis auf eine Entfernung, die etwa gleich dem Durchmesser des Ge- fässes ist, genähert haben, oder wenn ad nahe gleich aa, MITTHEILUNGEN DER NATURFORSHCENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. No? e 7: 1852. Prof. Deschwanden. — Graphische Bestimmung des Ausflusses der Flüssigkeiten durch recht- eckige Oeffnungen, und bei zweiseitiger Kontraktion. (Fortsetzung. Nr. 2.) geworden ist. Von da an nähern sich die äussersten Fäden den Punkten k und k,, wo sie den Boden berüh- ren, mit immer zunehmender Krümmung. Die Berüh- ; 3 > rungspunkte k und k, selbst liegen etwa um 10 3% bis 1 2 a h h 5 aa, aus einander entfernt, je nachdem die Breite bb, der Oeffnung gleich 2 aa, oder : aa, ist. Die Grösse kk, hängt mithin nicht wesentlich von der Breite bb, der Oefinung ab, so lange dieselbe innert den angegebenen Grenzen bleibt. Von k und k, an gehen die äussersten Fäden in einer Kurve, deren erhabene Seite zuerst nach aussen und dann nach dem Innern der flüssigen Masse hingekehrt ist, über b und b, nach ce und c,, und zwar so, dass genau genommen, die grösste Kontraktion bei ec, erst in sehr grosser Entfernung von bb, eintreten . würde, sehr angenähert aber schon dann eintritt, wenn 32 — 498 — die Entfernungen be und b,c, etwas mehr als die Hälfte - der Breite bb, der Oeffnung betragen. Die zwischen den Bogen bk, b,k, und dem Gefässboden enthaltenen Räume erhalten ‘eine, einer sehr langen und schmalen Eilinie sich annähernde Gestalt, jedoch mit -schärferer Zuspi- tzung an den beiden Enden der grossen Axe, die annä- hernd, gleich bk, b,k, ist. Die kleine Axe ist sowohl absolut, als im Verhältniss zur grossen Axe etwas grösser bei kleinen und etwas kleiner bei grossen Oeffnungen. Die Normalflächen sind bei aa, beinahe horizontale Ebenen, krümmen sich um so mehr, je mehr sie sich der Oeffnung nähern, und erhalten bei k und b eine solche ellipsenähnliche Gestalt, dass für bb, = 2 P aa, das Verhältniss qt: kt = 0,75 und nt: bt = 0,51, und für , bby= er = 0,40 wird. Der Kontraktionskoeflizient, oder das Verhältniss der Breite ce, des kontrabirten Strahles zur Breite bb, der Ocffnung ist für die grösseren Oeffnungen schr nahe aa, das Verhältniss gt: kt = 1 und nt : bt 4 # : 6 oder 0,67 und für kleinere Oeffnungen etwas grösser. Da aber die Zeichnung für kleinere Oeffnungen weniger zuverlässig ist als für grössere, so kann für Oeflnungen, EINEN! Di au. 1 deren Weite BTE bis 5 der Gefässweite ist, zufolge dieser Konstruktion 0,67 als Kontraktionskoelfizient angenom- men werden. Wenn die Breite bb, der Oeffnung, wie in Fig. 4, h 1 £ . grösser wird als 5 33, so ändert sich die Gestalt der äussersten Fäden sowie die der Normalflächen, und in Folge dessen auch die Grösse des Kontraktionskoeffizien- ten. Die Fäden ak, a,k, nähern sich mehr der gerad- linigen Gestalt, behalten aber zuerst bei k und k, noch eine scharfe Krümmung bei, und treten dann bei b und b, aus der Oeflnung, indem sie den Gefässboden um so näher normal schneiden, je grösser die Oeffnung wird. Die Berührungspunkte kk, selbst rücken immer näher zu den Rändern bb, der Oeffnung, bis sie endlich so nahe zu denselben verlegt werden müssten, dass die Kon- struktion jener Quadrate, von denen in Nr. 1 die Rede war, unmöglich wird. Diess ist der Fall, wenn bb, etwa gleich 0,41. aa, ist. Wird bb, noch grösser, so wird man genöthigt, die äussersten Fäden ab und a,b, von a und a, aus zur Oeffnung hinzuführen, ohne sie vorher den Boden des Gefässes berühren zu lassen. Dieser unmittelbare Uebergang von a nach b kann unter diesen Umständen aber auch desshalb leichter stattfinden, weil der Unterschied in der Geschwindigkeit der äussersten — 50 — Fäden bei den Punkten aa, und bb, bei weitem nicht mehr so gross ist, wie bei kleinen Oeflnungen,, und weil wegen der stärkeren Bewegung der zwischen ab, a,b, und adb, a,d,b, eingeschlossenen Flüssigkeitsmasse auch die Annahme nicht mehr streng festgehalten werden kann, dass die Geschwindigkeit der äussersten Fäden von a und a, bis zu den Punkten, in denen sie zum ersten Male den Gefässboden treffen, gleich gross sein müsse. Die -Normalflächen erhalten eine um so schwächere Krümmung, je grösser die Oeflnung wird. Wenn bb, = 0,41 ..aa, ist, so ist das Verhältniss nt: bt = 0,39, und wenn bb, = 0,75 .. aa, ist, so hat man nt: bt = 0,18. Die Kontraktion wird ebenfalls in dem Maasse klei- ner, je grösser die Oeffnung im Verhältnisse zur Gefäss- weite wird. Ist bb, = 0,41. aa,, so wird der Kontrak- tionskoeffizient nahe 0,72, und für bb, = 0,75.aa, steigt er auf 0,85. Würde endlich die Oeflnung gleich der Bodenwand werden, so erhielten die Flüssigkeitsfä- den eine geradlinige und die Normalflächen eine ebene Gestalt, und der Kontraktionskoefficient würde bis auf 1 steigen. Zur Vergleichung dieser Ergebnisse der Konstruk- tion mit der Erfahrung mögen hier die eben angeführten Kontraktionskoeflizienten neben diejenigen gestellt wer- den, welche sich aus den von Weisbach für die „unvoll- kommene Kontraktion“ aufgestellten und mit den Ergeb- nissen seiner Versuche in Einklang gebrachten Tabellen ergeben. bb, mel. 0,066 02 04 0,75 1,00 aa, Ausfl.koeff. n. Weisbach 0,62 0,63 0,68 0,80 0.96 Kontr.koeff. n. d. Konst. 0,67 0,67 0,72 0,35 1,00 — EU — Es ergiebt sich hieraus, dass die durch Konstruktion gefundenen Werthe der Kontraktionskoeflizienten sich auf ganz ähnliche Weise verändern, wie die durch Versuche bestimmten. Wenn man ferner bedenkt, dass die nach Weisbach bestimmten Koeffizienten sich auf vollständige, auf allen vier Seiten stattfindende Kontraktion beziehen, und dass mit ihnen auch noch der Geschwindigkeitsk oef- fizient verbunden ist, während die durch Konstruktion erhaltenen sich nur auf zweiseitige Kontraktion beziehen und keinen Geschwindigkeitskoeffizienten einschliessen , so wird man bemerken, dass auch der absolute Werth der letzteren dem der ersteren sehr nahe kömmt, wenn man dieselben genau auf den hier betrachteten Fall zu- rückführt. 3. Ausfluss durch Oeffnungen mit keilförmi- ger Gestalt und mit einspringendem Rande. Beim Ausflusse durch kreisrunde Oeflnungen und bei allseitiger Kontraktion wird bekanntlich der Ausfluss- koefficient dadnrch verändert, dass man an dem Rande der Oellfnung nach aussen oder nach innen gekehrte An- satzröhren von kegelförmiger oder zylindrischer Gestalt anbringt. Durch auswärts gekehrte Ansatzröhren wird dieser Koefficient vergrösserl, durch einwärts gekehrte dagegen verkleinert. Um den Ausfluss auch bei zweisei- tiger Kontraktion unter Umständen zu betrachten, welche den eben angeführten möglichst ähnlich sind, denke man sich an die Ränder der viereckigen Oeffnungen, welche nun angenommen werden, zuerst keilförmige nach aussen gekehrte und dann prismatische, nach innen gekehrte Ansätze an den Oeffnungen angebracht, und zwar so, dass zwei parallele Wände dieser Ansätze in die Ver- längerung zweier gegenüberstehender Gefässwände fallen. Die Betrachtung des Ausflusses durch keilförmige, nach aussen gekehrte Ansatzröhren bietet uns keine Er- gebnisse dar, welche nicht schon zum voraus vermuthet werden könnten. Vom Flüssigkeitsspiegel an ziehen sich die Flüssigkeitsfäden nach dem Rande der im Gefässbo- den befindlichen Oeffnung ganz auf dieselbe Weise, wie wenn keine Ansatzröhre vorhanden wäre, und wie durch die Figuren 3 und 4 dargestellt ist. Beim Durchgange durch diese Oeffnung erleidet der Flüssigkeitsstrahl eine Kontraktion, bildet dadurch zwischen sich und den Wän- den der keilförmigen Ansatzröhre zu beiden Seiten zwei längliche Räume, welche mit wirbelnder Flüssigkeit aus- gefüllt sind, schmiegt sich nachher allmälig an diese Wände an und.entfernt sich erst in der Nähe ihres untern Ran- des wieder ein wenig von ihnen, um den Rand selbst beim endlichen Ausflusse wieder zu berühren, und somit unmittelbar vor demselben zwei ähnliche Räume mit wir- belnder Flüssigkeit zu bilden, wie beim Ausflusse obne Ansatzröhre an den Stellen bk, b,k, in Fig. 3. Der einzige Unterschied zwischen dem Ausflusse durch den Rand der Ansatzröhre und durch den Rand der Oeffnung ohne Ansatzröhre besteht darin, dass die äussersten Flüs- sigkeitsfäden im ersten Falle weniger stark konvergiren als im letzten. Diese Konvergenz, und mit ihr die Kon- traktion des Strahles, wird ausserdem um so kleiner, je kleiner der'‚Winkel ist, den die beiden schiefstehenden Seitenwände der Ansatzröhre zwischen sich bilden, und verschwindet beinahe ganz, wenn dieser Winkel bis auf einige..Grade heruntergesunken ist. Der Konvergenzwin- kel der beiden äussersten Flüssigkeitsfäden bei ihrem Aus- tritte aus der keilföormigen Ansatzröhre ist überhaupt ıim- — 503 — mer etwas kleiner als der Konvergenzwinkel der Wände dieser Röhre selbst. Der Ausflusskoeflizient nimmt daher zufolge der Zeichnung von 0,67 bis 1,00 zu, wenn der Konvergenzwinkel der Ansatzröhre von 180° bis zu 0° abnimmt, erreicht aber seinen grössten Werth 1,00 schon bevor dieser Winkel ganz auf O0 heruntergesunken ist. Etwas mehr Verschiedenheit im Vergleiche mit den bisher behandelten Fällen bietet der Ausfluss durch eine Oelfnung mit einspringender Ansatzröhre oder mit ein- gestülptem Raude dar. Macht man wieder die für nicht sehr grosse Oeffnungen angenähert richtige Voraussetzung, dass die Flüssigkeit in den Ecken des Gefässes nahezu in Ruhe bleibe, so kann die Gestalt der ausfliessenden Flüssigkeitsfäden und Normalllächen, oder das Quadrat- netz für diesen Fall auf folgende Weise gezeichnet wer- den. Der durch die Mitte der Oeflnung gehende Flüs- sigkeitsfaden ist eine gerade senkrechte Linie. Um einen der beiden äussersten Fäden zu finden, zeichne man eine krumme Linie, welche eine der beiden senkrechten Ge- fässwände beim Flüssigkeitsspiegel berührt und sich dann allmälig der Mitte des Gefässes nähert, dabei bis uuler den Rand der Oeflnung hinabsteigt, dann sich wieder et- was erhebt und die einspringende Ansatzröhre etwas un- ter ihrem Dande berührt, und endlich in einem Bogen über diesen Rand durch die Ansatzröhre ausser das Ge- fäss tritt. Um nun das Quadratnetz erster Ordnung zu erhalten, trage man vom Berührungspunkte dieser Linie mit der Ansatzröhre an, nach der Richtung gegen den Flüssigkeitsspiegel hin Theile auf derselben auf, welche so lange als die halbe Weite des Gefässes sind, und ziehe durch die Theilpunkte krumme Livien, welche sowohl die nun beschriebene Linie als den mittleren geradlinigen Flüssigkeitsfaden normal schneiden. Wären nun die zwi- — 504 — schen allen diesen Linien entstehenden viereckigen Figu- ren Bogenquadrate, so würde jene zuerst beschriebene Linie bereits der äusserste noch ausfliessende Flüssigkeits- faden sein; sind aber diese Figuren keine Bogenquadrate, sondern nur mehr oder minder längliche Bogenrechtecke, so muss jene, den äussersten Flüssigkeitsfaden darstel- lende Linie so lange verändert werden, bis man durch die auf die angegebene Weise ausgeführten Normallinien Bogenquadrate erhält. Ist diese erste Annäherung erreicht, so kann das Quadratnetz zweiter Ordnung dadurch verzeichnet wer- den, dass man auf den äussersten Flüssigkeitsfaden Theile aufträgt, deren Länge nur gleich der Hälfte der halben Gefässweite ist, von den Theilpunkten aus Normallinien wie vorbin zieht, und einen zweiten Flüssigkeitsfaden zeichnet, der zwischen dem ersten und diesen Normal- linien Bogenquadrate abschneidet. Wäre der erste Flüs- sigkeitsfaden richtig, so müssten nun auch die zwischen dem zweiten und dem geradlinigen mittleren Faden ent- stehenden Figuren Bogenquadrate sein. Sind sie diess nicht, se muss der äusserste Flüssigkeitsfaden so lange abgeändert werden, bis durch die angegebene Konstruk- tion die ganze Figur in lauter solche Quadrate eingetheilt wird. Hat man ausserdem auch den aus der Oeffnung heraustretenden Theil des Flüssigkeitsstrahles auf ähnliche Weise behandelt, so ist damit das Quadratnetz der zwei- ten Ordnung vollendet, und die Annäherung des zweiten Grades erreicht. Auf ähnliche Weise können die Quadratnetze der folgenden Ordnungen erhalten werden; es ist übrigens nur in der Nähe der Oeffnung nöthig, weiter als bis zur dritten Ordnung fortzuschreiten. Durch diese Konstruktionen erhält man nun für den — 505 — Ausfluss der Flüssigkeit durch einwärts gekehrte Ansatz- röhren folgende Ergebnisse: Der äusserste, noch ausfliessende Flüssigkeitsfaden steigt vom Flüssigkeitsspiegel an, wo er die Gefässwand berührt, nur bis um eine kleine Grösse unter den Rand der Ausflussröhre hinunter, und zwar um so tiefer, je grösser die Weite des Gefässes im Verhältniss zur Weite der Austlussöffnung ist. Ist dieses Verhältniss ziemlich gross, z. B. etwa grösser als fünf, so berührt dann der äusserste Flüssigkeitsfaden die Ausflussröhre in einer sehr kleinen Entfernung unter ihrem Rande, und tritt alsdann über denselben aus; nähert sich jenes Verhältniss dage- gen der Einheit mehr, so ist eine solche Berührung vor dem Austritte nicht mehr möglich. Es folgt hieraus, dass nach dieser Konstruktion fast die ganze, zwischen dem Boden des Gefässes und dem Rande der Ausflussröhre liegende Flüssigkeitsmasse nicht zum Ausflusse kömmt, sondern nur eine wirbelnde Bewegung annimmt, die um so rascher ist, je grösser die Ausilussöffnung im Verhält- "nisse zur Gefässweite ist. Die Länge der einspringenden Ausflussröbre hat dabei keinen Einfluss auf die Bewegung der ausfliessenden Flüssigkeit, sobald sie nicht so kurz st, dass der äusserste Flüssigkeitsfaden den Gefässboden berührt, und nicht so lange, dass sich die Flüssigkeit nach ihrem Uebertritt über den Rand der Röhre wieder an dieselbe anhängt. Die Kontraktion des Strahles unterscheidet sich von den in den Fig. 3 und 4 verzeichneten Kontraktionen nur durch ihre Grösse, nicht aber durch ihre Art. Das Ver- hältniss des kontrahirten Strahles zum Durchmesser der Oefinung, oder der Ausflusskoeffizient zufolge der Zeich- nung, ist nämlich nahe gleich: 0,52. Sowohl durch jene zu starke Verkürzung, als durch die zu grosse Verlängerung der Ansatzröhre, sowie auch durch Verminderung des Verhältnisses der Gefässweite zur Röhrenweite unter die Zahl fünf wird die Kontrak- tion vermindert, mithin der Kontraktionskoeffizient ver- grössert. Der angeführte Koeffizient stimmt bekanntlich mit den Erfahrungsergebnissen, die über diesen Fall bekannt gemacht worden sind, sehr nahe überein. Dr. A. Escher v. d.L. — Ueber die Bildungs- weise der Landzunge von Hurden im Zü« richsee. Es ist den Topographen und den Geognosten längst schon aufgefallen, dass die Halbinsel von Bäch, die In- seln Ufenau und Lützelau und das Schloss Rapperschweil in Einer Linie liegen; diese Richtung stimmt überein mit dem in der ganzen Gegend herrschenden Streichen von h.6 der aufgerichteten Molasseschichten, und die Unter- suchung zeigt, dass die Ulfenau aus Stücken zweier nörd- lich eingesenkter durch ein\ Längenthälchen getrenhter Nagelfluhriffe besteht; cie Verlängerung des nördlichen Riffs bildet den nördlichen Theil der sonst flachen Insel Lützelau; in der weitern nordöstlichen Verlängerung er- hebt sich der aus gleicher Nagelfluh bestehende Schloss- berg von Rapperschweil; an der Halbinsel von Bäch be- deckt Sand und Schlamm: das in der Tiefe ohne Zweifel anstehende Gestein. Diese vier Punkte stellen sich also dar als Stücke eines bei der Erhebung der Schichten vermuthlich mehrfach zerspaltenen Felsrifls. — 507. — Bei diesem innigen Zusammenhang der Streichlinie der Schichten mit der jetzigen Gestalt der Oberfläche erschien um so räthselhafter das Dasein und die Gestalt der nahen Halbinsel von Hurden, von deren Ostende die bekannte zwanzig Minuten lange Rapperschweiler- brücke quer über den Zürichsee hinführt, So weit die ungefähr 50—60 Fuss über den See ansteigende Oberfläche der Landzunge und ihr Inneres aufgedeckt ist, zeigen sich bloss Grien und Sand, zum Theil unter 20 —40° Neigung ostwärts dem obern Zürichsee zufal- lend, und Fündlinge, nirgends aber anstehende Molasse- schichten, gegen welche diess Material hätte angeschwemmt werden können; auch die Richtung stimmt mit derjeni- gen von Bäch - Rapperschweil nicht überein, sie geht fast von Süd nach Nord, ist nicht geradlinig, sondern viel- mehr etwas bogenförmig, und es lässt sich durchaus kein Zusammenbang zwischen ihr und der in der Gegend herr- schenden Streichlinie der Molasse- Schichten auffinden. Trifft sich’s aber, dass man bei niederem Seestande von Rapperschweil aus über die Brücke geht, so sieht man NW. ven der steinernen Kapelle, die einige hundert Fuss von der Stadt entfernt und im See fundamentirt ist, eine Menge grosser Steine im See liegen, von de- nen aus ein fast zusammenhängender Streifen, bei höherm Wasser ebenfalls unter Wasser befindlichen, Landes sich einerseits in die Gegend zunächst südlich von Rapper- schweil, anderseits gegen den nördlichen Theil von Hur- den hinzieht. Die Blöcke im, See sind nicht, wie man beim Blick von der Brücke aus vermuthen könnte, Bruch- stücke von Molasse-Gesteinen der Umgegend, sondern es sind Fündlinge, die in unzähliger Menge sich gegen Hur- den hin erstrecken; ihre Mehrzahl besteht aus verschie- denen Abänderungen von Sernfconglomerat (Verrucano) — 508 — und solchen Kalkarten, die in Glarus und am Wallensee zunächst auf dem Sernfeonglomerat aufliegen ; der west- lichste dieser Blöcke, der Leuenstein genannt, erhebt sich wenigstens 8—9 Fuss über den Boden, ist 10—13 Fuss lang und breit, und stimmt überein mit Neocomien- Abänderungen des Glärnisch; an der nördlichen Abda- chung der Halbinsel ragen ebenfalls mehrere 4 bis 6 Fuss lange Sernfblöcke aus dem Schlammboden hervor, und ähnliche zu Mauern gebrauchte beweisen, dass einst ihrer viele bier herum lagen ; verfolgt man dann die Höhe der bei Hurden etwa so gestalteten Landzunge, so sieht man sowohl auf diesem Kamme als an seinen Abhängen hie und da Findlinge ausragen, deren einer, aus Alpinem Neocomien bestehend, bei 9 Fuss lang ist und 4 Fuss hoch aus dem Boden ausragl; weiter südwärts verbreitert sich dieser Kamm und verläuft endlich noch nördlich von der Altendorf- Pfäfliker Strasse in die dortige flache Gegend. Auch süd- wärts zwischen Hurden und der Kapelle auf der Brücke sieht man im Seeboden zahlreiche kantige 1—3 Fuss lange Steinstücke, viele aus Sernfeonglomerat bestehend. Bei der Uebersicht der Gegend von einem geeigne- ten Standpunkte aus, oder besser noch auf der neuen Generalstabskarte, tritt klar vor Augen, dass diese Land- zunge von Hurden sammt den zahllosen im See befind- lichen Blöcken zusammen einen bogenförmigen Wall bil- det, dessen Nord-Ost-Ende am Seeufer südlich von Rap- perschweil durch die Sernfblöcke bezeichnet ist, aus de- nen die Ufermauern gerade in der Gegend aufgeführt — 509 — sind, in welche die verlängerte Richtung des Wäalles trifft ; die ziemlich wagrecht abgesprengte Oberfläche ei- ner dieser Blöcke misst etwa 70 Quadratfuss; ein ähn- licher Block mag das Fundament der Kapelle auf der Brücke bilden; diese selbst: ist, wie aus dem Gesagten hervorgeht, grossentheils längs dem südlichen Saume des Walls angelegt, indem es ohne Zweifel leichter war, die Pfähle in den allmälig daran angeschwemmten Schlamm- boden als zwischen den Blöcken hindurch einzurammeln. Dieser bogenförmige Blockwall gehört also zu denjeni- gen Erscheinungen, welche nebst der Spitzwinkligkeit der Marschrouten der Fündlinge im höchsten Grade für die Richtigkeit der Ansicht sprechen, dass die Fündlinge auf Gletschern in unsere Gegenden gelangt seien. Dieser Blockwall von Rapperschweil, der fünfte derjenigen, welche von Baden herauf gerechnet das Limmatthal der Quere nach durchziehn, hilft auch den Hiatus ausfüllen, welcher der Annahme des Transports der Fündlinge durch Gletscher entgegen gestellt worden ist; er bildet nämlich nach seiner geographischen Lage, nebst dem freilich nicht so schön aufgedeckten Wall zwischen Schübelbach und Tuggen, den Uebergang zwischen den nicht mehr be- strittenen Wirkungen alter Gletscher im eigentlichen Al- pengebiete und den völlig analogen Erscheinungen der ebenen Schweiz. Hemerkungen zum beiliegenden Blockkärtchen. Dieses Kärtchen*) kann bei der Kleinheit des Maas- stabs und dem Mangel an Lokalkenntniss des Verfassers *) Es sind dafür ausser des Verfassers und seines Valers Beobachtungen benutzt worden die Arbeiten von: _— Wu — in der westlichen Schweiz bloss den Zweck haben, eine ungefähre Uebersicht zu geben von der Vertheilung der Blöcke verschiedener Stammgebiete, des Weges einiger Blöcke von genau ermitteltem Stammort und der so häu-' figen moränenarligen Disposition der Blöcke in der ebe- nen Schweiz; von letzterer sind in den östlichen Gebie- ten bloss einige der klarsten und auffallendsten Beispiele verzeichnet , weit zahlreichere, wenn auch ebenfalls deut- liche unberücksichtigt geblieben, um der Klarheit nicht allzusehr Eintrag zu thun. Auch die Unterscheidung der im Arve-, Rhone-, Linth- und Rhein- Gebiet so auffäl- ligen, mit der Gletschertheorie vollkommen übereinstim- menden Vertheilungsweise der verschiedenen Steinarten, welche in Einem Stammgebiete vorkommen, mussten der Schwierigkeit der Ausführung wegen unterbleiben. . In Bezug auf die gewählten Grenzen zwischen den verschiedenen Blockgebieten mag bemerkt werden: 1) Dass das ganze Wallenstattertbal bis Weesen hinab mit Einschluss der Westgehänge des Speers zum Rheingebiet gezählt worden ist, weil sehr zahlreiche, ganz unzweifelhafte Rheinblöcke, die bestimmt durchs Thal von Sargans und nicht oben durch Glarus hinabge- gangen sind, unterhalb Weesen sich bis über Zürich bin- aus vorfinden, sämmtliche aus dem Wallenstatterthal stam- L. v. Buch in Abh. d. Berliner Ak. 1811. B. Studer, Monographie der Molasse, Bern 1825, und des- sen mündliche Mittheilungen. J. de Charpentier Essai sur les Glaciers et le terrain errali- que du bassin du Rhöne. Lausanne 1841. Becker de Saussure Etudes g&ologiques dans les Alpes. Pa- ris 1841, A. Guyot, Abhandlungen im Bull. de la soc, d’hist, nat. de Neuchätel, 1846 und 1847. mende Blöcke also mit wenigstens ebenso viel Recht der Rhein- als der Linth- Ueberschüttung zugelheilt werden können. Aus dem angegebenen Verhalten der Rheinblöcke und der Gleichheit der (sesteine des Wallenstatterthales mit den meisten des Kantons Glarus folgt von selbst, dass eine scharfe Grenze zwischen den Rhein- und Linthblö- cken nicht gezogen werden kann; es ist diess um so un- möglicher, als selbst in den nächsten Umgebungen von Zürich, namentlich im Limmatthale, nicht wenige Geschiebe von Julier- uud Albula-Granit sich finden, deren Trans- portweise wohl ohne Zweifel dieselbe gewesen ist, wie die der grossen Blöcke. Die Grenze musste daher trotz der grossen Sorgfalt, die früher auf ihre Ausmittlung verwendet worden ist, ganz willkürlich gezogen werden. 2) Auch die zwischen dem Linth- und Reuss-Ge- biet befindliche Grenze ist nur als die ungefähre Mittel- linie der Vereinigungszone der beiden Gebiete zu betrach- ten, indem einerseits unzweifelhafte Linthblöcke bis ins Reppischthal (westlich vom Albis) und bis an den Hasen- berg hinauf reichen, anderseits Gottharder Granite über den Albisrücken (auf der Hochwache selbst ein Gottharder Syenit und Schächenthaler- Flyschsandstein) gegen das Sihlthal und sehr viele ähnliche, begleitet von Kalk- und Nagelfluhblöcken theils durchs Reppischthal, theils über die Mutischelle ob Bremgarten bis ans rechtseitige Ge- hänge des Limmatthals vorgedrungen sind; selbst ein ei- gentlicher meist aus Blöcken von Gotthard-Granit beste- hender Wall findet sich nahe südlich von Dietikon. Auf der Karte ist ein Theil dieser Vereinigungszone, so weit es thunlich war, durch doppelte Schraffirung angedeutet. Die bedeutende Breite dieser Zone, sowie das Vor- herrschen von Rheingeschieben in den Geröllmassen — 512 — des Pfäffiker- und Greifenseethales und ibr nicht seltenes Vorkommen imLimmatthale,, lassen sich vielleicht auf ähnliche Weise deuten, wie A. Guyot die enorme. Ver- breitang der Wäalliserblöcke zu erklären versucht hat. Ist der Transport alles dieses Steinmaterials durch Glet- scher erfolgt, so musste in der ‘Periode des höchsten Gletscherstandes derjenige Theil des Rheingletschers, der sich durchs Wallenseethal hinab zog, den Lintbgletscher westwärts drücken, und dieser mag damals seine grösste westliche Ausdehnung gehabt haben; in diese Periode mag die Ablagerung der zahllosen Sernfeonglomerat- und anderer Linthblöcke gefallen sein, welche sich im Thale von Einsiedeln und Altmatt finden und dann dem Kamm der hohen Rhone entlang, merkwürdiger Weise ohne Beimischung von charakteristischen Reussblöcken,, bis in die Nähe von Baar vordringen. Als dann später der Rheingletscher sich zu vermindern begann, wird der Linthgletscher sich ostwärts verbreitert, den grössten Theil des südöstlichen Zürichgebiets eingenommen und in Folge mehrfacher Schwankungen seines Standes die ausge- zeichneten jetzt hier sichtbaren Blockwälle gebildet ha- ben, deren Materialien nun auch der Lage der Stamm- orte in ähnlicher Weise entsprechen, wie es bei den Mo- ränen der jetzigen Gletscher der Fall ist. Mit dieser Annahme stimmt die Thatsache, dass die Rheingebirgsar- ten sich im Limmat-, Greifensee- und Pfäffikerseethal vorzugsweise in den Geröllmassen finden, auf welchen die grossen Blöcke aufliegen und deren Ablagerung ohne Zweifel im Allgemeinen früher erfolgt ist als die der Blöcke. In Folge dieser östlichern Richtung des Linth- gleischers mag auch die des Reussgletschers etwas östli- cher geworden sein, und es ist vielleicht damals der oben angeführte Wall von Granitblöcken südlich von Dietikon T mmegsstadt B A 5 A I ne DER ‚ALPEN- FÜNDLINGE. Gıramı ums \ Ye ? £ Scheiben Re { x {? Lorrach 2 “ Y g" a7 ) rt ER, z ( genen: Z wei Er Tr. & Fa A Fri „I 1 FR a wur eltznkanden /B/a sel _ AARAU . ® N) lernorit , L — PRZSRITT x 29, Mi der Pr 7 2 ir N ’ ‚4 ESANCON u a} Pskuvieldgier — z Lt = 2 77 N Be 5-7 SOTLOTIUH K on ol Tapıkınes - N - => Br o Hangeuchr Mortenu‘ we. intlihrich A } 4 2 { _ CHibvenna, cr [ N Waroran) ’ (> "Sendri N a NE De N a u \ \>3 LOCARNO > zn It Fan, 1} — ’ n f Be u TR, m u | EN A TE N IENER dor, 7 Maggiline m a} urb u Ku nn ge / | ’5 N aeg? 4 a Doniot, ® A NT % (a nr” | En N a“ er PER HR. \ / 7, FR, zus ll % ie ri [ { { } | ep Auyno 9} > f } ” . | / 5 a n 2 g . 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Comp. in Wintertkur Reduetion I: 1200000 % 4 » ’ ae en Wege der Blöcke ee % 4 u se Die nicht. schraßirte begend im Appenzell und Ge rinckunlls BE VE SAUN SS DEREE : 1 - > > - H - St Gallen bis zur nunktırten. hinie wesd. o Toggenburg der Arve DE See « a Z 5 : © Fontefjas Granit u. verwandte Blöcde SS ammscbiet + 2 Reuss- Ekeın Fandlın Se. undasst ungefähr das bebiet, in welchem bloss vom Sentis - des Vördersheins nahe bei Zurich ERS =: £ stocke no den Kurfinsten. stamende Fündlinge vorkomen N MITTHEILUNGEN NATURFORSHCENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. Dr. A. Escher v. d. L. — Ueber die Bildungs- weise der Landzunge von Hurden im Zü- richsee. (Schluss.) gebildet worden; ob aber die Ablagerung der Reussblöcke auf dem Albisrücken auch erst in dieser spätern Zeit oder schon früher erfolgt ist, mag einstweilen dahin ge- stellt bleiben. In Beziehung auf das Reussgebiet ist noch hervor- zuheben, dass hier die Vertheilung der Steinarten weni- ger auffallend als in den andern Blockgebieten auf ge- wisse Zonen beschränkt ist; abgesehen von allerdings zahlreichen Ausnahmen finden sich nämlich fast überall granitische Fündlinge vermengt mit kalkigen uud sand- steinigen, namentlich solchen von Taviglianazsandstein, der in grosser Ausdehnung und Mächtigkeit im Schächen- thal ansteht, und nicht selten sieht man an Einem und demselben Blockwalle in einer Strecke granitische, in einer andern kalkige oder Nagelfluhblöcke vorherrschen, so z. B. besteht der Bremgartner Wall in der Gegend von Rottenschwyl vorherrschend aus Nagelfluh, rechts der Reuss, gegenüber dem Kloster Hermetschwyl, sieht man an ihm dagegen fast bloss granilische Blöcke; selbst 33 — 514 — vom Porphyr der Windgelle, der auf einem Flächenraum von kaum 1/,; Quadratstunde ansteht, trifft man Fünd- linge im ganzen Raume zwischen dem Hofe Eichenberg (östlich ob Seengen im Thal des Hallwylersees) und dem Ostfusse des Uetlibergs und bis östlich von Baden. Diese scheinbare Regellosigkeit in der Verbreitungs- weise der Fündlinge des Reussthals rührt wohl von fol- genden zwei Umständen her: 1) Dass in den südlichen Hintergründen des Engel- bergerthals granitische und Gneisgesteine vorkommen, weiche manchen Abänderungen des Reussthals so ähnlich sind, dass es in vielen Fällen fast unmöglich ist zu be- stimmen, aus welchem der beiden Thäler ein Fündling stammt. 2) Dass der engen Mündung des Reussthals zwi- schen Brunnen und Seelisberg der Rigiberg gegenüber steht, an welchem das Agens, das die Blöcke von der Windgelle Thal abwärts führte, sich in zwei Arme theilte, auf ähnliche Weise wie die Rheinüberschüttung durch den Kurfürsten- und Sentisstock in zwei Zweige getheilt worden ist. Die in den andern Blockgebieten aufgefundene strei- fenweise Vertheilung der Steinarten, analog derjenigen auf den jetzigen Gletschern, lässt sich in dem der Reuss indess an der Nagelfluh wenigstens dadurch erkennen, dass ihre Blöcke, oft fast allein oder mit andern Fünd- lingen Längen- und Querwälle bildend, oft einzeln zer- streut, hauptsächlich im östlichen Theile vorkommen, im westlichen dagegen fast ganz zu feblen scheinen, indem die Nagelfluh, so mächtig entwickelt am Rigi- und Rufi- berg, am Westufer des Vierwaldstättersees nur sehr un- tergeordnet auftritt. — Merkwürdiger Weise fehlen übri- gens Nagelfluhblöcke fast ganz in der mächtigen Block- — Di — ablagerung, die sich im Längenthälchen von Udligen- schweil, so zu sagen ohne Unterbrechung nach Rüsch am Zugersee erstreckt. Werfen wir am Schlusse dieser Bemerkungen noch einen Ueberblick auf das beiliegende Kärtchen, so wer- den wir finden, dass die Verbreitungsbezirke der Fünd- linge zu den Stammgebieten ungefähr in demselben Grössenverhältniss stehen, wie gegenwärtig die Gletscher- gebiete zu den sie ernährenden Eismeeren; es kann da- her gegen die Gletschertheorie, welche vom alpinen Block- phänomen vollständigere Rechenschaft giebt, als alle an- ‚dern bis jetzt aufgestellten Erklärungen, auch von die- ser Seite kein Einwurf erhoben werden. T. Kierulf, praet. Arzt aus Christiania. Einige Versuche über die Harnsecretion. Während eines Aufenthaltes in Zürich habe ich mit Unterstützung von Hrn. Prof. Ludwig, der mir den Ap- parat des physiologischen Laboratoriums zur Benützung überliess, einige experimentale Untersuchungen über die Harnsecretion bei Hunden vorgenommen. Obschon die Untersuchungen in der kurzen Zeit nicht so weit, wie be- absichtigt, geführt werden konnten, so sind’doch die bisher gewonnenen Resultate nicht ohne Interesse. Mein Zweck war, zu untersuchen, welchen Einfluss eine starke Verdünnung des Blutes auf die Quantität und Qualität des abgesonderten Harns ausübt. Aus diesem Grunde wurde eine Harnfistel bei einem grossen Hunde angelegt; durch eine Wunde in den Bauchdecken wurde der linke Harnleiter hervorge- zogen und der abgesonderte Harn durch ein eingesteck- — 916, — tes Glasröhrchen aufgefangen. Kurz vor der Operajion, die von 8° 55’ bis 9° 40° dauerte und keine bedeutende Blutung veranlasste, hatte der Hund eine grosse Quan- tität von normalem, gelbem Harn gelassen. Um 9° 45’ wurde ein kleiner Aderlass gemacht, um das Blut zu untersuchen. 11° 38° bis 11° 41° wurden circa 495 Gram. destillirttes Wasser von + 32° R. injicirt durch eine Halsvene, und etwa 5’ später zeigte sich der abgeson- derte Harn stark blutig. 11° 55° ward ein zweiter Ader- lass gemacht. Der immer blutige Harn wurde bis 4° 9‘ aufgesammelt, zeigte sich doch weniger und weniger gefärbt. Um 4° 50‘ wurde ein dritter Aderlass vorgenom- men. Um 5° liess der Hund aus dem unverletzten Ureter eine Quantität blutigen Harns von ganz demselben Aus- sehen wie der aufgesammelte. Am nächsten Tage war der Harn aber normal hell und gelb. Die Quantität und Zusammensetzung (an Wasser und festen Bestandtheilen) vom Blute und Harn ergibt sich aus folgender Tabelle. Die Gewichte sind in Grammen angegeben‘). *) Das Trocknen des Harns geschah zuerst im gewöhnliche n Wasserbad, später im geschlossenen Wasserbad (also bei + 100° C.) und wurde durch mehrere Tage fortgesetzt. Die Gewichle nahmen immer um etwas ab, wahrscheinlich wegen einer später eintrelenden Zersetzung. Daher sind als Rückstand Jie Gewichte genommen, wo nach einem zwei- bis ‚dreilägigen Trocknen die Abnahme ganz gleichmässig um ein paar Milligranmm per Tag ge- schah. Das defibrinirte Blut war ebenfalls zuerst im gewöhn- lichen Wasserbad, danach im geschlossenen Salzbad getrocknet (also bei + 110° C.); die Abdampfung wurde durch 5—6 Tage fortgesetzt, bis keine Gewichtsabnahme mehr eintrat. Die Ein- äscherung des Blutes geschah durch Verbrennung in Platlintiegeln, Auslaugung mil destillirtem Wasser, Aussaugung der Salzlösung mit einer Pipetlle, Trocknen im Wasserbad und endlich durch Glühen der Kohle. — Es wäre allerdings besser gewesen, stalt are er | Zeit oder | Secernirte | = | Asche in Untersuchte Blut- und | Dauer der Harnmenge R a| pro Cent H Aufkanı b ückstan Se arnmengen. ufsamm- | in eine o lung. Minute, er aner Rückstand. iter Harn rn in 45° 0.093 11.42 2ler » in 45° 0.100 12.20 Erster Aderlass. Fr 99 45° 23.77 2.88 Wasserinjection um 11° 40' von 495 Grammen. 3ter Harn (unblutig). | inıs‘ | 0113 | 17.76 | Zweiter Aderlass. | 11055 | | 21.39 | 1.97 4ter Harn (blutig). | in 64° | 0.141 | 14.415 | öler » » in 67° | 0.178 | 10.92 | 6ter „ } in 60° ' 0.162 | 12.01 fer... r in 60° | 0158 | 19.72 Dritter Aderlass. 42 50* 21.18 2.417 Man sieht aus diesem Versuche, dass Wasser, in- jieirt in die Venen, wesentlich andere Wirkungen her- vorbringt, als wenn es durch die Absorption aufge- nommen wird. Das am meisten Auffallende ist die da- durch erzeugte blutige Harnabsonderung. Während die durch die eine Niere in einer Stunde vor der Injection abgesonderte Harnmenge ungefähr 6 Gramme betrug, waren nach der Injection in 4 Stunden durchschnittlich 10 Gramme stündlich abgesondert ; die stärkste Abson- derung tratin der zweiten Stunde danach ein mit ungefähr 12 Gramme. Der Gehalt au festen Bestandtheilen war (die kleine dritte Harnmenge ausgenommen, die, ob- gleich zum Theil nach der Wasserinjection aufgefangen, defibrinirten Blutes nur Serum zu den Analysen genommen zu ha- ben; es war aber bei den kleinen Quantiläten mir nicht möglich, eine genaue Trennung der Blutkörperchen vom Serum vorzuneh- men, besonders da mir keine Cenfrifugalmaschine zu Gebote stand. — 518 — doch vor derselben abgesondert sein muss) des starken Blutgehalts ungeachtet nur unbedeutend vermehrt, so dass man eine beträchtliche Verminderung der eigentlichen Harnbestandtheile annehmen muss. Das Blut zeigte da- gegen eine proporlionale Abnahme an festen Theilen. Bei dem zweiten Versuche wurde eine grosse Dogge auf ähnliche Weise operirt. Die Operation dauerte von 11° 0° bis 11° 30° und war von fast keiner Blutung be- gleitet. Die Blut- und Harnverhältnisse bei diesem Ver- suche gehen aus folgender Tabelle hervor: Zeit oder | Secernirte ee | Asche in Untersuchte Blut- und | Dauer der Harnmenge! _. Be | pro Cent ” Rückstand Harnmeneen. Aufsamm- | in einer |. | vom > npr nt.!__ lung. Binute, re ‚Rückstand. Erster Aderlass. 119 45° 23.99 2,56 Iter Harn (normal). in 60° | 0.121 9,00 2ler » » in 60° 0,122 10.57 | Injection von 492 Grammen Wasser von + 31° R. um 2°18’— 2°20‘. Der blutige Harn zeigte sich um 2°23', 3ter Harn (blutig). in 60° ! | Aler | 0.24: . | ster 6ter Tier Zweiter Aderlass. 20 98° 39 |; 2,64 I | 2.36 Am folgenden Tage hatte der Harn wieder seine normale Beschaffenheit angenommen, war vollkommen gelb und hell. Die zwei ersten Harnproben trockneten, wie die übrigen blutigen, nur äusserst langsam, schmol- zen zuletzt bei + 100° C. und erstarrten wieder bei Ab- — 519 — kühlung zu einer krystallinischen Masse. Sie wurden daher mit Aether ausgekocht, welcher einen nicht subli- mirbaren, gelbgefärbten, wachsähnlichen, mit russender Flamme brennenden, fettartigen Stoff auszog. Man sieht, wie übereinstimmende Resultate bei die- sen beiden Versuchen gewonnen waren, wie der Harn in derselben Zeit nach der Wasserinjection die blutige Beschaffenheit annahm und wie constant die Abnahme des Blutes an festen Theilen sich darnach zeigte. Der Harn nahm dagegen um ein Bedeutendes zu, gewann sein Maximum in der dritten Stunde und zeigte von da aus eine auffallende Armuth an festen Substanzen, des starken Eiweissgehaltes ungeachtet, wodurch die ganze Flüssigkeit beim Kochen ein Gerinnsel bildete. Bei dem dritten Versuche wurde dieselbe Dogge benützt. Die 14 Tage alte Harnfistel war vollkommen ausgebildet; eine Canüle konnte dagegen in den an der Haut festgewachsenen Harnleiter nicht eingebracht wer- den. Ein schalenförmiger Recipient- wurde daher unter der Fistelöffnung befestigt. Dadurch ging allerdings et- was Harn verloren, theils durch die nicht ganz voll- ständige Auffangung, theils durch die vermehrte Ver- dunstung. Die notirten Harnquantitäten sind daher ein wenig zu klein und der Harn etwas zu concentrirt, aber diese Fehler sind überall proportional. Um die Biutbe- schaffenheit bedeutend zu verändern, ohne den Blutdruck beträchtlich zu steigern, wurde eine grosse Quantität Blut dem Thiere entzogen und statt dessen Wasser in- Jieirt. Durch mehr als 45‘ nach der Blutentziehung wurde kein Harn abgesondert und der danach aufgesammelte war wieder blutig. Die Resultate liefert folgende Tabelle: Zeit oder | Secernirte IF Untersuchte Blut- und | Dauer der Harnmenge enter Pag. | Rückstaud Harnmengen. Aufsamm- | in einer | en | Asche in Ater Harn (normal). in 60° 0,200 | 4.72 2er » 5 in 34° | 0,185 | 560 Gramme Blut um 9755’ — 10°0° entzogen und statt dessen 660 Gramme Wasser von + 28° R. injicirt um 10°10’— 10°15‘. Die ersten Tropfen Harn quollen um 10°48‘ hervor. 3ter Harn (gemischt). in 25° , 0,361 9.17 | Erster Aderlass um 102252 | 18.71 2,97 4ter Harn (blulig). in 60° | 0.359 2.39 öler » » in 60° 0.276 2.72 6ter „ » in 60° | 0,358 3.30 Teer » > in 60° ı 0.181 2,98 Ster » h in 40° | 0.193 | 3.51 | ter » » in 60° | 0.155 2.93 | 10ter » ’ in 55° 0,133 Zweiter Aderlass um 6° 30° 18.53 3.84 Dritter » » 20° später. 16.56 3.83 Der blutige Harn war also wieder durch die Was- serinjection hervorgebracht. Die rothe Beschaffenheit nahm allmälig ab und zeigte sich bei den letzten Harn- portionen nur als eine helle röthliche Färbung. Nichts desto weniger enthielten auch diese eine grosse Quanti- tät Eiweiss. Am folgenden Tage war der Harn wieder hell und gelb und gab, da der dritte Aderlass vorge- nommen wurde, kaum Spuren von Trübung beim Kochen. Mikroskopisch untersucht , enthielt der blutige Harn eine Menge zackig gekerbter Blutkörperchen, und das Blut zeigte bei allen drei Aderlässen, selbst also am folgen- den Tage, nur wenig normale kreisrunde Blutkörperchen, .— 521 — die meisten waren verkleinert, eingezogen und gezackt, wie in Salzlösung eingetauchte Blutkörperchen. Hiermit ist vielleicht der ungewöhnlich starke Gehalt des Blutes an feuerfesten Bestandtheilen , der verminderten Quantität von festen Theilen überhaupt ungeachtet, in Verbindung zu setzen; ein Verhältniss, welches in geringerm Grade sich schon bei den Blutanalysen von den zwei ersten Versuchen zeigte. Uebrigens ist — ausser der sehr beach- tungswerthen Stockung in der Harnabsonderung gleich nach der grössern Blutentziehung — der hier noch ge- ringere Gehalt des Harns an festen Substanzen in Be- tracht zu ziehen. Um entscheiden zu können, inwiefern der durch die Wasserinjection vermehrte Blutdruck oder die dabei her- vorgebrachte veränderte Blutmischung die Ursache der blutigen Harnabsonderung sein könnte, wurde derselbe Hund 6 Tage nach dem letzten Versuche einer neuen Reihe von Experimenten unterworfen. Einem andern Hund wurde eine Portion Blut entzogen; das defibrinirte Blut (346 Gramme) wurde auf + 30° R. erwärmt und um 9° 25° unserer Dogge durch die linke Schenkelvene in- jieirt (bei den vorigen Versuchen waren die Halsvenen benützt). Der Hund, der sich von den früheren Blut- entziebungen schon wieder ziemlich erholt hatte, schien sich danach sehr wohl zu befinden. Aber durch die Harnfistel wurde nach der Injection — wie vor dersel- ben — ein heller, gelber Harn excernirt. Die Ex- eretion geschah wie gewöhnlich, stossweise mit jeder 15ten bis 20sten Secunde. Um 9° 50‘ wurde durch die- selbe Vene 495 Gram. destillirtes Wasser von + 30° R. injieirt. Der Hund war danach etwas unruhig; die Harn- excretion geschah etwas schneller, mit jeder 15ten Se- cunde im Durchschnitt quollen die Harntropfen hervor, — 522 — aber der Harn war gleich hell und gelb. Er reagirte schwach sauer und wurde durch Kochen kaum merkbar trübe.e Um 11° 30° wurden ein paar Unzen Blut ent- zogen und 5‘ später wieder 490 Gramme Wasser in- jieirt. Der Harn bekam von da eine etwas dunklere Farbe, wurde dagegen nicht blutig; unter dem Mikroskop konn- ten gar keine Blutkörperchen entdeckt werden. Er rea- girte noch schwach sauer, enthielt aber entschieden et- was Eiweiss; er trübte sich durch Kochen, die Trübung klärte sich durch Zusatz von Essigsäure zwar wieder auf, wurde aber durch Salpetersäure stärker und deut- - licher. Das entzogene Blut enthielt wenig normale kreis- runde Blutkörperchen, die meisten waren viereckig, zackig und etwas verkleinert. Um 11° 50' wurden wie- der ein paar Unzen Blut entzogen. Der danach excer- nirte Harn zeigte eine schwache blutige Farbe, reagirte schwach alkalisch und enthielt mehr Eiweiss. Um 12° wurden wieder 240 Gramme Wasser injicirt, wonach der Harn allmälig eine stark rothe Farbe annahm, obgleich er noch immer hell blieb und nicht undurchsichtig wurde, wie Blut, wie bei den frühern Versuchen. Die Excre- tion geschah bedeutdnd schneller, indem Tropfen hervor- quollen durch die Fistel jede 10te bis 15te Secunde. Um 1° war die Absonderung am stärksten, später nahm sie wieder etwas ab. Der Harn reagirte neutral und war stark eiweisshaltig; durch Kochen bildeten sich dicke Gerinnsel. Unter dem Mikroskop sah man ausser den gewöhnlichen Epithelialzellen eine Anzahl im höchsten Grade veränderter Blutkörperchen als kleine, eckige, längliche Körperchen. Um 3° wurde der Hund durch Verblutung getödtet. Das Blut zeigte die oben angege- bene Beschaffenheit der Blutkörperchen. Die Nieren waren beide stark bläulich gefärbt; die linke in begin- nender bydronephritischer Entartung ; das Harnbecken und die Harnleiter auf dieser Seite waren stark erweitert und enthielten ziemlich viel röthlichen Harn. Die Harnblase dagegen war ganz zusammengezogen und wie die rechte Niere leer. Aus diesen wenigen Versuchen scheint es also her- vorzugehen, dass eine beträchtliche Verdünnung des Blutes zuerst eine Eiweissabsonderung durch die Nieren und danach einen wirklichen Blutharn hervorruft und dass man diess nicht wohl als eine Folge vom vermehr- ten Blutdruck ansehen kann. Dass eine Zerreissung der Blutgefässe in den Nieren die Ursache sein sollte, ist besonders nach der mikroskopischen Untersuchung des Harns ganz unwahrscheinlich. Ferner dass die Absonderungsgeschwindigkeil des Harnes nicht proportional mit dem Wassergehalt des Blu- tes geht‘). Endlich geben meine Versuche eine Feblerquelle der Valentinischen Bestimmung der Blutmenge an, indem sie zeigen, dass nach einer bedeutenden Wasserinjection der Salzgehalt des Blutes rasch und dauernd zunimmt. Sie zeigen aber zugleich, dass die Methode nicht wegen über- mässig beschleunigter Harnabsonderung unbrauchbar war. Veit (Canstatts Jahresbericht f. 1850. Bd. I. p. 99) hat offen- bar zu seinen Versuchen zu wenig Wasser genommen. *) Nach den Untersuchungen von Falck (Vierordis Archiv 1852. 1. Hft. pag. 138) scheint eine getrunkene Wassermenge in ungefähr 6 Stunden wieder ausgeschieden zu werden und ausser- dem noch eine Quantität Harn, die auch ohne Wasserzufuhr im nüchternen Zustande abgesondert wird. Nach den Injectiouen von Wasser wird offenbar viel weniger in dieser Zeil ausgeleert. Ein genaueres Eingehen hierauf ist nach den bisherigen Versuchen nicht rathsam, da die Zeit und Menge des letzten Wassertrinkeng der Hunde unbekannt war. = 52h — Das dreiviertelstündige Aufhören der Harnabsonderung nach dem grossen Aderlasse macht fortgesetzte Unter- suchungen in dieser Richtung, und zwar auch bei andern Absonderungen, sehr wünschenswerth, und gibt ausser- dem Aufforderung zu Untersuchungen über die Nerven- thätigkeit bei der Harnsecretion. Ueberraschend ist zuletzt die Abnahme des Harns an festen normalen Bestandtheilen bei Vermehrung des Gehalts von Salzen im Blute. Das Zusammenfallen davon mit dem Auftreten vom Eiweiss im Harne und die ähn- lichen Verhältnisse in der Brightschen Krankheit sind nicht ausser Acht zu lassen. Die grosse Reihe von Fragen, zu welchen diese Versuche Anlass geben, fordern zu einer Fortsetzung derselben mit den gehörigen Modificationen auf. Durch die Fortsetzung einer grössern Reise jetzt daran verhin- dert, hoffe ich aber die Sachen später in Christiania wieder aufnehmen zu können. Hans Landolt. — Untersuchungen über das Stib- methylium und seine Verbindungen, Bweite Abhandlung. (Eingegeben den 14. Juni 1852.) In der letzten Abhandlung über das Stibmethyl wurde dargelhan, dass bei der Einwirkung von Jodmethyl auf Antimonkalium nicht allein das Stibmethyl St Me,, son- dern auch noch ein anderer Körper, StMe,, welchen ich Stibmethylium genannt habe, in Verbindung mit Jod gebildet werden kann, und welches Jodstibmethylıum durch Vereinigung von 1 At. Stibmethyl mit 1 At. Jodmethyl | | — 55 — entsteht. Es wurde gezeigt, dass dieses Stibmethylium ganz wie ein organisches Radikal sich verhält, und mit 0, S, Chl, Jd, den Säuren etc. Verbindungen bilden kann, welche vollständig mit den entsprechenden Kalium - oder Ammoniumverbindungen verglichen werden können. Eine vollständigere Untersuchung dieser Stibmethyliumverbin- dungen soll nun Gegenstand vorliegender Abhandlung sein. Als Material zur Darstellung der Stibmethyliumver- bindungen dient das de Bi welches auf fol- gende Weise erhalten wird: Ein Gemenge von fein ge- pulvertem Antimonkalium und Quarzsand wird in kleine Kolben gebracht, und darauf soviel Jodmethyl*) gegossen, als dient um die Masse gehörig zu durchfeuchten. Bringt *3 Das Jodmelhyl wird sehr leicht durch Einwirkung voR Jod und Phosphor auf Holzgeist erhalten. Der Holzgeist muss elwas wasserhallig sein, indem sonst durch die zu starke Erhi- {zung ein grosser Theil von Jodmethyl verloren geht. Lässt man den Kolben dann stehen, so sammelt sich das Jodmelhyl unten an; die überstehende Flüssigkeit, welche noch Holzgeist enthält, kann abgegossen, und aufs neue mit Jod und Phosphor behan- delt werden. Man destillirt hierauf mit Wasser, und setzt zu dem Destillate so lange Jod, als noch eine Entfärbung einfrilt. Durch wiederholtes Waschen mit Wasser und Rectlificiren über ‘ Chlorcaleium erhält man dann das Jodmethyl rein. Zu bemerken ist, dass es nicht nolhwendig ist, ein vollkommen reines Jod- melhy! zur Darstellung des Jodstibmelthyliums anzuwenden; eine geringe Menge Xylit, Aceton etc. im Holzgeist hat den Erfah- rungen zufolge keinen Einfluss auf die Reinheit der Stibmelhy- liumverbindungen. Das angewandle Jodmethyl zeigte folgende Zusammenselzung: k Berechnet. Gefunden. Kohlenstoff 8,7 94 Wasserstoff 2,2 2,3 Jod 89,1 88,3 100,0 100,0 = 8 = man sodann den Kolben, welcher sich immer mehr oder weniger stark erhitzt, mit dem von den Herrn Prof. Löwig und Schweizer in ihrer Abhandlung über das Stibaethyl beschriebenen Apparat, durch welchen vorher längere Zeit Kohlensäure geleitet wird, in Verbindung , so geht zuerst überschüssiges Jodmethyl über, und nach- her beim Erhitzen des Kolbens Stibmetbyl. Diese Ope- ration wird mit weitern Kolben wiederholt. In der Vor- lage finden sich dann zwei Flüssigkeiten, “die untere ist Stibmethyl (St Me,), die obere Jodmethyl (MeJd), nach kurzer Zeit aber vereinigen sich beide, und bilden Jod- stibmethylium (St Me,Jd) als weisse krystallinische,, oft steinharte Masse. Man löst diese in warmem Wasser, trennt das gewöhnlich noch beigemengte überschüssige Jodmethyl, und lässt die J,ösung langsam auf dem Was- serbade verdampfen, wobei das Jodsubmethylium in aus- gezeichnet schönen grossen Krystallen herauskrystallisirt. Stibmethylium. Das reine Radikal konnte bis jetzt noch nicht mit Gewissheit dargestellt werden. Um es zu erhalten, sind folgende Versuche, die jedoch aus Mangel an Material unterbrochen werden mussten, angestellt worden: Fein geriebenes Jodstibmethylium wurde mit einem Ueberschuss von gepulvertem, und mit etwas Quarzsand vermischtem Antimonkalium in einem Kolben durcheinander geschüt- tet, wobei die Luft sorgfältig abgehalten werden musste, indem sonst eine Entzündung eintrat. Hierauf brachte man den Kolben mit demselben Apparat, welcher zur Darstellung des Jodstibmethyliums benutzt worden war, in Verbindung und erhitzte. Es ging zuerst Wasser über, welches von Antimonkalium herrührte, das dasselbe wäh- rend des Pulverns an sich gezogen hatte, und nachher re beim stärkern Erhitzen eine ölige, schwach gelblich ge- färbte Flüssigkeit, welche sich auf dem Boden der Vor- lage ansammelte. Das erhaltene ölige Produkt zeigte viele Aehnlich- keit mit dem Stibmethyl. Es war wie dieses schwerer als Wasser und schien darin in geringem Grade löslich zu sein. Wurde es mit der Luft in Berührung gebracht, so trat momentan eine Entzündung ein, unter Abschei- dung eines weissen Rauchs, welcher bei der Verdichtung ein weisses, in Wasser theilweise lösliches Pulver gab. Die Lösung reagirte schwach alkalisch. Der Geruch die- ser Flüssigkeit war ebenfalls dem des Stbmethyls voll- kommen ähnlich. — Zu einer entscheidenden Elementar- analyse reichte die geringe Quantität, welche erhalten wurde, nicht hin. Die Zusammensetzung des Stibmethyliums ergibt sich aus den Analysen seiner Verbindungen. Es besteht aus: 8 At. Kohlenstoff 48 25,40 12 At. Wasserstoff 12 6,35 1 At. Antimon 129 68,25 189 100,00 Seine Formel ist: St C3H;a = St Me,. Verbindungen des Stibmethyliums. Das Stibmethylium erscheint in seinen Verbindungs- verhältnissen so vollständig wie ein Metall, wie Kalium oder Ammonium, dass eine grössere Analogie kaum mög- lich ist. Es verbindet sich mit 1 At. S, Chl, Br, Jd, giebt mit 1 At. O eine Basis, welche an alkalischen Ei- genschaften in der Mitte zwischen Kali und Ammoniak steht; diese Basis bildet mit den Säuren neutrale und 4 saure Salze, die zum Theil sogar mit den entsprechen- R — 5233 — den Kali- oder Ammoniaksalzen isomorph zu sein schei- nen. Eine Unterscheidung der Stibmethyliumverbindun- . gen von den Kalium- oder Ammoniumverbindungen ist auf nassem Wege kaum möglich. Mit Ausnahme des Schwefelstibmethyliums sind alle Verbindungen geruchlos; ihre Löslichkeitsverbältnisse sind die gewöhnlichen, in Wasser sind sie sämmtlich leicht, ‚in Weingeist etwas schwerer, und in Aether beinahe ganz unlöslich, nur das Doppelsalz von Chlorstibmetbylium mit Chlorplatin ist in allen Lösungsmitteln schwer löslich. Sämmtliche Verbin- dungen besitzen einen bittern Geschmack. Mehrere der Salze enthalten Krystallwasser, wie z. B. das neutrale schwefelsaure und das oxalsaure Salz; wasserfrei sind die Haloidsalze; einige ziehen Wasser aus der Luft an und zerfliessen, so das kohlensaure und oxalsaure Salz. — Die Basis kann aus den Salzen nur durch Kali oder Natron ausgeschieden werden, was daran erkannt wird, dass wenn man ein mit Salzsäure befeuchteten Glasstab über die Oberfläche der Flüssigkeit hält, sich weisse Ne- bel bilden, da das Stibmethyliumoxyd etwas flüchtig ist. Ammoniak wirkt nicht mehr ein, im Gegentheil scheint durch eine Lösung von Stibmethyliumoxyd das Ammoniak aus seinen Salzen ausgeschieden zu werden, da ein mit Salzsäure benetzter Glasstab über einer solchen Flüssig- keit weit stärkere Nebel erzeugt, als über einer Lösung von Stibmethyliumoxyd. — Das Verhalten der Stibme- thyliumverbindungen gegen Reagentien stimmt ebenfalls ganz mit dem der Kaliumverbindungen überein, denn in keiner derselben lässt sich das Antimon durch Reagen- tien nachweisen, sie müssen ganz zerstört werden, ehe dasselbe mit seinen Eigenschaften hervortritt!. Nur durch sehr lange dauernde Einwirkung von Schwefelwasserstoff- gas entsteht ein schwacher Niederschlag von Schwefel- MITTHEILUNGEN DER NATURFORSHCENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. 753 aN? 28. | 1852. Hans Landolt. — Untersuchungen über das Stib- methylium und seine Verbindungen. (Fortsetzung.) antimon; auch wenn Zink mit verdünnter Schwefelsäure übergossen, hierauf etwas Stibmelhyliumsalz zugesetzt , und das aus einer Spitze hervorströmende Wasserstoffgas angezündet wird, erscheint an einer in die Flamme ge- haltenen Porzellanschale ein schwacher Antimonspiegel, sonst aber ist das Antimon durch kein anderer Reagens, selbst concentrirte Salpetersäure nicht ausgenommen, nachweisbar. Der bittere Geschmack und das Verhalten beim Erhitzen sind daher beinahe die einzigen Unterschei- dungszeichen der Stibmethyliumverbindungen von den Ka- lium- oder Ammoniumverbindungen. Die Stibmethyliumsalze sind im Allgemeinen. sehr beständig, man kann sie einer Temperatur von 100° bis 140° aussetzen, ohne dass sie eine Veränderung erfah- ren; nur wenn sie sehr lange in dieser Temperatur sich befinden, scheinen sie eine Zersetzung zu erleiden, indem dann ein dem Stibmethyl ähnlicher Geruch auftritt. Ausser dem kohlensauren Salz ist in dieser Beziehungeine der am wenigsten beständigen Verbindungen noch das Jodstib- methyliam. Wird dasselbe aus Wasser mehrere Male 34 — 530° — umkrystallisirt, so fängt es an zu riechen und es schei- det sich eine kleine Menge eines gelben, in Wasser schwer löslichen Körpers aus, welcher wahrscheinlich Jodstibme- thyl (St Me; Jdg) ist. Aus diesem Grunde stimmen die Analysen dieses Stoffes und einiger anderer Verbindun- gen, welche nicht gleich aus frisch bereitetem Jodstib- methylium dargestellt worden waren, weniger gut. * Erhitzt man die Salze trocken, so fangen sie bei 180° bis 200° an zu rauchen, und entzünden sich dann unter Bildung einer grossen weissen Flamme. Wendet man ein am untern Ende zugeschmolzenes Glasröhrchen an, so entwickelt sich ein weisser Dampf, welcher sich zum Theil an den Wänden des Röhrchens verdichtet, zum grössern Theil aber an der Mündung sogleich von selbst entzündet. Was die Wirkung der Stibmeibylinisalze auf den thierischen Organismus betrifft, so sind hierüber im hie- sigen physiologischen Institut einige Versuche angestellt worden, welche zeigten, dass in diesen Verbindungen das Antimon seine Wirksamkeit auf den Organismus ganz verliert, auf ähnliche Weise wie das Arsenik in den Ka- kodylverbindungen, was auch mit der Erscheinung, dass in den Stibmethyliumsalzen das Antimon durch Reagen- tien nicht nachweisbar ist, in vollstem Einklange steht. Einem Kaninchen wurde 5,4 Gramm einer 2,1 procenti- gen Lösung von Chlorstibmethylium, mithin beinahe 2 Gran desselben in die Drosselblutader eingespritzt, ohne dass sich irgend ein auffallendes Symptom zeigte; später nahm ich selbst 2 Gran Chlorstibmethylium in. unge- fähr 2 Drachmen Wasser gelöst, ohne auch nur die min- deste Wirkung -zu verspüren. 8 Gran Jodstibmethy- lium einem Hunde innerlich gegeben, brachten ebenfalls kein Erbrechen hervor. Wenn dieses oder eines der an- — 531 — dern Stibmethyliumsalze Wirksamkeit besitzt, so ist die- selbe ohne Zweifel ähnlich der der entsprechenden Kali- salze, jedenfalls zeigt aber keines derselben brechener- regende Eigenschaften. Stibmethyliumoxyd. Wird eine wässerige Lösung von Jodstibmethylium mit einem Ueberschuss von frisch gefälltem und gut ausge- waschenem Silberoxyd behandelt, so bildet sieh momen- tan Jodsilber, und: in der Auflösung hat man Stibme- thyliumoxyd. Man filtrirt hierauf schnell, und verdun- stet die Lösung neben Schwefelsäure unter der Luft- pumpe, wo dann eine weisse krystallinische Masse zu- rückbleibt, welche ohne Zweifel Stibmethyliumoxydhydrat darstellt. Dieser Körper verhält sich in allen Beziehun- gen vollständig wie Kalihydrat, er ist ungemein ätzend, bewirkt zwischen den Fingern dasselbe schlüpfrige Ge- fübl wie Kali, und zerfliesst an der Luft, indem er Koh- lensäure und Wasser anziebt. In Wasser und Weingeist ist er leicht löslich, in Aether unlöslich; die wässerige Lösung besitzt einen laugenarligen Geruch und Gesehmack, rothes Lakmuspapier bläut sie momentan. Wird dieselbe der Luft ausgesetzt, so zieht sie Kohlensäure an, und braust dann stark auf mit Säuren. Setzt man zu dem gebildeten kohlensauren Salz Kalkwasser, so entsteht ein Niederschlag von kohlensaurem Kalk , und die reine Ba- sis befindet sich wieder in der Auflösung. Das Stibme- thyliumoxyd scheint in geringem Grade flüchtig zu sein, denn hält man über die Auflösung desselben einen mit Salzsäure befeuchteten Glasstab, so entstehen weisse Ne- bel; man kann jedoch die Lösung wiederholt unter der Luftpumpe abdampfen,, ohne dass ein Verlust bemerkbar wird. Erhitzt man das Stibmethyliumoxyd in einer Pro- — 532 — birröhre, so entstehen Dämpfe , welche sich an der Luft unter Abscheidung von Antimonoxyd und metallischem Antimon entzünden; bei sehr vorsichtiger Erhitzung kann ein Theil der Basis ohne Zersetzung sublimirt werden. Die wässerige Lösung des Stibmethyliumoxyds zeigt gegen die Lösungen verschiedener Metallsalze folgendes Verhalten: Setzt man zu der Lösung eines Ammoniaksalzes Stibmethyliumoxydlösung, so wird Ammoniak ausgetrie- ben, ohne dass man nölhig hat zu erhitzen. Baryt, Strontian und Kalk werden aus ihren Lösun- gen sogleich gefällt. In Magnesia und Thonerdesalzen entsteht ein weisser, flockiger Niederschlag. In Chromoxydsalzen entsteht ein grüner, voluminö- ser Niederschlag, welcher in einem Ueberschuss von Stib- melhyliumoxyd löslich ist, durch Kochen jedoch wieder ausgefällt werden kann. Eisenoxydul und Eisenoxyd werden aus ihren Lö- sungen sogleich ausgeschieden. Manganoxydul wird als weisser , schnell braun wer- dender Niederschlag gefällt. In Kobaltoxydsalzen entsteht ein blauer, nachher sich grün färbender Niederschlag, welcher durch Kochen nicht mehr verändert wird. Zinkoxyd wird als weisser, im Ueberschuss des Fäl- lungsmittels löslicher Niederschlag präeipitirt. In der Lösung eines Zinnoxydulsalzes bildet sich ein weisser voluminöser Niederschlag , der sich beim Erhitzen braun färbt. Platinchlorid giebt mit Stibmethyliumoxyd e einen gel- ben, schwer löslichen Niederschlag. Bleioxyd wird sogleich gefällt. — 53 —- Kupfersalze geben einen Niederschlag von Kupfer- oxydhydrat, welcher im Ueberschuss von Stibmethylium- oxyd nicht mehr löslich ist. Quecksilberoxydul wird aus seinen Lösungen schwarz, Quecksilberoxyd gelb präeipitirt. In Silbersalzen entsteht ein brauner Niederschlag. Wird eine concentrirte wässerige Lösung des Stib- wethyliumoxyds mit Schwefel gekocht, so erhält mau «ine gelb gefärbte Flüssigkeit, aus welcher durch Zusatz von verdünnten Säuren unter Entwicklung von Schwe- felwasserstoff Schwefelmilch ausgeschieden wird. Setzt man Jod in kleinen Quantitäten zu einer wäs- serigen Stibmethyliumoxydlösung und schüttelt, so ver- schwindet dasselbe, und man erhält eine farblose Flüs- sigkeit, welche beim Abdampfen Krystalle von Jodstib- methylium giebt. Daneben scheidet sich noch eine kleine Menge eines schwarzen, undurchsichtigen, schwerflüssigen Körpers aus, welcher wie geschmolzenes Jod aussieht, in Wasser unlöslich ist, und beim Erhitzen zuerst Jod- dämpfe ausstösst, sich dann aber unter Zurücklassung von Jodantimon entzündet. Von Kalilauge wird er nur sehr _ langsam aufgelöst. Möglich, dass dieser Körper jodsau- res Stibmethyliumoxyd ist. Die Zusammensetzung des Stibmethyliumoxyds er- giebt sich aus den Analysen seiner Salze. Es besteht aus: 8 At. Kohlenstoff 48 24,37 12 At. Wasserstoff 12 6,09 1 At. Antimon 129 65,48 1 At. Sauerstoff 3 4,06 197 100,00 Formel (StMe,) © -_ IH — Einfach Sch wefelstibmethylium. Diese Verbindung wird am leichtesten auf folgende Weise erhalten: Eine weingeistige oder wässerige Lösung von Stibmethyliumoxyd wird in zwei gleiche Hälften ge- theilt, ‘der eine Theil vollständig mit Schwefelwasserstofl- gas gesältigt, und hierauf der andere zugesetzt. Dampft man dann die Flüssigkeit bei abgehaltener Luft, am be- sten in einer Retorte schnell ab, so bleibt die Verbin- dung als amorphes Pulver von grüner Farbe zurück. Es besitzt einen starken mercaptanäbnlichen Geruch, und wird von Wasser und Weingeist leicht aufgenommen; in Aether ist es unlöslich. Die Lösungen sind farblos, und geben mit salpetersaurem Silberoxyd einen schwar- zen Niederschlag. Es scheint ziemlich flüchtig zu sein, denn wird eine wässerige oder weingeistige Lösung des- selben destillirt, so findet man im Destillat nicht unbe- trächtliche Mengen von Schwefelstibmethylium. Beim Er- hitzen in einem Röhrchen schmilzt es zuerst, und wird nachher unter Bildung sich entzündender Dämpfe zersezt; zurück bleibt ein gelbrother Beschlag von Schwefelan- limon. Brivugt man das Schwefelstibmethylium mit der Luft in Berührung, so oxydirt es sich sehr schnell, und ver- wandelt sich in ein gelbes, nach und nach weiss werden- des Pulver, welches in Weingeist ganz, in Wasser je- doch nicht mehr vollständig löslich ist. Die Lösung giebt mit salpetersaurem Siberoxyd einen anfangs braunen, bald aber schwarz werdenden Niederschlag. Mit Aether übergossen verwandelt er sich in eine weiche schmierige Masse, löst sich jedoch nicht. Erhitzt man dieses weisse Oxydationsproduckt auf dem Platinbleche, so färb! es sh anfangs schön dunkelgrün, welche Färbung b:im { | | 3 — 59595 — Erkalten wieder verschwindet, beim stärkern Erbitzen wird es wieder weiss, und entzündet sich dann. Die Schwefelbestimmung konnte wegen der leichten Oxydirbarkeit der Verbindung nur annähernd ausfallen. Eine in einem verschlossenen Gefässe gewogene Menge von Schwefelstibmethylium wurde schnell in einem Kölb- chen in Wasser gelöst, und sogleich eine Lösung von essigsaurem Bleioxyd zugeseizt. Es bildete sich ein gelb- rother flockiger Niederschlag, welcher nach einiger Zeit verschwand, wofür sich schwarzes Schwefelblei ausschied. Dieses wurde auf einem Filter gesammelt, mit Salpeter- säure vollständig oxydirt, und die Lösung des salpeter- sauren Bleioxyds mit einem Ueberschuss von Schwefel- säure eingedampft und geglüht. 0,1395 Gramm Substanz gaben 0,1175 Gr. schwefelsaures Bleioxyd = 8,86 % Schwefel. 8 At. Kohlenstoff 48 23,41 12 At. Wasserstoff 12 5,85 1 At. Antimon 129 62,93 1 At. Schwefel 16%. 7,81 8,86 205 100,00 Formel (StMe;) S Aus dem Umstande, dass eine mit Schwefel gekochte Lösung von Stibmethyliumoxyd beim Vermischen mit einer Säure Schwefelmilch giebt, lässt sich schliessen , dass auch noch höhere Schwefelungsstufen des Stibmethyliums er- halten werden könnten. Jodstibmethylium. Die Darstellung dieser Verbindung ist vorn angege- ben. Das Jodstibmethylium krystallisirt im hexagonalen System, es bildet ausgezeichnet schöne sechsseilige Ta- —_— 16 — feln, deren Säulentlächen sich alle unter 120° schneiden, und deren Endflächen gerade sind. Der Querdurchmes- ser der Tafeln betrug i0 bis 15 Millimeter. Die Kry- stalle sind meist treppenförmig übereinander gelagert; sie führen mechanisch eingeschlossenes Wasser, und decre- pitiren daher beim Erhitzen. Es ist dieses Salz in -Was- ser und Weingeist sehr leicht löslich. 1 Theil Jodstib- methylium löst sich in 3,3 Theilen Wasser von 23°; in Aether ist er schwer löslich. Der Geschmack ist salzig, hinterher bitter. Wird die Verbindung in ei- ner unten zugeschmolzenen Glasröbre erhitzt, so zerfällt sie erst zu Pulver, und fängt dann bei 200° an sich zu zerseizen, wobei sie nach und nach vollständig verschwin- det. Hierbei bilden sich dicke weisse Dämpfe, welche den Geruch des Stibmethyls besitzen, und sich theils an der Röhre als Beschlag anlegen, zum grössern Theil aber an der Mündung entzünden, wobei sich jedesmal Ringe von Rauch bilden, ähnlich wie bei Phosphorwasserstoff- gas. Von dem Beschlag in der Röhre löst sich durch Kochen mit Wasser nur wenig auf; wird die Flüssigkeit mit salpetersaurem Silberoxyd versetzt, so entsteht ein Niederschlag, welcher aus Jodsilber und metallischem Silber besteht. Die Reduktion des salpetersauren Silber- oxyds geschieht ohne Zweifel durch reines Stibmethyl oder Stibmethylium, welches bei der Zersetzung frei werden muss. Da auch noch Jodsilber gefällt wird, scheint ein kleiner Theil von Jodstibmethylium dabei unverändert zu sublimiren. Das Jodstibmethylium kommt in seinen übrigen Ver- hältnissen mit dem Jodkalium vollständig überein. Salz- säure zerselzt dasselbe unter Bildung von Chlorstibwe- thylium; Chlor, Brom und Salpetersäure scheiden augen- blicklich Jod aus. Wird es mit concentrirter Schwefel- säure übergossen, so entwickeln sich ganz wie bei Jod- — 597 — kalium Dämpfe von Jodwasserstoffsäure, während Jod frei wird unter Bildung von schwefliger Säure. — Das Jodstibmethylium in seiner wässerigen Lösung hat die Ei- genschaft, Jodquecksilber in der gelben Modification in nicht unbeträchtlicher Quantität aufzulösen; wendet man rothes Jodquecksilber an, und kocht, so verwandelt sich dasselbe in die gelbe Modification, und löst sich dann erst auf. Lässt man hierauf die Flüssigkeit erkalten, so scheidet sich ein grosser Theil desselben, und zwar immer in der gelben Modilication wieder aus. Das Jodstibmethylium zeigt gegen den elecktrischen Strom ein ganz merkwürdiges Verhalten. Wird eine wässerige Lösung desselben der Electrolyse unterworfen, so scheidet sich am negativen Pol Jod, und ausserdem eine kleine Menge von Sauerstoffgas aus, an der positiven Electrode tritt dagegen eine reichliche Gasentwicklung ein, während zugleich die Flüssigkeit milchig wird, eine alkalische Reaction annimmt, und nach Stibmethyl zu riechen beginnt. Das am posiliven Pol entwickelte Gas, welches an Volum ungefähr das Zehnfache des am andern Pol ausgeschiedenen Sauerstoffgases beträgt, ist anlimon- haltig, es besitzt den Geruch des Stibmeihyls in einem ausgezeichneten Grade, und lässt sich leicht unter Ab- scheidung eines weissen Rauchs entzünden, Wird das- selbe mit einer alkoholischen Jodlösung geschüttelt, so verschwindet die Farbe derselben, und es tritt eine Vo- lumverminderung des Gases ein. Diese Verhältnisse füh- ren auf die Vermuthung, dass der gasförmige Körper reines Stibmethylium sein könnte, obschon seine physi- kalischen Eigenschaften von denjenigen der durch De- süllation von Jodstibmethylium mit Antimonkalium erhal- tenen Verbindung abweichend sind. Die nähere Unter- suchung musste leider wegen Mangel an Material unter- — 558 — bleiben. Da am einen Pol Sauerstoffgas erscheint, findet zugleich noch Wasserzersetzung statt. Wird Stärkekleister mit Jodstibmethylium versetzt, und damit Filtrirpapier bestrichen, so verhält sich ein solches Papier gegen Ozon ganz auf die gleiche Weise wie mit Jodkalium bereitetes, es scheint sogar noch em- pfindlicher zu sein. — Uebergiesst man Natriumamalgam mit wässeriger Jodstibmethyliumlösung, so entstehen fort- während kleine Explosionen, welche von einer Feuerer- scheinung begleitet sind; dabei wird metallischer Antimon abgeschieden. In der allgemeinen Uebersicht über die Verbindun- gen des Stibmethyliums ist schon angeführt worden, dass eine wässerige Lösung von Jodstibmethylium sich durch wiederboltes Abdampfen allmälig zersetzt, indem dabei eine kleine Menge eines gelben, in Wasser unlöslichen Körpers gebildet wird, welcher jedoch nicht näher unter- sucht werden konnte. Gleichzeitig tritt dann immer der Geruch nach Stibmethyl auf. Dieser gelbe Körper er- scheint auch, jedoch nicht immer, wenn festes Jodstib- methylium dem Sonnenlicht ausgesetzt wird. Die Verbrennung der Verbindung geht mit Kupfer- oxyd ganz leicht von statten. In den vordern Theil der Verbrennungsröhre werden Kupferspäne gebracht, um das Jod zurückzuhalten. Die Jodbestimmung des zuvor unter dem Exsiccator getrockneten Salzes geschah auf die gewöhnliche Weise durch salpetersaures Silberoxyd. Man findet hiebei immer 1 %, Jod mehr, als der Formel entspricht, was ausser dem Umstande, dass bei Jodbe- stimmungen gewöhnlich zu viel Jod erhalten wird, noch davon herrühren kann, dass zu diesen Bestimmungen nicht mehr frisches Jodstibmethylium genommen werden konnte. —_— 599 — 1. 0,562 Gramm Substanz gaben: 0,3139 Gr. Kohlensäure = 15,23 % Koblenstoff. 0,2123 Gr. Wasser = 4,19 %, Wasserstoff. 2. 0,918 Gramm Substanz gaben: 0,521 Gr. Kohlensäure = 15,48 % Kohlenstoff. 0,333 Gr. Wasser = 4,03 % Wasserstoff: 3. 1,005 Gramm Substanz gaben: 0,5822 Gr. Kohlensäure = 15,79 % Koblenstofl. 0,3710 Gr. Wasser = 4,10 % Wasserstoff. 4. 0,669 Gramm Substanz gaben: 0,384 Gr. Kohlensäure = 15,65 % Kohlenstoff. 5. 0,436 Gramm Substanz gaben: 0,3296 Gr. Jodsilber = 40,84 %, Jod. 6. 0,598 Gramm Substanz gaben: 0,5975 Gr. Jodsilber = 41,18 % Jod. 7. 0,715 Gramm Substanz gaben: 0,546 Gr. Jodsilber = 41,26 % Jod. 8. 0,546 Gramm Substanz gaben: 0,418 Gr. Jodsilber = 41,36 %, Jod. Gefunden: Tr 8 At. Kohlenstoff 48 15,17 15,23 15,48 15,79 15,65 12 At. Wasserstoff 12 3,79 4,19 4,03 4,10 1 At. Antimon 129 40,86 39,74 39,31 38,35 1 At. Jod 127 40,18 40,84 41,18 41,26 41,36 316 100,00 100,00 100,00 100,00 Formel: (StMe;) Jd. Bromstibmethylium. Diese Verbindung wird am leichtesten durch Zerse- tzung von Jodstibmethylium mit einer heissen Lösung von Bromquecksilber erhalten. Filtrirt man hierauf vom —- 50 — Jodquecksilber ab und dampft ein, so erhält man ein schönes, in Wasser und Weingeist leicht lösliches, in Ae- ther unlösliches Salz, dessen Form nicht genau bestimmt werden konnte. Sein Geschmack ist salzig bitter. Wird es erhitzt, so liefert es weisse, an der Luft sich entzün- dende Dämpfe, eine Ausscheidung von Brom wird dabei nicht beobachtet. Beim Uebergiessen mit concentrirter Schwefelsäure entstehen augenblicklich bromwasserstofl- saure Dämpfe; Salpetersäure scheidet Brom aus. (regen Metallsalze verhält sich eine Lösung von Bromstibmethy- lium ganz wie Bromkalium. Das Bromstibmethylium wurde wie die Jodverbin- dung analysirt. 1. 0,448 Gramm Substanz gaben: 0,3022 Gr. Kohlensäure = 18,39 °/% Kohlenstoff. 0,2036 Gr. Wasser = 5,05 % Wasserstoff. 2. 0,1775 Gramm Substanz gaben: 0,1230 Gr. Bromsilber = 29,49 %, Brom. 3. 0.2496 Gramm Substanz gaben: 0,173 Gr. Bromsilber = 29,51 % Brom. Gefunden: —,——,— 8 At. Kohlenstoff 48 17,84 18,39 12 At. Wasserstoff 12 4,46 5,05 ı At. Antimon 129 47,96 47,07 1 At. Brom 80 29,74 29,49 29,51 269 100,00 100,00 Formel: (StMe;) Br. Chlorstibmethylium. Man erhält diese Verbindung am besten, wenn zu einer wässerigen Lösung von Jodstibmethylium genau so lange eine heisse Sublimatlösung gesetzt wird, als noch | | | — 51 — ein Niederschlag von Jodgnecksilber*) erfolgt. Filtrirt man hierauf, und verdunstet die Flüssigkeit auf dem Was- serbade zur Krystallisation, so scheidet sich das Chlor- stibmethylium in weissen, dem hexagonalen Systeme an- gehörenden Krystallen aus. Sechsseitige Tafeln, wie sie beim Jodstibmethylium vorkommen, konnten ganz deut- lich beobachtet werden. Die Krystalle sind in Wasser sehr leicht löslich, ebenso in Weingeist, fast unlöslich in Aether. Ihr Geschmack ist bitter und salzig. Erbhitzt man das Salz in einem Röhrchen, so bläht es sich auf, und verschwindet beim stärkern Erhitzen nach und nach vollständig, unter Entwicklung sich an der Luft entzün- dender Dämpfe. In dem weissen Beschlag, welcher sich an den kältern Theilen der Röhre absetzt, ist Chloran- timon enthalten. Das Chlorstibmethyliam scheint nicht wie der Sal- miak mit den Magnesiasalzen Doppelverbindungen zu ge- ben, denn versetzte man eine Lösung eines Bittererde- salzes mit Chlorstibmethylium, und fügt hierauf Stibme- Ihyliumoxydlösung oder Ammoniak hinzu, so erfolgt dennoch ein Niederschlag von Bittererdehydrat. Goncentrirte Schwefelsäure entwickelt aus dem Chlor- stibmethylium sogleich chlorwasserstoffsaures Gas. *) Bemerkenswerth ist, dass wenn man heisse Sublimatlö- sung in eine kalle Jodstibmelhyliumlösung giesst, oft ein gelbes voluminöses Jodquecksilber erhalten wird, welches sich nur sehr schwer in die rothe Modifieation überführen lässt. Reiben, Er- hitzen etc. hat fast gar keinen Einfluss auf dasselbe, Wendet man aber sonst eine der zwei Lösungen oder beide kalt oder warm an, und giesst die Sublimatlösung in die Jodstibmelhylium- lösung oder umgekehrt, so erhält man, einzig jenen obigen Fall ausgenommen, zwar auch das Jodquecksilber in der gelben Mo- dification, die sich jedoch dann immer mehr oder weniger schnell von selbst in die rothe umwandelt. —_— 512 — Die Chlorbestimmung geschah durch salpetersaures Silberoxyd. 1. 0,1835 Gramm Substanz gaben: 0,1158 Gr. Chlorsilber = 15,60 %, Chlor. 2 0,1645 Gramm Substanz gaben: 0,1045 Gr. Chlorsilber = 15,70 % Chlor. 8 At. Kohlenstoff 48 21,38 12 At. Wasserstoff 12 5,35 1 At. Antimon 129 57,46 1 At. Chlor 39,9 15,81 15,60 15,70 224,5 100,00 Formel (StMe;,) Chl. Chlorplatin-Chlorstibmethylium. Wird eine wässerige Lösung von Chlorstibmethylium mit Platinchlorid versetzt, so bildet sich ein gelber kry- stallinischer Niederschlag, welcher auf Zusatz von Was- ser und Kochen gelöst werden kann. Beim Erkalten scheiden sich dann kleine Krystalle des Doppelsalzes aus, welche zwischen Papier getrocknet werden. Das Chlorplatin-Chlorstibmethylium bildet ein schön orangegelbes krystallinisches Pulver. Es ist die am schwer- sten lösliche Stibmethyliumverbindung, welche bis jetzt bekannt ist, und steht in Beziehung auf seine Löslich- keit in Wasser zwischen Kaliumplatinchlorid und Natrium- platinchlorid. Mit vielem Wasser übergossen, färbt es dasselbe gelb, löst sich jedoch erst beim Kochen voll- ständig. In Weingeist und Aether ist es ganz unlöslich, sehr schwer löslich in Alkalien, leichter dagegen in Salz- säure. — Erhitzt man das Doppelsalz, so färbt es sich schwarz und entzündet sich sehr bald; zurück bleibt eine zu Kugeln zusammengeschmolzene Legierung von Platin Pl Zu u DE Eu DEE oa Zn Zn ur mit Antimon, aus welcher sich das letztere durch Kochen mit Königswasser nur unvollständig entfernen lässt. Der Gehalt an Platin wurde auf folgende Weise zu bestimmen versucht: 1 Theil der Verbindung wurde mit 2 Theilen gepulvertem Salpeter innig gemengt, darauf 1/g Theil Kalihydrat zugesetzt, und das Ganze in einem Porzellantiegel eine halbe Stunde lang in Fluss erhalten. Die Masse wurde sodann mit Wasser behandelt, das aus- geschiedene rostfarbene Platinoxydkali auf einem Filter gesammelt, getrocknet und schwach geglüht. Den Rück- stand kochte man hierauf mit Salzsäure oder Salpetersäure, und brachte das erhaltene metallische Platin auf ein Fil- trum , wo es gut ausgewaschen, getrocknet und geglüht wurde. Noch feucht darf das Platinoxydkali nicht mit Salzsäure behandelt werden, indem es sich langsam darin auflöst, auch die Zersetzung durch Schwefelsäure ist in der Kälte nicht vollständig.‘ 1. 0,4211 Gramm Substanz gaben: 0,1042 Gr. Platin = 24,75 %. 2. 0,5425 Gramm Substanz gaben : 0,1390 Gr. Platin = 25,62 %. 8 At. Kohlenstoff 48 12,18 12 At. Wasserstoff 12 3,04 1 At. Antimon 129 32,72 ı At. Platin 98,7 25,02 24,75 25,62 3 At. Chlor 106,5 27,02 394,2 100,00 Die Formel ist daher: (StMe;) Chl + PtChls. Cyanstibmethylium. Setzt man zu einer Lösung von Jodstibmethylium eine Lösung von Cyanquecksilber, se entsteht anfangs ein“ — 5 — gelblicher Niederschlag, welcher wahrscheinlich aus Jod- quecksilber besteht, und der sich bald, ohne dass man zu erwärmen braucht, wieder löst. Dabei entwickelt sich besonders beim Erhitzen ein schwacher Geruch nach Blausäure. Dampft man ab, so erhält man harte glän- zende Krystalle, welche ohne Zweifel aus Jodquecksilber und Gyanstibmethylium , entsprechend den Verbindungen des Jodquecksilbers mit Gyankalium, bestehen. Die Un- tersuchungen über diese Verbindung konnten wegen Man- gel an Material nicht weiter fortgesetzt werden. Stibmethyliumoxydsalze. Neutrales schwefelsaures Stibmethyliumoxyd. Dieses Salz erhäli! man am besten auf die Weise, dass eine wässerige Lösung von Jodstibmethylium mit ei- ner heissen Auflösung von schwefelsaurem Silberoxyd genau so lange versetzt wird, als noch ein Niederschlag von Jodsilber erfolgt. Filtrirt man hierauf und dampfı die Flüssigkeit auf dem Wasserbade zur Krystallisation ein, so erhält man farblose Krystalle, welche zwischen Papier gepresst und an der Luft trocknen gelassen wer- den. Die Form derselben scheint rhombisch zu sein, es fanden sich darunter schwerspathähnliche Formen. Diese Krystalle sind wasserhaltig, sie entsprechen der Formel (StMe,)O, SO; + 5 aq. An der Luft ver- wittern sie nicht, bringt man sie aber unter den Ex- siccator, so verlieren sie einen Theil ihres Wassers, und zerfallen zu einem weissen Pulver, der letzte Rest geht jedoch erst dureh Erbitzen auf 100° weg. Wird das Salz in einem Chlorzinkbade stärker erhitzt, so fängt es bei 120 bis 130° an langsam sich zu zersetzen, wobei der Geruch nach Stibmethyl auftritt, es schmilzt dann bei 150°, und in noch höherer Temperatur, bei 180° \ \ h MITTHEILUNGEN NATURFORSHCENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. N 4 wine 1852. Hans Landolt. — Untersuchungen über das Stib- meihylium und seine Verbindungen. (Schluss.) findet vollständige Zerlegung mit Feuererscheinung statt. Auch schon durch längeres Erhalten in einer Tempera- tur von 100° scheint eine allmälige Zersetzung vor sich zu gehen. Das wasserfreie und wasserhaltige schwefelsaure Stib- methyliumoxyd ist in Wasser sehr leicht löslich; über- giesst man das wasserfreie Salz mit Wasser, so erhitzt es sich heftig. In Weingeist sind beide Verbindungen ebenfalls löslich, in Aether unlöslich. Ihr Geschmack ist bitter salzig. Zur Bestimmung der Schwefelsäure wurde das Salz in Wasser gelöst, und die Lösung mit Chlorbaryum ver- setzt. Zu Nr. 1 wurde wasserfreies Salz angewandt, zu Nr. 2 die wasserhaltigen Krystalle, und die Schwefel- säure dann auf die wasserfreie Verbindung berechnet. 1. 0,2963 Gramm wasserfreie Substanz gaben: 0,1475 Gr. schwefelsauren Baryt = 17,09 % Schwefelsäure. 2. 0,2620 Gramm krystallisirte Substanz , entsprechend 0,2222 Gramm wasserfreies Salz, gaben: 0,1086 Gr. schwefelsauren Baryt = 16,18 % Schwefelsäure: 35 — 546 — Das wasserfreie schwefelsaure Stibmethyliumoxyd be- steht demnach aus: 8 At. Kohlenstoff 48 20,25 12 At. Wasserstoff © 12 5,06 1 At. Antimon 129 54,43 1 At. Sauerstoff 8 3,38 1 At. Schwefelsäure 40 16,88 17, 0. 16,78 237 100,00 | Formel: (StMe;,)O, SO;. Wasserbestimmungen. 1. 0,3494 Gramm Substanz verloren durch Trocknen auf dem Wasserbad 0,0531. Gr. Wasser = 15,20 %). 2. 0.6842 Gramm Substanz verloren 0,1070 Gramm Wasser = 15,64 %). Die Zusammensetzung des krystallisirten wasserhalti- gen Salzes ist demnach: Gefunden: u 1 At. (StMe,)O, SO; 237 84,04 84,36 84,80 5.At. Wasser 45 .15,96., „15,64 .. 15,20 282 100,00 100,00 100,00 Formel: (StMe)O, SO; + 5 aq. Es wurde auch versucht, einen Alaun durch Ver- mischen von 1 At. schwefelsaurem Stibmethyliumoxyd mit 1 At. schwefelsaurer T'honerde darzustellen , was aber nicht gelang. Die beiden Salze krystallisirten unverän- dert nebeneinander wieder heraus. Zweifach schwefelsaures Stibmethyliumoxyd. Um dieses Salz darzustellen, bringt man zu einer wässerigen Lösung von 1 At. neutralem schwefelsaurem Stibmetbyliumoxyd genau 1 At. Schwefelsäurehydrat, und erhält dann durch mehbrmaliges 'Umkrystallisiren schöne dV wre TEE a — 547 — harte durchsichtige Krystalle, worunter vierseitige Tafeln mit schief abgestumpften Ecken vorkommen. Das Salz ist in Wasser sehr leicht löslich, in Weingeist schwerer, und in Aether beinahe ganz unlöslich. Es besitzt. einen stark sauren, und. hinterher bittern Geschmack. Beim Erhitzen verhält es sich ganz wie die neutrale schwefel- saure Verbindung. Wird das Salz in wenig Wasser ge- löst, mit Weingeist. versetzt und durch Aether wieder ausgefällt, so erhält man durch mehrmalige. Wiederho- lung dieser Operation zuletzt das neutrale schwefelsaure Stibmethyliumoxyd. In dieser Beziehung verhält es sieh also ganz wie das saure schwefelsaure Kali. Krystallwasser enthält das’ Salz keines. Das basische Wasser konnte wie beim sauren schwefelsauren Kali durch Erhitzen auf 120° nicht ausgetrieben werden, ‚Die Analyse der Verbindung geschah auf die ge- wöhnliche Weise. | 1. 0,671 Gramm Substanz gaben: 0,421 Gr. Kohlensäure = 16,98 %, Kohlenstoff. 0,268 Gr. Wasser = 4,43 % Wasserstoff. 2. 0,4118 Gramm Substanz gaben: 0,3360 Gr. schwefelsauren Baryt= 28,01 %) Schwefelsäure. 3. 0,178 Gramm Substanz gaben: 0,146 Gr. schwefelsauren Baryt = 28,15 % Schwefelsäure. Gefunden. 8 At. Kohlenstoff 48 16,78 16,98 13 At. Wasserstoff 13 4,55 4,43 1 At. Antimon 129 45,11 2 At. Sauerstoff 16 5,59 2 At. Schwefelsäure 80 27,97 28,01 28,15 286. 100,00 Formel: (StMe,)O, HO + 2 SO;. — 548 — Salpetersaures Stibmethyliumoxyd. Eine wässerige Stibmethyliumoxydlösung wird so lange mit salpetersaurem Silberoxyd versetzt, bis kein Niederschlag von Jodsilber mehr erfolgt, sodann abfiltrirt und zur Krystallisation eingedampft. Die Krystalle sind wasserfrei. Die Form derselben konnte nicht genau bestimmt werden, lässt man aber einen Tropfen der wässerigen Lösung des Salzes auf ei- ner Glasplatte unter dem Mikroscop verdunsten, so be- merkt man ganz die gleichen grobstrahligen Formen wie bei Salpeter. — In Wasser ist däs salpetersaure Stib- methyliumoxyd sehr leicht löslich, in Weingeist und Ae- ther schwer. Es besitzt einen bittern und zugleich her- ben Geschmack ; kühlend kann er nicht genannt werden. Erhitzt man das Salz, so stösst es anfangs weisse Dämpfe aus, welche sich bald entzünden, und dann verpufft die ganze Masse schnell mit grosser weisser Flamme, ganz ähnlich wie ein Gemenge von Salpeter mit Kohle. — Es scheint dieses Salz sehr beständig zu sein, denn man kann es mit concentrirter Schwefelsäure kochen, obne dass eine Zersetzung erfolgt. Die Salpetersäurebestimmung ist auf folgende Weise vorgenommen worden: Die Verbindung wurde in Was- ser gelöst, mit einem Ueberschuss von Barytwasser ver- setzt, und die Flüssigkeit auf dem Wasserbade zur Trock- niss eingedampft. Der Rückstand wurde mit Weingeist behandelt, und in die Flüssigkeit Kohlensäuregas_ gelei- tet, um eine etwaige in Weingeist lösliche Verbindung von Baryt mit Stibmethyliumoxyd zu versetzen, welche sich aber nicht zu bilden scheint, da sich kein kohlen- saurer Baryt ausschied. Der Weingeist wurde abgegos- sen, der Rückstand in Wasser gelöst, durch Kohlensäure — 549 — der überschüssige Baryt gefällt, und hierauf aus der vom kohlensauren Baryt abfltrirten Lösung des salpetersauren Baryts der Baryt durch Schwefelsäure gefällt. 1. 0,6054 Gramm Substanz gaben: 0,2730 Gr. schwefelsauren Baryt = 20,91 % Salpetersäure. --8 At. Kohlenstoff 48 19,13 12 At. Wasserstoff. 12 4,78 1 At. Antimon 129 51,39 1 At. Sauerstoff 8 3,19 1 At. Salpetersäure 54 21,51 20,91 MERaPMee "7 mr" 7 een Formel: (StMe,)O, NO;. Kohlensaures Stibmethyliumoxyd. Das einfach koblensaure Salz erhält man durch Zersetzung eiuer wässerigen Lösung von Jodstibmethylium mit frisch gefälltem koblensaurem Silberoxyd. Wird die filtrirte Flüssigkeit auf dem Wasserbade eingedampft, so bleibt eine undeutlich krystallisirte, etwas gelblich gefärbte durchsichtige Masse zurück, welche an der Luft sehr leicht zerlliesst, alkalisch reagirt; und in Wasser und Wein- geist leicht, in Aether sehr schwer löslich ist. Ihr Ge- schmack ist bitter und laugenartig. Die Verbindung ist sehr unbeständig, indem sie bald nach Stibmethyl zu rie- chen anfängt. Beim Erhitzen verhält sie sich wie die üb- rigen Stibmethyliumverbindungen; Krystallwasser scheint sie keines zu enthalten. Leitet man: in die ‚Leitung des einfach sauren Salzes oder in eine Stibmethyliumoxydlösung Kohlensäuregas , und dampft nachher ab, so erhält man das zweifach kohlensaure Stibmethyliumoxyd. Dasselbe kry- stallisirt schwer in kleinen sternförmig gruppirten Nadeln, = „u — welche an der Luft zerfliessen, ist in Wasser und Wein- geist leicht löslich, in Aether unlöslich. Es reagirt al- kalisch und besitzt einen bittern Geschmack. In fester Form aufbewahrt, zersetzt es sich wie die einfach koh- lensaure Verbindung ebenfalls sehr bald. Die wässerige Lösung dieses Salzes entwickelt beim Erhitzen Kohlensäu- regas, und giebt mit neutralen Bittererdesalzen keinen Niederschlag. Diese beiden Verbindungen konnten ihrer Zerfliess- lichkeit und leichten Zersetzbarkeit nicht analysirt wer- den, sie entsprechen aber ohne Zweifel den Formeln: (StMe,)O, CO; und (StMe,)O, HO + 2C0z. Essigsaures Stibmethyliumoxyd entsteht durh Zersetzung von Jodstibmethylium mit essigsaurem Silber- oxyd. Diese Verbindung ist noch unbeständiger, als das kohlensaure Salz; ‘wird die wässerige Lösung derselben eingedampft, so erhält man eine dunkel gefärbte, syrup- dicke, nach Stibmethyl riechende Masse, welche nicht vollständig zum Krystallisiren gebracht werden kann. Saures weinsaures Stibmethyliumoxyd ist in Wasser viel leichter löslich, als das saure weinsaure Kali. Oxalsaures Stibmethyliumoxyd erhält man, wenn eine Lösung von Stibmethyliumoxyd mit Oxalsäure neutralisirt wird. Wird die Flüssigkeit abgedampft, so resultirt ein deutlich krystallisirtes, beständiges Salz, wel- ches in Wasser leicht, in Weingeist schwerer löslich ist, an der Luft allmälig zerfliesst, und eine bedeutende Quan- tität Krystallwasser enthält. H. H. Denzler, Ingenieur. — Ergebnisse 31jäh- riger Gewitterbeobachtungen von Hundwil bei Herisau, 1821 — 1851. Die mittlere absolute Höhe der Gegend, wo diese Beobachtungen angestellt worden sind (= 800"), die an- sehnliche Zahl ‘von Beobachtungsjahren (= 31, nämlich von'1821—51) und der glückliche Umstand, dass sämmt- liche Aufzeichnungen vom gleichen Beobachter (ein We- ber von Beruf und, wie mir Hr. Landammann Näf von Herisau, dem ich die Zusendung verdanke, schreibt, ein verständiger alter Mann) herrühren, endlich die ziemlich grosse Zahl der Gewitter (= 457, nebst 13 Hagelfällen) verleihen diesen Ergebnissen einen hohen Werth. Mit den 90jährigen Gewitteraufzeichnungen von Zü- rich (deren Mittheilung später erfolgen wird) verglichen, fällt vorerst der gänzliche Mangel an Wintergewittern in Hundwil auf. Allerdings ist Eines unterm 31. Jänner 1844 notirt, sonst aber vom 4. Oktober bis letzten Februar, d. h. während beinahe 5 Monaten, keines mehr, binnen welcher Zeit die Züricher Beobachtungen 41 ergeben und sich daher nach Analogie für Hundwil hätten 14 erwar- ten lassen. Dieser auffallende Unterschied, der in gerin- germ Maasse auch in den Herbstmonaten auftritt, muss wahrscheinlich der um 400” höhern Lage Hundwils oder seiner niedrigern Temperatur, dem Vorherrschen anderer Winde und andern Bewölkungsverhältnissen, als Zürich sie besitzt, zugeschrieben werden. Die grössere Höhe oder die niedrigere Temperatur vermag wohl nur den Mangel der Wintergewitter, nicht aber das spärliche Auf- treten der Gewitter im Herbste gegenüber dem häufigen im Frühling zu erklären. Aus den 457 Beobachtungen von Hundwil folgt, — 552 — durchschnittlich 14.7 Gewitter auf ein Jahr fielen, wäh- rend in Zürich nach 90jährigen Aufzeichnungen im Mit- tel 19.3, in Bevers nach 5jährigen Beobachtungen 3.8 Gewitter per Jahr vorgekommen sind. Mit den absolu- ten Höhen von Zürich (410”), Hundwil (790”) und Be- vers (1710”) verglichen, zeigt es sich zufälliger Weise, dass die Gewitterzahl genau im umgekehrten Verhältniss der Höhenlage steht, und es würde diese Anschauungs- weise zu dem Schlusse führen , dass über 2030” absolu- ter Höhe keine Gewitter mehr vorkommen, welcher Schluss jedoch unrichtig wäre. Bekannt ist das verderb- liche Gewitter, welches Hr. Oberst Buchwalder auf dem Säntis in 2504” Höhe erlebt hat, und auch ich habe in nahe gleicher Höhe ein sehr heftiges auf dem Heidelspitz (2430”) in Kalfeusen durchgemacht; der vielen Vergla- sungen, die auf den höchsten Punkten dnr Alpen beo- bachtet worden sind, nicht zu gedenken. Die Eintheilung nach den Jahreszeiten und den ein- zelnen Monaten führt zu nachstehenden Ergebnissen, de- nen ich die zürcherischen an die Seite stelle. Hundwil, 31 Jahre. Zürich, 90 Jahre. Dezember — Gewitter. Dezember 4 Gewitter. Jänner 1 » Jänner 4 » Februar — $ Februar 8 » März g s März 18 y April 32 » April 131 y Mai ar ” Mai 251 ” Juni 109 " Juni 407 » Juli 112 » Juli 362 y August 97 " August 401 > Septemb. 18 » Septemb. 118 » Oktober 2 ® Oktober 21 g November — = November 10 B el a m | 3 M } h ar e L —_— 559 — also: Winter in Hundwil 1, Zürich 16 Gwit. Verhältniss 62:1000, Frühling 9,» 118, ,„ 400 , ».295:1000, Sommer , 318, : ,„ 1170 ', »...272:1000, Herbst FI BEZ 1 BETZRE | | uEer y 134:1000, oder nach Massgabe der beidseitigen Gesammizahlen ist das Verhältniss in der Vertheilung der Gewitter in Hund- wil und Zürich im Winter = 237:1000, d.h. nahe wie 1:4, Frühling = 1120:1000, » » » 10:9, Sommer = 1033 : 1000, ,„ BERTIN I PU, Herbst = 509: 1000, , EN, 77:2 Nach 10tägigen Zeiträumen (mit dem gleichen Aus- gangspunkte) behandelt, stellen sich die beidseitigen Er- gebnisse wie folgt: In Hundwil. In Zürich. Jänner 22—31. Jänner 1 Gewitter, 1 Gewitter. Februar 1—10. Febr. — u 1 y » 11—20. ,„ — » 4 » » 21—2. März 1 9 3 5 März- 3—12. „ 2 “ 3 x » 13—22. „ 3 » 6 » » 23—1. April 4 1 10 > April 2-11. 5 6 " 32 “ » 12—21. „ 13 y» by) » » 232—1. Mai 13 5 52 » Mai 2-1. , Mi 0 FR » 12—21. „ 25 » 74 „ DR, RT PER 12 , Juni 1—10. Juni 41 » 114 » » 1 1—20. » 33 » 155 » » 21—30. » 35 » 138 » Juli 1—10. Juli 35 » 102 » —_— 554 — In Hundwil. In Zürich. Juli 11-20, Juli 40 Gewitter. 121 Gewilter. u Er ee 122 0, » 0319. August 43 „ 13B ige August 10-19. »„ 30, 15.64 TION Athen er a Ma oo, » 30-8. Septbr. 15 , BER Septbr. 9—18. , 4 5 48 ® 3 204, 192 3BLior, Aa 2, » 29—8. Oktbr. 2 $ 16 5 Die in Zürich auftretenden Maxima im April, Juni, August und Oktober fehlen in Hundwil, ungeachtet der weit geringern Zahl von Beobachtungsjahren, nicht nur nicht, sondern sind eben so entschieden wie daselbst. Nur treten sie im Juni und August einige Tage früher ein, was mit dem Vorherrschen der Frühlingsgewitter im Zusammenhange stehen möchte. Es ist dies Ergebniss um so bedeutsamer, als nur 21 Jahre der Hundwiler Beobachtungen (1821, 31—50) mit Zürcherischen kor- respondiren, 10 Jahre dagegen aus andern Zeiten (1821 bis 27, 29, 30, 51) stammen. Stellt man ferner die in Zürich durch die grössten oder geringsten Gewitterzahlen ausgezeichneten Tage einander gegenüber und trägt dies Verfahren für die gleichen Tage auf Hundwil über, so erhält man nach- stehende Uebersicht der in resp. 90 und 31 Jahren im Durchschnitt auf Einen dieser extremen Tage (d. h. für Zürich extrem) gefallenen Gewitterzahl. _ Hundwil. Zürich. Max. Min. Max. Min. März 0.3 0.2 1.4 0.0 April 1.8 08 753045 Mai 3.2 2.0 11.5 3.5 Juni - Juli August Septemb. Mittel: Wenn auch das Verhältniss an den zwei Orten merk- lich verschieden ist, so behalten doch die gleichen extre- men Tage von Zürich auch in Hundwil in jedem Monat ihren Charakter noch sehr entschieden bei, so dass also die Uebereinstimmung selbst in den einzelnen ausgezeich- — 555 Hundwil. Max. Min. 37 2.4 4.0 3.2 4.6 2.0 1.6 0.2 Hr; 1.6 Zürich. Max. Min. 18.0 10.3 13.1 8.2 17.2 8.4 9.4 1.5 10.6 4.3 neten Tagen sich nicht verläugnet. Stellt man schliesslich den 31 Jahren von Hundwil die 69 Jahre von Zürich, welche damit nicht concidiren, gegenüber, so ergibt sich: April: Mai: » Juni: » Juli: » August: » September: » Hundwil 2.2 : 3.3: 3.8: 59 .: 4.6 : TE 0.3 2.5 2.0 3.8 2.7 0.2 Züricb 5.0 : 9 14.0 : 12,0. 13.2 :: 6:5,3 » 8.0 Mittel in Hundwil 3.5 : 1.9, in Zürich 9.8 : also ebenfalls die befriedigendste Uebereinstimmung. Der aufgezeichnelen Hagelfälle in und um Hundwil Diese veranlassen keine sind nur 13 in den 31 Jahren. nähere Auseinandersetzung. 0.8 7.5 9.0 9.7 0.5 3.8 — 56 — Prof. Carl Löwig. — Ueber Zinnäthyle, neue aus Zinn und Aethyl bestehende organische Radicale. Die Untersuchungen, welche im hiesigen chemischen Laboratorium über die Einwirkung des Jodäthyls, Jod- methyls etc, auf Legirungen von Antimon und Wismuth mit Kalium vorgenommen wurden, an welche sich eine neue über das Arsenäthyl anschliesst, mit welcher Herr Landolt gegenwärtig beschäftigt ist, haben zu dem Re- sultate geführt, dass sich diese Metalle mit Aethyl, Me- thyl, Amyl in demselben Verhältnisse vereinigen, wie mit dem Wasserstoff, und Verbindungen bilden, welche mit dem Ammoniak und dem Ammonium in chemischer Be- ziehung und in der Zusammensetzung übereinkommen. Es war daher interessant zu erforschen, wie sich Me- talle, welche nicht zu der Gruppe des Antimons gehören, zu den genannten Radicalen verhalten, und ich unterwarf zu diesem Zwecke die Legirungen des Zinns und Bleis mit Natrium der Einwirkung des Jodäthyls. In vorlie- gender Abhandlung theile ich die Resultate mit, zu denen ich durch die Reaction des Jodäthyls auf Zinnnatrium- gelangte. War auch die Untersuchung des Stibäthyls, Stibmethyls etc. mit Schwierigkeiten verknüpft, welche wesentlich in der leichten Oxydirbarkeit dieser Körper bestanden, so wurde doch die Arbeit insofern erleichtert, als bei der Einwirkung des Jodäthyls, Jodmethyls etc. auf Antimon- und Wismuthkalium nur eine Verbindung gebildet wird und die Metalllegirungen leicht und ohne Kosten durch Glühen von Weinstein mit den genannten Metallen darstellbar sind. ' Bei der Reaction des Jodäthyls auf Zinnnatrium hingegen entstehen gleichzeitig eine ganze — 59571 — Reihe von Radicalen und Verbindungen derselben mit Jod, deren Trennung nur nach zahlreichen analytischen Untersuchungen gelang, und ausserdem kenne ich bis jetzt, um Legirungen von Zinn mit Kalium oder Natrium ° zu erhalten, keinen andern Weg als den directer Vereini- gung dieser Metalle. Alle Versuche, durch Glühen von Weinstein oder andern organischsauren Kali- oder Na- tronsalzen mit Zinn oder dessen Oxyde eine Legirung zu gewinnen, gaben ein negatives Resultat. Ist daher die vorliegende Arbeit nicht in der Art vollendet und ge- rundet, wie man wohl zu erwarten das Recht hat, so glaube ich doch auf eine nicht zu strenge Beurtheilung derselben Anspruch machen zu dürfen. Die Schwierig- keiten, mit denen ich beim Beginn meiner Untersuchung zu kämpfen hatte, bestanden noch ganz besonders darin, dass ich bei Wiederholung der Versuche oft ganz andere Resultate erhielt. Je nach dem Verhältniss zwischen Zinn und Natrium in der Legirung, je nach der Menge von Quarzsand, welche derselben zugesetzt wurde um die heftige Einwirkung des Jodäthyls zu mässigen, je nach- dem die Legirung oder das Jodäthyl im Ueberschuss zu- gegen war, entstanden zum Theil andere Verbindungen, und erst als auf diese Verhältnisse genaue Rücksicht ge- hommen wurde, und was beim Beginn der Arbeit nicht vorausgesehen werden konnte, erhielt dieselbe eine ein- fachere und bestimmtere Gestalt und in dem gleichen Maasse wurde es möglich, die scheinbar vereinzelten Thatsachen zu vereinigen. Zur Darstellung der Verbindungen, welche das Zinn mit dem Aethyl bildet, kann sowohl Zinnkalium als Zinn- natrium der Einwirkung des Jodäthyls unterworfen wer- den. Beim Beginn meiner Untersuchung habe ich Zinn- kalium angewandt; die Natriumlegirung hat jedoch ver- — 58 — schiedene Vorzüge, sie ist viel spröder und desshalb leich- ter zu pulvern als die des Kaliums, auch entzündet sie sich nicht beim Reiben, was bei der letztern stets der Fall ist, ferner. vereinigt sich das Natrium leichter ‚mit dem, Zinn als das Kalium. Ueberhaupt bietet die Dar- stellung des Zinnnatriums gar keine Schwierigkeiten dar; man schmilzt das Zinn bei mässigem Feuer in einem ge- wöhnlichen irdenen Tiegel und setzt das Natrium, ‚noch mit Steinöl befeuchtet, in kleinen Quantitäten hinzu, wo- bei, wie sich von selbst versteht, die Luft so viel wie möglich abgehalten werden muss, und wozu das noch anhängende Steinöl, welches sich sogleich entzündet, we- sentlich beiträgt. ist das Natrium geschmolzen, so rührt man mit einem eisern Stabe um, wodurch es sogleich und ohne Feuererscheinung vom Zinn aufgenommen wird. Ist das Natrium vollständig eingetragen, so wird Tiegel und Ofen geschlossen und die Masse langsam erkalten gelassen: Die Operation muss schnell beendigt werden; in einer Viertelstunde kann man sich leicht 2 bis 3 Pfd. der Legi- rung bereiten. Wendet man auf 1 Theil Natrium 3 bis 4 Theile Zinn an, aber nicht mehr , so findet beim Erstarren der Masse eine starke Ausdehnung statt, wodurch ‚der Tiegel jedesmal zersprengt wird; bei einem Verhältniss von 1 Theil Natrium auf 6 Theile Zion wird diese Aus- dehnung nicht beobachtet. Diese Legirung ist vollkom- men krystallinisch, silberweiss und lässt sich in dicken Stücken und bedeckt mit Quarzsand in einem wohl. ver- schlossenen Glase ohne sichtbare Veränderung lange auf- bewahren. Zur. Ausführung der Operation dienen kleine Glas- kölbchen von 3 bis 4 Unzen Inhalt. In jedes Kölbchen kommt ein inniges Gemenge von ca. 4 Loth der Legi- rung mit 1 bis 1'/ Theilen Quarzsand. Die. Legirung L — 360 — wird in einem eisernen Mörser schnell fein zerrieben und der Sand in kleinen Quantitäten zugesetzt. In längstens 2 Minuten muss das Kölbehen mit der Mischung gefüllt sein. Dieselbe wird momentan mit so viel Jodäthyl innig durch Schütteln gemengt, dass das Ganze einen dicken Brei bildet, und dann schnell die Destillationsröhre auf- gesetzt. In einigen Minuten und um so rascher, je mehr Natrium die Legirung enthält, beginnt die Einwirkung unter starker Erhitzung.' Ist das im Ueberschuss zuge- setzte Jodäthyl abdestillirt, so wird der Kolben noch warm luftdicht verschlossen und die gleiche Operation mit einem zweiten Kolben vorgenommen. In einer Stunde kann man, wenn sich 2 Personen in die Hände arbeiten, die Operation 16 Mal wiederholen; dazu ist 1 Pfd. Jod- ‚äthyl nöthig. Ist der Kolbeninhalt vollständig erkaltet, so wird die Masse nochmals mit Jodäthyl befeuchtet. In der Regel tritt nach 5 bis 8 Minuten, besonders wenn die angewandte Legirung aus 1 Theil Natrium und 4 Theilen Zinn besteht, eine heftige Reaction ein; und _ sollte nach abermaligem Erkalten eine kleine Menge des Kolbeninhaltes in Wasser gebracht eine Wasserstoffgas- entwicklung veranlassen, so muss zum dritten Mal Jod- äthyl zugesetzt werden. Die Reaction, die eintritt, ist immer noch mit einer so starken Wärmeentwicklung verbunden, dass das im Ueberschuss zugesetzte Jodäthyl vollständig abdestillirt. Nach dem Erkalten ist die Masse in. den Kolben vollkommen trocken und staubig; sie be- sitzt eine gelbliche Farbe und einen unerträglichen Ge- ruch. ‘Der Kolbeninhalt wird nun in eine mit Aether so weit gefüllte Flasche gebracht, dass derselbe noch Raum hat und das Ganze umgeschüttelt werden kann. Auf 16 Kolben wendet man 41/ bis 5 Pfund Aether an. Die Flasche wird nun lose (nicht luftdicht) verschlossen, und — 560 — der Aether 1 bis 2 Stunden unter öfterm Umschütteln mit der Masse in Berührung gelassen. Hierauf wird die tief dunkelgelbbraun gefärbte Lösung klar in eine mit Kohlensäure gefüllte Flasche gegossen, und in derselben 1/, bis 1 Stunde gelassen. Während dieser Zeit scheidet sich, besonders wenn die Luft nicht vollständig aus der Flasche entfernt war, ein brauner Körper aus, welcher auf einem Filter gesammelt, an der Luft zu einer weissen, geruchlosen Masse eintrocknet. In der ätheri- schen Lösung befinden sich nun 5 bis 6 organische Ra- dicale und eine Anzahl Jodverbindungen; die letztern sind um so reichlicher vorhanden, wenn der Kolbeninhalt kein unzersetztes Zinnnatrium mehr enthält; im entgegenge- setzten Falle und wenn die Legirung aus 1 Theil Natrium und 6 Theilen Zinn besteht, haben sich gewöhnlich nur die Radicale gebildet. Um Wiederholungen zu vermeiden nehme ich an, dass eine aus 1 Theil Natrium und 6 Theilen Zinn zu- sammengeselzte Mischung angewandt wurde, und sich im Aether sowohl die Radicale als die Jodverbindungen ge- löst finden. Die Radicale sind in Weingeist, selbst in absolutem unlöslich, oder doch schwer löslich, während die Jodverbindungen selbst von wasserhaltigem Weingeist leicht aufgenommen werden. Aus einer mit Weingeist vermischten Lösung von salpetersaurem Silberoxyd fällen die Radicale in der ätherischen Lösung sogleich metalli- sches Silber in Gestalt eines schwarzen Pulvers; die Jod- verbindungen hingegen geben momentan einen Nieder- schlag von Jodsilber. Bei gewöhnlicher Temperatur er- scheinen die Radicale dickflüssig wie Terpentin, oder von der Consistenz des Baumöls; sie sind in Wasser total unlöslich und besitzen zu demselben keine Adhäsion. Ihr Geruch ist: nicht besonders hervorstechend , aber MITTHEILUNGEN NATURFORSHCENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. ON 5. enge 1852. Prof. Carl Löwig. — Ueber Zinnäthyle, neue aus Zinn und Aeihyl bestehende organische Radiecale. { Fortsetzung.) schwer zu bezeichnen, er erinnert schwach an faulende Früchte; reibl man einen Tropfen zwischen den Fingern, so tritt der Geruch des Zinnes auffallend stark hervor. Der Geschmack ist unangenehm scharf brennend. Sie entzünden sich nicht an der Luft, rauchen auch nicht an derselben; aber angezündet brennen sie mit stark leuchtender Flamme unter Verbreitung eines dichten weis- sen Rauches von Zinnoxyd und unter Funkensprühen. Lässt man die ätherische Lösung der Radicale freiwillig an der Luft verdunsten, so findet eine langsame Oxydation statt, und man erhält die Oxyde derselben. Diese Oxyde bleiben entweder als weisse amorphe, in Wasser, Wein- geist und Aether unlösliche Pulver, oder als syrupdicke Massen zurück, welche nach einiger Zeit krystallisiren, sich schwer in Wasser, aber leicht in Weingeist und auch in Aether lösen. In dieser Beziehung zerfallen die Radicale in 2 scharf geschiedene Klassen. Die in Weingeist un- löslichen Oxyde werden durch Ammoniak aus ihren salz- artigen Verbindungen gefällt; ‘die in Weingeist löslichen 36 —_. Bala hingegen scheiden das Ammoniak aus, sind ‚überhaupt sehr starke Basen und bläuen rothes Lakmuspapier wie die Alkalien. Die der ersten Klasse geben mit den Säu- ren Salze, welche sämmtlich krystallisiren, und ebenso verhalten sich auch die Haloidverbindungen, sie sind fast geruchlos, während die Haloide der zweiten Klasse flüs- sig erscheinen und einen dem Senföl ähnlichen Geruch besitzen, der an Intensität-von wenig Stoffen übertroffen wird. Sämmtliche Radicale entzünden sich unter Explosion, wenn sie mit einigen Tropfen rauchender Salpetersäure übergossen werden ; verdünnte Säure wirkt auf die Ra- dicale ein wie auf die Metalle und es bilden sich unter Entwicklung von Stickoxydgas salpetersaure Salze. Mit den Salzbildern vereinigen sich die Radicale mit der grössten Heftigkeit, die sich bei Brom und Chlor mo- mentan bis zur Entzündung steigert; sie, zersetzen die Wasserstoffsäuren unter Entwicklung von Wasserstoffgas und Bildung von -Haloiden. Aus diesen Verhältnissen geht hervor, dass sich diese Radicale ganz ‚wie. positive Metalle verhalten und dass jedes einzelne, gleich einem Metall, die. Quelle für eine Menge von Verbindungen ist. Durch die nun folgende Untersuchung ‚soll allein nur die Natur der: Radicale festgestellt und. deren Zu- sammensetzung ermittelt werden. _ Von den Verbindungen sind desshalb nur so viele näher beschrieben, als ‚nöthig schien zur Charakterisirung derselben. Eine,genaue Un- tersuchung der Verbindungen soll der Gegenstand einer besondern Arbeit sein, deren Resultate seiner Zeit be- kannt gemacht, werden sollen. In Beziehung auf die Elementaranalyse bemerke ich im Allgemeinen, dass die Kohlen- und. Wasserstoffbe- stimmung mit Kupferoxyd vorgenommen wurde, welchem etwas chlorsaures Kali beigemengt war. In den vordern — 563 — Theil der langen Verbrennungsröhre wurden Kupferspäbne gebracht, welche den überschüssigen Sauerstoff vollständig aufnahmen. Die Bestimmung des Zinnes bietet Schwie- rigkeiten dar. Dasselbe ist in den. Radicalen so innig gebunden, wie der Koblenstoff, Während beim Erhitzeu des Stibäthyls, Wismuthäthyls und der mit ‚denselben verwandten Stoffen das Metall. vollständig abgeschieden wird, bilden sich beim Glühen der Zinnradicale eine Menge zinnhaltiger flüchtiger Destillationsprodukte, die ein besonderes Studium verlangen und von denen in gegen- wärtiger Abhandlung nicht die Rede ist. Obgleich die Salpetersäure mit Heftigkeit auf die Radicale einwirkt, erfolgt doch auch bei Anwendung starker Säure voll- ständige Lösung ohne Ausscheidung von Zinnoxyd. Wird die Lösung verdunstet und der Rückstand vorsichtig in ‘einer bedeckten Platinschaale geglüht, so erhält man 3 bis 4. % und oft noch weniger Zinnoxyd als dem Zinn- gehalte der Verbindung entspricht. Nur wenn man den Rückstand von Neuem mit concentrirter Säure behan- delt, abermals abdampft und die Operation 8, bis 9: Mal wiederholt, kann man ‚ziemlich gute Resultate erhalten, versteht sich, wenn, die salpetersaure Verbindung nicht flüchtig, was bei einigen der Fall ist. Mehrere Zinn- bestimmungen wurden auf diese Weise, ausgeführt. Kö- nigswasser kann wegen der Flüchtigkeit des ‚Ghlorzions nicht angewandt werden. Die besten Resultate erhält “man, wenn die Verbindung mit Kupferoxyd,. jedoch ohne Zusatz. von chlorsaurem Kali, in einer Verbrennungsröhre verbrannt und der Rückstand in der Röhre mit Salpe- tersäure behandelt wird, wo dann das Zinnoxyd zurück- bleibt... Ich habe jedoch fast nur bei den Radicalen Zinn- bestimmungen. gemacht; war einmal die Quantität des Metalls in denselben festgestellt, so ergab sich ‚bei den — 564 — Verbindungen der Gehalt des Zinns aus dem Verluste. Die Verbindungen der Radicale verhalten sich so vollstän- dig wie ‚die unorganischen Salze, dass die Analysen der- selben keine weitere Schwierigkeiten darbieten. Bei den Jodbestimmungen ist es rathsam, nach der Fällung mit salpetersaurem Silberoxyd noch ein wenig Salpetersäure hinzuzusetzen. Nach diesen allgemeinen Bemerkungen wende ich mich nun an die Untersuchung der in der ätherischen Lösung vorkommenden Substanzen. Unterfuchung der bei der Einwirkung des Iodäthyls auf Binnnatrium gebildeten Subftanzen. Die ätherische Lösung der bei der Einwirkung des Jodäthyls auf Zinnnatrium gebildeten Radicale und der Jodverbindungen wird mit 1/ıo bis 1/2 absolutem Wein- geist vermischt und der Aether auf dem Wasserbade voll- ständig abdestillirt. Auf dem Boden der Retorte befindet sich nun eine dunkelrothe, fast schwarze Masse von ter- pentinartiger Consistenz, von welcher die weingeistige Lösung noch heiss in ein mit Kohlensäure gefülltes Ge- fäss abgegossen wird. Nach 24stündigem ruhigen Ste- hens scheidet sich eine beträchtliche Menge eines gelb ge- färbten Oeles aus, von welcher die klare weingeistige Flüssigkeit abgegossen wird. Obgleich die Radicale in Weingeist fast unlöslich sind, wenn sie isolirt mit dem- selben in Berührung kommen, so findet sich doch in der weingeistigen Lösung noch eine nicht wunbeträchtliche Menge derselben vor. Man setzt nun zu derselben tro- pfenweise Wasser, wodurch fast farblose ölige Flüssig- keiten gefällt werden, welche man einzeln am besten un- ter Wasser in gut verschlossenen Gefässen aufbewahrt. Mit dem Wasserzusetzen fährt man so lange fort, bis eine Kos — 6 — Probe aus einer mit Weingeist versetzten Lösung von sal- petersaurem Silberoxyd kein metallisches Silber mehr, son- dern reines Jodsilber fällt. Das Gefällte sind die Radicale und in der Lösung befinden sich die Jodverbindungen. Untersuchung der Radicale. Die Untersuchung der Radicale zerfällt: 1) in die Untersuchung der dunkelgefärbten terpen- inartigen Masse, welche sich beim Abdestilliren des Aethers aus der heissen weingeistigen Lösung ausge- schieden ; 2) in die Untersuchung des gelbgefärbten Oeles, welches sich nach 24 Stunden aus der kalten weingeisti- gen Lösung abgesetzt, und 3) in die Untersuchung der ölartigen, farblosen . Flüssigkeiten, welche durch Wasser aus der weingeisti- gen Lösung gefällt wurden. 1. Untersuchung der dunkelgefärbten (erpentinarligen Masse. \ Diese Masse wird selbst von kochendem Weingeist nur in sehr geringer Menge aufgenommen und sie scheidet sich nach dem Erkalten der Lösung wieder vollständig aus. Setzt man zu der dunkelrothen ätherischen Lösung derselben Weingeist in kleinen Quantitäten, so scheidet sich sogleich eine fast schwarze schmierige Masse aus, und in dem Verhältniss als diese Ausscheidung stattfindet, entfärbt sich die Lösung. Diese gefällte Masse gab bei der Analyse folgende Resultate: 0,741 Grm. Substanz gaben: 0,528 Grm. Kohlensäure = 19,45 Kohlenstofl. 0,279 Grm. Wasser — 4,17 Wasserslofl. 0,548 Grm. Substanz gaben: 0,422 Grm. Kohlensäure = 24,89 Kohlenstofl. 0,229 Grm. Wasser — 4,61 Wasserstofl. — 66 — Lässt man die ätherische Lösung an der Luft freiwillig verdunsten, so scheidet sich ein weisses Pulver aus , wel- ches zu einer zusammenhängenden Masse eintrocknet. Die bei 100° ausgetrocknete Substanz gab folgende Re- sultate: 0,500 Grm. Substanz gaben: 0,341 Grm. Kohlensäure — 18,60 Kohlenstofl. 0.186 Grm. Wasser — 420 Wasserstofl. 0,710 Grm. Substanz gaben: 0,475 Grm. Kohlensäure = 18,31 Kohlenstofl. 0,256 Grm. Wasser — 418 Wasserstofl. Oben ist angegeben, dass sich öfters aus der ätherischen Lösung ein Körper ausscheidet, welcher zu einer zusam- menhängenden Masse eintrocknet. Es ist diess dieselbe Substanz, wie aus folgender Analyse hervorgeht: 0,634 Grm. Substanz gaben: 0,420 Grm. Kohlensäure = 18,12 Kohlenstoff. 0,260 Grm. Wasser — 433 Wasserstoff. Diese Verbindung wurde in Salzsäure, welche mit Wein- geist verdünnt war, gelöst, die Lösung mit Wasser und Aether geschüttelt, und die ätherische Lösung, welche sich ausgeschieden, verdunstet. Es wurde ein schönes perlmutterglänzendes Salz erhalten. 0,500 Grm. dieses Salzes gaben: 0,147 Grm. Ghlörsilber — 7,20 Chlor. Fasst man diese Resultate zusammen, so ergibt sich für das Radical.die Formel: Sn,Ae;,, für das Oxyd die: (Sn;Ae;)0 und für die Chlorverbindung die: (Sn;Ae;)Chl. Radical: 6 At. Zinn 354- - 75,32 16 At. Kohlenstoff 96 20,43 19,45 20,89 20 At. Wasserstoff 20 4,25 4,17 4,61 %70 100,00 a u u 2 nn > — 567 — Oxyd: ö At. Zinn 354 74,06 16 At. Kohlenstoff 96 20,09 18,60 18,31 18,12 20 At. Wasserstoff 20 4,51 - 4,20 4,18 4,33 1 At. Sauerstoff 8 1,3% r 478 0,00 Chlorverbindung: 6 At. Zinn 354 % At. Aethyl 116 1 At. Chlor 35,9 7,36 7,20 505,9 Ich ‚hatte jedoch von diesen Substanzen nur wenig Ma- terial, um ausführliche Untersuchungen vornehmen zu können, wesshalb ich auf die Resultate nicht viel Werth lege. Oefters scheidet sich aus der klaren ursprünglichen ätherischen Lösung ein graues Pulver aus, welches in Aether und Weingeist kaum löslich ist, einen durchdrin- genden Geruch besitzt und sich beim Uebergiessen mit rauchender Salpetersäure entzündet. 0,710 Grm. dieser Substanz gaben: 0,393 Grm. Kohlensäure = 15,5 Kohlenstoff. 0,258 Grm. Wasser — 3,8 Wasserstofl. 0,417 Grm. Substanz gaben: 0,155 Grm. Jodsilber — 21,1 Jod. 0,291 Grm. Substanz gaben: 0,202 Grm. Zinnoxyd = 58,8 Zinn. 0,573 Grm. Substanz gaben: 0,427 Grm. Zinnoxyd == 58,6 Zinn. Diese Resultate entsprechen 6 At. Zinn 354 592 .588 586 16 Al. Kohlenstoff 96 16,0 15,5 20 At. Wasserstoff 20 3,9 3,8 1 At. Jod 127 23 a 597 100,0 (Sn;Ae,) Jd. — U — Verdunstet man die entfärbte ätherische Lösung, aus welcher durch ein wenig Weingeist das gefärbte Radical ausgeschieden wurde, bei abgehaltener Luft, so bleibt eine. fast farblose dickölige Flüssigkeit von 1,654 spez. Gewicht zurück. Dieselbe ist leicht in Aether löslich und wird durch einen grossen Zusatz von Weingeist nach und nach, aber nicht vollständig gefällt. Die Substanz wurde porlionenweise aus der ätherischen Lösung durch Weingeist ausgeschieden, und jede Portion so lange unter Wasser in einem Chlorcaleiumbade erhitzt, bis der anhän- gende Weingeist vollständig verflüchtigt war. Die einzelnen Portionen wurden in Aether gelöst, der Lösung soviel Weingeist zugesetzt, bis sich die Substanz anfıng auszu- scheiden und dann die Menge des metallischen Silbers bestimmt, welche aus einer ebenfalls mit Weingeist ver- setzten salpetersauren Silberlösung gefällt wurde. 1. Portion. Fe 0,940 Grm. Substanz gaben 1,145 Grm. Silber = 0,085 0. 88,49 0,742 , » ug, en BB 2. Portion. 0,752 » » » 0,872 » » — 0,06% » 90,00 0,525 » r 5 0,606 » 4 —=0,045 „ 9,00 3. Portion. 0,959 v »:3%.05150 >} » —=0,085 » 93,00 0,833 » r 1020 300» = 0,075 » 94,00 Ferner: 1. Portion. 0,923 Grm. Substanz gaben: 0,918 Grm. Kohlensäure = 27,30 Kohlenstoff. 0,490 Grm. Wasser = 5,89 Wasserstoff. 0,853 Grm. Substanz gaben: 0,3843 Grm. Kohlensäure = 26,96 Kohlenstofl. 0,455 Grm. Wasser —= 5,86 Wasserstoff. — 569 — 2. Portion. 0:625 Grm Substanz gaben: 0,620 Grm. Kohlensäure = 26,99 Kohlenstoff. 0,339 Grm. Wasser —= 6,00 Wasserstoff. 0,823 Grm. Substanz gaben: 0,816 Grm. Kohlensäure —= 28,07 Kohlenstoff. 0,433 Grm. Wasser —= 5,83 Wasserstoff. 3. Portion. 0,925 Grm. Substanz gaben: 0,915 Grm. Kohlensäure = 28,00 Kohlenstoff. 0,486 Grm. Wasser —= 5,83 Wasserstoff. 0,4145 Grm. Substanz gaben: 0,412 Grm. Kohlensäure = 27,00 Kohlenstof. 0,230 Grm, Wasser —= 6,00 Wasserstoff. 0,639 Grm. Substanz gaben mit Salpelersäure: i 0,539 Grm. Zinnoxyd = 66,89 Zinn. ‘ Diese Resultate stimmen mit der Formel: SnAe. 1 At. Zion 59 67,03 % At. Kohlenstoff 24 27,27 or At. Wasserstoff 5 5,08 . 838 100,00 Ich nenne dieses Radical Stannäthyl. Die Jod- verbindung desselben erhielt auch-Cahours‘*) als er Jod- äthyl mit Zinn in einer eingeschlossenen Röhre einer Temperatur von 160 bis 180° aussetzte zu einer Zeit, als ich bereits das reine Radical und die wichtigsten sei- ner Verbindungen kannte, Ich habe angegeben, dass aus der ätherischen Lö- sung durch Weingeist nicht die ganze Menge des aufge- lösten Radicales gefällt wird. Setzt man zu der von dem Gefällten getrennten weingeistig - ätherischen Flüs- sigkeit so lange Jod, als noch dessen Farbe verschwin- det, und überlässt man die Lösung der freiwilligen Ver- *) Compt. rendus, 35, 9. - 970 — dunstung , so erhält man ausgezeichnet schöne glänzende Krystallnadeln nebst einer kleinen Menge einer durch- dringend riechenden öligen Flüssigkeit. Die Krystalle besitzen anfangs denselben Geruch; lässt man sie aber längere Zeit an der Luft liegen, so verschwindet der Geruch vollständig, woraus sich ergibt, dass derselbe nur von einer Spur der öligen Substanz herrührt. Die Analyse dieser Krystalle gab folgende Resultate: 0,530 Grm. Substanz gaben: 0,215 Grm. Kohlensäure = 11,19 Kohlenstoff. 0,130 Grm. Wasser —= 2,72 Wasserstoff. 0,360 Grm. Substanz gaben: 0,393 Grm. Jodsilber — 59,20 Jod. entsprechend: 1 At. Zion 59 27,48 26,79 % At. Kohlenstoff 24 11,16 11,19 > At. Wasserstoff 3 2,32 212 I At. Jod 127 59,04 59,20 215 100,00 100,00 Aus diesen Untersuchungen folgt, dass die Substanz , welche sich, nachdem der Aether abdestillirt, sogleich ausscheidet, wesentlich Stannäthyl ist, gemengt mit dem rothgefärbten Radicale Sn;Ae;. 2. Untersuchung des gelbgelärblen Oeles, welches sich nach dem Erkalten aus der weingeisligen Lösung ausgeschieden. Die ölige Substanz, welche sich aus der. heissen weingeistigen Lösung nach dem Erkalten ausgeschieden, erscheint als eine fettartige schmierige Masse und trennt sich nach einiger Zeit in zwei Schichten (diese Trennung findet jedoch nicht immer statt, und besonders nur wenn die angewandte Legirung auf 1 Theil Natrium 6 Theile Zinn enthält). Die untere besitzt eine schwach röth- — 57 — liche Farbe; sie ist vollkommen durchsichtig und von der Consistenz des Baumöls. Die Analyse gab folgende Resultate: 0,670 Grm. Substanz gaben: 0,689 Grm. Kohlensäure — 27,48 Kohlenstoff. 0,375 Grm. Wasser —= 6,05 Wasserstoff. 0,745 Grm. Substanz gaben: 0,749 Grm. Kohlensäure = 27,5% Kohlenstoff. 0,404 Grm. Wasser = 6,04 Wasserstoff. Diese Substanz wurde in Aether gelöst, die Lösung mit Jod gesättigt und dieselbe hierauf der freiwilligen Ver- dunstung überlassen. Zuerst schied sich eine kleine Menge in Weingeist ziemlich schwer löslicher Krystalle aus und später wurde eine reichliche Krystallisation von schönen langen Nadeln erhalten, gemengt mit der stark ‘riechenden 'öligen Substanz. | 0,520 Grm. der nadelförmigen Krystalle gaben: 0,560 Grm. Jodsilber = 59,03 Jod. Diese ölige Flüssigkeit ist demnach grösstentheils Stann- äthyl, gefärbt durch eine kleine Menge des gefärbten Radicales. Die obere Schicht hat 'eine grünlich gelbe Farbe und‘ die Consistenz eines dicken Oeles. Sie wurde in Aether gelöst und die ätherische Lösung mit einer con- centrirten Kalilauge geschüttel. Es sammelte sich so- gleich auf dem Boden des Gefässes eine dicke schwach gefärbte Masse an, der noch etwas Aether anhing, wel- cher durch Erwärmen auf dem Wasserbade vollständig entfernt wurde. Die ätherische Lösung, welche auf der Kalilauge schwamm, binterliess nach dem Verdunsten eine fast farblose ölige Flüssigkeit. Die Substanz, welche sich ausschied, hatte ein spez. Gewicht von 1,623 und gab bei der Analyse folgende Resultate: “ - 52 — 0,660 Grm, Substanz gaben : 0,454 Grm. Kohlensäure = 17,30 Kohlenstoff. 0,280 Grm. Wasser —= 4,60 Wasserstoff. Die Substanz wurde in der ätherischen Lösung mit Jod gesättigt und hierauf die Lösung auf dem Wasserbade verdunstet. Es blieb eine ölige Masse, welche nach dem Erkalten krystallinisch erstarrte. 0,980 Grm. dieser krystallinischen Substanz gaben: 0,479 Grm. Kohlensäure — 13,36 Kohlenstofl. 0,285 Grm. Wasser — 3,20 Wasserstofl. 0,507 Grm. Substanz gaben: 0,490 Grm. Jodsilber — 50,0 Jod. Diese Jodverbiadung wurde in Weingeist gelöst und die Lösung der freiwilligen Verdunstung überlassen. Zuerst krystallisirte ein Salz in prachtvollen sternförmig grup- pirten Nadein, und später wurden grosse Krystallnadeln erhalten, welche sich schon nach dem äussern Ansehen als Jodstannäthyl erwiesen, was auch durch die Analyse bestätigt wurde. 0,860 Grm. Substanz gaben nämlich: 0,940 Grm. Jodsilber = 59,2 Jod. Die sternförmig gruppirten Nadeln wurden nochmals aus Weingeist umkrystallisirt und hierauf der Analyse unter- worfen. 0,532 Grm. Substanz gaben: 0,296 Grm. Kohlensäure — 15,26 Kohlenstofl. 0.172 Grm. Wasser —= 3,60 Wasserstoff. 0,497 Grm. Substanz gaben: 0,265 Grm. Jodsilber — 28,78 Jod. entsprechend: 4 At. Zinn 236 52,44 52,66 12 At. Kohlenstoff 72 16,00 15,26 15 At. Wasserstoff 15 3,33 3,30 1 At. Jod 127 28,22 28,78 450 100,00 100,00 - 573 — Die Formel des Radicales, welches dieser Jodverbindung zu Grunde liegt, ist demnach Sn;Aez., Ich nenne das- selbe Acetstannäthyl. Die fast farblose ölige Flüssigkeit, welche nach dem Verdunsten der ätherischen Lösung zurück- blieb, hatte ein spez. Gewicht von 1,580. 0,570 Grm. Substanz gaben 0,803 Grm. Silber — 0,060 Sauerstoff. Mit 100 Theilen Substanz vereinigten sich demnach 8,3 Sauerstoff. 0,570 Grm. Substanz gaben: 0,522 Grm. Kohlensäurfe — 24,98 Kohlenstoff. 0,290 Grm. Wasser —= 5,70 Wasserstofl. 0,751 Grm. Substanz gaben: 0,700 Grm. Kohlensäure —= 25,43 Kohlenstofl. 0,402 Grm. Wasser = 5,81 Wasserstoff. Die Substanz wurde ebenfalls in Aether gelöst und nach der Sättigung mit Jod die mit Weingeist vermischte ätherische Lösung langsam verdunstet; man erhielt zuerst eine kleine Menge Jodacetstannäthyl und später, neben der stark riechenden öligen Flüssigkeit, eine grosse Menge Jodstannäthyl. Demnach war die aus der weingeistigen Lösung nach dem Erkalten sich ausgeschiedene ölige Masse wesentlich ein Gemenge von Stannäthyl und Acetstannäthyl. 3. Untersuchung der aus der kalten weingeistigen Lösung durch Zusatz von kleinen Quanliläten Wasser fraclionsweise ge- fällte Substanzen. In dem Verhältnisse als Wasser zu der kalten wein- geistigen Lösung gesetzt wurde, wurde das Gefällte dünn- flüssiger und flüchtiger. Das zuletzt Ausgeschiedene war vollkommen wasserhell und. hatte ein spez. Gewicht — 1,372. Aus den verschiedenen Quantitäten Silber , — 5714 — welche von den: verschiedenen Portionen aus der salpe- tersauren Silberlösung ausgefällt wurden, ergab.sich, dass das Atomgewicht der ausgeschiedenen Theile in dem Verhältniss sich vergrösserte, als sie später gefällt wur- den, wie aus folgender Uebersicht hervorgeht: 0,630 Grm. Substanz der ersten Portion gaben: 0,440 Grm. Silber = 70 Silber für 100 Substanz. 0,542 Grm. Substanz der zweiten Portion gaben: 0,350 Grm. Silber —= 64 Silber für 100 Substanz 0,520 Grm. Substanz der dritten Portion gaben: 0,285 Grm. Silber = 55 Silber für 100 Substanz. 0,616 Grm. Substanz der vierten Portion gaben: 0,271 Grm. Silber = 44 Silber für 100 Substanz. 0,525 Grm. Substanz der fünften Portion gaben: 0,1838 Grm. Silber = 36 Silber für 100 Substanz. Die Elementaranalysen führten zu. folgenden Resultaten: 0,827 Grm. Substanz der ersten Portion gaben: 0,830 Grm. Kohlensäure —= 27,45 Kohlenstofl. 0,460 Grm. Wasser = 6,15 Wasserstofl; 0,712 Grm. Substanz der zweiten Porlion gaben: 0,731 Grm. Kohlensäure —= 28,08 Kohlenstofl. 0,394 Grm. Wasser —= 6,17 Wasserstoff. 0,52% Grm. Substanz der dritten Portion gaben: 0,593 Grm. Kohlensäure —= 30,90 Kohlenstoff. 0,31% Grm. Wasser — 6,65 Wasserstoff. 0,432 Grm. Substanz der vierten Portion gaben: 0,550 Grm. Kohlensäure = 34,72 Kohlenstofl. 0,303 Grm. Wasser — 7,70 Wasserstofl. 0,623 Grm. Substanz der fünften Portion gaben: 0,780 Grni. Kohlensäure = 34,22 Kohlenstoff. 0,406 Grm. Wasser —= 7,23 Wasserstofl, Als die. verschiedenen Portionen in Jodverbindungen übergeführt: und deren weingeistigen Lösungen der frei- willigen Verdunstung überlassen wurden, ergab sich, dass die erste und zweite Portion noch grösstentheils aus — 575 — Stannäthyl bestanden; ausser Jodstannäthyl wurden aber stets noch andere krystallisirte Jodverbindungen erhal- n, deren nähere Untersuchung ich hier übergehe, weil ich später Veranlassung habe auf dieselben zurückzukom- men. Die dritte und namentlich die vierte und fünfte Portion hingegen hinterliessen syrupdicke Jodver- bindungen von furchtbarem Geruche, in denen sich nach längerm Stehen schöne rhombische Tafeln aus- schieden. Diese öligen Flüssigkeiten traten stets, wenn auch nur in geringer Mengg, bei den bereits erwähnten Stoffen auf. Untersuchung der rhombischen Krystalle. Da die Krystalle in kaltem Weingeist ziemlich schwer löslich sind, die ölige Flüssigkeit aber mit demselben in allen Verhältnissen mischbar ist, so lässt sich eine theil- weise Trennung beider so bewerkstelligen, dass man die ganze Masse mit kaltem Weingeist übergiesst und die Lösung schnell von den Krystallen abgiesst. Dieselben werden zwischen Filtrirpapier ausgepresst und aus Aether umkrystallisirt.. Diese Krystalle sind im reinen Zustande fast geruchlos; ist aber nur eine Spur des’ Oeles beige- mengt, so verbreiten sie einen furchtbaren Geruch, ‘der nur durch langes Liegenlassen an der Luft verschwindet. Die ‚analytische Untersuchung dieser Krystalle gab fol- gende Resultate: 0,520 Grm. Substanz gaben: 0,375 Grm. Kohlensäure = 19,61 Kohlenstoft. 0,205 Grm. Wasser — 4,32 Wasserstoff. 0,517 Grm. Substanz gaben: 0,360 Grm. Kohlensäure —= 19,14 Kohlenstof. 0,200 Grm. Wasser = 4,28 Wasserstoff. 0,415 Grm. Substanz gaben: 0,288 Grm. Kohlensäure = 19,%8 Kohlenstoff. 0,170 Grm. Wasser — 4, 52 Wasserstoff. — 0,451 Grm. Substanz gaben: 0,282 Grm. Zinnoxyd — 49,22 Zinn. 0,440 Grm. Substanz gaben: 0,209 Grm. Jodsilber —= 25,74 Jod. 0,270 Grm. Substanz gaben: ’ 0,130 Grm. Jodsilber — 2,00 Jod. 0,360 Grm. Substanz gaben: 0.167 Grm. Jodsilber — 25,10 Jod. Diese Resultate entsprechen: 4 At. Zinn 236 49,27 419,22 49,22 49,22 16 At. Kohlenstoff 9% 20,04 19,61 19,14 29,28 20 At. Wasserstoff 20 415 4,32 4,28 4,52 1.At. Jod 127 ..26,52 35,7% .%,00. 25,10 479 100,00 Die Formel des Radicales ist demnach Sn;ÄAe,. Ich nenne dieses Radical Elaylstannäthyl. Untersuchung der flüssigen jodhaltigen Substanz. Wie schon mehrmals bemerkt wurde, rührt von dieser Substanz der starke Senföl-ähnliche Geruch her, welcher sogleich beobachtet wird, wenn zu den gemengien Radicalen Jod gesetzt wird, und sie bleibı zurück, wenn die andern Jodverbindungen aus dem Ge- menge herauskrystallisirt sind. Sie ist vollkommen farb- los, oft ziemlich dünnflüssig, meistens aber von der Con- sistenz eines dicken Syrups. Das spez. Gewicht wech- selt zwischen 1,7 und 1,6. Schon aus diesen Verhält- nissen geht hervor, dass die Substanz ein Gemenge sein muss, und in der That hatte ich sie von verschiedenen Bereitungen immer verschieden zusammengesetzl gefun- den. Die Differenz ist beim Koblenstoffgehalte nicht be- deutend , desto grösser aber im Jodgehalte. Je grösser der Jodgehalt, desto dünnflüssiger ist die Substanz. Ich habe eine grosse Zahl von Analysen gemacht, von denen ich einige mittheile: MITTHEILUNGEN DER NATURFORSHEENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. N 46. Buhca 1852. Prof. Carl Löwig. — Ueber Zinnäthyle, neue aus Zinn und Aethyl bestehende organische Radicale. (Fortsetzung. ’ a: 1,008 Grm. Substanz gaben: 4 j 0,932 Grm. Kohlensäure — 23,18 Kohlenstofl. | 0,505 Grm. Wasser — 5,60 Wasserstoll. 0,508 Grm. Subslanz gaben: 0,279 Grm. Jodsilber — 29,66 Jod. b. 0,695 Grm. Substanz gaben: 0,597 Grm. Kohlensäure = 23,51 Kohlenstofl. 0,370 Grm. Wasser —= 5,16 Wasserstoff. 0,840 Grm. Substanz gaben: 0,620 Grm. Jodsilber — 38,80 Jod. 6; 0,388 Grm. Substanz gaben: 0,345 Grm. Kohlensäure = 24,25 Kohlenstoll. 0,207 Grm. Wasser = 5,30 Wasserstofl: 0,532 Grm. Substanz gaben: 0,30% Grm. Jodsilber — 30,88 Jod: d. 1,255 ‚Grm. Substanz gaben: 1,034 Grm. Kohlensäure = 22,48 Kohlenstofl. 0,530 Grm. Wasser —= 598 Wasserstoff. :0,616 Grm. Substanz gaben: 0,402 Grm. Jodsilber — 35,23 Jod. Ohne Zweifel sind in der düssigen Substanz noch kleine 37 — 578 — Mengen von Jodstannäthyl, überhaupt an den festen kry- stallisirbaren Jodverbindungen gelöst. Da diese flüssigen Jodverbindungen ziemlich flüchtig sind, so suchte ich durch Destillation eine Trennung der- selben zu bewerkstelligen. Ich wagte jedoch nicht die Substanz für sich der Destillation zu unterwerfen, son- dern habe dieselbe mit Wasser vorgenommen und den im Anfange, in der Mitte und den zuletzt mit den Was- serdämpfen übergegangenen Theil für sich gesammelt. Je- der Theil wurde vom Wasser getrennt und durch einige Stückchen Chlorcalcium getrocknet. Der zuerst über- gegangene ziemlich dünnflüssige Theil gab folgende Re- sultate: 0,673 Grm. Substanz gaben: 0,550 Grm. Kohlensäure —= 22,28 Kohlenstoff. 0,320 Grm. Wasser —= 5,27 Wasserstoff. 0,512 Grm. Substanz gaben: 0,426 Grm. Kohlensäure = 22,69 Kohlenstoff. 0,240 Grm. Wasser = 5,18 Wasserstoff. 0,623 Grm. Substanz gaben: 0,402 Grm. Jodsilber —= 35,00 Jod. Zweites Destillat : 0,423 Grm. Substanz gaben: 0,345 Grm. Kohlensäure = 22,24 Kohlenstofl. 0,192 Grm. Wasser —= 5,06 Wasserstoff. 0,364 Grm. Substanz gaben: 0,202 Grm, Jodsilber — 30,00 Jod. Drittes Destillat: 0,518 Grm. Substanz gaben: 0,443 Grm. Kohlensäure = 22,51 Kohlenstofl. 0,248 Grm. Wasser —= 5,20 Wasserstoff. 0,420 Grm. Substanz gaben: 0,410 Grm. Jodsilber — 27,44 Jod. Aus diesen Analysen geht nur mit Bestimmtheit hervor, — 979 — dass die Flüchtigkeit in dem Verhältniss abnimmt, als der Jodgehalt sich vermindert. Passende Formeln lassen sich aber aus denselben nicht berechnen. Da nun dieser Weg zu keinem Resultate führte, so stellte ich die Oxyde der Radicale dar, und da ich hinreichendes Material so- wohl von der dünnflüssigen als dickflüssigen Substanz hatte, so wurde zu jedem Theil in der weingeistigen Lö- sung so viel frisch gefälltes und mit Weingeist ausge- waschenes Silberoxydhydrat gefügt, bis der Geruch voll- ständig verschwunden. Die vom Jodsilber abfiltrirte wein- geistige Lösung reagirte stark alxalisch und hatte einen ungemein hefligen, stark älzenden, brennenden Geschmak. Nach dem Verdunsten blieben von der flüchtigen Sub- stanz schöne säulenförmige Krystalle, gemengt mit einer kleinen Menge drüsenförmiger, und von der dickflüssigen drüsenförmige, denen eine geringe Quantität säulenför- mige beigemengt waren, zurück. Die Oxyde wurden in Weingeist gelöst, dann genau mit Schwefelsäure gesät- tigt und die Lösungen der freiwilligen Verdunstung über- lassen. Das Oxyd der dickflüssigen Jodverbindung gab zuerst kleine spiessige Krystalle, welche an der Luft bald ihre Durchsichtigkeit verloren, und später eine kleine Menge schöner säulenförmiger.. Das Oxyd von der dünn- flüssigen Jodverbindung hinterliess ausgezeichnet schöne, stark glänzende, grosse säulenförmige Krystalle, welche sich an der Luft nicht veränderten, denen nur eine ge- ringe Menge der spiessigen Krystalle beigemengt waren. Da die letztern in Weingeist schwerer löslich sind, als die erstern, so konnten die beiden Salze leicht getrennt und durch mehrmaliges Umkrystallisiren vollkommen rein erhalten werden. Die Salze wurden einige Zeit einer Temperatur von 50° ausgesetzt und dann der Analyse unterworfen. Zur Bestimmung der Schwefelsäure wurde — 5590 — das Salz in Weingeist gelöst, der Lösung etwas Salz- säure zugesetzt, hierauf Chlorbaryun zugefügt und das _ Ganze, ohne vorher den schwefelsauren Baryt abzufiltri- ren, auf dem Wasserbade zur Trockniss abgedampft. Nachdem die organische Chlorverbindung verflüchtigt war, wurde der Rückstand mit Wasser behandelt und der schwefelsaure Baryt auf einem Filter gesammelt. Die Ver- brennung geschah mit Kupferoxyd und etwas chlorsau- rem Kali. Das erhaltene Wasser war ganz rein und ent- hielt keine Spur schwefliger Säure. Ich habe das Salz zuerst mit dem chlorsauren Kali zusammengerieben und diese Mischung mit dem Kupferoxyd gemengt. Analyse der säulenförmigen, luftbeständi- gen, in Weingeist leicht löslichen Krystalle: 0,800 Grm. Salz gaben: 0,824 Grm. Kohlensäure —= 28,01 Kohlenstofl. 0,430 Grm. Wasser —= 5,94 Wasserstofl. 0,561 Grm. Salz gaben: 0,579 Grm. Kohlensäure = 28,17 Kohlenstoff. 0,316 Grm. Wasser — 6,24 Wasserstoff. 0,700 Grm. Salz gaben: 0,721 Grm. Kohlensäure = 28,1% Kohlenstof. 0,386 Grm. Wasser —= 6,01 Wasserstoff: 0,867 Grm. Salz gaben: 0,886 Grm. Kohlensäure = 28,02 Kohlenstoff. 0,475 Grm. Wasser —= 6,06 Wasserstof. 0,552 Grm. Salz gaben: 0,253 Grm. schwefelsauren Baryt = 15,79 Schwefelsäure. 0,534 Grm. Salz gaben: 0,240 Grm. schwefelsauren Baryt = 15,56 Schwefelsäure. 0,839 Grm. Salz gaben: 0,38% Grm. schwefelsauren Baryt = 15,78 Schwefelsäure. 0,867 Grm. Salz gaben: 0,395 Grm. schwefelsauren Baryt = 15,72 Schwefelsäure, Diese Resultate entsprechen: — 5981 — 2 Al. Zion 118 46,60 12 At. Kohlenstoff 72 28,15 28,01 28,17 28,43 28,02 15 At. Wasserstoff 15 5,93 5,94 6,2% 6,01 6,08 1 At. Sauerstoff 817 73.21 1 At. Schwefelsäure 40 15,81 15,79 15,56 15,78 15,72 253 100,00 Die Formel für das Salz ist demnach: (Sn;Ae,)O, SO;. Das Radical besteht daher aus SngAe;; ich nenne das- selbe Methylstannäthyl oder kürzer M ethstannäthyl. Analyse der spiessigenin Weingeistschwer löslichen Krystalle: 0,553 Grm. Salz gaben: 0,553 Grm. Kohlensäure = 27,31 Kohlenstoff. 0,299 Grm. Wasser = 6,01 Wasserstoff. 0,672 Grm. Salz gaben: 0,678 Grm. Kohlensäure — 27,53 Kohlenstofl. = 0,358 Grm. Wasser = 5,98 Wasserstofl. 0,487 Grm. Salz gaben: 0,483 Grm. Kohlensäure — 97,11 Kohlenstofl. 0,25% Grm. Wasser = 5,75 Wasserstlofl. 0,773 Grm. Salz gaben: 0,200 Grm. schwefelsauren Baryt = 8,91 Schwefelsäure. .0,833 Grm. Salz gaben: 0,223 Grm. schwefelsauren Baryt = 9,20 Schwefelsäure. 1,25% Grm. Salz gaben: 0,33% Grm. schwefelsauren Baryt = 9,17 Schwefelsäure. entsprechend: 4 At. Zinn 236 55,03 20 At. Kohlenstoff 120 27,97 27,31 27,93 27,11 25 At. Wasserstoff 25 3,82 6,01 5,98 3,79 1 At. Sauerstoff 8 1,86 1 At. Schwefelsäure 40 9,32 9,20 9,17 8,91 429 100,00 Die Formel des Salzes ist demnach: (Sn;Ae;)O, SO;, und die des Radicales: S;Ae;. Ich bezeichne das Radi- cal mit Aethylstannäthyl oder A ethstannäthyl. — 592 — Vergleicht man mit der Zusammensetzung dieser schwefelsauren Salze die oben mitgetheilten Analysen der Jodverbindungen, so ergibt sich, dass dieselbe Gemenge waren von Jodmethstannäthyl mit Jodäthstannäthyl. Das Jodmethstannäthyl besteht nämlich aus: 3 At. Zinn 118 35,6% 12 At. Kohlenstoff 72 21,62 15 At. Wasserstoff 15 4,52 1-At. Jod 127 38,22 332 100,00 Formel: (SngAe;)Jd. und das Jödäthstannäthyl aus: 4 At. Zion 236 46,46 20 At. Kohlenstoff 120 23,62 25 At. Wasserstoff 25 4,90 t At. Jod 127 25,02 508 100,00 Formel: (Sn,Ae;)Jd. Aus den mitgetheilten Untersuchungen ergibt sich, dass bei der Einwirkung des Jodäthyls auf Zinnnatrium we- nigstens 6 Radicale gebildet werden, nämlich : Stannäthyl SnAe. Elaylstannäthyl Sn,Ae;. Acetstannäthyl Sn;Ae;. Methstannäthyl SngAe;. Aethstannäthyl Sn;Ae;. Das Radical Sn;Aer. Zu diesen kommt noch, wie sich aus dem Folgenden ergeben wird, ein Radical von der Zusammensetzung SnaAea. Ka yer- Untersuchung der Jodverbindungen, welche bei der Einwirkung des Jodäthyls auf Zinnna- trium, gleichzeitig mit den Radicalen, ge- bildet werden. Wie bereits oben angegeben wurde, bilden sich bei der Einwirkung: des Jodäthyls auf Zinnnatrium, gleich- zeitig mit den Radicalen, gewöhnlich noch Jodverbindun- gen, deren Anzahl und Quantität verschieden ist, je nach der Zusammensetzung der Natriumlegirung und je nach- dem die Legirung oder das Jodäthyl im Ueberschusse angewandt wird. Legirungen von 1 Theil Natrium auf 6 Theile Zinn, gemischt mit gleich viel Sand, liefern im Ueberschuss angewandt nur die Radicale, während Mi- schungen von einem grössern Natriumgehalte mit einem Ueberschusse des Jodäthyls stets noch Jodverbindungen geben. Im letztern Falle ist die wechselseitige Einwirkung ungemein heftig, und die Wärmeentwicklung so bedeutend, dass bisweilen die Masse an einzeinen Punkten zum Glü- hen kommt, was, wie sich von selbst versteht, durch einen vermehrten Sandzusatz vermieden werden muss. Die Jodverbindungen, welche sich bilden, zerfallen in zwei Gruppen. Die der einen besitzt die Fähigkeit zu krystallisiren, sie sind im reinen Zustande und nach län- gerem Liegenlassen an der Luft fast geruchlos; die der andern erscheinen flüssig, meistens von öliger Gonsistenz und besitzen einen ungemein heftigen Geruch. Die er- stern bilden sich zuweilen in so grosser Menge, dass sie sich zum Theil schon krystallinisch auscheiden, wenn von der weingeistig-ätherischen Mischung der Aether abde- stilirt ist, und sind dann gemengt mit den Radicalen. In diesem Falle kann die Trennung mit kaltem Weingeist vorgenommen werden, in welchem sich die Jodverbin- Be dungen lösen. Meistens jedoch bleiben sie gelöst und finden sich dann in der weingeistigen Flüssigkeit ver, aus welcher durch allmäligen Wasserzusatz die Radicale gefällt wurden. Ueberlässt man dieselbe der freiwilligen Verdunstung, so scheiden sich zuerst, jedoch nicht im- mer, kleine harte Krystalle aus, welche in Weingeist schwer löslich sind, und aus kochender weingeistiger Lösung tafelförmig krystallisiren. Später erscheint in der Regel eine reichliche Krystallisation von sternförmig gruppirten Nadeln und nach vollständigem Verdunsten bleibt eine bald dünnflüssige, bald dickflüssige Masse von penetrantem Geruch zurück. Löst man diesen Rückstand in Weitigeist, schüttelt man die Lösung mit Aether und so viel Wasser, dass sich der Aether ausscheidet, und verdunstet nian die ätherische Lösung, so scheiden sich in dem öligen Rückstand rhombische Tafeln aus, die nur schwierig und nicht ohne bedeutenden Verlust vom der öligen Flüssigkeit getrennt werden können. In dem wäs- serigen Weingeist ist noch Jodstannäthyl gelöst, welches nach dem Verdunsten in Krystallen gewonnen wird. Analyse der Krystalle, welche sich zuerst aus der weiugeistigen Lösung ausscheiden: 0,595 Grm. Substanz gaben: 0,330 Grm. Kohlensäure = 15,13 Kohlenstofl. 0,182 Grm. Wasser —= 3,32 Wasserslofl, 0,539 Grm. Substanz gaben: 0,290 Grm. Kohlensäure — 14,84 Kohlenstofl. 0,156 Grm. Wasser —= 3,12 Wasserstlofl, 0,521 Grm. Substanz gaben: 0,398 Grm. Jodsilber — 41,25 Jod. oder: 2 At. Zinn 118 39,22 8 At. Kohlenstoff 48 15,84 15,13 14,84 10 At. Wasserstoff 10 3,03 3,32 3,12 1 At. Jod 127 41,91 41,25 41,25 303 100,00 585 Die Formel ist demnach: (SnzAe;) Jd. Das Radical SnzAez habe ich Metylenstannäthyl genannt. Analyse der. sternförmigen Krystalle. 0,801 Grm. Substanz gaben: 0,445 Grm. Kohlensäure = 15,25 Kohlenstoff. 0,249 Grm. Wasser 3,40 Wasserstofl. 0,532 Grm. Substanz gaben: 0,298 Grm. Kohlensäure = 15,41 Kohlenstoff. 0,172 Grm. Wasser 3,76 Wasserstoff. 0,310 Grm. Substanz. gaben: 0,175 Grm. Kohlensäure — 15,50 Kohlenstoff. 0,110 Grm, Wasser = 3,76 Wasserstoff, 0,442 Grm. Substanz gaben: 0,231 Grm. Jodsilber — 28,06 Jod. 0,497 Grm. Substanz gaben: 0,260 Grm. Jodsilber — 28,38 Jod. 0,335 Grm. Substanz gaben: 0,220 Grm. Zinnoxyd = 51,6% Zinn. oder: 4 At. Zinn 236 52,45 51,6% 51,64 51,6% 12 At. Kohlenstof 72 16,00 15,25 15,41 15,50 15 At. Wasserstoff 15 3,33 3,416 3,41 3,45 1 At. Jod 1277 2822 28,06 28,38 28,34 450 100,00 Die Verbindung ist demnach Jodacetstannäthyl: (Sn,Ae;)Jd. Analyse der rhombischen Tafeln. stalle wurden durch Auspressen von der öligen Die. Kry- Flüssig- keit getrennt, in Aether gelöst und die ätherische Lösung der freiwilligen Verdunstung überlassen. 0,624 Grm. Substanz gaben: 0,451 Grm. Kohlensäure = 19,71 Kohlenstofl. 0,348 Grm, Wasser 4,40 Wassersloff. 0,510 Grm. Substanz gaben: 0,360 Grm. Kohlensäure 19,26 Kohlenstoff. 0,195 Grin. Wasser 4,22 Wasserstofl. — 586 — 0,630 Grm. Substanz gaben: 0,310 Grm. Jodsilber — %,51 Jod. oder: 4 At. Zinn 236 49,27 i6 At. Kohlenstoff 96 20,04 19,71 19,26 20 At. Wasserstoff 20 4,15 4,40 4,22 i At. Jod 127 26,52 26,51 26,50 Diese Verbindung ist demnach Jodelaylstannäthyl : - (Sn;Ae,) Jd. Analyse der öligen Flüssigkeit. Schon die physicalischen Verhältnisse dieser Flüssigkeit, namentlich der durchdringende Geruch, deuteten darauf hin, dass dieselbe ein Gemenge sei von Jodmethstannäthyl und Jodäthstannäthyl, was dann auch durch die Analyse be- stäligt wurde. Von der grossen Zahl von Elementarana- Iysen, welche ich mit dieser Substanz angestellt habe, aus welcher hervorgeht, dass die Quantitäten, in welchen sich diese beiden Verbindungen bilden, fast immer ver- schieden sind, will ich einige mittheilen. 1) 0,867 Grm. Substanz von 1,625 spez. Gewicht gaben: 0,756 Grm. Kohlensäure = 23,78 Kohlenstofl. 0,420 Grm. Wasser = 53,20 Wasserstofl. 0,532 Grm. der gleichen Substanz gaben: 0,532 Grm. Jodsilber — 31,0% Jod. 2) 0,695 Grin. Substanz von 1,540 spez. Gewicht gaben: 0,597 Grm, Kohlensäure = 23,48 Kohlenstofl. 0,358 Grm. Wasser —= 5,25 Wasserstofl. 0,508 Grm. Substanz gaben: 0,280 Grm. Jodsilber — 29,70 Jod. 3) 0,529 Grm. Substanz von 1,770 spez. Gewicht gaben: 0,452 Grm. Kohlensäure —= 23,31 Kohlenstofl. 0,246 Grm. Wasser — 5,16 Wasserslofl. 0,866 Grm. Substanz gaben: 0,556 Grm. Jodsilber — 34,67 Jod. Aus dieser Untersuchung geht hervor, dass mit den 3870 — Radicalen auch gleichzeitig ihre Jodverbindungen gebildet werden. Fortfegung der Unterfuchung über die Stannäthyle und deren Verbindungen. Wie sich aus der Untersuchung der Radicale erge- ben hat, ist es, auch wenn hinreichendes Material zur Verfügung steht, fast unmöglich, mit Ausnahme des Stannäthyls, dieselben, wegen der grossen Uebereinstim- mung in ihren physicalischen und chemischen Verhältnis- sen, vollkommen rein zu erhalten. Zur Darstellung der Verbindungen der Stannäthyle können desshalb die rei- nen Radicale nicht angewandt werden. Bevor ich daher die Verbindungen derselben anführe, will ich einige all- gemeine Methoden angeben, nach welchen sie leicht ‚er- “halten werden können, ohne dass man nöthig hat, vor- her eine Trennung der Radicale vorzunehmen. Erste Methode. Ist die Reaction, welche statt findet, wenn man Jodäthyl auf Zinnnatrium einwirken lässt, vorüber, und hat man, wie diess oben angegeben wurde, die ätherische Lösung sämmtlicher Producte, welche durch dieselbe gebildet werden, dargestellt, so setzt man zu der Lösung so lange Jod, als dasselbe unter Verschwindung seiner Farbe aufgenommen wird. Die so erhaltene Lösung sämmtlicher Jodverbindungen- wird mit Weingeist vermischt und hierauf der Aether vollstän- dig abdestillirt. Man führt nun sämmtliche Jodverbindun- gen in Oxyde über, indem man zu der weingeistigen Lö- sung bis zur vollständigen Zersetzung frisch gefälltes und mit Weingeist ausgewaschenes Silberoxydhydrat fügt. Diese Oxyde zerfallen in zwei Klassen. Die der einen sind in Weingeist löslich, und zu dieser gehören Meth- stannäthyloxyd und Aethstannäthyloxyd; die der andern — 588 — sind in demselben unlöslich, und schlagen sich mit dem Jodsilber nieder. Man filtrirt nun und wascht das Jod- silber nebst den unlöslichen Oxyden mit Weingeist voll- ständig aus. Die weingeistige, stark alkalisch reagirende Lösung wird genau mit Schwefelsäure, welche vor- her mit Weingeist verdünnt wurde, gesättigt und die Lösung freiwillig verdunsten gelassen. Die schwefelsau- ren Salze von Methstannäthyloxyd und Aethstannäthyl- oxyd werden auf die bereits schon angegebene Weise durch mehrmaliges Umkrystallisiren getrennt und voll- ständig rein erhalten. Die reinen Salze werden abermals in Weingeist gelöst, die Lösung genau mit Barytwasser zersetzt und die Lösung der reinen Oxyde vom schwe- felsauren Baryt abfiltrirt. Dieselben werden dann zur Darstellung der reinen Salze benutzt. Das Jodsilber, welches sich ausgeschieden, und wel- ches mit dem im Ueherschuss zugesetzten Siberoxyd und mit den unlöslichen Basen gemengt ist, wird in einem Becherglase mit Weingeist zu einem dünnen Brei ange- rührt, dann- so lange mit Weingeist vermischte starke Salzsäure zugesetzt, bis sie schwach prädominirt und hierauf die weingeistige Lösung der organischen Chlor- verbindungen am besten durch Pressen zwischen feine Leinwand vom Chlor- und Jodsilber getrennt. Da die Chlorverbindungen in Weingeist verschieden löslich sind, so scheiden sie sich bei der freiwilligen Verdunstung nach und nach in der Ordnung: (SnzAeg)Chl, (Sn,Ae;)Chl, (Sn, Ae;)Chl aus. Aus den reinen Chlorverbindungen kön- nen dann durch Ammoniak (nicht durch Kali) die reinen Oxyde gefällt werden. Dieses Verfahren kann noch fol- gendermaassen abgeändert werden. Man vermischt die weingeistige Lösung sämmtlicher Jodverbindungen mit starkem Anımoniak, wodurch sämmtliche Oxyde, mit ı we Ausnahme der des Meth- und Aethstannäthyls, gefällt werden. Der weisse Niederschlag wird auf einem Filter gesammelt, mit Weingeist ausgewaschen, dann in Salz- säure oder irgend einer andern Säure, die aber mit Weingeist vermischt sein muss, gelöst und das @emenge der Salze durch Krystallisation getrennt. In der von den Oxyden abfiltrirten weingeistigen Lösung befinden sich noch Jodmethstannäthyl und -Jodäthstannäthyl vor. Die Lösung vermischt man mit Wasser und schüttelt das Ganze mit Aether, welcher die Jodverbindungen aufnimmt, deren Trennung dann durch Silberoxyd vorgenommen wird. Zweite Methode. Man vermischt die ätherische Lösung der Radicale und der Jodverbindungen mit so viel Weingeist, bis die Radicale sich auszuscheiden be- ginnen und setzt dann eine mit Weingeist versetzte Lö- sung von salpetersaurem (oder schwefelsaurem) Silber- oxyd bis zur vollständigen Zersetzung jedoch mit der Vorsicht hinzu, dass das Silbersalz nicht im Ueberschuss vorhanden ist. Man filtrirt desshalb gegen das Ende der Präcipitation kleine Proben ab, und beobachtet, ob durch salpetersaures Silberoxyd noch eine Fällung erfolgt. Man lässt nun das Ganze, bevor man den Silberniederschlag abfiltrirt, so lange an einem mässig warmen Orte stehen, bis der Aether vollständig verflüchtigt ist. Diess ist nö- thig, weil die salpetersauren Verbindungen der Stannäthyl- oxyde zum Theil in weingeistigem Aether unlöslich oder doch schwer löslich sind; es scheidet sich daher bei der Fällung ein Theil dieser Verbindungen aus, der, wenn man sogleich filtrirt, nur sehr schwer dem Niederschlag von Jodsilber durch Weingeist wieder entzogen werden kann. Verdunstet man aber den Aether vor der Filtra- tion, so löst sich das Gefällte leicht wieder auf. Die — 590 — weingeistige Lösung der salpetersauren Salze wird auf dem Wasserbade langsam bis zur Trockniss verdunstet. Der Rückstand wird mit Aether behandelt, welcher kleine weisse Krystalle zurücklässt. Werden die letztern in was- serhaltigem Weingeist gelöst und wird die Lösung lang- sam verdunstet, so erhält man zuerst Krystalle von sal- petersaurem Acetstannäthyloxyd und hierauf solche von salpetersaurem Stannäthyloxyd. Nach dem Verdunsten der ätherischen Lösung erhält man eine krystallinische Masse und eine ölige Flüssigkeit, welche nach dem Er- kalten vollkommen durchsichtig ist und fest wird. Die krystallinische Masse ist ein Gemenge von salpetersaurem Elaylstannäthyloxyd mit salpetersaurem Acetstannäthyloxyd und enthält noch eine kleine Menge salpetersaures Stann- äthyloxyd. Der firnissartige Rückstand besteht aus sal- petersaurem Methstannäthyloxyd und salpetersaurem Aeth- stannäthyloxyd. Löst man denselben in 'wasserfreiem Weingeist und digerirt man die Lösung mit kohlensaurem Baryt, so bleiben die Basen in Weingeist gelöst und kön- nen durch Verdunstung in Krystallen gewonnen werden. Dritte Methode. Man vermischt die ätherische Lösung der Radicale und der Jodverbindungen mit Wein- geist und überlässt dieselbe in einem weiten Glase der freiwilligen Verdunstung. Es findet eine langsame Oxy- dation der Radicale statt und es scheiden sich die in Weingeist unlöslichen in Gestalt eines weissen Pulvers aus, während die Jodverbindungen und die Oxyde des Meth- und Aethstannäthyls in dem Weingeist gelöst blei- ben. Die ausgeschiedenen Oxyde werden in einer Mi- schung von Weingeist und Salzsäure gelöst und die Chlor- verbindungen durch Krystallisation getrennt. Die Tren- nung der Jodverbindungen von den Oxyden des Meth- undsActhstannäthyls ergibt sich aus dem bereits Ange- führten von selbst. — BA Die nun folgenden Mittheilungen über einige Ver- bindungen der Stannäthyle sollen, wie schon bemerkt , nun zur nähern Charakterisirung der Radicale dienen. Eine ausführliche Untersuchung derselben ist der Gegen- stand einer besondern Arbeit, deren Resultate seiner Zeit - bekannt gemacht werden sollen. Stannäthyl: SnAe. Die Eigenschaften dieses Radicales sind im Allgemei- nen oben angegeben, und ich habe nichts Wesentliches nachzutragen. Es stellt eine dickölige Flüssigkeit dar, welche im reinen Zustande wahrscheinlich farblos ist. Bei — 12° ist es noch nicht fest; sein spez. Gewicht ist bei + 15° = 1,558. Es besteht aus: 1 At. Zion 9 67,08 4 At. Kohlenstoff 24 27,27 5 At. Wasserstoff 5 3,67 88 100,00 Stannäthyloxyd: (SnAe)O. Lässt man die äthe- rische Lösung des Stannäthyls an der Luft verdunsten , so scheidet sich das Oxyd als weisses, geschmack- und geruchloses Pulver aus. Durch Ammoniak wird das Oxyd aus seinen Verbindungen gefällt. Es ist nicht flüchtig; wird es bei Zutritt der Luft erhitzt, so entzündet es sich und verbrennt mit heller Flamme unter Verbreitung eines di- cken Rauches von Zinnoxyd. 0,530 Grm. Substanz gaben: 0,488 Grm. Kohlensäure = 25,09 Kohlenstofl. 0,261 Grm. Wasser — 5,47 Wasserstoff. 1 At. Zion 59° 61,46 % At. Kohlenstoff 2% 25,00 25,09 9 At. Wasserstoff 5 5,21 5,47 1 At. Sauerstoff 8 8,33 96 100,00 — 592 — Die Salze des Stannäthyloxyds besitzen, so weit ich sie kenne, alle die Eigenschaft zu krystallisiren; in Ae- ter sind sie schwer löslich, sie lösen sich aber in Wein- geist und Wasser. Kali fällt das Oxyd und löst es im Ueberschuss angewandt wieder auf. Die Salze sind sämmt- lich geruchlos. Salpetersaures Stannäthyloxyd: (SnAe\O,NO;. Man erhält das Salz entweder durch Auflösen des Oxy- des in verdünnter Salpetersäure oder durch doppelte Zersetzung von Jedstannäthyl mit salpetersaurem Silber- oxyd. Dasselbe krystallisirt in ziemlich grossen Krystallen; es schmilzt beim Erhitzen und brennt unter schwachem Verpuffen ab. Zur Bestimmung der Salpetersäure würde die Lösung des Salzes mit kohlensaurem Baryt digerirt, und aus dem Filtrate der Baryt durch Schwefelsäure gefällt. 0,671 Grm. Salz gaben: 0,385 Grm. Kohlensäure —= 15,66 Kohlenstofl. 0,190 Grm. Wasser —= 3,13 Wasserstofl. 0,717 Grm. Salz gaben: 0,540 Grm. schwefelsäuren Baryt = 34,93 Salpelersäure. oder: 1 At. Zinn 39 39,34 * % At. Kohlenstoff 23 16,00 15,66 5 At. Wasserstoff b) 3,33 3,13 1 At. Sauerstoff 8 3,33 4 At. Salpetersäure 5% 36,00 34,93 150 +100,00 Schwefelsaures Stannäthyloxyd: (SnAe)O,SO;. Wird durch wechselseitige Zersetzung von Jodstannäthyl mit schwefelsaurem Silberoxyd gewonnen. ‚Krystallisirbares in Wasser und Weingeist lösliches Salz. Das bei 100° ausgetrockaete Salz gab bei der Analyse folgende Re- sultate: MITTHEILUNGEN DER NATURFORSHCENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. Prof. Carl Löwig. — Ueber Zinnäthyle, neue aus Zinn und Aethyl bestehende organische Radieale. ( Fortsetzung.) 0,200 Grm. Salz gaben: 0,316 Grm. Kohlensäure —= 17,20 Kohlenstof. 0,175 Grm. Wasser — 3,90 Wasserstoff. 0,336 Grm. Salz gaben: 0,280 Grm. schwefelsauren Baryt = 28,78 Schwefelsäure. oder: 1 At. Zinn 9 43,40 4 At. Kohlenstoff 24 17,64 17,20 > At. Wasserstoff 5 3,67 3,90 I At. Sauerstoff 8 3,88 1 At. Schwefelsäure 29,41 28,78 Jedstannäthyl: (SnAe)Jd. Man setzt zu der äthe- rischen Lösung von Stannäthyl so lange Jod, als noch dessen Farbe verschwindet, und lässt die Lösung frei- willig verdunsten. Krystallisirt in ausgezeichnet schönen, farblosen, oft 4 Zoll langen Nadeln. ‘Schwer löslich in Wasser, leicht löslich in Weingeist und Aether; schmilzt. auf dem Wasserbade zu einem farblosen flüssigen Oele. Langsam erhitzt sublimirt es in ausgezeichnet schönen, leichten Nadeln, wie Benzoesäure. Schon früher wurden 38 — 594 — einige Analysen dieses Salzes mitgetheilt; ich lasse hier noch einige folgen: 0,630 Grm. Substanz gaben: 0,251 Grm. Kohlensäure = 10,90 Kohlenstoff. 0,136 Grm. Wasser — 2,38 Wasserstoff. 0,820 Grm. Substanz gaben: 0,368 Grm. Kohlensäure = 11,46 Kohlenstoff. 0,244 Grm. Wasser —= 2,30 Wasserstoff. 0,421 Grm. Substanz gaben: 0,458 Grm. Jodsilber —= 58,89 Jod. 1 At. Zinn 39 27,57 4 At. Kohlenstoff 24 11,21 10,90 11,46 5 At. Wasserstoff 5 2,32 3,38 2,30 1 At. Jod 127 58,80 38,89 38,89 215 100,00 Bromstannäthyl: (SnAejBr. Wird direct wie die Jodverbindung erhalten. Krystallisirt in ausgezeichnet schönen Nadeln, schmilzt leicht und verhält sich zu Was- ser, Weingeist und Aether wie die vorige Verbindung. 0,586 Grm. Substanz gaben: 0,300 Grm. Kohlensäure = 14,00 Kohlenstoff. 0,170 Grm. Wasser —= 3,23 Wasserstoff. 0,946 Grm. Substanz gaben: 0,490 Grm. Kohlensäure = 14,16 Kohlenstoff. 0,258 Grm. Wasser —= 3,02 Wasserslofl. 0,532 Grm. Substanz gaben: 0,590 Grm. Bromsilber = 47,36 Zinn. oder: 1 At. Zinn 39 35,12 4 At. Kohlenstoff 24 14,28 14,00 14,16 5 At. Wasserstoff 5 3,00 3,23 3,02 1 At. Brom 80 47,60 47,36 47,36 168 100,0 Chlorstannäthyl: (SnAe)Chl. Lässt man die Lö- sung von Stannäthyloxyd in mit Weingeist verdünnter . Salzsäure in einem flachen Gefässe verdunsten, so erhält — 95 — mian silberweisse Krystallnadeln von der Länge der Bo- denfläche des Gefässes. Schmilzt schon bei einigen 30° und erstarrt schnell abgekühlt zu einer amorphen Masse; ist sehr flüchtig und sublimirt bei gelinder Wärme, bei welcher die Verbindung noch nicht schmilzt, in pracht- vollen harten Krystallnadeln. Verhält sich in den Eigen- schaften wie die Brom- und Jodverbindung. 0,500 Grm. Substanz gaben: 0,340 Grm. Kohlensäure —= 18,60 Kohlenstofl. 0,178 Grm. Wasser — 4,80 Wasserstoff. 0,730 Grm. Substanz gaben: 0,502 Grm. Kohlensäure = 18,80 Kohlenstoff. 0,252 Grm. Wasser — 4,00 Wasserstofl. 0,500 Grm. Substanz gaben: 0,570 Grm. Chlorsilber = 28,30 Jod. 0,523 Grm. Substanz gaben: 0,583 Grm. Chlorsilber = 28,25 Jod. oder: 1 At. Zinn 59 48,35 4% At. Kohlenstoff 24 19,43 18,60 18,80 9 At. Wasserstoff 5 4,06 4,80 4,00 1 At. Chlor 35,9. 28,86 28,30 28,25 123,5 100,0 Metylenstannäthyl: SngAeg. Die Jodverbindung dieses Radicales scheidet sich zuerst aus, wenn die weingeistige Lösung der gemenglien Jodsalze der freiwilligen Verdunstung überlassen wird. Auf gleiche Weise erhielt ich auch zwei Mal die Chlorver- bindung des Radicales. Das Radical selbst konnte ich nicht auffinden. Die Procentzusammensetzung des Radi- eales ist die gleiche, wie die des Stannäthyls. Das Atom- gewicht = 176. Metylenstannäthyloxyd: (SnaAeg)O. Wird durch Ammoniak aus seinen Verbindungen gefällt und gleicht ganz dem Stannäthyloxyd. — 596 — Jodmetylenstannäthyl: (Sng%eg)Jd. Ein in Wein- geist schwer lösliches Salz, dessen Eigenschaften und Zu- sammensetzung oben angegeben wurde. Chlormetylenstannäthyl: (SngAe )Chl. Diese Verbindung ist in Weingeist schwer löslich und scheidet sich aus der heissen weingeistigen Lösung in glänzend weissen Blättchen aus. Die Analyse dieses Salzes gab folgende Resultate: 0,530 Grm. Substanz gaben: 0,430 Grm. Kohlensäure = 92,14 Kohlenstoff. 0,241 Grm. Wasser —= 486 Wasserstoff. 0,842 Grm. Substanz gaben: 0,688 Grm. Kohlensäure = 22,25 Kohlenstoff. 0,341 Grm. Wasser = 5,00 Wasserstofl. 0,329 Grm. Substanz gaben: 0,266 Grm. Kohlensäure =’ 22,20 Kohlenstof. 0,150 Grm. Wasser = 5,02 Wasserstof. 0,426 Grm. Substanz gaben: 0,29% Grm. Chlorsilber = 17,06 Chlor. 0,532 Grm. Subslanz gaben: 0,363 Grm. Chlorsilber = 16,84 Chlor. oder: 2 At. Zinn 118 59,79 8 At. Kohlenstoff 48 22,69 22,14 22,25 22,20 10 At. Wasserstoff 10 4,74 4,86 3,00 5,02 1 At. Chlor 35,9 16,78 17,06 16,84 16,8% 211,5 100,00 Elaylstannäthyl: St,Ae. Wie sich aus der Untersuchung der Radicale erge- ben, finden sich in der kalten weingeistigen Lösung, aus welcher sich das Stannäthyl und Acetstannäthyl grössten- theils ausgeschieden, noch Radicale vor, welche durch Wasserzusatz aus derselben gefällt, und welche in dem Verhältniss kohlenstoffreicher werden, als die Fällung spa- ter erfolg. So wurden aus derselben nach und nach 5 Portionen ausgefällt, von denen die erste 27,45, die zweite 28,08, die dritte 30,90 und die vierte und fünfte zwischen 34,72 und 34,42 %, Kohlenstoff enthielten. Die letzten Portionen hinterliessen, nachdem die Radicale in Jodverbindungen übergeführt waren, nach dem Verdun- sten der 'weingeistigen Lösung ölige Flüssigkeiten, aus welchen sich nach längerm Stehen Krystalle von Jod- 'elaylstannäthyl ausschieden. Das Radical dieser Verbin- dung macht den wesentlichen Theil der dritten Portion aus. Dieser Theil ist vollkommen farblos, ölig, und be- sitzt ein spez. Gewicht von 1,410. Die procentische Zu- sammenselzung des Elaylstannäthyls ist die gleiche wie die des Stannäthyls und sein Atomgewicht = 352. Elaylstannäthyloxyd: (Sn,Ae;)O. Dieses Oxyd erscheint, wie das Stannäthyloxyd, als ein schneeweisses, amorphes Pulver, welches aus seinen Verbindungen durch Ammoniak in Gestalt eines flockigen Niederschlages ge- fällt wird. Auch von reinem Kali wird es gefällt, löst sich aber in einem geringem Ueberschuss desselben wie- der auf. lu Wasser ist es ganz unlöslich, löst sich da- gegen in geringer Menge in kochendem Weingeist und reichlicher in Aether, scheidet sich aber aus den Lösun- gen wieder als amorphes Pulver aus. Mit den Säuren bildet es farblose in Weingeist und in Aether lösliche Salze, welche durch einen grossen Wasserzusatz aus der weingeistigen Lösung gefällt werden, wodurch sie sich wesentlich von den Stannäthyloxydsalzen unterscheiden. Die Salze fühlen sich in trocknem Zustande fetlig, cam- pherarlig an und besitzen einen schwachen eigenthunili- chen Geruch. Das Oxyd besteht aus: — 598 — 4 At. Zion 236 65,55 16. At. Kohlenstoff. 196 26,66 20 At. Wasserstoff 20 9,90 4 At. Sauerstoff 8 2,24 | 360 100,00 4 Salpetersaures Elaylstannäthyloxyd: (Sn;Ae;)O,NO;. Man erhält diese Verbindung, wenn man das Gemenge der Radicale, welche durch Wasser aus der kalten weingeistigen Lösung gefällt werden, besonders die letzten Portionen, in einem Gemische von Weingeist und Aether löst, die gelösten Radicale genau durch sal- petersaures Silberoxyd zersetzt, und die vom Silbernie- derschlag abfiltrirte Flüssigkeit in gelinder Wärme ver- dunstet. In dem öligen Rückstand bilden sich nach ei- niger Zeit Krystalle. Dieselben werden ausgepresst, und dann mit Aether behandelt, welcher einen Theil unge- löst lässt. Aus der ätherischen Lösung krystallisirt das salpetersaure Elaylstannäthyloxyd, jedoch sind nur die letzten Theile, welche sich ausscheiden, die ganz reine Verbindung. Die Analyse dieses Salzes gab folgende Resultate. (Die Bestimmung der Salpetersäure geschah durch kohlensauren Baryt, mit welchem die weingeistige Lösung des Salzes digerirt wurde auf die schon angege- bene Weise.) 0,815 Grm. Substanz gaben: 0,420 Grm. Kohlensäure = 22,20 Kohlenstof. 0,240 Grm. Wasser —= 5,20 Wasserstoff. 0,432 Grm. Substanz gaben: 0,126 Grm. schwefelsauren Baryt = 13,43 Salpetersäure. oder: 4 At. Zinn 236 57,01 16 At. Kohlenstoff 96 23,14 22,23 20 At. Wasserstoff 20 4,83 3,02 1 At: Sauerstoff 8 1,98 1 At. Salpetersäure 54 13,04 13,43 40% 100,00 —- 59 — Jodelaylstannäthyl: (Sn,Ae,)Jd. Diese schöne Verbindung krystallisirt gewöhnlich in rhombischen Ta- feln; manchmal erhält man sie auch in schuppigen und in nadelförmigen Krystallen, welche sich fettig 'an- fühlen und leicht zerreiben lassen. In Wasser ist die Verbindung ganz unlöslich, aber leieht löslich in Wein- geist und namentlich in Aether. Die Darstellung des Salzes und die Analyse desselben sind oben angegeben. Bromelaylstannäthyl: (Sn,Ae,)Br. Die Verbin- dung, welche in den Eigenschaften mit der vorigen über- einkommt, wird erhalten, wenn das gemengte Radical (s. die salpetersaure Verbindung) in der weingeist- ätherischen Lö- sung mit Brom gesättigt und die Lösung der freiwilligen Verdunstung überlassen wird. In dem öligen Rückstande bilden sich Krystalle, welche ausgepresst und dann aus der ätherischen Lösung umkrystallisirt werden. Die Kry- stalle, welche sich zuletzt ausscheiden sind die Verbin- dung, die aber nur durch mehrmaliges Umkrystallisiren ganz rein erhalten werden. 0,678 Grm. Substanz gaben: 0,530 Grm. Kohlensäure —= 21,40 Kohlenstoff. 0,278 Grm. Wasser —= 4,56 Wasserstoff. 0,585 Grm. Substanz gaben: 0,476 Grm. Kohlensäure = 22,22 Kohlenstoff. 0,255 Grm. Wasser —= 478 Wasserslofl. 0,185 Grm. Substanz gaben: 0,150 Grm. Kohlensäure = 22,17 Kohlenstofl. 0,547 Grm. Substanz gaben: 0,231 Grm. Bromsilber = 18,08 Brom. oder: % At. Zinn 236 92,97 16 At. Kohlenstoff 96 22,27 21,40 22,22 22,17 20 At. Wasserstoff 20 4,63 4,56 4,78 1 At. Brom 80 18,53 18,08 18,08 18,28 432 100,00 — 600. — Chlorelaylstannäthyl: (Sn4Aey) Chl.. ‚Diese Ver- bindung krystallisirt zuletzt heraus, wenn ‚das Gemenge der: Oxyde in Weingeist und Salzsäure gelöst und die Lösung der freiwilligen Verdunstung überlassen wird. In.den Eigenschaften kommt sie mit den vorigen Ver- bindungen überein. Sie besteht aus: 4 At. Zinn 236 61,18 16 At. Kohlenstofl 96 24,76 20 At. Kohlenstoff, 20 5,16 „1_At.. Chlor 35,9 8,90 Acetstannäthyl: Sny,Ae. Dieses Radical scheidet sich, gemengt mit Stannäthyl, beim Erkalten der weingeistigen Lösung aus, nachdem der Aether abdestillirt ist (m. s. oben die Untersuchung der Radicale), und ist der wesentliche Theil des Radical- gemenges, welches zuerst durch Wasserzusatz aus der kalten weingeistigen Flüssigkeit gefällt wird. In seinem reinen Zustande konnte ich es nicht erhalten, es besitzt aber im Allgemeinen die Eigenschaften, welche oben an- gegeben wurden. Dasselbe besteht aus: 4 At. Zinn 236 70,00 12 At. Kohlenstoff 72 22,29 15 At. Wasserstoff 15 7,71 323 100,00. Acetstannäthyloxyd: (Sn,A&,)O. Dieses Oxyd wird, wie die bereits erwähnten Oxyde, aus der Jodver- bindung durch Ammoniak als ein weisses, amorphes, in Kalilauge lösliches Pulver gefällt und steht in seinen Verhältnissen dem Elaylstannäthyloxyd am nächsten. Die Salze sind in Wasser kaum löslich, lösen sich aber in — WW — Weingeist und, wie das ‚salpetersaure Salz, auch etwas in. Aether.;, Das Oxyd besteht aus: 4 At. Zinn 236 68,28 12 At. Kohlenstoff 72 21,75 15 At. Wasserstoff 15 4,93 1 At. Sauerstoff 8 9,44 ao Salpetersaures Acetstannäthyloxyd: (Sn, A8;)0,NO;. Man erhält dieses Salz gemeinschaftlich mit salpelersaurem Elaylstannäthyloxyd, wenn man die gemengten Radicale, welches durch Wasser aus der wein- geistigen kalten Lösung gefällt werden, durch salpetersau- res Silberoxyd in salpetersaure Salze überführt. Da es in Aether schwer löslich ist, so kann es durch mehrma- liges Behandeln mit kaltem Aether und Umkrystallisiren aus der ätherisch-weingeistigen Lösung, aus welcher es zuerst sich ausscheidet, jedoch nur schwierig rein erhal- ten werden. Am besten stellt man es dar, wenn man die reine Jodverbindung, welche ich einige Mal in gros- ser Menge erbielt, genau mit salpetersaurem Silberoxyd in der weingeistigen Lösung zersetzt. Es krystallisirt in kleinen, glänzenden, ziemlich harten Krystallen, welche beim Erhitzen ohne Verpuffung abbrennen. Die Analyse gab folgende Resultate: 0,58% Grm. Substanz gaben: 0,390 Grm. Kohlensäure — 18,32 Kohlenstofl. 0,245 Grm. Wasser —= 4,67 Wasserstof. 0,631 Grm. Substanz gaben: 0,180 Grm. schwefelsauren Baryt = 13,67 Salpetersäure. oder: » % At. Zion 236 61,30 12 At. Kohlenstoff 72 18,70 18,32 15 At. Wasserstoff 15 3,89 4.67 1 At. Sauerstoff 8 2,09 1 At. Salpetersäure 5% 14,02 13,67 . 385 100,00 — 602 — Jodacetstannäthyl: (SnAe;)Jd. Diese Verbin- dung, die bereits schon mehrmals erwähnt wurde, kry- stallisirt aus der ätherischen Lösung gewöhnlich in aus- gezeichnet schönen sternförmig gruppirten Nadeln, öfters aber auch, und namentlich aus der weingeistigen Lösung, in kleinen nadelförmigen Krystallen. Unlöslich in Was- ser, dagegen leicht löslich in Weingeist und Aether, je- doch weniger leicht als das Jodelaylstannäthyl. Fast ge- ruchlos. Die Analysen dieses Salzes sind oben ange- geben. (Einige Mal erhielt ich auch sternförmig grup- pirte Nadeln, welche wie Schnee aussahen, aber nur 24,4 und 23,9 % Jod enthielten, also 4 %, weniger als das Jodacetstannäthyl.) Bromacetstannäthyl: (Sn,Ae;)Br. Man erhält dieses Salz gemeinschaftlich mit Bromelaylstannäthyl, wenn die ätherische Lösung der gemengten Radicale, welche aus der kalten weingeistigen Lösung durch Wasser ge- fällt werden, mit Brom gesättigt, und die Lösung der freiwilligen Verdunstung überlassen wird. Das Salz schei- det sich dann zuerst in kleinen nadelförmigen Krystallen aus. 0,500 Grm. Substanz gaben: 0,241 Grm. Bromsilber = 20,50 Brom. % At. Zinn 236 58,56 12 At. Kohlenstoff 72 17,86 z 15 Al. Wassersloff 15 3,73 t At. Brom 80 19,85 20,50 403 100,00 Methstannäthyl: SnyAe. Dieses Radical ist, nebst dem Aethstannäthyl, das interessanteste der ganzen Gruppe. Die letzten Portio- nen, welche aus der kalten weingeistigen Lösung der — 603 — “gemengten Radicale durch Wasser gefällt werden, beste- hen hauptsächlich aus Methstannäthyl und Aethstannäthyl. Dieses Gemenge ist vollkommen farblos und besitzt ein spez. Gewicht = 1,320. Diese Gemenge sind flüchtig und unterscheiden sich dadurch wesentlich von den be- _ reits Abgehandelten. Das Methstannäthyl besteht aus 2 At. Zinn 118 56,83 12 At. Kohlenstoff 72 35,12 15 At. Wasserstoff 15 8,05 205 100,00 Methstannäthyloxyd: (SnzAe;)O. Um die reine Basis zu erhalten, stellt man sich erst nach der früher umständlich angegebenen Methode das reine schwefelsaure - Salz dar. Dasselbe wird in Weingeist gelöst, die Lö- sung mit Barytwasser vermischt und das Ganze auf dem Wasserbade bei einer Temperatur von ca. 80° zur Trock- niss verdwnstet. Der Rückstand wird mit wasserfreiem Weingeist geschüttelt, hierauf wird filtrirt und die wein- geistige Lösung der Basis bei möglichst abgehaltener Luft, am besten unter der Glocke über Schwefelsäure, ver- dunstet. Bei einer gewissen Goncentration bilden sich schöne säulenförmige, durchsichtige Krystalle, welche das Hydrat der Basis darstellen. Diese Krystalle schmel- zen schon unter 100° zu einer öligen Flüssigkeit und verflüchtigen sich nach und nach, jedoch nur sehr lang- sam, so dass man die weingeistige Lösung ohne merkli- chen Verlust der Basis auf dem Wasserbade verdunsten kann. Die Krystalle scheinen noch ausser Hydratwasser Krystallwasser zu enthalten. Wegen der Flüchtigkeit der Basis ist es mir nicht gelungen ihr dasselbe durch Er- hitzen zu entziehen. Schmilzt man die Krystalle auf dem Wasserbade und hält man über die geschmolzene Masse ei- nen mit Salzsäure befeuchteten Stab, so bilden sich weisse — 604 Nebel. Unter der Glocke über Schwefelsäure nimmt das Gewicht der Krystalle stets ab; sie verlieren ihre Durch- sichtigkeit aber nicht, ohne Zweifel weil Basis und Wasser gemeinschaftlich verdunsten. Ueber gebranntem Kalk verlieren sie ein wenig an ihrer Durchsichtigkeit. Das Hydrat ist in Wasser schwer löslich, es löst sich aber ziemlich leicht selbst in wasserhaltigem Weingeist und auch in Aether. Nach der Analyse der Salze besteht das reine Oxyd aus: 2 At. Zinn 118 39,40 12 At. Kohlenstoff 72 34,27 15 At. Wasserstoff 15 7,04 1 At. Sauerstoff 8 3,29 213 100,00 Die Zusammensetzung des Hydrates ist: t At. Methstannäthyloxyd 213 39,85 1 At. Wasser 9 4,15 222 100,00 Das Metbstannäthyloxyd schliesst sich in Beziehung der basischen Eigenschaften an die reinen alkalischen Ba- sen an. Es scheidet das Ammoniak , die Bittererde, das Zinkoxyd, überhaupt alle Metalloxyde aus ihren Salzen. Stark geröthetes Lakmuspapier wird sogleich gebläut; sein Geschmack ist älzend, penetrant, verbreitet sich im ganzen Schlunde und ist sehr lange anhaltend. An der Luft zieht die Basis schnell Kohlensäure an, welche ihr durch Aetzkalk wieder entzogen werden kann. Mit den Säuren - bildet das Methstannäthyloxyd, mit Ausnahme der Salpe- tersäure, schön krystallisirbare Salze, welche sich sämmt- lich in Weingeist und auch in Aether lösen. Schwefelsaures Methstannäthyloxyd: (SnzAe;) 0,803. Dieses Salz krystallisirt aus der wein- geistigen Lösung in ausgezeichnet schönen , luftbeständi- 605° — gen, säulenförmigen Krystallen; sie besitzen keinen star- ken Geruch und reizen heftig zum Niessen. In Wasser ist das Salz sehr schwer löslich, es löst sich aber leicht in Weingeist. Die Analysen dieses Salzes sind oben mitgetheilt. Salpetersaures Methstannäthyloxyd: (SngAe;)O, NO;. Diese Verbindung kann direet und durch Zersetzung der Haloidverbindungen mit salpeter- saurem Silberoxyd erhalten werden. Direct erhält man sie, wenn man zu der weingeistigen Lösung der Basis verdünnte Salpetersäure setzt, und die Mischung hierauf mit Aether und so viel Wasser schüttelt, dass sich die ätherische Lösung des Salzes ausscheide. Nach dem Verdunsten bleibt dieselbe in Gestalt einer syrupdicken Masse zurück, welche in der Kälte einen farblosen, durch- sichtigen, firnissähnlichen Körper darstellt. Die Verbin- dung ist in Weingeist und Aether leicht löslich, und brennt ohne Verpuffung mit einer matten Luftentwick- lung ab. . Zur Bestimmung der Salpetersäure wurde die wein- geistige Lösung des Salzes mit Barytwasser vermischt und das Ganze auf dem Wasserbade zur Trockniss ab- gedampft. Der Rückstand wurde mit ätherhaltigem Wein- geist ausgezogen, das Ungelöste mit Wasser behandelt, in die wässerige Lösung Kohlensäure geleitet, “hierauf filtrirt und der Baryt aus dem Filtrate durch Schwefel- säure gefällt. 0,528 Grm. Salz gaben: 0,320 Grm. schwefelsauren Baryt — 20,60 Salpetersäure. Dasselbe besteht daher aus: 2 At. Zinn 118 44,18 12 At. Kohlenstoff 72 26,93 18 At. Wasserstoff 15 5,62 I At. Sauerstoff 8 3,05 1 At. Salpetersäure 54 20,22 20,60 — 606 — Jodsaures und bromsaures Methstannäthyl- oxyd. Setzt man zu der weingeistigen Lösung des Methstannäthyloxyds so lange Jod oder Brom, als noch deren Farbe verschwindet, so scheiden sich kleine glän- zende Krystalle aus, welche beim Erhitzen schwach ver- puffen, und in der Lösung befindet sich Jod- oder Brom- methstannäthyl. Jodmethstannäthyl: (SnzAe;)Jd. Diese Verbin- dung, welche sich fast immer bei der Einwirkung von Jodäthyl auf Zinnnatrium gemeinschaftlich mit Jodäth- stannäthyl bildet, erhält man nur rein, wenn die wein- geistige Lösung des Oxydes mit wässeriger Jodwasser- stoffsäure, Aether und so viel Wasser geschüttelt wird, dass sich die ätherische Lösung der Verbindung ausschei- det. Wird die ätherische Lösung verdunstet, so bleibt das Jodmethstannäthyl zurück und ist mit einer kleinen Schicht Wasser bedeckt. Das letztere wird entfernt und die Verbindung mit einigen Stückchen Chlorealeium in Berührung gebracht, und nach einiger Zeit von demsel- ben abgegossen. Das Jodmethstannäthyl erscheint als eine dünnflüssige, wasserhelle, das Licht stark brechende Flüssigkeit und besitzt einen durchdringenden Geruch nach Senföl, welcher die Augen stark angreift und heftig zum Niessen reizt. Obgleich diese Verbindung erst bei 180 bis 200° siedet, so verflüchtigt sie sich doch nach län- gerer Zeit vollständig auf dem Wasserbade. Mit Wein- geist und Aether mischt sich das Jodmethstannäthyl in allen Verhältnissen, Wasser löst es nur in geringer Menge, es löst sich aber leicht in wasserhaltigem Weingeist. Das spez. Gewicht ist = 1,850. 0,532 Grm. Substanz gaben: 0,430 Grm. Kohlensäure = 21,96 Kohlenstoff. 0,220 Grm. Wasser — 4,98 Wasserstofl. —: Re 0,512 Grm. Substanz gaben: 0,415 Grm. Kohlensäure — 22,06 Kohlenstoff. 0,215 Grm. Wasser —= 4,68 Wasserstoff. 0,552 Grm. Substanz gaben: 0,442 Grm. Kohlensäure — 21,83 Kohlenstoff. 0,234 Grm. Wasser = 4,71 Wasserstoff. 0,600 Grm. Substanz gaben: 0,422 Grm. Jodsilber —= 37,93 Jod. 0,258 Grm. Substanz gaben: 0,179 Grm. Jodsilber = 37,55 Jod. oder: 2 At. Zinn 118 39,44 12 At. Kohlenstoff 72 21,68 21,96 22,06 21,83 15 At. Wasserstoff 15 4,26 4,58 4,68 4,71 1 At. Jod 127 38,22 37,93 37,93 37,99 332 100,00 Brommethstannäthyl: (SngAe;)Br. Diese Ver- bindung wird mit Anwendung der Bromwasserstoffsäure auf gleiche Weise gewonnen, wie die Jodverbindung. Auch kann man die weingeistige Lösung des Oxydes mit Brom sättigen, hierauf die Lösung mit Aether und Was- ser schütteln und die ätherische Lösung verdunsten. Die Bromverbindung gleicht in den physicalischen Verhält- nissen ganz dem Jodmethstannäthyl; ihr spezifisches Ge- wicht ist gleich 1,630. 0,470 Grm. Substanz gaben: 0,350 Grm. Bromsilber — 27,66 Brom. 3 Al. Zinn 118 41,44 12 At. Kohlenstoff 72 25,26 15 At. Wasserstoff 15 3,26 1 At. Brom 80 28,07 27,66 285 100,00 Chlormethstannäthyl: (Snz Ae;) Chl. Diese Ver- bindung erhält man auf gleiche Weise wie das Jod- und Brommethstannäthyl. Setzt man zu der weingeistigen — Lösung des schwefelsauren Salzes Chlorwasserstoffsäure , so bildet sich augenblicklich Chlormethstannäthyl. Eine wasserhelle, stark lichtbrechende Flüssigkeit, deren Ge- ruch noch die vorigen Haloide an Intensität übertrifft. Sie ist die flüchtigste derselben, sie mischt sich mit Wein- geist und Aether in allen Verhältnissen. Das spez. Ge- wicht ist 1,320. 0,578 Grin. Substanz gaben: 0,340 Grm. Chlorsilber = 14,55 Chlor. demnach: 2 At. Zinn 118 19,06 12 At. Kohlenstoff 72 - 30,00 15 At. Wasserstoff 15 6,18 1 At. Chlor 3,5 1476 14,55 240,5 100,00 Aethstannäthyl: Sn;Ae;. Ueber das Vorkommen und die Eigenschaften dieses Radicales vergleiche man das, was beim Methstannäthyl angegeben wurde. Das reine Aethstannäthyl besteht aus: 4 At. Zinn 236 61,94 20 At. Kohlenstoff . 120 31,53 25 At. Wasserstoff 25 6,33 381 100,00 Aethstannäthyloxyd: (Sn,Ae;)O. Diese Basis wird aus dem reinen schwefelsauren Aethstannäthyloxyd (s. oben) auf gleiche Weise gewonnen, wie das Meth- stannäthyloxyd aus dem schwefelsauren Methstannäthyl- oxyd. Es krystallisirt als Hydrat aus der weingeistigen Lösung in warzenförmigen Drüsen. In seinen Eigenschaf- ten kommt es mit dem Methstannäthyloxyd überein; es ist eine sehr starke Basis, bläut rothes Lakmuspapier, schmeckt ätzend und scharf, scheidet Ammoniak und die MITTHEILUNGEN NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT IN ZÜRICH. oN? „8. REITER 1852. Prof. Carl Löwig. — Ueber Zinnäthyle, neue aus Zinn und Aethyl bestehende organische Radieale. (Schluss.) Metalloxyde aus seinen Verbindungen, ist in Wasser schwer, aber leicht in Weingeist und in Aether löslich, zieht rasch Kohlensäure aus der Luft an, gibt mit den Säuren krystallisirbare in Weingeist lösliche Salze etc. Jedoch scheint es in seinen basischen Eigenschaften dem Methstannäthyloxyd etwas nachzustehen. Die reine Ba- sis besteht aus: 4 At. Zinn 236 60,66 20 At. Kohlenstoff 120 30,84 25 At. Wasserstoff 24 6,42 1 At. Sauerstofl 8 2,08 389 100,00 Das Hydrat, welches einige Zeit auf dem Wasser- bade in flüssigem Zustande erhalten, aber nicht ganz frei von Kohlensäure war, gab bei der Analyse folgende Resultate: 0,536 Grm. Substanz gaben: 0,548 Grm. Kohlensäure = 28,00 Kohlenstofl. 0,310 Grm. Wasser — 6,41 Wasserstofl.. 39 Br = % At. Zinn 236 56,42 20 At. Kohlenstoff 120 30,26 28,00 26 At. Wasserstoff 25 6,30 6,41 2 At. Sauerstoff 16 7,02 397 100,00 oder: 1 At. Aethstannäthyloxyd 389 97,73 1 At. Wasser 9 2,27 398 100,00 Schwefelsaures Aethstannäthyloxyd: (Sn;Ae;)O, SOz3. Die Darstellung und Zusammensetzung dieses Salzes sind oben mitgetheilt. Es krystallisirt aus der weingeistigen Lösung in kleinen Krystallnadeln, welche an der Luft schnell ihre Durchsichtigkeit verlieren. In Wasser ist es kaum und in Weingeist schwerer löslich, als das entsprechende Methstannäthyloxydsalz. Salpetersaures Aethstannäthyloxyd: (Sn,Ae;)0, NO;. Man erhält diese Verbindung auf gleiche Weise wie das salpetersaure Methstannäthyloxyd, mit dem es auch in seinen Eigenschaften übereinkommt. Jod- und bromsaures Aethstannäthyloxyd scheiden sich aus, wenn die weingeistige Lösung des Oxydes mit Jod oder Brom gesättigt wird. Die Haloidverbindungen des Aethstannäthyls unterscheiden sich von den Haloiden des Methstannäthyls fast nur dadurch, dass sie dickflüssig sind und ein gerin- geres spez. Gewicht besitzen. Im Geruch, im Verhalten zum Wasser, Weingeist und Aether kommen sie ganz mit dem letztern überein. Auch die Darstellung ist die gleiche; man schüttelt die weingeistige Lösung des Oxyds mit der entsprechenden Wasserstoffsäure, Aether und Wasser, verdunstet die ätherische Lösung auf dem Was- serbade und trocknet die Verbindungen über Chlorcaleium. Jodäthstannäthyl: (Sn,Ae;)Jd. bildet sich gleich- — 6 — zeitig mit Jodmetbstannäthyl bei der Einwirkung von Jod- äthyl auf Zinnnatrium. Vollkommen farblose, dickölige Flüssigkeit von 1,724 spez. Gewicht. Die Analyse gab folgende Resultate: 0,610 Grm. Substanz gaben: 0,532 Grm. Kohlensäure = 23,75 Kohlenstoff. 0,298 Grm. Wasser = 5,08 Wasserstoff. 0,537 Grm. Substanz gaben: 0,452 Grm. Kohlensäure —= 22,92 Kohlenstofl. 0,254 Grm. Wasser —= 5,21 Wasserstofl. 0,480 Grm. Substanz gaben: 0,228 Grm. Jodsilber — 235,62 Jod. 0,530 Grm. Substanz gaben: 0,260 Grm. Jodsilber — %,43 Jod. oder: 4 At. Zinn 236 46,46 20 At. Kohlenstoff 120 23,62 23,75 22,92 25 At. Wasserstoff 25 4,90 9,08 ° 5,21 1 At. Jod 127 25,02 25,62 236,43 508 100,00 Bromäthstannäthyl: (Sn,Ae;)Br. Weniger dick- flüssig als die Jodverbindung von 1,48 spez. Gewicht. 0,530 Grm. Substanz gaben: 0,219 Grm. Bromsilber = 17,40 Brom. Die Verbindung besteht demnach aus: 4% At. Zinn 236 31,30 20 At. Kohlenstoff 120 26,04 25 At. Wasserstoff 25 9,28 1 At. Brom 80 17,38 17,40 461 100,00 Chloräthstannäthyl: (Sn;Ae;)Chl. Gleicht ganz der Bromverbindung und besitzt ein spezifisches Gewicht = 1,30. 0,630 Grm. Substanz gaben: 0,210 Grm. Chlorsilber — 8,14 Chlor. — 612 — Die Verbindung ist demnach zusammengesetzt aus 4 At. Zinn 236 36,66 20 At. Kohlenstoff 120 28,38 25 Al. Wasserstoff 25 6,44 1 At. Chlor BE re 3 416,5 100,00 Bringt man in die Haloidverbindungen Kalium oder Na- trium, so werden sie augenblicklich redueirt; durch diese Zersetzung ist ein Mittel gegeben, die reinen Radicale zu erhalten, auch habe ich mir auf diese Weise eine kleine Menge Methstannäthyl dargestellt. Wirkt das Me- tall nicht. mehr ein, so entzieht man der Masse durch Aether das Radical und verdunstet die ätherische Lösung. Bei den festen Verbindungen möchte jedoch dieser Weg kein genügendes Resultat geben. Ich schliesse die Abhandlung mit einigen allgemeinen Betrachtungen. Aus den mitgetheilten Untersuchungen geht hervor, dass mit den Radicalen bei der Einwirkung von Jodäthyl auf Zinnnatrium gleichzeitig, jedoch nicht immer, auch die Jodverbindungen derselben gebildet werden. Lässt man auf Antimonkalium Jodäthyl reagiren, so erhält man neben Stibäthyl: StAe; auch noch Jodstibäthylium: StAe,Jd. ‘Die Bildung des letztern erfolgt einfach, indem mit dem Stibäthyl noch 1 At. Jodäthyl sich vereinigt. Das Ver- hältniss beider Verbindungen ist das gleiche wie zwischen Ammoniak und Jodammonium. Die Beziehungen hingegen zwischen den Stannäthylen und ihren entsprechenden Jod- verbindungen sind die nämlichen, wie die zwischen den Metallen und ihren korrespondirenden Haloiden. Wie erklärt sich nun die gleichzeitige Bildung der Radicale und ihrer Jodverbindungen bei der wechselseitigen Reaction — 613 — des Jodäthyls und des Zinnnätriums? Und in der That ist die Antwort auf diese Frage nicht so leicht zu geben, Wie Gahours gezeigt hat, erhält man Jodstannäthyl: (SnAe)Jd. nebst Jodzinn, wenn Jodäthyl mit Zinn in ei- ner geschlossenen Röhre einer Temperatur von 180° aus- - gesetzt wird. Das Jodzinn kann sich allein nur auf Ko- sten des Jods im Jodäthyl bilden, es muss Aethyl frei werden, welches sich mit Zinn zu Zinnäthyl vereinigt. Nimmt man nun an, das Zinnäthyl reducire einen andern Theil Jodäthyl unter Bildung von Jodzinnäthyl, so muss, wie sich von selbst versteht. entweder Aethyl oder Zinn- äthyl zum Vorschein kommen. Von einem Auftreten die- ser Stoffe erwähnt aber Cahours nichts; ich bin jedoch überzeugt, dass neben dem Jodstannäthyl auch Stannäthyl gebildet wurde. Gahours hat nämlich nach stattgefun- dener Reaction die Masse mit Weingeist ausgezogen; in demselben ist aber das Stannäthyl unlöslich, er bekam daher in der Lösung nur das Jodstannäthyl und das er- stere blieb in dem Hückstande. Bei der Einwirkung von Jodäthyl auf Zinnnatrium bildet sich, wie ich mich überzeugt habe, kein Jodzinn, und wie bereits schon be- . merkt wurde, werden die Haloide der Stannäthyle sogleich reducirt, wenn sie mit Kalium oder Natrium zusammen- gebracht werden. In Beziehung auf das gleichzeitige Auf- ireten der Radicale und ihrer entsprechenden Jodverbin- dungen bei der Reaction des Jodäthyls auf Zinnnatrium können 2 Erklärungen gegeben werden, die allerdings in ihren Endresultaten mit einander übereinkommen. Der ‚ einfachste Fall ist die Bildung von Stannäthyl: SnAe, und Jodstannäthyl: (SnAe)Jd. Nach der einen Ansicht ent- steht bei der ersten Reaction Zinnäthyl und Jodnatrium: SnNa + AecJd = SnAe + NaJd. Das Stannäthyl wirkt nun auf einen zweiten Theil Jodäthyl ein, es entsteht — 614 — Jodstannäthyl, während das frei gewordene Aethyl sich mit dem im Ueberschuss vorhandenen Zinn zu Stannäthyl vereinigt: SnAe + Sn + AeJd = (SnAe)Jd + SnAe. Ist aber das Natrium im Ueberschuss, so wirkt dieses allein reducirend auf das Jodäthyl, und in diesem Falle ent- steht kein Jodstannäthyl. Auch kann man annehmen, dass bei einem Ueberschuss von Natrium das gebildete Jodstannäthyl wieder ganz oder theilweise reducirt werde. Die andere Erklärung ist: im ersten Momente der Ein- wirkung reagiren 2 At. Jodäthyl auf 2 At. Zinn und 1 At. Natrium unter Bildung von Stannäthyl, Jodstannäthyl und Jodnatrium. 2 Ae)d + 2 Sn + Na = SnAe + (SnAe)Jd + NaJd. Im zweiten Momente wird das ge- bildete Jodstannäthyl entweder ganz oder theilweise durch noch vorhandenes Natrium reducirt. Wirkt Jodäthyl auf Zinn allein ein, so vertritt ein Theil des letztern die Stelle des Natriums, die Erklärung des Vorganges ist daher die gleiche. Beagiren auf 4 At. Zinn und 3 At. Natrium 4 At. Jodäthyl, so bilden sich 1 At. Jodelaylstannäthyl und 3 At. Jodnatrium: 4Sn + 3Na + 4AeJd = (Sn,Ae,)Jd + 3NaJd, und ebenso erhält man bei der Einwirkung von 3 At. Jodäthyl auf 2 At. Zinn und 2 At. Natrium 1 At. Jodmethstannäthyl und 2 At. Jodnatrium: 2Sn + 2Na + 3AeJd = (SngAe;)Jd + 2NaJd. Ist nun noch Natrium zugegen, so wird den Jodverbindungen das Jod entzogen und so die reinen Radicale erhalten; so geben 2 At. Zinn 3 At. Natrium, und 3 At. Jodätbyl 1 At. SngAe; und 3 At. Na)d. So erklärt es sich auf eine sehr einfache Weise, dass nach der Zusammensetzung des Zinnnatriums, je nachdem das Jodäthyl im Ueberschuss einwirkt oder nicht, je nach der Heftigkeit der Einwir- kung, die durch einen grössern oder geringern Zusatz von Sand modificirt werden kann, verschiedene Verbin- 2. 6 . dungen gebildet werden können, und dass man bei Wie- derholung der Operation, wenn die Verhältnisse abgeän- dert werden, oft ganz andere Resultate erhält. Bei mei- nen Untersuchungen habe ich einigemal Verbindungen er- halten, die ich nicht aufgenommen, weil ich die Bedin- gungen nicht kenne, unter welchen sie sich bildeten. Wurtz hat, wie bekannt, zuerst gezeigt, dass der Wasserstoff im Ammoniak theilweise durch Aethyl sub- stituirt werden kann, und aus den zahlreichen Untersu- chungen von Hofmann hat sich ergeben, dass überhaupt die Radicale der Methyl- und Benzidgruppe die Fähigkeit besitzen, den Wasserstoff in demselben nicht nur theil- weise, sondern auch ganz zu vertreten, und Verbindungen bilden, welche in allen Verhältnissen mit dem Ammoniak übereinkommen, ja in den basischen Eigenschaften das- selbe noch übertreffen. Ebenso wie der Wasserstoff durch die organischen Radicale kann auch der Stickstoff des Ammoniaks durch Arsen, Antimon und Wismuth ersetzt werden; so entsprechen dem Ammoniak NH; die Verbindungen ArH;, StH;, und ohne Zweifel auch ein Wismuthwasserstoff BiH;, und correspondirend mit diesen Wasserstoffverbindungen sind Stibäthyl StAe;, Stibmethyl StMe;, Wismuthäthyl BiAez etc. Wie das Ammoniak bilden sämmtliche Radicale dieser Gruppe mit 1 At. H, Me, Ae, etc. metallähnliche Körper, welche sich strenge an die alkalischen Metalle‘ anschliessen und Verbindungen geben, begabt mit allen Charakteren der unorganischen Salze. Vergleicht mau mit den genannten Radicalen die be- schriebenen Stannäthyle, so ergeben sich in jeder Bezie- hung abweichende Verhältnisse. Während das Stibme- thyl StMe; erst durch Aufnahme von 1 At. Methyl zu einem metallischen Körper dem Stibmethylium wird, ver- — 616 — halten sich die Stannäthyle schon an und für sich wie Metalle. Das Methstannäthyl SngAez vereinigt sich direct mit 1 At. Sauerstoff zu einer Basis, welche in den alka- lischen Eigenschaften vollkommen dem Stibmethyliumoxyd entspricht, und während die Arsen-, Wismuth- und An- timonpradicale nur 1 At. Metall enthalten, finden sich in den Stannäthylen mehrere Atome Zinn vor. Dagegen cor- respondiren die letztern wohl bekannten aus Kohlen- umd Wasserstoff zusammengesetzten organischen Radicalen. Sub- stituirt man nämlich in den Stannätbylen die Aethylatome durch Wasserstoff und die Zinnatome durch Kohlenstoff, so ist das Metylenstannäthyl SngAeg gleich dem Metylen C;H;, » Elaylstannäthyjl Sn,Ae, » » Elayjl GH, » Acetstannäthyjl Sn,Ae; » » Acetyl G,H;, » Methstannäthyl SnyAe; » » Methyl GH;3, » Aethstannäthyl Sn,Ae; » » Aethyl G4H;, und so gelangt man ungesucht zu dem Resultate, dass auf gleiche Weise wie der Stickstoff im Ammoniak und in den entsprechenden Verbindungen desselben mit Aethyl, Methyl etc. substituirt werden kann, durch Arsen, An- timon und Wismuth, der Kohlenstoff in den organischen Radicalen vertretbar ist durch Zinn (und wie ich in ei- ner folgenden Abhandlung zeigen werde auch durch.Blei), und zu dem weiteren Schlusse, dass auch aus Zinn und Wasserstoff bestehende Radicale darstellbar sein müssen, welche den Hydrocarbylen in gleicher Weise entsprechen, wie Antimon- oder Arsenwasserstoff dem Ammoniak. Bereits haben in dieser Richtung angestellte Versuche schon so viel ergeben, dass das Gesagte nicht bloss das Resul- tat der Speculation, sondern in der Wirklichkeit begrün- det ist, und ich hoffe die Belege hiefür in nicht zu langer Zeit geben zu können. “ Substituirt man die mit dem Aethyl in den Stann- äthylen verbundenen Zinnatome durch Kohlenstoffatome, so ergeben sich Radicale, welche den Formeln: CgAeg, C;Ae;, C;Aez , CaAez und C;Ae; entsprechen, und welche zu dem Metylen CzH;, dem Elayl C,H,, dem Acetyl G,H3;, dem Methyl CaH; und dem Aethyl C,H; in dem gleichen Verhältnisse stehen, wie das Aethylamin NAe; zu dem Ammoniak NH; oder das Stibäthyl StAe; zu dem Anti- monwasserstoff StH3. Wie bekannt zerfallen die Hydro- carbyle,, je nach dem Verhältniss ihrer Kohlen- und Was- serstoffatome, in 2 Klassen. Die der erstern, welche ich Hydroisocarbyle genannt habe, bilden eine aufsteigende Reihe, in welcher jedes folgende Glied CzH, mehr ent- hält als das vorhergehende; so ist Methyl = CG3H; und Aethyl = C,H,;, Formyl = CgH und Acetyl = C,H;. Der gleiche Unterschied findet auch statt zwischen Meth- stannäthyl = SnzAez und Aethstannäthyl = Sn,Ae;, ebenso zwischen Metylenstannätbyl = SngAeg und Elaylstannäthyl = Sn,Ae,, und es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass auch Radicale darstellbar sind, welche den Formeln Sn;Aer, SnsAey, Sn;Aez etc. entsprechen. Die Radicale der 2ten Klasse, die Hydropolycarbyle, unterscheiden sich von de- nen der erstern durch ein Plus von 2, 4, 6, 8 Kohlen- stoffatomen. Schon -in meiner Chemie der organischen Verbindungen habe ich angedeutet und in meinem Grund- risse der organischen Chemie bestimmter ausgesprochen, dass die Hydropolycarbyle als Verbindungen der Hydroiso- carbyle mit Kohlenstoff zu betrachten seien. So habe ich angenommen, dass das Allyl C,H; eine Verbindung sei von C,H; oder Aethyl mit Cg = Cz, C,H; oder CzAe. Sehr wahrscheinlich haben die flüchtigen Oele, welche zu der Gruppe der Terebene gehören, und welche sich in vielen Beziehungen als Radicale verhalten, eine gleiche — 618 — Zusammensetzung. Zieht man von der empirischen For- mel des Citronenöls CioHz zwei Atome Kohlenstoff ab, so bleibt C3H; = 2C,H,, und setzt man für C,H, das Zeichen El, so ist die rationelle Formel des Citronenöls GaEl;, und die des Terpentinöls G,El,, entsprechend dem Metylenstannäthyl SngAeg und Elaylstannäthyl Sn,Ae,. Die grosse Zahl der aus gleich viel Atomen Kohlen- und Wasserstoff bestehenden Verbindungen, welche aus G;H;, CG;oH4o zusammengesetzt sind, lassen sich auf ähnliche Formeln zurückführen ; so ist C,H; = Ca , 2CaHz; = CzMeg; CoH4 = Ca, 2C,H; = C;Aeg. Gelingt die Darstellung eines Kohlennatriums, so wird man durch Einwirkung von Jodäthyl auf dasselbe Radicale erhalten, welche den Stannäthylen correspondiren. Dass sich beim Auflösen von Gusseisen in verdünnten Säuren Kohlenwasserstoffe bilden, welche aus mehreren Atomen Koblen- und Was- serstoff bestehen, ist eine schon längst bekannte That- sache. So entstehen bei der trockenen Destillation ohne Zweifel zuerst einfache Radicale, wie Methyl, Elayl, Acetyl, welche sich dann mit Kohlenstoff zu Benzin, To- lin, Naphtalin, Kreosot und bei stickstoffhaltigen Sub- stanzen mit Stickstoff zu Metbylamin etc. vereinigen. Im Anfang dieser Abhandlung wurde eines Radicales erwähnt, welches aus Sn;Ae, besteht, und welches ohne Zweifel durch Einwirkung von Jodelaylstannäthyl auf noch vorhan- denes Zinnnatrium gebildet wurde: Sng + Na + (Sn,Ae,)Jd = Sn;Ae, + Nadd. Die Formel dieses Radicales ist dann Snz, (Sn,Ae,}. Substituirt man die Zinnatome durch Koh- lenstoffatome, so erhält man Cz, (C,Ae,), eine Formel, in welcher die Kohlenstoffatome in 3 besondern Gruppen erscheinen, deren Gesammtsumme 22 beträgt. Bezeich- net man C,Ae, als Elaylcarboäthyl und setzt man das Zeichen X, so ist die Formel C5X und entspricht dem Formyl CH. — 619 — So lassen sich scheinbar sehr complicirte Verhältnisse auf ganz einfache Ausdrücke zurückführen und sie finden eine ungezwungene Erklärung nach der Radicaltheorie, und zwar nach der Radicaltheorie in der ursprünglichen Gestalt, wie sie von Berzelius festgesetzt worden ist. So sind es im Ganzen nur wenige Radicale, gleichsam Grund- oder einfache Radicale, welche sich, gleich den Elementen, in denselben Atomverhältnissen wie der Was- serstoff mit dem Koblenstoff zu neuen Radicalen verei- nigen, welche die gleiche Rolle abermals übernehmen kön- nen. CGahours betrachtet das Stannäthyl als Jodäthyl, in welchem Jod durch Zinn substituirt ist = re = n: und glaubt den Beweis für die Richtigkeit seiner Ansicht darin zu finden, dass beide, Jod und Zinn, in diesen Ver- bindungen nicht durch die gewöhnlichen Reagentien zu entdecken seien. Allerdings kann das Zinn auf diese Weise in den Stannäthylen nicht nachgewiesen werden; setzt man hingegen zu einer weingeistigen Lösung von Jodäthyl salpetersaures Silberoxyd, so fällt, unter Bildung von sal- petersaurem Aethyloxyd, sogleich Jodsilber nieder, und ebenso wird das Jod momentan durch Chlor aus dem Jodäthyl ausgeschieden. Nach der Ansicht von Gahours muss das Methstannäthyl einem Radicale correspondiren = (42H;,7, in welchen 2 At. Wasserstoff durch 2 At. Zinn substituirt sind ri oder eine Verbindung *Sn facher ist und mehr der innern Zusammensetzung des Methstannäthyls entspricht, als die Formel SngAez, über- lasse ich der Beurtheilung der Chemiker. Zürich, im October 1852. = 2(C 5.) + C,H; darstellen. Ob dieser Ausdruck ein- — 620 — H. H. Denzler, Ingenieur, über das Funkeln der Sterne. Eine den Gegenstand erschöpfende Abhandlung: „sur la seintillation“ von Arago im Annuaire für 1852 veran- lasst mich zur Mittheilung nachstehender Bemerkungen. — In Nr. 15 unserer Mittheilungen habe ich bei Bespre- chung der Erscheinungszeiten und der Erkennung des Föhns in der Schweiz als ein Kennzeichen des herein- ‘gebrochenen Föhns unter Anderm angeführt: „bei Nacht starkes Glitzern der Sterne von S. gegen N.“ (Heft H., S. 21). Beim Durchlesen obgenannter Abhandlung tauchte nun die Erinnerung an jene frühere Wahrnehmung wie- der auf, und es schien mir, dass die Richtung des Fun- kelns der Sterne die vorherrschende Luftströmung der Gesammtatmosphäre bei heller Witterung, also. gerade dann zu erkennen gebe, wenn der gänzliche Mangel an Gewölk uns über die in den höherun Luftregionen herr- schenden Winde im Ungewissen lässt. Im Weitern hielt ich dafür, dass die so erlangte Kenntuiss zur Vorherbe- stimmung der Witterung auf längere oder kürzere Zeit dienlich sein könnte, mindestens aber für die Meteoro- logie von Werth sein müsse. Seitherige Beobachtungen bestärkten mich in diesen Vermuthungen und ich glaube daher über die Art und Weise, wie ich dieselben ange- stellt habe, hier Rechenschaft geben zu sollen. Hat ein Fernrohr die Stellung, dass die Sterne als scharfbegränzte Punkte erscheinen, so wird es entweder mehr ausgezogen oder aber eingeschoben, wodurch die Sterne zu Scheibehen — oder vielmehr, wie Arago zuerst gezeigt hat — zu concentrischen, abwechselnd hellen und dunkeln Ringen werden. Bei helleren. Sternchen sind grössere Scheibehen mit der nöthigen Lichtstärke erhält- — a — lich, als bei lichtschwachen. Sorgfältige Beobachtung der Vorgänge wird Jeden bald wahrnehmen lassen, dass zeit- weise schattenähnliche Wellen in rascher Aufeinanderfolge das Scheibchen durchzucken und zwar in bestimmter, sich merklich gleichbleibender Richtung. Es wird wol kein Zweifel darüber obwalten können, dass diese Bewe- gung das Endergebniss sämmtlicher im durchsetzten Luft- kreise stattfindenden Strömungen ist. Dagegen gehört allerdings die gespannteste Aufmerksamkeit dazu, theils die richtige Lage der Richtungslinie, theils die Richtung der Bewegung selbst genau zu bestimmen. In Augenbli- cken der Ueberraschung durch die plötzlich eintretende und verschwindende Erscheinung bleibt man namentlich über das Vor- oder Rückwärts, bisweilen auch über die Lage der Bewegungslinie im Zweifel. Die sichtbare Bewegung ist indess nur eine Projek- tion der wirklichen. Bei Südströmungen z. B. scheinen alle Bewegungen gegen Süd senkrecht aufwärts, gegen Nord senkrecht abwärts zu gehen, während man bei den östlichen Sternen horizontales Vorschreiten von Rechts nach Links, bei den westlichen von Liuks nach Rechts wahrnehmen wird. Am besten wäre es also, Sterne im Zenith zu beobachten; allein die Bewegungen sind daselbst selten wahrnehmbar. — Ein anderes Mittel besteht darin, dass man Sterne im ganzen Umkreise beobachtet und die beiden, einander entgegengesetzten Richtungen ermittelt, wo die Bewegungen in senkrechtem Sinne vor sich gehen. Diess ist aber wegen theilweiser Bewölkung oft nicht ausführbar. — Das dritte Mittel zur Erkennung der wah- ren Lage der Bewegungslinie lässt auch aus dem einzel- nen Sterne das Gesuchte finden. Denkt man sich nämlich durch die beobachtete Bewegungslinie und das Auge des Beobachters, welche drei Punkte oder die Lage einer ei Ebene bestimmen, eine Ebene gelegt und beiderseits bis an den wahren Horizont hinunter verlängert, so werden die beiden Schnittpunkte dieser Ebene und des Horizon- tes die gesuchte Lage der Richtungslinie, d. h. ‚der vor- herrschenden Luftströmung angeben. Allerdings erfordert diese Bestimmungsweise sorgfältige Beobachtung und ei- nige Uebung. Dafür eignen sich die Sterne in Höhen von 10—40° am besten. Protokollauszüge über die Vorträge im Sitzungsjahr 1851/52. 30. Juni 1851. Hr. Prof. Mousson über die Einwirkung des galv. Stromes auf die Ausdehnung der Metalle. Derselbe über die Anwendung des galv. Stromes zum Sprengen von Mi- nen. Derselbe über das Foucaull’sche Pendel. Hr. Dr. Escher v. d. Linth über das Vorkommen von fossilen Palmenresten in Würenlos bei Baden. 1. Sept. 1851. Hr. Hofmeister über den Gang der Tem- peratur während der Sonnenfinsterniss vom 26. Juli 1851. Hr. Bremi über eine den gelben Rüben schädliche Fliegenmade. Hr. Prof. Heer über zwei neue Arten von Termiten auf Madeira. Hr. Prof. Nägeli über die Fortpflanzung der Pflanzen. 22. Sept. 1851. Hr. Prof. Heer über »Unger’s Gemälde der Vorwelt.« Hr. Prof. Ludwig Mittheilung neuer physiologischer Versuche des Hrn. Prof. Stannius aus Rostock. Hr. Prof. Deschwanden über verschiedene in London ausgestellte phy- sikalische Apparate. 27. Oct. 1851. Hr. Prof. Schönbein aus Basel über das verschiedene Verhalten des Sauerstoffes, je nachdem noch gewisse Substanzen anwesend sind oder nicht (Ozon). Hr. Prof. De- schwanden Fortsetzung seiner Berichte aus London. 10. Nov. 1851. Hr. Prof. Heer Vorlegung von Abbildungen von Alpenpflanzen von Hrn. Fröhlich. Hr. Prof. Löwig über das Wismuthäthyl. Hr. Prof. Heer über die Hausameise Madeira’s. — 623 — 24. Nov. 1851. Hr. Prof. Nägeli Fortselzung seines Vor- trages über die Fortpflanzung der Pflanzen. Hr. Dr. Volger über einen im Freienamte, Kt. Aargau, aufgefundenen fossilen Krokodilskopf. 8. Dec. 1851. Hr. Prof. Deschwanden Fortsetzung sei- ner Berichte aus London. Hr. Prof. Raabe über Integration durch Differentialion. Hr. Ingenieur Denzler über metleorolo- gische Beobachtungen in Bern, St. Gallen und Herisau. 22. Dec. 1851. Hr. Ingenieur Denzler über verschiedene während der zürch. Kantonsvermessung beobachtete physikalische Erscheinungen und neue Vermessungsmethoden. Derselbe über die thermischen Verhältnisse der Continente und Ozeane. Hr. Prof, Deschwanden Fortsetzung seiner Berichte aus London. 5. Jan. 1852. Hr. Dr. Volger über die Pseudomorphosen des Spatheisensteins. Hr. Prof. Heer über die in Madeira vor- kommenden Seethiere. Hr. Dr. Escher v. d. Linth über fos- sile Reste von Cerous lunatus aus Käpfnach und über den Schererit. 19. Jan. 1852. Hr. Obergärtner Regel über Veredlung von Pflanzen. Ar. Prof. Heer über Süsswasser - und Meerfische auf Madeira. Derselbe über Keuperpflanzen aus dem Veltlin und dem Bergamaskischen. 2. Febr. 1852. Hr. Ingen. Denzler über meleorologische Beobachtungen aus Hundwil, Kt. Appenzell. Hr. Prof. Mousson über die galv. Stromeinheiten. Hr. Obergärtner Regel über den Einfluss des Lichtes auf Keimung und Wachsthum der Pflanzen. 16. Febr. 1852. Hr. Prof. Mousson über die Gletscher. 1. März 1852. Hr. Prof. Schinz über einen Albinosvogel. Hr. Prof. Frei über Harting’s »Macht -des Rleinen.« Hr. Dr. Escher v. d. Linth über die Karte des Kt. St. Gallen und die verschiedenen Methoden der Karlenzeichnung. 15. März 1852. Hr. Horner Vorweisung von Pilzen auf einem Stück Papier. Hr. Hofmeister über elektrische Uhren. Hr. Dr. Volger über Pseudomorphosen entstanden in erhöhter Temperatur. N 5. April. 1852. Hr. Dr. Escher v. d. Linth über die geognostischen Verhältnisse der Schweiz. Hr. Ingen. Denzler über das Funkeln der Sterne. Hr. Hptm. Meier aus Luzern — 64 — Vorweisung eines Instrumentes zur Erleichterung des Auffindens einzelner bestimmter Punkte einer Fernsicht. 10. Mai 1852. Haupliversammlung. Rechnungsabnahme und weitere ökonomische Angelegenheiten. Hr. Weilemann aus St. Gallen Vorweisung eines lebenden Exemplars einer Vogel- spinne und ebenso einer Boa. Hr. Goldschmid-Oeri Vor- weisung neuer Arten von Manomelern und eines Flotleurs.