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KAISERL KÖNIGL CENTRAL-COMMISSION

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EKFORSCHING IND ERIIALTOf. DER RAIOEXKIIALE

HERAVSGEGEBEN IMER DER LErilNG DE»

K. K. SECTIONS-CHEFS UND PRÄSES DER K. K. CENTRAL-COMMISSION

KARL FllEIHERRN TON CZOERNKJ.

REDACTEUR: KARL WEISS.

II. BAND.

JAHRGANG 1857.

Mir 12 TAFELN l' N D I J 7 H O L Z S C II .N I T T \; N.

WIEN, 18ä7.

IN COMMISSION BEI DEM K. K. HOFBUCHHÄNDLER WILHELM BRAUMÜLLKK.

AUS DER KAISERLICH-KÖNIGLICHEN HOF- UND STAATSDRÜCKEUEI.

THE J. PA

INHALT.

i\r. 1. Jänner.

Seite

Die Rcslaiiiatioii des St. Stephans-Domes in Wien. Von Dr. Gustav

Hei der 1

Die romaiilsibc Jilrrlie zu Lebeny (Leirlen) in Unjrain. Von

A. Essenwein. (Mit 1 Tafel u. 7 Ilolzsclmitten.) ... 7

Zur Baiisesrbichlc der Kirche Maria am Gestade in Wien. Von

Joseph Feil (Mit 1 Holzschnitte. J 10

Die Ilri'ifaKIgkcitsklrcLc der Dominicaner in Rrakaii. Von Dr.

Schcnki. (Vlit 4 Holzschnitten.) 17

Notizen. (Anregungen zum archäologischen Studium in Oster- reich. — Die Kirche St. Sebastian zu Venedig. Neu- entdeckte Pfahlgriiber nächst Csurgö in Ungarn. Über die Erbauungszeit der ersten christlichen Kirche in Kiirn-

fhen. Ergänzung zu dem Aufsätze: „Die kirchlichen Gebäude in Hartberg." Die Rotunde und der Glocken- Ihurm zu .Tahring in Steiermark. Die jüngsten Aus- grabungen in Gross-Pöchlarn.) 21

Literarische .4nzeigoii. (Archäologische Karte des Königreiches Böhmen. Von Anton Schmitt. Die vorzüglichsten Rüstungen und Waffen der k. k. Ambraser-Sammlung. Von Andr. Groll und Dr. Ed. Freih. v. Sacken. Pamätky arcbeologicke, II. Bd. 3. Heft. II Duomo di Milano, 1. und 1. Lief. Allgemeine Bauzeilung. 8. u. 9. Heft. Organ für christliche Kunst, Nr. 23. Zeitschrift für christliche Arohäologie,2.u. 3. Heft. Bildwerke aus dem Mittelalter.) 26

Xr. 2. Febrnar.

Zur Baiigeschichtc der Kirche Maria am Gestade in Wien. Von

Jose])h Feil. (Fortsetzung.) .... 29

Die romanische Kirche zu Lebeny (Leiden) in Ungarn. Von A. Essenwein. (Mit 1 Tafel uml H Holzschnitten.) (Schluss.) - 33

Die Triichscsse von Emerberg. Von Joseph Bergmann ... 39

Die Stiftskirchen zu Grifi'en und Oberndorf in Kärnthen. Von

J. Freiherrn v. Ankershofcn. (Mit 4 Holzschnitten.) . . 41

Über einige Bau- und Kunstwerke in Oberösterreich. Von Joseph

B a u m g a r t n e r 43

Über die neuesten Ausgrabiingeu zu Gross-Pöchlarn (Hit 3 Holz- schnitten.) 47

Paniälty archaeologicke a mistopisne 30

Literarische Anzeigen. (Dr. G. Heider, Prof. Rudolph v. Eilel- herger unil Arebitekt J. Hieser: Mittelalterliehe Kunsf- denkniale des österreichischen Kaiserslaates, 3. Heft. Dr. Flor. R i e s s , Pfarrer L a i b und Pfarrer Dr. .*! c h w a r z : Kirchenschninek, ein Archiv für weibliche Handarbeit. Organ für cliristliehe Kunst, 7. .lahrgang. Von Fr. Baudri.) 31

iVr. 3. März.

Die Kleinodien des lieil. römisch-deutschen Reiches. Von F. Bock 33

Alte RunstdenkMiale in Botzen und seiner Umgebung. Von Alois

Messmer. (Mit 2 Holzschnitten und I Tafel.) S7

Die Kirche des hell. Michael zu Michelsberg in Siebenbürgen. Von

Ludwig Reiss enherger. (Mit 4 Holzschnitten.) . ... 63

Zur Baugeschichte der Kirche Maria am Gestade in Wien. Von

Joseph Feil, (Schluss.) (Mit 1 Holzschnitte.) 68

Pamätky archaeologicke a mistopisne. (Archäologisch - topo- graphische Denkwürdigkeiten.) (Fortsetzung.) 79

Biotiz. (Über den Zustand der Altcrthümer in Siscia. Von Ivan

von Kukulj evie.) Sl

literarische Anzeigen. (Zeifschr. f. christl. Archäologie u.Kunst.Von F. V. Quast u. II. Ol l e. Scandinavische Monumente d, Mit- telalters mit iliren Malereien u. anderen Ausschmückungen.

Organ für christliche Kunst. Kirehenschmuek. Der Dom von .Mainz. Verein für mecklenburgische Geschichte.

Über Emailmalerei. Kathedrale St. David.) .... 83

IVr. 4. April.

Die kaiserlicheil Anordnungen für die Restauration berühmter Kunstdenkmale im lombardisch - venetianiscben König- reiche

Die Kli'iiiodicn des heil, römisch-deniseben Reiches. Von F. Bock IL

83 86

Über die Rüslnngen und Waden der k. k. Ambrascr- Sammlung.

Von Dr. Ed. Freiherrn v. Sacken 94

Alte Knnstdcnkinale in Botzen und seiner Umgebung. Von .\lois

Messmer. (Mit 2 Holzschnitten.) 97

IV

über die Bedeulims iler im .l-.ilnc 1106 iirkuiuUIcli erwähn teil capella hnplismalis auf dein Berge Zozzen in Kärntlien. Von Gotlliel. Kreilierrn V. Ankcrshofeii 103

Die Rlrdii'uniiiii' mhi Zsiimhek in Ungarn. Von K. Weiss. (Mit

1 Tafel und 7 llob.selinillcn) 103

Notiz. (Ein neu entdeckter Heidenkirchhof zu Grosspold in

Siebenbürgen.) 108

Seite

t'i)rres|)(iii{lciizi'ii. (l'rag.KlagenfurI, Hennagor [Kämt. ],Seli\verin.) 1 10 Lllerarlsriic Anzcl?fii. (Die vorzügliclisten Uüslungeii und Wallen der k. k. Anibraser - Sammlung. Denkmäler der Kunst zur i'bersicht ihres Knlwickliingsgaiiges von den ersten Versuchen bis zu den Stand[)unkten iler Gegenwart. Von Dr. W. I, iibke. Organ für christl. Kunst. Museum zu Darmsladt. Revue du Part chretienne. Bibliographie.) 111

^r. 5. Mai.

Die Rcstauraliun iles romanischen Kreuzganges am bischötliehcn

Münster in Brixcn 113

Die Erlülgo der Wirksamkeit der k. k. Central-Commission ... 114

Die roinanlsflicii KIrrheii zu Zäbof und St. Jakob in Böhmen. Von Dr. .loliann Eiasmus Wocel. (.Mit 7 Holz- schnitten.) 116

Alte Runstdciikinale in Botzeii und seiner rmgebung. Von Alois

Messmer 120

Die Rloinodien des heil, römisch -deutschen Keiches. Von Franz

Bock. (Mit 1 Tafel und 3 Holzschnitten.) 124

Pauiätky archaeologieke a mistopisne (.\rehäologiscli - topo- graphische Denkwürdigkeilen.) (Fortsetzung.) 129

Notiz. (Die Altertbümer des Gaisthales in Steiermark.) . . . . 133

CoriTs|M(ndenzeM. (Wien. St. Andrae in Kärntlien. Pisek in

Böhmen.) 137

Liteiarisilie Aiizeigeii. (Kpiphania. ein Beitrag zur rlirislliclien Kunst-Archäologie. Von Georg Zappert. .lahrhueh der k. k. Central-Commission, 2. Band. Didron"s: Annaics archeologiiiues, 6. Lief. Katakomben von Rom. Biblio- graphie.) 139

IVr. 6. Jiiui.

über den Wertb von Gralidenkinalcn und ihren Inschriften, wie auch über die .Anlegung eines Corpus Epitaphiorum Vindo- bonensiuni. Von .los. Be rgma im 141

Die ungarisrhiMi Ri'irhsinsisnien. Von Franz Bock 140

Invenlarluin der l'ressburger Domkirehe vom Jahre 1425. Von

Dr. Gustav Heider I-Jt

.4. Ubale Masriiii über die Chronologie der mittelalterlichen Bau-

denkiuale von Vicenza. Von U. v. Eit el b e rger .... 1Ö3

Die roiiianisrheii Kirchen zu Zäbof und St. Jakob in Böhmen. Von

Dr. Job. Erasmus Wocel. (Mit 4 Holzschnitten.) .... löö

Die Rirrhe zu Bärncrk in Steiermark. (Mit! Tafel und 1 Holz- schnitte.) Von J. Scbciger 161

Paiuätkj' archaeologieke a mistopisne. (.\rchäologiscli - topo-

gra|ihische Denkwürdigkeilen.) (Schluss.) 163

Notiz. (Funde römischer Alterthümer in .Altofen.) 163

Corres|iiiiidenzen. (Wien. Brixen [Tirol]. Friesach [Kärn- then]. Grosswardein | Ungarn]. Grossprobstdorf [Siebenbürgen] 166

LUerarisrlie .\nzclsen, (l'amätky archaeologieke. Organ für christliche Kunst. Venedig. Dr. W. Lühke: Denk- mäler der Kunst. G. G. Kallenbach: Dogmatisch- liturgisch -symbolische Auflassung der kirchlichen Bau- kunst im Allgemeinen und insbesondere der Rundbogen Style.) 168

!\r. 7. Juli.

ReslaurationcN. Der Kreuzgang bei der Stiftskirche zu Milstat in Kärnlhen und dicConfraternitä di S.Giovanni Evangelista in Venedig 169

Die ungarisrheii Beirhslnsignlen. Von Franz Bock 171

Die alten llaiidenkmale des Iselthales in Tirol. (Mit 1 Tafel und

.*) Holzschnitten.) Von G. Tinkhauser . 174

Über den Werth von Grabdriikiiiali-n und ihren Inschriften, wie auch über die .Vnlegung eines Cor[iiis Epitaphiorum Vindo- bnnensi.im. Von Joseph li e rgm an n. (Mit 2 llolzschnillen.) 180

Dielnsfhrifleii und Büsten der Galleric im Dome von St. Vcitzul'rag 185

Die St. Aniiacaptlle des Domes zu l'ressburg. Von .Vrnold Ipolyi

Stummer. (.Mit 2 Holzschnitten.) 186

Notizen. (Fundamente eines römischen Palastes. Die cliema- ligeii Glasmalereien in der Hofkirehe zu Innsbruck.) . . .

Correspoiideiizeii. (Wien. Prag. Brixcn. Schässburg.) .

Literarische Anzeigen. (Friedr. Müller: Archäologische Skizzen aus Schässburg. Zeitschrift für christliche Archäologie und Kunst. Fr. Faber's: Conversationslexikon für bil- dende Kunst. Revue de l'art chretienne. Revue archeo- liigii|ue. Bibliographie.)

imt

193

194

Nr. 8. ViigHst.

über einige neu enlderkte Wandgemälde in Verona. Von R. von ' Die ari-häiiloKlsrlieiiPiibliratlniieii iing. Zellselir. ( .Mit I Holzselmitl.) 216

Eitclberger 197 ( iirri'siioinlcnzeii. (\\ien. - Szl. Mikliis [Ungarn]. Cividale.) 220

Dienn.:arls<-heiiUeirlishi^lt;nlen.VonF.Bock.(Mit8Hi.lzschnitlen.) 201 | Idlorarlsrlie Anzeigen. (Beliebte uml Mitlheilungen des Altcr- Die Vcrlheldieungsklrchen in Siebenbürgen. Von Friedrich | Ihuinsvercines. Szeksarder Allerlhümer. Baudenkmalc

jlüllcr 211 I Nicdcrsachscns. Die Kirche zu Grosslinden bei Gicssen.) 222

Nr. 9. September.

Seite

Die Restauration des St. Stephans-Üomcs in Wien 22d

Die Vcrliii'idisnnftskirchcii in Siebenbürgen. Von F'ricdr. Müller.

(llit ö Holzschnitten.) 227

Die Kroninsignien Böhmens. Von Fr. Bock. (Mit 1 Holzschnitte.) 231 Der Elisabcllj-Koiii zu Kaschau in Unnjarn. Von K. Weiss. (Mit

2 Tafeln nnd ö Holzschnitten.) 236

Die arcliüologistheii Pabllcalioncii ungarischer Zeitschriften.

(Scliliiss.) 24S

Der Tassllükelch nebst Leuchter zu Krcmsmüuster. Von F. Bock 247

Mollz. (Fund eines römischen Meilensteines im Krappfelde Kärn-

thens.) 249

Cürrespondenzen. (Wien. Aus dem Pongan in Salzburg.

Prag. Klagenfnrt.) 250

Literarische Aiizcise. (Dr. G. Heider, Professor Und. v. Eitel- berger und Arcliitekl J. Hieser: Mittelalterliche Kunst- denkmale des österreichisclien Kaiserstaates, 4. u. ä. Lief.) 2ö2

IVr. 10. October.

Von dem Eindiissc der Pdanzen auf die Zerstörung der Ruinen.

Von J. Sc beiger 253

Der Ifisf hofstah, dessen liturgisch -symbolische Bedeutung und

alhiiüliliclie Entwickelung seiner Gestalt. (Mit 1 Tafel und

i2 Holzschnitten.) Von Adolpli Lcop. Ritter v. Wolfskron 2ö0 Die Vcrlhcidiguiigskircheii in Siebenbürgen. Von Friedrich

Müller. (Schluss.) (Mit ItJ Holzschnitten.) 262

Die Rruiiiusignieii Bühuiens. Von Franz Bock. (Schluss.). . . 272

Der Elisabeth-lldiM zu Kaschau in Ungarn. VonK.Wciss. (Schluss.)

(Mit 7 Holzsehnilten.) . 27.^

Corrrepondenzeii. (Wien. Prag. Grossprobstdorf [Sieben- bürgen].) 278

Literarische Anzeigen. (Mittheilungen des historischen Vereines für Steiermark. Lepkowski v.: Krakau und Nürn- berg.) 28t»

]Vr. 11. November.

Die rüiiiischeii Bäder in Alt-Ofen. Von Dr. Ed. Freih. v. Sacken.

(Mit S Holzschnitten.) 281

Der Taufbniiiiien im Museo Correr zu Venedig. Von Rudolph von

Eitelberger. (Mit 1 Holzschnitte.) 287

Die Wandgemälde der Kathedrale zu Gurk in Kärnthen. Von

Gregor Schellander 289

Über die Grafen Ton Altbrcgenz und jene von Monlfort.

besonders die Linie zu Bregenz. Von Joseph Bcrg- - mann 298

Über ein in der Burg zu Wiener- Sieustadl in der Georgskirche

befindliches Basrelief. (Mit 1 Tafel.) Von Alb. Camesina 3(H>

Ein niillirasdenkmal in Krain. Von Dr. E. H. Costa 301

Notizen. (Margarelhen am Moos in Niederösterreich. (Mit i Holz- schnitte.) — Alte Denkmale in Tüfter. Einige alte

Eisenarbeiten in Krakau. (Mit 7 Holzschnitten.) 302

Correspondenz. (Wien.) 306

Literarische Anzeigen. (W. Wackernagcl: Die gold. Altartafel

von Basel. Revue de l'art ohrctiennc. Von .\bbe C o r b I e t.) 307

Nr. 12. December.

Andeutungen über Malerei und Blidhanerei des Mittelalters in

Österreich. Von Karl Haas 309

Das Floriani-Thor in Krakau. (Mit I Tafel und 13 Holzschnitten.)

Von A. Essen wein 313

Vier steinerne Iteuksänlen zu Ödenburg und Mattersdorf. Von Karl

Weiss. (Mit 4 Holzschnitten.) 320

Reisebericht über einige Denkmale zwischen Rotzen, Tirol und

St. Pauls, dann des Thaies Mareit und Riednaun in Tirol.

Von G. Tinkliauser 3'i2

Die üo|)|ieloa|ielle und der Thurm auf der Ruine Grünhurg in Kürn-

ihen. Von Max. RiUer v. .Moro 327

Correspondeiizen. (Wien. Prag. Gratz. Petlan. Klagen- furt. — Rrixen. Grossprobstdorf in Siebenbürgen.) . . 329

Literarische Anzeigen. Die goldene .\ltartafel zu Basel. Gym- nasialprogranunc. Die keltischen und römischen Antiken in Sloicrmark. Grgan für ehristl. Kunst. Zeitscbrifl für cliristliclie Arehiiologie und Kunst.) 330

Berichtigungen 332

Jeden Monat erscheint I Hefl mit mindestens 3 Druckbog:en und mit

Altbilduug-en. Der Pränuiiierationspreis ist för einen Jahrgang; oder zwtilf Hefte nchst Register suwohl für Wien jiUdie Kronläiider und das Ausland 4 (1. r. M.. hei portofreier Z.nsenduiig in die Krouländer der osterr. .M,.iiarohi.-4fi. 20kr. CM.

MITTHEILUNGEN

DER K. K. CENTRAL- COMMISSION

Präoamerationen ü beruf h- meo halb- oder ^aozjähri^' allek.k. Postamler derMunarohie. welche auch die purtofreir Zusendung der f ioiplnru |{pft*- besorgen. Im Wrge des Buch- handels sind alle Präuumerationeu und zwar nur zu dem Preiae too 4 fl. an den k. k. Hofbucbhäodler W. Braumäller inAVien lu richten.

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lliM-aiisiM'üebpn iiiiler iler Leiluii;! des L k. Sedioiis-Cliefs uiid Präses der k. k. Ceiilral-Coiuiiiissioii Karl Freilierrn v. rzoerniu-.

Redacteur: Karl Weiss.

m 1.

II. Jahrgang.

Jänner 18o7.

Inhalt: Die Restaunilion dos St. Steph:ins-Domes in Wien. Die romanische Kirche zu Lcbeny (Leiden) in rng;ini. - Zur Bau- geschichte der Kirche Maria am Gestade in Wien. Die Dominieunerlcirclic zu Kraliau. Notizen. Literarische Anzeii^en

Die Restauration des St. StephansDomes Iq Wien.

Von Ur. Gustav Heider.

Es ist eine traurige Thatsaehe, welche nicht ver- schwiegen werden darf, inid alle edleren Geister im hohen Grade beschäftigt, dass eine Reihe der herrlichsten Dome, welche unsere Vorfahren erbaut haben, unter dem Einflüsse der Jahrhunderte in einen Zustand gelangt sind, welcher für ihren weiteren Bestand ernste Besorgnisse erregen muss. Zwischen die Zeit ihrer Erbauung und der Gegenwart hat sich eine Zeitperiode eingeschoben, welche in ilirem Ablenken von den Traditionen des Mittelalters und in ihrer Rückkehr zu den Bildungen der Antike mit Gleichgiltigkeit, oft auch geradezu mit Geringschätzung auf diese Überreste herab- blickte, und wo sie nicht, wie diess in vielen Fällen eintrat, die Hand zu Verunstaltungen und l'mbauten bot, doch sieh um eine Sicherung des Bestandes dieser Bauten wenig kümmerte. Auf diese Weise ist durch einen langen Zeitraum nichts geschehen, um die nothwendigen Spuren des allmählich ein- tretenden Verfalls zu tilgen. Erst den letzten Decennien unseres Jahrhunderts, in welchem sich ein tieferes Verständ- niss dieser monumentalen Bauten wieder crschloss , war es vorbehalten , mit ernster Willenskraft an das Versäumte zu gehen, und dafür Sorge zu tragen, dass diese uns über- kommene Erbschaft auch unseren Enkeln noch zum Genüsse und zur Erhobung aufbewahrt bleibe. Diesem Zuge der Geister verdanken wir die Wiederherstellung so mancher Denkmale, welche bereits ihrem Ruine entgegeneilten ; die Dome von Köln, Bamberg, Regensburg, Speier, Aachen, Basel. Ulm, Worms, Xanten, die Elisabethkirche zu Marburg, die Frauen- kirche zu Esslingen, Katharinenkirehe zu Opjienheim u. a. m. sind sprechende Zeugen dieses geweckten Kunstsinnes. In der grossartigsten Weise hat Frankreich diese Aufgabe aufgefasst. Es hat den Werth seines Besitzthumes an Kunstdenkmalen in

II.

seinem vollen Umfange erkannt, und beeilt sich, fasst möchte man sagen, mit fieberhafter Hast, sie dem Einflüsse der Zeit durch die umfassendsten Wiederherstellungen zu entziehen, und sie auf diese Weise der Nation zu erhalten. Die diesem Zwecke jährlich gewidmeten Geldmittel übersteigen den Betrag mehrerer Millionen, und mit der Leitung der Ar- beiten werden die besten Kräfte betraut. Wir erwähnen unter letzteren nur den genialen Architekten Viollet-le-Duc. der unter seinen Fachgenossen unzweifelhaft den ersten Rang einnimmt, und einen Umfang des Wissens und Könnens besitzt, wie es bisher in der Kraft Eines Menschen vereinigt sich kaum vorgefunden hat.

Wenden wir unsere Blicke von dieser erfreulichen Regsamkeit auf unseren Dom, so können wir es einerseits zwar mit Befriedigung aussprechen, dass der Erhaltung dieses Denkmales seit Jahren die Aufmerksamkeit zuge- wendet war, andererseits aber dürfen wir es auch nicht ver- schweigen, dass sich erst in der letzteren Zeit die Begriffe über die eiffentliche Aufgabe einer Restauration vollkonuiifii abgeklärt haben, wie auch erst jüngst der Wunsch nach einer systematischen, den ganzen Bau umfassenden Wieder- herstellung sich allgemein festgestellt hat. Es ist diess gerade nicht zu bedauern, ja, gestehen wir es offen , es wäre im Gegentheile zu bedauern gewesen, Avenn diese umfangreiche Restauration in früherer Zeit (wir meinen damit eben kein Lustruni) zur Durchführung gckduimen wäre, denn das eigentliche N'erständniss des niittelalterliclien Styles und damit die Fähigkeit, die Bildungen desselben in würdiger Weise und den gegebenen Mustern entsprechend zu reproducircn, ist erst ein Ergebniss der jüngsten Ver- gangenheit, und gewiss würden umfangreichere, auf diesen

15:111 in früherer Zeit vorwi'iulete Mittel die Nothwendiskeit einer stylgemüsseii Wiederherstellung in unserer Gcjicnwiirt nieht nur nieht beseitigt, sondern vielleicht noch dringen- der gemilcht haben, als der eigentliche IJaustand unseres Domes, wie er sich zu unserer Zeit herausstellt.

FJevor wir jedoch letzteren in genauere Betrachtung ziehen, wollen wir mit einigen Worten dasjenige eiwahnen, was im Laufeder letzten .lahrc an Hestaurations-Ar- beiten vorgenommen wurde. Wir sehen hiehei von jenen jährlich wiederkehrenden Erhaltungs-Arhciten ab. welche im (lan/en genounnen mehr dabin abzielten, losgetrennte IJestand- theile zu befestigen oder gänzlich zu entfernen, welche sich jedoch mit eigentlichen Ergänzungen, oder überliaupt mit einer tiefer eingreifenden Restauration zu beschäftigen weder die .Aufgabe noch auch die Mittel hatten.

Den ersten .\nlauf zu einer grösseren Restaurations- .Arbeit bot der gefahrdrobcnile Zustand des obersten Theilesdes Hoch thurnies , welcher trotz mehrfachen .Ausbesserungen für sein längeres Bestehen fürchten Hess. Es wurde demnach der Beschluss gefasst. diesen Theil abzu- tragen und neu aufzubauen, was in den Jahren 183!) 1842 auch glücklich vollendet wurde. Es ist bekannt, dass man bei dem Wiederaufbaue, um dessen Last zu vermindern, auf den (icdanken verliel, ein eisernes Gei-ippe von 03 Fuss Höbe zu errichten und dieses von Aussen mit Steinwerk zu bekleiden, eineConstructionsweise, welche gleich in ihrem Beginne die Stinnnen erfahrener Bauverständiger gegen sich hatte und dem Vernehmen nach auch durch die seither gewonnenen jiraktiscben Erfabr\ingen sich nicht sehr em[ifcblens\verlh darstellen soll. Gewiss ist es, dass in einem zweiten Falle ein ähnliches System kaum mehr zur Anwendung kommen dürfte, eben so wenig als es für die Folge in der Absicht eines Architekten liegen wird, irgend einen Monumentalbau aus Gusseisen herzustellen und ihm sodann durch Anstrich das erborgte Aussehen eines Steinbaues zugehen. Die Anschau- ungsweise, aus welcher derlei Schöiifungen hervorgingen. dürfen wir als eine überwundene bezeichnen, obwohl sie noch in der Erinnerung der Zeitgenossen dämmert.

Eine zweite Restaurations-.Arbeit war die stylgemässe Herstellung der sogenaimten T i r n a'schen (' a p c 1 1 e , welche von dem Architekten Herrn Ernst auf Veraidassung des Fürsten Liechtenstein vorgenommen wurde.

rmfangreicher und unbestreitbar von grossem Ein- flüsse auf die gesteigerte Theilnahme an unseren Dom war der Aufbau der fehlenden Ziergiebel an der Nord- und Südseite, welche auf .Anregung der Commune Wiens und zum grossen Theile auf Kosten derselben von dem Archi- tekten Ernst in den beiden letztverflossencn Jahren und zwar in einer Weise ausgeführt w urde , welche in jeder Beziehung als eine höchst gelungene bezeichnet werden mnss.

Dieser Giebclhau war jedoch auch nach anderer Seite bin l'rnebtbar. indem er die Veranlassung but, mehreren bei

dem Bau derselben bemerkbar gewordenen Schällen Abhilfe zu leisten. So wurden im Jahre 1 854 der in der Nähe des Ein- ganges zur grossen Sacristei belindliche K ir e henpfei 1er, welcher sich als so sciiadhaft erwies, dass der Aufhau eines Giebels an dieser Stelle Bedenken erregen musste.und meh- rere andere anstossendeBantbeile einer ausgedehnten Restau- ration unterzogen. Weiteriiin boten die zum .Aushaue der Giebel aufgeführten (Jerüste V^eranlassung, den Bauzustand sowohl der südl ich en als der nördlichen Lang sei te des Kirchenschiires genau zu untersuchen, wobei sich als Resultat herausstellte, dass eine Restauration derselben nicht bloss wünschenswerth, sondern geradezu unerlässlich sei. Scbailhafte W^erkstücke miissten ausgewechselt, ein grosser Theil der Verzierungen ausgebessert oder ganz neu ange- fertigt werden, insbesonders war diess bei dem Strebepfeiler der Südseite nothwendig. Noch umfangreicher waren die Gebrechen der Nordseite; hier zeigte sich der Zustand des dem Thurme zuiiäcbsl betindlicben Fensterbogens mit seinem Masswerke, ferner einige Gewölberippen im Innern der Kirche im hohen Grade sclnulhaft, und auch der im Laufe der Zeiten entslandenen Trennung der Haupt- von der Tburmmauer musste Abhilfe geleistet werden.

.\lle diese Restaurationen, mit alleiniger .Ausnahme der an diesen Langseiten befindlichen Porlalbauteii. sind im Laufe dieses Jahres nahezu vollendet worden, und es steht zu erwarten, dass die Herstellung der Letzteren, welche bereits begonnen hat, nicht lange auf sich wird warten lassen.

.Ausserdem wurde, um dem in der Barb araeapelle aufgestellten neuen Votivaltar eine passende L'mgebung zu bereiten, die stylgemässe Restaurirung derselben, nämlich die Reinigung der Wände, die .Ausbesserung sämmtlicher Slcinmetzarbeilen, die Erölfnung eines bisher vermauerten Fensters durchgeführt, es wurden ferner um eine völlige Styleinheit dieser Capelle zu erzielen, die vier Fenster der- selben mit ornanientalcm Glassclnnucke verziert, über die an der rechten Seite befindlichen Statue der heil. Maria ein gothischer Baldachin angebracht und überdiess ein neuer Opferstock, eine Lampe und einige Leuchter, gleichfalls im gothischen Style, beigeschall't.

Mii den bisiier aufgeführten Restaurationsarbeiten, deren Werth wir gewiss nicht gering anschlagen , ist aber nur in beschränktem blasse den .Anforileriingen Geniige gethan, welche man initRücksicht auf deiiBauzustaiui und inihiteresse der Erhaltung dieses Denkmales , dem die Kunstgeschichte einen bevorzugten Platz unter den hervorragendsten Lei- stungen der Golhik angewiesen hat, zu stellen berechtigt wäre. Es sind, mit Ausnahme der. wenn auch nicht vollstän- dig, doch zum grössten Theile durchgeführten Restauration der beiden Langseiten des Kirchi'iiscbilles , nur vereinzelte Anläufe, die sich nicht als Glieder einem grossen wohl- diirchdachlen Plane anreihen, und ein sfufenweises Vor- schreiten erkennen lassen, sondern zum grossen Theile ihre Durchführung besonderen .Anlässen verdanken.

3

Wenden wir unsere Blicke von diesen Leistungen auf das hin, was noch zu tluin übrig ist, so wird sicii dieNothwen- digkeit einer durchgreifenden . alle Bautheile umfassenden Kestauration wohlbegriindet herausstellen.

Die Schäden an dem Haue sind vorzugsweise zweifacher Art : entweder sie stellen sich als eine Verstümm- lung der deeorativen Theile dar, oder es sind Gebrechen von weit grosserer Bedeutung in dem constructiven Auf- baue.

Fassen wir vorerst die Westseite, den bauältesten Theil der Kirche, ins Auge, so stellen sich die Gebrechen derselben, wiewohl bedeutend genug, doch mit Rücksicht auf das hohe Alter dieses Theiles noch als minder wesentlich heraus. Die im Jahre 184(5 vorgenommene Reinigung des sogenannten Riesenportals hatte nur den Zweck, die dichte und in vielen Schichten über einander liegende Kruste von Schmutz und Tünche abzu])liitleru, wodurch die feinen Gliederungen, die scharfe freieTechnik des Siiulenschmuckes an Schaft und Knauf, die derbe Kraft und naive Auffassung der den Fries schmückenden Gestalten zum ersten Male seit Jahrhunderten wieder zum Vorscheine kamen. Allein diese Restaurationsarlieit beschränkte sich strenge auf das Innere der Portalhalle, die am äusseren Vorbau ange- brachten Figuren, theils menschliche, theilsThier-Gestalten, sind im hohen Grade schadhaft und verstümmelt. Die zwischen den beiden Heidenthürmen angebrachte Gallerie ist nicht minder schadhaft. Die einzelnen Glieder derselben so wie die Füllungen des Masswerkes sind zusammenhanglos geworden und dermalen stellenweise durch Stricke an einandei' gehalten. Der Beschädigungen an den Baldachinen und der unter denselben stehenden Figuren thun wir im Einzelnen keine Erwähnung; die Aufzählung aller Beschädigungen an diesen, wie auch der fehlenden deeorativen Ausläufe und anderer Details in dem Umfange des ganzen Kirchen- baues wäre ebenso ermüdend, als diese Mängel ohnehin jedem aufmerksamen Beschauer den Genussder Betrachtung unseres Bauwerkes fortwährend verkümmern und ilesshalb seinem Gedächtnisse sich einprägen.

Die Schäden der beiden Thürme entziehen sich theilweise dem Auge, sind jedoch bedeutend genug, um erwähnt zu werden. An beiden sind stellenweise die Steine sehr verwittert, die aufsteigenden Knorren der Bedachung sind zertrümmert, die in den Ecken des südlichen Thurmes unterhalb der Giebelbekrönung angebrachten vier Wasserspeier, welche merkwürdigerweise die Symbole der Evangelisten darstellen, sind sehr schadhaft und kaum mehr erkennbar. Nicht minder haben die Details der beiden Tburmgallerien gelitten. Auch die Bedachung beider Thürme bedarf einer sorgfältigen Renovirung. Es dürfte eine weniger bekannte Thatsache sein, dass unterhalb der gegenwärtigen Steinverkleidung des Daches noch die ursprüngliche Ein- dachung aus glasirten Ziegeln sich befindet. Letztere tritt nunmehr an mehren Stellen, von welchen sich die Stein-

verkleidung abgelöst hat. an das Tageslicht. Auch trägt das Innere des südlichen Thurmes noch alle Spuren eines einst- maligen Brandes, keine Stiege führt zu seiner Spitze empor. diese ist nur mittelst Leitern und nicht ohne Beschwerde zu erklimmen.

Die beiden äusseren Travees an der nördlichen und südlichen Larigseite des Kirchenschilfes, welche im Inneren der gegenwärtigen Anlage des Musikchores und der beiden Seitencapellen entsprechen, und unstreitig zu den schönsten und durchgebildetesten Theilen des ganzen Kirchenbaues gezählt werden müssen, sind, mit Ausnahme jener Schäden, welche wir bereits als an dem ganzen Kirchenbau in reichster Fülle vortretend bezeichnet haben, verhältnissmässig gut erhalten. Nur die Pfeilerausläufe der Südseite der Gallerie. und letztere selbst, eine Bestaurationsarbeit der jüngeren Vergangenheit, tragen alle Spuren des Unverständnisses gothischer Bildungen an sich , und eine gewissenhafte styl- gemässe Restauration wird sich der Aufgabe nicht entziehen können, diese Theile zu beseitigen und durch besser gear- beitete sodann zu ersetzen.

Der durchgeführten Restauration der an diese Travees sich anschliessenden Langseiten des K irchenschiffes haben wir bereits Erwähnung gemacht, und schreiten zu dem n e u g e b a u t e n T h u r m e vor. Der ungehem-e Reicli- thum von Strebepfeilern, Fialen, Baldachinen und ornamen- talem Schmuck, welcher über diesen Bautheil sich verbreitet, lässt wohl vermuthen, dass ein Theil desselben dem Schick- sale alles Endlichen erliegen musste. Und diese Vermuthung wird durch einen auch nur llüclitigen t'berblick dieses TluuMnes bis hinauf zur Höhe des Thurmhauses bestätigt. Sehr Vieles an diesem Theile bedarf einer gründlichen Restauration, vorzugsweise aber die äusseren Strebepfeiler, welche im Laufe der Jahre selir verkümmert und ihres Schmuckes theilweise beraubt sind. Doch ist der Zustand dieses Hochthurmes noch ein erfreulicher im Vergleiche mit jenem des nördlichen II a I h t h u rni e s zu nennen. Letzterer gleicht in seinem oberen Aufbaue einer Ruine. Die äussere Steinlage in der Höhe mehrerer Klafter ist verwittert mni zerstört, und einzelne ausgefallene Steine sind durch llolz- stützen ersetzt, welche den Zweck haben sollen, das Absinken der oberen Steinschichten zu verhindern. Eine Restauration dieses Thurnies wird ohne Zweifel die Nothwendigkeit bedingen, den schadhaft gewordenen Theil abzutragen und neu aufzubauen. Dass bei einem derartigen baulichen Zustande der Hauptmassen auch alles decctrative Detail mehr oder minder gelitten haben muss. ist selbstverständlich, und wir nehmen keinen Anstand, diesen llalbtliurni als jenen Theil aufzuführen, welcher, obgleich der jimgste gothische Bau der ganzen Kirche, doch am meisten unter dem Einflüsse dei- Zeit gelitten hat.

Das Äussere des Chores bot in seiner Einfachheit und Schmucklosigkeit wenigen Anlass für Zerstörungen. Doch sind auch an diesem das Masswerk, die Pfeilerausgänge.

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wie auch siininitliclie Wiisserspcier .scliadliiift , und hedürfeii einer llerstflliing.

Das ItiiHM-c der Kirche hat diii'cli tUm blossen Ver- lauf der Zeit hegreitlicher \A'eise an seinen decorativen Theilen weniger Scliaden geiumMuen. Doch tandien in demselben tbeilweise Gebrechen auf, \\eiclie bei weitem « iciUiger sind , weil sie sich in den constructiven Tlieiien hefmden. Eine niihere Untersuchung stellt nämlich lieraus, dass einige Hippen der Gewölbe tlieils ges|U'ungen sind, fheils sich gesenkt haben. Solchen Schäden im linken Seiten- sciiifTe soll, wie uns von glaubwürdiger Seite berichtet wurde, dadurch begegnet worden sein, dass die Gewöllieri])|)en, welche sich senkten, mittelst eiserner Schienen an den Dachstuhl befestigt wurden. Auch die Aidaufrippen von den Capitälen der Pfeiler aufwärts siiul liäulig sdiadhaft und geborsten; im Jahre 1854 liiste sieh ein derartiges sciu' bedeutendes Stück von dem Pfeiler des rechten Kirchen- schiffes (in der Nähe des F'riedrich-Denkniales) los inid bedrohte durch seinen Sturz die unterhalb Weilenden. Endlich zeigen sich auch au dem rechten Pfeiler des Miltel- sebiffes an der \ ierung nicht unbeträchtliche Sprünge. Es bedarf keiner näheren Auseinandersetzung, um die Bedeutung solcher, v\ir mochten sagen, das innerste Wesen unseres Baues betrettenden Schäden vor Augen zu stellen. Sie rufen im höheren Grade als alle Verstümmelungen und Vernichlimgen des decorativen Theiles die Besorgniss für den ungefährdeten weiteren Bestand unseres Domes wach, l nd diicli glauben wir, ist das bisher Angefülu'te mir ein 'J'lieil jeMer (ichreclien. welche sich bei einer bauverständigen grürulliclien Untersuchung des ganzen Domes herausstellen werden. Alle Hestaurationen, welche in letzterer Zeit an demselben vorgenonuuen wurden , sprechen für diese That- sacbe. Jede derselben sah sich genüthigt, aus Rücksichten, welche erst während der \drnahnie der Heslauratioii seihst sich geltend machten, iibei- das vorgesetzte Ziel hinaus zu schreiten.

Diese Gebrechen erfordern daher dringende Abhilfe, soll sieb nicht der Umfang derselben von Tag zu Tag erweitern. Vor wenigen .laliren noch wäre ein dahin abzielender Wunsch auf uiuibersleigliche Hindernisse ge- .slossen und die Xotlnvendigkcit einer durchgreifenden He- stauration nicht ulme Widerspruch gehlitdien; gegenwärtig darf vorausgesetzt werden, dass sich mit einem solchen (H'danken nicht nur die Mehrzahl der Gebildeten befreundet habe, sondern dass die Durchfidirung desselben sich als der lebhafteste Wunsch in den Gemüthern aller Jener festgestellt liabe, welclie den Werth dieses ehrwürdigen Domes erken- nen und für die KrhallMiig desselben sich begeislern.

Dürfen wir daher annehmen, dass die nicht unbeträcht- lichen Mittel, welche eine solche Gesaumitrestauration in Anspruch nimmt, auf eine gleiche Weise werde zu Wege gebracht werden, wie sie für die Restauration und den .\us- liau lies Kidner Domes zuflössen, und können wir voraus-

setzen, dass in nicht ferner Zukunft sich vor unseren .Augen das erhebende Schauspiel einer rührigen Bauthätigkeit an allen Theilen unseres Domes entfalten werde, so scheint es nicht ungeeignet, einige Worte über den Umfang dieser Restauration uml über die Stufenfolge derselhen aus- zusprechen. Es ist uns nicht iiuhekaimt, dass im Jahre 1845, kurze Zeit nach Vidlendimg des siidliclien Thurmbaues, die Frage wegen der Wiederherstellung unseres Domes im .Äusseren und Inneren lebhaft verhandelt und der Entschei- dung der Behörden vorgelegt wurde. .\us dieser Verhand- lung, so wie aus den hie und da auftauchenden .Vnsichten einiger Kunstfreunde ersehen w ir, dass das Ziel, welches der Restauration vorgesteckt wird , ein sehr verschiedenartiges sei. Während Einige sich damit begnügen, für die Erhaltung der Kirche in ihrer gegenwärtigen (iesammtaidage Sorge zu tragen, meinen Andere, es müsse gleichzeitig an den Ausbau des zweiten Thurmes gesehritten werden, es müsse die vor- dere Fac^ade der Kirche, welche eigentlich der Überrest eines früheren Kirclienbaues und in den gothischen Bau nur mechanisch eingeschoben sei, beseitigt und an ihre Stelle eine Fajade im gothischen Style neu aufgebaut werden. Wieder .\ndere , deren Augen durch die stylwidrige Ein- richtung der Kirche im iu)hen Grade beleidiget werden, wünschen in dringender Weise eine durchgreifende stylge- mässc Restaurirung im Inneren durch Entfernung der alten und Aufstellung yeuer Altäre, durcli den .\ufbau eines neuen Oratoriums und eines neuen Musikchores, durch Anbringung von genullten Glasfenstern im Chore und in den SchilTen.

Vorerst müssen wir einige dieser Wünsclu», denen «ir uns in keiner Weise anschliessen können, näher beleuchten oder einfach zurückweisen; letzteres in Bezug auf die Um- gestaltung der Fa^ade. Man sollte kaum glauben, dass ein solcher Wunsch ernst gemeint sei, welcher eben mir in dem sehr moderiuMi Bestreben einer allgemeinen Nivellirung einet) .Anhaltspunkt, aber durchaus keine Rechtfertigung limlet. Allei'dings neigt sich diese Fa(,>ade mehr dem roma- nischen als dem gothischen Style zu, allein sie ist ein Kunst~ werk um! der Zeitstellung nach von dem Baue des Mittel- scliilTes nicht weiter abgetrennt, als letzteres von den beiden Thurndiauten. Ein feineres Kunstgefühl wird den Zusam- menhang des Fa(,'adenslyles mit jenem des Mittelschill'es ebenso sehr herausIliiilcM.als es andererseits die verscliii'dene Stylentw ickelung, welche sich in dem Baue des Mittelschill'es und der Thürme auss|)richt, nicht unbeachtet lassen wird. Lässt man die Verschiedenheit zwischen den beiden letzten gelten, so mag man unbekümmert aui-li ilrn l'"ac;iiieiibaM auf seinen I' iMulam<Milen beruhen lassen.

Einer grossen Populai'ität erfreut sich der Gedanke des .Ausbaues des Halbthurmes. Man sieht in (iediuiken bereits den zweiten Thurm bis zur stattlichen Höhe des .Ausgehauten sich erheben, ein zweiter Adler soll kräftig uiul kiilin an der Siiitze desselben den Stin-men trotzen und als ein Wahrzeichen der Residenz nucli allen Seilen hin

erglänzen. Dieser Aufschwung der Gedanken lässt sich wohl durch die Kühle der Betrachtung nicht niederhalten, dass die zu einem solchen Ausbau nöthigen Mittel gerade nicht un- beträchtlich seien. Ihn beirrt niciit die Betrachtung, dass eine Zeit, welche mitten in einer lange geübten Bautechnik stand, und nicht zu reprodiiciren, sondern zu schaffen hatte wir meinen das XV. Jahrhundert uns eine Reihe fertiger Kirchen hinterliess, jedoch an dem Ausbaue ihrer Thürme erlahmte. Wir erinnern an die Münster von Bern , Kolmar, Frankfurt, Strassburg, Wetzlar, I'rag. Kuttenberg, Regens- burg und viele andere, deren Thürme entweder kaum zur Hälfte oder wenigstens nicht zu jener Höhe emporgeführt wurden, die in der Absicht des Erbauers lag. Wir lassen die Betrachtung bei Seite liegen, dass durch den Ausbau eines zweiten Thurmes vielleicht sogar der ästhetische Ein- druck des ganzen Kirchenbaues leiden könnte, aber Eines müssen wir hervorheben, welches uns bei Entscheidung die- ser Frage allein bestimmend erscheint. Wollte man wirklich an den Aufbau dieses zweiten Thurmes schreiten, so würde sich, um für denselben eine feste Grundlage zu gewinnen, die Nothwendigkeit herausstellen, einen grossen Theil der oberen Hälfte, welche, wie wir gesehen haben, vorzugsweise zerstört und verwittert ist, abzutragen. Allein man würde sich irren, wenn man sich der Meinung hingeben wollte, auf dem so gewonnenen Fundamente dann einen Thurm aufführen zu können, welcher sich ebenbürtig dem ausgebauten an die Seite stellen dürfte. Die Anlage und organische Fintwicke- lung des Halbthurmes ist durchaus dem Südthurme nicht zu vergleichen. Nur bis zum Beginne der Giebel folgt er letz- terem annähernd im Grund- und Aufrisse. Von da an treten bedeutende Abweichungen ein, welche schon dem blossen Auge sehr wohl erkennbar sind, dem Verständnisse eines gebildeten Architekten aber sich unabweislich aufdrängen. Wir wollen nur Einiges davon hervorheben. Während an dem Südthurme die über dem Mittelschiffe angebrachte Gallerie in gleicher Höhe um denselben umläuft, erhöht sie sich, aus der Gesammtlinie heraustretend, an dem Halb- thurnie, wie auch der hier angebrachte Thurmgiebel aus der Linie der Scliiffgiebel heraustritt und um ein beträchtliches höher angebracht ist, abgesehen davon, dass er auch durch- aus ein verdorbenes Masswerk zeigt, wie überhaupt das ganze Detail des oberen Theiles an diesem Thürme schon durchweg die Spuren des Stylverfalles an sich trägt, wenn gleich die überaus sorgfältige, beinahe ängstliche Ausführung von Einzelnhciten bei näherer Besichtigung anerkannt wer- den muss. Auch die Massen an diesem Tliurme sind unschön aufgelöst, die einzelnen Glieder ohne ProClirmig. Den Organismus des Aufbaues, welcher an dem Südthurme unsere Bewunderung in so hohem Grade in Ans|U'uch ninunt, finden wir hier gestört, mit kurzen Worten, wir vernn'ssen an diesem Halbthurme die Stylgediegenheit, die wir in so hohem Grade allen übrigen Thcilen unseres Domes nachrühmen müssen. Schon die Baugeschichte dieses Thurmes gibt ein betrüben-

des Bild der absterbenden Bauthätigkeif des XV. Jahrhun- derts. Während der Hoehtliurm im Verlaufe eines halben Jahrhunderts von seinen Grundfesten bis zur Aufsetzung der Bekrönung vollendet dastand, erhob sich der Halbthurm während einer 44jährigen Bauzeit nur /.u einer Höhe von 25 Klaftern. Selbst nach der im Jiihi'e 1400 erfolgten feierlichen Grundsteinlegung verflossen Tioch 17 Jahre, bis an den eigentlichen Bau geschritten wurde, der, wie erwähnt, nur sehr langsam und stufenweise vorschritt, wie die ein- gehauenen Jahrzahlen 141)0. 1502. 1507,1511 darthun. In letzterem Jahre soll nach Ogesser's Zeugniss der Bau für immer eingestellt worden .sein. Zwar tauchte unter Bischof Anton Wolfrath (16^1—1639) der Plan zur Vollendung dieses Thurmes nochmals auf, und es lag das Erbieten vor, denselben in Conformität mit dem ausgebauten Thürme innerhalb des Zeitraumes von vier Jahren herzustellen. Allein der Rückblick auf die Baugeschichte dieses Thurmes scheint diesem kostspieligen Unternehmen nicht günstig gewesen zu sein und so unterblieb es. Wir haben keinen Grund, diess zu bedauern, denn die Bauthätigkeif des XVII. Jahrhunderts bewegte sich auf Bahnen, welche von den Traditionen unserer Vorfahren viel weiter abstanden, als unsere Gegenwart. Das Verständniss für die Meisterwerke der Gothik war im XVII. und XVIIl. Jahrhunderte so tief gesunken, dass die Schöpfungen der Gothik gerade rnn- Anlass boten sich über „den armen verstand selbiger Zeiten zu verwundern".') Dass einer solchen Anschauungsweise, kein gelungener Restaurationsbau entsprungen wäre, bedarf keiner näheren Erörterung.

Mit dieser Betrachtung wollen wir jedoch nur einem voll- ständigen Ausbaue, keineswegs aber einem stylgemässeren Abschlüsse dieses Thurmes, welcher sich aus den gegebenen Elementen ganz wohl entwickeln Hesse, und welcher an die Stelle des 1579 erbauten kleinen Thurmes zu treten hätte, entgegentreten, wenn anders das reichliche Mass der für den eigentlichen Restauratiousb;ui zidliessenden Jlittel diess ohne Abbruch nothwendigerer Herstellungen zuliesse.

Wenden wir uns der Betrachtung dieser letzteren zu. so ninunt in der Reihe derselben die eigentliche Restaura- tion des Baues unbedingt den ersten Platz ein. Es wäre kaum zu entschuldigen , wollte man dem Gedanken einer styigemässen Ausschniiickuiig des liiiicrn Raum geben, bevor für den Bestand der Kirche hiiueichend vorgesorgt ist. Wir lassen hiefür einen Gewährsmann s]irechen, dessen Worte in allen Kreisen Beifall und Anklang gefunden haben und die vorzugsweise an die Kirchenvorstäiide gerichtet sind: „Nur all/.iKift sieht man, wie für das Entbehrlichste oder doch ganz Untergeordnete zunächst Fürsorge getroffen, und das Wichtige darüber versäumt «ird. Man versieht die Fen- ster mit farbigem Glase ohne allen Kunstwerth, bezahlt

1) Sielii- K e i I "s Aufsat/. über .lie Mi'ti .iiMiritankirclie St. Sti.>[ih.in in iK'ii „üsteiT. lilliUeni für I.itcriilur ii. Kuiisl-, 1814. S. 137 u. iC7.

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»emaliingen mit Ölfarben (nlor Firiiiss, Vergoldungen. Sta- tiuMi, Sculpturen, ganz übL'rttiissige GcrUthschaften oft mit schwereni Geklo, wahrend der liegen durch die Däeher driiif^t, die Wasserahleitnngen den Dienst versagen, die Gewülbe dem Einsturz drohen, üheiliaupt der Bau in stets steigender Progression dem Intergange entgegeneilt. \No solches nicht geradezu der Wille des betretVendeii \N ohl- thäters erfordert, der, einer besseren Einsicht unzugänglich, gar nichts thun würde, falls man ihm nicht die Freiheit Hesse, etwas am unrechten Orte, oder doch zum Ibertlusse zu thun, da knüpft sich eine schwere Verantwort- lichkeit an solches Beginnen, welches um einer Caprice, einer kleinlichen Eitelkeit oder auch nur um der Be(juendichkeit willen die höchsten Interessen gefährdet, indem es sie unberücksichtigt liisst. Überhaupt müssen Eifer und Freigiebigkeit von der einen, mit Geschmack und Ehr- furcht von der andern Seite sich begegnen und einander die Hiinde reichen, wenn eine Restauration zum guten Ende geführt und nicht vielmehr eine CalamitUt für die Kirciie, um welche es sich handelt, daraus erwachsen soll" ').

Überhaupt ist die innere stylgenüisse Herstellung der Kirche keineswegs als ein blosser Kestaurationsbau, sundern als eine selbstständige Kunstschöpfung zu betrachten, deren Lösung auch bedeutend schwieriger und wie uns scheint an die Beobachtung gar mancher Rücksichten gebunden ist. Die Restauration des Äussern hat sich nach Mustern nicht weit umzusehen, sie flndet dieselben in jedem Augenblicke zur Hand, undderWerlh der Leistung wird um so höher stehen, je weniger dem Auge die Restauration sich aufdringt. „Von rein ästhetischem Gesichtspunkte aus betrachtet, nimmt ein Bau- werk als hinsinkende Ruine, die ihren Charakter in keiner Weise verläugnet, das Interesse unvergleichlich mehr in -Anspruch, als wenn dasselbe durch allerhand \'urrielituugeu und fremdartige Zutbaten künstlich am Leben erhalten wird. Da indessen solche Zubauten meist zugleich Bedürfniss- hauteu sind , so thue man denn , was das Bedürfniss erfor- dert, eh CM auch nicht um ein Haarbreit mehr. Eine jede Restauration sei, mit einem Worte, so conser- vativ, wie möglich"-).

Diese Grundsätze, welchen wir vollkonuaeu l)eistimmen. reichen jedoch für die W i e d e r h e r s t e 1 1 u n g d e s Inno r n nicht aus. Hier handelt es sich um die Beseitigung .\lles dessen, was der Unverstand und Ungcschmack der letztver- tlossenen Jahrhunderte aufgespeichert hat, und um den Ersatz desselben durch stylgemässe Reproductioneu. Hier eine Gränze zu bestiuuneu hält schwer, der Beginn drängt zum Vorwärtsschreiti'u und dieses zu einem vollständigen

') A. Rci c hc nsbcrgcr: „Fingerzeige auf ileni ficliicac lior kiicli- lichen Kunst." I.eipiig ISSB, .S. 42. E.i i.it «lasseHic Werk, welches erst kürzlich der hochwiirilig.ste Bischof von Itriinn dem ("teriis seiner Uiiicese in einem auch <on den „Mittheilungeii- (\, '>.]') ciUrteii Kriasse anempfohlen hat.

') Am mg. Orte, S. 3:1.

Absehluss; denn das Nebeneinander des Verschiedenartigsten scheint uns mehr vom Übel, als das Belassen des Gegen- wärtigen, welches w enigstens so ziemlich Einer Zeitricbtung angehört. Dieses inuss dem Entschlüsse einer Restauration des Innern klar vorschweben, und ehe daran gegangen wird, von dem Bestehenden auch nur den kleinsten Theil durch Neues zu ersetzen, nmssderPlan der ganzen Restaura- tion nicht bloss wohl durchdacht, sondern bis in das Ein- zelnste festgestellt und dein Bedürfnisse des Cultus in Allem und Jedem angepasst sein. Ein Vorwärtsgehen in andeier Weise würde zu einer Reihe von ünzukömiidichkeiten führen, und das Gelingen der ganzen Aufgabe in Frage stellen. Bei der Lösung derselben darf nicht der blosse Geschmack des Gebildeten massgebend sein, denn es handelt sich dabei, wie nur einige Beispiele zeigen sollen, um die Erfüllung schwieriger und umfangreicher Kunstfragen.

Die Form gothischer Altäre, wie sie den gegen- wärtigen Cultusbedürfnissen zu entsprechen haben, ist keineswegs schon geläulig, und auch über das Material, in welchem sie anzufertigen sind, herrscht eine beachtcnswerthe Meinungsverschiedenheit. Während sich die Mehrzahl unserer heimischen .Vrchitekteii für llulzschnitzerei entscheidet, fordern rheinische Kunstfreunde für den Altaraufbau eine kunstreiche correcte Steinhauerarbeit. Sie meinen, den Holzschnitzereien gebe das Phantastische meist ganz und gar ab, es sehe an ihnen Alles so abgequält aus, Masse und Form lägen im Hader mit einander, ein Hiuler, in welchem die F(U-m ganz gewiss stets den Kürzereu ziehen müsse. Mit dem ersten Altare aber, der in den Kirchenräuinen aufgestellt wird, irmss diese Frage bereits gelöst sein, und einer besseren Einsicht, welche sich später durcharbeiten würde, bliebe nur übrig zu bedauern, dass sie sich nicht früher geltend gemacht habe. Was von dem Altare gesagt wurde, gilt mehr oder weniger von allen übrigen Gegenständen der inneren Einrichtung und erstreckt sich selbst auf die Kirchen- gewänder, welche unter dem Einflüsse des Rococo und modernen Industrialismus an Form und StotV sich den alten würdigen Mustern vorzugsweise entfremdet haben und einer Rückkehr zu demselben dringend bedürfen, soll ;mders der Sinn für das Bedeutungsvolle, für die mystische Sprache der Kirche wieder aufleben. Und welchen andern würdigeren Zweck hätte eine Restauration?

Ein nicht geringerer Zwiespalt der Meinungen besteht bezüglich der gemalten Fenster. An der Wiederbelebung dieses Kunstzweiges hat die Technik einen hei weitem grös- seren Aiitheil als das Versländniss für die Form, den eigent- lichen Inhalt derselben , welcher bis auf unsere Tage noch nicht zum Durchbruche gekommen ist. Anstalt an dem Gedanken festzuhalten, der doch so nahe liegt, dass die Fenster zum Verschlusse dienen, und daher nur eine Flächen- Malerei zulassen, behandelt man sie wie selbstständige Kunst- werke, man benutzt die Fläche für zusammenhängende (Jruppirungen mit perspectivischen Hintergründen, und lässt

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sidi das Störende der Durchsehneidung und Zerstörung der so getroffenen Anordnung durch die Fensterpfosten ganz wohl gefallen. Zu bedauern wäre, wenn man sich bei An- schatfung gemalter Fenster für unseren Dom von so verkehrten Kunstanschauungen leiten liesse. Erst in neuester Zeit sind von München aus derlei Glasgemälde in die Welt hinaus- gewandert und haben reichlichen Beifall und Bewunderung eingeerntet. Wir kennen dermalen nur zwei Anstalten in Europa, welche nicht nur die Technik gehörig zu behandeln wissen, sondern eben so sehr auf die alten Muster zurück- gehen. Es sind diess die Anstalten von H. Baudri in Cöln und von Didron in Paris. Bei uns in Österreich ergaben sich bisher für die Thätigkeit dieses Kunstzweiges nur ver- einzelte und untergeordnete Anlässe, wobei grösstentheils dem modernen Standpunkte gehuldigt wurde. Doch lässt sich erwarten, dass bei gegebenen Impulsen und unter künstlerischer Leitung eben so gute Leistungen erzielt werden können als im Auslande. Vor Allem wird es sich

darum handeln, auf Grundlage des einzig richtigen Principe«, der vollständigen Einordnung nämlich der gemalten Fenster iu die Architectur, solche Zeichnungen für dieselben zu gewinnen , welche aus einer V' ertrautheit mit den Meister- werken des XIII. und XIV. Jahrhunderts hervorgegangen sind.

Mit diesen Andeutungen müssen wir uns vorerst be- gnügen ; ein weiteres Eingehen in das Detail kann nicht die Aufgabe dieser Zeilen sein, welche nur den Zweck haben sol- len, einerseits die Dringlichkeit einer vollständigen Restauration des Baues unseres ehrwürdigen Domes vor Augen zu stellen , andererseits aber das Verhältniss zu be- stimmen, in welchem diese Restauration mit den auf die stylgemässe Wiederherstellung des Innern ge- richteten Wünschen zu treten haben wird. Möge der Beginn des nächsten Jahres uns bereits Gelegenheit bieten . den Lesern Rechenschaft zu geben über die begonnene Bau- thatigkeit an unserem Dome!

Die romanische Kirche zu Lebeny (Leiden) in Ungarn.

Gezeichnet und besehrieben vom Architekten A. Essen wein.

Die gesammte Cultur des Mittelalters stellt ein Ganzes dar, das sieh um Einen Mittelpunkt dreht um die Kirche. Alle Völker, welche an der christlichen Culturentwickelung Europa's theilnehnien, standen somit in einem innigen Zu- sammenhange mit der Kirche, die einen gemeinschaftlichen Kreis um Alle zog und sie stets mit dem Mittelpunkte der- selben, mit Rom, in Verbindung brachte. So musste bei allen Völkern und in allen Gegenden die Entwickelung nahezu gleichen Schritt halten, und jeder Fortschritt an dem einen Orte übte auf alle anderen seinen Eintluss aus.

Einen sichtbaren Beweis dieser gemeinsamen Strömung gibt die Baukunst des Mittelalters, die nie in ihrem Ent- wickelungsgange bei einem Volke vorausgeeiltwar, ohne dass die anderen davon berührt wurden; so dass wir also deuEnt- wickelungsgang einen gemeinschaftlichen nennen köimen, da fast jedes Volk irgend einen Antheil am Fortschritte gehabt hatte. Das Mittelalter hatte aber nur eine Einigung der Völker zu einer Familie im Schoosse derKirche angestrebt, ohne auf völlige Verwischung der jedem zugehörigen Eigen- thümlichkeiten hinzuarbeiten, und so zeigt uns auch die Baukunst in ihren Denkmalen nicht etwa stets zur selben Zeit und in allen Ländern einen und denselben Typus, sondern es bilden sich einzelne Kreise, deren Bauten unter einander eine grösere Übereinstimmung zeigen , es tauchen in ver- schiedenen Gegenden bestimmte Merkmale auf, die nicht allen diesen Kreisen gemeinsam sind, sondern sie wesentlich von einander unterscheiden.

Wie sich nun einst alle Cultur um die Kirche als Mittel- punkt bewegte, so sind auch die Mittelpunkte der kleinen Kreise grossentheils wieder kirchliche; die unterscheidenden

(.Mit zwei Tafeln.)

Eigenthiimlichkeiten gliedern sich eben sowohl nachDiöcesen als nach Staaten. Bischofsitze und grössere Klöster üben auf ihre Umgebung stets einen Eintluss, der aber immer auf die Charakteristik des Volkes Rücksicht nahm, so dass durch den- selben, sowie durch örtliche Eigenthündichkeiten, durch die Einflüsse von Klima und Material entschiedene Unterschei- dungen der kleineren Kreise hervortreten. Bei gleichem Ent- wickelungsgange ist darum stets die Kunst der Deutschen. Franzosen, Engländer, Italiener u. s. w. eine verschiedene. Aber selbst in Deutschland gliedert sich die Kunst nach ein- zelnen Kreisen, und beispielsweise besitzt die rheinische Baukunst Eigenthündichkeiten gegenüber der baierischen, sächsischen, und jener die im Nordosten und Nordwesten sich entwickelt.

Einen solchen abgesonderten Kreis bilden auch die Bauwerke des deutschen Südostens, die des Stammlandes Österreich, dem sich zunächst Ungarn anschliesst. Hier sah insbesondere das Ende des XII. und der Anfang des XIII. Jahrhunderts eine Anzahl Bauten entstehen, welche, wenn auch in Bezug stehend auf die Kunstgehilde anderer Länder, sich doch als Strahlen zeigen, die von einem Mittelpunkte ausgingen, utul durch gewisse Eigcnlhümlichkeiten eine geschlossene Gruppe bilden.

Ein bemerkenswerther Theil deiselben ist die Kirche zu Lebeny in Ungarn (Raabor Coiiiital).

Sie ist der Überrest der Benedictincr-Abtei zum Ihm!. Jakob, welche im Jahre 1202 von den Brüdern Cliepan und Poth vom Geschlechte der Heder väry gegründet wurde. König Andras II. bestätigte 1204 die Stiftung der Abtei, welche der Martiusberger Abtei (Raaber Comitat)

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iiiiton\(irfi'ii \v;ir. welche [letztere damnls ein Mittelpunkt beiden iiiissersteii, welche vor der Witndflache stehen, sind gewesen zu sein scheint, von welchem die Striddeii der iichtseilisf ( nicht ,ü:iiiiz regelniiissi^e) Prismen. Die Absiitze. Bildung üher einen grossen Tbeil Ungarns ausgingen. welche theiis kantig, theils abgerundet zwischen den Siiul-

Die Kirclie besteht aus einem dreischiftlgen Laughanse chen vortreten, .sind mit verschiedener Ornamentik bedeckt, mit zwei westlichen Thürmen (vgl. denGrundriss auf Taf. I). Die Blätter derselben haben vollständig denselben Charakter

der im Anfangi- des .MII. .lahr- :1= _L huuderts sich in Frankreich

wie in Deutschland zeigt: die Zusammenstellung derselben ist jedoch eigenthiimlich . indem an einigen Kanten sich förm- lich Laubguirhinden bildcTi. Der Ornamentzusanunensteihmg der äussersten Ecke liegt die Zick- zaekform zu Grund, die inneren sind Rankenversciilingungen , deren Znsanmienstellimg lebhaft an dii^ spätrümischen erinnert. Zwischen diesen stehenden Theil und den Rundbogen tritt ein Kämiiferkranz, der ans den weit ausgeladenen Knäufen der Säulen besteht. (Vgl. die Ab- bildung dieses Fortals auf 'i'af. II.)

Im Allgemeinen gleicht auch die Oriramentik dieser Knäufe den gleichzeitigen an- derer Gegenden ; die weite Ausladung derselben , welche die einzelnen mit einander in schafTt wurde, da sich deutlich zeigt, dass das Flü.sschen Verbindung bringt, sodass sich zwischen ihnen die Kämiifer- Baabnitz früher unmittelbar bei Lebeny floss. Der Stein hat theile der Ecken gar nicht entwickeln können . ist eine den Uidiilden der Witterung vollkommen widerstanden, von Eigenthinnlichkeit des Kreises dieser Bauwerke. (Vgl. das Verwitterungsind nirgends Spuren zu sehen, und eine präch- Riesenthor vonSt. Ste]dian inAVien.) Eine Eigenthümlichkeit tige, theils gelbe theils rötliliclie Färbung sind die einzigen der Capitäle dieses Portals besteht auch darin, dass in der ■\Iitle Spuren, welche die Wetterstürnie der vorübergezogenen ein förmlicher Kranz dieselben umgibt, der auf einem sicht- .lahrhunderte hinterlassen hal)en. baren Plättchen autliegt. (Vergl. Fig. 2, die Knäufe der drei

Eine Sage erzählt, dass eine .lungfrau aus der Familie Säulchen an der Südseite. Fig. 4 ist der Knauf der nörd- der Gründer .sehr viel zum Baue beigetragen habe, und dass liehen achteckigen Säule, Fig. 3 der der Südseite; bei« sie nanieiitlich jeden der Steine mit einem Schafe bezahlt in Fig. 4 war eine Thierligur.) Die Deckplatten der Knäufe "'d't'- der runden Säulen sind achteckig, der sielilbare Kelch

Am Äusseren der Kirche charakterisirt sich der ausge- ist nüt wagrechten Bingen umgeben, die ISlätter sind tlieil- liildete romanische Styl. Die Westseite (Fig. 1) hat zwei weise gedreht und um den Kelch gewunden. Am Fu.sse und I hiirme, die in ihren unteren Theilen mit Lesenen eingefasst unter dem Kämpfer gehen die abgestumi)ften Absätze in kan- sind, welche sich nach oben verjüngen und in der Höhe über tige Ecken über, der Übergang ist im Ornament vernnttelt, dem MittelschilTe ganz aufhören. Zwi.'schen ihnen steht die unter dem Kämpfer der äussersten Absätze durch Köpfe. Die westliche Schlusswand des MittelscbifTes mit einemdeniDaclie Füsse der Säulehen haben das attische Pndil. und verkröpfen entsprechenden Giebel abgesiddos^en. Ein reich gegliedertes sich um die eckigen Absätze. Eckblätter vermitteln auch an llau[itportal, das sich in mehreren reich verzierten .Vbsätzen denSäulclien einen l'bergang in eine vierkantige Platte unter einschrägt, in derem jeden ein schlankes Säulchen .steht, den Säulenfü.ssen. Ein horizontal geliederter Untersatz .steht nimmt den unteren Theil dieser Schlu.sswand ein. Die unter diesem Fu.sse und bildet in seinen Verkröpfungen die Säulchen sind aus polirtem Stein, sämmtlich rund, nur die l'nti'rlaire für die Füsse der Säulehen unil der dazwischen

die auf Pfeilern stehen, so dass der Baum unter denselben den inneren Raum der Kirche ver- grössert. .\n der Ostseite schlies- sen sich diesem Langhause ohne (juerschitr und ohne besonders bezeichneten Chorraum drei Ab- siden an, deren Fussboden nur um eine Stufe id)er jenem dei' Kirche erhoben ist, da unter dem östlichen Theile keine Krypta angelegt ist, somit die Erhidiung des Fussbodens sich nicht von selbst ergab. Der Mangel des (luerschifl'es und die Hinzuziehung der Thurmhallen zum Innenraume unterscheiden die Kirche wesentlich von den gleichzeitigen deutschen Bau- ten.

Die Kirche ist aus Quadern von sehr schönem feinem Mu- schelkalk erbaut, der sich zu- nächst in der Gegend des Neu- siedler Sees findet und viel- leicht zu Wasser herbeiiie-

fFi?, 1.)

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vortretenden Ecken. In der Kehle am Untersatze der süd- lichen achteckigen Säule ist eine krötenartige Thier- gestalt aiisge- hauen.Das Ge- sinis|irofd des Sockels, wel- ches die ganze Kirche um- zieht , steigt an den äusser- stcH Kanten des Portals in die Höhe und ist unter dem Kämpfer auf- gelöst.

Im Bogen steht über je- dem der drei Säulchen ein Bündel von fünf Rundstäben , der immer die gegenüberste - henden Säul- chen verbin- det und dessen Dicke gerade jener der Säul- chen selbst gleich konuut, so dass die Aiisladui Knäufe gar keinen Dienst leistet. Die dazwischen stehenden Ecken sind im Bogen sämmtlich abgerundet und setzen die Ornamentik der stehenden Theile fort, die sich nur im 2. Absatz ändert. Über die äussersten achteckigen Säuleu

der

aufgesetzten Zwickel sind mit Kundstäben umfasst . die zwar keine Füsse, aber Knäufe haben, als deren Deckiilatte das

Abschlussge- simse des Por- tals sich ver- kröpft. Fig. 5 gibt den Knauf des nöriHichen Hund st a bes. l'rspriingiicli hatte wohl das Portal ein ver- ziertes Bogen- feld, vielleicht dem des Rie- senthores von St. Stephan in Wien ähnlich, das jedoch bei einer Verände- rungiin vorigen Jahrhunderte verscInMinden ist, bei welcher auch die inner- ste Ecke des Portals ver- mauert wurde, um eine klei- nere iKithdiirftige Thüre einzupa.ssen. Die Gliederung des Kämpfers und der mittlere Kran/, der Knäufe winile dabei über den Sturz verlängert.

An den unteren Theilcn der Thürmo ( Fig. 1 ) schliesst ein Bogenfries dieses Geschoss ab. Die MittelschilVwand ist

(FiS-3.) (KiS-*.) (FiSf. 5.)

spannt sich ein, wie diese Säulen selb,st, aus der Flucht nur durch ein kleines Hundfenster durchbrochen. Im (üebel

vortretender Gliederbündcl. Über dem Bogen und Käm|)fer sind zwei durchiirochene Steinplatten mul ein .>icluualer

ist das Portal weiter aufgebaut und durch ein horizon- Schlitz. Die unteren Theile der Thiirme haben auch nur

tales Gesimse geschlossen. Die äussersten Kanten dieser kleine Schlitze -.ils Diu-clilirecliuMg.

II. 2

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Die Tliiiinie treten oben etwas ülicr die Flucht der innernLeseiien gegen das iMitlelseliilV; sie werden also oben ein wenig i)reiler. Sie haben an jeder Seile ein durcii ein kleines Saidchen getrenntes Doppelfenstei-, das mit einem grösseren Rundbogen nmfasst ist. Ein auf ilas Capital auf- gelegter ausgeladener Kampfer vermittelt das Aufliegen des breiten Bogenanningers auf das dünne Säulelien, eine

(r,g. 0.)

Anordnung, die im XI. und XII. Jahrhundert in der deulscb- romanisehen Baukunst, bei Thürmen und Kreu/.gängen eine grosse Holle spielt. Zu oberst sind je drei Rundbogenfenster zu einer Gruppe zusammengestellt, und ebenfalls dureii Säulchen getheilt, auf deren Knäufen die ausladenden Aufsäzc ruhen. fVgl. Fig. 6, gezeichnet im Maassstabe des Portals

'/io «ahrc Grösse.) Die Cajjitäle der Säulehen in den beiden Stockwerken zeigen verschiedene Modiiicationen des W'ürfel- capiliils, so dass der Cliarakler des Obertlieiles der 'riiürme entschieden an die fnihere Zeit erinnert und als älter an- genommen werden müsste. wenn wicht der Unterbau mit der Kirche gleichzeitig wäre, wie die ganze Arebitectur zeigt (Fig. 6 u. 7). So wird dieser einfache Charakter dem

Schwinden der Geld- mittel zuzuschreiben sein, welches auch NCr- anlassung wurde, dass der südliche Thurm inn obern Tbeile zwar aussen eine Quader- verkleidung zeigt , innen jedocli aus Rack- steingciiiaucrlisl, \\-,A\- rend das obere Stock- werk des nördlichen Tlrurmes ganz aus Backstein gemauert ist uml MIHI eine Quader- ketteais Kckeinfassuiig (Fig. 7.) zeigt. Die Mauern der

Tliiinue sind aber nur weniges über 'i'/'s Fuss dick, so dass kaum anzunehmen ist, dass der Körper der Thürine noch ein Stockwerk bekommen sollte; die ursprünglichen Spitzen müssen ebeiil'alls von Holz gewesen sein, vielleicht mit vier sleinernen Giebeln.

(l)or Si'hluss des AufMit/.es saiiiiiit TalV'l II folgen im ii:i<'listeii Hefte.)

Zur Baugeschichte der Kirche Maria am Gestade in Wien.

Von .Jose |i li K eil.

Ein gründliches Studium der älteren Arebitectur kann der geschichtlichen Forschung über die Zeit di'v Aiisfilbruiig der eben in Betracht gezogenen einzelnen Werke nicht ent- rathen; nur bei probehältigem Nachweise auf letzterem Wege und unter Zurückführiiiig auf durchaus gleichzeitige Belegstellen wird es möglich sein, die, gewisse Zeitab- schnitte beherrschenden Eigeiitbiiiiilicbkeilen der Rauweiscii, die doch nicht wie mit einem Schlage nach alle n Richtun- gen hin sich verbreiteten, nach den einzelnen Stadien der Entwickeluiig und Verbreitung zu grösseren Grupi)en aus- zusondern, wie dieses .\ufgabe der wissenschafllichen Be- handlung einer Geschichte der Baukunst, vorerst in den ein- zelnen Ländern, dann erst in ihrer Gcsammtheit sein niuss.

Die sich wechselseitig unterstülzenden bislorischeii und architeklcMiischen Studien iiber die einzelnen Denkmale der Baukunst müssen daher festen Schrittes Hand in Hand gehen, mul dürfen sich nicht eher über den Absciiluss der Forschungen beruhigen , bis ihre Ergebnisse aus beiden riichliingen mit einander völlig in Einklang gebracht sind.

Bei der rnzulängliclikeit der meisten bisherigen geschichtliche n Erörterungen über einzelne Bauohjecte, gegenüber den in raschem Laufe weit vorangeschrittenen Studien über mittelalterliche Arcbilectiir überhaupt, bedarf ein Versuch, auch jene dem dernudigen Standpunkte der For- schung entsprechend darzulegen, wohl kaiiiii der Entschul- digung. Bei der Erkenntniss der iiiiziireicheii(leii geschicht- lichen Würdigung, web'be bisher namentlich di'ii älteren Baiideiikmaleii Wiens zu Theil geworden ist. keiiiite die freundliehe .Viiilorderiing, zu der in diesen Blättei'ii gelie- ferten Baubescbreibung der Kirche Alaria am (iestade in Wien ') auch eine baugeschichtliche Darstellung zu liefern, nur ein erhöhter Sporn zur .Vufsammlung des beglaubigten StiilTes in den naehslebendeii Zeilen sein, deren tbeilweise Inergiebigkeit wohl wemger der Mangel an gewissenhaftem

') Siehe ili'ii .Viil'>lit/.: „Die gnlliiselle hijehe Muri« iliil (ieshele" lle^elll ielien \«iri Kiirl \N' e i.s s irti AiigU'.t- iiiitl Se|iteiiilMT-IIefle iles .liilires l.H.'iti ilei „Miltlu'iluiigen**.

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Forschungseifer, als jener an ausreichendem QuellenstofTe selbst zu Grunde liegen dürfte.

Ob an der Stelle der heutigen Kirche zu „Maria-Stiegen" schon damals eine Capelle errichtet war, als der Platz, auf dem sie sich nun erhebt, noch nicht in den vom engsten Mauerringe umschlossenen bescheidouen Raum des ältesten Wien einbezogen war, darüber fehlt es an sicherer Kunde. Was aber bisher auch von dem Bostaiiilc eines Bctkirch- leins an jener Stelle schon in den Tagen der Karolinger gefabelt wurde, hielt der ernsten Forschung durchaus nicht die Probe. Das älteste bisher bekani\te Document, welches für die Topographie Wien's aus seiner Wiegenzeit bestimmte Kunde bringt, nämlich der älteste, wenn wir so sagen dürfen, Plan von Wien, erst jüngst von einem kenntnissreicheii Forscher ■) aus langer Vergessenheil ans Licht gebracht, nennt uns im Bereiche des damaligen Wien nur die ecclc- sia S. Ituoilperti, gewiss die älteste Pfarrkirche, und die capella S.Stephani alsgottesdienstliche Gebäude. Das mit Curia nosfra bezeichnete Gebäude, wohl ohne Zweifel der älteste Hof des Passauer Domstiftes, hart an dem erhöhten Platze, wo heute sich das Gotteshaus Maria am Gestade erhebt, zeigt in seiner Nähe keine Capelle, gibt also keinen Haltpunkt für die etwaige Annahme des Bestandes einer sol- chen an der Stelle der heutigen Kirche schon zu jener Zeit.

Die älteste Urkunde, die uns Wien bereits als Stadt (civitas) erkennen lässt, vom, lahre 11 37^), nennt aber schon die Kirche zu St. Peter (ecc lesiam beafi Petri), welche Markgraf Leopold IV. damals dem Bisthum Passau im Wege des Tausches für einen Weinberg am Wartberg und für den halben Theil des Kirchengutes nächst der Stadt (dotis jiixta civitatcmj, mit Ausnahme des Platzes auf dem die Ställe erbaut wurden (exceptis curtilocis uhi stafmla sunt con- structa), gegen dem übergab, dass von nun an diese Kirche und die übrigen Bethäuser in demselben Sprengel dem Wiener Pfarrer untergeordnet seien (ut supradicta ecclesia et cetera oratoria =) in eadem barrochiu consecrata deine eps in winnensis plebani sint regimine).

^) Die von Dr. Zapp ert der k. Akail.d. WisseiischnCteii in der Sitxung vom 9. Juli I8Ö6 sarmnt einer gescliielitliclien Einbejjleitiinj vorgelegte, wahrscheinlich den ersten Decerinien des XII. Jalirhiinderts angehörige DELINEATIO hreiüs hortoriim itinearum domorum ac areurum tinde habi'inits reditus •, worunter wohl olme Zweil'cl die Liegenschaften in Wien gemeint sind, von denen das Stift l'assau Uenten liezog. Diese äusserst interessante CJruildzeichnung wurde von der k. k. llofhihliotliek angekauft, und in treuer Copie durch die k. Akademie der Wissenschaften samtnt Zapp ert's Aufsalze dazu in den Sitzungsberichten veröffentlicht

2) Wiener Jahrb. d. Lit. XL, A. ßl. 23—24; Moh. boica, 28, b, 102—3.

•*) Unter Orrt^ortHm wurde in den älteren Zeiten jedes zum ötrentiichen und Privat-fiottesdienste mit Genehmigung des Uischofes eingeweihte Gebäude, auch Capelle genannt , verstanden , welches sich nach älteren canoni- sclien Satzungen von der Kirche ^ecc/t'S(rt^ insbesondere dadurch un- terschied , dass das oratorittm der Gemeinde gegenüber in keiner bindenden kirchenrechtlichen Beziehung stand, und nicht zu einem regel- mässigen Gottesdienste, nicht zur Ausübung der Seelsorge in einem ge- wissen Bezirke bestimmt war, nicht einmal die bleibende Bestellung eines Beneficiaten (capeUanas) nothwendig inaehle. und dass in demsel- ben zu bestimmten Festzeilen kein Gottesdienst abgehalten werden durfte.

Ob unter diesen übrigen Oratorien auch schon die Mariencapelle auf dem hier erhöhten Gestade des alten Donaubettes, welches einst den heutigen Salzgries überflu- tliete, mit einbegrifl'en war, ist zwar nicht völlig gewiss, aber doch wahrscheinlich, denn kurz darauf finden wir ihrer schon urkundlich erwähnt, nämlich im Stiftbrie^e Herzog Hein- richs II., genannt Jasoniirgutt, fiir das schottischen ^lönclieii gegründete Kloster vom Jahre 1138'), wo, gleichwie in einer späteren Urkunde vom 22. April IKJl 2), der Marien- capelle am Gestade (capella Sanctc Marie in littore) unter jenen innerhalb der Ringmauer Wien's befindlichen Capellen ausdrücklich erwähnt wird, welche, gleich jenen zu St. Pancraz, St. Peter uml St. Riidbert, dem neiigestifteten Schottenkloster geschenkt wurden, das der Herzog, nach- dem er quosdam exules et siinplices Scotos in frommer Absicht aufgesammelt, diesen gewidmet hatte ^).

Ohne Zweifel klein und unansehnlich war jene älteste Capelle auf dem Hügel hart am Ufer des alten Donau- bettes, und wahrscheinlich zunächst den nahean wohnenden Fischern als Betkirchlein bestimmt, die auch hier, auf der damals noch ringsum freien Erhöhung, den zwischen breitge- streckten Auen die Fülle seines Gewässers vertheilenden Donaustrom , ihres Erwerbes unsicheren Bereich , bald besorgt, bald hofTnungsvoll überschaut, und vor dem Bilde der Mutter des Erlösers oft in brünstigeiiGebcten um Schutz, für sich und die Ihrigen gefleht haben mochten, wenn die auf- geregten Wogen oder das vom ersten Frühlingshauche gebrochene Eis ringsum Tod und Verderben drohten.

Die Capelle wird immer zu unser Frauen am Gestade. auf der Stetten oder Gestüten (in litore), genannt. Der

heutigen Bezeichnung: als Maria-St

legen

liest aber ohne

Zweifel die Beziehung zu einer Stiege zu Grunde, die nächst

wie namentlich zu Ostern, Plingsten, Weihnachten, Epiphanie, Himmel- fahrt Christi, .Tohannes Bapt. Geburtsfeier und an sitnstigen Hauptfesten. zu w'elchen Zeilen nämlich alle (jläubigen den P f a rrgo 1 1 es d i e n s l besuchen mussten. In Oratorien der Villen durften übrigens h. Heli- quien nur dann aufgestellt wenlen, wenn sich ein Cleriker in der Nähe befindet, um bei den h. Gebeinen häulig zu psniliren. Eigene Cleriker durften aber nur dann für Oratorien ordinirt werden, wenn für den Unterhall derselben hinlänglich gesorgt war. Ein solcher gehürte nicht zum Canon (Cleriker-Katalog) der Stadt- oder Landpfarreien und miisste die oben erwähnten Hauptfeste in der Stadt feiern. Vergl. die Beweis- stellen hiefür in D u c a n ge - H e n s ch e I, Gloss, med. et Inf. liutiti. H, 12Ö— 0; IV, 722; Buss im Kreiburger A'i>c/i.-)i-/^c.WA-oii I, S7S— S84, VIII, 3G1, ujid llefele ConcUiiiii/escIiichtc II, 03«, (J4i;, Utij. 74l). ".'iS.

') Ilormayr, ll'iVrt, I, e. U. B. i:>— 21. Die Echtheit dieser Urkunde, verglichen [nil ,1/0«. boica, 29, b, 43t>, uuti den in .Mciller's Baben- berger Uegeslen S. 227, n. 221 augeregten gegründeten Bedenken, vor- ausgesetzt. Worauf sich die in ii ei ff e ns tuel's Vienna Gloriosa. Wien 1700, Tit. III, S. 4 vorkonunendc Angabe des .lahres llj4 als jenes der Erbauung dieser Capelle gründet, ist dort nicht angegeben. '^) il o r m a y r a. a. O. S. 27. Diese Schenkungen wurden am 27. Febr. \ou Herzog Leopold, im Febr. und .Mai 12ö7 von K. Friedrich II. be^täli- get. Ebenda S. 4S, 7ü, 77.

*) Über die Scholtener .Mönche in DculM-lilaud ist zu vergleichen Wat ten- hach's eben so grütnlliche als an/.ieliciule Abhandlung über die Con- fjregation der Seliotteitlitüsler in Deutse/tland, in t,t u a s t und 0 t le's Zeitschrift für ehristliehe Arehäoloyie and Kunst , Lei|>zig ISotJ. I. 21 8. r

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der KirdiP vom alten Dunaiiiifcr zur RrliiiliiiiiL;' liiiiaiiriiliiti'. auf der (li('ra|it'lle lag. So wird schon in ciucr IJ-kuiulc vom 20. Dec. 13SI eines Chiirsner'.t Haus ausdriicklicli als (in der Stieg pey rnser Vroire stetteii ze wicnn gelegen erwähnt ')•

AlNnählieh hatten sich um diese Marieneapelle herum, so weit das. hier gegen Norden zu steil abfallende Tfer nach den anderen Riehtiingen hin Uanni gewährte, die Au- siedlungen und dadiu-i-li auch der licsuch des Kirehieins vermehrt. Dieses war aher chen durch jene riuhauten mit den nahen Stadtheilcn in ununterhroehene Verbindung gebracht, mid hatte mit diesen auch das Loos des Verderbens zu theilen, als am 28. April 1262 eine furchtbare Feuers- lirunst das eben aufblühende Wien in so grässlichem Um- fange eingeäschert halte, dass kaum der zelmte Theil der Stadt voui veriieerenden Elemente verschont geblieben war. Nur das Schotterddoster blieb unversehrt; die übrigen Kirchen und Ca|ie!len sanimt der Pfarrkirche, insbesondere auch das Marienkirchlein am Gestade (ecclesia sancte Marie in littore) wurden ein Raub der Flammen-).

Zufäiliij wurde eben zu jener Zeit, als das Kirchlein in seinen veriidetcn 'rrüniniern dalag, ein heftiger Streit zwi- schen dem berühmten W iener Pfarrer (ierhard und ileni leidenschaftliehen Schottenabte Philip[i liber die Ausübung der [ifarrlichen Rechte, über die Zuständigkeit der Kirchen (ecclediie) der heil. Maria am Gestade, St. Peter, St. Rupert und St. Pancraz in Wien, über Zehente, Opfer- gaben uml Sterbegelder gefidirt. «obei aber der Al)t die äussersten Gränzen der Mässigung weit überschritten hatte. Dieser sclion aus der Zeit vor 12ö8 angesponnene Streit ward unter ärgerlichem Verlaufe erst nach dem Jahre 1269 ausgetragen ^).

Der Ends|irueh über diese .Vngelegenheit wurde bis jetzt noch nicht bekannt , im Verlaufe der Verhandlung aber, freilich nur laut einer etwas verdächtigen Urkunde vom 28. August 1260*), dem Scliottenkluster insbesondere die Marieneapelle am Gestade zugesprochen.

Zu welcher Zeit das Kirchlein eigene Priester mit blei- bendem Wohnsitze erhielt, darüber gibt eine Urkunde vom 27. Februar 1276 bestimmte .Auskunft. Otto, llaymons von Neuenburg Sohn, gewesener Stadtrichter von Wien . hatte in seiner letztwilligen Anordnung der Mariencaiielle am Gestade (Capelle sancte Marie super Utas) ein Haus pro sncrisfiapre/'nfe capelle facienda gewidmet, damit die Priester dieser Capelle, nändich die dort den Gottesdienst verrichtenden und Psalmen sin^-enden Capläne und Cleriker, daseliist ihren bleibenden Wohnsitz (residrntia) haben.

I) MoH. hoica, .TO. b, 359—60.

') Pfitz, Mon. Germ. bist. SS. IX, fii;;, 44—47 ; vgl. mil 728. •*) Vergl. Feil*» niis den Dnciimcnten der .Von. hoicn. iiiid HnrmBvr's Wien gelierertc Ühorsichf iIcs Verlaufes dieser Vorltnndliin^en in •Sc hmidl's ö«<(Tr. III. f. IM. ii. Kiinsl. 1844. II. 2;;:!. *( II urm a y r a. a. I), I. T. 11 2.'i. vpri. mit Keil a. a. (1.

Dieses Haus, s[iäler des Pfarrhofes Ztihaus genannt, wurde ilcMii auch v(iM seinen SidiiM n und Erben . Heymo und Otto. nach der uiildthätii:eu Widnning ( rlciiio-iiiiii) und zum .See- lenheile des versidrbeiieu Naiers für jene Mestiuiinung von dem, wegen Schulden zur llindangabe der Realität genötbigten Wiener Rürger VViernto angekauft, und darüber die bemerkte Urkunde vom .lalirc 1276 ausgestellt'). Gegenüber alllalli- gen Ans|irüchen des Schotlenabtes auf dieses Haus sollten aber Heymo mu\ Otto Gewähr leisten.

Dennoch muss die Marienkirche selbst als damals noch dem Schotteiikloster zuständig angenommen werden, denn am 20. August 1302 vertauschte der Wiener Bürger GritVo (Greift"), mit Zustimmung des Passauer Rischofes Wernher und des Herzogs Rudolph, die St. Ulrichscapelle in Zais- mannsprunn ausserhalb den Ringmauern \\ieirs (die lieutige Kirche zu Maria-Tniat in der Vorstadt St. Ulrich), dessen Patronalsrecbt ihm und seinen Erben zustand, au den Schot- tener Abt Wilhelm für die l'apelle zu Maria am Gestade innerhalb der Mauern Wien's mit allem dem Abte auf die- selbe zugestandenen Rechte 2), welchen Tausch der Salz- bnrger Erzbischof Chuiirad am 25. October 1303 insbeson- dere bestätigte. Als Patron dieser (^apelle hatte dieselbe Ritter (tniles) Grift'o unterm 2. December 1302 zu seinem und seiner Vorfahren Seelenheil mit ergiebigen Einkünften ausgestattet, so mit einem A\"eingartcn nächst der Kirche zu Otakring, mit Gidten von einem Hause des .lägers Richer, von jenem des Schnitters (stipulatoris) Dietrich vor dem Werder- Burgthor, endlich von dem der Chornerin. damit der Caplan davon auch einem zweiten Priester, einem Siibdiakon und Scholaren, den l'iiterlialt darrei(dien kimne, wogegen jeditcli unter bindenden Verwahrungen für den Unterlassungsfall gewisse näher bezeichnete gottesdienstliciie Verrichtungen abgehalten und feierlich liegangen werden mussten. Weiters gestiftete Einkünfte hatten die Bestimmung, vor dem Marien- Altare in dieser Uaiielle ein ewiges Eicht zu unterhalten").

Els|)et, die Iiaul)eni)ergerin , ohne Zweifel des Ritters (ireift" Schwester, hatte zv vnser rrairrti Chappellen auf der Sletten ze Wien eine Riirgrechtsgidte von (Jeislitzer's Hause, pei der Golfsmid ^elc<icn. zur frommen Erinnerung an ihre Ellern nnil Vorvordern gegeben. Els]iet's damals noch minderjähriger oder wenigstens zur eigenen \ ei-niögen.s- N'erwaltnng nicht reifer .Sohn. .laus der Ijaulieulieiger. war aber mit seinem Oheime dem Ritter Greill' über den Nachla.ss seiner Mutter in einen Streit gerathen. welcher unterm 6. .Funi 130!l dahin ausgetragen wurde, dass .lans auf die eigene Gebaiuiiü mit dem Vermöi;en so lange verziiditet.

') Hormayr a. a. (I. \'l. l'. II. 0-8, naeli «lein ikh-Ii viMJiiiiitl'MU'ii dri-

g^iiialc im Wiener Stadt-Archive alipednickt. «) llormayr's Wien II, l'. II. »9— !)1. ') Mon. hoicn, 30. h, 13—14, 18— l!i Vncli die Naehfolijer iles lliUers

(JreiiT wurden nach dieser Capelle /iilienanni . si> Ritter Jans iler

Grei/ff pey rnser vrotrett auf iler Stetten zu Wieune. 23. ,Mai I33!l.

II (tr in a y r's Taxe/ieuhurh IS44. 4111.

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bis seine Verwandten sehen werden, daz ich so shmich vnd so witzich worden sei, daz ich ez seih verwesen mag 9-

Ein weiterer Streit luttto sich iinch dem Ableben des Ritters Greiff zwischen Dietricli und Jakob Clintnnest sainmt iiiren Hausfrauen, gegeniiber Ofmcifen hern Grcyfen wyth- wen bey v)iser vrowen auf der Steten und ihren Erben, die das Lehen und Recht der Verleihung an dieser Mariencapelle besitzen, wegen der Mauer zwischen dem Chrannester und dem Beneficiaten-Hause (widem-Hause) der gedachten Ca- pelle entsponnen, der unterm 6, December 1321 dahin ent- schieden wurde, dass auf dieser Mauer, soweit sie vom hin- teren Garten aus an das ThorgewiJlbe im Hofe reicht, die Besitzer des Chrannester Hauses und der jeweilige Inhaber des Widemhaiises , nach Belieben, doch ohne Sehaden des Nachbars, an- und aufmauern und Balken einlegen (%e trä- men) dürfen; soweit jedoch die Mauer vom Thorgewölbe bis an die Strasse reicht, wurde keinem Theile eine Fenster- oder Rinnen-Servitut zu Gunsten des Nachbars auferlegt^).

Da der Frauencapelle am Gestade fast ununterbrochen urkundlich erwähnt wird, so darf mit Sicherheit angenommen werden, dass sie nacli dem Brande im Jahre 1272 bald wie- der hergestellt worden sei. Sichere Angaben für die Zeit der Ausfülirung dieses Erneuerungsbanes sind bisher nicht zum Vorschein gekommen ^J. Es wurde zwar in neuerer

V) Mon. hoica, 30, h, 41— 43.

2) Diese, für das Verfolgen der allniählicheu Einbürgerung; des römischen Rechtes in die alten g-ermanischen Satzung^en anziehende Urkunde ist Mon. boica, 30, li, 94 97 abgedruckt. Nachbarliche Zugestandnisse zu Gunsten des gedachten Wideniliauses , und zwar bezüglich auf die Servitut der Einleguug von Balken in die Nachbarmauer, von» 11. Nov. 1334, und zur Wasserableitung auf den fremden linden, vom 1."). Aug. 1333, befinden sich ebenda, S. 148—150. Für die ältere Tnpograiiliie der nächsten Umgebung der Marienrapelle anziehend ist ;iber die Rr- wähnung des Otto-Haimischen Hauses , daz da teit an vnsev vrowen Chappellen Chor auf der Steten ae Wienne, 12. März 1343 (ebenda 176—177). Die Urkunde vom 19. Febr. 1357(8.223—225), laut deren .Tans der Greyff sein Haus gelegen ze Wienny Niderhalh vnserr Vruivn Chappell auf der Stellen vnd gel niden auz tmfz an den Sallzgriezz, sammt Zugehör, als: das Kirchlehen der gedachten Capelle und das Gwelib, daz vnder dem vorgenanten Haus stet mit dem Gärtlein ^or dem selben GiveHh vntz für daz läubel hin gegen der Padstuben über ^ endlich der Stadel bei der Tu n a lo vor der R i n c h m a iv r nnder den Ho Itzzern als er von alter her chömen ist, dazu den grossen sogenannten Turn-Garlen vor dem Werderthor oberhalb den L e dr aeren sammt den zwei Herbergen vor demselben u. s. w. dem Passauer liischof Gottfried ver- kauft hat, aus welchen Entitäten der nacbmalige I* as sa ue r -H o f am Salzgries entstanden ist.

■) Der Ablassbrief des Baseler Bischofs Peter vom 3. Jnni 1305 zu Gun- sten der Capella heate virginis Marie noue structure in ciuitate U'inensi (H orma yr's Taschenb. 1S43, 378) konnte vielleicht, bei oberfliiclilichei' Betrachtung, auf unsere Cupellc , somit auf einen zu jener Zeit vorgenommenen Umbau derselben, bezogen werden wollen. Allein diese Indutgenz nimmt offenbar auf den ersten Bau der Salvator- Cnpelle im heutigen Wiener Bathhause Bezug, die um 1300 erbaut, wühl urkundlich , wie z. B. S- Jänner 1356 (a. a. 0. 382) als : Chappelle vnser Vrowen^ in der Purger Rathaws ze imenne herrn Otlen Hayn Stiftung sälig bezeichnet, spater abei' im Volksmunde allgemein die Ottenhayn- Cupelle genannt wurde, welche Benennung aber, da sie von Unwissenden auf einen Heiligennauien bezogen wurde, in Folge eines Breves des Papstes Leo X. vom 10. .luni 1515, zum Unterschiede

Zeit die Hypothese aufgestellt, die älteste Mariencapelle sei nicht auf der lliihe der heutigen Kirche, sondern am Fusse des Hügels, an der Stelle eines Theiles des früheren Passauer Hofes am Salzgries gelegen gewesen; allein die hiefür vor- gehrachten Griiiuh; sind keineswegs überzeugend»).

Vom Belange dagegen ist das im Testamente Jansens des Obristen Chapp/ans der Chappellen vnser vrowji gele- gen auf der Stellen ze wienn vom 9. August 1369 ent- haltene Legat der Widmung gewisser Einkünfte zur Stiftung einer ewigen Messe a^//'.sYfw^/.l//^//Y's aUur gelegen hinden in der alte n Chirchen der obgenanten Chappellen.

von andern Marien-ti'apellPn in Wien, in jene: Capella sancti Sat- valoris umgeändert wurde (Fischer, ßr. not. urb. Vindoh. I. 174 lÖÜ). Über die Geschichte dieser Capelle ist zu vgl. Fischer a. a. 0. I, 172 180, mit Berichtigungen und Nachtragen im Suppl. I. 29; (Bergenstamm) Ursprung und Geschichte der Kirche St- Salvator nächst dem Rathhause der k. k. H. u. R. St. Wien. 1812: Schlager} Das Wiener Stadt - Rathhaus. ( Wiener Zeitung vom 7. Nov. 1844.) 1) Von Fürst Lichnowsky in seinen Denkmalen der liaukunsl und Bildnerei des Mittelalters in dem österreichischen Kaiser- thumci I, 13, und von Böckh, der in seiner, im .1. 1821 in zwei Auflagen erschienenen Gesch. der Kirche Maria-Stiegen in men (I, 4; !1 , 8 9) Folgendes anfuhrt: Am Zuhause dieser Her- berge (das an einer Aue gegen den Schottenberg gelegene Ein- kehnvirlhshausy genannt zum Wulfe in der Aue) lag die Marien- Ca pelle hart am Fasse der Gesttitten {heute 7ioch ein Theil des Passauer Hufes). Von ihr steht noch ein Pfeiler aits Quadersteinen mit mehreren gespannten^ heute in den Passauer Hof eingemauerten^ gothi seh e n Spitzgew ölben , von welchen noch einige in der Zugangsstiege über eine Statue des heil. Johannes von Nepomuk zu sehen sind. Allein absehend davon, das;, die Anführung von Pfeilern und gothischen Spitzgewölhen jei\eahi\s anf einen Baustyl hindeutet, in welchem das älteste Gebäude dieser dpelle, nämlich zum mindesten aus <ler Zeit derMitte des Xll,Jaiirhundert>t herrüh- rend , gewiss nicht ausgeführt sein konnte, so ist die Bemerkung, dass die obige Annahme von der Lage der ursprünglichen l'apelle a m F u s s c des Hügels aus dem Schottner Stiflhrief zu folgern sei, durchaus irrig, in- dem dort nicht eine Stelle enthalten ist, welche zu dieser Folge berechtigte. Es könnte etwa die Vermuthung angeregt werden, dass die erwähn- ten , 1821 beim Abbruche des alten Passauer Hofes gefallenen Reste von einer früheren Capelle, etwa der A7rc/i(? Sanct Pauls herrührten, welcher im XIV. Jahrhundert öfter, und zwar 1333, als in der Nähe des Teuffen Graben gelegen (Hormayr's U'iV«, VII, U. B. 219, vgl. 231) erwähnt wird. Allein hierunter ist nicht der heutige tiefe Graben hu Innern der Stadt Wien , sondern eine ürtlichkeit in der heutigen Vorstadt Erdberg zu verstehen; denn 1304 wird dieser sand Pawls klrichen ausdrücklich als gelegen bey Erdpurkvh 'gedacht. (Ogesser, St. Stephanshirche, Anh. Ü7; vgl. auch ilormayr I. c. IX, a, 24.) (Jegen die Annahme, dass die älteste Mariencapelle nicht anf der Höhe, sondern am Fusse jenes Hügels gelegen sei. anf dem sieh das dermalige Kirebengebäude erhebt, muss jedenfalls in Er- wägung kommen, dass die .Mariencapelle in einer Urkunde von 1276 ausdrücklieh als: super Utas, sowie späterhin immer als auf der Stätten gelegen, bezeichnet wird (I. c. VI, {'. B. 7). Sollte dagegen das Bedenken eingewendet werden, dass es tn den ältesten, oben beru- fenen Documenten stets in litore •, alsa so viel «Is: hart am Vfer gelegen bedeute, so weisen wir darauf hin, dass auch nach 127G die Lage der Capelle wieder allenthalben in litore bezeichnet wird, so /.. B. 1302 (I. c. II, U. B. 00) n. s. w. ; wonach also jenem, eben einmal zur vÖMIg genauen Angabe der Lage gewählten super, nicht etwa eine, auf den Eintritt einer Änderung in der Lage unserer Ca- pelle hinweisende Bedeutung beigelegt werden kann. 1482 wird diese Kirche auch ad Reatam Virginem in portu i-enannt (Pez. S.S. 2, 440).

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welelier or (iberdiess auch ein Messlnicli , zwei Messge- wäiuler, einen Kelch und ein Mctteniiucii vcrinaeiite ').

Da hier von einer hinteren allen Kirche die Kede ist, so setzt dieses otFenbar bereits den Bestand einer vorderen neueren Kirche voraus , und die W'ahrscheiidichkeit spricht dafür, tiass diese sogenannte alte Kirche, zumal wenn deren innerer iSanni mit jenem des neueren (jchiindes in unmittel- barer Verbiiuiinig stand, in der dem llau|ilaltare der letzte- ren entifesjeniicsetzteii Richtung sich befand; denn man ptlegt in einer Kirche zum Hauptaltar /hV/co;- zu gelien, und was diesem entgegenliegt, als mit rückwärts (hinten) zu be- zeichnen.

Wenn wir die Bauanlage des dermaligen Kirchengc- bäudes und mehrere urkundliche l$elegstellen zusannnen- fassen. so diirftc vielleicht über die Zeit der Ausführung der beiden, scliarf von einander abstechenden Hälften des derinaligeu Kirchengebäudes folgende Annahme gerecbt-

fertiget erscheinen , zu deren Verdentlicluiug \\\v den Grund- riss unseres Banid)jectes hier neben wieder beifügen. \\'ie in diesen Blättern (I , ISO) be- reits näher besprochen wurde, weiset der ganze Bau zwei, ver- schiedenen Zeiten entstammende Hanptbestandtheile auf. Es zeigt sich der in"s halbe Achteck ge- baute Chor mit vier concen- trisch gestellten, weit aussprin- genden Strebepfeilern, und dar- an schliesst sich in der Breite der Choraulage und mit diesem liarnu)nisch ein Langhaus an, welclies durch vier, ebenfalls nach aussen weit vortretende Streben in drei von Kreuzgur- ten geschlossene Gewölbfelder abgetheilt wird. Dieser Bestand- theil bildet ein für sich beste- hendes abgeschlossenes Ganzes, von dem bei dem Znban der Verlängerinig des SchilVes nur die ursprüngliche Stirnseite ab- gebrochen winde, an der sieb in der Mitte, entweder über einer

Killgangsballe aufbauend,

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1 ' ' ' I 1 1 ein höherer 'l'burin oder

*'''^'' '■' etwa ein am (iiebelfelde

aufgesetztes sogenanntes Pfeiltbürmeben befunden haben

mochte. Dieser Gebäudetbeil, nämlich der bobe ("bor mit

dem zu diesem stiiriMicnden 'llieili' des heutigen Langhauses.

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') Man. hole«, 30, b, 28,1— 28S.

also mit Ausschluss seiner Verlängerung, die vom heuti- gen Tbnrine an beginnend sich bis zur dermaligcn Stirn- seite erstreckt, dürfte nacii unserer .Annahnie zur Zeit Herzog Budoiidis IV. (13d8 136S) vollendet worden sein.

Die von drei grösseren und zwei kürzeren Gewölb- feldern mit sternartiger Verrippung gebildete, in gebroche- ner Mittellinie auslaufende scbmälerc Verlängerung des Schilfes in der eben bezeichneten Ausdebiuing, deren Trag- pfeilcr nach Innen und nur an der Xordseite etwas weniges auch nach Aussen vorspringen, ist oll'enbar neuerer Zuhau, zu welchem nach unserer Annahme 1394 der Grundstein gelegt, und welcher Bau ungefähr um 1412 vollendet wurde. An einem Tbeile desl'lalzes dieser Verlängerung wäre dem- nach die 13(!!t urknndlieli erwähnte bintere alte Kirche mit dem Aiidreasaltare gestanden, und unter der hiernach seilen für jene Zeit vorauszusetzenden vorderen neuen Kirche wäre dann der hohe Ciior mit dein zu diesem stimmenden Theile des Langhauses, also mit den sicli jenen» unmittelbar anschliessenden drei gleichartigen Gewölb- feldern zu verstehen.

\\ ir wollen nun versuchen, diese Annahme, durch die uns fiir die Baugeschichte dieser Kirche nach dem dermaii- gen Stande der Forschung verfügbaren gleichzeitigen 15e- weisstellen näher zu begründen. Dass um die Mitte des XIV. Jahrliuiiderts an dieser Kirche wirklich ein Neubau vorgenommen wurde, ist gewiss. Im Testamente des Grafen Cbunrat von Scbaiinberg ddo. Ort. 12. Mai I3.'i3 wird näm- lich ausdrücklich ein Legat von 30 Pfund zum Bau von unser Frau auf der Statten ausgesetzt '). Im Zusam- menhalte mit anderweitigen gleichzeitigen Belegstellen dürfte sich aber unzweifelbaft herausstellen, dass unter diesem neuen Aufbau der hohe Chor mit dem , in der Bau- anlage damit übereinstimineiiden Theile des Langhauses gemeint war.

Zahlreiche Belege s[u-ecben dafür, dass, wenn irgend ein Kirchenbau eben im Werke begriffen war , in den letzt- willigen .\iiordnungen (Testamenten, damals Geschiifle genannt) einzelne Legale nanientlich zur inneren .■\us- schmückuiig, zur \'erzieriing der Fensterrämne mit farbigen Gläsern u. s w. vorkdiiinien. Nun linden wir im 'l'estamente des rt'iclien Wiener Bürgers Preclitold, des Scbützenmeisters gleichen Namens Solin, vom J). .Uigust 1340 insbesondere folgendes F..egat an.sgesctzt: Um ein Glas in das erst {/fozzf F /■ n s Icr in Unser Frauen C hör <t ii/' iler S fetten :(' W'ieiin (in (Irr Zeil (Gasse) (/rle(jrn i/cj/rn des Mdexrr- leinK IJniix iilicr (/rcizzi;/ P/iuid I'/'rn.-). Dürfen wir wolil annebmen. dass damals in eiiiein älteren Kirchengebäude, welches, wenn die Grniidsteiiilegiing im .Falire 13i>4 auf einen Neubau au dieser Stelle bezogen werden will, schon nach ein paar Deccnnicn abgebrochen werden miisste, bereits

') SliiU. im Mol. Hl./'. Kimilc öxlerr. Getirli. Quell. I. :Uj. »j Mo rill n y i'n iriV;i, l. lt. 231.

15

hohe C h 0 1- f e n s t c r vorhanden waren , für deren Äus- selimückung noch ein, nacli den damalinenWerthsverhältnisseu so anselmlielies Legat gemaeht wurde; würde mit der An- nahme eines älteren, als des noch heut zn Tage vorhandenen Chores, also ohne Zweifel noch romanischer Bauweise mit halbrundem Abschlüsse und kleineren rundbogigen Fenster- räumen, die Erwähnung von grossen (d. i. hohen) Fen- stern am Chore wohl überhaupt in Einklang gebracht werden können? -Betrachten wir nun insbesondere die, leider noch nirgends umständlicher gewürdigten und in getreuer Abbil- dung') wiedergegebenen herrlichen Glasschildereien, mit denen die drei hohen Fenster am Chore unserer Marieiikiiche ausgefüllt sind, so gewahren wir insbesondere in einer unteren Reihe des an der E|iistelseite des Altares befindlichen Fen- sters die gerüstete Gestalt des österreichischen Herzogs Rudolph IV. (1358 1365) mit zum Gebete aufrecht gehal- tenen Händen, darunter die Worte:

Huo|J'olf 2 I t'Mr . ö|uflr(ie).

Wenn nun gleich keine einzige der die Regierungs- periode dieses Herzogs beleuchtenden zahlreichen Urkunden eine Andeutung entliält, dass er, der in Wien so manche grossartige Stiftung gemacht, auch das neue Kirchengebäiide zu Maria am Gestade selbst ausführen Hess, so dürfte doch das erwähnte Glasgemälde den, wohl kaum mit Grund anzu- greifenden Beweis liefern, dass dieser Chor wenigstens während seiner Regierungszeit ausgeführt worden sei.

Weiterhin finden wir in der urkundlichen Erwähnung von der Gründung neuer Altäre in dieser Kirche, und namentlich im Chore derselben, nicht minder gewichtige Gründe zur Annahme, dass dieser Chor vor 1394 bereits vollendet war. und dass die Erbauung desselben noch in die Zeiten Herzog Rudolph 's IV. zurückreichen dürfte. So stiftete der Wiener Bür- KerNicIas der Drothlauf laut Urkunde vom 18. Juli 1363 inder Capelle miscr vrowcn arf der Stetten zc wienu in dem clior ainen altar in den cm der lieiligen aiiidlef Ttiwscnt Mayde, und dazu eine ewige Messe, deren beider Lehensherr (Patron) er selbst, nach seinem Tode aber der Wiener Stadtrath sein sollte 2). Ferner wurde eben noch kurz vor

*) Der am Z9. Aug-ust ISU.'J der Clioler.T-EpitkMuie als Opfer g'erallene \\W- lier BlliUiauer ThiiniRs .Marzik (yeb. zu l'i.sek ii) Itniiineit 19. Oeceinlier 1807). welctier als früherer Fi-aler iler Hedemtorislen - Conjj'reji'atioii (18'it; 1847) den daiiiali}j;-eii Mauptaltar in der Kirche 7.« IVIaria-Stief^eii 1843 entworfen und 184.'! in Ang:rin' genommen, ni Weilinaehteil 1846 voUeniiet hatte, fand sich, durch die eben hei jenern Altarliaue gebotene gute (ielegenlieit zu genauer und naher lleschanung- veranlasst, diese Glasntalereien in der Grösse des Originals getreu zu copiren. Dem Ver- nehmen hat der Glaserracister zu Heiligenkreuz nächst Haden diese Copien aus M a r z i k's Nachlasse an sich gekauft. Wir können den lebhaf- ten Wunsch, dass getreue Abbildnngeu dieser Glasscbildei-eien in ilirein Farbenschniueke recht bald zum Gemeingule gemacht werden möchten, um so weniger unterdrücken, als \\'ien an alten Glasgemiilden nur mein' einen luirgen Überrest besitzt, und ilie liier in liede stellenden obi.c Frage zu den schönsten gehören.

2} Original-Urkunde im Wiener Staill-Archi\. Dieser Messestiflung wird noch liJul, als zum St. Ursu I a - A 1 1 a re gemacht, erwiibut.

dem Jahre 1394, wo der Grundstein zu einem Neubau an dieser Capelle gelegt wiii'de, ein anderer neuer Altar in ilieser Kirche gebaut und reichlich bestiftet, was wohl eben- falls schwerlieh in einem eben der Deniolirung bestimmten Gebäude stattgefunden haben dürfte. liie Gründung dieses Altares fand in folgender ^^'eise Statt. Der reiche unil mächtige herzogliche Hofmeister Johann von Liechtenstein hatte sammt seinen Bnidern das Patronatsrecht auf die Marienca|ii>lle auf der Steten vom Passauer Bischöfe gegen tlas, bis dahin dem Hause l.,iechtenstfin zuständige Patronats- recht auf die Pfarre zu .Vltliechtenwarlli (\ . U. M. B.) ein- getauscht, so dass von nun an das Patronat der Fiauencapelle ausschliesslich denen von Liechtenstein-Xicolsburg zustand. Joliann von Liechtenstein hatte sich eben auch vorgenommen. da ainen Tum zu stiften 9, also die Capelle zu einer Dimi- oder Kathedralkirche zu erheben. Am 29. November 1391 stiftete er nun unter \Vidniung von 30 Pf. 38. Pfen., welche von Gütern zu Altliechtenwarth, Poisdorf, Helma in der Pillichsdorfer Pfarre und Wendling dienstbar waren, ein f/esunt/enes Fnihamt mit ei Steckkerten zu jenem .\ltare in der gedachten Capelle, den er von Ncwn dingen gepawt vnd gestiftet hatte, zu Ehren unserer Frauen, St. Johannes und St. Hieronymus^). Es ist doch wohl kaum anzunehmen, Joliann von Liechtenstein werde einen 11 e u e n A 1 1 a r zu so besonders solenner Feier in einer Kirche errichtet haben, deren Gebäude damals, entweder der Baufälligkeit oder der beschränkten Räumlichkeit wegen, bereits der gänzlichen Abbrechung nahe war, was doch der Fall gewesen sein niüsste, wenn die Grundsteinlegung im Jahre 1394 sich auf das ganze Kirchengebäude, also auch auf jenen Thcil, in dem sich der neue Altar befand, bezog, während alle Beden- ken entfallen , wenn angenoininen wird, iler neue Altar sei in dem damals bereits ausgeführten neuen Chore gebaut wortlen Des bereits erwähnten Andreas-Altares in der hinteren alten Kirche, die also damals noch immer bestanden haben muss, finden wir noch gedacht, als i\er Passauer Bischof Johann unterm 28. .August 1386 die, vom seither verstorbenen Johann Guemhartel "■), \\ alirscheiiilich einem Wiener Bürger, zum Andreas-.\ltai'e gestiftete, uiul damals eben vacaiile ewige Messe (^e.v certis causis et motiuis rucionabilibus) mit der

M Mon. hnlctt. iil.b, 81.

-) Mon. hoicft, 30, b, 41.3 418. In diesem Stiftbriefe, von dem sich ein mit jenem Abdrucke völlig übereinstimmendes gleichzeitiges Pare auf Pergament mit «laranbängcnden Siegeln im Wiener Stadtarchive belin- dct, sind zugleich sehr umstiindliche (>aulelen zur Aufrechthaltung der Stiftung sowohl als für die unversehrte Erhaltung desjenigen enthalten, was er und seine Brüder, ihre Gattinnen und Krheu der gedachten Capelle an Monslriineen, Hnllüin oder Clainat i/eben würden.

3) Wahrscheinlich Gnemharlel oder Gitümhtirtel ; im .1. 1333 finden » ir iiämlieb einen Wiener Bürger fViVrfi-io/i Gnufmhnrrllfiii evwähnt (Hor- niayrs Wien, VII, U. B. iHt) und ein Otto Gnämherlel, auch Giinm- herücin genannt, war 1321 1348 Caplan ht'n vnser vrnwfn auf ttff Sh-h'H (Uhu Imica, 30, b, '.»4— il(J, 177 : llormayr 1. e. 231 ; Faules Her. Aiu^l. \Dii>l. et actit] VI. 29S.2'J'J. 302) und winl insbesondere 1348 /)/in)Vcr vnd Cliiipplan riiser vroweii auf der Stetleu geiianni (a. a. O. 2»!)).

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Capelle (beute luaric rirt/i/tis in litorc) für iiniucr vereinigte (auurctimus et niimiisj ')■ Selbst diese L'iiiriiiiy- iii'mnte etwit ilireii Grund darin jvehabt haben, dass der Altar, zu dem die Messe gestiftet war, sicli in einem damals vielleicht bereits baufälligen und der baldigen Abbreehinig entgegen- sehenden (Jebfuulo befand, welches Benelieium unnniehr auf die ('a|ielle iiliri'hau|it idterlraneii wurde.

Wie erwähnt, wurde im .lahre 1348 der ('a|il;ni an der Mariencapelle Otto (luamhartell l',Vl\ 1348) /.ugleieh auch l'farrer genannt, also eben um die Zeit, wo das oben erwähnte bemerkte Verniächtniss für ein (gemaltes) Glas in eines der hohen Chorfenster gemacht wurde. Wir werden sdgleieh eine Beweisstelle vorbringen, der zu Folge vor dem .lahre 1394 die Widmung des obersten ("a|ilaiis und der ihm beigegebenen zwei Priester, welchen seit 1391 für das Liechtenstein'sche Frühamt ein vierter Priester bei- gesellt war, aucii schon als l'/hrrhof bezeichnet wurde. Dennocli darf aus diesen Bemerkungen nicht gefolgert werden, dass die Mariencapelle am Gestade schon damals im eigent- lichen Sinne zur Pfarrkirclie erhoben worden war. sondern der oberste Cajdau und Verweser nniss bis dahin nur als Pfarr-Reetor liciraehtet werden, der. nicht blei- bend als Pfarrer bestellt, den Gottesdienst anzuordnen und zu überwachen hatte, keineswegs aber das eigentliche Seel- sorgeramt in einem angewiesenen bestimmten S|)rengel im ganzen Umfange ausüben durfte "). Johann von Liechtenstein ( Haro Bnronie de f.i/clilentilein Oloniiteeiisis (lioeesi.i) hatte sich daher, als Patron der gedachten Mariencapelle, an Papst lioiiil'az IX. mit der Bitte um das Zugeständniss gewendet, dass der Rector dieser Capelle, für dessen an- ständigen Unterhalt durch zureichende Austattung gesorgt sei, |)ersünlich nächst der Capelle wohne, und damit irgend eine höhere geistliche Würde, ein Kirchenamt, oder ein Curallieniiiciiim") eilange: der l'apst, geneigt diese Bitte zu willfahren, delegirte unterm 20. Jänner 1393 den Schottener -Abt in Wien zur Erhebung des Sachverhaltes und er- mächtigte ihn zugleich, wenn sich die angeführten Umstände bewäliren. das diesem Zugeständnisse Ents|)rechcn(!e auszu- führen (slatitere et ordinäre). Und in der Tliat linden wir bereits unterm 28. Juli 1393 des Gerhart Salman »Is Pfarrer der Clitipprllcn diiez niaer frnini auf der Stellen erwähnt, welchem ilanials Johann von Liechtenstein da.s, zwisciien

' ) Moii. hoica, 30, b, ;i7{).

') Als boachteiiswertlii'» fiiifuni fiiliiLMi wiraii, ilass zu jener Zeit (lliSl)) der gelehrte Theolüge lleiiirich Lniigeiisteiii von Hessen , der zuerst den neu gegründeten Katlieiler der fiottesgelchrsninkeit an der WicncT lloclischule liesliegen halte, in der Kirche z.u .llHri.i-Sticgen einen Scrmo rff conceplione. It. räv/i/i/j hiiK. (Seriiilores ViiivtrsUntis VUiiii. I, .•i2.)

'I Atiquiim ili</iiiltilfni, 141I (ilii/iiiiii fursniialiim (?) seu ulUiuod ufßci- um Hill bniifiiiiim curalum jinri/lce assiiiui continiiiil ; Iliirmiiyr. >»u'»j II, V. li. S.'i 80. t nler CnruIhritr/icieH werden liekimnllich Kirchenäniler verstanden , mit denen in Kdige besonderer bi>chülliclier Ermiiohligung. die Ausübung der Seelsorge, jedoch unter gewis-seii lie- scbränkungcn verbunden ist.

seinem grossen Hause ') und dem zur Capelle geliörigen phiirrliii/f gelegene, vordere Haus mit dem Hofe und allen (lemächerii (mit Ausnahme der (je(/eu der Tirennir gelegenen hinteren Gemächer, die sieh Liechtenstein vorbehalten hatte) ausdrücklich t'/«67w plut rrlio ff nid ininiiiit/ überliess, wofür Pfarrer Gerhart dem Liechtensteiiier den im Pfarrhofe der Capelle Tireniiir halber gelegenen Keller mit allen auf demselben beliiKlIichen Gemächern rnd denselben utokcli mit allen i/emerhen auf rud auf mit daeli, sainnit dem hinter demxelhen Slulieli gelegenen Garten abtrat'-).

Sollten nun derartige Zugeständnisse und l^egünstiguiigeii. sollte die Beigabe von vier l'riestern wohl erklärlich sein, wenn das Gebäude der Capelle. auf welches sicli dieses alles bezog, noch raumliesehränkt und bereits baufällig war, so dass eben zu derselben Zeit ein, die gänzlit^he Abbrechung des bisiierigen Bauwerkes bedingender, völliger Umbau vorgenommen werden musste? Denn es ist durch ein gleiclizeitiges Zeugniss beglaubiget, dass am 2. Juni 1394"') der erste Stein zur Marienkirche am Gestade duicli eben jenen Bau- und Steinmetzmeister M i chae I gelegt wurde, den wir aus anderen gleichzeitigen Aufzeichnung<'ii mit dem Zunamen Wei n w u rm als Hauseigcnthümer in Wien, dann als Herzog .41breclit"s III. Baumeister kennen, der das herzog- liclie Schloss zu Laxeniiurg, die schöne St. Wolfgangs- ca|)elle zu Kirchberg am \\'echsel, die gothische Denksänle nächst Wiener-Neustadt , die Spinnerin am Kreuz genaiiiit, erbaut liatte. und der 1418 bereits gestorben war. Aus der allgemeinen iVblässung der, die Grundsteinlegung bei

') Wahrscheinlich au der Sicllc des heut /.u Taf;e mit .\r. SOS bezeichneten

grossen Hauses, zum h. Christoph benannt. ') Moii. hoica, 30, b. 424—425.

■*) Auf den Deckeln eines noch vorhaiideneu alten Rent- und <iülteubuche8 der Wiener Staillgcmeinde linden sich nämlich von gleichzeitigen Hunden rnlgcridc lieaehtenswertbe Angaben niedergeschrieben: Dir 10 7iii'iis(i)s jiilij (leider ohne .lahresangabe) jHcAoo(«(s) poni(»s) n(ntc portum) stiiharium).

Vif 2 jtinij iMifr (magisler) ttipiviihi michiihel postiit ;)(ri)»««m Iftpidein cccc (eccicsic) scc (sanele) v(ir)tfini.^ mnric lilore i39H 1 1394). (her diesen .Meister Michel ist zu vergleichen die Zusnnimen- sleliuug der auf ihn bezüglichen urkundlichen liewcisstcllen in den: Her. und Milth. des »icu. .Mtrrlh. IVr. I. 291— 2il2.

DifS (4) octohrdo sUUeh mau lilifromii tüi) l ( 13!t7 (. Wahrschein- lich wurde damals die ölter bei l'"rauen in Aiuvendung geki neue Todes-

slrafe desKrtränkens oder Erstickens auch in Wien au einigen str:ifl':illigcn Weibern vollzogen. (Vgl. (irinim, Iti-clitnallfrlh. 090— O'.l» ; Wilda. Slra/'ivrhl der Geriiinnen 1, .'106—7; Schlager. Wiener Sliiz-icn, IV, 14—19: Ziemann, WB. 428; (;r:iir VI. 030 igl. mit 027: Üiefenbach H, 32:i; Sehmcllcr III, 010.)

■S'fcfc» (Sabbato) aiiftc) i/«i (quasi-) modo geniti (1. April) Riten ums zc wienn indaz ijerawH A(err) vir (ich) »o(n) dafhsp(Kr)eh di czelt /rt)(()Hnr(schalih) 111 o«(i!r(reich) /i(crr) /'j-lVrfr(ich) t!u(n) wulLie A(err) /i(ei )«)•( ich) i-«(n) zelkkliKj i'iiiJ (/(er) oltensleiner und ro(n) (((er) .tlat (Wien) 7<.v7/c)i zu-en c/iM(a )/)(|ien) (((er) rurlauf vnd nicias (/(er) phanzafiel ISI)2 (1402). Cher das Strafgericht des (icrliuncs z.V. K »r /., .Mlireehl I \'.. 12.S— 137 ; I, ic h n o w s k i V, 43- 4.'».

6. Auiiusli do zovh /((er)»»// vher meU-\) zudem //(■i7('.(/ch (grab) .Ihho etc. I39fi. chom hinn ii.die januitrii. (her diese l'ilgerreise Herzog Albrechfs IV. ist zu vergl. Kurz a. a, (). I, 33— 30; I.ich- nowski V. ^2— 23: die Zeitangabe wird aber hier näher liesliniint.

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Maria am Gestade im Jalire 1394 bezeugenden Steile könnte obenliin gefolgert werden, dass damals ein gänzlicher Neubau der Kirche stattgefunden habe. Allein wenn die oben an- geführten Verhältnisse in ihrer Zusammenfassung wirklich die Annahme zu festigen vermögen, dass der noch jetzt vor- handene Chor sammt dem, derAnlage desselben entsi)rechenden Schiffe mit seinen von Kreuzgurten geschlossenen Gewölb- jochen schon der Mitte des XIV. Jalirhunderts entsprechen, so muss der Neubau, mit dem 1394 begonnen wurde, offen- bar auf die Fortsetzung des heutigen Kirchenschiffes vom Thurme angefangen bis zur Stirnseite mit der von einem Steinbaldachin gekrönten Eingangshalle bezogen werden. Um dieser Erweiterung Raum zu verschaflen, musste dann, die Grundhiiltigkeit unserer Annahme vorausgesetzt, die alte hintere Kirche mit dem Andreas-Altare abgebrochen worden sein. Diese mit der Anlage des Chores und älteren Schiffes keineswegs übereinstimmende und in gebrochener Mittellinie auslaufende Verlängerung, welche beim ersten Blicke das Gepräge eines jüngeren , als des am Chore wahrnehmbaren

ßaustyles kundgibt, beweiset jedenfalls, dass nicht schon beim ursprünglichen Baue auf diese Verlängerung Rücksicht genommen wurde, die sich nunmehr nach Norden dem dahin in senkrechter Linie abschüssigen Terrain fügen, an der entgegengesetzten Seite aber ohne Zweifel desswegen nach innen sich verengern musste, weil zugleich für den Thurni Raum gewonnen werden wollte, der, wenn er in rcgei- richtiger Verlängerung des älteren Schiffes an dieser Seite angebracht worden wäre, durch seinen \'ürsprung die Gasse viel zu sehr beengt hätte, welche hier die Aussenseite des Langhauses mit der gegenüberstehenden Häuserreihe bildet, deren Hincinrückung bei widerstreitenden Besitzverhältnissen gewiss nicht in der Macht des Bauführers der Kirche lag. Eben aus dieser Rücksicht für die ungeschmälerte Gassenpassage wurden an dem unteren, neueren Theile des Langhauses auch nach aussen vorspringende Strebepfeiler angebracht.

Dieser Erweiterungsbau wurde gewiss noch durch Johann von Liechtenstein unternommen.

(Die Foitsetiung folgt im uächsten Hefte.)

Die Dreifaltigkeitskirche der Dominicaner in Erakaa.

(Mit Benützung eines Bericlites des Herrn Dr. Schenkt, k.

Zu den älteren kirchlichen Gebäuden der Stadt Krakau, welche von den Folgen des grossen Brandes im Jahre 18S0 am härtesten betrofl'en wurden, gehört die Dreifaltigkeits- kirche der Dominicaner. Als nämlich bei dem gedachten traurigen Ereignisse nicht nur die Altäre im Inneren der Kirche von den Flammen verzehrt wurden, sondern auch die Pfeiler des Kirchenschiffes derartig gelitten hatten, dass man den Einsturz mehrerer derseli)on , namentlich jener der rechten Seite des Kirchen-SchilTes befürchtete, entschied sieh ein Comite von mehreren Bauverständigen dafür, drei dieser Pfeiler unter der darauf ruhenden schweren Haupt- mauer herauszunehmen und durch neue zu ersetzen. Aus ökonomischen Rücksichten liess man sich jedoch bestimmen, die neuen Pfeiler aus Ziegeln und zwar in drei Abtheilungen aufzuführen und nur schichtenweise Bänder von Quadern einzulegen. Dieser Vorgang bot nicht die erforderliche Solidität, das Materiale nicht die nothwendige Festigkeit und so geschah es, dass am 10. April 1853 in später Abendstunde der mittlere der neu erbauten Pfeiler mit einem Theile der darauf ruhenden Hauptmauer und am 12. April der zweite Pfeiler gleichfalls mit der darauf ruhenden Hauptmauer zu- sammenstürzte; der dritte neu erbaute Pfeiler stand zwar noch, jedoch auch an ihm wurden Zeichen siciitbar, dass er dem Momente des Einsturzes entgegen gehe, während der vierte , dem Presbyterium zunächst stehende Pfeiler , der nach dem Brande nicht erneuert wurde, unberührt blieb von den gewaltigen Kräften der Zerstörung, die in diesem Ge- bäude thätig waren ')•

k. LandesbauJireitors für das Ivrakauer-V'erwalfungsgebict.)

Dadurch wurde nun die Kirche , deren Wiederher- stellung eben in Angi'itf genommen worden war, zum zweiten Male in eine Ruine umgewandelt und Alles, was man bisher zu thun im Stande war , beschränkte sich darauf, die nötlii- gen Vorsichten zu ergreifen, um den Einsturz neuer Ge- bäudetheile zu verhindern. An eine Wiederherstellung dieses imposanten kirchlichen Baudenkmales in ihrem frü- heren Glänze konnte bis jetzt nicht gedacht werden, da ein Aufbringen der bedeutenden Kosten so gross auch die religiöse Anhänglichkeit für dieses Gotteshaus in und um Krakau ist bei den gegenwärtigen Verhältnissen nur schwer gehofft werden darf, und auch die schon begonnenen Dcmolirungen zeigen dass man die Absicht hat, nur das Presbyterium und die au das SchifT angebauten Capellen zu erhalten.

Um indess den interessanten Bau wenigstens in der Zeichnung zu besitzen, veranlasste der Herr k. k. Lande.s- baudircctor Dr. Schenkl im J. 1833 eine detaillirte Auf- nahme der Kirche und legte dieselbe sammt einer einge- henden Beschreibung der k. k. Central-Commission vor.

Durch die Benützung dieser Vorlagen wurden wir in die Lage gesetzt, nachstehende Beschreibung dieses Baudenk- males zu veröflentlichen. \\obci wir bemerken, dass von den Zeichnungen, welche grossentheils durch den früheren

*) niese verunglückte WieJei-iiersteUung gesclcili ohiu' irgend welcljen Einflnss der B.iubehiii-de, und in dem vorliegenden Bericiite wird dieselbe

als eine „Privatsache" hingestellt, ohne dass hierüber nähere naleii angegeben sind, liei den Kinleilungen zur Verhütung weiterer Schäden inlcrvenirte dagegen die k. k. I.andesbaudireetion, und ihren schleunigen uJid umsichtigen Anordnungen ist es zu danken, dass zuletzt nicht auch der neu nurgesct/.te 7,ehn Kialler lange Dachstuhl eingestürzt ist.

Die Red.

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Beamten der k. U. LandeshiiiKlircctiiiii in Kriikau, lli-ii'n von Sti-ozecki, mit ausserordentlicliem Fleisse und \ orstiind- nisse aiisf^eluhrt wurden, liier nur jene lieiiiitzl wurden, welche uns für eine kunst<^escliielillielie HeurtlieiluuL! der älteren Theilc des Kir- clienbaues am eharakte- ristisehsten erschienen.

Wir entnehmen nun, wie erwiihnt. dem Be- richte des k. k. Lan- desbaudircctors Herrn Dr. Sehen kl folgende Schilderung:

So weit die unver- bürgte Sage zurückgeht, s(dl vor Einfrdiriing des riiristenthumes an der Stelle, wo gegenwärtig die Dreifaltigkeitskirche steht, ein Götzentempel gestanden huhen. Bruch- stücke des hier verehrten Götzenbildes will man noch im XV. .lahrhun- derte in den Kreuzgiin- gcn des Klosters gese- hen haben ; gegenwär- tig aber sind sie spur- los verschwunden. Der angebliche Götzentem- pel mnsste dem christ- lichen Cultus weichen , und bescheiden erhob sich an seiner Stelle ein hölzernes Kirchlcin, der heil. Dreifaltigkeit ge- widmet , dazumal die Pfarrkirche der Stadt Krakau. Doch nicht lange sollte sie die- sen Bang einnehmen; denn der Bischof Ivo Odrowaz (Odro- wonsiusj, im .lalire 1218 zu Krakau zu dieser Würde gelangt, beschloss eine ganz n.'ue Pfarrkirche nnil zwar auf dem llauptplatze der an .\usdeliiiuug wachsenden Sladl zu erbauen, und die Dreifaltigkeitskirche. welche er ebenfalls neu zu erbauen beabsichtigt«', dem I'rediger-Orden zn über- geben.

Zwei Brüder dieses Biseliol's. niimlii'h llyacinthus und Czeslaus Odrowaz, beide l'riilaten \nid s|)ater heilig gespro- chen, nahmen in Rom das Kleid des luil. Donnuicns. um als Prediger ihrem Vaterlandc nützlich zu werden, t'zeslaiis ging nach Böhmen und Sehl<-sieii. Ilyaciulhus kehrte nach Krakau zurück, und zog. niiilidi'ni kircln' und Kloster im Jahre 1223 ausgebaut war. als erster Prior mit den auf sei- ner Reise angeworbenen Gelahrten in dasselbe ein.

Im .labre 1227 wurde die vollendete Marienkirche auf dem Bingplatze zu Krakau, ein herrlicher gotbiseher Bau. zur Pfarrkirche erhoben: die Dreifaltigkeitskirche aber aus- schliesslich dem Gebraudie des Prediger-Ordens idierlassen.

llyacinthus stirb im Kloster, und seine Zelle wurde in eine t'apelle umgeschalfen , welche noch gegenwärtig das Emporium rechts neben dem Presbyterium sein .soll.

In diesem Zustan- de der l'rsprüuglichkeit dürfte die Kirche bis zum .lahre 1408 geblie- ben sein, wo eine be- deutende Veränderung nut ihr vorgenommen wurde. Bichtig ist es, dass in diesem Jahre Katbarina, aus dem Hause Tarfo, den kleinen Chor, nämlich das Presby- terium, einwölben liess. Dieser dürfte daher i)is zu diesem Zeitpunkte nur mit einer ilolz- decke versehen gewe- sen sein.

Im Jahre 1462 brannte die Kirche ab; wie gross der Schaden gewesen sein mag, lässt sich wohl jetzt nicht mehr angeben, jeden- falls dürfte er sehr be- deutend gewesen sein, ja vielleicht so gross, dass längere Zeil au den NN'iederaufbau gar nicht gedacht werden konnte, was man daraus schliessen kann, dass im Jahre 1576 noch immer daran gebaut wiM'de.

Das letztei'e .lahr kann als dasjenige angemumnen wer- den, in welclieni die Kirche die gegenwärtige Gestallung ei'hielt, oder in dem wenigstens bereits der Plan gereift war, ilir die gegenwärtige (iestall uml .Ausdehnung zu geben.

Später ward noch Mehreres hinzugefügt, verbessert,

gekünstelt. I leider manche Schönheit des älteren Baues

verkümmert: in der Mitte des XVII. Jahrhunderts mag aber die Kirche schon in jenem Stande gewesen sein, w ie sie ^or dem Brande im .lalire IS.'ill war.

Nach dem Brande im .labi-e l!S."i(l wurde das Presit)- terimiL ganz neu gctünclit und mit neuen Kenstern versehen, die drei schon berülirtcn Pfeiler der rechten Seite des

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Kircheiisi'liiires nou !iiirij;efi]lirt iiiul die Kirche neu gedeckt. Im liiiipfPii erfolgte keine wesentliche Hestiiiinitidn. Zur seihen Zeit wurde auch das Kloster zum Theile wieder restaurirt und wohnbar gemacht.

Ein flüchtiger Blick auf den gegenwärtigen Bau mit seinen gewaltigen, in die Höhe strebenden Dimensionen und den grossarligen Verhältnissen zeigt, dass er nur sehr wenig melir aus der ältesten Zeit seines Bestandes , aus dem XIII. Jahrhunderte hesitzen kann (Fig. 1). Die Anlage des ursprünglichen Baues ist höchstens noch in dem geraden Ab- schlüsse des gegenwärtigen Presbyteriums, dann an der Orna- mentik zu erkennon (Fig. 2), die von aussen auf dieser Ab-

schiussmaner und an den aiiiii . v-...^.. rpieilei'u derselben

llB'"^''""''illl!: Fensterpfeil

(Fig. 2.J

n der Längenansieht wahr- nelunbar ist, und mit Grund auf eine geringere Hölie der ehemaligen Kirche nnd i ein bei weitem flacheres und niedrigeres Dach schliessen assen. Auch an der vor- deren Seite der Kirche lässt sich noch jetzt der Ab- schluss des Giebels, und da die Mauer auch hier des

Verputzes entbehrt, die Höhe des alten Baues erkennen. Die in Form von Dreiecken aufstrebenden Ziorathen,

so wie auch die im Inneren noch sichtbaren alten Fenster- nischen und die zwischen ihnen herabgleitenden schlanken Gliederungen zeigen deutlich, dass die alte Kirche ursprünglich im Ubergangsstyle er- baut war. Diese Amiahine unterstützen auch die im Schilfe an den gewaltigen Pfeilern von der Höhe der Kirche bis zum Fussbo- den herabgeffihrten Pihi- ster, so wie die Gewölbe- rippen (Fig. 3 ) , die bei der Restauration im XV. Jahrhuiidcrlc beibehalten wurden.

Die Fenster waren ursprünglich bei weitem v<ui geringeren Dimen- sionen, ihre Nischen ganz glatt; er.st bei der Restau- ration wurden sie namhaft angefangen vergrössert,

und

(Fig. . 3.1

zwar von jenem Punkte

wo ihre VN'andungen gegliedert erscheineu. eine N'erzierung,

welche die älteste Zeit des gothischen Baustyles gerne versehmälite.

Dagegen verschwand manches, was damals üblich war, so die zwischen dem Presbyterium und dem Kirchenschiffe bestandene Wand der Lettner (LectoriumJ , dessen Sjiuren sich nach .\bfall des Vei-putzes liei dem letzten Brande an dem grossen Bogen vor dem hohen Chore erkennen liessen, der somit schon bei dem in'sprünglichen Baue bestanden haben mag. DieseAbsclilussmaner, welche gewöhnlich nurin Kii'chen von sehr liohrm ,\lter vorkömmt, deutet mit so vielem .\nde- ren darauf hin, dass der ursprüngliche Baustyl dem L'ber- gangc zu dem rein gothischen Style angehörte.

Das Schilf ist durch zwei Pfeilcrstelluugen in drei Theile geschieden, von welchen der mittlere die Höhe der Kirche abgibt, die beiden anderen sind bedeutend niedriger, die Constructionen der Gewöibungen sich ähnlich, mit schö- nen Ri[)pen geziert, die aus Ziegeln mit freier Hand geformt worden zu sein scheinen. Das Gewölbe des mittleren Theiles war ungewöhnlicli scliw ach. « iderstand jedoch dem Brande, wurde sjiäter durch den erfolgten Einsturz der vorderen Giebelwand eingeschlagen, und erst nach dem Einstürze ganz abgebrochen. Das noch bestehende Gewölbe des Presby- teriums ist bei weitem einfacher in seiner Construction und ganz wohl erhalten.

Zu dem interessantesten Theile der Kirche gehört das im schlanken Spitzbogen ei-haute Portal mit der reiiheo. aus Wülsten und Einkehlungen bestehenden Proliliriuig und der geschmackvollen Ornamentik, wovon wir hier eine -Abbildung beifügen, welche zugleich einen Einblick in das Innere des Schilfes und Chores gewährt (Fig. 4).

An das Kirchenschilf schliessen sich zu beiden Seiten Capellen an, die wohl dem .W. .lahrliunderteangehören dürften, jedoch erst in späterer Zeit zu der Ausstattung gelaugt sein werden, die sie gegenwärtig besitzen.

Dass sie der ursprünglichen Kirche nicht cigenthiindicji waren, lässt sich aus der Form der Ziegel erkennen, die bei ihrem Baue verwendet wurden, noch mehr aus dem Umstände, dass an den Seitenwäiulen der Capellen noch die allen Slrebe- pfeiler der urspniugliclien Kirche zu erkcuneu sind, die bis an den Boden hinab aus gehauenen Steinen besleheu. Die Mauern der CapelliMi sind au diese Strebepfeiler angebaut, ohne mit ihnen in einen l'eslen Verband gebracht worden zu sein. Einige dieser Capellen sind im Renaissaucestyl ei-baut, was namentlich heim Beschauen der äiissiMcn Ansicht einer gewissen Unklarheit des Eindruckes l!;iuin giht oder über- haupt stöi-end wirkt; doch eben diese Ca|iellen sind besser erhallen, iheils weil sie dem XVI. und XVll. Jahrhundertc angehören, theils weil auf ihren Bau mehr verwendet wurde, und die .\lläre von Stein aufgeführt wurden, sonach nicht so leicht deuFlannnen Nahrung geben konnten.

Denselben ähnlich sind die zwei kleinen l aiiclltii, welche rechts und links au die Ndrhalle slosseu. jedoch auch der neueren Zeit angehören.

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Links vom Eingange in die Kirche und zunächst dem- Die an die Rosenki-anz-Rapeiie anstosscnde Capelie des

selben liegt die Katharinen-Capelie, deren Gründer der heil. Doniinicus ist zugleich die Grabstätte der markgräf-

letzte Sprosse des fürstlichen Haiises Zharaski ist, der im liehen Familie Myszkowski, welche sie im Anfange des

Jahre i(j31 starb. Ihre Wände kleidet weisser und schwarzer XVU. Jahrluiiiderts erbaut hat. Sie übertrill't alle anderen

Marmor, das rei- che und schöne Gesimse wird von vier Säulen aus Breceia ge- stützt. Beide Sei- tenwände der Capelie zieren sehr sehijn ge- arbeitete Grab- denkmale zwei- er Fürsten Zha- raski, deren ge- harnischte Ge- stalten, aus Ala- baster gearbei- tet, auf den mar- mornen Särgen liegen.

Ein beson- ders gelungenes Bauwerk ist die Hyaein thus- Capelle , von der bereits be- merkt wurde, dass sie aus der bescheide- nen Zelle des Heiligen ent- stand , und nun ein Emporium der Kirche ist. - Zu ihr fidirt eine ' reiche Marmor- Ireppe in schö-

-^r

iiiiii

Capellen an mas- siver Bauart, und trägt eine Kup- pel aus Stein, in deren Tambour die Büsten der Glieder der ge- nannten Familie angebracht sind.

Vom Feu- er völlig unver- sehrt blieb auch die Capelie des ii. Sebastian und der heil. K 0 s a 1 i a , der fürstlichen Fa- mile L u b o - 111 i r s k i zuge- hörend.

Dagegen litt die Capelie des heil. Nikolaus desto mehr von dem zerstören- den Elemente, und mit ihr das Grabmal des 1J;S4 gestor- benen Prosper l'rova na, eines an sieh unbe- denli'nden Man- nes und Aufse- hers der Salz- bergwerke, des-

nem Renaissancestyl aus der Kirche empor, welche leider sen sehr schön gearbeitetes Monument seinen Namen auf die bei dem Einstürze und den Arbeiten bei den Stützungen Nachwelt brachte. Die archäologische Section des hiesigen gelitten hat, doch der Restauration noch immer fähis: ist. Gelehrtenvereines hat es reslauriren lassen.

Die M u 1 1 e r - G 0 1 1 e s - C a p e 1 1 e wurde in letzter Zeit (Inrcli den Grafen Przezdziecki restaurirt. enthält jedoch ausser dem im vorigen .Iidire angebrachten schönen Glas- gemälde des Professor Hühner aus Dresden nichts von Bedeutung.

Beim Eintritte in die Kirche fällt besonders die tiefere fjage des Fussbodens der Kirche auf; es ist diess jedoch eine bei vielen (lebäuden Krakau's vorkommende Erscheiiuing, und dcntri darauf hin. dass sich der Boden der Stadt fast durchaus gehoben hat, leicht erklärlich, weim erwogen wird.

(Kig. i.)

Die Rosenkranz-Capelle ist die grösste von allen, enthält jedoch keine besonderen architektonischen Schön- heiten, dagegen ein Prachtstück alter Giesserei. nämlich das Bronzedenkmal des 141)7 verstorbenen Filippus Callima- ehus, eines gelehrten Italieners aus der Familie Buona- corsi, der Lehrer der Söhne des Königs Kasimir .lagello war. Es ist vollkommen wohl erhalten und von so vor- trefilicher Ausführung, dass man ihm einen, den Freunden der Kunst mehr zugänglichen als den jetzigen Ort wünschen möchte.

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welche Katastrophen das alte Krakau erleiden musste.und wie oft die Trümmer seiner Gebäude Plätze und Gassen deckten.

Viel des Merkwürdigen umfasst noch die Kirche, und würde fleissigem Studium reiche Ausbeute liefern; es sei daher nur noch des historisch wichtigen Grabmals des Her- zogs Lesco von Polen gedacht, welches leider durch den 16S8 stattgefundeneii J5rand des Hochaltarcs so sehr litt, dass man auf dem schief in die Wand der Kirche einge- mauerten Steine, welcher die Umrisse der Gestalt des Her- zogs sehen lässt, nur einige Worte, wie „Lesens Niger," dann die Zahlen 26 und 1289 erkennen kann.

Spurlos sind die herrlich aus Holz geschnitzten Chor- stühle des Presbytcriums verschwunden, so wie der der Kirche gewidmete Feldaltar des Königs Johann Sobieski, bei welchem am Schlachttage vor Wien die Messe gele- sen ward.

Wie der Grundriss zeigt, schliesst sich das Kloster der Dominicaner eng an die Kirche. Auch dieses Gebäude ist das Werk mehrerer Jahrhunderte. Seine mittelalterliche Gestalt hat es am meisten in dem der Kirclie angränzenden Theile erhalten, in dem anderen aber ist es theilweise Ruine, und wurde nach neuerem Style und zu neueren Zwecken, namentlich zu Miethwohnungcn umgebaut.

Hier ist es nun hauptsächlich der an die Kirche stossende

Kreuzgang, gegenwärtig dem Gottesdienste gewidmet, wel- cher bei dem Alterthumsforscher und Arcliitekten Interesse erregt. Seine schönen Gewölbe, die uralten Glasmalereien der im Spitzbogen ausgeführten Fenster, welche dem Brande widerstanden, zeugen von guter Kunst.

An den Wänden des Kreuzganges belinden sich viele Denkmale von Personen, die in der Geschichte Polens eine bedeutende Stellung einnahmen oder für seine Literatur thätig waren.

An eine Seite des Kreuzganges stösst auch das ehe- malige Capitelhaus, dessen gothischer Styl der früheren Periode angehört.

Aus dem Klostergange des neueren Theiles des Gebäu- des gelangt man in ein Vestibül von sehr schöner Architectur. Die drei Säulen mit geripptem Gewölbe gewähren einen herrlichen Effect.

An dieses Vestibid reihen sich die beiden Refectorien, von welchen das Fasten-Refectorium im schönsten gotbischen Style, das zweite im Style der Renaissance erbaut ist.

Die ober diesem Refectorium aufbewahrte Kloster- bibliothek. welche 10,000 Bände stark war, ist leider ein Raub der Flammen geworden , mit ihr und den dort befind- lichen Handschriften ging für die Geschichte Polens ein grosser Schatz verloren.

Notizen.

(Anregungen zum archäologischen Studium in Österreich.) Es ist eine gewiss sehr erfreuliclie Erscheinung, dass neben dem bedeutenden Terrain, wel- ches in unseren Tagen die Naturwissenschaften auf dem geistigen Gebiete erobert, neben dem masslosen Vordrän- gen des Industrialismus, auch die archäologischen Studien in Österreich eben jetzt einen so raschen und gedeihlichen Aufschwung nehmen. Das Doppelgesicht, mit welchem die Alten sich die Zeit versinnlicht hatten, blickt uns jetzt kla- rer und verständlicher als je entgegen. Fassen wir die jüng- sten Erscheinungen im Gesanuntbild zusammen und behal- ten wir dabei im Auge, von welch glücklichen Folgen die- selben begleitet sein werden * so haben wir auch Grund, unsere besten Hoflnungen auf eine dauernde Einwirkung derselben zu setzen. In Prag hat Seine Eminenz der Cardinal -Erzbischof Fürst Seh warzenberg die Theolo- gen des vierten Jahrganges angehalten, den Vorlesungen des Herrn Professors und Conservators Wocel über Archäologie beizuwohnen. Der hochwürdigste Bischof in Brunn, Graf Schafgotsch, machte wie wir be- reits im November-Hefte des ersten Jahrganges mitgetheilt haben durch einen Erlass der gesammten Pfarrgeist- lichkeit zur Pflicht, für die Erhaltung der altchristlichen Denkmale im Sinne der canonischen Vorschriften Sorge tragen und hat sich entschieden gegen jede Verun-

staltung von Kirchen und kirchlichen Baudenkmalen ausge- sprochen, welche oft unter dem Titel .Restaurationen'"' vor- genommen werden. Auf Anregung des Alterthumsvereines in Wien begann ferner Herr Professor v. Eitelberger kürzlich 10 Vorlesungen über die christlichen Haustyle des Mittelalters, welche von einem glänzenden Auditorium und darunter auch von dem Herrn Präses, so wie den Mitglie- dern der k. k. Central-Commission besucht werden. Der Landes-Archäolog für Steiermark, Herr Haas, eröffnete vor Kurzem in Gratz Vorlesungen über mittelalterliche Kunst, welche gleichfalls ausserordentlich zahlreich besucht sind und solchen Beifall finden, dass der bochwürdigste Bischof von Sekaii denselben aufgefordert, ähnliche Vor- lesungen für die Theologen des geistlichen Seminars zu erölfnen. Nach einem an den Präses der k. k. Central- Commission Herrn Karl Freiherr von Czoernig gerichteten Schreiben hat Seine Excellenz der Herr Feldzeugmeister Freiherr v. Hess die ihm unterstehenden OfTiciere des Ge- neralstabes angewiesen, auf alle sich ergebenden Funde und Spuren alter Denkmale aufmerksam zu sein und sich bereit erklärt, die in dieser Richtung ihm zukommenden Berichte zur Kenntniss der k. k. Central-Commission zu bringen. In Tri est hat am 6. December der Conservator für das Küstenland. Herr Dr. Ritter von Kandier, seine Winter- Yorlesungen, welche von Sr. Excellenz dem Herrn Statthalter

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Freilierr v. Mertens unci (Ion ersten Notabilitäten der Stadt besucht sind, niit einem Vortratre ülicr das l)erülinite Amphi- theater in I'ula liejrorinen. In w elcliem (Irade die Auf- merksamkeit des Anshindes auf dieTliiilii^keit der k. k. ("enlral- Commissiongerielitet ist, beweisen (h'e/aiih'eiehensclimeiehel- liaften Zuseliriften, die dem Herrn l'räses der k. k. l'enlral- rommision von den ersten Gehdn-ten, wie von D idro n, Ca u- mont, K ugler, Fjübk e, Q n ast. Se hna a s e u. s. w. zu- kiinunen. Seit dem Beginne derPnhhcationen der k.k.Cen- tral-L"ommission \vur(h^ aneli der Sehriftenanstausch mit den meisten Vereinen imd (Jesellschafleu des In- und Auslandes hergestellt, inul ein gemeinsames ISaud der liierarischen In- teressen angeknüpft. Es befinden si(di darunter im lulande: Die k. k. A k a d e m i e de r W i s s e n s c h a f t e n , der Alter- thumsverein in Wien, die bistor.-statistisehe Section der m ä h r i s eh - s ehies iseli. A eke r ha uge s e ! Ise h a f t, dasFcrdinandeum in Innsbniek, die süd-slaviselie Gesell- schaft für Gesehichte und Alterthuui inAgram, die arehan- logische Section des böhmischen Museums in Prag, des Francisco-Carolinum in Linz, der Verein für siebenhürgi- sche Landeskunde in H ermann Stadt, der historische Ver- ein für S t eiermark, die Gesellsc'haft der Jagelionischen Universität in Kr a kau, das Karolinum-Augusteum in Salzburg, der histor. Verein für Krain, der Geschichts- verein für Kärnthen; im Auslande: das germanische Museum in Nürnberg, die numismatische Gesellschaft in Berlin, der Verein für mittelalterliche Kunst in Berlin, der \vürtend)ergische Alterthumsverein in Stuttgart, die Gesellschaften für vaterlandische Alterthünier in Zürich und Basel, die Alterthumsvereine zu Münster, Paderborn und Hannover für West [dialen , der hislorisclie Verein für überbaiern in München, der Verein für .Mlerthumskunde im Rheinlande, der Verein für mecklenburgische Ge- schichte zu Schwerin, der historische Verein der fünf Orte Luzern, l'ri, Schwyz, Unterwaiden und Zug und der Alterthumsverein für das Grossherzogthum Baden in Karlsruhe. l)ie Anknüpfung mit anderen Vereinen und Gesellschaften . so wie mit der kaiserl. Commission für monumentale Statistik in Paris ist eben im Zuge.

(Die Kirche St. Sebastian zu Venedig.) Ge- legentlich der in Anregung gebi-achten Bestanration der Fresken del P. Veronese in der Kirche St. Sebastian zu Venedig dürfte folgende Darstellung über dieses Bauwerk inid über dessen innere Ausschmückung . welche Mai-cbese Scivaticoder k. k. Cenlral-Commission vorlegte, von grös- serem Interesse sein.

Bruder .\ngelus von Corsica gründete im .labrc i;!'J3 an dieser vStelle ein Kloster der ilieronymilaner, welches jedoch in den ersten .lahreii seiner KnlstiliMiig wegen der heftigen Anfeindung durch die Plainr der benachbarten Kirche zum Frzengel nur wenig gedieh. Papst Calixtus III. beendete diesen Streit dadurch, dass er den linideru einen

jährlichen Tribut an W'aclis für den Ptarrer der benannten Kii-clie auferlegte.

Die Kirche des heiligen Sebastian wurde im J. 14oö erweitert: da aber die Kinkünfti' des Klosters sich vermehr- ten, begann mau in den ersten .lahreu des X\ I. .lalirhunderts sie vom (irmnie aus in ihrer gegenwärtigen Gestalt neu auf- zubauen. Die Aufschrift, die sich an der Fa^ade der Kirche befindet, beweist, dass dieser Neubau im Jahre 1348 vollen- det wurde. Diese .\ufschrift lautet: „Hoc templum D. Sei)a- stiani a fundamentis instaiu'atum fuit anno MDXLVIII."

Die (iuide di \ eue/.ia, welche meinem \\ erke über die .Architectur dieser Stadt vorangingen, geben an, dass die Fa^ade eine Arbeit des San s 0 vino und das Innere jene des Sebastian Serlio sei. Emanuel Cicogna thut dagegen im 4. Bande der trefl'licheii Iscrizioni Venezianc urkundlich dar, dass der Erbauer dieser Kirche der aus Cremona gebür- tige Francesco da Castiglioue war und bei diesem Werke von Searpagnino, vom Meister Bartolommeo, vom Meister Guglieimo aus Bergamo und vom Meister Pietro Lombardo unterstützt v\ui-de, und dass der Bau im Jahre ISOß begann.

Bezüglich der Erbauer dieser Kirche schrieb ich in meinem Werke (sulla scultura ed architettura in Venezia 1 847) Seite 212 Nachfolgendes:

„Dank den sorgfältigen Untersuchungen von Cicogna, können wir jetzt mit einiger Wahrscheiidichkeit dem Sear- pagnino noch ein anderes preiswürdiges Werk, die Kirche zum heil. Sebastian zuerkennen, von webdier die Guide ohne irgend einen sicheren Nachweis beliaupten, dass sie im Iiniern von Sebastian Serlio, in der Faeade aber viui Sansoviuo aus- geführt worden sei. Die Klosterurkunden, V(Ui denen Cicogna Einsicht nahm, deuten auf Arbeiten hin, welche unser Bau- meister für diesen Bau lieferte, und von 1511 bis 1549, in welchem Jahre der Bau beendiget worden zu sein scheint, kounnen sehr häufig von ihm bestätigte (!eld-Em|ifänge vor. Es ist siunit wahrs<'heinlicli, sagt der erwäluile (ielelirte, dass er das erste Modell dazu geliefert habe. Bea(dite i(di übrigens, wie aus jenen Documenten selbst deutlich hervor- geht, dass im Jahre 150(5 bei der Legung des (irnndes Francesco da Castiglioue aus Cremona, der ^'eller und 'l'lieil- nchmer an den.\rbeiten des Meisters Bartolonuneo (vielleicht der Bon). Maurer war und an seineu .\rbeiten Tlieil nahm, beai'lile ich, dass die Zahlungen, die au Searpagnino im .lalire 1548 geleistet uurilcn . rohe und lie a r be i t e l e z u r F a 9 a d e der Kirche g e I i e f e r l e Steine b c t r a- fen; nehme ich darauf Büeksicht, dass in den Bechnungen sowohl der Meister Bartolonuneo, vielleicht der Bergamaske, und der Moistcr Piei'o, viellcielil ilrr Lnuiliardc , mit ihm zugleich und als seine (i(diill'eu benannt, vorkounnen: so gelange i(di zu der lly|iothese, (hiss vielmehr das Mod(dl von dem besagton Francesco da Castiglione (di'r gemeine Name Maurer schloss in damaliger Zeit ni(dit die Idee des Nichtversländnisses in Bezug auf die eigentliche

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Kunst lies Baues in sich) herrührte uiul ilass die übri- gen IJenannten die Arlieiteu für die Verzierungen lie- ferten, SciU'pagnino jedoch den vorzüglichsten Thoil davon übernommen haben mag. Wie die Saclie sich aucli verhalten möge, so ist diese Kirche doch, wenn auch kein Meisterwerk der Eleganz , wenigstens mit correeter Neuheit des Gedankens und mit kunstgerechter Harmonie in den Verhältnissen des Innern ausgeführt worden. Sie besteht aus einem einzigen Schiffe, welches ein Chor mit zwei Seitencapellen absehliesst. Im Vordertheile erhebt sich auf drei Seiten eine Gallerie von sehr zarten viereckigen Pfei- lern, die einen Geländergang tragen, ein Gedanke, welcher der Masse Leben und Leichtigkeit gibt. Die Fa- fade ist leer und dürftig und verdient keine Erklärung."

An b e 111 o I- k c n s w e r ( Ii e n Gegenständen besitzt das Innere der Kirclie folgende (derUmblick beginnt rechts vom KinlrilteJ :

1. Altar. Der lieil. Nikolaus, dem ein Engel ein Buch hält: ein Werk Tizian's, als er schon 86 Jahre alt war. (stark nachgebessert).

2. Altar. Ein kleines Gemälde, die Madonna mit dem Kinde und zwei Heilige darstellend; (halbe Figuren) von P a 0 1 0 (' a 1 i a r i , genannt V e r o n e s e.

3. Altar. Die Jungfrau mit dem Kinde und dem hei- ligen Johannes; Gruppe in Marmor von Tommaso da Lugano, Schüler des Sansovino, welcher hier die Gruppe derselben Personen nachbildete, die sein Meister für die kleine Gallerie unter dem Glockenthurme lieferte.

4. .\ltar. Christus am Kreuze und die beiden Marien; Gemälde von Paolo Caliari, 1563.

Das Grabmonunient für Livio Podocatoro. Bischof v(m Nicosia, ein Werk von Jakob Sansovino vom Jahre 1556.

Die grössere der Ca pellen enthalt:

Das Altarblatt: die Jungfrau in der Glorie und sechs Heilige unterhalb; von Paolo Caliari, 1558.

Das Gemälde rechts: die Marter des heil. Sebastian; von Pao lo Ca liari.

Das Gemälde links: die Heiligen Marcus und Marcelli- nus, bei ihrer Marter vom heil. Sebastian ermuthigt; von Paolo Caliari 1), 1565.

An den Seiten des grösseren Altars sind zwei Fresco- Figuren im llcllilimkel von Paolo Caliari.

Die Kuppel war ganz ein Werk des Paolo, da aber die Malerei abgefallen war, wurde sie durch Fresken von Seba- stian Hicci ersetzt, die den heil. Sebastian in der Glorie vorstellen.

Die Orgel wurde modellirt von Paolo Caliari, geschnitten von Domenico Maraegon und von Ales- sandro Vicentino, 1558. Die äussere Seite der Thür-

•) Nach Selvatico's Ansiclit ist diess dus scliöaste (jieinüliiu des ausgezeich- neten Malers.

eben stellt Maria Heinigung . die innere Seite der Thürchen den Teich Bethoda dar; beide Werke von P. Caliari.

An den Seiten der Orgel : zwei Propheten al fresco von P. Caliari.

Links von der Orgel: Ehrendenkmal für Paolo Caliari; mit dem Hrustbilde, einst von Cam illo Bozzetti, neu ausgeführt von Matte o Carnero').

In der Saeristei befinden sich in der Mitte die Krönung der h. Jungfrau und an den 4Seitentheilen die Evangelisten; von Paolo Caliari-), 1555.

An der mittleren Wand die Taufe unseres Herrn; das Opfer Abrahams und Jesus im Garten; von Bonifaccio.

An der Wand auf der anderen Seite: Jonas wie er aus dem Wallfische steigt, und die Auferstehung unseres Herrn ; von Bonifaccio.

Die Strafe der Schlangen von Jakob Tintoretto.

An dem oberen Chore ist:

Links: der h. Sebastian, seine Marter mit Stockschlägen ihililend, rechts: der heil. Sebastian vor dem Tyrannen: beide Fresken von Paolo Caliari dargestellt. Bings herum: Propheten, Sybillen und die Apostel Petrus und Paulus; al fresco von P. Caliari. In den vier Ecken vier grosse Statuen im Stucke , sie .stellen die Verkündigung Maria und die Sybillen von Cumae und Erythra vor; von Girolaino Campagna.

Wenn man in die Kirche zurückkehrt und seinen Gang nach rechts verfolgt :

1. Altar. Styl des Sansovino, an den Seiten zwei Statuen, der heil. Antonius der Abt und der h. Marcus; von Alexander Yittoria, 1564.

Die Büste des Procurators Markanto Gi'iiiKuii; von Vittoria, 1564.

2. Altar. Die Taufe Christi ; Ölgemälde von Paolo Call a r i.

3. Altar. (Nichts benierkenswerthes.)

4. AI t a r. Der Fall des h. Paulus ; Mosaik von Antonio Zuccato.

Deeke der Kirche.

1. Abtheihing: Esther zum Alias vorgeführt.

2. A I) t h e i 1 u n g : Esther gekrönt.

3. Abtheilung: Der Triumph des Mardochäus. Alles Werke von Paolo Caliari s).

') Uiiterlialb steht die Insclirift: l':iulo Cnliario vcronensi piotori , nülurae eiiuilo strtis niiracnli», superstite fatis, fania victnro. .\uf dem Estrich stellt der (iralistcin, unter welchem die Gebeine des herühniteu Veronesen auf- bewahrt sind, geset/.t von seinem Bruder üenedeUo und den /.wei Sühnen rarb> und Tiahriele im .lahre 1588.

'-') niess war ilie erste ,\rbeil. welche den Paolo in diese Kirche führte, wo- hin er von KcrnardoTorlioni, dem Prior des Klosters, seinem l,andsmanne. berufen wurde.

3) Paolo war damals 23 Jahre alt. Diess sind die ein/.ii,'en Kreskcn. die jel/.l von Paolo in Venedig nocii bewahrt werden, und darum erscheint es um so wichtiger, sie vor dem Untergänge zu bewahren.

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(Neuentdecktc Pfahlgräber nächst Csurtrö in Ungarn.) Nicht weit von der Strasse, die von Stiihl- weissenburg nach Moor führt , in einem Thale niidist C s u r g ö, einem Besitztbume des Grafen Georg v. K a r o 1 y i, befinden sieh vonBäumen umgeben sieben Hügel, deren jeder beiläufig 1 0 Klafter im Umfanghatund 4— 4</3 Klafterhoch ist. Von diesen Hügeln wurden vor Kurzem zwei aufgegraben und man fand in jedem von ihnen vier bereits vermoderte starke Pfahle, von starken Balken und vielen angehäuften Steinen umgeben. Zwischen den Pfählen standen mehrere grössere und kleinere Urnen, die Asche , Thierknochen, WatVenüber- reste etc., aber keine Münzen enthielten. Herr Pados, Erzieher im gedachten grätliehen Hause, sammelte Alles, was zu sammeln war, und überlieferte es dem gelehrten Aiter- thumsforscher am National-Museum in Pesth, Herrn Krdy (Lutzenbacher) , und wir holTen darüber recht bald ausführ- lichere Nachricht geben zu können, indem unseres Wissens diess die ersten in Ungarn entdeckten Pfahlgräber sind, wie

sie in Deutsehland häufiger vorkommen.

Dr. M. Haas.

b e r d i e E r b a u u n g s z e i t d e r ersten christ- lichen Kirchen in Kärnthen.) Der hochw. Herr Pfarrer und Correspondent der k. k. Central - Commission Johann Aberniann in Kolbnitz bemerkte in einer Beschrei- bung der Kirche auf dem üanielsber ge im IMöllthale, dass dieselbe auf den Trümmern eines heidnischen Hereules- Tempels und wahrscheinlich schon im VII. Jahrhunderte erbaut worden sei. Diese Bemerkung veranlasste den Con- servator für Kärnthen, Herrn G.Freih. von Ankershofen, zur folgenden Nachweisung über die Erbauungszeit der ersten christlichen Kirchen in diesem Kronlande mit speciel- 1er Hücksicht auf die Kirche am Danielsbcrge :

„Ob die Kirche auf dem Danielsberge der Umbau eines Heidentenipels oder ein Neubau sei, zu welchem die den Ruinen des alten Heidentempels entnommenen Baumateria- lien verwendet wurden, könnte erst nach einer genauem Untersuchung des Kirchenbaues beiirtheilt werden. Der Meinung, dass dieUmstaltung des Hercules-Tenipels auf dom Danielsberge in eine christliche Kirche im VII. Jahrhunderte erfolgt sei, könnte ich in keinem Falle beistimmen, da Kärn- then in VII. Jahrhunderte durch die heidnischen, dem Chri- stenthume feindlichen Slaven besetzt war. Wohl lebte schon in der zweiten Hälfte des V. Jahrhunderts im benach- barten Lurnfelde eine Christengemeinde mit ihrem Bischöfe Paulin '). Allein die Unsicherheit vor den Einfällen der benaehbarlen dcutsehen Völker musste jede Baulust heniuien und wenn auch in dieser Zeit oder auch im VI. Jahrhun- derte bis zu dessen Ende (391) die Christengemeinde von Tiburnia als bestehend nachgewiesen werden kann=).

nicht blosse Bedürfnissbauten , sondern auch Steinbauten geführt worden sein sollti'n, so sind selbe doch gewiss von den heidnischen Slaven, welelie gegen das Ende des VI. Jahr- buPiderts in Kärnthen vordrangen, wieder zerstört worden. Erst im VIII. Jahrhunderte finden wir das Christenthum in Karantanien wieder aufkeimend, und eines Kirchenbaues im Lurnfelde erwähnt'). Allein auch jetzt war das Christen- thuni in Karantanien zu wenig gesichert, als dass man annehmen könnte, die von Modest und seinen Gefährten aufgebauten Kirchen hätten mehr als dem dringendsten Bedürfnisse ents|>rochen. Erst im XI. Jahrhunderte, nach- dem die Ostmarken des Karolingischen Reiches durch die Siege Karl's des Grossen von den Avaren geräumt und vor den Resten derselben gesichert Maren, das geräumte Land dem Salzburger Erzbischofe Ai'uo zugewiesen und der geist- lichen Pflege des Landbischofes Theodorich übergeben wurde und im Innern Karantanicns dem Christenthume durch Herzog Inguo allgemeinerEingangverschalTt worden war=), konnte zum Wiederaufbaue der zerstörten Kirchen und zu kirchlichen Neubauten geschritten werden. Ich könnte daher höchstens nur für diese Zeit ilen Aufbau einer christlichen Kirche über den Ruinen des Hercules-Tempels auf dem Danielsberge annehmen."

(Ergänzung zu dem .Aufsatze: „Die kirch- lichen Gebäude in Hartberg.") in dem Aufsatze des September-Heftes der „Mittheilungen" (Jahrgang 1856) „Die kirchlichen Gebäude zu Hartberg in Steiermark von H. Grave" werden die Angaben des Dr. Macher, Verfas- sers der „Geschichte von Hartberg", über eine dort befind- liche alte Capcllc in Bezug auf Baustyl und Bauzeit sich wiedersprechend und auch als nicht glaubwürdig bezeich- net.— In einem uns zugekonuncnen Aufsatze gibt nun Herr Dr. Macher, Correspondent der k. k. Cenral- Commis- sion, über die Existenz dieser Capelle folgende That- sachen an : „An unteren Ende der Zopfgasse in Hartberg, rückwärts westlich gegen die bestandene Stadtmauer zu befindet sich ein altes, im Jahre 1840 noch mit Stroh gedecktes und einem Webermeister gehöriges Haus mit der Nr. 100. Der südliche 'i'heil desselben besteht aus einer alten runden lliurniähnlichen Capelle mit einem unte- ren und einem oberen Räume, wovon der erstere als Kel- ler , der letztere als Speisekammer benützt wurde. Da schon viele Jahre verflossen sind, seit ich das Gebäude zuletzt gesehen, so kann ich mich auf dieGestalt dir unteren liäundichkeit nicht mehr erinnern, dagegen weiss ich noch recht gut, dass der (diere Ramn ein Kreuzgewölbe besass. dessen Rippen in einen rothbemalten, eine Rose vorstel- lenden S(ddusssl(Mn zusaunncnliefen. Die Fenster waren in Rundbogenform, die Mauern ziendicli dick unil das (Janze

') Siehe mein llaiiilhiich der Gescliiclile von Kiirnlhcii I, S. Gö2. *) Ehendorl II. S. GO.

<) Kkendort S. 111. ") Kbeniloil S. 343.

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erschien mir eben ein roher plumper Bau, dessen Entste- hung ich in die Karolingisehe Zeit versetzen zu müssen glaubte. Meine Bezeichnung „altgotliisch" war offenbar irrig. Ich bin erst durch die „Mittlieilungen" inKenntniss gekommen, dass das, was ich für altgothisch hielt, romanisch ist, und gewiss waren die romanischen Bauten dieser Gegend, je älter, desto einfacher. Da übrigens von dieser Capelle weder in den vorhandenen Urkunden, noch in anderen zahlreichen alten Schriften und Protokollen von Anfange des XIV. bis zum XIX. Jahrhundert Erwähnung gethan wird, so scheint sie schon in sehr früher Zeit ausser Gebrauch gekommen und desshalb auch gänzlich unbeachtet geblieben zu sein."

(Die Rotunde und der Gl ecken thurm zu Jahrin g in Steiermark.) Hierüber liegt der k. k. Central- Commission folgende Beschreibung des Herrn k. k. Bezirks- Ingenieur Fr. Z istler in Marburg vor:

Die Rotunde befindet sich an dem südöstlichen Theile der Kirchhofmauer und unterbricht dieselbe in der Länge ihres Durchmessers ; sie hat zwei Stockwerke, wovon das obere nach allen Seiten frei steht, das untere jedoch gröss- tentheils von dem höher gelegenen Terrain des Kirchhofes eingeschlossen ist.

Das ganze Gebäude ist aus Bruchsteinen und Ziegeln erbaut, mit einem Ziegeldache und einer Hohlkehle ver- sehen und umfasst einen Raum von zwei an einander ge- schobenen Kreisflächen von ungleichem Durchmesser.

Der obere Stock, welcher gegenwärtig als Deposi- torium für Kirchenparamente benutzt wird , hat eine Ein- gangsthür vom Kirchhofe und drei Fenster, dann ein Pflaster aus quadratförmigen Ziegeln. Die Thiir liat einen steinernen Thürstock sammt Verdachung aus grobkörnigem Sandsteine.

Die Decke des grösseren kreisförmigen Raumes bildet ein Kuppelgewölbe, welches mit Spitzbogen-Lunetten und mit den beiden halbkreisförmigen Gewölbsausschnitten der Eingangsthüre und der durch den Anstoss des kleineren Kreises gebildeten Unterbrechung versehen ist. Der kleine kreisrunde Ausbau hat ein Kreuzgewölbe zur Decke. Die ganze Etage ist innerlich und äusserlich glatt verputzt. Der untere Stock, welcher dermalen als Gemüsekeiler benützt wird, hat seinen Eingang von dem zwischen dem Kirch- hofe und des Pfarrers Garten befindlichen Wege.

Die Thüre ist in dem kreisrunden Ausbaue angebracht und hat einen ordinären steinernen Thürstock. Der Boden ist ungepflastert und die Decke besteht in einem Kuppelge- wölbe aus Ziegeln, welches von der Fensterlunette durch- schnitten und von dem Tonnengewölbe des kleinen Aus- baues unterbrochen wird. Im Inneren ist dieser Stock unterputzt.

Das Dach, so wie sämmtliches Mauerwerk befindet sich in gutem Zustande, nur bei der unteren Etage, und besonders nächst der Thüre daselbst, ist der Verputz stel- lenweise scliadhaft. U.

Der Glockenthurm, unter welchem sicli der Haupt- Kircheneingang befindet, steht auf drei Seiten frei und seine vierte Seite fällt in die Stiriiniauer der Kirche. Derselbe be- steht aus fünf Stockwerken mit zwei Ciu'don- und einem Haupt- gesimse, hat eine kegelförmige Bedachung mit mehreren Gliedern und Aufsatz, ferner 4 massive Eckthürmchen. Die unterste Etage ist ganz aus rein zugearbeiteten Sandstein- quadern erbaut. Der Haupteingang zur Kirche hat einen Thürstock mit zwei Säulen und Gesimse aus demselben Mate- riale ; neben den Säulenfüssen läuft ein einHicher Sockel beiderseits bis zur Stirnmauer der Kirche; der innere Raum ist mit Steinplatten gepflastert und die Decke bildet ein geripptes Kreuzgewölbe, wovon dieHippen auf vier ein- fachen Tragsteinen ruhen. Die 2. Etage steht mit dem Kir- chen-Chor, die 3. mit dem Kirchen-Dachboden mittelst Thüren und steinernen Thürstöcken in Verbindung. In der 4. Etage besteht eine Ein Wölbung aus Ziegeln, welche an der Stelle des Stiegenaufganges durchbrochen ist. In der S. Etage mit vier grossen Fenstern befinden sich die Glocken. Die innere Thurmdachfläche bildet zugleich die Decke.

Das Haupt- und die beiden Cordongesimse, die Fenster- stöcke, die Ecken des Thurmes , so wie der grösste Theil der äusserlichen Flächen desselben sind aus gemeiseltem Sandstein, äusserst solid gearbeitet, im Innern des Thurmes jedoch sind grösstentheils Bruchsteinflächen ohne Verputz vorhanden.

Das Dach bildet einen hohlen Sandsteinkegel, dessen ringförmige Basis die Ecken der ein Quadrat formirenden Thurnunauern nach innen übergreift: an den äusserlichen Ecken befinden sich 4 massive Tluirmchen mit Steinbe- dachung.

Alles ist in gutem Bauzustande, nur sind die Verzie- rungen des Stockes bei der Ilauptcingangsthür theilweise beschädigt und durch eine dicke Kalkkruste unkenntlich gemacht.

(Die jüngsten Ausgrabungen in G r o s s p e c h- larn.) Der Professor und Conservator für den Kreis V.O.W. ^^'. im Erzherzogthume Österreich u.d. Emis, Herr Ignaz K e Ul- li ng er, legte der k. k.Cenlral-Conmiission zwei Berichte vor über die im September 1836 durch Dr. W. Gärtner. Professor der deutschen Literatur an der Pesther Universität, bei Harlan den in der Pfarre G ro sspechlarn angestellten Ausgrabungen, um über die Lage der alten „Harlungenburg" und andere antiquarische Gegenstände zum Belmfc seines herauszugebenden Werkes über das „Nibelungenlied" Nach- forschungen anzustellen. Von dem hoehwürdigen Herrn Beneficiaten zu Grosspechlarn Franz W e i g 1 s p e r g e r unter- stützt, Hess Dr. Gärtner an einer besonders aufl"allendeu Stelle in der Nähe des Dorfes Harlanden zwischen dem 22. 2(5. September Nachgrabungen anstellen , deren Re- sultate von Prof. Dr. Gärtner unter dem Titel: „.antiquari- sche Briefe aus Pöchlarn" im Feuilleton des Abendblatles der

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W ioiR-r Zeitung (Xr. 231) liis 242 des J. 18öG) verörteiitliclit wurden. Auf Ersuchen des Herrn Conservators K e i b I i n g e r erstattete auch der hüchwiirdige Hr. IJciiciiciiit Weiglsp or- ger iiii Letzteren einen mit Zeiclinungeu versehenen Bericht über die jüngsten Ausgralunigen hei Grosspccldarn, inid da die .\ngahen des l)v. W. ü a r tner so« uliI in den anti(|uari- sehen üriel'en als auch in dem inzu isciien erschiiMieiren NN erke : ..Cliuoiirad, l'rähit von Gijltweih, und das MIteiungenlied" (Pestli, Wien und Fjcipzig 18ö7) nicht frei von manchen Unrichtigkeiten in der Beschreibung der Alterthünier von Pechiarn , v ie auch in den historisclien Angaben sind , so ieute der Herr Conservator den l]ericht des IJeneiiciaten

Wei gl s|) erger der k. k.Central-Commission mit dem Be- merken vor. dass nur des Letzteren Angaben als autlieii- tisch angeselien werden können, wofür dessen in die klein- sten Details gellende Ortskenntniss und seine Vertrautheit nnt den .Xllertliiimern in Pechiarn spreche. Aus diesem Be- richte geht nun hervor, dass bei den Ausgral)ungen am 22. bis 2(j. Septendjer die Ülierreste eines zerstörten römischen Bades entdeckt wurden. Wir werden in dem näclisten Hefte die Beschreibung und Zeicluumg der Funde nach den Angaben des Herrn Bcneficiaten Weigls- perger in Vergleich mit jenen des Herrn l'r(dessor Dr. G ä r t n e r veroirentlichen.

Literarische Anzeigen.

Archäologische Karte des Königreiches IJühiiieii , ziisainmen-

gestelll und herausgegeben \(in Anton .Scliniitt. l'rag In'iü.

.1. (i. tahe'sciie Verlagsbuehhamllung.

Archäologische Karton haben den Zweck, die Rosullate kunstgcschichtlicher l<"orschungen für denÜherhliek bereit zu halten, und vorzugsweise die gcograpbiselie Verbreitung der verschiedenen Stylgattungen anschaulieh zu machen. Wir besitzen bereits zwei Ar- ohltecturkarten von Deutschland, eine von l^ühke und die zweile von Müller, und es sind uns ausserdem aus speciellen Gebieten die Lübke'selie Architecturkartc Westphalens und Siegharfs Karte der DiöceseMünchen-Freising zuganglich geworden, üsterreieli, inso- weit es in das Gebiet Ueutschlaiids einbezogen ist, wird auf den beiden ersleren Karlen nur sehr spiirlich verlrcten, es war eben den deut- schen Bearbeitern kein so reicher Stoft' zur Verfügung gestellt, dass sich daraus etwas annähernd Vollständiges hätte gestalten lassen, und das Wenige, was hiezu hätte benutzt werden kiinnen, blieb ihnen unbekannt. Dieser L'nkenntniss iistcrreichischer Kunstwerke soll durch die archäologische Karte Böhmens von A. Schmitt theilwcise begegnet werden. .Allein wir vermissen die Begründung dessen, wofür diese Karte einstehen will. V.s ist uns nicht bekannt, weder aus des Herausgebers früherem Werke über die romanischen tiaudenkmale Böhmens, noch aus Wocel's verdienstlicher Übersicht der romanischen Kirchonhauten Böhmens, dass der kunstgesehicht- licbe Stoff dieses Landes derart durchforscht wäre, dass sieh die llesultate hiervon in verlässlicher Weise bildlich darstellen lassen. Jedenfalls hätlc diese Karte , insoferne sie auf des Herausgebers eigenen Forschungen bernhl , mit den letzteren begleitet in die Welt treten müssen. I^in weiterer Ühelstand dieser Karte, welchen wir nicht verschweigen dürfen, besteht in der Häufung von Zei- chen, wclclic fast ein eingehendes Studium erfordern. Mährend I.übkc im Ganzen sechs Zeichen anwendet, wovon nur drei der Bezeichnung der Stylgattuiigen dienen, bringt Schmitt 29 Zeichen in Anwendung, wovon allein 7 den Burgen und Ilillervesfen gCHidmet sind. Ks mag diess mit einiger Beschränkung allerdings bei dem Umfange, welchen der lleraiisgchcr dem Stoffe seiner Karte gab, nothwendig gewesen sein, allein damit werden wir auf ein weiteres Gebrechen dieser Karte geführt. .Sic will näiidicb nicht bloss die Werke der .\rchileclur registriren , sondern zieht auch die Werke der Sculptur und .Malerei in den Bereich der Darstellung, und bringt aus den letzteren Gebieten Flügclaltäre , Gesangbücher mit Miniatu- ren, Gemälde überliaupt, Tafelbilder, gothische Monstranzen und schliesslich noch Schnitzwerke ühcrliaupt. Alles diess zu geben.

geht jedoch weit über die eigentliche Bestimmung solcher archäolo- gischer Karten hinaus und es tritt damit an die Stelle der Übersicht- lichkeit eines gesonderten Gebietes, eben nur das Gefühl der Unklarheit einer grossen Masse.

Wir haben uns veranlasst gesehen, auf alle diese Gebrechen näher hinzuweisen, um ähnliche Versuche, die vielleicht in der Folge auftauchen, auf richtigere Wege zu leiten, und bedauern nur, dass wir dem verdienstlichen Verfasser, welcher für die Kunstgeschichte seines lleinratlislandes in anerkennenswc] liier Weise thälig ist, mit keinem günstigeren ürtheile über diese sonst mit grossem Kleisse und in geschmackvoller Weise gearbeitete Karte hegegncn^konnten.

G. II.

Unter dem Titel: ,,Dic vorzüglichsten U üslu ngc n u n d Wa ffen der k. k. A mbra s er Sajn m 1 u ng", in (Jri'4:inal-l'hotogra- (ihien von Andr. (Irull und mit historischem uml beschreibeinlem Texte von Dr. Kd. Frelh. v. Sacken, kündigt die k. k. Ilofhuch- handlung Willi. Braumüller in Wien das Krselieinen eines sehr interessanten Werkes an, das als ein wichtiger Theil der Cultur- geschichte, Kriegswissenscliaft und Traehtenkunde für den Künstler und Geschiehlsforscher ebenso nothwcuilig als für den Kunst- und Altcrthumsfreund anziehend und belehrend zu werden verspricht, und wozu wohl keine ähidiche Sammlung iler Welt als die k. k. Am- braser Sammlung einen so reichhaltigen Stoff bietet. Das Werk wird aus 130 Original-I'hotographicn und circa '.i'i Bogen Text besleben, welcher letztere von allen darijestellten l'ersönliehkeilen eine Lebetis- und Cliiirakterskizze sowie eine Krklärung des Gebrauchs der Itüslun- geii und Waffen, ihrer künstleriselien und geschichtlichen Bedeutung enthalten und auch den historischen ICntHickelungsgang berücksich- tigen wird. Das Werk erseheint in 10 monatlichen Lieferungen, deren jede 8 Tafeln l'hotograi)hien und 2 Bogen Text enihallen wird und im Subscriplionspreise 7 II. 30 kr. Thir.j kostet. Die letzte Liefe- rung wird 10 Tafeln mit Text und l'itcl, sowie ein Vcrzeichniss der Prä numera Uten bringen.

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seine Uingebiiiifj. Hisforiscli-iireliüolofrisclie Beselircibun"; von Anl. Norb. Vlusak. 4. Die Gemeinden im siidlicben lioluncn bis zum Jahre 1300. Zusammengestellt von Dr. Herni. Jireeek. ">. Der Besuch am Rip, von K. V. Zap. 6. Beschreibungen iiml Abbil- ilungen böhniiselier ^lünzen , von V. Hanka (von Herzog Boleslav II. vom JaiireOG? 999. HerzoginEmina, desHoleslavGattin. Boleslavll'. 999—1003. Herzogin Vlailivoj lOO'i— lOO:! ). 7. Beriebt der archäo- logischen Gcsellsebaft des bohmisehen iMuseums. 8. Literarisches Repertorium. .'in Abbildungen bringt dieses Heft: das romanische Portal der Kirche zu Hrusic, welches im Jahre 18j3 durch den Blitz stark heschiidigt wurde; eine romanisclie Säule in der Capitcl- halle des Klosters zu Osseg. wozu der Text im niiehslen Hefte gelie- fert werden wird, und böhmische Münzen aus der Zeit der Herzoge Boleslav IL und HL und der Herzogin Vladivoj.

Die I. und 2. Lieferung der von Dr. Ernesto Serge nt gear- beiteten iMonographie, beutelt: 11 Duomo di Milano ilhistrato e corredato di un testo storico c descrittivo con cento tavole circa, incise en Ranie (In Mailand bei Picfro e Giuseppe Vallardi , 1850, gr. Fol.) ist bereits erschienen. Die i. Liei'eruiig enthalt die süd- westliche pcrspectivisehe Ansicht der Kirche, den Grundriss , eine obere .\nsieht der steinernen Daclibedecknng, eine Ansicht des oberen Theiles des westlichen (iiebels, ein Fenster der Seite und eine Fiale des Baumeisters Pe st ag a I li. Die '.J.Lieferung bi-ingt eine Haupt- ansiclit des Innern, vom westlichen Eingange, eine Seitenansicht des Innern, ein Haupifenster hinter dem Chore mit dem Denkmale des b. Carolus Boromiius.

Aufsätzen enthalt das Hefl : 1. Mittelalterliche Glocken in Merseburg. 2. Steiiibecken zu Coiiselilz. 3. Schnilzwerke zu Tammendorf. 4. Stein- metzzeiclien zu Halle und Merseburg, ö. Melanehthon als Zeich- ner. 6. Über das von Alhrecht Dürer für die Deutschen in Venedig gemalte .\ltarblatt, welches sieh jetzt in Prag befindet. 7. Zur Er- klärung der „Duo ligna" in den Händen der AVilwc Sarcpta ; unter der Rubrik .,Erhaltung und Zerstörung der Denkmäler" Notizen über die in Preussen in jüngster Zeit vorgekommenen Leistungen zur Erhaltung mittelalterlicher Bauwerke und eine literarische Anzeige über Baron von Roisin's Abhandlung: die sogenannten römischen Bäder zu Triir als Vorbild der Chor- und Kreuzwoehenanlage der Kirche St. Maria im (,'apitol zu Cüln. .\usser den genannten Stahlstichen sind dem Texte noch 7 Holzschnitte beigegeben. Das dritte Heft enthält einen Aufsatz von G. F. Waagen: „Über byzantinische .Mi- niaturen." Von Fr. V. Quast eine Abhandlung über die „Statue Kai- ser Otto's des Grossen zu Magdeburg" (mit 3 Stahlstichen) und den Schluss von dem Aufsatze desselben Verfassers: „Nochmals Mainz, Speier, Worms." .\n kleineren Aufsätzen bringt dieses Heft : L Über die Dome zu Mainz und Speier. 2. Premontre. 3. Die Kirche der Abtei Camp. 4. Die Heiligen-Statuetten an der Kanzel des Doms zu Merseburg. In Bezug auf Erhaltung und Zerstörung der Baudenk- male: Notizen über das Rathhaus zu Aachen, den Dom zu Frankfurt am Main, die Kirche zu Kecken, das Rathhaus zu Wesel, die Schloss- ruine Obrick, dieBartholomiius-Capelle zu Paderborn und den Dom zu Halberstadt. Den Sehluss bildet eine literarische Anzeige über F o rc h- hammer: „Reinheit der Baukunst" etc. Hamburg ISiiü. Dem Texte sind ö Holzschnitte beigegeben.

Das dem S. und 9. Hefte des Jahrganges 18ö(> beigegebene Notizenblatt der in Wien erscheinenden „Allgemeinen Bauzeitung" des Prof. L. Förster, welches s]ieciell auf archäologische Interessen Rücksicht nimmt, bringt folgende Aufsätze: i. Ein Besuch in der Omar-Moschee in Jerusalem. Aus dem Berichte des Herrn L. de Castelnau an den französischen Cultusniinister. 2. Dar- stellungen der verschiedenen Lrsaehen, welche die sjiontanen Ver- witterungen der Monumente veranlassen, und über die .Mittel dagegen, durch die Siliealisation oder Kinführnng von Kieselsäure in die Poren der Steine nach dem Verfahren von Rochas. 3. Eine englische Meierei. 4. Zur Lebensgesehichte Bernini's. Ein Bei- trag zur Kunstgeschichte seiner Zeit.

Die Nunnner 23 des „Organs für christliche Kunst", herausge- geben und redigirt von H. Baudri in Cöln, bringt unter anderen Aufsätzen den 2. Artikel über die Kunstzuslände in Spanien; die Fortsetzung der Aufsätze: „Über einige mittelallerliclie Kirchen in den Niederlanden" und „die Verhandlung des Dombauvereines zu Cöln", über die von dem Baumeister vorgenommene Veränderung des Grundrisses bei dem Baue des nördlichen Thurmes des Cölner Domes.

Von der „Zeitschrift für christliche Archäologie und Kunst", herausgegeben von F. v. Quast und H. Otte (Leipzig T. 0. Weigel). ist das 2. und 3. Heft erschienen. Das zweite Heft enthält den Scbluss des Aufsatzes von Dr. Wa t tenba eh über die „Congregation der Scboltenklöster in Deutschland." Fr. v. Quast beleuchtet in einem .'\ufsatzc: „Nochmals Mainz, Speier, Worms" neuerdings die vielfach erörterte Untersuchung über die Erbauungs- zeit dieser Dome; H. Otte besehreibt den „Kelch der Kirche zu Werben in der Altmark" (mit 1 StahlstieheJ, dessen Anfertigung in das XH. oder den Anfang des XIII. Jubrliunderts fallen soll. Von demselben Verfasser rührt auch die Beselireibung der „Kanzel in dem Dom zu Merseburg" (mit 2 Sfahlsticben) und eine damit verbundene archäologische Abhandlung über den Predigtstidil her. An kleineren

Im Verlage von Hugo Scheibe in G o tba ist von dem I.Bande des schon angekündigten Werkes „Marei Vit ru vii Pollinnis de Archi- tectura libri decem" die i. Abtheilung in lateinischer und deutscher Sprache erschienen. (Preis 2 Tlilr.J Von F. Sebweilzcr's „Mitlheilungen aus dem Gebiete der Numismatik und Archäologie" ist die dritte Decade ausgegeben worden. (Preis 1 Thlr. 12 Ngr.) Von J. Gf. Abr Fre nzel erschien eine Monographie über die „Kanzel in der Domkirche zu Freihurg." Mit 1 Kupfertafel. (Preis 1 Thlr. Ngr.) Bei Jlatz in Bonn sind die ersten 2 Bände eines M'er- kes: „Die Künste des Mittelalters", jeder Band mit 0 Steintafeln in Ton- und Farbendruck versehen, angekündigt. Von F. W. II. \\' i t- hoffs „Archiv für Niedersachsens Kunstgeschichte" ist in Hanno- ver die i. Lieferung der 3. Abtii. ..Millelalterliche Kunstwerke in Goslar" erschienen. (Preis 2 Thlr.)

Die Verlagsbuchhandlung von J. L. Lotzbeek in Nürnberg hat unter dem Titel „Bild w e r k e a u s d e in M i 1 1 e 1 a 1 1 e r" das Erschei- nen einer Sammlung auserwählter Seulpturen im „byzantinischen" und „deutschen" Styl nach den Original-tiypsabgüssen der Herren C. W. PMeischniann und L. Rotemundt im .Maximilians-Museum zu Nürnberg angekündigt und auch vor Kurzem das erste Heft erscheinen lassen. Die Subscription ist vorläufig auf 6 Hefte beschränkt, deren jedes 3 radirte Blätter in Gross-Folio mit wissen- schaftlichem Texte in gleichem Formale enthalten wird. Zeiebnnng und Stich besorgt J. P. Walther, den erläuternden Text Dr. G. W. K. Lo ebner. Das bereits erschienene I. Heft enthält: l. Innere Ansieht des Portals der Frauenkirch e zu Nürnberg IS.'iö— Ol. von Schonhnver. zugleich Titelblatt. 2. Pictas Johannes

Magdal cna, drei llolzbildwerke in der Jakobskirehe zu Nürn- berg aus dem XV. Jahrhundert, von unbekannten .Meislern. 3. Maria mit d e ni C h r i s t u s k i n d e, Hochbilder des P e r g e n s t o r f e r'sclien Grabmals in der Frauenkirche zu Nürnberg (1499), von Adam K r a f f t.

Für die demnächst erschoinenden llefle sind in Aussiebt: Das Abendmahl. Der ühlberg. D i e Ge fa n gen n e bmu n g. drei Hochbilder in Stein, von A. Kraffl, in der Sebalduskirche zu Nürnberg. Portrail ile s M ar kgra f en Fr iedrich . in Stein.

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in der Kirche des Kloster Heilsbronn. S a r k o p h -.i <^ der AI ;i r k- gräfin Ann a. in Stein, ebend;iselbst. Kine k I u s e und eine tliörich te Jungfra u, uneinem Portal derSebalduskirche zn Nürn- bcrff. Zwei ritterliche Fiffuren, in der Kirche zn Kloster Heils- bronn, von unbekannten Meistern. Liidwij; der liayer. in Stein, im grossen Ratbbaussaale zu Nürnberfj, 1323. unbek. Mstr. Das Pergenstorfe r' sehe Grabmal, in Stein, von A. Krafft, in der Frauenkirche zu Nürnberg. Zwei sehr schöne Schluss- steine, in der Kirche zu Kloster Heilsbronn. Der Subscriptionsprcis eines Heftes ist 2 fl.

Das September- und October-Heft von Didron's ..Annales a rc ii e olo f;i<]u e s" (Tome seizienie ö. Libr. Paris, Libraire de V. DidronJ enthalten: 1. Die Abbildung: des im byzantinischen Style gearbeiteten H eliquiens ch r e ines des Abbe Begon aus der Schatzkammer von C o n q u e s , beschrieben von Alfred D a r c e 1, welcher als ein Werk der ersten Jahre des XII. Jahr- hunderts bezeichnet wird. 2. Die Beschreibung der in Holzmosaik ausgeführten Chorstühle in der städtischen Capcllc zu Sienne aus dem XIV. Jahrhundert, von Didron, mit zwei .Abbildungen der Darstellungen auf einem der Chorstühle im Holzschnitte. 3. Die Einleitung zu einem Aufsatze über die C ivil-Arch itect ur des Mittelalters, von F. v. Verneille, welcher speciell die Monumente zu öffentlichen Zwecken in Betracht zieht und vorläufig die Frage über die Bedeutung der öffentlichen Arbeiten im Mittelalter erörtert. 4. Einen Beitrag zur kirchlichen Harmonie im Mittelalter ausAnlass eines Manuscriptes zu dem Anfange des XHI. Jahrhunderts, betitelt: „Conductus subdiaconi ad Epistolam". von E. v. Cousse- maker. Unter der Rubrik „Neues" wird wieder eine Lanze für den Ursprung und die Nationalität des gothischen Styles in F'rank- reich eingelegt, und die Abbildung eines aus dem XII. Jahrhundert herröhrenden Email-Kreuzes der Sammlung des Herrn Abbe Te- xi er angehörig verölVcntlicht. Eine reiehhaltige Bibliographie der neuesten Erscheinungen auf dem Ocbiete der .Archäologie beschlicsst diese Lieferung.

Von den CfClehrlen deRoziere und Chatel ist in Paris (bei .A.Durand) das Erscheinen einer „Table des .Mcmoires de lAcademie des Inscriptions et helles lettres et de l'Academie des sciencos morales et poütiques" angekündigt. Die erste der beiden Sammlungen zählt bis jetzt 70 Bände, die zweite i4 Bände und beide gelten als eine Fund- grube ausgezeichnelcr .Memoiren von französischen Gelehrten ersten Ranges. Bei der Herausgabe der Memoiren wurde aber bisher keine andere Eintheilung beobachtet als die chronologische ihres Erscheinens, daher eine Übersicht des reichhaltigen Stoffes sehr schwierig und ermüdend war. Die Herausgeber des gegenwärtigen Werkes haben nun versucht, denselben systematisch zu ordnen und mit Nachsehlage- notizen zu versehen, so dass erst durch diese .Arbeit der Schlüssel zu der ganzen umfassenden Sammlung gegeben ist. Insbesonders reich soll hiebci die Archäologie vertreten sein.

Der Abbe J. B.E. Pascal, Verfasser der „Origines et raison de la liturgie catholique" hat in Paris ein neues Werk und zwar unter folgendem Titel erscheinen lassen: „Institutions de 1' art chreticn pour rintelligence et rexccution des sujets rcligieux; ou documents

puisi's aux sources de l'Ecriture-Sainte , de la Iradition catholique, des legendes et des attributs, sous le point de vue de la peinture, de la sculpture et de la gravure; avec un traite archeologique et pra- tique sur 1' architecture, 1' ornamenlation et 1' ameublement des egliscs" (eliez .And)r. Brav, 2 Vol. 10 Francs). Der Verfasser beab- siehtigl damit einerseits den Künstlern in der Zusammenstellung ihrer Werke zum Führer zu dienen , andererseits den der Wissenschaft fremden Personen eine angenehme Leetüre zu geben. Das ganze Werk zerfällt in ü Theile: der erste Theil gibt Andeutungen über die Malerei, Sculptur und die Gravirkunst, deren Ursprung und P'ort- schritte; der zweite umfasst den Fest-Cyklus Christi von dessen Ge- burt bis zu dem letzten Ereignisse; der dritte gibt den Cyklus der Marienfeste, der vierte den Fest-Cyklus der berühmtesten Heiligen, nach Monaten geordnet, und der fünfte als -Anhang behandelt die .Arehifectur religiöser Gebäude, ihrer verschiedenen Formen und deren inneren Einrichtung.

VonEr nest F cydea u sind die ersten Lieferungen eines interes- santen Werkes, betitelt: „Histoire des usages funebres et des sepul- turcs des peuples anciens, avec planches et plans executes sous la direction de .M. Alfred Feydeau, arehitecte de la ville de Paris" ver- öffentlicht worden. Dasselbe erscheint unter den Auspicien des französischen Ministers des öffentlichen Unterrichts und wird 2 Bände Text in Quart mit 130 Holzschnitten und einen .Atlas von 10 KupIVr- stichen und Farbendrücken (Preis 80 Francs) umfassen. Das Werk enthält die Geschichte der Leichengebräuehe und Grabstätten bei den Ägyptern, Assyriern, Persern, Hebräern, Cyrern, Phöniziern, Char- tagern, Trojanern, Lydiern, Phrygiern, Lyceern, Griechen, Etruskern, Römern und den Barbaren, und gibt vielleicht die .Anregung zu einer ähnlichen (lesehichte bei den modernen Völkern, worüber bis jetzt noch kein grösseres Werk besteht.

Zu den bemerkenswcrthen Erscheinungen der jüngsten Zeit auf dem Gebiete der .Archäologie und Kunst in Frankreich .sind noch zurechnen: Willemain: „Monumenis franfais inedits" nach Zeichnungen von .Andre Pottier, welche jetzt in Lieferungen erscheinen. (Preis .">00 Fr.) Paul Laeroix gibt eine „Revue universelle des arts" heraus, die in monatlichen Lieferungen erscheint und sich vorzugsweise mit mittclalferlicher Kunst beschäftigt. Von Monsign. Malou, Bi- schof von Bruges, erschien eine Broschüre: leonographiede rimmaculee Conception de la trcs sainte vierge Marie ou de la meilleure manicre de representer cc mystcre." P. Garucci hat nach der einzigen Handschrift, die im Besitze des Grafen de l'Escalopier in Paris sich befindet, die Hagioglypta : „sive ]iicturae et sculpturae sacrae anti- quiores praesertim qiiae Romae reperiunlur, explicatae a Johanne I' Heureux." (8. XH und 2j6 mit 40 Holzschnitten, Preis li Fr.) her- ausgegeben. — In Strassburg erschien: „Le symbolisme de la cathe- drale de Strassbourg" par TAbbe Straub. Ausser dem in Brüssel erscheinenden grossen Werke von Levy: „Histoire de la peinture sur verrc en Europe" erschien die Fortsetzung der „('alques des vitraux peints de la cathedrale de Mons" par Hucher," dann „Notice sur les vitraux de la chapelle Notrc Dame-des-Roses ä l'eglise Saint Sevrin de Bordeaux" par Mr. l'abbe Notibois. In Paris wird jetzt auch eine „luiitalion de Jesus-Christ" durch 400 der schönsten Miniaturen aus den kostbarsten französischen und fremden Handschriften vom VIII. bis XVII. Jahrhunderf illustrirl ausgegeben.

Aus der k. k. tlof- und Staatsdruckerei in Wien.

Jeden Monut erscheint 1 Heft mit miuileslena 3 Druckbogen und mit

Ahbil<lnn[^en. Der Pi*äiiuiiieiMtionsprei8 ist für einen Jalirgang oder iwolf Hefte nebst Rt'ijister sowohl für Wien atsflie Kruiiländer iinil das Austaii«) 4 II. C. M., bei portofreier Zuseuilnog in die Krunliinder der österr. -Monarchie \ f\. 2U kr. CM.

MITTHEILUNGEN

DER K. K. CEMKAL-COMMISSION

Pränameratio neo überncb- mea halb- odtr gaoKJähri^; allek.k. Poslämler der Monarchie, u-elche auch die portofreie ZoseoduDg' der eiaselnen Hefte besarfea. Im We;,'e deb Buch- handeJB «iad aUe PrjDiimerationeD und zwar nur zu dem Preia^ too 4 II. an den k. k. HofbuehhäDdler W. Uraumiilirr >n Wieo tu richteo.

ZUR EPIlSOIllIG 11 EIÜIALTIE DER B\ll)E!Kll\LE.

lleraiisi^oitebcii unter der Leiluiig des k. k. Seclions-Cliefs und Präses der k. k. [enlral-Coniniission Karl Freilicmi v. Czoerniir.

Redaeteur: K a r 1 "tt e i s s.

N^- 2.

IL Jahrgang.

Feliniiir 1857.

Inlialt: Zur Baugeschichte der Kirche Maria am Gestade in Wien. Die romanisclie Kirche zu Lebony (Leiden) in Ungarn. Die Truchsesso vnn Emerberg. Die Stiftsliirchen zu Griffen und Oberndoif in Kürnthen. Über einige Bau- und Kunst- werke in Oberösterreich. Über die neuesten Ausgrabungen zu Gross-I'iiolii^dn. l'anuitliv arcliaeologieiie a niestopisne. Literarische Anzeigen.

Zur Bangeschichte der Kirche Maria am Gestade in Wien.

Von Joseph Feil. (Fortselzaii^.)

Als der herzogliche Hofmeister Johann von Liech- tenstein wegen eines, noch nicht völlig aufgehellten Verge- hens zu Eiule des Jahres 1394 jilijtzlich seiner Würden entsetzt und durch Schiedsspruch vom (>. Fehruar 1305 mit dem Verluste der Freiheit und des hei weitem grössten Theiles seines reichen Güterhesitzes in (tsterreich hestraft wurde, fielen auch dessen Hiiuser in und vor der Stadt Wien ') dem herzoglichen Fiscus anheim , so namentlich auch das grosse Liechtenstein"sehe Haus nächst der Kirche zu Maria am Gestade.

•) Kurz: Alhrecht tu. , II, 301. Die bisher ausführlichste und g;rüiiillicliste DarsteUunp^ jenes überraschenden Vorganges hat Li chno w s li y"s Ge«c/i. des H. tHabshuni IV, 269—273 geliel'ert. Herzog AU)recht IV., welcher sieb unterm lä. .luni 1398 ausdrücklich als voi/t vnd her des Ca[)laiis an dieser Capelle, so wie natnenUieh der vom gewesenen Wiener lliirgermeister Miehel dem Getckrumacr in derselben Ca- pelle gestifteten ewigen Messe, erklärte, um sie gegen Gewalt und Unrecht zu vo</ten vnd scltirmcn [Moii. B. 30, b, 477 478), gab laut Urkunde vom 22. März (nicht .Mai) 1402 seiner liemaljlin .lolianna zu Leibgeding: vnser /luiis nflcj/en hi'y vnserer Frawn Kapellen (wf der Stetten hie ze Wien», das V 0 rmaln H anse n von Liechtenstein des alten Hofmaister ist gewesen; nach deren Tod soll es aber wieder an den Herzog und seine Erben zurückfallen. (Ilormayr: Wien, II. U. B. 87). Da hier das Bethaus Maria am Gestade, ungeachtet es bereits früher als ecclesin bezeichnet erscheint, dennoch Capelle genannt wird, so zeigt sich, dass die bei strengerer Sonderung sicli crgidiendcn Unterschiede zwischen Capelle und Kirche im diplomatischen (iebrauche damals eben nicht "-e- liiulig waren. In einer Urkunde des Wiener Stadtarchives vom 19. Nov. 1397, laut deren Niclas der Grinzinger von Nussdorf in diese Marien- capelle eine ewige Messe stiftete , heisst es wieder: der (Kaplan soll einem iyU'iehen p harr er dacz vnser vratvH i/ehorsam vnd vnder- tenlfi sein uls ander Cupetlen duselliens.

IL

Als aber im J. 1394 der Grundstein zum neuen Baue an der Mariencapelle gelegt wurde, war Johann von Liechten- stein noch im vollen Glänze seines Ansehens und Reichthiims. Da er Patron der Kirche gewesen ist, die er, wie erwähnt, zu einem Tum erlieheii wollte, so unterliegt es keinem Zweifel , dass dieser Bau noch durch ihn unternommen worden ist. An eine Fortsetzung des begonnenen Werkes durch das Haus Liechtenstein, als früheren l'afron der Kirche '), war nach den erlittenen grossen (liilerveriusten

') In der erwähnten Urkunde vom 29. Novcjuher 1391 (.Moii. boica .30, h.) bemerkt .lohanu von Liechtenstein (S. 413—414) ausdrücklich, dass die Cappelle'vnsei-er frmrn anf der Stellen ze tvienn von mir (J. v. Liechteuslein ) mein lilitng vnd darnach ron meinen zivain pruedem Hertneiden vnd Jürgen vnd vnseren leihserhen zelehen ist, Vnd wann wir vnd vnsere lelherhen nicht mer sein darnach alheq von dem eltisten von li ec hten st ain «e Ichen sein schol. Fast seheint aber mit der wider den gewesenen herzoglichen llofjncislcr verbänglen Gütereouliscation, namenllich mit der Eniziehung der Liech- tensteinischen llanser in Wien, auch der Verlust des l'atronatsrcchles über die .Mariastiegen-Kirehe für das ganze Haus Liechtenstein verbun- den gewesen zu sein. Denn als der I'assauer Bischof die erledigte l'farre zu Altlichtenwnrth, in Folge des bereits erwähnten mit Jobann von Liechtenstein eingegangenen Tausches, verleiben wollte , halten, laut Urkunde vom 2. Mai 1409, der herzogliehe Hofmeister Heinrich von Liechtenstein, sein Bruder und seine Vettern dagegen Einsprache erhoben und sprachen die Lehenschafl (l'atronatsrecht) über die .\lt- lichlenwarlher Kirche als ihr ritterliches Krbe an; denn es hätten der lienant Ilufmaisler vnd sein Brüder Ir Vettern nicht macht nach gewtttt gehabt dieselben Lehenschaft vherzegehen (Mon. boica :jl, b, 82), welche, wenn auch von den Herzogen Leopold IV. und Ernst nicht anerkannte Einsprache gewiss nicht erhoben worden Ware, werni dem Hause Liechtenstein in dem Patronatsrechle über die Kirche zu .Maria - .Stiegen der Ersatz für die .Aufgebun"- des

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\iuii niilit iiirlii- zu ilriikcii. Dafür sciu'iut sich HiTzofj Albreelit III. mit seinen NachkommcMi vini mm au als i'ati'du tlt-r Kiri'lif /.u Maria -Stii'jii'ii Iti'traclilct zu luilnu. Ita er seiuf Kauuuur (lurcli die am (i. Fi'hruar X'S'.^ö vcrriigtc Kiu- zicluing zahl- uuil ertratjsreicher Lieehteiistein"scher Güter naiuhiift i)ereii-hert hatte , so hielt er es in seinem fronimen Sinne auch für Ge\visseMs|iflicht, sieli noch auf seinem Sterbebette der FortsetzuiiLt und Vollendinig des hei'eils 1394 begonnenen Neubaues an dieser Kirche zu versichern. In seiner letztwillii;eu .\uorduuni,', die. wenn auch nicht dutirt, doch nach dem Inhalte zu urtheilen gewiss kurz vor seinem am 2i). .4ugust 1393 erfolgten Ableben, wühreud der schweren Krankheit ahgefasst wurde, von der er zu Anfang desselben Monats befallen worden war, ist nändich iiislie- soudere fcdgeiide liestimmuug enthalten: Audi Hrlid/l'ci/ irir i/dz r/iser vcttwii nid vnscr Siiii diin piiir rast er f'ruwn Capelleu auf der Statten ze Wieiin vollbriu- gcii als das ist uHgehcbt '); nicht also: das wir haben angehebt, wie es gewiss lauten würde, wenn der Herzog selbst den Hau micii unternommen hätte. Die Herzoge Wilhelm und AIhrecht IV. erklärten sofort iu der wichtigen Euiigungsurkunde vom 22. November 1395 ddo. Hollenburg ausdrücklieh: Auch siiUen vnd tvellen wir das paw vn- ser f'rawn kirchcn auf der Stctten ze Wien/i rol- li ringen als das ist aufgehaben ungeuerleich-).

I)ass aber während des 1394 begumieiien Neubaues ein Theil des Kirchengebäudes in dem für gottesdienst- liche Verrichtungen geeigaetcn Stande noch aufrecht geblie- ben, also gewiss nicht etwa das ganze ältere Kirchengebäude iiiedergebrochen worden war, ist ebenfalls urkundlich erwiesen. Denn unterm 2. Oetober 1396 bekennt Ulrich von Wallsee, zur Capclle Zu Vnser rrnwen auf der Sfetfen ze Wienn vmb ain Eigs Selanipt alle wachen an dem Mon- tag und um eine Vigil an den vier Quatembern des Jahres u. s. w. 4 Pfund Geld auf seinem Hause, gelegen gegen dem Itathhaus rber das rormalu des bcnikein gewesen ist. gegeben zu haben 2).

Von dem erwäiinten Meister Michel rührt unzwei- lelliaft der Kutwin'f zu diesem Erweiterungsbaue her; allein

l'atrunalM'echles auf die I'farre Alt- l-iuchli-iiwarlh ffi-bliilna würe. In der TliHt fimleii wir auch vu» da iih z«ar ki'iiu' wcitcreD \ul'icMchiiurif;i'ii mehr, welche auf die Au.siiliuiig des l'atruiiatsreehtes über die Kirche zu .Maria-Stiegcii von Seite des Hauses Lieehleiisteiu hiudeuteii. Laut der im Wiener Stadt-Archive noch vorhandenen Verhandlungen erhöh späterhia der, wenige Jahre früher zum katholischen ülaulienshekennt- nisse zurückgekehrte, regierende KürstKarIv.Liechtenstein-Nieolshurg in den .lahron IfiDT und l(iü8 den Antrag auf liücklausch des l'atronals- rechles auf die Kirche zu .Maria-Stiegen gegen Abtretung des l"atronat,s auf Alt-Lichlcnwarth bei dem l'assauer Itiscbnfe Erzherzog Leopold, «eil in dieser , wie er «agle, von seinen Voreltern gesliftelen und erhauten Kirche, wo sie his zur Zeit des Ausbruches der filauben.s.s|>al- tung ihr Itegriibnis hatten, auch er und seine Nachkommen um liebsten ihre Grabstätte wählen möchten. Allein sein Ansinnen blieb ohne Krfnlp.

») P.auch: Script. Rcr. Auslr. \\\. WJ.

'') Eben daselbst 412.

») Kot. Blatt f. Kunde österr. Gesch. Quellen. I. 3Su

volleiulet wurde der lian unter seiner unmittelbaren Leitung gewiss nicht: deau am 22. Deta'inber 1403, also zu einer Zeit wo derselbe noch am Ijobeii war'), wird bereits Conrad der Hampersdo rfer ausdrücklich als Haumei- ster des neuen Baues an der Frauencapelle auf der Stetten genannt'-), ohne Zweifel tierselbe Kunz (Con- rad) Hampersdorfer. welciier am 11. Juli 1 40S mit dem Hürgermeisler Conrad \'orlauf und dem Hathsinauii Johann Hock, im traurigen Hruderzwiste zwischen den Her- zogen Ernst und Leu[iüld, ein ()|)fer seiner Treue für den rechtmässigen Erbherni dem Schwerte lies Nachrichters (ieM). Nach Hampersdorfer's blutigem Au.sgange, wenig- stens noch im Jahre 1417 (IXIA) wird Dietreich Etzen- f eider, dieezeit P(iw meist er vnscrFriiwnCapell auf der Stetten zu Wien genannt. *)

Der Hau scheint jedenfalls langsamer fortgeschritten zu sein, als Herzog .\lbrecht Hl. (-[- 139ö) noch auf seinem Todenbette gewünscht, und die Herzoge Wilhelm (-[■ 1406) und AIhrecht IV. (-j- 1404) zugesichert hatten.

Auf die allmähliche Vollendung der neuen Bauführung deuten aber die wieder vorkonunenden Legate für die Glas- gemälde in die Fensterräume hin. Ein solches setzte der Wiener Bürger Christian Kendler in seinem Testamente vom Jahre 1412 aus: item ich scha/f zu rnser frawen auf der Stetten. i/at man ein glas sol maeben vnd mein

') 1406 erscheint niinilich Michel der Weinburm noch als Hausbesitzer in dei' Joliannesgassc, 141h war er aber gewiss schon verstorben ( 1" c i I in den Itcr. und Mitlheiluntien des Wiener Alterthums- Ver. 1, •i'.ri).

■-■) Das Wiener Stadt- Geschäften- (Testamenten-) Huch I, i;>l) enthält nämlich zum Jahi'e 1403 folgende .\uf/.eicbnuiig : des nächsten Samhs^ iaijs vor dem hetjliijn iveinitchltaif (22. I)ec.) kam für den Hat C hunrat der Harn p er sdo rff: die zcyt des (äussern) Hals der Stat sc wienn vnd Puwmaist : des new en p atv es v nss : Fruwn Kappeln auf der Stettn ce wienn vnd hat da vor iilJ'em rat bechunt das In Fraic Ann Vlreichs seligen des p reit'feld: witib alles das gar vnd genczleich verrichtet vnd bezalt hat vnd ausgegebn hat , es sey vit oder wenig, chtayn od- gross das der vorgenant Ir irirt se de egeu paiv geschafft hat vnd hat auch sev vnd Ir erbu für sich ivirf für all sein nach- komme die desselben paws nach Im pawmaist: wer- denl alles das daz der cgenunt vlreych p regt' fei der SM demselben paw geschafft (vermacht) hat, vor dem Hat ledig vnd los gesagt vor all' ansprach mit erkunt dicz gegenwur- iign puchs. (.\ach dem (triginale.) Fast scheint es hiernach, doss Ulrich der lireitenfelder selbst eine Zeit hnig Itaumeisler dieses neuen Baues war.

■*) Eben dorfer bei l'ez SS. II, S3ä, der den Hampersdorfer als: Vir canus utroque capite corporis et mentis bezeichnet. Die Grabsehrifl der drei Hingerichteten «m Hoden nächst dem herrlichen Grabnionu- mcnte Kaiser Friedrichs IV. im St. Stephansmünster Wiens, lindet sieh in Tsehischkas Hletr. K. zu St. Steph. in Wien. lS4:i, lo.i.

■*) Im lluche der Käufe C (Fol. 207). welches sammt den übrigen Ge- währ-Satz-Kiiufe- und Grundbüchern vom Wiener .Magistrale gelegcn- beiliich der neuen Organisirung der Gerichlsbeliörden an das Grund- bucbsanit des Wiener I.andesgeriehtes abgegeben worden , seitdem aber verloren gegangen ist. Die obige Anführung v. .1. 1417 konnte daher nicht nach dem Originale, sondern nach einer Aufzeichnung im bandschriftlichen Nachlasse des (Icissigen Forschers um die Vorzeil Wicn's . J. Schlager, mitgclheill werden.

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zeichen ilarei/i, duz mtin aiiirii mcvliehtuin vher mein Grub sol kaufen ; woraus gefolcfort wenlon möchte, dass wenigstens tler Hau des Langhauses zu jener Zeit be- reits der Volleiuhing nahe war. Noch 1427 im Testamente des Hitters Weiivliard Siiicz|ierger ijiinunt ein iihnliehes Legat vor, nämlich er schafft, thif! sein Schwif/ei-son ain G/ass machen lass zu rnser lieben Fraw hie auf der Stetteti, vnd darein jjemult die lieben Herrn Sand Erasem vnd Sand Sebastian vnd Fabian vnd vnden meine Haus fraw 71 vnd mich vnd vnscr beider Schilf darzK (jesact ^). Schade, dass diese (ilasgemäi(h^ unn nicht mehr vorir.indeu sind, um mit Sicherheit zu erkeinieu, an welchem , danrals also gewiss l)ereits ausgeführten Theile des Kircliengehiiudes dieselhen angebracht wurden.

Wenn alle Verhaltnisse zusammengefasst werden, so ergibt sich, dass der neue Bau der Veriäugcrung des Lang- hauses im Jaliro 1394 begonnen und ungclaln' zwischen den Jahren 1412 1427 zu Staude gebracht wurde, und das.s sich vielleicht die 1417 vorkommende IJetheiligung des Bau- meisters Etzenf eider etwa zumeist auf den Aufbau des Thurmes beschränkt Iiabe. Leider ist bis Jetzt über die Zeit der Vollendinig des letzteren noch kein probehältiges Datum zum Vorschein gekonmien; denn die in jüngster Zeit vor- gebrachte Anführung, dass der Thurni 1437 ausgebaut wor- den sei, beruht, wie weiter unten angefidirt wird, auf einem olfenbaren Irrthum. Wenn vielleicht schon die erwähnten Legate zur Beischatfung von Glasgemälden für die Marien- capelle 1412 1427 zu Gunsten unserer Annahme über die Zeit der Vollendung des 1304 angefangenen Baues des erwei- terten Laughauses sprechen miichte, so könnten etwa auch folgende Stiftungen darauf bezogen werden. Der Verweser und Caplan dieser Capelle, Andre von Grillenberg, an wel- chem Orte er vordem Pfarrer gewesen, hat in diese Capelle 1411 ein Frühamt zu Ehren der heiligen Dreifaltigkeit gestiftet-), und in einer Urkunde vom 23. Februar

') Sclilasur Wiener Skizzen V, 417— 4 IS. 4'il.

2) Andre, ('hmheir des Doms iiiiil iler/.eit OfTieial des Hofes /.u l'.issiiu. Pfarrer zu Crillenherg- , dann Verweser und l'a|il.iii tuiser Frmpn Kappelten auf der Stellen hie ze Wienn, hatte in diesellie Capelle ein Amt ran der heiHj/en driunltifikait all lai/ zu Primzeit ze sint/en gestiftel, und /.nv volprint/unfi sötirlis i/ntsdienstes mehrere aus seinem Eij^enthume angekaufte Güter gewidmet. Ilerzos Allireelit IV. als Lande.sl'iirst heslätigle diese Stiftung- unterm 10. August 1411 uielil nur, sonilern gab auch, damit dieselh Slifft dester heleibleiciter sei, zu seinem , dann zu seiner Vorfahren und Naehkommeii Seelenheil. dazu die Gemee/i in dem Stokeli, die etttvenn zu dem Ph arr- ha f derselben Kappellen (/ehuret hahent, mit dem garten, al.i der vormals hei rietnsellien Pharrhof ist ijeji-esen vnd als diesel- hen Gemeeh daselhs herürent , zum bleilienden Nutzgenusse lies .je- weiligen Caplans und Verwesers dieser Capelle gegen dem. dass man täglich, u-enn man dasselli umpt sinr/ct. seiner Voi-fordei-n und iV.aeh- koumien mit ainem ofj'enn pet ijen dem volk audechtikteiek i/edenk. (Notiz. Bl. f. Kunde iislerr. Oesch. Quellen. III. :i04.) Derselbe Caplaji Amlre kaulte unterm 20. April 1412 zu demselben l'riiliamt der heiligen Dreifaltigkeit von den liriideru Hanns und Ulrich Würffel noch weitere Gülten und Güter zu Gumpendorf, worunter auch aiv Sttffran Garten erwähnt wird. (Man. holen. 31, b, 108 110.) Während nun hier stets von einem Krühamt der h. Dreifaltigkeit die

1414 ') wird eines ewigen Lichtes für da.* heilitj Chreirlz von luck '-) gedacht, zu dessen Beleuchtung weiland Nicias Rorklob hincz cnser frawn auf der Stetteti ze wienn 2 Pfund Bnrgrechfsgeld geschatft hatte -).

Und sonnt wären nach dem dermalinen Standpunkte der Forschung die Daten erschöpft, aus welchen für die ältere Baugeschichte unserer Kirche Folgerungen abgeleitet werden könnten. Was insbesondere unsere .\nuahme be- trifft, welche die Ausführung des noch vorhandenen hohen Chores, sammt dem in der Bananlage mit diesem überein- stiniiiienden oberen Theile des Langhauses, der zum .lahre 1303 urkundlich erwieseneu Haufilhruiig, deren Vollendung aber iler Zeit Herzog Budolph's IV. (1338— 13GÖ) zu- weiset, — die Erweiterung des Kircliengebäudes durch die

Rede ist . welches .\ndrt von Grillenhery in der Wiener Krauen- eapelli^ am Gestade gestiffet hatte, zeigt es nach einem anderen Docu- mente. dass .er eine ähnliche .Stiftung auch in ilem Passauer Dom gemacht habe; denn unterm 3. April 141.^ erklären sich der Dompropst Wenzel nnil das Dnmcapitel zu Passau verbindlich, die llistory der h ei li </ e n Trinalt i c h a i t die ihr korhruder her .\ndre von Grillenpery diezeil vjisers yenediyen herrn von Passate Offi- eial ze Wienn ifestij'l hat, auf vnserm Tum zu Passaw an naehslen montar/ vor ijotsleichnttmstuji lohleieh vnd hochczeitleieh mit aller tat/zeit (felütrtt vnd ander zuijehörunij als dann söthcr !/estifler histor i daselhs ij e w o n halt vnd s i t ist, Järleieh hef/een vnd aufrichten zu wollen für 2 Pfd. Wien. Pf. etcigs Gelts die ens oder vnserm Ohristen Kellner in Oesterreich ein tjeder Kapp- lan vn'Srer Prnrven Kuppelten ze Wienn J'irleiehen zu der vorhe- nanten h ;/ stör i vnd t a ij vnuerezoijenlich raiehen sol von dem ytit vnd holden zu G u m p p e n d o rff da cz Sa n d Gil i- yen, daz er vmh sein ait/en ijut von Hans und l'lrich Würfel gekauft hat (I. c 132 3). Die hier mehrmals erwähnte Historie derb. Dreifaltigkeit gehörte sofort unter .jene, auf der Pa.ssauer Synode 1437 erwähnten; hisloriae, quas Kathedralis Ecelesia Patuviensis e.r sinijulorum institutione ohservat, decantat ant solemniaat (H a ii s i i, Germ. Saer. 1, tiG4, b.), und dürfte hier das Wort historia im Sinne pro ipso festi officio genommen sein. ( D u c a n g e H e n s c h e I, Gloss. med. et inf. hat. III. ti72.) So wurden tür den Pa.ssauer Dom 1447 ain ewir/e Ht/stnri Placeho vnd i/edechtnis.'ie, unil 1473 drey ewiyhystorien vnd fünf Jertey vnd yedechtnu.ise yesliftet (Mon. hoica. 31, b. 3S4, .121)). Demnach müssen beiile Dreifaltigkeils- Stiftungen des .Vndreas von Grillenberg , nämlich jene für die .Marien- eapeili' und die für Passau , genau uulerschieden werden. Derselbe Andre von (irillenberg. Pa.ssauer Domherr und Olücial. obersler Caplan und Verweser der Kranencapelle in Wien, kaulte zu dieser t^apelle noch unterm li). .luni 141.'> weitere Güter und (lullen (I. c. 136 141J. Dass Andreas im Jahre 141.'! gestorben ist, bewies die Inschrift auf seinem Grabsteine, der einst in dieser Kirche vorhanden war. und von welchem weiter unten noch die Hetie sein wird. ^) Original auf Pergament im Wienei" Stadtarchiv.

-) Luck heisst eine SladI im damaligen Polen, heutzutage in Kussisch- Volhiuien gelegen. Sollte ilieses Kreuz etwa von dort hierher gelangt sein? Hei den damaligen Deziebungen des österreichischen zum jiolni- scIuMi Kürsteuhause wäre eine solche Annahme immerhin möglieh. Oder ist vielleicht das Kreuz vom bestandenen Prämonstratenser-Kloster liruek im Znainier Kreise hierher überlmgen worden; denn Kloster- hruck hiess im Lateinischen Lnca, mährisch Lanka (Scliwov: Top. V. Mähr. III. 2i(i. Woluy III. InO; vgl. auch .Archiv f. K. tht. G. Qnell. II, 14.) ') Kiuzelner Altäre in dieser Kirche geschieht in den Urkunden iles Wiener Stadtarchives öfter Erwähnung, so 13S0 des St. Andre- und .Magdalenen- Altars; 140'.). 1434. 1444 des St. Annen-Altars ; 1438—14.39, 1481 lies Hieronymus-Mtars, noch 1474 des bereits erwähnten Eilf- lausend .lungfranen-Allars u. s. \v.

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Verlrmgerung des Liiiislwuses Ins zur lunitigiNi Slii-iiscito in die Zeit von 1394 1427. endlich den Aiifliau des Tiinr- mes ins Knde des zweiten l)ecciiniunis des XV. .Iidirliun- derts verlegt , so kiinn nur eine einteilende siiclikundige Würdigung der Bauweisen an diesen, in keinem Fidle nacli einem genicinscliaftliclien Plane und gleielizeitig ausgeführ- ten Gebäudetlieileu jene .Annahme festigen oder entkräften. Der zur .\uflieUung der Baugeseliichte dieser Kirciie der- mal zu Gehote stellende pruhehältige StolV dürfte wolil zunächst nur zu den von uns vertretenen Folgerungen bereclitigcn. .Anderweitige .\nnalimen aber, welche etwa den 1394 begonnenen Neubau auf den dermaligen Chor bezieiien und den Bau des verlängerten Schilfes sammt dem Thurme einer spätem Zeit zuweisen möchten, würden aber den urkund- lich sichergestellten Beweis, dass im Jahre 13.t3 (s. u. S. 14) wirklieh ein Bau dieses Kirchengehäudes im Werke war, negiren, oder auf ein nun nicht mehr vorhandenes Gebäude beziehen müssen, und würden sofort schwerlich jene Klippen zu iimschillen vermiigeii, die solcher .Annahme nach den vorangeschickten gleichzeitigen Beweisstellen entgegentreten; denn es müsste dabei nothwendigerweise vom XiV. Jahrhunderte ab noch eine dritte Bauperiode unterschieden werden, für deren Aussonderung es aber an jedem urkundlichen llaltpunkte gebricht. Denn wollte der Bau von 13S3 nicht dem dermaligen Chore zuerkannt, sofort angenommen werden, aus jener Zeit sei dermal nichts mehr vorhanden, so dass die Grundsteinlegung vom Jahre 1394 auf den Bau des heutigen huheii Chores bezogen werden müsste , so hätten wir keinen einzigen urkundlichen Beweis für die Zeit der .Ausführung der. olVeiibar erst später vorge- nommenen Verlängerung des Langhauses zur Hand.

Die eben auch aufgetauchte Annahme, dass wohl gar der untere Theil des heutigen Langhauses, vom Thurme bis zur dermaligen Stirnseite, jünger sei als der Chor mit dem ilim zunächst liegenden Tbeile des SchilTes, bedarf aber bei dem zweifellosen älteren Gepräge in der Bauweise des letzleren Gebäudetheiles", schon von Standpunkte architekto- nischer Würdigung keiner Widerlegung.

Auf die Baugeschichte uns beschränkend, haben wir nur noch der wesentlichsten Beschädigungen, welche die Kirche im Laufe der Jahrhunderte erlitt, dann der A'ersuche zur Wiederherstellung und iimeren Ausstattung zu erwähnen.

Die auf dem Weihwasserkessel nächst der Sacristei eingehauene Jahrzahl 1 \90 (1490) und das Jahr lälS am steinernen Geländer des Musikchores liefern monumen- tale Beweise für die Zeit der .\usfülirung einiger neuerer Herstellungen.

Die hohe Lage der Kirche hart am Bande der Stadt- begränzung nach Norden hin, setzten sie während der bei- den Türkenbelagerungen zunächst den Zerstörungs-Ge- schossen der Barbaren aus. Namentlich hatte der Inxdiauf- strebende, die umliegenden Gebäude weit überragende Kirchthurm mit seiner zierlichen Blumenkronc wesentliche

Besehäiligungen erlitten, obgleich der Feind seine llaupt- annrilTe nicht von dieser Seite versucht hatte, wobei schon wegen des nahen Donauarmes und des steil ansteigenden Terrains begreiflich bei einer Belagerung aU iiieiit Operations- basis gewählt werden konnte. Während der ersten Türken- belagerung 1S29 befand sich in derUmgegend iinsererKirche das sechste Quartier Ernst's von Brandenstoin, und auf der Höhe nächst der Kirche waren einige Grübgeschütze auf- gefiilirt ')• Frst nach Verlauf einiger Jahre wurde zur Wiederherstellung des arg beschädigten Tiiiirnigehäudes geschiitten und die .Ausführung dem Steininctzmeister Be- nedict Kölb 1 übertragen, der die mühevolle .Arbeit in den Jahren lö34 153G zu Stande gebracht hat. Die hierauf bezüglichen Documente, welche sich im Wiener Stadtarchive helinden, theileu wir aber ebenso ihres bezeichnenden In- haltes wegen als insbesondere desswegen mit. weil in jüng- ster Zeit ein arges Versehen .Anlass gegeben hat 3), beide Documente dem Jalire 1437 zuzuweisen, und auf die Vollendung des ersten Baues dieses Thurmes zu beziehen.

Supplication Maistcr Beiiedictn Stainmessen.

Fiiralclilif/ Ilochiri'is f/i-iiiidific Herrn. Als Ich in (Ion 'J. Jar von Xicioxcn Spicshnmcr vhJ seiner Hausfrau mein Beliunsiuif/ crchaufft rnnd Er 300 P. P. zu Vnnser Frauen Klirr eh cn auf d' f/cstetten allliic scliidilit/ f/rirest. Ist mir das aiiiliiindcrf P. von E. ijn. (fCfjcn empfthunfi der ywer samlil dem Zins also satz- tveis auf zwai jar lieirilliyl rnnd vergint worden. In solcher mittler Zeit hat sich zu vnnser Frawen oln/emelt das (je fürlich vnnd schivär sorglich thurmb (jepeic zuetraycn, des ich mich auf heder herrn Stat Camerer vnd des Hern Schachtner Khirchmaister anlan- gen rnnd hegern rnd' wunden, wiewol anfennghhileh durch die beed : Stat KItamrer vnnd Khirchmaister mit mir vmb mein hesoldung uin Red beschehen aber nichts entlichs beschlos: leordeji. dann mir nit muglich zu wissen gewest was vnnd wie sich die sach in dem werch vnnd in was Zeit die Zuuolcnden sich zutragen wirt , derhalh lehe bis Zuuolendung ungestelt darauf nichs hegert noch bisher ainicherlay entpfangen. Solehaber drei Jar daran gear- bait vnnd als ain Maistcr St u y nmess Hanndwerch alle sorg schwärn lasst Muhe rnd arbait auf mich gcno men den getragen rnnd solch thurmb gepcw mit dem

') Vcrgl. die grosse Runilansichl Wims, liiSO zu .Nüiiibor;; iliiich II»ns Ml' I (I e nia IUI liermr-^'i'gcben, IS.'il «liiicli A. l'aiii es i ii:i in treuer Copie utiltelst Farltendruek uiedergegpjien. Sr>nderlnirer Weise ist dort das (leliiiude der Kirche zu Maria-Stiegen in solcher Art verkehrt ge- zeichnet, dass der Chorakschluss dort angekracht ist, wo sich eben die Stirnseite der Kirche belindet; dagegen ist der Thurni mit seinem kujipelarligen Aufsatze von zierlich gegliedertem (iestein hier ebenso deutlich zu erkennen, als auch aul' der ältersten bisher bekannten An- sicht Wien's vom .labre 1483 (in den Her. vnd lilitthciliinf/cn dfs Wien. AllrrOi. Ver. I. 237 durch C a m e s i n a mitgetheill) und aul jener von 1403 in .Schedel's Huch der Chroniken (I. c. 3). >) T s c h i s c h k a : Gfschiclilc der Stadt Wien. Stullg. IS47. S. 130—132.

33

geßrlichen Russteii ((ufiverff'unfj der Mass Im Staynwerch, Zurichtuny vnnd aufziehung des Zeivgs i'Hiid f/eliuuttn staiii, Versetzinifj vtind vevpinduHjf der selben, mit meinen gesellen nacli höch- sten ineiuen Vleis mit aller notturfft das Eysenwerch vnd andren versehen vnnd Ich also mit d' Hilf vnnd ans gcnad Gottes solch gepew vollendet, des berd Herrn Stat CtiDirer vnnd herr Khirchmeister sumld den verstän- dige werchlewtte alhie besichtigt vnnd beschatvt vnd als Ich ho/frnterdenlick befunden. Bin Ich wol Innen tcorden was sich Zutragen mir begegnet vnnd in was ge färlick- hait vnnd veranntivortuiig Ich mit dem Thiirmb gestandn vnnd was ich für arhait gethvn hab, das ich mit warhait wol sprechen khan vnd mag: das Ich meer als ain werklimaisler zu sandt Steffan alhier so wö- chentlich 2 P. P. gehabt verdient hab. welichs sich vber die 180 P. lauffen wurde; damit aber E. gyi. vnnd me- nigkhlich spur vnnd einsehen möge, das ih E. gn. noch die khirchen nit beschwüre, sunder noch in vil weniger dann Ich was verdient hab Nemhen wil. So ist mein vn- ihcrtünig bitt <(n E. gn. die wollen mich vmh solch mein vorangezaiglcn gefürlichhuit sorglich dienst Muhe vnnd arbait vmb solchen langen meinen verzug meins solid der dreier Jar hie bey d'geweer in E:g: grundfpuch der schuld so ich zuthuen mnessig vnnd ledig zellen, den sntz so ich derhalb gethan ividerumb auflhuen lassen ; das wil ich vmb E. gn. als meinen genüdigen Herrn vnnd vmb gcmaine Stat zu khunftigen Zeiten verdienen etc. E. gn.

williger

Benedict Khö'b l Stainmess.

Von aussen AuCschrift: Dein khirchmaist' aufd' Gstett'n zuzvstellen Burgermaister vnd Rat dieser suchen halben furderlich seinen bericht zethun.

Pfincztugs 29 Feb. Ao. 37.

Supplication Jörg Schachtner kirchm aistcr b e y V n n s er fr u v e n.

Edel hochgelert fursichtig hochivciss genedig herrn nachdem Eur gen. aufs wenedickht kolbl des Stain- mezcn Suplirennmier beuolchen Euer gen. rnndcrichl zu thuen, Nun gen. Herrn der herr Schrantz als oberisten humrer vnnd Ich haben mit dem wenedickht kolbl des Turn pauss halben vmb sein belonung beschlossen, nem- lich als vmb Achtzig P gülden, wiewol sich wenedickht kolbl der achczig gülden gewidert hat diess gefcr- liehen gepawss halben, N^un hat mir doch der herr Schrantz Allen gewallt mit dem wcnedickhl kölbl zu- hanndln Geben, So hab ich als kirchmaister mit dem wenedickht kolbl gehandelt das er sich das paw soll

vnnd'wiyiden vnd sein kunst vnd fleiss daran nit spar n. das Im ein Err sey vnd dem Turn rund gemainer Stat nutz, souerho/f ich gegen ainen Ersamen Rat vnd meinen gen. Herrn als die oberisten kirchmaister Ime ein Böser ung zuerbertven. So Nun disess gepaw zum be- schlus s E r r aicht, ist Herr Sewastia ii S ehr antz auch der rnderkamrer vnd Ich mit sambt den werichf- maistcrn , so disen Turn I nwcnd ig vnd auswendig besichtigt und bestigen, so ist ainiger mnngel oder vnfleiss disses Tur n gepewss nit befunden irorden. ivie den Eur gen. Als die hochuerstendigen nit unnderst pefinden werdt Nun Secz Ichs Eurn gen. haimb. wellet solichs alss die hochverstendigcn die weil wenedickht kölbl piss Jnnss drit .Jar disses gefer liehen gepewss an seiner besoldung nichts emphangen das selbig ivolle Eur gen. auch Erivegen. E. Gen.

Vnnd'thanig' Franz S c h a chtner kirchmaister bey vnnser fraw : auffd' Gstetten. Vuu aussen: Burgermaist' vnd Rat bewilligen Mai- sler Benedict n Kölbl Stainmessen in ansehen seins vleiss vnd muc, die ain hundt Pf. wie Er begerl verfolgen ze- lassen vnd den ^atz dargegfn aufzetun. Sambstag den 10. Marcy Ao. 37. Alienlings sind beule auf Papier geseIu'iel)enoii Doeu- niente nur mit den beiden letzten Zalilen der Jaln-eshezeicli- nung (37) verseben; wenn aber schon die ganze Form des Inhaltes, und vor allem die Sehriftzüge selbst nicht dem lei- sesten Zweifel Raum lassen, dass 1ö37 das Jahr ihrer Aus- fertigung war , so bemerken wir, zumal für jene, welche nicht Gelegenheit haben, durch die unmittelbare Einsicht- nahme sich von der Form der Schriftzüge zu überzeugen, noch insbesondere, dass der im letzteren üocumcnte er- wähnte Oberkämmerer Schrantz wirklich in den Jahren 1J)32, 1537, 1538, 1548 und 1S49 die Würde eines Stadt- Oberkänunerers ])ekleidete. Zum l'berllusse wird zur Ent- kriiftung des letzten Zweifels nur noch bemerkt, dass auch die Datirung dieser beiden Documente eben nur dem Jahre 1537 entspricht. Dieses Jahr war ein gemeines, und kein Schaltjahr. ^Sonderbarer ^^'eise ist aber das erste Uocument vom 29. Februar datirt: der 28. Februar iiel damals auf einen Mittwoch, also der (oftenbar nur durch ein Versehen des Concipieuten statt des 1. Miirz angenommene) 2'J. Fe- bruar auf einen Donnerstag (Pfincztag). Auch der 10. Miirz des Jahres 1537 fiel richtig auf einen Samstag, wie solchen das zweite Document ansetzt. Im Jahre 1437 aber fiel der 25). Februar (reclius I. Miirz) auf einen Freitag, der 10. März auf einen Sonntag.

Wir wollen vorübergehend mir erkühnen, dass der berühmte Melchior Khlesl bei seinem ersten Auftreten

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in Wien pnss;iuisclier ()fiK'i;ii gewoseii ist, und d;i(liucli mit der Kirche zu M;iri;i-Sti(\ut'ii in unniitteliiiirer Hczieluiiig «leliiMclit wiirdt'. Es ist iifkiiimt. diiss der dureli Khlesi's Eiiifluss zum Aide des Cistercieiiserstil'tes ZwetI eriiuljene Ulricdi lliickol (läSCi— KiOT) das neben dem rassauer Hofe gelegene Haus als neuen Stiftshof ankaufte, und eine Thüre unmittelbar in die Ziunner des nebenan wohnenden Khlcsl diu-elibreehen Hess, um mit seinem Freunde den »unnittelbarstea Verkehr erleichtert zu haben ').

Aueh bei der zweiten Helagernng Wiens durch liie usmanischeu IJarbarcn im Jahre 1(583, wahrend welcher der Passaucr Hof als Spital für die an der Ruhr Erkrankten verwendet wurde, erlitten Kirche und 'Plnuni neuerdings bedeutende Beschädigungen.

Wegen Abganges eines eigcTien Kirehenvermögens blieb aber die Wiederherstellung der ruinirten tiebäude- theile durch zwei Jahre aufgeschoben. Erst am 9. Juli lß85 beauftragte der Stadtralh, über Ansuchen des Passauer Otllciais: die Eifnrdi'rciitc llciKirlnait/ des Kirdwu Thurm allda Hellen ander// l/iumlif/ei/f/l/'cl/rn 7iotturff'te// in AngnW nehmen zu lassen, den rnferkammeier, den Augenschein vorziniehmen , und über das Ergebniss unter Vorlage des Kostenüberschlages zu berichten. Endlich wurde über die dringende Vorstellung des Kirchmeisters bei unserer lieben Frau an der Gstotten . wegen baldiger Vollendung der am 14. August 1680 bewilligten Keparirung dieses Gotteshauses. damit dises In//// di//'eri)-te i/;erkk mu/riiehr Jlir endt er- reiche// luid de/n (i/itd^hiiiiK i/if //ichreg etwa schade/i u//- eri/jachüen niöye, und üiier die Frage, wie sieb namentlich in Betrefl' der von der Kirclic// abgesteml/ten Staiu die hereitliK maistens nertra/je// werden, zu benehmen sei, vom Stadtrathe unterm IK. September lß8!> beschlossen, dass ZI/ /■cjiariruu// l/esuf/te/i, i/i cerwiche/ier Tü/'klien Belegerti/ij) ruinirten G/dtska/iscs in Ermanglung eigener Kirchengelder aus den vorlrandenen Pupillengeldern ein Vorscliuss von 400 tl. gegen Ersatz dargeliehen werde.

Im .iahre !(>!)(> linden sich weiterhin \'erhaiullungen wegen Herstellung der ('auzel und Übertragung des Gna- dcnliildes so wie in IJetrelV der liegrabung der Verstorbenen, 1(i!l7 hinsiehtlieb der Iteparalur der Orgel ").

iJer Glockenstuhl wurde l(i!)8 hergestellt, die grösste der drei Glocken 170(5 aufgehangen '). Nachdem unter Kaiser Joseph II. unter anderem auidi alle bis dabin der

geistlichen Gerichtsbarkeit des Passauer Bischofes uiiter- standenen Pfarren vorn Domstifte zu Passaii losgerissen worden \\ aren. wurde namentlich die Kirche zu Maria-Stiegen lT8I)di'r Pfarre bei den Schotten incor[iorirt '). Im niichsten Jahre liess dei' Kaiser dem Wiener Magistrate bekannt machen, er wünsche, dass dieser es übernehme, den soge- nannten alten Passauer Hof nebst der Kirche von Maria- Stiegen ni eil erzure issen, und ein neues Gebiinde auf- zuführen, welches zum Versatzamte dienen sollte, wogegen das Haus, in dem sich dieses bis jetzt befami, dem Magistrate zum Geschenke gemacht werden wollte; welches Aner- bieten der Magistrat aber ablehnte, da er ohnehin mit den Kosten zur Herstellung des (iebiindes für die Criininal- justiz und des Hürgersjjitals allzusehr bebürdet sei '-). So wurde deim dieses ehrwiu'dige Gebiiude lediglich aus Hüek- sichten der Ökonomie gerettet! Bei der, namentlich in jener .\bolirungsp(MMode hiidiinglich bekundeten Consistenz des, den feindseligen .\bbrecluingsversuchen mit ott kaum zu bän- digender Hartnackigkeit widerstrebenden Bauwerkes an alten Kirchen, deren viele damals um den i\laterialwerth an den Meistbietenden lo.'gescblagen wurden, hätte der Wiener Magistrat diu'ch die I bernahme der\'erptlichtung die Kirche abzubrechen, gewiss ein sehr iniökonomisehes Geschäft gemacht, wie dafür nach anderweitigen Erfahrungen zahl- reiche Beweise vorliegen').

Doch blieb das Stift Passau in dem, bis zum Friedens- schluss von Lüneville (1801) selbstständigen, 1803 aber mit iler Stadt im l'mkreise von oOO Toisen u. s. w. an Baiern abgetretenen Fürstenthume gleichen Namens noch im Besitze der Kirche und des alten Stiftshofes in Wien, bis 1805 ihncb den Pressburger Frieden alle iiassauischen (jüter in Österreich für den iisterreichischen. und die in Baieru gelegenen (Jütei' dieses Stittes für den bairisclienlieli- gionsfond eingezogen wurden. Doch ward mx-h mit liilfe der vorhandenen Älessstiftungen der Gottesdienst noch bis zum Jahre 1 80!) fortgesetzt, wo aber das verlassene Kirchen- gebäude dem siegreichen Feinde als Fruchlmagazin über- lassen, und liieilw(Mse als Pferdestall benutzt wurde! Altäre mit ihren Statuen und ihrer alten lülderzier wurden

') KircM. Top. v. Osterr.Wt. 120; 1! .■ r riii ;i ii ii : Medaillen W. :»!) ; II a ni in e r's KlUesl I, M u. s. w.

-J Wieiiti- StaaU.irctiiv.

') liöclih a. 11. O. i.->. «11 lilierh^iiiiit iiieliroru, weil zunächsf nicht auf Jir llauKCSchichtf lii'zii^'lirli, Iikt iiiilit weiter liiniilzlf Aiilühniiifjin zu linden sind, und nnincntlicli auch (S. *il) dus Zeichen der Lilie in einem Wappen im „fünf/mi lichten Glttsfcnslcr^ aligehihlet ist. Aueh wird ilaseUisl (S. 17 und Kt) eiwähnl , dass sich nin allen l'redenztisehe an der linken Seite des Hoehaltars das Wiener Stadtwappen mit der Aufschrifl: Lorenz Hivhler (das andere i^Ial wird er Reittier genannt) lies äusseren Käthes Kirchenmeister hey unserer Frauen auf der Gestalten A. D. 1044 befand.

») A. a. 0. XII, 147— UN.

2) fieisler: Skizzen iiii.'i dem Chardkter und Ittindluniieii Joseph'sll.. VII, GS.

■') Erinnern w ir uns uur heiläuli^' an die Schwierigkeiten, mit ilenen z. B. die .\htraf,ninj; der Frauenkirche in Ha den verbunden war, (.Mayer: .Viscellen über den Curort Baden I, (1811») iii) dann dass die alte Lud w i gs c up e 1 I e an der .Minorilenkirche zu Wien nur dadurch in ein Wohnhaus umgestaltet werden konnte , indem man die allen Slrelien stehen liess und sie untermauerte (Kc 11: in S c h m i d l's Österr. liliitt. f. I.il. u. Kunst, ISW. S. 7.1) ; dass die sehr schline St. W o 1 f g a n g s e a p e 1 1 e zu K i r c h l> e r g am Wechsel nur dess- wegcn niirh besteht, und, wenn auch cilnie l>aeh. noch liingerhin zur Uefriciligung der Anliipiare den l'iihilden der Zeit trotzen wird, weil sich, als das 17S'i entweihte ehrwiirilige fiebiiudc licilaloriseh aus- - ehnlen war, wegen der ni i t der A b h r e c h u n g verbundenen Kosten kein Kauflustiger gefunden hatte! (Feil a. a. 0. "iXt) u. 8. w

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verwüstet, die alten Statuetten unter den zierlielien Dalda- cliinen an den Pfeilern verschleppt und zertrümmert ; Grab- steine versanken unter der Last, welche eine rücksichtlose Magazinirung ihnen aufgehüi'det hatte. LSchon früher waren schüne Einzelheiten der alten Kirchenzier zur Ausschmückung des neuen Rittersehlosses zu Laxenburg verwendet worden; SU wurde das eine der hohen Fenster des sogenannten Em- pfangsaales im runden Thurm mit Glasschildereien ausdicser Kirche ausgefüllt, wo sie noch heut zu Tage in ihrer ganzen Schönheit wohlerhalten prangen; ebendort sind auch die an den Wänden angebrachten Sitze, Reste des alten Chor- gestühls von Maria-Stiegen ').

In diesem Zustande der Verwüstung wurde das ent- weihte Gotteshaus der Redemtoristen-Congregation über- lassen, und, nachdem dasselbe eine durchgreifende Restaura- tion und neuerliche Ausschmückung erhalten hatte , am 24. Dec. 1820 feierlich eingeweiht ä). Die Kirche verdankt der Congregation eine Reihe wesentlicher Verschönerungen,

und wenn auch den alten Grabdenkmälern •) in diesem Got- teshause leider jene Sorgfalt nicht zu Theil wurde , welche das Benedietinerstift Schotten i)eim Umbau des alten Kreuz- ganges den dort befindlichen Grabsteinen gewidmet hat. wenn ferner auch G. Mohii's Glasschildereien, die damals hier angebracht w urdm, und über welche man seiiiei' Zeit etwas zu viel Hühmens gemacht hat •), in Dezug auf die Dauerhaf- tigkeit des F"arbenschmelzes die l'robe nicht bestanden haben, so gehört doch die, allmählich von richtigerem Tacte geleitete schöne Ausstattung des Gotteshauses, vor allem aber dei-, durch den Architekten Thomas Marzik (s. oben Seite lö) entwoi'fene und 1843/6 ausgeführte, schöne Hauptaltar =), an dem das Zierwerk soviel als möglich mit dem architektonischen Schmucke des Gebäudes in Harmonie gebracht wurde, zu den dankenswertheren Versuchen der Restaurationen alter Kirchen.

(Der Scliluss folgt.)

Das Langhaus der Kirche hat an den SeitenschifTen eine Lesenentheilung. Jede Lesene ist an den Ecken geglie- dert und hat einen halbrunden Pfeiler auf der Fläche (vgl.

Fig. 8, V«, w. G.), der jedoch nicht den Charakter einer Halb- säule hat, da der Sockel des

Die romanische Kirche zu Lebeny (Leiden) in Ungarn.

Gezcic'linel und beschrieben vom Arehitckten A. Essen wein.

(Mit zwei Tafeln.)

(Schluss.)

Bogenform ausgehauen ist. Das MittelschifT, das nicht sehr hoch aus den Dächern der SeitenschitTe heraustritt, hat eben- falls eine Lesenentheilung. Unter dem Gesimse sind die Le- senen horizontal verbunden und bilden so Unu-ahmungen der Wandflächen, welche die rundbogig geschlossenen Fenster enthalten, deren Überdeckung hier aus Keilsteinen bogen- ganzen Gebäudes sich ebenfalls förmig construirt ist. Die Kanten der Lesenen und ihrer Hori- um ihn verkröpft und derselbe zontal- Verbindung sind ausgekehlt und in der Kehle sassen

Reihen vonKugeln,diejezt jedoch fast alle abgeschlagen sind und sich nur am östlichen Giebel erhalten haben.

An der Südseite des SeitenschitVes befindet sich ein kleines Portal, das in der Anlage. Diirclibildiiiig und Orna- mentik dem westlichen ähnlich ist. Es hat indess nur drei Säulchen zu jeder Seite; die Übereinstimmung mit dem Rie- senthore von St. Stephan in Wien zeigt sieh auch hier, indem die eine zwischen Säulchen vortretende Kante ganz dieselbe Stabdurchkreuzung hat wie sie in einer Kante jenes Portals vorkommt (Fig. 9). Das Sockelgesimse steigt ebenfalls wie am Westportale als äusserste Einfassung l)is zum Kämpfer empor, doch stösst sich das Prolil an demselben ab, ohne vorher aufgelöst zu sein.

Die Ostseite der Kirche (vgl. die .\bbildung auf Taf. I) hat drei Absiden.die niedriger sind als die ScliilVe, ilenen sie sich anschliessen, so dass namentlich tiber der mitllera eine

oben durch eine konische Spitze bekrönt ist. Die Eckgliederung der Lesenen löst sich über dem Sockel und unter dem Gesimse auf. Das ursprüngliche Haupt- gesimse ist nicht mehr vor- handen.

Die Fenster sind klein, stehen sehr hoch und siiul bloss mit einfacher Schräge eingefasst. Obgleich rundbogig geschlossen, - sind sie doch am niu'dlichen Sei- teiischiffnicbt bogenförmig con- struirt, sondern mit zwei Steinen überdeckt, die in der Mitte des Fensters mit einer Fuge zusam- menstossen, und aus denen die

1) Weidmann in ilen Beitrügen zur lAinilesk. v. Österr ii. d. Enns II, 280, 2«7.

2) Das Nüliere liierüber Göckh a. a. 0. 27 32.

*) Über \\X'lehe im Vpi-jaiife dieser Zeilen die niihere Andeutung folgen wird.

2) Uormayr Archiv. 1821, S. 44 47 von 1' r i ni i s s e r.

■*) Das verkäutliehe plastiscbe lUodell zu diesem Altäre befindet sich der- mal noch in den lliinden der Witwe Marzik, Wien, (iuuipendorf, Mariahilfer Ilauptstrasse Nr. 407.

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(Fig. 9.)

hohe mit ili'in Giebel hedeekte Schliisswand des SehitVes sich erhebt. Dadiireh erhält die Kirehe eine htibsehe (_!iMi|ipiniiii,'. die bei (leiii M-aiigrl eines (JuersebilVes zu einriirniig geworden wiire. wenn die Absiden in gleicher Höbe als Schhiss des Schiffes ange- legt wären. Die mittlere Apsis. grösser als die beiden seitliebeii. hat als Wand- gliederung fiint" Säiileben. die über einem Gesimse auf ('onsulen vor die Wandfläcbe vortreten; ein Bogenfries bekrönt sie. der jedoch nicht wie bei den deutschen Bauten mit der Wand- gliederung in Verbindung tritt, so dass einzelne Schenkel etwa auf dem Capi- tal der Säulchen aulliegen 'J. Säulcheu und Bogenfries stehen ganz getrennt neben einander. Am SeitenscbilV der Kirche zu ileiligenkreuz bei Wien-) ist der Bogenfries mit einer Lesene in Verbindung, auf deren Mitte eine Halbsäule angel)racht ist. welche mit der Gesimsdeckplatte als deren Trägerin in Verbindung steht, liier aber ist auch diess nicht der Fall: die Gesimsplatte verkrijpft sich um das Capital der Säule als dessen Deckplatte, und der Bogenfries ist neben dem

Capital geradezu abge- schnitten, so dass jedes- mal zu beiden Seiten des Capitäls eine tiefe Lücke bleibt. Der Bogenfries ist gleich den deutschen die- ser Zeit aus einzelnen Platten zusammengesetzt, und nicht wie viele frü- (Fif. 10.) here deutsche aus klei-

nen Keilsteinen construirt. Er ist an den Schenkeln abge- rundet, wie diess auch bei der Kirche In Heiligenkreuz sich findet. Bemerkenswerlh ist das Profil {^a h Fig. llj. das so tief eingekehlt ist, dass der Rundstab ganz frei steht, indem die Kehle bis auf die Mauerfläche zurückgeht.

Die Fenster der mittlem Ajisis sind klein, mit einfacher Schräge eingefassl und wie die des nördlichen ScitenscbilVs mit zwei bogenförmig ausgehauenen Steinen überdeckt, deren Bogen jedoch nicht ganz regelmässig ausgefallen sind. während im Allgeniciiu-n die Steinmetzarbeit der Kirche sehr genau und sorgfältig gefertigt ist.

Die kleinen Absiden haben ebenfalls Bogenfriese als Krönung, deren untere Sehenkel kreisförmig sind. Das Profil

ist jedoch nicht so tief eingekehlt als an dem Friese der mittleren Apsis (vgl. Fig. i I , c il). Ein kleines Fenster

') Vgl. KaMi-iilmrh'i AUn» v.m «espliichtc .li-r iIculscIi-iniUrhiiterlichiMi llim- kunst, Taf. IX, Fig. 2. Dns Mittelscliiir iIcs Klosters lliirgleiii hei Jena ilagegen Fig. 1. Seitenscliiir iler Kirche niif. lern Petersliergc bei Erfurl, wo die Anordnung der iinsri^cn ähnlich ist.

*) Vgl. .Milteblll. Kunsldenkmale des dst. Kaiserstaates, herausgegehen von Kr. Ileider, Prof. v. Kilellicrgcr n.d. Architekten llie«er, S. 4.">, Fig. 7.

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(Fig. 11.)

bringt ins Innere der Seiten-.\bsiden Licht. Diese Fenster sind mit einem reichen Profil umrahmt. Der Fugenschnilt ist jedoch ganz derselbe wie am nördlichen SeitenschilVe und der grossen Apsis, so dass anzunehmen ist, dass das reiche Profil jedenfalls erst nach dem Versetzen der Steine gear- beitet ist, da die Art. wie der Fugenschnitt das Profil durch- schneidet, für die Bearbeitung geradezu unmöglich wäre. Das Gesimse, welches die Hauptapsis umgibt und über welchem die Säulchen beginnen, setzt sich um die kleinen Absiden fort, wo es indess so hoch sitzt, ilas es sich als vier- seitiges L'berschlaggesimse übci' die Fenster wegziehen muss. Bemerkenswerth ist dabei die Änderung des Profils (vgl. Fig. 12), da das Gesimsprofil als ("berschlag nicht

passend ge- wesen wä- re, und sich desshalb in in anderes auflöst.

Iber den Neben-Ab- sidcn stei- gen zwei Halbgiebel gegen den _ mittleren in

iii" '-1 die Höhe,

als Schluss der Pultdächer des Scilcuschill'es. Der über der mittleren .\bsidc in die Höhe steigende Giebel ist in einer der Lesenentheilung des Mittelschiffes entsprechenden Weise um- rahmt, hl den Kchlungen dieser rnirahmung sind die Kugeln stehen- geblieben, die am MittelsdiilV fast alle abgestdilagen sind (Fig. 13).

An der nördlichen Seite des Mittelschiffes ist unter dem llauptgesimse die Zahl 120(! eingehauen, jedoch in modernen Zahlzeichen. Sie soll indessen alt sein und nur hei der

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letzten Restauration diese Änderung in lieii Zeieiien erhalten haben um die Inschrift lesiiar zu machen. Ob nun diese

Inschrift alt sei oder nicht, der Styl des Bauwerkes weist es

(Kijf. IS.)

romanischen Styls, den Übergang zum gothischen deutlich an. Noch mehr Fortschritt auf den gothischen Styl hin zeigt das Innere.

I'l'eiiei- getrennt, die einen kreuztormigen (iiiiiidriss lialiiMi. mitHaIhsiiulen auf jedcrFliiche und dünnen I>reiviertel-Säul- chen in den Kcken des Kreuzes. Die Säulchen haben iinless ein sdiches t'bergewicht gegen die Grundform des Pfeilers, dass man bereits die Pfeiler als einen Dienstbiindel betrachten

in den .\nfang des kann, um s(i mehr, als auch das Verhiiltniss der Halbsaulen

XIII. .lahrhunderts.

Es kann nicht iilter

sein als die Grün- dung des Klosters.

wenn auch schon der

Gesammteharakter an

die frühere Periode.

etwa 1150 lebhaft

erinnert; die Einzel- heiten , die Bogen-

friese, Gesimse, die

Portale zeigen die

letzte Periode des

(K.g. 14.)

Die bedeutende Hohe gibt ein ganz dem golliischen Styl entsprechendes Querschnittsverhältniss, das insbesondere bei der Kürze der Kirche aulfallend ist. Die Schilfe werden durch II.

([•■ig. 1,"..) schon so schlank ist, dass sie Dienste genannt werden kiin- nen. Der Fuss der Pfeiler ist jedoch nicht gemeinschaftlich, •leder Dienst hat sei- nen eigenen attischen Fuss mit Eckhlatt: die Ecken des Pfei- lers sclmeiden ohne weiteres in die Füsse der Säulchen ein (Fig. 16, gezeichnet im Massstabe der Portals; die Durch- schnitte Fig. 14 und 15 sind im Mass- stahedcs Grundrisses auf Taf. I gezeichnet Vaoo)- Die Capitäle der Dienste sind sehr weit ausgeladen, doch setzt sich in den Arcadeid)ogen genau das Pfeilerprolil fort. Die

.Arcadenbogen sind

Halbkreise;

den Gewölben über 6

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ilci- \ iiiliiille ist jcilocli (liM- SpitzLügen l)ereits eingetreten, so (liiss er iincli für die ehemalige Wölhiing i)estiniint sein niDclite. da er in der niittelaiterliehen Kunst iilierh;ui|it zuerst als Cunstruetionsl'orin auftritt. Die Ornanieiitiii der Capitäle ist die gleiche wie am Portal. (Fig. 17 gibleinen dieser Knäufe; dane- ben sind die l'ber- scblagkniis|ien von einigen Eekblättern gezeiehru't. welche die Übereinstimmung mit den gleichzeiti- gen deutschen inid franzi'isischen Blät- tern zeigen. Das P>ck- blatt des Siiulen- fnsses ist vom süd- lichen Portal.) Alle acht Dienste haben Knäufe in gleicher Höhe; der dem Mit- telsehilVe zugekehrte setzt sich jedoch über demselben fiirt und liiil (ibeii beim Gewölbanfange abermals einen Knauf Die Fensler stehen im ^litlelsebilf sehr hoch, da die SeitenschilTdaeher hoch gegen ilas MilteisehilV ansteigen. In tlen Seitenschillen stehen je drei Dienste als Gewölbgur- tenträger an der Wand. Die Gewölbe sind jedoch weder im Mitteischifl' noch in den Seitenschiffen die nrsiiriinglichen. Diese waren Hund- und Sjiitzbogenkreuzgewiilbe mit Diago- nalrippen.wie die noch erhaltenen Gewölbe unter den Thür- men und über der zwischen den Thiirnien in der Höhe der Seitenscbilfe abgeschlossenen Halle, über welcher sich eine Kniporbiihne als Musikchor befindet.

Der untere Theil des nördlichen Thurmes ist gegen- wärtig durch eine Treppe verbaut, welche auf diese Musik- Itühne fiilirl. \'on der ursprünglichen Treppe ist nichts mehr zu sehen, so dass anzunehmen ist, dass sie in den dicken rmfassungsmauern der Thürme in die Höhe führte, wie diess bei einigen romanischen Kirchen der Fall ist.

Die .Absiden sind mit einfachen llalbknppcin bedeckt, welche über einem ringsumlaufenden Kämpfergesimse auf- sitzen. CDa jedoch der Grundriss der Absideu etwas über den Halbkreis verlängert ist, so sind die Gewölbe nicht bloss Halbkuppeln, sondern sie haben eine kleine tonnengewölbte Verlängerung gegen den Triumidibogen.) Die Absidcn sind nur um eine Stufe über dem Kircheufussboden erliölit; in jeder derselben sind an der Südseile zwei kleine rnndbogig geschlossene Mauernischen, die zur Aufbewahrung der für das heilige Messopfer nöthigen Gefässe während des Opfers bestimmt sind.

An der Süd.seite sehliesst sich im Osten die Sacristei an. welche im IniK'rii ebenfalls noch die Formen des

(KiV. 17.)

Xlil..lalirhmiderts zeigt; ein mit s|iitzbogigem Kreuzgewölbe bedeckter iiml mit Diagoiialrippen versehener Hanm. dessen Diagonalrippen dasselbe Prolil von Fig. IS« zeigen, welches die liip|icn imler den Thürmen gliedert. (Fig. 18 h ist das Prolil der Diagonalri[)pen unter der Orgelbühne.) An

der Ostseite der Sa- cristei ist eine kleine rmulbogig geschlos- sene Nische, in wel- cher ein .Altar steht. Ein kleines Kund- feiistersclien in der üückuaiid der Ni- sche , zwei kleine halbrund geschlos- sene Langfenster- ehen zu beiden Seiten der Nische sind nocli alt . wäbi'end ein grosses neues Fen- ster in die Westseite gebrochen ist. Unter dem südlichen Fen- sterchen neben der Altarnische ist eine grosse viereckige Öffnung in die Wand gehauen, die einen Falz hat. so dass sie durch eine Thüre geschlossen w erden konnte, und die somit ein zur .Aufbewahrung bestimmter Wandschrank ist.

Der gegenwärtige Zustand der schönen Kirche ist sehr ver- nachlässigt, das In- nere oft liliertünciit, (Kifj. IS.) » so dass fast keines

der schönen Knaufornanumle deutlich ist; Altäre. Kanzel Kirchenstühle siml unpassend; an den äussern Profilen sind alle Ecken abgeschlagen: au den Ornamenten fehlen die meisten HIattüberschläge. Auch die jetzigen (iewölbe des MittelschifTes und der Seitenschiffe sind eine ungenügende spätere Erneuerung für die fehlenden alten Gewölbe. Die Kirche hatte in den Türken- uml Hevolutionskriegen viel zu leiden '). Im Anfange des XVII. Jahrhunderts wurden im Kriege die Mönche alle ermordet mit Ausnahme eines Laien- brnders. der au fdei' Meierei Rai'atIVdd fiu'lwirllisi-baflete. Spä- ter hatte das Stift weltliche t'ommendatorcn, darunter einen Georg Himmelreich, der es seinem Schwager schenkte. Dieser übergab es den damals gerade in l'ngarn eingeführ- ten Jesuiten, welche bei ihrer Einführung den nenedictiuern in der Seelsorge aushalfen und auch in liaab die öffentlichen Schulen besorgten, woher es auch kommen mag. dass die Martinsberger Benedictineräbte es nicht reclamirten. Im

'j Die Ge.scliiclile der Entsleliiing und der weitem Scliiclisalc des Klosters verdanke ich der güligcn .Miltheiluiij,' des Imcliw. Herrn Pfarrer.s zu l.eltenv.

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Jahre 1772, also kurz vor Aufhebiinc; des Ordens, „verschö- Tiei'ten" die Jesuiten die Kirche und veränderten die Ein- ffänse. Nach Auflilsunur des Jesuitenordens kam die Abtei in Besitz der ungarischen Ilorkamnicr, wo sie bis in die 20ger Jahre verblieb. In diese Zeit fällt die Tünchung des Innern, wie auch der Portale. Durch Tausch kam die Abtei dann in Besitz der Familie des Ministers Grafen Zichy. In den 30ger Jahren wurde der Kreuzgang und die Abtei bis auf einen kleinen Flügel ohne architektonischen Werth abgetragen,

der jetzt als Pfarrhaus dient. 1838 wurde die Kirche zur Pfarrkirche erhoben und um diese Zeit die alte Pfarrkirche abgetragen. Ein Brand beschädigte die Kirche irn Frühjahr 1841. Sie wurde notlidürftig hergestellt, die fehlenden Gesimse aus Ziegeln gemauert; und doch wäre sie würdig durch eine gründliche sachgemässe Herstellung im alten Glänze wieder zu erstehen. Da sie aber ohne alle Mittel ist. muss alle Hoffnung auf die Grossmuth ihres jetzigen Patrons, Freiherrn Simon v. Sina. gerichtet werden.

Die Truchsesse von Emerberg.')

Von Joseph Bcrgiii ;ui ii.

Zu den ältesten uns bekannten Geschlechtern Öster- reichs und der Steiermark zählen wir das der Truchsesse von Emerberg. Seinen Namen führte es von derBurgveste Emerberff, die auf einer zum Theile felsigten .Anhöhe uord- westlich von Wiener-Neustadt in Trümmern liegt.

Die geschäftige Volkspoesie hat aus dem Namen Emer- berg eine Sage gedichtet, die wir nach W o I f g a n g Lazios de gentium migrationibus Lib. VI, p. 194 in Kürze erzählen. .\uf dem Berge, den nun die Ruine Emerberg ziert, stand einst ein Kirchlein. Dessen Messner hatte einen schönen Knaben, welcher seinem Vater aus der herzoglichen Burg zu Neustadt Wasser holte. Der Herzog sah den Knaben, behielt ihn bei sich , liess ihn erziehen und beschenkte ihn später so reichlich, dass er dort, wo sein Vater Messner war, eine prächfige Burg bauen konnte, der er den Namen Emerberg (Eimerberg) gab. Zum Andenken an jenen Wassereimer, den er als Knabe getragen hatte, nahm er einen goldenen Schöpfeimer im blauen Felde in sein Wappen auf. Wir finden aber die Emerberge, die ersten uns bekannten Truchsesse der Steiermark, zu welchen in jener Zeit (bis zurTheilung am 25. September 1379) der alte Püttengau gehörte, schon früher als unter Leopold VI. Wiener-Neu- stadt (1192 1194) und die dortige Herzogsburg gebaut war.und so fällt die Erzählung desLazius wohl ins Reich der Mährchen. Der fleissige Wiss grill, der m seinem Schau- plätze des landsässigeu uiederösterrcichischeu .\dels . Wien 179S. Bd. II. 393 f dieses Geschlecht vorführt, nennt schon im Jahre 1182 einen Durinc von Emerberg. Dr. Andreas von Meiller weiset in seinen mustergiltigen Regesten von llöG bis 1246 oftmals den Namen Berthold von Emer- berg als Zeugen nach: so nennt er S. 6J) im Jahi'e 1 18():

•) Vgl. den Aufsatz des Coiiserviitors flemi Jos, S cli i'i g' c r : „Ein niTliän- logischer AiisHuf; nach FeUlhacli . Fehrtiig- und Pertlslein in Steiermark. . (Mittheilungon I. 248 251), 7.11 »elchem wir ülirigeiis iKieii lolgende Verl)Osseriiiigeii iinehziitrageii liai>en :

S. ■iii), l.Sp., /.eilf2() v.obcii livs : „Hic-(,'i>rsliilrt'" slnll „llieppLMsbiir^— .

«..«.. n 13 unten ., „müclltiijen** „liräfligeTl".

« M '-. .. ., S obtjn .,\vallfnil** „i-olIeinI.-

-*ji>, 1. ., 24 „unten .. „wollto-* .. „konnte".

n 2j1, 2. ,. 1 olien .. „I»e\viilinl»:iren" „liranclilnireii".

n 251, 12 „Ooleh uiul Bu7.ogan)'".statt„Dolcliaus üuzüjjaiiy".

(ßuKogaily wiiiile .1er unj^ai-iselie Streilkollien uiul ('oniuiandostal» . ja su[,-ar <la>

Sei'pter lies un^ariselien Küiiiys ^enaiiiil.) |) |{,.,I

„Pertoldus de Embe r berc h et tilius eins: dann am 28. Aug. 1201 Bertholdus de Embirberch dapifor ducis; ferner 1202 Pertholdus de Enierbercb, und endlich am 5. Jänner 1246 Bertholdus de Embe rb erch^). den ich für den gleichnamigen Sohn oder Enkel (Bertbidd II. oder gar III.) des in der Urkunde von 1186 genannten Berthold halten möchte.

Nach Wissgrill schrieb über Emerberg Professor und der Medicin Doctor J. A. Schul tes in seinem historisch- malerischen Taschenbuch von und für Österreich, Wien 1804 bei Degen, S. 21 f. mit der Abbildung der Veste nach einer Zeichung von Meillard und von Duttenhofer in Kupfer gestochen; dann findet man von dem um die mittelalterliciieu Baudenkmale Österreichs und der Steiermark vielfach ver- dienten k. k. Conservator Herrn Joseph Scheiger einen gediegenen Aufsatz als Resultat eines Ausfluges in einige Umgebungen von Neustadt in des Freiherrn von Hormayr Archive 1826, Nr. 1 und 4, welchen Herr Maximilian Fischer im VIII. Bande S. 140 ff. der ersten Abtheilung der kirch- lichen Topographie Österreichs. Wien 1832, getreulich benützte. Wir erwähnen hier, dass P e r t h o 1 d von Emerberg, wahrscheinlich der oben in der Urkunde von 1246 erwähnte.

2) Die alte Sehreilning enilier weiset auf eiii-bar »der ein-par hin. Ein-l)er (von li e r :i n . Iragen, vgl. Bahre, pleon. Tragha hre), eimher, emlier, einhir (vgl. Aim-ber, östr. Ain-per), jetit Eimer bedeutet seiner Etymologie nach ein Gefass mit einer Hantl , wie Zu-ber (d. i. zui-ber, zui-per. lat. amphora) ein Oefäss mit beiden Händen zu tragen. Der Name Emerberg erinnert mich unwill- kürlich an älinliehe in liaiern und Schwaben, z. B. Em ersacker, Eniers- hofen bei lllerlissen etc., aus «eichen Landen in alter , mittlerer und neuer Zeit so viele Kamilien stromab nach Österreich eingewandert sind. |Tberhan|it erfordern derlei gründliche Forschungen ein näheres Ein- gehen in die ursprüngliche Schreibung und Bedeutung alter Orts- und ]''aniiliennamen. die so oll in innigem Zusammenhange sind, und man beginnt allenibalben denselben grössere Aufincrksainkeil zu widmen. Der I.eser möge mir ein Beispiel beizubringen erlauben. So halte S t o t z i n g e ii. einige Meilen von Ulm gelegen, ein altadeliges und seit 29. Juli I.j!M freiherrliches Geschlecht des gleichen Namens, das im .lahre 1592 in den nietler-österreichi.schen Ilerrenstand aufgenommen wurde . und im Jahre lfi51 erloschen ist. Diesellerren von Slot/ingen führten gleichfalls ein sprechendes Wappen , nämlich einen silbernen Wasserkübcl (wie eine liulte geslallet) mil drei giddenen Keifen beschlagen. Stotz bedenlel in einem Theile Sehwaliens und in Baiern Slainnt . Kltitz, wie auch einen Kübel, so noch im llre;;enzw:il.le ein Schmalz s I o | 7, = •Schmalzkübel.

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UM .liihre I23(> vnn doiii Herzoge Friedrieh dem Strcitbiiren seine Veste, das iiiilic Stiirliemberg und mit diesen beiden das ganze Gcl)ir? erhielt. Ein spiiterer Herthold V(in lüiierberff folgte den giiickliclieiiFiiliiien K. l!iulül[dr.s in Osterreicii. Als König Ottakar in iler heissen Sclilacht auf dem Marchfelde den 2G. August 1278 die Todesw imde ein|iliiig und plün- dernde Krieger ihn seiner Hüstung und Kleider enthlösslen. nahm der von Perchtoidsd orf von seinem lU'ithu!)en eine Decke und deckte die Blosse des Sterbenden, den cv mit Wasser labte : bald al)er lianehte der König in B e r t h o I d's von Emerberg Armen sein Lehen aus. In der Reim- ehronikdesSteiermärkersOttokar's von Horneck (f gegen 1318) bei Hieronymus Pez, Band III, S. 135. Cap. CLXllI heisst es:

„.\ii iloi- selliiiii; Zeit

Cliüiii •jeriten aus iIpiii streif

Von Enicrperig Herr Perich lold.

Als (wenn) er dauun nict)t wissen wolt ,

Sein (des Köni<fs) liuiipt legt er in sein Schoj.

Er clilagl. d:i7, er waz (war) blo-;.

Der von l'eiichiültslorfT

Vber in do warf

Ain Scliapprawii ' ).

Den nahm er seinem Garczawn ~),

Er bcgund in mit waj^er laben.

Dem Druchsecz en in der hend Der Kunig Ottakeber starib."

Fugger nennt in seinem Ehrenspiegel S. 104 die Merenberger, gleichfalls aus steirisehem Adel, uelehe dem Könige die Todeswunden beibrachten. Palaeky i.n seiner (leseliiehte von Böhmen. Bd. 11. Abtheil. I, S. 275 lässt unsern Berthold Sehenken (sie) von Emerberg, wohl naeh einer andern Quelle, schlecht wegkommen. Er nennt ihn. wahrscheinlich mit dem Mührenberger verwech- selnd, „einen Seh ä nd I ieheii, indem er aii Ottakar. der als Gefangener sich ihm ergeben hatte, Bache nahm, weil sein Bruder einst unter des Königs Begierung hingerichtet wor- den war. Er und andere Österreicher seines Standes rissen den wehrlosen König zu Boden, durehhohrten seinen Nacken mit einem Speere, tödteten iiin mit siebzehn Stichen, höhn- ten dann noch den Todten und trieben verruchten Spott mit dem selbst aller Kleider beraubten Leichnam eines könig- lichen Heiden." Vorerst nmss erwiesen werden, dass Ottakar einen Bruder Berthold"s hingerichtet habe, liier lindel oiinc Zweifel eine Verweehsiung mit dem von Mährenberg Statt, dessen Bruder oder Vetter Seifried hingerichtet worden war. Vor allen wird Mi Iota von Dedie, ehedem Landeshaii|)tinarm in Steiei-niark und nnmnehriger Oberstkämmeier in Mähren,

des Verrathes geziehen ')• Des erstercn gleichnamiger Sohn Bertiiiild naiiiii lapfern .\ntheil an den Kriegszügen gegen den (irafen Iwan von (uissiiigen oder Güns. der mit seinen Brinlern zu wiederholten Malen (I28Ü 128!») in Herzog Albertus angränzende Lande verheerend eingefallen war^); ferner stellte er nach Horneck Cap. (XCXCV ein- hundert Mann gegen die Ungarn, als sie im .1. 1291 unter König Andreas Ungarisch-I laslau und Heran eingenommen hatten lind bis Wien Raub, Mmd und Brand auf entsetzliche Weise verbreiteten (vergl. Kurz a. a. 0. 1. 133). Er zog angeblieh 1304 mit K. Albreeht gegen die Böhmen und sehlug die nnt ihnen verbundenen wilden Cumanen in dieFlucht. Naeh Horneck, Cap. DCCXCIl, S. 800 war Berthoid ein Mann „der stets darnach warb, dass löblich waren seine Werke." und starb"') im selben .lahre mit Ali)er<i von Puech- haim und llricli II. von Paldan, Bisehof zu Seekau. der als berühmter Verhesserer der Kirchenzucht genamit wird und am 4. Februar 1308 starb. Berthoid kann daher nicht auf dem Beichstage zu Speyer im September 1309, aufweichen! Herzog Friedrich der Schöne mit einem zahlreichen Gefolge von Edelleuten erschien, die Anklage gegen die Mörder seines königlichen Vaters verlesen haben, wie es bei Wiss- grill II, 395 heisst. Auch Horneck meldet hievon nichts. Vom Jahre 1331 bis 1349 war Hartwig von Emerberg .Abt des Cisterzienserstiftes Hain.

Das Wenige über die spätem Ti'uelisesse von Emer- berg, Albero und Friedrieh I., A nie 1 rieh und Friedrich II., die wir nach den uns de'rmals bekannten (Quellen nicht mehr im Felde oder am Hofe der Landes- fürsten nachzuweisen vermögen, ist bei Wissgrill II. 395 angeführt. Sie lebten welil meist auf ihren Besitzungen, nändich Emerberg. Dunkelstein und llerrantslein (Herrn- stein) in ()sterreich. dann auf der \'este Bertheldstein (j. Pertlstein), die widd von einem der Emerhergiselien Bertholde ihren Namen erhalten hat. Ilalliraiii und Kliieh inier richtiger Klech.

Zu .Vmeliiehs Söhnen zählen wir auch Berllmld l\.. den Wissgrill und .Andere niidit kennen. Er ist seiner Le- benszeit nach jener Bertlndd, der im .lahre 1403 starb und dessen Grabstein zu Fehring in der Nähe von

*( l>. i. ciparo , (.■npi'rti iiiiil occitHnniseh (*ii|Kiy r <> ii , tej^iiMM) enfiitis.

ciieiina nuchdii Canf;e. später franiüs. tliapcnin. ''I tiarcicnwn. miltellioehileutseli garzün, franz. ^'arfim. KiKippi-,

fage, der ilem Itiller Sdiitil und Speer nnchlriigl etc.

') (Jim (Miliitül 'lis.siinulanto . fr;ilri.s iniiili'in aiiiinn rexilveii-s. ii jirclio ri'trtn'ftssit. et fune in oonum Ottakari nn'sso a suis seorsuin «bnu- liilatus sali ^'alen ducitur et relilii|uitui'. Et niox all A us t rali b u s atque S t y r i e n s i hu s in ti 1 1 i »i ii e la s a n f^ u i n i s a tu i e o r u in . «pios i n d e- hite necaveral elanians horribiliter et alTidationeui promittens, acu- tissiinis ^ladiis est perlussus. Vid. Joliann. Victoriens. (f eirc. ann. 1343), edit. Job. Friedr. Böhmer, Stuttgart 1843, pag. 311; dann K<ipp"s KöniK Itudolph und seine Zeit, Leipzig 184Ö. Bd. I, 269 mit den Anmerkungen.

■') Das» llertliold in einer Schlacht gegen die Bühmen umgekommen sein »oll, wie Wissgrill II, 3!!^ andeutet, wird von lloriieek in der anf;eriilirlcn StfUe iiielit erzählt.

•) Vgl, Oslerreieh unter den Königen Ottokar und Allirceht I., Linz ISKJ, von Franz Kurz, ThI. I, S. ll'i— 11(>, und im Oelail bei Morneek, Cap. CCLXIX.

41

Hei'tlioldsteiii in diesen Blättern (I, 249) beschrieben und abgebildet ist. Dem pensionirten k. k. Hiiuptmann Eduard Pra tobe Vera in Gratz verdanke ich Auszüge aus zwei Verkaufsbriefen: a) Perchtold der Drugsatz von Em er- be rch verkauft seinem Bruder Dietegeu 37 Pfd. Gelt in der Sehrenz und Preitenau um 103</o Pf. Zeuge der ehr- bare Kneelit Hans vnn Chlech. Geben nach Christi Geburt dreizehenhundert jähr und in dem zwai vnd achzigisten an Sand Valenteinstag des heiligen Martirers (14. Februar):

b) Per eilt nid Herren Amel rieh's Sohn des drux- setzen von Emerbereh verkauft an Anna die Fridwer- gerin seinen Antheil an dem von dem Biseliofe zu Salzburg zu Lehen habenden Wein- und Getreidezehent zu Diet- reiehstorf um 67 Pfd. W(ierier) Pf. im J. 1384 am pfintz- tag (Donnerstag) an sant valenteins Tag.

Friedrich der Jüngere von Emerberg, Truchsess in Steier, war auch des Herzogs Ernst des Eisernen Kü- chenmeister, welches Amt durch seine Tochter K a t li a- r i n a , Gemahlin Lorenzens W u r m b r a n d zu Stuppach, an dieses uralte Geschlecht gelangte '). Dieser Friedrich hatte zwei Söhne; a) Friedrich III.. der von 1441 bis zu seinem Tode am 3. April 1432 auf dem Stuhle des heil.

Rupert zu Salzburg sass und jS) Die leg, von Andern auch Dietrich genannt, der zugegen war, als K. Friedrich Hl. am 10. September 1432 seinen Mündel Ladislaus Postumus an l'lrich Grafen von Cilli vor Wiener -Neustadt bei jener Siiule an der Wienerstrasse übergab.

Dieser starb imi 1433 als der Letzte seines Namens und hinterliess von Amalia von Limberg die Tochter Ursula, welche ihre väterlichen Güter Bertholdstein, Hal- benrain an ihren Gemahl Leutold von Stubenberg, Landeshauptmann in Steier, brachte. In den Familieti- archiven der Grafen von Stubenbeig und Wurmbrand dürfte Näheres über die Emerberger zu linden sein. Auffallend ist. dass Reinprecht III. von Walsee, der nach Baron von Ilu- heneck HI, 825 im J. 1430 gestorben ist. schon Truch- sess in Steier genannt wird, da doch noch der letzte Emer- berg lebte. Der Letzte der Mächtigen von Walsee, Rein- precht IV., starb im Mai 1483 und iiierauf ward nach des- selben Angabe S. 829 dieses Erbanit Georgen von Potten- dorf verliehen und nach dem Erlöschen dieses Geschlechtes (nach Wurmbrand S. 314) von K. Maximilian 1. im Jahre 1308 dem Grafen Heinrich von Hardegg, dessen Nach- kommen dasselbe noch bekleiden.

Die Stiftskirchen zu Griffen nnd Oberndorf in Kärnthen.

Von J. Ki'cilicrrn v. A ii k ei'sli ofeii.

Ein und eine halbe Stunde östlich von N'ölkermarkt, zwischen der alten Heunburgund dem Markte GritTen. In einem kleinen abgeschiedenen Nebenthaie steht in einer für klö- sterliche Contemplation ganz geeigneten Abgeschiedenheit die Pfarrkirche Obernd.orf mit der dabei aufgebauten Prä mons träte nser Propstci B. V. M. in Gr i venthal. Unter der Regierung K. Joseph II. erlag auch diese nach mehr als fiinfhundertjährigcm Bestände dem Aufhebungs- lieber, wurde mit den dazu gehörigen Gütern eine Religions- fondsherrschaft tnid in neuester Zeit an den Herrn Ferdinand Grafen von Egg er, Besitzer der benachbarten Güter Haim- burg, Markt Grillen, Ehrenegg und Weissenegg, mit Vorbe- halt des Capitelgebäudes als Wohnsitz der Pfarrgeistlichkeit, veräussert. Durch einen im Anfange unseres Jabi-bunderts stattgehabten Brand wurde ein Theil des Stiftgebäudes zur lialben Ruine; aber auch das noch Bestehende bietet neben den Erinnerungen an einen, wenn auch nicht prachtlieben- denv so doch eine gefällige, reine Einfachheit anstrebenden Baugeschmack die betrübenden Spuren eines allmähli- chen Verfalles dar.

Die urkundlich Praepositura Beate Marie Virginis in griventhal genannte Propstei Griffen wurde durch den Bischof Eckbert von Bamberg, nachdem er biezu die Ein- willigung seines Capitels bereits am 14. Februar 1233

erwirkt hatte, gegründet und in Folge der Stiflungsurkunde vom 3. A|)ril 1336 mit Gütern dutirt, welche an Bischof Eckbert durch seinen Bruder. Heinrich Markgrafen von Istrien aus dem Geschlechtc von Andechs , gekommen sind ').

Sie wurde bei der alten Kirche in Oberndorf, welche an die neue Stiftung überging, gegründet und hiess daher ursprünglich Praepositura Oberndorfensis. .\ls Eckbert's dritter Nachfolger, Biscliof Berthold von Bamberg, au die von jenem gestiftete Propstei im Grill'eiitbale das Katharinen- hospital zu Villach übergab, erscheint in der liierüher am 13. Mai 1238 ausgefertigten Urkunde die genannte Propstei bereits unter dem Namen ecciesia B. Mariae in Grillental =).

Der ursprüngliche Name Praepositura Oberndorfensis imd der weitere Umstand, dass Ulrich Graf von Heunburg und seine Gattin Agnes die neue Sliflung in so ausgezeich- neter V\ eise beschenkten, dass sie als die zweiten Stifter bezeichnet wurden =), hat bei Megiser*) und Valvasor*) den Irrtluim veranlasst, dass der Prämoiistratenser Orden durch Herzog Ulrich von Kärnthen im .launthaler Eberndorf einge- führt worden sei.

') roiuitis ili' W iir inh r;i ml C<illi'OhiiiiM jj-elieiilcijjicn-liistorica. Viciiiuie 17li:;. |ih;;. 32(1.

') Kopiei'bueh von Wolfübt'rjr S. 178. nun iin k. k. Staalsurchive.

-) Eiehlun-irs Beitrüge zur ülteroii (iesohieliti' un<rr(i|i(t|;raj>Iiie »Uw H. K:iiii-

Ihen. 1, S. 234—230. ') Wolfslicrger Kn|iieiliiicli, S. 177. * ) Kiirnthuer'sclie Chrniiik, S. 24. ^) T(ipo^r;i|ihu' \ou Kiirlitlifii. S. 33.

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Die erste Prämonstratenser-Colonie erhielt das GrilTen- thal aiis lieiii frit iik i s cheii ') Pi'ämonstratenser-KIoster Vesera oiler Vesuera •). Von dorther kam aueh der erste I'ropst, Kourad, welcher jedoch schon im vierten .lalire nach der Stiftung seiner Propstei, am 10. Fehrnar 1240 gestor- ben sein soll s).

Der Beginn dpsKlosterhaues wird dem vierten Projiste Pilgi'iin*). welcher seinem Yorfahrer Gottfried im .lahie I2ÖI nachgefolgt sein soll, die Vollendung des Kloster- und Kirc1ieTd)auPs aher dem fünften Prdjtste Konrad 11., «eicher im Jahre 12.*J2 urkundlich vorkömmt-'), zugeschriehen. Die erste Kirchenweihe soll Bischof Herhort von Lavant im .tahre 1271 vorgenommen haben"). Von späteren Umbauten oder Neuhaiiten ist aus den b i s li e r b e k a n n t e n Gcschichts- ([uellen nichts zu entnehmen.

Die dem Capitclgehäude südlich angebaute Stiftskirche hat die Hichtung von ^^'est nach Ost und ist eine dreischif- lige Pfeilerhasilica mit einem um vier Zoll über dem Fuss- boden des llauptschiires erhölitcn Chore und einem um drei Stufen über den Chor erhiditen apsisartig ausladenden, geradlinig abgt .^chlossenen i'resbyterium (Fig. 1). .\uch das südliche NehenschilV, dessen Aussenwand allein sicht- bar ist, da dem nördlichen Nebenschüfc das Klostergebäude angebaut wurde, ist geradlinig abgeschlossen.

Über der Vorhalle befindet sich als Empore der Musik- chor. Das MitlelschilV ragt über die Ijciden, halb so breiten Nebenschiffe beiläufig um ein Drittheil empcu', und ist von denselben durch Pl'eilerarcaden geschieden (Fig. 2). Die haihrumlen Arcadenbögen ruhen auf den einfach gegliederten Kämpfern der viereckigen, kräftigen Areadenpfeiler. Ilaupt- und Nebenschiffe haben das Kreuzgewölbe; nur in der Fortsetzung lies südlidien NebcnscliilTes . welches jedoch ein späterer Zuhau zu sein scheint, ist der gedrückte Sjutz- bogen bemerkbar. Gewölbeträger sind im llauptschififc Wandstreifen, in den NebenschifTen Iheils die Käm|ifer der in jene vortretenden Areadenpfeiler, theils Consolen. Beide NebenschilTe setzen sicli zu beiden Seiten des Chores fort, und dem nördlichen ist noch weiters zur Seite dos Presby- teriums eine Capelle zugebaut. Aus dem nördlichen \ehen- schifl'e tritt man durch ein viereckiges Portal in den Kreuz- gang. Über dem Gewölbe des nördliciien Nebenschiires befindet sich der Capitelsaal, welcher sich als Empore der Aussenwand des Hauptschiffes anschliesst. Die kleinen Fen- ster über den .arcadenbögen und die grösseren in den Nebenschiffen haben den Rundbogen.

Ilem südlichen XebenschitVe ist die Kosenkranzcapelle (lit. /'des (Jrundrisses) angebaut, sie hat das Kuppelgewölbe, eine aclifeckige Fjaterni' und sehr spitzen Helm und dürfte ein s[iäler Zuljau sein.

') Usermsinn Eiiisc. Wirzpli. p. 480.

-) Ann»). F*rnemon»trat. in »ii^.irirs E|ii.sc. L:iv:mt, I*. il, S- IX (liiinilsrliril't

in der Hnn(lscliriflen'»nmmliiii^ des kämt. Gesehiclilvereinps). ■'( Cat.iingus rr-nepositorum in den annal. i'raeinonst. ■•) Der Cnlalopus Craeposilnrnm scheint das Tmlesjalir Pilgriin's mit 1207

anzndeiiten; da jedoch sein >'ai*hrn];^er KiMirad hereits im .lahi'c tZ.'i'i

nrknndllch vorkömmt, so liegt ohijj^er Annah .iir.Miltnr t-in Irrlliiini zu

Grunde. *) Trndpert Nengnrt llist. mon S. Panli. II. p. ;tö. ^) Calalog. Priicp.

(Fig. 1.)

Wegen des .\nbaues des Klostergebäudes ist äusserlicli nur die Westfront, dann die linfangsmauer des südlichen Nebcnscbiflcs und theilweise die des Presbyteriums sichtbar.

Es fehlt jedes Ornament an Gesimsen oder sonstigen liautheilen. Der iistliche Tlieil der rmfatigsmaucr des süd- lichen iN'ebenscbilVes ist durch einfache, olfeniiar der Neu- zeit angehörige Streber verstärkt ((/ des Grundrisses und // des .\ufrisses A H), den Fcken des Abschlusses des Presbyteriums sind aber die kräftigen Pfeiler (lit. c) vorgestellt. Die llauptfacade war hemall, hat Nischen für Heiligenstaluen und erinnert an den lienaissaiice-Giidiel. Das llau|itpoitMl in dersellieii ist viereckig und sehmneklos. DasNebenschiir iiat das Pultdach, das llanptschilf das Sattel- daih. welches sich über dem .\ltscidusse des Presbyterioniv in ein gewöhnliches Walmdach abschrägt. Thürnie filden

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iMiil mir über dem Cliore heliiidct sich ein Dachreiter für sehen Stifte haben wir eine so lückenhafte Geschichte, als

(las ("horo-löckcheii. von dem Stifte Griffen. Dasselbe scheint keinen heimischen

Die Kirche ist von Briiclisteiiien aufgeführt, äusserlich riironisten geliabt zu haben, .\lles was wir bisher über

und iminnern weiss übertüncht undzeichnet sich durch eine selbes erfahren konnten, beschränkt sich auf die Ergebnisse

ungemein gefällige Einfachheit aus. Deutliche Spuren eines entweder aus fremden Archivsschriften, oder aus den dem

Umbaues sind nicht vorhanden.

Wenn erwogen wird, dass der Bau der im Jahre 1271 durch den Lavanter Bischof Herbort eingeweihten Kirche der Periode des frühgothischen Styles angeboren würde, an der gegenwärtigen Stiftskirche aber keines der .\nzeichen der Bauweise jener Zeit wahrzunehmen ist. so muss sich der Zweifel aufdringen, ob wohl unter der gegenwärtigen Stiftskirche die verstanden werden könne, welche im Jahre 1271 ein- geweiht wurde, oder ob nicht der gegenwärtige Bau der Zeit der Wiederaufnahme romanischer Bau- weisen angehöre? Nach dem gegen- wärtigen Stande der Forschungen kann hierüber mit Sicherheit nicht geurtheilt werden. Man hat zwar in den beiden Opferstöcken lit. a b,

welche sich an den Stellen a b des Grundrisses befinden, Gegenstände erkennen wollen, welche einer älteren an der

Verfasser der Annalen des Prämonstratenserordens zuge- sendeten Mittheihmgen. Wie ungenügend diese letzteren waren, zeigt der CatalogusPrae])ositorum. welcher überdiess theilweise mit anderen Geschicht- quellen im Widerspruche steht. Bei dem im Eingange erwähnten Brande soll das Stiftsarchiv zu Grunde ge- gangen sein; allein ich glaube, dass sich noch Manches bei dem Rent- amte Ehrnegg. der Central-\ er- waltung der im Griffnerhoden ge- legenen Ferdinand "räflich von Egger'schen Güter bclinden dürfte. Nach jahrelangen Bemühungen ist es mir gelungen , den Beweis zu liefern, dass sich nicht nur ein, den Zeitraum vom XIII. bis in das XVI. Jahrhundert betreffendes Griffner L'rkundenbuch , sondern auch eine bedeutende Zahl von und Notizenprotokollcn in Ehrnegg befinden.

Geschichts- ....„ i,ui.o^n.>un,jvu..^.. i.. *.,... ..,.g,g, Allein mein Fund lint mir bisher keine Früchte gebracht,

Stelle der heutigen gestandenen Kirche angehörten, allein ich indem es mir ungeachtet der freundlichsten Zusicherungen

glaube, dass hierzu kein genügender Grund vorhanden sei des Gutsherrn Ferdinand Grafen von Egg er bisher noch

und für keinen Fall der Schluss gereclitfertiget wäre, dass die nicht gelingen konnte, den Herrn Güterdirector dahin zu

Kirche, welcher die 7.\\v\ Opferstöcke einst angehörten, eine vermögen, mir jene bisher nicht gekannten, um so minder

solche gewesen sein müsse, welche an der Stelle der heu- beachteten Geschichlqnellen zur Benützung zugänglich zu

tigen Stiftskirche gestanden ist. machen ').

Mehr Beachtung verdient die Hinweisung auf den Rest W^enn der Geschichtforscher in Kärnten mit solchen

eines Basamentes, welcher den Abschluss des Presbyteriums Hindernissen zu kämpfen hat, kann man es nicht seiner

von d bis e des Grundrisses umzieht. Man glaubt in Griffen Schuld zuschreiben, wenn die Vaterlandsgeschichte Lücken

hieraus schliessen zu diu-fen, dass das gegenwärtige Presby- bemerken lässt.

terium und der Herrenchor die älteste Klosterkirche gewesen Südwestlich von der Stiftskirche, der Südfront des

und die weiteren Bautheile spätere Zubauten seien. Wenn Propsteigebäudes gegenüber, steht die alte Pfarrkirche. Die

auch zugegeben werden kann, dass das Presbyterium mit ecciesia Oberndo rf«ird, wie ich schon oben bemerkte.

dem Chore dem klösterlichen Gottesdienste genügt haben könne und dass die ersten Mönche von Griffen bei einer, wie es scheint, ärmlichen Dotation kaum in der Lage gewesen, mit ihren Bauten über die Befriedigung des nächsten Bedürf- nisses hinaus zu gehen, so fehlt doch zur Rechtfertigung obiger Hypothese an den vermeintlichen primitiven Kirchen-

bereits in der Stiftungsurkunde des Bischofes Eckbert erwähnt. Sie bestand sonach schon vor der Stiftung der Propstei: muss jedoch in der gothischen Stylperiode wesent- liche Zu- und rmbaiiten erfahren haben. An eine Verwen- dung zum Zwecke des klösterlichen Gottesdienstes dürfte wegen des kleinen Raumes im ("bore wohl nicht gedacht

theilen irgend ein Anzeichen des gothischen Styles und jeder werden. Sie mag stets nur als Laienkirche verwendet \> iirdcn Behelf um den Fortschritt des Umbaues und der Zubauten sein.

nachzuweisen. Vielleicht gelingt es einer künftigen, der Ge- schichtsforschung günstigeren Zeit, neue bisher ungekannte Geschiclit(juellen aufzulindeii, durch deren Ergebniss die Baugeschichte mit den archäologischen Beobachtungen in Ein- klang gebracht werden können. Von keinem der kärntlineri-

Sie ist einschiffig, denn das scheinbare Nebenschitf D ist ein späterer Zubaii (Fig. 3). Über der Vorhalle, aus

1) Eine solche Englit'r/ijrkeit uiui solch ein unfreuiullieln' veiHÜL'iil (lesshalh aticli ön'eiillk'li jrtriijit zu woi-ik'll.

liLMieiimeil D. Itoci.

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welcher man Schnitt 3) in

unter (li-eis|)itzen Scheidebügen (^^uerdureii- /.(igen, her ;iiir ileii KüniiileiMi der W imdiiiig nilieiidi' Tlnir- das HiuiptschitV tritt , ist eine Empore für den bogen ist mit ÜNndstidi. i'liittelien innl ll(ildi<elile gegliedert

und der 'riiiirstnrz liegt wiigereeht auf. in das IJogenfeld ist ein Kren/, sc-idpirt. l her dem Han|)t|>i)rtale ist ein kleines Hundt'enster mit einem eingesetzten Kiint'|iasse und im spitzen Oiebel der Westfront ein viereckiges stark eingezogenes Fenster angebraelit.

Dem nördlielien Zubau (/> des (irundrisses) ist eine neue Vorhalle E angebaut. Die Strebc[)feiler setzen in drei uneingeschriigten Abstufungen bis unter das Dach fort. Der Thurm über dem Chore hat spitzbogige Fenster imd einen sehr spitzen Helm.

Der Friedhof ist mit einer Schutzniauer umgeben, welche sieh an die lieiden Feken der Südseite des Kloster- gebiiudes anschliesst und daher die alte und neue Kirche umfängt. Der Fahrstrasse zu ist an die Mauerecke ein vier- eckiger, massiver Festungsthurm aufgefidirt. und hinter den Mauorziniien sind hJdzerne bedachte Lanfgiinge (Mordgal- lerien) angebracht. Diese Scliulzbanti'M iliirflen der zweiten

Hälfte des XV. .lalirl derts. der Zeil der Türkeneinfälle

angehören.

Für eine Baiigi'sidiichte nnnigeln gegenwärtig in)ch alle llilfsnuttel. Der Grundriss scheint mcdirere Hauperioden anzudeuten. DasPresbyterium A dürfte ein l'ndian der alten l'fai'rkirche Oherdoi-f. das gegenwärtige Chor U die alte Vorhalle nut dem über ihr aufgebauten Gluckenthurm sein. .\n diese ältesten Baiitheile mag im fünfzehnten Jahrhundert das Schiff C angebaut worden sein. Her Znban D gehört höchst walirsclieinlich dem seclizebnlcn .lalirhnnd<'rt an.

(Ki;j.:!.)

^lusikclKir anlgebaut. Sie hat das Nefzgeuöibe. welches auf llall)|ifeilern ruht, die aus der rnifangsniaiier hervor- treten, und welcher Hundstäbe vorgesetzt sind, die sieh als Hippen in das Netz verzweigen.

Der Chor B hat das Tonnengewölbe und idjer dem- selben ist der Glockenthurm aufgeführt. Das Presby- leriiim (Fig. 3 A) ist dreiseitig abgeschlossen, hat das gothische Kreuzgewölbe; die Wand ist durch vorgesetzte Halbrund Stäbe verstärkt, welche sich als Rippen in das Ge- wölbe fiirtsctzen; zu Schlnsssteinen dienen platte, runde Tel- lerchen. Die Fenster sind spitzbogig eingerahmt, und durch du imf dem Schhisssteine und auf .'imMM Stabwerk in zwei Lichtülfnungen gctheilt. welche mit dem die .lahrzahl 1538 zu lesen ist. Die V(0' Kleeblattbogeii nach oben abschliessen. Der Kaum unter Zuban aus neuerer Zeit. .Man siidil. dass den l'mrahmmigsbogen ist mit einem Vierpa.sse ausgefüllt. um- und zugebaut wurde, ein Inistand, wi Das Hanptportal in der Westfront (Fig. 2) hat den auf die Stiftskirche möglieli . ab.>r lo-lier Rundbogen. Die Wandung ist in zwei .\bstufuMgen eingc- bar ist.

(Tii. 4.)

(ieu iillpi'träger lalle E ist ein in (iriflen viel bdier in Rezug nicht erweis-

4I>

Über einige Bau- und Kunstwerke in Oberösterreich.

(Nach einem Bcriclite des Herrn Jos. naiinisar

Die B:iu- und Kunstwerke iti Oberösterreich theilon sieh in jene aus der Römerzeit, und solche, die dem Mit- telalter angehören.

Die ersteren sind bedeutend an Zaiil und Kunstwerth. da Oberösterreich nicht uui' das befestigte Lager zu Lorch. dann liiiigs der Donau mehrere Castelie enthielt, son- dern, wie es aufgefundene Meilensteine beweisen, auch eine Heerstrasse hatte , welche längs dem Strome nach Passau, so wie von Linz liber Wels, Schwanenstadt und Mondsee nach Salzburg zog.

Die aufgefundenen Denkmale sind theils in dem Schlosse zu Enns und bei Privaten, grösstentheils aber in dem Museum zu Linz aufbewahrt, weldies bereits so viele werthvolle Gegenstände enthält, dass die Localitäten zu beschränkt sind und ein bedeutender Umbau in Verliandlung steht.

In neuester Zeit, und z\\ar im Jahre 1852. wurde mit Genehmigung des k. k. Ihmdelsnu'nisteriums von der Bau- direction auf der Stätte des römischen Lagers vouLaureacum eine Aufgrabung vorgenommen, hierbei nebst Münzen und Waft'enstücken insbesondere ein römisches liad mit einer auf Granitsäulen ruhenden Leitung der erwärmten Luft auf- geschlossen und deren Bestandtheile dem Museum einge- sendet, die Zeichnungen aber höhcru Oi'ts vorgelegt').

Bei dem gegenwärtig in Ausführung stohoMdenStrasscn- bau daselbst fanden sich ebenfalls mehrere Münzen und Waffenstückc vor, welche von dem Museum übernommen wurden, jedoch nur geringes Interesse gewähren.

Als im Jahre 1853 das Felsenbett des Luegcanals neben dem Donau-Wirbel tiefer gesprengt wurde, sind viele Metallstücke aufgefunden und an das Museum üborgoben worden; diese Gegenstände bestanden in

35 Stück Münzen aus Metall, nur einige von Silber, theils aus der Kaiserzeit der Römer, theils aus den letzten Epochen des Mittelalters und aus der Neuzeit herrührend, ohne besonderen Geschichtswerth;

3 Spitzen römischer Waffen aus Metall, 4 6" lang;

3 Schmuckiiadcia aus Metall, 3" lang.

In geschichtlicher Beziehung dürfte auch die .Auffindung einer römischen Münze bei Hall einen Werth haben. Die- selbe wurde nämlich im Juli 1854 bei der Jod(pielle nächst Hall 10' tief in der Erde gefunden, als die Fundamente für das Quellenhaus ausgehoben wurden, und nachdem sich auch die Reste einer eichenen Quellen-Umfassung daselbst gleich- zeitig vorfanden, so liefert dieser Fund den Beweis, dass

') Vgl. Jos. Arneth's AlihaiuUunf? „Über (las im .1. 18jl neu Piildcekto Hypocaustum bei Enns" im .lalirlmchc iler k. k. Cenlrul-Commission (Wien 18Ö6).

II.

In er. k. k. L;inilesbaudircctor.s für Oberösterreich.)

die Römer diese Salzquelle kannten und wahrscheinlich zur Sidzbereitung benutzten , während dieselbe erst bei der Stiftung vim Kremsmünsler. « elches sie von Herzug Tassilo erhielt, geschichtlich vorkommt.

Diese metallene Münze stellt Kaiser .\ntoninus, gut erhalten, vor, und nach bewährten Geschichtsforschern dürfte sie eine Opfermünze sein; sie ist dem Museum über- geben worden.

.4uch aus dem Mittelalter enthält Oberösterreich werthvolle Denkmale der Kunst, besonders in den kirch- lichen Gebäuden, weniger dagegen in Schlössern und Bur- gen, da dieselben während und nach dem Religionskriege oftmalige Zerstörung erlitten und in ihren Ruinen wenig Bemerkenswcrthes darbieten.

Die in grosser Zahl vorhandenen, im gothischen Style erbauten Kirchen reichen mir selten über das XIV. Jahr- hundert hinauf, die Mehrzahl entstand im XV. Jahrhunderte, alle leiden aber an Zubauten und Änderungen aus der Neu- zeit, da diese oft weder die Kenntnisse noch auch das innere Gefühl besitzt, sich zur Erhabenheit jenes Baustyles empor- zuschwingen , daher viele Renovirungen und sogenannte Verschönerungen um so lebhafter zu beklagen sind, je eifriger hierbei vorgegangen wird.

Unter diesen Kirchen verdienen jene in Steyer, Efferding und Brau na u sowohl wegen ihrer Grösse, Anlage und Bauart, als auch wegen ihres Zustandes eine besondere Erwähnung; sie enthaUon insbesondere viele Details, welche der Aufnahme und bildlichen Darstellung würdig sind.

Einen besonderen Werth haben aber jene wenigen Altäre, welche der Zerstörung entgangen sind, und in den Kirchen zu Käfermarkt. St. Wolfgang. Hallstatt. St. Michael bei Freistadt und Waldb urg noch gegen- wärtig die Bewunderung erregen.

Im Verliuife der letzten Jahre wurden an den zuerst genannten 3 Altären mehrere .\rbeiten zu ihrer Erhaltung vorgenommen, welche erwähnt zu werden verdienen, und hier in Kürze angedeutet werden.

1. Die grosse, zu Ehren des he iligeii \\'ü1 fgang erbaute Kirche am gleichnamigen See zeigte im Presby- terium sehr bedenkliche Mauerrisse, und da die -Abtragung dieses Presbyteriums unvermeidlich schien, so wäre hier- durch der werthvolle Altar in (jcfahr gerathen. in Trümmer zu zerfallen, da dessen Holzwerk theilweise morsch ist. Es gelang jedoch den Bemühungen der Bauilirection dieses Denkmal der Kunst dadurch zu erhalten, dass die ganz ver- moderten Eichenpfähle, auf welchen das 4 Klafter tiefe Fun- dament ruhte, mit Vorsicht herausgenommen, und dasselbe mit Steinquadern in kleinen .\btheilungen unterfangen

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winde, welche äusserst bedeiikliehe Arbi'il deu giiiistigsteii Erfolg hatte, und die Standfestigkeit dieses Kirciientheiles, und mit ihm den Prai-htultiir für eiue lange Zeitdauer sichert. Die lii'bauung dieser elienialigeii IVuJjstei, nunuieiirigen Pfarrkirche, gesehall zwar schon im Jahre 1084, im Jahre 1421) erfolgte jedoch ein Neubau, und im Jahre 14S1 Hess Abt lieuedict durch Michael IJlacher vonPruuneck deiiberiiluu- tenllocballar erbauen. Kr ist ein Flügelaltar, dessen iMittel.stüek 18 Fuss hoch. 12 Fuss breit, mit altdeutschen Gemälden auf Goldgrund verziert und ringsherum mit Seliuitzwerk eiu- gefasst ist. Die Wirkungen des Alters zeigen sich schon allenthalben, und eine sachgemiisse llenovirung durch die Hand eines Künstlers erscheint höchst wüuschenswerth. nicht minder aber auch eiue getreue Aufnahme und Zeich- nung, da von diesem allgemein bekannten und bewunderten Meisterwerke der Kunst zwar bildliche Darstellungen, aber keine genauen Pläne vorhanden sind.

2. Der Flügelaltar in der Pfarrkirche zu Hallstatt ist so wie der vorige vielseitig bekannt; im Verlaufe der ver- tlossenen Jahre ist derselbe in seinem ganzen Umfange, so wie die Gemälde seiner beiden Flügel, auf Veranlassung des hochw. Pfarrers renovirt und mit neuer Vergoldung so wie auch mit einem neuen Tabernakel versehen worden, und obschon diese Arbeit, besonders in Beziehung auf den gothi- schen Styl vieles zu wünschen übrig lässt, so ist die Rein- heit und Emsigkeit der .Ausführung doch lobenswertli.

3. Den bei weitem grössten Werth hat der Hochaltar in der Pfarrkirche zu Käfermarkt, und verdient tun so mehr Erwähimng. als derselbe im J. 1854 ndt grösster Sorgfalt und kunstgemäss renovirt wurde. Dieser .\ltar scheint am Schlüsse des XV. Jahrhunderts gleichzeitig mit der Kirche vom Grafen Zelking erbaut zu sein. Der Künstler ist leider nicht verlässlicb bekannt. JJieser .Altar ist 42 Fuss hoch und gleicht einer Monstranze. das Postament ist durch den Altartisch verstellt, das Mittelstück Ijildefr einen Rahmen, über welcher sich der reich verzierte, aus vielen Thürmchen. schonen Baldachinen und lebensgrossen Figuren bestehende Giebel pyramidenförmig erhebt: die schönste und werth- vollste Partie ist jedoch das Mittelstück, indem (hisselbe drei ül)er Lebensgrösse haltende Figuren unifasst. nämlich den heil. Wolfgang, Petrus und (Christoph, fast freistehend, meisterhal^ aus Lindenholz geschnitzt. Beidei'seits sind, in vier Felder abgetheilt, schöne Heliofbilder. und stellen die Verkündigung des Engels, das Opfer der heil, drei Könige. die Geburt Christi und den Tod der heil. Jungfrau Maria in der reinsten Schnitzarbeit dar.

Zeit, Barbarei und Verschönerungen beschädigten die- sen Altar, dessen Reuovirung wurdi- jedoch auf Amirdnung Seiner Excellenz des Herrn Stalthalters Freilierrn vim Bach in Aiigritr genommen, und dem in Sebnitzarbeil bcwäbrieri

Bildhauer .loliann UinI in Linz übertragen; ileiselbe wid- mete sich seit dem .lahre 1852 ausschliessend der Lösung dieser »-ben so schwierigen als ehrenvollen Arbeit, so zwar, dass im J. 18ö4 der Giebel und ein grosser Thcil der Mittelabtheilung bereits vollendet und die .Ausbesserung der drei Hauptligureu in Arbeit begrilVen war. luid dir gänz- liche Vollendung im Verlaufe des Jahres ISö.'i bewirkt wiu'de.

Mit geringer .\usnalime ist dieses Meistei'wcrk weder vergoldet noch angestrichen, die Holzarbeit steht ohne aller Nebenhülfe einfach und rein vor Augen, und in dieser Weise ist auch die Benovirung ausgeführt, das Holz win'de wegen des Wurmstiches in Salzaullösung getränkt, und mit farb- losem Kopallirm'ss überzogen.

Gegenwärtig prangt w ieder dieser benihmte Hochaltar in seiner urs|U'üngliclien Schönheit, und bildet nach dem Urtheile von Sachkennern eines der grössten Mei.sterwerke, vielleicht das grösste dieser Art in Deutschland.

4. Hinsichtlich der Flügelaltäre in St. Michael bei Freistadt uiut in Waldbnrg kann ich mich vorläulig nur auf die Anzeige ühev das Xdriiandensein derselben beschränken.

Nebst den so eben bezeichneten .Mterlhümern dürften noch zwei Gegenstände .Aufmerksamkeit verdienen.

Ein Denkstein, welcher in der (neu erbauten) Pfarr- kirche zu Schärding im Glockenhause eingemauert ist.

Die Figuren in halberhaliener .Arbeit erhalten ihre Er- klärung durch die .Aiifschritt eines zweiten Steines, welche jedoch sebi' schwiei'ig zu lesen ist und von einem Kenner folgemlermassen angegeben wurde :

„.Als mau zählt nach Christs gepurdt Xllll' jähr und XXVHI jar hat herzog Ludwig. Herzog in Bayern und Graf zu Wortaigen der Königin in Frankreich Bruder angefangen den Zwinger an <len Vorhof. das Tor und den turn von Grund herausgemauert, den Graben prächeu von beiden Seiten an das Yhn auch den statzwingerturn das Tor genannt .Aller- heiligen, um das Yhn tor und den Zwinger von den aiciibüchl bis an den Vorhof der Vest von Grund herausgeniauert. den Statgraben prächeu und graben lassen, zu beiden seilten in das ihn um viel andere nützliches pau gethan, den Stat und V(!st schardinger in acht jähr, bit got für sein sei."

Nicht ohne geschichtliches Interesse dürfte endlicli auch jene hohe Säule sein, welche am Innfhisse neben der Schlossruiue von W ernst ein steht; sie ruht auf einem von Stufen umgeberK'ii Postanuuite. anderen Ecken 4 Figuren sUdien ; die Säule ist gewunden, sie trägt eine Marien- statue, und die Gesammthöbe dürfte 12 Klafter erreichen. .An den 4 Seiten des Postamentes sind Inschriften angebracht, wornach Kaiser Ferdinand \\\. eine ähnliche Statue am Indien Markte in Wien aufstellte, Kaiser Leopold l. dieselbe aus Erz giessen Hess und sie dem damaligen Besitzer von Wernstein, Ludwig Grafen von Sinzendorf, schenkte.

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Über die neuesten Aasgrabungen zu GrossPöchlarn.

Wir haben bereits in ilem voraiisgegiiiigeiUMi Hefte (S. 23) bemerkt, dass die Angaben des Herrn Prof. Dr. Wilhelm Gärtner in seinen „Antiqnarisehen Briefen" (Abendblatt der Wiener Zeitung von 15., 16., 17. und IS.Oct. 18S6)dann in seinem kürzlich erschienenen Werke: ^,Chuonrad, Prälat von Gottweih und das Nibelungenlied" (Pesth, Wien und Leipzig 1857) S. 325—332 nicht frei von Unrichtigkeiten sind und dass nach der Beurthoihmg des Herrn Conservators Ignaz Heinrich Keiblinger nur die in dem Berichte des Herrn Beneficiaten Weigelsperger angeführten Delails als authentisch zu betrachten seien. WirAVollen nun die wesentlichsten Angaben beider Gewährs- männer hier mittheilen, um eine Ergänzung in der !)isher erschienenen Beschreibung der Funde zu ermöglichen. Pie in Frage stehenden Nachgrabungen zu Gross-Piichlarn wurden auf einer Wiese in der Nähe des Dorfes Harianden unter- nommen. Prof. Dr. Gärtner gibt an, dass zuerst ein nach drei Seiten ausgemauertes, auf der Westseite, d. h. nach aussen hin offenes kleines Viereck von 7>/2 Fuss Länge und 4'/;. Fuss Breite blossgelegt wurde, welches in der Höhe von 31/3 Schuh mit Steinen und Ziegelstücken bedeckt war und mit seinen Mauern bis 3 Schuh tief in die Erde reichte. „Nur die nach Osten gekehrte Mauer, die der oirciien Seite gegenüberstehende Breitseite setzte sich nach rechts und links fort, um hier und dort, je nacli einem Zwischen- räume, abermals einem solchen Vierecke als östliche Breit- seite zu dienen. Wir fanden in dem Viereck die noch verbundenen vier eisernen Hauptbestandtheile einer römi- schen Pickelhaube, sodann den eisernen Bing, der oben in die ()n'nung derselben hineinpasste, ferner mehrere Eisen- stücke von der Form der beweglichen Handhaben an etwai- gen Cassetten, dann, nebst einigen Bruchstücken von schwar- zen und rötlilichen Thongefässen , die Eisenspitze einer Lanze, endlich ein eisernes Band, welches trotz der Last des Schuttes , der darauf geruht hatte, hohl lag ; es passte vollständig um Unterleib und Hüfte und war wohl die Ein- fassung eines Panzers. Besagte, nicht verbogene Form Hess darauf schliessen, dass es am Leibe des getödtetcn oder ver- schütteten Eigners festsass und wir, wiewohl wir keine Spuren von Gebeinen gewahrten, die Asche eines Menschen ausgegraben hatten." Herr Weigelsperger führt dagegen an: „Das Mauerwerk ist 1" 4' lang. 5' breit, und dessen innerer Baum mit Erde gefüllt. An der südöst- lichen Seite des Mauerwerks wurden gefunden mehrere verrostete Gegenstände von Eisen, darunter eine Eisen- schiene 23" lang, 1" breit, nach dem Ende zu aber zugespitzt und gebogen. Ein Eiseustück in der hier abge- bildeten Form (Fig. 1) mit Lappen versehen, von denen jedoch nur einer vollständig ist, und welcher Fund Älndich- keit mit der messingenen Montirung der Gensd'armerie-

£^ickelhaul)en besitzt, in die nn'ttlere runde (Krnung passt ein ebenfalls gefnndenei- l{ing. •*

Über das Besultat der weiteren Nachgrabungen liefert ferner Professor Gärtner folgende Darstellung:

„Nebenan (d. i. neben dem erwähnten Mauerwerke) deckten wir in der gedachten Bogen- linie ein zweites, gleich grosses Mauerwerk auf. .lene Cnrve deutete dadurch, dass sie sich fortsetzte, auch durch ihre grössere Breite, die über 4 Schuh beträgt, während die beiden Längenseiten des Vierecks Muriyo Schidi Breite haben, darauf hin . ilass sie die eigentliche Um- fangsmauer des Gebäudes war. Ich muss gleich hier bemerken, dass wir jedoch noch 2—3 Schritte nach aussen hin, in der Peripherie um jenen oberen Haum herimi, auch noch auf die Spuren eines, wie es schien . ebenfalls unterbrochenen IMauerwerkes trafen. Ich habe noch nachzutragen, dass wir im zw eiten Viereck ausgiebige Spuren von Verkohlung bis tief in den Grund liinein antrafen , auch der Überrest eines nicht eben grossen Bindshornes fand sich liier. Da wir vermutheten, jene Vierecke würden sich längs der ganzen Vorderseite fort- setzen, und da es uns darum zu thun war, uns zu über- zeugen, wieviel von der Tiefe des Hügels, auf welchem die Wiese liegt, der Schnttdccko und wie viel dem Grunde des Hügels selbst angehöre, da wir ferner auch eine Einsicht in den Inhalt des mittleren Baumes gewinnen wollten. so begannen wir sofort die Nachgrabung in dem Mittel- punkte des Platzes.

Wir fanden die Schuttdecke in ihren Bestandtheilen, ofi'enbar die Überreste gewölbterMassen. hier bis I '/^ Klafter tief; wir trafen daselbst, wie ich verninthet hatte, auf keine Mauer, aber eben so wenig auf ein Getäfel oder anderarti,^es Fundament, sondern auf den thonhaltigen Hügelgrund, der in hohem Grade durchnässt . und mit Eiseuoker geschwängert war. Ich wusste nun. dass die Hügelform des Wiesengrundes nicht durch die Trümmerhanfen allein gebildet war.

Aufgefunden wurden an dieser Stelle melirere gewaltig grosse eiserne Nägel, dann einige Bruchstücke von Eisengeräth und eine Kaisermünze mit der Aufschrift S. C. (Senatus Consullus): von der Überschrift um den Kaiserkopf herum, der sehr edel aussieht, vermochte ich einstweilen mn- des Namens Endbuchstaben NVS. zu lesen; der nöthigen Beizung unterzogen, wird sich der Trajanus oder Hadrianu.s wohl bald entzilVern. Die Aufimdung dieser Münze in einer Tiefe von 1 '/j Klafter verursachte uns nicht geringe Freude, da wir bis dahin noch keine besondere Gewährleistung für

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einen Hönierliaii gewonnen liatten. lläulige l beiTesle vun N'eikolilungen und sogar ganze Stiiekc wolilerlialtener, wie- wohl zerfaserter Brandkolile in iler Tiefe von 1 liis 1 '/., Klafler gaben aneli li i er Zengniss, dass diese Statte einst mit Feuer und Sehweit verwüstet worden war.

Am liebsten hätten wir uns eine Diagonale über den W'iesengrund gezogen, um säninilliehe oder die meisten ( )rt- liehkeiten der ehemaligen Raumeinlheilung zu berühren: aber das Ende der Ferien rückte heran, meine Zeit war gemessen, und \\ ir versprachen uns von der südlleiien Län- geiiseite gute .Aufschlüsse; so wurde die Aufdeckung am westliehen Ende (eigentlich Anfange derselben) begonnen. Wir hatten hier auf allen Funkten an der Spitze des Stoss- eisens die Spuren von Mörtel und Kalk herausgezogen.

Nach einer Reihe von Spatenstichen klang es hohl; wir überzeugten uns, dass wir auf einer Wollnmg standen.

Der Schutt, aus Ziegelstücken und schwerem Gesteine bestehend, war hier, aber nur eben hier, das ist auf D Fuss von West nach Ost und auf 4Fuss von Süd nach Nord, über ;5 Schuh hoch; denn da wir in verlängerter Linie in die Tiefe dieses Gemiiuerzuges vorwärts rückten, war, wie ich näher angeben werde, die Seluitllage ungleich seichter, bis dieses Verhältniss wieder, wie ich an seinem Orte bemerkbar machen will, sich gegen das Ende hin sehr anders gestaltete. Wir waren zwischen zwei, 9 Fuss von einander abste- hende von West nacli Ost sich fortsetzende Mauern gerathen; wir hatten auf 4 Fuss vor uns eine 1 Fuss dicke Quer- maucr und im Rücken ileii dem Viereck entsprechenden Theil der an die Längen- oder Tiefseite anstossenden äusseren Breitseite. Diese letztere und jene vorletzte stellen sich durch Massenhaftigkeit und Anlage als Grundmauern dar; die Stärke der, jener vorletzten gegenüber liegenden Mauer blieb im Drange der Zeil und Arbeit unerforscht, könnte aber nun, nachdem jeder Zweifel über die Bedeutung des Gesammtbaues gewichen ist, einstweilen im Wege der .Analogie construirt werden.

Wir standen im besagten Viereck auf einer Decke von Ziegelflötz, die zwei Zoll stark war; darauf folgte eine schneeweisse Lage Flötz aus Kalk und Gyps von ebenfalls 1 '/o Zoll Dicke, und so wiederholte sich dieses abwechselnd noch zweimal; diese Decken alle Hessen sich in breiten ganzen Stücken ablösen. Nach Hinwegnahme der letzten Decke trat über die ganze Bodenfläche des längliehen Vier- ecks liin. hellroth, gleichsam erst gestern hingelegt, eine Lage von Ziegelröhren hervor; sie diu'chselniitten das Gemach von West nach Ost, und da jede einzelne Röhre 20 Zoll Länge mass, so waren je zwei von Ost nach West gegen einander gelegt und durchmassen so in doppelter Länge von einer^uermauer zur andern den Raum. Zwischen den beiden Ziegelrölircn befand sich eine Lage absperrenden Kittes. Diese Riihren waren T'/q Fuss breit. V^^'"" stark, im Halbkreise durchschnitten, und lagen, als llohlridn'en, also mit dem Durclischiiitte auf einer abermaligen fast

spiegelglatten, sehr festen Lage einer Mischung vtin Kalk und Gyps auf. Soleher Röhren lagen 12 neben einander.und nur au ilen beiden Seiten der Ijängenmauer hin kamen, dem Räume sich anbeipuineud. auch weniger breite und starke Röliren vor. In die auslaufenden Enden dieser l{öhren mündeten ebenso geformte aber convex autliegende, hori- zontal gelegte eingemauerte und verkittete Ziegelröhren; und von der Mündung dieser Halbröhren, also an den Ecken des Vierecks, liefen abermals derlei Röhren in die Tiefe hinab. Die dicht neben einander liegenden 12 Röhren hatten in den Zwischenräumen ihi'or ('lu'ven einen .\ufsfrich von Kalk und Kitt.

In der besagten, das Gemach nächst Osten abgräii- zenden Quermauer fanden sich kleine, 3 '/i" weite und breite, aus Thonplatten gebildete viereckige Olfmingen, die in die Tiefe hinabführten und bewiesen, dass die; hier gestandene Wand an diesen Punkten hinauf h<dil war.

Da wir die Kalk- und Gypslage. auf welcher die Röliren ruhten, abgelöst hatten, standen wir unmittelbar auf der Wölbung. Wir hoben den starken Scheitelstein heraus, und sahen in eine . nur 1 Schuh, in der Mitte nicht ganz 2 Schuh tiefe, das \'iereek in seiner Länge und Breite aus- füllende Ellipsen-Wölbung hinein, die, wie wir bei tieferer Grabung sahen, auf den beiden Seiten- (den Längen-) Mauern ruhte, aber wieder unterbaut war von zwei klei- neren nebeneinander lautenden Hufwölbungen; und mir jene erstere Wölbung war es, in welche die letztbe- merkten h inabi cnkenden Röhren reichten, wie dann auch die Höhlungen in der Quermauer ebenfalls von hier aus aufstiegen, so dass die beiden Hufwölbungen, welche, wie wir sehen werden, gleich jener ersten elliptischen fast die ganze hier ins Auge gefasste Längenseite unterliefen. nicht, wie letztere, der Behälter für die heisse Luft (denn ilass wir es hier mit einem Heiz- und fveitungs-.\p[)arat römischer Thermen zu fliun haben, brauche ich wohl kaum anzumerken), sondern eben mir der unterirdische Weg für den Luftzug und für den Heizer waren. Wir fanden diese Hufwölbungen mit einer leichten schwärzlichen Erde, die zum grossen Theile Staub zu sein schien, vollgefüllt und hatten sie bald so weit geöll'uet. dass einer der Arbeiter auf den Knieen hineinsciilüpfen konnte. Wir standen in diesem Augenblicke in dem aufgedeckten Viereck 1 Klafter tief. Ich kürze mir das Geschäft dieses brietlichen Berichtes, indem ich sage: dasselbe Rölirensystem. dieselbe gehöhlte Querwand, mit einem Worte dasselbe Gemach fanden wir. die Aufdeckung nach Ost fortsetzend, zwischen den beiden Läugenmauern noch fünfmal o h n e U n t c r b r e c h u n g wieder, mit dem unterschiede jedoch, dass diese fol- genden fünf Gemächer voneinerQuermaucr zur andern um '/s Fuss weniger Breite massen, als das erste: ein Finstand. der die geringere Stärke uiiil lireile jener quer über, zum Theile unter der Querwand versteckten Röbrenlage mit ver- mittelt wird; ich bemerke ferner, dass die Schuttdecke der

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andern fünf Gemächer ungleich seichter, als die des ersten Gemaches, ja stellenweis kaum 1 Schuh dick war; dass somit die Überreste jener ausThontafeln eonstruirtenWand- hijhlungen auch ganz knapp an die iTinere fjängenwand herantraten, und dass die oberste Deckung des Fussbudens im zweiten Gemache sich von dem der folgenden vier Gemächer unterschied; während letztere weiss war und aus der Mischung von Kalk und Gyps bestand , war jene viel- mehr ein luxuriöses, geschlill'enes oder doch geglättetes, fast tleischrothes Cement von Thon und Gyps, etwa 1 Zoll stark. an der Wand hin mit einer 1 y, Zoll hoch aufstehenden Kante. Es gelang, ein 1 % Fuss breites und langes Stück davon herauszuheben und den übrigen Funden, bei welchen die gedachten Ziegelröhren des ersten Gemaches hin- reichend vertreten sind, beizugesellen. Im Übrigen Hessen wir diese fünf Gemächer, damit sie bewahrt blieben, unan- getastet.

Noch hatten wir keinen Zugang zur Beheizung und Feuerstätte entdeckt. Wir hätten Grund gehabt diesen tiefer im Räume drinnen, hinter der inneren Längenseite. wo ich ihn noch jetzt vermuthe, zu suchen, eine zweite Linie aufzudecken und ihren Anzeigen Folge zu geben, dazu hätte aber für diessmal meine Zeit nicht mehr ausgereicht ; über- diess wollten wir die äussere Längenseite soweit als möglich erforschen und jedenfalls damit bis zu einer merklichen Ein- senkung, hinter welcher sie das frühere Niveau aufnimmt und bis gegen den Saum des Waldes hin fortsetzt, gelangen.

Das erforderte nun kein leichtes Stück Arbeit; denn von dem sechsten Gemaehe ab begann massive Mauer, und zwar in der ganzen Tiefe der Gemächer und auch noch in der Breite der beiden Längenmauern dieser Gemächer.

Da wir mit der Grabung in die Tiefe dieser Mauer etwa drei Schuh weit vorgeschritten waren , gelangten wir zu einer Stelle, die wesentlich anders construirt war. Während in der Mitte die Steinmauer fort und bis l»/, Klafter tief in den Grund hineinlief, grif- fen die Steine derselben an beiden Seiten in eine mulden- föi-mig gebaute, einen Vier- telzirkel beschreibende Ein- fassung hinein, deren Ziegel in halb aufrechter Neigung vielmehr standen als lagen, so dass das Ganze wie ein Unterbau irgend einer Wöl- bung aussah. f''?-

Sofort wurde dieser Punkt für die Ausgrabung bis auf den Grund, und zwar im l'mfange jener muldenfi'ir- migen Einfassung bestimmt.

Ich nniss beifügen, dass unmittelbar hinter dieser Mulde jene Einsenkung der Schuttdecke beginnt, in welcher man unschwer den Seitengang in das Badehaus, oder auch den

'' I I : L_

Ausgang zu dem, wenige Schritte entfernten Bäehlein wabrninunt.

Bei der Hinwegräumung von Schutt und Gestein , das hier mehrere Fuss hoch lag, fanden sich daselbst noch die Bruchstücke von den verschieilensten Gattungen der Thon- gefässe, von hochrothen, ganz feinen blassrothen, grauen und schwarzen, mit und ohne Zierath, in grosser Menge; ferner fand sich hier ein Stück von dem unteren Theile eines römischen Schwertes.

Nachdem wir die Tiefe von 1 Klafter und mehreren Fuss gewonnen hatten, kam die gewöhnliche Lage von Kalk und Gypsmischung und nnter ihr das Fundament, einer 3 Zoll dicken Lage Ziegelplatten, Quadrate von 13 Zoll; wie die Röhren hatten sie das frischeste .\ussehcn und waren von einer Feinheit und Glätte, wie sie in der Neuzeit nur selten vorkommen mag.

Unter diesen Platten war abermals eine Lage von Kalk und Gypsmischung und sodann wieder eine Schicht Platten von der Grösse und Feinheit der früheren, jedoch in der Diagonale durchschnitten, oder vielmehr je eine Platte aus 2 Dreiecken construirt; alsdann nochmals die Schicht gegypsten Kalkes und endlieh wieder eine Lage Platten, ganz wie die erste Lage; und nun erst hatten wir das Ende der Fundamentirung und den Erdgrund erreicht."

In Bezug auf die eben geschilderte .\usgrabung legte Herr Weige Isperg er einen hier in der Abbildung ersichtlichen horizontalen Durchschnitt des Mauerwerkes (Fig. 2) und nach der Linie A B einem senkrechten Durchschnitt der Aidage (Fig. 3) vor. Er bemerkte hiezu: „Das Mauerwerk ist durch Querniauern in sechs kleinere Parallelogramme getheilt. im Parallelogramm VWYZ liegen 11 Stück Hohlziegel mit der Öffnung nach unten gekehrt neben einander; von 9 Stücken ist jeder 21" lang. 8 '4" breit und V*" dick und halbrund, von 2 Stücken ist jeder 18" lang, fi" breit, V^" dick und oben etwas spitzig zulaufend.

Gleiche Ziegellagen lin- den sich auch in den Paralle- logrammen i k e m, u 0 p q luul r a t u; nur mit dem Unterschiede, dass in diesen mehrere solche Ziegellagen hinter einander gereiht sind und so das ganze Parallelo- gramm bedecken.

1 1 I Das Parallelogramm r s

■■* tu weist überdiess noch

eine Dopiielreihe senkrecht stehender Ziegel auf. Diese sind Mach und haben an zwei Längenseiten vorspringende Rämler von 1 '/o Zoll Länge. Rlit diesen Rändern sind je zwei zusammengestellt . so dass sie einen senkrechten Uanal bilden. In mehrere dieser Zieirel sind Ollnungeu geschnitten, welche den liegenden Hohlziegeln zugekehrt sind.

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Sämmtliche horizontal liegende Ziegel waren bedecivt mit einer ',)" dicken compacten Mörteli;ruste. Ein gleiches Mürtelflütz befindet sich auch unter den Ziegeln; letzte- res ruht auf ^^- einer Erd- schidite und unter dieser Erdschichtc befindet sieh Mauerwerk , in welchem zwei parallel mit einander (Fig. 3.) laufende Ca-

näle in der Richtungvon Osten nach Westen angebracht sind. Jeder dieser Canäle ist gewölbt und mit Steinen ausgemauert.

In der Tiefe des Parallelogrammes a b c d unter der Mauer c d c f fanden sicli vier- und dreieckige Pflaster- ziegel.

Sowohl diese, als auch die übrigen Ziegel sind ohne

Bezeichnung.

Eine von g i gegen Süden laufende Mauer zeigt, dass dieses Gebäude nicht isolirt stand.

Unweit des eben beschriebenen Gebäudes wurde im

Lehmgrnnile, ',V tief unter der Erde, eine Münze des Kaisers Hadrian gefunden.

Endlich wurden auch bei Gelegenheit dieser Nachgra- bungen ein ganz verglaster Kieselstein und Geseliii'rscjiei'ben. von den verschiedensten Farben und aus verschiedenen Erden verfertiget, aufgefunden."

in einem der k. k. Central -Commission vorgelegten Berichte äusserte sich der k. k. Hegierungsrafh Herr Joseph Arn etil bezüglich des Werthes derAusgi'abuiigen. dass die Auffindung des Bauwerkes mit heizbareni Fussboden jeden- falls von einigem Interesse ist. „DieArf der üelieizung, welche hier angewendet erscheint, ist die einfachste, nändich durch Hohlziegel, reihenweise auf dem Fussboden liegend, in deren hohlen Haum die erwärnde Luft geleitet wurde, wodurch sich der Fussboden erwännle. Dasselbe Verfahren wurde bezüglich der holilen \\ ände angewandt. In imserem kalten Klima kiinunt diese Beheizung bei römischen Wohn- häusern häufig vor. Interessant wäre es, wenn von Herrn Professor Gärtner weitere Nachgrabungen angestellt werden sollten, nach der Heizkamnier zu suchen, welche an einem Ende des Gebäudes gewesen sein muss. Übrigens dürften Monumente von besonderem Werthe kaum zu erwar- ten sein und eine weitere Nachforschung mehr für die Topo- graphie als wegen der wahrscheinlich zu lindenden Objecto wichtig sein."

Pamätky archaeologiche a mestopisne.

Unter diesem Titel erscheint bereits seit Anfang des .lahres 18U4 auf Kosten des Museumfondes für Heraus- gabe guter böhmischer Werke (Matice ccskä) in Prag eine periodische Sclirift unter der Redaction des als Sammler historisch-toiiographischer Notizen über Böhmen seit Jahren thätigen böhmischen Schriftstellers Karl Wladislaw Zapp, Professors an der Prager k. k. böhm. Oberrealsebule. die in Bezug auf ihren archäologischen Theil von dem archäologischen Comite des böhmischen Museums als ihr Organ adoptirt wurde. Das Werk erscheint in viertel- jährigen Heften ä 6 Bogen in 4. mit je drei Illustrationen in Stein oder Kupferdruck. Acht Hefte oder zwei Jahrgänge bilden einen Band, dem ein ausführliches Namen-, Orts- und Sachregister beigegeben wird. Somit sind bis mm der erste Band und 4 Hefte des zweiten Bandes erschienen.

Die Masse des bereits im 1. Bande gebotenen Mate- rials ist sowohl dem Inhalte als der Form nach allerdings aller Beachtung werth, zumal als der Bedacteur selbst mit grosser Umsicht und Thätigkeit den gegenwärtigen Stand- punkt der archäologischen Studien in Bezug auf die Kunst des Mittelalters zu behaupten anstrebt, uml auch die Sich- tung und Zurcchtlegung des ihm viui zweiter Hand darge- botenen Materials vernuttelst seiner Detail- und Local- kenntnisse gewandt durchzuführen versteht. Böhmen und Mähren sind aber auch wahre Fundgruben für Forscher

mittelalterlicher Kunst, und man muss erstaunen, wie viel Schätze aus dem Bereiche der Architectur, Malerei und Sculptur beide Länder, trotz der vielen beispiellosen Ver- wüstungen durch Kriege uml den krassesten Vandalismus neuerer Zeilen, noch inmier aufzu« eisen haben.

Da das von den Pamätky Dargebotene bisher nicht über den Kreis des böhmischen Lesepublicums gedrungen ist, dasselbe jedoch eine weitere Beachtung jedenfalls im vollen Masse verdient: so glauben wir im Interesse der Kunstgesehichle und.Vrchäologie nur eine angenehme Pflicht zu erfüllen, indem wir über die im ersten Bande besprochenen archäologischen Objecto eine gedrängte Übersicht geben.

Den Eingang der Publicalion bildet eine vom Bedacteur unternommene Bearbeitung oder eigentlich Po[udarisirung des L. Vitet'schen Aufsatzes: „(bei- die Erhaltung der Alterthümer namentlich der Baudenk- inale", dessen deutsche Ubei'setzimg bereits im 11. uml 12. Hefte von .Försters Allgemeiner Bauzeitung vom Jahre 1852 erschien. Der Bearbeiter hebt besonders jene Partien des Aufsatzes hervor, die den Verhältnissen unserer Länder am meisten entsprechen, und sucht durch Ein- streuung passender, einheimischer Beispiele das Ganze dem Interesse seiner Laiulsleute näher zu bringen.

Die Altstädter Haup tpf a rrki rc b e zu Maria Himmelfahrt am Teyn in Prag (siehe 9,52, 101),

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eine erschöpfende Monographie von Kitrl Wladislaw Zapp, in welcher zuerst die Geschichte dieses in der böh- mischen Kiruhengeschichte eine der wichtigsten Rollen spielenden Gotteshauses in drei Abschnitten auf anregende Weise geboten wird. Dann folgt die Detailbeschreibung, aus der wir Folgendes herausheben : Das jetzige Kirchen- gebäude stammt aus dem Anfange des XV. Jahrhunderts, gehört der letzten Periode des gothischen Styles an, nimmt einen Flächenraum von 429 Q Klafter 11' ein. ist von Aussen 192' lang, 108' breit, und besteht aus einem im Lichten 168' langen und bis zu den Schlusssteinen der Wölbung 96' hoiien Mittelsehilfe, und aus zwei um die Hälfte niedri- geren und im Lichten nur ISÜV2' langen Seitenschiffen. Alle drei Schilfe schliessen gegen Osten mit einer |)oly- gouen Ajisis ab, das Mittelschiff aus dem Zehnecke, die Seitenschilfe aus dem Achtecke. Zehn reich protilirte gothi- sche Pfeiler in zwei Reihen, je S auf jeder Seite, trennen die drei Schilfe; 31 mit zierlichem Mass werke versehene Fenster ölfnen sich in den Mauertlächen , darunter das grosse Mittelfenster ober dem VVestportale 13' breit, S2' hoch, dann die vier schmalen aber 70' hohen Chorfenster im Mittelschiffe, die eine imposante Wirkung hervorbringen. Stark vortretende Mauerpfeiler umgeben die Aussenseite an den Apsiden, Seitenflächen und auch an der Westfronte ; das Baumaterial ist der allgemein übliche Prager Bruchstein. Plänerkalk aus den Weissenberger-Brüchen, nur die Rücken der Aussenpfeiler und Fenstereinfassungen sind von gemeis- selten Sandsteinstücken aufgeführt. Äusserst imposant ist die W^estfronte mit ihren 158' hohen, reicli verzierten Quadergiebeln und den zwei sie tlankirenden 253' hohen Thürmen, die, erst um das Jahr 1511 zu ihrer Vollendung gelangt, mit zierlichen, gothisclien Gallerien, mit je 8 Sei- tenthürmchen versehen und mit Schiefer eingedeckt sind. Der nördliche, um mehrere Fuss schmälere Thurm brannte 1819 ab und wurde 1834—1835 in seiner früheren Gestalt

erneuert. Am Giebel prangen an der Stelle des ehemaligen Utraquistenkelches das Marienbild mit ehernem Scheine vom Jahre 1626, dann die Waiipen von Böhmen, Mähren, Schle- sien und Luxenburg. Auch die Vorderseite des südlichen Thurnies zeigt an der Gallerie das steinerne Brustl)ild eines Königs (wahrscheinlich Wladislaw II.) zwischen zwei klei- neren lialben Figuren, und mehrere Wajipen. Von den gothischen Portalen an der West-, Süd- und Nordseite zeichnet sich das letztere durch eine besonders reiche Anordnung aus und gehört jedenfalls der s]iätgothischen Periode an (etwa aus der Mitte des XV. Jahrhunderts). Ein weit gespannter hoherRundbogen umfasst eine guthische Überwülbung und stützt sich an zwei Aussenpfeiler des niirdlichen Seitenscbilfes. Zierlich gearbeitete Tragsteine mit 'f hiergestalten, dann schime durchbrochene Deckel oder Baldachine bilden 24 grössere, kleinere Nischen, die zur Aufnahme von Statuen bestimmt waren, aber leer geblieben sind. Auf dem Rundbogenfelde ober der in einen Spitzbogen auslaufenden Thüre befiiulet sich ein Hautrelief, das Leiden Christi vorstellend und aus vier Plänerkalkplatten zusam- mengesetzt, während das ganze übrige Steinwerk des Por- tals aus hartem Sandstein gemeisselt erscheint. Der \ er- fasser glaubt diesem Steinbilde ein viel höheres Alter zuschreiben zu müssen, und versetzt dessen Ursprung in die Mitte des XIII. Jahrhunderts, dem zu Folge es aus dem früher bestandenen Kirchengebäude hieher versetzt worden sein müsste. Das weiche Material des Bildes erheischt einen sorgfältigeren Schutz gegen die Nässe, und dieses hat bereits ziemlich viel gelitten. (Eine minder gelungene Lithographie dieses Portals, dann ein sehr tleissig und cor- rect ausgeführtes Tableau mit dem Grundrisse, der West- fronte, mit den beiden Thürmen und mehreren andiitek- tonischen Details und Profilirnngen sind willkommene Bei- gaben zu diesem Aufsatze.)

(Die Fortsetzuiif; folst im iiiichsteri Hofte.)

Literarische Anzeigen.

Das dritte Hetf der „Mittelalterlichen Kuiistdenkmale des österreichischen Kaiserstaates", herausgegeben von Dr. G. Heider, Prof. Rud. V. Eitelberg er und Architekten J. Hieser, brin(,'t die romanische Kirehe von St. Jiik in Unf^arn einen Hau, welcher unter den bisher bekannten Kirchen Österreichs zu den bedeutend- sten des romanischen Styles gerechnet werden kann und auch bereits im 1. Bande des „Jahrbuches" der k. k. Central-Commission (Wien. W. Braumiiller 1856) Gegenstand einer kunstgeschichUichen Abhand- lung des Herrn Professors li. v. Kitel berger gewesen ist. Bezüg- lich der Bauanlage, im Zusanuiienhange stehend mit einer ganzen Gruppe romanischer Kirchenbauten zwischen der Drau und der Donau, ist sie für die Kunstgeschichte von grosser Wicliiigkeit, weil sie an sich in ihrer Anlage sehr bezeichnend für den romani- schen Styl ist, der ursprüngliche Charakter des Baues verhiiltniss- miissig ganz gut erhallen ist ?unil ilie Kirche zwar theilweise unter den Türkenkriegen , aber nicht unter Ueslaurationsversuchcn späterer Epochen gelitten hat, wie dicss leider bei so vielen

unserer Kirchen aus dem Mittelalter der Fall ist. Von den, diesem Hefte beigegebenen vier Tafeln bringt die erste den Grundriss der Kirche, dann jenen der Bundcai>cllo. die zweite eine persi)ec(ivischo Ansicht der Vorderseite, die dritte eine perspectivischc Ansicht der Uiickseite und die vierte eine Ansicht des Hauptportals nach Auf' nahmen unilZeichnungen des Architekten Hieser. und zwar in einem Grade der Vollendung und mit so feinem, durehgebildetcm Ge- schmacke, dass die Abbildungen selbst den strengsten Anforderun- gen zu genügen im Stande sind und den vorsüglichsten derartigen Produetionen des Auslandes an die Seite gestellt werden können. Den Text zu diesem Bauwerke hat Prof. v. Eitel berger geliefert, und diesen Anlass benutzt, um zugleich ähnliche Kirchenbauten Un- garns zu besprechen. Kr hat damit eine sehr anregende und äus- serst verdienstvolle kunstgescbichlliche Abhandlung geliefert, welche, in der geistv<dlen Weise des Herrn Verfassers vorgetragen, über die frühzeitige Culturentwickelung Ungarns ein neues Licht verbreite». Dem 3 Bogen starken Texte sind 26 prachtvolle Holzschnitte bei-

ö'^

gegeben. Nebst dem Texte zu Juk bringt dieses Heft ;uicli jenen über die gothisehe Monstranzc zu Sedlefz und den AKarsehiMnk zu Cilli, von Dr. Gust. Heider, wozu die Abbildungen sehon im 2. Hefte geliefert wurden.

Es liegt uns das Programm einer vom Neujabr 18li7 an im Ver- lage der Krauenzeitung in Stuttgart crsebcinenden Zeilscbrift vor, die für die christliche Kunst ein besonderes Interesse besitzt. Die- selbe betitelt sieh: „Ki rch cn.<;clnnuek, ein Archiv fürweili- I ic be IIa ndarbeil'', herausgegeben unter der Leitung des christ- lichen Kunstvereines der Diücese Rottenburg und wird redigirt von Dr. Florian Kies s, Pfarrer Laib und Pfarrer Dr. Schwarz. Das Unternehmen setzt sich zur Aufgabe, aufdie Anfertigung von kirchlichen Ornaten in einem ernsten würdigen Style hinzuwirken im kirclilieh traditionellen Style gehaltene Musterzeiehnungen für die verschieden- sten weihlicben Handarbeiten zu liturgischen Zwecken zu veröffent- lichen und einen Führer abzugeben, der sowohl üelchrung über tech- nische Ausführung und über jene Arten von Stickerei gibt, welche durch die gegenwärtig fast ausschliesslieh herrschende Straminstickeret zurückgedrängt worden ist, als auch über die liedeutung und ge- schichtliche Entwickelung der liturgischen Gewänder. Von dieser Zeit- schrift erscheint monatlich einmal ein Heft, enthaltend 2 kleine Quart- bogen Text, 1 Farbendruck und 1 grossen .Musterbogen, und zählt zu Mitarbeitern Conserv. Dr. Uock in Köln, Uecfor Fey zu .dachen, Dr. Gicfers zu Paderborn, Dr. Job. v. H ef n er-A 1 f enec k zu München, P. Ildephons zu Regensburg, Prof. K reu s er zu Köln, Dr. Sighart zu Freising, Bildhauer Stolz zu Innsbruck, Caplan Zech zu Münster. Preis halbjährig 2 Thlr.

Eine der verdienstvollsten Unternehmungen zur Wioderbelehunf des Geschmackes an der uiiltelalferlichcn Kunst Deutschlands ist das von Fr. Baudri in Köln herausgegebene und redigirte „Organ für christliche Kunst, welches gegenwärtig bereits den siebenten .labrgang beginnt. Getreu seinem Programme die Traditionen der mittelalterlichen Kunst mit der Kunsttbätigkeit der Ge»enwart auf kirchlichem Gebiete in Verbindung zu bringen bat dasselbe bisher mit anerkenneuswerther liilhrigkeit und grosser Umsicht für das Stu- dium der christlichen Archäologie ein sehr reicliballiges Materialc angesammelt und zu manchen Kunstsehöpfungen unserer Ta^c eine glückliche Anregung gegeben. Bei dem Beginne des neuen .lahrgan- ges hallen wir es desshalb auch für eine Pflicht, unsere Leser auf das Erscheinen des „Orgaus für chrisfliclie Kunst" besonders aufmerksam zu machen. Die uns vorliegende erste N'unnncr des neuen Jahrganges beginnt eine Abhandlung, betitelt: „Architektonische Or- namente in Blei" (mit einer artistischen Beilage), welche einem Vor- trage entnommen ist, den der cnglische.Arehifekt William l!ur"es in dem .\rchiteclural-Museum in London über diesen Gegenstand "c- halten bat; die Fortsetzung des Aufsatzes: „Aus Spanien" mit der, Charakteristik mehrerer der hervorragendsten Künstler aus der älte- ren spanischen Malcrscbule, ferner cineCorrespondenz: „Aus London" über die neuesten Leistungen englischer Architekten: eine weitere Besprechung der Frage über den Tburudiau des Kölner Domes (mit einer Kunstbcihige); endlich verschiedene Notizen und literarische Anzeigen. Unter den crstcren beben wir insbesondere einen Erlass der Erzdiöccsc Köln an den Pfarrclerus und dieKirehen- vorstände hervor, der wegen seiner praktischen Anweisungen bezüg- lich der kirchlichen Bauwerke älterer Zeit auch über die (Jräuzen der Diöeese Beacbtunir verdient, und welelieni wir die folgende bezeich- nende Stelle entnehmen :

„Im Falle ein altes Kirebcngebäude einer durchgreifenden Restau- ration bedürftig erscheint, gehört zu den ersten Erfordernissen die .\nl'ertigung eines vollständigen Restaurations-Plaues über alle der Herstellung oder Erneuerung bedürftigen Bauthcile. Dieser voll- ständige Kestaurations-Plan ist auch in dem Falle nothwcndig, wenn vor der Hand nur die Herstellung einzelner liautheile bezweckt wird, welche im Interesse der Erhaltung der baulichen Conslruction oder aus anderen wichtigen Gründen zunächst gewünscht und ausgeführt werden niuss. Nur dadurch kann nämlich crniöglicht werden, dass die Herstellung eines in verschiedenen Beziehungen schadhaften oder versliinuneltcn monumentalen Baues in Einem Geiste und nach Einem ri chtigen Systeme bewirkt wird. In einem solchen aus- führlichen Restaurations- Plane sind die einzelnen Restaurations- Theile je nach ihrer besonderen Dringlichkeit systematisch zu ordnen, so dass die notbwendigsten .arbeiten zuerst, und nach Massgabe der vorhandenen Mittel und des bauliehen Bedürfnisses die einzelnen Bantheilc nach und nach in Angriff genommen und nach dem entwor- fenen allgemeinen Plane einheitlich hergestellt werden können."

„Es liegt in der Natur der Sache, dass bei Entwerfung des Kestauralions-Planes der Styl des kirchlichen (Gebäudes massgebend und zu Grunde gelegt werden muss. Lediglich nach den Gesetzen und im Geiste dieses Baustyles der reslaurationsbedürftigcn Kirche muss das Fehlende wieder ersetzt, das Schadhafte hergestellt, das Entstellte oder Modernisirtc wieder umgeändert und verbessert wer- den. Nur dadurch kann der historische Charakter eines monu- mentalen Baues gewahrt und erhalten werden. Die Restauration bat demnach die Aufgabe, so viel immer thunlich, den nrsprünglichen Zustand des Gebäudes wieder herzustellen und desshalb zuerst die- jenigen Zuthaten, welche, aus einer späteren oder der neueren Zeit herrührend, dem Charakter und Style des Baues widersprechen, so weit es die bauliche Conslruction zulässt, zu entfernen. Bei der Her- stellung derjenigen Bautheilc, welche schadhaft, verwittert oder durch spätere Hand entstellt sind, ist nicht nur die priudtive Form streng im Auge zu behalten, sondern auch mögliehst das gleiche Bau- material wieder anzuwenden. Zu verwerfen sind desshalb bei Her- stellung monumenlaler Bauten alle Surrogate, welche die Schäden nur verkleistern und dem Auge nur momentan verbergen, z. B. die .■\n\vcndung von Gyps oder Sluck statt des Steines, die Überziehung mit Mörtel und Farbe, statt der Einfügung neuer oder der Abglättung verwitterter oder abgebröckellcr Steine, .\nstatl, dass man beispiels- halber, wie es leider häufig geschehen ist und noch geschieht, die fehlenden oder schadhaften Capiläle an den Säulen durch Stück- arbeit ersetzt, sind dieselben in dem allen Material (Stein) wieder herzustellen und einzufügen; anstatt, dass man ferner die aus glatt bearbeiteten Steinen bestehenden, durch die Zeil ausgebröckcltcn und verwitterten Ausscmvände und Pfeiler mit einem, wenn auch noch so guten Mörtel überzieht und so die schadhaften Stellin nicht verbessert, sondern verdeckt, sind diese Aussenwände und Pfeiler, wo es thunlich ist, wieder zu ninigen und in ihrem ursprünglichen Material blosszulegen, während die Fugen verkittet werden; eben so wenig kann und darf im Innern durch Farhenzeicbiumg, Leistenzichcn oderGypsarbeit die ornamentale Architectur ersetzt werden, sondern wo gutes Baumaterial sieb vorfindet (selbst von Baeksleinen), ist dasselbe wieder herzustellen. Kurz: echte Besfauration kennt keine Überkleisterung und Tünche, sondern sucht möglichst die durch das Alter oder durch Unkenntniss entstandenen Fehler und Mängel in primitiver, dem historischen Charakter und Style des Gebäudes ent- sprechender Weise wieder herzustellen. Auch bei IJeslatirationen ist, wie bei Neubauten, vor Allem das Reeble und Wahre zu erstreben; jede Blendung und Augen -Täuschung ist der Kunst unwürdig und fördert den Verfall und den Ruin des Baues."

Aus der k. k. Hof- und Staatsdruckerei in Wien.

Jeilrn Monat erscheint 1 Meft mit mindestens 3 Druckbog-eo und mit

Abbildungen. Der Prünuinerationsfjreis ist für i.'iueii Jabr^'iing oder zwulf Hefte nebst Reg'ister sowohl für Wien jlsdie Kronländer und das Ausland 4 il. C. M., bei portofreier 7.usHndung in die Kruulinder der osteiT. Monarchie 4 n. 'iUkr. CM.

MITTHEILUNGEN

DER K. K. CENTRAL- COMMSSION

Pränunierationen überneh- men halb- oder g'anzjührig alle k.k. Postämter der Monarchie, welche auch die portofreie Zusendung der einxelnen Hefte besorgen. Im Wege des Duch- handeU sind alle Prauumerationea and zwar nur zu dem Preise tod 4 fl. an den k. k. Hofbucbbandler W. EtraumÜIIer iu Wien tu richten.

ZUR IFOßSCIIlIfi 11 MIIALTll DER BAlDEllIALE.

Ilerausgegekii unter der leiluDg des k. k. Sections-Cliefs und Präses der k. k. Cenlral-Coniniission Karl Freiherrn v. Czoernig.

Redacteur: Rarl Weiss.

m 3.

IL Jahrgang.

Ii7 1837.

Inhalt : Die Kleinodien des h. rüinisch-dciitsclien Reiches. Alte Kunsfdenkmale in Bolzen und seiner Umgebung. Die Kirche des heil. Michael zu Mioheisberg in Siebenbürgen. Zur Baugcschicbte der Kirche Maria am Gestade in Wien. . Panuitky arehaeologicke a mi'stopisne. Notizen. Literarische Anzeigen.

Die Kleinodien des heil, römisch deutschen Reiches.

Mit der Rückkehr zu den gepriesenen classischen Formen der Cäsarenzeit in Italien, der sogenannten „Renais- sance des heaux arts" begann allmählich auch diesseits der Berge eine Verflachung der grossartigen christlichen Ideen, welche die Kunst des Mittelalters inspirirt hatte; die schöpferische Kraft, die im Vollhesitze dos von den Vätern ererbten Giauhens jene mächtigen Kathedral-Bauten geschaf- fen hatte, die wir heute noch mit Hochgefühl die deut- schen nennen, erlahmte von jetzt ah immer mehr und mehr.

Nachdem nun seit den Tagen der Humanisten die Kunst aufgehört hatte an der Hand und im Dienste der Kirche ihre Schöpfungen im grossartigen Maassstabe auszuführen und sie anfing, selbstständig geworden, nach der Gunst der Höfe und der reichen Patricier sich umzusehen, da gingen auch in Deutschland allgemach die historischen Traditionen der alten volksthümlichen Kunstweise verloren nud der Künstler gewöhnte sich daran, der wechselnden Laune des Zeit- geschmacks und der Mode dienstbar zu werden. Hatte die Kirche die Kunst stets in ihrer Ganzheit aufgefasst und einen harmonischen Verband zwischen den einzelnen Kunstzweigen unter Oberleitung der Architectur zu vermitteln gewusst, so fuhr jetzt der Geist der Zwietracht inid des Dünkels in die Künste, die sich früher Brüder nannten und zur Er- reichung des einen höchsten Zweckes einträchtig sich die Hand boten. Der alten Amme und Erzieherin, der Archi- tectur, an deren Hand die übi'igen Kunstzweige gross- gezogen worden waren , wurde der Gehorsam gekündigt und das Publicum begnügte sich damit seit den Tagen Raphaefs und Rubens die zu Ansehen und Würden empor- gestiegene Malerei als den höchsten Inbegrilf der Kunst zu betrachten.

II.

Die Verirrungen der Kunst in den letzten Jahrhunder- ten, in welchen die Ölmalerei beinahe ausschliessend den Thron behauptet hat, liegen heut offen zu Tage und hat man sich allen Ernstes in den letzten Zeiten, wo die Industrie als Todfeindin alles künstlerischen Schaffens aufgetreten ist, gefragt, ob man denn Ijei dem heutigen selbstgefälligen, kleinlichen Schaffen der einzelnen Zweigkünste nicht wieder zu einer grossartigen Monumentalkunst zurückkehren könne? ^

Bei Beantwortung dieser in jüngster Zeit vielfach ange- regten Frage ist man denn namentlich auf dem Gebiete der kirchlichen Kunst, wo der Abgang ernsterer historischer Kunstformen fühlbar empfunden wurde, zu der Überzeugung gelangt, dass man vor allem nu't der Regeneriruiig der Bau- kunst zuerst beginnen müsse und dass zunächst auf kirchlichem Boden eine Rückkehr zu den Grundgesetzen der mittelalter- lichen Bauformen nothwendig sei.

Die Leistungen eines Pugin und Scott in England, eines Viel let-lc-Duc uiul Lassus in Frankreich und der am Cöllner Dome enstandenen rheinisch eii Bau- schule sind lautsprccliende Belege dafür, dass man heute ernstlich bemüht ist, in den Geist der alten Bauwerke tiefer einzudringen, ohne desshalb in eine geistlose Imitation der- selben zu verfallen.

Bei diesem Bestreben, die Gesetze der mittelalterlichen Baukunst auf praktischen Boden zu übersetzen, ist man jedoch nicht stellen geblieben, sondern man ist, in folgerich- tiger Consequenz bemüht, auch die einzelnen Zweige der christlichen Kunst neu zu belebon und ihnen einen solche Stellung anzuweisen . dass sie den fliorus der zusammen- wirkeiulen Künste harnumisch vervollständigen. Nachden man nämlich mit der Regenerii'ung der .Vrchitectur als l\Ieislerin

der übrigen Künste bcgoniioii Iial, ist man mit Nothwendig- keit ilaraiif geführt worden . auch in der Behandlung von Sculpturen und Malereien, so « ie in der stylgeniiissen Coni- position von künstlerischen Kirchen-L'tensilien nach den stetigen Gesetzen der Litin-gie die Prineipien der mittel- alterlichen Kunst zur Geltung zu bringen. So hat man in Frankreich, England und am Rheine in neuester Zeit nicht nur begonnen die Kirchen nach solchen Grundsiitzen bau- lich einzurichten, sondern man hat auch das Sliulium des Kirchenmobilars, der Gewäinler und die formelle Kinrich- tung derselben in Cbereinstimnumg mit der Architectur sich zur Aufgabe gestellt ')•

Um nun eine gründliche Kenntniss und eine allseitige Übersicht zu gewinnen von den alten kunsthistorischen For- men der kirchlichen (jefässe und Utensilien, wie sie. aus dem Mittelalter stammend, in reichster Abwechslung und in den edelsten Verhältnissen lieute noch vielfach angetrotlen wer- den, hat man zur Bildung des Geschmacks begonnen nicht nur für den schatTendenComponisten, sondern auch für den ausübenden Techniker in vielen Diöcesen Deutschlands und Frankreichs Sanmdungen von alten Originalien an Sculp- turen, Goldschmiedewcrken, Emails, Gravuren und Ciselirun- gen, dessgleichen auch Gypsabgüsse von schönen mustergil- tigen Geräthschaften anzulegen; man forscht ferner angele- gentlichst nach dem Schlüssel jener reichhaltigen symbolisch- figurativen Darstellungen, wie sie in Sculpturen, Minia- turen und Wandmalereien so sinnig zu finden sind, nach den Werkstätten, woraus jene Meisterwerke der verschiedensten Kunstzweige hervorgingen, nach jenen modilicirenden Ein- flüssen, wodurch sie sich je nach Provinzen formell unter- schieden, nach der künstlerisch-technischen Ausführung, wodurch sich die Kunstwerke des Mittelalters heute noch so vortlieilhaft auszeichnen.

Will man nach diesem anregenden Vorgange der Nachbarländer auch in Österreich, wo in jüngster Zeit ein überaus erfreuliches reges Streben nach Erkenntniss der inhaltsreichen Formen der eigenen schöneren Vorzeit erwacht ist, nicht einseitig stehen l)leiben , oder nur zur Hälfte die Lösung der gestellten Aufgabe herbeiführen, so darf man auch hier nicht abgesondert als alleiniges Ziel die Erforschung der alten Baumonumente sieh zin* Aufgabe stellen , sondern man muss gleichmässig dahin trachten, alle übrigen der Architectur beigeordneten Kunstzweige, die ehemals zu einem reichen, schönen Biülheukrauze verwebt waren, in den Kreis wissenschaftlicher Unter- suchmig zu ziehen. Auf diese Weise wird man allmählich zu einem wohlgeordneten Inventarium gelangen von den

») Selbst auch auf dem Gebiete <ler Musik ist man , aUerdiiigs nach harten Kümpfen, zur Überzeugung gelangt, ihiss der Inhalt unserer heuligen musikalischen Conccplionen vieir.ich inhaltslos und tündelnd gewcirden ist, und es sind inshesonders Freunde einer ernsteren Kirchenmusik bemüht, den ausgearteten, an muderncn Kinfliissen leidenden Kirchen- gesang zu seiner alten Würde und zu seiner Erhabenheit hinsichtlich der Form und des Vortrages wieder zurückzuführen.

Kunstschätzen der österreichischen Kronländer, und man wird auch bei der heutigen praktischen Neuschafl'ung ange- henden strcbsanieii Künstlern nicht mir die rechten Vor- bilder und Anhaltsjninkte bieten, sondern man wird ihnen auch in technischer Beziehung Muster vor Augen führen können , die geeignet sind vermöge der heute viel entwickel- teren Mechanik, der überhandnehmenden geist- und kunst- lödtendeu Fabrikarbeit entgegen zu treten.

Von diesem hohem Gesichtspunkte ausgehend, halten wir es auch gerechtfertigt und im Einklänge mit der Auf- gabe, deren Lösung uns gestellt ist, nicht ausschliesslich den Baumonumeiiten Österreichs, sondern auch allen übrigen Kunstzweigen, welche doch, wie jeder Sachverstandige wissen wini, in einem inneren geistigen Zusammenhange mit den Formen der Architectur stehen, unsere .Aufmerk- samkeit zuwenden. Wir glauben damit zugleich den viel- fach ausgesprochenen Wünschen competenter Slimmen nach- zukommen und den Gesichtskreis der Kimstanschauungen und Forschungen nicht wenig zu erweitern.

Indem wir daher unsere Aufmerksamkeit auch den mit der Architectur verbuiulenen Zweigkünslen des Mittelalters von jetzt ab zuwenden, wollen wir heute schon damit begin- nen, auf ein Unternehmen hinzuweisen, dass sich unter uns vorbereitet hat und worüber wir durch den ausgegebenen Prospectus und durch persönliche Beziehungen zu dem Veranstalter in Kenntniss gelangt sind.

Was nämlich der- leider kürzlich verstorbene gelehrte Abbe Martin in Frankreich für das Versländniss der alten kirchlichen Kunstformen, namentlich auf dem Gebiete der Paramentik geleistet, das strebt in neuster Zeit in Deutsch- land ein Werk an, das unter dem Titt'l: „Geschichte der liturgischen Gewänder des Mittelalters" von Franz Bock, Conservator des erzbiscliiitlichen Jluseums in Cöln (Verlag von Henry und Cohen in Bonn, ISS 6), herausgegeben wird und auch in diesen Blättern bereits eingehend gew ürdigt wurde. Man kann mit Zuversicht erwarten, dass dieses Werk einen erheblichen Einlluss nehmen wird auf eine allmähliche würdigere Umgestaltung der heute so sehr entstellten, modern zugeschnittenen liturgischen Gewänder, und dass dadurch der Weg angebahnt werde, dieselben mit Hücksicht auf StolT, Gewebe, Farbe, Zeichnung und Schnitt zu ihrer früheren Zweckmässigkeit, Bedeutung und Würde zurückzuführen.

In einem der Abschnitte dieses Werkes sollen nun auch bei Behandlung des bischöllichen Pontilicaloriiates im Mittelalter, die altehrwürdigen , i)erülimten Krönungs- insignien der deutschen Kaiser eine ausführliche Beschrei- bung linden, da, wie bekannt, die deutschen Kaiser am Tage ihrer feierlichen Krönung bischöfliche Gewänder anzulegen die Auszeichnung genossen. Zu diesem Zwecke hat der Verfasser der bereits durch längere Zeit in Europa die liturgischen (iewäuder des Mittelalters, durch Mittel des Fürsten llohenzullern -Sigmaringen unterstützt, zum Gegenstand wissenschaftlicher Forschungen gemaelit

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hat früliec die einschlagenden kaiserlichen Gewander in Rom, Aachen, Bamberg und Metz genauer besichtigt und sodann die Reise nach Wien unternommen, um hier die noch keiner kritischen Würdigung unterzogenen Kroninsignien in derkaiserlichenBurgzu Wien, welche daselbst seit dem Tage ihrer Übertragung von Nürnberg aufbewahrt werden, einer genauen Besichtigung zu unterziehen. Durch die anerken- nenswerthe Liberalität des k. k. Oberstkämmereramtes wurde demselben zugleich gestattet, eine stylgerechte Copirung sämmtlicher Kleinodien vornehmen zu dürfen.

Es stellte sich jedoch bei dem eben gedachten Archäo- logen bald die Überzeugung fest, dass die hohe geschichtliche Würde, der gediegene Kunstwerth des Gegenstandes, dann aber auch der beschränkte Raum, welcher den kaiserlichen Pontificalien in seiner „Geschichte der liturgischen Gewänder des Mittelalters" zugemessen ist, die Herausgabe eines grös- seren selbstständigen Werkes verlange, worin die historisch- artistiche und die liturgische Seite der altdeutschen Kri'mungs- Insignien ausführlich behandelt und in grösseren bildlichen Darstellungen veranschaulicht werden. Er beschloss'daher, die- selben unter dem Titel: „Die Kleinodien des heiligen römisch-deutschen Reiches" in prachtvoller Aus- stattung und in mustergiltigen stylgetreuen Abbildungen, angefertigt durch geübte Künstler, herauszugeben, um so mehr, als dieser interessante Gegenstand auf dem Gebiete der gesammten Kunstliteratur noch keine archäologisch- kritische Würdigung wie diess der heutige Standpunkt dieser Wissenschaft erfordert gefunden hat.

Wir haben daher und hütfentlich in Österreich ein Werk zu erwarten, das sowohl durch die Wahl des Stoffes als den anerkannten Beruf des Herausgebers zu den bedeutendsti n gerechnet werden dürfte, worauf wir in letz- terer Zeit hinzuweisen in der Lage waren.

Durch die Güte des Verfassers sind wir in die Lage gesetzt, von dem reichen und werthvollenMateriale desselben theilweise in diesen Blättern Gebrauch zu machen.

Wir werden daher eine Reihe von geschichtlichen An- deutungen über Entstehimg und Herkommen und eine kurze Charakteristik sämmtlicher Reichskleinodien mit Bezug auf ihre formelle artistische Reschaffenheit und liturgische Bedeu- tung in den nachfolgenden Blättern veröllenllichen, welche aber, wie gesagt, den Forschungen und Quellenstudien des

Herrn F. Bock vollständig angehören.

Die Redactioii.

I.

Der Text des ganzen Werkes, dem man von vielen Seiten mit grösster Spannung entgegensieht, wird in vier Abthei- lungen erscheinen. Der erste behandelt das Historische, der zweite das liturgisch -Rituelle , der dritte das artistisch-

Materielle des Gegenstandes und der vierte Theil wird als Parallele zu dem Krönungsornate deutscher Kaiser die übri- gen lieute noch vorflndlichen königlichen Insignien des Mittelalters beschreiben und deren archäologischen Werth in Betracht ziehen.

Namentlich dürfte sich der erste Abschnitt zu einem reichen historischen Bilde gestalten, das im Stande ist die erhabensten Erinnerungen an die grosse Kaiserzeit wachzu- rufen, denn das Materiale ist bei den alten Autoren im grossen Umfange und theilweise noch ungehoben und unver- arbeitet zu finden. Nachfolgende kurze Andenliiiigen des Verfassers dürften die interessantesten Anhaltspunkte aus diesem Abschnitte bezeichnen.

Von welcher Art die Reichskleinodien bei Stiftun" der Weltmonarchie durch Karl den Grossen gewesen sein mögen , darüber Hessen sich zwar viele Behauptungen auf- stellen; ihre Begründung aber dürfte durch gleichzeitige Autoren schwer zu ermitteln sein. .Auch ist es eine noch nicht beantwortete Frage, ob denn überhaupt bei derschnell improvisirten Krönung Karl's des Grossen, wie Einige wollen durch Papst Leo HI., ein eigentlicher Krönungsornat zur Anwendung gekommen ist. So viel steht wenigstens fest, dass von den heutigen Krönungs-Insignien nur sehr wenige den Stempel der für solche Kunstsehöpfungen ungünstigen Zeit Karl's des Grossen an sich tragen. Von einem feststehenden Krönungsornate kann erst von jenen Tagen an gesprochen werden, als mit Heinrich dem Vogler das gewaltige sächsi- sche Kaisergeschlecht den deutschen Thron zu zieren bet^ann. Diese Annahme ist um so berechtigter, als nicht zu denken ist, dass die glanzvolle Regierung der Ottonen, nachdem mit Theophania, der Gemahlin Otto R., der äussere Luxus und Schimmer der byzantinischen Kaiser theilweise auch auf den deutschen Kaiserstuhl übergegangen war, solcher kostbaren Reichs-Insignien entbehren konnte. Mit Erölfnung der Gruft des gewaltigen Kaisers, dessen Grabesstätte später Friedrich Barbarossa mit der prachtvollen heute noch erhaltenen Poly- candela schmückte, kamen jedenfalls , wie diess später nach- gewiesen werden wird, einige Reichskleinodien, welche sich in der Gruft des Stifters der Weltmonarchie befanden, zu den heute vorhandenen Krönungs-Insignien. Schenkungen, die einzelne Kaiser, wie diess erwiesen ist, nnt verschiedenen Theilen der Pontificalien an berühmte Kirchen machten, mehr aber noch längere Reisen, ungeahnte feindliche Überfälle, ferner auch Brände und wohl am meisten die innere Zerrissenheit und wechselseitigen Kämpfe der Ge"-en- kaiser in jener traurigen Zeit, die dem Interregnum voraus- gingen, waren Ursache, dass bereits unter Kaiser Fried- rich II. oder Koiirad IV. zum Ersätze der Kleinodien, die bei Vittoria nachweisbar verloren gingen, und zu Braun- schweig, als Wilhelm von Holland daselbst sein Beilager hielt, durch Feuer eingeäschert wurden, aus dem Schatze seiner Ahnen auf Schloss Trifels dasjenige für den feier- lichen Gebrauch auswählte, was daselbst von den reichen.

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dort wolilverwalirteii Kleinodien der siciliaiiisclien Könige um würdigsten und geeignetsten erschien ').

Älteren Urkunden zufolge scheinen die Gegenkönige W'illicini von Holland und Ri<'hard von Cornwallis niemals in Besitz der wahren lleichskleinodieii gelangt zu sein. Denn als durch die Wahl des ritterlichen Rudolph vonllabshurg der babylonischen Verwirrung in Deutschland ein Ende gemacht war. wurden ihm zur Krönung auf seinem Zuge nach Aachen in Mainz, nach Anderen in lioiipard, jene kostbaren Reiehs- kleinodien feierlichst überreicht, die sich bis auf unsere Zeit in die Kaiserbiirg nacli Wien gerettet haben. Die meisten derselben macheu sich durch ihre kulischen Inschriften und die arabischen Currentschriftcn (neschi), nicht weniger durch ihre Ornamentionen und die technische Ausführung derselben als jene erkennbar, die. wie bereits angedeutet wm-de, aus dem Schatze der sicilianischen Könige zu Palermo dem damaligen Sitze der Stickerei, Weberei und Goldschmiede- kunst — gekommen sind.

]\lit I{udolph von liabsburg gelangten dann die Reicbs- Insignien, welche früher in llammerstein und spater inTrifels aufbewahrt waren, nach Kyburg, dem festen Schlosse der Habsburger. Audi die Schicksale der Rcichskleiiiodien unter den Nachfolgern l{udolph's von Habsburg sind nicht minder interessant wie die Geschichte des Herkommens und der Entstehung derselben. Durch Karl IV., dem Böhmen wohl mehr als Deutschland zu verdanken hat, kamen die Reichs- kleinodien , nachdem sie ihm erst durch Übereinkunft mit Ludwig von Brandenburg waren ausg-ehändigt worden, auf die Kronfeste Karlstein in Böhmen , wo mit vielen wcrth- vollen Reliquien und anderen Kostbarkeiten auch die Kron- Insignien des Landes „Böheim" aufbewahrt wurden. Jedoch schien es später rathsam, sie heindich, der wilden hussiti- schen Streitigkeiten wegen . nach Ofen in feste Gewahrsam zu bringen. Da man jedoch allgemein im Reiche murrte, dass die Kronschätze nicht einmal im eigenen Lande ein sicheres Unterkommen finden könnten, so erinnerte sich Sigismund an das Versprechen , das Karl IV. gegeben und nicht gehalten hatte, und liess heimlicli von der Reichsstadt Nürnberg zwei Ehrenmänner des Ratbes nach Ofen zu sich entbieten , denen er daselbst die Kleinodien und Relicjuien des h. röm. Reiches aushändigte , damit sie von jetzt an beständig in Nürnberg sollten aufbewalirt bleiben. Nach vielen Mühen und Gefabren langten sie endlich imerkaimt auf einem ärmlichen Fischerwagen dort an , und wurden am 2 1 . März 1424 in feierlicher Procession von der Geistlichkeit,

') Wie bekannt, knm Heinrich VI. nach dem Tode seines Gegners Tankreil in den unbcslriltencn Besitz jener Kostb.irkeiten der normannischen Könige der Nachfolger des Hobcrt Guiskar durch Erbschaft, die namentlich, was FeicrkleiderbclrilTt, im Hotel de tirazzo durch den Kunst- Heiss der Mauren angefertigt waren, wie diess weitläufig bei Otto von Freisingen zu ersehen ist. Noch sei bemerkt, dass der haushiilterische Heinrich ungesäumt Sorge trug, dass sein reiches kostbares Erbe über die Berge geschafft und auf dem festen Schlosse Trifels durch seinen treuen Dienstmann von Tann sorgfältig verwahrt wurde.

dein Ratlie und den Bürgern der freien Roichstadt Nürnberg in ihren Mauern feierlichst eingeführt. Dort blieben sie in guter Verwaliriing in der heil. Geistcipelle von den Tagen des Kaisers Sigismund bis zur Auflösung des deutschen Reiches.

Als bereits die deutsche Kaiserwürde erloschen, waren noch immer nicht die Schicksale der deutschen Kaiser- Iiisignien zum .-\bschluss gekommen. Denn, wie es heisst, hatte der französische Gewalthaber zur Zeit als das h. römi- sche Reich aus den Fugen ging, ein lüsternes .\uge auf die Kron-Insignien der alten Kaiser in Nürnberg gerichtet. Kaum wurde jedoch der damalige Reichsconimissarius in Regens- burg, Freiherr von Hügel, davon in Kenntniss gesetzt, so trat er mit einem Theile des Rathes der Stadt Nürnberg ins Einvernehmen und brachte nicht ohne persönliche Gefahr die kostbaren Überreste einer grossen Vergangenheit heim- lich nach Regensburg. Von dort gelangten sie, nachdem die Zeiten friedlicher geworden waren, nach Wien, wo sie Frei- herr von Hügel dessen Name schon allein dieser That wegen in der Geschichte Österreichs mit Ehren verdient hervorgehoben zu werden dem letzten der römischen Kaiser aus dem Hause Habsburg - Lothringen übergab, bei welchem die deutsche Kaiserwürde durch Jahrhunderte fast erblich gewesen war und daher mit Recht unter seinen Schutz gestellt werden konnten, zumal Nürnberg durch seinen Übertritt zur neuen Lehre des Ehrenrechtes schon lange sich entäussert halte , die Hüterin der Kleinodien und jener ehrwürdigen Reichsreliquien zu sein >).

In der zweiten Abtheilung, dem liturgisch-rituellen Theile der Krönungsgewänder, den wir hier nur flüchtig berühren , w ird Nachriclit gegeben werden , woher der Gebrauch entstand, dass christliche Kaiser und Könige bei der Krönung mit bischönichen Gewändern bekleidet wurden; welche liturgisch -symbolische Bedeutung jedes einzelne Ornatstück besitzt; wie die deutschen Kaiser vor derKrönung durch Anlegung der „dalmatica imperialis" Canoniker von St. Peter wurden, wie sie ferner in der tunicclla imperialis bei der feierlitdien Kröiiiingsmesse im Münster zu .\achen die Epistel lasen, und alsdann mit dem bezeichneten Gewände als Mitglieder des kaiserlichen Krönungsstiftes daselbst instal- lirt wurden, endlich welche Feierlichkeiten bei der Krönung deutscher Kaiser nach dem „Caeremoniale imperatorum" stattfanden.

Zwei Reichsslädte nämlich Xürnberg und .Aaclien hatten, wie schon erwähnt, das Recht, di(> Kron-Insignien aufzubewahren. Bei jedesmaliger Krönung sandten dann diese Städte eigens erwählte Krongesandten ab , um sie dem neugewählten Kaiser einige Tage vor seiner Krönung in feierlichem Aufzuge zu überreichen.

*) Nach den Bullen mehrerer Päpste wurde Nürnberg nusdriicklich unter dem Vorbehalte die Ehrenwache der Keichskleinodien und Beichsreli- «piieii übergeben, dass es dem angestammten katholischen Glauben seiner Väter treu bliebe.

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Nach vollzogener feierlicher Salbung durch den Con- secrator begab sich nämlich der Kaiser in die Sacristei (vestiarium), wo ihm die bischöflichen Gewiinder in nach- folgender Ordnung unter Assistenz der Krondeputation und der kaiserlichen Bedienung angelegt wurden.

Zuerst wurden die Füsse mit Tibialien bekleidet, einer Art von Strümpfen , wie sie aus gewebtem Seiden- und GoUlstoffe als Pontifical-Tibialien angefertigt zu werden pflegten vor der Einführung der Strumpfwirkereien, welche erst anfingen unter Franz I. von Frankreich allgemein in Aufnahme zu kommen.

Alsdann legte man Ihm die Sandalen (calceamenta) an, die in ihrer Form und ihrem Schnitte noch deutlich an die römische Fussbekleidung erinnern.

Hierauf wurde die kaiserliche Majestät mit der Tunica talarisangethan, welche desshalb gewöhnlich „Talar" bezeich- net wird, weil das Gewand bis zum Knöchel (talaris) herab- reicht, ein Kleidungsstück, welches mit jenem Gewände das noch heut zu Tage der Priester bei der Feier der h. Messe in Formeines Leibrockes als Untergewand trägt, Ähnlichkeit hat.

Über der tunica talaris legte dann das zu krönende Reichsoberhaupt eine reich verzierte camisia oder alba an.

welche mit der heutigen alba des pontificirenden Bischofs übereinstimmt.

Diese faltenreiche, weit herunterreichende Alba wurde vermittelst eines güldenen Gürtels mit silbernen Spangen so weit aufgeschürzt, dass der untere reichgestickte Goldsaum (praetexta) des Talars noch zum Vorschein kam. Über diese alba, aus weissem schweren Seidentaft'et mit reichen Gold- stickereien am unteren Saume und an den .\rmen verbriimt und oramentirt mit zierlichen arabischen Inschriften und Arabesken, wurde dann dem zu krönenden Kaiser feierlich die stola imperialis um den Hals gelegt, die vermittelst eines reich verzierten Gürtels (cingulum) kreuzweise über die Brust zusammengeheftet und gefaltet wurde.

Nachdem diess geschehen , traten dann die ältesten Krondeputirten Nürnbergs an die kaiserliche ^hijestät heran, bedeckten die Schultern derselben mit dem kostbaren Pluviale (pallium imperiale). In diesem feierlichen Ornat trat nun der zu krönende Kaiser vor den Consecrator, der bei den Worten: „Accingeregladio super femur, potentissime" zum eigentlichen Acte der Krönung schritt und der kaiserlichen Majestät, von den anderen geistlichen Kurfürsten unterstützt, unter feierlichen Caeremonien die Krone des heil, römischen Reiches aufsetzte.

Alte EuQstdenkmale in Botzen und seiner Umgebung.

Von Alois Messmer, Correspondenten der k. k. Central -Commission in Brixen.

I.

In der Gegend von Botzen traf Drusus im J. 1 4. v. Ch. mit den rhätischen Gebirgsvölkern zusammen und überwand sie in einer grossen Schlacht. Zwei Römerstrassen liefen von hier aus und sicherten die Verbindung mit Deutschland; die eine über Sublavio (Sehen) nach Viptienum (Sterzing), andererseits nach Aguntum (Inichen); die andere über Majae (Mais) durch das Thal der Venosten (Vinschgau). Es wäre zu verwundern, wenn die Römer an diesem Kreuzpunkte sich nicht angesiedelt und denselben befestigt hätten; auch ist bei allen unsern älteren Geschichts- forschern darüber kein Zweifel. Eine andere Frage ist es freilich, ob die Gegend auch heute noch Reste von Römer- bauten enthält, worauf wir später zurückkommen wollen.

Erst geraume Zeit nach den Stürmen der Völkerwan- derung (um 680) erscheint Botzen als bedeutender Ort und als Zankapfel zwischen bojoarischcn Grenzgrafen und longo- bardischen Herzogen, ein Streit, der sich fast durch ein Jahrhundort fortspann , bis er zu Gunsten der Bojoaren sich entschied, unter deren Oberhoheit die Grafen von Eppan als comites Bauzanenses standen. Doch nun begann der Streit zwischen diesen und den Bischöfen von Trient, welche 1078 die Eppaner wirklich aus Botzen drängten. Die Bischöfe erhielten aber gefährliche Nachbarn an den Grafen von Tirol; der gewaltthätige Meinhard II. warf 1377 die Stadtmauern nieder und unterwai-f die Stadt seiner

Oberhoheit. Unter seinem Sohne Heinrich, König von Böhmen , kehrte sie nochmal unter trientinische Herrschaft zurück, bis es endlich unter Sigmund 1462 dauernd an die österreichisch-tirolischcn Landesfürsten kam. IMan kann aus diesen wenigen Andeutungen ersehen, wie in Botzen sich durch das ganze Mittelalter die wälschen und deutschen Elemente kreuzten und das wälsche übermächtig zu werden drohte.

Der Dominicanerbruder Felix Faber, der auf seiner Reise ins heilige Land 1483 durch Botzen kam, erzählt aus dem Munde seiner daselbst wohnenden Mitbrüder, die Stadt sei vor wenigen Jahren wälsch und die Umgangssprache die wälsche gewesen und erst neuerdings hätten die Deutschen überhand genommen und der Stadt ihren deutschen Cha- rakter gesichert ')• Nur der deutschen Zähigkeit und der endlichen bleibenden Verbindung mit einem deutschen Fürstenhause ist es zuzusehreiben, dass Botzen statt die erste wälsche, die letzte deutsche Stadt auf dieser Hauptstrasse nach Italien geblieben ist. Solchergestalt darf man sich nicht verwundern, wenn auch an den noch übrigen Kunst- denkmalen, besonders aus dem früheren Mittelalter, einige wälsche Elemente zum Vorschein k(unmen; im Ganzen hat jedoch zu Botzen auch die Kunst, wie Sprache und Volksart,

*) S. Fratris Fclicis Fabri Evagatorium. Ein Bruchstück seiner Reise durch Tirol betreffend sieht im Phönix, 18äl, 27.

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ihre eiitschioileii doutsche Pliysiügnomie bewahrt. Von diesen Kmistileukmalcn wollen wir nun in dem Nachfolgenden eine Skizze zu geben versuchen.

Es sind noch einige lleste aus uralter Zeit übrig, niimlich drei Tliiirme von einer fremdartigen üauarf, wovon einer, der sogenannte gescheibte (d.ii. wohl runde) Thurni nordwestlich von der Stadt, einsam auf einem Hügel steht, ein zweiter mit dem Schlosse Maretsch in Verbindung ist und ein dritter den Glockenthurm im gegenwärtigen Kloster Gries bildet. Die älteren Geschichtsforscher haben sie einstim- mig (diiie Bedenken als Romerhanlen bezeichnet: erst in neue- ster Zeit ist diess von einigen Seiten bezweifelt worden. Für jene Ansicht spricht die Wahrscheinlichkeit und die Tradi- tion, die römischen Münzen und andere Denkmale, die in der Gegend gefunden wurden. Der Franciscaner Ferdinand Trojer, der lt)4S eine Chronik von Botzen verfasste und sich vielfach auf .Aufzeichnungen und Documente bezieht, die heute nicht mehr zugänglich sind, beschreibt mit aller Genauigkeit ein ganzes rijmisches Lager, praesidium Tiberii, mit fünf Thoren , welches das heutige Gries sammt dem gescheibtenThurme in sich begritfen hätte')- Thatsache ist, dass man überall in der Gegend auf uraltes Mauerwerk stösst uml dass tiefe Gewölbe unter dem I5oden auf eine weit- iäullgc Verbindung hindeuten. Ein mehr sicherer Beweis jedoch als diese glaubwürdige Tradition kann nicht gegeben werden und ich muss es bei dieser Wahrscheinlichkeit bewenden lassen, um mit einigen Worten das Eigenlhüm- liche dieser Bauwerke selbst zu schildern.

Der gescheibte Tliurm erhebt sich nun auf einem Hügel von Schult und altem Ahiuerwerk. Im .Mittelalter .•stand ein Schloss dabei, das Tmjer „Rundenthurm" nennt und das von Meinhard II. gebrochen wurde. Jenes ist aber wohl nicht der alte Name; dieser steckt vielmehr in der Benen- nung eines neueren Herrscliaftshauses .Trujenstein" am Fusse des Hügels; Trojenstein ist aber eine zu Ehren des Geschlechtes Trojer, das 10(54 das I.ieheii erhielt, vorge- nommene L'mlautung des alten „Drusenstein." Da nun „Stein- in der alten Volkssprache überall so viel bedeutet als Thurm oder Schlo.ss, so dürfte das als Beleg gelten, dass wir hier die turris Drusi zu suchen haben. Der Thurm hat einen Umfang von mehr als 30 ScliriUcn und steigt (dme Verjüngung zu einer hedrulnidru lliilic cmpur. Im' hat eine einzige fensterartige iXfimng ungefähr auf dem Drittel der Höhe vom Boden auf, nach Süden schauend, mit gehauenem Sandstein rundbogig eingefasst, ;) (> Scliuh hoch , etwa 2Sciiuli breit. Das Mauerwerk ist aus diu i'iir|iliyrkMgi'ln vom Bette des nahen Talferbacbi's. die in genauen borizonlaleu Schichten auf einander liegi'u. so dass man sie von unten bis oben ohne Mühe zählen kann, aufgeführt und kräftig mit

Mörtel verbunden '). Die Dicke des Mauerwerks ist ungefähr 6 7 Schuh und der Thurm ist gegenwärtig nur mehr eine hohle Rühre, aber i)lfnungen in der Mauer auf verschiedener Höhe bezeugen, dass sich ehemals Gerüste oder Bodenlagen darin befunden haben müssen. Ob das Mauerwerk römisch ist, lässtsich ohne ein Parallelstück aus dieser Gegend weder direct behaupten noch läugneii ; die Vergleichung mit anderen Bauten, wo das Material ein ganz anderes war, scheint mir nicht statthaft. Nur das muss man behaupten, dass die Technik eine andere und viel geübtere ist, als an Schlossern und Tliiirmen der rmgegcnd, die ins XII. Jahrhundert imd noch weiter hinaufreichen ; ferner dass der i'uude Thurm ein Prachtstück von Mass und Vollendung ist, das seine ernste Wirkung, die man fast ästhetisch nennen könnte, freilich erst in einem grösseren Ganzen von eiilsprechendcn Gebäuden ausüben könnte. Was seine Bestimmung war, lässt sich schwer sageu; am wahrscheinlichsten ist es eine Warte gewesen, die, seihst rückenfrei, den weiten Kreis der Etschebene beherrscht. Das alte Schloss am Thurm hatte auch seine Capelle und war hier ein Beneficium zu Ehren des heil. Achatius gestiftet, welches nach Zerstörung des Schlosses in die Pfarrkirche übertragen wurde und dort einen eigenen Altar erhielt. Sie hiess die Oswaldcapclle und wurde nach Trojer 1 323 wieder eingeweiht. Sie steht noch und ^^urde vom Volk zu Ehren der heil. Kumme muss umgetauft. Man sieht noch die halbrunde .\psis aus dem frühesten Bau, das Schilf wurde im rohen Spitzbogen über- wölbt. Darin befinden sieh zwei Abbildungen der heil. Kummernuss, der gekrönten, härtigen Fürstentochter am Kreuz, von dem sie einen ihrer goldnen Schuhe dem zu ihren Füssen knieenden Spielmann fallen lässt *). Der Thurm in Älaretsch ist viereckig, von ähnlicher Bauweise, wie der gescheibte Thurm, doch, wie mir scheint, nicht mit derselben technischen Virtuosität ausgeführt. .4ber noch mächtiger ist der Glockenthurm in Gries, gleichfalls im Viereck über gr(issarligen Kellergewölben erbaut; man erstaunt, wenn man die Schichten der Porphyrkugcln, vier- fach hinter einander, in festen Linien auf einander ruhen sieht, dass kenne Kraft im Stande scheint, die Fugen zu brechen. In frühester Zeit stand hier die Burg Praday oder Pradein, tue erst im XIN. ■lahrhimdert durch die Bischöfe von Trient ihre Furchtbarkeit \('rlor und später unter dem Namen ad Porlam clausam an die .\ugustiner- Chorherren übergeben wurde, wie in der Felge zu bemerken Gelegenheit sein wird. Der Name Pradein kann aus dem oben erwähnten praesidium Tiherii entstanden sein; und das ist auch die Tradition und ^li'inuug älterer Berichterstatter. Einen directen Beweis für die Identität gibt es nicht.

*) Das Originftl-Manoscript der Chronik liegt meines Wissens im Ferdi- n.in(leiiin zu Inn.sliruck. iMir »Innd eine nnch dem Originale oorrigirte Atischrift bei den P. P. Franciscanera in Butzen zu (iehote.

') Diese Constrnction würde für rümischon l,'rspriing sprechen. llieThürme in Italien eben solchen Ursprungs, /.. B. in Verona, hahcn genau dieselbe techiiischeAusführung: Bnchsteine auf ihren Kanten aufgestellt, in regel- mässigen Schichten mit festem Mörtel verlninden D. Red.

2) Über die h. Kummernuss im Juli-Ilefle der „Mittheilungen* (I, 18!>6).

S9

Aus dem ersten Jahrtausend christlicher Zeitrechnung hat sich in der Gegend vonBotzen kein kirchliches Denkmal erhalten, was an dieser unridiigen Yölkerstrasse nach Italien wohl nicht zu verwundern ist. Am noi'dlichen Gehirge sieht man einige Kirchlein, für die man keinen anderen Tauf- schein hat, als dass das Volk sie uralt nennt. Da sie aber an sich nicht bedeutend sind und in der Bauart sich nicht wesentlich von ein paar spater zu nennenden aus dem XII XIV. Jahrhundert unterscheiden, so werden sie wohl auch schwerlich iilter sein und können übergangen werden. Von Kirchen im alten Umfange der Stadt , der bedeutend kleiner war als der jetzige, kann überhaupt vor 1224 nicht die Rede sein; denn in diesem Jahre wurde die Stadt durch Feuer zerstört combustus est burgus Bozanensis cum 1500 hominibus -wie Trojev aus einem alten Kirchenbuelie entnahm und andre Chroniken bestätigen , welche jedoch in der Zahl der Verunglückten ditferiren. Hingegen werden wir durch eine sichere Nachricht vom Jahre 1180 über die Einweihung mehrerer Kirchleins in der Nähe der Stadt belehrt, die noch theilweise erhalten sind ')• Eine davon ist die s. g. alte Pfarre, damals auser dem Burgfrieden, eine unansehnliche Capelle neben der jetzigen Pfarrkirche. Aus alter Zeit hat sich darin nur die halbrunde Apsis und vielleicht auch die flache Decke das Vorderraums erhalten. Das Dorf Ren t seh ward bereits im XIII. Jahrhundert durch einen Bergbruch verschüttet und die im Jahre 1180 geweihten Kirchen des heil. Paulus und des heil. Laurentius wurden in neuerer Zeit der Art verbaut, dass das untere Stück des Thurms in der letzteren das einzige Überbleibsel aus dem ersten Bau sein dürfte. Hingegen sind die Kirchen S. Johann im Dorf (in Villa) in S. Martin in Cam- pill noch so gut erhalten, dass man sich eine deutliche Vorstellung von der damaligen Art zu bauen machen kann. Das Hauptstück von der Kirche S. Johann bildet ein massen- hafter Vierecksthurm, ohne Gliederung, aus Bruchsteinen auf- gemauert, die in minder genauen horizontalen Schichten auf einander liegen, als bei den vorhin genannten Thürmen. Unter dem Dache befinden sich an allen 4 Seiten zwei Fenster- öffnungen über einaiuler; die untere ist durch eine roma- nische Säule in zwei Rundbogen getheilt; die obere durch je zwei romanische Säulen in drei Bogen, die bereits spitz zulaufen offenbar eine spätere Erhöhung. Darauf ruht ein vierseitig gemauertes etwas stumpfes Spitzdach. Der untere Theil des Thurmes ist von der Apsis durchbrochen, deren Halbrundung auf der Ostseite aus der Thurmmauer hervortritt. Westlich ist dem Thurme ein Rechteck vorffe-

1) BoneUi: Moniimenta eccl. Trid. Vol. U, pars alt. p. 331: nd an. 1180: die S Maji Saloinoii episcopus Tridentius consecrat antiquam ccclcsiani parochialem S.Nicolai Bulsani;?. Maji consecrat ecclesiam s. J o a n n i s in Villa prope Bulsanu m; 17. Sept. consecrat eccicsiain S. Pa u I i in Rentsch; eodein anno coiis. ecclesiam S. Laurentii iuRentsch: ecclesiam ad S. Martin um in Campill, amhasjuxta Uiilsanum. Tro- jcr und die iilirigen Chronisten halicn dieselbe Angabe mit unbedeutenden Abweichungen im Datum.

legt, das im ersten Bau ohne Zweifel flach gedeckt war, wie die Kirche der gleichzeitigen alten Pfarre, später aber ein Gewölbe von einfacher, etwas flacher Spitzbogenform ohne Rifipen erhielt, .\lles Detail ist roh und verräth, mit Ausnahme einer Säule im untern Thurmfenster, wenig kün.st- lerische Sorgfalt; aber die Anlage und Construction des Ganzen ist tüchtig und für kleinere Kircheiibauten ungemein zweckmässig. Sie ist daher für eine Menge kleiner Kirchleins der Umgebung völlig typisch geworden, die mit ihren gemauerten Thurmdächern ehrwürdig von den Hügeln herabsehauen. Ausser dem südlichen Tirol findet man kaum eine Spur dieser Bauform, man möchte sie eher für einen Ausläufer von Italien halten. Um den Bericht nicht zu sehr zu zerstreuen, will ich hier gleich der Frescomalcreien gedenken, die sich in der Johanneskirche erhalten haben. Sie sind leider restaurirt worden, so dass man ausser der Anordnung, Compusition und Zeichnung von ihrer ursprüng- lichen Gestalt wenig mehr entnehmen kann. Das Gewölbe ist blau mit goldenen Sternen. In der Mitte ist ein kolossaler Salvator im ovalen Regeiibogennimbus dargestellt, umgeben von den evangelischen Zeichen und anbetenden Engeln. .\ii beiden Seitenwänden sind je vier grössere Bilder, links (vom Altar her) aus dem Leben Johannes des Täufers, rechts aus der Legende Johannes des Evangelisten. Die Com- position ist trefflich, von einem feierlichen Ernste durch- drungen, echt kirchlich; die Zeichnung lebendig und charak- teristisch, nichts von der Kleinlichkeit späteren Fältelwerks daran zu bemerken; den Hintergrund bilden phantastische Gebäude. Ihr Charakter ist deutsch , der Zeit nach möchte ich sie in die zweite Hälfte des XV. Jahrhunderts versetzen. Das Kirchlein S. Martin in Campill hat ganz die- selbe Bauart; das Mauerwerk des Thurmes ist eben so alter- thümlich, das Doppelfenster unter dem Dach zeigt bereits einen stumpfen Spitzbogen. Die halhriindc Apsis unter dem Thurme ist vom ersten Bau noch erhalten, das Schilf aber bekam später ein rippenloses spitzbogiges Gewölbe. Von aussen an der Mauer steht die Jahrschrift: Anno 1303 in Vigilia AssumtionisMariae ecclcsia consecrata est, 1728reno- vata. Es ist kein Grund diese Angabe zu bezweifeln, und es rührt das Spitzgewölbe ohne Zweifel von 1303 her. Auch in dieser Kirche haben sich höchst merkwürdige Fresken erhalten, aber die Restauration scheint namentlich mit Jen Ornamenten willkürlich umgegangen zu sein; dennoch gewähren sie noch einen überaus Avohlthuenden Eindruck. Den Mittelpunkt des Gewölbes nimmt auch hier der Salvator iinHcgenhogoniiinibus auf geinustortein Goldgrunde ein; er ist nach der Apokalypse abgebildet, Haupthaar und Bart „weiss wie Wolle". Beiderseits sind anbetende Engel. Von dem .Nimbus aus geht ein Kreuzhand reicher Ornamente, das sich auch unten um den Rand das Gewölbes herumzieht und i\Iedail- lons mit Bildern von Propheten und Aposteln enthält, \m denen einige sehr schön sind. Am Triiiinphbogen vor der Apsis ist die Verkündigung, und an den Seitenwänden in je

GO

4Biltlern ilic Leidensgeschichte dargestellt in nachstehender Folge: Einzug in Jerusalem, Abendmahl, ülberg, Gefangen- nahme, Krönung, Kreuzweg. Kreuzigung uiulKreuzalinahine. Die Composition ist meisterhaft; Zeichnung und Ausführung wenif'er gelungen, obwohl alles einen tiefen, milden Geist athmet und voll dramatischen Lebendigkeit ist. Am Falten- werk, das bereits etwas knitterig gehalten ist, sowie aus dem mehr naturalistischen Streben merkt man bereits den Einfluss der niederdeutschen Malerschule. Ich halte diese Bilder für etwas jünger, als die in der S. Johanneskirehe, aber noch dem XV. Jahrhundert angchörig. ^■ielleicht liesse sich ein noch genauerer Zusammenhang mit niederdeutscher Kunst nachweisen; mir scheinen sie eine mehr als zufällige Ähnlichkeit mit der Lyversbergischen Passion zu haben, was besonders im Bilde der Gefangennahme aulVallt. Ich will diess bloss andeuten, um competente Forscher darauf auf- merksam zu machen »)•

Wir kommen nun zu der sehr interessanten Baugruppe des Francis can er kl osters. Die zu betrachtenden Bauwerke haben folgende Situation: die Südseite nimmt die Kirche ein, von Westen nach Osten gerichtet, daran schliesst sich nördlich, längs dem Schiffe der ejuadratische Kreuzo-ang an; an der Ostseite des Kreuzganges, dem Chor der Kirche parallel, befinden sich drei Capellen, zunächst der Kirche die S. Jodoks- nun Mariacapelle . in der Mitte dieAllerheiligencapelle, nun Sacristei, nördlich die J(dianiics- capelle. Im Innern des Klosters befindet sich imch die Erhardscapelle; andere sind verbaut worden. Die Geschichte der Franciscaner in Botzen und ihres Klosters ist noch nicht hinlänglich aufgeklärt und man muss sich in Bezug auf die Baugeschichte mit einzelnen zerstreuten Angaben begnügen. Nach Beda Weber (die Stadt Botzen u. s. w. S. 208) sollen sie bereits 1242 hier eine Kirche besessen haben. Die alte Sage will, dass das jetzige Kloster ehemals ein Haus der Tempelherren gewesen sei; Trojer hat auch noch einer anderen Sage erwähnt, als wäre an der Stelle eine Ansiedelung der Kartliäuser gewesen, deren in einem Testamente von 127;i Erwähnung geschieht. Dem sei wie ihm wolle, gewiss ist, dass ihre erste Niederla.ssung 1291 ein Raub derFlanunen wurde, welche die ganze Wangergasse und alle undiegendeu Gebäude zerstörten und das berühmte Geschlecht der Herrn von Wangen ruinirten, in deren Besitzthum nun dU: Herrn Vintler einrückten. Ob dem verheerenden Elemente gar nichts entgangen ist, darüber fehlen die Daten; bezüglich des Kreuzganges habe ich gegründete Zweifel, die ich später vortragen werde. Nun wurde der Neubau rüstig angegriffen und fidite mehr als ein halbes Jahrhundert aus. Des Kreuz- ganges geschieht nirgends Erwähnung, so dass dieser gross-

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>) Man kilnnle die ProliP fiiieh in Miincheii macliPn. Dort in ilor Pinakolck befindet sich eine Gcfangenn.nhme Cliristi , die Fürstei- (deutsche Kiiiisl- geschichte II. Theil) einem unbekannten Niederländer zuschreibt und bedeutend früher als die Ljversbergcr-Passion ansetzt. Sie gehört aber dem Meister der Passion an, wie jeder Vergleich darlhut.

artige Bau bereits bestanden zu haben scheint. Von der Allerheiligencapelle sagt Trojer: Nikolaus Vintler habe sie 1292 erbaut und das Geschlecht der Vintler sie l;]i;i dotirt. Die S. Jodokscapelle wurde 13;!7 von Benedict Xll. mit Indulgenzen ausgestattet; und liiidet sich noch heute ein Heilweiger'sches Grabdenkmal von 1349 darin. Die Capclle S. Johann „im Kreiizgang" erhielt 1386 Indulgenzen; die Erhardscapelle wurde zwar erst 1480 in ähnlicher Weise begnadet, allein sie darf ihres Baustyls wegen auch schwer- lich über das XIV. Jahrhundert herabgerückt werden. Als vorzügliche Wohlthäler des Kirchenbaues werden die Grafen von Greifenstein genannt, deren vier von 1319 bis 1380 hier begraben wurden. Die Einweihung des Haupt- altars und Chors geschah laut dem Weihinstrument, auf dass sich Trojer beruft, 1348. Die S. Annacapelle, die im Schiffe gegen das Portal zu liegt, haben die Vintler 1373 und 1390 gestiftet. Am alten Portal befand sich unter andern das Wappen der Grafen von Greifenstein , die am Ende des XIV. Jahrhunderts ausstarben. Der Thurm ist gleich- zeitig von den edlen Botschen erbaut worden und so kann man sagen, dass der grössere Theil des Baues um die Mitte des XIV. Jahrhunderts stand und der ganze Bau vor 1400 fertig war.

Der älteste Theil ist offenbar der Kreuzgangg (Fig. 1). Derselbe bildet, wie gesagt, ein regelmässiges Quadrat, von

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Aussen durch die Kirche und die Klostergebäude einge- schlossen, während die Bogcnstcllungen nach Innen in ein zierliches Gärtchen gehen. Diese wollen wir zunächst ins Auge fassen. Jede Seite, ungefähr GO Schuh lang, besteht aus vier Abtheilungenvon einfach gemauerten viereckigen Pfeilern be- gränzt und spitzbogig überwölbt (Fig. 2). Der obere Theil des Bogens ist mit Mauerwerk ausgefüllt : der untere ölTnel sich in je vier Kleeblatlbogen, die von drei schlanken Säulchen getra"-en werden. Nur an der Südseite ist die Zahl der Säulchen 4, die derBogen S (s. Fig. 1). Die Säulchen stehen auf einem

61

viereckigen Sockel, dem die Ecken etwas abgenommen sind, eigentlichen Spitzbogen Platz macht')- Ich erinnere unbe- was ohne Zweifel eine Art Vermittlung mit der darauf- denklich an deutsche Analogien, weil in der Lombardie und stehenden attischen Basis andeuten soll, der das gewöhnliehe in Venedig, von woher man allenfalls an italienische Ein-

(Fig. 2.)

Mittelglied, das Eckblatt abgeht. Das Capital ist ein schmuck- fliisse denken könnte, meines Wissens diese Formen in

loserKelch. Wenn ich die darauf ruhenden Bogen Kleeblatt- solcher Ausbildung gar nicht vorkommen. Man wird also

bogen nannte, so ist das nur annulierend richtig; es ist auch unsern Kreiizgang ungefähr in jene Zeit versetzen, oder

eigentlich die arabische Bogenform, die aus drei Dreiviertel- auch angenommen, dass die Übergangszeit in den meisten

kreisen zusammengesetzt ist. Der Rahmen dieser Bogen ist nun österreichischen Ländern etwas später anzusetzen sei

sehrschönprofilirt. Den oberen Rand bildet ein kräftigerHund- jedenfalls nicht sehr viel weiter herabrücken dürfen. Dies

Stab, der den Bogen vom äusseren Mauerwerk abschneidet; gilt jeduch nur von dem inneren Umfange; die ursnrinifHiche

daneben eine tiefe Hohlkehle; ein zweiter, tiefer einwärts Bedeckung kann sehr wohl durch den Brand 1291 zerstört

liegender Rundstab bildet den unteren Rand. Diese Profili- und die jetzige gewandte Einwölbung erst in der Folge vor-

rung ist auch längs der Pfeiler senkrecht herabgeführt, so genommen worden sein.

dass die Bogen nach allen Seiten organisch geschlossen Das nächste, was sich uns nun darbietet, sind die drei sind ; alles Masswerk daran ist scharf und kräftig, das Mate- Capelleu, die östlich an den Kreuzgang stossen, da die vierte rial weisslicher Sandstein. Die Überwölbung des freien die Erhardscapelle nichts besonderes bietet. Die älteste Umgangs ist spitzbogig. Die Dienste, aus Ziegeln gemauert, die Allerheiligencapelle von 1292, zeigt noch etwas schwere springen von einem achteckigen Tragstein vorn an jedem Formen, einen gedrückten Spitzbogen und breite Rippen, Pfeiler aus und senken sich in einen ähnlichen an der gegen- sonst aber keine Reminiscenzen an einen früheren Styl. Sehr überliegenden, übrigens nackten Wand herab. Das Ge- elegant ist die Mariencapelle (um 1340); sie besteht aus wölbe zeigt drei verschiedene Muster, worunter manche drei Gewölbjochen und ist geradlinig geschlossen. Die seltsame, rautenförmige Verschränkung; dennoch macht es Rippen springen aus Tragsteinen, die ziemlich tief an den den Eindruck grosser Einfachheit neben einer spielenden Seitenwänden sitzen, schlank empor und bilden Kreuzge- Leichtigkeit. Überhaupt ist die künstlerische Wirkung des wölbe; sie sind fein prodlirt. Auf den altdeutschen Altar, ganzen Bauwerkes eben so ernst, als elegant und es muss der nun diese Capelle schmückt, kommen wir später zurück, als eines der kostbarsten Überbleibsel alter Architectur in Die S. Johannscapelle, gleichfalls aus dem XIV. Jahrhundert, unserem Kronlande angesehen werden. Aber aus welcher zeigt am meisten architektonische Gliederung, doch ist nur Zeit mag es herrühren? Da uns bestimmte Angaben fehlen, mehr der kleine Chor (wenn man es so heissen darf) im so müssen wir uns nach analogen Erscheinungen auf dem alten Zustande. Er ist durch einen massiven Bogen von dem Gebiete der Architectur umsehen. Nun gibt aber Kallen- Vorderraum geschieden und dreiseitig geschlossen; Wand- bach in seiner „Chronologie der deutsch-mittelalterlichen säulchen tragen die Dienste. Hier hat sich noch etwas vom Baukunst" mehrere Erscheinungen, die an diesem Werke Masswerk der Fenster und eine Spur alter Glasgemälde vorkommen, als entschiedene Merkmale der Übergangszeit erhallen. An all diesen Capelleu liegt noch das alle^Mauer- 1200—1220 an, so die Formen aus mehreren Kreislhcilen werk zu Tage, nicht allzu genau gelegte Schichleii von Por-

unter einem gemeinschaftlichen Bogen, besonders die ara- bische Bogenform, die Basis ohne Eckblatt u. s. w. Ganz ähnliche Bogenforinen erscheinen am Chor der Kirche zu Gelnhausen 1210 20; an der Fa^ade des Domes zu Halberstadt um 121ö; um dieselbe Zeit am Unterbau der Thürme der Katharinenkirche zu Braunschw eig, wo die Klee- blattbogen bereits spitzbogig überwölbt sind , während ein Jahrzehend daraufdiesc Form allmählig verschwindet und dem

phyrgestein durch Mörtel verbunden. Nur die stark vor- tretenden Pfeiler, die Halimen und das Masswerk der Fen- ster sind Hauslein. Es mag noch bemerkt werden, dass die Schlusssteine der Gewölbripjien in diesen Capellen gerne

') Vgl. aus dorn aiigef. Werke Taf. XIX— XXV, licsondeis XXU, XXIH, «flehe ilie Kirclie von Gelahauscn enlliaHen. Ein I!eis|iii.l aus Ösler- riMi-h giht der Ki-euzgang des Klusteis Ueiligenkreuz aus dersellieii Zeil.

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plastische Vorslelliiiigon tragen , irgeiul ein heiliges Haupt, ein Mysterium, ein religiöses Symbol oder \v enigsteiis eine Blume.

Gehen vir nun zur IJetraelitung des Äussern der Kirche und zunächst des Chores als des ältesten Theiis liher. Ein Sockel von uiige rühr drei Fuss Höhe gibt den L'nterhauaii. Den Schliiss bililen drei Seiten eines Achteckes. Starke Pleiler aus Haustein, in dreilacher Verjüngung auf- steigend, stützen den schlanken Bau. Die dazwischen ver- theilten Fenster sind hoch und schlank; nur eins hat sein !Mass\verk behalten, es ist von unten auf zweifach gethcilt und trägt oben ein schön geformtes Dreiblatt. Die Z«isclieii- fiiiking ist Mauerwerk mit einem Mörtelanwurf : ob dieser ursprünglich, oder eine spätere Verschimerung ist. kann ich nicht sagen. An die Südseite des Chors schliesst sich gegen Westen der Thurm an, der nichts Ausgezeichnetes bat. Er bildet von unten auf ein gemauertes Viereck, dessen (diersteAblheiluug ein haliirnmanisches Doppelfenster zeigt; darauf sitzt ein kurzes Achleck aus Hausteinen mit Klee- blattfenstern, das ziemlich stimipf in eine acbtseitige gemauerte Pyramide endet. Er siebt altertbündich aus und dürfte wenigstens theihveise noch aus der Zeit vor dem Hrande herrühren. Das übrige Äussere zeigt nichts Beson- deres mehr. Die Facade hat ein modernes Portal und Ober- fenster erbalten; nur seitwärts, die beiden SeitenschilTe beleuchtend, sind zwei Hadfenster geblieben oder vielmehr neuerdings aus dem Mörtel gegraben worden.

Das Innere hat drei Scbifle; die SeitenschifTe enden geradlinig am Frontbogen; der letztere ist gleich den Pfeilern im Schilfe achtseilig profilirt und Aon ihm aus streckt sich der Chor in der Breite des Mittelscbides leicht und tief vorwärts. Er ist der scbJinste 'i'lieil des Baues. Die Decke bildet ein einfaches Kreuzgewölbe von vier Jochen, die Rijjpen sjiringen von Tragsteinen der Seiten- wände aus und sind schön lu'ofilirt; den Schluss macht ein tiefgeripptes Sterngewölbe. Die \ erhältnisse des Eangbaues sii\d weniger gefällig; die geringe Breite im Vergleich mit der bedeutenden Höhe und F^änge lassen den Eindruck einer gewissen Enge zurück. Das ist besonders bei den Neben- schifTen der Fall, die iiei gleicher Höhe mit dem Mittel- scbill'nin- etwa die halbe Breite desselben haben. Acht Pfeiler tragen das Gewölbe und schlanke Spitzbogen IVdiren vom Mitlei- in die Seitenschill'e. Die Pfeiler sind achtseitig, ohne Basis und Capital, waln-scheinlicb wie in der i)ominikaner- kirche aus Backsteinen aufgemauert. Sehr eigentbündich ist die Formation der Gewölbe. Die Hauptdienste wachsen aus Tragsteinen oben an den Pfeilern heraus, und enden in den NebenschilTen in ähidicben Ti'agsteinen der Seilenwand. Zugleich sitzt aber ein Büiulel von Nebendiensten beträcht- lich höher auf dem Scheitel der Arkailenbögen zwischen dem Mittel- und den Seiteiiscbiiren. Ferner sind die I'iillungen oder Gewölbkappen so weit herabgefübrt als ilii' lüppen, was ein cigcnthündiches System vim malerischen Erliobungen

und NCrliefimgen abgibt. Zu dieser Mannigfaltigkeit trägt endlich ninii die netzförmige N'erschränkung des Hippen- genechtes bei. N'ergegenwärtigt man sich den ästhetischen Eindruck des Bauwerkes, so nuiss man gestehen, dass es gar wenig von der Anmulii und Zierlichkeit der gothischen Bau- kunst an sich trägt, indem jeder irgend entbehrliche Schnmck vermieden ist. Aber die Einfachheit der .\nlage, die ernste allem Prunke ablicdde Durclifilhrung, die kühne und sichere HühenricIituMg des Ganzen verfehlt denudcli nicht einen ernsten nnii erhebenden Eindruck zurückzulassen. Und so blieb es die liauregel der Söhne des heil. Franciscus, die es sich ja vorzugsweise zur Aufgabe machten, allen irdischen Ui)erfluss von sich zu thun, um den Ernst des Ewigen unge- stört abzuwarten; alle ihre Kiicben aus der guten Zeit erregen ähnliche Gefühle, wie ein ernster Choralgesang.

Die Kirche hat noch ein paar Stücke alter Einrichtung bebalten. Das erste ist eine silberne Monstranze mit hübschem gothiscbem Thurmaufbau; sie ist aber durch mancherlei neuere Zuthaten der Art behängt und verhidit worden, dass man den scbi'inen allen Kern kaum mehr wahrnimmt. Hier llndet sich fei'ner ein altei' Flügelaltar, eliemals in der Erhards- nun in der Mariencapelle. Er stammt vom Jahre löOO'), doch ist leider nur der Mittelschrein und Einiges vom Sockel übrig. Er besteht wie alle äliidicheii Werke tbeils aus Gemälden theiis aus Scbnilzwcrken. Der Sockel enthält jetzt von Gemälden: Joacliim und .Anna, dann S. Anna noch einmal und wie ich glaube, S. Katharina; in Schnitzbildern: S. Jakob und Johannes den Täufer. Der Schrein enthält inwendig Schnitzbilder aus dem Leben Maria's in Verbindung mit dem Älysterium der Menschwerdung. Die Hauiitdarstelluug ist Christi Geburt in einer halbrunden Umrahmung. Den Rahmen bildet der Staminbaiim .lesu Christi mit 12 äusserst zart geschnittenen Figuren; die Darstellung der Geburt ist in runden Figuren ausgeführt; im Hintergrund sieht man die Schaaren der heiligen drei Könige herheireiten; das Ganze krönt ein äusserst reiches, zartverscbluugenes. vergoldetes Nisclienwerk. Die Seilenllügel sind in der Milte abgetheilt imd enlliallen f(di;ende \ier Darstellungen: Maria Verkün- digung, die üi)ferung im Tempel, die .Vnbetung der Könige, Maria"sTod. Die Aussenseile der Flügel enlbält ein Gemälde von der Trennung der Apostel, die der Legende gemäss nach Maria's Tod stallfaml. Dies Gemälde ist äusserst naiv ; wie hier zwei Scheidende sich lunarnien, d(M'fzwci andere in eine schöne deutsche Landschaft liineinsteuern, da Petrus sich durstig zu einer Quelle bückt u. s. w. .Mies das ist so unschuldig, ehrlich und iVdUim. dass man unwillkürlich gerührl w ii-d. wenn die (iemälde sonst aucli viele Härten zeigen. .Auch die Formen sind keineswegs schön. S. .Alma

*) Laiil »IiM* Ilüi'ksinle IicfiiKlIicIuMi Zusolirifl: Anno Diii. l.'JOO tempore Kr. Luiloviei Stolz Giinrdiiiiii positiim est lioc opus. Lbiis Deo. Ich vor- daiike die Mittlieiluiig dieser Zuschrift dem Professor I'. Vinzeiw. Gred- 1er. il(^v wi'rthvnH«? Studien iiher die Kuiistsehütze in den Kirchen und Klöstern dei- nordtirol. Franciscanerprovini besitzt.

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z. B. mit Maria und dem Christkind auf beiden Armen ist geradezu hässlich. Die Schnitzwerke scheinen mir über- haupt von höherem Werth, besonders wo das jCharakle- ristische vorwiegt, wie in den Köpfen der Manner. Die Gestallen sind meistens etwas breit und kurz, die Gewandung reich mit gebrochenen Falten. Das Architektonische ist durchaus auf maiensche Wirkung berechnet, daher ein anmuthig phantastisches Flechtwerk, das hie und da fast einem Wurzelgeflechte gleicht. Die Bemalung und Ver- goldung endlich ist sehr fein. Mir seheint es an Werth dem später zu besprechenden Altar von Michael Pacher in Gries nicht nachzustehen , indem es an Lieblichkeit ersetzt, was jenes an kirchlichem Ernste voraus hat. Auch scheint mir die Weise der Ausführung den Pacher'schen Arbeiten sehr

nahe zu stehen; und wenn es der Zeit nach nicht wühl statthaft scheint, diese Arbeit ihm selbst zuzuschreiben (sein Todesjahr ist nicht bekannt), so slimmt sie sicher aus seiner Schule. Endlich sei es noch erlaubt eines neuern \\ erkes zu gedenken. Das sind die Gemälde auf dem Orgelkasten vom Jahre 1631. Sie stellen die Mutter Gottes, die Anbetung der Könige u. m. a. dar. Man erkennt auf den ersten Blick die venetianische Schule und die Hand eines ausgezeich- neten Coloristen, der sehr au Paul Veronese erinnert. Die Composition ist voll Lust und Leben , einzelne Köpfe von meisterhafter Vollendung, manche Figuren hingegen über- mässig fleischig, kurz und verzeichnet. Es wäre wohl der Mühe werth , dass man diese Bilder reinigte und in ihrer früheren Farbenpracht glänzen liesse.

Die Kirche des heil. Michael zu ffliohelsberg in Siebenbürgen').

Von Ludwif; Uels senb e rarer , k. k. Conservatnr in Herniannstadt.

Wenn Deutschland und selbst das benachbarte Ungarn eine ziemliche Anzahl herrlicher Kirchenbauten aus der Bau- periode des spätromanischeu Styls aufzuweisen im Stande sind, so muss man dagegen Siebenbürgen an bedeutenden Denkmalen dieser Bauweise sehr arm nennen , ja man muss sogar eingestehen, dass es auch nicht eines besitzt, welches hinsichtlich desKunstwerthes den vorzüglicheren Bauwerken dieser Art in Deutschland und Ungarn an die Seite gestellt werden könnte. Der Grund hievon liegt unstreitig zunächst darin , dass die wenigen Bewohner Siebenbürgens vor der Einwanderung der Sachsen in dieses Land einen zu geringen Bildungsgrad besassen, als dass aus ihrem Schoosse irgend welche Kunstschöpfungen hervorgehen konnten; die Sach- sen aber, mit welchen nach der alle Keime eines höheren Culturlebens vernichtenden Völkerwanderung zuerst wie- der Gesittung ins Land kam, erst in der zweiten Hälfte des Xn. Jahrhunderts, ein guter Thcil derselben wahrscheinlich noch später, also in einer Zeit einwanderten, wo in Deutsch- land die romanische Bauweise ihren Höhenpunkt erreicht hatte oder wo man schon in eine neue Bauperiode überzugehen begann, und die neuen Ansiedler im neuen Heimathhinde, das, wie es schon die Ansiedlung voraussetzt und auch urkund- lichem Zeugnisse zufolge 2) meist nur eine Wüste war, bei ihrem wohl längere Zeit andauernden Bemühen, sich den ihnen von den ungarischen Königen überlassenen Landstrich urbar zu machen und wohnlich einzurichten, nicht sobald an den Bau schöner Kirchen denken konnten. Aber auch nach-

ij Die geschicltleu Aufnalimen des Bauwerkes und die Zeichnungen zu den Holzschnitten sind ein Werli des Herrn i\I. Seyfried, Assistenten der k. k. Landesbaudirection in Uerinannstadt.

2) Der r^egat, firegorius, welelier unter der Hesicrung des ungarischen Königs Bela III. (1173—1190) den Uiiieesenslreit zwischen dem sielicn- Lürgisehen Dischofe und dem Ilerniaunstädter Propste enisehied , nennt das Land, weklies den deutschen Ansiedlern von K. üej-sa verlieiicn wurde, ansdriieklich eine „Wüste". S. Schlüzer's Geschichte der Deutschen in Siehenhürgen, S. 27.

her, als die deutschen Ansiedler schon einen festeren Be- stand gewonnen hatten, mochte es ihnen noch nicht so recht möglich sein, grössere und kunstreichere Bauwerke zu schallen, da sie noch lange Zeit ihr Hauptaugenmerk auf die Beschützung ihrer mit Jlühe gewonnenen Wohnstätte gegen die Angriffe benachbarter wilder V'ölker und auf die Ver- theidigung ihrer Selbstständigkeit gegen mancherlei innere Feinde richten mussten; die Kunst aber nur da zu schönern Blüthen sich entfaltet, wo äussere Sicherheit und eine gewisse Behäbigkeit, die den Geist mehr zur Thätigkeit nach Innen als nach Aussen veranlasst, das ganze Volks- leben trägt. Mit diesem der Entwickelung eines höheren Kunstlebens höchst ungünstigen Zustande der neuen Ansied- ler, so wie der nursuccessiveu Einwanderung derselben mag wohl auch der bemerkeiiswerthe Umstand im Zusammen- hange stehen, dass die wenigen Bauwerke, welche Sieben- bürgen aus der Zeit der Herrschaft des romanischen Styls besitzt, fast ausschliesslich denjenigen Theilen Siebenbür- gens angehören, wo höchst wahrscheinlich ') die ersten Ansiedlungen stattfanden, nämlich in den Kirchensprengeln des Hermannstädtor, Leschkircher und Unterwälder evangel.- lutherischen Kapitels, so wie in Karlsburg und seiner Um- gebung. Vielleicht hatten die Colonistengruppcu dieser Kir- chensprengel, wie es auch in der Natur der Sache liegt, da sie die ersten waren, noch in einer Zeit, in welcher der romanische Styl vorherrschte, einen solchen Bestand gewon- nen, dass sie schon damals an den Bau grösserer und scili- derer Kirchen gehen konnten, während die nachfolgenden Ansiedler erst später, nachdem schon eine neue Bauweise die Gothik zur Praxis gekommen war, ihre für das erste

*) In der vom Legaten Gregorius iibei- den erwähnlen Diücesenstreit aus- gestelllen Urkunde werden die dem Ilermannstjidter Propste untergeord- neten Ansiedler wohin die Capitel Herniannstadt, Leschkirch und (irossschenk gehörten die „ersleren" Gy-^anisehe Einwanderer genannt.

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Bcdiii-fiiiss erricliti'teii \vpiii,ü;ei- (hiueiluifteii Gottcshaiisi-r in soliiliM-o Kirclien iinizuwandiilii voniiochlen.

Ist ilemnacli hieraus die geringe Anzahl romaiiisi-lier I!;tiulfiil<in;ilo in Siclienliürgcn erklärlich, so miiss man auch noch l'crner eiiigcst.'iii'n, dass selbst von diesen venii^en Denkmalen häulig nur ürnclistiicke und oft nnlHMltMilende Überreste ihres ehemaligen Bestandes vorliandcn sind. Theils hat der rohe Yaiulalismus früherer Jahrliunderte die- selben entweder völlig zu Grunde geriditet oder in unbc- deutsame Triinmicr verwandelt, Ihcils hat auch der Zahn der Zeit den Verfall derselben so sehr herbeigeführt, dass dieselben einer vollständigen Ausbesserung uulerzogcn wer- den inussten, wobei aber nicht mehr im Geiste des alten Styls verfahren wurde. Durch solche Ausbesserungen erlit- ten daher die grössere Anzahl dieser Baudenkmale eine sol- che Linwandlung, dass bis auf einzelne Theile, aus denen die ursprüngliche Anlage noch erkennbar ist, der ganze Charakter des Baues verschwunden ist. Am häufigsten erkennt man diese ursprüngliche Anlage an den Thürmen der kirchlichen Bauwerke, welche wegen ihres massiveren und solideren Baues sowoiil dem rohen Vandalismus als auch dem Zahne der Zeit besser widerstanden. So deutet der Thurm an der evangel. Pfarrkirche zu Mühlbacb, so die Thürme an den evangel. Kirchen in G rosspo Id, Gross- ludosch, lleltau und Grossau unverkennbar auf die ursprünglich romanische Anlage der ganzen Kirche hin. An anderen Orten veriäth dagegen das romanische Portal den ursprünglichen Charakter des ganzenBauwerkes, wie in H o I z- men^en, Szakadat, Neudorf und Bätsch und noch in andern, wie inThalheini, Kle inseheu ern, Rothberg n. a. lässt sich aus den niedrigen und finsteren SeitenschilTen ihrer Kirchen sowie aus der BeschalTenheit der Pfeiler und Bö^en zwischen diesen und dem Mittelschifl'e auf den romani- schen Ursprung dieser Kirchen scbliessen. Ganz unverändert oder doch nur in unwesentlichen Theilen umgewandelt sind mir nur drei kirchliche Gebäude bekannt, nändichdie biscliöf- liehe Kathedralkirche zu Karlsburg, das s.diönste I5au- denkuial i-niiianischeii Styls in Sii'beidiürgen, ferner die alte Ber^kirche in l'rvegen und die Kirche des h. Michael zu Michaelsberg. Letztere ist wegen der mehr interes- santen Ausführung einiger Tlieile für die Geschichte des romanischen Kirchenbaues in Siebenbürgen \ingleich wi(di- tiger als die Dergkirche in l'rvegen, welche überhaupt fast nur wegen ihrer beinahe nnveriinderten Erhaltung in der ursprünglichen Aidage bemerkenswcrtli ist. Sie verdient daher auch vor jener eine nähere lieschreilinüg, welche die folgenden Zeilen zu geben versuchen.

Die Kirche des heil. Midiael zu Michelsberg, welche gegenwärtig den Bewohnern dieses Dorfes nur noch zur Aufbewahrung ihrer besseren Habseligkeiten dient, steht auf dem Gi|>fel eines isolirten Gneisskegels, welcher auf der Nordseitc des Dorfes etwa 2i)0 Fuss über demselben sich erhebt, und ist, wie die meisten Kirchen im Sachsenlande,

(Fig. l.)

nu't einer Biiigniauer umgeben. Die Kirche zeigt in ihren» Grundrisse (Fig. 1) den romanischen Styl in seiner ent- wickelteren Form, doch fehlt liiei- das sonst häufige Kreuzscbitr.

Auch lässt sich nicht verken- nen, dass die Ausdehnung der Kirche in die Breite ge- gen ihre Län- genansdehnung zu stark her- vortritt , was die Massen- haftigkeit und Schwerfällig- keit des gan- zenBaues nicht wenig erhöhet, wozu aber die Erbauer, da sie wahrscheiidich

von der sonst üblichen Weise, die Hauptachse der Kirche von Ost nach West zu legen, nicht abgehen wollten, durch den beschränkten Raum des Berggipfels, der sich mehr in der Richtung von Nord nach Süd ausdehnt, gezwungen waren. Im Allgemeinen ist der Bau sehr ein- fach n ml entbehrt jetzt, mit .\nsnahme des Portals, jedes ornamentalen S(dnnuckes ; slarr und unbelebt steigen die Mauerwände empor und vi'illig ungegliedert, ja fast roh erscheinen Pfeiler und Bögen. Vielleicht mag der gänzliche iMangel an baufähigen Bausteinen in der nächsten Umgebung und die Mittelbisigkeit der Erbauer, welche der llerbei- schall'ung geeigneter Bausteine aus der Ferne himlerlich entgegenstand, die vorzügliche Ursache gewesen sein, dass die Kir<'he in den meisten Theilen so ganz ohne allen feinern architektonischen Schmuck erstand. Das IMateriale daran besteht daher auch liis auf das Portal uinl die Seitenein- gänge aus lii-uchsleiiieii. welche in der nächsten Nähe im Gliunnerscliiel'er- und Gneissgebirge gebrochen ^n urden ; doch ist in der Zusanunenfiiguiig derselben das Bestreben bemerkbar, auch uult-r diesen misslicbeu N'erliällMissen den Mauerwänden eine mögliciist glatte und gefällige Fläche zu geben, da nach .\ussen die Brucbsteine so viel als möglich mit ihren ebenen Briiclillächen übereinander gefügt sind.

Die Kirche zerfällt iliren llaupttbeilen nach in das Schilf oder Langhaus und das Presbyteriinn oder den Indien Chorsannut Apsis und hat eine Gesammllänge von 1 'i Klaftern. Das Schilf theilt sich wieder in das Haupt- oder Mittel- scliilV um! li;it zwei Seiteuscin'ITe oder Abseiten , an welche letztere sieb zwei (jinulratisclie Bäume als wahrscheinliche Unterbauten von zwei gleich hohen 'riiürmen auschliesscn. Das Hauptschiir iiat bei einer Breite V(Ui 4'/;;" eine Länge

6S

von 7" und eine Höhe von 5-/3" und war ehemals, wie dieses bei den romanischen Kirchen iiäufig der Fall war und an der alten Bergkirche inUrvegen und der evang. Kirche inHiitsch noch jetzt henierkhar ist, mit einer tlachen, wag- rechten rioizdeckc überdeckt; jetzt fehlt jede Üherdeckung. Das Licht empfängt dieser Theil der Kirche durch 6 kleine Fenster, wovon je drei auf einer Seite des MittelschifTes ohne irgend eine Gliederung mit glatt abgeschrägten VN'anden über das Pult<iach der Abseiten sich erheben. In dem einen süd- lichen Eck des Hauptschitfes gegen das Presbyterium hin befindet sich ein steinerner Aufsatz von geringer Höhe, auf welcher einst die, wohl nicht zu derselben Zeit wie die Kirche, erbaute Kanzel stand. In der Nähe des Ilauptein- ganges an der Westseite der Kirche, der jedoch gegenwär- tig verschlossen ist, bemerkt man auf jeder Seite desselben einen schmalen Mauergang innerhalb der 4 Fuss dicken Stirnmauer, wovon der eine ehemals auf den nördlichen Tluirm, der andere in den oberen Raum der südlichen Ab- seite unter das Pultdach derselben liinaiilTiihrte.

Von dem Hauptschiffe sind die beiden Abseiten durch breite aber verhältnissmässig niedrige Bögen von breiter Laibung geschieden. Die Breite der Abseiten, welche (Fig. 2)

(Fiff. 2.)

beiden gleich ist, beträgt 10 '/a Fuss und es verhält sich demnach die Breite der Abseiten zur Breite des MittelschilTes wie die Zahlen 105:27S; ein Verhältniss welciies nicht ■wenig von dem sonst gewöhnlichen (1 : 2) abweicht und die oben erwähnte übermässige Breitenausdclinung der Kirche bewirkt. Die Höhe der Abseiten i)eträgt beinahe 3 Klafter, wonach diese, wie auch sonst, halb so gross ist als die Höhe des Hauptschiffes. Auch die Abseiten scheinen wie das Mittel- schiff nach oben platt geschlossen gewesen zu sein, da keine Spuren von unterstützenden Gewölbstheilen sichtbar sind. In jedeAbseite führte ehemals ein besonderer Seiteneingang, wovon der eine im Norden gegenwärtig als der eigentliche Eingang in die Burgkirche benützt wird, der andere im süd- lichen Seitenschiff dagegen bis a\if ein kleines vierecki- ges Fenster zugemauert ist. Die Thürstöcke beider sich

diametral entgegenstehender und im Rundbogen geschlos- sener Eingänge bestehen aus demselben Sandsteine, aus welchem auch die Steinarbeiten an der evangelischen Haupt- kirche in Hermannstadt gemacht sind und sind nicht ganz ohne Gliederung. Beide Abseiten sind gegen Osten, wie dieses bei den späteren und vorzüglicheren romanische:! Kirchenbauten immer der Fall ist, mit einer kleinen Nische geschlossen, welche unter einem besonderen W almdache steht. Jede dieser Nischen besass ehemals ein Fenster, durch welches die Abseite ihr Licht empfing; das eine im südlichen SeitenschitT ist aber jetzt ganz, das andere im nördlichen Seitenschiff bis auf ein kleines, viereckiges Gitterfenster zugemauert. Das nördliche Seitenschiff ist ausserdem durch einen späteren Zubau, bei welchem der an das Presbyterium stossende Bogen des Mitlelschill'es zuge- mauert wurde, in eine kleine Kammer, die in den späteren Zeiten zum Theil als Gefängniss, zum Theil zur .Aufbewahrung alter Kriegsgeräthe diente, und in einen Vorraum abgeschieden worden. An die. Abseiten schliessen sich im Westen jene oben erwähnten quadratischen Räume an , über welchen ehemals auf massenhaften Unterlagen höchst wahrscheinlicli z\>ei viereckige Thürme sich erhoben oder nach der ursprüng- lichen Anlage doch erheben sollten. Der .Abschluss der Fayade zu einem vollständigen harmonischen Ganzen for- derte diese auch sonst auf der Westseite der roniaiiisclien Kirchen häufig vorkommenden Duppeltiuirme. Von den Thür- men, welche die Fa?ade der Burgkirche wahrscheinlich tlau- kirten, ist der eine an der nordwestlichen Ecke noch sehr wohl zuerkennen, und es lässtsich auch die Höhe desselben bis zur Bedachung, welche mit der Höhe des HauptschilTes übereinstimmt, bestimmen; der andere muthmassliche da- gegen erhebt sich gegenwärtig nur bis zur Höhe der süd- lichen Abseite.

Von dem Schiffe ist das um 1' höher gelegene Presby- terium durch einen hohen mit einem einfachen Gesimse auf beiden Seiten gezierten Rundbogen geschieden. (Fig. 3.) Dasselbe bildet ein etwas unvcdlkommenes (Quadrat und w ird von zwei, den Fenstern im Mittelschiff ähnlich gestalteten Fenstern erleuchtet. Es ist mit einem einfachen Kreuzgewölbe überdeckt und hatte ehemals an seiner südlichen Seite einen kleinen Eingang, dessen Thürstöcke gleichfalls aus jenem oben erwähnten Sandstein nicht ohne Kunst gehauen sind, und durch welche wahrscheinlich der Geistliche in den f bor trat. In diesem Tlieile der Kirche befand sich der llaupt- altar, worauf auch die noch vorhandene quer über das Chor gehende eiserne Unterstützungsstange hindeutet. Die sonst in romanischen Kirchen unter dem hohen Chor nicht selten vorkommende Krypta fehlt der Michelsberger Biirgkirche und scheint überhaupt dem romanischen Kirchoiibaii in Siebenbürgen fremd gewesen zu sein; wenig-itens habe ich noch in keiner der vorhandenen und mir bekannt gewor- denen Kirchen aus dieser Slylperiode irgend welche Spuren einer solchen Krypta aufgefunden. In der Michelsberger

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Kirche koniile natürlicli wegen des felsigen Bodens keine Krypta angelegt werden.

(Fig. 3.)

An den iiolien Cliur schliesst sieli der dritte Ilaiipttiicil der Kirciie , die halbkreisförmige Choriiische an . deren Durchmesser 2" ö' beträgt; sie empfangt ihr Lieht diireh drei radial angebrachte kleine, jedoch stark abgeschrägte Fenster. Ehemals zierten diesen Theil der Kirche schöne Malereien, namentlich waren nach der Aussage älterer Män- ner mancherlei Frauengesichter und ein Christusbild bemerk- bar; jetzt sind nur noch geringe Spuren unter der Tünche sichtbar, womit der Unverstand späterer Zeiten in dem Glau- ben, dadurch dem Innern der Kirche ein schöneres und gefälligeres Ansehen zu geben, Schiff, Chor und Wölbung der Chornische überzog.

Das A\issere der Kirche entspricht mit Ausnahme der Fafade vollkommen dem Inneren derselbiMi. \tu\ einem gegliederten Mauersockel , von einem zierenden Kranz- gesimse, Friesornamenten, Lesenen und ähnlichem architek- tonischen Schmucke, wie sie in anderen Ländern der roma- nische Baustyl an der Aussenseite der Kirchenwäiule in den mannigfaltigsten Formen iiervortreten liess, ist nicht das Geringste vorhanden; das einzige was hievon bemerkbar wäre, ist ein einfaches Gesimse, welches an den Nischen der Abseiten aus einem einfachen, an der Chornische aber aus einem doppelten Wulst bestehend, unter der Bedachung hinzieht. Was jedoch hierin dem Gotteshausc fehlte, das suchte man, in Cbereinstimmung mit dem allgemeinen Bestre-

ben der romanischen Baukunst, an der Fa^ade und insbeson- dere an ilcni Portale so viel als möglich zu ersetzen; wodurch denn dieser Theil der Michaelskirehe auch der schönste und interessanteste geworden ist. Und in der That man muss gestehen, dass das Portal der Michaelskirchc durch seine wenn auch nichi' einfache aber doch harmonisch zusammen- klingenden Können auf den Beschauer einen tiefen, nran möchte sagen, innerlich erwärmenden iMiidruck macht. (Fig. 4.) Das Portal besitzt zwar nicht die reiche Detailausschmückung, wie sie andere romanische Kirchen in Deutschland und Ungarn zeigen; auch fehlen ihm die Beliefarbeiten, welche die mit dem Michelsberger Portale in der Prodliruug übereinstim- menden Portale der Kirchen zu ilolzmengen und Szakadat interessant machen; aber dafür greifen alle einzelnen Details desselben so harmonisch zusammen und sind die Motive dazu so glücklich gewählt, dass das Auge des Beschauers lange mit innigem Woldgefallen darauf verweilt. Das Portal hat im Lichten eine Breite von S' und eine Höhe von 8' bis zum Bogenfeld. Die weitabgeschrägten Seitenwände stufen sich in 4 Pfeilerecken ab, welche in ihren rechtwinkligen Ecken abwechselnd aus Sandstein und Grobkalk bearbeitete Säulen tragen, von denen die beiden innern im Octogon, die übri- gen rund ausgeführt sind. Der Mauersockel , auf welchem die Säulen und Pfeiler ruhen , ist in Plättchen, Schrägung und Plättchen gegliedert und setzt sich in dieser Weise an der Fafade bis zur Scheidung zwischen dem IMittelschiil" und den Abseiten fort. Die Säulenfüsse sind dem attischen ähn- lich und bestehen aus Plättchen, Höhlung und Wulst; die Capitäle der Säulen schmücken mannigfaltig verschlungene Bänder mit kleinen schneckenförmigen Windungen darüber, wodurch dieselben Ähnlichkeit mit dem jonischen Capital erhalten. Über diesen ^^'indlmgen sind als Krönung dersel- ben unförmlich gestaltete Menschenköpfc angebracht. Die Säulen überdeckt ein in ähnlicher Art wie der Mauersockel gegliedertes Gesimse von gleicher Länge, über welchen! dann die zum Theil gefärbte Wölbung des Portals dieselben wechselnden Formen, wie die\N indungen sie zeigen, wieder- holt, so dass die Gliederungen daran genau mit den unter- gestellten Säulen eorrespondiren. Das Bogenfeld über dem wagerechten Thürsturz, welches sonst gewöhnlich mit schö- nen Reliefs geschmückt ist, ist hier leer und scheint auch nie etwas derartiges gehabt zu haben; auch vermisst man an den Säulenfüssen die der ronranischen Bauweise eigen- thüinlichen und an dem Portal in Ilolzmengen noch ziem- lich wohl erhaltenen Eckknollen, wodurch der Übergang des eckigen Basaments in die liumlung der Säule vermittelt wurde. Anstatt dessen erheben sich aber zu beiden Seilen des i'ortals halb ei-liaben und V(Ui demselben Gesimse wie die Salden der \\ ;ui(luiigen des Portals übenleckle . in ähnlicher Weise wie diese Wandungen gegliederte Wandarkaden, welche das Ganze des Portals erst zu einem vollkom- men harm(Miischen Abschlüsse bringen und in Verbindung nn't di(,'seni. i\i'n sorgsam zusammengefügten Bruchsteinen,

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dem Feilster ülier dem Portal und dem auf der Spitze der Stirnmauer angebrachten Aufsatze der ganzen Fa(,Mde einen überraschend schönen Anblick verleihen.

Fragt man nun nach der Erhauungszeit der in dem Vorangehenden beschriebenen Kirche, so ist man zur Beantwortung dieser Frage fast nur an die Bauweise derselben gewiesen , da kein urkundliches Datum direct auf die Er- bauung derselben hin- weiset. Aber auch wenn man die Bau- weise zu Grunde legt, ist man doch bei dem gegenwärtigen Stande der kirchli- cheuKunstgesehichte in Siebenbürgen noch immer sehr schlimm daran, da die Frage, bis zu welcher Zeit

in Siebenbürgen der romanische Baustyl vorherrschend war, noch durchaus nicht gelöst ist '). Siebenbürgen besitzt zwar, wie sclion oben erwähnt wurde, noch manche Über- reste und Baudenkmale aus der Stylperiode des Bomanis- mus; aber von keinem derselben ist meines Wissens die Zeit der Erbauung auch nur annäherungsweise constatirt. Anderer- seits greifen die Bauten der in Siebenbürgen im gothischen Styl erbauten Kirchen , von denen die Erbauungszeit mit Sicherheit angegeben werden kann, nicht so weit zurück, so dass wir daraus auf das Ende der romanischen und den Anfang der gothischen Bauweise schliessen können, da diese Bauwerke entweder der Blüthezeit oder dem beginnenden Verfalle der gothischen Bauweise angehören. Man ist daher bei dem gegenwärtigen Stande des kirchlich-historischen

*) Dass sieh hei dem Mangel urkiiiHliiohi'i' Qui'Ueii mit einif^er Voi-sielit über die Chronologie der Bauwerke Sielieiihürgens nur Vei'imithuii^"ea aussprechen lassen , spricht für den richtigen Standpunkt des Herrn Verfassers. Denn wir stehen in Siebenhiirgen wie in melii-eren Kron- tiindern Österreichs erst am IJeginne der areliiiologischen Forschungen. Mit Rücksicht auf die cigentliiimlielien Verhältnisse dieses Landes, des änssersten (>ren7.punktes deutscher Cultur, hat ülirigens die k. k. Central- Commission bereits im Sommer des Jahres I806 einen Ingenieur des k. k. Uandelsministei-iums dahin entsendet, um Aufnahmen der interessantesten mittelalterlichen Bauwerke Siebenbürgens an veranlassen. Die darauf basir- ten Zeichnungen dürften in kürzester Zeit vollendet und von den» Herrn Cnnservalor Fr ie dr i c h Müller in SchJisshurg mit dem entsprechen- den Texte versehen werden. Wir holl'en dann, dass durch mehrere Bei- spiele für tlie Zeitbestimmung der Daner des Itomnnisuius in Siehenhüi-geu befriedigende Anhaltspunkte gewonnen werden und knüpfen nur noch daran den Wunsch, dass es auch der historischen I'or-seliung gelingen möge, mit Bezug auf die Kunstgeschichle den unnuterlirochenen Zusam- menhang der fernen Colouien mit dem deutscheu Mutterlaude durch urkundliche Belege nachzuweisen. D. Red.

Kunststudiums in Siebenbürgen nur im Stande auf Grund- lage einiger anderer Daten hypothetisch den Zeitraum zu begrenzen, innerhalb dessen die Erbauungszeit der Michaels- kirche wahrscheinlich fallen mag, wozu durch das Folgende der Versuch gemacht wird. Es ist zunächst bekannt, dass

nach der oben er- wähnten Urkunde des Legaten Gregorius aus dem letzten Vier- tel des XII. Jahrhun- derts die rnisrebuncr von Hermannstadt ein „desertum" gewesen sei bis zur Einberu- fung der Sachsen nach Siebenbürgen durch Geysa II. Wenn nun der Ausdruck „desertum" auch gleich nicht alle Bevölkerung aus- schliesst , sondern noch immer zulässt, dass dieser Bezirk von nomadisch lebenden Hirten zeitweise und spärlich bevölkert gewesen sei; so liegt doch gewiss so viel darin, dass in dem genannten Bezirk vor der Colonisiruno- desselben durch die Flandrenser keine compacte und über die ersten Anfänge der Cultur hinaus gehende Bevülkerun"- vorhanden war. Mit Rücksicht hierauf und mit Bedachtnahme auf den Umsland, dass die jungen Ansiedler, wie schon oben nachgewiesen wurde, nicht sobald an den Bau grösserer und soliderer Kirchen gehen konnten, lässt sich nun der eine Grenzpiinkt jenes Zeitraumes, in welchen die Erbauung der Michaelskirche fallen mag, mit ziemlicher Sicherheit bestimmen. Da die Regierung des Königs Geysa II. in die Jahre 1 141 llGi fällt, so dürfte demnach als dieser eine Grenzpunkt etwa das letzte Viertel des XII. Jahrhunderts bezeichnet werden, worauf zugleich eine Vergleichuiif des Baustyls der Michaelskirche mit der Bauweise romanischer Kirchen in Deutschland aus derselben Zeit hinweiset. Schwie- riger ist die Bestimmung des zweiten Grenzpunkles, ja nach dem oben Angeführten ist man überhaupt nur im Stande, eine auf weniger sicherer Grniullage basirte Vermnthunf auszusprechen. Bei dem forldauernden Verkehr der Culoni- sten mit ihrem Mutterlande, den wir wohl auf Gniiulla"-e verschiedener urkundlicher Zeugnisse und nach der Analogie der späteren Zeiten annehmen dürfen, erscheint es vielleicht nicht zu gewagt, anzunehmen, dass die Herrschaft des Bomanismus auch in Siebenbürgen, wenn auch etwas länger als im fernen Mutterlaude, doch nicht um Vieles längerals da gedauert habe. In diesem und namentlich in den österrei- chisch-deutschen Provinzen kann aber, wie Dr. G. Heider in seinem ausgezeichneten Werke: „Die romanische Kirche

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zu Schöngraheni in Niederösterreicli" (Wien, Verlag von Geroll!, 18öö) nachgewiesen Irat. mit Bestimmtheit das Auf- hi')ren der überwiegenden llerrscliafl des ronumisehen Baiistyls in den Scliiuss des ersten Drittels des XI II. Jahrhunderts gesetzt werden, was demnach für Siebenbürgen als ätisserste Grenze der vorherrschend romanischen Bauweise daselbst etwa die Mitte oder höchstens der Schluss des XIII. .lalirhunderts anziiiielinieu berechtigen mag. Sonach dürfte also die Erbau- ung der Michelsberger Burgkirche in den Zeitraum von 1 171) bis 1300 fallen. Eine engere Begrenzung dieses ziemlich grossen Zeitraumes wäre möglich, wenn es constatirt wäre, dass die in einer Urkunde vom Jahre 1223, worin der „Priester und Meister" Gocelin das für ti-eue Dienste vom König .\iulreas II. überkommene Michelsberg an die Kerzer Abtei schenkte, in den Worten: „quod cum. . . . montem Sancti Michaelis cum exclesia et terra sibi pertinente ...

monasterlo de Kerch contubisset " erwähnte Kirche auf

die gegenwärtige Micliaelskirche zu beziehen sei, was ziem- lieh wahrscheinlich ist, da sicherlich nicht die iiiitlen im Dorfe belindliche einer viel spätem Zeit angehörende Kirche damit gemeint sein kann, und nach der BeschalVenheit dieser Kirche auch nicht angenommen werden kann, dass vor der Entstehung derselben auf demselben Platze eine andere gestanden sei. Würde man aber die gegenwärtige Burg- kirche mit joner in der Urkunde cruälinten als identisch bezeichnen, so wäre demnach der Bau der Michael>kirchc im Jahre 1223 schon vollendet gewesen und es fiele die Zeit der Erbauung derselben in den weit engern Zeit- raum von 117Ö bis 1223. Sollte es nicht zu gewagt erscheinen , an diese Yermuthung noch eine zweite anzu- schliessen; so dürfte vielleicht aus derselben Urkunde auch auf den Mann geschlossen werden, der zum ganzen Baue den Grundplan entwarf. Berücksichtigt man nämlich das ia der Urkunde vorkommende Prädicat des Priesters Gocelin, welcher darin zugleich „Magister, Meister" genannt wird und bedenkt man, dass ia der romanischen Stylperiude die kirch- liche Baukunst eia ausscldiessliches Bcsilztbum des Klerus war, so scheint es wohl gar nicht zu fern zu liegen, den Ent- wurf zur Michelsberger Kirche diesem Manne zuzuschreiben. Von geschichtlich constatirfea Momenten über die Michaelskirche aus den späteren Zeiten ist blos eines noch bekannt; iiäuilich der langwierige Bechtsstreit zwischen dem Plcban von Michelsberg und dem des Nachbardorfes

Heitau über die Zugehörigkeit derselben. Der erstere suchte in diesem Streite sein Besitzrecht auf die Kirclu' durch jene (d)en er«ähiile Urkunde votu Jahre 1223 zu begründen und behauptete, die Kirche sei ein Filiale der Kirche der heil. Maria in Miciielsberg; der letztere dagegen stützte sich auf unvordenkliches factisches Besilzthum und behauptete, es sei die Kirche ein Filiale der \N alpurgiskirche in lielfau. Die Entsdieidung wechselte bald zu Gunsten des einen, bald des andern Theiles, bis cudlich im J. 1511 der ileltauer Pleban Wolfgang Flaschner an der päpstlichen Curie, woiiin der Michelsberger Pleban Andreas vom Spruche des erzhischöf- lichen Gerichtshofes von Gran appellirt hatte, die Bestäti- gung der ileltauer Plebanie in ihrem Besitzthum erlangte. Dodi wurde den ^lichelsbergeru auf ihr Bitten zugestanden, sich der Burg zur Aufbewahrung ihrer Habseligkeiten zu bedienen. Dem langen Streite machte indess erst die Refor- mation ein völliges Ende, indem diese die alte Kirchenver- fassung und die darin begründeten ,\hliäugigkeitsveriiältnisse löste; die mit jenem Streite verbundenen Händel zwischen Heitau und Michelsberg über die Grenzen ihrer Feldmarken wurden durch Rechtssprüche und Vergleiche geschlichtet. (Transilvania, Jahrgang 1S44, Nr. 73.)

Seit wann die Micliaelskirche nicht mehr zum Gottes- dienste benützt wurde, lässt sich nicht bestimmen. Soviel sclieint aber gewiss zu sein, dass dieselbe schon frühzeitig nicht mehr zum regelmässigen Golfesdienste verwendet wurde, indem schon ia dem vorhin er« ahnten Rechtsstreite aus der vorreformatorischea Zeit die Kirche der h. Maria im Dorfe selbst als Hauptkirche erscheint. Wahrscheinlich mag. dieselbe vorzüglich in Zeiten des Krieges und der Gefahren, ia welchea die Bewohner des Dorfes sich hinter die, die Kirche umgebenden Ringmauern zurückzogen, zum Gottes- dienste benützt worden sein.

Ausbesserungen wurden an dem Gebäude oft vorge- nommen , denn verschiedene Jahreszahlen und Inschriften, die sich an verschiedenen Stellen, vorzüglich aber an der hohen Scheidewand zwischen dem hohen t'hor und dem Schul', so wie aa der innera Seite der Stirnmaucr vorlinden, weisen darauf hin. Doch alle diese .\usbesserungen betrafen nur unwesentliche Theile des Gebäudes, so dass der Haupt- charakter desselben unverändert geblieben ist und dasselbe noch jetzt als ein für die kirchliche Kunstgeschichte Sieben- bürgens wichtiges Denkmal des romanischen Baustyls dasteht.

Zur Baugeschichte der Kirche Maria am Gestade in Wien.

Von Joseph Keil. (Schluss.)

Ungeachtet zur Zeit der feindlichen Invasion im Jahre Denkmahlcn der BauJaind und Bihlncrey des Miltchdtcrs

1809 ein Theil der alten Grabsteine zerlrünunert worden, in dem ötitcrrficliisrlirii Jüiiaerlhumi- (\\'\{^\),\8\1 1820)

so war (loch die bei wc^item grösstc .\nzahl derselben enthalleae .Mibildimg der inneren Ansicht der Kirche Jlaria-

nocli vorhaadea als die Kirche der Redemtoristcn-Congre- Stiegen vom llauplaltare zina Musikehor zurück, von .1.

gation eingeräunit wurde. Die in des Fürsten Lichno wsky Fischer gezeichnet und mmi J. Hyrll gestochen (Taf.\ III),

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zeigt namentlich im Yorgrunde noch auf einer Reihe solcher Grabsteine die Umrisse von Wappen, Zimieren und Inschriften. Bei der 1820 vollendeten Erneuerung dieses Gotteshauses sind diese Grabsteine leider als Baumaterial verkauft worden (Kirc/il. Top. von Ösferr. V. 109J, um einer regelrechten Überkleidung des Bodens mit Kehlheimer Platten Raum zu geben. Der Verlust dieser, für die Kunde der Vorzeit in mannigfachen Richtungen anziehenden Denkmale wiire aber noch weit empfindlicher, hätten nicht einige fleissige Sammler, wie der Jesuit Fischer, Wissgrill und Böckh, wenigstens einzelne Inschriften auf den damals noch vor- handenen Grabsteinen, wenn auch nicht durchwegs richtig und vollständig, verzeichnet; insbesondere aber hat die werk- thätige Vorliebe des am 21. Juni 1838 verstorbenen, wissen- schaftlich und künstlerisch gebildeten Grafen Ignaz Fuchs zu Puchheim und Mitterberg gßtreue Abbildungen dieser Monumente durch einen Zeichner Namens Gartenschmid aufnehmen lassen, deren Benützung für die nachstehenden Zeilen ein günstiger Zufall miigiich gemacht hat ').

Den nachstehenden Aufzeichnungen liegen also zunächst die Gartenschmidschen Abbildungen der besprochenen Grabdenkmale zu Grunde. Dort ist jedes einzelne Monument auf einem besonderen Blatte mit sicherer, in Bezug auf die Richtigkeit der Zeichnung und der mit ängstlicher Genauig- keit nach den Originalien copirten Schriftzüge, Vertrauen erregender Hand zum Glücke von jeder künstleri-

*) Graf Fuchs hatte durch einen verlässiicheu Zeichner, Namens G arten- schmi (1, aUe in den sämnillichen Kirchen Wlen's , und viele der auf den Friedhöfen nächst der Residenzstadt hetiiidliehen Epitaphien und Familien- Grabsteine mit grossen Kiisten durchaus nacli den Originalien zeiclinen und malen lassen. Diese sehr werthvülle Sammlung, ein L'uicuni in ihrer Art, hatte endlicli den Umfang von aclit Foliohänden erreiclit. Als nach dem Tode des Grafen Fuchs »lessen reicher Bücher- und Musikalien— Nachlass im Mai 1839 licitatorisch hindangegehen und so wieder eine, mit vietjahriger Vorliehe plaumüssig gepflegte , reiche Sammlung leider zer- splittert wurde, hatte Graf Ladislaus Feste tics von Toina (g. 178G) unter anderem auch jenes interessante Werk über die Wiener Grahmonu- mente erstanden, welche aus widerruflichem Titel durch sieben Jahre der Wiener Anliquarbuchhändler M. Kuppitsch (f 14. iMai 1849) inne- hatte, durch dessen Gefälligkeit es zu jener Zeit dem Schreiher dieser Zeilen möglich gewesen war, einen grossen Theil zunächst der seit jenen Aufnahmen bereits verschwundenen Grabsteine zu copiren. Dass darunter eben siimnitliche in der Kirche zu Maria-Stiegen belindlich gewesenen Grabdenkmale aufgenommen wurden, hat es nun möglich gemacht, die- selben nunmehr hier zu verölfentlichen, während das gräflich F u ch s'sche Werk selbst, vom Grafen F e s t e t i c s eben wenige Wochen vor seinem am 12. Mai 184G erfolgten Ableben vom langjährigen Depositar Kuppitsch eingelöst, auf eine der Herrschaften des Grafen in Ungarn abgeführt worden ist, wo es nun vielleicht unbeachtet und ungenützt, wenn doch ja noch unversehrt! erliegt, und mit der Zeit etwa endlich gar verschollen hieihen wird, wie das vom Jesuiten Leopold F ischer in seiner schätz- baren „Notitia Urhis Vindobonae" reichlich benutzte, sogenannte Trautso/m' sehe Manuscrifif, vom Wiener Bischöfe (IGSS— 1702) Grafen Ernst von Trautsohn herrührend, welcher ebenfalls die in Wien befindlichen Epitaphien mit vieler Mühe hatte beschreiben lassen (Ogesser: M. hirohc zu St. Stephan in Wien, 238). .Möchte es doch einer der ölfenllichoii Bibliotlieken gelingen , das in gewissem Sinne wahr- haft unschätzbare uMil aufdicVorzeit Wien's so unmittelbar Bezugnehmende Fuchs'scbe Werk vom dermaligen Besitzer, dem Grafen Tassilo Festeties, k. k. Kämmerer und Obristen, an sich zu bringen, und wissenschafilicher Forschung zum bleibenden Gemeingute zu erliallcu!

II.

sehen Verschönerung ferne gehalten abgebildet, und durch die Colorirung deutlich die Art des Steines, ob Sand- stein oder Marmor u. s. w. ausgedrückt, jedem Monumente aber zugleich dieBeruerkiing beigefügt, an welcher Stelle der Kirche sich dasselbe befand. Es wurde also hier bei der Wiedergabe der Inschriften, so wie bei den weiteren Andeu- tungen über Wappen und über die einstige cirtlicbe Lage der einzelnen Monumente in der Kirche zunächst dem Garten- schm id'schen Bilderwerke gefolgt. Die Inschriften, welche leider hin und wieder erkennen lassen, dass der Copist der lateinischen Sprache gar nicht, oder doch nur in unzureichen- dem Grade kundig, und überhaupt in der Paläugraphie nur Autodidakt war, wurden hier genau mit jenen bei Fischer, Wissgrill und Böckh verglichen, und wo dieselbe Inschrift, oder eine nach Gartenschmid nicht aufgenom- mene , also damals bereits verschwundene oder bereits völlig unleserlich gewordene Grabschrift aus anderen W'erken auf- genommen wurde, ist dieses allenthalben genau angegeben. Da also hier die Copien nicht mehr unmittelbar nach den, seit 1820 leider verschwundenen Originalien, sondern nur aus mittelbaren Quellen angegeben werden konnten, so vermag der Verfasser natürlich die Richtigkeit seiner Angaben nur in Bezug auf diese letzteren zu vertreten.

In der Aufzählung wurde die chronologische Folge ein- gehalten und, wo der .\nlass geboten war, auch hie und da ein kurzer Excurs in Bezug auf die durch die Inschrift bezeichnete Persönlichkeit beigefügt.

A bkürzunfTcn werilen in der nachstellenden .Aufz.iilihin^ folgende eingehalten : B. = Böckh: Geschiehte der Kirche Maria Stieyen in Wien. 1821. ZwcKe .\uflage. S. 41 sind nntcr liä Alischnilfen die damals vorhandenen Grabschrifton niitgethcilt. Die hier nnter dem Biuhstahen B. (Böckh) beigefügte Nummer bezieht sich auf jene, unter welehei- die heziigllehe Inschrift bei B. vor- kömmt.

F. = Fischer: Bre.cis Notitia Urbis Vitidulionae. Wien. 8. Vier Bünde (1767 1770) und drei Sii|i|ilcnienl - Bändchen (1771 177;;).

G. = G a r tensch mid's Aufnahme der Grahdcnknuile dieser Kirclie in dem erwiihnten Wiener Epitaphien - Werke, welches Graf Fuchs aufsammeln Hess.

W. = Wissgrill : Sehnii/itatz des landsässigen Nieder-Öster- reichischen Adels. Wien, ä Bünde in 4. 1704 - 1804 (der 3. Band wurde erst 1824 ausgegeben), die Geschlechter von A. bis Lempach enthaltend; leider unvollendet. Wissgrill's Materialien bis zum Buchstaben Z hellndcn sich bei den n. ö. Stünden. = Das einem dieser liuchslahen beigesetzte Sternchen zeigt an. dass an der berufenen Stelle nicht die ganze Inschrift, sondern nur der Name und das Todesjahr lies Verstorbenen ange- geben ist.

1 . An nicht näher bezeichneter Stelle ; 11 . Mai 1316 (?). (B. Nr. 1.)

Hie <)niesrit in Domino Haria Sybilla Noblarhin nata Schupekin II. Ilay litKi.

2. Im SehilVe, bei den Stühlen an der Evangelium-Seite; 22. Juli 134:i. (G.)

10

70

iniiu . üoni . Mf (TXLV . die . sanctt' . magdelene . obiit Yencrabilis . vir . Joseplius de Zinner . plsn (presbyter?) i . cap . hie sepultus.

Rcillier Maniioi'. (ji'stalt eines l'riesters mit bedeekteni llau|)le auf einem Polster nihenil ; die Hiinile aus weit lioi'al)liaiif;eii(len Ärmeln zum Gebete gefaltet.

3. Auf tierEvangeliuiii-ScitL'. i'ijfkwjirts iici deuStülilen; 10. Octoi)er 1345. (G.)

Ano doni nCffXLV deeinia mensis octobris obiit air dons lenboldus de ber req. in paee.

Hotlur Maiiiuir. Im Waiipeiischilde ein aufrecht stehender Bär.

4. im .Schule iiiil' dci- i']v;iiigoliuni-Seilc: 24. .\pril 13Ö9. ((i.)

am . Us sant . seors

gestorben . der

Edl

>est

has

anno . domi . .V.fCflVIlll

des . ritters . ist Torebacher dem gott gnad.

Uother Marmor. Das Wappenschild nach der nebenstehenden Zeichnung mit einer Wagengabel, iibereiiislim- mend mit dem bei üuellius (^E-vcerpt. (jen. hist. Tafel XIU. n. 170) abgebildeten Siegel Johannes vonDucrcnbeek; wonach also der hier Ruhende ohne Zweifel dem, bei W. II. 2!)(> 7 besprochenen nieder - österreichischen Herrengeschlechte der Dürrnbachcr auf Senftenegg angehörte.

S. Eines Grabsteiiie.s ainFussbodeu des älteren Tiieiles der Kii'ciie vom Jahre 1379 mit l)ereits iinleserlieh gewor- dener In.schrift erwähntFürst Lichno\vt.iiy, Denk.l, 16 17.

(). im llintertheile der Kirche, unferne dem Eingange;

II. August 1411. (G.)

.Inno Doni . M . fCfC.XI . am . eriehtag . vor . unser . lieben . Fraw . schidng . i . starb . der edl . vest . nicolans der waldner . dem . gott . gnad.

Ilother .Marmor. Wappen : aufrechtstehender geflügelter Creif, einen gestielten Ilaken mit abwärts gekrümmtem Wiederhaken haltend. Derselbe auch als Zimier auf dem geschlossenen Stechhelme.

Ein Konrad Waldncr erscheint 1401 [?lon. li. 31. b, 1); ein Hans Wal dner 14'28 (Duellius 1. c. 99); eine Anna Waldner war an Andreas llörleinsperger (1412—1421) vermählt (llolieneck

III, 281; W. IV, 437). Ein 1002 vorkommender kais. Vicekanzlcr W a 1 d n e r soll zu Wien ein hüss eud genommen haben (II und. linijr. Stamm. B. I, 348).

7. li. Nr. 38 hemerlit auch den Grabstein des Andreas Ton (irillenberg obersten fappelans bey flaria Stiegen 1415 ohne den \\ orliaut der alten Grahschrifi zu gehen, wobei er jedoch das Todesjahr, welches 1418 oder 1419 gewesen, nicht richtig gelesen zu haben scheint.

Des Andreas von Grillenberg wurde bereits oben S. 31. Anni. 2, zu den Jahren 1411 141;j erwähnt. Andreas von l'ottenstein, ohne Zweifel nach seinem Geburtsorte so bezeichnet, stiftete als Pfarrer von Grillenherg in die dortige Kirche, deren Schutz-Patronin (Jlans- frauj die heilige Margretha gewesen, unterm 1 1. Juli i396 für sich einen Jahrtag (Hueber: Aust. ex. arch. Meli. ill. 94). Als sich Herzog Wilhelm mit Johanna von Durazzo vermählte, befand sieh auch Andreas Pfarrer zu Grillenherg unter jenen ausgezeichneten Männern, welche der Herzog an König Karl von Neapel abgesendet hatte, um die Braut abzuholen, welche sofort am 21. November 1403 in einem, damals noch ungewöhnlichen Wagen mit Glasfenslern (in vehiciilo ritreis obstriicto forihim) zu Wien ihren feierlichen Einzug hielt.

(Kbeudorfer bei Pez SS. II. 82ö ; Zeitangabe bei Aiioii. \ ienn Chron. I. e. S47. ) Noch 1407 entschied der Ofticial des Passauer Cunsistoriums zu Wien, Leonhard Schauer, in einem Zclientstreitc zwischen dem Pfarrer .Andreas zu Grillenberg und jenem zu Knzesfeld zu Gunsten des ersleren (Klrchl. Top. r. Ost.W 108), 1409 erscheint Andreas bereits als Passauiscber Od'icial (llanthaler: Ren. 1, 64 tiö). In dieser Eigenschaft hat er sich nicht nur durch die bereits früher (S. 31 ) erwähnten Stiftungen, sondern auch durch den entschie- denen Ecuereifer bemerkbar gemacht, mit dem er gegen die höhmi- schen und öslcrrciclilscbcn Anbänger der Micliflischen Irrlehre vorging. Er betrieb nebst dem päpstlichen Legaten hei dem Passauer Bischöfe am wirksamsten, dass 1412 das Kreuz gegen die Ketzer gepredigt wurde ; er veranlasste, dass mehrere der Ketzerei beschul- digte oder lerdächtige Wiener Bürger eingekerkert wurden, und zog die Entscheidung des Falles vor ilas Korujn des Pa.ssauer Bischofes , als der Bürger Gicsser. nachdem er seinen Irrthuni abgeschworen , vom Wiener Stadtrathe , einverständlich mit der Universität, freigelassen werden wollte. Er zog selbst den Hierony- mus von Prag, Hussens (jlaubens- und Flammentod - Genossen, vor sein Gericht und erklärte ihn, nachdem er aus seinem Gelang- nisse zu Wien enlllohen und auf »eitere Cilationen nicht erschienen war, als meineidigen Ketzer. (Cunspectus hisl. Univ. Vie)m I. 97 99 und Ha ns iz G. iS. I. 49t 92.) Da am 16. November 1418 And reas von Po tten stein, Canonicus Pataviensis, und Nicolaus Sev frid t in Crossen und in Grillenherg noch urkundlich als Bectoren dieser Pfarrkirchen genannt werden (.I/oh. boica 4, 49o) und erst 1420 Dr. Johann Siadrani als nächster passauiscber OfTicial in AVien auf- geführt wird (F. Suppl. II. 7), so dürfte die obige Annahme, dass 1418 oder wahrscheinlich 1419 das Todesjahr unseres Andreas war, wofür sich die Kirchliche Top. von Ost V. 109 bereits früher ausge- sprochen hatte, wohl gerechtfertiget erscheinen.

8. Zunächst den Stühlen au der Evaugelium-Seite; 15. August 142Ö. (G.; B». Nr. 32.)

Anno . doni. MCt CCXXV . in . die . asnmrionis . niariae. obiit . Ten . dominus . Joanes p o 1 1 . ranonivus . ac . plbn (plebanus) in . rapella . hie sepultus.

Rother Marmor.

9. Im rückwärtigen 'l'heile der Kirche zunächst der Stiege zum Oratorium ; 22. September 1425. (G.; B*. Nr. 21.)

Anno. doni. MfffCXXY. die . i . pria . p . sa . mathei . apii (aposloli) obiit virirus pakner de darfier (orga- nista?) hui . cappclle . hie . sepultus.

Rother Marmor.

10. Ik'i Lichnowsky (I. c. 17) wird der Grabstein einer Aura von Walsce, f 1439, augeführt.

Ohne Zweifel der einzige in der Stammreihe der Walsee vor- kommende weibliche Sprosse dieses Slanniies, nändich die 1373 an Ilarlneid (IV.) V.Liechtenstein vermählte .Afl'ra. Friedrich's v. Walsee und Kunigundens von Liechtenstein Tochter, welche sich nach dem Ableben ihres ersten Gatten ("l" 1390) zum zweiten Male mit Albrecht Stüchs von Trautmannsdorf verehelichte. (Wurmbrand Coli. gen. 202; Hohencck I. C04 und III, 810; an letzterem Orte jedoch von I, 604, wo die Angaben die richtigen sein dürften, abwei- chend; vgl. auch W. II. 347.)

11. lin rückwärligeu 'l'lieile di>r Kirche an der Evan- gelium-Seite; 7. November 1440. (G.; ]i\ Nr. 22.)

Ano dni . lSl\0 . die septima . novembris . obiit . VIrir . u .

^illholz.

Rolher Marmor. Wappenschild: ein Bing, oben mit drei neben einander befindlichen runilen Aufsätzen (Ringsleinen).

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12. Im Vordertheile der Kirche nächst den Stühlen an der Epistel-Seite; 10. Juni 1460. (G.; B'. Nr. 34 las irrig: Bornperger und 1479.)

Anno dni . nCCCClX X.mensis . Junij . obiit . vene . pres. dons . (Caspar) . hornp erger . pat . oflicialis . et . rector. hni . cnppelle . hie sepultas.

Rüther Marmor. Gestalt eines Priesters; das mit einem cylinder- artigen, oben sich etwas erweiternden, ungekriinipten Hute bedeelcte Haupt auf einem Polster ruhend ; mit den, aus weit lierahhiintjenden Ärmeln hervorragenden Händen ein ßueli liallend. In der unteren Ecke nächst dem linken Fusse ein Wappenschild: auf einem drei- hüheligen Hügel ein Hüfthorn, darüber ein Palmbaum. Ob derselbe dem (bei W. IV, 440—442 für den Zeitraum 1332—1629 urkundlich nachgewiesenen) kärnthnerischen Adelsgcschlechte der Hornberger angehörte, ist ungesviss. Auf der uns vorgelegenen Abbildung des Grabdenkmales ist die Sonderung der Jahreszahl und Angabe des .Monatstages nicht deutlieh genug ausgedrückt. Da jedoch Caspar Hornberger, schon 1447 und 1448 als pass. Official erscheinend (Hansiz G. S. I, Ö36: Hanthaler Ret: I, 6."i , S.'JÖ) , noch 14S8 als solcher zu Wien urkundlich erwiihnt wird (Kischer III, 7), so dürfte ohne Zweifel die erste Zahl X noch zur Jahrcsangabe gehören, die zweite aber den Monatstag bedeuten.

13. Im Vordertheile der Kirche nächst den Chor- stiilden auf der Epistel -Seite. (G.; B. Nr. 36, jedoch heide Inschriften vermengend.)

Oben ein aufgeschlagenes Buch : darüber Kelch und Hostie, darunter ein Todtenkopf, und unter diesem folgende Inschrift vom Jahre 1400;

Ano . dni . MCCCCIX . obiit . döns . wilelmus . Swalb . presbit . Cano . EccI. sa" . stepiiäT. i~. wieä . et . plbn. T . Ortenperg.

Umschrift am Rande; 26. August 146S:

An . dii . MCCCIXV . XXVI . die . angu. obiit . venrbilis . atq. illnminatu» Doctor . dns . licbhardas .Swalb . d. sc. nedi . et . am . pern. plbiig . 1 . rnding . a . sca. de , i . pace.l.

Rolher Marmor. In der letzteren Inschrift offenbar der Schluss falsch gelesen. B. Nr. 36 las: pliil. magister, was. wegen des damals gebräuchlichen artiitm mayister . in diesem Sinne wohl weniger wahrsclieinlich ist, als dass die letzten Worte der Inschrift wohl wirklich; ciiiiis anima reqiiiesvat in pi;ce. (Amoi) bedeutet haben mochten.

14. Inmitten der Kirche nächst den Chorstufen; 13. August 146;j. (G.)

Anno dni . MCCCCCIXV . in . die . assuinpc^is . niarie . obiit . Tencrab. domin . Joancs . de . »Schmitt . cano. ac . plbn. in . capel. hie . sepultns.

Rödler Marmor. Gestalt eines Priesters, wie oben Nr. 2.

15. Im rückwärtigen Theile der Kirche an der Epistel- Seite; 1470. (G.; B*. Nr. 39.)

Dominus . marcas . de . 0 r i 1 1 c n b c r g . c au . c apt.

et oriclal . (mrio?) . pataviensis .et .nCfCClXX .

requicscat . in . pacc.

RotherMarmor. Marcus war Pfarrer zu GrillenhergV. U. W.W., wo auch andere passauische Ofh'eiale wie Andreas von PoKenstein (s.Nr. 7) und Johann A iche 1 b er g er (A'/rc/i/. Top. i\ Ost. V.llü, vgl. mit Hansiz I, äüü und F. Suppl. 111,7) Pfarrer gewesen sind.

16. Im Vordertheile der Kirche nächst dem Altare auf der Evangelium-Seite; 22. Decemher 1470. (G.; B'. Nr. 55.)

Hie . est . sepaltns . ven . sacerdos . dns . dns . Petras Warntin . de . lothurigia sivarng . int . tercij . ecciar . archi- diaconos . qondani . \t . coldarols . dni . paoli . pp . secnndi . enpicnlarius . pop . nus . qui obiit anno doai . ül'CrCLXXin . die . XX . mensis . decembris . euias aia . in pace reqniescat . Amen.

Braunrother Marmor. Uie obige Inschrift gehört zu jenen bei G., welche am schwierigsten richtig zu stellen sind, da der Original-Grab- stein nun nicht mehr vorhanden und die obige .Aufzeichnung gewiss ungenügend, demnach keiiie Gelegenheit mehr geboten ist, mit den Zügen der vertretenen Inschrift weitere Combinationen zu versuchen. B. Nr. öä. las: Petnisvon Wasdu 1370; diese Jahreszahl dürfte gewiss unrichtig sein, da das Pontiticat Paul'sll. die Zeit von 1464 1471 um- fasst. Vielleicht war unser Peter bereits Archidiakon Papst C'alixt III. (1453 14ö8)und befand sich sonach das in der obigen Insehriftvor- kommende Wort tercij mit diesem letzteren Namen in Verbindung? Doch muss leider jeder weitere Versuch aufgegeben werden, in die Fragmente unverstandener Schriftzüge sicheren Sinn hineinzubringen.

17. An nicht näher bezeichneter Stelle; 6. ,Iuli 1471. (B. Nr. 8.)

A.D. 1471 . 0 . .Mensis Jnlii obiit Tenerabilis Magi- ster Caspar Kirchberger Offieialis patariensis et rector hnins capellae hie sepnitns.

18. Im vorderen Theile der Kirche, unweit vom. \ltare, auf der Evangelium -Seite; 19. Juli 1473. (G. auch F., Suppl. II. 16 und B. Nr. 17, beide letztere mit dem falschen Todesjahre 1474; vgl. Münch, 464.)

Anno . doni . liCrCC . nd . im . LXXill . am . montag . vor . Jacobi . ist . gestorben . her . haus . vo . lichtenstein . To . nicolspurg . ud . ligt . da . begrabe . de . gott . gäd.

Rüther Marmor. In der Mitte des Steines , zierlich ausgeführt wie die beistehende Abbildung zeigt, das alte Wap- ßX pen deren von Lieclitenstein -Nikolsburg: der quer- getheilte Schild, im oberen Felde golden, im uuteren roth, welche Farben sich auf dem aus der Helni- i kröne emporragenden geschlossenen Adlerfluge wie- hdcrholen. Das Blason slimmt vollkommen mit anderen 'Abbildungen des Mappens dieser Linie des Hauses Liechtenstein üherein, wie z. B. bei S i e b m a eh er- W e i ge 1 I, 27. Über das alte Wappen der Liechten- stein-Murau dagegen enthalten die Berichte des M'iener Alterthumsfereiiis, I, 221 nähere Andeu- tungen. — Dieser Hans von Liechtenstein war kein unmittelbarer .Abstämmling des, im Laufe des vürliegenden .Aufsatzes öfters erwähn- ten einstigen Hofmeisters Herzog Albreclifs III., Jobann von Liech- tenstein, welcher 1399 ohne Descendenz gestorben war, sondern ein Abkömmling seines 1392 verstorbenen Bruders Georg, wie dieses die nachstehende Staninilafel zur Übersicht bringt (s. nächste Seite), zu- nächst nach lloheneek"s Gen. il. o. ii. Stände l, 603 620, und nach jener handsehrifdichen Genealogie des Hauses Liechtenstein, welche, ohne als (Juelle genannt zu sein, den Angaben über dieses Geschlecht in Horniayr"s Taschenbuch iSVi, S. 1 90, zunächst zu (irunde liegt. Bei Sommers berg: SS. Her. Sil. II, lab. gen. 35 und in Hübner's Gen. Tab. I, 246 herrscht aber eben in der hier angeführten Stammreihe grosse Verwirrung und ist insbe- sondere Johann's von L. und seiner Gemahlin Rertha von Rosenberg gar nicht gedacht. Eben auch nicht vollkommen verlässlicli, wenn auch brauchbarer als beide letzteren Slanimtafeln, ist, was über die hier vorgeführte Stanuureihe Leupüld's öst. AdeUarchiv , 433 bis 45,'> enthält.

10«

Johmiti II. i 1399.

Grors II., t 13Ü2. Gel» ; Dorothfn voii Purrhliaim.

Heiiiricli IV., t 14IS. Gem. a. Dorolliea v. Ei-k;irt«i b. Anna v. /,,^lkni^.

Christoph 111. t U*5. Wilhelm, t 1^59.

Joii.inii 111.. i m;

i:iri.h. J<. h.iiiii IV.. i Uli

Gern : Me.l «-!;.' v. l'i.tl.-iidi.rf

(. eo IV. . t ■***•

Gern: Hedwig v. l'ottendorf , Witwe

nach Juhaitn IV. xuii Liechtenstein.

Gel. rc. IM.. l;)St Di.tiipnib^t /.u

.St. Me|)lian

in Wien: 139(1 lii-

seliof von Trient ;

1411 Carilinal,

t «20.

IIa

IV

IV.:; .

Gein : lliirothea von

Cüpellen.

IW7 1411.

Knttineina,

Gern: lleinpreeht

von Wal-e.

»•>

Drei Toehler : 1. eli.ialietli. Klosterfrau bei

St. Jakoll. i:. Barliara ; Gern ; a) 1455 Stejitiaii, Woiwod in Böh- men : b) 1460 Heinrieh Strein von Sehwarzenau. S. Mngaretlia ; Gem. Geor^ Graf von Pösini:.

Heinrich V. .

der Hinkende. | 14S.1.

Gern : .\gnes v. Starlicni-

berg . geb. 14tll . venu.

r. 147S.

Weitere Deseenden/,

C h r i < t o |, h IV., i 1501).

Weitere Deacendenz.

Georg V..

-t 14S4.

Gem. Agnes v. Eekartsau,

dann an Otto von /elkiiig

vermählt.

Weitere Deseendenz.

Johann V.,

t 14;:;.

Gem. 144U; Bertha

von Kosenberg,

t 1476.

Elisabeth, Gern : Georg von l'otleiidorf

.liilianii von l,ieclitcnsteiii, in iler .Stiimiiiifilie seines Hauses als der V. dieses Naineus bezeichnet, dessen niiniiielir vei'sehollenes Grab- nionument wir ins Auge fassen, hat sich dtireli frbinzendc Tliaten im Felde oder im Rathe nicht hervorgcthan, um in den .Annalen der Geschichte .\ntheil zu haben an dem Hiihine , mit dem so viele Sprossen seines Hauses den Namen Liechtenstein verherrlichten. Dass er unter jenen sliindischeii Gliedern war, welche sich unterm 13. De- cember 146ü bei P. Faul II. weg:en der Canoni.sation des Markgrafen Leopold von Österreich verwendeten (Pol zm a n n. Comp. Can. 1S91, a, 28) und 1468 als Uechlsbeisitzer beim landmarsehallischen Gerichte funijirte (Hohen eck 1, ti08). bildet so ziemlich die Summe der auf uns gelangten Zeichen seiner Wirksamkeit nach aussen hin. Was aber über den Charakter des Mannes in einer langen Reihe sprechender Beweisstellen von der unnachsichtig richtenden Geschichte aufbehal- ten blieb, liefert nur ein höchst trauriges Bild, Sein leeres Herz, das selhstgcstiinclig nie die Liebe für ein U'iii gefühlt (Münch, 402), war unter vernachlässigter Erziehung und ungezügelter Lebens- weise zu starrer Sittenlosigkeit verwildert. Auch sein Bruder Hein- rich, zubenannt der Hinkende, machte sich zur Zeit des unseligen Bruderzwistes im Regentenhause als vorragender Parteigänger gegen den rechtmässigen Landesherrn, durch arge liedrückungen der.\btei Baumgartenherg, unberechtigte Mauth- und Zollautlagen, wesshalb er auch 1477 vom päpstlichen Legaten exconiniunicirt wurde, nur auf unrühmliche Weise bemerkbar (Hohen eck I, 608 9). Johann's Vermählung (9, Nov. 1449) mit dem damals 24 .fahre alten Kdel- fräulein Bertha von Rosenberg, in diT Sage als die weisse Frau fast weltbekannt, zu deren Abschllcssung ersieh ohne IS'eigung, nur durch fremden Kinlluss und die verlockende Mitgift der Braut bestimmen Hess , brachte in sein starres Herz keine Wärme, über das unglückliche Opfer aber, ein Herz von sittenstrengem Frauen- werthe seltener Art, ein sehinachvoll verkümmertes Dasein. Die Schilderungen ihrer l^eiilcn '), das fast immerdar erfolglos gebliebene

*) Das fürstlich Schwarzenberg* sehe Archiv zu \N'it(ing;ui hewatift ii:ih<? an 80 Urkunden und Briefe , welche sich itnf die iiii^liicklictie Rcrtha von Rosenberg beziehen. Der Inhalt derseJheu , iianieiitl ich jener der U riefe Bertlia's sind vom liüchstcn Interesse; 22 derselben wurden zuerst dein ganzen Inhalte nach, und zwar die in böhmischer Sprache ahgefassten verdeutscht, mitgetheilt durch Karl A u g c s k y in II o rin ay r's /Ire/ii» 182». 2U;;, 343, .'iOll, 091, ."iOT; 1830, 44 und 107. Der lieuedieliner- Priester zu Neuhau», l", C U u d i u s , hat in seinem l.S,';o hei Landfrass zu Ncuhaus anonym erschienenen Werkehen: Vie Herren von iS'euhaus im Anhan^'e: Perchla vuti lioaenherg ( IS,'! 2I3J auch die für liertha's Schinerzcnsloos be/.eichnendslca Stellen au5gezogen, und den letzten Brief unmittelhar nach dem Originale übersetzt. Die durch Augesky leider nicht hinlänglich getreu veröircnlliihlCM Briefe , mit Ilinweglassung der unter >r. 3 3, 1 1 und 12 mitgetheilten, und mit Benützung der besseren (Übersetzung des Briefes Nr. 22 durch P. Cl a ud i us, hat Dr. Legis Glück- selig mit Verschweigung der nächsten Quellen , aus denen er schäpfle, in der von ihm herausgegchenen llliiMrirten Chronik «0/1 B'i/imen. I

Ringen nach Hilfe im Kreise ihrer IJIulsverwanilteii , die rübrenilc Stätigkcit ihres sittlichen Wandels inmilteii cmpilrender Zuchtlosig- kcit, am Leben selbst bedroht durch die Ränke ihrer lasterhaften Schwiegermutter (Hedwig, zweimal verwitweten von Liechtenstein, gcbornen von Pottendorf) und deren um nichts besserer Tochter und Bastarde, .tlle diese Züge aus [ierlha's eigenen vertrauten Briefen an Vater uml Bruder aus unverfälschter Her7.eiis(]uelle zu entnehmen, enthüllt eine im höchsten Grade anziehende Schilderung vom inneren Leben im Mittelalter in allen Licht- und Schattenseiten mit so bewältigender -Anziehungskraft, dass der geschichtlichen Bildung wolil kaum so leicht eine andere Leetüre anregcmlercn Inhalls geboten werden konnte. Dennoch waren zwei Kinder, Klisabeth und ein Sohn, die Früchte dieser unglücklichen Ehe (Münch: 392,409,422.433-435, 438), von deren Existenz aber die bisherigen Genealogen des Hauses Liechtenstein nichts wussten, Der Tod trennte endlich nach 24 .lalire langer Dauer eine Ehe, deren beklagenswerther Inhalt in den schmerzerpressten Worten ßertha's an ihrem Vater liegt: (f halte (loeh der liehe Coli mich au jenem Tage, wo ich ihm übergebe» wurde, als Leiche gezeigt! (Mönch, 412,) Nun ist auch der

(Prag 18:>3) im Aufsatze: Die weixse Frau von .Ven/inK.s (419—486), vgl. mit 71 77) wieder aligedrnekl. In Ernst von Müncb's: MargO' riten; Frauen- Charaktere aus älterer und neuerer Zeit (Canstatt 1840 1841) ist im Artikel : Uie weisse Frau (1 , 3:i7 470) die von Augesky versprochene aber nicht gelieferte Fortsetzung der hiiehst :inziehenden Correspondenz in weiteren 48 nach den Originalien copirten Briefen und Urkunden aus dem Wittingauer Archive initgelheilt , welche dein Herausgeber mit Bewilligung des Besitzers (unter Vermittlung des Freiherrn von Pr 0 k eseh- Os te n und des damaligen llofliihliotheks- Custos Kopitar) durch den uuninehrigen ersten Custos der Wiener Universitiits-Biltliuthek , .Iiihann Wusin, zu^'ekommen waren , so dass die, 1830 mit dem .hihrc 14;J2 abgebrochenen Briefe nunmehr bis zum .liihre 1474 reichen, und sii /.ieinlich ersehiipfen dürften, was sich hierüber an Sehriftdenkmaleu erhalten hat; welche sehr willkuinmenc Fortsetzung aber dem 18j3 er.schienenen Plagiat entgangen ist. W:is nun insliesondere die Sage von der, seit ihrem Ableben als weisse Frau berunnv:indelnden Bertha von Ros e nberg anbelangt, an deren Erscheinung vom finsteren iMystieismus mit wahrhaft liicherlicher Zuversicht zum Theilc noch bis in die neueste Zeit geglaubt wurde, und von welcher J u ng- Sti 1 1 ing (f 1817) in der 1808 ersehieiienen : Theorie der (leisterkunile, noch allen Ernstes sagte: „den huthilicismus nniss sie (nämlich die seil 1470 noch nicht zur Ruhe gelangte weisse Frau) wtthl ahijeleijl haben, weil sie gegen die protestantischen Familien so gut jirsiniil ist ! .' so wurde hierüber einiges durch .lohann Sehiin, in llormayr's Arrhiv 182j, ;i87, ans dem Teltseher Urbar mitgetheilt, und dassell.c in llormayr's Tasehenhueh 1850, 441 44ö, mit veränderter Umkleidiing wieder abgedruckt. Ausser den oben angeftihrten historischen Alihandlungcn, welche auch die Sage berühren, sind über die Literatur der letzteren seil Bai bin (1087) die Angaben hierüber in der illustrirten Chronik von Höhnten und bei M ü n c h bcachtenswertb, wozu auch H oriuayr's Taschenbuch 1822, 04 00 und dessen Wien VII, a, 62 04 zu berufen ist.

73

Mui'inorstein vei'seliwundcn, der die Reste jenes Mannes deckte, des- sen Herz kalt und hart gleich jenem Stein gewesen; und wie sein verödetes Gennith , dessen eisige Rinde ein einziges Mai, docli flüch- ti"er Dauer nur, zu scliniclzen schien, als es galt in einer Geldverle- genheit die Verbindungen seiner Gemahlin iiutzhar zu maehen, sich im Leben immerdar nur einsam fühlen konnte, so blieb er auch im Tode einsam hier vergraben, und keine Thriine mochte diese Stelle je befeuchtet haben.

Bertba selbst überlebte ihren Gatten kaum drei Jahre. Sie starb zu Wien am 2. Mai 147G und wurde bei den Schotten daselbst, nicht neben ihrem Gemahl zu Maria-Stiegen, beerdiget. Ihr nunmehr verschwundener Grabstein hatte folgende Inschrift:

Ao. D. 1476 am Phingstag nach Marc! Evang. ist gestorben die Edl. Fr. Fr. Berlba von Rosenberg des Edlii Brrin. Hrnn.flanss von lieolilciislain von Nicolsburg Frau (ieniahel.

So nach Legis-Gl ü ckscli g a. a. 0. S. 420, im wesentlichen übereinstimmend mit dem im Archive des Schottenklosters aufbe- wahrten Liber Kpitaphiorum Scot. Fol. 136. Unlerhalb der erwähn- ten Grabsehrift zeigte sich zur Rechten (heraldisch) das Rosen- berg'sche Wappen, ein in drei Bliitterreihen entfalteter Rosenkelch (s. Bucelini a. a. 0. 111, b, 196, 376), links ein Wappen in folgender Theilung, welches, wenn die Copie im geilacliten Lib. Epit. richtig ist, weder das Liechtenstein'sche der Nikols- burger Linie (s. oben) noch das Wartenberg'sche (Bucelini I, c, 179) AV'appen ist, welches letztere sie etwa nach ihrer Mutter Katha- rina gebornen Czeniek vonW artenberg auf Wessely (-{"3. Mai 1436) hätte beifügen können. Es ist aber auch nicht etwa des Wappen ihrer Stiefmutter, Elisabeth von Schwanberg (1437, -j- 14SI; Bucelini III, b, 197; IV, 2S1), welches einen weissen Schwan im rothen Felde zeigt, ein Wappen, das Bertha ohnehin nicht wohl gebrauchen konnte. Da die handschriftliche Genealogie des Hauses Liechtenstein, welche, wie erwähnt , der in Hormayr's TascJienbuch 1822 (1 90) enthal- tenen Ahnentafel derLiechtensteinezu Grunde liegt, den 27. November (Mitwoch)iach St. Ka(harineiitag) 1499 als ihren, angeblieh auf dem Grabsteine bei den Schotten angesetzten Sterbetage angibt, und meh- rere Schriftsteller, der dieser Angabe zu Grunde liegenden trüben Quelle folgend, Bertha in sehr hohem Alter sterben lassen sie erreichte in Wirklichkeit doch nur das 52. Lebensjahr, so soll die Richtigkeit des obigen Todesjahres 1476 auf Grund einiger bisher noch nicht benutzter Documentc im Wiener Stadtarchive ausser Zweifel gesetzt werden. Ihrem Tode nahe richtete sie nämlich am 26. April 1476 folgendes Schreiben an Bürgermeister Richter und Rath der Stadl Wien.

Ich fraw Bertha geporenn von Rosf nnb er g vnd veglend herrn Hannsen von Licht enstain von Nicolspurg seligen leitib Erleg das gegenwärtig mein gescheft (Testament) mitsamht ain Gelt- brief lauttund von den von liechtenstain vmb funfczehn hundert vngrisch guidein, ain Vidimus des geinechthrief von dem benanten herrn Hannsen von Liechtenstain vieitn gemachl setigen, atn Satzbrief von meun Aidem hern Jörgen von potcndorf vber das Darf xvil- berstorfvnd am gegenbricf luuttend von Jacoben A iv e r rnd Mor- grethn sein huusfrawn, »w den Ersameti weisen dem Bürgermeister Richter und Rat der Stat hie %u Wien vnd bit sew mit vleis Ob der Almechtig gnl vber mich püt, vnd mit tod verschied das sg das bemelt mein gescheft vnd die benan. brif so in der Gschutl verpctschadt sein vnd In von mein tcegn geandwnrt werden , das sg die ISiemand anndrn gebn noch antwurtn dann mein herrn und frcwndt dem von Maidhur g dieczeit landmarschelh In Oesterreich und hrnJorgn von potendorf meint aidem darjn Sg hanndtn suttn nach hinhält meins geschefts. Ob sicft aber der potendorf mein aidem darumb nicht wolt annem so sulln Sy dem von Maidbnrg die brief alain ant- wtirtn darjnn wirdet er dannoch nach laut meins geschefts hanndtn Als ich Im des vor menielich vertraw mit vrkund des brifs besiglt mit mein aign aufgedrugten htsigl. Gebn an Sambstag nach sand Jorgn tag. Anno dorn, eic- septtiagesimo sexto.

Der 2. .Mai 1476 als ihr Todestag stimmt nun vollkommen mit den im gedachten .\rihive weiterhin belindlicben Documenten überein.

Unterm 10. Mai 1476 (phingstag vor sannil pangratzentag) dtfo. Ebenfurt ermächtigte nämlich Jorig von Potendorf ohrister Scheiuikh in thterreich. der letzte seines Hauses, dessen Nachlass nach seinem Tode, -1-1487 (Wurmbrand Coli. gen. 'l'il.'iü'^ 308; Hanthaler Rec. II, 18ö, 188), durch seine au Christoph von Zinzendorf vermählte Nichte Sophie an das Haus Zinzendorf gelangte, welches sich auch von da ab: von Zinzendorf und Pottendorf nannte (H übner's gen. Tab. III. 737 740) dieser Georg von Pottendorf ermächtigte nun , nachdem icellend die irol- gehorne Fr. Fr. Percht geboriie von Rosennbergkh, herrn Hannsen von Liechtenstein selign witib , mei7i liebe Fraw vnd mtietter mit tud vergangen, seinen Diener, den Erbern Petent Krempeln, das Geschäft (Testament) Bertha's (seiner Schwiegermutter) bei dem Wiener Stadtrathe zu seinen und des Grafen Michael von Maidburg- Hardegg Händen in Empfang zu nehmen.

Unterm 12. Mai 1476 («« Sunlag sunt Pangratzentag) bestä- tiget Peter K r c m p I ein geschafft mit eltliehen briefen in ein ver- petlsehafften schattl vom Wiener Stadtrathe für seinen Herrn Georg von Pottendorf cmplangen zu haben.

An demselben Tage bestätiget auch Michael des h. röm. Reiches Burggraf zu Maidburg, Graf zu Hardegk, Landmarschall in Oster- reich (Wissgri II IV, 116—119), vom Bürgermeister, Richter und Rath der Stadt zu Wien die Briefe, so weiland Frau Percht u. s. w. der got genedig sey, ^H In nach laut ains briefs vniider Irm Insigl ausgangen in ainer Gseliutll verpedschadt erlegt hat, durch Peter Kr e m p 1 zu vnser beden Händen geantivurtt, empfangen zu haben.

Aber auch noch in anderer Beziehung sind uns diese letzteren Documentc von Interesse. Es wurde oben bereits aus den Briefen Berlha's nachgewiesen, dass sie zum mindesten zwei Kinder halte, deren eines eine Tochter Elisabeth (Etska) hicss, die, wie ein Brief (Münch, 422) erkennen lässt , zur Beruhigung der Mutter heranwuchs; während alle Genealogen der Häuser Liecht en- stein und Rosenberg die Ehe Bertba's von Rosenberg kinderlos sein lassen . Die zuletzt angeführten Documentc beweisen aber, dass Elisabeth an den oben erwähnten Georg von Po ttcndorf ver- mählt war, welchen Bertha in ihrer letztwilligen Verfügung öfter ausdrücklich als ihren Schwiegersohn (Aidam) bezeichnet, während er sie seine Fran und Mutter nennt. Bei dem bedauerlichen Abgange einer verlässlichen Genealogie des Hauses Liechtenstein, und bei der argen Verwirrung in den bisherigen Stammtafeln desselben kann es nicht befremden, dass seil R i Hers hu sius (Tab. Gen. Tübingen 1668, Tal'. 7) eine an Georg von Pottendorf vermählte Elisabeth von Liechtenstein (-}- 1462), ohne Zweifel die erwähnte Tochter Bertba's. irrig als Kind des 1412 (Wurmbrand, 206) verstorbenen Johann von Liechtenstein angenommen , und seither in dieser vergrifl'encn Stamuu'cihung aufgeführt (Ho he neck I, 606; Leupol d, 454). auch wohl gar als Tochter Gcorg's von Licchlcnslcin und llcdwigens von Potlendorf (Buce lini HI, b, 123), der Schwiegerältern Bcrlha"s von Rosenberg, sonach als Schwester ihres Gemahles angesetzt, von anderen aber (Hübner I, 246; Hormayr'sTaschenb. 1822) gänzlich übergangen wurde. Nehmen wir Elisabethen nach vorliegender Wahr- scheinlichkeit als das älteste Kind iler 1449 an Johann von Liechten- stein vermählten Rerlha von Hosenberg an, so könnte sie nicht vor 141)0 geboren worden sein, sofort aber 1462 als ihr Todesjahr nichl angenommen werden, da sie dann vor erreichtem 12. Jahre vermählt worden sein niüssle. Zur Zeit des Ablebens Bertba's, ihrer Mutter (1476), war sie aber gewiss nicht mehr am Leben, da sie sonst wohl in der lefztwilligen Anordnung Berlha's genannt worden wäre. 19. Im Yordertlieile der Kirdie, unferne dem Altare an der Evangelium-Seite; I. Sept. 1482.(0.: F.1V.:57; B. Nr. M.)

74

AiTu . dni . iiiillesiiiin . quailrin^enlosimo . octuiii^osiino scrando . liie . sabati . Tirosinia . prima . mensis . srptebrh. in . die . saoctl . matliri . apostoli . onntfclistc . obiit. rt'verendg in xpo (Clii-istci) palcr et dominum. Dominus g('ort;ius .miscratiuiic. di>ina . liluii . S . Lncie . in . silire . sacrosanetc . romanc . eiH'lesie . prespitcr . cardinalis . ot . episi'opus . pula>iensis . ruiii'i . aiiima . requioscat . in.paf e . amen.

llolluM- Jliinnor; in düi' Mitte der liisehrilt eiii vier^'etliuilter Wappenschild; in 1 und 4 ein springender Hase, 2 und 3 ein springen- des Eicliliüriiclien. Die Inschrift ist niil ^erin^'füfritrcn Ahwi'ichunocn auch abgcdriK'lvt in S c h re it w ei n's (Seliritoviiii): Ephcopi pntav. hei Uaueh Scriftt. Her. Aust. II, ä26 nnd in llansiz: Germ. Sacra, I, jSj, woselbst er bemerkt: inscriptioitem ipse oculis 1 usfraiam slilo in tabellam triinsltili. Schreitwein führt in der Inschrift nebst dem TaufnaEuen Oeorj^ius auch den Familiennamen Hesler an; ebenso auch Böckh Nr. II , welcher den Beisatz bei F. nämlich: Murliiiis nari prope lUi'llifinm arihridile (icorgiii.t II. dicliis für eine bereits verschwundene Stelle auf dem Grabsteine hielt.

Georg Hesler, ein Freund des berühmten Johann Capistran, durch Talent und ernsten Fleiss 7.u seltenen Kenntnissen gelangt, wurde zu Rom erster päpstlicher Notar, und hierauf am Kaiserhofe durch zehn .lahre als Ratli in der Kanzlei zu den wichtigsten, auch gesandtschafllichen Geschäften verwendet, so namentlich 1477 bei der Bewerbung um Maria von Burgund für Erzherzog Maximilian; durch die wohlverdiente Gunst des Papstes und des Kaisers wurde er zu seinem Unglücke 1479 vom Cardinalpriestcr zum Bischöfe von Passau ernannt. Das Domcapitel, eifersüchtig auf sein hiedurch beeinträchtigtes Wahlrecht, hatte einen andern Bischof erwählt, und diese Doppclwahl die unglürkliclisten Folgen, deren Rückwirkungen auf seine Gesundheit Georg nach kaum 3 Jahren durch einen plötz- lichen Tod erlag, als er eben auf der Reise nach Wien zu Schiffe war. (Hansiz i,ä74 ö8ö: Buchinger: Passau H, 181—188; Pez S.S. R. Aiisl. II, 440; Schreitwein I. e. 32S-5a7.)

20. Zunäuh.st den Stufen des Seitenaltar.s auf der Evan- gelium-Seile de.s vorderen 'l'lieiles der Kirche; 10. September 1482. (G.; B». Xr. 13.)

Anno doni . millesimo , qnadringesimo . ortuagesimo. secundo . die . marlis . derima . mensis . septeinbris . oblit. reverendus . palor . dominus . Joannes . de . h e s I c r . aposto-

lice . sedis proliionotarins . cuias . anima . requiescat

in pacc . amen.

Kother Marmor; zers])rungen.

Der hier ruhende Bruder des eben neun Tage vor ihm verstor- benen Passauer Bisehofes Georg II. (s. Nr. 19.), ohne Zweifel in das Schicksal seines Bruders innigst verflochten , erlag nach ernster Prüfung wohl gewiss dem (irame über den Verlust seines Bruders, durcii dessen Loos sein eigenes zunächst bedingt war.

21. Im vorderen Tlieile der Kirelie nächst dem .\itarc an der Evanjjeliniii-Seite: 16. November 1482. (G. ; F. IV. 37; B. Nr. 12.)

Ano . dni . I^SZ . an . sant . othmars .ta;; . ist . gestor- ben . die. Edl . Tran . Agatha . vu . haeszier .des. hoch»ur{ii;;s(e . in . got . witcr . fiirstcn . ud . her . hern . (ieor;;en . der . heiligen . roemischen . hirche . prister . Car- dinal . et . Biscowen . zu . passav . mueter . der . sol . got. gnaedig . sey . Amen,

Rother Marmor; zwei ausgetretene Waiipensehilde , in deren einem ein springender Hase (?).

Agatha von llässler. also wahrscheinlich Gattin eines Adeligen von Geburt, die Mutter des Passaucr Bisehofes Georg II. (s.Nr. 19) und des päpstlichen Protonolars Johann von Hesler (s.Nr. 20), starb, wenn auch schon hochbejahrt, doch wohl am gebrochenen Herzen unter den Rückwirkungen des Schmerzes über den, innerhalb neun Tagen erfolgten Tod beider Söhne, deren Verlust sie kaum zwei Monate zu überleben vermochte. Die Mutter fand nun ihre Ruhestätte neben jener der beiden Söhne in der Kirche zu Maria am Gestade. Schreit- wein (Rauch: .S.S. II : 021)) bemerkt ausdrücklich: Cuttsepiitti sunt eodein anno ( 1482) e.v latere iii.iia eiim (Georgium episcupum) siib alio lapide Agatha mater J üayinesf/iie fruler. Da übrigens aufden hier erwähnten Grabschriften .Agatha gleichwie ihrSohn Johann ausdrücklieh als von llässler bezeiehnet sind, so dürfte dieses bei der noch in Zweifel gestellten Herkunit des Bisehofes Georg, ob er nämlich gemeiner Abkunft war oder einem Patriciergeschlechtc entstammte, wohl für letzteres sprechen; es müsste denn erwiesen werden können, dass seine Familie erst später in den Adclsfand erhoben wurde.

22. Unfern dem Alt;ir des li. .loliann v. Nep., wahr- seheiniich dem XV. Jahrhundert anj^chörif,'. (G.; B'. Nr. 30.)

hier . ligt . begraben . der . edl . Milhalm . der , Oster-

hoffer . der . am . eriebtag . vor . sant . Cat dem .

gott . gnad . Amen.

ßindeiisehild , im mittleren Felde eine kleine Scheibe mit stralilenartigen Strichen umgeben (Sonne?). Geschlossener Helm mit zwei Büffelhörnern. W. I, führt die Osterhofer wohl unter den n. ö. Herrengeschlechtern auf; in der handschriftlichen Fortsetzung dieses Werkes bei den n. ö. Ständen llridet sich aber über dieses Geschlecht keine Aufzeichnung.

23. Rückwärts an der Epistel - Seite ; wahrscheinlich XV. Jahrhundert. (G. : B°. Nr. li las Zeilermlorf.)

hie . ligt . begrabe . pangratz . von . pellendorf.

der . gestorb . ist . am . suntag . nach . Maria

gott . gnad.

Rolher Marmor. Wappenschild mit dem Fragmente eines Rin- ges. Das Wappen der Pellcndorfer bei Ilanthaler: Rer. II, 149, Tab. .W, Nr. 18;vgl. auch Schweickhart V. M. B. VI. 6. - i32ö wird ein Heinrich , 142Ü Caspar, 14ti4 -1477 Georg, 1464 Hans von Pellendorf genannt, des letzteren Gattin, Klise geb. von Reichen- berg, war 1489 llofmeisterin Katharinens, Tochter K. Friedrieh's IV.

24. Beinahe in der Mille der Kirche. ;in der Evangelium- Seile des Allars. (G.; B». Nr. 42 las 1703.)

Ano Uni I50.'{ die derima mesis mal obiit venerabilis vir dns stepbanus a paldauf ((<> haid' levin !) rapellan' huiu' capellc hie sepultus est. aia deo vivet.

Rother Marmor. In einer nischenartigen Umfassung ein auf- geschlagenes Buch; darüber Kelch und Hostie.

Dem Baldauf zu Brunn (W. I, 293) V. U. W. M'. dürfte er wohl nicht angehört haben.

2i>. Im Gange zin- Kanzelstiege links; I .'i I 0. (B.Nr. 19.)

nemento Jobannis Berger Fandatoris l.'ilO.

Grab-tein, auf welchem Christus auf einem Regenbogen Ge- richt hält ; unter ihm stehen der heil. Johann Bapt. und der heil. Nicolaus; am Fusse das Angesicht iles Herrn im Sehwcisstuche; darunter die bemerkte Aufschrift.

2G. An nicht angemerklcr Steile; 5. Jänner ISlJj. (B.Nr. 7.)

Hie liegt Maria Mar::arrlha des edlen Roman Stei- dinger eheliche Toehler gestorben am Frejtag »or dem heil. .'{ könig Tag. A. D. l.'iir> der (iott genadt.

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27. Im Vordertheile der Kirche, nächst den Stülileri an der Evangelium-Seite; 2). August 1S15. (G.; B. Nr. 29.)

Anno . doni . 1515 . am . ain . und . zwanzigsten . tag . angusti . ist . gestorben . der . Edl . vest . Ritter und Doctor Telt . Yo . Fnrth . und ligt da . begraben . de . got . gad.

(B. las Füll statt: Fürth, und: des merzen, statt: A ugusti.)

Rother Marmor; geschmackvoll verzierter (rother) Wappen- schild, längsgetheilt mit einem aufrechtstehendfn (weissen) Sparren; über der Krone auf dem offenen Helme zwei (weisse) liänder, sparren- artig sieh in einem Knopf vereinigend, aus dem ausgespitzte (grüne) Blütterbüschel nach beiden Seiten auslaufen.

Der hier Begrabene gehörte also einem älterenAdelsgeschleehte an, als jenes der, erst 1381 in den Adelsstand erhobenen Further von Furtenburg, deren Geneologic und (von dem oben blasonirtcn völlig verschiedenes) Wappen sieh bei Hohe neck 111,187—189 und W.III, 187—190 finden.

Die oben in Klammern angegebenen Farben des Wappens von lälS sind aber jener runden bemalten Grabtafel entnonnnen, die sich in derselben Kirche an einem rückwärtigen Pfeiler unfern dem Altare des heil. Johann von Nep. befand mit der Umschrift:

f Jobann . Veit Ton Fürth . Ritter . und . Docter . der Rechten . ist . gestorben . den . ainundzwanzigsten . tag . des monats . Augusti . des . I5I5 . Jars.

28. Im rüekwiirtigen Theiie der Kirche nächst dem Seitenaitare auf der Evangelium - Seite ; 11. Mai 1517. (G.; B*. Nr. 24.)

Hier. ligt . begraben .... ach . im Stainhaus . dem (iott . 6nad . der . gestorben . ist . den 11. tag . niay . im . 151A . Jar.

Liebtrother Marmor zum Tlieile abgebrochen. Wappenschild viergctheill , in 1 und 4, sowie auf dem offenen Helm zwischen zwei Büffelhörncrn , ein runder Thurm, mit Thor und 3 Mauerzinken; 2 und 3 leer.

Schloss Steinhaus in Ob. Österr., Traunkreis, war 1249—1622 im Besitze der Pollheimer, kam hierauf an die Katzianer, 1693 an die von Eyselsberg (Höh e neck I, 96, II. 63 117). Keiner jener Poll- heimer, die Steinbaus besassen, ist aber 1517 gestorben. Wer also hier begraben war, ist bei der Unvollstiindigkeit der Schriftzüge eben bezüglich des entscheidendsten Wortes nur sehr schwer zu crrathen.

29. Im rückwärtigen Theiie der Kirche unferne dem Altare des heil. .Johann v. Nep.; 11. Octuher 1523. (G.)

Hie . ligt . begraben . die . Edle . Fraw . Appolonia . mnlbangerin . weilent . des . Edl . gestrengen . ud . hoeh- gelarte Ritter . ud Docter Veit . vo . Fürth . verlassn witib . die . gestorben . ist . am . sutag . vor . sant . f olmanstag . anno . MCCCCCXXIII.

Dunkelrotber Marmor. Im Wappenschilde das Kanimrad der Milhvanger, dessen obere Hälfte im weissen Felde rolb, die unlere im rothen Felde weiss war. Über dieses Geschlecht s. H o h c n e c k III, 428 43Ö. Die liier genannte Apollonia, Witwe nach dein I.'JIS ver- storbenen Dr. Veit von Fürth (s. Nr. 27 ). war eine Tochter Steplian's Milhvanger zu Wolfstein und Margarelbens, gehornen von Kirchborg (1. c. 432). Ihr Gatte wird aber hier gewiss irrig Veit Fürst genannt, da er auf unseren Denkmälern übereinstimmend dreimal Veit von Fürth genannt wird, während das österr. Adelsgeschlecbt Fürst (bei W. III, 143 144) mit einem, von jenem Veit's von Fürth völlig ver- schiedenen Wappen einen Dr. Veit Fürst nicht aufweiset.

30. An nicht näher he/.eichneter Stelle; 20. December 1529. (F. IV. 37; B. Nr. 10.)

Anno Domini 152!) am 20. Decembr. starb der Für- sichtig Ersann' Meise Herr Hanns Stossanhimmel Burger zu . Wien ... hie begraben.

Schild quergothcilt; oben ein Stab, unten ein Kreuz. L'ber das Haus des Wiener Bürgers Stossambimmel nächst der Kirche .Maria Stiegen, nunmehr bezeichnet mit Nr. 364, vgl.F. IV, 38; Laz: Vieima. 138; Abermann 1619, IV, 10; A'iVcÄ;. Top. von Österr. XI. 388 390; Hermann: Capistraiiiis (riiim/iliaiis (Cöln 1700) 102; Schimmer: Häiiscrchronik von Wien. 71—72, 339.

31. Im Schilfe an der Evangelium-Seite; Aug. 1 531. (G.) Hier ligt begraben der Edle Reihard Ton Perg ud Etwan.

zu . Sei. Ray. Runig . .Hajestct . gegenschreiber im Salzat und ist gestorben . am ptinstag unser lieben Frawen Schidung dem Gott gnaedig sej . Anno doni . 1531.

Da im Jahre 1331 das Fest der Himmelfahrt Maricns (ü. L. F. Scbiedung, Assumptiu B. l'.. vgl. Hcllwig: Zeitrechnung, 23) nicht auf einen Donnerstag (l'ßirMiii, l'linijstag ; 1. c. 46) sondern auf einen Dienstag fiel, so scheint in der G'seben Copie der Grab- schrift das Wörteben ror oder nach (lt. L. F. Sch.J weggeblieben zu sein, je nachdem der 10. oder 17. August l.i31 der Sterbetag des hier Ruhenden war. Oder, wenn etwa die letzte Einheilszahl des Sterbejahres unrichtig gelesen sein sollte, so könnten nur die Jahre 1Ö32 oder 1 j38 substituirt werden, an welchen der gedachte Frauen- tag auf einen Donnerstag fiel.

Rother Marmor. Im Wappenschilde ein aufrecht stehender Eber.

32. Im Vordertheile der Kirche nächst dem Altare auf der Evangelium-Seite: 20. März 1551; in Lapidarletlern. (G.; B*. Nr. 35.)

Anno . Dni . 1551 . am . 20 . tag . .Ilarci . starb . die . Edle . tugenthafte . fraw . fathariua . geborne . Z o p p I i n . S . Ray . Ron . Mt . Raths . Anwalt . vnd . Salzamts . Verwalter . ZV . Wien . Herrn Christoph. Mayer . eheliehe . Havsfraw . deren. Seele . got . gnaedig . sein . wolle . amen.

Liebtrother Marmor. Bei dem Abgange des Original- Grab- steines ist der Widerspruch schwer aufzuklären , der darin liegt, dass hier der Gatte der am 20. iMärz lööl verstorbenen Katbarina geh. Zopiiel: Christoph Mayer, unter Nr. 34 aber: Andre Lind- auer genannt wird. Da G. und B. unabhängig von einander Mayer gelesen haben, so wagte ich doch den Namen Lindauer nicht ohne weiters dafür anzusetzen.

33. Im Schilfe an der Evangeliimi- Seite; 18. April

1551. (G.) Woll'gang S ch 0 p p er ist gestorben den 18.

tag Apprillis anno 1551. dem gott gnaedig sey.

Rolber Marmor. Das hürgerliclie Wappen des' hier Ruhenden zeigte fcdgcndes Blason.

34. .\n niclit näher bezeichneter Stelle: 29. October

1552. (F. IV. 37; B. Nr. 13.)

Hier ligt begraben der Edl Ernvest Herr Andre I, i n d a u e r R. R . .11 . Rath Stattanwalt und Salzamblmann zu »ienn samt der Edlen tugenth. Frau fatharina Zopplin von Hnus seiner Ehl. Hausfr. Er starb 29 . 8br. Ao. 52. Sept. Sie starb den 20. Marlii Ao. 1551. (H. versetzt die Sterbetage.)

Zwei Wappenschildc; seines, längsgelheilt, zeigt rechts drei Lindenblätter, links einen Low cn : jenes der Zopel zum Haus vier-

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CTcUicilt ; 1. 4. im i;olilt>ncii Felde ein seliriiglinkcr soliwaricr lialken mit einem springenden silhernen Hirsch: 2. 3. eine (scliwiirzo ?) Binde im weissen Felde (vgl. auch S i c b m a c h e r - W e i g e I I, 39). Katha- rina dürfte eine Tochter des 1367 iö78 erscheinenden Kanzlers Johann Zoppel von Haus gewesen sein (Hu eher : Atisf. r.v.arvh.Mell. ill. I7S. liS(l). Christoph ZoppI von Haus, k. Kaninierrath. war bereits 1 jC!) Besitzer von Raggendorf, V. U. .M. B., erscheint 1 j84 als Kläger in einer Streitsache wegen des abgebrochenen Dorfes Strass (I. c. 178. 183) und vererbte 1573 das Gut Haggendorf an Ulrich Christoph ZoppI von Haus (Sehweickha rt U. .U ß. V, l'.tü). Über Andreas Lindauer ist 7.11 vgl. La z: I7?)i«n, Basel i;>4r). löl: .A b e r ni an n's Übersetzung lÖlO, IV, 33, äü; .\ufl. v. J. 1692, IV, 20, 29.

3ä. Im vorderen Theile der Kirche, uiiferne dem .Mtiire iiuf der Evanoeliiim-Seite; 19. Juni lööO. (G, ; F. Siippl II, IT: W. I, 49; B. \r. 2.)

Hier . list . begnibea . der . Edl , und . s;est renge . Ritter. Herr. Hans . Ada . von . Ahainib.zue .Mildena« . und.Nouhanss. vSeiner.iiaj. kunis.-flajestet . gcwcster (Erb Ciiiumer desHofh- stiffts Passaw , welcher allhier den 19. Juni Anno fhr. 1559 seeli? verschieden.) ((!. in der eiiiückliiminertcn Stelle iiiieh F. Siippl. II, IT. und \V. 1. 49 ergiinzt.)

Rother Marmor. Zwei Wappenschilde ; rechts auf einem drei- büheligen Berge ein schreitender gekrönter (rother) Löwe mit empor- gehobenem Seliwcife; links viergetheilt. unkenntlich; zwei Helme, einer mit geschlossenem Flug, der andere mit einem Thierluiupte. Über die .\hani oder Ahaim zu M'ildenau und Neuliaus ist zu vgl.: Hund: Buyr. Slamm. B. II, 48 33, wo 1379 als das Todesjahr Hanns .\danrs angegeben ist, der noch löüG Neuhaus (Pillwein: hiiikri'is. 312) an sich gekauft haben soll (?), und Bueelini III, c, 81, 82, wo auch angeführt ist, dass sich .lohann .\dam 1330 mit Ursula von Trcnbach vermiihlte, deren Familienwappen (l. c. 190 und Siebmacher- Wcigel: Grosses IVappenbtich, 1734,1,83, V, 38) wahrscheinlich in dern auf demselben Grabsteine befindlich i'cwesenen Wappcnsehilde enthalten war.

3(5. Im rückwärtigen Theile der Kirche, unferne dem .\lt;ire ;uif clrr Evausoliuui-.'-leite ; Scptendicr l.'JGO. (G.)

Hier liegt begraben derEdl und gestrenge Herr Christoph Ramschissel von Schonegg, wejient R.Ferdinand gewester geheimer Ralh so den 8. tag Septembris . anno 15(;0 seelig verschieden . dem got gnad.

Holher Marmor. Ijii Wappenschilde ein vierspcichiges Rad. Über der Krone auf dem olVenen Helme ein geharnischter Mann, der in der Rechten einen Busch von Schwungfedern halt. Die am 9. Sept. 1633 in den Freiherrnstand erhobenen Herren von Ramschissel erscheinen schon vor 1378 als Besitzer von Schönegg im Cillier Kreise Sleicrmark's. (Schmutz: Uisl. top. Le.r. v. Sieierm. \l\. 262, 307.)

37. Im rückwärtigen Theile der Kirche nächst dem Altare de.s heil. Johann v. Nep.; löGlJ. Lapidarschrift. (G.; B". Nr. 30.)

Hier , ntiler . diesen . stain . ligen . begraben . der . ersamm. vnd .fVrnem . ( Iiristnpb . ßachinger . der. den . 4. tag . aprilis . des . KtlW» . jars . seelig . verschieden . and . sein . eheliche . Hawsfraw . Barbara . die . den . 1. Seplembris . I5G6 . in . got . entschlafen . denen . got . gnädig . sein . wolle.

Lichtrother Marmor. Im Wappensehilde, wie auf dem geschlos- senen Flug über dem geschlossenen Helme ein sehräglinks gewelleter Pfahl.

Nahe an diesem Grabsteine an der Wand befand sich eine auf Holz gemalte Gedächtnisstafd mit dem Hilile der .Vufersteluing des Herrn, und im lichtgrauen Sockelfclde mit Lapidarlcttern folgende Inschrift:

Anno . Domini . 1566 . den . i. Tag . Aprilis . ist . in . got . verschieden . der . ersam . vnd . fvrneni . Christoph . ßachinger . Bvrger . alhier . i\ . Mien . vnd . den . ersten . .Septembris , ermelts . 66 . Jars . ist . gestorben . Barbara . sein . eheliche . Havsfraw . vnd . ligen . beide . hier . neben . begraben . denen . got . gnad . >nd . inen . samt . allen . rhristglaubigen . ein .froeliche . Auferstehung, verleihen . wolle . amen.

38. Im vorderen Theile der Kirche nächst den Stühlen; 1Ö67, 1Ü71. (G.; B. Nr. 37. gibt 17. Nov. l!J7t> als den Todestag Schauer's an.)

Hier ligt begraben der Edle und Vest Herr fieorg .Schauer Bnrger und des äosern Raihs tu M'ienn so den 7. November des 1571 Jahrs in Gott Verschieden und flaria Salonie sein Eheliche Uauszfraw des Edlen und Gestrengen Ritters Herrn (hristoll'en von Ramschissel von Schönegg weylend kav. Ferdinandi gewesten gcheimben Ralhs nachge- lassene Tochter die den 9. Tag Junii in 1567 Jahr Seeliglich verschieden . denen Gott ein fröhliche Auferstehung verleihe. Amen.

Rollier Marmor. Unterhalb zeigt sich links (heraldisch) das obenNr. 3ti erwähnte Wappen der Hanischissel ; rechts das Sehauer'- sehc, ein sehräglinks getheilter .Sehilil, im oberen Felde ein sehreiten- der getlügelter Greif, ii\ der Mitte des unteren Feldes ein mit diesem schriiglinker Balken.

39. Im Vordcrtheile der Kircln^ nächst den Stühlen auf der Evangelium-Seite; i>. August 1570. (G.; W.rV,226; ß. Nr. 5.)

D . 0 . M.

GEOHGIO . SIGISMVNDO

FILIOLO . DVLClSSiu

lOANNES

HEGEXMVILLER

ET . CA(tharina) WELSERINN

l'AliE.XTES.

ÄNl) MDLXX . V . M. AVG.

P . I . P.

Graugelber Marmor. Bei W. wird insbesondere angeführt, dass sich obige Inschrift auf einem kleiiwren Steine neben dem Grabmonu- ment des Dr. .lohann Hegenmiiller, Vaters des idjigen. befand.

Auf dem Grabsteine zeigten sieh aueli zwei Wappenschilde; rechts (heraldisch): das Ilegcnniüller'schc , ein schreitender (g(ddener) Löwe im schriiglinken (schwarzen) Balken auf (goldenem) Felde: links: zwei nach oben und unten einander entgegengestellte dreibliilterige Lilien von einem dreifachen Hände zusammengehalten, das Welse r'sehc Wapjjcn, nämlich jenes der Mutler des hier ruhenden Jünglings, einer verwitweten Welser (vgl. Siebmacher- Weigel: Wappvnhifh. VI. 22, vgl. mit I, 207: IV, 194; VI, 18). Das Wappenzeiehen. welches sich in einem hohen Fenster der Kirche in altem Farbensehmelz befand, und welches einem früheren Besehreiber dieses Gotteshauses, dem fleissigcn Böekh. so viele heraldische Scrupel verursachte (S. 21—22), ist wohl nicht das Wciscr'schc

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Wappen, dessen zwei Lilien, weiss und rolh getheiil, ein rolhes »ind ein weisses Feld decken, während das von Böckh besprochene Wappen gelbe Lilien im rothen Felde zeigt-

40. Im vorderen Tlieile der Kirche an der Evangelium- Seite; 27. Octol)er 1581. (G. ; F. Siippi. II, 17.; W. V, 226; B. Nr. 3.)

Hie ligt begraben die Edle nnd Tagendreiehe Fraw fntharina (Anna, bei G.) Weiser ein gebohrne Marschalk (zu- letzt Herrn Hans HegenniüllerDoctor kay . Maitt . Canzler und Raths Ehefrau-, bei W. und B.) die starb den 27. TagOctobris des Jahres 1581 deren nnd allen Gott gnädig sey wolle. Amen.

Ob ungeachtet des bei allen vier Ahsebriften übereinstiminenden Todesjahres 1381 doch nicht etwa 1387 zu lesen war? Aul' dem Grab- denkmale Johann Hegenmüller's (s. Nr. 43), welcher 1384 im 86. Lebensjahre (nach W.) starb, ist ausdrücklich angemerkt, dass ihm das Denkmal von seiner trauernden Gattin gesetzt wurde. Oder sollte er in seinem 80. Lebensjahre noch ein zweites Mal geheirathef haben, und das Monument von seiner zweiten Frau herrühren? Wahrscheinlich ist die eingeklammerte Stelle, welche diese Katharina als J. Hegenmüller's Ehefrau bezeichnet, nur ein von B. nachgeschriebener Beisatz W's. und die hier Ruhende war dann ohne Zweifei die Mutter der an J. Hegenmüller verehelichten Katharina, welch' letztere nach Bucciini (Gff«i. (op. chor. stemm. 111. 3. lit. W.) des Ilieronj mus Welser und der Katharina Marschalkin Tochter gewesen ist. Hegenmüller's Gattin, welche auf Nr. 39 als eine gcborne Welser erscheint, konnte nicht auch zugleich eine gcborne Marschalk sein.

41. Im Vordertlioile der Kii'che nächst den Stühlen. 1582. (G.: B». Nr. 44.)

D. 0. M. IIIC . lACET

SIGISMVNDVS . DE. VI

IMPEHIALIS . VICE . CANCELLARIVS.

NSIORVM . (PVB . . VLVS . . ?)

1 582 (SINICFRAR . n W . . . ?)

QVONIAM [zz' Izzi IPSORVM EST

REGNVM

COELORVM.

Links das Welser'sche Wappen (s. oben Nr. 39j, rechts ein viergetheilter Schild, 1 und 4 ein eiiikopfiger Adler mit ausgebrei- teten Flügeln ; 2 und 3 je drei Kugeln : eine, unten zwei.

Ist etwa der Zuname des hier Ruhenden: }\'elscr, sonach etwa jener Sigismitndus Welser (U.ror : Ursula Rothin), dessen bei Bucelini 11, 3, lit. AV (B) gedacht wird, und der ein Bruder des oben Nr. 40 erwähnten, mit Katharina Marschalkin vermählten Iliero- nynius Welser war? Allein das Wappen der Rolh (hei Bucelini I. e. lit. R) stimmt damit nicht überein, und das bei S i ebina ch er - Wei- gel I, 128 vorkommende Roth'sehe Wappen mit einem Adler gehört wieder nicht dem Stamme der Ursula Roth an.

42. Im rückwärtigen Theile der Kirche nächst dem

Seiten-Altare; 1584. (G.; B". Nr. 23.)

CHRISTOPH HILUNGER

V.l. nOCTOR

CANON. PATA . FERDINANDI . I .

MAXIMILIANI . TT . RVDOLPIII . II . CMS .

A.A. CONSILIARIVS . y.c . OBIIT

.\NNO . ÜNI

MDLXXXIV.

Unterhalb in einem breit-ovalen Blätterkranze das HiUinger'sche Wappen im nebenstehenden Blason, darüber der Cardinalshut mit

zwei nach beiden Seiten bin sich verschlingenden

Schnüren mit je einer Quaste.

Es ist nun der merkwürdige Fall, dass Wien zwei

Grahmonuniente desselben Mannes besass, wovon das eine an der Aussenseite des hohen Chors vom S(. Stephansmünster an der rechten Seite der ofl'encn sogenannten .Armensünder- Halle noch gegenwärtig vorhanden, an demselben aber das Sterbejahr Hillinger's mit MDLX angesetzt ist. (Vgl. hierüber Fei I in S c h m i d l's iisterr. lil. f. Lit. II. Kunst, 1844. 271, und dessen: Kunst u. Allerth. in Osterr. I, 8.) Es ist kein Zweifel, dass dieser letztere Grabstein noch bei Hillin- ger's Lehenszeit nach dem J. 1360 gesetzt, als er aber 1384 starb auf dieses Denkmal vergessen und ihm an einer anderen Steile, nämlich zu Maria Stiegen, ein zweites Epitaphium mit dem richtigen Todes- jahre gewidmet wurde. Dass Hillinger wirklich bis 1384 lebte, ist aus zahlreichen Aufzeichnungen über seine spätere Wirksanikeit erwiesen. Wie schon früher 1333, so war er auch später 1360 1581 die Seele der Commissioncn zur Visitation der Klöster, so wie Mitglied des damals entstandenen sogenannten Klosterrathes, wobei er aber später mit Khlesl in einenZwiespalt der Ansichten gerieth, sodass letzterer 1383 laut über die Verunglimpfungen klagte, die er von Seite Hillinger's erfuhr (Hammer: Kldesl I, a, 26—34, 45: b, 37, 39, 75).

43. An nicht näher bezeichneter Stelle; 27. Septem- ber 1584. (F. Suppl. II, 16; W. IV, 225; B. Nr. 4, auch bei Locher: Spcruhim ucad. Vlenn. 433.)

Nobili Clarissinio Yiro Domino Joanui Hegenniüllero Juris utriusque Doctori, Divi IHaiimiliani II. Rom. Imper. fonsiliario . et Rudolph! II. eiusdeni filii Rom . Inrivtl Regis aulue fanrellario , quam plurimnm in rernm Rom. Imperii trartatione defatigato et tandem pie defuneto. nior moest. Memoriae ergo posuit. Obiit XXYII Sept. Inno Dom. MDLXXXIV.

Ein Georg Hegenniüller , aus Schwaben eingewandert, war bereits 1516 K. Max I. geheimer Hofkanzleischrciber. Der oben erwähnte Johann H., 1499 geboren, 1368 in den Adelstand erhoben, starb am 27. Sept. 1384 im 86. Lebensjahre. Mehreres iiber ihn in Hammer's Khlesl z. B. I, 37 AT. und bei \V. a. a. 0.

44. Im vorderen Theile der Kirche, unfern dem .4lt:ire an der Evangelium -Seite; 12. Sciitember löitü; Lajiidar- schrift. (G.; B». Nr. 43 hat: Hocki/i.)

Den . 12 . tag . Septembris . ir>90 . starb . die . edl . vnd . tTgendhafte . jvngfrav . Mar . fatharina . Rerkinn . vnd . ligt . alda . begraben . der . Gott . gnad.

Braunrother Marmor. Wa])|ienschild geviert, I und 4 ein nie- derer Sparren nach aussen gezinnt; 2, 3 ein springendes Einhorn.

45. An nicht näher bezeichneter Stelle; 25. Februar 1597. (F. Suppl. II, 16: B. Nr. 16: W. III. 351.)

Theophilo Goldio, Nobili fanoniro Pata>iensi ingenuo, snb disriplina et lonYirtu .Sorjoiatis JE.SI hir Viennar literis operani naTauti , immatura febris Hnngariae correptione, 25. Febr. A. fhri. 1597. aetatis suae l^. non adhuc rom- pleto anno extinrto, hirque sepulto Erasmus (iold in halleri- stein et Parschenbrun .S. C. iM. ii Tonsiliis nee non lllnii Rvdmi Episropi et l'rincipis Pa<sa>iensis fonsiliarius et aulae Prae- fertus parens. moest. Filio bonar spei, memoriae ergo monu- mentum bor posuit. XXVIII. Febr. A. nDLWXWIII.

Mehreres über das aus Salzburg nach Österreich eingewanderte Geschlecht der Gold von Lamjioding (auch Lampatling,

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heut zu Tafjc Laiii perdint; im liinkreise Oherösterieiclis , unfernc dem Ursprünge des sogenannten Engel- auch Egenach-Baches) bei W. III. 3bO 852 um! hei Hohe neck 1. 365, II, 203, 223 und III. 412, 607. 720.

46. An einem PlVili'r an der Kpi.stel-Scite des rück- wärtigen Theiles der Kirehe eine altarälinliehe Tnnihe. Im Mittelstüeke zeigen sieli . vor einem personKieirteii .\i)l)ilde der ii. Dreifaltigkeit kniend, auf der einen Seite drei Männer und drei Knaben, auf der anderen Seite drei Weilier, ein Mädchen und auf einem Tuciie liegend vier Faseheukinder. Oben ein liingsgetlieilter Schild , rechts ein springendes Einhorn, links ein Sparren mit drei Kleestängeln. Unterhalb dem Mittelbilde (G):

AdÖ doui 1Ö98 den 7. IHiiy ist in (lott entschlafen der EdlVest Paul Ernst Burger des ilicrn Uaths und «ber-Stadt- faineror allhior in Mien sleichfals auch sein Ehliche llausfraw Barbara welche vor ihm im 15S6 Jahr am 15 Julii seeliglich abgegangen und hier samt seiner andern Hansfraw Anna nd deren bejden leiblichen Üindern hier begraben ligt, welchen Gott und uns allen ein fröliche Auferstehung icrleihen wolle.

47. An nicht bezeichneter Stelle; 21. Mai IG IT. (B. Nr. lö; VV. 11,428.)

Peter Andreas Erstenberg zn Frejenthurn bey nannswörth n. ö. Regierungsrath starb den 21. Kay 1617.

Dieses i.')82 in den Ritterstand erhohene Geschlecht ist mit Georg Andreas nach 16j0 ausgestorben (\V. 1. c), die Herrschaft Freientluirn aber schon i640 an die von Teufel gelangt (n. ö. stand. Gült. Buch).

48. An einem Pfeiler des rückwärtigen Theiles der Epistel - Seite; 4. Mai IG22. \\'apjiensciiild mit drei Rosetten im sciirägreeiiten Baiken. Darunter mit Lapidar- schrift (G. ) :

Ano . Dni . nDCXXII ipso sacrae dominicae asrcnsionis profesto obiit nobilis honesta et devota matroua domina Catharina Hilbrantin annornm aetatis suae XXXVII culns aimae bene precato. Westus maritvs fonradvs lliltprant V. I. D. .Scae . faesa . Majestatis Ferdinand! III. a . consiliis . ipp . avlicis, qui hoc ehide monvmentnm fieri curavit.

Gelblichgraucr Stein. Im ovalen Mittelstiick: Christus am Olbergc.

Dr. Conrad llillehrand, dessen Titel sich iui Slatiis pari, regim. Ferd. II. p. ii)4 findet, gehörte nicht jenen Hillcbrandcrn an, von denen bei \V. IV. 329 331 gehandelt wird, und deren Wappen von dem oben erwähnten völlig verschieden war.

49. Im rückwärtigen Theile auf der Epi.slel-Seite: 22. Juli 1 622. (G.; W. 111,832.)

Hier llgt begraben der Wohlgebohrne Herr Erasmus vo. Gold auf famp (Lampodlnj!) Freyherr ^o. Parsrbcnprun Sr. Rom. Mt. und llochfur>llicb Passauischer Uofralh, «elcher gestorben den 22. Jnly Anno IG22. Dem Gott gnädig sey.

Rotlicr Marmor. Obenauf Wappenschild, quor getheiU: im oberen (silbernen) Felde 7.wei neben einander gestellte (rolhe) llüflhörner an (rolben) Schnüren hängend, im unteren (rothcn) Felde ein solches Hörn (silbern). .\uf dem gekrönten ofl'enen Helme ein rolh gekleideter Mann mit goldener Krone auf dem Haupte, weisser Binde und weissen Umschlägen am Hals und an den .\rmeln /.wischen zwei rolben Büfl'el-

hörnern, mit der Keelilen ein rothes lliiflborn zum Munde haltend, dio Linke in die Seite geslemmt.

Bei W. 3. 8Ö1— 2. ist der 10. August 1023 als dessen Todestag und der 3. August 1623 als der Tag der -Xusfertigung des Diploms angegeben, womit I']r;isinns von Gnid in den Freilierrustanil erhoben wurde.

Xebstdem befand sieh an einem Pfeiler nahe an dem obigen Grab- steine eine hölzerne Grabtafel nut dem oben blasnnirten Wappen und einer in der .Angabe des Todestages auf dem Grabsteine iiliereinstim- nienden t'nischnfl:

Hier llgt liegralirii der Molilgeboriic Herr Krasinu> (iidd I ri',\lierr von Camp (sie) und auf l'arsrheniirun .Seiner llüin. hajs. .Ilajesl. und Sei. Horbfiirstllrh. II. des Erzherzogen Leopold Wllhchn Ri>rtMir('ii zu Passaii Kath dem (iott gnädig sein nulle, geslorlien den 22. Jidli 1622.

Es kann nicht \jnbemerkt bleiben , dass Erzherzog Leopold AVilhelm erst 162.'> zum lÜschofe von I'assau ernannt wurde. Par- schenbrunn liegt im V. U. M. B. und kam 1600 an Erasmus von Gold; nach dem n. ö. stand. Giiltenbuche bei Sehweikhart V. V. M. B. V, 70; n. W. W. 13, 222.

öO. Stark beschädigte obere Hälfte eines ruthmarniornea Gral)steines im rückwärtigen Theile der Kirche nächst dem Seitenaltare an der Evangelium-Seite ; 1632. Lapidarscln-ift. (ti.: B'. Nr. 37.)

Sepvltvra . nobilis . doniini . Adam! . Job st . sacrae . Caesar . Maiestatis . in . camera . avslria . (et?) dominae . fatharinae . natae . Bvrchartin . conivgis . carissimae . qnarvm . animarv . misericors , Devs . cum . fidelibvs . in . Christo . reqniem . aeternam . Amen. HDCXXXII.

i)i. Nächst den Stufen des lldclialtars an der Epistel- Seite, Lapidarschrift; 26. März 1637. (G.; B. Nr. 9.)

D . T . 0 . n . et . piis . manibus . faroli . L. Raronis . a . Kirchperg in . Ensegg . et Vihofen . catcdralis . cecles . Fassaviensis . canonici et . sac . cacs. Maiestatis . nee . non . sereniss"" . Archidacis . Leopold! . \^'ilhelmi . Archiepiscopi . Magdebvrgensis . primatis . per . Germaniani . et . episrop! . Argen- tinensis . Halberstadiensis . ar . Passovie . eonsiliarii . et . oHl- Cialis . generalis . in . Arstria . infra . anaslm . sacrum . qui . obiit anno . lIDf XXXYII . Vli . Calendis . Aprilis.

Wappenschild viergetbeilt : 1 und 4 zwei kreuzweise über einander gelegte goldene Streitkulben im rofhen Felde; 2 und 3 auf Silber sechs stehende blaue Eisenbütchen, 3, 2, 1 unter einander gestellt. Über den erwähnten Karl F. v. K.. welcher 1631 mit dem alten Neudeggerhof in der Wiener Vorstadt .St. Ulrich bidebnt worden war, ist zu vgl. Hohcneek II. Suppl. 34 und W. V, 147 148.

ö2. Rückwärts an der Epistel-Seite auf rothem Marmor ein grosses Cruciflx, diesem zu Füssen die (iestall eines knieenden Mannes mit kurzem iMantel und ein knieender Knahe : hinter beiden der heil. Chrislophorus mit dem Kinde. .Auf der anderen Seite die Gestallen von zwei knie- enden Frauen . ebenfalls mit kurzen Radmänteln. Rück- wärts zwei weiblidu' (iestallen mit Nind)us, die eine den Kelch mit Hostie, die andere ein Weihrauch-Schiir haltend ; 9. Septeniljcr 1(144. (G.; B. Nr. 26.)

Hier liegt begraben der Rom. Ray. May. IMencr und Horhfürstlirber ücbt Erzherzogen Leopold Wllbelni zu Oester- relch geheimer Hof - ( antzley Expeditor und vo ano 1609 bis dato Erzherzoglicber dicncr (hristopb ^letl, so gestorben

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den 9. Septenibris des 1644 Jahrs. Dessen Seel Gott gnädig

sey. Amen.

Darüber zwei Wappen. Rechts vierfelilerig: 1 und 4 im schräg- linken Pfahl eine doppelte Lilie, 3 und 3 liinfrsgethcilt. Auf dem Helm ein ofl'ener Flug, inmitten die Lilie. Links: Herzscliild mit drei aufrechten Pfühlen ; in 1 und 4 ein rechts schreitender Greif; in 2 und 3 ein oben gezinntcs Thor ohne Thorflügel.

53. Am Pfeiler näclist dem Johiiiin v. Nep. -Altar im rückwärtigen Theile der Kirche : 24. April 1664; Lapidar. (G.:B,Nr. 28.)

D . 0 . n . Uic . req^iescit . nobilis . Donvs . Dominvs . GeorgWs . a . B r e n d t . dictvs H ö p fa n e r . Franc o . SalicTs . Tixit . anis IXVI . obiit . anno DnT. MDCLYIV . die XXIV . Apri- lis . CriTs . aninia . Deo vivat . nonTmentmi . fratri . optiino . posTit . lodocvs . episcopTs . lanipsaeensis . officialis . sTffra- ganeTS . passaviensis.

Grauer Marmor. Wappenschild vierfelderig: i. ein sitzender Hund (?) ; 2. ein schriigreehter gewelleter Pfahl ; 3. Segment eines Regenbogens; 4. doppeltes Hirschgeweih. Über Jodok B. zu vgl. Hansiz G. S. 1,763; F. Suppl. H. 13.

54. An der Wand an der Epistel-Seite. Rother Marmor mit goldenen Lettern :2t. April 1675. (G. ; B. Nr. 25.)

Hier ruhet in Gott der Edle Gestreng Uerr Georg Sche- ue niarch Ihrer Rom. Kay. May. gewester Hatschier wel- cher sein liCbcn geendet am 21. April ao. 1670 seines Alters 68. Jahre, denie der Alniacchtige gnaedig sey . 0 Gott! Ich werde ersettiget werden Durch den Schein deiner Herrlich- keit, weil ich Ton dieser Erden Mich gewendet zur Secli- keit . Psalm . 18. H.

55. Unfern dem Altar an der Epistel-Seite. 10. April 1679. (G.)

Alhier ruhet der wohledle gestrenge herr Johan Nico- lavs von Kingler hochfvrstlich passavischer vnterenser. Consistorial. Rath. Ofl'icial Cammerer vnd Lehen Herr Tnd Ton 18. Martii 1669 in hochfTrstlicher Bedienvng angestellt Tud in Gott verschidcn den 10. April ano 1679.

Rother Marmor. Wappenschild mit 4 Feldern: 1. 4. ein blosses Schwert, schräg; 2. 3. drei Kleeblätter auf einem dreihüheligen Hügel.

56. Graurother Marmor ; mit goldenen Lapidarhuch- staben; 22. Juli 1722. (G.; B. Nr. 31 hat 12. Juli.)

D . 0 . M . RD " D . Nathiae . W v r z e r . B"" . et R '"^ . D . D . R . S . 1 . princ . et . epis . pat . consil . consist . rector . ecclesiae . decauus . et . paroch . in . Mosprvnn . nunc .

nihil . orate . quam . ora . pro . sc . Obiit XXll . Jnly . die . Anno . HDCrXXII.

Von der alten Pfarrkirche zu .Moosbrunn, V. U. W. W. nächst Fischamend, wo Wu rzer Pfarrer gewesen, ist nur noch der Thurni mitten in dem von einer Mauer und einem tiefen Graben umgebenen Friedhofe vorhanden. Das dermalige Gotteshaus wurde erst 1787 zu einer Pfarrkirche erhoben.

57. An nieht niiher bezeichneten Stellen: (57 66 ; B'. Nr. 45 54) Franciscus Graf von Thurn 27. Oct. 1756.

58. Johann Christoph Graf von Kaenburg 1756.

59. Johann Adolph Freiherr von Nasch, General-Feid- Waehtmeister. 1758.

60. Maria von Saufrein. 1754.

61. Maria Antonia von Sanfrein. 1745.

62. Johann Stephan Bitter von Migetti.

63. Franz Mayer, Director liier und l'farrer zu Rusbach.

64. Leopoldus Pouget, 1750. Viearius hier.

65. Egidius Casparus Pelser. 1753.

66. Johann Michael lichtenegger. 1 752.

67. Im Vordertheile der Kirche, unfern dem Altare an der Epistel-Seite; 1779. (G.; B». Nr. 33.)

ftVji . HoC . saXVM . tIbI . DlCiT . Vlinm . If.ce.

Hierauf ein Wappenschild viergctheilt, in 1 und 4 ein springender Hirsch ; in 2 und 3 im sehrägrecbten Pfahl ein Fisch (Schlange), hierunter mit Lapidarsehrift.

Bernardvs . Nicolavs .de . Gropper . consiliarins . eecle- siasticYs . pataviensis . ac . onnasi , inferioris . oificialatTS . notarlvs . hie . jacet . Visit annis XIVIII . et . X . dies . homo . de . valide . optimis . qua . vita . nostra . svmns . et . a . consiliarins . ecclesiasticus . omnia . agens . cvm . consilio . Prov .r. 13. T . 16 . Hie .(cxeblabit!). in . die . Tltimo . Uno. minus . esset . in . ccciesia . sanctorvm . mors . Erat . oificla- latvs . notarivs . hac . vila . mortis . qvi officioso . erat . et . sedvlo . rationis , hardvs . sit . in . morte . fhristi . bonvs

I negotio sapienter . Tita . sna . Bern- .... ab . de

Tri

Licht-schwarzrother Marmor. Die wahrscheinlich bereits sehr beschädigte Inschrift wurde offenbar mit riuersland eopirt. Wir konnten natürlich hier, sowie überhaupt bei den übrigen mitgetheil- ten Grabschriften, denen nicht mehrere von einander unabhängige Lescarten zu Grunde lagen, nur geben was sich auf der uns vorgele- gencii Abbildung befand, und enthielten uns, namentlich bei Nr. 67, weiterer Combinationen zur Herstellung eines besseren Sinnes. Linzeine Stellen sind ganz ijewiss sehlechl gelesen.

Pamätky archaeologicke a mistopisne. (Archäologlscli-topographische DtMikwürdlgkcIten.)

(Fortsetzung.)

Der verkommene Zustand des Inneren der Kirche ist, (wie das verstümmelte Masswerk der herrliehen

wirkt aber sehr nachtlieilig auf den Besucher, der trotz den Fenster im hohen Chore deutlich erkennen liisst) ersetzt

bereits vorgenommenen, theilweisen AuflVischungen ein- wurde. Ja man entblödete sich danuds nicht, die von den

zelner Partien und Gegenstände nicht befriedigt wird. Am Pfeilern sich ablösenden, ursprünglich bis unter die Wöl-

meisten zu bedauern ist der Verlust der ursprünglichen bung hinaufreichenden, schmalen, gothischen Halbsauleii in

Wölbung im Hauptschilfe, die im Jahre 1679 in Folge einer Pilaster nnt jonischen Capitiilon zu verwandeln. Doch gibt

Feuersbrunst einstürzte, und seihlein durch eine ganz styl- es der merkwürdigen, altcrthüniliehen Ornamente und

widrige Rundbogenwölbung, die um mehrere Fuss niedriger Kunstdenkniale immer noch in ansehnlicher Menge. Der

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Hoflialtitr i-l fiii im IJeniiissiuiccstyl im .hihre 1649 iuis Holz aufgeführtes, roichvcizieitts. nun iilier sein- verkommenes Bauwerk mit einem Himmelfiilii Isbilde von K;irl Skreta, dem vorragendsteii Meister der im XVII. J;ilirliiiiulerte neu erwachten Kunstperiode Böhmens, von dem mich mehrere Werke an den (ihrigen Altären der Kirche vorgezeigt werden. .Mit .\usnahme des St. Johann Tiiufers- Altars am Pfeiler nehen der Kanzel, einem sehiitzliaren Schnitz- werke aus dem XVI. Jahrhunderte in Form der alteren gothisehen Flügelaltiire. und zweier in neuerer Zeit iiacli .Angahe des Malers Joseph Ilellieh nicht ganz in glück- lichen N'erliältnissen errichteten Altiire. sind alle (ihrigen ziemlich zahlreichen Altiire der Kirche ein Werk des XVII. und XVIII. Jahrhunderts, zum Theil in älterer Renaissance, zun» Theil im Zopfstyle in seiner widrigsten Ausartung aufgeführt. Nebstdeni besitzt die Kirche an G e m ä I d e n: zwei althöhmische Gemälde. Maria nnt vier später zugemalten Fijjuren und ein Ecce lionio mit lateinischen Legenden aus dem XV. Jahrhunderte, dann zwei altdeutsche Flügelbilder, St. Barbara und Sanct Katharina, in Burgmaier's Manier, die Skrcta'schen Bilder, ausser der Hinunelfahrt am Hoch- altare, Maria- Verkündigung, St. Barbara und die Rück- kehr aus Ägypten; drei grosse Gemälde auf Leinwand von Johann Georg Heintsch (-}• 1713) von geringem Werthe, endlich die ausgezeichneten Stairdeihilder am neuen St. Lucasaltare von Joseph Hellich, aufgestellt im Jahre 1852. Holzsculpturen: ein Christus am Kreuze in Lebens- grösse am .Mtare in der Apsis des linken Seitenschifl'es mit ursprünglicher Farbenbenialung aus der ersten Hälfte des XV. Jahrhunderts, eines der schätzbarsten Kunstwerke dieser Art überhaupt; eine sitzende Maria mit dem Kinde, beinahe in Lebensgrösse, am Altare in der .Apsis des rechten Seiten- schiffes, ebenfalls aus der ersten Hälfte des XV. Jahrhunderts, jetzt durch 11 ej lieh neu bemalt, ebenso wie ein Haut- relief, die Grablegung Christi mit vielen Figuren, beiläulig aus derselben Zeit. Stein seulpturen: die gothische Kanzel an einem Pfeiler der rechten Seite, aus dem XV. Jahr- hunderte, im Jahre 1847 renovirt und nach .Angabe des Malers Hei lieh mit einem neuen gothisehen, jedoch ziemlich unglücklich ausgefallenen Pyramidaldeckel aus Holzscbnitz- werk versehen; der capellenartige, im reichen gothisehen Geschmacke aufgeführte Baldachin ober dem St.Lueasaltare vor einem Pfeiler gegenüber der Kanzel, ein Werk des böhmischen Baukünstlers Matthias Rejsek von Jahre 1493. eliemals der Bestundtheil eines prächtigen Grabmals, das die Gemeinde dem utraipiistischen Bischöfe Augustinus Lucianos setzen Hess, im JhImc 1852 ziemlich glücklich reslaurirt; reiches, gothisehes Masswerk an den rechten Wandfläeben der beiden Seitenapsiden mit kleinen Figuren und Brustbildern ; 41 meist marmorne Grabsteine und Inschriftentafeln an den Pfeilern und Seitenwänden, zum guten Theile auch im Fiissliudcn der Kirche, aus dem XVI., XVII. uml Will. Jahrhunderte. Das merkwürdigste ist das

oft beschriebene Grabmal das llofastronomen Kaiser Hu- doljdi's II.. Tycho Brahe (-J- 1601); die idirigen beziehen sieh auf manche bekannte Personen des hohen .Adels. Staats- männer, Kriegshauplleute, Professoren der L'niversiiät, Magistratspersonen, Geistliche und Patriciergeschlechter der Altstadt Prag. Manche am Fussboden liegende Grab- steine sollten der besseren Erhaltung wegen dringend an die Seitenmauern gestellt werden, da sie ohnehin bei der 1721 vorgenommenen Unipflasternng der Kirche aus ihrer nr- sprüngliehen Lage gebracht wurden. Ilieher gehört auch die schöne Marimirgruppe St. Cyrill und Method von Knian. Max in der Apsis des rechten Seitenschifl'es, vom Kaiser Ferdinand I. liieher geschenkt und 1846 aufgestellt. Gu SS werke: der zinnerne Taufkessel vom Jahre 1414, das älteste bekannte Denkmal dieser Art in Böhmen, die grosse, 118 Wiener Centner schwere Glocke im südlichen Thurme, gegossen im Jahre 1553 von Thiimas Jaro.s aus Brunn, der auch die grosse St. Siegmundsglocke am Prager Domthurme verfertigte.

An die Längenseite desreeiiten Seitenschifl'es ist neben dem jetzt versperrten Südportalc die Sacristei angebaut, deren Bauformen mit denen der Kirche übereinstimmen. Älittelst einer steinernen Wendeltreppe gelangt man in ein Obergeniach, das wohl ursprünglich zur .Aufbewahrung der Kirchenschätze und Paramente gedient haben mochte. An die Sacristei stösst noch eine gothische Capelle, deren Kreuzgewölbe auf schlanken, gothisehen llalhsäulen in den \N inkeln des regelmässigen Viereckes ruht. Die mit reichem Laubwerk verzierten Capitäle der llalhsäulen fallen in eine frühere Periode des gothisehen Styles. Die Capelle mag jedenfalls 150 Jahre älter als das jetzige Kirchen- gebäude sein, und ist ein Überrest der früheren, vor dem im 15. Jahrhunderte stattgefundenen Neuljaue hier bestandenen und abgebrochenen Kirche. Sie ist der heiligen Ludmilla geweiht, und man sieht hier den vermauerten Eingang zu einem unterirdischen Gange, der in ein benachbartes Haus führen soll. Die Sage, dass im nahen Teynhofe die heilige Ludmilla lebte und dieser Gang ihre Wcdinung mit der Kirche in Nerhindung setzte, ist späteren Ursprungs und beruht auf alberner Erfindung.

Der .Aufsatz schliesst mit dem Winische. dass sich der Prager Kunstverein, der sieh zur Aufgabe machte, Prag mit monumentalen Kunstscböpfungen zn zieren . nach Beendi- gung der Fresken im k. k. Belvedere inid Aufstellung des B a d e t z k y -Monuments . als drittes \\'ei'k seiner heilsamen Thäligkeit die w indige .Ausstattung der Teynkirche, an der so vieles gut zu machen wäre, erwählen wollte; ein ^ Wunsdi, der jedenfalls Beachtung verdienl . iiiiil \on jedem Kiiiheimischen warm bevorwortet würde.

Ein Ausflug über Pilsen nach Tepl und dessen Umgebungen, von K. Wl. Zapp (S. 21), ent- hüll unter anderen eine gedrängte Schilderung der Pilsner Erzdekanatkirche und der dortigen Franciscanerkirche

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daiiri eine mit Documenteii belegte Gründungsgeschichte des Pramonstratenserstiftes Tepl nebst Beschreibung der dortigen Stiftskirehe. Die P i I s n e r E r z d e k a n a t k ir c h e ist eines der bedeutendsten Kirciiengebiiude des aus- gebildeten gothischen Styles im Lande , dessen boch- strebende Verhältnisse durch die sehr vortheilhafte freie Lage auf dem grossen Hauptplatze der Stadt nur noch mehr gehoben werden. Sie wurde im Jahre 1292 unter Mitwir- kung der Bürgerschaft vom deutschen Orden erbaut, dessen Wappenschild noch an den meisten Aussenpfcilern des Chores neben dem böhmischen Lüwen sichtbar ist, auch hat es, von dem Einflüsse der Zopfperiode beinahe ganz unbe- rührt, vieles von seiner ursprünglichen Gestalt behalten. An den niedrigeren und engeren, vom steilen Schieferdache über- ragten Ostchor schliesst sich das breite, dreitheilige Schiff an, dessen Westfronte ursprünglich mit zwei Thürmen geschmückt werden sollte, von denen jedoch nur einer aus- gebaut wurde. Sechs massive, runde Pfeiler tragen die gleich hohen Wölbungen der Schiffe, deren Gewölbrippen, ohne auf Tragsteinen zu ruhen, unmittelbar aus dem Körper der Pfeiler herauswachsen, und vielfach in einander ver- schlungen ein merkwürdiges Gurtennetz bilden. Reich ist das Masswerk in den hohen Fenstern, in denen sich auch theihveise hierlands seltene Überreste alter Glasmalerei erhalten haben. Die gegen Süden und Norden gewendeten zwei Nebeneingänge sind mit ins Dreieck gebauten Vor- hallen versehen, deren Mauertlachen zierliches Masswerk bekleidet. Das Innere der Kirche ist ziemlich vernachlässigt, und bietet ausser der steinernen gothischen Kanzel aus dem XV. Jahrhunderte und einigen Inschriften keinen archäo- logischen Gegenstand von einiger Bedeutung. Der ausge- baute Thurm erhielt nach dem Brande 1835 ein neues, in eine sehr dünne Nadel auslaufendes Kupferdach von sehr unglücklichen Verhältnissen, und erreicht eine Höhe von 312 Wiener Fuss. Die Fra nciscanerkirche wurde nur um 5 Jahre später als die vorbeschriebene, nämlich im Jahre 1297 ursprünglich für Minoriten erbaut, und zeigt dieselben Bauformen, nur ist die Anlage eine ganz andere.

Bei fast gleicher Länge ist sie viel schmäler und niedriger als die Erzdekanatkirche: aber sechs ebenfalls runde Pfeiler trennen das Mittelschiff von den niedrigen Abseiten, und die vielfach verschlungenen (jewölbgurten wachsen wie dort aus denselben unmittelbar hervor. In eine nähere Schilderung lässt sich der Verfasser nicht ein. Die Prämo nst ra- te nser-Stiftskir che in Tepl ist eine dreischiffige romanische Pfeilerbasilica mit Kreuzvorlagen und zwei Thürmen an der Westfronte, unstreitig das bedeutendste und wenigstens in der äusseren Ansicht am besten erhaltene Bauwerk des romanischen Styles in Böhmen (wo es übrigens sicheren Nachrichten zu Folge, namentlich in Prag, an grossartigen Gebäuden aus der romanischen Bauperiode nicht fehlte), obwohl es im Inneren in der Mitte des vorigen Jahrhundertes total modernisirt w urdc.

Der Bau begann nach sicheren , urkundlichen Nach- richten im Jahre 1197. und fällt bereits in die L'bergangs- periode, wie die Thurmfenster und die aus dem Zehneck geschlossene Apsis des Mittelchores darthun. Die Apsiden der Seitenchöre sind halbrund. Die Baumverhältnisse des Bauwerkes sind folgende : die ganze Länge von Aussen beträgt 204 n. ö. Fuss, die Breite des Langhauses 57', der Abstand der Kreuzvorlagen 90'. Sechzehn achtseitige, jetzt modernisirte Pfeiler trennen je 8 zu beiden Seiten das Mittelschiff und Chor von den Abseiten und tragen die gleich hohen Wölbungen, die sich 47' hoch über den Fussboden erheben.

Die Abseiten mit ihren halbrunden Chorschlüssen sind nur um M'enige Fuss kürzer als der Mittelraum, aber ver- hältnissmässig sehr eng. Das Mittelschiff und der Chor haben einfache runde Kreuzwölbungen , deren stark vortre- tende Gurten sich auf die gegenwärtig barocken Capitäle der Pfeiler stützen. Dasselbe gilt auch von den Kreuzvor- lagen; die Seitenschiffe haben aber durch Rundliogcn- Gurtcn getrennte Tonnengewölbe. 28 Bundbugenfenster, meist modernisirt, zum Theil höchst styl widrig erweitert, verbreiten ein gleichmässiges Licht in allen Räumen.

(Die Forlsetziiiiy: folf^t im iiäclisteu Hefte.)

Notiz.

(über den Zustand der A 1 1 e r t h ü m e r in S i s c i a) erstattete der Conservator für Croatien Herr Ivan v. Ku k u 1- j e vic der k. k. Central-Commission folgenden Bericht :

Die uralte pannonische Stadt Siscia am Zusammen- flüsse der Sawe Ruipa und Odra gelegen, daher von den Slaven Sisek oder Süsek (die Schneide der Flüsse) genannt, blühte lange vor der Herrschaft der Römer und war die Hauptstadt einer ganzen Provinz. Schon im Jahre 117 vor Christi Geburt versuchten die Feldherren Lucius Cotta und Metellus diese Stadt unter die römische Herrschaft zu brin-

gen, konnten sich aber daselbst niclit behaupten (Appian de Bello Illyr). Erst im Jahre 32 vor Christi Geburt gelang es dem Cäsar Octavianus, nachdem er siegreich aus Japodien in Pannonien eindrang, nach 30tägiger schwieriger Bela- gerung die befestigte Stadt einzunehmen. Er Hess daselbst unter Fusius Geminus Cohorlen als Besatzung zurück, woraus man die damalige Grösse der Stadt enlnehmen kann. Cäsar Octavianus machte die neueroberte Stadt zur Vor- rathskammer für den Krieg gegen die Dacier und Bastarner; sdilug zur Zeit der Belagerung eine Brücke über den Fluss

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Colopis (iiltslavisch Iflpu und Rolpii, jotzt Rupa) iiiul er- richtete auf allen Seiten Verschanzungeii mit Gräben. Noch jetzt sieht man in der Riilpa die römisehon Griiiidmaiiorn einer Uriicke <), mul die alten Erdwiille hinter Milititr-iSisok, welche von den Ufern der Rulpa bis zu der alten Sawe sich dehnen, nennt noch jetzt das Vcilk „riiiiski Sanac" (Hönier-Schanze).

L iiter der Herrschaft der Römer wurde Siscia nebst Sirmium der wichtigste Platz in l'aiindnicn, und vnn da aus gingen alle Kriegs- und Ilandelsziige in die Fjiinder des Ostens.

Zur Zeit des grossen pannonischen Aufstandes unter den nationalen Fürsten ßato und Pinez hatte deren Gegner Tiberius seinen Sitz in der Stadt Siscia aufgeschlagen und zog einen Canal um den östlichen Thcil der Stadt, der noch jetzt sichtbar ist und vom Volke „Kontraba" (Contra aqua) genannt wird.

Zur römischen Colonie umgewandelt, wurde die Stadt bedeutend erweitert und verschönert, war der Sitz eines Landvogtes (Corrector Saviae) und zweier Magistratsper- sonen, des Schatz- und Müuzmeisters (Praepositus Thesau- rorum Siscianorum et Procurator monetae Sisicanae). Von den unzähligen in den Ruinen Sisek's gefundenen Münzen tragen die meisten das Zeichen der Präge von Siscia, so wie viele Monumeutalsteine und Ziegeln mit dem Namen von Siscia prangen.

Um das Jahr 300 n. Chr. war Siscia bereits der Sitz eines Bistliums, und es sind Spuren, dass dieses Bisthum noch im IX. und X. Jahrhundert , bis zu den Verheerungs- zügen der Bulgaren und Ungarn, existirte. Zwar wurde die Stadt durch die wilden Horden der Hunnen, Gothen und Avaren im \. und \\. Jahrhundert sehr hart mitgouonnneii, ihre Mauern sammt der Festung standen jedoch noch im IX. Jahrhundert und es war daselbst derSitz des Kroatischen Grossfürsten Ljudevit, der von hieraus seine N'erthei- digung gegen die mächtigen Heere der Franken leitete. Die gänzlicheZerstörung hat die Stadt wahrscheinlich den ersten Einfällen der Ungarn und Bulgaren zu verdanken, denn nach dem X. Jahrhuiulert geschieht weder der Stadt noch des Bisthums eine weitere Erwähnung. Was von den alten Ruinen auf der Oberfläche der Erde blieb, dies verheerten nach und nach die türkischen Kriege; und was die Erde seit Jahr- hunderten barg und aufbewahrte, das zerstört die Gleich- giltigkeit der jetzigen Generation im stolzen Bewusstsein der höchsten Aufklärung.

Von diesen Zerstörungen im Privatwege unterrichtet, begab ich mich im Laufe des Monats Juni 1856 nach Sisek, konnte aber meiner Amtsgeschäfte wegen leider nur drei Tage daselbst verweilen, in welch" kurzer Zeit ich mich

•) Diese Brücke slanil noch zur Zeit der Kriege zwischen 'onstiniliii und Mapiit'iitlus. der .luf derselben zuerst verwundet wurde , spiJler .ther die Stadt einnahm und die Festung schleifte.

jedoch von der Verwüstung der daselbst befindlichen alten Monumente und Altcrthümer liinreichend überzeugte.

Der jetzige Ort Sisek ist, wie bekannt, in zwei Theile getheilt, nändich in das Civil- und Militär-Sisek; die beiden sind getrennt durch den mitten durchlliessendenRulpa-Fluss, der zum grössten Nachlheile des Handels und der Ccnnniu- nication anstatt einer stehenden Brücke mit einer herr- schaftlichen, im schlechtesten Zustande bclindlichen Über- fuhr versehen ist. Civil-Sisek, an welchem Orte der grössere Tlieil der alten Siscia stand, gehört, ausser den Gründen der Einwohner, zur Herrschaft des Agramer Domcapitels; Militär-Sisck, wu bedeutend weniger Alterthiimer vorge- funden wurden, zählt man zum zweiten Baual-Grenz-Begi- mente. Der zum grössten Theile unterwühlte Boden von Alt-Siscia, in dessen Besitz das Agramer Domcapitel seit Jahrhunderten steht, wird seit einigen 50 Jahren in einzelne Gründe ahgethcilt, und der Grund an Private, zumeist Sise- ker Kaulleute, ä 300 bis öOO fl. verkauft. Das erste, was nun so ein Käufer auf dem erworbenen Grunde vornimmt, sind die Ausgrabungen des alten römischen Materials, wel- ches er nun entweder selbst zum Baue verwendet, oder an Andere verkauft, und zuweilen als eine Handelswaare an der Save hinab bis in das Banat verführt. Dass nun diese Aus- grabungen, den einzelnen rohen Gräbern, die per Klafter 3 bis 4 Gulden für das Material erhalten, überlassen, nicht eben systematisch und wissenschaftlich unterniniiuieu und geleitet werden, kann man sich wohl denken; aber dass man sich für die Erhaltung der ausgegrabenen Monumente weder von der Herrschaft, noch von der Gemeinde oder irgend einer Behörde bis nun interessirte, diess ist wohl nnverzeililich.

Es sind iui Laute der letzten Jahre die alten Stadt- mauern mit d(Mi Wällen. Tliürinen imd Thoren. einzelne Gebäude mit Säulen. Architraven und herrlichen Capilälen, Bäder mit bleierneu und Ziegelröhren. Canalisirungen und Mosaik-Bäder, an vielen Orten Urnen, Grab- und Votiv- Steine nebst den mannigfaltigsten Kleinigkeiten, ja selbst eine ganze christliche Kirche, die in der Länge 20 und in der Breite !> Klafter betrug, mit Mosaikboden, einem Altartisch mit marmorenen Säulen, Wandmalereien, Sculp- turen, Fenstergläsern und Fenstergittern, einem Taufbecken U.S.W, ausgegraben werden; und diess Alles wurde entweder gänzlich vernichtet, zerbrochen und verworfen . oder nach dem herausgehobenen Baumateriale in Schutt wieder begra- ben. Es sind Fälle, dass ein Boden, dreimal dm'ehwühlt, stets ein reiches Material geliefert hat, (dme dass man auf den untersten Grund der alten Mauern gekommen wäre.

Das Wenige, was in dieser Zerstörnngswutb nicht gänzlich zu Grunde ging, liegt grösstentheils in einzelnen Höfen oder Gärten der Einwohner zerstreut, oder in den Wänden der Häuser eingemauert; nur ein einziger Bewoh- ner vonSisek. Herr Du rieh, gab sich dieMülie, eine kleine Sammlung der Siseker Altcrthümer anzulegen, und ihm

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steht würdig zur Seite der Ortspfarrer und Elirendomherr S 1 0 i s 11 i k , der mit einem wissenschaftlichen Eifer und Sach- kenntiiiss für die Ausgrabungen sich iuteressirte und mit der Geschichte des Ortes und der Funde seit Jahren sich beschäftiget.

Um dem weiteren Vandalismus Einhalt zu thiin, wen- dete ich mich daher an die hohe k. k. Statthalterei mit folgenden Bitten:

1 . Es möge dieselbe das lijbliche Agramer Domcapitel ersuchen, dass dieses die künftigen Käufer solcher Gründe, wo sich römische Alterthümer befinden, in den Kaufvertragen verptlichte, keine Ausgrabungen zu unternehmen, bevor sie es der k. k. Ortsbehörde angezeigt haben; und sollten sie bei Ausgrabungen auf irgend ein Monument stossen , so sollen sie es nicht elier ausheben oder vernichten dürfen, bevor von dem Funde der k. k. ßaubeamte des Bezirksortes oder irgend ein anderer zur Aufsicht der Ausgrabungen Angestellter davon verstandigt wird.

2. Für jene Gründe, welche das Domcapitel an Private bereits verkauft hat, oder auf denen es selbst Ausgrabungen unternimmt oder unternehmen wird , möge die hohe k. k. Statthalterei dem betrelfendeii Bezirksbeaniten die iiöthigen Weisungen zur Verhütung der Monumental -Zerstörungen ertheilen.

3. Dass solche Muiiumcntal- Gegenstände, die einen kunsthistorischen Werth haben und von einzelnen Menschen wegen der Schwere nicht fortgeschleppt werden können, von Seite der Behörde gesammelt und, in Ermangelung eines andern Ortes, in dem geräumigen, mit Mauern und Thüren

verschlossenen Hofraume der Pfarrkirche im Orte aufgestellt und aufbewahrt werden. Auf diese Art würde der Grund zu einem interessanten Orts-Musoum gelegt, welches den Orts- bewohnern zum Stolz und der Wissenschaft zum grössten Nutzen dienen könnte. Der oberwähnte Herr Domherr und Ortspfarrer, mit dem ich darüber sprach, würde mit Ver- gnügen das Ordnen und die Aufsicht solcher Gegenstände über sich nehmen.

Es wäre nun zu wünschen , dass auch die Kosten für die Hebung und Fortbringung sulcher Gegenstände bis an den bestimmten Ort von irgend einem ärarischen oder Lan- desfond getragen würden ; zugleich könnte man aber auch zur Aufsicht der künftigen Ausgrabungen einen wissenschaft- lich gebildeten Fachmann, wenigstens auf einige Zeit, im Orte selbst anstellen, dessen erste Aufgabe sein müsste, einen guten Grundriss der ganzen alten Stadt zu liefern , und die ohne jedes System fortdauernden Ausgrabungen persönlich zu leiten und zu beaufsichtigen.

Schliesslich bemerke ich , dass während meiner An- wesenheit in Sisek auf drei verschiedenen Orten ein langes bleiernes Rohr, von einer unterirdischen Wasserleitung her- rührend, im Gewichte von mehreren Centnern, sodann meh- rere massive Steinplatten und Säulen-Capitäle, und endlich auf einem Felde des Ortspfarrers, welches mit Sarkophagen ganz besäet ist, ein steinerner Sarg ohne Inschrift ausge- graben wurde, welche Gegenstände ich in dem Kirchen- Hofraume aufzustellen anordnete, da die Eigenthümer diesel- ben mit Freuden dem öftentlichen Zwecke zu ^^ idmcn sich entschlossen.

Literarische Anzeigen.

Von der „Z ei t sclirif t für christliche A rchiiolog i e und Kunst", herausgegeben von F. v. Quast und H. Otte (Leipzig, T. 0. Weigel), ist das vierte Heft des ersten IJandes erschienen. D;isselbe enthält einen Aufsatz: „IJber die niittelaltcriiehe ICunst in Böhmen und Mahren" von J. D. Passavant als Resultat eines Ausfluges, den der Verfasser im Jahre 1849 dahin unternommen hat, um durch Selbstanschauung eine sichere Kcnntniss von der ehema- ligen Kunstblüthe dieser Länder zu erlangen. Die Darstellung dürfte aber kaum den Erwartungen genügen, welche der Titel des Aufsatzes anregt, da sie zu oherflächlich und mangelhaft und ohne ernstere, tiefer eingehende Studien über die hervorragendsten Kunsterseheinun- gen des Mittelalters in Böhmen und Mähren ist. Da nun der Hr. Verfasser demungeachlet über den Charakter der mittelalterlichen Baukunst, Seulptur und Malerei in diesen Ländern sieh mit aller Bestininitheit ausspricht, so behalten wir uns vor, bei passendem .anlasse die Urtheile des Herrn J. D. Passavant über die mittelalterliche Kunst in Böhmen und Mähren einer etwas strengeren Prüfung zu unterzie- hen. Dem Aufsatze sind zwei Tafeln beigegeben, wovon die Eine eine Ansicht und Details der sehr interessanten romanischen Kirche zu St. Jakob bei Kuttenberg') und die zweite ein Initial aus der

*) In einem der nächsten Hefte werden wir gioieltfails eine uns vorliegende arcliiiologisclie Würdigung der Kirchen zu St. .Takolt und Z aber inßoliiiien vom Conservator Dr. Eritsmus Wocel in Prag verölTenllielien. D. Ued.

„Mater verborum" im Museum zu Prag enthält. Bezüglich der erste- ren gibt Herr Passavant an, dass die Kirche St. Jakob von ihm im Jahre 1849 an Ort und Stelle aufgenommen worden sei. Nun ist es aber sonderbar, dass die AufEiahme eine so grosse .\hnlichkeit mit der Abbildung hat, welche in dem I. Hefte der .\rchäologischen Blätter des böhm. Museums vom Jahre 1848 enthalten ist, aber dabei doch mehrere Unrichtigkeiten in den Details besitzt, welche die Kirche weder in der .Abbildung des böhmischen Museums, noch in der Wirklichkeit aufweist. Herr v. (Juast beginnt in diesem Hefte „Archäologische Reiseberichte" die bei der Stellung und den reichen Kenntnissen des Verfassers sehr anregend zu wer- den versprechen. Das vorliegende Heft bringt einen ausführlichen Bericht über die Marienkirche in Magdeburg, ein Bauwerk, dessen ursprüngliche Anlage in den Beginn des XL Jahrhunderts und dessen Restauration in den Anfang des XIII. Jahrhunderts fällt, und welches sich durch seine ausgeprägten Anklänge an die nordfranzö- sischen Bauten des Übcrgangsstyles auszeichnet. Zur Erklärung sind der Darstellung eine Tafel und fünf Holzschnitte beigegeben. Die Rubrik „Jlaiinigralliges" bring! Notizen über die liaptistorien in Deutschland, die BetVstigungskunst dos Mittelalters, das sieinerne Haus zu Magdeburg im XII. Jahrhundert und einen Holzbau aus der Römerzeit. In Bezug auf den Aufsatz „Baptisterien in Deutschland" bemerken wir. dass Herr v. (J u a s I hiebei die Rundkirehe zu

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Petronoll bcsprldit iiinl ilrr AtisiiOit ili-s llr. (!. Ili'iilor') bci- stimiiit, dass der Rundbau zu l'etroiu'll als eine Tauf- und keine Grabcapelle anzusebou sei.

Von dem „0 rs au für clirist 1 i eli e Kunst", lierausfjei^eben und redij^irt von Franz liaudri in ("öln, ist die Nummer,'! un<l 4 erschienen. Aus dem Inhalte derselben hoben wir hervor: die Beschrei- bung der Kirche zu Altenberg, welche in künstlerischer lieziehung merkwürdig ist. weil dem Baue der auf eine geschickte Weise ver- einfachte Plan des C'ülner Domes zu (Grunde gelegt wurde, wodurch sie ein ähnliches Meisterwerk der deutschen Baukunsl . jedoch mit Vermeidung jeder Fülle von ornamenlaleni Beiwerk, welche oft als unzertrennlich mit diesem Bausljle gehalten wird, und ohne Thürme, denen bekanntlich der Cistercienserorden abhold war, darstellt. Der Grundslein zu dieser Kirche wurde im ,lahre 12ÖÖ, mithin um sieben ,Iahre spater als jener zum Cölucr Dome gelegt. Interessant sind in diesen Nummern auch der Schluss des Aufsatzes: „Arcliitcklonisehe Ornamente in Blei", dieCorrespondenzen aus London, die Besprechung des Tliurmausbaues im Cölner Dome und die französische Ilililio- graphie der christlichen Kunst.

Wir haben in unserer letzten Nummer den Hauptinhalt des Pro- gramms einer unter dem Titel : „Kir chensc hmu ek, e i n Arch i v für weibliehe Handarbeit" in Stuttgart erscheinenden Monat- sehrift angezeigt. Inzwischen ist das erste Heft, herausgegeben unter der Leitung des christlichen Kunstvereines der Diöcese Rottenburg und redigirt von Dr. Florian Riess, Pfarrer Laib und Pfarrer Dr. Schwarz, im Verlage der Frauenzeitung in Stuttgart ausgegeben worden. Diese Monatsehrift verspricht für kirchliche Paramcntik besonders wcrthvoll zu werden, da ihre Hauptaufgabe dahin gerichtet ist, bei .Anfertigung neuer kirchlicher Gewander an die Traditionen der im Mittelalter gcbräuehliclien .Muster und Formen anzuknüpfen und für kireliliche Stickereien wieder die Liebe und Theilnalime der F'rauenwelt zu gewinnen. Das vorliegende Heft beginnt mit „Briefen an eine edle Frau" vom Professor Kreuser in Coln; dasselbe ent- hält ferner unter dem Titel „Sonst und jetzt" Betrachtungen von Dr. Schwarz über die kirchlichen Gcwiimler der Vergangenheit und der Gegenwart; eine Mittbeilung von .\ugust Lewa Id. betitelt: „Jerusalem", dann Miscellen und Correspondenzen vom Hliciii, aus Baiern und Tirol. Dem Hefte ist beigegeben eine Farbentafel mit dem Muster einer Stola und ein Musterbogen mit Zeichnungen einer Stola, einer Stramin- Stickerei, einer Palla und einem kleinen gotlii- scben Alphabete. Die technische Fikliirung der Beilagen , nebst zwei Vorbemerkungen zur Erkläruag des Musterbogens überhaupt, hat der Conservator Franz Bock aus Cöln geliefert.

Nach dem Inhalte eines uns vorliegenden Prosiieclus ist es die Absicht, den Dom zu Mainz und seine bedeutendsten Denkmiiler in photographischen Abbildungen herauszugeben. Das ganze Werk wird aus 30 Blattern mit dem entsprechenden Texte bestehen ; 10 Tafeln hievon werden sich mit der Arehitcetur dieses merk- würdigen Bauwerkes, 2l) Tafeln mit den in künsdcriscbcr wie gcsehichllicher Hinsicht nicht unbedeutenden .Monujnenlen beschäf- tigen. Die Original-Pholographicn besorgt Hermann Emden, den historischen Text .lobann Wetter, die Herausgabe des Werkes hat Hr. Vi clor von Zabern in Mainz übernonmien. Letztere geschieht in sechs von Monat zu Monat erscheinenden Lieferungen; für sechs Blätter ist der Preis 'i, Thaler.

Von den „.1 ab rb ü e li ern des Vereines für M e c k I e n- burg'schc Geschichte und A I ter t hunisk u nd e" (Schwerin ISüO), herausgegeben von den Secrelären des Vereines G. C. P. Lisch und W. G. Beyer, ist der k. k. Central-t'ommission der 21. Jahrgang zugekommen. In Bezug auf .■Mlerlbuniskunde enihält dieser Band aus der vorchristlichen Zeil .Aulsätze über die Zeit derllünen-Kegel und Wenden-t^iräber, üherdie Hausurnen vom Albaner Gebirge (mit 7 Holzschnitten) und über eine Bronzestaluette der Ubertas, von Lisch; aus dem Mittelalter: Aufsätze über die Kirche zu Gr. Wokern mit Ufiekslcht auf die Feldsleiiikirchen roma- nisclieii Sl\les, über dicKirclie. den Burgwall und die Sladl N e u b u- kow, über die zweisebifllgen Kirchen zu .Mestlin und Tarnowö, über die Nonnenklöster zu Neu-Ilö bei und Mal chow und über das Giebelhaus zu Güstrow, sämmtlich von Dr. Lisch; derselbe Band enthält gleielifalls v. Dr. Lisch'dic .Vufsätze: Über den Maler Erbard Gaul r a p . über die Wap[)en der Grafen von D a n n e b e r g , die Siegel der Herzoginnen H cd w ig und Elisa belli und dii' Siegel der Stadt G r a b 0 w .

„Scandinavische Monumente des Mittelalters mit ihrenMalereien und anderen .Ausschmückungen," ist dcrTilel eines von M. Mandel- green in Paris erscheinenden Werkes, welches in französischer Spra- che herausgegeben und von grossen lilhographirten Tafeln begleitet sein wird. Die gegenwärtige Lieferung enthält eine Monographie der Kirche zu Bjerresjö in Schweden. Letztere ist romanisch, und als deren Erbauungszeil würde in Frankreich das XII. Jahrhundert anzuseheil sein. Das Bauwerk ist von kleiner Dimension, eine Capellc mit einer Vorhalle, über welcher sich der Gloekentliiirm erhebt; sie hat ein Schiff mit zweiTravees, einen Chor und eine Apsis, wovon ersterer gleichfalls zwei Travees lang ist. Ungeachtet ihrer vielfachen Be- schädigung sind doch die Malereien, womit die Wände dieser kleinen C'apelle ausgesclimückt sind, sehr wertlivoll. Die Malereien sind von dem ausgeprägtesten byzantinischen Charakter und ohne Zweifel durch russischen und griechischen Einfluss entstanden; sie stellen dem Heiland in einer elliptischen Aureole, umgeben von den. Attributen der Evangelisten, von der heil. Jungfrau und dem Evangelisten Johannes begleitet vor. Die Malereien liefern einen wichtigen Bei- lrag für die christliche Kunst des Mittelalters. Grundrisse, Diircli- scbiiitte und Details der Ornaiiienlik füllen diese .Monographie. Der Preis derselben ist 35 Francs.

Jnles Labarte in Paris imblicirt so eben: „Reeherches sur la peinlure en email daiis rantiiiiiile et au moyen age." Das Werk umfasst in 8. 280 Seiten, eine Doppeltafel und 8 einfache Tafeln in Farben und Golddrucken. Dieser bcacbtenswerthen Arbeit über die Emaillirkunst werden später Arbeiten über die Goldscbmicde- kiinsl, i\en Juwelenhandel, die Scbnilzcrei in Elfenbein und in Holz, über Glasgeiiiälde, die Malerei auf StolTen und über Mosaik, endlich überWachsgeniäldeunil die Sehlosserarbeiten im Mittelalter folgen wir haben mithin eine t^ieschichtc der industriellen Künste des Mittelalters zu erwarten, welche für das Studium der Archäologie von grössteiii Wertlie ist.

«) Vergleiche den Aufsatz: „VUer die llesliinmung der roninnischen Huiid- bautea mit Bezug auf die Riindcapclle zu Ilartbcrg" von Dr. G. Hei der im I. Jahrgänge der „Mittheifungen" (S. S6).

Von Basil Jones undVugust Freman in Lonilon ist eine Mono- graphie über die Kathedrale St. David, mit 400 Seiten Text und 23 grossen Tafeln erschienen, welche eine der schönsten und gelehr- testen Publicalionen der Engländer sein soll und selbst die Bewun- derung französischer Archäologen erweckt. Die Kathedrale von .St. David hat verschiedene Baiiperioden. Die älleslen Baiilbeile sind vom Jahre 1180 und 1220, die jüngsten gehören dem XV. und XVI. Jahrhundert an und reichen selbst bis in die neueste Zeit. Auf einer Tafel sind angedeutet die 8 Perioden des Baues.

Aus der k k. Hof- und Staatsdruckerei in Wien.

Jeden Munat ersclit-iot 1 Heft mit mindestens 3 Druckbogen untl mit

Abbiiauu<;eu. Der PranuiiieratiiiDspreis ist für einen Juliij^au^ oiler xwolf Hefte nebst Reg-ister sowolil für Wien alsdie Kn>uljnder und das Ausbnd 4 fl. C. M., bei portofreier Zusendung in die Kronljnder der österr. Monarchie 4il. 2Ukr. C.M.

MITTHEILUNGEM

DER K. K. CENTRAL- COMMISSION

Pränumeralionen überneh- men halb- odrr ^aotjährig aHek.k. foslämler der -Monarchie, welche auch die portofreie ZasenduDg der eiiiielnrn Hefte besorgen. Im Wetre des Bach- haiidf Is sind alli; Präuumerationeo und zwar nur tu dem Preise von 4 fl. an den k. k. Hofbuchbändler W.BraumüIleria Wien zu ricbleo.

ZU EßFÖßSCIlll 11 mmm der B\löE\klI\LE.

Herausgpj;etien unter der Leitung des k. k. Sections-Chefs und Präses der k. k. Central-Couimission Karl Freiherrn V. fzoernig.

Redacteur: E a r I We i s s.

N^-4.

IL Jahrgang.

April mi.

Inhalt: Die kaiserliclien Anordnungen für die Restauration bcriiliinter Kunstdonkmale im lonibardisch-vcnetianischen Königreiche. Die Kleinodien des h. römisch-deutschen Reiclies. Über die Rüstungen und Wallen der k. k. Ambraser-Sanimlung. Alle Kunstdenkmale in Rotzen und seiner Umgebung. Über die Redeutung der im Jahre 1106 urkundlich erwähnten capella baptismalis auf dem Rerge Zoppen inKSrnten. Die Kircbenruine von Zsambek in Ungarn. Notizen. Correspondcnzen.

Literarische Anzeigen.

Die kaiserlicheo Anordnungen für die Restauration berühmter Runstdenkmale im lombardisch-venetianischen

Königreiche.

In der Reihenfolge der kaiserlichen Gnadenacte , wo- durch der Aufenthalt Sr. k. k. apost. Majestät in dem lom- bardisch-venetianischen Königreiche für alle Zeiten denk- würdig bleiben wird, hat insbesondere die Anweisung jener bedeutenden Summen, die zur Restauration und Erhaltung alter kunsthistorisch -wichtiger Gebäude und Bildwerke bestimmt wurden, in und ausserhalb Österreich die freu- digste Anerkennung gefunden. Diese pietätvolle Auffassung der grossen Erscheinungen der mittelalterlichen Monumental- kunst, diese Würdigung des Einflusses der Künste auf das Nationalgefühl der Italiener bietet einen neuen Beweis des hohen, der Kunst gewährten Schutzes unseres Kaisers, eine thatsächliche Anerkennung der in Österreich sich Bahn brechenden archäologischen Bestrebungen, und war für die k. k. Central-Commission ein bedeutungsvoller Act der Auf- munterung, ein willkommener Anlass, um der warmen Fürsorge des Kaisers die ehrfurchtsvollste Dankbarkeit zu bezeugen.

Nimmt schon die Kunst in der Geschichte eines jeden, zu einer intensiveren Bildung gelangten Volkes einen bevor- zugten Platz ein, so ist diess ganz insbesondere in Italien jenem cigenthümlich fruchtbaren Boden der Fall, wo un- mittelbar im grossen Massstabe an die Traditionen der heidnischen Antike der christliche Cultus seine künst- lerischen Gestaltungen anknüpfte, und später theils die Araber und Byzantiner, theils die Normannen und die Deut- schen Beispiele ihrer Kunstthätigkeit zur Geltung zu brin- gen suchten. Für die Kunst des christlichen Mittelalters war aber insbesondere Oberitalien der Schauplatz einer überwiegend hervortretenden geistigen Entwickelung und für II.

das Studium der Architectur, Sculptur und Malerei ist noch heute die Lombardie und Venedig das ergiebigste und interessanteste Feld. Desshalb hat auch die Bewilligung der beträchtlichen Summen, welche der Kaiser der Erhal- tung einiger der interessantesten lombardischen und vene- tianischen Kunstwerke zuwandte, eine erhijhte Bedeutung darin, dass der Marcusdom in Venedig, S. Ambrogio in Mailand, Leonardo da Vinci's Cenocolo im ehemaligen Kapu- zinerkloster daselbst, und selbst in gewisser Beziehung der Mailänder Dom specifische Kunst-Erscheinungen sind, für welche es im Auslande an gleich hochstehenden Analogien mangelt, und deren sorgsame Erhaltung ganz Europa unserer Regierung zu Danke wissen wird.

Wir liefern in Nachstehendem eine kurze l'bersicht, der jüngst erflossenen kaiserlichen EntSchliessungen, welche auf die Restauration und Erhaltung mehrerer der hervorra- gendsten Kunstdenkmale im loinliardisch - veuetianischen Königreiche Bezug haben, und hoffen von Zeit zu Zeit von dem Stande der .Vrbeiten und der Art und Weise ihrer Durchführung weitere Älittheilung machen zu können.

Für die Restauration der iMarcuskirche in Venedig haben Seine Älajestät mit Aller- höchster Entschliessung vom 3. Deceniber v. J.

die Summe von jährlichen 20,000 fl.

mit dem Beisatze angewiesen, dass für den Fall, als diese Summe zu diesem Zwecke nicht tnehr nothwendig werden sollte, die Interessen capita- lisirt und zur Erhaltung des Domes verwendet werden soll.

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Für Restauratiünen im antikuii Style uii der St. Ambrosius-Basilica in Mailand wurde

eine jährliche Dotation von 10,000 fl.

Allergnädisst l)e\villigt und gleichfalls verfügt, dass diese Summe, falls sieh im Laufe der Jahre ihre Iheilweise oder ganze Verwendung zu dem gedachten Zwecke nicht mehr als nothwendig herausstelleit würde, caiiitalisirt und die Interessen zur Erhaltung der Basilica und der ihr angehö- renden Monumente zu verwenden sind.

Mit .Allerhöchster Entschiiessung vom S. Februar be- fahlen Seine k. k. apost. Majestät, dass Leonardo da Vinci's Frescogemälde, das Abendmahl im Refectorium nächst der Kirche Maria delle Grazie, sowie die übertünchten anderen Gemälde und Zeichnungen herzustellen und diesem Künstler ein Denkmal zu errichten sei. wozu 20,000 fl. aus dem Staatsschatze angewiesen wurden.

Mit .\llerhiiclistem L'abinetsschreiben ^onl ll.,länner wurden für den Baufond der Pfarrkirche in Monteforte (Provinz Verona) eine Unterstützung von 2000 Lire aus dem Staatsschatze zur Restauration des Kirchendaches bewilligt.

Wir lassen andere durch kaiserliche Muniticenz ange- regte Restaurationen von Baudenkmalen, wie jene in der Kirche von S. Satiro in Mailand, vorläufig unberührt, weil wir noch später darauf zurückzukonmien Gelegeidieit iiaben werden, und erwähnen schliesslich nur, dass Seine k. k. apost. Majestät auch anzuordnen geruhten , dass für die, von dem berühmten Bildhauer Canova modellirte und in Erz gegossene Statue des Kaisers Napoleon, welche in der k. k. .\kademie der schönen Künste zu Mailand auf- bewahrt wurde, ein entsprechendes Piedestal angefertigt und dieselbe sodann in den Giardini pubblici aufgestellt werde.

Die Kleinodien des heil, römisch-dentschen Reiches.

II.

Die artistisch -materielle Bcschreibuug der Krou- lusignieui

Von Franz Bock, Conservator dos eizbischöflichen Museums in Cöln.

Interessante Ergebnisse und .Aufschlüsse wird die aus- führliche Beschreibung der stofflichen und artistischen Seite des Krönungs-Ornates der römisch-deutschen Kaiser unter erläuternder Hinzufügung von vielen stylgetreuen Zeichnungen im Texte liefern. Bei Aufzählung der einzelnen Ornatstücke wird die Ordnung, wie sie angelegt und dem Kaiser bei der Krönung dargereicht wurden, beobachtet wer- den. An dieser imProspecfus schon angedeuteten Reihenfolge festhaltend, lassen wir hier in gedrängter Kürze einige An- deutungen über den Charakter jedes einzelnen Gewandstückes folgen und sehen uns nur veranlasst, die Bemerkung voraus- zuschicken, dass unter dem Einflüsse einer an den Krönungs- Ornat anzulegenden wissenschaftlichen Kritik allerdings manche herkömmliche Annahme über das Alter und das Herkommen einzelner Stücke sich als unhaltbar erweisen dürften, dass aber nicht im mindesten dadurch das hohe gescliichtliche Interesse des Gegenstandes alterirt werden wird.

Die iieute noch vorhandenen Tibialien (caligae, tibialia) in Form von Strümpfen, die aus rothen Seiden- stoffen zusammengesetzt bis über das Kinn reichten, sind nach Massgabe einer äusserst kunstvoll gewirkten Inschrift an dem oiteren Saume durch maurischen Kunstlleiss in Sicilien angefertigt worden. Damit stimmen auch überein die meist geometrischen in Gold gestickten Ornamente, wie dieselben auf maurischen Kunstwerken des Xii..Iahrhunderls häufig gefunden werden. Der L'ntertheil dieser Tibialien ist von rothem SeidenstolTe ohne Ornamente. Das Legendariura

in arabischer, mit Laubornamenten vermischter Currenl- oder Neschi - Schrift gehalten, ist bis zur Stunde noch nicht erschöpfend entziffert und gedeutet worden. Nach .Ansicht eines kenntnissreichen Orientalisten stellt sich die Lesung, wie sie sich bei Murr befindet, „ein prächtiges königliches Strumpfband" als durchaus unrichtig und nicht vorhanden heraus. Weil aber unserer Ansicht nach diese Einfas.^ung an dem oberen Rande der Tibialien nicht als besonderer Spruch eigendsfür diesen untergeordneten Zweck angefertigt wurde, sondern vielmehr diese Charaktere Bruchtheile eines län- geren fortlaufenden Spruches sein mögen , so dürfte sich wohl schwerlich eine für sich abgeschlossene Sentenz mit besonderem Bezüge auf dieses Bekleidungsstück ermitteln lassen. Die bestinunte Lesung und Feststellung dieser In- schrift, sowie auch das Nähere über die Technik dieses merkwürdigen in Gold brochirten Gewebes wird später des Weiteren erörtert werden.

Die Sandalen (calceamcnta, sandaliae). von älteren Schriftstellern auch „socculi" genannt, erinnern, was ihre äussere Form betrifl't, an die älteren römischen Sandalen, die den Fuss oben freiliessen, und mit schmäleren, zuweilen reich verzierten Bandstreifen (ligulae) auf dem Fusse befestiget waren. Diese kaiserlichen Fussbekleidungen sind aus rother Seide angefertigt, von ähnlicher Te.vtur wie die vorhergehenden Tibialien und mit reichen Gold- und Perl- stickereien ornamentii't. Die kunstreich gew irklen Goldborten mit ihren eingewebten Thierornamenten lassen ebenfalls mit Sicherheit schliessen, dass dieselben in Sicilien in der letzten liäll'li- des XII. Jahrhunderts ihr Entstehen gefunden haben. In diesen Goldwebereien (aureaelistae) kommen in i^ledaillons abwechselnd die Darstellungen von kleinen geflügelten Grei- fen und jene der Syrenen vor, wie wii' sie analog in ähnlichen Texturen aus dem Begimie des XII. Jahrli. orientalischer Fabrication meistens angehörend, häufig gefunden haben.

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Die vortindlichen calceamenta waren offenbar, da sie auffallend klein sind, auf einen jugendlichen Fuss berechnet; die grösseren bei Weitem reicher ornamentirten zwei Paar Sandalen, die noch gegen Schliiss des vorigenJahrhunderts, den Delsenbach'schen Abbildungen zufolge, in Nürnberg vorhanden waren, sind leider in dem Anfange unseres poli- tisch aufgeregten Jahrhunderts abhanden gekommen ; wir werden es nicht unterlassen, stylistiseh reetificirte Copien der Delsenbach'schen Abbildungen unserem angekün- digten grossem Werke beizufügen.

Nach Anlegung der vorhergehenden Fuss- und Bein- bekleidung legte der Kaiser seine Profungewänder ab, und wurde von den Ministranten und Assistenten ') mit dem Talare (tunica talaris) oder Leihrock bekleidet. Der Grund- stoff' desselben gibt sich zu erkennen als ein stark geköper- ter, ungemusterter Purpurstoff (samdallo) vom dunkelsten veilchenfarbigen Violett; der untere Saum (praetexta) zeigt auf rothem gemusterten Seidenstoff eine reiche Goldstickerei, deren Dessin und Technik maurischen Kunstfleiss deutlich erkennen lässt. Die Einfassung (bordure) an den Ärmeln (manicae) übertrifft an Reichlhum bei Weitem noch den unteren Saum, indem zu der Gold- und Perlstickerei hier noch ein kunstvoller kostbarer Schmuck von emaillirten Gold- blechen in der Technik der Orientalen (emaux translucides) hinzugefügt ist. Was das Alter der tunica talaris betrifft, so zeigt die Technik und die Form der Ornamente, so wie auch die Farbe und Textur der daran angewandten Stoffe, dass dieselbe mit den entsprechenden Details der später folgenden Kaiserpluviale identisch ist , und daher wie diese dem Be- ginne des XII. Jahrhunderts angehört. Es unterliegt keinem Zweifel, dass dieseTunica durch kunstgeübte Hände im Hotel de tirazzo, dem gazophylaceum der normannischen Könige, angefertigt wurden, woraus auch die übrigen hervorragen- den Theile der kaiserlichen Pontificalien, den Inschriften zufolge, hervorgegangen sind.

Nach Anlegung des Talars wurde dem Kaiser darge- reicht: die Alba (camisia), ein weites, herunterfliessendes Obergewand von weissem Seidentaffet (uni), welches sich sowohl an den Ausmündungen der Ärmel als auch an dem weiten unteren Goldsaume (periclysis) , dessgleicheii auch an der Öffnung auf der Brust durch den grössten Aufwand von Perl- und Goldstickerei als reiches Pontificalgewand aus- zeichnet. An dem unteren breiten Saume wechseln, was die Ornamentation betrifft, Goldstickereien in Form von zierlichen Arabesken , mit kunstreich gestickten lateinischen Uncialen und arabischen Inschriften (neschi) ab. Sowohl die noch leserlichen lateinischen, als auch arabischen Inschriften lassen

mit grösster Deutlichkeit erkennen, dass dieses Prachtgewand für die Schatzkammer der prunkliebenden normannischen Könige durch Künstler maurischen Ursprungs in Palermo unter der Regierung \\ilhelm II. angefertigt worden ist ')•

Mit dem Studium der orientalischen Sprachen mochte es in der letzten Hälfte des vorigen Jahrhunderts ebenso traurig bestellt gewesen sein , Avie mit der Pflege und Übung der Kunst; denn Murr gibt in seiner curiosen Beschreibung der Alba an, dass am untern Saume derselben auch ersichtlich waren „allerhand Züge, die wie gewässert aussehen und die man fast für altarabische Schriftzüge ansehen sollte, aber es seien blos Züge von Seidengewebe. " Ein gewandter Orien- talist, Dr. Behrnauer, Amanuensis der k. k. Hofbibliothek hatte auf unser Ersuchen hin die Gewogenheit .diese Züge von Seidengeweben" einem längern gründlichen Studium zu unterwerfen. Dank den Bemühungen des ebengedachten gründlichen Fachgelehrten, hat sich jetzt ergeben, dass diese Züge gar nicht „gewässert" sondern von fester Hand, sich achtmal am untern Saume wiederholend, in gezogenen Gold- fäden gestickt sind. Trotz der entgegengesetzten Ansicht des guten alten Nürnbergers sind es dennoch arabische Currentschriften , deren Lesung, nach gewissenhafter An- gabe des ebengenannten Gelehrten, wir hier zum ersten Male, nach unserem Wissen, wörtlich folgen lassen :

„(Dieses GcAvand) gehört zu dem, was anzufertigen befohlen hat der hochgeehrte König Wilhelm II., der Gott um Hilfe anfleht , der durch seine Allmacht stets unter- stützt werden und durch seine Fügung und Gewalt stets den Sieg davon tragen möge, der Herrscher Italiens, Ungarns (sie) Palermos und Siciliens, der Verehrer und (Anhänger) des Imam's von Rom, des Beschützers und Wahrers der christlichen Religion in dem königlichen wohlbestellten Gewandhause, das stets prachtvoll ausgestattet sein möge nach der kleinen Zeitrechnung, der Xllll., im Jahre 1181. der Zeitrechnung unseres Herrn Jesu des Messias !"

Zur Aufschürzung dieser Alba bediente man sich dann des Gürtels (zona, cingulum). Er besteht aus einer eigen- thümlich gewebten, ziemlich breiten Goldborde (aurea lista), worin die Kunst des Webers ein freies Ornament, je nach seiner eigenen Wahl angebracht hat. In der Mitte dieser Borde befinden sich eine Menge jener grotesken Thier- gestalten, wie sie in der romanischen Kunstepoche an Sculp- turen und Malereien im XI. und Xll. .lahrhundert häufig vorkommen. Obschon die Dessins und die Technik des Ge- webes nach vielen uns bekannten Analogien für die Anfertigung der vorfindlichen Kunstreliipiien im XI. und gegen Beginn

*) Bei den Kaiserkrönungen in den frülieren .Jahrhunderten des Mittel- alters Itniete, dem caeremuniaje itiiperatorum i^emiiss, der zu krönende Kaiser in dem vestiarium auf einem pu Ivina r vordem „dominus papa" und wurden ihm von diesem die Gewänder einzeln ülerreieht , und unter Beihilfe von Cardinaldiaconen anj^eiefft.

*) Die ausfiihrliehe artistische und historische Beschreibung der einzelnen Pontificalien für die angekiindigte Herausj^ahe vorbehaltend, lassen wir hier nur in Kürze die lateinische Inselirill toigen. wie sie sich an dem Saume in achtmaliger Wiederholung mit einigen Abkürzungen vorfindet: .,-|- Operatum felici urbe Panormi XV. anno Pn. W. regis Sicilie diicat. apulie et principat. Capue Filii regis \V. indictione XIV."

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des XII. Jaliiluinderts sprechen, so scheint die etwas fehler- hafte Inschrift: „("hiistus riegnat, Christus vincit imparat deus" doch für die karoiingische Zeit massgebend sein zu wollen, wenn wir nicht annelimen, dass im Xll. Jahrhundert, um die Abstanmiung der Reichskieinodien von Karl dem Gros- sen festzuhalten, nach dem Verluste eines ähnlichen Gewand- stückes das vorliegende mit dem karulingisehen Spruche neu angefertigt wurde. OllVnbar tragen auch die Schliesse in ihrer kleeblattformigen Ausprägung, einfach silbervergoldet ohne Ornamentation, dessgleichen die drei auf der Zone betind- iichen Silberspangen Kennzeichen des Xll. Jahrliunderts.

Dem zu krönenden Kaiser wurde alsdann, gleich dem celebrirenden Bischöfe nach Aufschiirzung der Albe, ver- mittelst des unten beschriebenen Gürteis, die reiche Kai- serstole (stola, orariuni) angelegt. Sic gehört, wie es der Augenschein offenbar lehrt, einem zweiten Complexe der Reichskieinodien an, deren Entstehung in die erste Hälfte des XIV. Jahrluinderts fallen dürfte. Dieses in Rede stehende prachtvolle Ornatstück, zu dessen Ornamentation sich diei Künste, die Goldschmiedekunst, Stickerei und Weberei, die Hand gereicht haben, besteht dem Grund- stoffe nach aus einem reichen drap d'or. In diesem Goldge- webe mit sehr kleinen arabeskenförmigen Dessins zeigen sich in Medaillons stylisirle Reichsadler in schwarzem Ge- wehe auf gelbem Grunde, umgehen von zierlichen Laub- ornamentationcn, deren Form und technische Ausführung noch viele Reniiniscenzen an die Fabrication der Moslims in Sicilien oder im südlichen Spanien durchblicken lassen. Diese vielen Medaillons mit dem heraldischen Thierzeichen sind sämmtlicli von Doppelkreisen in orientalischen Perlen con- tourirt. Sowohl die unregelmässige stückweise Zusammon- fügung dieser Stola, als auch deren aulVallende Breite lassen mit Grund vcrmuthen, dass dieser Stoff vielleicht früher an einem andern Krönungsgewande angewandt war, und dass derselbe als Stole vielleicht erst zur Zeit Karl IV., der. wie später nachgewiesen werden wird, mehrere Mddificationcii mit dem Krönungsornate vorgenommen hat, seine Einrichtung erhalten haben dürfte. Jedenfalls spricht die ornamentale, sowie die technische Ausführung der vielen reichen Email- lirungen auf zierlichen Goldblechen in einem ausgeprägten gothischen Style obiger .Ansicht das Wort.

Der zweite Gürtel (zona), der sich heute noch bei den Reichskieinodien vorfindet, hatte, wie seine zarte Orna- mentationsweise anzeigt, blos die Reslinnnung, die vor- hergehende Stola in Form eines Kreuzes, wie der Priester sie heute bei der Messe trägt, auf der Brust zusammenzulegen und zu befestigen.

Der Grundstoff dieses interessanten mit Perlstickereien und Filigranarbeit reichverzierten Gürtels zeigt einen dichten blauen Seidencendel von zarter Textur. Alle Ornamente lassen deutlich erkennen, dass dieser Gürtel aus jenen Kunstwerkstätten hervorgegangen ist, denen auch die vor- hin beschriebene Alba und Tunica angehört. Dafür sprechen

auch die kunstreichen en jour gehaltenen Filigranarbeiten, die sich als kleine Goldbleche in gleichmässigen Zwischen- räumen , stellenweise die Breite des Gürtels einnehmend, auf demselben befestigt vorfinden. Auch diese zarten Fili- granirungen, in dem eigenthümlichen, röthlich gefärbten orientalischen Goldlustre, lassen hinsichtlich ihrer geome- trisch geordneten Ornanienfation den unverkennbaren Ein- fluss der maurischen Goldschmiedeknnsl Siciliens erkennen.

Die in Hinsieht ihrer figurativen Darstellungen für die Geschichte der Bildstickerei des Mittelalters höchst merk- würdige Tunicelle (dalmatica, tunicella) dürfte in der- selben Zeit entstanden sein, wie die oben gedachte Kaiser- stola. Bei dem heute vorlindlichen Krönungsornate spielt die Regierungszeit Kaiser Karl's IV. nicht nur hinsiehtlich der stofflichen sondern auch der aus Metall angefertigten Krü- nungskleinodien, eine grosse Rolle und man sollte glau- ben, dass auch dieses Gewand in der an Kunstschöpfungen ähnlicher Art ]u-oductiven Zeit Karls W. angefertigt worden wäre, weim sich nicht in der Matrikel der Übergabe der Reichskieinodien von Seiten Ludwig's von Brandenburg, dem Sohne Kaiser Ludwig"s des Bayern, die Angabe befände: „auch eine pravne Dalmatik mit Adlern bestickt", welche dafür Zeugniss abzulegen scheint, dass sich dieses Gewand schon damals unter den Reichskieinodien vorgefunden habe. Dieses Kaisergewand erinnert schon deutlich hinsicht- lich der vielen darin gestickten Figuren, meistens, unseres Dafürhaltens nach, Darstellungen der Könige Israels und Juda's, an die analogen Abbildungen der Könige in jener prachtvollen Capelle auf der Burg Karlsfein (auf Gold- grund von der Meisterhand Dietrirh's von Prag gemahlt), in welcher zur Zeit Kaiser Karl IV. die Reichskieinodien zu- gleich mit den Regalien der Krone Böheim aufbewahrt waren. Diese ausgezeichneten, gut erhaltenen Plattstichstickereien an den äusseren ^ erbrämungen der Dalmatik, dürften mit Sicherheit in den Anfang des XIV. Jahrhunderts zu setzen sein. Dieses Obei'kleid ist wohl selten bei der Kaiser- krönung gebraucht worden, sondern scheint ein kaiserliches, reich mit heraldischen Adlern gesticktes Gewand gew'esen zu sein , das einzelne Kaiser bei anderen feierlichen Ver- anlassungen angelegt haben. Auch dieses OrnatstUck wurde bei dem Ausbruche der hussitisehen rnruhen mittlen übrigen Reichskieinodien nach Ofen geflüchtet und von Kaiser Sigismuiid den nürnbergischen Gesandten mit den übrigen Reichskieinodien ausgehändigt, wie das im vorher gegan- genen Artikel ausführlicher angedeutet wurde.

Die Entstehung und Beschaffenheit des äusserst gross- artigen und prachtvollen K rönnngsma n te Is (|iluviale, pallium imperiale, bei Einigen auch tegumen. [lalluda- mentum genannt), wird im nächsten Artikel ausführlicher besprochen werden ').

*) Der Merausgclicr des angekiindiglcn Werkes war so gefalligf, die für das- selbe angefertigten /eielinungen dos Krünungstnantcis uns zur Benützung

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Auch die reich verzierten Handschuhe (Chirothccae) beanspruchen wie die Alba, das Pluviale und der Krönungs- mantel dieselbe Zeit der Entstehung. Sie sind aus einem dichten rothen Seidencendel, einer Art Scrgcgewehe, zu- sammengeniilit und nicht gestrickt. Die innere Handfläche dieser Handschuhe ist mit zierlichem, romanischem Laub- werk in gezogenen Goldfaden reich gestickt. Auf der äusse- ren Handfläche entfaltet sich ein dreifacher Schmuck, beste- hend aus reichen Perlstickereien, die fast an Überladung gränzen, aus Laubornamenten in Goldfäden gestickt und aus aufgenähten emaillirten Goldblechen, die nach einem System ornamental vertheilt sind. Diese kunstreiche Arbeit der„eniaux translucides" war zweifelsohne früher auf anderen Reichs- kleinodien beGndlich und wurde als Ornament zur Verzie- rung der Chirotheken später angewandt, wie das eine Besichtigung der Scheide des Schwertes des heil. Mauritius mit seinen kostbar emaillirten Goldornamenten deutlich erkennen lässt. Dass schon zur Zeit KarPs IV. eine umfang- reiche Restauration der stofflichen Reichskleinodien vorge- nommen worden ist, unterliegt keinem Zweifel. .\uch sind nachweislich mehrere Ornatstücke von Klosterfrauen im XV. Jahrhundert zu Nürnberg wieder hergestellt worden. Schon aus der Sage, dass nur Königinnen und Fürstinnen bei vorkommendem Schadhaftwerden die Krönungsgewänder hätten wieder herstellen dürfen, könnte man die Folgerung ziehen, dass eine Reparation der altehrvvürdigen Gewänder und darunter auch der Chirotheken im Laufe der Jahrhun- derte wohl öfters vorgekommen sein möge.

Die Krone Karl's des Grossen (Corona Caroli Magni), dieses historisch merkwürdige Kunstwerk, hat bis jetzt in der Geschichte ihr Entstehen mit der Gründung des deutschen Kaiserreiches zu identificirengewusst. Aus authen- tischen Geschichtsquellen, nicht weniger aber auch aus der formellen und technischen Beschaffenheit der Krone selbst, lässt sich mit ziemlicher Evidenz der Beweis führen, dass dieselbe, ihrem Hauptbestandtheile nach, im XI. Jahr- hunderte, im südlichen Italien, dem damaligen Sitze jener Kleinkünste, die eine langjährige manuelle Fertigkeit erfor- derten, ihr Entstehen gefunden habe und zwar nicht unwahr- scheinlich durchKünstler griechischen Herkommens. Die Krone selbst besteht aus zwei Theilen, die hinsichtlich ihrer Tech- nik und der Beschaffenheit ihrer Ornamentationen sich deut- lich von einander unterscheiden. Der ältere grössere Theil derselben, im Octogon angelegt, zergliedert sich in 8 Fel- dern (areoli), die nach oben halbkreisförmig ausgerundet sind. Der obere bewegliche Theil, in Form eines Halbbogens (arcus), mit der Inschrift: „Chuonrndus dci gratia Ttomnno- rum imperator Augustus", sowie das Kreuz auf dem mitt-

fiir diese Blätter zu überlassen. Da aher die xylograpliisclie Ausfülirung der Tafel und mehrerer Details viel Zeit in Anspruch nimmt, so kann die Beschreibung dieses Prachtstückes sammt den Abbildungen erst im näch- sten Monate veröffentlicht werden. I). Bed.

leren grossen Stirnfeld, ist offenbar von Konrad IV. gegen Schluss des XII. oder Beginn des XIII. Jahrhunderts hin- zugefügt worden, für ^\ eiche .\nnaliine nicht nur das Zier- liche der Stein- und Filigranarbeit, sondern auch das Charakteristische der spätromanischen Majuskelschriften spricht. Was nun die künstlerisch-technische Ausführung des aus acht beweglichen Compartimenten bestehenden älteren Theils der Krone betrifft, so nmss zugegeben werden, dass ausser den höchst kunstreichen, emaillirten Figiirativ-Darstel- lungen auf den 4 kleinen Bogenfeldern, sowohl der gehäufte Schmuck der ungeschlillerien und unpolirten Steine als auch ihre derbe Einfassung in Goldcordonlierungen und Fili- granarbeiten eine unbewältigte und einfach künstlerische Ausbildung zeigt. Auffallend bleibt es, dass die Technik der Emails in vielfarbigen durchsichtigen Schmelzen vollkom- men übereinstimmt mit der technischen Ausführung und der Farbenwahl der kostbaren analogen Schmelz- und Email- werke an den übrigen sowohl stofFlichen als metallischen Kleinodien, und ist man fast versucht, hinsichtlich dieser Identität in der Ausführung eine kühne Schlussfolgerung hinsichtlich der chronologischen Entstehung zu wagen. Sowohl die Composition als auch die artistische .Ausführung der Figuren zeigt viele Verwandtschaft mit jenen höchst kunstreich emaillirten Kreuzen in dem reichen Schatze der Stiftskirche zu Essen, die der Inschrift gemäss aus der Zeit derOttoiien und der kunst- und prachtliebenden Theophania herrühren. BeiFeststellungderClironologie werden wir ausser anderen analogen Goldschmiedewerken später auf meh- rere sehr ähnlich gearbeitete Relifjuiarien des ehemaligen Braunschweig-Lüneburgisclien Electoralschafzes. heute noch unversehrt befindlich im königlichen Schlosse zu Hannover, als Parallele hinweisen, deren grössere Zahl aus der Zeit der Hohenstaufl'en herrührt. Leider scheint das Sudarium, eine reiche llgiirale Gold- und Perlsfickcrei, das in Form der Stolen (fanones) an der bischöflichen Iiiful von der Krone heruntcrfloss, unmittelbar vor der Übertragung von Nürnberg über Regensburg. Passau und Linz nach \Meii mit noch meh- reren anderen kleinern Reichskleinodieii verloren gegangen zu sein. Zuverlässigen Angaben gemäss war dasselbe noch gegen Schluss des vorigen Jahrhunderts bei den übrigen Kleinodien in Nürnberg vorhanden. Noch sei hier nur in Kürze vorübergehend bemerkt, dass auf den vier Schild- eben der Krone des heil, römisch-deutschen Reiches sich in kunstreichen emaillirten Darstellungen Könige Israels, als: David. Salomon. Ezechias heliuden, die S[iruclil)änder mit Inschriften in ausgeprägten spätromanischen Majuskeln halfen. Diese Bilder der Könige mit den betrelTendeii Sprüchen respective die emaillirte Darstellung des Heilandes auf dem 4. Felde, sitzend auf dem Throne seiner Herrlichkeit und umgeben von zwei geflügelten Seraphen (^iiaTrrepoc), über dessen llaui)fe sieh der S|M'uch beliiidcl : „Per nie reges regnant" dürften hei Bestimmung des Alters und des Herkommens der Krone von Bedeutung sein.

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Unter den, lieute in derKaiserburg zu Wien aufbewahr- ten Reichskleinodien figurirendrei reiche Seh wert er, wo- von zwei ihr Herkommen von Karl dem Grossen ableiten wollen. Nach genauerer Besichtigung dieser buchst merk- würdigen Schwerter und nach Vcrgleicliung ihrer reichen technischen Ausführung mit den unschätzbaren Überresten der Goldschmiedekunst in den Schatzkammern zu Aachen, Essen undHaimover etc. etc. und der reichen Sammlung des Fürsten Soltikoff zu Paris, ist es uns einleuchtend, dass nur jenes Schwert seine Entstehung aus den Tagen Karl des Grossen herleiten dürfte, welches vor seiner Übertragung nach Wien mit dem Pieliquienkastchen : „noli me tangere" und dem Evangeliencodex in Aachen aufbewahrt war. Bewährten Nachrichten zufolge soll Otto II., als bei ErotTnung der Gruft zu Aachen die aufrechtsitzende Leiche Karl des Grossen bei einströmender Luft zusammensank, dieses Schwert sammt den eben bezeichneten Kleinodien dem Kaisergrabe enthoben und den deutschen Reichskleinodien einverleibt haben, wie das im Vorhergehenden bereits angedeutet wurde. Seit jenen Tagen hat das kais. Kronungsstift Aachen jene Kleinodien des grossen Kaisers, dessen Stuhl in Aachen aufgerichtet war, mit Ehrfurcht bewahrt. Es liisst sich nicht genau bestimmen, wann zuerst dieses merkwürdige Schwert mit dem Namen Ha run -ar-Raschid-Schwert belegt wurde. Jedenfalls kommt diese Benennung vor dem XVI. Jahrhundert nicht vor. Nur die analogen Formen des Schwerfes mit älteren arabischen WatVcn derselben Gattung, ferner noch die geschichtlich verbürgte Nachricht , dass Karl der Grosse von dem eben gedachten Kalifen ijfters mit reichen Geschenken beehrt wurde, war wahrschein- lich Chronisten aus Nürnberg und Aachen in XVII. Jahrhun- derte Veranlassung, dass man dieses Schwert als herkom- mend bezeichnete von den Geschenken, die Karl der Grosse von dem ebengenannten morgenländischen Fürsten erhielt, und in der That möchte der ganze Habitus des Schwertes, nicht weniger auch die technische .\usführung der zierlichen Ormtmente an GrilTund Scheide, am meisten aber die für den Orient charakteristischen metallischen Verzierungen der Damascenerklinge, der Ansicht verschiedener Gelehrten des vorigen Jahrhunderts bekräftigend zur Seite stehen.

Schon das reich angewandte Metall in Gold und seine künstlerische Ausarbeitung, nicht weniger die Ornamentation der Scheide und der Klinge lässt schon auf Zweck, Her- kommen und Bestimmung der in Rede stehenden Kunstroliquie schliessen. Was nun die schwungvollen Verzierungen am Griff und an den Metallbeschlägen der Scheide betrifft, so ist auch hier rücksichtlich des höchst cigenthümlirbeM Charakters dieser Ornamente an der orientalischen Herkunft dieses Stückes nicht zu zweifeln. Auf eine sehr originelle Weise wachsen aus zierlichen Bandverschlingungen, wie wir sie in älteren orientalischen Stoffen häufig gefunden, und nicht weniger auf arabischen (Jcräthschaften im Museum Bnur- bonicum in Neapel bewundert hatten, Pflanzenbildungen

hervor, die in ihrer Formation vollständig den Prototyp jener „francica" durchblicken lassen, die nachweislich durch die Kreuzzüge aus dem Orient als beliebtes Ornament gebracht wurden, aul die „bipennis, virga" der französischen Könige überging, und schon zu Zeiten Ludwig des Fronmien als „tieur de lis" im Wappen Frankreichs ersichtlich war. Ein anderer Umstand, wodurch von competenter Seite die Walle als eine orientalische erkannt wurde, ist darin zu finden, dass die ganze mit Goldblech eingefasste reich- verzierte Scheide früher in ihren Glattflächen mit einer elfen- beinartigen llornplatle belegt war. was. mit religiösen Vor- stellungen zusamnienhängcnd, an älteren arabischen Wallen durchgehends vorkommen soll. Bei einer Restauration im XVII. Jahrhundert scheint man auf eine höchst unkünst- lerische Weise den einen Theil der Scheide mit einem leder- artigen Stoff versehen zu haben. Auch die Flächen des Griffes sind mit einem feinen hornartigen Überzuge belegt, von unverkennbarem orientalischen Charakter. Merkwürdig, hinsichtlich derTechnik, wie auch der Ornamentation, ist die Klinge dieses „Harun-ar-Raschid-Säbels". Auf beiden Sei- ten der Damascener-Klinge, welche durch den Hauch der Jahrhunderte ihren früheren Glanz, ihre Geschmeidigkeit und Biegsamkeit eingebüsst hat, laufen zwei Metallstreifen, auf welchen mit starker Vergoldung schwungvolle Orna- mente eingegraben sind, die einen vollkommenen arabischen Typus haben. An einzelnen Stellen hat sich diese dünne Überlage von Metall, die auf die Klinge im Glühzustande auf- geschweisst worden ist, aufgeworfen. Leider fehlt zu die- sem Schwerte, welches dem Kaiser von dem botrelVenden Churfürsten auf der Alba umgürtet wurde, der mit Perlen, edlen Steinen und Stickereien reich verzierte Gürtel (bal- theus) , welcher zugleich auch einen deutlichen Beleg für die orientalische Herkunft des „couteau" selbst würde abge- legt haben. Murr spricht noch in seinen Nachrichten von 1790 von dem Vorhandensein dieses reichen Gürtels; der jetzige im Schatz befindliche Gürtel kann bei Abgang des .41ten als ein unkünstlerisches Surrogat bezeichnet werden, das aus Stoll'restcn in den Zeilen desUngeschniackes höchst kümmerlich zusammengesetzt wurde.

Auch in Bctreir eines zweiten Schwertes, womit nach der Krönung die Reichsritter geschlagen wurden, behauptet die Sage, dass es von Karl dem Grossen herstamme. Indessen steht mit dieser frommen Sage die Form und technische, reichverzierte Ornamentation des Schwertes, sowohl in Rück- sicht des Griil'es als auch der Scheide, im grellsten Wider- spruche. Scheide und Griff haben zweierlei Verzierungs- weisen, welche für sich vollständig nuiurische Kunstthäfig- keit unil normannische Abstammung aus den sicilianischen Schätzen, dem „gazophylaceum" Palermo's beanspruchen. Es wechselt nämlich, namentlich an der Scheide, die feinste Filigranarbeit mit äusserst kunstreich angefertigten Emails ab, wie diese vollkommen analog sich auch an jenen oben beschriebenen Gewandstücken, Alba, Pluviale undChiroteken

Ul

vorfinden, die durch ihre wohlerhaltenen lateinischen und arabischen Inschriften ihren maurischen Ursprung ausser allen Zweifel stellen. Merkwürdig ist jedenfalls sciion um diese Zeit das Vorkommen des einköpfigen Reichsadlers im Email translucide von eigenthümlicher siciliauischer Technik auf feinen Goldblechen und möchte rücksiclitlich der An- bringung dieses heraldischen Zeichens dieVermuthung nicht ungegründet erscheinen, dass dasselbe als Reichsschwert in Sicilien zur Zeit der Hohenstauifen angefertigt worden sei, worüber später nähere Beweise angebracht werden sollen. Leider hat der Griff in Form eines Kreuzes und die Parir- stange durch langen Gebrauch, häufige Reisen und durch Ungunst der letzten Zeiten sehr gelitten, so dass aus den Vertiefungen sämmtliche Filigranarbeiten und Emaillirungen verschwunden sind.

Zur Zeit KarKs IV. mochte der obere Knauf schon sehr schadhaft geworden sein, so dass dieser in seiner bekannten Vorliebe für dergleichen Kleinodien ihn durch einen Knauf ersetzen liess, worauf der unter seiner Regierung unvermeid- liche böhmische Löwe im Wappen befindlich, angebracht ist. Die Waffe selbst ist glatt und glänzend polirt und scheint aus einem der letzten Jahrhunderte herzurühren, wofür die Blut- rinne spricht, die sich vertieft auf der zweischneidigen spatha befindet. Auch dieses Schwert scheint als Majestäts- und Prachtschwert, wie diess schon die Fassung und reiche Oruamentation der Scheide (vagina) näher bezeichnet, bei feierlichen Aufzügen gebraucht worden zu sein. Ein Gürtel zur Anlegung desselben findet sich unter den Kleinodien nicht vor und es sprechen auch die älteren Matrikel nicht von einem Vorhandensein desselben in früherer Zeit.

Das Schwert des heil. Mauritius (Gladius St. Mauritii) zeigt in seiner äusseren Einrichtung, dass es eben- falls als Ceremonienschwert dem zu krönenden Kaiser als „Signum potentiae et majestatis" vorgetragen wurde. Der obere sehr einfache Griff des Schwertes, ein Kreuz bildend, ist etwas jüngeren Ursprungs und liest mau auf beiden Seiten der Parirstauge, in Silber leicht vergoldet, den bekannten, Karl dem Grossen zugeschriebenen Spruch, wie er auch auf der Zona vorkommt: -Christus regnat, Christus vincit, Christus imperat dcus'^ Auf dem oberen Knopfe der den Griff überragte, erblickt man auf der einen Seite in kräftiger Gravirung zwei romanisch formirte Wappenschilder, wovon die rechte Hälfte den deutschen einköpfigen .\dler zeigt; auf der linken Seite sind abgebildet, die Darstellungen dreier sehreitender Löwen über einander gesetzt , das heraldische Zeichen des alten Schwabenlandes, des Stammlandes der Hohenstauffen.

Beide Seiten der Scheide sind mit dünnen Goldblechen belegt, auf welchen in getriebener Arbeit und vollende- ter Technik in Basrelief dargestellt sind auf jeder Seite die Bilder von sieben Königen, und zwar sind diese Könige ohne architektonische Verbindung über einander gestellt. Dieselben sind, was Composition und Zeichnung betrifft, in

einer sehr ernsten Auflassung und Styli^irung gehalten, verrathen hin und wieder rücksiclitlich verschiedener For- men noch einige Anklänge an gleichartige byzantinische Vorbilder, lassen aber eine bereits zur Selbstständigkeit gekommene Kunstweise und figuralisehe Auffassung des Occidentes durchblicken. Die Deutung der Darstellungen dieser Könige möchte wohl noch dem Felde der Hypothese angehören und es ginge unsere unmassgebliche Ansicht vorläufig dahin, dass durch diese vierzehn Bilder dar- gestellt würden die Könige Israels und Judas. Die Könige selbst erscheinen in dieser getriebenen Arbeit im voIIcb Krönungsornate, angelhan mit dem paludanientum regale, der Tunica und den Tibialien. Das Haupt ist mit einer verschie- denartig geformten Krone geziert, die Rechte hält den Scepter, die bipennis, welche oben mit einer Ausmündung in Form der francica geschmückt ist. In der Linken ruht der Reichsapfel. Auch hinsichtlich des Costüms der Könige des XI. und XII. Jahrhunderts sind die vorliegenden Dar- stellungen von hohem Interesse. Sowohl die technische Einrichtung der verschiedenen, auf der Scheide applicirten Emailbleche als auch die geometrisch geordneten Dessins in diesen durchsichtigen Schmelzen, nicht weniger aber auch die vorkommende Filigranarbeit und sonstigen technischen Eigenthümlichkeiten beurkunden deutlich, dass auch dieses Schwert im südlichen Italien durch manuelle Fertigkeit maurischer Künstler seine Entstehung gefunden hat.

Die Klinge selbst möchte vielleicht ehemals jene Waffe gewesen sein, wodurch der heil. Mauritius das Martyrium erlitten hat; in einem der letzten Jahrhunderte scheint aus Unkenntniss diese Reliijuie entfernt, und durch eine moder- nere, scharf geschliffene Klinge mit Blutrinne ersetzt wor- den zu sein.

Von allen Kleinodien, aus edlem Metall gearbeitet, ist unstreitig der Reichsapfel (pomum, globus) das- jenige Stück , welches mit dem grössten Kunstfieisse und mit technischer Vollendung der Detailformen in höchster Vollkommenheit verfertigt worden ist. Der eigentliche Apfel ist im Innern mit einer harzigen Masse ausgefüllt; das Äussere mit glatten Goldblechen ohne Ornamente überzogen. Diese Kugel umgibt kreuzweise ein reiehverzicrter Filigran- streifen, wodurch dieselbe in Halbkreise und Viertelkreise zerlegt wird. Diese Filigraiiverzierungen von höchst zier- licher formeller Entwickelung sind, namentlich in der oberen Halbkugel, die das Kreuz überragt, mit unpolirten, unge- schliffenen Edelsteinen und Perlen in künstlicher Fassung verziert. Die untere Halbkugel entbehrt dieses Stein- und Perlschmuckes und ist blos von dünnen Filigranringen durchzogen, damit die innere Handfiäche durch diese Vor- sprünge nicht behelligt werden konnte. Der grösste Form- reichthum entfaltet sich vollends in dem Kreuze, das die Kugel überragt und welches in lateinischer Form mit verlän- gertem Unterbalken gehalten ist. DieKreu/.flächeu sind nach beiden Seiten hin gleich reich verziert. Die künstlerischen

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Filigranarbeiten dienen auf beiden Seiten der Kreiiz- tlaclieii dazn, um in iliren zierlichen Windungen nach allen Seiten hin zait entwickelte ßlüttchen zu verästehi. an die sich allenthalben kleinere Bliithenhildungen in Fdrm von Rosen ansetzen. Sowohl die technische Ausführung dieser Filigranarbeiten, so wie die formelle Auspriigung und Styli- sirung dieser ßliittchen und Bliithchen weisen die Entstehung dieses Kunstwerkes unwiderleglich der Mitte desXlI. .lalirhun- derts an. Der lU'ichthuni der Delailbildungen auf den beiden Flachtheilen dieses Kreuzes wird noch erhöht durch den far- benreichen Schmuck von edlen Steinen mit kunstreicher Ein- fassung, worunter sich besonders bemerklich machen, unge- schlilTeue Rubine, Saphire, Plasma di Smeraldo und Perlen von regelmassiger Form und ziemlichem Umfange. Noch bemerken wir im Vorbeigelien, dass viele eigenthiindiche technische Vorküiumnisse an dem (ilobus vüllkommeu iden- tisch sind mit ähnliehen Erscheinungen an dem beschriebenen Schwerte des heil. Mauritius und dass die Beweisführung nicht schwer fallen dürfte, das Pomellum sei von der Hand desselben Künstlers angefertigt, der auch Grill' und Scheide des Mauritius-Schwertes, hüclist kunstgerecht und technisch gelungen, verfertigt habe.

Unter jenen Kleinodien, die nach vielen Schick- salen die Kaiserburg unangefochten jetzt bewahrt, sind hin- sichtlich der Form die beiden sogenannten Scepter (sceptrum, virga) wohl am einfachsten und anspruchlosesten, auch hinsichtlich ihres Datums die jüngsten. Das eine ältere, sogenannte Scepter, unter welcher Bezeichnung es auch unter den Matrikeln von Nürnberg vorkiinmit, möchte wolil schwerlich als Scepter gebraucht worden sein. Der Stab, aus glattem Silberblech, ist an drei verschiedenen Stellen durch kleinere vergoldete Knäufe und Ringe unterbrochen. Auf der Spitze dieses silberneu Stabes befindet sich ebenfalls silbervergoldet eincBlättcikrune in der Weise eines Blumen- kelches mit Blattbildungen, formirt nach Art des älteren Akanthusblattes. aus dessen Mitte sieh eine Fruchtbildung erhebt, gleich einer Pinie. Diese Fruchtbildung ist im Innern hohl, und mit vielen Löchern durchbohrt. Auch will es den Anschein gewinnen, als ob in der grössten Peripherie dieser rundeu Kapsel früher eine .\rt Schraube sich vorgefimden habe, die jetzt mit Silber zugelöthet ist. Die Annahme scheint nicht unbegründet, dass dieses sogenannte lieichsscepter früher bei den Kaiserkrönungen als „aspersorium, aspergilum" in einer Weise seine .\nwendiiug gefunden bat, so dass mit diesem Aspergil, eine kunstreichere Form anstatt des heutigen Weihwedels, dem Reichsoberhaupt bei seinem Eintritt in die Kirche von dem Consecrator das geweihte Wasser dar- gereicht wurde. Es bestätigt diese .Annahme auch noch der Umstand, dass in den alten Verzeichnissen der Reichs- kleinodien, sicli noch ein ,lhuribulum aureum-', goldenes RauehgelViss, vorfindet, womit der Kaiser bei seinem Ein- tritte in die Krönungskirche, gleich dem pontificirendcn Bischöfe, incensirt wurde; dessgleichen sprechen die älteren

Jlatrikeln noch von einem Wärmapfel (caletactorium deaura- tum. iKinnnn ad calefaciendas manus), der wahrscheiidich im erwäiinten Zustamle. dem zu krönenden Kaiser dar- gereicht wurde, zumal, wenn der feierliche Act und die langen Ceremonien derselben im ^^ inter stattfanden.

Da nun auch noch ein eigentliches Scepter vorhanden ist, das sich durch seine Form deutlich als solches zu erken- nen gibt, so liegt keine Nothwendigkeit vor, anzunehmen, dass das eben beschriebene hi'ichst einfache Utensil einem so hervorragenden Zwecke gedient haben soll. Indessen wollen wir die vorstehende .\nnahme blos als Hypothese aufgestellt haben, und bemerken nur noch, dass den Detail- bildungen nach zu urtheilen das in Rede stehende Gefass der letzten Hälfte des XIII. Jahrhunderts angehören dürfte. Das eigentliche Reichsscepter, welches nach dem Kri'mungs- diarium fortwährend bis zur letzten Kaiserkrönung im Gebrauch war, ist nicht nur hinsichtlich seiner formellen techiiiselienDurchführung. sondern auch in seiner Bedeutung vollständig als de\itsches Kunstproduct zu erkeuTien. und es dürfte nach unserem Dafürhalten, von Nürnberger (Jold- sehmieden angefertigt worden sein, zur Zeit, als die deut- sehen Reichskleinodien dorthin in Gewahrsam gegeben wurden. Die Form desselben imitirt auf künstliche Weise den Zweig einer Eiche mit polygonem Schaft von Ringen und Knäufen unterbrochen. Die Spitze des Seepters ist bekrönt durch sechs zierliche, stylistisch kräftig geformte Eichenblätler, wovon drei mit ihren Spitzen sich nach unten anlegen, die drei übrigen mit ihren Ausmündungen nach oben hin sich wölben und daselbst eine kleine Eichen- frucht umgeben. Dieses Scepter ist, wie der Augenschein lehrt, ein späteres Surrogat für eine ältere, schadhaft gewordene oder verloren gegangene «virga, bipennis", die, was Formenreichthum hetrifl't. Ähnlichkeit haben mochte mit dem eben beschriebenen Reichsapfel, dem Schwerte und der Krone. Auflallend ist es jedenfalls, dass bei der Krönung Rudolfs von llabsburg verschiedene Geschichts- schreiber bereits angeben, dass das Scejiter gefehlt habe, und dass der grosse Kaiser, der momentanen Verlegenheit abhelfend, das Kreuz vom .\ltare genommen, und desselben sich als Scepter bedient habe.

Ein anderes, nicht minder ehrwürdiges Stück der Reichskleinodien ist das berühmte Evangelis tari um, das nach der Tradition im Grabe auf den Knieen des grossen Kaisers befindlieh w ar inul bei der ErölTnung der Kaiser- gruft zu den Reichskleinüdieu gekonunen sein sidl. Leider ist gegen Schluss des XV. Jahrhunderts der alte primitive Einband (frontale), vermutlich seines ruinösen Zustandes wegen entfernt worden, und durch ein reiches getriebenes Kunstwerk im Style der spät Cölnischen Schule ersetzt wor- den. Dieses llantrelicf, eine äusserst reiche Arbeit von hoher Knnstvollendnng, stellt nämlich auf der mittleren grossen Fläche den Heiland sitzend auf dem Throne der Herrlichkeit , wiederkehrend als Richter mit erhobener

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Rechte und dem „über scriiitiis" in der Linken d:ir. Zu Lei- den Seiten dieser m;ijestiitisclien Darstellung des „et iteruni venturus est, cum gioria" erblickt msin unter zierlichen Laubbiildachinen auf der rechten Seite als Hautrelief den Engel der Verkündigung, und auf der andern Seite die seligste Jungfrau, wie sie kniend dieBotschaft der Menschen- werdung empfiingt. An den vier Ecken sind zur Darstellung gebracht in gelungener kräftiger Stylisirung die vier Sym- bole der Evangelisten. Die Rückseite des Einbandes (dor- sale) ist einfach mit rothemSammt überzogen und mit silber- vergoldeten Knäufen beschlagen. Möglich ist es, dass nach Analogie der älteren „Codices purpurei" der frühere Ein- band durch reiche in Elfenbein geschnitzte Füllungen, vielleicht Flügel von älteren Consulardyptichen, verziert war. Das grösste historische Interesse verdient jedenfalls das Innere des mit dem eben beschriebenen Einband ge- schmückten Evangeliencodex, bestehend aus einer grossen Zahl von Pergamentblätteru in klein Quart, die durch den Saft der Murex violett röthlich auf beiden Seiten gefärbt worden sind. Alle Buchstaben dieses „codex membrana- ceus purpureus" sind geschrieben in reicher Vergoldung, daher auch der Name „codex aureus." Wie bei allen älte- ren Evangelistarien, gehen den vier Evangelien vorher der Prolog des heil. Hicronymus und die Evangelienconeor- danz. Sowohl die Form der Säulen und Bogenstelhmg mit reichverzierten Ornamentationen, wovon die Evangelien- harmonie umgeben ist, lassen einen engen Anschluss an die classischen Antike noch deutlich erkennen; dessgleichen die in goldgeschriebenen lateinischen Majuskeln und Minus- keln in Form der älteren römischen Uncial- Buchstaben. Am meisten aber lassen die grossartigen Darstellungen der vier Evangelisten, sitzend auf Sedilien ohne apokalyptischen Thiere , nach den vorhandenen, authentischen Analogien ähnlicher Evangelistarien mit Sicherheit den Schluss ziehen, dass auch dieses zierlich geschriebene Evangelistarium mit dem oben beschriebenen Säbel und dem nachfolgenden Reli- quienkästchen aus dem Schatze zu Aachen stammt und aus der karolingischen Epoche herrühren könne. Auch dieDrappirung derGewänder der vier Evangelisten in Weise der Toga nach römischer Anschauungsweise gehalten, dessgleichen die unverkennbar classische Auflassung und Darstellung der körperlichen Formen lassen bei aller Rohheit der Technik des VIII. Jahrhunderts eine Grossartigkeit der Auflassung und Conception deutlich durchblicken, wie sie der römisch- classischen Kunst eigen war. Den Krönungsdiarien gemäss legte der Kaiser vor der Krönung den Eid auf diese karo- lingische Bibel ab, und war bei der Krönungsceremonie dieses Evangelistariums auf dem, auf der Epistelseite be- findlichen Reliquienaltar aufgestellt.

Das Reliquienkästchen (hierotheca, fcretrum,

arcula) gehurt nicht nur hinsichtlich der geschichtlichen

Sagen, die sich daran knüpfen, sondern auch rücksichtlich der

vielgestaltigen eigenthümlichen Ornamentationsweise seiner

II.

äusseren Flächen zu den interessanteren Piecen der Kron- insignien und Reichsreliquien deutscher Kaiser. Es war dies das dritte Stück, das sich die Reichsstadt Aachen rühmte zu besitzen und worüber das freie kaiserliche Krönungs- stift zugleich mit dem Magistrate die „concustodia" ausübte. Rücksichtlich der äusseren Decoration dieses Reliquicnküst- chens gehört die mit vergoldeten Silberblech ornanientirle Rückseite unstreitig dem Schluss des Will, oder dem Reirinne des XIX. Jahrhunderts an, wo die Kunst wie das aus den tändelnden unschönen Formen in getiiebener Ar- beit ersichtlich ist, vollständig Fiasco gemacht hatte. Schon in den zwei letzten Jahrhunderten herrschten Meinungsver- schiedenheiten über die Identität so wie über Form und Gestalt dieses ..scrinium", und soll s|iäter ausrührlich das Weitere angegeben werden, ob Aachen noch das sogenannte „noli me tätigere" besitzt oder ob wir dieses Reliquiarium in der in Rede stehenden lipsanotheca zu suchen haben. Eine zweite Restauration und Hinzufügung dieses Schreines fand, nach den Detailformen zu urtheilen, statt gegen den Schluss des XV. Jahrhunderts, und zwar von einer sehr ungeübten Hand, die es beabsichtigte, die vordere Haupt- seite des Reliquienschreines mit goldenen Ornamenten, Edelsteinen und Perlen in unkünstlerischer, derber Fassung in einer Weise zu deeoriren, dass dadurch eineElTectwirkung von Weitem erzielt und eine .\hnlichkeit der Ausstattung mit der Krone angestrebt würde. Aus der Zeit der ersten An- fertigung stammen oflenbar die dünnen Goldplatten an den beiden Schmalseiten des Reliquiariiuns mit getriebenen, iigu- rativcn Darstellungen in Form von Äledaillons. Sowohl die Technik der Arbeit als auch die Auflassung und formelle .Aus- prägung dieser Figuren setzt die Entstehung dieses Reli- quienkästchens in sehr frühe Zeiten und haben Einige diese getriebenen .\rbeiten, worin sich Formen wiedcrllnden, wie sie auf Münzen aus der letzten Cäsarenzeit vorkommen, dem VII. wenn nicht VI. Jahrhunderte vindiciren wollen. Diese Figurationen sind in einfacher NN'cise dadurch erzielt, dass über Metallstücke mit hochstehenden Formen dünne Goldblättchen gelegt und auf mechanische Weise Abdrücke durch Pressungen erzielt wurden. Die Darstellungen selbst sind sehr originell und bieten mit christlichen Darstel- lungen dieser Periode wenige Analogien. In mehreren Me- daillons erblickt man nämlich einen Engel mit erhobenen Flüi^eln und fliegenden Gewändern, unter welchen nach clas- sischcr Drappiruiigueise die kör[U'rliclien Furmeii noch zu Tage treten; die Rechte des Engels hält ausgestreckt ein Schwert, die Linke Pfeil und Bogen und über dem Haupte und zu beiden Seiten dieses Rachegeistes liest man den Spruch in römischen L^ncialen „malis vindicta." Die Strafe, die in diesen Worten den Ruchlosen angedeutet wird , lln- det sich sinnbildlich vcranscha\dicht in den übrigen Medail- lons, wo Jagden auf wilde Thiere in verschiedenrn Ab- stufungen bildlich vorgeführt werden. Auf einem dieser Medaillons, wie alle übrigen von getriebenen Perlräuderii

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umzü^eii , erlilickt mau ciueu Uciter , der ciiuMii vier- füssigen Wild nachsetzt. Auf einem zweiten Medaillon ist der Fischfang dargestellt und auf einem di-ilten die Vögeljagd.

Ks i.st früher darauf hingewiesen wurden, wie und aus welcher U r s a e li e durch die äusserst verdienstvollen Bemü- hungen des Freiherrn von Hügel der grijsste Theil der Reichskieinodien von Nürnberg nach Wien übertragen und so gerettet wurde. NN ie jedoch das ebcubescliriebeuc merkwür- dige Ueliquienkästchen, welches, in dem letzten Jahrhundert „noli me tangere"liiess,dessg!eichoii das vorherbeschriebene Evangelistarium und das Schwert Karl des Grossen, gewöhn- lich als Geschenk Harun-ar-Raschid angegeben, in die k. Hof- burg nach NVien gekommen ist, darüber diene zum Sclilusse nachstehende kurze Notiz. Bei dem ersten Andrängen jener französischen Raubhorden an den Rhein, welche die Geschichte mit dem bezeichnenden Namen Sansculotten brandmarkt, flüch-

tete das kais. Krönungsstift L'nserer lieben Frau zu .\aclien seine grossartigen in kostbarer reicher Fassung befindlichen Reliquienschütze über den Rhein und liess sie durch geistliche Abgeordnete nach .\rnsberg und Paderborn in^VestIlllalen in Sic'herlicit bringen. .Vis die Zeiten ruliiger geworden und die .Mliirlen licrcils in Paris eingezogen waren, wurden auch jene theuren Schätze, das Palladium .\aclieiis, im Triiimplizug wieder in das Münster Karl 's des Grossen zurückgeführt. Bevor jedoch die Reliquien von Paderborn abgingen, wurden auf .\nsuchcn des kais. österreichischen Gesandten zu Hildes- heim und mit Bewilligung der königl. |ireuss. Regierung, zu deren Territorium damals NN'esliilialen und die Rheinlande eben gekommen waren, die vorbenannten Krönungs- Uten- silien, nämlich der Evangelien -Codex, das Schwert Karins des Grossen sowie das eben bezeichnete Reliquiarium abge- trennt und zu den übrigen Kleinodien des heiligen deutschen römischen Reiches iiacli \\ ieu eingesandt.

Über die Rüstungen und Waffen der k. k.'Ambraser-Sammlnng').

Von Dr. lid. Freiherrn v. Sacken.

Die Ambraser-Sammhnig wurde auf dem in der Nähe von Innsbruck reizend gelegenen Schlosse Ambras von Erzherzog Ferdinand Grafen von Tirol zwischen den Jahren 1570 und lJ)i)ö angelegt. Dieser eben so ritterliche als kunstsinnige und hochgebildete Fürst, zweiter Sohn Kaiser Ferdinand's I., erbaute auch den grössten Theil des Schlosses, schmückte diesen seinen Lieblingssitz, wo er mit seiner geliebten Gattin Philipp ine Wels er so gerne weilte, nicht nur mit Aufwand und Pracht, sondern auch mit reichen Kunstschätzen aus, die sprechende Zeugen seines feinen Geschmackes sind, und begründete, vielleicht der erste in Deutschland, ein Museum, in welches alles aufge- nommen wurde, was in Beziehung auf Geschichte und Kunst oder als Naturselteuheit merkwürdig und bedeutend erschien. Besonders waren es die WafFen und Rüstungen seiner hel- denmüthigen Vorfahren und Zeitgenossen, die seinen ritter- iichea Sinn, der feierliche Aufzüge, Turniere und Rennen liebte, anzogen, l'.r bi'aclite 130 Harnische berüliiiiter Männer zusammen, er selbst besass über zwanzig, meist von höchst kunstreicher Arbeit und auf das prächtigste ver- ziert — ausserdem eine grosse Anzahl von kostbaren WalTen und Reitzeugen. Den andern Theil des Museums bildete die

•) Nachstehender Aufs.-itz liildet die „Einleitung" zum Texte des hi.stiirisclii>n i'rachtwerkes, dessen Ilerausgiilie unter dem Titel: „Die vorzüglich- sten I!ü s t ungen und Waffen der k. k. Ambr ascr-Sani ml ung" in Original-Phologra|ihicn von Andreas Groll und mit historischem und hesi'hreihenden Texte von Dr. Ed. Freiherrn v. Sacken von dem k. k. non>U(hhänillcr W. II r a u m ü 1 1 c r in Wien vorhcreilet wird und auf dessen I'rospectus wir hereits in diesem Jahre (Ii'm) hingewie- sen hahen. Die erste Lieferung wird in wenigen Tagen ausgegeben und wir verweisen rücksichllich ihres Inhalts auf die „Literarischen Anzeigen" dieses Heftes. Die vorzeitige Benützung der „Einleitung" verdanken » ir der Güte des Verfassers und Conserrators Herrn Freiherrn v. Sacken.

D. Med.

Kunst- und NN'u nde r kammer, in weldier ein Sehatz von Schnitzwerken, Natiirselteiiiieiten, besonders Mineralien, mittelalterlichen Geräthen und Instrumenten, Glasmalereien, geschnittenen Steinen, Gold- und Silbergeschirren, Kleino- dien — darunter mehrere Arbeiten des berühmten Benvc- nuto Cellini aufgestellt war, ferner die höchst interes- sante, uiiübertrorTeue Sammlung von Porträten berühmter Männer (über tlOO Stück) in Ol gemalt, und andere aus- gezeichnete Gemälde, eine Älünzsanimlung von 2iJ00 Stücken, endlich die Bibli othek, die über 500 Maiiu- scripte und bei 400 Druckwerke enthielt, und mehrere tausend Kupferstiche. \Vas aber diese Sammlung aus- zeichnet, ist, dass sie fast nur Bedeulendes und TrelTliches enthält. Schlechtes gar nichts; sie ist keine .\ufhäufung von Raritäten zur Ergötzlichkeit schaulustiger Fremder, sondern bietet für Kunst und NN'issenschaft ein reiches Materiale zum Studium und bekundet dadurch das richtige Gefühl des Stifters. Der Erzherzog ordnete alles selbst an, wandte sich an befreuiulele Fürsten , um (legeiistände für seine Sammlung zu erlialtcu und leitete diese als Liebhaber und Kenner. Durch die .Abfassung von beschreibenden Inventa- rien wurde für die Controle auch in späteren Zeiten Sorge getragen.

Nach Erzherzog Ferdiiianirs Tode (1595) lie! die Sammlung vermöge testamentarischer Bestimmung an seinen zweiten S(din Karl Markgrafen von Rurgau mit dem weitern Beding, dass bei Erlöschen des .Mannsstainmes seiner Söhne „alles dem regierenden Landsfürsten vnseres Hauses vnd Geblüts frey heimfallen vnd bleiben soll." Nach des Stifters NN'unsch sollte "alles unverändert und unzertheilt beisammen erhallen, wohl verwahrt, gcniehrl und \erlM'ssert werden ; er vidlle also die Sammhiiii,', auf die er so viele Mühe und

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Kosten verwendet, seinem Hause siehern und deren Integrität bewahren.

Die beiden Sühne Erzherzog Ferdinand 's waren kinder- los, somit tiel nach ihrem Tode Ambras und die Sammhmg demLandesfiirsten zu, dennoch kaufte Kaiser Rudolf II. von Karl von Burgau noch bei dessen Lebzeiten beides, wobei die Sammlung auf 100,000 Gulden geschützt wurde. So sind, da mit Sigismund Franz 1G63 die tirolisch-üsterrei- chische Nebenlinie erlosch, und Tirol mit den übrigen Erblan- den vereinigt an den regierenden Ilauptstamm , zunächst an Kaiser Leopold I., überging, die habsburgischen Kaiser auf doppelte Weise die alleinigen und rechtmässigen Eigen- thüraer der Ambraser-Sammlung, nämlich durch die obige Testamentsbestimmung des Gründers und durch Kauf Der letzte Wunsch des erlauchten Stifters wurde aber, wohl zum Vortheile der Wissenschaft, zum Nachtheile der Sammlung nicht eingehalten. Denn der Zuwachs war seit Ferdinand's Tode in der ersten Zeit zwar nicht unbe- deutend, später aber äusserst spärlich, dagegen kam der grösste Theil der Handschriften und Bücher in die kaiserl. Hofbibliothek nach Wien (1(563). Die meisten Münzen (1715) und viele Bilder wurden ebenfalls den betreflenden Sammlungen zu Wien einverleibt. Wahrend der Franzosen- kriege musste die Sammlung mehrmals geflüchtet werden; als im Pressburger Frieden 1805 Tirol an Baiern abgetreten wurde, kam sie als ein dem durchlauchtigsten Kaiserhause gehöriger Schatz nach Wien, doch nahmen die französischen Bevollmächtigten 10 prachtvolle französische Rüstungen weg ; in Ambras aber blieben manche auf das Land und das hohe Stifterpaar bezügliche Gegenstände und eine Anzahl Turnierrüstungen zurück.

Die ausgezeichnetste und interessanteste Partie der Sammlung bilden die Rüstungen undW'affcn. Schon Erzherzog Ferdinand sehätzte sie so, dass er 125 derselben in Kupfer stechen und von seinem Secretär Schrenk von Notzingen herausgeben liess. Seither und bei dem gegen- wärtigen Standpunkte der Kunst und Geschichtsforschung haben sie noch mehr an Interesse und Bedeutung gewonnen, indem sie ein Gegenstand wisssenschaftlichen und künstle- rischen Studiums geworden sind. Denn die Harnischtracht hat im Mittelalter ihren ganz bestimmten Entwicklungsgang und ist in ihren jeweiligen Formen für die Richtung der Zeit und des Geschmacks, wie für die Art der Kriegführung charakteristisch; auch der Zustand der Kunst und Gewerbe welche bei der Waffentechnik vielfache Anwendung finden, wird an ihr ersichtlich. In der kriegerischen und turnierlu- stigen Zeit des Mittelalters waren ja gute und schöne Waffen ein Gegenstand von grösstem Belang; beim Kampfe von Mann gegen Mann, bei der Wichtigkeit der Person des Führers, der im Gedränge selbst niilfocht, war es noth- wendig und bei der damaligen Beschaffenheit der Angriffs- waffen auch zweckmässig, sich durch eiserne Umhüllungen zu schützen. Wie viel man auf die Schönheit liielt, beweist

der Umstand, dass bei den Turnieren ein eigener Preis der Zierdank für den am prächtigsten Gerüsteten bestimmt war.

Im Beginn des Mittelalters, wo römische Bildung und Sitte das einzig gebotene Mittel der Civilisation war, schliesst sich Tracht und Bewaffnung einigermassen der vorhergehen- den Übung an; bis zur Mitte des X. Jahrhunderts trug man Schuppenharnische aus Leder mit aufgenähten Blech- schuppen und herabhängenden Lendenstriemen, oder das Kettenhemd aus verflochtenen, auf Stoft' gehefteten Ringen, runde, beckenartige Helme mit einem Schilde vorne und hinten und mit Backenschienen, kleine rundeSchilde. kurze Schwerter und Wurfspiesse ohne Fähnlein. Gegen Ende des X. Jahr- hunderts mit der Entfaltung des nationalen Lebens und dem Entstehen des Ritterstandes gestaltet sich die Kriegs- tracht eigenthümlicher. Der Ritter trägt einen Waffenrock (Brünne) mit aufgenähten Eisenringen seltener Scheiben und derlei Hosen, konischen Helm mit schmalem Naseneisen und den sehr grossen dreieckigen Schild, ausgehogen, damit er den ganzen Leib schütze, an einem Bande am Halse hän- gend. Das lange Schwert mit um den Leib geknüpftem Gehänge hat eine gerade Parirstange, die Sporen sind lanzenartig ohne Räder.

Auch im XII. und XIII. Jahrhundert besteht die ritter- liche Rüstung in einem vollständigen .Anzüge von Leder mit aufgenähtem Ringwerk (halsberc); das Ringhemd hat eine Kapuze, die nur das Gesicht frei lässt, an den Ärmeln Fäustlinge, darüber wird der lange, faltenreiche W^affenrock getragen. Die Helme, anfangs konisch und nur das Ober- haupt deckend, werden immer grösser, und umschliessen zuletzt topfartig den ganzen Kopf; auf ihnen wird der Hclm- schmuck (Cimier) in verschiedener Gestalt als Flügel. Hörner, Geweihe etc. angebracht, dann auch zum Schutze gegen Hitze und Rost eine Helmdecke. Auf den grossen dreieckigen, oben abgerundeten Schilden erscheinen gemalte Abzeichen der Ritter die Entstehung der \N'appen, die Sporen haben Räder, die sehr langen, breiten Schwerter hängen an einem zusammengeknüpften, später geschnallten Gehänge, die Lanzen erhalten wimpelartige Fähnlein. Auch die Pferde werden mit Ringdecken geschützt und mit grossen fliegenden Überdecken behängt.

Viel schmucker und zierlicher gestaltet sich die ritter- liche Rüstung im XIV. Jahrhundert. Den Ilaupitheil bildet ein fast bis an die Knie reichendes, aus Ringen gefloch- tenes Panzerhemd, wie solche, wahrscheinlich durch Bekanntschaft mit dem Orient schon im XH. Jalirhundert, obwohl selten, vorkommen, aber seit Erfindung des Draht- ziehens (zu Nürnberg um 1 SOG) allgemein wurden; sie hatten einen. Hals und Hinterhaupt schirmenden Kragen, der an die getriebene Reckenhaube (itassinet) befestigt war. Über dem Panzerhemd trug man den ärmellosen, oft blaso- nirten Waflenrock. Einzelne Theile: Brust, Schultern. Ellbogen, Knie wurden noch durch Lederschirnie oder

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üiuzelii ;iurg(-si'liii;illti' Eisciiiiliitti'ii gfscliiitzl, Hiuidschuhe und Scliulie aus ge.selmlii'iirii HlechschioiuMi tvefcrti^t. Hie siiitze 15('tktMili;iiil)e hatte kein Vi.sicr, es wurde dalier der niiiehtit^-e Kübel- oder Fasshelni, der auf den Seliultcrii auf- sass, darülier gestürzt. Erst zu Knde dieser Periode erhielt das Bassiuet ein bewegliches Visier, wo dann der Kübeihelm wegliel. Die Seliilde sind in dieser Zeil klein und dreieekig, Seh« ertgrilV und J)oleh sind an Kettehen, die von der brust- jdatte ausgehen, belestigt, der breite, oft mit Metailverzie- ruufren und Edelsleiuen besetzte Gürtel wird tief liiingend um die Hüften getragen.

Iiuleni sich die sehülzenden Eiscnplatten mehren, enl- stehl im XV. .lahrhundcrt der ganz geschlagene Platten- liarniseh; der Panzer und der WalTenroek fielen weg und der Ritter glänzte ganz in blankem Eisen. In der ersten Zeit waren die Platten noch nicht durch Geschiebe so innig verliiinden. die einzelnen Stücke nicht so gross und aus Einem getrieben, als später, wo die Theile und Geschiebe so in einander grilVen, dass selbst bei Bewegungen fast kein Theil des Korpers ungeschützt blieb. Im Anfange sind die Rüstungen dünn, mit vielen Spitzen, Ruckein und Kelilungen, später mit .Üz werk geziert und an den Leib passend; je mehr die FeuerwalVen ausgebildet werden, desto dicker im Eisen und plumper sind die Harnische. Bis .in die zweite Hälfte des XVI. Jahrhunderts werden vollständige Rüstungen getragen, dann fallen zuerst die Eisenscliuhe weg, dann derRcinschutz, späterhin das Armzeug und Helm- Visier, bis nur mehr der Kürass und die ofl'ene Sturmhaube übrig bleiben.

Sehr zweckmässig erscheint übrigens diese llarnisch- tracht nicht, indem das, was sie an Scliutz gegen die feindli- chen Waffen gewährte, durch das Gewicht und die ersehwerte Beweglichkeit fast aufgewogen wurde; zudem Hessen die Platten an den Geleid<en offene Stellen, während das frühere Panzerhemd den Leib vollständig, besonders gegen den Hieb schützte und so dicht war. dass es, wie aus verschiedenen Erzählnngen liervorgeht, oft dem Sieger nicht mijglicli war, selbst weim der Gegner schon auf dem Roden lag, durch das Ringwerk durchzudringen. Die glänzende, prächtige Platten- rüstung war grossentheils Sache der Mode; man trieb damit einen so grossen Luxus, wie frülier mit den Waffenröcken, gegen welche besondere .\uf\vandgesetze erlassen werden mussten. und mancher minder vermögliche Ritter geiieth durch die Anschaffung einer schönen Rüstung in Sehiilden.

Das Gewicht eines vollständigen Feldharnisches be- trug zu Anfang des XVI. Jahrhunderts ungefähr 40 Pfund,

freilieii mussten untiT diesem noch ein dick mit \\'erg uilvv ^\(lll(■ abgesicppti's liiterklfid oder Wanuns und Hosen vun Rüll'elleder gelragen «erden; so litt der Ritter von Ilil/.e und Reschwerde seiner Rüstung oft mein-, als durch das feindliche Schwert, und wir dürfen uns nicht wundern, wenn wiederholt erzählt wird, dass an cineni heissen Tage mehr Lenle verschmarhtelen, als lodl geschlagen wurden (jjebens- beschreibung Götzens von lierlieliingen). Die sjiäleren Rüstungen im XVll. .lahrluimlrrt sind noch seh« erer ; die SturiTihanbe allein wog 13 20 Pfund, Brust- und Rücken- stück 20 30 Pfund, die ganze Rüstung bisweilen über 100 Pfund, daher auch der französische Iicriichingen, Fran(,-ois de la Noue (um lüSO) klagt, dass die Reiter oft ganze ,\nd)Osse auf sicli laden.

Die getriebenen Rüstungen zerfallen in drei Abiheilun- gen: 1. Feld- oder Schlachtrüstungen, meist zienv- lich einfach und wohl geschlossen; 2. Turnierrüstungen. In der frülieren Zeit halle man für die verschiedenen Arten von Gesteehen und Rennen besonders geformte schwere Har- nische; später waren sie nach .\rt der Feldrüstungen nur mit Wedisel- und ^'erstärkungsstnckeu nach der Galtung des Turniers und der dabei angewendeten Kampfweise versehen. 3. Prunkharnische, bei Aufzügen undFesten gebraucht, oft von der kostbarsten und kunstreichsten Arbeit, getrieben, mit Gold ausgelegt mit iiiul Edelsteinen besetzt, meist leicht, mit offenem Helme. Als Liebhaberei und Curiosität « urdeu bisweilen Panzerrüstungen, Schuppeidiarnische (Brigantinen) und Corazinc Schuppenhemden mit Sammt überzogen getragen; den gewidinlichsten llelmschmuck bildeten die Fcderliüsche, welche als eine französisclie Mode im XV. Jahrhundert aufkamen.

.\uch die Pferde wurden oft ganz in Eisenrüslungen gehüllt, wenigstens Kopf und Leib, oder ndt Decken aus steifem Leder (Parsche) geschützt, zur Parade mit Decken und kostbaren Stoffen (Caperation), oder Streifen aus Stoff und Oiiasten (Gerail) geschmückt.

Die in der .Ainbraser-.Samndmig befindlichen Rüstungen stammen sänuntlicli aus dei- Periode der geschlagenen Plattenharnische (von c. 14ö0 an) und \\ir können an ihnen, da ihre Authenticität festgestellt, daher die beiläufige Zeil der .\nfertignng genau bekatmt ist und jede ihre i»eson- di'ren Eigenthündichkeiten hal. alle die \iclfachen Verände- rungen und Milden in drr llarnisehlrachl , bis sie durch die inuner mehr vervollkununneten Schiessu allen abkam, kennen lernen.

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Alte Kunstdenkmale in Botzen und seiner Umgebung.

Von Alois Messmer, Correspondeiiten der k. k. Cenlnil-Cojmnission in lirixcn.

(Mit einer Tafel.)

II.

Eine zweite gothische Kirche, wciiigstons iiocii in der Hauptsaclie erhalten, ist die D o minie an erkirc iie. Brü- der des Preditfcrordeiis kamen 1272 von Piegensl)urg, wo uugefiihr gleiclizeitig das l)erühmte Licht des Ordens, Alhertus Magnus lebte und lehrte, liereits im folgenden Jahre hauten t'roMinie IJürger, darunter die gleichzeitig von Florenz eingewanderlen Botschen den Brüdern Convent und Capelle ; in der Folge aber reiche Kaufleute die dem heil. Dominicus geweichte Kirche. Eine nähere Angabe über die Bauzeit konnte ich nicht auftrieben. Nur eine Notiz gibt nocli einiges Licht. Anna, des Kimigs Wenzel von Böhmen Schwester und des Königs Heinrich von Tirol Gemahlin, welche das Kloster in ihrem Testamente bedacht hatte und 1313 zu Laibach starb, wurde im Chor begraben'). Chor und Kirche ist aber ein Bau aus einem Guss und keines- wegs sehr kostbarer Natur, so dass um jene Zeit wohl der ganze Bau gestanden haben wird. Die ursprüngliche Anlage ist einfach und streng, wie es bei den Predigern überall Regel war. In der Zopfzeit sind unschöne Erneuerungen und Zubauten darüber gekommen. 1783 wurde das Kloster aufgehüben und die Kirche gesperrt. In neuester Zeit wurden die Capellen weggeschlagen, die Fenster vermauert und das Innere zu einem Magazin, das Kloster aber zu einer Kaserne verwendet. Dennoch konnten alle diese Unbilden den ursprünglichen Charakter des Gotlesbaucs nicht gänzlich vertilgen und wir wollen freilich nur mit Wehmuth und Unmuth, die Überreste beschauen. Voraus sei bemerkt, dass diese Kirche, wohl der beschränkten Lage wegen, von Norden nach Süden schaut, während alle anderen Kirchen die gewöhnliche Orientirung von Westen nach Osten erhalten haben.

Der älteste Theil ist der an der Westseite belindliche Thurm, bei dem noch ein capellenartiger Raum mit Rund- bogenfenstern sichtbar ist. Er steigt im Viereck auf und ist für die Kirche zu niedrig, oll'enbar V(im ersten Bau übrig geblieben. Das Dach ist vierseitig aufgemauert, die Schail- öffnung unter demselben zeigt den Übergangsstyl , zwei stumpfe Spitzbogen durch ein paar hintereinander stehender romainscher Sänlchen abgeschieden. Er wird aus dem Ende des XIII. Jahrhunderts stammen. Die Fa^ade ist unbe- deutend; das Rundfenster haben noch die Dominicaner ver- mauert und vermalt, der Giebel ist schräg zurückgelegt und bildet einen stumpfen Dachwinkel; auf der Ecke sitzt ein

kleines Thürmchen. Die treie Seite des Sehifles gibt von aussen durch die wegrasirten Capellen und die vermauerten Fenster einen trostlosen Anblick. Am Chor treten die aus gehauenen Sandstein gebauten Pfeiler kräftig hervor; er ist dreiseitig aus dem Achteck geschlossen. Das Mittelfenster, das man dem Hochaltar zu lieb, schon früher vermauert hat, hat auf dem Mörtel zufällig noch sein Masswerk behalten und dasselbe ist von so eleganter Zeichnung und leichten Schwung, dass es nach meinem Gefühl die beste gothische Reliquie in Botzen ist; ein Beweis, was die Kirche in ihrer schönen Zeit gewesen sein muss (Fig. 3). Das Innere ist

'J Die Notiz saminl einem Auszog' aus dem Testamente bei Trojan.

(Fifc'. a.)

mehr langgestreckt als hoch; ciiifaclie. achteckige ans Ziegeln gemauerte Pfeiler scheiden die beiden gradliniger geschlos- senen Abseiten vom Mittelschifl"; jene sind übrigens, wie hierlands überall mit dem MittelschilV von trieicher Hube und

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das Qucrscliitr tVlilt. Dio l'lVilcr liabcu eist in neuer Zeit unpassende Capitäle erhalten, urspriinglicli wachsen die Rippen, wie in der Franciscanerkirche, ohne Vermittlung heraus und liilden ein lui])schos Netzgewülhe. Die Fenster wurden noeii zur Zeit des Bestehens um ihren S[iit/.bo2;en gestumpft; ebenso erhielt der langgestreckte Chor eine dicke Kruste von Stuceatur und plumpen Gemälden. Im Klostergebitude seihst hat sich noch ein einfach schöner gothischer Kreuzgang erhalten, in dem besonders die leichte und mantngfaltigeSpitzbogenwölbung bewunderungswerth ist. In den Kreuzgang ilfl'net sich eine hübsche gofhiseherapelle, die nun in eine Soldatcnstube umge« aiulelt wurde.

Um die Aufzahlung vollständig zu machen, sei noch des kleinen gothischen Deutschordenskirchleins zum heil. Georg erwähnt. Die Besitzungen des deutscheu Ordens in Tirol, die sogenannte Bollei au der Etsch, reichen ia ein sehr frühes Alter hinauf; ihre erste urkundliche Niederlassung war das Haus in Lengmoos im Jahre 1227')- Ihre Niederlassung in der Ebene soll zuerst am Eisack gestanden haben, aber am Ende das XIII. Jahrhunderts vom Flusse verwüstet worden sein. In Folge dessen brachte der Orden 1400 den Viutlerschen Edelsitz Weggenstein käuflich au sich, der von nun au der Sitz der gleichuanugen Laud- eommende blieb »). Ohne Zweifel bald nach dieser Erwer- bung wurde das genannte Kirchlein erbaut, wie der Styl es mit Sicherheit schliessen lässt. Es ist mit seinem westlichen Ende in das Haus eingebaut und nur gegen Osten frei. Sockel, Pfeiler und Fensterstöcke sind von gehauenem Sandstein, das Übrige ist IMaucrwerk. Das Innere gewährt einen leichten, gefälligen Anblick. Es bildet nur ein SchilY mit hohem Gewölbe; die Rippeiibündel, drei an jeder Seite, sitzen sammt ihren Gewölbzwickelu auf Tragsteinen der Scitcnwände. So erhält das Gewölbe drei Joche nebst dem tiefgerippten, sternfurniigen Schhiss. Die Fenster sind schlank luid haben ein etwas nüchternes spätgothisches Masswerk, worin bereits die länglichen Fischblasen zum Vorschein kommen. Die Einrichtung ist modern, doch hat der Bau im Ganzen wenig Schaden gelitten. Von der Cum- mende Weggenstein selbst ist wenig zu sagen, indem das Gebäude gänzlich uuiilernisirt worden ist. Nur der nördlich angebaute Tliurm hat wenigstens einen malerischen .\ublick behalten. Er bildet einen viereckigen Kern von mehreren Stockwerken. An den vier Ecken sind runde Erkertlüirni- chen angebracht, die mit ihren Spitzen <las hohe Dach des Mittelbaues hübseh und trotziglich umstehen. Es sieht we- nigstens ritterlich aus.

Die Pfarrkirche, auf die wir endlieh unsere Be- trachtung lenken, ist der bedeutendste gothische Bau nicht blos in Botzeu, sondern im ganzen Kronlande. Ihr Bau ist auch der Zeit nach der ausgedehnteste , dciiu während er

') Brandis: Ehrcnkriinzcl dos Landes Tirnl. «) S. Stafllcr, Tirol und Vorarlhcrj. U. S. 887.

Theile eulhält, die über die golhisehe Zeit hinaufreichen und aus dem Xll. oder dem Anfang des XIII. Jahrhundert stammen, wurde ein bedeutender Theil davon erst im XVI. Jahrhundert aufgeführt, so dass man eine Baugeschichte von mehreren Jahrhunderten verkörpert vor sich hat. Der Forlschritt des Bauwerks lässt sich aus .Uigang der rrkuuden leider nicht in allen Theilen mit völliger Sicherheit nachweisen; doch stehen wir überall auf dem Boden einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit, womit wir uns in ähnlichen Fällen häufig begnügen müssen »)•

Ihren Ursprung verdankt die Kirche einem Mutter- gotteshilde, das bis auf den heutigen Tag in hoher Vereh- rung steht. Sein Bekanntwerden erzählt die Volkssage auf folgende Weise : An der Stelle der jetzigen Kirche befand sich vor Zeiten ein Moos (Sumpf), daselbst fand ein Fuhr- mann, durch eine himndische Stimme geleitet, das Bild und hob es auf. Es wurde nun für dasselbe zuerst ein sogenanntes Bildstöcklein errichtet, später eine Papelle mit einem .\ltar. Die Capelle wurde vom Bischof Salomo von Trient IISO wenige Tage nach der früher erwähnten alten Pfarre ein- geweiht. — An der Stätte dieser Capelle erhob sich allmäh- lich die jetzige Kirche, deren Baugeschichte sich etwa in vier Abschnitte zerlegen lässt. Bereits 1194 geschieht der Marienkirche Erwähnung, in der durch Bischof Konrad von Trient eine Belehnung der Grafen von Eppan vorge- nommen \\ird: 1203 ist sie bereits Pfarrkirche, auf deren Freithof eine Pfandschaftsverhandlung geschieht. Demnach scheint der erste Bau am .\nfange des XIII. Jahr- hunderts bereits fertig gewesen zu sein. Der Brand 1223 dürfte ihm wenig luichtheilig gewesen sein , da die Kirche um jene Zeit wahrscheinlich noch ausser dem Weichbilde der Stadt stand. Wenigstens wird sie in den Urkunden von 1224 und'1238 als bestehend vorausgesetzt. Nur dürften die Glockenthürme etwas später und nicht beide gleichzeitig aufgeführt worden sein, da in einer Urkunde von 1313 von einer Testamentsverhandliuig bei der Kirelilhiir am neuen Glockenthurm unserer lieben Frauen-Pfarrkirche die Bede ist '-). Von der Gestalt dieser ersten Kirche können wir uns aus neueren Untersuchungen und noch vorhandenen Theilen einen ziemlich deutlichen Begrilf macheu. Fline 1832 vor- genouuneue Tieferlegimg des Fiisshodens im Chor enthüllte die Grundmauern also den Gruudriss eiiuM- dreischilTigen Basilica ; die Seitenschiffe durchbrechen die Thürmc und siiul gleich dem etwas länger gestreckten Chor halbrund geschlossen. Das Haiipl|)ortal , das noch vorhandene soge- nannte Lüwenthor, ist im lombardisch -vcnetianischer Styl unil ein kleineres noch vurhaudenes Purfal ist einfach roma- nisch. Es war also ein romanischer Bau, wie kaum zu zweifeln

') Ii.Ti bctrelTcndo .Material ist (jMammelt und /.iisammcn^joslellt von dem nh vaterliindisdicn Ge.ichichlsforscher rüliniliclist anerkannten Professor I'. Justinian Ladurner: Beitrüge zur fiesehichlo der Pfarrkirche von Botzcn. Botzen 18!>1.

2) Ladurner, a. a. O.

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ist, nach lombardischem Muster angelegt. Die beiden Thürme, deren Unterbau bis zum Kirchendach noch im gegenwär- tigen BaukiJrper steclct, geboren der Übergangszeit an und sind wohl erst im Verlaufe des XIII. Jahrhunderts entstan- den. Das beweist unter andern der Rundbogenfries, der sich aber schon der Spitzbogenform nähert (wie der Fries unter dem Dache der Kuppel von St. Geneve in Cöln aus dem Anfang des XIU. .lalu'hunderts), eine Form die im gothischen Styl bald verschwindet. Die zweite Bauperiode umfasst ungefähr die erste Hälfte des XIV. Jahrhunderts und betrilTt das gegenwärtige Schiff der Kirche. Bereits von 1317,1329,1330,1340 liegen Sehenkungs-Urkunden zum Neubau von unserer lieben Frauen-Pfarrkirche (ad novum opus ecdcmte jKivochialis B.M. V.) im städtischen Archive. Doch scheinen solche Sanwnluiigen eher zur Vorbereitung geschehen zu sein. Den sichern Anfang zeigt uns eine bei Trojer und in anderen Chroniken enthaltene Notiz an : „im Jahr 1340 um Sonnenwend war das erste Geweih an U. L. Frauen - Pfarrkirchen erpaut gen den Wendelstein hinab" (südwestlich, wo jetzt das Kapuzinerkloster steht). 1377 ferner wurde der Altar des heiligen Aehatius von der Capelle am gescheibten Thurm in die Pfarrkirche versetzt. So dürfte das Schiff wohl gegen 13S0 1360 vollendet worden sein. Gleichzeitig erlitt aber der Bau einen bedeutenden Schaden, indem 134S der Thurm am Wendelstein (das ist der südliche) bis zum vierten Stockwerk einstürzte. Er wurde später nichtwieder aufgebaut, sondern nochweitergestunipft, wie er heute noch steht. Einer dritten Bauperiode gehört der Chor an. Das zeigt der viel reicher entwickelte Styl, der sich von der Einfachheit des Schiffes auffallend unter- scheidet, obwohl wieder Formen vorkommen, welche auf eine Benützung des älteren Chorbaues schliessen lassen. Genauere Anhaltspunkte über die Bauzeit Hessen sich „aus Mangel aller darauf bezüglichen Urkunden," wie Ladurner sagt, bisher nicht gewinnen; nur die urkundliche Nachricht, das Bischof Georg von Trient 1390 den neuen Freithof hinter dem Chor eingeweiht habe; und die Volkssage, die Kirche sei um 1400 vollendet worden, kaim dafür ange- führt werden, dass der Bau in die zweite Hälfte des XIV. Jahrhunderts fällt. Darauf deutet auch das an einer Säule hinter dem Altar befindliche Vintlerische Wappen ohne den gekrönten Turnirhelm, den Kaiser Sigmund 141S der Familie verlieh >).

*) P. L ad um er ist der Meinung, dass die am Clior auf den Quader» hie uud da vi>i-küinmendeti Steinriiet/.zeictieu eiuiges Lieht übei- die liauzeit vei-breiteri dürften. Allein die Kunde dieser Zeichen ist heutzutag-e wohl noch zu unsicher, um iihnliclie Schlüsse zu erlauben. Auch bemerkte ich sie nicht blos am Chor, sondern auch dann und wann am Schiff. Sie sind aber doch interessant genug und könnten vielleicht den Zusammenliang mit irgend einer Baubütte wahrscheinlich der von Wien .inzeigen. Ich co|)iere sie nach Ladurner, der die meisten abgebildet hat.

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Das XV. Jahrhundert kann eigentlich in die Bauzeit nicht mit eingerechnet werden, es wurde zur inneren Ein- richtung und zu nothwendigen Verbesserungen verwendet. Altäre wurden errichtet, darunter der Fronaltar im Chor von Meister Hans Maler von Judenburg, mit dem 1421 der Con- tract geschlossen wurde; einen andern fertigte Michael P a c h e r von Brauneck (in den Urkunden gewöhnlich prawneck) 1482 und 1483. Dr. Förster sah im Jahre 18ä3 in München bei Herrn Inspector Ainnn'iller einen geschnitzten Flügelaltar, der aus Botzen gekom- men war und den er für den verlornen Pacher"schen hält ')• (S. deutsches Kunstblatt 18S3, Nr. 13.) Ferner wurde eine neue Sacristei gebaut und der Giebel der Fa^ade, der früher wie bei den Dominicanern zurückuelegt war, senk- recht ausgebaut. Der Brand, von dem der früher erwähnte Dominicaner Felix Faber 1483 die Stadt verheert fand, hat die Kirche zwar nicht zerstört, aber doch beschädigt, was mancherlei Reparaturen nothwendig machte. Endlich weil das alte Portal theilweise die Fensterrose verdeckte, wurde es 1498 abgebrochen und mit möglichster Beibehaltung des alten Materiales und der alten Form in kleinerem Massstab wieder aufgerichtet, wobei freilich Manches in den Verhält- nissen und in der Anlage eingebüsst wurde, wie der Augen- schein es ergibt (vergl. Tafel IV). Bei dieser Gelegenheit wurden auch die Löwen, die die Säulen tragen, aus Trienter Marmor neu gemacht, da die alten morsch geworden waren. Ein Unglück am Schlüsse des XV. Jahrhunderts veranlasste den jüngsten Bau, nämlich den des schonen Thurmes. der dem XVI. Jahrhundert angehört. 1499 entstand im Thurm eine Feuersbrunst, und es brannte alles Holzwerk der Art zusammen, dass der obere Theil unbrauchbar wurde. Man dachte sogleich an den Neubau; und über diesen Theil des Baues haben wir alle wünsehenswerthe Sicherheit urkund- licher Aufzeichnungen. Burkhard Engelsberg, Stein- metzmeister zu Augsburg, lieferte für lOOfl. den Riss des Thurmes; als Polier empfahl er den jungen Steinmetzen Hans Lutz von Schussenried, auf den bald die all- einige Oberleitung des Baues überging. Er ging unver- drossen ans Werk und hatte gewöhnlich nur 7 8 Stein- metzen als Gehülfen, mit denen er in verhältnissmässig kurzer Zeit das schöne Werk zu Stande brachte. 1501 wurde der alte Thurm drei Stockwerke hoch abgetragen und nun schritt man zum Neubau. Von unten auf ging dieser Bau rasch vor sich . denn als Kern wurde das Viereck des alten Thurmes beibehalten und nur die Ecken mit starken, wohlgegliederlen Pfeilern vei'selien. Willendet wurde der Thurm laut einer Inschrift „den 16. Tag lleibst- monats 1519." Der Meister lebte darnach geehrt in Botzen (die Erzählung Aon seiner Flucht, weil der Tluirin sich ein

•) Das muss freilich noch dabingeslelll bleiben; doch ist es wohl möglich, dass es einer der mehreren alldeulschcn Altäre ist, die aus der Pfarre ge- siball't wurden und dann verschwanden, (brigens ist auch bekannt, dass ein iilMilicher Allar von Tr a ni i n über liol/.en den Weg des Schachers ging.

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wenig geneigt, ist eine Fiihcl); sei» IJiidiiiss ist noch im Magistratsliause aufbewalirt. Die Steirnnetzoii liattcu noeli Zeit gefiuulon, in den Jiihren 1513 und löl4 die sehüno KaiiZi'l zu nieissein, die mich in der Kirclie steht.

An den li-.iu des zweiten 'riiiirmes selieiiit man nie melir gedacht zu halien, und so wai- der Bau vollendet. .\u.s der späteren Zeit, besonders dem XVIII. Jaln-hundert, ist nichts mehr zu melden, als missverstandene Verschöne- rungen. Die alldeutschen .Mtäre mussteii hinaus und Marmor- gebiiude im schlechten italienischen Styl kamen an die Stelle. Durch diesen Tausch gingen die vurgedachten Mei- sterwerke verloren, die kostbares Gestein, wie es am Ibieh- altare verwendet ist und den Bau stört, nimmermehr ersetzen kann. Ein grösserer Schade gescliah dem IJaue diu-ch die Durchbrechung des Chores und dem .\nbau einer neuen Capelle für das Gnadenbild in ganz unpassendeniStyle 174ä. .Am andein Ende, niimlich am Eingänge wurde ahnliche Unbild verübt, indem die Orgel dorthin verpflanzt und auf unpassenden Rinulbögen aufgestellt wurde. Aber es man- gelte an Licht; darmn miisste die liosc zwei plumpen Rund- bogenfenstern weichen. Auch von der Seite wollte man Licht und brach ein ebenso ungestaltetes Paar links und rechts in die Wand längliche Luftlöcher, einen bessern Namen verdienen sie nicht. Andere Verschönerungen, wie Cberweissen und dergleichen, verstehen sich von selbst. In den Dreissigcr -.Jahren dieses .rahrhunderts wurden Ke- staurationen vorgenommen, die den IJau wieder so ziemlich rein fegten uiul so weit es möglich war, in alter Gestalt wiederherstellten; die grossen Sünden sind freilich geblie- ben und von dem Neuen , was hinzugekommen ist, ist auch niehtallcs tugendlich zunennen, nämlich im gothischenSinn.

Nun mag dem historischen Zettel als Einschlag die Beschreibung folgen (Fig. 4) '). Die ganze Anlage hat drei gleich hohe SchiiTe ohne Querschiff; die Seitenschiffe sind als freier Umgang um den Chor herumgeführt; den Durchgang von den SeitenscbilTen in diesem Umgang bildet beiderseits eine etwas gedrückte Halle, die den Cnterbau der zwei Thürnie trägt, von denen indess bbis der iiönl- lich(! ausgebaut ist. An ihn .schliesst sich gegen Westen der Zubau der Sacristci an. Ausser dem llauptportal im Westen führen an der Süd- und Nordseite der SehifTe je zwei Por- tale in das Innere, ausserdem belindet sich noch eine Tliür an der Nordseite des Chores. Das Baumateriale ist ausser der neueren Schlusscapelle durchaus ein schöner, gelblicli- röthlicber Sandstein.

») Die Süssere Länge des SchilTes'gibl Ladiiroer m 144 Fuss, die lln-ilo zu 73 Fuss, die Breite des Chors /.u G2 Fiiss «n. für dessen Länge würden nacli Abrechnung der zugebauten CapeMe ungefilir 52 Fu>s bleiben. Her mir vorliegende (irundriss weicht aber von den angegelienen Massen so bedeutend ab, dass ich im Augenblick ausser Stande bin, die Angaben zu piüfen, und daher auf jede genauere .Massbestinimung rerzicbten muss. Erklärung des Grundrisses: .4 nau|it|,orlal, R das sog. ITanenlhürl, C Seitenthore, O Thurmhallen , Ä Trep|ienthiirmehen , /■'Hochaltar. G neuere Marlencapelle, // Sacristei.

Betrachleii wir zunächst die .\ussenseite des Schilles. Der ganze lian ruht auf einem, zwischen drei bis vier Fuss hohen Sockel, dessen idierer Band iii der Weise der atti- schen Basis schliesst. Der Bau ist einfach und schmucklos. Die Pfeiler treten wenig aus der Mauerwand heraus und

reichen nur bis zu zwei Dritt- theilen der Hö- be. Futer dem Dache ist weder Fries noch an- dere Zier. Die Fenster sind ver- hältnissmässiü klein, meistens durchzweiStäbe getheilt, derBo- genschluss ge- wöhnlich durch einen Vierpass geschmückt, der die Gestalt des Kreuzes zeigt ; von Aussen ohne Giebelkrönung. Von denSeiten- thürcn ist die östliche an der Südseite, das so- genannte .,Pfaf- fenthürl " als ein Iberbleibsel vom alten roma- nischen Bau he- merkenswerth. Sie bat die be-

fFig. 4.)

kannte einfachste romanische Form; den Bahmen bilden zwei Säulen auf attischer Basis mit korinthisirendem Capital, \\ürüber ein starker Ruiulstab oder Wulst in Halb- kreise gesj)annt ist. l'ber dem Thürslurz ist ein altes Gemälde, den Gekreuzigten darstellend. Die übrigen Seitenthoie sind spitzbogig, die Laibung ist mit einfachen Stäben und Hohlkehlen verziert. Die Faf ade ist an ihrem id)eren Tbeile durch die Vertausebung der Rose gegen die modernen Fenster völlig unbedeutend geworden. Das Portal aber (das sogenainite Löweulluir) mit seinem alterthüm- lichen Aussehen ist immer noch ebi'wiirdig (TaflV, Fig. vi). Es ist ein selbstständig heraustretender Ndrbau. Vorne ruhen zwei Löwen von rothem Trienter Marmor mit aufge- sperrtem Rachen, mit den Vordertatzen ein kleineres Thier umkrallend, von einer leblos heraldischen Bildung. .Jeder trägt auf dem Rücken eine achteckige Säule mit korinthi- sirendem Capital. An der IJinterwand gegen die Kirche

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entsprechen dieser zwei ähnliche, runde Säulen, die aber bedeutend dünner sind, so dass man in Zweifel geräth, ob diess der ursprünglichen Anlage gemäss ist. Diese Vorder- und Hintersäulen sind durch einen Architrav verbunden, so dass links und rechts ein offenes Rechteck bleibt, während der mittlere Durchgang halbrund überwölbt ist. Die scliräge Laibung des Portales ist einfach aber sorgfältig geschmückt. Auf dem weissmarmornen Sockel sind Drachen im Kampf mit anderen Tliieren abgebildet. Darauf stehen je vier eckige, säulenartige Stäbe über attischer mit dem Eckblatt versehenen, aber die eckige Form der Schäfte nachahmen- den Basen, die oben ohne Capital in Halbkreisbogen enden. Hier sieht man die bei der Erniedrigung des Portals ge- schehene Verschiebung der ursprünglichen Baustücke deut- lich. Das Portal bestand ursprünglich aus regelmässig wech- selnden Lagen weissen und röthlichen Marmors , wie man ähnliche zu Salzburg bei den Franciscanern und in S. Peter sieht, die einen reichen und reizenden Anblick gewähren. Hier gehen die Lagen nicht mehr recht aufeinander, das eine Stück ist zu lang, das andere zu kurz, wenn man auch das Bestreben wahrnimmt, die alten Formen zu erhalten. Fragt man um den künstlerischen Taufschein dieser Art von Portalbau, so dürfte wohl die Lombardie als seine eigent- liche Heimath zu bezeichnen sein. Dort ist der Vorbau mit den Löwen die Regel und gerade die vorzüglichsten Kirchen des benachbarten Verona (S. Zeno, Dom) geben die besten Muster. Von dort schlingt sich der Faden über Trient (Dom) heraus nach Botzen; erscheint wieder an der romanischen Stiftskirche von Inichen, wo die geschichtlichen Verhält- nisse eine Verbindung mit Italien nicht unwahrscheinlich machen; und kommt nochmals zum Vorschein an der S. Zeuokirche zu Reichenhall *). ^^o schon der Titelheilige auf Verona hinweist. Andere Beispiele an jetzt noch ste- henden Kirchen in Süddeutschland sind mir nicht bekannt, Die Thürflügel sind von einem Tischler 1S21 verfertiget und mit den Bildern der vier Evangelisten im Relief verziert worden; für einen Tischler eine tüchtige Arbeit.

Beim Eintritt in die Kirche bemerkt man gleich, dass das östliche Ende gegen das westliche bedeutend von den geraden Linien nach Süden abweicht, wie auch, dass die Seitenschiffe nicht völlig gleich sind Fehler, wie sie bei alten Kirchen nicht selten vorkommen, ohne der Perspective des Ganzen wesentlich Eintrag zu thun. Das Gewölbe erhebt sieh im Schiff zu einer Höhe von 47 Fuss , ist von einer Doppelreihe von sechs Pfeilern getragen und bildet daher eben so viele Traveen. Die Pfeiler (Taf. IV, Fig. B) haben eine viereckige Grundform und Säulchen in den vier ausgeschnittenen Ecken. Die Basis ist der attischen ähnlich; das Capital an den Säulchen ist korintliisirend, von einer dürren, conventionellen Bildung, so dass das Akanthus-

*) S. ,.die niittclnlteiliche Kunst in der Erzdiöcese I^Iüucheu-Freisiiig''* von Dr. S i g- h a r t. Freising- 1853, S. 90.

blatt stets in eine Art Blume oder Stern oder einen Men- schenkopf endet. Dieselbe Art des Schmuckes ist sodann auch über die Zv ischenflächen des Pfeilers herumgeführt. An den AN änden der Seitenschiffe entspricht jedem Pfeiler ein Pilaster mit zwei Säulchen zur Seite. Die Gewölbecon- struction ist äusserst einfach. Von der Pfeilerfläche geht ein breiter Gurt aus, der mit dem Gurt des gegenüberste- henden Pfeilers in einem stumpfen Sjiitzbogen sich verbindet und so die Joche scheidet. \o\\ den Ecksäulchen springen die Bippen des Kreuzgewölbes aus. Die Gurten sind durch Hohlkehlen an den Seiten profllirt, verlieren dadurch aber wenig von dem Eindruck ihrer Breite ; die Profilirung der Kreuzrippen ist birnförmig. Man sieht wohl, die Con- struction ist in all ihren Theilen noch sehr primitiv und unterscheidet sich wenig von dem eines massenhaften roma- nischen Gebäudes.

Der Chor liegt gegenwärtig noch um 3 Stufen höher als das Schiff. Der Durchgang von den SeitenschilTen in den Chorumgang ist, wie schon oben bemerkt, etwas gedrückt und beengt, weil die darauf ruhenden Thürme einen massen- haften Unterbau verlangten. Dass sich übrigens hier vor Zei- ten eine halbrunde Apsis aiischluss, sieht man noch, indem gegen Osten noch der Rundbogen steht und nur durch einen Spitzbogen unterfangen ist. Der Innenraum des Chores ist vom Umgang durch acht Pfeiler geschieden. Diese Pfeiler haben eine wunderliche Gestalt, die sich schwer erklären lässt , ausser man nimmt an , sie seien theilweise aus dem früheren Bau herübergenommen und dem neuen adajttirt worden (Taf IV, Fig. C). Sie haben ursprünglich wohl eine achteckige Grundform gehabt und sind von unten auch mit Säulchen umstellt, die ungefähr auf dem dritten Viertheil der ganzen Pfeilerhöhe in glatte Kelchcapitäle enden und für sich weder etwas tragen noch bedeuten, wenn man nicht annimmt, sie haben vor Alters den wahren Pfeilerschluss gebildet und das Gewölbe getragen. Diese ursprüngliche Gestalt wurde beim neuen Chorbau vernnitli- lich dadurch entstellt , dass hinten , wo sie roh aussehen, eine Verstärkung zugelegt und oben eine Verlängerung auf- gesetzt wurde, die nicht völlig sonkreclit steht, sondern sich etwas gegen die \\'ulbung überneigt und durch rippeulür- mige Einkehlungen seltsam genug aussieht. Oben ist der Pfeiler von einem stark ausladenden aus dem .Achteck gebil- deten Capital gekrönt, dessen Schmuck plumpe Pflanzen- und Thierformen und sonstige Fratzen bilden, von denen man auch nicht weiss, wie sie in den gothischen Bau kommen und die man eher als einen Rüekfall in romanische Phantasiegebilde ansehen könnte. Itas (iewölbe macht einen prächtigen Ein- druck: es bildet zwei Sterne mit reich profilirten Rippen und plastischen Figuren von Engeln und Heiligen auf den Schlussstoinen. Die Fenster sind höher und breiter als im Schiff und mit reicherem Masswerk verziert. Vergegen- wärtigt mau sich die ganze Wirkung des Innern, so herrscht der Eindruck des Ernsten und Schweren vor. wie ihn die

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massigen Pfeiler und wuchtenden Gewölbe bei geringer Hijhe und geringer Massenauflüsung der Gewände hervor- bringen müssen. Nur gegen den Chor zu wird es lichter und freier und würde es noch mehr sein, wenn der Hoch- altar nicht den Mittelbogen verdeckte und wenn nicht das Schlussfenster durch die Muttergottescapelle verbaut wäre.

Nun haben wir noch das .Äussere des Chores zu betrachten, das nebst dem Tiun-me mit architektonisclien Schmuck am reichsten bedacht ist. Die Pfeiler des fünfsei- tigen Schlüssels verjüngen sich in mehreren Abstufungen; sie sind am Dachrand mit Spitzsäulea gekrönt, unter denen wasserspeiende Thiere hervorragen. Zwischen den Spitz- säulen ist eine hübsche Gailerie um das Chordach geführt. Die Fenster entbehren einer eigentlichen Giebelkrönung, dafür haben sie aber einen andern Schmuck, es ist nämlich über jedes ein überaus reicher Blätter- oder Blumenbogen gespannt. Dem Chor dienen ausserdem am westlichen Ende beiderseits zierliehe Treppenthürme. die bis zur Gailerie hinaufgeführt sind, zur Verschönerung, sowie zwei blinde Thürbogeu mit schönem Masswerk. Es haben sich auch dort und da plastische Figuren erlialten, die aber keinen hohen künstlerischen Werth haben.

Nocii ist die Beschreibung des Thurmes übrig. Er steigt in vier Abtheilungen empor, die durch deutliche Grenzen von einander geschieden sind und wieder in sich selbst ihre Gliederung haben. Die unterste Abtheilung, die bis zur Hälfte des Kirchendaches reicht, ist noch das alte Viereck mit dem etwas gespitzten Rundbogenfries; neu (d. h. vom letzten Bau im XVI. Jahrhundert) sind nur die reichgestalteten Eckpfeiler, die in Spitzthürmchen enden und so den Abschluss anzeigen. Darüber erhebt sich ein zweites Viereck von zwei Stockwerken, wovon das untere mit blinden, das obere mit oflenea Fenstern ausgestattet ist. Die Fenster sind mit schönem Masswerk verziert. Eine Gailerie schliesst und krönt diesen Theil. Darauf steht ein Sechseck gleichfalls von zwei Stockwerken, an denen die Flachen dos unteren wieder mit Fenslerblenden . die des oberen mit nlfenen reich verzierten Fensterbogen versehen sind. Die Verbindung des unteren Vierecks mit dem Sechs- eck zu vermitteln , dienen die Eckthürmchen . die vom Viereck aufspringen und üppige geschweifte Bogen zum Sechseck hinübersenden. Diess ist am oberen Ende wie- der durch eine Gailerie mit Eckthörinclien gekri'mt und daraus erhebt sich der sechseckige Helm aus durchbroche- nem Steinwerk, der durch einen Kranz in der Mitte gleich- falls abgetlieilt ist. Der Thurm muss ein Meisterwerk der spätgotbischen Baukunst genannt werden. Besonders macht die einfache Gliederung und die conseifuente Durchfüh- rung aller Theile einen whIiIiIiücihIcii EimlrMck. Doch kann der Bau in manchen Einzelheiten die Mängel einer späten Zeit freilich nicht verdecken. So ist der Über- gang vom Viereck zum Sechseck entschieden zu mager und zu grell. [)ie .\lten setzten darum regelmässig das

Achteck auf, als das Natürliche, leichter und reicher zu Vermittelnde. Die Vermittlung war ferner eine echt archi- tektonische und gerade in diesen Cbergängen kommen nicht selten die glänzendsten und originellsten Gedanken der Meister zu Tage. Hier fehlt eine eigentlich architekto- nische Vermittlung ganz; die zarten Ecksäulchen mit ihren Bogen können für nichts anderes angeselien werden als für einen Schmuck. Ferner sind der Abthcilungcn zu viele, wodurch eben keine zu bedeutsamer Geltung und grossar- tiger Entfaltung kommt, wie denn z. B. namentlich die Schlusspyramide etwas stumpf aussieht. Das späthgolhische Ornament endlich trägt nicht wenig bei, den Eiiulruck des Zierlichen zu erhöhen, den des Grassen hingegen zu schwächen.

Von alter Einrichtung sind der Pfarrkirche zwei bedeu- tende Stücke geblieben. Das erste ist die 1S13 1S14 ver- fertigte Kanzel. Sie ist aus Sandstein gehauen und wurde theilweise sogar bemalt (aber wohl in späterer Zeit). Sie liat die aus dem .\chtecke gebildete Kelchform und ruht auf einem entsprechenden Fuss; die Einfassung bildet reiches Ornament, dazwischen sind im Relief die Kirchen- väter und andere Heilige angebracht. Das späthgothische Ornament ist hübsch, ganz wie auf Holzschnitzwerken be- handelt, die Figuren hingegen sind sehr ordinär und haus- backen. Das andere, weit schätzbarere Stück ist eine gothische, über vier Fuss hohe Monstranz. Aus dem schön ausgebreiteten Blattwerk des Fusses erhebt sich der Stamm, welcher die Gestalt einer Quadermauer nachahmt, umso den Gedanken eines kräftigen Interbaues auszudrücken. Darauf steht zunächst der Krystalleylinder zur .Aufnahme der Hostie, darüber und darneben wächst ein herrliches olVenes Thurmwerk empor, ein hoher Miltelthurm und zwei niedrigere Seitenthürme, ein gothischer Tempel im Kleinen. In den Thürmen und Nischen sind Figuren angebracht: der Gekreuzigte, die Mutter Gottes und andere Heilige (ein Pelikan vor dem Cylinder ist später unpassend angemacht). Das Ganze ist von Silber, die Figuren vun (lold oder ver- goldet. Letztere sind ziendich kurz und plum[), hingegen alles Bauwerk so schi'in, reich und luftig, dass es eine Ver- gleichung auch mit den besten mittelalterlichen .Arbeiten der .Art nicht zu scheuen hat. Das Werk wäre einer Abbildung und Veröflcntlichung im hohen Grade würdig. Iber Zeit und Ort seiner Entstehung koiuite ich leider keine verläss- liche Kunde erlangen. Den P'ormen nach halte ich es für ein Werk aus den ersten Jahrzelniten des XVI. Jahrhunderts.

Diess ist es ungefähr, was von mittelalterlichen Denk- malen in Botzen noch übrig geblieben ist, nachdem die Ungunst der Zeilen manches andere weggeräumt hat. Es ist für die massige Handelsstadt immeriiin von Bedeutung und findet sich ausser Trient an keiner andern Stelle des Kroidandes so viel Erwähnenswerthes lieisammen. Doch muss man gesteiicn, dass die gothisclie Baukunst, der die schönsten dieser Denkmale angehören, ihi'e vollkommensten

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Formen hier nicht entwickelt hat. Überall fehlt im Grund- risse die Kreuzform, im Aufliau jener schöne Wechsel zwischen niedrigeren Seitenschiffen und einem mittleren Hochbau, an deren Stelle die heitere aber auch nüchterne Form der Jlallenkirche tritt. Nirgends ist die Bündelsaule angewendet , daher auch keine edlere Ausbildung des Capitäls erreicht. Die Wand bleibt unaufgelöst nach Innen und Aussen, daher der Eindruck immer etwas schwer und mager, wenn man etwa den Chor der Pfarrkirche ausnimmt.

Nur der Gewölbebau wurde leicht und meisterhaft gehand- habt, besonders in den Kirchen und Kreuzgängen der Fran- ciscaner und Dominicaner.

Auch die nächste Umgebung von Botzen bietet einem Freunde alter Kunst noch manche wcrthvolle (berreste, wovon im nächsten Abschnitte einige erwähnt werden sollen, nämlich Schloss Kungelstein, Kloster und Pfarr- kirche zu Gries, die Pfarrkirchen von Terlan und S. Paul.

Über die Bedeiitmig der im Jahre 1106 urkundlich erwähnten capella baptismalis anf dem Berge Zoppen

in Kärnten.

Von Gottlieb Freiherrn v. Ankersho f en , k. k. Conservutor für Kürnlon.

Im April des Jahres 1160») bestätigte der salzbur- gische Erzbischof Eberhard I. zu Laufen die von seinem Vorfahren und von ihm selbst der Abtei St. Blasien in Admont verliehenen Güter und Rechte mit Beifügung neuer Verga- bungen. In der Bestätigungsurkunde heisst es nun wörtlich:

Sanc ex auctoritate credltae vobis a Dco dispensa- tionis capellas dtias Baptlsmalcs, in prncdüs Mona- sterii sitas scilicet s up raZozzcn et apud 3Iukkirnovve cum omni jure suo, dote videlicet et clave Ecclesiae S. Blasii perpetuo confirmamus. Primam earum ex mundato nostro a Veuerabili fratre nostro Romano Gurcensi Episcopo dedicatam jam dicto Coenobio cum jure sacerdotali tradidmus, ut vide- licet homines inter dtios rivos Cortsiz et ZIntovve consistentes, Baptisma, sepidturam, abso- lut ioneni poenitentium, caeteraque divina, a sacerdote, qui per Abbatem iti ecclesia illa fuerit institidus, requi- rant, et decimas eidem Ecclesiae persolrant, nisi forte Abbas cum plebano de Gut ar che interdimi pro tempore et fratrum suorum quiete, aliter convenerit , quod tarnen in detrimentum Monasterii non redundet. Alteram Eccle- siam apud Mukkirnovvc praedecessores nostri Baptis- malem esse instituerunt, quam rursus sub prae- decessore nostro, domino Chunrado, Gotfridus de Wietinge ä Jure parochitano exemit quodam. ^iraedio suo Salzpur- gensi Ecclesiae super hoccontrudito, ut sacerdotem ibidem, quem vellet, huberet, cum omnibus attinentiis et xUilitati- bus Ecclesiae. Itaque praedecessorum nostrorum pro jam dicta capella institutum, ad Admuntcnscm Ecclesiam cum praedii Makkirnovve traditione, manu nnstra dcrivatum, et nos dilecto fratri nostro Gotfrido Abbat i, ejusque fra- tribus jure jierpetuo confirmamus, ut scilicet dos ipsius Ecclesiae et decimue de praedio Golfridi ex toto, dccimae quoque ad Chrotse tarn de Vineis quam de agris ad Eccle-

1) Actum apud Laufe annn MCLfX. ludicliiiuc X rcijnautr dominn Friderico Uomanovum Imperatore et scmpcr Auf/usttt anno rcijni cina IX. Imperii vcro VI. nostri Pontificatus anno XIII. Die niutlimassliche Angabe des Ausstellungstages nach Hirnsitz Germania Sacra 11. S. 261.

siam ipsam persolvantur, nisi quod plebano de S. Flo- riano quatuor acervi frumenti et quatuor avernae, certa de causa exinde persolreulur. Populus etiam qui est su- pra collem et ad Mukkirnocre et ad Chrotse, sepulturam et Baptisma et omnem Justitium apud Ecclesiam S. Xicolui habebit, excepto dumtaxat placito Christianitatis, et ju- dicio fcrri rcl aquae, quae ad plebunum de Libniz spectabunt coaperunte sacerdote de Makkirtiovve ').

Unter der Capelle auf dem Zozzen ist keine andere zu verstehen als die nun zur Pfarre liüttenbcrg gehörige Filial- kirche St. Michael am Zossen, welche östlich von Friesach drei Stunden ober Guttaring gelegen ist. Die Capelle in Mukernau gehört der unteren Steiermark an, muss aber hier desshalb berücksiclitiget werden, weil uns das, was in der Urkunde über die Capelle in Mukernau gesagt wird, den Leitfaden für das geben muss, was wir in Bezug auf die kärntnerische Capelle am Zozzen, über welche sich die Urkunde nicht so deutlich ausspricht, annehmen dürfen.

Da die bei diesen Capellen bestellten Priester zur Zeit obiger Confirmations-Urkunde bereits das Recht zur Spende der heiligen Sacramente der Taufe und der Busse, dann das Begräbnissrecht und das Recht zum Zehentbezuge, somit Pfarrechtebesassen, und imMittelaltcr öfters auch Pfarrkirchen ecclesiae oder capellae baptismales genannt wurden =), so könnte man geneigt sein, zu glauben, als habe der Erzbischof

') B. Petz, Tlies. anecdol. nov. T. III, P. 111, col. 7Ü6 u. 707.

^) Du Cange Glossarium Edil. Ilenschcl III. p. 4, H. p. 126. Tho- mas in i, Dcscript. eccles. vel. et nova. P. 1. Lib. II. C. XCV. V.

Ein solches Beispiel ans der ersten liälflo des XII. Jahrhunderts enthält eine Gurker Urkunde mit dem iwtum vom 6. Dceeuiher li;!G. Mit derselben verkündet der Bisehuf Human von Gurk den Aufhau der Kirche von Tigrinjj (bei Mooshurg) die EinHcihung und erste Dotiruusr derselben. Nach AufiiiliJuEig der Zeugen, welche bei dem Acte der Datirung und Einweihung anwesend waren, fahrt der Bischof fort, zn erzählen : I'oslea vero decus et lionor eju.idem ecclesie ererit et ipse prefatus dominus Cunradus Saliliurgensis an/iiepiscopus quod factum fuerat laudavit baptismalem inibi ecclesiam fecit. jus bap- titandi et sepeliendi tradidit. terminis et decimatio- nibus ampliavit. et titutares ecclesias infm subnotalas ditioni iltius subjugavit. Ich glaube, dass diese Worte in keinem anderen Sinne genommen werden können, als dass der salzburgische

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die Kirchen am Zozzen und in Mukernau durch den Namen capcUnc haptismales als Pforri;irchen bezeichnen wollen.

Allein so oft aiicli Pfarrkirchen in der ronfirniations- Urkunde erwähnt werden, werden sie ausdriicklicii ccclcsia plebisana und ecclesiu purochialis genannt»). Dass an Tanfcapeilen, welche Kathedralen oder sonstige liaupt- kirchen nehengehaut waren undHaptisterien genannt werden, nicht zu denken sei, geht schon daraus hervor, dass keine Kathedrale oder Hauptkirche, welcher die Capellen am Zozzen und in Mukernau nehengehaut gewesen sein könnten, nachweishar ist. Die mehrerwähnten beiden Kirchen können daher nur desshalb capcllac baptismulcs genaiuit werden, weil sie früher, das ist bevor noch zu ihnen Pfarrechte ver- liehen wurden, solche Capellen waren, in welchen, ohne dass sie Pfarrkirchen waren, vermöge biscliöllichen Con- senses das Sacranient der heiligen Taufe gespendet werden durfte. Hinsichtlich der Kirche in Mukernau spricht sich die Urkunde deutlich dahin aus, dass selbe schon von den Vor- fahrern Eberhard"s und Knnrad's zur Taufkirche bestimmt, das heisst, das Recht, in ihr das heilige Sacrament der Taufe zu spenden, ertheilt worden sei und dass selbe später, unter Erzhiscliof Konrad ausgepfarrt und dem Gottfried von Wie- ting das Recht ertheilt wurde, einen beliebigen Priester zu bestellen, dem alles Zugehör der Kirche und alle Erträg- nisse derselben zukommen sollen. Nicht so deutlich spricht sich die Urkunde hinsichtlich der Kirche am Zozzen aus. Hinsichtlich dieser heisst es nämlich in der ['rkunde ledig- lich, dass diese durch den Rischof Rmnan von Gurk über Auftrag des Erzbischofes geweihte Capelle von dem Erz- bischofe dem Kloster in Admont mit dem Refugnisse über- geben worden sei, da.ss die zmschen den Rächen Cortsiz (Görtschitz) und Zlatowe ansässigen Leute die Taufe, das Begräbniss, die Sündenvergebung und den übrigen Gottes- dienst von dem Priester,^ welchen der Abt bei dieser Kirche bestellen würde, empfangen und an diesem auch den Zehent abführen sollen, falls nicht der Abt mit dem Pfarrer von Gutarche (Gutaring) zu dessen Pfarre die genannte Capelle dazumal gehört haben dürfte, ein zeitweiliges anderweitiges, den Rechten des Klosters, jedoch nicht präjudizirliches L'bereinkommen trellen würde.

Da der Erzbischof die Kirche am Zozzen so wie die in Mukernan eine capella haptismaUx nennt und mit der

Krzliischof Konrnil di« Kirche in Tigring, welche l.is dahin eine ein- fache L,inilkirchc war, zur Pfarrkirche beslimmle , indem er ihr daj Tauf- und ßegrühnissrecht verlieh, den ZehenUieiug gestattete und die Sprengelsgräuze festsetzte. Eine Copie der Urkunde in Hormaycr'.i Archiv f. Gesch. 1820, S. 382. •) Ecctesiam pracicrca S. Marine .Vinjilalcnue itjuiii Humum lli,!i]nlalni, Frietaeh memoralo Coenohiu jiista pruedeccssnris »oslri Iraditioiirm confirmamut, ul videlicct infirmi , quog itii contii/cril decedere, de /"«- milia ijiingiie ejiisdem Kcelesiite obeunirs , Sepulturam inihi aecipiiml. l.icealijiie »acerdoli momchn fralrihm illic consislenlihus liliere et ple- naric divina . celehrare , »aira jualilia plelieaanae Ecctesiae ParochiaU» eccletiat eidem eoenobio confirmamus (B. I' e t z, a. a.O. col. 707 u. 708).

letzteren im Zusammenhange aufführt, so ist kauin zu zwei- feln, dass die beiden Acte, die Kirchweihe durch den Bischof Roman und die l'hergabe der Kirche sammt Pfarrechten an das Kloster .\dmont nicht einem Zeitpunkte, sondern ver- schiedenen Zeiten angehören, so, dass die Kirche am Zozzen zuerst von dem Gurker Rischofe Roman geweiht und von dem Erzbischofe nur mit dem Taufrechte begabt und erst später sammt den übrigen Pfarrechten an tias Kloster -admont übergeben worden sei , somit ebenso, wie die Ca- pelle in Mukernau in dem Sinne eine citpella bapfls- mulis genannt werden konnte, weil in ihr vor der Zeit, als ihr sämmtliche Pfarrechte verliehen wurden, nur das heil. Sacrament der Taufe gespendet werden durfte. Wie es aber konimen konnte, dass zu einer einfachen Capelle das Recht, das heil. Sacrament derTaute zu spenden, ohne sonstige Pfarrechte ertlieilt werden konnte, leliret uns eine Urkunde des Rischofs Rudolf von Münster vom Jahre 1231 ')• N^^ch dem Inhalte derselben gestattete der Rischof bei der Ein- weihung der Schlosscapelle von Dulmene auf vieles Ritten der dortigen Rurgleute und wegen der Schwierigkeit nach der Mutterkirche (Pfarre) zu kommen, mit Einwilligung des bei der Mutterkirche bestellten Priesters, dass die Kinder der in und ausser den Mauern des Schlosses wohnhaften Rurg- leute in die Schlosscapelle zur Taufe gebracht und die Wöch- nerinnen nach beendetem \\'ochenbette in derselben recon- ciliirt werden dürften. Wie dort über die Ritten der Rurg- leute und aus Rücksicht des schwierigen Ganges nach der Pfarrkirche der Rischof von Münster die Rewilligung er- thcilte, dass in der Rurgcapelle den Kindern der Rurgleute das heilige Sacrament der Taufe ertheilt werde und jene Capelle dadurch zu einer Taufcapelle bestimmte, so mag der Salzburger Erzbischof über die Ritte des .Abtes von .\dmont und der Leute, welche auf dem Klostergute zwischen den Bächen Görtschitz und Zlatowa gesessen, dann aus Rück- sicht der in einem Gebirgslande sehr beschwerlichen drei- stündigen Entfernung der Pfarrkirche in Giiteriiig die Ge- nelmiigung, dass den Kindern der erwähnten Hintersassen, in der, wahrscheinlich durch das Kloster, auf dem Kloster- gute am Zozzen zum Resten der dort ansässigen Leute erbauten Capelle das heilige Sacrament der Taufe gespendet werden dürfte, ertheilt, und dadurch jene Capelle zu einer Taufcapelle bestimmt haben.

Wie sehr besonders die Klöster iiomüht waren, den auf ihren Gütern ansässigen Leuten Kirchen zu verschalVen, zeigt eine Viktringer Urkunde vom .lahre 1 160. womit der Patriarch Udalrich von .\qiiileja die Kirche St. .bdiann im Weiler Goslindorf (Gansdorf), nachdem sie von der benach- barten Pfarre Kappe! im Unterrosentliale ausgeschieden wurde, dem Kloster Viktring übergibt , ;// cor um (fra- trum riet oriensi Ulli) rn/oiii rrfii f/ i um Uli dem habere calcunt.

') Du Cange a. a. 0. II, S. 120.

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Die Kirchenrnine von Zsämbek in Ungarn.

(Mit einer Tafel.)

Wenige Stunden von Ofen entfernt, erliebt sich auf nicht zu entnehmen '). Möglich ist es sogar, dass er nur zu

einem Berge in der Nähe eines von Deutschen hewohnten einer Besprechung wegen des Domes von Canibray, den die

Dorfes die Kirchenruine Zsämbek, welclie von Reisenden Schwester Bela's IV., Elisabeth, mit besonderem Eifer unter-

wegen ihrer pittoresken Lage sclion in früherer Zeit hautig stützte, nach Ungarn berufen wurde, was aber wieder mit

besucht wurde und die in jüngster Zeit auch wegen ihrer der Bemerkung Viiars' in Widerspruch stellt, dass er

Bedeutung für die Geschichte der spätroniauischen Kirchen- „lange Zeit" in Ungarn verweilt habe, bauten Ungarns die Aufmerksamkeit der Arcliäologen auf Es ist indess nicht unwahrscheinlich, dass über den

sich zog. noch unbestimmten Antheil Viiars' an der in derRegierungs-

Zulctzt war es Professor v. Eitelberger, weicher zcitBela'sIV. besonders starken BauthiitigkeitUngarns nähere in seiner Abhandlung: „Die romanisdic Kirche St. Jak in Aufklärungen erfolgen werden, wenn einmal das ermähnte Ungarn mit Rücksicht auf ähnliche Kirclienbauten dieses Skizzenbucli der Veriitlontlichung übergeben sein wird. Wir Landes" >)» bei den von ihm besprochenen Bauwerken wissen bereits, dass in demselben nicht allein die Grund- gleichfalls auf Zsämbek hinwies und nebst einigen ■vverth- risse und Studien dieses Architekten über verschiedene Kir- vollen liistorischen Daten auch eine kurze Beschreibung eben Frankreichs entiialten, sondern dass auch viele Blätter dieser interessanten, aber leider grösstentheils zu Grunde der Plastik gewidmet und Blattornamente, phantastische gegangenen Kirche lieferte. Figuren, Thierverschlingungen, dann grössere Gestalten,

Wesshalb aber diese traurigen Überreste eines an sich wie Christus am Kreuze, die zwölf Apostel u. s. w. aufge- nicht unbedeutenden Bauwerkes speciell zu genaueren Stu- zeichnet sind. Eine Vcrgleichung der in Viiars" Album vor- dien auffordern, liegt in dem Umstände, dass man die um die handenen Detailbildungen mit jenen an den Monumenten Mitte des XIII. Jahrhunderts stattgefundene Berufung des Ungarns aus der ersten Hälfte des XIII. Jalirhuiiderts wird französischen Architekten Viiars de Ilonecourt nach dann vielleicht Gelegenheit geben, den Einfluss dieses Arclii- Ungarn mit dem Bau der Kirche zu Zsämbek in Verbindung tekten auf die Kirche von Zsämbek oder andere ähnliche zu bringen und dadurch den Einfluss französischer Bau- noch bestehende Bauten dieser Periode festzustellen.

Unter diesen schwankenden Verhältnissen über das

meister auf die Entwickelung eines Theils der mittelalter- lichen Architectur von Ungarn zu documentiren versucht hat. Auf ganz zufällige Weise fand man nämlich vor weni- gen Jahren auf der Bibliothek zu Paris ein Skizzenbuch des Viiars de Honecourt eines vielseitig gebildeten und, wie es auch scheint, seiner Zeit sehr angesehenen Archi- tekten,worin Studien nach Kunstwerken und nach der Natur und auch andere auf seine Arbeiten und seine Reise be- zügliche Notizen eingetragen sind. Unter anderen Bezie- hungen geht auch daraus hervor, dass er an dem Chor

Vorhandensein eines fremdartigen Einflusses auf die mittel- alterliche Baukunst Ungarns im XIII. Jahrhundert, war es uns desto erwünschter, dass der Architekt und Professor an der Pesther Realschule, Herr Job. Petschnig. unserem Ersuchen entsjirechcnd, so gefällig war. nebst mehreren No- tizen überdie constructivenFormen, einen nach eigener Auf- nahme entworfenen Grundriss, sowie mehrere Details der Kirchem'uine von Zsämbek aus seinem Skizzenbuche zur Veröffentlichung zu übersenden , um in der Lage zu sein, der Kathedrale von Cambray (1230^1231) gearbeitet zur Erörterung der (d)eii berührten, noch olVenen Frage

und den Grundriss hiezu in Gemeinschaft und im Wett- eifer mit Peter v. Corbie erfunden habe, dass er fer- ner die Zeichnung einer Capelle des Chors von Rheims entworfen , und zur Zeit der Anfertigung einer Studie nach dem Muster des Triforiums von Rheims nach Ungarn gesendet wurde und dort lange Zeit (maint jor) verweilt habe. Von wem er jedoch eine solche Mission erhielt, wo er sich aufliielt und was er daselbst machte, ist aus den bisher verölTentlichten Andeutungen über dieses Manuscript

einen neuen Beitrag zu liefern. Unverkennbar ist die Ähn- lichkeit des Grundrisses vmi Zsämbek, sowohl riicksiehtlich des dreisehilTigen Langhauses ohne QuersehilT, als auch bezüglich der Anordnung der Hauptfafade mit der doppelten Thurmanlage und der Portallialle, mit mehreren Kirchen

') Vergl. „Mittelalterliche Kunstdenkmale des österr, Kaiserslaates". her- ansgefjebeii von Dr. Gust. U e i J e r , Prof. Hud. v. Eitelberger iinil Arcliiteeten Hieser. IM. Lieferung; (Stutigarl. Eimer ii. Seuliert I8ü0) S. 69 93

') Vergl. Dr. C. S c li n .1 a s e, Gesehielite der bildenden Künste, V. Bd., I. Abth. S. iSl 134. Aus derselben ersehen wir auch , dass eine ziemlieh ausführliche Naebrieht über das .\lbuin des Viiars, .1 u I e 8 Guieherat in der Revue arelieologique Vol. VI. (1S49) S. 0.^, 164, 209 und nach ihr L. Fürster's „Wiener Bauzeilunj,'" 1849, S. 309 gegeben haben. Eine Veröireutlichung des Kacsimile des ganzen Buche» mit ErkISruugen ist in Kürze von dem Architekten I. a s s u s zu erwarten.

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dieser Epoche in rngarn '), über anderseits fehlt es wieder nicht an Fligenthüniiiclikeiten in den Details, w odurch sich das erstere in Frage stehende Bauwerk von anderen ähii- Hcher Cnnstruction unterscheidet.

Bevor vir übrigens die grüsstentiieils nach den iSo- tizen des Arcliiteiiten Hrn. .1. Petschnig entworfene Besehreibung verüfrentlichen, wollen wir die historischen Daten voranschicken, welche Herr v. Eitel berger in der erwähnten Abhandlung über die romanische Kirche zu St. Jak ans den Werken mehrerer ungarischer Schriftsteller zusammengestellt hat.

In welchem Jahre der Bau der Kirdie und des Klosters zu Zsambek zu welchem erstere gehörte begonnen wurde, darüber fehlen bis jetzt alle positiven Anludtspunkte und es kann mit einiger Bestimmtheit mu- angeführt wer- den, dass das Kloster eine Stiftung der l'riimonstratenser aus der ersten Hälfte des XIII. Jahrhunderts gewesen ist. In einer Urkunde v. Jahre 1208 werden nämlich dem „Mona- sterio B. Joannis de Samboch" bereits mehrere aus früheren Jahren herrühreude Schenkungen bestätigt und in einem Sehreii)en des Papstes Bonifaz Vlll. vom Jahre 1293 wird Zsi!nü)ek in der Beihe der Klöster angeführt, welclie den Prämonstratcnsern aiigeliören. Nach dem Jahre 14To wurde Kloster und Kirche mit Einwilligung des Papstes Sixtus IV. den Eremiten des h. Paulus, welche dieser König vorzugsweise begünstigte, übergeben. Nach dem für die christlichen W'afl'en so unglücklichen Jahre lö42 verschwin- det Zsambek aus der Reihe der Klöster, es seheint in die- sem Jahre gänzlich verlassen und von den Türken zerstört worden zu sein. Die Güter des ehemaligen Klosters wurden von Kaiser Leopold I. der grätlichen Familie Zichy mit dem Hechte des Majorates um 30,000 tl. überlassen.

Mögen nun schon diese ungünstigen \'erhältnissc auf den Banzustand der Kirche keinen fiirderlichen Eiiitluss genommen haben , so vernichtete ein Erdbeben am 28. Juni 1T<)3 um halb (> Ihr Morgens gänzlich die Benützung der Kirche und des Klosters. Letzteres verschwand fast vollständig bis auf wenige Kellerlocale, die Kirche dagegen wurde in eine Buine umgewandelt.

So viel aus den noch vorhandenen I'berresten zu erseiien ist, gehört die Kirche dem Style der Lbergangs- periode an und könnte demnach mit Berücksichtigung des l'mstandes, dass einige Kirchen im Südwesten von Ungarn, die zu Anfang des XUl. Jahrhunderts erbaut, schon den Charakter des vollständig ausgebildeten romanischen Styles an sich tragen, allii-dings in der Mitte desselben Jahrhun- derts entstanden sein, da nach dem Maasse der bisherigrcn

') VcrglciclK! zu diesem Zwecke das „.luhrhutli der k. k Ceutralcoiiiniis- sion" (Wien, in Comiiiis.'iian hei W. Ilraumiiller) I. 91 140. „Mitttl- allerliche Kunstdciikmale des östejT. Kaiserslaates", herausgeg;ebcn >oa Dr. II eider, Kitelbcrger und II i c s c r, III. Heft, und A. E s s e ii- w e i n's Beschreibung und Zcichnurig; der Kirche zu I, e h e n y im .liinner- und Februarhefte dieser RliiUer (II. S. 7 und Xö).

Forschungen anzimehmen ist, dass in Ungarn die architekto- nischen Formin des Bomanisnms noch in der zweiten Hälfte des XIII. Jaluhinulerls Anwendung gefunden haben.

\A'ie derOrund- riss (Fig. I) zeigt, war Zsändjek ein dreischilViger Bau, jedoch ohneQuer- schift' , mit zw ei Thürmen an der Fa^ade , einem stark vors])ringen- den P<irtalbau und drei Apsiden, ähn- lich der Ciruppc der romanischen Kirchen zu Lei- den, Nagy-Karoly, Fünfkirchen u. s. w., wozu Zzämbek gerechnet wird. Von der Kirche stehen aber ge- genwärtig nur die Hauptfa^ade, dann (Fi-. 1.) ilas rechte Seiten-

schill' sanwnt der .\psidc und einzelne Überreste des Lang- hauses, worüber die mit schwarzer Farbe ausgefüllten Theile des Grundrisses, dann Seitenansicht (Fig. 2, s. nächste S.) nähere Anhaltspunkte geben.

Das Langhaus der Kirche ist aus vier Quadraten gebil- det, an welche sich am nordöstlichen Ende unmittelbar die Chornischen arischliessen. Die Trennung des Mittel- von den SeitenschilVen ist durch je drei Pfeiler , die durch Scheidebögen mit einander verbunden sind, bewerkstelligt. Die Scitenschill'e, bedeutend niederer als das Mittelschiff, haben nur eine Breite von 2" während letzteres unge- fähr 2" 4' Breite inisst. Wie einzelne Überreste deutlich erkennen lassen, waren ferner die Schiffe insgesainmt mit einem spit/bugigen Kreuzgewölbe, und nur die Apsiden mit einem halben Kiipiielgewolbe eingedeckt.

Das Pfeilersystem ist im Innern der Kirche vollständig durchgebildet und die kräftige Prolilirung der Gewölberippen und .Sclieideliögen an den Pfeilern beibehalten. Das Gew ölbc des MittelschilVi's hat ferner durcbgehends I{ip|>eii von glei- cher Stärke, die auf diumeii vcm unten aufsteigenden Dien- sten aufsitzen. Nur die Diagonalrippen der SeitenscbilVe sind schwächer und einfacher und die Pfeiler der SeitenschiHe vorne mit einerllalbsäule und in den beiden Ecken mit Bund- stäben profilirl. ^^'ir geben hier das Pfeihr-Prolil (Fig. 3, s. nächste S.) eines Seitenschill'es, das in seiiicrEntwickelung ganz entschieden das Gejiräge der schon durchgebildeten Stylgattung an sich trägt und in Fig. 4 (s. nächste S.)

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das Sockelprofil der Halbsäulen, das in ziemlich reicher Gliederung sich erhebt.

Was die Capiläle betrifft, so scheinen diese, nach den vorhandenen Überresten zu urtheilen , mannigfaltig und schön ornamen- tirt gewesen zu sein. Eine be- sondere Eigen- thümlichkeit in der Ornamentik konnten wir aber aus den uns vor- liegenden Bei- spielen (vergl. Figur ij und 7) '^^g nicht entdecken, ja sondern dievor- handenenBruch- stücke tragen j~ jene Merkmale f an sich , wo- g: durch sich dii' r Gruppe der in ^^,,_^--'- letzterer Zeil ^^sJt wiederholt be- sprochenen ro- manischen Kir- chenbauten in Ungarn kennzeichnete und wozu insbesondere die von dem Architekten Herrn A. Essen wein mit gründlichem Ver- ständnisse beschriebene und gezeichnete Kirche von Lebeny zu interessanten Vergleichen Anlass bietet. Vorherrschend

war, wie es r"" ^ scheint, das Akanthusblatt, langgestreckt und in dop- pelter Eint\»s- (f'S- 3.) sung mit der

eigentbümlichen über die Deckplatte reichenden Ausladung. Die Wandflächen des Mittelschiffes oberhalb den Arka- den, dann jene der Abschlussmau- ern der Seitenschiffe waren theils durch Gesimse, theils durch ein- fache Rundfenster belebt. Auch Spuren von Frescomalereien sind allenthalben zu entdecken.

Eine cigenthümliche .Anord- nung sind die Stützmauern an dem oberen Theile des Mittelschiffes, welche auf den Transversalbijgen der Seitenschiffe aufsitzen, jedoch nicht über das Dach der- selben emporgeragt haben. Jede dieser Mauern halte im

(KiK

Dachraume eine thürartige OtVnuiig, wodurch man unwill- kürlich an die später so verschiedenartig ausgebildeten Strebebögen der gothischen Dome erinnert wird.

Die gegen Nordost liegenden Chornischen schlössen

sich , wie aus dem Grundrisse zu ersehen ist, unmittelbar an dasLanghausan. JenederSeiten- schiffe waren mit runden Stein- dächern abge- schlossen und im Innern sehr reich gegliedert, wie aus einem Bruchtheile der Anordnung der Pfeiler und Halb- siiuleneinerSei- lenapsidezu er- sehen ist (Fig. S). Die Aussen- seite der .Apsi- den ist mit Frie- sen geschmückt, dieschonAndeu- tungen des Spitzbogens enthalten. Die Buiidfensfer aber daselbst sind nicht in der Achse, sondern in schräger Rich- tung angebracht. Die Apside des Mittelschiffes tritt bedeu- tend vor, sie ist jedoch bis auf einen kleinen Theil verfallen.

(Fig. .1.)

Ob dieselbe im Halbkreis oder Pdlygon geschlossen war eine Frage, deren Beantwortung sehr wesentlich ist kann erst darni mit Bestimmtheit angegeben werden, wenn die Fundamente untersucht worden sind, was im bevorstehen- den Frühjahre geschehen soll.

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An diis Wcsteiido des Lunghiuiscs scliliesseii sich die TliurmHiilageii saiuiiit dorn Haui)tporlale an; erstcre bilden im Innern Yorhalk'n, die im gedrüivten Spitzbogen geschlos- sen sind und üi)cr welchen der Gesangschor angebracht war.

Die südwestlich liegende Hauptfa^ade der noch besterhidtene Theil der Kirclu hat manche eigenthüm- liche Motive, worunter wir inshcsondors die decorative Anordnung des die beiden Tluirme vorbindenden Zwischenbaues rechnen.

Die Thiirme sind im Viereck durchgeführt, durch reiche {{undbogenfriesc iu drei Stockwerke getheilt und waren mit Steindächer geschlos- sen. Die Ecken der Thiirme wer- den durch einfache , jeder Ab- schrägung entbehrende Pfeiler verstärkt. Gegenwärtig ist nur mehr das Dach des Thurmes er- halten, welcher an der rechten Seite gelegen ist. Die Thurm- (Fig. c.) fenstcr sind durch dreifache Säul-

chen getheilt, von denen jedoch ein Theil theils beschä- digt, theils gänzlich ausgebrochen ist (Fig. 6).

Von dem eigenthiimlichen Portale und dessen Aus- schmückung hat sich leider nur wenig mehr erhalten; die Gliederungen dürften in mehreren Wohnhäusern oder Kellcrbauteii des Ortes eingemauert sein wie dicss aus einzelnen jüngst entdeckten Spuren entnommen wurde. Wir sind nur in derLage. dieFormen und einige kümmer- liche Fragmente der Säulenstellung sammt deren Verbindung mit den Pfeilern der Vorhalle wiederzugeben (Fig. 7).

Über dem Portale ist ein grosses rundes Fenster ange- bracht. Die Finfassuug um dasselbe hat Motive des Spitz- bogou-Masswerkes, das, wie bekannt, in der Hlüthezeit der Gothik an den französischen Kathedralen sehr reich und glänzend in Anwendung kam. Das Rundbogenfenster um- schliesst ein Spitzbogen, der nur durch die Lage der Hau- steine und die winkelreclitc Vertiefung sich markirt, weiter aber nicht au.sgebildet erscheint. Den Abschluss der Mittel-

partie bildet ein doppelter Giebel in verschiedenen \N'inkeln aufsteigend. Der erste, weniger steile und das Mauerwerk abschliessende Giebel ist mit einem reichen Uundbogenfriese geschmückt.

Die Kirche war durchgehends mit Hausteinen verklei- det und der Mijrtel selbst in letzterer Zeit so fest, dass die

(Fig. 7.)

Leute, welche einen Theil der Ruinen zu Rausteincn benutz- ten, mehr Mühe hatten, die Quadern auszubrechen, als die- selben in dem nahe gelegenen Steinbruche zu gewinnen. Man erzählt sich übrigens im Orte, dass ein Maurer die Wette eingegangen sei , er werde es veranlassen , dass die Kirche einstürze. Hierauf soll wirklich ein Mitteljoch unter- graben M'orden, und durch dieses barbarische Kunststück das Gewülbe des Mitlelschifl'cs eingestürzt sein.

K. Weiss.

Notiz.

(E i n n c u e n t d e c k t e r H e i d c n k i r c h li 0 f z u G r 0 s s- {lold in Siebenbürgen.) Zu derselben Zeil, alsdieTran- silvania (Beiblatt des Siebenbürger Boten) inNr. d. J. die Grabeshügel einer dunkeln Vorzeit besprach und hierbei den Heidenkirchhof bei Kastenholz unweit Hermannstadt in unserm Gedächtnisse auffrischte, hat der Zufall inderXähc voiiGross- pold zu ähidichen merkwürdigen Entdeckungen gefidirt. Die Sache dieser Entdeckungen verhält sich folgendermassen:

Ein Gros-spoldner Insasse, der aus einem im Walde ge- legenen Steinbruche eine Fuhr Steine nach Hause zu bringen

im liegrille ist, erblickt an dem Wege, etwa eine halbe Stunde von dem Dorfe cntferni, einen Stein, der sein .\uge besticht, und den er mit nach Hause urlimen w ill. Nach vieler Mühe ge- lingt es ihm endlich den Stein von seiner l'mhiillung frei zu machen. Wie pocht sein Herz, als er nach Beseitigung des Steines von seinem Platze einen ziendich grossen Tojif gewahr wird! Voll freudiger Hoflnung sofort einen Schatz zu lieben, sucht er an der Stelle eifrig nach und k(unmt zuletzt anstatt auf einen Schatz , auf einen viel kleineren Topf, m eichen er aber auch nicht ganz unverletzt nach Hause bringt.

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Einige Tage darauf kommen zwei Waiachen aus dem nahen Gebirgsdorfe Schinna denselben Weg, um in Gross- pold etwas zu veräussern ; das aufgewühlte Plätzchen fällt ihnen auf; sie stehen stille, sehen die zerstreut liegenden Scherben des grösseren Topfes und der Eine sagt zu dem Andern: „Sieh nur! hier hat Jemand einen Sehatz ausge- graben, aber gewiss hat er Etwas auch für die Armen zurückgelassen. Während sie hierauf, um das von demSehatz- gi'äber Zurückgelassene aufzufinden, den Platz durchsuchen, fällt ihnen ein im Boden aufrecht stehender Mauerziegel auf, der sofort aus seiner Lage und von der Stelle gebracht wird; unmittelbar hinter diesem Ziegel finden sie ebenfalls einen grossen Topf, welcher aber auch nichts Anderes umschloss, als einen kleinen Topf. Aus Missmuth, sich getäuscht zu sehen, zerbrachen auch sie den grossen Topf, während der kleine als ein niedlicher Fund mitgenommen wurde.

Nachdem der Ortspfarrer hievon Kunde erhalten hatte, veranlasste er sein Kirchenkind das oben erwähnte etwas schadhafte Töpfchen ihm zur Abgabe an das Baron von BruckenthaPsche Museum in Hermannstadt zu überlassen und veranstaltete überdiess einige Tage später eine kleine Nachgrabung, welche jedoch keinen andern Erfolg hatte als dass einige hier und dort zerstreut liegende Fragmente von Gelassen verschiedener Grösse und Qualität aufgelesen wurden.

Nicht lange darauf ging ich auf einige Tage nachGross- pold, um die mir befreundete Pfarrers-Familie zu besuchen; auf die voranstehende mir gemachte Mittheilung begab auch ich mich, begleitet von einigen Personen, auf den Platz, wo die Gefässe aufgefunden worden waren, um wo möglich auch einen antiquarischen Fund zu machen.

Der Friedhof, thalaufwärts an dem kleinen Pohanner- bache, links gelegen, hatte keine grosse Ausdehnung und befindet sich an einer etwas flachen Stelle, nicht bedeutend hoch über dem Bache selbst. Im Verlaufe der Zeit haben die Hügel sich geebnet und aus der Physiognomie des Platzes lässt sich nicht mehr mit Zuverlässigkeit schliessen, wo die einzelnen Grabhügel gestanden haben: Einschnitte jedoch welche die von dem Thalgehänge herabfliessenden Piegen- wässer im Verlauf der Zeit bildeten, haben auch Steine von verschiedener Form und Grösse blossgelegt, welche nicht ursprünglich an dieser Stätte sich befunden haben, sondern ei'st hingebracht worden sind. Die unter meinen Augen vor- genommene Nachgrabung hatte den Erfolg , dass wir wirk- lich auf ein Grab stiessen, das aber nicht mehr in seiner ursprünglichen Integrität sich befand; der flache, die Decke bildende Stein war nicht mehr vorhanden ; die aufrecht um den Aschentopf stehenden Steine waren ein wenig verscho- ben und der zerdrückte Topf hatte ebenfalls eine etwas schiefe Stellung. An einer andern Stelle fanden wir die, die Unterlage bildende Steinplatte und auf und neben derselben noch die Überreste von Kohlen; Fragmente eines Gefässes und die Umfassung von Steinen fehlten jedoch gänzlich,

woraus ich schliesse , dass die Grabstätte zerstört worden ist. Hin und wieder, wo noch versuchsweise gegraben wurde , fanden wir theils gar Nichts , iheils Fragmente von Gefässen, worauf sich jedoch einige weitere Schlüsse grün- den Hessen, theils endlich auch kleinere und grössere Steine, im Allgemeinen von flacher Form.

Die diessjährigen Funde auf dem Grosspoldner Heiden- kirchhofe sind nach der vorausgehenden Mittheilung und nach den aufgesammelten Fragmenten folgende:

«. Ein grösserer Topf, aufgefunden von dem Grosspoldner

Insassen; zerstört. 6. Ein Topf, aufgefunden von den beiden W^alachen

aus Schinna; ebenfalls zerstört.

Der eine dieser beiden Töpfe war von grober schwarz- zer Masse und ohne Verzierung der andere ebenfalls von schwarzem Thon, jedoch dünn ausgedreht und mit einiger wiewohl kunstloser Verzierung.

c. Ein Topf von schmutzig gelbrothem Thone, verziert nur mit einigen auf der Drehscheibe gezogenen Linien, aufgefunden von dem Berichterstatter; die Fragmente nicht ausreichend zu einer Zusammensetzung.

d. Ein kleiner, etwas beschädigter Topf, gefunden von dem Grosspoldner Insassen, von etwa y,, Mass Kubik- inhalt, nur 3" hoch, sehr bauchig, mit einem Boden- Durchmesser von i '/i". Mündung etwas über 2' im Durchmesser; mit schmalem Rand und kleinem Henkel, aus feiner, schmutzig gelbrother Thonmasse, etwas heller als bei Litt. C. Im Besitze des Bruckentharschen Museums.

e. Ein kleiner Topf, gefunden von den beiden oben erwähn- ten Waiachen und im Besitze des einen dieser Finder. Über Form und Masse kann ich nichts mittheilen, da ich denselben nicht zur Anschauung erhalten konnte.

f. Ein kleiner Topf von aschgrauer Farbe, mit sehr klei- nem Boden und sehr bauchig; die Mündung etwa li/j" im Durchmesser; nur Fragmente davon, nach welchen sich das halbe Gefäss etwa wird zusammensetzen lassen. Im Besitze des Baron Bruckenthalschen Museums; befand sich in dem grosseren Topf Litt. C.

(j. Eine sehr flache Amphora mit kleinem Boden, von

schmutzig gelbrothem Thone; nur etliche Fragmente. /(. Eine Amphora, etwas grösser als die vorhergehende,

von aschgrauem Thone; Fragmente davon. i Eine Amphora, etwas kleiner als jene sub Litt. C :

ebenfalls von aschgrauer Thonmasse. k. Eine grosse tellorartige Amphora : lun- Fragmente vom

Boden derselben; von schmutzig gelber Masse. l. Eine ziemlich grosse Amphora von schmutzig gelbem

Thon. Ein Randstück. m. Randstücke von einem Topf oder einer Amphora , von

schmutzig rothgelbem Thone. /(. Ein Fragment von einem antiken Ziegel.

J. L. Neugeboren.

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Correspondenzen.

Pi*a^< Das Schluss Gross- Skal (Hrubu skala) im Bun/.Uiuir Kreise, liesitztiiuiii des F'reiherni Johuim Friedrich von Aercutlial, wird gegenwärtig in umfassender Weise nach meinen Plänen und unter meiner persönlichen Leitung theils reslaurirt, theils neu aufgebaut.

Da die Anlage des Schlosses ursprünglich golhisch «ar, ist auch dieser Styl für die Gcsauinit- Restauration 7.u Grunde gelegt worden; einzelne Theilc jedoch, namentlich eiu aus Walkristein's Zeit her- rührender Säulengang in Verbindung mit einem Hiltcrsaale und einigen Gemächern werden dem Charakter ihrer Zeit gemäss wiederhergestellt. Nebst einigen Gewölben mit sonderbaren, eingerissenen Ornamenten hat sich im Rittersaale ein bemerkenswerther, sehr grosser Kachelofen mit vielen Basreliefs und Figuren, dem XVI. Jahrhundert angehörig, erhalten'). Bei Gelegenheit dieses Schlussbaucs ergab sich vor kurzer Zeit (am ti. Februar I. J.) ein nicht uninteressanter, alterthümlicher Fund. Man musste nämlich eines anzulegenden Canales wegen an einer bisher unzugänglichen Steile (einer Kluft zwischen zwei senkrechten Felsen) hin durcbgraben und stiess hier auf zahlreiche Menschen- knochen, Waffenstücke und einige Münzen. Zwei ziemlich erhaltene Prager Groschen von König Sigismund und die dem XV. Jahrhundert entstammenden AVaffeutrüjnmer legen die Verniuthung nahe , dass bei einem der zahlreichen Kämpfe, welche in der Gegend stattfanden, vielleicht bei der Einnahme des Schlosses durch König Podiebrad im Jahre 1469, einige Leichen kurzweg von dem Felsen herab in die Kluft geworfen und von oben aus mit Erde überschüttet worden sind. Besonders wurden viele Sporren grösster Gattung aufgefunden, dar- unter mehrere zusanuuenpassende Paare. Die Aufgrabung befindet sich dermalen in Händen des Herrn Wirthschafts-Directors Melchior in Gross -Skal. B. Grueber.

IheiU im Vereine, llieils in meiner Privatsanunluiig zu (jobote stehen- den Denkmalbilder aiisehaulleh zu machen sucht.

Ich selbst habe im Schuljahre ISöö ö6 über AuHorderung des Herrn Priester-Seminar-Directors wöchentlich eine Stunde dem Vor- trage über christliche bildende Künste im hiesigen Priester-Seminar gewidmet. Über Anregung der Seminaristen habe ich diesen Vortrag auch im gegenwärtigen Schuljahre begonnen und erfreue mich eines zahlreichen .\uditoriums, ein Umstand, welcher nur dem Seihsteifer der Seminaristen zugeschrieben werden kann , weil der Besuch eines solchen Vortrages nicht so wie in der Prager Erzdiöcese zu einem Obligatgegenstande gemacht, sondern jedem Seminaristen vollkomtncn freigestellt ist.

Der k. k. Correspondent für das Gurkthal Herr Üechant Gregor Schellandcr in Gurk hat mir niltgetheilt, dass in seinem Corre- spoiidenzbezirke im verflossenen Jahre für die Erhaltung der Bau- denkmale Nachstehendes geleistet worden sei :

1. Wurde die Rundcapelle (wahrscheinlich eine Todtencapclle) im Friedhofe der Pfarre Altenmarkt bei AVeitensfeld aufKosten der Pfarrgemeinde neu eingedeckt. Diese Vorkehrung zur Erhaltung dieses Baudenkmales ist um so erfreulicher, als selbes schon lange ausser kirchlichem Gebrauche war , somit die Pfarrgemeinde nur durch die Beachtung des historischen oder archäologischen Wcrthes zu dem gemachten Kostcnaufwande bestimmt worden sein konnte

2. Wurde die alte Kirche St. Johann ob Klcinglödnitz, welche durch einen Gewittersturm am 18. August v. J. ihres Daches beraubt wurde, mit einem neuen Dache versehen und

3. wurde im verflossenen Herbste die Filiale St. Peter ob Gurk, ein romanisches Kirchlein, theihveise neu eingedeckt und in

Kla^enfiirt. DieWerthschätzung mittelalterlicher Denkmale hat, wie ich glaube mit Zuversicht aussprechen zu dürfen, in unserem Kronlande in einem erfreulichen Grade zugenommen und wir gehen auch hinsichtlich des Verständnisses derselben einer frohen Zukunft entgegen. Es sind mir mehrere ältere Seelsorger bekannt , welche bemüht sind, die archäologischen und Kunst-Kenntnisse nachzu- holen, zu deren Erlangung ihnen früher Anregung und Hilfsmittel fehlten. Besonders wohltbätig wirken in dieser Beziehung die ..Mit- theilungen", welche von einigen Herren Correspondenten zum Besten der Minderbemittelten in Circulation gesetzt werden. Auch in dem jüngeren Curatclerus zeigt sich mannigfach ein löblicher Eifer für das Studium der Kunstgeschichte und ein nicht wirkungsloser, bezüglicher Einfluss auf die ihrer Seelsorgc anvertrauten Gemeinden. Sowohl auf unserem Staatsgymnasium als auch unserer k. k. Real- schule wird keine Gelegenheit unbenutzt gelassen, die lernende Jugend mit den Kunstdenkmalen des Alterthums sowohl als mit denen des Mittelalters und der Neuzeit bekannt zu machen und es gereicht mir zur besonderen Freude, die von dem kärntncrischcn Geschichls- vcreine seit seinem Bestände, soweit es seine geringen Geldkräftc gestatteten, gesammelten diessfälligen Lehrmittel sehr fleissig benützt zu sehen. Ich muss diessfalls ganz besonders des Eifers des Herrn Geschichtlehrcrs an unserer Oberrealsehule , Peter Pcrkmann. erwähnen, welcher hei dem Unterrichte in der Geschichte eine beson- dere Aufmerksamkeit auch der Kunstcultur widmet und in sehr zweck- mässiger Weise das Vorgetragene durch die Vorweisung der ihm

'J Das Scliloss erliielt zwei neue Tliürrae, eine Capelle . verschiedene Ter- rassen , Freitreppen u. dgl. m.: der Bau dauerte bereits drei Jahre und dürrte 1839 vollendet werden.

Schliesslich stellt der Herr Correspondent für das nächste Frühjahr einen umfassenden Bericht über die letztgenannte Kirche St. Peter ob Gurk und über andere in seinem Districtc befindliche alte, noch wenig bekannte Baudenknialo in Aussieht. Ich zweifle nicht, dass durch selben ein erfreulicher Beilrag zur kä.'nlnerisehcn Denk- malkunde werde geliefert werden. G. Freiherr v. Ankershofen.

Mcrniagor (in Kärnten). Ks dürfte nicht ohne Interesse sein zu vernehmen, was im Gailthale Kärntens während des Jahres ISüG in Bezug auf Restaurationen von Bauwerken uml auf Neubauten Bemerkenwerthes geleistet wurde.

a. Am Gotteshause Sl.Mart ini zu Fe is trit z ander Gail wurde von einem italienischen Maler das Preshyterium recht gelungen in Fresco ausgemalt, und von demselben Künstler daselbst eine neue Kanzel aus Holz erbaut.

b. In St. Georgen vor dem Bleiberge ist heuer ein neues Schulhaus fertig geworden.

e. Zum Gotteshause der Marktpfarrc Hermag or wurde eine neue Stiege aus Quadern hinangeführt. Diese hat 12 Stufen von 3 Klaf- tern Breite und ist sehr elegant anzusehen.

d. An der Filiale St. Ath an asii zu Kuh weg wurde das Kir- chendach neu hergestellt und dadurch ein schönes Deckengemälde vom Untergange gerettet, welches die nunmehrige Ruine Mallenlein oder Priesneg!; darstellt, wie das Schloss noch im bewohnbaren Zustande war. Merkwürdig ist an diesem Gemälde zu sehen, wie ein Priesnegg schon früher bestanden hat, an dessen Ruinen das spätere nun auch aus grossen schwarzen Fensterhühlen hcrabsehauende Gebäude ange- lehnt wurde.

e. Ferner erhielt: das Preshyterium der Filialkirclie St. Katha- rina von Radnigg. im Jahre 1040 (?) nach Christo erbaut, heuer ein neues Dach und eine neu ummauerte Vorhalle.

111

/'. Die schon liiilb in Uninen liegende Capelle St. Uduhicl am Guggenbei'ge gewann einen Process mil 349 fl. 37 kr. C. M. Mit den entfallenden Zinsen wird die scliön gelegene Capelle sich wieder auf die Füsse helfen.

g. Endlich soll die fast ganz verkouiiueiie Filiale St. Elisa- betha auf der Plöcken zur Restauration von einenj AVolillhiiter aus Villach einen Beitrag von 200 fl. C. M. erhalten haben.

B. Lev it sc h ni g g.

Schu'Criu. In dem Octoberhefte iSäö der ,.Mittheilungen"lese ich (S. 210, Nr. 38) die Nachricht über den zinnernen Taufkessel („Fönte" Föns) von Tabor, von welchem gesagt wird, dass es „über das eigentliche Alter desselben an jeder Andeutung fehle." Ich finde die Nachricht über das Alter dieses Werkes aber in der, wie es seheint, in der Zeichnung nicht ganz klar aufgefasslen Inschrift ziemlich bestimmt ang'egeben. Die durch Lilien getrennten Worte der Inschrift lauten nämlich:

l):c . CHU5 . CD . I);ii:rem . Dcd . et . epiritiis saiicti) . STigr . smcii .«.£». Slß.^^^Jki* (LX) X.

ii {'!) fi-cttim . Cät. , das ist: hoc . opus . ad . honorevi . (hi . et . s/Jiritiis sancti . mgr . smon . unno . domini . 3ICCCC

fLX) X . II (?) factitm . est.

Vorausgesetzt, dass die Losung und die Zeichnung richtig ist, liegt in der Inschrift wohl ein Constructions-Fehler, indem statt mi/r smon., d. i. viagisler (Meister) smon wohl: a mayistro smon hätte gesetzt werden müssen. Ob statt smon nicht vielmehr Simon zu lesen sei, wage ich nicht zu etitseheiden. Die Buchstaben c . f sind ohne Zweifel durch (tuno domini zu erklaren.

Dann folgt die Jahreszahl, von welcher SRAftiCivf sicher zu lesen ist, worauf eine Lücke von anscheinend 2 Zifl'ern folgt.

Die darauf folgende Ziffer wird ein r = X sein; es würde daher für die Lücke entweder l r oder r r zu ergänzen und die Jahreszahl entweder 3ICCCCXXXX oder MCCCCLXX (1430 oder 1470) zu lesen sein. Das hierauf folgende Zeichen Q. ist vielleicht die Ziffer ZZ (2) oder Jl (ö). M'enn nun auch wegen der vorhandenen Lüeke die Jahreszahl nicht vollständig herausgebracht werden kann. so ist es doch unbezweifelt sicher, dass der Taufkessel nach Sß^JvJvJ*^ (1400) und frühestens im Jahre 1430, spätestens im Jahre 147ä gegossen ist. Daher beruhet die Meinung des Einsenders, dass der „Charakter der Schrift ziemlich klar auf das 14. Jahrhundert hin- weise," auf einem Irrthume.

Sollte nicht schon eine andere Berichtigung eingegangen sein, so bitte ich diesen kleinen Beitrag als ein Zeichen meiner hohen Verehrung anzunehmen.

Dr. G F. Lisch.

Literarische Anzeigen.

Die erste Lieferung des interessanten bei \\'. Braumüller in Wien erscheinenden Prachtwerkes: „Die vorzüglichsten Rü- stungen und Waffen der k. k. Amb raser-Samm I ung" in Photographien von A.Groll und mit beschreibendem und historischem Texte von Dr. Ed. Freiherrn v. Sacken, bringt acht photographische Abbildungen von ausgezeichneten fürstlichen Rüstungen. I. und IL. dem Erzherzog Sigmund angehörend, sehr zierlich gearbeitet und chaiaktcrislisch für das XV. Jahrhundert durch die im gothischen Style durchgeführten Verzierungen, dann durch die ausgezeichneten Ränder, Spitzen und Bückein; III. bis VII. enthalten Rüstungen, welche Kaiser Maximilian I. im Gebrauch hatte; darunter scheint die eine aus des Kaisers jüngeren Jahren herzustammen, da sie noch die zu Ende des XV. Jahrhunderts übliche Ornamentation besitzt, die übrigen sindi Feld-, Pferd- und Turnierrüstungen und die einzigen von denen man mit Sicherheit behaupten kann, dass sie bei Kaiser Maximilian im Gebrauehe standen. VIII. zeigt die Rüstung des Erzherzog Philipp L, König von Kastilien, welche er wahrscheinlich als Oberhaupt des goldenen Vliessordens bei der ersten Ritterversammlung in einem Alter von 13 Jahren abhielt. Am Postamente dieser Rüstung sieht man zwei blanke Kürasse, die Philipp der Schöne als Knabe von 9 10 Jahren getragen haben dürfte. Die Photographien sind mit grosser Präcision und einem richtigen Verständniss für den Gegenstand ausgeführt. Der Text ist sehr gewandt und belehrend abgefasst und die äussere Ausstattung geschmackvoll und splendid. Der Subseriptionspreis einer Lieferung beläuft sich auf 7 fl. 30 kr. ein .4usmass, das die Anschaffung dieses so wichtigen Werkes leider auf einen sehr kleinen Kreis von Kunstfreunden und Anstalten beschränkt, wenn man berücksichtigt, dass 16 Lieferungen das ganze Werk abschliessen.

Die Verlagsbuchhandlung Ebner und Seubert in Stuttgart lässt eine zweite durchgesehene Ausgabe des im vorigem Jahre mit dem glücklichsten Erfolge beendeten Werkes: „Denkmäler der Kunst zur Übersicht ihres Entwicklungsganges von den ersten Versuchen bis zu den Standpunkten der Gegenwart" erscheinen, deren Bearbeitung Dr. W. Lübkc in

Berlin übernommen hat. Bei der neuen Ausgabe wurde mehr auf äussere praktische, die Brauchbarkeit des AVerkes erhöhende als auf innere Veränderungen Rücksicht genommen. Die Zahl und Anordnung der Tafeln bleibt im Wesentlichen dieselbe, wenige AbweichungCEi abgerechnet und nur die im vierten Bande enthaltenen Ergänzungs- tafeln wurden an den betreffenden Orten, wohin sie im Entwicklungs- gange gehören, eingeschoben. Als neue Zugaben sind drei Tafeln zu betrachten, eine restaurirte Ansicht des Tempels zu Olympia, in malerisch ausgeführtem Stich, eine ebenso behandelte .Ansicht der Fafado des Colner Domes, welcher an die Stelle der früheren Seiten- ansicht tritt, sodann eine in Farbendruck ausgeführte Darstelluni; einer pompejänischen Wandbemalung. .Ausserdem hat die Verlags- handlung in ihrem Streben , auch äusserlich das Werk seinem Inhalte entsprechend künstlerisch zu gestalten, von J. Schnorr in Stuttgart ein Titelblatt entwerfen lassen, das in Stich ausgeführt, in gothlscher Umrahmung über dem Titel die allegorischen Gestalten der Künste zeigt. Sämmtliche Tafeln wurden übrigens sorgfältig durchgesehen und corrigirt, damit nichts Mangelhaftes und Irriges zurück bleibt. Wer eine lebendige Anschauung der kunstgeschichtlichen Entw icklung der verschiedenen Völker gewinnen und sieh mit besonderer Rück- sicht auf die Architectur ein getreues Bild ihrer hervorragendsten Erscheinungen verschaffen will, wird von diesem Werke vollkommen befriedigt sein und insoferne verdient es auch nicht blos als Atlas zum Handbuche der Kunstgeschichte und zur Geschichte der Bau- kunst von Franz Kugicr, sondern auch im .-Vllgemcinen als treff- liches Hilfsmittel zu ernsteren Kunststudien dem gebildeten Publicum auf das Wärmste empfohlen zu werden. Der erklärende Text zu den einzelnen Tafeln wird von Dr. Lübke, dem Verfasser des Werkes die „Mittelalterliehe Kunst in Westphalen" und „Geschichte der Architectur" geliefert werden und verspricht daher, sich durch geist- volle Auffassung, durch Vcrlässlichkeil undeine anziehende Darstellung des Gegenstandes auszuzeichnen. Das ganze Werk wird vier Bände mit 154 Tafeln in 1700 Abbildungen umfassen und lieferungsweise erscheinen. Jede Lieferung mit ö Tafeln in Stahlstich oder Farben- druck nebst dem Texte kostet 1 Thlr. C Ngr. Innerhalb zwei Jahren wird das ganze Werk zum Abschlüsse gebracht sein. Die erste Liefe- rung wurde bereits ausgegeben.

lo»

112

Das von Fr. üaudri in Cöln reiligirte „Or<ran für christliche Kunst" hiin'^t in 'lo beiden letzten Nummern und 6) Aufsiit/.e über die _Rostaur;ition des Münsters zu l'lni", über die Doinbiiu- vereinc zu M ü n c h c n. W o r m s, S p c y e r und M a i n z, welche sich zur Wiederherstelluni,' und Vollendung; der Kathedralen >;ebild(t haben, eine nekrolosische Notiz über den französischen Gelehrten und Archäologen P. Arthur Martin, einen biof;raphisehen Aufsatz über jüngst verstorbenen englischen Archäologen John Britton, die Mittheilung eines Erlasses des Cardinal Patrizi in Rom zur Kege- nerirun" der Kirchenmusik, eine Correspondenz aus London über die dort eröffnete „Architeetural Exhibition''. die Fortsetzung der Abhandlung über die «Geschichte der Glasmalerei in Europa", das Resultat des Concurses über die Memorialkircbc in Konstanti- nopc I, zwei literarische Anzeigen und eine reiche Auswahl verschie- dener Kunst notizen.

Die Buch- und Kunsthandlung Heinrich Keller in Frankfurt am Main kündigt an, dass sie im Vereine mit F. Barrot die Blfen- b e i n- u n d II 0 1 z s c b n i t z w c r k e des g r o s s h e r z o g 1 i c b- hessischen Museums zu Darmstadt in Elfenbein- Gypsabgüssen herstellen wird. Diese Kunstwerke bestehen in Relief- Darstellungen, aus Diptychen, Triptychen, Buchdeckeln, Reliquien- behältern. Portativ-Altären u. s. w. und sollen in möglichst getreuen und scharfen Abgüssen abgeformt werden. Die Gegenstände werden einfach in farbiger Elfenbeingypsmasse hergestellt, an den Stücken, wo sich Metall daran befindet, dasselbe durch Vergoldung oder Bronzirung nachgeahmt und die daran befindliche Malerei durch Farben wieder gegeben: Die Preise der einzelnen Gypsabgüsse sind sehr massig gehalten, so dass deren AnsehatTung auch minder bemit- telten Künstlern und Kunstfreunden nicht schwer fällt.

Aus dem deutsehen Buchhandel sind in den letzten Monaten an Neuigkeiten hervorgegangen: Lewy. Dr. M. A., Pliönicische Stu- dien. 1. Heft: Erklärung der grossen sidonischen und anderer phö- nicischer Inschriften. Die ältesten Formen des phönicischen Alpha- betes und das Princip der Scbriftbildung, mit 3 Tafeln. (Breslau, Leukart.) I Thlr. Zabn, Prof. W., Die schönsten Ornamente und merkwürdigsten Gemälde aiisPompeji Hcrculaneum und Slabiä. 3. Folge, S.Heft. Berlin, Reimer. 8 Thlr. Dursch, tJ. M., .isthetik der christlichen bildenden Kunst des Mittelalters in Deutschland. 2. .Aufl. Tübingen 1856. 2 Thlr. 24 Ngr. Holz, F. W., Details griechi- scher llauptgesimsc, zusammengestellt in 40 Blättern. 2. Auflage. l. Lieferung. Berlin 18Ö6. ä 10 Ngr.

Neben den fortlaufenden literarischen Leistungen der von der französischen Regierung eingesetzten Commission für Monumental- Stafistik und den Publlcationen des Cnmite für die Geschichte und Künste, neben D i dron's Annales archeologiques und Caunionl's Bulletin monumental, neben den zahlreich erselieincnden Werken der verschiedensten Gelehrten und den periodisch erscheinenden Schriften in den Departements zur Erforschung der französischen Kunstdenk- male, ist seit Beginn dieses .lahres in Paris nun auch eine «Revue de l'art chretien", herausgegeben von Abbe .?ul. Corblet (bei A. Pringuet in Paris) ins Leben getreten, welche, nach dem ausser- ordentlichen Interesse der Franzosen für das Studium der christlichen Kunst, von einem nicht geringeren Erfolge wie die schon bestehenden periodischen Schriften begleitet sein dürfte. „Seitdem die religiöse .-Vrchäologie". beisst es in dem Vorworte des 1. Heftes, „genau abgegränzt durch eine bestimmte Anzahl unbestrittener Principien, Stellung genommen hat unter den positiven Wissenschaften, fand

sie eine günstige Aufnahme in den Akademien, in den gelehrten Gesellschaften, in den literarischen Revuen und selbst in der Tages- presse. Sie hat spccicile Organe, welche mit löblichem Eifer das gesehichlliehe Kcld der chrislliclien Kunst bearbeiten; diese archäo- logischen Sammlungen, diese .\nnalen der gelehrten Gesellschaften zu Paris und in den Provinzen, diese zahlreichen Publlcationen, welche während dreissig Jahren in Frankreich und im Auslande erschienen, sind gewiss wichtige und werthvolle Elemente zu Stu- dien, aber sie sind häulig unzugänglich jenen, welche am meisten nüthig haben beim Unlerriclite daraus zu schöpfen. Ks war daher der Augenblick gekummen eine, durch ihren massigen Preis Allen zugängliche Publication zu unternehmen, welche in gediegenen Artikeln alle erworbenen Kenntnisse, Entdeckungen und Arbeiten zusammenfassen kann, deren Itesultate niedergelegt sind in den Memoiren der gelehrten (Josellseliaften, und nicht selten die Gränze des provinziellen Interesses überschreiten. Unsere Revue hat daher den Zweck, die christliche Archäologie zu popularisiren, sie ver- ständlich und praktisch den zahlreichen Zeichnern zu machen, die Leser im Gange zu halten über alles das, was geschrieben, gemalt, gemeisselt und gebaut wird, gemäss der gesunden Traditionen der christlichen Kunst. Indem wir unsere Bewunderung aussprechen für die Meisterwerke des Mittelalters und vor .Allem des 13. Jahr- hunderts, wird die Revue doch kein exclusives Vorurtheil haben gegen irgend ein von echt religiösem Geiste beseeltes Kunstwerk, mag dasselbe was immer für einer Zeit und einer Nationalität ange- hören." In diesen Worten charakterisirt sieb der wissenschaftliche Standpunkt dieser neuen Erscheinung, und wir ersehen daraus, dass sie vorzugsweise Gewicht legt auf die von religiösem Geiste erfüllten Kunstanschauungcn , dass sie die archäologischen For- schungen der letzteren dreissig Jahre übersiebtlieh zusammenzu- fassen und mit den Resultaten derselben die weitesten Kreise des Klerus und der Künstler vertraut machen will, dass sie sich nicht ausschliesslich auf die Style des Mittelalters beschränken, sondern auch die Kunstwerke, der Renaissance und der Gegenwart in ihren Bereich aufneliuicn wird. Wenn sie nun hicbei auch wirklich den nationalen Vorurtheilen zu entsagen und mit unbefangenem .Auge die monumentalen Kunstwerke des Auslandes zu beurlheilen im Stande sein wird, so wäre diess ein grosses Verdienst, welches die französischen Gelehrten bis jetzt nicht immer, namentlich in Bezug auf Deutschland zu beanspruchen bemüht waren.

Die „Revue" rtird in ihre Studien folgende StolTe einbeziehen. Unter der Rubrik „Archäologie" werden Aufsätze über Ästhetik, die Geschichte der Kunst, Arehiteetur, Seulptur, Goldsehmiedekunst, Eisengussarbeilen. Numismatique. Emails, .Mosaiken. Tapeten, alte (jcwänder. priesterliche Gebräuche, Liturgie, Iconographicn, Grab- niäler, .Musik, religiöse Poesie des .Mittelalters u. s. w. geliefert wer- den. Eine.Abtheilung, betiteil: „Anwendung der Grundsätze der christ- lichen Ästhetik auf die moderne Kunst" wird Alles das enthalten, was die kirchlichen Wissenschaften von der Construction der Kirchen bis zur Anfertigung der Bildwerke enthalten. Die Rubrik: „Verschie- denes und Chronik" wiril Correspundenzen, Neuigkeiten, Entdeckun- gen, Acte des Vnndalismus, Neubauten romanischer und gothischer Kirchen, Nachrichten über die archäologische Bewegung, die kirch- liehe Industrie, die .Arbeiten der gelehrten Gesellschaften, wissen- schaftliche Congresse, Programme zu Concursen der Arehiteetur und Archäologie, .Ausstellungen der Malerei, Nekrologie u. s. w. und die .Abtheilung „Bibliographie" Übersichten der vorzüglichsten archäo- logischen Besprechungen Frankreichs und des .Auslandes aufnehmen. In und ausserhalb des Textes werden zahlreiche Holzschnitte gegeben werden. Jeden Monat erscheint einlieft; der Preis der zwölf Hefte ist 12 Francs. Bis jetzt sind zwei Hefte ausgegeben, auf deren Inhalt wir im näelistcn Hefte eingeben wollen.

.\.U3 der k. k. Hof- und Staatsdruckerei in Wien.

Jeilen Monat erscheint l Hefl mit miudestens 3 Drucklto^ea aad mit

AbbilJiiD^^eB. Der Pränunitratiunsprcis ist für einen Jahr^an^ oder zwülf Hefte nebst Reg-ister sowohl für Wieo alsHie Ki'oiilünder und das Ausland 4 fl. C. M-, bei p o r t ij f rt- i e r Zuaenduiijj in die Kronländer der üsterr. Monarchie 4 11. 2Ukr. CM.

MITTHEILUNGEN

DER K.K. CENTRAL- COMMISSION

PräoameratioDen überneb- men halb- oder g'anijährig ittek.k. Poslämlfr der Monarchie, welche auch die portofreie Zuseodang der eiotelDeo Hefte besorgen. Im We^e des Buch- handels sind alle HrJuatnenitioneO Qod zwar nur zu dem Preise von 4 fl. »a den k. k. Hofbuchhaodler V. firaumüller in Wif n zu richten.

ZU mnmwm ii iiialtiig der bude\kii\le

Hcrausi^ca'lieii unler der Leiluns' des k. k. Scelions-Cliefs und Präses der k. k. Central-Coiiiiiiission Karl Freiherrn v. f zoerniii;.

Redacteur: E a r 1 Weiss.

N2=-:>.

IL Jahrgang.

Inhalt: Die Restauration des romanischen Kreuzganges am bischütliclien Münster in Brixen. Die Erfolge der \Virksan)keit der k. k. Central-Conimission. Die romanischen Kirchen zu Zabof und St. Jakob in Böhmen. Alte Kunstdenkmale in Botzen und seiner Umgebung. Die Kleinodien des h. römisch-deutschen Reiches. Paniätky arehaeologicke a mi'stopisne. —Notiz. Correspondenzen. Literarische Anzeigen.

Die Restauration des romanischen Kreuzganges am bischöflichen Münster in Brixen').

Der Conservator für den Brixner Kreis, HerrG. Tiiik- hauser, lenkte im Jahre I83ö die Aufmerksamkeit der k. k. Centrai-Commission auf den schlechten Bauzustand des alten K r e u z g a n g e s bei dem b i s e h ö f I i c h e n Münster zu Brixen und erklärte zugleich, dass derselbe eines der schönsten und merkwürdigsten Baudenkmale von Tirol sei, welches, mit einer Beihe der interessantesten alten Wandgemälde ausgestattet, in kürzester Zeit dem unver- meidlichen l{uine entgegen gehen werde, wenn nicht daran einige sehr nothwendige fiestaurations-Arheiten vorgenom- men werden.

Aus der, von detaillirten Plänen begleiteten archäolo- gischen Beschreibung des Kreuzganges, die der Conser- vator zur besseren Würdigung des Gegenstandes vorlegte^).

') Zu dem ersten .\ufsatze des April-Heftes (S. 8ö) „Die kaiserlichen Anord- nungen für die Kestauratifin herühniter Kunstdeiikmale im lombnrdiseli- venetiaiiisclien Königreiche" hüben wir eine Berichtigung naehzulragen. Die Allerhöchste Elitschliessung vom 8. Fehruar d. J. betrifft niinilieh nicht, so wie wir mitgethcilt haben , die liestauration von Leonardo da Viiici's Freseogemälde, das heilige .\bend[iiahl , im liefectoriuni nächst der Kirche .Maria delle (irazie, sondern aus dem uns jetzt vorliegenden Wortlaute der .Mierhöchsten Willensmeinung ersehen wir, dass Seine k. k. apostol. Majestät anzuordnen geruht haben, die künstlerische Restauration der an die Kirche St. Maria delle Grazie in Mailand anstossenden Halle, in der sieh das Frescogemälde von Leonard da Vinci, das heil. Abendmahl vorstellend, befindet, in Angriff zu nehmen und zu diesem Zwecke die Kalktiinche von den übrigen Wänden und vom fiewölhe zu entfernen , die darunter beliudli- cheu Zeichuungeo und .Malereien aufzudecken und von bewährter Künst- lerhaiul aufzufrisehen und zu ergänzen. Die liestauration von Leo- nardo da Vinci's Frescogemälde, das h. Abendmahl, haben Sr. Majesiät über Vortrag Sr. Excellenz des Herrn Liiiterrichtsuiinisters (irafen I., e o 'I" h il n bereits untern 7. Juni 1834 genehmigt. (Vgl. „Mittheilungen" 1856, S. 87.)

D. Red.

') Vgl. „Millheilungen" 1850, 8. 17.

II.

entnahm auch die k. k. Centrai-Commission, dass der Kreuz- gang, wie er gegenwärtig besteht, aus der zweiten Bau- periode des Münsters herstammend, im XII. Jahrhundert aufgebaut, und nach dem dritten Brande, also heiläulig um die Mitte des XIII. Jahrhunderts die gothische Oberdecke erhalten habe und dass die Gemälde, die an den Seitenmauern in den Feldern unter den Sehildbiigen und auf der Oberdecke angebracht sind, grijsstenlhcils dem fünfzehnten und nur einige wenige dem vierzehnten Jahrlimidert aiigehiiren. In kunstgeschiclitlieher Beziehung war desshalb allerdings das grosse Interesse dieses Baudenk- males nicht zu verkennen, da bis jetzt in Österreich ver- hältnissmässig wenige Kreuzgänge im romaiiisclu n Style und von so edlem arcliitcktoiiisclion .\ufliaue liekaiiiit sind.

Die k. k. Central -Coinmissidii wandte sich daher an die Landesbau-Direction in Innsbruck, damit diese im Kin- vernehmen mit dem Conservator einen Kostenübersehlag rücksichtlich der vorzunehmenden Bestaurations -Arbeiten vorlege und die entsiireclienden .Anträge stelle. Gleich- zeitig richtete sie an die k. k. Statthalterei in Innsbruck das Ersuchen, die Erhchiiiigcn über tlie l'atronats- und son- stigen ökonomischen Verhältnisse der Domkirche zu Brixen zu pflegen, um den Fond zu ermitteln, aus welchem die Kosten bestritten werden müssen. Nach dem Voranschlage der Landeshau-Behörde wurden die Kosten der iiothwen- digsten Uerstollungcii auf 14iS0 Gulden festgesetzt. Die Erhebungen der k. k. Statthalterei fiiliiteii dagegen zu dem Besullate, dass der Dom zu Brixen sieh keines Patronates erfreut und die Kosten der Erhaltung des Kreuzganges weder von dem Domcaiiitel noch von der Stadtgemeinde getragen werden können.

10

114

Bei (liesein Sachverliiilte war daiior die k. k. Ceiitral- Coiiimissiüii in der Lage, im Sinne der nnterni 31. Deceni- ber 1850 a. h. genehmigten Instrnctioii lici dem holien k. k. Ministerium den Antrag zu .stellen, dass die mehr- e r w ahnt e 1{ e s t a u r a l i (i n n a c ii v o r 1 ä ii f i g e r (_■ e n e h- mlgung Seiner k. k. Ajiost. Majestät von der hohen St aatsverwa I tung ühernomnicn werde.

Nachilem die \'erliandlMiigen des k. k. Handels -Mini- steriums mit den k. k. Ministerien der Finanzen, dann des Cultus und Unterriclits zum Abschlüsse gebraclit waren, und Fjetztere ihre Zustiniuuing zur Ibernahme der Restau- ration auf den Staatsschatz ertlieilten , erstattete Seine Excellenz der Herr Handelsniinister Hitler v.Toggenburg über Antrag der k. k. Central-Commission einen Vortrag an Seine k. k. .4j)ost. Majestät, um von .\l!erhöclistderselben die Ermächtigung zu erlangen , dass die Bestreitung der Kosten für die Flrhaltung und Sicherung des in Frage

stehenden ehrwürdigen Baudenkmales von der hohen Staats- verwaltung ühernonmien werden dürfe.

Mit Allerhöchster Entschliessung vom 20. März d. J. geruhten Seine k. k. Apost. Majestät allergnädigst zu be- willigen, „dass die für die Hestaui'alion des zur Domkirche geiiörigen Kreuzganges veranschlagte Kostensumme von 1480 (iulden auf den Staatsschatz iil)ernommen und in den \ oranschlag des k. k. Ilandclministeriums für das Jahr 1858 einbezogen werde.**

Die k. k. Central-Commission fühlt sieh durch diesen Act der a. li. Gnade Sr. k. k. a|i(ist. Majestät und der wohl- wollenden Unterstützung der hohen Ministerien um so glück- licher, als hierdurch die kaiserliche Regierung neuerdings mit einem nachahmungswerthen Beispiele der Fürsorge zur Erhallung der monumentalen Kunstsehälze (»sterreichs vor- angegangen ist.

Die Erfolge der Wirksamkeit der k. k. Central-Commission.

Unmittelbar nach dem Erscheinen des ersten Bandes des „.lahrbuches" und des ersten Semesters der „Milthei- lungen" unterbreitete die k. k. Central-Conunission ptlicht- gemäss diese Publicationen durch Vermittlung Sr. Excellenz des Herrn Handelsministers Allerliöchsten Orts mit der ehr- furchtvollsten Bitte, dass aus densell)en Allergnädigst das Bestreben der ("(unmission, der ihr mit der Instruction vom 30. December 1850 gestellten Aufgabe möglichst zu entsprechen, entnommen werden möge.

Seine k. k. apostolische Majestät geruhten diese Publi- cationen mit Wohlgefallen aufzunehmen und mit .\llerhöehster Entschliessung vom 19. Juli 1856 Se. Excel- lenz den Herrn Handelsininisfer zu ermächtigen, der (' e n t r a 1 - C 0 ni ni i s s i o n die Allerhöchste .4 n e r k e n- n u n g ii b e r i h r k bisherigen L e i s t u n g e n aus z u- d rücken.

Nebst diesem beglückenden Acte kaiserlicher Cnade erhielt aber auch die k. k. Conimission von Ihren Excel- lenzen den Herren Ministern iiiiil anderen holien W'üiilen- trägern der kaiserlichen Regierung, denen die erwähnten Publicationen vorgelegt wurden, die erfreulichsten Beweise der Aufmunterung und des Wohlgefallens und es zeigte sich von allen Seiten das freundlichste Entgegenkommen, um die Bestrebungen dieses kaiserlichen Institutes nach allen Kräf- ten zu fördern und zu UMterstiitzen.

Damit auch die .Uifmerksamkeit des .\uslandes auf die in Osterreich unter dem unmittelbaren Schutze der Regierung ins Leben gerufenen Institutionen zur Erforschung inid Erhaltung der Kunstdenkmale des Kaiserstaates gelenkt werde, luiterbreitete die k. k. Central-Commission anfangs dieses .lalires mehreren kunslsimiigcii deutschen SouveräTien ihre bisher erschienenen Publicationen , worüber in jüng- ster Zeit zwei königliche Handbillete an den Herrn Präses

der k.k. Central-Commission cingelangtsind. welche wir hier nach ilii'em Worllaute veröfl'enliichen :

Das Erstere , V(m Sr. Majestät dem Könige von P r e u s s e n F r i e d r i c h \\ i 1 h e I m IV. herrührend , lautet :

„leli habe die mit Ihrem Selircihen vom i2. v. M. Mir i'inj^e- sandten Kxem|iliiie des ersten Jahij:;angcs des .lalirbuehes und der Monatschiift, welche von der unter Ihrer Leitung stehenden k. k. Cenlral-Commission zur Erforsohun;,' und Erhaltung der Baudcnkmale voröflentlieht werden, mit Interesse entfjefrcii'^enominen und nicht unterhissin wollen, Ihnen für diese Zuwendung meinen verbindlichsten Dank hierdureh zu hczeifjen.

Berlin, den 2. Ecbruar 1857.

Friedrich M'i I bei m m. |(." Das zweite llandbillet von Sr. Majestät dem Könige L u d w i g V o n B a i e r n dagegen enthält Folgendes :

„Herr Freiherr v. Czocrnig ! Habe vermiffelsl des Slaatsmini- steriums des köni^liehcn Hauses uriil des Äussern mit Ihrem fjefalligcm Sehreihen vom 12. Jänner dieses .lalires zugleich ein Exemplar des unter Ihrer Leitung lierausgekominenen ersten Jahrganges, bezüglich der Erforschung und Erhaltung der Baudenkmalc classischen und christliehen Allerihnms, nebst der gedruckten Monalsehrift näm- lichen BelrellVs eMi|ifiing('n. Indem ich Ihnen, dem sehr lohcnswer- tben und verdienstvollen Leiter dieses interessanten Unternehnicns Meinen vollsten Beifall zollend, für die Mir durch die Übersendung bcfraglichen Werkes bewiesene .Xufmcrksamkeil gerne Meinen Dank ausspreche, versichert Sic zugleich mit Vergnügen der Gesinnungen seiner Wcrthschätzung

Ihr Ihnen wohlgeneigter

Ludwig m. p."

I\Iünchen,den 7. März 18a7.

So wie nun durch diese werthvollcn Acte der Anerken- nung die k. k. Central-Conmiiss!on sich im höchsten Maasse geehrt fühlen nmsste. so unterliess sie. dadurch aufgemuntert, in jüngster Zeil nicht, neui' Wege anziibaliiirn. um den v(ui ihr vei'lretenen Inti'ri'ssen den günsligslen KrTiilg zu sichern. Da in früheren .lahrbunderlen die Kirche der Mittel- punct der bedeutendsten künstlerischen Erscheinungen war.

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und die kirchlichen Baudenkmaie, als das kostbare Erl)e einer grossen, von dem tiefsten religiösen Gefühle beseelten Epoche, noch jetzt den vor/iigiichsten Gegenstand der Sorg- falt zur Erhaltung und stylgemüssen Restauration bilden, so musste es die k. k. Central-Commission als eine sehr wesent- liche Förderung ihrer Aufgabe erkennen, mit dem Clerus des Kaiserstaates in Verbindung zu treten, um sich der Unterstützung ihrer Organe von kirchlicher Seite zu ver- sichern, und für die Bestrebungen der k. k. Central-Com- mission die möglichste Theiliiahme zu erwirken.

Zu diesem Zwecke richtete dieCommission mitschrei- ben vom 26. .länner d. .1. an das gesammte hochwiirdigste Episcopat des Kaiserstaates die Bitte, dass die Mitglieder des Uiöcesanclerus gütigst angewiesen werden fliögen , die Conservatoren auf die historisch oder artistisch merkwürdigen kirchlichen Bauwerke, und deren Einrichtung aufmerksam zu machen, ihnen bei den diessfiilligen Eriiebungen und For- schungen behilflich zu sein, so wie durch Belehrung und möglichste Hintanhaltung von muthwilligcn Beschädigungen an der ihrer Aufsicht unterstellenden Denkmalen den Sinn der Bevölkerung für dieKunst zu beleben. Zugleich wurde jedem der hochwürdigsten Bischöfe der Name des Conservators bekannt gegeben, dessen Wirkungskreis in die einschlägige Diöcese fällt, damit der Diöcesanclerus in der Lage ist, sich im erforderlichen Falle mit dem betreil'enden Conservator ins Einvernehmen zu setzen.

In Folge dieses Einladungssclireibens sind an den Herrn Präses der k. k. Central-Commission liereits eine grosse Anzahl Zuschriften von den hervorragendsten Mitgliedern des öster- reichischen Episcopates gerichtet worden, welche insge- s a m m t m i t g r ö s s t e r B e r e i t w i 1 1 i g k e i t dem Ansin- nen der k. k. Central-Commission zu entsprechen, und die ihr Allerhöchsten Orts zugewiesene Aufgabe zu fördern sich bereit erklärten.

Es dürfte nicht ohne Interesse sein zu vernehmen, in welch zuvorkommender Weise mehrere Kirchenfürsten der Einladung der k.k. Central-Commission nachgekommen sind, daher wir auch einige der Schreiben, die an den Präses und k. k. Sectionschef Herrn Karl Freili. v. Czoernig gerichtet sind, in so weit sie die Sache berühren, veröll'entlicben wollen.

Seine Eminenz der Cardinal und Erzbischof von Prag, Fürst Friedrich Schwarzenberg, gaben bekannt:

„Mit Bezug auf Hochdero geschützte Zuscln-iffen vom December v.J.Z.389und26.J;innerl.J.Z.392, beeln-e ich mich Euerer Hochwohl- geboren die Eröffnung zu machen, dass ich in den gedruckten Erläs- sen meines Consistoriums den Diöcesanclerus aulfordern werde, die Zwecke der k. k. Central-Commission im Sinne des hochverehrten Schreibens vom 26. Jänner 1. J. zu fordern, und sich an der Abnahme der von der k. k. Central-Commission in Druck veröffentlichten „Mit- theilungen" nach Kräften zu betheiligen."

Seine Eminenz der Cardinal, Fürstprimas von Ungarn und Erzbischof von Gran, Herr Johann Scitovsky von Nagy-Kers beantworteten die Begrüssung der Comniission in folgender eingeliender Weise:

„Ich beclire mich hiermit in Erwiederung des gescliätzten Schrei- bens vom26. Jänner 1. J.Z. 392 Euere Hochwohlgeboren höflich zu ver- ständigen, dass ich in Erwägung und verdienter Würdigung des auch für die Kirche hocliwiehligen Interesses, welches die Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale bietet, bereits dasNötbige verfügt habe, damit auch mein Diöcesanclerus den betreffenden Conservatoren den von Euerer Hochwohlgeboren angestrebten Beistand leisten möge. Damit diess aber in möglichst erspriesslicher Weise geschehe, glaubte ich aus dessen Mitte wieder einzelne Individuen zu dem Ende bestellen zu müssen, dass diese die Eiiigabin der Einzelnen einsammeln und zur bestimmten Zeit Behufs weiterer Beförderung an die betreffenden Conservatoren hierorts ciidningen mögen. Namentlich sind liiezu sämmfliche Dechante, jeder für seinen betreffenden Bezirk, bestellt.

Da diese ohnehin die Kirchen ihrer Bezirke Jahr aus Jahr ein von Amfswegen zu inspiciren haben, so befinden sie sich in der Lage, die hie und da vorhandenen liaudeukmale selbst in Augenschein zu nehmen, und darüber die nöthlgen Notizen abzufassen, die Eingaben Einzelner nach Bedarf zu berichtigen und zu ergänzen. Auf diese Weise ist der Gan" des Geschäftes also einseleitet, dass ich mich der lloff- nunof hingeben kann, es werden die Dienste, welche man bestrebt ist der löbl. Central-Commission zu erweisen, nützlich sein."

Von Sr. Excellenz dem Erzbischofe von Kolocza in Vn- o-arn. Hr. J. Kunszt, liegt ferner folgendes Schreiben vor:

„Je höher der Sinn, welcher in dem Streben aus den kirch- lichen Kunstdenkmalen das geistig-religiöseLcben unscrer.Altvordern aufzuschliessen und den so ausgestreuten Samen der vorzeitlichen Pietät zur Belebung und Stärkung des religiösen Gefühles aufzuneh- men und zum Gemeingut zu machen, überhaupt vorliegt, um so glorreicher die Allerhöchste Fürsorge, deren sich auch dieser Abschnitt der Kirchengeschiclite zu erfreuen das Glück hat, um so rühmlicher jener Antheil, welchen Euere Hochwohlgeboren in tiefem Eindringen in den Geist der Vorzeit durch vielfach bewährten Kunst- sinn und belangreiche Wirksamkeit betliätigen.

Während ich daher Euere Hochwohlgeboren auf diesem Felde einer vielversprechenden Thätigkeit mit wahrer Freude und Theil- nahine hochachtungsvoll begrüsse, säume ich auch keinen Augenblick, in Gemässheit llochihrer unterm 26. Jänner d. J. Z. 392 ergangenen, mir am I.März zugekommenen Zuschrift, meinen gesanimten Clerus dahin anzuweisen, dass derselbe sich angelegen sein lasse , die etwa vorfindliehen geschichtlich artistischen Denkmale durch mögliche Hintanhaltung von Verschleppung und muthwilllgen Beschädigungen, wie auch durch angemessene Bewahrung derselben vor dem Verfalle zu erhalten, andererseits aber durch Belehrung den Sinn der Bevöl- kerung für die Kunst zu wecken, ferner die Conservatoren wie auch die zu ernennenden Correspondentcn auf die historisch oder artistisch merkwürdigen kirchliehen Bauohjecte , deren Theile, Einrichtungs- stücke, Monumente u. s. w. aufmerksam zu machen , und ihnen bei diessfälligen Erhebungen und Forschungen mit Hath und That eben so gewissenhaft als kräftig an die Hand zu gehen, damit so durch ein gemeinsames Einvernehmen , jene Kunstschätze der Vorzeit . die der Verehiung des eben in diesen Gegenden am längsten und ärgsten hausenden Erzfeindes des t'hristenlluims und aller Civilisation ent- ronnen sein mochten, und die desshalb an Zahl und (1rt allerdings spärlich sind, wohlbewahrt und erhalten zur Erbauung kommender Geschlechter dienen , mithin die darauf bezügliche Allerhöchste Absicht ebenso, als die von Euerer Hochwohlgeboren auch in diesem Bereiche in voller Thätigkeit gedeihlich entwickelte Wirksamkeit vollends in Erfüllung gehen könne."

Seine fürstliche Gnaden der Fürstbischof von liavant, Herr Anton S 1 o m s c h e k , äusserten sich :

„In Erwiederung der verehrten Zuschrift vom 26. v. M. Z. 392, womit Euere Hochwolilgcborcn an mich das Ansinnen stellen, den

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unterstehenden Diöcesanelenis anzuweisen, der Erforschung und Erlial- tuni'kirelilieher Baudenkinalc seine Aurinerksaml<cit zuzuwemlcii, und diessfalls den Conservatoren und Correspondonten der betreftenden U. k. Central-t'onimission behülflleh zu sein, kann loh versichern, dass Euere llocliwohlsjehorcn damit dem eigenen Wunsehc und dem seit- heri^'cn Bestreben des Ordinariales eiitgejienkoinnien.

Der Herr Conservator für K;irntlu'ii, Freiherr v. Ankcrsholen, hat diesbezüglich bereits wiederholt seine Wünsche nun eröllnet und ni;in ermangelte nicht, den Clerus des kärnthnerischen Antheils darüber zu belehren. Ein Gleiches ist das Ordinariat bereit in Bezug auf seinen Diöcesanantlieil Steierniarks zu Ihun, und kann nur ersuchen, den betreffenden Herrn Conservator an dasselbe anweisen zu wollen, so wie es auch seinerseits bei sich ergebenden Restaurationen diesem Gegenstande, welcher in dem Consistorial-Gremium durch einen Cor- respoiideiilcn der k. k. Centrai-Commission vertreten wird, seine voll- verdiente Würdigung und Vorsorge zukehret."

Der iiiifliwüi-digstc liiscliiir \im Linz, Hcmt Franz J(isei)li H Ulli gier, entllicli bemerkte:

„In Erwiederung der sehr gescliülzten Zuschrift vom2R. Jänner 1. J , Z.392, habe ich die Ehre die dienstlreundliche Versicherung /,u geben, (lass ich meinen Diöcesanclerus bei jeder Gelegenheit anweisen werde, gegen die Herren Conservatoren und Corrcspondenten der k. k. Cen- tral-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkniale des österreichischen Kaiserstaates gefällig zu sein und kann für den Erfolg um so mehr bürgen, als sich durch dessen Mitwirkung in Ober- Österreich gerade ein katholischer Diöcesan-Kunstverein bildet, der auch schon die vorläufige Genehmigung Sr. k. k. apostolischen Majestät erhalten hat.

Ich werde auch nicht unterlassen, diesen Verein, sobald er in Wirksamkeit getreten ist, anzuweisen, mit der k. k. Central-t'om-

mission für Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale ins Einver- nehmen zu treten."

In gli'ioli zuvürkoninipnder Weise und mit ploielier Bereitwilligkeit zur Flirdcrnng der wissenscliartiiciien lU-stre- hungcn der k. k. Centrid-Commission laiitendie bisher einge- langton Sehreiben derErzhisLdiöfevon Zara und Leniberg. der Hischöfe von Laibach, Breslau, K ii n i ggriit z, P r z e ni y s 1 . N e u t r a mid N e u s o h 1.

Sciiliessiich erwälincn wir. dass diek. k. Central-Com- missidn ansAnlass der nun V(dleii(h'ten Organisation und der Cberseudnng eines E.\eni|)iars der Pubiicatidnen des .lalires 1856 , aucii die Herren Gouverneure und Statthalter der Kronländer um kräftige Fi'irdoruiig der Aufgabe der k. k. Central-Coinmission ersuchte. Hierüber haben bis jetzt fnl- gend(! IkM'ren Ijäiiderehefs, und zwar in den freundliclisten Worten der Zustimmung geantwortet :

Ihre Excellenzen die Herren Statthalter von Nieder- österreieh Freiherr v. Emtninger, von Älahren Graf Lazanski, vonKrain Graf Chorinski, tmd des Küsten- landes Freiherr v. Mertens, Seine Excellenz der Herr Gouveriu>ur von Sielicnbiirgen Fürst Karl Schwarzen- berg, von Kärntlien Fredierr v. Schi oissn igg, der Herr Landespräsident der Bukowina Freiherr v. Schmück, und die Herren Vorstände der Statthalterei- Abtheilungen von Pressburg Graf v. Attems, von Kaschau Bitter v. Poche und von Grusswardein Graf Hermann Zichy.

Die romanischen Kirchen zn Zäbor and St. Jakob in Böhmen').

Von Dr. Job. Erasmus Wocel, k. k. (Konservator für Prag.

I. Die Kirelie zu ^Käbor.

Nahe an der Eisenbahnstation Teinitz liegt in waldiger Umgebung das Dorf Zäbor mit der Pfarrkirche zum heil. Prokiiii. l"i)er diese Kirche findet man in Sonuners To[io- graphie von Böhmen (Cäslauer Kreis , S. 332) folgende merkwürdige .\usserung: „Die Kirche soll schon im Jahre 1080 von König Wratislaw gebaut worden sein, und wie man aus einigen Umständen, z. 1$. einem am 'l'hurme noch sichtbaren Opferherde, gewissen Figuren und Zeicheti am Portale u. s.w. schliessen will, bereits in der heidnisclien

*) Die Kirche zu Zabor wurde vom Verfüsser des gej^enwürtigi-n Aufsatzes im Casopis reskt^'lio Museum, 1840. 4. lieft, die Kirciie zu St. .Tiikoii iu derselben Zeitsehiift (1S47, 2. Heft) beschrieben. Eine deutsche Üher- setzuu^ di's It'tzUTC» Aufsatzes erschien im ersten Ileflr dt-r iwctiiiolojji- »chen lllätler (Prag 1848). (;t'j;eiiwiirti);cr SehildiTunt', in »i-iihcr alU'rdin(.'s auf die neueren FnrsctMiugru auf dirscui ficliit'le Iledacht genommen wurde, lie*^en die angedeuteten höluniselu'n Ahliaiidlungeu zu Grunde. Die beif^efii^ten Abbildungen sind von Herrn Hermann Iterg- manu, k. k. Oheringenieur, gezeiehnct ; die Zeicliniuigen zur Zäborer Kirclie waren bei dem angeführten Aufsatze im .lahre t84G, die St. Jakob belrelfenden Darstcllungeu im Jahre 184S in drn archäologischen ülättern erschienen.

Zeit als Tempel bestanden haben." Durch diese, die Neu- gierde im hohen Grade spannende Bemerkung wurde ich bewogen, mich nach Zäbor zu verfügen, um das räthselhafte Allerthumsdeiikmal in Augenschein zu ludimen. Idi begab mich am 2. August 184() von Knttenberg nach dem etwa 2 Stunden enirerutcn l)(U-fe. iiber dessen Kirche auch in der nächsten Umgebung gar wunderliche, an das iieid- nische Alterlhum mahnende Sagen verbreitet waren. Die Strasse zieht sich liart an der herrli(dien Kirche von Sedletz nach dem Städtchen Neuhof hin. das aus dem Schoossc der fruchtbaren, einem unabsehbaren Garten ähnlichen Land- schaft mit seinen riptheii Dächern und schmucken Häusern sich erhebt. \Neiler führt der Weg durch die lange Linden- allee zu dem grossartigon Schlosse Kacina, wendet sich dann links imd zieht sich durch Obstpflanzungen und am Saume dunkler Nadelgehölze zum D(u-fe St. Katharina; hat man dieses Dorf, dessen massiver altertbümliclier Kirchcn- bau die Aufmerksamki'it fesselt . verlassen, so gewahrt man bereits den weissen Kinlithurm. der sich über die iliilten des nahen Dorfes Zäbor eidudil.

Zälmi- breitet sich am linken Ufer des Flilsseliens Doubrawa aus. welches dir naiien Elbe zueilt; die nächste

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Uingebiiiig des Dorfes hilden Kieferhaiiie. die Überreste der weit iiusgedehnteii Kieferwälder, von weichen das Dorf (Za bofi = jensoit des Kieferwaidos) vor alter Zeit den Namen erhielt. Als ich den blank geweissten Kirehthurm mit dem Zwiebeldache desZopfstyls von der Ferne erblickte, stiegen in mir bedenkliche Zweifel über die Alterthiimlich- keit eines Banwerkes auf, dessen Anstrich und Bekrönung die Thiitigkeit des modernen Barharismus so aulTallend an- kündete; je deutlicher sich aber der Thurm meinen Augen darstellte, desto mehr verschwand meine Befiirchtung. denn ich gewahrte, dass die FensteröfTnungen des Thurnies halb- rund geschlossen und durch zwei romanische Säulchen in drei Theile gesondert waren. Schade, dass auf einer der vierThurmfliichen die charakteristische Siiulenstelkmg in der FensterütTnung durch ein ungeheueres Zilferblatt, welches aber die Stunden nicht zeigt, sondern blos als eine abson- derliche Zierde sich darstellt, grossentheils verdeckt wird. Als ich der Kirche mich genähert, ward ich durch den An- blick des reich geschmückten romanischen Portals , welches den Eingang ziert, freudig überrascht. In Begleitung des ehrw. Herrn Pfarrers und des Kirchendieners begab ich mich in die Kirche, bei welcher Gelegenheit der Letztere es nicht unterliess, meine Aufmerksamkeit auf die w'under- liehen Tliiergestalten am Portale zu lenken , die auf den heidnischen Ursprung des Baues hinweisen , welche Mei- nung, seiner Versicherung nach, durch den Anblick des heidnischen Opferherdes im Thurme zur Evidenz gesteigert wird. Als die Thür gebflnet ward , erblickte icii vier frei- stehende, schlanke ronuuiische Säulen, die ein Kreuz- gewölbe tragen. Durch eine hinter dem Altare angebrachte Ofl'iiung stiegen wir sodann auf einer schmalen, in der

Manerdicke an- gebrachten stei- nernen Treppe zum Dachstuhl hinauf, wo sich uns der Anblick des vielbespro- chenen 0[ifer- herdes darbot. Es fand siclniun, dass über der Kirchen« iilhmig und zwar gerade über den vier ro- manischen Säu- len der Kirchen- halle sich vier mächtige Pfeiler _ erheben , wel-

(P'g- 1) ~ che die Haujit-

stützen des Thurmes bilden. Über der Wölbung des Mitlel- schiffes sowohl, als auch der selmialen Seitenschille ruht

eine elwa 4 mächtige Erilsehichle. Di«- mittlere quadrat- förmige Bodentläclie /.wischen den vier Pfeilern erhebt sich bedeulend über die schmalen . iiuf den niedrigen Wöl- bungen aufruhenden Seitenilächen (s. Fig. 1 und 2). Dieser

erhöhte Kaum zwischen deti Pfeilern sollte nun der heidni- sche (tpferherd gewesen sein, welche Meinung durch Brandspu- ren, die man da- selbst gewahrt, und durch ei- nige rostformige Eisenfragmente, die man dort vor- gefunden , be- stätigt zu sein schien. Ohne Zweifel war der Baum zwischen den Pfeilern ehe- mals mit Bret- tern verschalt (t''S--t und bililete ein

Gemach , das dem Thnrmwächter zur Wohnung diente. Wahrscheinlich vernichtete aber jene \'erschaluug ein Brand, dessen Spuren man noch jetzt gewahrt.

Dass übrigens diese Theile des Baues in späterer Zeit restaurirt wurden, bezeugen die Strebebögen neuer Constrnc- tion, welche von den Pfeilern zu der Hauptmauer der Kirche herüber geschlagen sind.

Nachdem ich vom Thurme herabgestiegen war, wo es mir gelang, den Glauben meiner Begleiter an die heidnische Bestimnuing des erhöhten Bodenraumes zu erschüttern, begann ich die einzelnen Theile des Gebäudes näher zu unter- suchen. Die Kirche besteht ans zwei llauptlheileu. welche auf dem beiliegenden Grundrisse deutlich hervortreten, iler schmälere , ohne Zweifel ältere Theil, dessen Kreuzgewölbe von vier Säulen gestützt wird, ist 32' lang und 27 breit; der vordere, wahrscheinlich später darangehaute Hestand- tlieil weitet sich nach beiden S(>iten bedeutend m\^ und misst 23' Länge und 42' Breite. \'iui den vier sehlanken. das ^ Gewölbe tragenden Säulen unterscheiden sieh die rechtsstehenden in der Bildiuig des Capiläls und der Basis von den beiden gegenüber helindliclien Salden. Die Deckplatte der Capitäle bildet die Plintlie und die schräge Selimiege: das unten {Vis- ;!.) abgerundete \\ ürfeleapitäl der recht.>istehenden Säulen (Fig. 3) ist an den Rändern seiner Flächen durch Basreliefbänder eingefasst. und wird durch einen

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kräftigen Ring von dem Scliafti" geschiedon; dieser Seludt ruht aber nicht auf einer kuhischen, sondern auf einer eyhn- derformigen Basis, weU'he bekanntlich an der romanischen Säule selten vorzukommen pflegt. Anders sind die ra])itide der gegenüberstellenden Siinliu gebildet, l'nter der schimik- iosen Schmiege der Deckenplatte der vorderen Siiule ruht das niedrige unten abgerundete Würfelcaiiitiil, dessen vier abgerundete Kanten mit vorragenden Blattern ornamen- tirt sind. Um die Schmiege des Capitiils der rückwärts ste- henden Säule (Fig. 4) zieht sich aber ein aus zwei zusam- mengellochteuen Strähnen gefügtes Ürnanieut (das Tau-Ürnament): die unteren Kanten ues Capitäls sind gleichfalls mit vorragenden Blät- tern bedeckt. Die Schäfte dieser Säulen ruhen (Fig. 4.) auf einer kuhischen, oben abgerundeten Basis, welche ein Wulst von dem Schafte scheidet. Die Säulen sind durcli kräftige Rundbogen zusammen verbunden, aufwei- chen das hoch aufsteigende Kreuzgewölbe ruht; von jeder Säule schwingt sich ein Rundbogen nach der gegenüberste- henden Mauer hinüber, und wird in der Höhe der Säulen- capitäle von einem kräftigen Kämpfer aufgefangen, aus dessen Yordertheil ein Löwen- oder Menschenkopf her- vorragt, der aber durch Kalkanwiirf bis zur Unkenntlichkeit bedeckt erscheint. Mau kann nicht verkennen , dass diese Construction eine wiewohl entfernte Ähnlichkeit mit dem byzantinischen Cenfralbaue hat. Denn über der Kreuzung des quadratischen ^liltelrauines erhebt sich das kiip[iell'örmige Ge- wölbe und an die mittlere Kuppel schlicssen sich Nebenkuppeln an. Jedoch scheint diese der byzantinischen Centralanlage sich nähernde Construction bloss zufällig und aus dem Um- stände hervorgegangen zu sein, dass der Erbauer eine drei- schiffige gewölbte Kirche aufTüliren wollte, und dass sicii ihm bei dem geringen Umfange des Kirdienraumes füglich koine entsprechendere Constructionsweise zur Anlage der drei kleinen Schiffe und der ihnen entsprechenden Überwölbun- gen darbieten konnte, als eben die vorhandene, welche allerdings an die Formen des Centralbaues erinnert. Aner- kannt nuiss aber werden, dass der .\rcliitekt, der die gewal- tige Last des Thurmes auf vier scidanken Säulen setzte, und den Seitensciuib der Belastung durch kräftige Bogen und Gewölbe auf die massiven Hauptniaueruhinüberleitete, eben dadurch seine Kenntniss der statischen Grundsätze und eine für jene Zeit ungewöhnliche Einsicht in di(; Regeln der Bautechnik bewährt hatte.

Die Absis scheint ursprünglicli halbrund, und an jener Stelle gewesen zu sein, wo späterhin die Sacristei nach Ab- tragung des grössten Theiles der Absis angebaut wurde. Die wenigen Mauerreste des Halbrundes der Tribüne, die man auf den beiliegenden Grnndriss gewahrt, mahnen an die ehemalige Beslinmiung jenes Raumes.

Der Eingang der kleinen Kirche mit seinem imposanten Portale befand sich ohne Zweifel zwisdien den zwei mächtigen Pfeilern, welche man als Überreste

der alten Mauer stehen liess, als man durcli einen neuen Anbau die Kirche erweiterte. Das Portal selbst, dessen Schönheit den Restaurator zur Schonung des Meisterwerkes auffordern mochte, wurde in die Fronleder neu hinzugefüg- ten Halle versetzt, wo es noch jetzt, wiewcdil stark beschä- digt, die Bewunderung des Beschauers weckt . und das, lei- der in allzu kleinem Massstabe in Fig. ö abgebildet

(Fi-. 5.)

erscjieiiit. Auf der linken Seite erheiien sich aufh(dien Sockeln zwei Säulen; au den Füssen derselben gewahrt man das seit dem XI. .lahrhundert auftretende cbai-akteristische Ornament der vier vorragenden Knollen oder Blätter. Da jedoch die Säu- len frei vortreten, so weiset dieser Umstand auf die spätere Entstehung des Werkes, auf die zweite Hälfte des XU. Jahrhundert bin. Der Schaft der voi'deren Säule ist mit verschlungenem Blätterwerk, jener der i'ückwärts stehenden mit Bandstreifen verziert. Das Capital der Viu-dersäule stellt sich als eine Nachahmung des Korinthischen Capitäls dar.

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während dasselbe auf der rückwärtigen Säule aus breiten, schuppenförmig auf einander liegenden Blättern gefügt ist; gleich dieser ist aueh die einzige auf der rechten Seite übrig gebliebene Säule gebildet und ornamentirt. Nur der hohe Sockel dervorderenSäuleliat sich auf der rechten Seite erhalten, die Säule selbst ist weggebrochen. Die Richtung der oberen Bogen des Portals zeigt deutlicli, dass ursprüng- lich auf beiden Seiten noch eine Säule stand. Üie Meinung, dass diese Säulen in den vortretenden, das Portal einfassen- den Mauerpfeilern eingemauert sein dürften, wurde durch die Untersuchung dieser Pfeiler widerlegt , wobei man zugleich zu der Überzeugung gelangte, dass das Portal in den neuen Anbau auf eine barbarische Weise , wobei der bedeutsam vortretende Portalschkiss /erstört ward, hineingezwängt wurde. Das von den Säulen ohne Vermittelung der Deckplatte getragene Gesims wird durch das breitblätterige Fächer- ornament gebildet. Die Glieder der Überwülbung des Por- tals sind mit reichem, überaus zierlichem Basreliefschmucke bedeckt, dessgleichen man an romanischen Portalen selten findet. In neun Halbkreisen schwingt sich der Portalbogen hinüber; vier von denselben treten wulstflirmig vor, während die übrigen sich als Hohlkehlen darstellen. Den untersten Halbkreis ziert ein dem Geissblatt ähnliches Laubwerk ; der folgende VVulstbogen stellt sieh von Bändern imischlungen dar, während die Hohlkehle des dritten Bogengliedes mit Laubwerk von Distelblattform (Fig. (i) ausgefüllt ist; den \^yk.A./ darauf folgenden Wulstbogen zieren fein

^ '' ^ gebildete Akanthusblätter. Im fünften

3L_La Bogen sind Pferde, Kühe und Schafe

(Fig. 6.) hinter einander schreitend dargestellt,

und unter ihnen der Hirt in ruhender Stellung. Den sechsten Bogen schmücken von Bänilern zierlich umschlungene Pal- metteii; im siebenten stellen sich gekerbte Blätter dar, die gleichfalls von Bänderkränzen eingefasst sind (Fig. 7), im "ff^^ achten Halbkreise sind Eidechsen dar- gestellt, der letzte Bogen ist aber mit liändern, die gitterformig einander diu-ch- flechten, geziert; leider sind die oberen

(Fig. 7.)

Partien des Schmuckes der beiden letzten Halbkreise bei- nahe unkennbar.

Die Portalbildung der romanischen Kirchen Deutscli- lands beschränkt sich in ihrer Ausschmückung meistens auf die Gliederung, welche zwischen Wülsten, Höhlungen. Stäb- chen U.S.W, wechselt. Zu den Seltenlieitcn gebort die reiche Ausschmückung der Arehivolte des Bogens, wie am Portale der St. Jakobskirche zu Coesfeld in Westphalen und am Portale der Capelle zu Kloster Heilsbronn bei Nürnberg.

Das Portal zu Zäbof hat nicht die kräftige Ausladung und die massive Form der romanischen Kirchen in Sachsen, welche dagegen an den romanischen Kirchenbauten im Westen Böhmens charakteristisch auftritt. An unserem Portale

gibt sich vielmehr das StiX'ben nach einer zarten und ele- ganten Durchbildung kund, welches noch jetzt , trotz des arg verstümmelten Zustandes, in dem sich dieses Denkmal befin- det, einen ästhetisch befriedigenden Eindruck übt.

Auf die Frage , wann und von wem die Kirche zu Zäbor erbaut wurde , geben unsere historischen Quellen keine .\ntwort. Die erste Erwähnung der Kirche zu Zäbor enthalten die Libri coutirniatioiiuiii , wo erwähnt wird, dass im Jahre 1 362 der Abt des Klosters Sedletz der Gemeinde zu Zäbof einen Priester wählte, welcher von dem Pfarrer zu Kresetic den 23. Mai desselben Jahres in die Zäborer Kirche eingeführt ward.

Das Cistercienserkloster Sedletz wurde um das Jahr 1142 gegründet. Unter den Gütern, welche der edle Do- nator Miroslaw dem Kloster übergab *), linden wir das Dorf Zabof nicht, welches höchst wahrscheinlich erst am Ende des XIII. Jahrh. durch Kauf an das Sedletzer Kloster kam. Aus der bei Schaller angeführten Originalurkunde -) erhellt, dass der Abt Nikolaus den Wald Bor (Fichtenwald), der sich von t'äslau bis Koliu und weithin längs der Elbe erstreckte, im Jahre 1278 angekauft hatte. Zäboi-i (d. i. hinter dem Fichtenwalde) lag aber an dem nördlichen Saume dieser Waldstreckc, und fiel ohne Zweifel damals sammt der be- reits daselbst bestehenden Kirche an das Kloster. Dass dieser Bau nicht am Schlüsse des XIII. Jahrhunderts aus- geführt ward, erhellt aus der Betrachtung dieses romani- schen Bauwerkes selbst. Ein Beispiel der Art und Weise, wie die Sedletzer Mönche am Schlüsse des XIII. und am Anfange des XIV. Jahrhunderts die Dorfkirehen aufzuführen pflegten, hat sich in der im Jahre 1307 erbauten Kirche des nahe bei Zäbof liegenden Dorfes St. Katharina erhalten. Dasselbe stellt sich als ein fester Thurm dar mit schmalen Schiess- scharten ähulichen Ollnungen und engen gothischen Fen- stern; das vierseitige Presbyteriuni ist im Inneren durch ei- nen sehr roh gebildeten gothischen Bogen von dem übrigen Baume dieses Thuruikirchleins getrennt, das mit seiner ma.s- siven Structur und seinen Schiessscharten sich als ein festes Vcrtheidigungswerk dar.stellt, und auf den von ("astellum abgeleiteten böhmischen Namen Kostel mit vollem Hechte Ansprucli macht.

Die bei Souuner ohne Anführung der Quelle vorkom- mende Angabe, dass die Kirche zu Zäbof im Jahre 1080 vom König Wratislaw gegründet wurde, dürfte sich höchstens auf die ursprüngliche (iründung der Kirche beziehen, keines- wegs aber auf das Portal derselben , dessen Gliederung und Ornamente Formen darstellen, welche bereits dem reichent- wickelten romanischen Style der zweiten Hälfte des XII. Jahr- hunderts angehören.

') Stifluugsurkunde in Erbcn's Regeslon, S. 10.!. 2) ScIiaUer's Topdirrapliii' Bülimcns, 0. TI». CO.

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Alte Kunstdenkmale in Botzen nnd seiner Umgebung.

Von Aloys Messiner, CoiTCspondcnten der k. k. Central -L'oinmission in lirixcn.

III.

Die Veste Runglsteiri auf einem Felsen hart über dem Talfcrbiioh erbaut und den Kinnaiis' insSarntlial beherr- schend, ki'iiiimt als Bauwerk iiiclit in lietrachl, indem mit Ausnahme eines gothischenKandns nichts eine ediere Weise un sich trägt; einzig in ihrer Art aber sind die noch tlieil- weise in derHurg erliaitenen (lemiilde. DasSchloss wurde im XIII. Jahrhundert durch die Herren von Wangen erbaut und blieb Lehengut der Bischöfe von Trient, i380 kamen die Herren von Vintler in Pfand- und i3i11 in Lehenbesitz des Schlosses.

Tiiter dem mächtigen Nikolaus Vintler. der von da an bis zu seinem Todesjahre 1413 im Besitze blieb, war auf Hungistein ein glänzendes und geistreiches ritter- liches Leben. Hier lebte Heinz Sentlinger von München als Bücherabschreiber und Diciiter; hier sammelte Konrad Vintler. des Nikolaus Vetter. Haiidscliriften zu einer Bibliothek und schrieb 1411 das „Tugentbuch" <)• l nter JCikolaus fand eine Erneuerung des Schlosses Statt, doch scheint das dalir nicht völlig ermittelt zu sein. Nach einer von Heda Weber (die Stadt Botzen, S. 23S) angeführten .\ufschreibung. im Uesitze des Karl von Vintler in IMeraii, wäre es im Jahre 1388 geschehen; Maeriiofen in seinen -Aufzeichnungen über die tirolischen Adelsgeschlecbter hat die Notiz: „Nikolaus Ritter... Erneuerte 13!t(; das alte Schloss Rnngistein" •). rngefähr aus dieser Zeit rühren also ohne Zweifel die erwähnten Gemälde her. Sie bedurften Anfangs des XVI. Jahrhunderts itereits einer Bestaui-ation und Kaiser Jlax 1. bat laut seiner Aufscbreibungen eine Suunnc Geldes darauf verwendet. Seitdem befand sich das Schloss in den vcrscIiiedenstiMi Iläiidcii. nnd ist nun als Mensalgut des Bischofs von Trient verpachtet. Die Gemälde blieben in dem inuner bantalliger werdemlen Gebäude jeder L'nbild der Wilternng und nmthwilliger Zerstörung preisgegeben und sind daher beule entweder ganz vernichtet oder Im traurigsten Znstande. Nur der poetische Gedanke, der das Ganze durchdringt und einen Einblick in die ritterliche Fühlweise damaliger Zeit gewährt, webt noch aus i\i-n zer- störten Darstellungen. Mau tritt von der Südseite durch ein einfaches .spitzbogiges l'ortal nut der Jabrzahl lö31 in einen nicht sehr geräumigen Hof, den die Schlos.sgcbäude von drei Seiten einschliessen. Gegen Osten befindet sich zu ebener Erde die kleine rundbogige ('ajiclle. Sie hat eine Zeit lang als Stall gedient, nun dringt jeder Hegen ein; dadurch ist

') S. ilas l'riT;,'r;iinrii des OliLM-Gymnnsiuiiis »mi liiiisliruik vun l-ii;t/,

Ziilgerl.-. IS.JI. -) .S. das »iigeriilirU- l'rosriiiiini. '

der l'berwurf mit den darauf befindlichen Gemälden fast bis auf die letzte Spur herabgefallen. Darüber siebt man an der .\ussenseile der Mauer eine Stiege und oben eincThiir- öffnung, an der noch ein paar Frauengestaltcn sichtbar sind; sonst ist dieser ganze östliche Flügel bis auf die l'ndangs- niauern verfallen. .Auf der AN'estseite des Hofes findet sich die nuinnehrige l'ächterwohnuiig, in deren Ohergesciioss sich ein paar alte Gemächer erhalten haben. In einem der- selben sinil noch die Gemälde re(dit gut kenntlich. Sie stellen allerlei ritterliche Kurzweil dar: Tanz, Balls[)iel, Treibjagd und Hochjagd. Die Bilder tragen den alterthündichsten Typus; die Gestalten überscblank, die Bewegungen gezwun- gen und allectirt. die (iesichter ohne natürlichen .Ausdruck; die llnn'isse sind mit schwärzli(dien liinien gemacht. Für die Costümkunde würden diese Bilder mehr Ausbeute geben als für die Kunst. Ich halte sie für die ältesten. .Am besten ist noch der nördliche Flügel erhalten. Er bildet zu ebener Erde eine gegen den Hofrauin oll'euc Halle; darüber geht der ganzen Breite nach ein hölzerner Söller, von dem man in zwei Säle gelangt, die auf der ermähnten Halle stehen. Die Halle zeigt vorne gemauerte Pfeiler und Bogen, die ganz mit sogenannter grüner Erde gemalt sind. Die Darstellungen auf der Innenseite der Bogen sind allegoriscir, z. B. Musien, Philosophia, Geometria u. s w. Die Front ist mit Bildern von allerlei Fürsten in Medaillons bedeckt. Sie siiul sehr gut gezeichnet, meistens von freier llaltinig und ausdrucksvollen Mienen; Namen sind nur mehr sehr wenige lesbar. Der obere Bau, der Söller und die zwei Säle bilden durch ihre Darstellungen gewissermassen ein Ganzes von allem ritter- lich-poetischen Dichten und Trachten. Die Hinterinauer des Söllers ist durch die Gestalten der ganzen jioeti- schen Chronik bevölkert, die, mich der Dreizahl geord- net, den Eintretenden begrüsscn. Den Anfang machen drei römische Kaiser; dann konunen drei jüdische Krieger, die NamiMi von Josue und David sind nocdi lesbar; drei Fürsten der Heldensage mid Geseliichte . lesbar die Namen von .Artus und Gottliicd; di-ei Helden der Tafelrunde . lesbar : Parcival und Gau ein: drei Helden deutscher Sage: Dietrich von Bern mit dem Schwerte Sa<'lis. Siegfried mit dem Palla- urgg, Dietlieb von Steier mit dem Belsiing: drei Biesen, endlich drei weibliche Ungeheuer „von allen l'ngeheuern die ungebeurigsten", wie die Inschrift lautet. \n der Ecke, wo sich der östliche Flügel anschliesst, sieht man noch ein räthselhaftes Kampfspicl und eine Dame, die Miiiiietrank credenzt. Die .Auslubrnng dieser Bilder ist ziemlich hand- werksmässig nnd ausser dem grossartigen Gedanken wenig daran zu bewundern. Nun tritt man zunächst in einen Sual,

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der giiiiz mit Fresken in grüner Erde aus Gottfried"s „Tri- stan und Isolt" ausgeziert war. Leider ist eine Hälfte davon vor einigen Jahren unverantwortlich mit Theaterdecorations- Figiiren üherschniiert worden und nur rechtzeitige Dazwi- schenkunft rettete die übrigen, die mit einer Aufhöhung durch weisse Linien davon kämmen. Was noch übrig ist, sind ungefähr folgende Bilder: Tristan erlegt Moralt von Irland; Trislan's Heimfahrt nach dem Siege; seine Werbe- fahrt nach Isolden für seinen Oheim Marke; sein Kampf mit dem Drachen; Isolt findet ihn ermattet im Walde; sie belauscht ihn im Bade; die Werbung; die Heimfahrt und der unbewusste Liebestrank; die Hochzeit von König Marke und Isolt; die List der Liebenden im mehreren Scenen; endlich Isolt's Unschuldsprobe zu Westminster. Diese Bilder sind von reicher, lebendiger Composition und charakteristi- scher Zeichnung. Sie sind entschieden das Beste, was auf Rungistein zu sehen ist. Der andere Saal ist den Helden der Tafelrunde und ihren Abenteuern geweiht. Man sieht sie gleich am Eingange um die Tafel versammelt, dann in unter- schiedlichen Sehlachten, Zweikämpfen, Belagerungen, Spie- len u. s. w. beschäftigt. Zeichnung und Farbe sind sehr ver- wischt und sonst zerstört; sie haben auch entschieden gerin- geren künstlerischen Werth als die vorerwähnten. In diesem Saale befindet sich der anfangs erwähnte Kamin; der Ober- boden ist (wie in allen Gemächern) von Ibdz und schup- penartig mit Farben bemalt ')■

Eine kleine halbe Stunde westlich von Botzen steht das Kloster Gries, dessen Glockenthurm wir oben genannt haben. Bis ins XV. Jahrb. bestand hier die landesfürstliche Burg P radein, dann ging sie in die Hände der Augustiner Chorherren über. Diese waren bereits seit II CS in der Au (inAugia) amTalferbache angesiedelt; von der Talfer bedroht, erhielten sie 1406 vom Herzoge Leopold das Schloss und siedelten 1417 hieher über. Das Stift wurde 1808 auf- gehoben und ist seit 1841 den Benedictinern von Muri über- geben, die sich sinnig und geschmackvoll eingerichtet haben. Von dem Kunstgeschmacke seiner frühern Bewohner ist hauptsächlich nur die im vorigen Jahrhunderte gebaute Stifts- kirche mit den herrlichen Gemälden Knoller'sein Denkmal. Vom Mittelalter blieb nur noch ein hübscher gotliischer Saal; vielleicht ein Oratorium oder Capitelsaal, in dem nun einige alte Bilder und Sehnitzwerke angemessen unterge- ^/ rächt sind. Merkwürdiger ist die alte gothische Pfarrkirche, die auf dem Hintergrunde des üppig grünen Berges ein wundei'liebliches Landschaftsbild gewährt. Sie hiess vor Zeiten zu „Unserer Lieben Frau im Keller'- von einem ver- ehrten Muttergottesbilde , das der Sage nach in den Kellern der landesfürstlichen Burg Pradein gefunden worden sein soll und sich nun in der Stiftskirche befindet. Die Pfarre,

die früher von Freising aus verwaltet worden war. wurde auf Verwendung des Herzogs Friedrich mit der leeren Tasche bei Papst Johann XXIII im Jahre 1411 den .Augustiner Chorherren übergeben. Es ist nicht unwahr- scheinlich, dass der Bau der Pfarrkirche um jene Zeit begonnen wurde und gegen Ende des XV. Jahrhunderts vollendet war. Darauf deutet jedenfalls die Bestellung eines kostbaren Altars im Jahre 1481 hin, wovon die Rede sein wird. Auch der Baustyl stiuunt überein, während die Vorhalle vor dem Hauptportale, die die Jahrzahl 1539 trägt, kaum mehr gothisch zu nennen ist. Diess Portal befindet sich an der südlichen, dem Dorfe zugewendeten Seite. Der Clior- schluss ist aus dem Achtecke construirt. Am Chor südlich ist die Muttergottes-Capelle herausgebaut, die wie der Querarm einer Kreuzkirche aussieht. Der Thurm ist viereckig und zeigt zwei gothische Schallfenster über einander, die ein hübsches Masswerk haben, aber unschön sitzt die achtsei- tige, gemauerte, überlange Dachpyramide darauf. Chor und Capelle sind aus Sandsteinquadern aufgeführt, das Übrige aus Mauerwerk. Das Innere der Kirche hat nur ein SchilT und den Chor von gleicher Weite. Das Schill" mnfasst drei, der Chor zwei Bogenlängen von ungefähr 10 Schritten. Der Chor ist in sehr reinem Style gebaut und besonders das Laub- werk am Fronbogen von grosser Schönheit. Er ist ohne Zweifel der älteste Theil des Baues. Junger ist das Schill', das beweisen die Wandsäulchen, die ohne Capital die Rippen aussenden. Der jüngste Theil ist die Capelle, deren Gewölbe bereits mannigfach gekriinunte Rippen zeigt und Fenster mit spät-gothischem Maasswerk. Sehr schön ist das an der Nordseite angebrachte Portal der Capelle; zwei geschweifte Spitzbogen schlingen sich annuitliig in einander, von Spitzsäulen flankirt. Die Kirche wurde 1808 bei .Auf- hebung des Stiftes Gries geschlossen; nun ist sie wieder in ihre alten Ehren eingesetzt und würdig hergestellt. Hier (in der Mariencapelle) hat sich ein schönes .Altarwerk von unserem vaterländischen Künstlern Michael Pacher von Bruneck, dem Meister des herrlichenAltares zu St. "Wolfgang in Oberösterreich, freilich nur theilweise erhalten. Über die Identität des Werkes kann kein Zweifel sein, da sich im städtisclieu Archiv zu Botzen noch die Vertragsurkunde befindet, laut welcher die Besteller von Gries mit dem Meister eins werden, dass er für U. L. F. Pfarrkirche zu Gries eine Tafel, bestehend aus geschnittenen uiul gemalten Bildern, für die Summe von vierthalbhuiulert Mark Perner guter Mera- ner-Münz beschaire. Sie ist ausgestellt am Montag nach Urbani 1481 ')•

Von den in der Urkunde genannten Bildern ist gegen- wärtig nur noch der grössere Theil der Schnitzwerke des

*J Oer Maler Seelos hat von den meisten dieser llilder Zeiehiuingeii genommen, die im Ferdinandeitni ?.u Innsbruck hinterlegt sind. Die Ver- öffentlichung derselben, von der einmal die Uede war, liess bisher auf sich warten.

•) Ich folge hier dem Abdrucke, den Dr. Förster im deutsche« Kunst- blatt ISöli, Nr. Ijmitgclheilt hat. Ladurner gibt aber S. 14 der .Bei- träge** das Jahr 1471 an. Uas Werk selbst macht die letztere Jahr- zabl wahrscheinlicher. Denn da der Altar in St. Wollgang laut seiner Inschrift 1481 aufgestellt ist, so niüsste der Griescr Allar unmittelbar

II.

ii

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Mittelsehieines sichtlmr: Maiiii Krilmiiic: durch Vator und Sohn, St. Barbara und Katluuina, St. Michael und St. Erasmus. die heil, drei Könige und der Engelgruss. Von den Malereien ist au.'iser einigen Engelgestalten im Hintergründe nichts mehr zu sehen, und es sind hei der neuerliclien Hostaurirung einige Schnitzbilder andern l'rsprungs da/.\i gekdiiimen. Man kann leider auch nicht sagen, dass durcii die Bemalung überall die Zartlieit des .Vusdruekes und dtM- Charakteristik gewahrt wurde; vielmehr sind manche Köpfe ziendich nichts- sagend geworden. Was nun den künstlerischen Werth des Werkes betrifft, so macht das Ganze einen ebenso anniutliigen als kirchlich feierlichen Eindruck : die Verbindung des Architektonischen und Malerischen thut die beste Wirkung; die Technik, besonders in dem zarten spät-gothischen Zier- und Nischenwerk ist ausgezeichnet. In den einzelnen Ge- stalten verniisst man freilieh eigentliche Formschönheit und und Idealität; es ist hingegen ein Streben nach naiver Natur- wahrheit sichtbar. Dadurch hat z. B. Maria ein allerliebstes Stimipfniischen und ein ganz mädchenhaftes Gesicht erhalten, und manche Jläinierköpfe sind frisch aus dem Leben genom- men; am besten gelungen sind die Kindergesichter der Engel. Diess naturalistische Element, so wie die hie und da audallend starren Faltenbrüche der Gewänder vei'rathen deutlich den Eiiilluss der niederdeutschen Schule. Dennoch macht er vom Zeit-Costüm nur einen bescheidenen Gebrauch und hat die herkömmliche kirchliche Gewandung meistens beibehalten. Die feierliche Haltung des Ganzen erhält es weit über das Genreartige späterer .\rbeiten dieser Art und sichert ihm den Werth eines kirchlichen Kunstwerkes. Dennoch hat es bei Weitem nicht die Grossartigkeit und Durchbildung, die das Altarwerk zu S. Wolfgang zeigt. Es ist diess das einzige Werk, das bis jetzt diesem vaterlän- dischen Künstler in Tirol mit urkundlicher Sicherheit zuge- schrieben werden kann ; aber die Bestellungen für die Pfarre zu Botzen, die Stiftskirche zu St. Wolfgang, und manches ähnliche Werk im Pusterthale, so wie ein gewi.sser ihm nach- gebildeter Typus späterer Werke zeigen seinen grossen Einfluss, sowie der für jene Zeit bedeutende Preis des Altares zu Gries beweiset, wie sehr man seine Arbeiten zu schätzen wusste.

Anderthalb Stunden von Gries, an der Strasse nach Meran. liegt das Dorf Terlan mit seiner alterthündichen Kirche. Sie ist ganz aus gelblichen Sandsteinquadern gebaut und zeigt, besonders von vorue, sehr elegante Verhältnisse, leider aber ist der beste Theil ihrer baulichen Schönheit unrettbar zerstört, indem der BchIcu innen und aussen durch

darauf gefofgl sein, wozu seine enUehicden geringere Meisterschaft schlecht stimmt. Da es in der frkiinde heissl, er soMe unserer Liehen Frauen Krl.iiiing machen „in aller der .Maass als im U. L. K. Pfarrkirche in der Tafel ,.u Bolien steht" , so he/.iel,l diess Fürster auf denselben Altar, den derselhe I'acher für die lli.t/.ner Pfarre verfertigte. I).i» ist ein Irrthum , indem dieser Altar erst 1482— «;i gemacht wurde. Es wird vielmehr der 14'il hei .Meister Hans Mnler »on Judenburg bestelle Altar gemeint sein.

lue Versumpfungen der Etsch um mehrere Schuh aufget'iillt wurde, (her die Bauzeit konnte ich kein sichereres Datum auftreiben, als dieAngabe von Beda Weber, dass sie gegen Ende des XIV. Jahrhunderts von Bittern von Niederthor, die in dem nahen Schloss gleichen iNamens hausten und deren \Vappenman auf einem (irabsteine sieht, erbaut worden sei. An der Nordseite der Kirche steht aber ein Baurest aus älterer Zeit, nämlicii ein viereckiger nicht sehr hoher roma- nischer tjlockenthurm mit drei Beihen rundbogiger. säulen- getheilter Schalll'enster über einander. Er gehört olVenbar in die Classe jeuer älteren Kirchenbauten , deren w'iv in der nächsten l'mgehung von Botzen ein paar aus dem Ende des Xll. Jahrhundorts genannt haben. Er ist aber weniger massiv als jene und von eleganteren \'erliältnissen, dürfte daher ins XIII. Jahrhundert zu versetzen sein. Die kleine Kirche, die er überragt haben wii-d. wurde gleichzeitig mit dem Bau der grossem Kirche gotbiscli iieiigehaiit und bildet nun ein nördliches Nebensehiff oder eine Seitencapelle zu jener. Der Sockel der Kirche von aussen ist durch die erwähnte Bodenerhöhung unsichtbar geworden. Die ein- fachen Strebepfeiler sind durch dreifache Schrägen ver- jüngt: die zwei äussersten an der Südseite gegen die Front sind zierlich zn Nischen ausgearbeitet, mit Indischem, gothi- hischem Detail; die Statuen aber fehlen. Die Fajade hat dadurch ein Missverhältniss bekommen, dass die nördliche Seitencapelle mit unter das Dach genommen wurde. Das Portal ist niodernisirt, darüber ist aber noch eine gothische Einfassung geblieben, in deren Bogenfeld man nach zwei verstümmelte Statuen, Maria Krönung darstellend, in alter- thündicher Sleinarbeit sieht. Das Innere zeigt ein Schiff mit der erwähnten Nebencapelle, in die zwei schwere Spitzbogen führen. Hier zeigt die Anlage mancherlei Lau- nen und Verschiebungen; das Detail ist nicht ohne Schön- heit. Kräftig profilirle Bip|ien kreuzen das Gewölbe und hülfen an den Seitenwänden herab, im StdiilV auf Tragsteinen, im Chor auf Wandsäulchen mit alterthündichen Caiiitäien ruhend. Die ganze Kirche soll ehemals mit Fresken bedeckt gewesen sein; ein sehr beschädigti's Fragment. Maria Ver- mählung darstellend, hat sieb noch erhalten. Eine besondere Merkwürdigkeit ist noch der zweite grosse Glockenthurm, welidier an der Südwestseile der Kirche, etwas von ihr abstehend, gebaut ist. Er bildet ein massives Viereck, aus Porphyr-tjuadcrn aufgeführt , mit einem gothischen Spitz- daclie. Es kommen in hiesiger Gegend nach ein paarBeispiele solch is(dirler Thürme vor, die in gotliisclier Zeit selten sein dürften. Der hiesige zeigt die Absicht eines imposanten selbstständigen Baues sehrdeutlich, sowcdil durch dus äusserst spröde Material, als durch seine Maasse, ilie für die Kirche iinverhältnissmässig gross sind. Er steht übrigens sehr bedeiileiid schief, sodass ängstliche Seelen zu wiederhelten Malen den Einsturz befürchteten und siiinreicdie l*laiie ent- warfen, solchem rnheil vorzuhengen. .\iich hat man sich die Köpfe zerbrochen, ob ilin der übcrmüthige Künstler sh

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gestellt oder ob er von selbst in diese schiefe Stellung gei'iitlien sei. Wer aber den sumpfigen Boden und das locker gewordene Gefüge der untern Quaderstücke in Be- tracht zieht, wird darüber keinen Zweifel hegen.

Eine der gri'issten Pfarrkirchen in der Nähe von Botzen ist die zu St. Paulus, die in ihrer Anlage einen bed^uten- ilen Aufwand von Ausdauer und Geschicklichkeit, aber auch inaucherlei Seltsames zeigt. Über die Bauzeit dieser Kirche äussert sich Staffier („Tirol und Vorarlberg" 2. Tbl. S. 809) „sie sei an der Stelle der alten zu den 12 Boten gegen Ende des XIV. und Anfangs des XV. Jahrhunderts" erbaut worden, doch glaube ich, der spät-gothischen Formen wegen, dass sicher der grössere Theil ins XV., die Thurm- halle vielleicht sogar ins XVI. Jahrhunderts zu setzen ist. Die Fa^ade hat eine unschöne Gestalt, da das mächtige Viereck des an der Südwestseite angebrachten Thurmes fast die Hälfte derselben einnimmt oder eigentlich verschlingt. Das spät-gothische Portal ist schön profilirt, besonders 2 Nischen mit der Laibung aus hübsch gewundenem Stabwerk. Nun tritt man in die Vorhalle, deren südlicher Theil massig und schwer ist, weil hier die sehr starken, mit kleinen Säulchen umstellten Unterpfoiler des Thurmes stehen. Das hinere ent- hält drei gleich hohe Schifte; die Seitenschiffe sind als freier Umgang um den Chor fortgesetzt; MittelschilT und Chor von den Abseiten durch runde Säulen auf hohem achteckigem Sockel geschieden. Die Säulen des Chores sind ohne Capital schon eine spät-gothische Form und das Gewölbe zeigt ein vielverzweigtes Netzwerk; die llalbsäulen an den Chor- wänden jedoch haben verschiedene Capitäle gothischer Form, je zwei an jeder Seite sind zu zierlichen Nischen ausgehöhlt. Die Säulen des Schiffes haben ein Capital, das der umge- kehrten attischen Basis ähnlich ist und einen ziemlich modernen Eindruck macht; so auch die ihnen entspre- chenden Halbsäulen an den Wänden; das Gewölbe ist ein- facher als im Chor. Von der alten Einrichtung hat sich die hübsche alte Kanzel aus Stein, schlank, ohne Figuren, aus dem Ächteck construirt, erhalten. Der jüngste Theil ist der Thurm, an dem man in verschiedener Höhe der Steinpfeiler die Jahrzahlen 1510, 1513, 1519 eingegraben und oben am Mauerwerk 1556 angeschrieben sieht. Er bildet ein mehr- stöckiges Viereck mit gewaltigen Eckpfeilern aus Haustein, die sich aufwärts in freilich nicht freistehenden, sondern nur reliefirten Spitzsäulen allmählich erleichtern und verjüngen. Ein neuerer Geschmack hat den Thurm vollen- det, indem er ein verdrücktes, niedriges Achteck darauf mauerte und eine riesige Zipfelhaube von Kupfer darüber stülpte. Hinsichtlich des Baumaterials ist zu bemerken, das nur Pfeiler, Säulen, Fenster und Tbüreinfassungen Hau- stein sind (prachtvoller gelblicher Sandstein), das Übrige Mauerwerk.

Zum Schlüsse muss ich bemerken, dass auf der Strecke zwischen Meran und Trient noch gar viele Schätze mittel-

alterlicher Art und Kunst zu heben wären. Hier war ja vom frühesten Mittelalter an der vorzüglichste Herd der Cuitur. der Sitz der besten Kraft und der Tummelplatz de^ glänzend- sten Lebens vom „Land im Gebirge". Hier erhoben sich die zahlreichen Burgen eines reichen Adels, in denen die alte Heldensage und das zarte Minnelied erklang, so dass das Etseh- thal in dieser Beziehung einzig nn't dem Rhointhale zu ver- gleichen ist. Hier lagen die besten Städte, die sich aller- dings sowohl durch die Enge ihrer Lage als durch den Druck der Aristokratie nie zu der Bedeutung ihrer italienischen und deutschen Schwestern erheben konnten, aber doch eine rührige Bürgerschaft nährten. Hier erstanden viele Denk- male der Frömmigkeit in Stiftern, Klöstern, Kirchen und Capellen, nicht in grossartigstem Styl, aber nicht selten von einem überaus zarten und sinnigen Geschmack, und die eiidieimische Kunst verstand es sehr wohl, sie mit ihren Werken zu schmücken, vom zarten Miniaturbild bis zum grossartigen Altarbau. Nun ist freilich unendlich viel zu Grunde gegangen; die Burgen sind gebrochen, viele Kloster und Kirchen gewaltsam vernichtet oder dem Vorfalle über- lassen worden, ihren Schmuck hat die Barbarei der Säcula- risation verschlungen oder die geschmacklose Verschöne- rungslust beseitigt, jährlich kann man diess Sündenregister noch vermehrt sehen, und noch immer bekömmt der Jude etwas einzuschachorn und zu verschleppen. Aber trotz alle- dem und alledem ist doch noch so viel übrig geblieben, dass ich nicht zweifle, man könne innerhalb der erwähnten Strecke allein die Elemente einer mittelalterlichen Kunstgeschichte sammeln, die ein weit reicheresBüd gewährt, als es Dr. Sig- h art aus der Erzdiocese München-Freising zusammengestellt hat. Da ist noch manches Schloss von einer höchst merkwür- diger Anlage ich nenne beispielsweise S i g m u n d s k r o n, das alte Formigar, an dem man nach deutlich die Gestalt einer Trutzburg aus dem X. Jahrhundert und den frühesten Rundbogenstyl wahrnehmen kann; manches enthält sehr werthvolle Baustücke, wie z. B. Schloss Prösels seine Treppe und Capelle, die nächstens zerfallen wird, wie so manches von den Eigenthümern nicht gewürdigte oder vernach- lässigte Baudenkmal. Manche Kirche und Capelle von alter- thümlicher Bauart und vielleicht mit uralten Bildern ist so zu sagen erst wieder zu entdecken, weil ausser der nächsten Nachbarschaft Niemand darauf achtet. Endlich wäre noch Mancherlei von alten Altären, Bildern, Kirchensaclien, Büchern mit Miniaturgemälden. Grabsteinen u. s. w. der Verborgenheit, vielleicht dem Untergänge zu entreissen. Für den .\nfang muss die Arbeit getheilt werden. Es war die Rede von Errichtung eines Kunstvereins für diese Ge- gend. Möchte das ins Werk gesetzt w erden und möchten die Mitglieder vor der Hand das als ihren ersten Zweck betrachten, die Überreste der alten Kunst gründlich kennen zu lernen und diese so gewonnenen Ergebnisse übersicht- lich zu sammeln.

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Die Kleinodien des heil, römisch-deutschen Reiches.

Von Franz Bock. Conservator des erzbischülliehen Museums in Cöln.

m.

Der KröiiiiiigNiiiniit«'!.

(Mit eiiiei-Tafi'l.)

Über die Entstc^liiiiii; uiiil Aiitortii;un2: des äusserst grossartigen und |ir;K'litviilk'ii Krü n ungsniu nt eis dilu- viale, jialliuni imperiale, hei Einigen auch teguuien. jialltnla- mentuni genannt) kann nr.ni. Dank der erhaltenen kulisehen Inschriftf>n, das Feld derlly[iethese vollständig verlassen und sichere Daten aufstellen, wann und durch wen dieses Pracht- stück angefertigt worden ist. Den sehr deutlieh gestickten Ku- fen zufolge . die liereits früher von niunhaften Orientalisten und in jüngster Zeit von Professor Iteiiiaud in Paris nach einer Copieendgiltigfestgestelltwordensind'), istdieserjirachtvolle Krönungsniantel angefertigt worden für die Schatzkammer des Norniannenkiinigs Uoliert Guiscard im Jahre der Flucht des Propheten ,j2S, also 1 1 33 nach Christus durch den Kunst- fleiss der Muslimen in der „glücklichen Stadt Palermo" wiees uns scheinen will, als Tribut und Anerkennung der Oberherr- lichkeit der normannischen Könige von Seiten der besiegten Araber Siciliens, die durch dieses Geschenk faetisch Unter- werfung andeuten und die Duldsamkeit so wie den Schutz der ehrisdielienllerrselier sich siehern wollten. Darauf scheint auch hindeuten zu wollen, die schwungvoll gestickte Darstel- lung des königlichen Löwen, der Repräsentant des christ- lichen Königs Siciliens, als Siegers wie er eben ein Kameel „das Schilf der Wüste", das^^'allrzeicllen des Maiirenlhums, unter seinen Füssen bewältigt. Wann und durch «eiche Veranlassung dieser ausgezeiclmet gut erhaltene Krö- nungsmantel unter der Regierung der Hohenslaufeu mit den andern sicilianischen Schätzen (vgl. Art. 1) auf das Schloss Trifels gekommen war, darüber wird ausführlicher in der späterea Beschreibung dctaillirte Nachricht gegeben werden. Für jetzt genüge nur die einfache lliuweisuug, dass er erst unter den letzten Kaisern aus dem Hause derllohen- staufen zu den Reichskleinodien gekommen ist. Was ferner nun die technisch-künstlerische Ausstattung dieses „pallium regale" betrilTt, so kann diese Arbeit unstreitig als das bedeu- tendste Stück der Stickerei und GoldschmiedL-kiinst aus dem Anfange des XU. .Jahrhunderts bezeichnet werden, was sich bis auf unsere Tage erhalten hat, denn es wechseln hier in harmonischem Verbände ab die zierlichsten Perl- und Gidd- stickereicn in der verschiedenartigsten Technik mit dem ornamentalen Seiimuck der Goldschuiiedekinisl in Kmail-. Filigran- und Niello-Arbeiten.

Um den Lesern dieser Blätter ein Bild der Pracht und

des Reiclithumsjenerkostbargesticktenkiiniglichen Gewänder zu versehalVeu, wie sie für das „gazciphylazcum- der nor- mannischen Könige durch maurische Künstler im Xll. .lahr- himderte sind angefertigt worden, liaben wir es für notb- wendig erachtet, die eine Hälfte des Prachlgewandes in styl- getreuer Zeichnung beizufügen (vgl. Taf. V), die in den Detailbeilagen auch ziemlich genau die Technik der Stickerei und Orr\amentation des fragliehen Gewandes veranschaulicht. Der GrundstolV, auf welchem die ligurative Gold- und Perl- stickerei dargestellt ist, bildet ein dunkelrothes, starkes, dessinirtes Seidengewebe, das bei älteren Autoren des XI. und XII. Jahrhunderts, dessgleiehen in den Nibelungen und beiden späteren Minnesängern als eine Seidencendel öfters bezeichnet wird. Der heutige Fabrikant würde dasselbe als ein schweres geköppertes Croise- oder Serge-Gewebe bezeichnen. Das Dessin selbst ist äusserst klein gehalten , M'ic es der Holz- schnitt Fig. 1 in dem Stolle unter der Pcristickerei zmnTheil ü3

') Vgl. nciiiiiihl. Juunial Asiatiiiiie IS4G. SiV. IV. Vul, 7, p. 383.

in iiatiirlicher Grösse zeigt. Die fein slylisirteii Ornamenta- tiiiiien zeigen otrciihar lieminiseenzen au die .Vralii'sken der Mauren im südlichen Spanien und Sicilien und unterliegt es keinem Zweifel, dass auch dieses delieate feine Gewebe aus ilri- Ijliilicndcii.Scidi'ii-industriePalermos hervorgegangen ist. iielrells der liiiclist interessanten Perl- uiuKiidd-Slicke- rcieii (iipus |iiilyiiiitiiiii, acii picliiinj sei hier nur in Kürze liciiirikl. ilass in liriiliMi gleich grossen Hält'ten des fraglichen

DEK KEONUNGSMANTEL

Isach der Origiualzcichnung des Jos. SchÖnbrunncr .

Taf. V.

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Paludamentums gieichmassig der Sieg des Lüwen über dem bewältigten Kamel zur Darstellung gebraeht ist. Beide gleieli- mässig zurückkehrende Darstellungen sind durch eine Dat- telpalme mit sclii'm stylisirtem Laubwerk und Früchten in zwei gleiche Hälften getrennt.

Die Stickerei dieser figürlichen Thierornamente ist in ihren äusseren Umrissen durch zwei Schnüre von ungleichen echten orientalischen Perlen von mittlerer Grösse als Con- tur abgegränzt. wie das auch an einer Stolle der Zeichnung angedeutet ist ')• ßie übrigen Compartimente dieser Stickerei sind durch eine kunstreiche mühevolle Goldstickerei durch-

im Dessin bandförmig zusammenhängend, hat ebenfalls einen ausgeprägten arabisch- normannischen Charakter und imponirt nicht weniger durch ihren Perlreichthiim als auch durch die kunstreichen quadratisch gefitrmten Kmailplättchcn (vgl. Holzsch. Fig. 2, «, b, c, d. <\ f) mit verschiedenartigen Miniaturdarstellungen in vielfarbigem Email auf feinen Goldblechen.

Als besonders reiches Ornament machen sieh die pracht- vollen Medaillons oben in der Nähe der Schliessung der Pluviale bemerklich, ausgeführt in ziemlich grossem Um- fange wie es der hier folgende Holzschnitt Fig. 3 zeigt ;

(Kig:- 2.)

(l'iS- 3)

geführt, in eigenthümlich präparirten Goldfäden, die sich auf auf einem ziemlich starken Goldbleche ist jener vielfarbige

den ersten Blick bin als ein „or de Uypre", wie es die späte- Schmelz eingelas.sen, der sich nicht nur <lurch seine coni-

ren Schriftsteller gleichbedeutend als orientalisches Gold plicirte technische Darstellung, sondern auch durch die

bezeichnen, zu erkennen gibt. Ein anderes reicbgeslickles äusserst gelungene Anordnung der vielen kleinen Dessins

Ornament zeigt die Bordüre (aurifrisia), zwei schmale Stäbe, zu einem grossen zusammenhängenden Ganzen auszeichnet,

die als Randverzierung an der vordem Ölfniing der Pluviale Das Ornament in diesem runden Medaillon, das wiederuin

herunter laufen. (Vgl. Fig. i.) Auch diese Perlstickcrei, durch eine Umfassung von Filigran in Vierpassform umgehen

') Wir i.edauern c. ,i=,ss «eg.n Kürz, der Zeit .lie el.en .ngr,!..,,!.!,. '■■*'• '^t ebenfalls geometrisch ge(M'dnet , in eiuor Verbindung

Aiisnihruiig auf der Tiiii-i v lei.icr Miitiriii.ihoii niiissie. I). itfii. der Krcisform mit dcui Ooadrat. eine Zusanimenstellnn!'', wie

12C

sie sich allwürts in maurischen Ornamenten vorfindet. Wir werden später Gelegenheit iuiben uns ausfüiirlicher üi)er die kunstreiche mühevolle Teciinik zu verhreilen, und nach- weisen, wodurch sich dieses „email translucide" von dem „email cloisoniie" unterscheidet, das sich meistens in Liniou- siner Schmelzen des Xll. und XIU. Jahrhunderts vorlindet.

Der weite untere Saum der Piuviale ist nach Atuilogie orientalischer Gewiinder damaliger Zeit, die meistens mit Sprüchen aus dem Koran umrandet waren, mit einer tech- nisch kunstreich in (iold gestickten, äusserst gut erhaltenen knfischen Inschrift geziert, welche wii' hier folgen lassen und deren Lesung wir der Gefälligkeit des lierrn Dr. Hehr- nauer in Übereinstimmung mit früheren Entzilferungen älterer Orientalisten verdanken ').

t=iii iiJL dj>^ o -J o ll d I ^-. I o li <Uij>jiJL J o t- I o o

jU^U,^ j^^Jr^ jLo-^l^ ^^'^■'l-^ J'-'-^U^

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yJiJllC._g ^Lo-J d I lll dl I OK dJJ^o J H ll n _ ^ ll ^

( „Dieser Manie!) geliiirlzu dem, was gearbeitet «drden ist in der königlichen Manufactin-, in welcher das Glück und ilic Ehre, der Wohlstand und die Vollendung, das Verdienst und die Aiisiteicimung ihien Sitz haben, die sich guter Aufnahme und eines herrlichen Gedeihens, grosser Frei- gebigkeit und iiohen Glanzes, Ruhmes und prächtiger Aus- stattung, .sowie der Erfüllung der Wünsche und HulTnungen erfreuen mag und wo die Tage und Nächte in Vergnügen verdiessen mögen, ohne Aufhören und Veränderung mit dem Gefühle der Ehre, der Anhänglichkeit und fördernden 'l'heil- nahnie in Glück und Erhaltung der Wohlfahrt, Unterstützung und gehöriger IJelriebsanikeit'- -).

In der Hauptstadt Siciliens im Jahre 528 d. II. = li;i3n.Ch.G.)

Dieses sowohl für die geschichlliche Entwickelung der Stickerei als auch der Goldschmiedekunst höchst nierk-

') Vjjl. "p" r ä h n , in den Me'iiioires de l'Ak:iili'iiiic- liii|i. iles Sciences de St. iVtersli. 1822. Tom. VHI, S31 —044.

') Die fran/.iisische Ühersetzung des OrienlaMstcn l'rof. H i; ii :i ii il im Journal Asiatique 1846, 4. Serie, Vol. 7, |). 38.T hicvon lautet :

„Fabrique dans le inagasin rojal, sejonr du Ijonlieur, de rillu»tr.ition, de la gloirc, de l.i |icrfeotion , de la duree, de la hienfaisanee , du bau »ecueil, de la fe'lieile, de la libe'ralite, de l'eclat, de la repulation, de la beaule, de la realisation des desirs et de» espe'rances, du plaisir des jours et des nuit.i, sans cessation et saus niulalion. avec le sentinient de l'lion- neur, du devoncment. de la conservatiDn. de In »ynipaUiie. du iionheur de la »ante, du secour» et de la »atisfaetion , dans la ville de Sicile, r»n 328."

würdige Pallium im])eriale, das wir in gedrängter Kürze wie es der Haum dieser lilätter gestattet im Vorhergehenden flüchtig zu skizziren versucht liaben, ist heule mit einem grünlich -gelblichen Seidenfutter ohne Dessin versehen, das in seinem kunstlosen Zustande Spuren eines Jüngern Datums verrieth, und desswegen die Frage in uns erregte, ob nicht das primitive Futter (doublure) das durch die Länge der Zi'il und des Gebrauches sehr gelitten haben mochte, durch dieses kunstlose Gewtdie verdeckt worden sei. Nach eingeholter Erlaubniss l'and sich auch bei Auflrennung einer Nath in der niittlereii Hälfte des Futterstoffes ein höclist merkwürdiger Seidenstofl" vor, der als primitives Futter (subductura) die ganze Weite der Piuviale ausfüllte. Die Grundfarbe dieses delicaten Seidengewebes ist dunkelgrün, die schwungvollen Muster im arabischen Typus sind liciit- grün gehallen mit hirnförmigen Dessins in Gold brochirt. Olfenbar ist dieses kunstreiche Gewebe mit der Anfertigung des reichen Obcrstoffes gleichzeitig zu setzen. Da nun an den reicheren bischöflichen Pluvialen des Mittelalters ein zweifaches Futter in der Regel sich vorlindet, ein einfache- res, das den hinteren ganzen Theil der Piuviale ausfüllt, und ein reicheres Futferzeug an den beiden vorderen Öffnungen als Streifen von der Breite einer halben Elle , indem das Gewand an diesen Theilen häufig aufschlägt und ersichtlich wird, so führt uns dieses Vorkommen an analogen Gewän- dern später auch zu der Untersuchung, ob nicht an der ent- sprechenden Stelle nach vorne hin ein zweites reicher(>s Fufterzeug sich vorfinde. Dank der zuvorkommenden Erlaub- niss wurde auch hier eine Trennung der Nath eines geblüm- ten Seiden-Damastes mit Goldbrochirungen, eines späteren reicheien Flitterzeuges des XV. Jahrhiinderls, vorgenommen und halten wir die ll berraschimg an dieser Stelle ein höchst merkwürdigeres älteres Goldgewebe vorzufinden, das nicht nur hinsichtlich seiner sehr eigenthümlichen figuraliveii Dar- stellungen die Aufmerksamkeit der Freunde mittelalterlicher Kunst, sondern auch hinsichtlich seines Goldfadens und seiner eigenthümliciien Textur die Beachtung der Manufac- furisten verdient.

IV.

Die vor <lcr likorira^ini;; abliaiiilen gekoiumciicn Kcivlis-Klriiioilicii*

Die vorbenannten 17 Pieceii, den allen Matrikeln zu- folge zu den Reichskleinodien gehörend, befinden siidi gott- lob in einem ziemlich gut erhaltenen Zustande, in ehren- vollem Gewahrsam der Kaiserburg zu Wien.

Leider geschah die Lbertraguiig der Iteichskleinudien nicht nur in einer drangvollen Zeit, sondern aucli in einer Periode wo man den iiistorischen und artistischen Werlh einzelner, kleiner, vielleiclit schadhaft gewordener Stücke nicht so zu schätzen verstand. Möglich ist es, dass bei der \ {■rpackung. die. wie es uns scheinen will, in der Eile und lic'iiidi( ll geschah, die folgenden Reichskicinodicn übersehen

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wurden oder auch der für die Übertraarung gewählte Kasten keinen Platz mehr bot. Genug, es sind gegen zehn kleinere Gegenstände, die Murr in der letzten Hälfte des vorigen Jahrhunderts noch sänimtlich in Nürnberg gesehen hat, nicht mit zur Aufbewahrung in die Hofburg gekommen.

Dahin gehören ein paar Chirotheken, die in den Delsenbach'schen Abbildungen so wiedergegeben sind, dass man höchstens aus der Zeichnung den Schluss ziehen kann : dieselben seien nicht von dem Ornamentreichthum und der kostbaren Ausstattung gewesen, wie diess bei den beute noch vorfindlichen prachtvollen Kaiserchirotheken der F'ail ist. Sodann befinden sich in den Delsenbach'schen Abbildungen vom Jahre 17S8 noch die Copien von zwei verschiedenen, prachtvollen Sandalen, die auch in grösseren franzö- sischen Bildwerken aus neuerer Zeit polychroniatisch wie- dergegeben sind: dieselben waren, was die Ornamen- tation in Perlen und Edelsteinen und die kunstreichen Stickereien betrilft. viel reicher und vorzüglicher als die heute noch erhaltenen Sandalen (calcei). Nach den unzu- verlässigen Zeichnungen des vorigen Jahrhunderts scheinen diese Kaiserschuhe, gemäss der Analogie ihrer Ornamente, zugleich mit der oben beschriebenen Pluviale , der Albe und dem Talar aus dem Schatze der normannischen Könige gekommen zu sein. Wahrscheiidich befiuulen sich bei dem Krönungsornate der deutschen Könige desswegen verschie- dene Handschuhe und Sandalen, um für alle Fülle die Gewand- stücke in verschiedenen Grössenverhältnissen vorräthig zu haben. So scheinen z. B. die bei Delsenbach abgebildeten und beute nicht mehr vorlindlichen Handschuhe auf eine kleine zarte Hand berechnet gewesen zu sein, hingegen verrafhen die heute noch vorfindlichen kostbaren Fussl)ekleidungen, dass die übrigen abhanden gekommenen zwei Paar Schuhe grösser gewesen sein müssen, indem die heute vorfindlichen eine geringere Ausdehnung hinsichtlich der Länge und Breite haben. Man muss es sehr bedauern , dass namentlich diese reicheren calceamenta verloren gegangen sind, zumal sich aus dem XI. und XII. Jahrhundert heute nur noch sehr wenige „sandalia pontificalia" vorfinden dürften, die uns den Typus der Fussbekleidung in der romanischen Zeit veranschaulichen. Der um die Bestauration und die arcbätdogisch- kritischen Bestimmungen der einzelnen Bau- Compartimente des altehrwürdigen Domes zu Trier un- ermüdliche Domcapitular von Wilmofsky hat das Ver- dienst, bei Nachgrabungen im Dome zu Trier die äusserst genaue Abzeichnung von Sandalen aufgenommen und so der Wissenschaft gerettet zu haben, die sich in dem Grabe eines Trier'schen Erzbischofes des XII. Jahrhunderts befan- den; dieselben sind sehr ornamentreich gebalten, von höchst eigeuthümlicher, technischer Beschatrenheit und hin- sichtlich der Form und ornamentalen Ausstattung vollkom- menanalog mit jenen kaiserlichen „socculi", die heute leider verloren gegangen und nur noch in dem Delsenbach'schen Werke wenn auch ungenau erhalten sind.

Ferner muss auch beklagt werden, dass unter den Oriiatstücken das sogenannte „sudarium" gelegentlieh der l'bertragung abhanden gekommen ist. Die bei Delsenbach gegebene Zeichnung lässt nur ein schwaches Bild von der eigenthümlichen Seltenheit und von dem kunsthistorischen Werthe dieses merkwürdigen Stückes gewiimen. Alteren Alltoren zufolge war dieses Sudarium , wie das auch heute noch durch einige Vorrichtungen an dem unteren Theile der Krone ersichtlich ist, nach unten hin in einer Weise mit der Krone in Verbindung gebracht, dass dasselbe nach Ana- logie der Stolen (fanones) an der heutigen bischöflichen Inful als „lamen" in Weise eines Tuches den Hals und den Obertheil des Bückens über der Pluviale bedeckte. Dieses Sudarium, von schwerer Seide, war in der Mitte in Perlen und Gold gestickt, und zwar war auch in Perl- und Guld- stickerei abgebildet das „veroneicon'-. Zu beiden Si'iten waren nicht weniger kunstreich in Goldfäden durch Platt- stich zur Darstellung gebracht die Scenen der Geburt Christi und die Anbetung der drei Weisen. Den erhaltenen bei Delsenbach initgetheilten Zeichnungen nach zu urtbeilen. düifteii diese interessanten Stickereien, zugleich auch das ganze Sudarium , gegen Schluss des XII. Jahrhunderts seine Entstehung gefunden haben. Es muss der Verlust dieses merkwürdigen Kunstwerkes auch desswegen um so schmerzlicher vermisst werden, als aus den Zeich- nungen der Stickereien, respective aus dem ganzen Habitus dieses Gewandstückes auch ein wohl motivirter Schluss auf die Zeit der Entstehung und Anfertigung der Krone selbst hätte gefällt werden können.

Nach den Matrikeln der I 'hergäbe der Ueichskleinodien durch Ludwig von Brandenburg, dem Siduie Kaiser Liidwig's des Bayer , an Karl IV. waren auch g u 1 d e n e S p o r e n (cal- caria), die von Muve noch in Nürnberg gesehen und näher beschrieben worden sind, vorbanden. Es scheint jedoch nach der vorhandenen Zeichnung, dass das Materiale grösseren Werth batte als die Form. Diese ^^•ar höchst einfach ihm! zeichnete sich nur dadurch aus, dass an dem nach hinten vorstehenden Theile der Sporen der Kopf einer Tbierfratze sich vorfand , in deren Bachen das bewegliche Rädchen angebracht war.

Interessant wegen ihrer Form und jeilenfalls kunst- reicher, was ornamentale .\usstattung betrill't. waren die leider auch verloren gegangenen Armspangen (armillae). Nach den unzuverlässigen Angaben des Murr sollen diese Armspan- gen vergoldet gewesen sein und sich an denselben reiche Ornamentationen in Email, dessgleiclien auch mehrere In- schriften'vorgefunden haben, die vielleicht über die Zeit der Entstehung und die Anfertigung aiichviui anderen noch beute vorgefundenen Kleinodien hätten Licht verbreiten können.

Zufolge den Nachrichten aus den letzten Matrikeln befiind sich unter den Kleinodien des deutschen Reiches auch noch eine Kopfbedeckung (ca|)utiuin), und zwar war dieselbe befestigt als Anhängsel an der heute noch in der kaiserlichen

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Schatzkiiranicr l)eliii(llicheii Dalniatica inipcrinlis. die im Obigen näher beschrieben worden ist. Diese K(i|il'bc(leckung bei alteren Sebriftstellern aiieli tMieiillus (Tiiinel im mittel- alterlichen Deutsch) genannt, liisst nicht undeutlich erken- nen, dass das Gewand, mit welchem sie in Verbindung stand, nicht so sehr bei feierlichen Gelegenheiten in Gebrauch gewesen sein muss, sondern dass man sich derselben viel- mehr bediente, von der Zeit Ludwig des liaiern beginnend, als reicheres Obergewand bei vorkdunneMdcu Reisen und bei sonstigen Veraidassungen, wo man gegen rauhe Witte- rung sich schützen musste. Diese von Murr beschriebene und von Delsenbach abgebildete „Gugcl"' hatte beiliiulig die Form, wie die nach hinten hin herabhängende Kapuze ander heutigen Ordenstracht der Franciscancr und Kapuziner, die nach unten in eine Spitze ausmündet. Diese Gugel war von demselben phönicischen gemusterten Purpurstofl", wie sich derselbe noch heute an der oben beschriebenen Dalmatica vorfindet; auch war dieser Gewandtheil, der Zeichnung zufulge. mit denselben iieraldischcn Reichsadlern ver- ziert , womit das eben gedachte Gewand so reich aus- gestattet ist. Im Innern scheint dieses caputium als wärmere Kopfbedeckung mit Hermelin ausgefüttert gewesen zu sein, vielleicht auch mit blauem Seidenzeug. Wir wagen es nicht zu entscheiden, ob diese Kopfbedeckung an dem hinteren Theile der Dalmatica befestigt war. oder ob dieselbe nach Anlegung des dazu gehörigen Gewandes als getrenntes Gewandstück über den Kopf gezogen wurde. Die oben gedachte erhaltene Zeichnung lässt das Letztgesagte ver- mutlien.

V.

nie Reielisreliqiiien.

In den vorhergehenden Artikeln haben wir es versucht als Prodromus zu einem grösseren Werke eine kurzgedrängte Übersicht und Beschreibung der Kleinodien in diesen Hlät- vorauszuscndcn ; es lässt sich indess nicht füglich eine Be- schreibung dersell)en anfertigen, ohne dass man auch in Ehren gedächte jener früher so hoch gefeierten Reichs- reliquien, die als kostbares Palladium Deutschlands (appa- ratus pontificalis et imperialis) von unseren Vorfahren das ganze Mittelalter hierdurch betrachtet wurden. Der Vorsehung ist es zu danken, dass auch diese merk- würdigen Reichsreliquien in dem Sturme der Zeiten zu Anfang dieses Jahrhunderts nach Wien hin geflüchtet wor- den sind, und in der Burg des habsburg- lothringischen Kaisergeschlechtes jetzt ein gesichertes Inlcrkonunen gefun- den haben.

Zu diesen Reichskleinodien gehören im Ganzen zwölf hervorragende Stücke, deren Irsprnng und Herkommen sich nicht unschwer nachweisen lassen dürfte; die ältesten dieser Reliquien werden schon theilweise aufgeführt in den Verzeichnissen der Oltonen; einzelne derselben sind in den

Tagen der Ilolienslaufen und Habsburger hinzugekommen. Die jüngsten derselben wurden hinzugebracht durch KarllV.

Schon unter den salisehen Kaisern finden wir unter den Reliquien und Kleinodien, die damals noch die Kaiser als unver- äusserlichen Schatz auf ihren Reisen stets mit sich herum- führten, bezeichnet: „laneea et clavus Domini". Der glaubwürdigen Tradition zu Folge ist dieses die Spitze der Lan/.e, wninit Longinus die Seite des Heilandes nach seinem Hinscheiden ölfnete. Diese vorzüglichste unter den Reichs- reli([uien wurde zu allen Zeiten in höchsten Ehren gehalten und wurde sogar im XIV. .lahrhundert auf .Ansuchen der Kaiser von den Päpsten das festum de lancea et clavo Domini " in der ganzen Christenheit zu feiern angeordnet.

„De lintheo Doniini." Dieser Theil von denivSchürz- tuche, dessen sich der Heiland bei der Fusswaschung bediente, wird aufgehoben in einer silbcrvergoldeten Monstranze, die in formeller Beziehung keinen grossen Kunstwcrth hat. Die Jahreszahl und die gravirten Standbilder des h. Laurentius und Sebaldus zeigen deutlich an , das diese einfache Mon- stranze in Nürnberg angefertigt worden sei.

D e m e n s a 1 e D 0 m i n i ", einStück jenes Tuches, das bei der Feier des Abendmahles den Tisch bedeckte. Auch dieses ostensorium, worin die obengedachte Reliquie includirt wird, hat keinen hervorragenden Kunstwcrth; sie ist wie die vor- hcrgehemle etwa 23 Zoll hoch und befindet sich auf der- selben gravirt die „coena Domini- in Dürcr'scher Manier mit der Jahreszahl 1S14. Diese Reli(juien scheinen früher anders gefasst gewesen zu sein und wurden , des öffentlichen Vor- zeigens wegen, monstranzförmig eingefasst.

„De cruceDomini." Diese Partikel des h. Kreuzes hat eine ziemlich grosse .\usdehnung, die nur von der bedeu- tend grösseren in Rom übcrtroflTen werden dürfte; sie misst nämlich in der Länge 9'/o Zoll bei einer Breite von 1 Zoll; der Querbalken hat T'/a Zoll in der Länge. Diese kostbare Reliquie ist von einer silbervergoldeten Einfassung umgeben. Dieses reli(|uiariiHn war früher eingeschldssen in einer inte- ressanten Kapsel von Lcder. mit zierlich getriebenen Orna- menten (Lederplastik) und der Jahreszahl 1517.

„De Corona Domini;" diese Dornen von der Krone des Heilandes werden in silbcrvergoldeten Ostensorien von gerin- gem Kunstwerthe eingeschlossen. Dieselben scheinen unter Konrad 111. zu den Reiehsreliquien gekommen und durch Karl IV. der Zahl nach vermehrt W(U'den zu sein. Diese im Vorstehenden benannten Reli(|uien werden bei älteren Schrift- stellern auch „arma Christi" oderauch „instrumenta Dominicae passionis" desswegen genannt, weil sie mit der Person des Heilandes und mit seinem Leiden in nächster Beziehung stehen.

„Dens de monto S. Johannis Bapt." Dieser Zahn des h. Johann des Täufers ist in feinem Golde eingefasst und hängend befestigt in einem vas crystalinum. Diese und die oben angeführten Reichsreliquien k(unmcn schon im Testa- mente Otlo's IN . vom Jahre 1218 vor. Darin heisst es u. a.

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Nds igitiir tc, fratei- Honiire, Pstliitine Comes Rheni, roga- miis, ut . . . . saiictam criicem, lancoam et coronam, dentem S. Joannis Baptistae et imperialia insignia. praeter palliiim nostrnm , qiiod (laiulum est ad sanctum Egidiiim, viginti septimanas post decessiim nostrnm eonservos etc. etc. (ap. Meibom. T. 111. Rer. Germ. pag. 148.)

„De praesepe Dom in i." Dieses Überbleibsel von der Krippe Christi befindet sich in einem 18 Zoll langen Reli([niarium, das auf seinem Deckel mit mehreren unge- sehlifFenen Edelsteinen besetzt ist. Dieser Reliquie geschieht erst in der Übergabsurkunde Kaiser Sigismiinrl Erwähming vom Jahre 1423, wo es heisst: „Von der Krippen Gotes in eyner langen gul deiner Beheltnisse gecziret mit edlen steinen."

Endlich befinden sich noch heute unter den ehemaligen Reichsreliquien ein Stück „de tunica S. Joannis Evang."; ferner das „brachium S. Annae, matris B. M. V." und noch drei Glieder von verschiedenen Ketten, mit denen die Apostel Petrus, Paulus nnd Johannes im Kerker gefesselt waren. Weil diese Reliquien auf den Kaiserzügen meistens mit herumgeführt wurden, namentlich vor der Zeit der l'hertragung nach Nüi-nberg, so ist es einleuchtend, dass diese Kaiserreliquien des leichteren Transportes willen bloss einfach in Silber und Gold eingefasst sind und nicht in grössern reichverzierten Reliquiarien aufgehoben wurden,

wie sich solche wohl anderswo vorfinden und für die Würde des Gegenstandes angemessen gewesen wären.

Vorbenannte Reichsreliquien wurden bis zur Einführung der neuen Ijclire in Nürnberg jährlich einmal unter Ziistri'imen einer grossen Volksmenge, aus allen Theilen Deutschlandsund unter Zusammentritt von mehreren Fürsten des heil, römi- schen Reiches auf einem eigens dazu erbauten Reliquien- stiihl mit Beobachtung der vorgeschrielienen Feierlichkeiten, ölVentlich vorgezeigt. Auch bei keiner Kaiserkrünung durften diese Reliquien fehlen und wurden dieselben als „instrumenta essentialia coronafionis" auf einem besonders liergerichteten Reliquienaltar, der sich an der Epistelseite des Altares befand, feierlichst aufgestellt.

Diese sogenannten Reichsreliquien waren ehemals, als sie noch in Nürnberg de'ponirt waren, silmmflich in einem grösseren Kasten verschlossen. Dieser Schrein mit einem ansteigenden Satteldach war mit quadratischen Orna- menten überzogen, worin abwechselnd dargestellt war der einfache Adler (Jungfernadler) und der doppelte Reichs- adler. Diese Kiste wurde jedesmal nach ihrem Verschluss vermittelst einer Vorrichtung in dem Chore der kleinen Hospitalkircho in die Höhe gewunden , so dass der Schrein mit seinem kostbaren Inhalte geschützt vor Diebsgefahr an dem Schlusssteine des Chores schwebend in der Höhe zu ersehen war ').

Pamätky archaeologicke a mistopisne. (Archäologisch-topographische Denkwürdigkeiten.)

(Foiisetzmig;.)

Die Westfrontc mit den zwei Thürmen und einem das Dach der Kirche überragenden Mittelbau zwischen den- selben zeigt höchst einfache Formen, und mir die in zwei Absätzen über den Mittelbau sich eriiebendcn Thürme sind mit dem charakteristischen Rundbogenfriese in beiden Stockwerken verziert. EinWestportal scheint ursprünglich gar nicht da gewesen zu sein, das jetzige wurde erst im vorigen Jahrhundert im Zopfjstyle errichtet. Ober demselben ötTnen sich drei Ruudbogenfenster, in ihrer ursprünglichen Gestalt so ziemlich erhallen. Die leere Fläche des Mittelbaues zwischen den Thürmen wird nur durch ein mittelst eines Säulehens in zwei Theile getheiltes Fenster, und ober dem- selben durch das charakteristische, vertiefte Maueikreuz unterbrochen. Das ganze Gebäude ist von zugehauenen Quadern aufgeführt, und hat ein sehr solides Ansehen. Die beigegebene Illustration zeigt die Westfronte der Kirche mit der angebauten Prälatiir. Eine Ansicht der Kii-che von der Nordostseite, die nicht verbaut ist, oder wenigstens ein Grundriss derselben wären sehr erwünscht gewesen. Das Innere ist im Geschinacke des vorigen Jahrhunderts sehr reich und prunkvoll ausgestattet, iiictet aber von einzelnen Merkwürdigkeiten aus dem Alterthume nichts als einen kleinen in der Mauer neben dem modernen Mausoleum des

Stifters Hroznata eingesetzten Gedenkstein vom Jahre 1334 und in der Mitte des Chores die Gruft des Stifters, die den steinernen bisher unerötTiiet gebliebenen Sarkophag desselben enthalten soll. Zwei Antiquitäten, die einst in dieser Gruft befindlich waren, werden jetzt in dei- liiMin- thek des Stiftes aufbewahrt, nämlich eine bronzene, schön ciselirte, mit Email und einst mit reicher Vergoldung ver- zierte Schüssel von 9" 5'" im Durchmesser und 1" 4'" Tiefe aus dem XII. Jahrhundert, dann eine kupferne, vergoldete Ampel der heil. Elisabeth, Laiulgräfin von Thüringen. Der W ladyke Hroznata soll während des Baues der Kirche die

^) Mit diesen Autsiitzeii ist ilie üeschrelhung der „Kleinodien des h. röm. dent.sihcn Reiches" zwar zum .\bschlusse gebiacht worden ; durch die freundliche Theilnahme des Kenn Caplans F. B ock hoffen wir jedoch in den folt^enden ileltcn auch eine Beschreibung: der unir arischen Krönungsinsignien veröirenllicheii zu können, welche Krslerer ni!tf;enehmi(;ung;Sr. knis. Hoheit des dun-hlauchtigsten Herrn Erzherzogs Alb recht vor Kurzem im Sehatze zu Ofen besichfipte und wovon er ausführliche, stylgetreue Zeichnungen anfertigen liess. Wir sind zugleich in der angenehmen Lage unseren Lesern mittheilen zu können , dass Seine k. k. aposl. .Majestät vor wenigen Tagen auf .\nlrag Seiner Excel, des Herrn Finanzministers Freih. v. Brück anzuordnen geruht haben , dass das beabsichtigte I'racbtwerk des Herrn Caplans F. Bock: „Die Kleinodien des heil, römisch-deutschen Ileiches", auf Kosten der knis, R egieru ng in der k. k. St a a t s d r uc ke r e i erscheint.

D. Ued.

IS

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voi-erwälinto Schüssel täglich mit Münze vollgoluUt den Arheiteni mich voiihrachtem Tagwerke hingehalten haben, damit sich jeder nach eigenem Ermessen seines Verdienstes seinen Taglohn aus derselben herausnehmen mochte. Sie scheint ein Erzeugniss der französischen Kunstwerkstiitteii von Limoges zu sein, und liroznata mochte sie von seinen Reisen aus Italien heimgebracht haben. Auf der Hohlseite sieht man in der Mitte ein dreieckiges Schild mit neun gol- denen Lilien auf blauem Emailgrunde; um dasselbe herum drei ornamentale Drachen. Auf der concaven Flache sind in sechs Halbkreisen zwischen ornamentalen Schnörkeln je zwei erhaben gearbeitete Figuren, immer eine miinnliche und eine weibliche, wovon erstere ein musikalisches Instru- ment behandelt, die letzlere aber tanzend dargestellt ist. Die Kehrseite der Schüssel ist nur einlach gravirt, und stellt neun in einander verschlungene Halbkreise dar, die an ihren Berührungspunkten mit Lilien geziert sind; in der Mitte ist ein dreieckiges Schild mit einem einfachen heraldi- schen Löwen. Die richtige Zeichimng und reiche Verzierung stellt diese Reliquie in die ISeihc der schönsten Kunst- erzeugnisse dieser Art und jener Zeit. Die Ampel der heil. Elisabeth von zierlicher Form, jedoch ohne besondere Ver- zierung, ist 4" 8 " hoch, bauchig, in einen engen Hals aus- gehend und mit einem Henkel versehen. Sie umschliesst im Innern ein ahnlich geformtes, nunmehr durch gewaltsame Öffnung zerbrochenes Ihöiierncs Gefäss. Auf der Aussenseite liest man die gravirte Inschrift in gothischen Minuseeln: ßllfra (authentica) 0 clij»U'dl)i*. Die Abbildungen beider Antiquitäten sind auf der ersten Illustration ersichtlich.

Jankov (der Marktflecken Jankau) von P. Anton Norbert Vlasäk, Pfarrer in Hrädek bei Vlasim. (S.36.) Jankan im Taborer Kreise erlangte durch die in der Nähe im Jahre lG4ö den Schweden gelieferte unglückliche Schlacht eine traurige Berühmtheit. DerVerfasser knüpft an die Geschichte des Ortes eine Beschreibung der Schlacht und tlieilt auch ein hierauf bezügliches historisches Volks- lied mit beigegebener Melodie mit. Aus der Beschreibung des Ortes heben wir nur die Pfarrkirche hervor, die von ihrer ursprüngliidien romanischen Aidage noch den runden Chor- scliluss aufzuweisen hat.

Chotoun, Geburtsort des heil. Prokop von K. VI. Zapp (S. 39.) Chotoun, ein Dorf zwischen Böhmisch-Brod und Planan, ist eine der ältesten Ansie- delungen im Lande; der heil. Prokop wurde daselbst zu Ende des X. Jahrhunderts in einem Freihofe geboren, der bis jetzt der Prokopihof genannt wird. Spätere Besitzer desselben errichteten neben demWohngebäudc cineCapelle des heil. Prokop, an deren Stelle im XVIII. Jahrhunderte eine zierliche Kirche entstand.

Die früher im Orte bestandene alte Pfarrkirche wurde im laufenden Jahrhundert wegen Baufälligkeit mit .\us- nahme des Glockenthurmes eingerissen. Am Dorfplatze entspringt eine reichhaltige, mit der Statue des heil. Prokop

gezierte Quelle, nächst welcher einst eine Badeanstalt bestund. Ausser diesen volksthümlicheiiReminiscenzen finden sich da nunmehr keine sonstigen Alterthümer.

Die Schlossca pelle St. Franz. Ser. in Reich- stadt VOM K. VI. Zapp. (S. 41.) Das gegenwärtige Sonnner - Hesidenzschloss Seiner Majestät des Kaisers Ferdinand I. in Beichstadt wurde um das Jahr 1541 von italienischen Baumeistern im reichen Renaissancestyl erbaut. Der Aufsatz beschäftigt sich hauptsächlich mit den herrlichen Kunstschiipfnngen, die in der erweiterten Sc^hlosscapelle durch die .MuuilicenzSr. k.k. Maj. in den Jahren 18i>l 1853 hauptsächlich von einbeimischen böiunischen Künstlern aus- geführt wurden.

Das e h e m a 1 i g e M y d 1 ä r'sche 1 1 a u s in C h r u d i m von Anton Rybicka, Beamten beim k. k. obersten Gerichtshofe in Wien. (S. 68.) Ein merkwürdiges, iniRenais- sancestyl 1573 15TG aufgeführtes Biu-gerhaus nn't olVenen Säulengängen, Sculpturen und böhmischen Inschriften an der Gassenseite und einem räthselliaften Thurme an der Rückseite, der fälschlieh für eine Sternwarte gehalten wurde, wahrscheiidich aber nichts weiter, als eine Nachbildung tür- kischer Minarets zu bedeuten hat. Der Verfasser gibt erschöpfende Nachrichten über die Erbauer und Besitzer, nebst zwei Abbildungen der Vorder- und der Rückseite des Hauses. Wie wir eben erfahren , soll der Eigenthümer mit dem Plane umgehen , die offenen Säulengänge auf der Gassenseite zu verbauen , und den Raum zur Erweiterung der Wohnzinwner zu benützen.

Z b r a s I a v , K ö n i g s a 1 (Aula regia) v. K. VI. Z a p p. (S. 71 u. 117.) Die Geschichte dieses auf einer Halbinsel zwischen der Moldau und deniBcraunflusse liegenden Marktes und seiner ehemaligen berühmten Cistercienserabtei bildet den Hauptinhalt dieser ausführlichen Monographie. Die .4btci als Begräbnissort der letzten Pf emysliden und einiger Luxen- burger war in der Nähe Prags im XIV. und zu Anfange des XV. Jahrhunderts für Prag das , was Saint Denis für Paris , mit dessen Kirche auch die hiesige Ilauptkirche den Vergleich wohl anshielt ; denn Königsal galt vor den Ilusitenzeiten als das reichste und prächtigste geistliche Stift im Lande , dessen Knnstschätze luimentlieh Aeneas Sylvius einer besonderen Hervorhebung wcrth hielt. Leider ist von air den Herrlichkeiten nichts übrig geblieben als ein Madonnenbild aus dem XIII. Jahrhundert und ein un- scheinbares Kästchen mit den Schädeln der beiden letzten Premysliden , Wenzel's II. und III., der Königin Elisabeth. Genialin Johann's v. Luxend)urg, inid mit wenigen auf- gelesenen Gebeinen aus der zerstörten Königsgruft. Die Gründung des Stiftes durch Wenzel II. an der Stelle eines früheren Jagdschlosses Königs Premysl Otakar's II. ges<diah im Jahre I2!)2. die feierliche Grundsteiulegnng zur grossen .Marienkirche im .lalire l'ütT, deren Ausbau durch die Königin Elisabelii im Jahre I32'.t. Nach einem zu Anfange des vorigen Jahrhunderts vor der gänzlichen

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Beseitigung der Ruinen dieser Kirche aufgenomn:ienen und neuerer Zeit erst aufgefundenen Grundrisse derselben w:ir sie ganz nach Art der alten Cistercienscrkirchcn im gothischcn Style aufgeführt, vierschifTig mit rechteckigem Chorsehlusse, Krcuzvorlagen und zehn Capellen im Chore ; 33 Säulen trennten das HauptschilT von den niedrigen Abseiten, und 12 Säuion trennten die beiden NehonschifTe an der Südseite. Der nördliche Flügel des (JuorschilFes war länger als der südliche, und stiess an die Sacristei und eine geräumige St. Bernhardscapelle. Das ganze Gebäude soll eine Länge von 180 höhmischen Ellen (etwa 3G0Fuss), eine angemessene Breite und Höhe gehabt haben. In dem vielge- rühmten Kreuzgange des Klosters war an den Wänden die ganze Bibel auf steiuernen Tafeln zu lesen , deren Schrift- züge in der Höhe an Grösse zunahmen zur Bequemlichkeit der Leser. Der 10. August 1420 machte all' der Herrlichkeit ein trauriges Ende; ein Pöbelhaufen der husitischcn Partei in Prag verwandelte alles in eine Brandstätte. Das jetzige Stiftsgehäude stammt ;ius dem Jahre 1720, und bietet in seiner gegenwärtigen Profanation, da es zu einer Zucker- fabrik verwendet wird, einen traurigen Anblick; das Prälaturgebäude vom Jahre 1739 dient zur Wohnung der Herrschaft (Fürst Wallerstein - Öttingen) und die spätere Stifts- jetzt Pfarrkirche unter dem Titel des heiligen Jakob dem Älteren wurde aus einer ursprünglichen Capelle des Otakar'schen Jagdschlosses in den Jahren 1650 1654 umgebaut, erweitert und zur Conventskirche eingerichtet. Sie ist ziemlich geräumig, im Benaissancestyle gehalten und wenn nicht prunkvoll, doch anständig ausgestattet. Nur das Querschifl" erinnert in ihr an die Eigenthümlichkeiten der Bauart des Ordens , so wie der Abgang eines grösseren Thurmes. Das bedeutendste Altertlium ist das erwähnte Madonneubild aus dem XIH. Jahrhundert, das einst den Hochaltar der nun spurlos verschwundenen Marieidiaupt- kirche zierte, jetzt aber hier auf einem Seitenaltare auf- gestellt ist. Es ist auf Holz gemalt, mit Goldgrund, und wurde 1661 ziemlich unglücklich restaurirt, ohne jedoch seinen hohen Kunstwerth gänzlich verloren zu haben. Ausserdem sieht man noch mehrere Altarbilder vonBrandel und Skreta, in der Sacristei zwei auf beiden Seiten mit heachteuswerthen Gemälden bedeckte Flügel eines Altarschreines aus der ersten Hälfte des XVI. Jahrhunderts und das bereits erwähnte Kästchen mit den Reliquien derehemaligen königlichen Gruft. Eines der vorzüglichen Schnitzwerke Böhmens aus dem XVI. Jahrhundert, wo die Kunstschnitzerei im Lande mit besonderer Vorliehe gepflogt wtu'de, ist der Altar in der oberhalb des Marktes auf einer Anhöhe, wahrscheinlich an der Stelle der altböhmischen Burg Kasin stehenden St. Galluskircho. Dieser Altar stand bis 1744 in der eben beschriebenen Conventskirche, mnsste damals dem gegen- wärtigen im Zopfstyle aufgeführten Marmoraltare daselbst weichen, und wurde erst vor wenigen Jahren hier aufgestellt und restaurirt. Leider erlitt das Werk dabei eine bedeutende

Verkürzung , da es die Gewölbshöhe seines gegenwärtigen Standortes überragte , und erhielt einige zum Style nicht passende Anhängsel. Das Ganze ist äusserst zart in durch- brochener Arbeit in Form eines unbeweglichen Tripartitum ausgeführt, mit drei grösseren Figuren, der llinunelskönigin. St. Jakob und St. Johann der Apostel zu beiden Seiten der- selben, dann not Brusthildei'n aus der Genealos-ie Christi, die aus Blumeukelcheii hervorzuwachsen scheinen, geziert. Eine gelungene Abbildung dieses Alterthums (Taf. 5) ist dem Werke beigefügt.

Ob fi st vi und Li bis von K. VI. Za[ip (S. 111), zwei Dörfer am linken Elbeufer unfern von Melnik. Im ersteren steht ein vom General Baron Koller 1824 erbautes Schloss neben der alten übrigens uniiedeutenden Pfarrkirche; im Dorfe Libis trilft man jedoch eine der merkwürdigsten kleinen Landkirchen Böhmens an. Sie ist eine Filiale von Obi-istvi und zu Ehren des Apostels Jakob d. Gr. geweiht. An ihren Standort knüpfen sich uralte Sagen, und in der Nähe stehen noch zwei heidnische Grabeshügel. Das Schiff der Kirche stammt, obwohl ganz einfach gehalten und ohne Wölbung, aus der romanischen Periode; der Eckthurm an der Westfronte ruht im Innern der Kirche auf einer romanischen Säule. Das niedrigere und engere Presbyterium ist früh- gothisch aus dem Achteck geschlossen, die stark vortretenden Gewölbgurten ruhen aufConsolen, die meist bärtige Gesichter vorstellen. Beinahe jedes Inventarstück der Kirche ist ein interessantes Alterthum, vor allem aber verdienen die Wand- malereien die vollste Aufmerksamkeit und Würdigung des Archäologen. Der Styl verräth die nach-karolinische Zeit, etwa das Ende des XIV. oder Anfang des XV. Jahrhunderts. Vornehmlich ist jetzt nur noch das Presbyterium mit Gemälden verziert, wo eine Himmelskönigin . die drei Könige und die Verspottung Christi fast ganz gut erhalten sind . eben so acht Heiligenfiguren auf den Seitenflächen der Fenster- nischen. Unter dem Kalkanstriche der unteren Mauerflächen im Presbyterium. dann im Schilfe der Kirche wurden in neuester Zeit ebenfalls Fragmente von Gemälden des- selben Styles entdeckt. Der gothische Flügelaltar im Chore stammt aus dem XV. Jahrhundert, zeigt den herkömmlichen Styl jener Zeit sowohl im Schnitzwerke als in der Wahl der bildlichen Vorstellungen. Die Leidensscenen auf den Altarflügeln. St. Jakob ober dem Mittelstücke, St. Wenzel und St. Ludniila auf der Rückseite verrathen einen kräftigen, gewandlen Pinsel. Auch der gothische steinerne Taufkessel und die Glocken sind beachtenswerth. Drei beigegebene Illustrationen (Taf 6, 7, 8) geben Ansicht und Grundriss der Kirche, den Flügelaltar, die Umrisse der Wandgemälde nebst anderem Detail.

Der V las im er Bezirk (im Taborer Kreise) in historisch-archäologischer Hinsicht beschriehen von P. Ant. Norb. Vlasak, Pfarrer in Hrädek au der Blanice (S. 85, 126,176. 214 und 262). Diese auf Grundlage fleissigcn Quellenstudiums fusseude Arbeit enthält die Beschreibung

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aller in histurisflier uiul itrchiiolügischer Beziehung beiner- keiiswertheii Orte des beiiiiiinteii Amtsbezirkes, aus der wir zu unserem Zwecke nur fuljjeiide Noti/.eii mittlieilen.

Vlasim, Stadt; altertliiiniliclies Scliloss, gegenwärtig sehr verbaut, dessen Hüupttluuni auf runijer lUterlage ins Aeliteek übergeht ; Deeanatkirclie im einl'arh gothi- sehen Slyle vom Jahre 1522, deren Vordergiebel mit einlaehen Strebe - Pyramiden geziert ist , wie mehrere meist kleiaere Kirchen im östliehen Böhmen aus dem- selben Zeitalter; zinnerner Taufkessel vom Jahre 1523, Grabsteine der Herren Treka und Vostrovee aus dem \\l. Jahrluuulert , schöne Glocken aus derselben Zeit.

Radosovic, Dorf, im Jahre 172? umgebaute Kirche mit wohlerhalteneu, erst im Jahre 18ii2 sorgfältig in die Seitenniauern eingelassenen Grabsteinen der ritterlichen Kaniilie v. Veznik aus dem XVI. und ,\M1. Jahrhundert. Kondrac, Dorf, Pfarrkirche mit romanischem Schilfe, dessen Westfiunte von zwei runden Eckdiiii'inen auf recht- winkeliger Grundlage tlankirt wird; in jedem Thurme öfl'nen sich in zwei Reihen Kuppelfenster, zwischen je zweien steht eine kleine, zierliche Säule. Von sonstiger Ornamentik ist nichts vorhanden. Das engere Presbyterium ist gothisch, im Viereck geschlossen und mit einem zierlichen Kreuzgewölbe versehen. An der Nordseite hängt damit die geräumige, gothisehe , gleichzeitige Sacristei zusammen , einst eine besondere Capelle. Darin ein altes, steinernes achtseitiges Taufbecken. Die beigegebene Litiiographie (Taf. 11) zeigt die Ansicht und den Grundriss. Stepanov, Städtchen, einfache gothisehe Pfarrkirche, noch aus dem Xlll. Jahr- hundert, mit hoher und starker Ringmauer umgeben. Louuovic, Städtchen, in dem sich von dem ehemaligen Prämonstratenser-Nonnenkloster (gestiftet um 1149J keine Spur erhalten hat. Erzbischö/lichesSchloss mit alten, runden Eckbastioiien. Nacerac, Städtchen, zierliche gothisehe Deeanatkirclie in schlanken Verhältnissen auf einer Anhöhe, mit romanischem Thurme an der Stirnseite. Im Thurnie geku(ipelte Säulenfenster. Schöne, alte Glocken aus den Jahren 1478 und 1512. Soutic, Dorf, unbedeutende, verbaute Pfarrkirche mit schönem, romanischen Thurme, dessen achlseitiges Ijach mit einer schlanken Spitze endet. 15 ö limi sch-Ste rnberg. Burg an der Säzava, eine der ersten nach deutscher .Art erbauten Ritterburgen im Lande, gegründet im Jahre 1242, Stammhaus der Grafen v. Stern- berg, grosser Ahnensaal mit Burgcapelle. Me chnejo v, Dorf, kleine romanische Filialkirche mit halbrunder Apsis und einem breiten niedrigen Tbin-me an der W'estfronte, in welchem sich gekuppelte Rundbogenfenster mit Säulchen öffnen. Divisov, Städtchen, im Jahre 1744 umgebaute Decanatkirche mit der alten Gruft der Sternberge. Olryby, Dorf, romanische Filialkirche mit halbrunder Apsis, übrigens sehr verslümmelt. Alter steinei'uer Taufkessel. Sobesin, Dorf, romanische Filialkirche mit halbrund er Apsis, deren Wölbung das Schilf um 1 y. Fuss überragt; die rund-

bogigen Wölbungen udcli ursprünglich und ruh; in der Front ein breiter Thurm mit zwei gekuppelten Fenstern, zwischen denen das übliche Säulchen. Psäre, Dorf, ronumische Filialkirche mit halbrunder, jedoch ungewölbter .Vjisis und mit Glocken aus den Jahren 15U2und 1505. Trebesic, Dorf, roniauisehc, jedoch stark verbaute Pfarrkirche mit halb- runder Apsis und einem breiten, im uiiregelmässigen Sechseck aufgeführten Thurme an der Westseite. Choty'san, Dorf, ursprünglich romanische Pfarrkirche mit halbruiuler Apsis; erst im Jahre 1844 wurden Thurm und Schilf im gothisehen Style umgebaut.

Die ehemalige Herrschaft Richenburg (im Chnidimer Kreise) von P. Alois Brychta, Cooperator in Richenburg. (S. 102.) Aus diesem Aufsatze geben wir ebenfalls nur die in das archäologische Fach einschlagenden Notizen im Auszuge. Richenburg selbst ist eine interes- sante, noch bewohnte alte Buig mit einen Rundthurme, deren Räume in späteren Jahrhunderten jedoch stark \ erbaut und modernisirt wurden. i\lan zeigt hier unter andern nocli zwei Schienbeine eines Fräuleins aus demllerrengeschlechte der Berka's, das im XVI. Jahrhundert hier vermauert wurde.

Perälec, Dorf, Filialkirche mit gothisch gewölbtem Presbyterium vom Jahre 1321. Skuc. Stadt, interessante gothisehe, einschifl'ige Decanatkirche uiit niedrigerem Pres- byterium aus dem Xlll. oder XIV. Jahrliinulert. Die Kreuz- wölbungen des Schilfes zeigen den Typus des L'hergangs- styles zur Renaissance, eben so die steinerne Kanzel. Der massive Thurm an der Stirnseite zeigt mehrere eingemauerte Köpfe und andere Seulpturen. wahi scheinlich Reste eines früheren Baues. Die Spitalkirche. ein kleines gothisches Gebäude, erbaut im Jahre 13iU. mit « ohlerhaltenen Grab- steinen dreier Frauen v. Borovic, v. Meziiic und Zedtwitz aus dem XVI. Jahrhundert. Lazan, Dorf, alte gothisehe Filialkirche mit romanischen Reminiscenzen am Thurme, mit der Berkisehen Gruft in der Sacristei und vielen Grabdenk- mälern der llcrrenfamilie Berka aus dem XVI. Jahrhundert.

Otraduv, Dorf. Filialkirche nut gothischem Presbyterium aus dem Xlll. Jahrhundert. Svratka, Markt an der mähiischen Grenze, Pfarrkirche, deren jetzige Norhalle einst das Presbyterium mit gothischem Kreuzgewölbe bildete, bevor im .Ialirel788 hiezu das jetzige Schiff mit Presbyterium und zwar gegen Westen liinzugebaut wurde. Rannä, JJurf, einfache gothisehe Pfarrkirche, ziendich wohlcrhalten.

Skizze einer Geschichte des slawischen B e n e d i e t i n e r k 1 0 s t e r s E m a u s in der Neustadt Prag zur Zeit der slawischen M önch e von J. W. K V i z e k , gegenwärtig su|ipl. (jynmasiallehrer in Varasdin. (S. l',)3.J Eine gute Arbeit zeigt fleissiges Quellenstudium in übersiclitliciier und anziehender Form.

E y I e ( J i 1 o V e) von K. VI. Z ap p. ( S. 2U0.) Dieser Aufsatz enthält eine sorgfältig zusammengetragene Geschichte und liesrliiTibung der uMpi'nainitcii k. Goldlii'rgsladl und ihrer gegenwärtig stark heraligi'kdUimcMeii liei'gwerke. lieuii'i'kens-

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wertli ist die aus guter alter Zeit stammende Ptarrkirche, eigentlich deren gothisches Preshyterium ohne äusseren Strebepfeilern , mit einem ziemlich verfallenen Thurme. Der reich verzierte gothisehe Fiügelaltar im Preshyterium ist eine schatzhare Kuustreliquie aus dem Ende des XV. Jahr- hunderts; schade, dass die Gemälde an der Vorderseite vom Zaiine der Zeit so angegriffen sind, dass sie mit iiöchst inittel- mässigen, schlecht gewählten neuen Bildern auf Leinwand bedeckt werden mussten. In dem nahen Schlösschen Vcelni hrädek (Bieuenburg) erbaute K. J. Ritter v. Bienenberg, der Vater der böhmischen Archäologie , um das Jahr 1786 eine kleine St. Prokuiucapelle, Inder er eine bronzene Mon stranz und dergleichen Weihrauchfassel ältester Form aus dem aufgehobenen Benedictinerklüster zuSäzava niederlegte. DieAnfänge des Kreuzherreuordens mit dem rothen Stern in Böhmen, von k. k. Prof. VV. \V. Tomek (S. 210), eine urkundliche Darlegung, dass dieser in der Folge so mächtig und berühmt gewordene geistliche Ritterorden keinen militärischen Ursprung aus dem heil. Lande habe, wie bisher behauptet wurde, sondern in Prag anfangs als eine Hospitaliter-Congregatiou entstanden sei.

Plaiian und dessen Umgebung, vonK. VI. Zap p. (S. 227.) Im Markte Plai'ian steht eine Decanatkirche, deren Schiff uadThurm an der Stirnseite romanisch aus gehauenem Sandstein , das Preshyterium aber gothisch aufgeführt ist. Thunn und beide Längenseiten des Schiffes sind mit Rund- bogenfriesen verziert, und ober denen der letzteren zeigt sich auch noch der keilförmige Zahuschnitt. Das Innere ist gänzlich modernisirt. Zabonos, Dorf, romanische Filialkirche, mit einfachem Seitenportale und Empore, die auf einer gewundenen, jedoch nur halben Säule ruht. Das ins Viereck gebaute Preshyterium ohne Apside ist gothisch und stammt wenigstens aus der zweiten Hälfte des XIII. Jahrhun- derts. Eine ehemalige gleichzeitige Capelle dient als Sacristei. In der Gruft unter dem Preshyterium steht zwischen JModer und Geheinen ein irdenes Aschengefäss mit Deckel, 1 Fuss hoch, darin noch ein Überrest von Kohlen und Asche. Dieser Gegenstand scheint auf stattgehabte Leichenverbrennungen schon nach Einführung des christlichen Cultus im Lande zu deuten. Vrbcan, Dorf, Filialkirche zu St. Wenzel, in der im XII. und XIII. Jahrhunderte die Nationalfahne des heil. Wenzel aufbewahrt wurde; gegenwärtig zwar ganz umgebaut mit gothischem Preshyterium, aber bis nun noch mit einer runden Mauer, Wall und Graben umgeben. Dobrichov, Dorf, Pfarrkirche aus drei Bauperioden; die Sacristei (ehe- malige Capelle) ist romanisch mit halbrunder Apsis, durch welche jetzt der Eingang vom Kirchhofe gebrochen wurde; das Preshyterium ist fi'üh-gothisch im Viereck geschlossen mit Kreuzgewölbe, das Schiff modern, der Thurm an der West- fronte aber sehr alt, ohne Styl, mit eingemauerten Ki)pfen, einer Pflugschar, einem gekrönten W und anderen Steiutiguren. Licht enburg, im Caslauer Kreise, von K. VI. Zapp. (S. 241.) Eine ausführliche Geschichte und Beschreibung

dieser imponirenden Burgtrümmer in touristischer Form. Dieser stattliche Dynastensitz, dessen Geschichte durch ein halbes Jahrtausend die lebendigsten Bilder eines weehsel- vollen Schicksals bietet, wurde nach Beendigung des dreissigjährigen Krieges wie so viele andere Burgen Böh- mens auf kaiserlichen Befehl gebrochen und der absicht- lichen Zerstörung ]>reisgegeben.

Historische Denkwürdigkeiten des Städt- chens Sträzov (Drossau, im Pilsner Kreise), von J. W. Ki-izek. (S. 252.) Ein bescheidener Beitrag für die histo- rische Topographie.

Etwas über die B u c h d r u c k e r e i des Adam von W^eleslawin vcui Ant. Kybicka mit einem Anhange von K. VI. Zapp.(S. 2^0.) Weleslawin's Druckerei hatte zu Ende des XVI. Jahrhunderts für Böhmen dieselbe Bedeutung wie später Didot bei den Franzosen, Cotta und Brockhaus bei den Deutschen. Sie befand sich in der Altstadt Prag in dem Hause Nr. 471 , das in seiner alten Renaissance-Bauart noch immer wohl erhalten ist, und 1853 mit gebührlicher Schonung des Alterthümlichen renovirt « urde.

Votic, Stadt im Taborer Kreise, von P. Ant. Norb. Vlasäk (S. 237), wichtig für die historische Topogra- phie, in archäologischer Hinsicht von minderer Bedeutung.

Spaziergänge in der Chrudimer Umgebung, von Anton Rybicka. (S. 2G7 und 311.) Jlit grosser Sorg- falt gesammelte und sehr ins Detail eingehende Nachrichten über die Besitzer und Schicksale der Ortsciiaften bei Chrudim , Tunechod, Habrov, Mezilesice (Medleschitz), Mikulovic, Slatinan und Yorel. Die Beschreibungen der Kirchen sind erschöpfend , vorzüglich bietet die T u n e- c h 0 d e r Kirche dem Archäologen eine ziemliche Ausbeute. Ein kleines gothisches Gebäude aus der zweiten Hälfte des

XV. Jahrhunderts mit alter steinerner Kanzel, schön gegos- senem, zinnernem Taufkessel vom Jahre 1611, und einer mit vielen Reliefbildern und Ornamenten gezierten Glocke vom Jahre 1593, einer zweiton kleineren vom Jahre löOO und der kleinsten vom Jahre löS6. In der S la t i na ner Kirche sind die Inschriften mehrerer Grabsteine aus dem

XVI. Jahrhundert erheblich. Die einschifligc Kirche St. Georg bei Vorel aus dem XV. Jahrhundert hat zwei neben einander, jedoch unsymmetrisch gestellte Presbyterieu und nur ein gemeinschaftliches KirchenschilV. In dem grös- seren steht der Altar des heil. Georg, im kleineren an der Epistelseite angebauten ein Altar mit dem Bilde Maiia-Ililf. Auch befinden sich hier 7 Grabsteine der Besitzer des niilieu Vorel aus dem XYI. Jahrhundert.

Burg Svojanov und ihre Umgebung, von Mauriz Trapp. (S. 27ö, 321 und 343.) Eine in Reise- skizzenform gehaltene, sehr anziehende Schilderung, worin der \'erfasser in löblicher Weise vorzüglich den historischen und archäologischen Interessen gerecht zu werden strebt.

Die Beschreibung der sehr interessanten Burg, die gegenwärtig, meist Ruine, eine moderne HerreinMilinung

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mitten in ihren düsteren Mnnern birgt, enthält eine Menge anziehender Details, von denen wir nur eines in (h'r Hübe eines Matiergiebeis entdeekten veriiKinert gewesenen Men- schengerip|ies, anderer derlei Fun<le nnd des grossen, h(dilen Rnndtliurnies erwähnen. Die geschichtliehen Nachrichten sind gut geordnet, erschöpfend, und handein in den späteren Jahrliuriderten vornehmlich über das Herrengeschlecht der Zäruha von llustii-aa, denen die lUirg bis zum Aussterben ihrer Familie gehörte. Von den in der Umgebung geschil- derten Orten beben wir hervor : .\lt-S vojano v, Dorf mit einer Filialkirelie, deren gotbisches, im Viereck geschlossenes Presbvterium ohne.\ussenpfeiler mit einem Hundbogenfriese unter dem Gesimse aus der zweiten Hälfte des XIH. .labr- bunderts stammt. Unter dem Friese standen einst an der Mauer vier Bildsäuleu, von denen nur die des heil. Nikolaus und der Kopf einer andern üi)rig blieben. Der Kopf des heil. Nikolaus ist beinahe zur Hälfte so gross, wie der ganze übrige Körper. Presbyterium und Schilf haben drei hoch aufgemauerte Steingiebel mit einfachen, steinernen Kreuzen. Die schweren Gurten des Kreuzgewölbes im Presbyterium ruhen auf Consolen, die fratzenhafte männliche Kiipfe vor- stellen.— In Roboznä, eineinDorfe, steht eincFilialkircbe aus der zweiten Hälfte des XIII. Jahrhunderts, eine der inter- essantesten Dorfkirchen des fjandes, deren erst 18ö3 unter der Kalktünche entdeckten und von ihr befreiten Wand- gemälde im Presbyteriimi die Aufmerksamkeit der .Archäolo- gen im hoben Grade erregten. Das Presbyterium ist recht- winkelig, die zierliche gothische \\'öli)ung aber nach dem Achtecke angeordnet, was eine iiübsche Wirkung macht. Die Wandgemälde bedecken sämiutliche Seitenwände und Ge- wölbsfelder desPresbyteriums; in den letzteren erkennt man die Symbole der vier Evangelisten, an den Wänden Scenen aus dem Leben Christi. Dem Style nach gehören sie sämmtlich der ersten Hälfte des XV. Jahrhunderts an. Eine Ansicht der Kirche und des Inneren gibt die beigegebene Litho- graphie Taf. 15. .A\icb sind die alten Glocken der Kirche aus dem XV. und XVI. Jahrhundert bemerkenswerth. In der Stadt Bystra steht eine schöne geräumige Pfarrkirche vom Jahre 1712 mit grossartiger Gruft, dann das Sehloss Frischberg, ein ziemlich grosses, im Renaissancestyl aufgeführtes Gebäude, in welchem die Gemäldesammlung der ausgestorbenen reichsunmitteli)aren Grafen von Hoben- Kndis aufbewahrt wird. Sie wurde nach dem Jahre 1710 von Vadutz hielu'r gebracht, nachdem Fürst von Liechtenstein die Herrschaft Bystra gegen Vadutz und Schellenberg an den Grafen Jakol) llannihal von Ilobeii-Finbs tauschweise übergeben hatte.

Stadt Benesiibau ( licue.s o v) u nd Bu rg Kono- pist, von P. Aiit. Vlasäk. (S. 289.) Beide sowebl in historischer als archäologischer Hinsicht wichtige Orte liegen im Taborer Kreise.

In Beneschau steht eine gothische Decanatkirche. deren Presbyterium ans der zweiten Hälfte des XHI. .lahr- hunderts. das iiöelist simple, di'eisehitnge Langhaus aber aus der zweiten Hälfte des XVI. Jahrhunderts stammt. .\uf dem Hochaltare steht ein schätzbares, auf Holz gemaltes, ziemlich grosses Bild der llinmielskönigin, das ins XIV. Jahr- hundert zurückreicht, nnd aus der benacidiarten im Jahre 1420 zerstörten Minoritenkirche stannnen soll. In der Kirchengruft ruhen mehrere Glieder der Herrenfamilie der Hodejovsky aus den ersten Jahren des XVII. Jalirliunderts, im Glockenthurmc hängt eine grosse Glocke vom Jahre 1483, eine kleinere vom Jahre 1430. Von der ehemaligen im Jahre 1246 gestifteten Minoritenkirche stehen wonige hundert Schritte von der Decanatkirche entfernt nur noch drei hohe Pfeiler mit zwei gothiseben Cliorfenstern. die noch als Buine von der ehemaligen Grösse und Zierlielikeit des Gebäudes Zengniss geben. Im Jahre 17!llt fand man im Schutte der anstossenden einstigen Klostergebäude in der Tiefe einer Klafter eine schöne, etwa 20 Centner schwere Glocke, die laut ihrer lateinischen Inschrift in gothischer Majuskel im Jahre 1322 von Meister Rndger gegossen wurde. Sie hängt nun neben der Kirehenruine nebst einer zweiten Glocke vom Jahre 159S in einem eigens aufgeführten steinernen Giockenhause. Die Burg Konopi.st gehört in baulicher Hinsicht unter die interessantesten des Landes; der älteste Bestandtheil stammt aus dem XIV. Jahrliundert, und es geliört hiezu der mächtige, die Gegend weit umher beherrschende Rundthnrm, ein zweiter kleinerer (nach dem Brande im Jahre 1SÖ4 im alten Style erneuerter) Rundlhurm, die Burgcapelle und der ehemalige Ahnensaal.

Das Schlachtfeld von Kolin. von K. VI. Zapp. (S. 29cS.) An eine detaillirte Schilderung der am 18. Juni 1757 gelieferten, denkwürdigen Schlacht knüpft der Ver- fasser eine genaue Beschreibung des Schlachtfeldes und der in dessen Bereich liegenden Dörfer. Die historischen Nachrichten über Ki-echor, Chocenic, Brezan, Neudorf (Xovä ves) und Velim sind flcissig zusammengestellt. Die im Jahre 1847 von Grund aus umgebaute Filialkirche von Kfechof bewahrt mich zwei alte Glocken aus den Jahren 1481 und 1489, dann ein schönes gotbisches Mauerorna- ment an der Epistelseite des Hochaltars, das vom alten Baue übrig blieb. Die Pfarrkirche in Neudorf hat noch ein recht- winkelig geschlossenes Presbyterium, über dessen schwer- fälliger gdtiiischer Kreiizwölhiiug aus der zweiten Hälfte des XIII. Jahrhunderts sich dei' 'riiurm erhebt. Noch älter scheint das Presbyterium der \'elimer katludiscben Kiridie zu sein, das jedoch aus dem .Achteck geschlossen und stark verbaut ist. Mehrere alte Erdwälle der Gegend deuten auf einen viel älteren Ursprung, und slelien mit der Schladit vom Jalire 1757 in keinem Znsanunenhange.

(Der Sohluss folgt im iiiiuhstcn Ucflc)

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Notiz.

(Die Alterthümer des Gaisthales in Steier- mark.) Der Correspondent der ic. iv. Centra-Commission Hr. Dr. Macher in Stainz berichtete an die k. k. Ceiitral- Coinmission, dass er im Juli 1836 eine Bereisung des G ais- thaies in Steiermark unternommen und in dem dortigen Pfarrorte folgende bemerkenswerthe Alterthümer aufgefun- den habe : 1) an der Mauer der gothischen, im Jahre 1S39 erbauten Kirche fünf Steine mit römischen Inschriften aus Marmor. 2) In der Friedhofmauer ebenfalls einen Römerstein, welcher ungefähr 1 '/j Schuh hoch und 1 Schuh breit eine kleine männliche Gestalt mit einer Lanze in der Hand, mit einer baretartigen Kopfbedeckung und einem kurzen Kittel vor- stellt. 3) Unfern der Kirche ein altes, auf einer Seite 2 Stock hohes Haus mit der Jalireszahl 1538, vor welcher gleich- falls ein erst im Jahre 1855 aufgefundener Römerstein aus Marmor steht, der 2 Fuss hoch, 1 Fuss 10 Zoll breit und 6 Zoll dick ist und eine äusserst üppig geformte weibliche, mehr kindliche nackte Figur mit einem Schleier um den Lenden und einem hammerartigen Werkzeug in der linken Hand, dann ein Becken in der rechten Hand haltend, vorstellt. 4) In einem ebenerdigen Zimmer desselben Hauses einen grossen steinernen Tisch mit hebräischen Inschriften, welche von jüdischen, diese Gegend besuchenden Gästen eingekrazt sind. 5) In einem gewesenen Prunkzimmer des 1 . Stockwerkes, ausser schönen Tafeleien und Schnit/werken, ein geschnitz- tes Bild der h. Kummernuss. Letzteres schön gearbeitet und in prachtvollem, reichgeschmücktem Gewände stellt eine mit ausgestreckten Armen ans Kreuz geheftete , blühend schöne Jungfrau dar, mit einem langen braunen Barte, einer goldenen Krone auf dem, mit einem Heiligenscheine umge- benen Haupte, mit rothen Strümpfen und einem gelben, wie zum Herabfallen gerichteten Pantoffel. Die Füsse hängen übrigens frei etwas über einander gehalten. Von einem gei- genden Manne unter dem Kreuze war die Rede, aber wie es scheint, wurde er weggenommen. 6) Im Friedhof des Gais- thales befindet sich auch eine runde Grabcapelle mit einem unterirdischen Gewölbe zur Aufbewahrung der Knochen. Auf Grund dieses Berichtes besichtigte der Conservator für Steiermark Hr. J. Sehe ig er die angeführten Gegenstände des Gaisthales und legte der k. k. Central-Commission fol- genden ergänzenden Bericht vor:

Das sehr kleine Dorf Gaisthal verräth durch seine Kirche und durch ein gleichfalls mittelalterliches Herrenhaus sogleich ein höheres Alter. Ich besuchte vorerst dieses jetzt in Privatbesitz übergegangene Amtshaus, ein mächtiges, gemauertes Gebäude des 16. Jahrhunderts, welches von aussen ganz einfach, im Innern eine äusserst solide, dabei aber winkliche Bauart zeigt, im Ganzen wohl erhalten ist und zu dessen Bau theilweise weit ältere Steine, namentlich

zwei Säulen verwendet erscheinen, deren eine romanische Formen zeigt. Der überraschendste Gegenstand war das Bild der heiligen Wilgefort is (Kummernuss), über 3 Fuss hoch und in dem Macher'schen Berichte meist richtig und genau beschrieben, bis auf den Umstand, dass die Heilige wirklich noch beide gelbe Pantoffeln an den Füssen hat. Die Arbeit ist aus dem 17. Jahrhundert, vielleicht sogar etwas später, und mehr als schön. In unserem Jahrhundert wurde die Bemalung der Statue erneuert. Der amFusse des Kreuzes befindlich gewesene Geiger ist verschleppt und es war nicht zu eruiren, wohin er gekommen sei. Interessant ist der Um- stand, dass er nicht frei unter dem Kreuze sass , sondern in einer Art von Hütte oder Käfig.

Das von Dr. Macher erwähnte Prunkzimmer ist eigent- lich kein solches, wohl aber ein merkwürdig erhaltenes, wenn gleich sehr vernachlässigtes Wohngemach des 16. Jahrhunderts in voller Originalität. Das Deckengetäfel mit einem in der Mitte herabhängenden Zapfen, ein stark aus- geladenes geschnitztes und eingelegtes Holzgesimse einige Schuh unter der Zimmerdecke, die zierliche Thüre mit ihrer Einfassung und dem alten Schlosse, darüber auf drei höl- zernen Wappentäfelchen die Buchstaben V. K., dann A. P. und die Jahreszahl 1S96, endlich ein vergitterter Schüssel- kasten, sind recht wohl erhalten, ^ eines der Fenster (eigent- lich ein Spälifenster) hat noch die alten Pfennigscheiben.

Die Inschriften des steinernen Tisches scheinen aus neuerer Zeit herzustammen und sind nacli Aussage des Be- sitzers von durchreisenden Juden in unserem Jahrhundert eingegraben. Der Umstand, dass in der Umgegend von Gaisthal Höfe mit den alttestamentlichen Namen Moises, Abraham u. s. w. vorkommen, bestimmt mich, mir dennoch Copien dieser Inschriften zu verschaffen, die ich seiner Zeit einsenden werde.

Der Römerstein vor dem Hause (welches übrigens die Jahreszahl 1538 auf einer Schriftrolle zeigt) ist von Dr. Macher richtig beschrieben und dürfte der Hammer oder das Gefäss in der linken Hand vielleicht eine Blume vorstel- len. Wegen Erhaltung dieses Steines leite ich unter Einem die nöthigen Schritte ein.

Die Figur an der Kirchliofmauer ist St. Jakob , dem auch die Kirche geweiht ist, mit dem Pilgerstabe, eine sehr alte Arbeit.

Die an der Kirche eingemauerten 5 Römersteine sind in den Mittheilungen des liistQrischen Vereines für Steier- mark, I. Heft 1850, pag. 59—64 vom Pfarrer Knabe! aus- führlich beschrieben und gewürdigt.

Das Kirchengcbäudo selbst, ziemlich gross, besteht aus einem älteren Preshyterium und dem neueren Schiffe . wel- ches aber dennoch älter sein dürfte, als die ander Aussenseite

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angebraclite Jahreszahl 1539. Die zwei Fonstcr tles Schiffes (an lUr Wetterseite befinden sich keine) haben ein selten vDriioniniendes.aMtranerul ärmliches Masswerk. Sowohl in dem iiltei'en als neueren Theile der Kirche sind interes- sante Hippenträger, aussen am Tluirme rechts und links höclist i)i/.arre Figuren, die eine alTen-, die andere kröten- artig, deren nähere l'ntersuchinig aber der störende Regen veriiinderte. Ein (Jewölliscbluss am I*resl)vterium zeigt einen Christuskepf 1111(1 ;in denselben gedrängt einen Engel mit einer Sehriflrdlle. leider dick libertiincbt. Aussen am Pres- byteriiim ist sehr niedrig ein Fi^escogemäldc. Christus am Kreuze mit den beiden heiligen Frauen, angebracht, schlecht erhalten, danmler die Jahreszahl 1530. Im Inneren hat die Kirche nichts Merkwiii'diges.

Der Karner oder die l5otunde am Kirchhofe, westlich von der Kirche, ist höchst inerkwiirdig. Im Verhältnisse zu ihrem Durchmesser (iimen 12 Fuss und mit der Mauerdicke von 3 Fuss 2 Zoll, im (Janzen lölFnss) erscheint sie unge- wöhnlich hoch, auch ist der Eingang, eine einfache Thiire mit liundbogen, sehr iioch über der Erde angebraclit. und daher nur auf einer (neueren) Holztreppe zu erreichen. Das kleine Gebäude ist ein reiner Cylinder ohne alle Ver- zierung, mit einem einzigen kleinen, rund überwidbten Sei-

tenfenster und einer ähnlichen Offmnig in der (i Fuss brei- ten Altarvoilage. Diese Vorlage ist jedoch nicht ein an den C\linderban angeschlossener imd bis zum Fusse desselben reichender llalbrundbau, wie bei den meisten dieser Rotun- den, sondern ein auf einem Tragstein ruhender Erker, der in gleicher Höhe mit dem Fnssboden der Capelle vorspringt (migefähr wie zu Kunriiig in l'nterösterreich). Das nur hall) nnlerirdiscbe. bei der Höbe des (lanzen aber auch über den lliiri/.ont hinaufreichende Beinhaus. dessen Öffnung am Horizonte ebenfalls rund übcrv ölbt, sichtbar ist. birgt einen Reichthum von Schädeln, zu dem die Hewohner des kleinen Ortes mehrere Jahrhunderte coniribuirt haben müssen, es konnte daher nicht weiter nnlersucht wci'den. Das Gewölbe dieser dem heiligen Kreuze geweihten Rotunde ist ein neueres Kreuzgewölbe, statt des alten Kuiipelgewölbes, die Bedachung ein achteckiges spitzes Schindeldach.

Herr Pfarrer Knabel hielt dieses Gebäude für ein heid- nisches „Delubrum", obwohl keine Spur auf römischen Ur- sprung deutet, und die .Ähnlichkeit desselben mit den zahl- reichen romanischen christliehen Rotunden sehr augenfällig ist. \\'alirscheinlich wurde er zu dieser Hypothese durch den hier als .Altarfusstritt bclindlichen Römerstein verführt, den er auch in dieser Weise beschreibt.

Correspondenzen.

Wien. Zur npurlheilunu; des Wprfhcs und der Bodpulunjr der Bau- und Kunstdenknuile Osleneiclis ist es vor Allem nolhwendig, eine Übersicht des Entwickclungsganges der Kunstgcsehlclife in den einzelnen Kronliindcrn zu erhingen. Diese ist aher nur auf dem Wege einer areliiiologisehen Dureliforscluing der verscliicdcnen Gebiets- fheilp zu gewinnen. Von diesem Gesielitspunkle aus luit die k. k. Central-Conimission schon vor zwei Jahren die Noihwendigkeil aner- kannt. Bereisungen der einzelnen K ro n lii nd er vornehmen und die interessantesten Ohjeete aufnehmen und beschreiben zu lassen. Auf diesem A\ ege ist es der Commission bis jetzt gelungen, eine Charakteristik der Bauilenkmale zwischen der Drau u n d <I e r D o n a ii in l'ngarn, eine .Monumcntul-Slafislik der Insel Schutt in Ungarn, eine archäologische Würdigung der Kunstdenkmale der Stadt Salz- burg, eine Reihe von Aufnahmen über die hervorragendsten liaii- denkmale Siebenbürgens zu erhalten. .Ausserdem gelangte die Commission in dem Besitz von eingehenden Aufsätzen und Zeich- nungen über die BaudenkmaleBö hm ens, über die romanischen und gothischen Baudenkinale des V. Ü.-W. W. und des V. 0. W. W. in N ied er ÖS t erreicli , über die Kunsfdcnkmale von Steiermark, Sber mittelalterliche Bauwerke in der Lombardie und in Croa- tien. Bei dem bisherigen sehr günstigen Erfolg« ist die k. k. Central -Commission entschlossen, auf dem eingeschlagenen Wege fortzufahren, und auch in diesem Jahre Bereisungen einzelner Ge- bietslheile vornehmen zu lassen. Zu diesem Zwecke hat sich Prof. V. Eitelberger iiereits auf seiner Heise nach Italien naeh (' i v id a I e begeben, um über die dorfigen Kunstwerke Studien anzustellen; in derselben Absicht wird die k.'k. Central-Commission den Architekten Lipper t beauftragen, im Einverncihmcn mit dem Conservalor Herrn G. Frelberrn v. Ankershofeji während des Sommers Kärntbcn zu bereisen unil 'der Conservalor A. .Stummer in Znbor bat die Absicht ausgesprochen, in diesem .lahre gleichfalls einen Tlieil des

die Resultate der Reise wie die von ihm ausgearbeitete Monumental- Statistik der Insel Schutt in einem grösseren Aufsatze der k. k, Central-Commission vorzulegen. Weitere Entschliessungen über Auf- nahmen von Bau- und Kunstwerken, nauienllieb über jene von Tisch- nowitz, und Treliie in Mlihren. hat sich die Commission noch vorbehalten.

^Vien. In Folge einer Einladung des Herrn Präses der k. k.

Cenlial-Ciimmission wird der hoehwiirdige Conservalor aus Cöln, Herr I'\ Bock, eine ausführliche und von Zeichnungen begleitete Beschreibung der sehr merkwürdigen Domschätze zu Gran, Prag und Monza ausarbeiten, welche in den Publicationen der k. k. Cen- tral-t^immission zur VerölTentlichung gelangen werden. Gegenwärtig liegt bereits die interessante Beschreibung des Domsrhalzes zu Gran vor, wozu durch Professor llicser und .\rcliilel>leu Zimmermann die erforderlichen Zeichnungen geliefert werden.

Wien. Die unter dem Privatpatronatc der Gutsinhabung Grafen v. Kolonits stehende Pfarrkirche zu Jed ens p eigen in Niederösterreich ist für die aus 804 Seelen bestehende Pfarrbevöl- kerung viel zu klein, indem sie nur 300 Menschen fasst, während ein Raum von (iOO Personen erforderlich ist; dieselbe bedarf daher nothwenilig einer Erweiterung. Das Kirchengebäude besieht aus zwei 'Iheilen: dem Presbvterium. welches im golbiscben .Style er- baut ist und dem Schiffe, das Ende des XVII. Jaiirhunderts mit vielen Verunstaltungen und Verunzierungen dem Ersteren angebaut wurde. An den Ort knüpft sich selbst ein besondere; geschicht- liebes Interesse, indem am 2fi. Au!;usl 1278 in dessen Nähe der Entsebeidungskampf zwischen Kaiser Rudolph von llabsburg und dem Könige Ottokar von Böhmen stattgefunden bat. Auf .Ansuchen

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des hocluvüi-digen Pfiirrers der Kirclie Herrn J. U e i ss,l e i t li ne r beschloss das hohe Ministerium l'iir Cultus und Unterricht nach dem Projecte des Architekten F. Sitte ei-nen Erweiterungsbau vornehmen zu lassen, wornach der alte Bau reconstruirt, der neuere Anbau mit dem allen in Harmonie gebracht und allen Erforder- nissen der local- kirchliehen, der künstlerischen und patriotischen Momente entsprochen werden soll. Der Erweilerungs- und Restau- rationsbau wird im gothischen Style ausgeführt. Die Kosten des Projectes belaufen sich auf 1(5.705 fl. und sollen im .Samm- lungswege grossentheils aufgebracht werden. Die k. k. Central- Conimission hat sich von ihrem Standpunkte aus für das slylge- niiisse und gelungene Projeet des Architekten Sille ausgesprochen.

Wien. Bei dem Bestreben der k. k. Central- Commission, für die Erhaltung der Denkmale Sorge zu tragen, halte ich es für meine Pflicht, in dem Folgenden die Aufmerksainkeit auf den Zustand der römischen Inschriften und ihre Anhiiufung in Nieder- Osterreich zu lenken.

An der Donau und am Khein , der C.renze des alten Weltreiches, wo, wie bekannt, schon so viele Monumente gefunden wurden, kommen solche noch immer zum Vorschein , und hei uns ist es besonders P e t r 0 n e 1 I , das alte Carnunt , welches durch die vielen dort ge- fundenen römischen Überreste seine einstige Grösse bezeugt.

Dem k. k, Conservalor , Freiherrn Ed, von Sa c k e n , gebührt das grosse Verdienst, zuerst an Ort und Stelle diese Denkmale be- schrieben und In den Silzungs-Berichfen der Akademie der Wissen- schaften (November 18ö2 und Juli 1853) veröffentlicht zu haben. Der Freund der Geschichte wird gewiss beide Schriften mit voller Befriedigung lesen und froh sein, dass endlich auch das kleine österreichische Pompeji an der Donau seine Feder gefunden hat,

(jegenwiirlig werden in Pelroneli noch jährlich bei lÜO Stück römische Kaisermünzen in Bronze und Silber (von Goldmünzen ist mir seit 18 Jahren nicht eine einzige vorgekommen), mitunter auch eine griechische, eine bis zwei Inschriften , meist Altare oder Grab- steine , dann irdene Lampen und Kleinigkeiten aus Bronze, auch ge- schnittene Steine, gewöhnlich von untergeordnetem Werth gefunden. Auch kommen Schmucksachen von Silber und Gold nicht selten vor.

.\us diesen Funden liesse sich nun eine ganz anstündige Samm- lung anlegen , allein es ist jetzt die Pflicht der Organe der Central- Commission, Alles, was historischen oder Kunstwerth hat, für das Museum des Landes zu erwerben, damit es erhallen und würdig auf- gestellt. Jedem zur Einsicht und Belehrung dienen könne. Münzen und kleinere (jegenstiinde sind von durchreisenden Fremden oder Alterthumsfreunden aus der Umgegend bisher gern gesammelt, aber selten systematisch geordnet worden, sondern werden als „echtes und rechtes Allerthum" in eine Schaclilel gesteckt. Mit den Inschriften, welche sie selten lesen konnten und die auch schwer zu transportiren waren, hatte es ein anderes Bewandtniss. Früher wurden sie, wenn sie nicht etwas besonders Auffallendes an sich trugen oder sich nicht zu- fiilligJemand ihrerannahm, beim Wasserhau verwendet und als Material /.um Schulz des Ufers in die Donau geführt; und erst seit dem Jahre 1841!, als icli die noch übrigen im (')rle iisammenkaufte, sie spater dem k. k. .\ntiken-Cabinet übergab, und die Leule sahen, dass mit solchen Dingen auch etwas zu verdienen wiire, wurde alles, was von Inschriften vorkommt, sorgfaltig geschont, dabei aber auch die Lust, es so Iheuer als möglich zu verhandeln, rege gemacht. Mehrere, zum Glück nicht sehr Jiicrkwurdige, sind , wie bekannt, zu Petronell am herrschaftlichen Schüttkasten eingemauert und wurden, wie ebeiifalls bekannt, beim Anschiessen der Kugelgewehre als Zielpunkte gewählt. In ähnlicher Weise verfuhren die Leute in Siebenbürgen. Dort nennen sie sich stolz die >'achkommen der Röjnor, und jede alle Mauer und jedes Feld, wenn man darum fragt, heisst hei ihnen Trajanski- grad oder Trajanskiprat ; linden sie aber eine Inschrift oder Sculplur, besonders wenn es weisser Marmor ist, und es ist nicht gleich Jemand II.

da, der es ihnen recht gut hezahll, so brennen sie Kalk daraus, weil der Kalk aus diesem Marmor gar so schön weiss macht. So war es in Siebenbürgen , welches aber an die Türkei grenzt und nicht an Baiern oder an Preussen. Man sieht es diesen Selchküchen von Häu- sern, diesen unreinen Behältnissen gar nicht an, dass ihre Bewohner mit dem Kalk solchen Luxus treiben. Ich selbst habe im Jahre 185"i in Gredistie (SnrmingeihnKa) eine sehr interessante Inschrift, aber nur mit Hilfe der k. k. Gensdarmerie vom Feuertode gerettet, sie nach Orsova und dann zu Wasser nach Wien bringen lassen. Es verdienen daher der Pfarrer Herr J. Aekner und alle jene Sammler, welche dort den vielen Verwüstungen Einiialt gclhan, ein um so grös- seres Lob für die Denkmale, welche sie im Laufe der letzten Jahre gerettet haben. Besser wird in Dalmatien damit verfahren; dort liegt wohl bei den bedeutenden Ausgrabungen manches Stück seit Jahren auf demselben Fleck unter freiem Himmel, aber es wurde, so viel ich erfahren hatte , nichts muthwillig zerstört. Dass es dort noch an Raum fehlt, alle diese (iegenstände unterzubringen, ist zum Theil durch die Armuth des Landes zu entschuldigen.

Zahlreich sin<l die antiken Monumente, welche bei uns im Kreise U. W. W. aufgefunden wurden; denn von Petronell allein zählt Frei- herr v(m Sacken bis zum Jahre 1853 71 Inschriften, dazu kommen noch die Meilensteine von S c h w ec h a t und 1 nz e rs do r f und .Alles was sich in Brück. Neunkirchen und anderen Orten vor- findet, dann sechs neuere Funde (deren Inschriften ich für die Mit- theilungen in Bereitschaft habe), nämlich : ein Grabstein in L a n z e n- d 0 r f , einer in M a r g a r e t h e n am Moos, zwei in Petronell und zw ei die von Petronell nach H a i m b u r g geschleppt wur- den. Dies alles zusammen ist schon eine ganz respectable (beschichte in Stein aus der Römerzeit.

Der grösste Theil dieser Monumente ist bereils im Besitze des k. k. Antiken-Cahinets und es wird von dieser Seite durchaus nichts versäumt, was die Erwerbung und die Erhaltung solcher Gegenstände anbelangt; allein Eines fehlt, und das ist der Raum, um alle diese merkwürdigen Zeugen der Geschichte unseres Landes so aufzustellen, dass die Wissenschaft in weiteren Kreisen auch einen Nutzen daraus ziehen kann. Eine ganze Reihe römischer .Meilensteine und viele andere Inschriften, in der nächsten Umgebung Wiens gefunden, sind an einem dunklen, fast unzugänglichen Ort aufbewahrt und warten dort, um das dritte Mal das Licht der Welt zu erblicken. Mit aller Muhe und Sorgfalt hat man schon versucht sie an verschiedenen Orten aufzustellen , und ich muss gestehen , dass der geiren- wärtige Ort, ein unterirdischer Gang im oberen Belvederc, noch der beste für ihre Erhaltung ist; sonst sind sie aber dort so gut wie begraben. Zu enge ist der Raum im Bau des grossen Eugen von Savoicn schon seit geraumer Zeit, und wenn wir es auch nicht bemerken wollten, so mahnen uns schon unsere Nachbarn, beson- ders jene im Norden, mitunter sehr empfindlieli, dass dies bei ihnen ganz anders ist.

Bei dem jetzigen regen Lehen auf dem (u-biete der Allcrthums- kunde dürften interessante Funde noch zahlreicher anrücken als bisher, und es wäre doch sehr zu bedauern, wenn die Residenz des österreichischen Kaiserstaates nicht Platz fände für diese Erin- nerungen der Vorzeit, die ein günstiges Geschick oder der Schooss der Erde treu bis auf unsere Tage bewahrt haben. Wien ist nicht mehr das alte Wien, es ist nicht mehr die Hauptstadt der öster- reichischen Erbländer, es hat einen gewaltigen Ruck gemacht und dürfte sich also auch in diesem Punkte wenigstens gleich stellen mit anderen Städten, die lange nicht jene Bedeutung haben als der alte Kaisersitz an der Donau, Ich habe weder ilen Willen noch das Recht, mich tadelnd über den bedauerlichen Zustand der .Auf- bewahrung unserer antiken Monumente auszusprcclien, sondern lege nur den vielseitigen Wunsch offen dar: dass nämlich in Einem G e b ä u d e, d c n V e r h ä 1 1 n i s s e n e n t s p r e c h e u il , die reiche Münzsammlung, die Vasen, Statuen, Inschriften und

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i;5,s

der i n t c r e s s a ri l <?. p r ji c li l i <; c und ;i u l li o ii t i s o he \Wi f f i' ii- sclimuek licr VI" rp;a ng en e II .1 ii li rli u n il e r t e verein ii;t werden miieliten. In einem M us eu ni würden sieh diese reichen Schütze gam anders ausnehmen als jetzt , wo sie in };elrennten Localcn untergebraclit sind. Man sagt: „wer anklo])ft, dem wird aufgelhan," wenn er anders nicht etwas L'nbillij;es verlangt, und das Verlangen nach einem Museum für Wien dürfte «olil nicht zu unbescheiden sein. Schon regt es sich in diesem l'unkte in den Provinzen {.'cwalti^'. auch l*rivatsaininlun};en, die einen sehr respectablen Kanj,' einnehmen, entstehen, und doch ist die Erwer- bung des Merkwürdigen für eine Provinzsamnilung, nocli mehr aber für einen Privaten weil schwieriger, als für ein Central- Museum : denn wer einen Fund oder eine Merkwürdigkeit ver- kauft, denkt so etwas in Wien an) besten anzul)ringen, wer etwas verschenkt, gibt es gern dorthin, wo es von Vielen bemerkt wird. nicht aber in ein Privathaus oder selbst in ein ansehnliches Scliloss auf dem Lande. Und in dieser Hinsicht ist es jedenfalls von Nach- tlieil , wenn solche Funde nicht .ledermann sielithar aufgestellt werden können; denn der gemeine Mann, der den M'erlli des (be- fundenen nicht kennt, die Verhaltnisse nicht beurtheilen kann, glaubt, wenn er aus Neugier in die Sammlung kommt und ..sein Altertbum" ilnrt nicht bemerkt, es sei dasselbe weiss Cioll wohin und um welchen Preis weggegeben worden.

Ich erlaube mir nur noch etwas über den Platz für ein solches üebäudc zu bemerken. Der erste geeignete wäre am äussern Hurg- platz , wenn die Fronte des (iebäudes an die Stelle des Ein- gangs zum Volksgarten käme. Dasselbe konnte so gleichsam den rechten Arm der alten Kaiserburg bilden, ohne dass der Thcscus- Tempel beirrt werden würde. Der zweite wäre der gegen den chemahligcn Kalkmarkt vorspringende Theil des sogenannlen „Jesui- tcr-Hofes", wenn nicht schon für andere Zwecke darüber verfügt ist. leb gebe, wie gesagt, beide Orte nur so im flüchtigen Einfall an. Ob die Kosten vom Staate allein oder ndttelst freiwilliger Bei- träge bestritten werden sollten, müsste einer hühern Entscheidung vorbehalten bleiben.

Wenn wir dankbar bemerken, was seit liCopold dem Ersten, besonders aber in der kurzen Zeit der glorreichen Uegicrung Seiner .Majestät des Kaisers Franz .losepb an herrlichen Kauten entstanden , so müssen wir gestehen, dass die Schöpfung eines Museums nicht gar so grosse Anstrengungen brauchen würde.

ich lebe daher mit vielen Anderen in dem angenehmen (jedan- ken, an was immer für einem Platze, noch die Hallen durchwan- deln zu können, wo dann alles vereint ist. was die Erlauchten Vor- fahren des hohen Kaiserhauses mit Liebe gesammelt, und wo auch jene Denkmale der alten Welt aufgestellt werden können, von wel- chen so mancher unansehnliche Stein mit seinem

„lüVI OPTIMO MAMMI»- uns zuruft, dass der Mensch auf einen \Vahn nicht stolz sein darf.

A. W idter.

M(. Andrnp iii Kärii(«'ii. In Liezug auf die im Lavaiittliale neuestens in .\ngrifl genommenen Uaudcnkiualc i erdient vorerst die Restauration der Kirche St. Leonliard im Dber-Lavanttliale Erwäh- nung. Dieselbcstelitisolirt in der Entfernung von nicht ganz einer Viertel- stunde ausser der gleichnamigen Stadt am Abhänge eines Berges und ist mit einer einst verlheidigungsfähigen Ringmauer umgeben , inner welcher zahlreiche, aus vieisscm Sandslein gehauene Stufen zu den beiden Portalen des (Jotleshanses emporführen. Die Kirche ist ein Bau aus dem Anfange des vierzehnten Jahrhunderts im reinsten golhischcn Style gehalten, drciscliillig, mit erhöhtem MittelscIiilTe, im (^lanzen mehr als 27 Klafter lang, jedoch so. dass Chor und Langhaus sieh gleiehmässig in die Länge llicilen. Der an der West- seite um ein Dritlheil seiner Dicke vorstehende viereckige Tliurm, durch welchen eine spitzbogige, doch etwas kleine Eingangspforte

in das llotteshaus fidirt. weiset auf einen Jüngern Bau und ist, statt in seiner ursprünglichen Form, gegenwärtig mit einer schwerfälli- gen, mit Blech einircdeckten Kuppel saniint Laterne ausgeführt. Da sowohl dieser Theil dir Kirche im hohen Orade baufällig, ja Ein- sturz drohend befunden worden ist, als auch das schöne stark pro- lilirte mit \\ ind)ergen gezierte Seitenporlal theilweise unvollendet, da feiner die ganze inwenilige Kirelienw and. von den im hohen (irade sie \erunstalteiiden Anwiirfe und .Anstrich zu befreien ist, und die herrlichen (Ilasmalereien sämnitlielier den Süden zugekehr- ten Fenster des SeitcnschilVes und Chores zu restauriren und zu ergänzen sind, so wurde von der Kirchenvorslehung eine umfas- sende, harmonische und künstlerisch entsprechende Erneuerung oder Vülleniluiig dieser Theile heschlussen. Den Plan hierzu entwarf der. als Wiedererbauer des gegenwärtig grällich Henkel von Donners- markischen Schlosses zu Wolfsberg im ludor-StvIe sehr verdienst- liche Architekt .'\nton Bicrbaumer.

Funde an Liehäudereslen, Anticaglicn, .Münzen. \\ alVcn und Schmiicksaclicn wurden im Laufe des abgewichenen .lalircs nicht gemacht, vielmehr niuss man bedauern, dass die am .Schräge 1- liof ausser Wulfsberg bisher bewahrte Sammlung der alt-adeligen, und durch Kricgshelden besonders im sechzehnten .lahrhunderl aus- gezi'ii'lineten . Familie der Freien von Teufcnbaeh, bestehend in Küstiingen und Porträten, nach (iörz gewandert ist. An Kirchen- Paranienlen unddci'ällisehaften hohen .4lterlliiiins und seltener.Schön- heit bewahrt das im Thale gelegene Benediciiner-Stift St. Paul einen kostbaren sehenswerthen -Schatz, welcher jedoch fast gänzlich sich aus dem Stifte St. ßlasien im Sehwarzwalde herschreibt, den die Stiflsgliedcr hei ihrer Einwanderung im .lahre I.SO? mit so vielen anderen archivalis<'hen und bibliiigraphischen (gegenständen hierher nahmen. Die Stadt-Pfarrkirche zu Wolfsberg wie die erwähnte Kirche von St. Leonliard besitzen gothisch geformte au.s Silber gegossene Monstranzen mit gläsernen Cylindern und geschmückt mit Thürmehen. kraiipeii undKreuzblumen, saimnt ähnlichen Kelchen.

Das Besagte im Tudor-Style neu aufgeführte Scliloss zu \\ olfs- hcrg, welches alle Baustylc vom zwölften .lahrhundcrt herauf in sich vereinigte, nnd von dessen älteren Theilen die drei vorzüglichsten Thürme beibehalten und mit in den Bau einbezogen wurden, ist niinmelir vollendet und durch seine herrliehe Lage , beherrschend das schönste Thal des Landes durch seine (Irossartigkeit , durch seine sorgfältige Ausführung, und man kann sagen, königliche Aus- staltung im Innern, die Perle der .Schlösser und Paläste des Landes. Eine detaillirte Beschreibung läs.sl sich von der Feder des in den verschiedenen liauslvlen liefeingeweihten .\reliileklen li i c r b a u m e r erwarten. II. Hermann.

l'iNOkin Itöliinen* .\nno i:t!)G den2. Od. licss der römische und holimisehi' König Wenzel der IV. für sich das Bild der seligslen .lunglVau .Maria, die er in hesundcrn Ehren hielt, nach jenem, welches der Prager Erzbiseliof Johann \on Genzenslein in seinem Selilo.s.se zu Rnudnitz hatte, malen. Dasselbe Bild wird noch heutzutage zu Breznie inderSchlosscapellcdes Herrn Grafen vonK olow rat -Kra- kow sk y. auf dem llochallar aullieuahrt und verehrt. Es ist auf Holz gemall, schwarz auf lioldgiund. etwas über einen Schuh hoch und etwas weniger breit. Auf der Uüekseile ist folgende inschriri zu lesen: Hec imago gloriose Virginis Marine tlepict est pro sere- tiisxiini) priiieipr et Douiiiiu \'eiireslnii linmntiotim et lioi'iuie illiislrissimo rege ml siDiilitiiiliiiem imiigi.is. qiie liulietiir in Hiiiliiic, ijuum miiiclHS Liiciis /iropria mann ihpinxil. anno Do- mini laOti. Der Anfang der . Aufschrift . wahrschi'inlieh das Wort y/cc (nach damaliger Art), ist abgebrochen. Die Wörter: geri l'iirmi) sinil von der gohlenen mit Edelsteinen besetzten Krone bedcekl. aber näher betrachtet, gut zu lesen. Der .Maler ist unbe- kannt, vielleicht ist es die Meisterhand Diel ri ch's von Prag.

Bezdeka.

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Literarische Anzeigen.

Epiphaiiia, ein BeiLra? zur (•hnstJiclii'ii kii[isl-\rcli;liilogic

von Gcoi'i^ Za p p e r t. Aus dem Üclnber-llrltr des ,)iilir;^aiiges

1856 der Sitzungsberichte der k. Ai^ademie der Wissenschaften

besonders abgedruckt.

Einer AufTüideriinu' der Rediiction der Mittlieiliiiijjcii eiits|ire- eliend , gebe icli iiaelilulgend eine kurze Sell)s(iiii7,eij,'e meiner oben genannten Sebrill. In ilir versucbte ich einerseits, jenen bildenden Künstlern, denen etwa derartige Stndien abseits liegen, eine Ent- wickelungs - Geschichte der bildlichen Darstellung der beil. drei Weisen zu bieten; andererseits arcliäologisehcn Anforderungen zum Tliei! dadurch zu geniigen, dass ieh Nachweis zu geben anstrebte, in welcher innigen Weise .Schrift- und Kunstdenkniale sich gegenseitig stutzen und fördern helfen. Zu diesem Zwecke stellle ich den bildnerischen Einzelnbeiten stets die ihnen entsprechenden schrift- werklichen voran, worüber folgendes Seliema eine l'bersiebt der Gliederung des Ganzen gibt.

A. Sfliau|dalz. I. die Anbetung der Magier geht bei einem Iluuse vorsicli; ii) vor einem Hause, /<J im Innern des Hauses. II. Oder sie findet Statt in einem üiiillc, III. odei' in einer lliiliU'. (Italienische Künstler wühlen mi-ist I., deutsche meist 11. zum Schauplatze.)

II. Die lieil. JiMijsfrclii sitzt I. auf einem S/ciHC. II. auf einem Lehii- stiihle. III. auf einem Timme, \\\ ruht auf einer Mntle (letztere Dar- stellung manifestirt sieb als byzantinische).

C. Das Ciiristiiskinil I. liegt in Gestalt eines Säuglings a) in der Krippe; b) in einem Wiegenkorbe, cj in den Armen der heil. Jungfrau; II. SfVs.^ (schon im Wuchsthiiine vorgeschritten) in dem Schoosse der heil. Jungfrau ; III. S teh l a u f re c h t in dem Scboosse Mariens; IV. aj halt einen Brief oder eine Holle in der Linken, h) hat die Hechte segnend gehoben, cJ langt nach den dargebrachten Opfergeschenken u. s. w.

0. Der beil. Jiisepb erscheint meist in passiver Zuschaulichkeit.

E. Der .Stern. I. Erseheint als 5 12eckiger Stern; II. als Komet. III. Einige Kirchenlehrer sind der Ansicht, dass der Stern ein Enget gewesen sei, und so sehen wir in Kunstmalern diesen aJ im Ganz leib dargestellt: a) vor den Weisen einher schreitend, ß) über sie schwe- bend. •/) oder bereits hinter der beil. Jungfrau siebend, hj Der Engel ist im Hai bleib seliwcbend dargestellt. IV. Der Stern zeigt in seiner Mitte die heil. Jiiiigfiuii mit drm Clirisli/skiitfle.

F. Die Iiell. Welsen a) Ihre Zahl . Ii) ihre lyUrdc. u) Als Weise (Magi); hy Schriftmale bczeiebnen sie späterhin Ibeils wie früher als Magi aber allmählich auch alsReges; c) ausschliesslich als Könige dargestellt, r) LeibesgesluU. I. Altersunterschied: a) Alle drei als im gleichen Alter stehend, bartlös; h) zwei derselben. 11. Der Alters unterschied, veranschaulicht durch die verschiedene Länge des Bartes und der letzte der heil, drei Weisen meist bartlos. III. Leibesböhe: a^ gleich e, 6^ verschiedene. IV. Leibes fa rbe: a) Alle drei wc issfarbig, i^ einer von ihnen (meist der letzte) seh warz- farbig (diese Darstellungsweise scheint zuerst in Italien sieb ein- geführt, und von dort, vorerst mit Übergebung Mitteldeutschlands, in den Niederlanden Nachahmung gefunden zu haln'u. A) Trnchl der heil, drei Weisen. 1. Kopfbedcku n g : «^ phrygische Mütze. (Aus- nahmsweise sehen wir sie barhaupt dargestellt; eine V\'eise die sich aus dem wiederbelebten Studium der Antike erklärt.) //^Persische Kegclmütze (byzantinisch), cJ Krone: «) alle drei in gleichförmiger, ß) in verschieden geformter. <J Nimbus. Kunstmale folgen hierin nur in seltenen Fällen Schriftmalen, welche vom XII. Jahrhundert an häulig „beali" ihrem Königstitel vorsetzen. II. Gewandung: n) In alt-christlieher Zeil in phrygischer; b) in nach alt-cbristlieher meist in königlicher; c) alle drei in gleichförmiger, oder ein jeder der beil.

drei Weisen in einer durch Farbe. Slofl oder Zuschnitt u. s. w. sich von der des andern unterscheidenden Gewandung. III. Fuss- bekleidung. Zuweilen mit Sporen, e) Slellinig. I. Vom IV. XIV. Jahrhundert meist links dem Beschauer. II. .\u-nuhm$weise rechts.

III. Die Gruppe der heil, drei Weisen t b e i 1 1 sich um die in der Mitte thronende Himmelskönigin, in eine rechte und linke. IV. Profil- Stellung. V. Heibefolge. VI. Auf g I e i c h e r Fusslinie oder pyramidal gestellt. VII. Aufrecht. VIII. (le bückt. IX. Mit ..ngc- deuteler Kniebeugung: aJ der Vorderste im Ijegrill nieilerzuknien; bj derVorderste undMittlere. X. Knicend.o^DerVurdcrste: o^aufeinem Knie, ßy auf beiden knieend; Ä) der Vorderste und Mittlere (auf einem Knie), vj Alle drei kniend. XI. Körper h endung. a) .Wie drei dem Christuskinde zugewendet, bj der Mittlere dem Letzten u. s. w.. i-J der Mittlere sieht aus dem Bilde u.s. w. XII. H a n dbcw egu ng. bj (In der Druckschrift ist irrtbümlich ein b statt eines o gesetzt, und desshalb ersteres auch hier beibehalten.) Eine Hand zum Stern empor gehoben: aJ die des .Mittleren der heil, drei Weisen, ^J die des Letzten; cJ mit einer Hand iju BegriHe die Kopfbedeckung sich vom Haupte zu beben; et) der Mittlere ßj der letzte der heil, drei Weisen ilj die Hand aufs Knie gestützt: aJ der Mittlere ßj alle drei der beil. Weisen in dieser Position, ej Der Knieende stützt mit seiner Hand die Füsschen des Cbristuskindes; XIII. oderküsst ihm das Hand eben: XIV. oder das Füss- chen (meist in Darstellungen (lorentiniscber Schule), f) (le/ässe. l. Die beil. drei Weisen bringen ibreOpfergesehenke dar: a) in strauss- förmigen Gcfiissen; b) in cylindrischen Ilochbüchsen. II. In Becher- förmigen, a.ß.-j. etc. III. a)lnOpfersehalcn artigen Schüsselcben. b)in liauchigbeckenförmigcn Schüsseln ; c) inFlachsehüsseln. 1\ . InKörben. V. In viereckigen Kästchen. VI. In hornförmigen. VII. Alle drei der beil. drei Weisen in gleichförmigen. MII. In bedeckten u. s. w. IX. In von einander sich unterscheidenden Gefässen(in meiner eben erschienenen Schrift: Wien ältester Plan, ging ieh p. 23—29 über derartige Gcfässe des Nähern ein), s) Die Geschenke. I. Klein-Hunde: nj in dem Gefässe des ersten der heil, drei M'eisen; bj in dem des Mittleren und Letzten. IL Gross-Kunde; a.b. c III. Sie bringen ihre Kronen dar. h) DieÜcisc- thiere der heil, drei Weisen. I. Heit- und Lastlbiere: uj Kamele, bJ Pferde. IL Luxus-Thiere, wie z. B. All'en und Pfauen.

Würden Gelehrte (wozu sich selbstverständlich nicht die aller- entfernteste .4ussicht bietet), würden arcbäologischgelelirte Kunst- kenner sich über ein allgemein giltiges Schema zu verständigen vermögen, so könnte man zum wahren Heile christlicher Kunstarebäo- logie , eine Unzahl von Worten ersparen, und es würden FaehmUnner das archäologisch (zum Theil auch künstlerisch) Ilauplsäehliehe einer Kunstdarstellung, kurz und scharf in Buchstaben und Ziflern sich zu signaüsiren vermögen, und die im Schema nicht bedachten Fälle durch llinzufügung einiger Worte sieh verständigen. So würde z. B. die Darstellung der heil, drei Weisen im Klosterneuburger Antependium etwa durch folgende Heihe bezeichnet werden können:

A I a. B II. (' 11. 111 c. —EI. achteckig. F li c. r A IL c b

IV. tl I t' ,S (1 1 f II. s. w G. ZappcrI.

Der z w e i t e Bund des „J a h r b u c b e s d e r k. k. C c n t r a 1 e 0 m - mission. dessen Hedaction dem Commissions-Mitglied" Ministerial- jSecretär Dr. Gust. Heider übertragen wurde, belindet sich bereits unter der Presse und dürfte im Herbste laufenden Jahres erscheinen. Dieser Band wird, reich mit Illustrationen verseben, folgende. •\ufsätze enthalten: i) Mittelalterliebe Bauwerke in Salzburg \on Dr.t^i. H eid e r. 2) Die Colonien und inilitärisehen Staiidlager in Daeien von M. J. Ackner. 3) Mittelalterliche Kunstdenkniale des Y. O.W.W, von Dr. F. W. von Sacken. 4) Die Glasgemäldc des XIV. Jahrhunderts

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aus Klosleinpiibtiijj von A. Camesina. ä) L'hcrsicht der mittel- Siegel der (irafen Artois mit zwei Abbildungen. Die Abtiieilunfj allcrlicheii Kunstdenknialc in Steiermark von dem standiselicnAreliiio- „Melanies et Nouvelles" brinffen nun die Abbildunj; des Knopfes logen in Gratz E. Haas. 6) Eine Abhandlung^ über Cividale von von dem merkwürdigen Leuchter in Mailand, welcher der „Baum R. von Eitelb c r gc r und 7) die ßeschreihung des Üomschatxcs zu der Jungfrau" genannt wird und wovon schon im XIV. Band der Gran v. F.Bock. Ohne Hinzurechnung des officicllen Theiles wird ,\nnalen Bruehstüeke verölVentlieht wurden. Von den übrigen Nofi- dieser Hand den l'mfang des ersten weit überschreiten. zen heben wir jene über die Ornanientirung an bürgerlichen Ge- bäuden und die „Abbes vdu Berlin'' hervor. Eine sehr umfassende Bibliographie heschliesst ilcnliihalt der beiden hier angezeigten Hefte.

Von Didron's ..Anjiales a r eh e olog i que s" liegt uns die sechste Lieferung des XVI. liaiides (November u. Deecniber ISIiG) und die ers t e Lieferung des XVII. Bandes (.Tiiniier u. Februar 1807) zur Anzeige vor. Das November- und Deecmber-Ileft beginnt eine grössere und vielversprechende Arbeit über „Glocken" von Abbe Barraud mit der .\bbildung einer Glocke des XIII. Jahrhunderts aus der alten Stiflskirelie zu Moissac. Das erste vorliegende Capitel handelt über die Existenz und die verschiedenen Gebräuche der Glocken im .\lterthunie. Wenn es der Raum unserer Blätter gestattet, haben wir die Absicht nach vollendeter Veröffentlichung der.Xbhandlung und mit Uücksiebt auf den fast gleichzeitig imFehruar- Hcfte der „Kevue de l'art chretien" erschienenen Aufsatz über die Glocken von Abbe J. Gorhiet, darauf in einem besonderen Aufsatze zurückzukommen. Hierauf folgt von Didron eine Beschreibung sehr nierkwürdigerDarstellungen auf deniFussboden derKathedrale zu Siena mit der .\bbildung eines Stück Pflasters das „Glücksrad der Fortuna" vorstellend, und soilann eine .Abhandlung über die Siegel der „Grafen .\rtois von Despanys des Bas." Die Abtheilung „Melanges et Nouvelles" enthält eine Notiz über den Kirchenschatz zu Mailand mit der Abbildung und Beschreibung eines kleinen trag- baren und wie es seheint, dem XI. Jahrhundert angehörenden kupfer- nen We ihk essel s , welcher zu den archäologisch interessantesten Gegenständen dieses Schatzes gehört. Er ist von runder, länglichter Form und an der äussern Fläche in starker Reliefarbeit dargestellt die heil. Jungfrau mit dem Jesukinde sammt den vier Evangelisten. Eine ausführlichere Beschreibung steht noch zu erwarten. Von den übrigen Notizen dieses Heftes heben wir jene über einen Almosen- stock in Gestalt eines l'elikans und über die Beleuchtung der Kirchen im XIII. Jahrhundert hervor. Das Jünner- und Februar-Heft des laufenden Jahres beginnt mit der interessanten .\hbiUlung eines Teppiehes des Museums Cluny aus dem XVI. Jahrhundert, dann folgt eine .\bhandlung, betitelt: „Ikonographie der Schlösser" von Didron, wovon der erste .\rtikel vorliegt. Bemcrkcnswerth sind die folgen- den einleitenden Worte mit denen Didron die Abhandlung und den neuen Jahrgang eröffnet: „Die Sammlung der .\nnalcn, welche in diesem Augenblicke sechzehn Bände erreicht und die beinahe alle Zweige der kirchlichen Archäologie des Jlittelaltcrs umfasst, hat uns das Recht erworben und legt uns selbst von Zeit zu Zeit die Pflicht auf, auch Gegenstände der Civil-.4rchäologie zu besprechen. Wir müssen mit Gott anfangen und ihn in unserer Jugend und unscrn ersten Werken heiligen. Diese Ohliegcidieit haben wir erfüllt mit grossem Eifer und vielleicht auch mit einigem Erfolg. In unserem reifen Aller und schon an der Neige des Lebens wird es uns aber auch gestattet sein, einige Blicke zu werfen auf den Menschen, seine Vorzüge und seine Leidenschaften, auf die weltlichen Ideen und seine rein irdische Kunst. Uberdiess wird auch diess wenn auch indi- rccte für Gott sprechen, weil der Schöpfer zurückstrahlt in seiner Crcatur, wie das Licht in einem Spiegel mehr oder weniger getreu." Hieran schliesst sich eine zweite ikonographische Arbeit, nämlich die Beschreibung der dem XHI. Jahrhundert angehörenden Krypta bei der Kathedrale zu .\nagni mit ihren sehr inleressantcn Fresken, von X. Barbier de .MnnlauU und ein zweiter Aufsatz über die

Es sind ungefähr zehn Jahre, dass L. Perret, ein Künstler voll Verehrung für die allen Monumenle des t^hristenlhums hinab- stieg in die Kalakoinbcn von Korn. Die Majestät dieser ungeheuren Ge- wölbe, das Interessante der Malereien, welche heinahe alle Wände der mit mehreren Millionen tiräbern angefüllten Friedhöfe bedecken, und wo durch mehr als drei Jahrhunderte der erhabene Cultus des Christenlhunis Zuflucht fand, haben ihn mit Bewunderung erfüllt. Durch fünf Jahre hat L. Per ret die Kalaknmben beinahe nicht ver- lassen, er hat sorgfältig untersucht die grosse Zahl von sechzig Friedhöfen, die Rom wie ein unterirdischer Gürtel im Umfang meh- rerer Meilen umgeben, er hat untersucht die Todtensäle. Capellen. Sanctuarien, die Gräber dieser ungeheuren Gallcrien, deren Länge durch den lielehrten P. Marchi auf mehr als 1200 Kilonietres bestimmt wunle. Nach vielfacher Mühe, Geduld und .\usdauer soll er mit einer sehr glückliehen Manier die Malereien, welche die Costüme, Gebräuche und Symbole der ersten ('hristen wiedergeben, angefertigt und den L'hergang der heidnischen zur christlichen Kunst veranschaulicht haben. Die Zeichnungen sind nun gegenwärtig zu Paris in einem grossen Werke unter dem Titel „Catacombes de Rome. Architecfure, peintures murales, inscriptions, figures et synd)oles des pierres scpulcrales, verrcs graves sur fond d'or, lamp, vases anneaux. Instruments etc. des cimeticres des premiers chrctiens par L. Perret" veröffentlicht worden. Dem Werke ist ein streng historischer Text, welcher eine klare Beschreibung der Ortlich- keiten und Gegenstände gibt, beigegeben, für deren Wahrheilstreuc die Namen .Ampere, Ingres, Merimee undVilct bürgen; die Inschriften wurden geordnet durch M. Leon Renier, einem der ersten Kpigrai>histen Frankreichs. Das Werk ist in t! Bänden (Gross- Folio) erschienen. Preis 1300 F'ranken.

Auf dem Gebiete der Kunstgeschichte und .Archäologie sind in letzter Zeit in Frankreich neu erschienen: Lc livre des usaiges etanciennescoustumcsde la Conte de Guysncsavcc une intro- duction et des notes par M.Tailliar conseiller ii la cour de Donai et un aperfu histori(|ue sur lc comte de guincs par .M. Courtois avocat etc. In 8. 'i'i Francs. R eprodu c t i o n s p ho tog ra hi ques de plus beaux t\pes d'archilecturc et de sculpture, d'apres pres des monuments les plus rcmarquables de l'antiquile du moyen-:\ge et de la renaissance, cxecutcspar MM. Bisson fr&res sous la direction de MM. Dnban, de Gisors, IL Labroustc, La ssus, Lefuel, Vaudover Viollet - le-Duc etc. Livr I ä 12 in Folio, Prix de la livraisnn '.iO Francs. Lagoy: Reeherches sur l'cxpli- catinn de monogrammcs de quelques medaillcs ineditcs des derniers temps de l'cmpire d'Occidenf et ilc l'epoquo mero- vingieniie. Aix 185(>, 4". Judas: Nouvellc analysc de l'in- scriplinn iihcnicienne de Marseille Gr. in 4.39 p. Lavergue. Restauration de l'eglise Saint Eustache Mubilier, dccoralion, pei[iture, murales. In 8. 34 p. Paris impr. Bailly. Diory et Comp. Texier Dictionaire d'orfcvreric, de gravure et de ciseluro chretienncs, ou de la niise en oeuvre artisti(|ue de Metaux des emaux et des picrrerics, comprenant ccc. Gr. in 8" ä deux colonnes, 748 p. et figures. Petil- .Montrouge Mignc. 8 Francs.

Aus der k. k. Hof- und Staatsdiuckcrei in Wien.

Je<Ua Monat erscheint ! Hofl mit iniDilestens 3 Druckbog'en und mit

Abbildungeu. Der Priinunieratioiispn-is ist für finen Jiihro:ang oiler /.wwlf Hefte nebst Register sowohl für Wien jlsdie Krouluiiiler und ilai> Auilaiu] i rt. C. M., bei portofreier 7.tist-D()uDg in die Kronländer der österr. Mooarchie*«. '>01;r. CM.

MITTHEILUNGEN

DER K. K. CENTRAL- COMMISSION

PränuiDfratioatfO überoeh- nifO liiili- oder gaotjahrig allek.k. PüSlämlfrder.Moüirchie, ■***lcbe auch die portofreie Zukeodung d^r viiiei;iDeii Hefle besorgen. Im Weje de» Uuch- haodeU &iad alle Priuumrratianeu nod zwar our zu dem Preis« toq 4 fl. ao des k. k. Hoftiuchhäadler W-Br-tiimrilliT in Wien lu nchiea.

ZU mmmE m mmm der b\iüe\k]iile.

flerausiteffebcn unler der Leiluiii' des k. k. Seclions-Cliefs und Präses der k. k. Cenlral-Coniiiiissioii Karl Freilierrn v. rzoeriiiir.

Redacteur: & a r I Weiss.

N^-6.

IL Jahrgang.

Jlllll lHo7.

Inhalt: Über den Weith vonGi-ab(loiiknialcn und ihren Inseliriften. wie ancli über die Anlei,'ung eines Corpus Epitapliioruni Viiidobonen- sium. AusAnlass von fünf Grabsteinen im Franciseiinerkloster zu Neustadtl in Unlerkrain. Die ungarischen Reielisinsignien. Inventarium der Pressburger Domkirchc. A. Abbate Magrini über die Chronologie der mittelalterliehen Baudcnkmale von Vicenza. Die romanischen Kirchen zu Zabor und St. Jakob in Böhmen.— Pamätky archaeologicke a nii'stopisne. Xotiz. Correspondenzen. Literarische Anzeigen.

Über den Werth von Grabdenkmalen und ihren Inschriften, wie auch über die Anlegung eines

Corpus Epitaphiorum Vindobonensium.

Aus Anlass von fünf lirabsteinen im Fraiiciscanerkloster zu Neiistadtl in Unterkrain.

Von Joseph Bergmann.

I.

Grabdenkmale und Grabsteine mit ihren In- schriften zälilt man mit vollstem Rechte zu den verläss- lichsten Hilfsquellen der Geschichte. Jene sind zudem Denk- male der gleichzeitigen Kunst und Technik; diese geben uns, wenn sie lesbar erhalten sind, mehr oder minder bestimmte Namen undleiderso oft allzu karge Daten über einzelne Per- sonen, ihren Rang und ihre Wirksamkeit im Staate, in der Kirche und in der bürgerlichen Gesellschaft, und über ihre Familien, ihre Herkunft, Vermahlungen und Abzweigungen. Derlei Inschriften ergänzen anderweitige mangel- oder lückenhafte Angaben, berichtigen Irriges, führen alte, ehrwürdige und verdienstvolle Namen ins Gedüchtniss zurück, geben manchmal neue Kunde von verschollenen Per- sonen und rufen weitere Forschungen hervor. Besondere Beachtung verdienen daher solche Denkmale und Inschriften aus früheren Jahrhunderten, indem man keine, oder nicht sorgfältig geführte Todtenbücher hatte oder dieselben zu Grunde gegangen sind. Als Belege mögen dienen die fünf Grabsteine im Franciscanerkloster zu Neustadtl in Unterkrain, von denen Copien der k. k. Centralcommission eingesendet wurden; nämlich die Grabsteine der beiden letzten alttirolischen Vill anders, des Oberstfcldhauiit- manns Hanns Lenkowitsch, Georg's von Sigisdo rf, Christoph's Gall von Gallenstein und der Fann'lie Rah, über die wir die gesammelten Notizen später mittheilen wollen.

II.

Wie viele solcher Denkmale und Inschriftsteine— abge- sehen von den noch entfernter liegenden Rümersteinen sind im Sturme der Zeit, wenn auch nicht gerade durch Ele- mentarereignisse, doch durch Abtragen, durch Um- und Neu- bauten von Kirchen und Capellen, durch Unwissenheit und Sorglosigkeit der späteren Generationen zu Grunde gegangen oder von Füssen schonungslos betreten, ganz unleserlich geworden?

Wie alles Irdische wechselt und vergeht, so wechseln auch oft einzelne Menschen undFamilien, ganze Geschlechter und Volksstämme freiwillig ihre Wolinsitzc oder auch aus Interesse oder gar nothgedrungen; sie suchen andere Stätten in demselben Lande oder in der Nachbarschaft, häufig auch in der Ferne und treiben in der neuen Heimat entweder frische Sprossen und blühen cin[ior oder erloschen. Wir kennen in unserem Osterreich zahlreiche Geschlechter des hohen und niederen Adels, deren Ahnherren schon vor mehreren Jahrhunderten eingewandert sind, so aus dem übi'igen Deutschland, vornehmlich ans dem südlichen und den Rbeinlanden, aus Italien, den Niederlanden, Frankreich, aus Spanien, von denen aus der Zeit Kaiser Ferdinand's I. noch allein die (>ralen von Hoyos aus altcastilischem Blute in verdienten Ehren blühen; ja aus Portugal, wie die Grafen von Göess und Sylva Tarouca. Dagegen wan- derten nicht wenige altheimische Familien zur Zeit der Hcformaliim und Gogenrcformafion aus (tsterreich, Inner-

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OsteiTüich und IJLiliineu aus, wie uns nicht allL-in die geschrie- bene Geschichte lehrt, sondern ;nuli mancher Grabstein in Regensburg, Nürnberg, Augsburg, Tübingen etc. I)ezeugt. Herzog Friedricii von Wiirtemberg legte für protestantische Exuhuiten aus Inneri'isterreich im Jain'e lö!)9 auf einem an Silber-, KujitVr- und Eisenerzen reichen Berge iniScInvarz- walde Freudenstadt als Coloiiie an, welche anfangs schnell auf])lühte, aber durch die Pest (ICH) und im dreissigjahrigen Kriege (1632 und 1034) sehr viel litt. Dürfte man nicht daselbst und in der Nähe innerüsterreichi- sclie. l)esonders Kärnten'sche Familiennamen fiiidon? Ferner lindet man Grabsteine ausgewanderter österreichischer Fami- lien in Dresden und anderen Residenzen deutscher prote- stantischer Fürsten, da viele Adelige unserer Lande in deren Diensten standen und starben. Der Kürze halber seien mir für jetzt weitere Belege erlassen.

Wie viele Grabsteine mit den ersten Namen des Vater- landes lesen wir auf den alten Jlonunienten und Sdirift- tafeln in unserem Wien? Zahlreiche aussorheimisehe Namen weisen auch die Grabmale in den Kirchen der Besi- denz. Grosse Männer haben durch ihre Thaten und ihre Verdienste um's Vaterland dafür gesorgt, dass sie nicht sobald aus dem Gedächtnisse der Nachwelt schwinden. Wo ruhen aber ihre irdischen Beste, wo steht ihre Gedächtniss- tafel? Nur Wenigen sind sie bekannt. So rulit Prinz Eugen von Savoyen (-j- 21. April 1736) hei St. Stephan, Graf Ernst Büdiger von Starhemberg (f 4. Juni 1701) und der aus dein österreiehisciien Successionskriege bekannte FJI. Graf Ludwig Anton von Klie venhüller (f 26. Jännerl744) bei den Schotten, der Fürst Baimund Montecucculi, der Sieger bei St. Gotthard, der am 10. üctober lOSO in Linz starb, in der iiiesigen Jesuiten- kirche am Hof; Wirich Philipp Graf von Dann, Fürst vonThiano, aus der Eitel herstammend, Kai.ser Karfs VI. Vicekonig und Generalcapitän in Neapel und Sicilien. der am 30. Juli 1741 hier starb, ruht in der Todteiicapelle bei den .Augustinern, und dessen Sohn Fjcopold Joseph FM. und Sieger auf den Feldern von Kollin am 18. Juni 1757, der am 5. Februar 1766 dahin schied, ebendaselbst'). Graf und seit 8. October lOöO Beichsfürst Ottavio Picc ol om i iii. Herzog von .Vragoiia, dem die Stadt Wien im Jahre I6ö0 ein Freihaus in der Wollzeile, wo dermals das neugebaute Haus Nr. 864 steht, schenkte, starb am 11. August 1656 und ruht hier in derServitenkirche in der Vorstadt Bossau.

') Alj iiinii vor clM-n 211 Jalin-ii iliese TodtiMH'iipeMe ii-iioviile . copiik' i'iii .Maurer (.■im! Jer lalciiiisclioii liisehrillon, um sie nii Ort iiiul Sti-Ilv wieder aiiiuhriiiiicn. Nun war .nljfr ilic Abschrift >ou lU'rn uiih issi-uilen (■"|iisliMi iu i'iiii'iii siiinlusfu Wirrwarr entstellt und (jän/.licli unlirauidihür. .«an brachte sie ins k. k. .Münz- und Antikencabinct /.ur Durchsicht und llerichti^un^. Zum Glücke Tiel mir ein, dass die lange Inschrift in W iss jrril 1'5 Schauidatz des land<Ü3sigen niedcrüslcrrcichischen Allels. Wien 179.1, Bd. II, 108 f. corrcct abgedruckt sei, worauf sie w icder her- gestellt werden konnte. Dieses Iieis|iiel niiige zeigen, welche Vorsieht bei ot»a nolhwcndigem Copircn von Inschriften anzuwenden sei.

verbat sich aber jegliches Epitaphium'). Graf Ni klas Salm, der Ältere, ^^'ien"s Vertheidiger im Jalire 1529 hatte sein Mausoleum in der Kirche des St. Dorotiiea-Sliftes in W'ien, das nach der Auflösung des Stiftes auf die fürstlich Sal- inische Herrschaft llaitz in ^lähren übersetzt wurde =). Wie viele interessante und gut gearbeitete Grabdenkmale und Inschriftsteine findet man in Kloster- und I^aiui-Kirchen und in Familiengruften hoher und niederer Herrschaften. W'elche epitaphische und geschichtliche Ausbeute bieten gar oft die alten Edelsitze sowohl des altheimischen als ein- gewanderten .\dels allenthalben in den österreichischen Landen?

Welche Namen entnehmen wir den Grabmonumenten und Denksteinen in der Domkirche und deren Seitenca- pellenzuSt. Veit in Prag? Wir finden daselbst ausser denen der böhmischen Landesfürsteit ') und der alten heimischen grossen Familien der Czernin, Kolowrat, Ldhkdwitz, Mar- tinitz, Sla«ata. Schlick, Sternberg, Trzka, Waldstein, \A'i'a- tislaw von Mitrowitz u. s. w., das in der St. Sigmundscapelle auf der Erde stehende Denkmal des von seinem Throne gestossenen siebenbürgischen Fürsten Sigmund Bäthory, der zu Prag am27. 51ärz 1613 starb, das laut derBandschrift ihm sein in allen Glückwecliseln unerschütterlich treuer Landsmann Georg Nemes de Waradgia setzte*).

Aus der langen lateinischen Inschrift eines Grabmales lernen wir die hohe Herkunft der Gemahlin Adams Freiherrn von Dietrichstein kennen. Ihr Vater war Don Antonio de Cardona. ein Sohn des Don Luis Ramon Folk, Herzogs von Cardona. Grafen von Prades und Mar- chese de Pallas und der Donna .VIfonsa Henritjuez: ihre Mutter war Donna Maria de Betiuesens, Gräfin von Pale- mos etc. Er war vordem Vicekonig von Sardinien, kam auf Kaiser Karl's V. Befelil mit dessen Tochter, der Infantin Maria, (jcinahlin Kaiser Maximiliairs 11. im .\pril 1552 nach ()sterreicli, starb in \A'ien iun II. .\|iril Io.')3 und witrd- später mit seiner Gemahlin ^laria, die als Obersthofmei- slerin der Kaiserin am 23. Jänner 157 7 starb, in der genaimteit St. Sigmundscapelle beigesetzt, das Grabmal errichtete deren Schwiegersohn .\(lam Freiherr von Diel ric lis t e in mit seiner (lemalilin Margaretlia, Herzogin von Cardona. .\uch ist daselbst an der \\and oin rollimarnioriies Denkmal eingemauert, das der Freiherr .\ da in vun Die l richstein. damals Oberstkämnierer Kaiser Maximilian's H. und dessen beider ältesten Söhne Budolf und Ernst, .\jo oder Oberst- hofmeister, und seine Gemahlin ihrem "■eliebteiiTöcliterchen

>1 Vgl. meine .tledailleii lid. II. :!38 t.

'^1 S. dessen Ilesehreibung und gan/,e volle Inschrift in de-, l'reilierrn von

lloruiayr Archive. Wien IStö, S. o3i{. M Die (i r:t li s 1 ii 1 1 e n und Graliniüler der I. a n d es f ii rs t e u It u h-

mens \on ^laxinilliau .M il la u er. Prag l.s:it», in .S". *) Die k. k. , dann des Künigreiclis llöhnion Haupt- und .Melrupulitankirche

zu St. Veit oh dem Präger Schlosse verfa.sl von Anton K. M.

Honsatko. Pr.ig LSS.!. kl. S'., S. I3j und WHi Leiiler slrotit dieses Duch

von groben Satzfehlein.

14?,

Johanna, das im neunten Jahre den 4. April ISTS sein zartes Leben aushauchte, setzen liessen. Freiherr Adam von Dietrichstein starb zu Nikolsburg am 13. Jänner 1S90 und ward nach Kaiser Rudolfs 11. Befelil im Präger Dome zu des Kaiser Maximilian"s II. Füssen begraben, wie die dortige Inschrift lehrt; seine Witwe begab sich nach Madrid, wo sie am 23. Februar 1(509 von dieserErde schied.

Wir nennen beispielshalber eine in der St. Wenzels- Capelle der Domkirche zu St. Veit erhaltene Inschrift und fügen ihr einige liistorische Notizen bei. Peter und Bern- hardin de Meneses oder de Menesiis aus Toledo kamen mit Erzherzog Ferdinand Laus Spanien und wohnten in Linz am 26. Mai 1521 dessen Beilager mit der k. Prin- zessinAnna von Ungarn bei. Beriihardin, Kaiser Ferdinands Oberststallmeistx^r etc., ward 13. Dec. 1542 Freiherr mit dem Prädicate von S c hwarzeneck , erwarb sich durch Darlehen Herrschaften in Krain, wie Adelsberg 1327, in Österreich 1559 Laxenburg pfand- und pflegweise. Er ver- mählte sich laut eines Heirats- Docunients, Wien am 14. Dec. 1550 mit Katharina Dersfi, Wolf Dietrich's Rauber Frei- herrn von Plankenstein ^^ itwe, nach Andern mit Isabella de Guzmann. was wohl in erster Ehe gewesen sein mag. Er liinterliess drei Töchter, die ihm nach Honsatko S. 112 mit der (Stief-) Mutter Dersfi den Gediiehtnissstein setzten. Sie hiessen a) Gasparina, die nach Wissgrill IV. 131 mit Bernhard I. Grafen von Hardegg verehelicht war; A^ Katharina war nach Hübner III. Tab. 541 Scipio's Grafen von ,\ reo Gemahlin; r^ von Elisabetha vermag ich nichts beizubringen. Endlich finden wir noch in Augs- burg einen Bruder dieser genannten beiden de Meneses: AI fo US US Gonsales de Meneses, im geheimen Cabi- nete (?aseereto cuhiculo) des Erzherzogs Ferdinand, stai'b daselbst und sein Bruder Bernardin Hess ihm einen Grabstein, leider ohne Angabe des Sterbejahres und Tages setzen (Vid. Dan.Praschii Epitaphia Augustana. I. pag. 74). So müssen oft einzelne Glieder einer Familie gesucht und zusammenge- stellt werden. Das Geschlecht de Menesiis erlosch in Oster- reich noch im X\'I. Jahrhundert, da unseres Wissens Ber- nardin keinen Sohn hatte.

Auf dem Fussboden der Vorhalle der heil. Dreifaltig- keitscapelle ist der Grabstein des berühmten Malers Johann von Aachen aus Cüln , dem Kaiser Rudolf II. laut den Reichsadels-Acten am 1. November 1594 den Adelstand und am 14. Mai 1G05 noch andere Freiheiten verlielien hatte. Er war auch der Kaiser Rudolf und Matthias Kammerdiener (so, nicht aber Kammerer ist das lateinische Camerarius der Inschrift zu übersetzen), und starb in einem Alter von G3 Jahren l(i 15. Auch hatte er nach einem anderen dortigen Grabsteine zwei vor ihm verstorbene Zwillingstochter Regina und Johanna; seine Gattin hiess Regina de Joso (s. Honsatko S. G4 und G5).

Wie oft liest man den vielgenannten Namen eines berühmten Mannes unvermuthet an ganz fremder Statte, wo

ihn der Beruf, günstiges oder ungünstiges Geschick hin- führte; so z. B. starb Jakob Jonas von Buch (von Götzis in Vorarlberg), Kaiser Ferdinand's I. geheimer Rath und Hofvicekanzler, auf der Reise zum Reichstage nach Augs- burg zu .i^bensberg in Bayern am 28. December 1538 und ruht in der oberen Stadtpfarrkirche zu Ingolstadt, wo er seinen Denkstein hat ')• t ber andere Personen dieses Ge- schlechtes fand ich 1853 Notizen in einem Manuscripte des Klosterarchives zu St. Gallen und mehrere auf dasselbe bezügliche Grabsteine in einzelnen Kirchen dieses Cantons. Mehrmals beschäftigte mich bei historischen Arbeiten der kaiserliche Oberst Alois Baldiron. Derselbe, voll heissen welschen Blutes, hatte mit seiner zusammengelesenen Soldatesca im erbitterten und blutigen Kriege zwischen Österreich und Graubünden im Jahre 1622 im Engadin und Prätigau arg gehaust und als Herr von Zierotitz in Mähren das Incolat in Böhmen und den Nebenlanden, dann am 30. Juli desselben Jahres den Freiherrnstand erworben. Wo und wann das Ende seines Lebens? Er starb am 22. Jänner 1632 wahrscheinlich zu Wien, da er nach Leopold Fischer Suppl.Ill. 142 in der hiesigen Minoritenkirche ruht; so auch dessen Sohn Johann Peter J akob Freiherr von Bai - diron, der 21 Jahre alt den 8. Jiinner 1637 dahin schied, und dessen Mutter Metta (Margaretha) , geb. Freiin von S trollen dorf, die in demselben Jahre starb.

Einen Beleg, welche Männer verschiedenen Vater- landes und Berufs der Schooss eines kleinen DorlTriedhofs birgt, bietet uns der zu Älaria Enzersdorf bei Mödling unweit Wien. Dort ruhen: Maximilian Hell, k. k. Hof- Astronom, geb. zu Schemnitz 1720, f 14. April 1792, dessen an der nordwestlichen inneren Mauer eingefügten IMarmor- stein, den oben der Himmelsglobus zierte, Sorglosigkeit ver- wittern und in jüngster Zeit wegriinmen liess; Franz Joseph Freiherr von M ü n c h - B e 1 1 i n g h a u s e n , Reichsliofrath. geb. zu Worms am 10. November 1733, gest. amS.October 1802 sammt seiner Gemahlin, geb. Freiin von Pen k 1er 2), geboren zu Pera den 21. Juni 1733, gest. 13. März 1840. desgleichen deren Fi'an Schwiegertochter Theresia Freiin von Münch -Bellinghausen, geb. Freiin von Deuster aus Cöln, -[■ 10. Juni 1810, deren Gemahl aber, der nachherige Staats- und Conferonzrath Cajetan Casimir Freiherr von Münch-Bellinghauseu (Vater des Dichters Friedrich Halm), geb. zu Wien am 1. November 1776 und gest. 27. Juni 1831. auf dem Kirchhofe des Dorfes Währing ruht; ferner P.Clemens Maria Ilofbauer. Einführer der Redemptoristen Congregation in Östereicli. geb. zu Dascliwitz bei Znaym am 2G. December 1731, gest. zu Wien am 13. März 1820; der Dichter F. Friedrich Ludwig Zacharias Wem er. geb. zu Königsberg am 18 Nov. 17G7. gest. nach seinem Anstritte

'3 S. dieGrabschiift und meine liLsloi-. Bemei-kunj in Dr. .\i)olpli Sohmidls Osten-. Bliitter für Liter.itiir und Kunst, 1844, Qu.irtal IN, Nr. 29, S. 2;)0.

«) Ueinrich Christoph v. l'enkler, k. k. hiternuntius liei der iuilien Pforte erhielt nni 4. Oet. 1747 den l"r e ih e rr ns t:i n d.

20°

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aus ileiu OriK'iuloi'liedi'iiiiitiii'isli'M im cheiuiiligcii Augustiiicr- kloster zu Wien am 17. .Uiiiiior 182o; Adam Müller Ritter von Nitterdorf, gel), zu Herlin am IJO. Juni 1779, gest. zu Wien den 17. Janner 1829, und seine Gemaliiin Sophie, gel), von Taylor, geb. 1774, gest. in Wien 1849; Kried- ricli VOM Kl i nko wstr öiu, geh. zu LudMigshurg bei Stral- sund im damaligen Seliwedisch - l'onimern am 31..Vugust 1778, Inhaber eines Erziehungs-Institutes in Wien, gest. am 4. April 183ö, nebst dessen Gemahlin Ludoviea von Mengershausen, geb. zn Göttingeii, gest. zu Wien am 7. Miirz 1821; Franz Bernhard Ritter von Hucholtz. k. k. liegiernngsrath und Verlasser der (josehiehte der Re- gierung Kaiser Ferdinand 1.. geb. zu Münster am 10. Juni 1790, gest. 4. Februar 1838; Albert Rilt(>r von Hess. Bruder des k. k. Feldzengmeisters Heinrieh Freilierrn von Hess, k. k. staatsräthlieher Referent, gel), in Wien am 3. Februar 1787, gest. 12. Juni 1838; Thomas Dolliner, k.k.llofrath und Professor des römischen und canouischeu Reehtes, geb. zu Dörfern in Kraiu am 12. l)ee. 17(50, gest. zu \\'ien den 15. Februar 1839; Karl Ernst Jareke, k. k. Staatskanzlei- rath, geb. zu Danzig am 10. November 1801, gest. zu Wien den 27. Dec. 1852; der ausgezeichnete Bechtsgelehrte Karl Freiherr von Pratobevera, Yieepräsident des k. k. niederösterreiebischen Appellationsgerichts, geb. zu Bielitz in k. k. Selilesien am 17. Februar 17(»9, gest. zu Wien den 6. Oec. 18Ö3 u. a. m.

Diese .\ngaben sollen nur als Beispiele, die wir ver- hunderlfachen könnten, dienen, welche Ausbeute aus derlei Monumenten und Grabinscbriflen für die Orts- und Familien- geschichte sich gewinnen lasse. (leistlicbe, Bau- und andere Beamte, Honoratioren höherer Bildung würden mit ver- einten Kräften nuihelos den etwaigen StolV ihres, wenn auch grösseren Wohnortes bewältigen. Fine schone und ehrende .\ufgabe wäre es die Inschriften getreu zu eapiren und genau zu be-scbreibcn, oft auch mit Beihilfe anderer in den Pfair- i)ücbern und Localurknnden enthaltenen Daten klar und einfach historisch zu beleuchten. Ausgezeielinete Grab- male wären, womöglich, zu zeichnen, oder zu photogra- pliiren. Durch die Decanate oderConservatoren wären solche kleine Sammlimgen an einen Central])nnct zu bringen und hi('r in ein grösseres planmässig geordnetes Ganzes zusam- menzustellen.

Welches Interesse und welche historische Belelirung gewährte ein Corpus Ep ita|)li io rum urhis ^'indo- bonensis, al)gesehen von den dernndigen neueren Fried- höfen ausserlialb der Linien Wiens! Die Stadt Wien Iiesass zwei Sammlungen von den Grabnn)numcnten ihrer Kirchen : «y die grälhch von Tra u ts u n'sche und hj die grätlich von F n (• h s'sche.

aj Ogesser sagt in seiner Beschreibung der St. Ste- plianskirchc, Wien 1779, S. 303, dass zur Zeit des V^'iener Fürst-Bischofs Ernst Grafen von T ra utson (von 1685 1702) Mucli filiiT 400 Grabmale bei St. Stephan ^(lrhan-

ilen gewesen seien. Dieser Hess nach dem Antritte seines Hirtenamtes ein Verzeicbniss aller Grabmale der hiesigen Kirchen zusannnenschreihen, dessen Existenz ai)er dermals unbekannt ist. Ogesser nennt namentlich von S.303 31 3 noch I 13 (jral)mäler innerhali) und I ff» ausser- halb dieser Metro])olitankirche. Nur ein 'l'lieil dieser von Trautsoirsclien Sammlung hat sich in Abschrift im iiiesigen Schotteustifte eihalteu. Itasselbe verwahrt einen geschrie- benen Folioband in drei I5üchern oder .\bthcilungen unter dem Titel: Tomns Epi taiihiorum Monastcrii B. V. M. ad Scotos Yleiiune in (res lilrros ilivtsiitK, qtiorum Primus Inscriptiones, tjuae tum in Am/iifu '), tum in Ecciesin, tum etiam in Coemeterio reteri ni/t/o Vogelge- sang, Srciunliif! qiKtc in Cri/pfa EcclcKitic, Tai Ina ([iiac ex Bililiotliacu Celsissimi 6'.' It: I: Princijiis Juaunis Wil- lu'imi a Trnuthsoji-) dcsumptne , et nd Ännum vsque jllDCl'XXX. pcrdiictiic sunt, cnnlinti cunsrriptus anno Sn/ulis3ID('CLXXn:

Mitnu ('iddDKKjuc Francisci Ernesti Mayr. .Aus der grossen Zahl von Personen, die ihre Ruhe- stätte in diesem Sciiotteustifte gefunden haben, wollen wir zwei zu ihrer Zeit ausgezeichnete Männer, deren Namen lieut zu Tage fast ganz verschollen sind, bei unseren Lesern mit einigen historischen Beigaben wieder erwecken, nämlich S. 79: u) Johann Rudolf Schmid Freiherru von Seh war zenhur u und ä^ den kaiserliclien Kannnernialer Franz Leüx von Luxen stein.

Johann Rudolf Schmid Freiherr von Schwar- zenhorn, Hei'r zn St. Margrethen an der Wien und Nikolsdorf, kais. liofkriegsi'atii , dann oberster Waldmeister in Niederösterreicli , im Jahi-e 1590 zu Stein am Rhein ceboren , wai' nacli llüclitiLifer Junciid und feindlichen Schicksalen unter den Kaisern Ferdinand 11. und 111. durch fünfzehn Jahre Resident bei der hohen Pforte =). Am 30. März I()49 brachte er als Botsehafter zu Konstantinopel im NanuMi seines Kaisers dem achtjährigen Sultan Mobanmied IV. die Glückwünsche zu dessen 'l'lncmbesteigung dar und überreichte feierlich die Gesclienke. Am L.lnli verlängerte er den Frieden auf 22 Jahre. Im folgenden Jahre war nach Baron v(m lianuncr 111. 395 Schmid abermals in Stanibul und überbrachte mit einem Gefolge von 42 Personen die Bestätigung dieses Friedens von Seite seines Hofes, wie auch grosse Geschenke im \N Crthe von nielir als 100,000

') Ah rii^iii \c)iii .hiliie 1H27 18:i'i (l:is weiUücifigc Stiflsgcl»""'!«' in ilcr gegi'iiwliiligi'n iiiiposaiiU'ii CeslnU neu lier-stoUtL' , IiircIiIc innii ilio lUtcn G 1- nb steine iiiil aller Sorgl'iill in ileii neuen Kreuzgung, um sie der Nlichwelt 7,n erliullpn.

■-) Da der I'ürstliiscliof (Jraf K r n s I v.>n 'l'rautsiin am 7. .liiuner ITü'i gestnilicn isl.so kam ilns olien ci «iiliute V c nci e h n i ss ilcr firali- niiilcr walii-sclieinlirli an »einen Diuiler den Kiiislen ,1 o li b n n Leopold «nd von diesem (f 1724) au ilessen Solin .loliaun Wilhelm riirslen von Trautson , der mit seinem Tode nm 31. Oetolicr 177;i den .Manns- stanim dieses alttiiolisciicn (»eschlecliles bcscliloss.

') Vgl. Baron von II u ni ni e r's Gcschiclilc des usmanisclien Ileiehes 183S. Bd. IM, 120 und :U8.

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Gulden, nämlich silberne Kühlkes.sel. Leuchter, getriebene Schalen, durchbrochene Rauchfiisser und Sprenggefiisse zum Rosenwasser, Uhren und Becher') und erwirkte ein Schutzdiplom für die Geistlichkeit zu Jerusalem. Er -wurde am 4. April ICäO in den Fr eiher rnst and mit dem Prädicate von Schwarz enhor n erhoben, welches Prä- dicat er von der Burgruine S ch warzenhorn bei Sat- teins im oberen Vorarlberg (s. Blasius Hueber's Karte von 1783) führt, woher sein Geschledit stammt. Er war mit Helena Feldnerin von Feldcgg vereblicht und braciite, nach- dem seine drei Sijbne Johann Rudolf, Felix Rudolf und Julius Albert in jungen Jahren vor dem Vater gestorben waren, sein Prädicat und den Freiherrnstand mit Kaiser Leopold's I. Genehmigung an den Gemahl seiner Tochter Maria Anna, den Hofkammerrath Maximilian von Seeau, Freiherrn von Seh warzenhorn. Er starb am 12. April 1667. Auch war er Mitglied der Pegnitz-Schäfer. Seine Vaterstadt verwahrt noch einen ihr von demselben zum Andenken verehrten vergoldeten Pocal , da er in seiner Jugend ein Goldschmied -Lehrling zu Lindau gewesen.

h) Nach derselben Sammlung der Epitaphien im Schot- tenstifte, Abtbeil. I, 21. ruht daselbst: Franz Leüx von IjU xenstei n, Kaiser Ferdinand"« IlL und Kaiser Leopold's I. Kammermaler, der am 1. Mai 1668 starb; seine Hausfrau Eleono r a Cl a vens starb den 12. Juli 16S1. Nach Nagler VII, 471 war er aus Antwerpen und Rubens' Schüler, Hof- maler Kaiser Ferdinand's III. und Gallerie-Inspector zu Prag, sein Sterbjahr ist aber unbekannt. Nach dessen Angabe hatte er zwei Söhne, die ebenfalls Maler waren.

Nach den alten Hofkanzlei-Acten erhielt Franz Leüx von Lüxenstein, Kanuiiermaler , für sich und seine ehe- lichen Leibeserben sowohl männlichen als weiblichen Ge- schlechtes am 14. August 1652 die Befähigung zum Besitze des Edelmannsifzes zu Pötzelsdorf (oder P ötz lein s- dorf bei Weinhaus unweit Wien) gegen das Einstandsrecht der Stände. Diesen Sitz, der im feindlichen Einfalle der Schweden, die somit im Sommer 164S die Donau bei Wien zu einem Slreifzuge übersetzt haben mögen, abgeödet (sie) und verderbt worden war, hatte Leüx von den Kloster- frauen zur Himnielporten in NMen, denen er gehörte, abge- kauft und zur Hebung von dessen Landwirthschaft viel gethan.

•j Diese feieillelie Auf\vailun(; und ÜlieireieliuHg: lier lieschenke wiirile vom Maler Joachims in einem Gemälde dargesteUl, dessen etwaijje Existenz mir aber unbekannt ist. Dasselbe ist von E I i a s W i d e n m a n n zu Wien in Kupier gestorben worden. Schmid, im Costiinie eines ungarischen Magnaten, steht vor dem auf dem Divan sitzenden , von Wiirdenlriigern umgebenen , neunjährigen Sultan, hält eine oll'ene Depesche, zur Seite sieht man eine grosse Uhr, Becher etc. Auf einem Bande oben an v. Schmid's Wappen liest man: lunctum aqui lae miraredra coneml6— ül. Diesen seltenen , somit historisch erklärten Kupferstich besitzt die k. k. Hofbibliotbek, so auch des Freiherrn von Schmid Porträt einzeln von dem- selben Widenmann, und ein anderes Porträt desselben von Peter Aubr y gestochen.

Nach Schlager ') kommt ei- mit einer Monatsbesoldung von 50 tl. vom 2. Jänner bis Deceniber 1638 zuerst vor. Im Jahre 1646 reiste er nach Grätz und erhielt wegen gemachter Contrafei 300 fl.; 1647 malte er das Porträt Seiner königlichen Majestät zu Böhmen (d.i. König Ferdinand's IV., der am o. August 1646 gekrönt und 16ö4 von den Blattern hingerafft wurde) und erhielt löO fl. Auch Kaiser Leojtold I. behielt Leüx als Kammermaler im Jahre 1657. Die k. k. Bildergallerie im Belvedere besitzt von dessen Hand das Porträt Karl Ferdinand's, Cardinais und Statthalters der spanischen Niedeilande, Infanten von Spa- nien, f zu Brüssel am 9. Nov. 1641, dann eine .\llegorie auf die Eitelkeit und Vergänglichkeit. Leüx bezog nach und nach für seine Hofarbeiten die bedeutende Summe von 8739 Gulden und stand bei seinem Hof in besonderer Gunst.

b) Eine zweite besonders werthvolle Sammlung legte Ignaz Joseph Graf Fuchs von Puchheim und Mitter- berg an. Dieser keniitnissreiche, wissenschaftlich und künst- lerisch gebildete Edelmann iiess vom Zeichner Garten- schmid aus Bregenz die Grabmonumente in sämmtliehen Kirchen der Stadt Wien mit grossen Kosten getreu eo|)iren und nach den Originalieii sorgfältig coloriren, wie auch jedem Monumente zugleich die Bemerkung beifügen , an welcher Stelle der Kirche dasselbe sich befunden habe. Über die Schicksale dieses so interessanten \A'erkes, das nach des Grafen Tode (f 21. Juni 1838) auf dem Wege der Versteigerung an den Grafen Ladislaus Festeties von Toina (f 1846) gekommen und nach Ungarn gebracht worden ist, s. Feil's Mittheiliing in der trell'licben Abhand- lung „Zur Baugeschichte der Kirche Maria am Gestade in Wien" 2). Herr Feil hat von S. 69—79 nach diesem Werke, das nun in Ungarn unbekannt wo liegt, die Inschrif- ten von 67 Grabsteinen, die diese Kirche bis 1820 hatte, zum Theile mit den Abbildungen der Wappen niitgetheill und aus der Fülle seiner historischen Kenntnisse beleuchtet. Wir übergehen die Pfarrkirche bei St. Peter, in der Dr. Wolfgang Lazius (f 18. Juni 1565) seinen Gedächt- nissstein hat, ferner die bei St. Michael, wo die gräflichen Familien von Trautson und Mollart. der Kanzler Johann Baptist Graf von Verdenberg (f 1647) ihre Buhestätton haben, und verweisen auf das Necrologium P. P. Minorum ConventualiumVienneiisium in llieroiiym. Pez Script, reruni Austriac. Tom. II, 471 518 und auf des Jesuiten Leopold Fischer verdienstvolle Arbeit: Brevis notitia urbis Yin- dobona' veteris ex variis documentis collecta. Vindobonse 1767,jVII. Bändchen in kl. 8".. die auf K. Joseph's II. Anord- nung erschien, und die vorzüglicheren E|)itaiihien licr Kir- chen in der Stadt wohl beachtet und manche in ihrem vollen Texte miltheili: andere sind gelegentlich einzeln in anderen W' erken mehr oder minder correct abgedruckt.

') Materialien zur öslerr. Kunstgeschichte in dem von der kais. Akademie

herausgegebenen Archive. ISöO. Bd. V. 7;!9, \gl. OiVi. -) Mitlheilungen der k. k. Centrül-Coaimission 11. 68.

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Die GriibmomiiiU'ute mit ihren Inselirifleu der kiiiser- lichen Fiimilie hat der gelehrte Fürstabt Martin Gerbert 7.11 St. Hlasieii in der werthvoUen Taphoi,M-a|iliia Prin- cipuni Austria> in Fol. 1772 herausgegeben.

Wenn nun die k. k. Hau|it- und Hesidenz.stadt NVien ein Corpus E jti t a p h i n r ii ni Vi ii d o b o n e n s i u ni haben will , so hat sie unseres Eraehtens die vom Herrn Grafen Fuchs angelegte Sanmilung aut'zusuehen und als Eigenthum oder zur Benützung an sieh zu bringen, die Zeichnungen und Inschriften, zumal Gartenselimid der lateinischen Sprache unkundig war. sorgfältig mit den noch vorhandenen Originalien zu vergleichen und zu berichtigen etc. S(dlte aber diese werthvolle Sammlung nicht mehr aufzufinden sein, so müsste diese Arbeit nach einem wcdilüherdachten Plane von neuem begonnen werden. Wien mit seiner Hochschule und deren historischem Seminarium einerseits und mit seiner Akademie der bildenden Künste andererseits zählt viele junge gesunde Augen und kunstfertige Hände, welche unter zweckmässiger Oberleitung sich dieser alle ehrenden Aufgabe unterziehen künnten. Die Einen besitzen die Fertigkeit, die Grabmale je nach ihrem Kunst- oder historischen Werthe zu zeichnen oder zu photographiren , die Andern die Inschriften mit diplomatischer Genauigkeit zu copiren, ja auch historisch zu beleuchten und ihre fer- tigen Arbeiten Männern, wie den Herren Birk, Camesina, Feil, V. Karajan, v. Meillcr, Baron von Sacken, Karl Weiss und andern geboruen Wienern zur Durchsicht und zu weiteren geschichtlichen Commentationen einzuhändigen.

Vor Allem wäre der Wiener Alt e rthums verein berufen, diese Aufgabe in Fluss zu bringen, im Laufe der Jahre zu fordern und als vollendetes , wohlgeordnetes Werk unter dem einfachen Titel „Epitaphia Vindobo- nensia" mit einem Register herauszugeben.

Welche Ausbeute bieten die beiden Friedhöfe zu St. Peterund zu St. Sebastian in Salzburg!

Einige deutsche Städte sind uns hierin schon längst vorangegangen, besonders die ehemalige Reichsstadt Augs- burg, die eine gute und sorgfältig gearbeitete Sannnlungaus älterer Zeit aufzuweisen hat, nämlich: Epitiipliia Aiii/ii- stanu Vi iidc l i Cd ah aiiiiis ferc scrcciilis atl miglram nsquc iiettttem conquisitn laborc et impcnsh Üanielis Priiscli ii Sa/ishnn/ llalcnaits. Ai(f/iist(t ViiK/flic. J(124. in 4". m drei Abiheilungen in einem Bande, gut gedruckt mit drei Namensverzeichnisseu. Die 1. Abtheilung S. 311 ff. enthält noch einen Appendix Percgrinorum et hono- r (i r i 0 r u m Ep i t <i p h i o r ii m Augustui' scriptoriim , quae suis quaeque /ocis rcponendn enint, darunter mehi'ere welche das Fugger'sche Schloss Kirchheim, Salzburg und die undiegenden Orte betreffen. G r a b s c h r i f t e u grosser Augsburger s. in des Freiherrn von llormayr histor. Taschenbuche für 1840, S. 217 ff.

Welche .\usbeute bietet das altehrwürdige Nürnberg, dessen Grabmouumente und Epitaphien unter dem Titel: „N 0 r i s c her C h r i s t e u F r e y d h o f e ti e d ä c h t n i s s etc. " mit sonderbarem Fleiss zusammengetragen und mitgetheilet von einem Curieusen Liebhaber. Nürnberg 1682, in 4*. Grab Schriften grosser Nürnberger, s. des Frei- herrn von Hormayr Taschenbuch für das Jahr 183ö, S. 347 f.

Auch T ü b i n g e n, wo wie in Stuttgart. Ulm etc. mehrere österreichische Exulanten der früheren Jahrhunderte (Vgl. S. 142) ihre Ruhestätte fanden, hat eine derlei Sammlung, nämlich: die G rab Schriften luid Denkmäler in der Stifts- wie auch in der Schloss- oder St. Georgs- kirclie zu Tübingen, von Kümmerle. Tübingen 1827. So auch die Stadt Dresden, wo gleichfalls österreichische Exulanten, besonders vom höheren Adel ruhen, unter dem Titel : D r c s s d n i s c h e I n s c r i p 1 1 o n e s und E p i t a p h i a, von Johann Gottfried Michaelis. Dressden 1714 in Quarto.

Die ungarischen Reichsinsignien.

Von Franz liiick, ("onservator des crxbiseliünielien Musciinis in Coln.

I. Der iin^arisrlir Krönun^sinanlel»

(„Cusiila Gishic rvyitiiie." )

Nach der Krone des heil. Stepiian, deren ausführlichere Beschreibung mit Beifügung einer stylgetreuen Zeichnung dem nächsten Hefte dieser Blätter folgen soll, dürfte vor den anderen Kleinodien des ungarischen Kronschatzes nicht nur dem Archäologen von Fach, sondern auch in mehr als einer Beziehung dem Lithurgisten jenes merkwürdige Stück Interesse bieten , das gewöhnlich als Krönungsmantel (palludamcntnm oder palliimi regale) bezeichnet wird. Der Raum, welcher uns behufs einer kurzgedrängten Beschreibung zugewiesen ist, gestattet es nicht, das Ausführliche über dieses

höchst merkwürdige ehenudige Messgewand hierorts nnt- zutheilen, was uns mit Beigabe einer bestinnuten Jahreszahl einen deutlichen Begriff beizubringen geeignet ist über den Höhepunkt, den die Stickerei und Weberei bereits im Beginne des XI. Jahrhunderts erreicht hatte. Hinsichtlich der Com- positiou, der vielen Figuren und ihrer technischen Ausführung, (hircli die geschickte Hand der Königin Gisela und ihrer uäclislen Umgebung, dürfte diese sehr interessante Casula heute nur überlroffeii werden von dem analogen Messge- wand, welches in ausgezeichneter Erhaltung, mit vielen Scenerien, im cyprischen Gold gestickt, sich im Domschalzc zu Bamberg ') vorfindet.

') niescs ausgeiciclincl ^ul erh.iUi;iie, koslbaie .Mcssgi'« aml slelll in seinen vielen Scenerien, kreisförmig in .Meil-iillons eingefasst, in niiltel.iUer-

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Leider ist durch die entstellende Seheere des vorigen Jalirliunderts das merkwürdige Gewand an Weite und Fal- fenreichthum bedeutend gescinnälert worden, indem die frühere Casuia in Form einer Glocke , die den Körper in Weise einer kleinen Hütte umgab und umhüllte (daher auch der Name casa, dim. casuia) durch den Ausschnitt der klei- neren vorderen Hiilfte zu einem olTenen Mantel, ähnlich dem heutigen Pluviale, umgestaltet worden ist. Wie auch der gelehrte Jesuit P. Fröhlich in seiner kleinen ein- schlägigen Monographie vom Jahre 1774 richtig aus- einandersetzt, ist der heutige Krönungsmantel noch nicht sehr lange unter den ungarischen Reichsinsignien im Ge- brauche. Nachdem nämlich das alte palludamentum regale, vielleicht unter Soleini an, abhanden gekommen war, wurde, wie es uns scheinen will, bei der Krönung der grossen Maria Theresia das im Schatze zu Wien seit dem Jahre 1543') aufgehobene Messgewand, dessen Inschrift es deutlich als Geschenk und Kunstwerk der Königin Gisela zu erkennen gab , zur grösseren Bequem- lichkeit in der Weise umgeformt, wie es heute zu erse- hen ist. Leider ist es unbekannt geblieben, wohin das unter der Seheere fortgefallene Stück hingekommen ist, wodurch der heutige Bildercyklus in seiner Ganzheit ent- stellt und verkürzt wurde. Dass diese Verkürzung von einer faltenreichen Casuia zu einer Art von Yespermantel wirklich vorgenommen worden ist, bezeugen ausser den kleinen Resten, die sich als integrirende Nebentheile heute noch an dem Gewände befinden, auch noch die zur Hälfte durch- geschnittenen Heiligenfiguren mit dem unterbrochenen legen- darium, die vergeblich nach der andern, fehlenden Hälfte sieh umsehen. Auch das kleine Ornament das heute mit wenigen Stichen aufgenäht auf dem Mantel sich befindet und die Stelle der runden cappa, caputium am jetzigen Königsmantel vertreten soll, dient zum Beweise, dass der in Rede stehende Ornat früher ein Messgewand war. indem dieser Theil als Apparat zu den übrigen Utensilien des Cele- branten gehörte. Diese 4eckige, längliche Stickerei bildete nämlich die „plaga, oder dieparura" zu einem „humerale", dessen ornamentaler Theil nach.\nlegung des Messgewandes in Weise eines Kragens sich um den Hals legte und so den Halsausschnitt der Casel verdeckte.

Auch die übrigen vier Paruren, die sich an der mittel- alterlichen Alba als darauf applicirte ornamentale Thoile befanden, haben sich nicht mehr erhalten, dessgleichen auch

licIierAulTassunjd™ gnnzoii orhis |iicliis leiinriiiu ilur. Der Trajilion iinj Inschrift zu Kolg-o soll dieses (iewaiid elieinuls ein Kaiseniiantel Heiiiricli des Heiligen genesen sein, den er von dem Apulischen Herzog Belliis zum Geschenk erhielt. Die Anfertigung desselben dürfte mit der in liede stehenden Casuia der Königin Gisela in dieselbe Zeitperiode fallen. ') Nach dem begründeten Dafürhalten des so eben gedachten Geschichtsschrei- bers soll das fragliche Me^sgewand bei dem freien Abzüge der Deutschen Hud Italiener mit ihren llabseligjieiten auch dieses (iewaud von Stuhlweis- scuburg nach Wien gebracht und so vor l'nifaiiirung durch Türkcuhorden gerettet worden sein.

nicht mehr die stola und das Manipel, das von der Königin Gisela zweifelsohne zur Vervollständigung des Messappa- rates mit der vorliegenden Casel angefertigt worden ist. Diesen Verlust als unersetzlich beklagend, kann man sich wenigstens heute noch Glück wünschen, dass jener bei Weitem grössere Theil des altohrwürdigen Stuhlweissen- burger Messgewaiides sich noch erhalten hat, der durch eine so historisch-merkwürdige Inschrift verziert ist, die in deutlichen Zügen es ausser allem Zweifel feststellt, dass der vorliegende Mantel ein Geschenk war, das der heil. Stephan und seine fromme Gemahlin der von ihnen gestifteten Kirche von Stuhlweissenburg überwiesen haben. Es lautet nämlich diese Inschrift in lateinischen Kai)italschriften mit Goldfäden gestickt, wie folgt: Casuia haec data et operata est eccle- siae St. Mariae, sitae in Civitate Alba anno ab incarnatione Christi MXXXI, indictione XIV a Stephane rege et Gisela regina.

Nach diesen allgemeinen Andeutungen über den Ur- sprung und gegenwärtigen Zustand des alten ungarischen Krönungsmantels wollen wir zu der sachlichen Beschreibung des Gewandes und der darauf gestickten figürlichen und ornamentalen Theile in Kürze übergehen.

Den äusserst gnädigen Anordnungen von allerhöchster Stelle haben wir es vorzugsweise zuzuschreiben, dass wir. wie keiner der vielen Beschreiber dieses Gewandes vor uns. in der günstigen Lage waren, mit grösster Umsicht und Sorgfalt nicht nur die Zeichnung sondern auch die Beschrei- bung im .\ngesicht des altebrwürdigen Originales mehrere Tage hindurch im Schlosse zu Ofen vornehmen zu können. Obgleich in jener beklagenswerthen Katastrophe durch die Versenkung das in Rede stehende Gewand von allen Klei- nodien Ungarns durch Nässe und Feuchtigkeit unstreitig am meisten gelitten hat, so war es uns dennoch möglich, durch drei geübte Zöglinge der Realschule zu Pest die grossartigen figuralen Stickereien in Goldstoff auf dem Originale selbst in einer Weise durchpauseii zu lassen, dass wir möglichst stylgetreu und genau unmittelbar viui dem Objecte eine Abzeichnung des Krönungsmantels in seiner ganzen Aus- dehnung gewonnen haben ').

Analog mit den älteren Messcascln des XI. und XII. Jahrhunderts hat die Königin Gisla dieses Messgewand, das sie der bischöflichen Kirche zu Stuhlweissenburg, der oben angegebenen Inschrift zu Folge, im Jahre 1031 als Geschenk übergab, durch ein gesticktes Ornament verziert, das sich als Reminiscenz an das Pallium der Erzbischöfe auch noch

*) Durch den grossen [thotogralischcn Apparat der V. k. Hof- und Staats- druckerei wird eben jetzt die auf dem Original gewonnene, natur- getreue Durchpause im verkleinerten .Masse , ohne .Modtfication eines Individuums des XI.V. Jahrhunderts, so reproducirt, wie die Contourcu auf dem Originale im Geiste des XI. Jahrhunderts kunstreich gegeben sind. Alle i)is jetzt erschienenen Darstellungen, nicht weniger die, welche jüngst in Leipzig in der illustrirten Zeitung erschienen sind , gehen nur eine höchst mangelhafte und stylwidrige. Abbildung von dem crwälinteu kunsthi>loriscbeii iiewanile.

US

luiiifig anderwiirts vorfiiulet. Auf dem liiiitereii Tlieile des Gewandes erblickt man einen breiten, gestickten Stab, der sitli in Funu eines oiiianientai gehaltenen Bandslreifens von unten nach oben in der Mitte durchzieht. Dieser theilt den Jlantei, der in seiner jetzigen Gestalt einen Ihdbkreis bildet, in zwei gleiehgrosse Kreisausschnitte. In diesen mittleren Stab münden schräg zwei andere Jiandstreifea von trleicher Breite ein, die gabelförmig ansteigend sich über die Schultern fortsetzen •). I£s würde uns zu weit führen, wenn wir hier in langer Reihe alle jene ligurativen Darstel- lungen mit ihren umfassenden Inschriften angeben wollten, wie sie von der tleissigen Hand in hiichsler Kunstgerechtig- keit mit „cypenschen" Goldfäden gestickt worden sind. Überdiess würde eine ausführlichere Beschreibung auch weniger Interesse bieten, da die Kürze der Zeit es verhin- dert hat, eine erläuternde Zeichnung hier beizufügen. Wir verweisen desswegen auf die ausführliche Beschreibung, die unser Vorgänger, der oben gedachte, gelehrte Jesuit davon entworfen hat, sowie auf die spätere dctaillirte Beschreibung, die in dem kunsthistoriscben Werke gelie- fert werden soll, dessen Ausarbeitung wir zu unter- nehmen im Begrilfe stehen. Da, wo die eben be- zeichneten Bandstreifen gabelförmig aufsteigen, belindet sich in einem ovalen Medaillon, in dessen Umrandung leoninische Verse gestickt sind, die grossartige in Plattstich (petit point) gestickte Darstellung des Salvators, sitzend auf dem Hegenbogeu , mit segnender Rechten und einem Drachenungeheuer unter seinen Füssen, nach dem Spruche: „superasnidem etbasiiiscnm ambulahis et condulcabis leonem et draconem." Cber dieser Darstellung des Erlösers, wie er wiederkommt als Welteuriehter, erblickt man, von dem Kiao'en verdeckt, der heute irrthürnlicher Weise, herkom- mend als Verzierung von dem früheren „humerale", an dieser Stelle unschön aufgenäht ist, eben noch in einzelnen Bruch- theilen die symbolische Darstellung der er.sten Person in der Gottheit =), und zwar die Hand aus den Wolken als „dextra manus Dei omnipotentis'', die über dem Haupte des Sohnes anzudeuten scheint : _hic est filius mens dileetus, quem placui ;" unter der mittleren Darstellung des Sohnes ersieht man in einem ähnlichen Medaillon das goldgestickte Bild der Mutter Gottes mit einem leoninisclicn Verse. Dem Medailhm des Heilandes zunächst reihen sich, abgegrenzt durch einen Halbkreisbogen, als Bandstreifen, worin sich die oiien angegebene Inschrift gestickt belindet: Casula haec data et opera etc., die in Gold gestickten Standbilder der hervorragendsten Propheten

des allen Testamentes mit dabei befindlichen Namen an, die über den in ihrer Mitte thronenden Heiland geweissagt haben. Parallel mit dieser gestickten Inschrift läuft eben- falls im Halbkreise nacli einem ziendich breiten Zwischen- räume ein anderer, schmaler Ornamentstreifen, wodurch ein zweiter Rand abgegrenzt wird, in welchem die reichge- sticklen Darstellinigcn der zwölf Aiiostel sich bttiiiden, sämmtlich sitzend auf der „sella Irininphalis" nach dem Spruche: iudicantes tribus Israel. Über diesen Aposteln, die kenntlich gemacht sind durch beigestickte Namen, sind nach Art der Byzantiner architektonische Aufbauten im seh« ersten Rnndbogenstyle angebracht , die einem der jüngsten Beschreiber dieses merkwürdigen Gewandes unbe- greiflicher Weise Veranlassung gaben •) , hierin etwas „Gothisches" zu erblicken. Auf diesen byzantinischen Baldachinen, die sitzenden .Apostel überragend, ersieht man eine grosse Menge von kleineren, in Gold gestickten ^'igu^en, meistens in känipfciuler, feindlicher Stellung einander gegenüber, wodurch entweder, unseres Dafürhal- tens nach, die „ecciesia militans", oder aber auch die Lei- den und Drangsale der Apostel, die sie bei Verkündigung des Evangeliums von Seite der Heiden erduldet haben, dar- gestellt werden sollen. In der äussersten, schmalen l'mran- dung in Halbkreisform (periclysis) zeigen sich endlich viele runde Medaillons, in «eichen sieh als Halhfignren mehrere griechische und lateinische Heilige gestickt beliiiden, wie sie in älteren Mess-Canones vorkommen. Zu beiden Seiten des mittleren Trennungsstabes befinden sich unten in dieser äusseren Unnandnng die gestickten Binstbilder der beiden frommen Geschenkgeber , und zwar auf der einen Seile das Brustbild der Königin Gisla, wie sie das Modell der Kirche von Stuhlweissenhurg, in Händen hält, und auf der entgegengesetzten Seite ein gleiches Medaillon mit goldgestickter Darstellung des heil. Stephanus, des könig- lichen Geschenkgebers. Die Namen der beiden Donatoren erblickt man «ie überhaupt bei allen Figuren auf dem rei- chen Gewände, im Plattstiche beigestickt. Nur bei dem klei- neren Medaillon in der Mitte fehlt dieser Name, und lässt die sehr jugendliche Darstellung in demselben vermuthen. dass es das Bild des jungen Eunnericirs, des Sohnes der fronmien Geschenkgeber, vorstellen soll. Es kann uns diese Darstellung der Geschenkgeber des Gewandes au dieser untergeordne- ten Stelle um so weniger Wunder nehmen, zumal es im früheren Mittelalter, aus der ältesten Zeit herstammend, Sitte nntl Brauch war, die Feierkleider der Könige mit dem gestickten Bildnisse desselben zuschmücken. Diese Medaillons

*J Auf diese Weise suchte man bereits itn 10. Jiihrtiunilert au liiscltönichen Caselii (lurcii aufffeiiälite, reicliverzierte .,ligul:ie inli-r nurifi-isiae" tue äus- sere Form und die oniiimeiitale Aus.statluiig des er/.biseh<irticlu'n Palliums zu imitiren, das über diu Casel in Form ciuer „torques," über die Schul- lern liegend und heruntersteigend, als bewegliches (Jewandslück aul' dem Messgewand apiilicirt wurde.

^) Diese wurde im frühesten Mittelalter nie figürlich gegeben, um nicht bei Darstellung der Trinilät einem gerihrlichen Aadopomorpbismus zu verfallen.

>) Es erschien nacnliih von einem Ai \nius in ungarischer Sprache bei

Gelegenheit der Wiederauflindung der Insignicn eine Deschreibung derselben, namentlich der Kripiie und des in Hede stehenden Kriinungs- mantcls, worin binsichtliob des palliuni regale, deren Beschreibung uns in einer gedruckten Übersetzung zu Gesicht gekommen ist, viel Stylwidriges und technisch Unrichtiges aufgeführt wird.

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mit kunstreich gestickten Halbfiguren sind von zierlicii gearbeiteten Arabesken umgeben, in welchen die Thierwelt mit Pflanzenbildungen in Verbindung gesetzt ist. Es kommen in diesen Arabesken schwungvoll gestickte Darstellungen von Pfauen mit Laubornamenten vor, deren Ausmündungen schön stylisirte frühronianische Blätter deutlich erkennen lassen. Sowohl an diesem Biätterwerk, als auch an den gestickten Thierfiguren befinden sich einzelne Stellen in farbiger Seide gestickt, und zwar im regelmässigen Flech- tenstich; alle übrigen Figurenstickereien jedoch sind in Gold- fäden ausgeführt. Leider hat das interessante Gewand durch die jüngste Verschleppung und Versenkung in einer Weise gelitten, dass man sich über die Art und Weise der Gold- stickerei heute keine deutliche Vorstellung mehr machen kann.

Da man in den meisten oberflächlichen Beschreibungen des ungarischen Krönungsmantels das Technische, die mate- rielle Seite, völlig unberücksichtigt gelassen hat, so wollen wir hier es versuchen, in kurzen Worten das Nähere anzugeben, wie die Kunststicker des 1 1 . Jahrhunderts (phrygiones, bram- baricarii) das in Rede stehende bedeutende Kunstwerk mit der Nadel ausgeführt haben. DerGoldfaden, dessen man sich beim Sticken der vielen Figuren bediente, ist äusserst zart und sehr biegsam. Es scheint uns, dass ein halbgedrehter seidener Faden, in dunkler Purpurfarbe, als Grundlage hierbei gedient hat, um welchen ein Goldlamen von dünner, aber solider Prägung gedreht worden ist. Damit nun die zarte Unter- lage, ein feingewebter dessinirter Seidenstoff, durch das Durchziehen des Goldfadens nicht verletzt wurde oder riss, zumal unter diesem Seidenstoffe keine gröbere Unterlage von Leinen sich befand, wodurch der durchgezogene Goldfaden Consistenz gewonnen hätte, so zog man es vor, die Goldfäden beim Sticken nicht durchzuziehen, sondern auf dem Ober- stoffe in einer Weise dicht neben einander zu legen, dass man durch kleinere Befesligungsstiche in zarter Seide stellenweise die neben einander gefügten Goldfaden auf der Unterlage zu befestigen suchte. Daher zeigen sich auch auf der Rückseite keine durchgezogenen Goldfäden. Diese Technik desStickens in Gold ist eine sehr alte und im X. und XI. Jahrhundert sehr gebräuchliche. Auf diese W^eise sind auch die reichen Goldstickereien auf dem deutschen Kaisermantel ausgeführt, dessgleicheu auch auf der tunica tallaris und auf der Alba, die zu den deutschen Reichsinsignien gehören. Dieser naturgemässen Stickerei, bei der man zugleich ökonomisch mit dem reichen Goldfaden umgehen konnte, ist es zuzu- schreiben, dass bis auf den heutigen Tag sich diese älteren Stickereien noch gut erhalten haben, ohne dass dieselben den darunter befindlichen zarten Seidenstoff zerstört haben.

Für die heutige Fabrication dürfte es auch von Inter- esse sein zu vernehmen, von welcher Beschaffenheit das Gewebe ist, worauf sich die eben angedeutete kostbare Goldstickerei befindet. Leider hat der Zahn der Zeit dieses zarte Gewebe stellenweise sehr angegriffen, so dass bereits II.

in früheren Jahrhunderten eine Restauration dringend noth- wendig geworden ist ')• Man kann den Stofi" als ein leichtes Croisegewebe bezeichnen, das im Mittelalter manchmal den Namen Zendal führte. Die Kette selbst scheint uns aus einer feinen, ungebleichten Seide zu bestehen. Durch den Einschlag wird ein kleines Dessin erzielt, das streifenförmig sich an einander setzt, in Purpurfarbe theils kleinere Sterne, theils kleinere Rosen bildend , deren vier herz- förmige Blättchen mit den Spitzen gegenüberstehend sich berühren. Durch den Hauch der Jahrhunderte hat die Farbe sehr gelitten, so dass man füglich nicht mehr erkennen kann, ob die herzförmigen Blattbildungen in Form einer Rose in dunkelgrüner oder bläulicher Farbe eingewebt worden sind. Die Sternbildung selbst in Purpurfarbe ist kaum zu erkennen. Jedesfalls ist dieses interessante Gewebe ein Product des KunsfÜeisses von Byzanz, indem Herz und Stern in dieser Anwendung und Zusammenstellung sehr oft an byzantinischen Stoffen und Geweben des X. und XI. Jahr- hunderts uns vorgekommen sind. Eine interessante, reiche Formbildung zeigt die Stickerei auf dem Kragen, der, wie früher schon bemerkt, ehemals als .parura" auf dem humerale sich befand. Man erblickt nämlich auf einem schwer gewebten, ungemusterten PurpurstofTe eine gestickte Cordonirung in gedrehten Goldfäden aufliegend, wodurch einzelne Bogenstellungen forniirt werden. Unter diesen Bogenstellungen hat die Phantasie der Stickerin Thier- bildungen angebracht, wie sie jedesfalls dem Physiologus des Mittelalters mit moralischen Nutzanwendungen entlehnt worden sind. Es würde schwer halten unter diesen Thier- bildungen einzelne näher zu kennzeichnen. Die meisten stel- len sich als Pfauen und Eichhörnchen dar. Sowohl die bei dieser parura eingehaltene Technik des Stickens, als auch der Goldfaden selbst, nicht weniger aber der abweichende Purpurstoff, worauf die Arbeit ausgeführt ist, und das Vor- kommen von Perlenstickereien am Rande dieses Kragens machen es zweifelhaft, ob auch dieses Kunstwerk von der Hand der Königin Gisla gestickt ist. Es ist jedoch nicht zu verkennen, dass auch dieses interessante Gewandstück die- selbe Zeit der Entstehung, wie die casula selbst, beanspru- chen kann. Kenner von Fach unterlassen wir nicht auf den merkwürdigen Futterstoff (subductura) aufmerksam zu machen, der sich noch primitiv unter diesem kleinen Kragen erhalten hat. Das Gewebe desselben ist sehr stark und schwer und stellen sich in dem Dessin zicndich breite Kreis- medaillons dar, durch Verschlingungen abwechselnd zusam- men verbunden, in welchen sich höchst merkwürdige Thier- bildungen zeigen, welche mit den bizarren Gestaltungen an

*) Schon im XVII. Jührhundcrt scheint eine nicht unhedeutende Hcstau- ration des äusserst feinen Grundstolfes in einer Weise stattgefunden zu ha!)en, dass man schadhafte Stellen mit einem anderen ahnlichen, diinkel- violettfarhij^en SeidenstiilTe helegte, worin sich ein farhverwandles klei- neres Dessin befindet. Audi von diesem Krönuiigsmaiitel sagt die Tradi- tion, dass nur Königinnen das Ehrenrecht gehabt biitten, nothwendig gewordene Hestaurationen eigenbündig vurzunehmen.

ZI

ISO

früh romaiiisclicn Capitiilen in Sciilptiii-pn frappante Ähnlich- nigin Gisla als Miistorvorlagc und so zu sagen als Farb-

|;eit haben. In der Mitte der Utukreisung erblickt man näm- skizze zur Anfertigung der heute als Krünungsmantel be-

hch einen phantastischen grösseren Thierknpf, an weleliem nutzten Casuia. gedient habe. Zu dieser Annahme berechtigt

nach den vier Seiten hin groteske Tliierkiirper participi- uns vorläufig nur die artistische und materielle BeschalTen-

ren. Die Grundfarbe dieses merkwürdigen Gewebes, das heit des IMartinsberger Gewandes, das sieii. Dank der

Anastasius Uibliothecarius als ^pallium rotatum, scutel- sorgfältigen Verwahrung, noch bis auf unsere Tage erhal-

iatum" cum .histmia bestiarum'- bezeichnen würde, ist im ten bat. Es besteht nämlich der Stolf dieser Casuia aus

Fond gell), die ansretreheneu Dessins hingegen sind purpur- einem so zarten Gewebe, das dasselbe nur vermittelst

farbig gehalten. Heide Farben h-,iben jedoch sehr gelitten, einer Unterlage von leichtem, rothem SeidentafTet zusam-

ünstreitig ist dieses eigentiiümliche Gewebe ebenfalls mengehalten wird und als Gewand sieb ausbreiten lässt.

orientalischen Ursprungs und dürfte nach mehreren Ana- Das Gewebe selbst, von der Textur. Feinheit und Dureb-

losrien . die uns vorgekommen sind, der Frübzeit des sichtigkeit unseres heutigen Crep de ("binc iiat eine weiss-

X. .lahrhunderts angehören. Zu bedauern ist es, dass bei licbgelbe Farbe und wurde dieser Stolf in der Frübzeit

der obenerwähnten Umgestaltimg der Casuia der primitive des Mittelalters häufig angewandt als Zwischenlage bei kost-

FulferstofV des altehrwürdigen Gewandes, der wabrschein- baren Miniatur- und Initialmalereien auf Pergament, um die

lieh gemustert war, verloren gegangen ist. Der jetzige Friction ferne zu halten.

Futterstotr von violettlicb röthlieher Farbe, ein schwerer Ältere Schriftsteller bezeichnen diesen äusserst zarten

Seidentafl'et, beansprucht olTeubar kein höheres Alter, als Stoff in der Regel als „byssus". mit welchem Namen in der

die einfache Goldborde ohne Dessin, womit der Mantel Frühzeit des Mittelalters das feinste ägyptische Leinen mei-

an der vorderen OiVnung eingefasst ist. Auch die beiden stens bezeichnet wurde. Von einem solchen delicaten Bys-

Quasten von Goldbouillon, mit kleinen Palleten besetzt, susgewebe sind auch jene, beute selten gewordenen Snda-

zeicen deutlich an, dass die fornicileUmsgetallung. resji. das rien. die früher meistens an den Stäben der infnürten Äbte

Hinzufügen des Seidenfutters, iu) vorigen Jahrhundert statt- und auch mehrerer bischöflichen „peda- hingen. Auch jene

gefunden habe, zu welcher Zeit auch die Modification in Bezug Zwischenlagen mit eingewebten Dessins, wie sie in mehr

auf den Scliiiill vorgenonunen wurde. Eine auffallende als 20 Variationen in dem berühmten Evangelistarium des

Parallele zu der eben beschriebenen kuslliarcn Kunsfreliquie, Theodulph aus dem XI. .Jahrhundert heute noch in Le Puy

deren Autbentik durch Inscbrirt.Teclinik und Form vollständig (Auvergne) bemerkt werden können, sind wie der StolT an

gewährleistet ist, fanden wir in dem altehrwürdigen Bene- dem in Bede stehenden Gewand zu Martinsberg im feinsten

dicfinerstifle Martinsberg bei Baab ein zweites Gewand- Seidenbyssus gehalten, dessgleichen auch in älteren Beliqiiien-

sfück, das bei der oberflächlichen Forschung, die uns nur bebältern jene feinen gazartigen Stolle. <lie bezeichnet wcr-

vorübergehend auf sehr kurze Zeit gestattet wurde, eine den als Brucbtbeile. herrührend von dem Schleier der aller-

zweite Casuia zu sein scluint. deren luschril't, vollkouimen seligsten Jungfrau (de peplo B. V. M.). Auf diesem Byssus-

identischmit der oben angeführten, deutlich besagt, dass auch slofl'scheint uns der byzanliniscbe Hofmaler der Königin Gisla

dieses eigenthümlicbe Kunstwerk die Tage des heil. Stephan in penelraulen vegetabilischen Farben seine vielen Figuren

sesebcn habe. Auch bat es uns auf den ersten Anblick hin und Ornamente vielfarbig dargestellt zu liabrn und zwar in

scheinen wollen, dass die Anordnung der Figuren, die Ein- einer Weise, dass diese Farben den leichten durchsidiligen

tbeiluiig der Ornamente, so wie auch der Wortlaut der vielen Stoff ganz durchdrungen haben, so dass sie auch auf der

Inschriften in leoninisclien Versen mit den entsprechenden Bückseite ersichtlich sind. Dass man zur Darstellung dieses

gestickten Ornamenten des eben bescbriebmcn KriWuings- farbigen Musfercarluns als Vorlage IVu- eine Stickerei den

mantels vollkommen conform sei. Einer gründlicheren For- Byssus wählte, kann uns nicht wundern, indem damals das

schung bleibt es vorbehalten, miltelst einer strengen Durch- Papier ja noch nicht in Gebrauch war und auch sich dazu

pause, vorgenonunen auf dem Originalgewande zu Martins- das Pergament in so grosser Dimension nicht eignete.

barg und durch einen Vergleich derselben mit der in unse- Es wäre gewiss dringend zu wünschen, dass die höchst

ren Händen befindlichen Origiualpause des eben bescbrie- merkwürilige Casida iu Martiusberg. die unerklärliche Weise

benen Krönungsnr.uitels zur Evidenz zu erbeben, dass die rlMMifalls auf die Form und (irösse wie der Krönnngsmantel

Composilion und die figuralen Anordnungen iu beiilen in Ofen Uv\\[r niliu'irt i-l . in einem eigens construirten

Gewändern vollkommen identisch seien. Würde sich bei Schranke mit (ilasverschluss eine solche zweckmässige Auf-

einem solchen Vergleiche nicht nur eine gewisse Äbniicbkeil, Stellung und wissenschaftliche Aufbewahrung fände, dass

sondern eine vollständige Conformilät constatiren lassen, man nicht behindert wäre, im Angesichte des Originals, ohne

dann läge die Schlussannahme ziemlich nahe, dass die inier- dasselbe zu berüliicn . drliiiHirte Forschungen anstellen zu

essante Kunstreliunii' in M irlinsberg der fidnimeu Kö- können.

131

Inventarium der Pressbirger Domkirche vom Jahre 1425.

MitKi-'theilt \üii iJr. (J ii s l ;i v lleiiler.

Für dieKeiintniss der Kircheiischätze uiul Kirchengera- tlie in Güld und Silber wie auch der Mess- und Chorgewänder u. s. w., welche sich im Mittehiiter in den einzehien Domiiirchen befanden, sind die auf uns gekommenen Inventarien derselben, welche bei verschiedenen Anlassen, wie z. B. dem Antritte eines neuen Bischofes oder Kirchenvorstandes aufgenommen wurden, von grosser Bedeutung. An den wenigsten Dom- kircheu hat sich dieser reiche Schatz bis auf die Gegenwart herab vererbt, Vieles, wie z. B. die Kirehengewänder unter- lagen dem Einflüsse der Zeit, und Gelasse aus kostbaren Metallen waren zu allen Zelten eine willkommene Beute raub- gieriger Horden. Wir brauchen nicht daran zu erinnern, wie Vieles anKirchenschiitzen in die Hände der sogenannten Glau- bensvorkämpfer, der Schweden, fiel, welche sie entweder un- bekümmert um die Kunstform zu verwerthen suchten, oder mit sich in ihre Heimatli zurückbrachten. Nicht unerwähnt darf bleiben, dass gar Manches dem veränderten Kunstgeschmacke zum Opfer fiel, und so ist es gekommen, dass von dem einstigen Reichthume nur vereinzelte Überreste, welche uns den Untergang desselben um so mehr bedauern lassen , auf uns gekommen sind.

W^ährend sich an dem noch Vorhandenen der Kunst- freund erfreut, sucht der Geschichtsforscher nach den Quellen , welche ihm einen Einblick in den einstmaligen reichen Besitzstand der Kirchen eröffnen. Die wichtigste Quelle hiefür bilden die bereits erwähnten Inventarien.

Aber nicht blos dem Geschichtsforscher sind sie interessant, auch dem Archäologen sind sie von Bedeutung. Er findet in diesen Inventarien die in früheren Zeiten übli- chen Bezeichnungen für die liturgischen Gewandstüeke und Kirchengeräthe ; über Stoff, Form und Herkommen geben oft einzelne Ausdrücke die gewünschte Auskunft, und die Aufzählung alles dessen, was unsere fronnnen V^orfahren für eine würdige Ausstattung des Cultus opferwillig herbei- schafften, gibt einen Einblick in die Cullurverhältnisse des Mittelalters, und ist geeignet, auch für unsere Gegenwart mahnende Winke zu ertheilen.

Von solchen Kircheninventarien sind erst wenige voll- ständig zur (")ffentlichkeit gelangt, und das Verdienst auf dieselben hingewiesen zu haben, gebührt der kais. Akademie der Wissenschaften, welche in ihrem Notizenblatte die Tbcr- sicht der Kirehenschätze der Olmülzer Dumkirche vom Jahre 143ö ') und der Otten und Haymencapelle vom .lalire 1431 -) ihrem ganzen Wortlaute nach nn'ttheilte.

') Notizenlilall, J;,liig-ang I8j2, Nr, 10, S. 143— löl ; Nr. 11, S. 108—172;

Nr. 13, S. 22Ö— 231. ') Nolizenlila«, Jahrgang ISül, S. 300.

Die Reihe dieser Mitthoiliingen wollen wir fortzuführen suchen und indem wir im Nachfolgenden das Inventar der Pressburger Domkirche vom Jahre 1425 zum Abdrucke brin- gen , fordern wir zugleich alle Freunde der mittelalterlichen Denkmalskunde auf, die ihnen bekannt gewordenen Inven- tarien ähnliciier Art in diesen Blättern entweder selbst nie- derzulegen, oder sie dem Schreiber dieser Zeilen zugäng- lich zu machen , welcher es sich zur angenehmen Pflicht machen wird, in jedem Falle der gütigen Vermittlung gebührende Erwähnung zu thun.

Er erfüllt diese Pflicht sogleich in dem vorliegenden Falle, indem er dem Conservator der k. k. Central -Com- mission, dem auf dem Gebiete der mittelalterlichen Archäo- logie wohlbewanderten und für die Förderung ihrer Zwecke und Aufgaben in unermüdlicher Weise thätigen hochw. Herrn .Arnold von Stummer seinen Dank für die gefällige Miltheilung des Pressburger Inventars in seinem und in dem Namen der Wissenschaft ausspricht, in deren Interesse die Veröffentlichung erfolgt.

Das Original dieses Inventars wird in einer aus meh- reren grossen und starken Papierbogen bestehenden Hand- schrift in dem städtischen Archive zu Pressburg aufbewahrt; sie ist in einer ziemlich gut leserlichen gothischen Cursiv- Minuskelschrift, jedoch mit vielen eigenthünilichen Abkür- zungen geschrieben.

Des .Anlasses, welcher die Hinterlegung des Inventars in diesem Archive herbeiführte , wird gleich mit den Ein- gangsworten in folgender Weise Erwähnung gemacht:

„In frei scriptum iiivcntdrium verum ecclesie beati Mitrtun co/ifcssoriü poao/iirusis iilius saiicli sdlntforh est prcseiitatiim civitati pusoiiieiiai per liuiiortihile aipitnlttm ecclesie supradicte in iiiio regisiro tempore gwerarriim scilicet Htissitarnm qui illo tempore circumvallarunt cicitatem posouiensem predictam et est iiiscriptum in pre- sens regislriim anno domini millesimo quiiilrini/entesimo tricesimo secundo. Pro tiinc Johanne Eylausenrokch jii- dlce et Jodoco lascliport magistro eivium civitatis supra diele.

Die nachfolgende Note nennt uns die Zeit der .\bfas- sung dieses Inventars und den Namen des Domcustos, wel- chem diese Schätze anvertraut waren.

Nota, hirentariinn reriim saneti »lartini in Posonio l'actnm tempore domini Jacobi ciistodi (sie) eiusdem ecclesie posoniensis. Sid) anno domini MCCCCX.W" Sab- bato proximo posl diem cinerum (den 24. Februar).

Den Eingang des nunmehr folgenden Verzeichnisses bil- det die.\ufzählung der damals im Besitze der Kirche befind- lich gewesenen handschriftlichen Codices, welche wir, da

21«

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sie unserem Zwecke ferne liegen und von Herrn Stumme r bereits vor zwei Jahreu mit AniiHM-kiingen uiiil Erliiiitorun- gen in der Zeitschrilt der ungarischen Akademie „Mag. Muzeum," veröffentlicht wurden, übergehen.

Das weitere Verzeichniss der kirchlichen Geräthe und liturgischen Gewänder umtasst den Haum von drei Seiten. Dieses führen wir im Nachfolgenden unseren Lesern vor:

Pag. 1.

Ilcm quatuordeclm Calices cum patenis deauratis.

Item deccm Corporalia cum custodijs et peris.

Item unam peram cum leonibus deauratis pulchram.

[fem qunfunr Ampulne (sie} arfjeiitee.

Item vnum Turribulum aryenteum deauratum cumquatuor Catenis argenteis.

Item unam Crucein argcnteam deaurntam mngnam.

Item iterum unam Crucem mngnam dcnuratum cum dua- hus ymaginihus et pede argcnteo deauratis.

Item una magna Monstrancia argentea deaurata plena cum Rcliquijs.

Item una tnagna Monstrancia Cuprea deaurata cum Sex ymaginibus argenteis pro Corpore Xpi et reliquijs.

Item quatuor Monstrancias argentcas deauratas cum Reliquijs.

Item una ymago argentea deauruta sancti Vrbani cum Reliquijs.

Item una Crux argentea deaurata cum ligno sancte Crucis et pede argcnteo deaurata.

Item Due ladule parvule cum Reliquijs.

Item ymago lapidea beate Marie virginis.

Item una tahiüa magna cum Rcliquijs.

Item una magna pclcis pro cena dominj.

Item ima parva Crux cum ligno dominj a superiorj de- aurata cum pede argentea.

Ilcm quatuor Cassini serico subducti.

Itrm unum puluinar magnum cum panno serico et de- nuratn (sie).

Item qninque Altaria portabilia consecrata et unus lapis non conseeratus.

Item unum Mensale cum serico contextum pro Cena do- minj.

Item Septem panuj de serico suhtili in modum manutergi- orum quorum sex sunt deaurati.

Pag. 2. (Nota.)

Item Dccem ornutus festivales infrascriptj.

Item primo unum ornatum de panno rubeo aureo cum

Cruce magna cum ymaginibus de perulis (Perlen ?) et

humerale simililer de perulis et eorum atlincncia. Item unum ornatum plauei (sie) coloris aureo (sie) cum

cruce aurea et Clipeo de perulis et humerale similiter

de perulis et eorum attinencia.

Item duo ornati (sie) cum eorum attinencijs flauci (sie) coloris qui habent Duas Cruces de perulis et humeralia de perulis.

Item unum novum integrum ornatum Rubel coloris ex sa- mito cum cruce aurea.

Item unum ornatum integrum brunati coloris cum cruce aurea.

Item unum ornatum integrum flauej coloris serictim attlas vocatum cu7n magna cruce sericea deaurata cum yma- ginibus aposfolorum.

Item umim ornatum integrum Rubel coloris de panno serico cum pretexta de perulis.

Item unum ornatum novum flavej coloris aureum cum magna cruce aurea et ymagine cruci/ixi.

Nota.

Item Decem ornatus feriales integros cum suis attinencijs ex quibus duo vel tres dali sunt pro sepultura Sacer- dotum.

Item umim integrum ornatum viridi coloris cum cruce de- aurata.

Item umim ornatum viridi coloris examito (sie) cum suis attinencijs.

Item unum integrum ornatum de serico viridi coloris cum pretexta aurea.

Item unum ornatum integrum de integro panno aureo.

Item umim ornatum integrum de panno serico deaurato.

Item unum ornatum integrum de serico viridi coloris cum cruce aurea.

Item unum ornatum integrum de serico rubeo antiquo cum cruce flavei coloris.

Item unum ornatum integrum de serico Rubeo diversi coloris et cruce jiarva aurea.

Item unum or7iatum integrum de serico clauci (sie) colo- ris cum cruce sericea aurea.

Item unum ornatum integrum de panno serico aureo.

Item due Casule quadragesimales quarum una est alba et una Rubea.

Item undecim Cuppe in toto.

Item Trcdecim Dalmatice subsequentes.

(Pag. 3.)

Item due Dalmatice flavei coloris sericeas deauratas (sie) cum Clipeis et luminibus argenteis deauratis pro festi- vitatibus.

Item una flavea dalmafien de a.vamito.

Item ilue dalmatice viridi coloris de axamito.

Item due dalmatice de serico viridi coloris.

Item due dalmatice de serico Rubel coloris.

Item quatuor dalmatice de pannis Aureis.

Item una campanula sacristie.

Item due jyalme pro die palmarum.

Item vclum quadragesimale cum suis funilms.

153

Item iniits longua panmis sericem diversi coloris pro choro ecclesie.

Item una ymago Crucifixi que portatur in die purasceve.

Item in Anno domin. 142G die dominico proximn post festum circumcisionis dominj Nobilis vir Maternus de Ronsow im Bohemia pro animn u.voris sue domine Magdalene fiUe domine Borssonis de dicta Bohemia ad honorem dej et gloriose virginis Marie dedit ecclesie sancti Martini in Posonio unam Casulam et duas dyal- maticas (sie) purpureas dcauratas Rubri coloris cum alba humerali Stola et omni apparaln Et optavit ac voluit ut in omnibus festivitatibus beute virg. gloriose eisdem divina peragantur.

A. Abbate fflagrini über die Chronologie der

VonR. V. E

Wenn man von Vlcenza und seinen Gebäuden spricht, so denkt Jedermann nur an Palladio. Dieser hervorragende Architekt hat durch seine ausgebreitete Wirksamkeit in Vicenza seiner Vaterstadt den Typus der von ihr in den Gang gebrachten Baufornien in so brillanter Weise ausge- drückt, dass von der Architectur des Mittelalters in Vicenza selten die Rede ist, und doch hat dieser reizende am Fusse des Monte Berico gelegene Ort eine Reihe von Kunstwerken und von Architekten und Künstlernamen aufzuweisen, welche die Kunst des eigentlichen Mittelalters in ehrenhafter Weise vertreten. Wir verdanken die Nachricht von dieser mittelalter- lichen Kunst Vicenza's der unermüdlichen Thiitigkeit des- selben Professors, Abbate Antonio Magrini, der auch über das Leben seines berühmten Mitbürgers Palladio ein um- fassendes, auf urkundliches Studium gegründetes Werk schon vor mehr als einem Jahrzehent der Üftentlichkeit über- geben hat. Wir glauben den Lesern dieser Blätter einen Dienst zu thun, wenn wir einige der wichtigsten Resultate seiner Forschungen, die selbst in Italien nur in wenigen Kreisen bekannt zu sein scheinen, in Kürze darstellen. Von den Gebäuden vor dem Jahrtausend ist keine Spur mehr übrig. Nach dieser Zeit lassen sich die mittelalterlichen Gebäude bis zur Zeit der Renaissance unter folgenden Ge- sichtspunkten grupp Iren:

1. Thürme (torri private). Im Mittelalter zählte Vicenza hundert den Nobili angehürige Thürme , die in den von Parteiungen des Adels herrührenden Fehden eine grosse Rolle spielten.

Der Thurm stand damals mit den Palästen, die mit Zinnen gekrönt ein festungsartiges Ansehen hatten, in Ver- bindung. Manchmal bildete der Thurm allein zugleich auch das Wohngebäude. Von diesen Tliürmen sind die meisten zu Grunde gegangen, doch von vielen hat man geschicht-

'; UeU' arehitettura in Vicenz.!. Discorso cnn appcndice critico ero- nologico delle priofipale sue fabriche iiegli Ultimi olto aeculi Padue 1855.

Item Dominus Georgias de Rozgon Comes posoniensis pre- sentavit uiium ornatam nigrum de Sameto cum diiabus Crucibus de perlis et nnum Calicem cum patenu de- aurata ob memoriam quondam Nobilis viri Michaelis Jakchy in ecclesia S. Martini tumulati, qui quidem calix cum patena convumeratus est superius infer atios calices.

Item unam Crucem deauratam cum pede, quam donavit ecclesie beatj Martini quidam discalciutor vulgariter abzieher , quam Crucem habet dominus Martiiius ple- banus pro 9 libris magnis et denariis quas idem dedit aurif'abro pro labore et deauracione ac complemento argenti.

mittelalterlichen Baudenkmale von Vicenza').

t e 1 b c r g e r.

liehe Nachrichten. Die Familien Galli, Pilei, Petocchi, Tealto und Vivaro hatten ihre Thürme und Paläste in der heutigen Strasse des Corona; auf dem grösseren Platze waren die der Familien Verla to, Bissarro, Dexente, Cer- naroli; auf dem Corso waren die der Caldogno, Capo- bianco, Valmarano, Braschi und Losch i u. s. f. Ezzelino hatte seinen Palast in der erstgenannten Strasse; der grosse Thurm bei der Porta castcUo war ein Werk Ezzelino's vom Jahre 1243. Alle diese Thürme standen in der alten Stadt Vicenza, welche später von den Scaligeri und den Venetianern erweitert wurde.

2. Die Gebäude im romanischen Style (a pleno sesto anteriore all acuta). Das älteste Gebäude aus dieser Stylperiode ist die Kirche und der Thurm der heil. Felix und Fortunatus. Die Zeit der Gründung dieserKirche ist das Jahr 1154. Der Thurm stammt aus dem Jahre 1160. die achteckige Thurmspitze, aber aus dem XIV. Jahrhundert. Die Kirche hat vielfache Veränderungen erlitten; der Thurm, der zu gleicher Zeit den Zwecken der Vertheidigung diente, hat noch die meisten ursprünglichen Bestandtheile erhalten. Eine Miglie von der Stadt entfernt ist die Kirche St. Ago- stino vom Jahre 1322. Überreste vom romanischen Style von Vicenza finden sich nur mehr noch in einigen Fenstern der im Jahre 1260 erbauten Kirche Sta. Corona und in der Casa Bocchi.

3. Gebäude imgothischen Style {asesto acuta). a^Civilgebäudemit dem sicheren Datum 1311.

Der Thurm am Platze bis zur Höhe des Glockenthurnies; der achteckige Aufbau mit dem Thurmhelm bis zum Jaiire 1444 und 1446.

1444. Aus dieser Zeit stammt dessen sogenannter Pa/«r so della ragione o ba.'iilira und zwar der innere Theil; die rund herumführende Halle ist ein Werk Palladio's aus dem Jahre 1549. Man hat den inneren Bau des Palastes viel älter gehalten, Magrini aber hat in seinen Werken: Mcmorie sopra il scpolcro di Andrea Palladio, S. 11, urkundiiehe

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Beweise für die angegebene Jahreszahl geliefert. Über den Architekteil Toiiimaso FornuMitonc erwartet man noch von demselben (lejelirteii ausriilirliclie Aiil'schliisse.

1481. Aus diesem Jahre sind einige Theile des Palazzu Porto und der Casa IJarrera. Ausserdem linden sich noch einige Paliiste z. B. Seliio, Hraschi, Tiene, Cocconi San- giovanni, Menegliini mit gothisehen Ornamenten, theilweise in Verbindung mit späteren Stylformeii.

h) Kirchliche Gebäude. 1222. Die Kirehe des heiligen Thomas; aus dieser Zeit ist jedoch nur mehr die Vorhalle und der Tiinriii.

1237. Sta. Francesco Vecchio und zwar die westliche Seite.

12Ö9. Sta. Giorgio in Nazaret.

1260. Sta. Corona. Diese Kirche gehört zu den i)est- erhaltenen golliiselien Kirchen in ^'ieenza. Sie ist ein Ziegel- bau, welcher in Bälde von Magrini aiisluhrlicher beschrieben werden dürfte. Für die Geschichte der Kunst hat diese Kirche noch ihre Bedeutung durch zwei Gemälde, welche wir der Betrachtung von Kunstfreunden besonders emjifehlen. Das eine ist eine ganz vorzügliche Tante t'liristi in lebens- grossen Figuren von Giov. Hellini, und ein Gemälde vonBartolomco Mantagna, dem eigentlichen Repräsen- tanten der Malerei des Mittelalters von Venedig.

12G3,die Kathedralkirche '). Diese Kirche trägt Spuren von verschiedenen Baustyleii au sich. Die früheste Nachricht bis vom Jahre 1066. Bedeutende Vergrüsserungen des ursprünglieiien Baues aus den Jahren 1263 und 1283. Die Seitenthüre nach Süden zu ist ein Werk des Canonicus Pieega vom Jahre 1290. In späteren Zeiten u. z. in den Jahren 1444, 1467 bis 1474 wurden eine lieihe von Ver- änderungen in der Kirehe vorgenommen. Die grosse Altar- nisclie ist vom Jalire 1.tü4.

1280. Sta. Lorenzo; diese Kirche ist im ursprünglieiien Baue gut erhalten, und die Fa^ade nach Burekhardt desswegen beachtungswerth, weil sie zeigt, wie man sieh ungefähr diejenige von Sta. Giovanni e Paolo zu Venedig nach der ursprünglieiien Absicht vollendet zu denken hat.

1311. Sta. Maria dei Servi, theilweise erneuert.

1343. Das grosse Eingangsthor zur Kirche St. Lorenzo

1366. Sta. Pietro,modernisirt mit Ansnahme des Chores

1373. Sta. Giacomo Maggiore, niodernisirt mit .Aus- nahme des Chores, der Seitenthüren und der daran stossen- dcn Capelle.

1428. Die Kirche Monte Bcrieo , theilweise erneuert mit dem Kloster.

1440. Sta. Girolamo, erneuert mit Ausnahme des Klo- sters und des Thurmes.

1447. Sta. Bartolomeo.

1S22. Sta. Biagio, beide Kirchen theilweise zerstört.

1530. Das Spital der heil. Maria und des heil. Christoph genannt di Sta. Mareello, mit dem Eingangstliore, welches mit sehr schönen Ornamenten und Figuren im Style der Heiiaissanee geschnitten ist.

4. Gebäude im Henaissa nce-S ty le. .\us der chronologischen Liste dieser (lebäude heben wir nur jene hervor, welche mit Siclierlieit entweder i\^-n Architekten Palladio oder Scamozzi zugeschrieben werden ki'tnuen. Dem Palladio gehören folgende Civil-Gebäude an: die soge- nannte Basilica, 1549; die Dogana, der ehemalige Palast Tiene, 1556; —der Palast Valmarana, 1566, der Palast Chiericati, das heutige Musealgebäude 1568 '); der Palast Porto Barbara, 1570:— der Palast Albertini, 1570; Loggia Delegatizia, 1576 das Teatro Oliinpico 1580; ausserdem werden dem Palladio zugesehrieben die gegen- wärtig zerstörte Holzbrücke über den Bacchiglione, der Palast Piovene sull" Isola und die Kirche Monte Berico.

Dem Architekten V. Scamozzi werden tolgende Gebäude zugeschrieben: der Palast Xievo. 1569 ; der Palast Branzo-Loschi, 1577; der Palast Trissino, 1592 und die Casa Pavan.

Dieser Palast -Arcliiteetur Palladio's und Scammozzi's, welche sich auf die ganze Provinz erstreckt, verdankt Viceiiza seinen Ruhm und seine bedeutsame Stellung in der Architectur-Geschichte.

Schliesslich niuss noch erwähnt werden, dass derselbe Gelehrte Abbate Magrini, wie uns scheint, mit vollkommen zureichenden Gründen, die Rialto-B rücke in Venedig, dem Architekten Gio va n iii AI vise Boldii vindieirt bat, einem Viceutiner von (iebiirt. Die Aiislnhning des Projectes von Boldü zur Bialto-Brüeke wurde deniFabro .\iitonio dal Ponte übergeben =) , welcher gewöhnlich für den Architekten der Bialto-Brüeke gehalten wird. Statt aller Beweise führen wir die darauf bezüglichen ^Vürte der Leichenrede des Dogen Pasijuale Cicugna an, unter welchem die Brücke gebaut wurde :

QixK/iiidcm omnia si ma.vimam tilii admlrationem movriit, sie liabcto : fiiisse tanli poiitis /'ulinon Antuiiium l'oiiliiiin arrhitectiim (iiitcm Joaiincm, A/oijsiiim Uohlmim Pauli filuiin, liiiilo liNjciiiu. la/ilti in re/iiifi. oniuibus Arc/ii- tcvtoiiicd (irli.s pcritid. Iiiiifii jtiobitatc, tuiititquc in jxifriiim picldtc L'irum iil iiiliil siipra.'

') Siehe ilie „notiiie sinrico descriplive ileli.n (liicsu rnlteilrnlc diVicenia fon Ab. A. .Maprini. Viccn/.a 1848.

•) Sii'ho: .Ma|;r'''»'*s »H |ta!;r/,/.o ilel .Miisoo civifo in Vicen/.a deseritto b<I Ulustrato." Vicciua IS:>ö. ä) Die ausriilirliclie Beweisl'ühiunK ist in dem Vurlrag ciithalleii, den Alibale Magrini am 23. April 18j4 in den J. R. Islilulo Veneto di seienie lellere ed arli (gedruckt Vicenia 18j4) goliallcn hat. Ilekanntermassen ist darüber scliun niciir als einmal geschrieben woiden. Gegenwärtig liegt das ganze iiilercssaule Verfahren bei dem Haue lU'r Itriickc vur. Die Architekten theillen sich in zwei Lager, einige projcctirtcn liriicken mit drei lUigen (V. Scamoz/.i, A. dal ennte n. s. f.) einige mit Kiiiem Uogen. Zu letzteren gehörte Glos. Aluisc lloldii.

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Die romanischen Kirchen zq Zahor and St. Jakob in Böhmen.

Von Dr. Joh. K ra siii us Woc el . k. k. Conservator für Prag.

II.

Die Kirche zu St. Jakob.

Am 20. September des Jahres 1846 begab ich mich nach dem etwa eine Stunde von Kuttenberg an der Wiener Strasse liegenden Dorfe Cirkwitz, um ein in der dortigen Kirche befindh'ches altes Gemälde in Augenschein zu nehmen, welches in Summer's Topographie Böhmens mit besonderem Lobe hervorgehoben wird <)• Dieses Bild, welches um die Mitte des XVII. Jahrhunderts von dem Herrn Friedrich Swihowsky von Riesenburg der Kirche verehrt worden sein soll, stellt sicli als ein niittelmüssi- gesKunst|iroduct des XVI. oder XVil. Jahr- hunderts dar, bis auf das liebliche Antlitz der Mutter des Hei- landes, in welchem ein tief wehmiithiger Ausdruck ruht.

Die geräumige im verflossenen Jahr- hunderte erneuerte Kirche zu Cirkwitz enthält sonst nichts, was die Aufmerksam- keit des Archäologen fesseln könnte; nur an dem massiven, aus Quadern aufgeführ- ten Thurme gewahrt man noch die Spu- ren des romanischen Styles, in welchem ursprünglich der ge-

sammte Kirchenbau aufgeführt ward. Getäuscht in meiner Erwartung, hier ein bedeutendes vaterländisches Kunst- denkmal zu (luden, beschlnss icli das nahe gelegene Dorf St. Jakob zu besuchen, von dessen Kirche Sommer's Topographie Böhmens erwähnt, dass es ein von den Sedletzer Cisterciensern errichtetes Gebäude sei. welches viele Stand- bilder und Grabmäler von Gliedern jenes Ordens enthält.

') Auch bewundert man ein AUarbild der selimeriliulten .Mutier (inlles von einem unbekannten iMeister, «elclies der Kirche Herr Friedriili Kaspar S vv ihowsky von Uiesenhurg; ^n'.sehenkt hatte. Der Wertli desseliien ist vom verstorbenen Akademie-Direelor Bergler lu l'ra;- aiif 400 Ouealen jjesfhätz.t worden. Sommer's Küuifjreich Bübmeu. II. Tb. 332.

Bald gewahrte icli die in der Mitte des Dorfes auf einem Hügel sich erhebende Kirche mit dem hohen Thurme, und wurde, da ich mich derselben genähert, nicht wenig durch die Wahrnehmung überrascht, dass auf der Ostseite die halb- runde Apsis mit romanischen Halbsäulen bervorti'ete, und dass die südliche Langseite des SchifTes mit bedeutenden Sculpturen geziert sich darstelle. (Fig. 1.) So war es denn abermals ein glücklicher Zufall, dem ich die Entdeckung eines der interessantesten Denkmale des romanischen Styles in Böhmen verdankte.

Aus dem KirchenschilTe tritt die Chornische an der

Ostseite hervor, ge- ziert rm't Halbsäulen, welche durch Kreis- bogen, die sich von einer Säule zur an- dern hinüberschwin- gen, verbunden sind. Das Kranzgesinis und die Mehrzahl derSäu- lencapitäle ist stark beschädigt. Die I'io- destale der Saiden ruhen auf dem Bo- den auf, den niedri- gen Sockel der .\psis durchschneidend, der sich in dei'selben Höhe mit schwacher Ausladung längs den i)eiden Langseiten des SchillVs hinzieht. Die südliche Haupt- mauer ersclii'int in der Mitte dnrdi einen breiten W'andstreif in zwei Abiheilungen, eine obere und untere geschieden ; die obere .\btheilung ist durch eine schön geordnete, von Kreis- bögen überhöhte Halbsäulenstellungin sieben Felder abge- theilt. Das zweite und sechste Feld, vom östlichen Eck des Schiffes gezählt, enthält ein Rundbogenfenster, die übrigen, das mittlere ausgenommen, sind durch Basreliefscul|)turen von beinahe 0' Höhe ausgefüllt. Das erste Basrelief stellt einen Priester in langem Talare dar; sein Haujit ist unbedeckt. die rechte Hand hält einen Bischofsstab, die linke ein Buch. Im dritten Felde erblickt man die Gestalt eines Kriegers in der WalVentraclit des XI. und Xll. Jahrhunderts. Der Helm ist niedrig, ohne Visir und schnmcklos, das nackte Schwert in

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seiner Rechten, lang und breit mit einfacher gerader Parir- stange ; der Schild ist herzförmig und ohne Spuren irgend einer Wa{i[RMizipi-do. Unter dem icurzen WalTeni-ocke ragt der Saum des Dralithenulcs hervor. Das bedeutendste Bas- relief stellt sich im fünften Felde dar, welches die übrigen an Breite übertrilTt. Es ist eine hohe Gestalt im langen faltenreichen Gewände, deren rechte Hand zum Segnen erhoben ist, wahrend die Linke ein Buch an die Brust drückt; zu den Füssen derselben kniet ein Mann und eine Frau; beide Figuren sind aber so beschädigt, dass man die Details derselben nicht mehr wahrnehmen kann. Im siebenten Felde ragt die Gestalt eines Priesters im langen Talare, dessen Rechte einen Bischofsstab, die Linke aber ein Buch hiilt; sein Haupt ist mit einer Mütze, wahrschein- lich der niedrigen Infel der älteren Zeit bedeckt. Das Bas- relief in dem Halbkreisfelde über der durch die später ange- baute Vorhalle verdeckten Kirchenthür stellt das Brustbild des segnenden Erlösers dar. der in der linken Hand das geöffnete Buch des neuen Bundes hiilt. (Fig. 2.) Sein Haar

(Fig. 2.)

wallt auf die Schulter herab, der Kinnbart ist kurz, das Haupt mit dem Heiligenschein umgeben. Die Engel zu beiden Seiten mit den Weilirauchfasseni und den Louchtern oder Palmen in den Händen sind zu sein- mit Kalk bedockt, als dass man in rinc Dflailsiliildernng derselben eingehen könnte. Die.\rchivulle des JiiinilljogenN, der dasTympanon umspannt, i.st schmucklos uml wird blos durch zwei breite liundsläbe uiiil einige scliMiale llulilleisten gebildet. Den Fuss jeder

der vier Halbsäulen, auf welchen die Portalbogen aufliegen, bildet die attische Basis mit der hohen und stumpfen Behand- lung der Hohlkehle zwischen den beiden schwachen Pfühlen. Die Eckblatter werden an der Säulenbasis vermisst. Die Capitäle sind schmucklos und werden durch die attische Basis, so wie sie an den Säulenfüssen erscheint, jedoch in umgekehrter Lage gebildet. Diese Portalsäulen sind hoch und überaus sclilank, und bilden einen merkwürdigen Ge- gensatz zu den gedrungenen, kräftigen Portalstützen der romanischen Kirchen im Westen und Norden Böhmens. Das Portal ist übrigens nicht blos durch den Anbau der Vorhalle verdeckt, sondern auch barbarisch verstümmelt, indem die Eingangsthür, welche früher nach innen sich ölTnete, in späterer Zeit nach aussen zum On'nen, und zwar auf die Weise angebracht wurde, dass man, um einen guten Schluss zu gewinnen, in die beiden näher an die ÖlTnung stehenden Säulen Fugen hineinmeisselte. Die untere Hälfte der süd- lichen Mauer ist in vier, durch Rundbogen überhöhte Felder getheilt; das dritte derselben wird durch das Portal ausge- füllt. Die nördliche Aussenseite des KirchenschifTes ist auf ähnliche Weise wie die südliche mit Halbsäulen , über welche sich Rundbogen spannen, geziert; jedoch gewahrt man in den dadurch gebildeten Feldern keine Spur von Sculpturen. Im Westen schliesst sich an das Kirchenschiff der überaus feste aus Sandsteinquadern ausgeführte Thurm an. Jede Seite desselben hat eine doppelte Fensterreihe. Vor ungefähr 25 .lahren war noch jede der acht Schall- öffnungen durch zwei romanische Säulchen in drei Theile geschie- den, wodurch der Bau einen charak- teristischen male- rischen Ausdruck gewann, l'm aber dem .Vndraiig von Schnee und Re- gen zu wehren, hatte man, wie mir der alte Kirchen- diener erzählte, den mittleren Theil einer jeden Schallöffnung zu- gemauert, und die alitheilenden Säu- len zwischen Zie- (F'g- 3-) gehl eingekeilt, so dass gegenwärtig blos einige derselben in verstümmeltem Zustande im Innern des Thurmes aus der Mauer hervorragen.

Wemlen wir uns mm zur Betrachtung des inneren Raumes der Kii-clie, An das Schiff schliesst sieh ander

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Ostseite die haJbriindeCliornische an (s. den GriindrissFig. 3); das GewülLe, weiches sieli über dieselbe spannt, rührt noch von der ursprünglichen Anlage her, während die Wölbung über dem SchilTe, welche von keiner Säule gestützt, blos auf der Hauptmauer aufliegt, der späteren Zeit angehört. Die innere Länge der Kirche beträgt 5', die Breite 6 ', die Mauerstärke 2' 6". Der Kirchenraum wird durch vier schmale Rundbogenfenster und in seinem unteren Theile durch drei kleine halbrunde Fenster beleuchtet. In diesem Räume wird die Aufmerksamkeit vorzüglich durch zwei stämmige Säulen gefesselt, welche die Rundbogen stützen, auf denen die Empore oder der Betchor ndit. (Fig. 2.) Diese Sänlen sind, gleich wie die Sculpturen an der Aussen- seite, aus feinkörnigem, weichem Sandstein gehauen, ihre Capitäle an den unteren Ecken abgerundet und niitAcantluis- blättern geschmückt; vorspringende Leisten umsäumen die Halbkreisflächen des Capitäls, von denen zwei mit einem Basreliefstern geziert erscheinen. Unmittelbar auf den Capi- tälen liegen die Decken]ilatten, auf denen die Bogen, welche die kleine Arcade bilden, ruhen; ein einfacher Ring trennt das Capital vom Säulenschafte. Der Schaft der nördlichen Säule ist auf eine eigoiithümliche Weise verziert. Es ziehen .sich nämlich einige Reliefbänder von der rechten und andere von der entgegengesetzten Seite längs dem Schafte hinab und werden durch ein zierlich gefügtes Flechtwerk an den Durchschnittspunkten verknüpft. (Fig. 4.) Der Schaft der

andern Säule stellt sich ganz glatt und schmucklos dai-. Über dem Betchor, den die Arcade stützt, spannt sich ebenso wie über der Chor- nische eine Rundbogenwöl- bung. Zu diesem Betdior, welches 13' lang, 8' 4" bi'eit ist, hat der Erbauer durch eine kunstreiche Anordnung den Raum im Innern des Thtn-mes gewonnen und die (f'g- *■) unter dieser Empore, gegen-

wärtig als Sacristei benützte Halle ist gleichfalls, wie auf unserem Grundrisse ersichtlich, im Thurme angebracht. Die aus Quadern besonders sorgfältig hergestellte Stiege, welche auf den Thurm und zugleich auch zum Betchore führt, ist in der Mauerdicke des Thurmes angelegt. Der Eingang zu dieser Stiege befindet sieh an der Westseite des Thurmes und ist so hoch angebracht, dass man zu demselben auf einer hölzernen Stiege gelangen muss.

Erwähnenswerth sind endlich einige Grabsteine, welche in die Mauer unter dem Betchor eingefügt sind. Besonders zieht einer derselben die Aufmerksamkeit an sich durch sein meisterhaft ausgeführtes charakteristisches Wappen; die böhmische Aufschrift vom Jahre 1S77 bezeichnet dort die Ruhestätte eines Ritters MIadejowsky von Mladejowa. II.

Die lateinische Aufschrift des zweiten Steines sagt, dass dort ein Herr Swihowsky von Ri es enb urg begraben liegt; der dritte und vierte Grabstein bezeichnen abermals durch böhmische Aufschriften die Grabstätte einiger Glieder der Familie MIadejowsky von Mladejowa; dereine der- selben gewährt durch eine trefTich gearbeitete weibliche Figur eininteressanfesCostumbild aus dem XVI. Jahrhundert.

Aus der Anordnung und Bauart dieser Kirche ist er.sichtlich, dass dieselbe im XII. Jahrliundert aufgefiihrt wurde; ein Urtheil, das wenige Wochen darnach, als der Sciireiber dieser Zeilen zum ersten Jlale das Publicum auf dieses interessante Baudenkmal aufmerksam machte, voll- kommen bestätigt ward. Als nämlich im November des Jahres 1846 die Brüstungsmauer des Betchors in der Mitte, wo man eine Orgel aufstellen wollte, durchbrochen ward, fand man in derselben einen Altarstein von 3' 9 ' Länge und 3' Breite und unter diesem eine Büchse von Blei, auf welcher ein Wachssiegel aufgedrückt war. Auf dem Siegel gewahrte man die matten Umrisse einer Figur im bischöflichen Ornate und die Umschrift: DANIEL .... GRA .. PRA ... SCOPVS. (Daniel Bei Grtitia Pragensis episcopttsj. Die Büchse enthielt nebs* vielen Reliquien eine wohlerhaltene Perga- menturkunde, aus welcher zu entnehmen ist, dass der Altar am Betchor im Jahre 1163 durch den Bischof von Prag, Daniel, eingeweiht wurde, und zwar in Gegenwart des Königs von Böhmen W la dislaw I. und dessen Gemahlin, der Königin Judith, wie auch der Erbauerin der Kirche, Maria, und ihrer Söhne Slawibor und Paul'). Da aber das Kirchengebäude mit dem Hauptaltar früher gestanden liaben muss, ehe der Altar im Betchore eingereiht wurde, so muss man einen früheren Zeitpunkt, etwa zwischen 1 160 und 1 163 als die eigentliche Periode der Aufführung dieses Kirchen- baucs annehmen.

Die Urkunde von St. Jakob gewährt einen festen Anhaltspunkt für die Zeitbestimmung der Architectur- und Sculpturdenkmale aus der früheren Periode des Mittelalters

*J l)vv Text der Uikunde, deren Faesimile der Abti.aiidlun^ im Casop. cesk. Mus. 1847 beigefügt ist, lautet:

.■l«?io UominUc incariiatioiiis millesimo venlesimo se.rai/esimo quinlo, iutlict. dcciitie tcrtie . epact. dccime Septime, concurrent. guarte, etjo Vimicl , licet indigmis. Bei tarnen grütia Praijensium Episcopus deci- jittfs tei'tius , anno ordinutionis mee decimo (juintOj vicnse undecimo^ die tiiensis devimo nono, retjnante Friderico ylorionissimo et serenis- simo linnuinoruni Imperatore et semper antjusto , temporibus quoipie Wludiztai i/toriosifininii Boemornm rei/is, fias retiqniiis horvm sancto- rum in hoc uttari decinui tertia calendttrum liecembris propria manu recondidi.

lie lii/nti üomini , de ifcpnitttra Domini j S. Marie vin/inis, S. Joanniif Baptiste etc. etc.

hti et omncs Sancti Dei intercedere diynentur pro nie peccatorc ad flominum Detim Amen. Ego Wladizlaus rex Boemorum ejusdem temporis idcm oro. Amen.

Ego Judittn regina Boemorum ejusdcm tetnporis idcm oro. Amen. Ego Maria cons»actri.v hnjus eccleifie cum filiis meis Ziaveboro et Pai'h ejusdcm temporis idcm oro. Ainen. Amen. Amen.

Tifulus antem im jus idturis sancte Marie y gloriose et perpetue Virgini annotatnr.

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in Hiiliii.oii. Mliglicli ist es, dass wir in dieser rrkiiiule, welclie der Patron der Kirche zu St. .lakoh. Herr Graf Hein- rich (Miotek dem kirn, hiihiii. Museum iiherjjah, die H;ia(l- schrift des vaterlandischen Chronisten V i n e e a t i u s I)esilzen, der dem grossen Biseliof und Staatsmann Daniel als Ge- heimsehreiber diente. Oh die Figuren an der äusseren Kirchenwand irgend eine He/.iehiing zu den bei der Ein- ueihung des Betciioraltars gegenwartigen Personen liaben, vermögen wir nicht zn entscheiden. Ebenso wenig kann angegeben werden, welcher Familie die Erbauerin der Kirclic angehörte; jedenfalls deutet die Gegenwart des Königs und der Königin von Böhmen hei dem .\ete der Einweiiiung darauf hin. dass jene consb'uctrix Maria einem der ange- sehensten Grossen des fjandes, wahrscheinlich dem Besitzer der nächst gelegenen Landstreeke, vermalt war.

III. Vci'gleiclicmle t'liersiclit.

Die Kirchen zu Zäbof und St. Jakob stellen sich als Denkmale des Hiindbogcustyls dar, die in ihrer Detailbil- duni' EiKentluindichkeiten weisen, welche die meisten roma- nischen Kirchen des östlichen Böhmen, im Gegensatze zu den romanischen Bauten, die im Westen und im Norden des Landes vorkommen, charakterisiren. Der Sockel, die Lisenen und die Halbkreisbogen der östlichen Kirchen haben eine geringe Ausladung, während die Sockel der west- lichen und nördlichen Bauten, namentlich der Kirchen zu Potworow, Rudig, Liebsliau sen, i'odwinec und Molielnic hoch und .stark ausgeladen, der Bogenfries und <lie Lisenen derselben kräftig modellirt erscheinen. An den letztgenannten Kirchen gewahrt man auch die Würfelver- zicrung, und au den Bauten zu Potworow und Pod winec überdies den keilförnngen Zahnschnitt, welclie Ornamente an den romanischen Kirchen im östlichen Böhmen gar nicht, oder nur sehr spärlicli vorkonuncn. Das Portal der Kirche zu Zäbof, mit welchem das durch den Blitzstrahl aiilge- deekte Portal dir Kirche zu Hru.sic in der Structur und der Verzierungsweise seiner Archivolten grosse Ähnlichkeit hat, ist fein gegliedert und reicli Ornament irt, während die kräftigen schnuicklosen Porlalbogen der west- lichen Kirchen zumeist auf massiven Halbsäulen und Halb- pfeilcrn , deren Kanten a b g e f a s s t s i n d . aiifrnhen. Das überaus stark ausgeladene ilalbkreisornament erscheint an den westliehen und nördlichen Kirchenbauten auch als Ein- fassungsschmuck im Timpanum der Portale , und zw ar im Portal der Kirchen zu Liebshausen, Pod winec (wo es auch an der Archivolte des reich gegliedc-rlcn Bogens, der sich gegen die Empore zu ölfnet, vorkommt) und an der Ein- gangsthüre der Bundcapelle zu Zelkowic. Die unverkennbare Ähnlichkeit, welclte sich in den architektonischen Motiven und Ornamenten der letzterwähnten Kirchen kunil gibt, weiset offenbar auf eine gemeinsame Baupraxis, auf eine und

dieselbe Schule hin, welche den böiimischen Architekten die Vorbilder lieferte. Die Vergleichung dieser Bauten mit ilen romanischen Denkmalen der westlichen und nördlichen Nachbarländer Böhmens setzt es ausser Zweifel, dass dort, insbesondere aber in den sächsischen Ländern die Vorbilder jener böhmischen Kirciienbauten zu suciien sind. Die meisten jener im Nordusten Böhmens gelegenen Kirchen wurden aber im XI II. .lahrhnndert, somit zu einer Zeit erbaut, wo im westlichen Euriip;i die Periode des romanischen Styles bereits abgeschlossen Mar. Die Kirche zu Potworow, das bedeutendste unter diesen Baudenkmalen, wurde nach einer aus dem Plasser Cistercieuser Kloster herriiiirenden Hand- schrift im Jahre 1241 gegründet. Das Kirciilein zul'odwinec scheint sogar, wie Prof. Gruel)er im Oetrdierlieft 1856 der Mittheilungen nachgewiesen, aus dem Xl\'. Jahrhundert herzurühren. Über die Gründung der Kirchen zu liud ig, Liebshausen, Molielnic und Zelkowic liegen zwar keinehistorischen Daten vor; die Verwandtschaft der Bauweise und Ornamentik derselben mit den Kirchen zu Potworow und Pod winec deutet aber darauf hin. dass auch sie der spätesten Periode der romanischen Bauweise angehi'iren.

Über die Zeit der Erbauung der Kirche zu St. Jakob gewährt die oben angeführte Urkunde den sicliersten Auf- schluss: es ist die Mitte des Xll. Jahrhunderts; der Styl die- ser Kirche entspricht aber jenem, den man an den roma- nischen Bauten im östlichen und Centralböhmen gewahrt. Es geht somit daraus hervor, dass sich im östlichen und mittleren Böhmen im XII. Jahrhundert eine Baupraxis ent- wickelt hatte, welche in ihren romanischen Motiven manche Eigenthümlichkeit weiset.

Die böhmischen Geschichtsquellen lenken die Auf- merksamkeit des Forschers auf das Kloster Saza wa (erbaut im Jahre 1032 1039), wo die Kunst mit besonderer Vor- liebe gepflegt und von einigen .\bten selbst mit bedeuten- dem Erfolge geübt wurde. Bozetech, der vierte Abt des Klosters (1091 109ß) wird in der Chronik des Sazawer Mönches als ein vielbewundcrtcr Maler und Bildlianer ge- priesen, der die Sazawer Kirche grossartig erweitert und mit reichem Kirchensclimucke versehen hatte '). Aus der weitläufigen Schilderung, welche Cosnias von der Ein- weihung der Altäre in der Sazawer Kirche entwirft, ist ersichtlich, dass dieselbe ausser dem .\llare in der IJnter- kirche oder Krypte, siciien .Mtäre enthielt, dass sie daher als ein bedeutendes Bauwerk des romaiiisciicn Styles sich darstellte. Nicht blos Bozetecii, der letzte Abt des slawi- schen Ritus, dessen vielseitige Kimstbegabung die staunende Bewunderung der Zeitgenossen weckte"), sondern auch

') JUe (liozctcfhiis) ithiijprc venUKtisniine tunninit , /itii/rrc vel nvidperc ttijno liiin'dctjnr, ac unnc tontarc, peroplimr tinrif, Ipse sii/uidrm lovtim iltum (»umasterium Sazapicitsr) iaininbiliter omni ornatiiy 9iviili hodi- erna die apparet, dcvoravit. Kcvlesiom tuiif/itudiiir, altititdiiie venuntiS' simc amptiaitdo fundavit , imo paUiis, ctimpaiiis, cntcibus et omnibM monastivis rebus adornavif. Script, i-er. Iloh. I. 100.

2) Über Bozetvvh vergl. Palacky, Gesch. Biiliin. I. 33t.

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mehrere der nachfolgenden Ähte des lateinischen Ritus wer- den der bedeutenden Kunstwerke wegen, die sie ausführten, von den Zeitgenossen hoch gepriesen, so dass es unbezwei- felt erscheint, dass die Benedictiner zu Sazawa, eben so wie ihre Ordensbrüder in Italien, Frankreich und Deutschland sich die Pflege der Kunst und die Verbreitung der Cultur wesentlich angelegen sein Hessen. Von Silvester dem sechsten Abt des Klosters (1134) wird geschrieben: Uic capellam S. Dei Genitricis construxit, monasterium S. Joannis Bapthtae picturne venustate decoravit, muros cum nbs idibus in mcdio orntorü ab allnribus sancti Stephniii. et sancti Martini interpoauit, pavimeiiiiim eccle- siae lapidibus politis de Petrino monte advectis adornuvit, donnitoriiim, refectnrium, rellarium et coqniiinm atrium- qiie claiistri per circuitum cum columnellis et absi- diculis venustissime construxit. In villa Mnichovici nuncupnfa Basilicam in honorem sancti Michaelis et omnium coelestitim virtutum aedificavit. (Script, rer. Bob. I. 3 IG.) Und Reginhard. der achte Abt des Klosters Sa- zawa (im Jahre 1162). wird als Künstler gefeiert mit den Worten : Fnit in eo peritia pingere vel sculpere quoslibet imaffines /i(/no, vel osse. vel etinm diversi generis metallo; fabrilis (juoqiie non ignarus fuit artis, et omnis, quae ex vitro fieri solet, compositionis. (Scr. rer. Bob. 363.) Nicht unbegriindet ist daher die Meinung, dass am Schlüsse des XI. und im XII. Jahrhundert das Kloster Sazawa , als der Mitteljiunkt einer vielseitigen bedeutenden Kunsttbiitigkeit, einen wichtigen Einfluss auf die Entwickelung der Kunst im Lande geübt habe. Von dem alten Kloster und der Kirche zu Sazawa ist keine Spur übriggeblieben; die Kirche zu Mnichowie welche, wie oben angefühlt wurde, Abt Silvester erbaut, wurde im Jahre 1734 eingerissen und an ihrer Stelle eine moderne Kirche aufgeführt. Doch liegt die Ver- muthung nahe, dass die Kirche zu Hrusic ein Denkmal der Bauweise der Sazawer Mönche sei. Hrusic, welches zu den Gründen des Sazawer Klosters gehörte, liegt in geringer Entfernung von Mnichowie, und die Kirche des erstgenannten Ortes war in älterer Zeit eine Filiale der Mnichowicer Pfarre. Da nun der romanische Kirchenbau zu Hrusic das Gepräge des XII. Jahrhunderts weiset, so kann man mit Recht scbliessen, dass sich insbesondere an dem reichgezierten Portale derselben, welches in seiner Structur und Ornamentik sich dem Portale zu Ziihoi' nähert, ein Überrest der Sazawer Bautechnik erhalten hatte. Damit soll aber keineswegs behauptet werden, als ob diese Kunstweise eine durchaus eigenthümliche, ursprüngliche sei; vielmehr findet man, jedoch in weit entlegenen Ländern, Bauwerke des romanischen Styles, welche mit den Portalen zu Zäbof und Hrusic eine bedeutende Ähnlichkeit bähen ; so z. B. ein Seitenportal in der Kirche S. Michele zu Pavia und das Portal der Kirche Sancta Maria zu Toscauella im Kirchen- staate. Am häufigsten jedoch gewahrt mau im mittleren Frankreich, namentlich in den Provinzen Poitou, Saintonge

und Burguud die Arcliivolten der romanischen Portalbogen mit Rauten, Perlen, Arabesken, Laubwerk und mil Tbier- und Menschengesfalten geschmückt; so z. B. die Portale zu Surgere (Dep. Charan(c) und zu .\valon (Dcp. Yonne) '). Diese merkwürdige Übereinstimmung der Structur und Ornamentik der böhmischen Portale mit den französischen dürfte darin ihre Erklärung finden. dass der Abt Regi nhard in der Nähe jener Provinzen Frankreichs, wo der angedeu- tete Styl vorzugsweise herrsehte, nämlich zu Metz (Metensis geliere) geboren und erzogen war. Diesem kunstsinnigen Priester verdankte Böhmen mehrere grossarlige Kirchen- bauten. Gerlach, Abt zu Mühlhausen, erzählt in seiner Chronik, dass Reginhard als Abt des Klosters zu Selau (Siloe) daselbst um das Jahr 1184 eine Kirche zur Ehre des heil. Apostels Peter, und eine zweite zur Ehre der heil. Jungfrau Maria (die Letztere eine Basilica mit zwei Apsiden und vier Altären) erbaut habe =). Ausserdem geschieht häufig in den gleichzeitigen historischen Quellen die Erwähnung der Anlage, Erweiterung und gi'ossartigcn Ausschmückung der Kircbenbauten im XI. und XII. Jahrhundert. So schildert Cosmas den Undjau des Prager Domes durch Herzog Spiti- hnew im Jahre 1060, und der erste Furtsetzer des Cosmas beschreibt ausführlich, wie Herzog SobesI aw im Jahre 1130 die Wysehrader Capitular-Kirche erweitert, mit Gemälden und glänzenden Steinen ausgeschmückt, dieselbe mit einer Krone, die 12 Mark Goldes und SO Mai'k Silhers wog, beschenkt 2) und überdies, wie aus einer Original- Handschrift des Wysehrader Domcapitels erhellt, die .Altäre mit reichem Gold- und Silberschmuck ausgestattet hatte*). In der zweiten Hälfte des XII. Jahrhunderts, zumal in der Regierungsperiode König Wladislaw I. häufen sich die Nachrichten der böhmischen Qucllenschrittsteller über die Aufführung bedeutender Kirchen- und Klosterbauten. König Wladislaw wird vom Abt Gerlach mit den Worten geprie- sen: Rex Wladislaiis, quoad vixit , dccorem domus Dei inlime dilexit et ampliaril; tum inreligiosis personis.quas etiam ex exteris nfdiouibus adrexit , tum et in ilaiiii/ius religiosis, qnarum exstructor claruit eximius. D o b n e r Monum. 1.84). Wladislaw erbaute das Prämonstratenser- Kloster Strahow zu Prag, welches der zweite Fortsetzer

*) yioUct-lc-Di(c, fUvtioniiire de V archifccturc frun^aise I. .tl. S) Dobner, Monum. bist. Boem. I. 102.

äj Sobesltttis paiietcs depiniji freit, eoronam tiiream in ea siispcndit,

griae ponderut XIL viarcus tittri , tirijenti vcro LXXX. »es et fernnn

sine mimmeio , puvimentiim politis lapidibus e.xornavit , porticus in

circuitu addidit, ittijiwtiriii in Intcrihus dnohns nffixit etc. Script, rer.

Bob. I. 295.

**) Monasterium (Wissetjradfnsr) Summa vitjilantia curaei emendare , et

.rcniis , ijuantis dchui quantisee polui , exornare. Ifani ul de pictura

parietam et painmento politis lupidihns ornatOy et super iori operimento

aliisquc, quae intus et e.vterius addidiy taceam: Corona ex »uro et

anjeuto facta faciem tcmpli decoravi , altaria paliis er ucibusque tarn

aureiSf quam artjenteis rxarnavi, sacrarium dicersis libris dotavi. IC r h e n

Uej^esta Boem. p. y.

22"

160

des Cosmas fuhricuin venitstissimam neuiil ' ), iiiiil von duin Gerlach versicliert, dass der I'riiiniinslrateiisei'-Ordcii kaum ein zweites gleicli prachtvolles Klostei' besitze-). Üerseli)e König gründete ferner die Klöster zu Doxan, l'las und Leitomisehel, seine Gemalilin .luditli ainT das Frauen- kloster zu Teplic. Abt Gerlaeli lügt hiezu , dass die liöbniischen Dynasten von dem Beis|iiele ihres Königs hin- gerissen, zahlreiche Kirchen erbauten, und dass der König ihnen bei der Ausführung dieser Werke getreulieh beistand. Die Consecrationsurkunde von St. Jakob liefert einen Beweis der regen Theilnahme, die Wladislaw I. bei der Errich- tung der Kirchen au den Tag legte. Eine zweite Urkunde ähnlichen liilialls «iirde bei dem Umhaue der Kirdie zu Bohnie, einem nahe bei Prag hinterTroja liegenden Dorfe, im Altarsteine gefunden. Aucii dieses Doeument besagt, dass Bischof Daniel die Kirche, welche Gervasius Propst zu Wysehrad eri)aut, im Jahre Hö8 in Gegenwart des Königes Wladislaw, und der Königin Judith consecrirt habe^). In der Kirche zu Recan (im Chrud. Kreise) wurde im Jahre 1737 eine Authentik des Bischofes Daniel ähnli- chen Inhalts gefunden. Der Erbauer der Capelle wird dominus Predbok, casteUanus de Lmlaw genannt.

Es hat sich allerdings bis auf unsere Tage eine so bedeutende Anzahl romaniseiier IJaudenkmale erhalten, dass kaum auf irgend einem andern , gleich grossen Flächen- raume Deutsehlands so viele kirchliche Bauten dieses Styles vorgefunden werden. Doch sind es fast durchgehends kleine Dorfkirchen, die meistens entfernt von den Hau|)tstrassen und grösseren Städten, den Sehlagadern und Knotenpunkten der kriegerischen \"erwüstungszüge verllossener Jahrhun- derte, in abgelegenen Theilen des Laniles sich bargen. Von keinem dieser Baudenkmale geschieht in unseren historischen Quellenschriften irgend eine Erwähnung, mit Ausnahme der Klosterkirchen zu St. Georg in Prag, Tepl und Miihlhausen, die aber durch neuere Umbaue ihren ursprünglichen Typus grossentheils eingebüsst haben.

Die vielen in Böhmen noch vorlianJenen Dorfkirchen romanischen Styles erschienen den Zeitgenossen zu unl)e- deutend, als dass die Annalisten irgend eine Nachricht über den Bau derselben aufgezeichnet hätten. Da nun mehrere dieser unbeachteten Bauten sich als Denkmale einer achtens- werthen Bautechnik und künstlerischer Strebsamkeit ankün- digen, so kann schon daraus geschlossen werden, dass die zahlreichen in den gleichzeitigen iiistorischen Quellensclirif- ten gepriesenen, grossen Abteikirehen und Klöster Böhmens und Mährens als selir bedeutende .\rchitecturwerke sich dar- stßllten, die den Vergleich mit den grossartigen Bauten des .\uslandes niciit scheuen dürften *). Die westliclien Länder

') Script, rep lioh. I. 339.

^) Dobner, Mon. 1. 84.

') Vergl. .\I. Jlillaiicr, die Kirche zu n,)liiiit/. , in lii-n Aliliniirlluiifcn der

k. Iii'ihm. Gcselhclinn der Wissensch. vom .lalire 1830. *) Die erst in neuolerZeilvom kunMarcli.-iolosiscIieii .Sland|Minl<le lionchlelc Kirche der ehemaligen ßcnedicUner-Ahlci Trehic in Mahren gewühlt

Europa's hatten alu'i' keinen Ueligionssturm zu bestehen, der wie der lliisitenkrieg in B. dunen gegen die Kirchen und Klöster gewütliet und dieselben gleich einem vernichtenden Orkane niedergeworfen l\ätte. Darum stehen , wenn auch von den Einflüssen der Zeit und iiäulig von der nmstallenden Menschenhand verdei'blicb angelastet, grossartige romani- sche IVauten in Frankreich und Deutschland aufi'eeht, darum erheben sieh imeli die deutschen Dome zu Mainz, Worin s. Speier und Bamberg in ihrer alten Majestät. Vernichtet wurden hingegen von dem fiu-chlbaren Flammenstrome des Husitenkrieges die bereits im XII. Jahrhunderte bestandenen Kirchen und Klöster zuBrewnow, 0 s t r ow , 0 p a t o w i c , St r a h o w , S k a ü c , Se d I e c (von dessen Klosterkirche bericiitet wird, dass Zi/.ka , als er erfahren, dass dieser herrliche Bau gegen seinen Willen in eine Brandstätte verwandelt wurde, dem Brandleger geschmolzenes Silber in dieGurgel giessen liess), ferner das prachtvolle Postelberg, Sazau, Selau, Nepomuk, Doxan, Teplic, Sezemice, Osek, u. s. w. und zaldlose Kirdien, Städte und Schlösser, die von dem Ileichthum und der Kunstrichtung vergangener Jahrhunderte Kunde gaben '). Allerdings könnte ein nüchterner Forscher einwenden, dass eine Vergleichung der längst vernichteten romanischen Bau- werke Bölimens mit den deutschen imd französischen Domen des romanischen Styles nicht zulässig sei, weil sich von der Herrlichkeit der ersteren kein Denkmal erhalten hatte: ein- wenden könnte man, dass die Lol)|)reisungen, welche jenen Bauten von den alten böhmisclien Chronisten gespendet werden, in der provinciellenSphäre,auf\N eiche ihre Anschau- ung und ihr Urtheil beschränkt war, ihre Erklärung fänden. Doch nicht blos einheimische, auch fremde Gescliichl- schreiber schildern mit lebhaften Zügen die Pracht und den Glanz der kirchlichen Bauwerke, welche in Bölimen vor dem Husitenkriege prangten. Als Beispiel möge blos der ge- lehrte hochgebildete Aencas Sylvius, der nachmalige Papst Pius IL, angeführt werden, der die Menge, die Pracht und Grossartigkeit der Tempel , wie sie Böhmen vor dem Husitenkriege besass, mit folgenden begeisterten Worten schildert: Nnllum rfjiircf/iin»! aefnfe nosfra in titla Europa tarn /'re<ju<;tili/>us. tum nufjuxtis, tum oniulis tcmplis dicu- lum fuisse quam Bohemiam rcor; tcmpln in coalum crcctn fo/H/itudine ulque umplitudinc miruhili, forniculis tcqe- huntnr lupideis; ultariu in suhlimi positu, uuro et argento. quo snnctorum reliquiac tegebantur, onusta , snccrdotum

einen Beweis für die Rieliliy^keil dieser Ansicht. Dieter grossarlige Im rünianisehon Styl aufgeführte Hau, dessen rcichgeiicrie» Portal im .1. Hefte iler Paniiltky arcliacol. abgebildet erscheint, stellt sich auch jetzt in seinen «escntliehen llestandtheilen wohlerhallen dar. >) Böhmen besass im XII. J^ihrhuudert sieben grosse Collegiatkirchen, /.ehn Klöster des BenedicUner-Ordejis, acht I'riimonslnilenser-Klöster, sechs Klöster des Cistercieiisei'-Ordens und fünf Kr-euzlierrenklöster , im Ganzen 20 Klöster, die beinahe sfimmtlich im Husitenkriege niedci'- gebrannt wurden. Über die Gründung dieser Klöster s. Palacky, liejinv \\M. eesk. I). 1. e. 2, S. 34fi.

5^- /

Taf.ll

£f2 Ju/i/r TTIfT,

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161

vestcf! mtirf/arltiii texlac, ovnatus omnis dives , practiosis- sima siqHdIe.v etc.

Will man ein allgemeines Urtheil über die Kunst und Cultiirzusliindo eines Landes, wie sie in einer fernen Zeit- periude sich gestaltet haben, fällen, so sind zur Begründung eines solchen Urtheils die aus den Geschiehtsquellen ge- schöpften Nachrichten allein eben sowenig hinreichend, wie die blosse Betrachtung und Durchforschung der bestehenden Kunstdenkmale. Erst durch die Verbindung und Combinirung solcher Kunstreste mit den historischen Berichten w erden die thatsächlichen Zustände gehörig beleuchtet, sicherge-

stellt und auf ihren wahren Werth zurückgeführt. Eine solche Vergleichung und Combinirung ist bei der Beurtheilung der Kunstdenkmale des österreichischen Kaiserstaates insbeson- dere nothwendig, indem zumal fremde Kunsthistoriker bis jetzt zu sehr geneigt waren, die meisten Länder Österreichs, in kunsthistorischer Hinsicht als tahulae rasae, als öde Steppenländer zu betrachten, wo doch die noch vorhande- nen Kuustdenkmale sowohl als auch die geschichtlichen, in dieser Beziehung leider noch nicht gehörig durchgeforschten und gewürdigten Quellenwerke, uns Perioden eines kräftigen Kunst- und Culturlebens erschliessen.

Die Kirche zn Bärneck in Steiermark.

(Mit einer Tafel.) Von J. Scheiger, k. k. Conservator für Steiermark.

In einer der freundlichen Partien des Murthaies zwischen Brück und Gratz. nahe am linken Ufer des Flusses, noch näher an der gleichnamigen Eisenbahnstation, liegt das kleine, etwa zehn Gebäude zählende Dörfehen Bärneck, in Urkunden auch Pernegg genannt. So klein der Ort ist, finden wir doch in und bei demselben drei in archäologi- scher Beziehung nicht unwichtige Objecte, eine stattliche Kirche, die mit ihrem schlanken durch kein Zwiebel- oder Rettigdach entstellten Thurme recht freundlich in das Thal hinaussieht, in massiger Höhe darüber ein wohlerhaltenes von geschmackvollen Anlagen umgebenes Schlossgebäude des sechzehnten Jalirhunderts, endlich hoch am Berge, um- hüllt und im eigentlichen Sinne des Wortes zerdrückt vom Walde, eine weit ältere Schlossruine.

Das Verhältniss der geräumigen Kirche zu den weni- gen ärmlichen Häusern erweckt beim ersten Anblicke den Zweifel, oh jene nicht einst in der Mitte einer bedeuten- deren Ortschaft gelegen sei? Aber weder Spuren zer- störter Gebäude , noch Sagen , noch (soweit dem Schreiber dieser Zeilen bekannt) urkundliche Daten bestätigen die Vermuthung, dass einst ein grösserer Ort hier gestanden sei.

So haben wir denn höchst wahrscheinlich, ja beinahe gewiss, eine jener grösseren Kirchenbauten vor uns, die nicht das Bedürfuiss einer zahlreichen Gemeinde, sondern der religiöse Sinn eines Einzelnen, wohl eines Besitzers von Bärneck entstehen liess, um ausseht der dem Baume seiner Burg angepassten Capelle nach ein imposanteres, vielen Gläubigen zugängliches Gotteshaus in der Nähe zu haben.

Die Kirche Maria Bärneck, oder die Frauenkirche, von den Umwohnern auch theihveise Klein-Mariazell genannt und als Wallfahrtsort beliebt, ist eine Filialkirche der nahen Pfarre am jenseitigen Murufer.

Die Jahrzahl 1461 (zweimal vorkommend, nämlich in einer Fensternische eingemeisselt und an der Bogenmauer des Presbytcriums mit schwarzer Farbe angemalt) zeigt uns mit Bestimmtheit die Bauzeit; die beiläufige würden wir aus

der äusseren Bauart (Fig. 1) und einigen Theilen des Inneren errathen haben, obwohl letzteres in neuerer Zeit ganz umgestaltet wurde.

(Fig. 1.)

Die inneren Ausmasse sind iO^/^ Fuss Höhe, 115 Fuss Länge und 64 '/^ Fuss Breite ').

Durch je drei achteckige Pfeiler in zwei Reihen v ird das Gebäude in drei Schifle getheilt, und erhält durch

•) Wir lieiliiuerri iiiclit in der Lage /.u sein, einen tirundriss der Kirche veröfFenUielien zu können. D. Red.

16'i

zwölf Fenster reielilii-hes Licht. Die soiiüiiste Partie der Aussenseife ist diis Westportal (Hatipteingiing) ein ge- sclnvcifter Spitzbogen (Ereisriickon) mit in der Laibnng angebraciiten Consolen nnd Bahiaeiiinen. (Vgl. Tal". VI.) Anch über dem Portale erheben sieh als äusserer Schmuck vier solche Baldachine, redits nnd links von demselben ein- fache schmale Strebepfeiler; das Ganze, reich mit Krabben geschmückt nnd mannigfaltig prolilirt, gewährt, wie die. \bbil- dung zeigt, einen freudlichen, nicht überladenen Anblick.

Das Innere ist vom Hofkammermaler Molk auf Kosten Antons Grafen von Ijcslie gemalt, «ie die Inschrift: Joseph de Molk aul. cam. pictor pinxit ITTGnnd das Chronogra- phicum: „eX MV/ilf'ICoitla Antonll pro Dco pitLChr(f (letzteres mit dem Leslie'sclien Wappen) nachweist. Die Fresken gehören zu Mölk's besseren Arbeiten, sind wohl- erhalten und zum Theil von lebhafter und täuschender Wirkung.

Im Presbyterium ist derGrabstein Franz Jak ob's Gra- fen von Leslie, •{- 170(), nn't dem Familienwappen und dem bekannten Wahlspruche: Grip. fast (Greife fest); neben dem südlichen Seiteneingange jenes des Grafen Karl Cajetan Leslie, •]• I7G1, eingemauert. In der Leslie"schen Familien- gruft im Mittelschitl'e, ungerähr drei Klafter vom Eingange, wurden nach dem pfarrlichen Sterbprotokolle acht Glieder dieser einst weit berühmten Fann'lie, welche in Steiermark viel begütert war und auch Bärneck durch mehr als ein Jahrhundert besass, beigesetzt.

Noch ist, wenngleich in Bezug auf Kunstwerth unbe- deutend, ein Gemälde bemerkenswerth, die Mutter Gottes Mariahilf vorstellend, unter ihr zwei Väter der (lesellschaft Jesu und die Inschrift: „Bild der Mission so allda zu Bärnegg durch 8 Tage von zwei Missionariis S. J. gehalten und den 24. Mai 17ö0 beschlossen worden".

Die Sacristei birgt ein interessantes Messkleid , auf dessen Spiegel Christus am Kreuze mit Johannes und Maria, unten Magdalena, links ein halbes Pferd und rechts der Panther mit der Jahrzahl li>2;5 erscheinen, eine kunstreiche und ziemlich^ gut erhalten'Stickerei.

Unter dem Musikchore befinden sich vier wohlerhaltene, hölzerne runde Grabschilde der Familien Peru egg, Backh- nitz und Leslie ans der Periode vom Anfange des XVI. bis in das XVII. Jali i hundert.

Der Thurm ist etwas neuer, und in der eigenthüni- lichen Grundform eines schmalen Bechteckes an die Kirche angebaut.

Ausser der letzteren steht ein interessantes Marmor- denkmal, das Grab Gallus' Froiherrn von Backhnitz und Pernegg,-{- lööS, mit mehreren Figuren und Bibelsprüchen

geschmückt. l>ie lebensgrosse. knieende Statue ist sehr tüchtig gearbeitet, das Beiwerk, namentlich die schöne Büstung. ungemein tleissigausget'ührt nnd als eine an solchen Denkmalen seltene Beigabe trägt der Kückseitige hier ein wirkliches Schwert und einen solchen Dolch, wahrscheinlich Originalwall'en des Hingeschiedenen. Eine ähnliche Beigabe kommt in Sekkaii (di Judenbnrg vor, wo die auf dem Sar- kophage ruhenile Statue Erzherzogs Karl II. ebenfalls ein wirkliches Schwert an der Seite hat.

Das neuere Schloss, ein regelmässiges Viereck mit geräumigem Hofe und Bogengängen im Innern, ist durch die Vorsorge des gegenwärtigen, mit liebevollem Sinne für die Denkmale unserer Vorfahren begabten Besitzers wohl- erhalten.

Nach der über dem Eingange angebrachten Inschrift haben jener Gallus von Backhnitz, dessen Grabmal besprochen wurde (und der als tüchtiger Kriegsmann bekannt. Erzherzog Karl's des Zweiten Kämmerei' war) und seine Ge- mahlin Anna, geboi'ue von Trantmannsdorf, das Schloss vom J.1Ö78 bis 1082 vom Gruiule aus erbaut. Es mochte ihnen wohl die alte Burg Pernegg zu hoch und steil gelegen sein. Im Innern ist noch mancher interessante Bantheil, namentlich die Capelle interessant, in der sogar noch Glasgemälde mit dem Lesiie'scben Wappen den Vandalismus früherer Besitzer überlebten, nnd eben so sind mehrere Wandgemälde, Origi- nale aus dem XVll. Jahrlumdert merkwürdig, welche steie- rische Schlösser und Höfe vorstellen, die in jener Zeit der Familie Leslie gehin-ten, so z. B. Oberpettau, Bohitsch, Strass u. s. w.

Die Ruinen der alten Burg sind mit Gesträuch nnd Bäumen so bedeckt, dass ein Verständniss der Bäume und ihrer Bestimnmng schwer wird, und dass ohne Entfernung der Vegetation bald nur spärliche Trümmer vorhanden sein werden. Übrigens ist die .\nsdelinung bedeutend, und einige Tlieile sind noch kennbar inid ziendieli erhalten. Wenig davon mag übrigens aus jener Periode heri'üliren. wo .U)t Hein- rich von Admont, Feind des Besitzers Otto von Per- negg, die Burg im Jahre 1284 zerstörte, sondern wahr- scheinlich wurde sie seither wieder aufgebaut.

Es darf am Schlüsse dieser Zeilen die Bereitwilligkeit nicht unerwähnt bleiben, mit welcher der hocliw iirdige Herr Pfarrer Di est I mii- alle ihm zu Gebote stehenden Notizen und der Landes- Archäologe Karl Haas mir ebenfalls die von ihm gesammell<Mi Daten id)er die Kirche zur Beinilzung mittheilte.

Käme denConservatoren ähnliche Willfährigkeithänliger entgegen, so dürfte mit Gnmd auf ein ei-giebigeres Wirken derselben gehofft werden.

163

Pamätky archaeolOgicke a mistOplsne. (Archäologisch-topographische Denkwürdigkeiten.)

(Schiuss.)

Kiiuiiiii. von K. VI. Zapp (S. 149). Die Anfänge Kirche mit den mannigfiiltigsten, durchgehildetcn Bhittoriia-

und Sfhicivsale dieser merkwüi'digen alten Stadt sind kritisch menten geschmückt, deren Vorherrschen den ganzen Cha-

gcsichtet und anziehend geschildert. Eines der vorzüg- rakter des Gehiiiides bestimmt. Beinahe nirgends wiederholt

lichsteu und ältesten Baudenkniaie Bölunens ist die hiesige sich dasselbe Ornament an zwei benacliharten Wandsäulen,

Decanatkirche St. Stephan, seit der ältesten hierarchischen Wein-, Eichen-, Linden- und Ahornblätter kommen aber am

Einllieiliing des T^andes bis zu den hnsitischen Unruhen eine häufigsten vor. Die Ausfiilirung ist durchaus sorgfältig, und

Arcliidiakonatskirche. Die Anlage dieses Haiiwei'ks ist gleich- verräth eine hohe Kunstentwickelung, die besonders im Chore

zeitig mit der Anlage der Stadt auf ihrem gegenwärtigen der Kirche unsere Bewunderung erregt. Hier sind nämlich

Standorte, und fällt beiläufig in das Jahr 1230. Die Bau- längs den beiden Seifeinuauern bis zum Hochaltäre nach

formen sind früh-gothisch mit romanischen Reminiscenzen. Art der Stallen für die im Chore versammelte Gciitlichkeit

Das Mittelschiff ist mit dem um mehrere Stufen erhöhten steinerne Sitze in Spitzbogennischen in langen Reihen ange-

Chore 62 Schritte lang, zwei Thürme nehmen die Stelle der bracht. Zwischen jedem Nischensitze steht ein gothisches

Kreuzvorlagen ein, unter denen die, die halbe Höhe des Mit- Säulchen, jedes mit einem schönen Capital der obbeschrie-

telschilVes erreichenden SeitenschilVe durchlaufen und sich benen Art geziert. An die Sitzreihe zur linken schliesst sich

neben dem Chore aus dem Achtecke abschliessen. Die Apsis das im gleiclien Style reich verzierte Sacramenthäuschen an.

des Chores ist ebenfalls aus dem .4chtecke geschlossen. Drei eines der ältesten seiner Art in Böhmen. Die Kirche ist von

Pfeiler auf jeder Seite theileii die Schiffe ab , sie sind vier- innen und aussen mit Kalktiinche überzogen, und auch die

eckig, ohne Sockel und Gliederung, und nur schlanke Halb- kunstreichsten Sculptiu-en mit mehrfachen Lagen derselben

Säulen schliessen sich an selbe an als Gurtenträger der Wöl- verunstaltet. Hie und da abgekratzte Stellen lassen jedoch

bungen. An den beiden letzten, etwas verstärkten Pfeilern die schöne Arbeit erkennen, und zeigen eine spätere, I)unte

und auf Spitzbogenwölbungen ruhen drei Emporen. Enge Bemalung. Manche Spur führt zu der Vermuthung, dass im

gothische Fenster ohne Stabwerk öffnen sich sowohl in der Alterthume die Wände des Chores so wie die Fenster mit

Höhe des MittelschilTes ober den Pultdächern der Seiten- Malereien geziert waren. Von Glasmalerei haben sich hie

schilTe von aussen, als auch im Chore und in den Seiten- und da einige Beste erhalten. Unter den vielen monumen-

schiffen selbst. Auch das mit Masswerk verzierte Radfenster talen (jebäudeu Böhmens, die einer sorgfältigen liestauratiun

an der Westfronte hat nur bescheidene Dimensionen. Durch würdig sind und derselben dringend bedürfen, steht die

niedrige Spitzbogenthüren gelangt man ans den beiden Sei- Kaurimer Kirche ganz gewiss in der ersten Reihe. Alle

tenchören über mehrere steinerne Stufen von zwei Seiten in späteren Hände, die sicii an diesem Gebäude vergriffen,

eine unter dem Mittelchore angelegte achteckige Krypta, haben es nur verschlechtert. .4m übelsten ist die Wesl-

deren schwere Gewölbgurten in den Ecken auf einfachen fronte davon gekommen: sie wurde um das Jahr 1836

Tragsteiuen ruhen, in der Mitte aber in eine achtgliederige, ganz glatt verputzt und ihr ein Giebel mit drei Abstufungen

gekuppelte Säule zusammen laufen. Die Räumlichkeit dieser auf den schrägen Seiten aufgesetzt, Avie man selelie an

gothischen Krypta, die in ihrer Art im Lande ein Unicum Dkonomie- und Fabriksgebäuden sieht. Um den prufaiun

ist, beträgt IO-/3 Quadratklafter. Im Hintergrunde steht ein Anblick in etwas zu mildern, setzte man auf die Mauerabsätze

steinerner Altartisch, und diesem gegenüber führen mehrere winzige Heiligenstatueii aus der Zopfzeit und zu obcrst ein

Stufen noch tiefer hinab in eine ehemalige Gruft. Drei tiefe, kleines eisernes Kreuz, alles im ärgsten Widerspruche zu

halbrund geschlossene Fensterchen, die sichgegen dashinere dem ehrwürdigen Gebäude. Die beiden Thürme waren eiusi

schräg ausweiten, verbreiten ein spärliches Licht in die- auch viel hidier. und noch im XVll. Jalirhundert ober dem

sem einsamen Orte. So wie das ältere Kirchenschiff der Kirehendache durch eine kühn gespannte Brücke verbunden,

nur wenige Meilen von hier entfernten Koliner Decanat- Im Jahre 16T0 fiel jedoch diese Brücke bei einer Feuers-

kirclie, erfreut sich auch dieser Kaurimer Bau einer ausge- bruust herab, und zerschlug zwei Jodie der Kreuzwölbung

zeichneten Ornamentik. Das nördliche Portal ist einzig in imMiltelschill'e, die seitdem sehr slylwidrig ersetzt wurden,

seiner Art: mehrere gothische. gegen das Innere zurück- Ein drittel- 'riiuriu mit den Glocken steht isolirt vor ilem nörd-

tretende Säulen, deren Capitäle mit dem schönsten BIät- liehen Portale. Die beigegebenc Lithographie Taf lU stellt

terschmuck geziert sind, tragen einen hohen Spitzbogen, das Innere der Krypta vor. Nebst der Kirche fesseln auch die

dessen innere krumme Linien vermittelst kleiner Rundbögen Stadtmauern Kaurims die Aufmerksamkeit des .\rehäologen.

ausgeschweift sind. Und wie die Capitäle der Portalsäulen, Leider werden sie von den Bürgern selbst leichtsinnig ver-

so sind in ähnlicher Weise alle Capitäle im Inneren der stümmclt und zum Theil ganz abgebroehen: aiieli den noch

Iß4

übrin' cebliebeneii zwei Tliorthiirmeii droht von Seite des vandalisc-hcn Sinnes, der noeh immer seine Opfer suelit, die grösste Gefahr. Hiichst interessant nnd für das Stndinm der iiltesten slawischen Stadtanhisjren sehr wiehtiij ist die noch zum grössten Theile erhaltene Erdiim« aliniii; der frü- heren Stadt nnd Bnrg Kiii-im an der Ostseite der jetzigen Stadt, die einen Umtang von •'■', Stnnden hat. nnd einen regehnassigen Kreis hihlet.

Burg Smecno, von lleinrieh Otakar Miltner (S. 325 nnd 339). Dieser .\ufsatz hringt vorerst eine Beschreibung der im Prager Kreise bei Schlau in freier Lage die ganze Gegend beherrschenden Burg Smecno, des Hauptsitzes des berühmten Herrengesehleehtes der Marti- nice, und beschäftigt sich dann mit der Reihenfolge und den Schicksalen der Besitzer auf dem Grunde tleissiger Archivstndieu. Die Burg entstaiul in ihrer gegenwartigen Gestalt erst im Jahre 14(50. ist im Viereck augelegt und mit Wall und gemauertem Graben befestigt. Der interes- santeste Theil ist die Burgcapelle, von aussen mit mehreren Wappenschildern der ersten Erbauer, im Innern mit alten Inschriften und einem Flügelalt;ire geziert, dessen innere Seite schätzbare Beliefbilder aus Liudenholz, die äussere aber Gemälde aus der Mitte des XV. Jahrhunderts zeigt. Wichtig sind auch nebst anderen Seltenheiten die Ahnen- bilder im grossen Ahnensaal, der zugleich die schöne Schloss- bibliothek enthalt. Die Ansicht der Burg bringt die Tafel 14. Die Collegi a t k i rcli e zu Maria Himmelfahrt mit der St. Kathari na-Capel le in der Burg Karl- stein, von K. VI. Zapp (S. 336). Diese Räumlichkeiten sind nebst der Kreuzkirche die merkwürdigsten Bestand- theile des berühmten Karlsteins. Der VerAisser versucht eine ins Detail eingehende Würdigung aller hier hefiiidlichen Denkmale der Prachtliebe Karls IV. zu liefern, namentlich die für die Kunstgeschichte Böhmens unschätzbaren Wand- gemälde aus dem XIV. Jahrhundert, dann mehrere Sculp- turen und sonstige Knnstreliquien zu schildern. Eine 1' ö" hohe Statuette der Mutter Gottes aus carrarischcm !Marmor ( wahrscheinlich italienischen Ursprungs) in der Marienkirche, dann ein auf Kalk gemaltes .\nti[ieudiurn (Christus am Kreuze, mit zwei Seitengruppcn, wahrscheiidich von Nik. Wnrmser) in der Katharinen-Capellc sind mittelst zwei beigegebeneu Lithographien Tat". 18 und 19 versinnlicht.

Die kleinereu .\ufsätze sind: Das kaiserliche Sommerschloss Plnskovic. von K. VI. Zap[i; die Felsen von Prachov, von J(di. Zaviulil ; Svatava's Bezirk an der Säzawa, von Professor W. W. Tomek (ein Beitrag zur alten Tnpograjihie Böhmens); das Francisca nerklos ter in Neuhaus, von Hieronymus Solar; der Svijane r Bronzefund, von K. Vi. Zapp ; die kaiserliche Gruft in der Prager Dom- kirehe, von K. VI. Zapp; das byzantinische C rucifi X, gefunden i n de n Trii mmern de s Be n edic- t i ner-i nsel kl osters St. Johann d. T. be i Da vle, von

Professor J. E. W'ocel (mit Abbildung); die Minia- tur e n d e s i m b ö h m i s c h e n M u s e u m a u f b e w a h r t e n M a u u Scripts _ M a t e r v e r b o r u m ", von Professor J. E. Wocel (mit Facsimile des ersten Blattes); das böhm i s che Cantionale in K lattau, von J. V. Krizek; d a s V 0 t i V b i I (1 des E r z b i s c h o f s 0 c k o von VI a s i m in der Prager Gemäldegallerie, von K. VI. Zapp (mit litho- grapliirter Copie) ; das lateinische Gebetbuch des Königs Ladislaw Posthumus vom Museums- bibliothi'kar Wenzel llanka (mit 2 Tafeln Facsiniile"s) ; der S c h n i t z a 1 1 a r von Z w e 1 1 e I in d e r A u g u s t i n e r- k i r c h c i n W i e n ; G r a b s t e i n e d e r R i 1 1 e r f a m i 1 i e der Vrabsky von Vrabi in Strazist, von K. Fryb ; das gothische Oratorium König Wlad isla w"s H. in der Prager Domkirche, von K. VI. Zapp (mit Abbil- dung) ; P r 0 m e m o r i a in B e t r e f f d e r A 1 1 e r t h ü m e r in Chrudim, von K. VI. Zajip ; die alten Fahnen und Standarten in der Emauskirchc in Prag, von J. V. Kri'zek ; die Frescogcmälde in Rohoznä;

das ehemalige deutsche Haus in Pilsen; ein Besuch in der Burg Klingenberg, von Joseph Houska ; eine römische Inschrift in Trencin;

dieBerauner Thorthiirme; Bemerkungen über die Ruinen der Burg Velis, von J. B. L. u. s. w. n. s. \v.

In diesem ersten Bande der „Pamätky" beginnt auch eine ausführliche Beschreibung der böhmischen Münzen mit Abbililungen . deren Znsauunonstelluug der auch als Numismatiker vielverdiente Musoumsbibliothekar Herr Wenzel Hanka übernahm. Das böhmische Münz- wesen reicht bis zum .Vnfange des X. Jahihnnderts zurück, und zeichnet sich durch eine frühzeitige Entwickelung vortheilhalt aus. .\nf den diesem Bande heigegebenen vier Mimztafeln wei'den 7 Münzen des Herzogs Vratislav (v. 912 bis 92Ö) , 7 Münzen des Herzogs Wenzel des Heiligen (v. 92.Ö bis 931!) , 24 Münzen des Herzogs Boleslav I. (v. 936 bis 967) und 48 Münzen des Herzogs Boleslav II. (v. 967 bis 999) abgebildet. Die Abbildungen von anderen ;)6 bekannten Münzen des letztgenannten llei'zogs folgen im zweiten Bande des Werkes. Die bezügliche Beschrei- bung auf den Seiten 233, 283, 328 und 369 führt sämmt- liche Legenden an, und strebt nach möglichster Vollständig- keit. — Sehr beachtenswerth und mitunter selbst belustigend sind die Berichte des in Buhestand versetzten Pfarrers P. Wenzel Knilnuis über seine in den Sommermonaten der Jahre 1833 und 1834 unternommenen archäolo- gischen l' n t c r s u eil u n g e n u n d N a c li g r a b u n g c n (S. 90 und 283) meist in den Umgebungen Prags auf eine Eiilfcrnung von höchstens 4 3 Meilen. P. Krolmus , seit etwa dreissig .laliren ein eifriger Forscher der heidnischen Vorzeit , unternimmt seine regelmässigen archäologischen Excursionen seit eilf Jahren mit I uterstützung des archäolo- gischen Museum-Comite, und ist imAuflinden uml Erkennen

163

ehemaliger heidnischer Opfer- unJ Begrähnissplätze so sicher und meist so glüekh'ch, duss er in dieser Hinsiclit eine Art Celehritiit geworden ist, und sieli um die Bereicherung der archäologischen Sinnmlungen des höhmischen Museums hereits das grösste Verdienst erworben hat. P. Krohnus hat in seinen Bestrehungen viele Ähnlichkeit mit dem ehr- würdigen Pater Cochet in Frankreich, der die Resultate seiner Forschungen in der Normaiidie vor einem Jahre unter dem Titel: „La Normandie souterraine" der Oftent- lichkeit ühergab. Wenn man auch in Krolmus" mythologi- schem Systeme und in seiner Erklärungsweise des altslawi- schen lieidnischen Cultus beinahe keine streng wissen- schaftliche Begründung findet, so sind jedenfalls die von ihm in seinen Berichten niedergelegten Nachrichten über seine Funde und diese selbst für die Altei'thumswissenschaft von grossem Nutzen.

Herr J. V. Kii'/.ek lieferte (S. 329) einen heschrei- h enden Katalog der im kleineren Saale der archäolo- gischen Ahtheilung im bijhmis eben Museum aufgestellten Gegenstände (meist ciuheiniische und ausländische Curiosi- täten und ethnographische Merkwürdigkeiten , die in die systematisch geordneten Fächer nicht eingereiht werden konnten). Schliesslich findet sich in diesem Bande eine von K. VI. Zapp verfasste Geschichte des archäologischen Museal-Comite's (S. 42), so wie fortlaufende Berichte über die Sitzungen desselheu, dann ein literarisches Kepertorium über neu erschienene, in die Archäologie, Geschichte und Topographie einschlagende Schriften. Einen grossen praktischen Nutzen gewährt das dem Bande beigdruckte. sehr vollständige Personen-, Orts- und Sachi'esister.

Über die im Laufe des J. ISbß erschienenen vier Hefte des zweiten Bandes werden wir ein anderes Mal referiren.

Notiz.

(Funde römischer Alterthümer in Altofen.) Im J. 1833 wurden die an den Thermalbauten der Altofner Insel durch den k. k. Baudirector in Ofen, Hrn. Menapace, vorgenommenen Ausgrabungen und die gemachten Funde zur Kenntniss der k. k. Cenlral-Conmiission gebracht. Diese übergab die eingesendeten Gegenstände dem k. k. Münz- und Antiken-Cabinete. Der Vorstand dieses kaiserlichen In- stitutes, Herr Regierungsrath Jos. Arneth, hatte die Güte, die sachffemässen Erläuterungen einiger Funde der k. k. Cen- tral-Commission vorzulegen, welche wir hier veröffentlichen: 1. Bruchstück eines flachen Ziegels mit LEG.II.HAD

^- ^ . Legio secunda Hadriana (Fig. 1).

i^L EG II HA^Nur auf Monumenten dieser Art (auf

Fig. 1. Ziegeln) kömmt unter vielen anderen

diese Legion vor, was insoferne begreiflich ist, als Hadrian

mac „Trajana" unter

dXf^^AM

den Feldzug Traian's gegen die Dacier mitmachte. Es mag aber auch sein, dass die legio secunda Hadrian eben Hadriana genannt wurde.

2. Ein dickerer, S" breiter Mauerziegel mit dem Stem- pel: EXER.PAN.INF Exerci- tusPaunoniae inferioris (Fig. 2).

'*''■ "' Auch dieses Kriegsheer kömmt nur

auf Ziegeln vor und schliesst sich wohl an die: exercitus Brittannicus, Cappadocicus, Dacicus, Germanicus, Hispanicus, Ilyricus, Judaicus, Mauretaniens, Moesiacus, Norieus, Parthi- cus, Rhaeticus, Syriacus (auf den Münzen vorkommend) an.

3. Bruchstück mit dem Stempel COM. VII. BR

* i^ Die Breuci waren ein Volk in Nieder-

Pannonien am Savus, deren König Bato

Fig. 3.

sich dem Tiberius ergab. Diese Cohorte erscheint zum ersten Male auf einem Militärdiplome von Doniitian aus dem Jahre 95 n. Chr. (Jos. Arneth, Zwölf Römische Miiilär- diplome, Nr. XI, p. 39, 40).

4. Ganzer Ziegel von 1' 8" Länge, 10" Breite, I^J^ r—— 7^W^^^^^^ ™* ilem Stempel COH.IV.P.P

^CWJVf^^JJ_ cohors quarta Praetoria Pia Kis- 4- (Fig. 4).

5. Bruchstück mit zwei geriffelten Streifen ohne In- schrift.

6. Vier Heizröhren (eine lOVa" hoch, 7'/o" breit, 4" dick, zwei 9" hoch, 6" breit, 4Vj" dick) eine von beiden an den Seiten mit runden Löchern versehen , die vierte zerbrochen.

7. Bruchstück eines Mosaiks, aus unregelmässigen viereckigen Stückchen dunkelgrauen Marmors zusammen- gesetzt.

S. Sechs grössere und viele (ungefähr 30) kleinere Bruchstücke von Malereien : eines sehr schön blau, ein anderes von rother und blauer Farbe, durch einen weissen Streifen getrennt, eines schwärzlich mit blauen und rothen Streifen; auf einem brauneu sieht man einen Pferdekopf 3" hoch en grisaille gemalt, auf einem gelben, flüchtig braunen Ornamente. Bei vielen bemerkt man unter der Mörtelschiclite, aufweiche die Farbe aufgetragen ist, Spu- ren einer früheren Malerei. Ähnliches Vorkommen gewahrt mau aml{aMd^^ des Ufers bei Petrouell stehend, so\\ie auch in Salzburgau derStelle, wo jetzt das Mozart-Monument ist, ein interessanter Mosaikboden einen noch interessanteren, wohl erhaltenen und mit Fechterspielen geschmückten zudeckte.

II.

23

166

Correspondenzen.

^'ieiii Durch eine Ueilie voidic nstvollor IScscIiioiliiinfron vim mährischen AltcrlliiiiiiiTii des Conservatois v. l\liilireii (liefen Sylva Taroucca, wololie der k. k. CeiitiBl-Commissioii vorliegen und wovon wir in den niichsten Heften Gebrauch machen werden, auf die frühere Cistercienser-Abtci Tischnowitz auriuerksiuii gemacht, unternulim der Corresi)on<iont der k. k. C'entral-l'oniuiissinn lliTr A. Widtcr und der Gefertigte Anfangs Mai einen kurzen Auslliig an den gedachten Ort, um durch eigene Anschauung von dem A\'erlhe dieses viel gerühmten Baudenkmales überzeugt zu «enlen. Die Krwartungen wurden nicht getauscht. Sie fanden dort eine Kirche und einen Kreuzgang von hohem kunstgcschichllielH'n M erllie. welclie aus der ersten Hälfte des XIII. Jahrhunderts hc] rülireud, noch im grösstcntheils ursprünglichen Bauzustande erhalten und durch spätere Restaurationen nur wenig gclilten haben. Hr. Widter veranlasste sehr gelungene Photoirraphien der interessantesten Theilo der Kirche, die von einer kurzen Beschreibung des Oefertiglen begleitet, der k. k. Ccn- tral-Commission vorgelegt wurden. In Folge der interessanten Ergeb- nisse wurde eine genaue .\ufnabuie der Kirche und des Kreuzganges von Tischnowitz beschlossen. Zu gleicher Zeit soll sodann auch eine vollständige Aufnahme der sehr merkwürdigen Sehlnsskirche zu Trebifsch in Mahren in .•VngrllV gi-nomuien und beide Objecle in den Publicationcn der Central-Comniission verölVentlicht werden. Bezüglich des Kreuzganges in Tisclmowifz muss nur im buhen Grade bedauert werden, dass derselbe gegenwärtig so arg vernachlässigt und Alles angewendet wird, um dieses Baudenkmal seinem Buine zu- zuführen. Die k k. Central-Coumiisson hat sich aus diesem Grunde auch bestimmt gefunden, die erfordeiliehcn Schritte zur Erhaltung dieses ausgezeichneten Bauwerkes einzuleiten. K. Weiss.

Rrixeii* (Tirol.) In den folgenden Zeilen erhallen Sie einige kurzgefasste Nachrichten, aus denen Sie ersehen werden, dass das Wirken der k. k. Central-Conmiission auch fiir unser Laiul nicbt ohne Erfolg gewesen ist. Vorerst verdient bemerkt zu werden . dass sich bei uns der Sinn für die mittclalterlicbe Kunst immer mehr und mehr aufschliesst, und bereits ein sorg.sames Streben erzeugt hat, von den alten Kunst- und Bauwerken zu retten und zu erhalten, was noch gerettet und erhalten werden kann. Dass dieser Sinn wach und rege werde, daran ist wohl vor Allem gelegen, wenn der Endzweck eines Conservatoriums erreicht werden soll. In der That bleibt es immer- bin eines der vorzüglichsten Verdienste des k. k. Institutes, dass es ihren Bestrebungen gelungen ist, mit redlicher und tliätiger Bei- hilfe der Conservatoren diesen Sinn zu wecken. Die Erfolge davon zeigen sich in unserem Lande schon an mehreren Orten. In iMeran und Bozen haben sich Vereine gebildet, welche tlieils auf die Ver- breitung und Förderung archäologischer und kunsthistorischer Kenntnisse, tlieils auf Erforschung und Erhaltung der allen Monumente und Kunstwerke abzielen. In Naz, einem Pfarrdorfe auf dem Mittel- gebirge hei Brixen, ist die gofhischc Kirche durch die Bemühungen des Herrn Pfarrers Victor Gattcrer und des Herrn Gvmnasial- Professors Theodor Meicrbofcr sehr anständig reslaurirl, und mit einem neuen sehcnswcrthcn gothischcn Altar unter Anleitung des kundigen k. k. Baubeamten Michael Meier ausgestattet worden. Zu Lazfons, einem Pfarrdorfe IkjcIi auf der nördlichen Bergseite bei Clausen, wird ebenfalls an der Erweiterung imd Itestaurirung der allen goÜiischen Seelsorsxskirche gearheilcl. Die Ausführung ist hier einem fähigen und tbätigen Manne anvertraut, vom dem man nur Gutes hoffen kann. Im Thale M ar e i t steht noch ein golhiscbcs Kirchlein, welches schön gebaut . und noch gut erhalten ist. Darin befindet sich eine gothischc aus Marmor gcmeisselte Kanzel von sehr seltener Gestalt, imd ein schöner gotbischcr Altar, «eleher bisher nicht viele

Beschädigungen erlitten bat. DleBestauration bat der k. k. Kämmerer Herr Leopold Baron v. Sternbach auf eigene Kosten über- nommen, und will sie heuer noch zu Ende führen. Ich köimtc noch einige Orte nennen , wo ernstlieh an Bcstauration der Kirchen oder .Mtäre gedacht wird, und sehr viele wären aufzuzählen, in denen nur die karge und ärndiche Dotation dergleichen Bestrebungen unter- drückt.

Einen merkwürdigen Moment in den Annalcn unserer vater- ländischen Kunstgeschichte bietet aber die Allerhöchste Rntschlies- sung Seiner k. k. aposloliscben Majestät vom 20. ^lärz d. ,1., wodurch die von der k. k. t'entral-Couunission zur Erforscluing und Erhaltung der Baudenkmalc angeregte Beslauralion des Kreuzganges an der Kathedrale dahier angeordnet worden ist. Ich lege auf dies Ereigniss ein sehr grosses Gewicht, niclit blos weil uns ein sehr altes, wegen der Gemälde die es enthält besonders merkwürdiges Baudenkmal und mit diesem die beständige Erinnerung an die huldvollste Gnade des Kaisers gegen ein treues Land erhalten wird; sondern auch weil ich in dieser Allerhöchsten Entschlicssung einen fruchtbaren Keim zur weiteren Anregung zu finden glaube. Im folgenden Jahre wird also mit der Restauration des Kreuzganges der Anfang gemacht werden. Vorderhand aber wird man sieh mit jenen Vorkehrungen und Arbeiten begnügen müssen, welche zur Conscrvirung noth- wendig sind. Die Bedachung, welche schadhaft ist, und eine zur Ableitung des Wassers nicht geeignete Bauart hat, wird umgeändert und ganz neu hergestellt werden. Die Grabsteine, welche allerdings für die vaterländische Gcsehicbtc sehr merkwürdig sind, und gute Schriftproben aus dem XIV. und XV. Jahrhundert enthalten, aber mehrere Gemälde ganz oder theilweiso bedecken und die Bauart des Kreuzganges sehr entstellen, werden entfernt werden, und einen ganz passenden Platz im nächst gelegenen alten Friedhof zwischen der Kathedrale und Pfairkircbc linden. Der Staub und Schmutz, welcher sich seit Jahrhunderten abgelagert hat, soll beseitigt werden, und die Wände werden die ursprüngliche Gestalt und Farbe, die sich noch leicht finden lässt, wieder erhalten. Ist nun einmal der Kreuz- gang geschätzt, und hat er seine ursprüngliche Gestalt und Ansicht wieder gewonnen, dann wird auch an die llcstauration der schönen und für die Geschichte der Malerei sehr wichtigen Gemälde aus dem XIV, und XV. Jahrhundert gedacht werden können. Und es wird dann nicbt an Kcinstfreunden fehlen, welche die Beslauralion von einem oder dem anilern Bildwerke ühernchnien. Wenn irgendwo, so gilt auch hier der Spruch: Unilis viribus!

G. Tinkhauscr.

Friesat'll. (Kärnihen.) In iler Peterski rehe am Pcter.s- berge befinden sieh ausser den drei A 1 ta rsb i 1 d er n keine anderen merkwürdigen Bilder, vielweniger ein Wandgemälde. Am Hoch- altäre ist es der heilige Kirchenpatron Petrus, sehr schön und rührend in der Busse dargestellt. Beim Seitenallare ad dextiam ist das herrliebe und kunstvolle Bild, die Familia sacra darslellenil, mit der Jabrzahl lli'ij, noch sehr frisch und gut erhalten. Mil Neben- schilderu: 1. Wie der heil. Jo;ichim wegen seiner Unfruchtbarkeit vom llohcnpriesler vom heil. Opferaltare hinweg gestossen wird. 2. Dem Joachim und .Anna wird die Verheissung durch einen Engel gemacht, dass sie eine Tochter .Maria und künftige Mutter iIcs gött- lichen Welt-Erlösers empfangen sollen, 'i. Das herrliche Bild, die Gehurt Maria darstellend. Alle diese Bildnisse werden von Kunst- kennern allgemein bewundert und hochgeschätzt. Das Bild beim Altare an der Epislelseite stellt die zwei beil. Erzhischöfe von Salz- burg dar: Tbiemo und Balduin, die oft und lange zu Friesach residirten.

167

Die St. Peterskirclie besitzt diei Stücke iille, mit heilifien Figuren kunstvoll gestick te u iid ausgenii h te Casulae. IJie erste ist von weisser Seide, mit dem gekreuzigten Heiliinde in erlioh- ter, schöner und kunstvoller Arbeit, nach der ganzen Länge des kirchlichen Gewandes.

Die zweite roth seidene Casula, mit dem Heilande, an die Martersiiule zur Geisselung angebunden. Zur Seite dieses Bildes sind trauernde und weinende Engel im Fluge und sebwebend ange- bracht. Unter dem leidenden Erlöser steht das schöne und rührende Biidniss der schmerzhaften Mutler Maria.

Die ganz schwarze Casula ist von AVollcnstofl'. Im MIttelblattc erblickt man die jungfräuliche Mutter Maria mit dem Jesukinillein. Links und rechts sind sehwebende Engel, der eine mit einem Oster- fiihnlein, der andere mit der Weltkugel. Unter diesem Bilde ist der heilige Apostel Petrus, und weiter hinab der heilige Paulus; beide mit ihren gewöhnlichen Insignien.

Die Kirche am Petersberge besitzt auch ein altes, künstlieh geschnitztes und reich in Gold gefasstes Bi 1 d von Maria und Anna, beide in ihrer Mitte das Jesukind haltend.

Die beiden Glocken im Thurme sind ab anno ICO'J, die grös- sere mit den Bildnissen Jesus, Maria und Anna, die kleinere mit jenem St. Job. Bapt.

Die St. Peterskirche befindet sieh dermalen im guten Bauzu- stande, nur der neugebaute ungestaltete Thurm steht zur uralten schönen Kirche in gar keinem Verhältnisse; er ist mit Wcissblech eingedeckt. Übrigens macht er wegen seiner leichten und einfachen Struetur keinen nachtheiligen Einfluss auf das riesenfeste Kirchen- gebiiude.

Wandgemälde befinden sieb einzig nur in dem grossen Thurme und in dem Schlossgcbäude am Petersberge. In dem Thurme war die Schlosscapellc ; sie war ganz mit schönen Freseogemälden geziert; was man auch noch deutlich sieht, ist das heilige Abend- mahl, dann die zwei helligen Bischöfe von Salzburg: Uupertus und Virgi lins. Dieser Thurm ist ein längliebes Viereck, 12 Klafter hoch, ö'/a Klafter lang und 5 Klafter breit, hatte 3 Stockwerke über und 2 Stockwerke unter der Erde. Auch der Hofraum des Burgschlosses bildet ein längliches Viereck, 20 Klafter Länge und 18 Klafter Breite. Der südliche Tbeil des Schlosses war die Wohnung des Schlossbiuipt- mannes oder Vicedomes; an einer Gangniauer ist das schöne Wappen- bild des Salzburger Erzbisehofes Maximilian Grafen v. Kühn bürg, wahrscheinlich auf die Restauration des Schlosses Bezug habend. Auf der gegen Norden zugekehrten Frontseite war der sogenannte Ritter- saal mit schönen Fenstersäulcn. Im Hofe befindet sich ein cisternen- förmiger, aus schön gemeisselten Steinen gleichsam in den Felsen getriebener Schöpfbrunnen.

Es muss h'u;r leider bemerkt werden, dass von diesen grossarii- gen Schlossgebäuden alle schön gehauenen Steine, Säulen und Pfeiler von Thüren, Fenstern und Stiegen etc., selbst die in herrlich gemei- sselten Steinen majestätische Pforte der Schlosscapellc nach Mayer- hofen abgeführt, und dort zur Aufbauung des Ungeheuern Viehstalles sind verwendet worden; ja man kann sagen, der ganze Viehstall ist von den ehrwürdigen Steinen des Schlosses vom Petersberge gebaut.

Jobann B. Finster.

Cii'0.s.«iwar(lein. (Ungarn.) Das Verwaltungsgebiet Grosswar- dein, dessen Baudenkmalezu erforschen und zu überwachen mirzuTheil geworden ist, ist so arm an monumcnlalen Überresten des römischen oder christlichen Alterthums, wie vielleicht kein Anderes der grossen österreichischen Monarchie. Es scheint nämlich, dass während der römischen Herrschaft diese flache Gegend des ehemaligen Daciens noch wenig bewohnt und cultivirt, und selbst im MittelaKer die ger- manische oder romanisebe Baukunst bieber weniger vorgedrungen sei, als in andere Gegenden Ungarns und Siebenbürgens , wo deutsche

Ansiedler ordentliche mit Ringmauern umgebene Städte gegründet

und in denselben Kirchen, meistens im gothischcn Style gebaut haben.

Auch hat hier die Zerstöruiigswuth barbarischer Kriegsheere, sowie die unselige, der christlichen Kunst feindlich gesinnte Refor- mation mehr Verheerungen angerichtet , als in anderen Gegenden des Landes.

Diess dürfte die Ursache sein, dass selbst in Grosswardein. dieser vom heil. Kciiiig Ladislaus mit einem Bisthume und grossartiger Kathedrale zu Ehren der heiligen Jungfrau gegründeten Stadt, wo einstens mehrere Stifter und Klöster vorhanden waren, heutzutage nicht einmal die Spuren ihrer einstigen Grösse mehr anzutreffen sind, so ist Alles in dem Gewüble kriegerischer Jahrhunderte von der Oberfläche verschwunden.

Ein gleiches kann auch von anderen Gegenden des Grosswar- deiner Verwaltungsgebietes behauptet werden. Hier kann also die Aufgabe des Conservalors nur darin bestehen, selbst jene wenigen Überreste der entschwundenen Vorzeit, welche hie und da noch übrig gebliehen sind, sorgfältig aufzusuchen, und wenn gleich solche in monumentaler Hinsieht kaum beachtenswerth wären, in die Kette der von der Central -Commission beabsichtigten archäologischen Forschung einzureihen, damit in dem zu entwerfenden grossartigen Bilde der ganzen Monarchie keine leeren Partien bleiben. So musste ich vor allererst Erkundigungen einholen, ob nicht denaoch einige Kirebengcbäude, Schlossruinen, oder sonstige alte Bauten irgendwo in diesem Gebiete anzutreffen wären. Dann machte ich in den Jahren 18.i5 und 1836 Rundreisen, um die bezeichneten Baugegenstände selbst zu besichtigen; aber leider muss ich gesteben, dass meine bisherigen Forschungen wenig Denkwürdiges auszumitfeln ver- mochten. T. Fogaroschv.

Cä[ro»4.s|>rol>Ntilorf. (Siebenbürgen.) Nach langem Schweigen bin ich endlich wieder einmal so glücklich, von einigen archäologischen Funden berichten zu können, die ich im Laufe dieses Winters bei KleinschelkundGrossprobstdorf gemacht habe. Ich habe bei KIcinschelk (bei der sogenannten ..alten Burg") aufgefunden: 1) Einen runden Klumpen von gebranntem Thon, 7 Zoll im Durch- messer — wahrscheinlich zum Glüliendmacben und Hinabscbleudern auf die stürmenden Feinde bei Behigerungen in dieser an Steinen armen Gegend (S. Meyer's Convers. Lex. Bd. IL Art. Altdeutsches Rüst- und Contingentwesen). 2) Ein thöncrncs Rädchen, oder eine in der Mitte durchbohrte Scheibe, 4 Zoll durchscbnittlieb breit und IV4 Zoll dick wahrscheinlich von einem kleinen Kinderwagen. 3) Eine etwas beschädigte Schale. 4) Eine bauchige Vase, zu beiden Seiten mit am Bauche horizontal befindlichen zwei kleinen Handhaben, welche senkrecht durchlöchert sind, ö) 23 Stück thönerne. an einem Ende durchlöcherte und gebrannte Säulchen von 1 ZollSLin. bis 2 Zoll 2 Lin. Hiibo. die zu irgend einem technischen Zwecke gedient haben mögen. 6J Eine Silbermünze. Advers: IMP. CXE. L. SEP. SEV. PERT. Lucii Sept. Scveri Pertinacis Caput laureatum. Avers (ziemlich stark verwischt) : SECVLI FELICIT. Luna bicornis cum Sepfentrionibns.

Bei Grossprobs tdorf habe ich gefunden: 1) Viele Form- überblcibsel von einer Melallgiesserei, vermittelst welcher das über- Hüssigc Metall in Stangen aufgefangen wird, um dasselbe dann leichter verkleinern zu können. Auf der Stelle, wo ich diese Formüberbicibsel gewonnen, dürfte nach der Meinung des hochverehrten Herrn Pfarrers und Correspondcnten Mich. Ackncr, dem ich die hier angeführten Anticaglien zur Ansiebt und gefälligen Erklärung überscbickte, noch manches Merkwürdige zu Tage gefördert werden können. 2) Über- reste von fossilen Hirschgeweihen (Cervits prisciis Kaup.). 3) Eine etwas beschädigte Streitaxt aus Kalksfein, was selten ist, indem die- selben gewöhnlich aus Serpentin, Prcbnit, schwarzem Kieselscbiefer oder lydlscbem Stein besteben. 4) Eine kleine Streitaxt wahr- scheinlich ein Kinderspielzeug. 3) Ein Bruchstück von einem Mahlzahn \o\\ Elcphus primiyenitts Blumenb. C) Einen Spindelbeschwcrer.

23*

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7) Eine (lurclil)olirte Perle aus Gliis|i;ist:\. S) Der Huincrus vom lilii- iiocerus ficliorhi/nus Ciivier, 5 Pfund schwor. 9) Einen antiken, sclir oxvdirten S|)orn. an dem das Stornrüdj-Iion fehlt. iO) Viele Bruch- stüokc ;ilter (lofässe. Mi-rkwiirdisr ist os, dass die Oefassc, welche hei Kleiiischclk !j;ofunclcn werden, eine viel vi>llk()ninicncre und ^'clalli^cre Form hahcn, als die, welche hei Grossprohsldorf .■;ieh linden. Jene sind durch;»ängig von sehr geübter Hand gemaclit und meistentheils mit allerlei Verzierungen bedeckt, diese hingegen dnrelischnittlich so einfach, grnh und unvollkommen, dass sich aus einem Haufen hei

Klcinschelk und r.rüss])rolis(ilorf gefundener und zusammengeworfener Scherben die dem einen und dem anderen Orte oigcnthüniliehen Stücke sehr leicht wieder ausscheiden Hessen. Offenbar deutet diese auffallende Verschiedenheit der (lefassc hinsichtlich ihrer Form auf verschiedene Volkerbt;inime, oder wenigstens auf verscliicdeiie Zeiten eines und des- selben Volksstanmies, der hier gelebt haben wird, hin. Interessant wäre es, wenn aus allen Theilen Siebenbürgens solche kleine Altcr- thümcr gesammelt und mit einander verglichen würden.

M. M ö k e s c h.

Literarische Anzeigen.

Aus dem Inhalte des jüngst erschienenen ii. Heftes der „Pamatky archaco 1 o gicke heben wir folgende Aufsätze hervor: Denkmale des Städtchens Ueichcnau von Hugo Toman. Historisch topographische Abhandlung über Zakrawi und R i ch mwa Id von .?. Itozka. Die Gemeinden im südlichen Fiöhmen bis zum XH. .lahr- hundert von Dr. H. .lirfck. Ein Ueliquienscluein mit dem .\rme der heil. Magarcthavon K. V. Zapp. Einige Merkwürdigkeilendes Hathhauses in Königgrätz von M. L. Beschreibung und .Abbildung böhmischer Münzen von AVenzel Hauka (1004—1037). Des

Pater Krolmus archäologische Forschungen und deren Gewinn.

Archäologische Nachrichten aus Chrudim von M. L. und die

archäologischen Sam m 1 u n g e n des böhmischen Museums von.Ioh.

Hlawatv. An Abbildungen besitzt das Heft: den Reliquienschrein

bei St. Margareth. die Bruchstücke eines gothischen Schlosses.

böhmische Münzen und das Portal des Klosters St. Maria zu'fre-

hitsch in Mähreu.

Von der neuen Ausgabe der im Verlage von Ebner und Säu- bert in Stuttgart erscheinenden „Denkmäler der Kunst", bearbeitet v. Dr. W. Lübke in Berlin, welche wir wiederholt unseren Lesern auf das wärmste empfehlen, sind drei Lieferungen ausgegeben. Sie behandeln den Absclinitl: „Die Kunst auf ihren frühesten Entwick- lungsstufen" und zwar die Denkmäler des nordeuropäischen Alter- thums, jene von Südamerika und Mexiko, die Bildwerke von Oceanien und Mexiko, ägvptische und nuhische Bauten, ägyptische bildende Kunst, assyrische Sculptur, persische Archileclur, althindostanische Architectur, spälhindostanische Architcctur und indische Bildnerei mit erläuterndem Texte

(i. G. Ka 1 1 enha ch, der Verfasser des Werkes über die riirono- logie der deutschen Baukunst, hat so eben in Halle hei C. E.l'ef fcr eine Broschüre unter dem Titel: Dogmatisch -liturgisch -sym- bolische Auffassung der kirchlichen Baukunst im All- gemeinen und insbesondere der Rundbogen Style" erscheinen lassen , die einen heachtcnswerthen Beitrag zu den „brennenden Fragen" der Gegenwait über die AVahl des zweck- mässigsten und liturgisch-berechtigtsten Baustyles für kirchliche Gebäude bildet. Seine Ansicht geht dahin, dass eine Einigkeit denk- bar ist, sobald man auf wissenschaftliche Gründe zurückgehen und den chrisllichcn Tempel als ein Spiegelbild seiner Kirche betrachten will. Die Prüfung der Stylberechtigung beruhe daher in der Kirche selbst, in der Art ihrer Auffassung, also gewisser Massen ihrer Dogmen, ihrer Liturgie, ihrer Symbole unil nicht minder in der AVcisc. wie ihr innerer geistiger Gehalt nach Zeiten und Völker Aufnahme finden durfte. An diesem inneren Prüfsteine gehalten, kommt Kallenbach zur Überzeugung, dass das Wesen der kirchlichen Rundbogenstyle allein schon genügen dürfte, die Unzulänglichkeit derselben darzulegen und die Aufmerksamkeit auf den gothischen Styl liinzuleiten.

l)as,.Fehr uar- und r zh e f t" der in Stuttgart neu erscheinen- den Monafsehrift,,K irchcnschmuck, ein A rchi v für weibliche Handarbeit" enthält die Fortsetzung der interessanten „Briefe an eine edle Frau" v. Professor Kr cu sc r, einen .\ufsatz vom Conser- vator Bock über Entstehung, Form und ornamentale Ausstattung des Höckleins. eine techniseh-künstlerische Darstellung v. Alfred p"ey und die Fortsetzung der Mittheilung über Jerusalem v. .\ug. Lewald. .\n Farbdrucken enthalten beide Hefte ein Kaselkreuz und die romanische Kaiserstole. Zu Muslerlafcin wurden gewählt: ein Kaselkreuz, ein Medaillon in Form eines Pelikans, Linnen-Ornameute. ein golhisches ABt^ und die romanische Stole aus dem kaiser- lichen Krönungsornate. Die technische Erklärung der Beilagen ist gleichfalls eine interessante Arheit des .\rchäologon F. Bock.

Die zuletzt erscliiencnen beiden Nummern des „Organs für christliche Kunst" (Nr. 9 u. 10) enthalten folgende Aufsätze: „Das Erziehungshaus Na])olenn Eugenia in Paris", ein Denkmal christlicher Kunst und Wohltliätigkeit . eine Corrcspondenz „aus r,ondon" mit Anführung der Jüngsten kirchliehen Neubauten und die dortigen Architeeturzustände, die Fortsetzung der Abhandlung über die Geschichte der Glasmalerei in lüiropa. Als Tafel ist der einen Nummer eine Abbildung der Mariensäule, welche zur Erinnerung an die Verkündigung des Dogmas der unbelleckten Empfangniss in Cöln nach einem Entwürfe von V, Stalz crriehtet wurde , bei-

Von dem .Architekten Oskar Mothcs dem Verfasser der in der Herausgabe bcgriflencn Gesehiehte der Baukunst um! Bildnerei A'enedigs, auf die wir zu sprechen konnnen, wenn das Werk mehr vorgeschritten sein wird sind bis jetzt mehrere Lieferungen einer Encyklopädie der Baukunst unter dem Titel ..Allgemeines deutsches BauHörterhucli" im Verlage von Heinrich Mothcs in Leipzig erschienen. Das AVerk liegt uns bis jetzt nicht vor; wir müssen uns daher darauf beschränken anzuführen, wie das „Organ füi' christliche Kunst" sicli darüber ausspricht, wobei wir voraussetzen, dass das äusserst günstige Urlheil der Sache nach auch begründet ist. „Das AVerk ist durch und durch po|)ulärini edleren Sinne des Wortes, alle Artikel, sowohl die historischen als die rein erklärenden und beleh- renden, bündig und duchaus fasslich, lassen selbst dem mit der Sache V'ertrautcn nichts zu wünschen übrig, bringen gewiss noch manchen, dem das Studium der Baukunst selbst nicht fremd, viel des Neuen Belehren- den, da der A'erfasser die Baukunst aller Völker und Zeiten in ihren Erscheinungen und Einzelnhcilcn gründlich belehrend behandelt." Zum Schlüsse heisst es in der .Anzeige: „Die Ausstattung ist gut preiswürdig, nur hätten wir die Ausführung der erklärenden Tafeln mit ein wenig mehr Aufmerksamkeit behandelt gewünscht".

Aus der k. k. Hof- und Staatsdruckerei in AVicn.

Ipileu Monat orseheitit 1 Ht'fl nm ntiiidestens 3 Druckbogen und mit

Abbildungen. Der Prüitumerati u 115 [I reis ist fiir einen Julirgaiig oder rwolf Hefte nebst Register sowohl für Wien als dieKronljnder und das Anstund ■t il. C. M., bei portofreier /usi-nduQg in die Kroolüniler der osterr. Monarchie 411. 20 kr. CM.

MITTHEILUNGEN

DER K. K. CENTRAL- COMMISSION

PräDureeratioDeo überBch- ftien [) a I b - oder ganijäbrig all*' k.k. Posiämlpr der .Monarchie, welcbe auch die portofreie Zu»eodün^ der einzelnen Heflp besorgt-ü. liu Wege de& Uuch- haudtfl» sind :ille Pr^numerationeo und zwjr nur zu dem l'reiae too 4 fl. an den k. k. HofbuehhaDdlcr V.Braumüllcrio Wien za richtea.

ZUR ERFÖßSCIIiG iD llIÄLTll DER BAIDOWIILE.

Herausgegeben unler der Leilung des k. k. Seclions-Cbefs und Präses der k. k. Cenlral-Comniission Karl Freiherrn v. f zoernig.

Keaacteur : K a r 1 II e i s s.

N^-7.

IL Jahrgang.

Juli 1857.

Inhalt: Resfauiatioiien. Die uiigarisciieii Reichsinsicrnicn. Die alten Baiulerikmalc des Iselthalos in Tiinl. Über den AVerth von Grabdenkmalen und ihren Inschriften, wie auch über die Anlegung eines Corpus Epitapliiorum Vindohonensium. Aus Anlass von fünf Grabsteinen im Franciscanerkloster zu Neustadt! in Unterkrain. Die Inschriften und Büsten derGallerie desVeils-Domes zu Prag. Die St. Annacapelle des Domes zu Pressburg. Notizen. Corrcspondenzen. Literarische Anzeigen.

Restanrationen.

Der KreuKgaug; bei der Stiftskirche in Kärnten.

zu Milstat

Unter den kirchlichen Baiidenkmalen Kärnton.s nimmt der Kreuzgang des vormaligen Benedictinerstiftes Milstat in Oberkärnten einen vorzüglichen Rang ein. Während der Kreuzgang des Stiftes St. Paul sich nur noch im Grundriss erkennen lässt , der des vormaligen Cistercicnscrstiftcs Viktring den Neubauten des XVI. und XVll. Jahrliunderts weichen musste und der Kreuzgang des Doniinicanerklosters in Friesach der Früh-Gothik angehört und die den Bauten des Dominicanerordens eigentliiimliche Einfachlieit zeigt, ist der Kreuzgang des Klosters Milstat noch in seiner ursprünglichen romanischen Anlage erhalten.

Die vorzüglichste Bedeutung hat aber der Milstäter Kreuzgang durch die Symbolik in den Sculpturen des Por- tales , durch welches man aus dem Kreuzgange in die Stiftskirche tritt. Sie sind grösstenlheils der Apokalypse entnommen und haben desshalb auch eine culturgescbicht- liche Bedeutung, weil sich in der Stiftskirche noch mehrere Fragmente symbolisirender Sculpturen, welche einem älteren Baue entnommen sein dürften , eingemauert befinden und daher auf eine besondere Pflege der christlichen Sym- bolik in Milstat um so mehr geschlossen werden kann , als auch der von Hrn. v. Karajan edirte Physiologus einem Milstäter Pergament -Codex entnonnnen ist und auch in einer anderen, nun bei dem kämt. Gcsehichtsverein befind- lichen Milstäter Handschrift das letzte Blatt zu Federproben benutzt wurde, zu welchem grüsstentheils symbolische Thier- figuren gewählt wurden.

II.

Das Verständniss der Symbolik in den Sculpturen des Milstäter Kreuzganges ging in neuerer Zeit verloren und man glaubte in den menschlichen Missgestalten, welche die Portalsäulen tragen, die Reste der Götzenbilder zu sehen, deren Tempel Domitian in eine Kirche umgestaltet haben soll. Diese Ansicht und die verkehrte Verschönerungssucht der Neuzeit wirkten gemeinschaftlich dahin, dass die Sculp- turen wiederholt mit Tünche, fast bis zur Unkenntlichkeit, bedeckt wurden.

Ein noch schlimmeres Geschick hatte aber der Kreuz- gang selbst. Ein Theil desselben wurde als Kuhstall, der andere als Niederlage für Bretter, Wägen und alle Arten von Wirthschaftsgeräthen verwendet. Hiezu kam. dass sich neben dem Eingange aus dem Sliftshofe in dem Kreuzgang ein Schweinstall befand, dessen Bewohnern die Arcaden- gänge zu ihren Spaziergängen angewiesen waren. So kam es. dass der Kreuzgang beinahe unzugänglich wurde, besonders, da der Hofrauin desselben das Repositoriuni alles Uuratlies war, dadurch der alte Abzugscanal verstopft wurde und somit Schnee- und llegenwasser in die Aroadengänge überströmm- ten und diese kaum nocli dem Viehe zugänglich machten.

Der neuesten Zeit war es vorbehalten, diesen Unfügen ein Ziel zu setzen untl eines der vorzüglichsten kirclilichon Baudenkmale Kärntens der Kunstforscluing zugänglich zu machen. Die Zustände des Milstäter Kreuzganges wurden nämlich von dem umsichtigen und äusserst fhätigen Coiiser- vator für Kärnten, Freih. v. Ankershofeu, der k. k. Centralconnnission angezeigt. Diese unterliess nicht, sich alsogleich an das hohe k. k. Finanzministerium zu wenden, um eine sclinelle Abhilfe dieser Ubclsläiule zu erzielen. Noch im Spätherbsle v. J. wurde auch wirklich diu-ch die k. k.

>4

170

Finanz-Bpzirksdiroction in Kliigenfurt dem Ver\v:iltiiiigs:imto dt'f St.i:itsilnniiiiiio Milstat iiiifgptr.ififon , don KriMizgang imvorziiirlicli zu riuuiipii und boi dem Bi'ginne der giiiisti- irereii .lalireszeit mit der lieiniuuiiL;- des Ganges und Hofes wie aiicli mit der Ilerstelliiiig des Alizugseanals vorzugehen und diese Hestauriruug dem ("unservator anzuzeigen, um sohin bestimmen zu iiöiinen, ob und weiebe weitere ller- steiUingen nijtbig seien. Mit grösster Liberalität erklärte sich auch das h. k. k. Finanzministerium bereit, die Kosten der Conser V i rungs - Arb e i I e n aus dem Staats- sebatze zu bestreiten.

Hierdiireb ist die Erliaitiiiig eines blichst interessanten, aber jahrelang sell)st von den iieimiscben Topograidien wenig beachteten Baudenkmales gesichert und der Kunst- forscher ist dem Iciibafteu Interesse der Regierung und ihrer Organe an der Erhallimg der vaterländischen Kiitistdenkmale, sowie dem Kifei' des {'uMservators von Kärnten um so mehr zum lelihafti'n |t;inke ver|itlielitet. als sich die Stiftskirche von Milstat unter den Denkmalen befindet, mit deren Auf- nahme der Architekt Herr Lii)|tert von Seite der k. k. fentralcommission ei>en betraut ist. und also mit Zuversicht zu holVeii ist. dass in nicht ferner Zeit durch eine V'erölfent- liehung dieses Objecles der Kiinstferseher in die Lage kom- men w ird, sich über den W'erth des Milstäter Kreuzganges und die Bedeutung seiner Sculptiiren ein eigenes Urtheil zu verschaffen.

II.

Die C'onfratci'uifä di S. (liovanni EvaiigcUsta in Venediff.

In wenigen Wociien wird in Venedig eine von den sechs grossen religiösen Corporationen der sogenannten Con- fraternitäs '), deren Versammlungsorte (scuola) seit .lahr- hinulerten die .Aufmerksamkeit aller Kunstfreunde auf sicli gezogen haben, wieder restaurirt, seiner ursprüglichen Bestimnmng zurückgegeben worden sein, uml von nun an wieder « ie früher von Freunden der .Architectur und Kunst mit nicht minder lebendigem Interesse besucht werden, als die scuola di S. Bocco, oder die confraternitä dclla Caritä (die beutige Accadcrtua di belle arti) und die von S.Marco, denen sie .sich ihrem inneren W'erthe nach umuiltelbar anschliesst.

Die Bestauration des flebändes der Confi'aternita di S. (jiovanni ist dnr(di die aufopfernde Thäligkeit der Mit- glieder derselben, welche dem Stande der Bauhand werke angehör möglich gemacht worden. Sie iiaben das herr- liche (M-bäude uui rlic unbedeutende Summe von liO.OtM» Lire dem .\rare abgelöst, seit einer Reihe von .lahieu Mittel herbeige.sehall't. um es in allen seinen 'rhcilcn in «iirdiner

') jiiose scM-lii ColifintiTfiiU» waren ilic: S. Marco, S. Iliiro». ili'Ua Miseii- roritia. tleU.1 C»i-iL:V S. T<?uiI(M-i) uml S. (iiüv:uiili Kvant^cliHln.

Weise wieder herzustellen, und sich seihst unter den Aus- spielen des Gouvernements als „corporazione artistica di mutuo soccorso " reconstituirt. Die W'iedcrherstelliing dieses Monumentes hat in Venedig allgemeine Freude erregt. Conte A. Sagred o hat sein trelTliehes eben erschienenes Werk -sulle consorterie dellc arti edilicatori in Venezia" jenen chrenwerthen Mitbürgern gewidmet, die zur Her- stellung dieses Gebäudes beigetragen haben, und der würdige F. .\. Ci cogn a hat eine kleine Broschüre unter dem Titel „breve notizia intorno alla coniVaternitä di S. Govanni Evangelista in Venezia" veriilTentlicht.

Ich glaube nicht gegen das Interesse Ihrer Mitlhei- lungen zu liandeln, wenn ich Ihnen einen .\uszug aus Cicogna's Broschüre sende, denn es scheint niir, dass selten eine L'nternehmung in so Imliem («rade die Aufmerksam- keit der Freunde der Kunst verdient, als die der Bestaura- tion der genannten Confraternitä. Ihr l'rsprung ist folgender:

Die vcnetianische Patricicrfamiiie de Ba d oari grün- dete im Jahre !)7Ü die Kirche des h. Fvangelisten Johannes und vereinigte damit ein bis zum Eiide des .XIJI. Jahrb. beste- hendes Spital, dessen Prior unter dem l'atronate der Familie stand. Im Jahre 1307 erhielt eine confraternitä, die sich in der Pfarrkirche St. .\|iollinarc versanunelte und einen grösseren Baum bednrfle. von der geniinnlen Patricicrfamiiie und dem damaligen Prior des Hospitals St. (Jiovanni Buggero Cortesi das Recht, sich neben der Kirche und dem Hospital St. (jiovanni niederzulassen und im .lalire 1340 trat der Prioi' Jeremias Badoaro einen Theil des Raumes behufs eines Neubaues der Confralernilät ab, welche Cession Tiach dem Tode des Jeremias von Jakob Bodoiiro bestätigt wurde, l'nter ihm wurde im .labre 1349 der Bau der Scuola di St. Giovanni unternommen und im Jahre 14.S3 der Bau dersel- ben vollendet. Die Inschriften aus jener Zeit sind noch gegenwärtig erhalten. .\uf der älteren sieht man in einem Basrelief die Mitglieder der {{rmlerscbaft, kniend vor dem h. Evaug. Johannes; Beide sind in gdthisehen Buchstaben >).

*) Diesl! IllM'lil'inct) l:illtcll:

1.

Mcci:xf,nii. i'o. fato. yvi:sTii. i.AVoniEii.

f. .MISTIvIl. I.AVAIiOIAN. DE. I.A. srOI.A.

nie. .MisEit, si:n. zank. van(;ki.ista. ei'1':ii.

LI SOI. ('{).Ml'A(iM. ICIIEI.M. ItKM. DKI.A .SCOl.A.

K. CON. I.AIDA (coll:ijiitu)'l»rLI. NOSTIII. FUAIU. E Fd FaTO.

LX).N'. VOI.ETA (iMin voloiili'i). DEL. NÜIIEI.E. OMO. .MISIEIl. lACO.W).

BAIIOEIl. DITO. DA l'EUAOA. I'HKIII. DEI. DITO.

i.nco. K co.N.sTisi'ni.MKTo. dei. nodem. omem.

MISIKIi. MAIII.N. ItADdEH. DE SEN. lACO.MO. DEI. OHIO.

E .MISEIt. .MTÜT. llADOEIt. DK SENTO.STINA (ili s^iiila (iiu»liMB) E MI.SER.

ZAM. llAIXIEIt. DITO. DA I'E1IA(;A. E MISEIl. MAFIO.

liADOKIl llE STOSTI.NA. SOFlun (MIO rnili'll.il. TnTT. (AVI, E l'AlTlTTf.

DEI. lilTi». i.oco. eT: sieh. l;7rroi,\Mio. Dir.

MAZVlO. Cl (II.AlOli (proeoiulorc). DKL. .SOVIIA. iTTTmIS, Lnl'lUOIl.

II.

.MCCCCLIII. ADI Vin. MAflZO. FO.

DIMDO. LA. I'IlKSEIK. FAIUIKHA. DE OVKSTO.

AI.IIKIKJO. FATü. TVTO. DA.NVOVU. DI UE.M

171

I)amal.s hat die Bruderseliaft schon das Recht erhalten , im Bclliiii. Lazam Sehastiani, Hcneiletto Diana, ("arpaccio, Man-

oberen Saale einenAltar zu bauen, die Mysterien der Kirche sueti und Palma il Giovanc) in die Säle der Akaileiiiio di-r

daselbst zu feiern. Schule zu halten und arme Mailchen bei bildenden Künste iibei'tragen, einige wenige nur (so «ie die

Heirathen auszustatten. Im .lahre II569 übergab der Kanzler Heliijuieti des heil. Kreuzes) der Scuola erhalten 'J.

des Königreiches Cypern Filii)po Masserio ein Stück des Bis zum Jahre 1830 blieb die Scuola verlassen. Da

heil. Kreuzes, eine Reliquie, welche die Kirche iiald in den wurde der Gedanke lebendig, diese berühmte Scuola wieder

Kreisen der Gläubigen berühmt macht. Die Ornamente die- herzustellen; und im Jahre 183a wurde der Repräsentant

ser Scuola sind im reinsten Renaissancestyle und insbeson- der arte edificatoria Herr G. Bioadetti von der Behörde

ders sind es das elegante Eingangsthor mit dem Cortile vom eingeladen, das Gebäude um die Summe von 30.000 Lire

J. 1481. das mit Recht dem Pietro Lombard o zugeschrieben für die Coafraternitä zu übernehmen, eine Summe eben so

wird 1). Die herrliche Stiege und der obere Saal mit seinem gross für die Confraternitä, als gering für das herrlicln'

vielleicht in Italien einzigen Marmorboden, sind Werke die wir Gebäude selbst; die Cunfraternitä's , zu einer frommen

derAiifmerksamkeitder Architekten undKunstfreundeempfeh- Künstler-Gesellschaft di mutiio soccorso umgestaltet, bot,

len. ÜieserBruderschaft waren ausgezeichnetePersonen bei- unterstützt von einer Reihe von Patrioten und Kunstfreunden,

getreten, als : Philipp II., König von Spanien, Don Juan alles auf, um das Gebäude, das von nun an wieder eine Zierde

d'Austria, Diego diGuzmano u. s. f.,Maler wie Gentil, Venedigs sein wird, herzustellen. Es wird, wie wir uns

Bellini, Carpaccio, Lazaro Sebastiani, Tiziano, überzeugt haben, mit aller Rührigkeit an dieser Restauration

Vecellio, Palma il Giovane, Giov. Mansueti u. s. f. gearbeitet, und wie anfangs erwähnt, in einigen Wochen

schmückten die schönen Räume, und ihre Werke trugen vollendet sein. Eine Marmortafel im Stiegenbause wird die

nicht wenig dazu bei, diese Scuola berühmt zu machen. Vor Namen derjenigen bringen, die sich um die W'ieder-

eJnem halben Jahrhundert wurden die Confraternitä's und herstellung dieser Scuola besonders verdient gemacht haben,

viele andere aufgelöst, die berühmteren Gemälde (von Gent. Venedig, April 18ö7. R. E. v. E.

Die ungarischen Reichsinsignien.

Von Franz Bock, C-oiüeivator des eizljiseliofliclieii iMuseums in Cöln.

jj (crystal de röche), der durch 3 Kreise in 3 .4btlieilungeii zer- legt wird. In diesen drei Cmrandungen zeigt sich in sitzon-

Das Scepter. (Fenila, virna.) j oi u i ni i it i i n

derStellung das Bild eines Hundes, wie es uns scheinen will.

Dieses Scepter der ungarischen Könige ist in Rücksicht dreimal zurückkehrend. Diese Figiirationen im harten Kry- seiner Anlage und Composition sehr originell und auch hin- stalle sind nur wenig erhaben und ziemlich mli ausgearbeitet sichtlich seiner technischen Ausführung äusserst zierlich und und tragen denselben Charakter, wie wir ähiiliclicliautcrelief- reich gearbeitet. Es besteht aus zwei wesentlichen Haupt- artig gearbeitete Darstellungen in Krystall au i{elii|iiiarieii bestandtheilen: aus dem Stabe zur Handhabe (llstula, sty- (opera crystallina) in kirchlichen Schatzkammern mehrmals lus), und aus der darauf befindlichen Kugel von Bergkrystali gesehen haben. Wir sind der Ansicht, dass in dieser Darstel- in einem Durchmesser von 7 Centim. Die Handhabe (Stil) hing ein Hund und nicht ein anderesThier zu erkennen ist, was in Form eines Rtindstahes ist, um die Monotonie der Fläche auch seinen symbolischen, tieferen Grund daiin haben mag, zu heben, mit Filigranarbeiten, romanisc-he Rlättclien bil- dass der Hund als der Wächter aufzufassen ist und das Scepter dend, belegt. Diese Filigranarbeiten, in vier Reihen geord- den königlichen Wächter auf dem Throne andeuten sollte, dem net, liegen ziemlich stark vorspringend auf einer glatten der Hort und Schutz aller Ihrigen anvertraut ist. (Hieii und Goldiilatte in einer Weise auf, dass in den Vertiefungen sich unten, an den beiden Polen der Kugel, belindcn sich aus derHaucli der Jahrhunderte, als „aerngonobilis", festgestellt Goldblech zwölfblätliige Rosen als zierliche Abschlussbelege hat, wodurch eine angenehme Farhschaltirung gebildet und Ornamente, die durch geradliniges Sprossen«erk in wird. Der Stab mündet nach unten aus in einen kugelför- Filigran, das zum (\iitium hingebt. .Vliiilidikeit halicii mit migen Knauf. Auf dem filigranirten Stabe erblickt man das den Fensterrosctien an den frühgothischen Kathedralen des „pomum crystallinum," einen ziemlich grossen Krystallknauf nördlichen Frankreii-hs. Im lunein dieser mehr architcktoni- scheu Verzierung ergibt sieh eine Randverscblingung iiiFili-

nE NOSTRI. FRADEIJ. BATVOI. DE MIS SANZVANE. EVANGELISTA. IN. fEFo. DEL. NODEI.E. HOMO.

MIS MARCHO. BADOER. FO. DE. MIS. MCIIOI.O. PRIOR ') Die erhaltem-n fieniiilile sind von Dom. Tiiitorello , Saiilo l'ersii.hi <iu<l

DEL DITO. LVDGO. E DEL I'ROVIDO. E DISIRETO. OMO Anilre.i Vicoutini. Die ineiston iI.t in die Aka.lcniie nluTffi'S.'iinKi'ni'n

MIS. LACUOMO. TATAIiO. VAITTha CHANDO. GeniüMe bchandi-lii ili,- (Ji-siliiclil,. doi- Kren/paitiki'l, die sich noL-h

DE LA DITA. SCIIVOLA CON. SVl) CO.M'ACi.NI. gCfCeliHÜrlifc \m liusit/;e des iillesU'n t'uaidiano j;i»"de , Conte (iiovanni

') Siehe Cicognara fabbriche Moniiiuenti i'.isiiieui di Vene/.ia, 1840. voL Andri^helli befindet. Das beiiihnite (leniiilde Ti/.ian's die ,esl«si di

II. p. 227, tav. 197. S. (iiovanni- buni im Jahie ISl'J naeh England.

2i'

172

•M'an aussjefühi-t, wie sie bei den Orri:tnienteii des 12. Jiihr- huiidei-ts sehr oft vorkommt. Sowohl siuiimtliche Filigniii- veiziei'ungen als auch der Typus der sculptirten symbolischen Darstellungen in dem harten ungefügigen Crystal de röche lassen vollständig den Charakter des 12. Jahrhunderts erken- nen, dem die vorliegende „virga" ihre Entstehung zu verdan- ken haben dürfte. Nucii fügen wir hinzu, dass das ungarische Scepter dadurch eine eigenthümliehe Gestaltung gewinnt, in- dem von den oberen liligranirten Guldlagen mehr als zehn Kett- clien (ciilenuli), woran man kleinere Goldkügelchen erblickt, herunterhängen. Diese kleinen „bullae", die die Stelle der „tin- tinnabuli" vertreten sollten, haben neben ihrem ornamentalen Zweck gewiss auch noch den anderen praktischen, durch den nicht unangenehmen Klang (sonitus), den sie beim Tra- gen des Scepters verursachen, das Herannahen des Königs anzudeuten.

Was nun den ganzen Habitus dieses Scepters betrifl't, so sei hier nur in Kürze bemerkt, dass dasselbe im Gegensatz zu den übrigen Sceptern, die sich noch aus älterer Zeit im Occi- dente vorlinden, nicht so sehr denTrägerdesselben als unum- schränkt regierenden Fürsten und Gesetzgeber, der durch das Scepter seinen Willen zu erkennen gab und mit demsel- ben hinweisend seine Anordnungen traf, bezeichnet, sondern die Form desselben deutet vornehmlich auf den kriegerischen Sinn der Nation hin. die in ihrem König zunächst den Kriegs- helden erblickte. Desswegen hat auch offenbar das Scepter mehr die Form eines Streilkulben, einer Streitaxt, wie sich von solchen Streitkolben im Nationalmuseum zu Pesth in reicher Verzierung und meistens in edlem Metall mehrere ausgezeichnete Exemplare vorlinden, welche von siebenbür- gisehen Fürsten und ungarischen Grafen herrühren sollen.

III. Der Reichsapfel. ^Pomi'lliim, glohiis.)

Dieser Reichsapfel als ein „signum potentiae et maje- statis" findet sich in analoger Form, wie früher schon bemerkt, jedoch viel reicher und kunstvoller ausgestattet, bei den deutschen Reichskleinodicn vor. Es wird später ausführlicher darauf hingewiesen werden, wann der Reichs- apfel im Occidente zuerst in Gebrauch gekommen ist, welcher deutsche Kaiser ihn zuerst als ein Gesckenk von Rom erhallen hat und weiche symbolische Vorstellungen damit zusammenhängen. Hier sei nur in Kürze bemerkt, dass, älteren Symbolikern zufolge, die früheren Reichsäpfel im Innern der ausgehöhlten Kugel mit Erde ausgefüllt waren, lierkonimend vom Ölberg oder Golgotha. Durch die An- füllung mit dieser Jlaterie sollte der König in seiner Majestät daran erirmert werden, dass alle irdische Grösse und Herr- lichkeit, wie Staub und Asche vergehe, zugleich sollte ihn die Erde vom Calvarienberg auch daran erinnern, dass er vor Allem ein christlichor König sei, woran denselben auch das Kreuz mahnte, mit welchem der kleine „Globus" in der Regel geschmückt war.

Was nun die Form des ungarischen Reichsapfels be- triirt im Gegensatze zu der äusserst reichen und zierlichen Gestaltung, w eiche jener der deutschen Kleinodien besitzt, so will es uns hinsichtlich seiner höchst einfachen und schmucklosen Gestalt scheinen, dass vielleicht der ältere Reichsaiifel deräusserlichdenselbcnReichthum wie das eben beschriebene Reichsscepter gezeigt haben mochte, schon io der Frühzeit des Mittelalters durch kriegerische Zwischen- fälle abhanden gekommen ist. Der jetzige Reichsapfel bestehl einfach aus einem glatten Apfel von silbervergoldetem Riech im Durchmesser von 9 Centimetres. Auf demselben befindet sich ein Patriarchalkrcuz mit doppelten I5alken, das sogenannte „croce hyerosolemmc", in derllöhe von 8 Centi- metres, das ebenfalls wieder in einer Breite von 4 Milli- metres, auf beiden Seiten glatt ohne Steinschmuck undFili- gran gearbeitet ist. Das einzige Ornament, welches sich heute noch an demselben befindet, besteht aus einem klei- nen Wappcnschilde, das der Form nacli zu urtheilen, aus dem Beginne des 14. Jahrhunderts herrühren dürfte. Dieses Wappenschild nur 1 Centimetre und 8 Millimetres gross, zeigt auf seiner Fläche vier Abtheilungen, und zwar erblickt man auf den sich gegenüberstehenden Feldern auf blauem Grunde die vergoldete Lilie (fleur de lis) und auf den beiden anderen Feldern von der Linken zur Rechten hori- zontal laufende Querbalken vergoldet auf roth emaillirtem Grunde. Den „fleurs de lis- nach zu urtheilen dürfte dieses Wappen zur Zeit der Könige aus dem Hause Anjou seine Ent- stehunggefunden haben. Noch ein zweites Wappenschildchen fand sich auf dem Reichsapfel vor. Weil jedoch die Auf- löthung schwach war, ist dieses eine \\'appenschild bei der letzten traurigen Katastrophe wahrscheinlich verloren ge- gangen. Das eben beschriebene fand sich gleichfalls bei WiederentdeckuMg der Reichskleinodien Ungarns abgelöst vor und wird heute getrennt vom Reichsapfel sorgfällig auf- gehoben.

IV.

Fussbekleulunjtoii. (Ti/bialin, saudaline. socculi.)

Diese Tybialien, die bei dem alten Krönungsapparat von Ungarn die Stelle der heutigen Strümpfe vertraten, bieten kein besonderes Kunslinteresse, da sie nicht wie an den Tybialien der deutschen Reichsinsignicn mit kunstreichen Goldstickereien und Inschriften ornanienlirt , sondern aus ungemustertem ])urpurviolettem schwerem SeidentalTet in Form der alten Tybialien zusammengefügt sind. Diese Strümpfe in herkömmlicher Weise aus Seidenzeug zusammengesetzt, wurden, wie es uns scheinen will, bei Krömmgen über die anderen Fussbekleidungen gezogen und unter dem Knie befestigt. Es scheinen zu dem älteren Krönungsapparate, ausser der Alba und der Tunica. die lieule nicht mehr vor- findlich sind, auch noch reich verzierte Tybialien gehört zu haben, die wahrscheinlich beim Einfalle der Türken in die Hände Sideiman"s gefallen und verloren gegangen sind.

173

Die heutigen Strümpfe sind aus demselben gewebten Seidentaffet angefertigt, der auch als Futterzeug (doubiure) in dem heutigen Krünungsmantel im Beginne des 18. Jahr- hundertsangewandt worden ist, und scheinen auch aus dieser Zeit die noch vorfindlichen Tybialien herzurühren. Auch die heute noch aufbewahrten Sandalen bieten nicht das geringste Interesse für die Archäologie. Dieselben sind, ebenfalls ohne alle Ornamentalion und Stickerei, als ein dürftiges Surrogat fiir ältere verloren gegangene socculi zu betrachten. Der Form nach zu urtheilen scheinen diese „calceamenta" die ebenfalls wie die Tybialien durch die beklagenswerthe Versenkung in neuester Zeit gänzlich unbrauchbar ge- worden sind, aus der Zeit König Matthias II. herzurühren. Dafür spricht nicht nur die breite und stumpfe Form ihrer Ausmündung sondern auch der röthliche erloschene schwere Atlas, woraus sie angefertigt worden sind.

Y.

Das Schwert. (Gladitis.)

Unter den Reichskleinodien im Schlosse zu Ofen, von den alten ungarischen Königen herrührend, bietet unstreitig das daselbst aufbewahrte Schwert in formeller und artisti- scher Beziehung das bei weitem geringste Interesse. Schon bei der jüngsten Wiederauffindung sämmtlicher älterer Kleinodien haben sich mehrere competente Stimmen dahin geäussert, dass dieses Schwert wohl kein hohes Alter beanspruchen dürfe und dass es am allerwenigsten auf die Zeit des heil. Stephan zurückgeführt werden könne. Schon die äussere Form, noch mehr aber das kleine Ornament, das an dem oberen breiten Theiie des Schwertes eingravirt ist, nicht weniger die Handhabe des Schwertes selbst, ferner auch das Material sind auch weniger geübten Augen ein deutlicher Beweis, dass das Schwert als ein einfaches Rit- terschwert, herrührend aus der Frühzeit der Reniiaissance etwa aus der Zeit Franeoi's I. oder Henri IV. zu betrachten sei. Die Schneide des Schwertes selbst misst in ihrer gröss- ten Länge etwa 72 Centim. Dieselbe mündet in Form eines Dolches nach unten geradelinig in einer Spitze aus. Oben, wo die Schneide ihre grösste Breite zeigt, erblickt man, wenn auch vom Roste stark angefressen, auf beiden Seiten eine einfache Gravirung mit nur einigen Spuren einer früheren Vergoldung. Es zeigen sich nämlich von Laubornamenten mit Fruchtbildungen umschlungen, zwei kleinere Medaillons, mit zwei männlichen Brustbildern , wie sie im Charakter und Costümc der italienischen Renaissance aus dem Beginne des XVI. Jahrhunderts immer wieder angetroffen werden. Die Scheide des Schwertes, so wie der rothe Sammetüber- zug am Kreuzgriffe der Klinge ist neuesten Ursprungs.

VI.

AltarkreiiK. (Crux aUaris paciflcah.J

Dieses in Filigran reich verzierte Kreuz ist zugleich als Reliquiarium eingerichtet und sind in demselben mehrere

Reliquien eingeschlossen. Es bedienten sich dieses in Gran befindlichen Pacificales die Könige Ungarns bei der Krönung, wenn sie, dasselbe erhebend, den Schwur ablegten, die Inmiunitäten und Gerechtsamen des Landes nach den alten Satzungen aufrecht erhalten zu wollen. Hinsichtlich seiner kostbaren künstlerischen Ausstattung erinnert dasselbe viel- fach an die Ferula, die unter den Insignien der Krone Un- garns sich heute noch vorfindet. Dieses Scepter nämlich ist wie das in Rede stehende Kreuz in seinen wesentlicheren Theilen durch Filigranarbeiten im feinsten Gold ebenso reich ornamentirt, wie die vordere und Rückseite dieses Pacificales. uiul man möchte wegen der Analogie der Technik fast ver- sucht sein, die Anfertigung dieser beiden Stücke, einem und demselben Künstler zu vindiciren. Das Kreuz selbst, aus Goldblättchen angefertigt, misst in seiner grössten Länge 27 Centini., bei einer Breite von fast 22 Centim. und hat die Form eines lateinischen Kreuzes. Die Ausmündungen der vier Kreuzbalken sind verziert nach der, in der romani- schen Kunstepoche gewöhnlich vorkommenden Weise des Dreiblattes (trifle), und es tritt als weitere Verzierung noch eine halbkreisförmige Ausladung in den Winkeln hinzu, wo das Dreiblatt sich ansetzt; auch ist das dritte Blatt als Aus- mündung seinerseits in drei kleine Blätter getheilt, wodurch dem Ganzen eine zierliche und bewegte Physiognomie ver- liehen wird. In dem Durchkrcuzimgspunkt der Querbalken ist wieder eine vierblättrige Rose (Vierpass) durch Filigran- Cordonirung angedeutet, in welehen ein Fiiigran-Kreuz von gleich langen Querbalken, den vierten Pass ausfüllend, sich befindet, das mit einer Krystallfläcbe verschlossen ist, in welcher sich anscheinend Reli({uien befinden. Leider hat eine ungeschickte Hand, die den Kunstwerth des primitiven Kreuzes in Filigran nicht zu beurtlieilen wusste , die ^ icr Zwischenfelder, die durch den N'ierpass mit dem darauf befindlichen Kreuze gebildet werden , mit GoMbUittelu'ii ausgefüllt, worauf spielende, nichtssagende Ornainento in vielfarbigem Email sich befinden. Diese emaillirtcn Gold- blättchen verdecken die älteren Filigranverzierungen, die sich darunter befinden, wie das eine genaue Besichtigung ergeben hat; ebenso ist auf eine sehr misslungeue Weise, wie es den Anschein hat, von einem italienischen Künstler aus Venedig oder Floi'eiiz, gegen Sclihiss des XVI. Jahrhunderts ein sehr stilwidriges Fussstüek in Gold mit nichl^s;^gellden Emailverzierungen hinzugefügt worden, das zu der fonnen- gerechten Technik des prindliven Kreuzes schlecht passen will. Vielleicht mochte das ursprüngliche Pedalstüek des Kreuzes durch langen Gebraucli Schaden erlitten haben, so dass diese unglückliche Erneuerung für nolhw endig erachtet wurde.

Dass das Kreuz als Pacificale, mit welchem die Könige Ungarns in der Vorzeit den Schwur der Treue leisteten, früher ebenfalls mit einem Fuss und mit derselben techni- schen und dem Kreuze übcreinstinmicnden .\usstattung versehen war, bezeugt die Hinzufiigung von drei länglichen

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Raiitlrtiiclioii. die mit Filigran und Perlen reieli verziert sind, wie sie der (idldseliinidt um d;is XVI. ■I:dirlinndert an dem :ilfen sehadiiaflen Fiisse abirenonnnen und seinem neuen MiicIiuiM-ke auf eine iiiischieixlieiie Weise einverleilit hat. Seihst die Form (h\s Fusses selu'int in dessen areliit<'ktoiii- seiier Cünstruetioii noeh einitre Uemiiiiscenzen an die alten Formen desshalh zu bieten. Wir haben es nieht der Mühe wertb erachtet, jene Tliei!(> des |praehtvuiien Kreuzes, die viel jünireren l'rspruniis sind, und mit dem Kreuzi^ in keiner llariniinie stehen, in einer Zeichnuntr zu veiMMseliauliclien, es sei daiier aiieli n-eslattet. iii i\cv nesehreiliun^- davon zu abstrahiren, unil dafür einij^e Amieutunjjen über die orna- mentale Bes<-hafyenlieit der vorderen und hinteren Facade des Paeifieals zu geben.

Ni<'lil iiui' duicii die zierlieh entwiekelte Filigranarlieit. sondei'u auch durch den sehiinsteu Sehmuek der Kdejsteine zeichnet sieh die vordere Seite hedeuleud von der llüekseite aus; siimmllirlie FiliL;i'anarheiten stehen auf d(M' Mauptseite ziendieh frei und hoeli auf. Das aufgellitliete Filigran in den (ioldideclieii dient iihnlicli wie an dem lieielisapfel und den Kleinodien r)eutsehlands blos dazu, um als Stilehen hier zur .\ufnahme von kleinen Rosen. Friiehtbildnngen und Blattcheii zu dienen, die äusserst fein in Gidd aufgelölhet sind. ,ledes der vier Pniseiiblattei- ist in der Mitte mit einem läng- lichen Saphir verziert, der in Goldleisten von derber Fassung befestigt ist. Diesen umgeben 4 bis S grössere orientalische Perlen, die in einer Filigran-Einfassung contourirt sind. Die Amethysten, welelie indem Blatt auf der Ausmündnng der Rose angebracht sind, simi nicht pi-imitiv. wie das nicht nur die Faeettirung dieser Steine beweist, sondern auch die andere Einfassung dei'selben. Dessgleichen sind auch auf dem Fili- grankreuz des nnitleicn \'iei'jiass die Smaragde, wie es scheint, zur selben Zeit, als der Fuss hinzugefügt wurde, angesetzt worden. Für die Eclitheit derselben wollen wir vorliiulig nicht einstehen, l'brigens wurde leider das schöne Kreuz in seiner vordei-eu . reichgesclimückten Fa(,'ade sehr entstellt durch eine ungeschickte llinzufügung V(Ui 4 kleinen Kryslallkreuzen, die auf den 4 Fl;i(dn'n der Kreuzhaiken unscliön angebracht sind, wo früher sidi länglicli geformte Amethysten oder Rubinen befanden; es wird dies auch durch die Cordoninmg und Einfassung angezeigt, die sich unter den Glaskreuzen des (d)eren Ki-euzbalkcns befimlet.

I>ie hintere Seite des Pacificales ist einfach, mit Fili- granverzierungen in gefälligen Verscliliugnugen ornainentii't

und es befindet siidi hier keiuSchnnick V(Uil'erleu und Edel- steinen. Auf der rosenförmigen Ausmündunff der 4 Ralkeii erblickt man hier ziemlich stark liervorlretend vier runde Kapselu in einem Durchmesser von 3-;5 Centim., die sich in Form einer Kapsel ölVnen lassen und olTenbar den Zweck trugen, als Repositorinm zur Verscliliessung von Reli(|uien angewandt zu werden. Der rnilllere Vier[>ass auf der Durch- kreuzung im grössteii Din-chmesser von 8 Centim.. corre- spondirend nnt dem älinlielien Vier|)ass auf der vorderen Flüche ist auch hier sehr unschön von der Restauration des XVI. Jahrhunderts mit einer analog gestalteten Goldplatte verdeckt, die im Innern das unkünstleriseh getriebene Stand- bild der Hinunelskönigin zeigt, als Immaculata regiiia Stehemi auf dem Monde, umgeben von der Sonne mit der ln>ichrift in blauem Email: Regina eoeli patrona Hungariac. .\uch die ziemlich breiten Seitenwände (\''i Centim.) diese.s reichverzierten Paciticales der ungarischen Krone entbehren nieht des Detaiischmuckes, denn man erblickt dem ganzen Kreuze entlang eine kleine Bogenstellung von Filigran, in welcher in derselben Technik zugleich die Capiliile und Sockel durch Goldpunkte angedeutet sind. Auch dürfte e,s nicht schwor fallen, bei der so stylistisch ausgeprägten for- mellen Einrichtung des Kreuzes res[iective des ersten Auf- risses desselben mit ziemlicher Sicherheit die .Jahreszahl der Entstehung desselben annähernd zu fi.xiren. Nach .\nalogie mit mehreren anderen kircldiclien Kunstobjecten in Filigran dürfte das Kreuz seine Entstehung zu jener Zeit gefunden liaben, wo di<> Goldschrniedekunst den iiöhepuidit der tech- nischen .\usbildung erstiegen hatte , was unstreitig gegen Schluss der romanischen Knnslepoche unter der Regierung der letzten llohenstautVen der Fall war. Nach Analogie eines vollkommen ähnlichen Kreuzes mit Doppelhaiken. das die Pfarrkirche St. Johann zu Burd scheid bei Aaciien iieutc noch l)esitzt (herrührend aus einem früheren Kloster der Krenzhen-en in dcrXähe von Mastricht) wird auch das unga- rische Pacilicale zur Zeil der Regierung der Arpaden gegen Schluss des XII. oder Beginn des XlII. Jahrhunderts seine Anfertigung von der Hand eines seiir geübten Goldschmiedes gefunden hai)en. Es wäre im Interesse dieses merkwürdigen Pacificales gerecht, zu verfügen, dass bei einer künftigen Restauration sännntliche Znlhaten der späteren Zopfzeit mit Einschliiss des Fusses entfernt und von Meisterhand nach Analogie von allen Pedalstückeu in Filigran stilgemäss wie- der ei-o;änzt würde.

Die alten Bandenkmale des Iselthales in Tirol.

Von 'i T i n k h a u s 0 r . k. k. Conscrvalor fiir iliii Hrixio-i- Knis in Tirol.

(Mit einor Tafel )

Eines der grössten und merkwin-digsleu 'rliäler von Tirol ist das Iscilhal. welches sich mit den Seiti'ulhiileru Virgen. W i nd i seil - M a t re i und Kais von der gewal- tigen Gebirgskette des Krinnnler, Velher und Kaiser Tauern Lei Lienz in das freundliciie Drauthal iierahsenkt. Da wo

sicii die beiileu Thäli'r vereinigen, breilel sich eine schiMie und « eilgedchnte Ebene von frucbtbaien Feldern und grü- ueudein Wiesengrund ans. Zahlreiche Ortschaften an der Thalsidile und auf dem Miltelgebirge beleben die F>and- schaft. und halbverfallene BurL'eu erinnern an die edlen

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173

lind mächtigen Geschlechter , weldie einstens in dieser Gegend blühten. Den Eingang in das Iselthal beherrscht die Stadt Lienz; rechts thiirnien sich die Mauern des stol- zen Schlosses Brück, links ragt auf dem llügelgclande, die majestätische Pfarrkirche zum h. Andreas empor. Wir bewegen uns hier auf einem classischen Boden für die alte und mittlere Geschiclite Tirols. Die Stadt Lienz hat ihren Namen vom alten Loncium entlehnt, welches sich nördlich von der jetzigen Stadt auf dem mit Dörfern und Obstgärten besetzten Bergeshang von Oberlienz bis Dewant gelagert hat. Es war eine römische Municipal- stadt, und bildete eine Station an der vielbesuchten Handels- strasse , welche Aquileja mit Augsburg auf der kürzesten Linie über den Kärntner Kreuzberg, Loncium, Aguntiim und Veldidena verband. Die vielen römischen Münzen und ansehnlichen Denkmale . welche man in dieser Gegend gefunden hat, und die zum Theil noch aufbewahrt werden, sind die treiiesten Zeugen römischer Herrschaft und Cultur. Die Spuren derselben rufen uns sogar in die abgelegenen Thäler Wi ndisch-Ma trei und Virgen, ja selbst in das Möllthal zu den uralten tauriscischen Goldgruben.

Gegen das Ende des VL Jahrhunderts drangen die Wenden in das Pusterthal ein und besetzten die Gegenden bis Anras und Windisch-Matrei. Die slavischen Orts- und Familiennamen, denen man in diesen Gegenden allerwärts begegnet, beweisen, dass sich ihre Nachkommen bis auf den heutigen Tag noch erhalten haben.

Gewaltige Kämpfe wurden zwischen ihnen und den Bojoariern geschlagen. Ob das alte Loncium bei dem ver- heerenden Andrang dieser Völker oder später, wie die Sage meldet, durch einen Bergsturz zerstört worden sei, oder ob beide Missgeschickc die armen Bewohner getrollen haben, lässt sich nicht bestimmen. Die Trümmer von Säulen. Bogen- gängen, Mussivböden u. s.w., welche man vor einem Jahr- hundert in der Nähe von Lienz zwischen Nussdorf und Dewant ausgegraben hat, sind zu wenig untersucht worden, als dass man daraus einen Schluss ziehen oder eine Ver- miithung schöpfen könnte. Unbekannt ist auch, wann die Stadt in ihren jetzigen Standort an den [fem der Isel ver- legt worden ist. Seit der Theilung der tirolisch-görzischen Lande (1271) war Lienz eine beliebte Residenz der görzi- schen Linie und schwang sich zu hoher Blüthe und zu einem ansehnlichen Wohlstand auf. Viele Edlen hielten sich hier im Dienste der reichen und mächtigen Grafen auf. Lienz erhielt ein Burggrafenamt und eine eigene Müiiko. Mit dem Tode Leonhard's, des letzten Grafen von Görz (1500), sank es zu einem einfachen Landstädtclien herab. Der Adel verliess nach und nach die Stadt, und die meisten Burghal- den in der Umgebung zeigen nur mehr lUiinen oder kaum erkennbare Spuren dahin geschwundener Zeiten.

.Aus den Zeiten der Grafen von Görz haben sich in Lienz nur mehr zwei bedeutende Bauwerke erhalten, näm- lich die Pfarrkirche und das Sc bloss Brück. Die

Pfarrkirche zum h. Andreas .\postel erhebt sich abseits von der Stadt am linken Ufer der Isel auf einem Hügel, wo man eine sehr freundliche Aussicht über das ganze Thalgebäude geniesst. Sie bildet einen gothischen Bau von anselinlicher Grösse mit drei Schill'en im Langliaus, wovon das mittlere die beiden anderen überragt. Im Jahre 1444 brannte die alte Pfarrkirche mit der Stadt ab; in wenigen Jahren ward die jetzige erbaut, welche Benedict, Erzbischof von Tiberias, am 9. October 1457 eingeweiht hat. Weder an den Pfeilern, worauf die .\rcaden der Schiire ruhen, noch im Gewölbe , ja nicht einmal an der steinernen Kanzel bemerken wir schöne Formen. Die masslos grobe Tiiiiclic. womit man die ganze Kirche belegt hat, scheint viele Theile zu verdecken. Der Chor ist, so viel ich mich erinnere, durch Bauten in späterer Zeit verunstaltet worden und das Presbyterium , welches im Jahre 1738 sammt dem Thiiiin durch einen Blitzstrahl theilweise zerstört worden ist, hat nun ganz den Baustyl und die Ornamentik der damaligen Zeit.

Merkwürdig an dieser Kindie ist, dass sie auch zugleich als fürstliches Maiisulcurn diente. Diese Bestiinniiing findet sich deutlich in den Baulheilen der Seitenschille ausgedrückt. Jedes derselben ist nämlich mit einem starken Fronbogen quer durchschnitten und gleichsam abgetheilt. Von diesem Bogen bis zum Abschluss am Presbyterium sind die Seiten- wände der Nebenschill'e mit zierlichen Schrägen ausgestattet, so dass diese Räume lorinlich ausgeschieden und mit Absiciit vor anderen ausgezeichnet erscheinen. Hier befanden sich auch wirklich zwei vom Boden bedeutend erhabene Grab- monumente mit kunstbarer Steinarbeit. Auf der Evangelien- seite war das Grabmal Leonliards, des letzten Grafen von Görz. Darunter lag eine kleine Gruft, in der aber nie eine Leiche lieigesetzt vdrdeii ist. \\'enigstens hat man da- von keine Spuren gefunden. Gegenüber, nämlich im Seiten- schilVauf der Epistelseite, erhob sich das Grabmal der Burg- grafen von Lienz. Später hat sich der prunkliebende Gerichtsherr Michael Freiherr von Wolkenstein ein ähnliches Monument im Mittelschiffe setzen lassen. Diese drei Denkmale erhielten sich in der Kirche bis gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts, um welche Zeit sie um Raum zu gewinnen auf Amirdiiung des Decaiis und Pfarrers J o- hann Wilhelm v. Sterzinger eingesenkt worden sind. Die drei prächtigen Steine, welche mit ihren schönen Wap- pen und Schildimgen die Grabhügel deckten, sind jetzt in der Kirche aufgestellt und die Trümmer iler kunstvoll ge- meisseltcn Sockel liegen zerstreut im Friedhof heruiii. Eine eigenthümliclie Form zeigt sieh au den Portalen dieser Kirche und diese Form habe ieli in der ganzen Umgebung von Lienz vorherrsebend gefunden. Das innerste Glied, d. h. die eigentliche Thür. hat den Rundbogen, über «elehein sich die Stäbe und Ibdilkehlen der Einsehrägung im S|)itz- bogen vereinigen.

Aus dem Friedhof gelangt man in die Krypta, welche den Unterbau des Presbyteriums bildet. Das schmutzige

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Aussehen und die ganz miserable Einrichtung sind zwar nicht ciiiiadend, aber w'iv find(Mi hier die liesle Structur im ganzen Bau, nändicli ein sehr schön gegliedertes Netzge- wülbc. welches ein vollständiges Achteck umgibt. Die fünf Seiten des Achteckes, welche den Chor der Kirche ahschlies- sen, senken sich in den rnterbau hinab und werden hier durch drei Gurten, welche in der Wand und auf zwei vor- springenden Säulen aufsitzen, zum ganzen Achteck fortge- führt. Über dieses schwingt' sieh das schiine Gewölbe, wel- ches von einem starken Mittelpl'eiler getragen wird, und aus ganz regelmässig geometrischen Figuren zusammengesetzt ist. (Vergl. Tafel YII, Fig. .1 und B.)

Uas zweite bedeutende Gebäude, welches uns in I^ienz aus der Görz'schen Periode gezeigt und von den ncisenden sehr liäufig besucht wird, ist das Sc bloss liruck, welches sich am rechten l'for der Isel auf einem zum Tlieil bebauten und mit Bäumen bewachsenen Felsluigel erhebt. Es bewacht den Eingang in das Iselthal, und die ganze Gegend weithin heherrschend bietet es eine herrliche Fernsicht. Die weit- läufigen Gebäude, wie sie jetzt zu sehen sind, gehören ver- schiedenen Zeiten an. Einige reichen in die romanische Pe- riode hinauf und stammen wahrscheinlich aus der zweiten Hälfte des XIII. Jahrhunderts. Unter diesen nimmt den ersten Platz die romanische Bürge apel le ein. Der Grundriss zeigt ein Quadrat mit der anliegenden Apsis, der Aufriss aber zwei Stockwerke, wovon das obere von dem untern in der .\psis durch ein Gewölbe, im Quadrate aber durch einen hölzernen l'mgang getrennt wird. Jedes Stockwerk hatte einen Altar, jetzt sind nur mehr die gemauerten Altartische zu sehen. Über den Apsiden steigt der Rundbogen auf, das Quadrat aber wird von einem gothischeu Kreuzgewölbe umspannt. Die Capelle wird jetzt ganz vernachlässigt und dem Veifalle preisgegeben. Der Umgang ist morsch und das Jlauerwerk klüftet, so dass die Gefahr des Sturzes nur durch die Verbindung mit den andern Gebäuden vor der Hand beseitiget ist. Die Capelle ist beinahe ganz bemalt. Einzelne Bilder haben sich noch ziemlich gut erhallen: sie slammen nach meiner Meinung aus dem XV. Jahrliundert. Die vor- züglichsten sind und zwar im unteren Stockwerke einige Figuren von Heiligen, zwischen und neben den engen romanischen Fenstern, dann an der Wandfläche des Qua- drates rechts, d. i. auf der Evangclienscite das Hinsehei- lien Mariens; im oberen Stockwerk links an der Wand Ciiristus am Olberg, rechts die Vorstellung, wie Ma- ria über ihre Pflegekinder, unter welchen die G5rz"sche Familie den vorzüglichsten Platz ein- nimm t , den S c h u t z m a n t e 1 breitet.

In der Mauer am Schlosseingang war vor einigen Jahren noch ein römischer Arastoin zu sehen, welcher in zwciFtidern eine Venus Leda und Caslor mit der Lanze und dcmPlVrde vorstellte. Er wurde in das städtische Rathhaus übertragen.

Von Lienz führt eine ziemlich gute Strasse nordwest- hch durch das äussere Iselthal neben den mit Gesträuch und

ßäimien bewachsenen Ruinen der alten Yeste Kienburg vor- bei nach Win di sc h -Ma tre i , und von da gegen Westen ein steiler ^^ eg am Bande jähabschüssiger Bergeshänge in das .Thal Virgeu. Drei nicht mianschnliche Ortschaften lagern hier nach einander, nänilich Mittcldorf, Virgen und Obermauern. Im letzteren finden wir die schöne gothische Kirche, welche uns nun beschäftigen soll. Diese erhebt sich auf einem rasigen Hügel , V(ui wo aus man das ganze Thal bis gegen Matrei übersehaul. Zahlreiche Wall- fahrer konnncn daher zu dieser freundlichen Stätte, um U. L. Frau, welcher die Kirche geweiht ist, ihre Verehrung darzubringen und den mäclitigen Schutz derselben zu erfle- hen. Aus den Opfergaben dieser frommen Waller ist auch die Kirche gebaut worden. Den äusseren .\id)lick stört der Thurm, welcher das Spilzdach verloren und dafür einen Ku|.pelbau erhalfen hat. (Vergl. Taf VII, Fig. C. D. E.)

Der Grundriss zeigt ein einfaches Schilf und das Presbyterium, welches mit drei Seiten des Achteckes abge- schlossen wird. Die Massen der einzelnen Theilc sind nach einem bestimmten G r u n d v e r h ä 1 1 n iss streng durchget'ührt. Dieses Grundverhältniss ist 4:7. So verhalten sich die Traveen des Sciiidcs zur Breite desselben, die Breite des SchilTes zur Länge desselhen . die Länge des Schilfes zur Länge der ganzen Kirche, die l^änge des Viereckes im Presbyterium zur Länge des Schiffes, und die Breite des Presbyteriums zur Länge desselben mit Einschluss des Fron- bogens. Das Gewölbe ist ein leichter, lebendiger Bau; die einzelnen Felder zeigen strenge geometrische Figuren; die Giebelpunkte, wo die Rippen sich durchkreuzen, sind mit Heiligenbildern oder Wappenscliildimgen ausgezeichnet.

Der Fronbogen trägt die Jahreszahl l,\ö6 und das Monogramm £^. Die Bauart und Gliederung des Gewölbes im Schluss des Presbyteriums ist ganz die nämliche, wie in der Krypta zu Lienz , so dass sich derselbe Baumeister nicht verkennen lässt, den wir übrigens auch in den Porla- ien wieder finden werden.

Die Wandsäulen, sowohl im Laughause, als auch im Presbyterium, steigen in schöner Gliederung auf. Die erstem sind aus dem halben Würfel mit vorgelegtem Stab und tief in Hohlkehlen eingezogenen Kanten, die letzteren aus drei zusammengesezten Stäben gebildet. Das Capital ist durch- aus der inngekehrle attische Fuss. Sowohl die Säulen, als auch die Rippen sind aus feinem Tufl' gcmeisselt. Dasselbe Materiale linden wir auch an der Kanzel, in den Fenstern und am schönen West|iortal. Fenster erseheinen nur an der Südseite und im Schluss des Presbyteriums. Diese Anord- nung liiiilen wir bei den gothischeu Kirchen, man kann sagen, in allen kälteren und höher gelegenen Ortschaften unseres Vaterlandes. Offenbar wollte man dadurch die kalten und erstarrenden Nordwinde abhalten. Die Form der Fenster zeigt fast diu'cliaus noch den reinen gothischeu Slyl. Die Plosten haben eine einfache Gliederung, das Masswerk ist verschieden und durchaus sehr schön gebildet. Wir linden

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diii-iii (IcMi Üi'eipass, den \ ierjuiss uml auch die Fischblasen, aber von der besten Art.

Die ganze nördliche Seite ist bemalt mit Vorstel- lungen aus dem Lehen und Leiden unsers Erlö- sers Jesus Christus. Die einzelnen Vorstellungen bil- den vierseitige Felder, welche hart an einander gereiht sind. Auch die Südseite des Presbyteriums tragt ein grösseres Gemälde , da wo die Fenster fehlen. Dieses stellt das Hinscheiden, die Himmelfahrt und die Krönung Mariens vor, und hat die folgende Unterschrift:

Hoc op' fecit fieri dn" paulus Schwein acher cappella»" in Castro rabnstain anno dominiM"CCCC. LXXXVL Jar. Diese Gemälde sind von verschiedenem Werth und stammen wahrscheinlich von mehreren Meistern. Das schönste ist jenes, welches ein Sacramenthaus vorstellt und neben dem Hochaltar auf der Evangelienseite angebracht ist. Die schönen gothischen Gebilde, in lebensvollen Farben mit grosser Kunstfertigkeit ausgeführt, gewähren wirklich einen überraschenden Anblick und fesseln das Auge des Beschauers mit zarten Banden. Zu beiden Seiten des Leibes sind meh- rere Inschriften zwischen den Stäben und Fialen eingetloch- ten, welche sich auf das heiligste .\ltarsaeranient beziehen : Kst Dens hie tantus. quantus de Virgine natus Te ergo ijuae sumus, tuis Famulis suhveiii, quos pretiuso sanguine redemisti etc. etc. Auf dersel])en Seite des Presbyteriums sind mehrere grosse Wachskerzen aufgestellt. Diese bilden die Abzeichen der Gemeinden, welche hieher zu wallfahren pflegten. Einige von denselben halten noch jetzt die fi'onmie Gewohnheit ihrer Väter ein, und erscheinen alljährlich in feierlicher Procession bei der hilfreichen Gottesmutter in Obermauern. Jede Kerze trägt den Namen der Gemeinde, welcher sie angehörte. Die folgenden Namen sind noch jetzt zur Erinnerung vorhanden : Gsiess, Tilbach, h. Blut. Igelsdorf. Villgraten, Assling, Kais, Gilgen, Wind i seh -Matrei und Vir gen. Eine Kerze ist (dine Namen.

(Fig. 1)

Die Westseite der Kirche zeigt von Aussen ein sehr schönes Portal, über, welchem man ein Rundfenster der seltensten Art erblickt. Das Portal ha( eine tiefe Ein- II.

schrägung mit reicher Gliederung von Stäben und Hohl- kehlen. Hier erscheint wieder die nämliche Eigenthümlich- keit, wie in Lienz ; dass nämlich das innerste Glied den Rundbogen trägt, die Einschrägung aber im Spitzbogen aufsteigt. Das Rundfenster ist ein artiges mit grosser Fer- tigkeit durchgeführtes Spiel einer reich begabten künstleri- schen Phantasie. Es umrahmt sechs gothische Fenster, welche sich zart zusammenschmiegend unter einander ver- schlingen, und mit ihren Pfosten und Pässen das Masswerk des Rundfenslers bilden. (Fig. 1.)

An den ülirigcn Seiten bemerkt man von Aussen meh- rere steinerne Reliefs und das an den Kirchen in Tirol so oft wiederkehrende Gemälde des riesenhaften St. Christo- phorus. Dieses ist nächst dem Eingang an der Südseite angebracht und bietet eben nichts merkwürdiges, ausser dass es mit einer Inschrift den Namen des Meisters kund- gibt : .,D a s G e m e 1 h a t g e m a c h t S e b a s t i a n m a 1 1 e r . Purger zu Lünz ( Lienz j M . CCCC . LXVIII.- liiter den Reliefs ist das am Thurm wegen des sehr hohen Alters, und das an der Südseite des Presbyteriums hart am Sockel ein- gemauerte auch wegen der künstlerischen .\usführMng zu bemerken. Das erstcre stellt die göttliche Mutter mit dem Jesuskindicin vor . zu den Füssen des Heilands kniet der Donator. Die Arbeit hat in künstlerischer Beziehung keinen Werth , reicht aber in ein sehr hohes Alter hinauf, wenig- stens in ein bedeutend höheres als die jetzige Kii-ehe. da man noch deutlich die bemalten Flächen des Steines erkennt. Bedeutend älter als die Kirche ist auch das andere Relief, welches wir hier im Holzschnitt abgebildet wiedergeben. (Fig. 2.) Man erkennt es deutlich, dass es nur ein Bruchstück

ist, welches man wahrscheinlich von der alten Kirche erhal- ten, und heim B:iu der jetzigen verwendet hat. Dieses hat aber auch in künstlerischer Beziehung nach meiner Meinung einen sehr hohen Werth. Die Composition ist gut, der Aus- druck mild und edel, die Technik eben den Kenntnissen der Zeit entsprechend. Unter allen Figuren tritt die göttliche Mutter mit dem Christuskindlein heraus, vor ihr ei'scheincn die h. drei Könige. Es ist sehr zu bedauern, dass der Kopf des Kindes theilweise zerlnliinnert isl. Ich möelile dieses

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Helii'f in tl i c letzte Zeit der ro m ;iii i s c li eii l'eriode Ii i im ufs eil i el) e ii. Die tjaii/.e Diirsteilmii; iiiul Aiiorilming ist inieii der ilitesteiiArl, und gerade so, wie niiin sie in der iftixr,vsi» Tijg £o)yp«-litx.fig vom Berge Athos vor- ijeseiiriebcii findet, so dass icii dureli wortgetreue Anfiilirung dieses Textes unser IJildwerij am besten beieueiiten kann: „Anbetung der Magier. Ein Haus, und die Heiligste sitzt auf einem Sessel und iiältCbristus, welcber segnet, als einen Säugling. Und vor ihr sind die drei Magier und halten die Gesclienke in goldenen Kistehen. Der eine von iiinen ist „ein Greis mit langem Barte, unbedeckt, auf den Knien, schaut auf Christus; mit der einen Hand hält er das Ge- schenk und mit der andern seine Krone. Der andere ist mit keimendem Barte, und der dritte ohne Bart. Sie schauen einander an und zeigen sich Christum. Hinter der Heiligsten steht Joseph und staunt. Ausser dem Hause hall ein Jüngling drei Pferde am Zaume. Und es erschei- nen die drei Magier wieder auf einem Berge; sie sitzen auf ihren Pferden und kehren in ihr Land zurück und ein Engel voran zeigt ihnen den\\'eg ').'• Die zweite Darstel- lung fehlt, da der Stein eben nur ein Bruchstück ist.

.\uf dem Wege von Virgen nach Windisch - Matrei schweift das Auge mit Vergnügen ül)er das anmuthigc Hü- gelland jenseits am Ausgang des Tha- ies, wo auf einer sanft aufsteigenden Bergeshalde inmit- ten von fruchtbaren Feldern und be- seliattenden Bäu- men ein altes Kirch- lein zur Einkehr einladet und dem Freunde des .Alter- thumsundilerKnust einen angenehmen Genuas bietet. Es

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') Nach der Cbcrsrl/.ung des (Jodeh. Schäfer. Trier, in der Kr. t, i n I /.'Hchen liiiehhainlluiig 18j5. Dieses iiitercssaiilc Werk verdient voriiijjlich Be.iehtung, da es den Tjpns der livzantinischcii Kuiisl ^'enau bezeichnet , und ungleich das VerhäUniss und den EinRuss der- selben auf die ramauischc und t;othi3che Kunst darlegt.

ist dies das alte Wallfahrts-Kirchlein zum heiligen Nikolaus, welelies sich über dem NN'eiler ganz südwestlich von Windisch-Matrei erbebt und eine Filiale dieser Pfarre bildet. Die erste Erwähnung von dieser Kirche finde ich in Urkunden von den Jahren 1346 und 135S. Ferner meldet das Pontilical- Protokoll des Chiemseer Bischofs Berch- told Pürschinger, welcher zugleich das Amt eines Weihbischofs von Salzburg verwaltete, dass er am 3. Juni 1516 diese Kirche sammt dem Altar zu den vierzehn Noth- helfern eingeweiht habe. Die nähere Untersuchung des Baues führt zur vollkommenen Übereinstimmung mit den oben angeführten Urkunden. (Fig. 3 und 4.)

Diese Kirche hat nun eine ganz cigentliümliche Gestalt. Der ganze Grundbau, also di« Umfangs mauern, die Apsis mit der Empore darüber, das Portal an der Westseite und ein Tb eil des Thu r nies gehören der romanischen Periode an, und stammen nach meiner Meinung aus dem Ende des Xlll. Jahrhunderts. Hingegen das gothi-

sche Gewölbe, wel- elies das Langhaus umschlicsst , die \\'andsäulen, durch welche es getragen wird, und die Em- pore an der West- seite, wo der Altar zu den 14 Xoth- helfern aufgestellt ist, wurden am An- fangdesXVl. Jahrb. gebaut. Daher war eine Einweihung der Kirche und des letztgenannten Al- tars nothwendig, und wurde , wie schon oben erwähnt worden ist, auch wirklich vollzogen. Der gotbische Bau erregt kein In- teresse; aber vom romanischen haben sich mitunter sehr merkwürdige Über- bleibsel erhalten, welche uns nun beschäftigen stdien. Den Bau schliesst gegen Osten ein starker mit dickem Mauerwerk versehener Thurm, woran romanische Überreste sich nicht verkennen lassen , obgleicli er hei der Überwöl- bung des Langbaiises, da der aufsirebende S|iilzhogen ein anderes Kirchcndacii forderte, erhöht worden, und wieder

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im Jahre 1778 wegen der Feuersbrunst, welehe das ganze Dach zerstörte, mancherlei Abänderungen und Umbauten erfahren musste. Den innern Raum des Tliurmes nehmen die zwei übereinander gelegten Apsiden ein. Jede derselben umschliesst demnach ein Viereck, über welches sicii das romanische Kreuzgewölbe schwingt. Der obern Apsis, wel- che wir früher Empore nannten, ist eine Galierie vorgelegt, welche auf zwei in die Quere gezogenen Bögen ruht. Zur unteren Apside steigt man über drei Stufen hinab und tritt durch die Bogen der Galierie ein. Hier ist der Altar des h. Nikolaus. An den Wänden und im Gewölbe sieht man mehrere Gemälde, welche aber, so wie sie jetzt sind, aus einer Jüngern Zeit stammen. Ich möchte hier die alte Krypta finden und glaube, dass der ursprüngliche Eingang vom Langhaus erst später zum weiten Bogen umgebildet worden Ist. Zur obern Apsis gelangt man über zwei Stiegen, welche zu beiden Seiten der Galierie hinaufführen. In dieser Apsis, welche ein romanischer Fronbogen vom Langhaus trennt, ist der Altar des h. Georg. Die drei Seitenwände sind mit sehr merkwürdigen Gemälden geziert, welche durch die Tünche lierausleucliten und tlieihveise sich derselben ent- lediget haben. An vielen Stellen nämlich hat sich die Tünche selbst abgelöst, und so sind einzelne Theile der Bildwerke wieder deutlich hervorgetreten. Sie bilden an einander gereihte Tafeln, von denen eine jede ein Heiligen- bild umschliesst. Für die Kenner bringe ich einige Schrift- proben von den beigefügten Namen :

s.imia e RT i9,

S. S ä B A S T I Ä( 9. M JR fl 9 LL9 VP.

Sämmtliche Figuren haben eine steife Haltung, lang gestreckte Gesichter mit orientalischem Typus. Die Bi- schofsmütze, welche sie tragen, zeigt die Form des

XIII. Jahrhunderts. Nach meiner Ansicht dürften diese Gemälde fast gleichzeitig mit der Kirche verfertigt wor- den sein , also am Ende des XIII. oder am Anfange des

XIV. Jahrhunderts.

Vor dem Thore an der Westseite, welches immer ge- schlossen bleibt, ist ein ärmliches Vorhaus angelegt, welches nun völlig vernachlässigt wird und dem Ansehen nach jetzt den Heerden zum Schutze gegen Regen oder Sturm dient. Ober dem Thore hat sich unter dem schützenden Dach ein Frescobild erhalten, welches mir sehr merkwürdig scheint. In diesem Bilde sehen wir die Wiege der Kunst treulich abgebildet. Bei aller Unbehilflichkeit in der Zeichnung sind die Contouren doch mit einer gewissen Kühnheit srezoEren.

Sie formen und beherrschen das ganze Bild. Die Farben, welche beinahe ganz ohne Schattirung aufgetragen sind, füllen die Räume zwischen den Contouren aus, geben aber einen guten und ansprechenden Ton. Der Bischof, welcher neben der Mutter Gottes steht, ist ohne Zweifel St. Niko- laus; er trägt eine Mitra, wie sie im Xlli. Jahrhundert noch gebräuchlich war. Unten am Krciizesstainme ist ein Apostel- zeichen, wahrscheinlich vun der ersten Consecration erhal- ten. Mitten in diesem Vorhause steht ein hölzerner Pfeiler, welcher auf einem unförmlich behauenen Steine ruht und die Kreuzung des Dachgebälkes stützt. Diesem Umstände wird man es auch zuschreiben müssen, dass er sich

so lange erhalten bat. Ich lasse hier eine treue Ab- bildung folgen. (Fig. 5.) Nach meiner Ansicht linden wir hier wieder ein Überbleibsel vom ersten Bau, also aus der romani- schen Periode. Die ganze Arbeit ist roh, ohne schöne Form, und verdient die Aufmerksamkeit, welche wir ihr weihen , lediglich nur Megen des Alter- thums. Der Schaft ist achtseitig und trägt eine .\rt des Würfelcapi- täls, dessen Kanten an die rück\\eicbenden Sei- ten des Achteckes mittelst eines knollenarfigen An- satzes (Eckblatt) sich an- schmiegen. Die gleiche Gestalt hat das Fussge- sims des Pfeilers. Auf dem Sockel sehen wir eine Art des romanischen Rau-

(Fig. 5.)

tenschmuckes, im Uapitäl und im Fussgesims an einander sich schmiegende Ringe; über die Seiten laufen Schnüre herab. Die ganze Gestalt hat etwas phantastisches und ungewöhnliches an sich, wie es dem romanischen Styl eigenthümlich ist.

Hiemit schliesse ich diesen Bericht, welcher eben keine andere Bestimmung hatte, als eine kurze Beschreibung dei- genannten Baudcnkmale zu geben und einige Beiträge zur vaterländischen Kunstifoschichte zu liefern.

80

Über den Werth von Grabdenkmalen nnd ihren Inschriften, wie auch über die Anlegung eines

Corpus Epitaphiorum Vindobonensium.

\ Oll .1 OS 0 ph Der j; in :i ii ii.

II.

flisiorisclu' >otizen über die l'ünf Familion, iliTcn (irabstrine im Frani'iscanerkloslcr zu ^t'ustadtl in Interkrain sind.

nie aKcrdiüiiiliolie Fniiiilie von Villaiiiler.s.

Zu (loii ältesten Gcschlechtci'n Tirols geluirt das der Killenvüii Vi I hl luler.s. welchesseiiien Niiiiieii vom Si)niien- berge von Villaiiilcrs unweit Klausen tragt. Die Stelle, an der die Veste oder der Edelsitz Villanders einst gestanden, ist uuiunelii' nielit iiielir iiacliweisbar. Beda Weber und Dr. Staffier haben in ihren trefl'lichen ^^'erken iil)er Tirol, dann ansfiiiirlieher die ..\eue Zeitschrift des Ferdinandeinns für 'l'irol und Ndrarllicrg". Innsliinick 184o. Bdciien. X. S. 121 IV. über dieses Geseiileeht gesproelien. .\uf Grund- lage dieser Arlieiten wollen wii'

dasselbe mit mehreren historisehen

Beisätzen in diesen Blättern iin- sern Lesern vorfühi'en , und den Grabstein des Letzten, der den Namen Villanders trug (Fig. 1).

abgebildet vorlegen.

Dieses Gesehleeht theilte sicli in zwei Linien, als: (i) in Edle von V i 1 1 a n d e r s, die diesen Namen bis zu ihrem Erlösehen mit Wil- helm im ,T. 1547 führten, und bj in Villanders zu Pradell (rich- tiger als von I'ardell. vom roinan. prato oder prado), die sieh auch von Trustliurg iici Küllmann nannten. Aus diesen ging das Ge- schlecht der Wolkensteiner licrvor. Nach Beda Weber 'J er- warb Band nlf von Villanders, der als Dienstniann Meinhards II. (jra- fen von Tirol dem K. Budolf gegen seineu Neljcnbuhler K. Ottokar wichtigen Beistand leistete, nach langen Verliaiidlungon 1309 für sein Haus im Hintergründe des

Thaies (iröden das auf steilem Felsen gelegene und hüuligvon Wolken umlagerte Schloss Wolkensteiu durch Kauf von dem längst erloschenen Fldelgeschlecbte der Maulra|ipen. Nacii dessen Tode 1319 trat sein Sohn Konrad in den Besitz einer ansehnlichen Gülermasse am rechten und linken

(Fis- 1.)

') S. dessen „Oie Geilichk- Us » alil's uhi Wul k ens I ci n. liiiisLiiick 1847, S. 1.

Eisackufer. vereinigte I3'2ö die Wappen von Pradell luul Wolkensteiu, nannte sieli zuerst von Wolken st ein und \\ ird somit als Staninnatei' des heriihnitcii lirädicii von Wol- kensteiu'schen Geschlechts gehalten. Die Namen von \ illan- ders, Wolkensteiu und Welsperg. welche im .1. I."i(!4 das Wappen der v. Villanders annahmen, erscheinen 13(51 unter den Landstäiiden in Tirol.

Das ganze Geschlecht von Villanders in seinem Zu- sammenhange seit der Mitte des XII. .lahrhundci'ts darzu- legen . führte uns von unserem Zwecke zu weit ab und « ir heginnen mit Eckhard IV. Dieser war Besitzer des Schlosses Trostburg am Eisack, von dem er

sieh bisweilen ..von Tros tb iirg"

nannte, starb im.I. 138(5 und fand zu Neustift oll Brixen seine Buheslätle. Er hiiilerliess in seinem Testa- mente 1382 das Schloss Trost- burg mit Leuten nnd Gütern seiner einzigen Tochter Katharina, Ge- mahlin Friedrichs von Wolken- steiu aus dem genannten Thale Griiden. Dieser Ehe entstammen alle noch blühenden Wolkensteincr. Sie gebar ihm drei Söhne, welche den einflussreichsteu tirolischen Zeitgenossen des Herzogs Fried- rich mit der leeren Tasche bei- gezählt werden, als: dj Michael, der besonders seine llausmacht zu vergrössern bedacht war; er ist der Stifter der Linie zu Trost- burg, f 1440: b) Leonliard auf .\i eil ach, der unvermiihlt starb, nnd cj Oswald, der be- kannte, weitgereiste, einäugige Älinnesänger (ein jüngerer l'lrich von Liechtenstein) , w elclier der .Staats- und Lielieshändel müde, sich auf seinen gelieb- ten 11 a uiMisteiu zurückzog, wo er noch lange in Bidic und weiser Stille fortlebte, bis er am 2. .\ugnsl 144ö in einen) Alter von 78 .lahren starb und in der Klosterkirche zu Neustift begraben wurde. Hier ruhen auch seine beiden Hausfrauen M a r g a r e t h a von .S c h \\ a ii g a m und .\ n n a von ilohenems. Der ihm daselbsl gesel/tr Gr;ilistcin ist beim

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Unihiiu ilei- Kirche aus rnachtsamkeit verloren gegangen. Da es der Zweck iler k. k. Centralcommission ist, auch Grabdenkmale und Gedenksteine nicht allein zu erhalten, sondern sie auch in Bild und Schrift bekannt zu machen, SU erachten wir hier es nidit an unrechter Stelle des Denk- steines unseres ritterlichen Oswald's im Dome zu Brixen zu gedenken.

Er liess im Innern der Kathedrale die Capellcn und Altäre zum h. Oswald und zum h. Christoph hauen und ein- weihen und stiftete am 29. Mai 1407 zwei Beneficien. Zu dessen Gedaclitniss liess ohne Zweifel er selbst einen Denk- stein setzen, der aber im Laufe der Zeit von seiner Stelle gekommen ist. Im Sommer des J. 1843 hat Sebastian Kögl, damals noch Lehrer an der Normalschule zu Brixen, seit 1S51I zu Bregenz und Conservator des Kreises Vorarlberg (f 30. August 1856. s. Mittheilungen 8.239 ff. des I. Jahr- ganges) dieses Monument aufgefunden. Es stand , wie er mii- brieflich berichtete, mit vier Grabsteinen in einer Halle der ßrixener Donikirche angelehnt, die zum Altare des h. Cassian führt. Die Figur war so mit Mörtel und Mauer ver- kittet, dass man vermiitlien nuisste, der Stein sei einst wirk- lich vermauert worden. Erst als die Steine in den alten Gottesacker hinausgesetzt waren, reinigte Kögl den Stein sorgfältig , worauf die Figur aus dem weissen Marmor her- vortrat. Ritter OsAvald ist in Lebensgrösse stehend darge- stellt, in einem Alter von 41 oder 42 Jahren ')- 'o voller Manneskraft, und auf dem rechten Auge blind, das er nach Beda Weber vor oder in dem J. 1408 bei einem Bolzen- schiessen auf Trostburg verloren hat. Sein entblösstes Haupt zieren Locken, die über die Stirnc niederwallen, und sein Kinn ein hcrahtliessender Bart ; die Brust deckt der Harnisch ; den zierlichen Leibgürtel , woran ein breites Schwert ein- geschnallt ist, schmückt ein Schildzeichen und in diesem das Zeichen des Kreuzes ") ; der \^'appenrock ist am Rande mit Pelz verbrämt. In der Rechten hält er die Fahne mit demselben Zeichen des h. Kreuzes, mit der gesenkten Lin- ken den geschlossenen Helm, auf dem zwei BülVelliörner emporragen, deren heiden Mündungen Büsche von Pfauen- federn entsteigen; so ist auch jedes Hörn am äussern Hände mit vier Pfauenfedern hesteckt. Auffallend lang sind die angeschnallten Sporren. Der rechte Fuss steht auf dem Wappen von Pradell, dem Stammwappen des ganzen Geschlechtes von Wolkenstein, der linke auf dem der Herr- schaft Wolken stein in Gruden; zwischen beiden ruht ein kleineres Schildchen , w orin man das Wappen der Mutter (Katharina) von Villanders erblickt. Dieser Denk- stein wie auch die vier Grabsteine wurden auf Kosten des nun verstorbenen hochwürdigsten Herrn Fürst - Bischofs

') Also um das Jiihr 140S. da man dessen flelmrl ins .lahi' I:)(i7 setzt.

mich sidl die Ijjsclil'it't in sog-enaunten gotliiselien Charaklei-en. ilie ieli

nicht niitzutheilen vermag;, die .lahi'esy.aljl 140S entliallen. 2) Er hatte im Keibste des .lahi-es 13!I8 den fiommeu Herzog AIhrecht IV.

von Österreich anf dessen Pilgerfahrt über Venedig nach .leru'.alem

lipgleilet.

Bernhard II. v. Galura in den dortigen sehr merkwürdigen Kreuzgang übersetzt, symmetrisch aufgestellt und mit Ein- fassungen versehen'). Durch seinen Sohn Oswald den Jüngern, der mit Katharina vonTrautson vermählt war, ist er der Ahnherr der Wolkenstein, die später die zu Rodenegg genannt wurden. Von den achtzehn Kindern dieser Ehe ragen Veit und Michael, angeblich die ersten Freiherren ihres Geschlechtes, rühmlich hervor. Sie waren Lieblinge des K. Maximilian I. \\ ir finden nach Fugger"s Ehrensiiiegel S. 933 Veiten und Georgen von \Nolken- stein (Domherrn -zu Brixen) bei des Erzherzogs .Maximilian Krönung zum römischen König in Aachen am 4. April 1486. Veit und die beiden Herren von Polheim, Martin und Wolf- gang, aus dem Lande ob der Enns. wurden mit diesem ilirem Gebieter im J. 1488 von den meuterischen Bürgern von Brügge gefangen genommen und hart behandelt. Er trug nach S. 1014 am Din.stag nach Misericordia. d. i. am 5. Mai 1489 auf dem Reichstage zu Frankfurt den versam- melten Ständen die Bedrängnisse des römischen Kaisers und Königs vor. die jener, nämlich K. Friedrich III.. an seinen Erblanden vom Matthias Corvinus von Ungarn, dieser in den Niederlanden vom Könige von Frankreich bisher erlitten hätten . und ging in deren Auftrage sie um ihren Beistand gegen diese mächtigen Feinde an . welche Stände nach langen Rerathungen die verlangten 40.000 Jlann auf 6000 verringerten. Am 31. October 1493 erölVnete er das Reichskammergericht und setzte den Kaminerrichter in sein Amt ein. Am 22. Juli 1491 verlieh König Jlaximilian I. als tirolischer Landesfürst ihm, dem vielfach verdienten Geschärts- manne, das Schloss Roden egg mit allen dazu gehörigen Herrlichkeiten. Auch linden wir Veit von \\'olkenstein in Freidalls (d. i. K. Maximilians 1.) Turnierbuche in der k. k. Ambraser Sammlung auf den Blättern 49 , 133 und 166 im Turniere zu Pferde mit seinem kaiserlichen Herrn aiigebil- det. Als Veit (dem Referenten unbekannt wann?) vor seiner Gemahlin Hllisabeth de Roy kinderlos gestorben war. trat sein Bruder IMichael in seine Erbscliaft ein. Dieser war nach Fugger S. 962 einer der Hauptleute, welciie im Jahre 1486 Wiener-Neustadt gegen K. Matthias 1. von Ungarn muthvoll vertheidigten. Im Jahre 1300 wurde er zum Landhofmeister der Grafschaft Tirol ernannt und erhielt von Karl V. am 23. August 1317 den Orden des goldenen Vliesses. Seinem Enkel Ciiristoph ei'lauhte nacli den Reichsadels-.Xcten K. Maximilian II. am 2. .\ugiisl 1364 das Wa|i|H'n der Herrschaft lioileiieck iiiil ilciii seinen zu vereinigen.

\\\r kehren nun zu ilcii letzten Generationen des Mannsstammes der Edlen von \i 11 anders zurück und führen sie bis zu ihrem Erlöschen herab.

*) Nach meinen .Millheilungen iiliei- ..(» s w a 1 d \on M' o Ik e n s l ei n" in dem von den k. k. Professoren Dr. .Moriz v. S t n h e nr a u c li und I>r. Kdiiard Tomaschek hei-ansg-egi'lienen „Österreich. Kalender" für tias

Schaltjalii- ISU. Wien liri S o I 1 i n g e r. S. lil 6l!.

182

.loiii'liiiii vuii \ illaiKlcrs. 1 ;{88 Schlossliau|)tniiiiin ;uif HiifhiMisteiii 1111(1 1413 in sicii'luT EigiMisi'liaCt zu Hniiicfkcii, stiftete iin Jiihro 1413 mit seinem Sohne Ihiniis eine Taplanei beim sogenannten Saggerer in Brnneeken : Hanns enipting 1446 vom Hoehstifte Hi-ixen, das ihm im .1. 142(5 Jie Hen-sehaft iUiehenslein nrui Thni'n am (Jader um llJttO Mark abgelöst hatte, das Kriimarseliall umt zu Leiien. Seine erste Elic mit Dorothea von Liehtenstein-Castelcorno (vgl. Ilübner III, Tat". 749). die um 1408 starb, war kin- derlos; in zweiter Khe mit ("lara, Gotthai'd"s von Kreig und .\nnens von (iufidann Toehter. erzeugte er Georgen von Villanders, der mit .At'ra Trautsonin von Matrei ver- mählt und 1440 schon verstorben war. Sie lebte als Witwe auf dem Schlosse Anrensteiii '), das dt'v Familie v. Trantson gehört haben dürfte, und war nicht. mIc man aus nachste- hender Inschrift folgern will, zum zweiten Male mit einem Herrn von Aufenstein verehelicht, zumal nach des Freibcrrn Franz Adam von Brandis tirolischcin Ehren -Kräntzel II, 42, dieses Geschlecht schon um das .lalir 140(1 erloschen ist. Zur Erinnerung an das Unglück, welches dieser Witwe den Tod brachte, errichtete man einen Bildstock an der Land- stra.sse von Matrei gegen Steinaeh nahe bei der Brücke, die ilber die Sill gegen das Thal Navis führt. Derselbe ist nach einer älteren ^littheilung auf allen Seiten mit lleiligenbild- nissen übermalt und hat nebst den \\'a[i|ien von Villanders und Trautson folgende In.schrift : „Anno Domini MCCCCLXVIII an St. LucdKsten Tay ist die ti'ohlf/ehorne Frau Af'ra von Villanders \Vittiu' zu Aufenstein. gchorue Trautssonin ob Matrei über die liruygen mit dem Pferd fiefallen und tjeslorben, der Gott gnädig .ley." Vgl. Dr. Staffler's Tirol und Vorarlberg. Innsbruck 1841, Tbl. II. Bd. I, 'J44. wo irrig \N itwc von Aufenstein gelesen wird. Wäre Afra zum andern Mal vereiielicht gewesen, so hätte man sicher- lich auch das Wappen dieses Gemaiiles gemall.

Die Kinder dieser Ehe waren Christoph. Hanns und .\ndrcas, dann die Töchter Barbara und Marga- retha, über welche vier letztere wir nichts Näheres anzu- geben wissen. Christopb war im J. 14ü4 zu Haimburg oder lleunburg in Interkärntcn angesessen und 1481 seilen gestorben. Er binterliess von Ursula, des Bitters Erhard Überacker von Sighardstein Tochter, nur den Sohn Sigmund, der in den Jahren 1481 und 1490 noch unter Vormundschaft stand.

Da Sigmund ausserlialb des Landes Tirol ansässig war, gab er l.'J0O das E rbni arschal I am t des Ilocbstiftes Brixen zu (iiinsten Baltiiasar's von Welsperg auf. Nach den Hofkanzlei-Acten erhielt er lölü das Incolat in Krain und starb zu WördI hei Neustadtl, das er au sich gebracht hatte, im J. 1320=). Seine erste Hausfrau war Amalia,

llannsens von Leng heim Tochter, die zweite Anna. Chri- stophs von Obritschon') und l'rsula's Burggrälin von Lienz und Lueg Tochter. Nach Ilübner 111, Tab. 758 war er auch mit einer N. Auersperg vermählt, so wie nach Wissgrill,!. 234, Barbara v. Villanders (Sigismund's Schwester oder Tochter?) die (icmablin .\ndreas' Herrn von Auersperg Hausfrau war. Er binterliess (wtdil aus erster Ehe , da ein David von Lengheim unter W^ilhelm's des letzten Erben genannt \vird) den vSolin Wilhelni und die Tochter V e ro n i c a, die angeblich mit (jian Francesco Mark- grafen von Gonzaga sich vermählte. Nach Litta's Famiglie cclebri Italiane war nach Tav. XVI. der Gonzaga di Mantova. derselbe Gonzaga, den K. Karl V. am 29. Mai lü2 1 mit seinem Bruder Luigi mit Liizzara, Castiglione, Castelgoll'redo etc. belehnte, nur mit Laura diGaleazzo Pallavicino vermählt und starb am 18. December 1324.

Herr Wilhelm von Villanders zum Wördl war nachValvasor Tbl. III, Buch IX, 85, im .1. 1343 Ver- ordneter in Krain. Er stürzte nach demselben. Buch XI, 059, gleich seiner Irgrossmutter .\fra vom Pferde und starb an den empfangenen Wunden am 8. April 1347, wie aus der Umschrift des Grabsteins sich ergibt, welche lautet:

Hier . liegt . begraben . der . Edl . und . Föft . Wil- liam (sie) . von . Villanders . zum . j Wördl . der . letzt . des . Zunamen . gest . [ orben . am . Charfreitag 1547 . und . sein . Vater . Sigmund . Mllander . j ist . auch . hier . begraben . dem . Gott . Gnade. Oben vom Haupte rechts liest man auf einem viereckigen Täfelchen: Sein . alter . 54. Unten in fünf Zeilen : Kunigund Vilandefin eine | geborne von Guettenberg starb | im lalir 1333. Anna ^'ilandersin eine geborne von Trautsam . Oben : Sic transit | gloria mundi | 15.47.

Diese Anna v. Trautsam, oder richtiger von Traut- son war eine Schwester .lohann's II. Freilierrn von Traut- son, kais. geheimen Batbes und Obersthofmeisters , der hocbbetagt zu Prag am 29. December 1389 starb und sein Denkmal in der Pfarrkirche zu St. Michael in \N ien bat -). Dieser Trautson. der in Österreich ausgcdchnic Herrschaften (besonders Falkeuslcin) und grosse Einkünfte sich erwarb, erhielt in seiner Heimat Tirol Sommersberg, Gulidaun und Villanders, das schon früher von dem mehrerwähnten gleichiianiigeii Edelgeschlechle weggekommen war , als Pfandschafteii , welche nach dessen Tode dem Cardinal- Bischofe Andreas von Österreich und seinem Bruder Karl Markgrafen von Burgaii , den beiden Söhnen des Erz- herzogs Ferdinand von Tirol und der schönen Pbilip|)ine

') Von <liesi>m unweit .Miilrri in il.-r (ipiiiciinh' >avis gelegenen Selilossc

i^t nichts mehr übrig. ') S. Die Ehre des IIcit/,ogthum» CraiTi vom l'ieiherrn v Valhas.ir.

I.nybaeh. 1089. Theil Ul. Buch XI. S. (Jj'.l.

M Diesem in Krnin »nsitssigen Gesehleehte gehörte das Schloss Alten- linrg, eine .Meile von Nen.stinltl. Chri.sloph der Letzte von Ohrilschen stnrli nach v, Vah.isor: üncli XI, S. !.'> um das .1. 1C1I>.

'^) Er und seine Nachkommen hesassen in Wien in der oheren liriiiiner- strassc das Haus, welches suh iS'r. 113S dcrmals Sr. Exccilcnz dem ürnfen .Mori/. von Dietriehstcin gehört. Über dieses Ücnkmal ». meine ^Medaillen auf berühmte und ausgezeichnete .Männer des üster- reichischcn Kaisei-staates. Itd. II. 224.

18;}

Weiser, im .1. 1591 überlassen wurden (s. meine Me- daillen II. 221).

Die vorgeniinnle verwitwete Anna von \Mllanders vermählte sich wieder mit Joseph Freiherrn von Egk, wohl mit jenem Franz Joseph Freiherrn von Egk, den wir bei V. Valvasor Buch IX. 85 von den Jahren 15(53 bis 1573 mehrmals als ständischen Verordneten von Krain lesen.

Der kaiserliehe Rath und Kämmerer Johann Freiherr Welsperg und seine Vetter, der kaiserliche Rath Bartho- lomäus, Balthasar, Melchior, Paul und Kaspar, Gebrüder. Freiherren von Welsperg mit ihren ehelichen Nachkonunen erhalten vom K. Ferdinand I. ddo. Wien am 19. März 1504 die Erlaubniss mit ihrem Wappen ^7^ ' das der aus- gestorbenen von Villanders ') \|,:jw/ zu vereinigen, wie auch die Befreiung von allen bürgerlichen Ämtern und das Recht Landgüter, besonders in Tirol, zu besitzen, Burgen und Schlösser zu bauen und sich davon zu benennen u. s. w.

Hanns L.eukovi<scli zu Freithiirin« f 1569»

Nach des Freiherrn von Valvasor Angabe Bd. III. Buch XI. 659 kam nach dem Hinscheiden der beiden letzten Herren von Villanders deren Herr- schaft Würdl an die Herren von

Lenkovitsch. Hanns von Lenko- vitseh war schon im Jahre 1556 oberster Feldhauptmann der windischen und crabatischen Lande. Ein altes Druckblatt von dem genannten Jahre nennt unter den Obersten , so gegen die Tür- ken vor Babocsa nahe an der Drau liegen, Thomas von Nadasd, Herrn Niklas von Palweil (Polweiler) mit seinem Regimente Knechte , den Grafen Niklas von Seriii (Zrinyi, der zehn Jahre später bei der\'er- theidigung Szigeths den Heldentod starb) , Banns in Crabaten , und unsern Hanns L a n g g o t w i t s c h. (Vgl. Baron vonHammer's Ge- schichte des osmanischen Reichs. Wien 1833, Bd. II. 258.) Nach den Hofkanzlei -Acten erhielt er 1558 das Incolat in Krain und .starb , wie sein hier abgebildeter Grabstein besagt (Fig. 2), am 22. Juni 1569 und nicht 1059 (wie es aus einem Versehen des Setzers bei v. Valvasor 1. cit. S. 487 heisst) und ward gleich seinen beiden Vorgängern im Besitze von WördI im Kranciscaner-

(Fig. 2.)

') Auf rothera Felde ein ecki^' g-ezogeiiei- silberner n ii e r h ;i I b e n.

klüster zu Neustadtl beigesetzt. Ein späterer Georg von Lenkovitsch (so wird der Name gewöhnlieh geschrie- ben) erhielt im Jahre 1593 das Incolat in Krain. Katha- rina Freiin von Lenkovitsch war mit Nikolaus Frangi- pani Grafen von Tersatz vermählt. Dieser ward wegen seiner Tapferkeit und anderer Eigenscliaften vom Kaiser Matthias im J. 1010 zum Banus der Königreiche Dalmatien, Kroatien und Slavonicn ernannt und starb kinderlos 1647 in Wien.

Wir können nicht umhin bei dieser Gelegenheit noch etlicher Zeit- und WaHengenossen desselben zu gedenken. Nach Hanns von L. war Herbert VII. von Auersperg Feldoberster und commandirender General an den croati- schen, slavonischen und windischen Grenzen, der am 22. Sep- tember 1575 bei Budüski im Kampfe gegen die Türken ritterlich fiel und dessen Leichnam bei den Franeiscanern in Laibach ruht. Hat er daselbst einen Grabstein? Dessen Porträt verwahrt die k. k. Amhraser Sammlung Nr. 811. Darauf linden wir Hanns Ferenberger von Auer, in Südtirol, angeblich eines gemeinen Soldaten Sohn, der dem Schmalkaldenkriege und den italienischen und ungari- schen Fekizügen ruhmvoll beige-

wohnt halte. Im 1500 erhielt er

das Commando der croatischen Festung Zeug, ward dann vom Erz- herzog Karl von Steiermark zum Obersten seiner Leibwache, wie auch oliersteii Feldhauptmanne sei- ner innerösterreicliisclien Lande und Commandanten der nach die- sem Erzherzoge, dem Gründer der nun so grossartigen Mililär- gränze, genannten Karlstadi ernannt. Am 1. August löSO be- rief ihn K. Rudolf II. zum Stadt- commandanten nach Wien, wo er im J. 1584 sein Leben beschloss. Die k. k. Ambraser Sammlung ver- walirt dessen weisse Landskneclil- rüstung im Saale II, Nr. 05 uiiil dessen Porträt Nr. 808.

Weickard Freiherr vuti Auersperg warFeldoberster und commandirender General in Croa- tieii und starb zu Karlstadt kinder- los 1581. Noch nennen wir dessen Vetter Andreas Freiherrn von A u ers p e rg, 1 350 geborenund der christliche Achilles geheissen. Er war früher Kai.ser Rudolfs II. Kriegsralli. auch Feldoberst an der croatischen und petriiii- sehen Grenze und starb elielus Iöll4.\\.i nilicn diese beiden und wo haben sie Denksteine V

184

Die Familie von .'•»igisUorif oder Miger«itor(r.

Diese innerüstcrreicliisclie Ailelsfamilie hesass nacli Loo- pold's Freiherrn von Stadl Elireiispiegel Hil.lX,ö38, \vieIuil• He^l* AloisKöiiig aus Gratz niittheilt, in Steiermark unter andern das Sehloss und die Herrschaft Sijjerstorff oder Sigersdorf im Haal^lelde nächst dem Scliloss Kircld)erg.

Thomas von SigerstorlT lebte im .lahre 1520, war Dentsehordens-Ritler und Ctunmeiidator zu (jrosssoiiiitaii im .1. 1040. Er starl) löGO und liegt in der Ürdenskirche zu Maria Leeeh in Gratz begraben. Sein Grabstein, der in der äussern Mauer der Kirche gegen Süden eingesetzt ist, zeigt den geharnischten Hittor mit dem Ordeuspanier in der Hech- ten und seinem \\ appcnschiUie einem nackten Manne mit einem Streitkolben in der Linken. Die schon sehr unleserliche rmschrift des Grabsteins lautet nach Staill S. ö42: „liier Hueliet der Edl gestrenge Herr Thomas von Sigersto rf f zu gross Winklern Teutsch Ordensritter vnd gewester Commendator zu gross Suntag. dem golt gnädig Seye.- Ein Schild mit dessen gemaltem Wappen und der ilahreszahl ist im Fnijern der Kirche aufgehängt.

In Kärnten besass dieses Geschleclit Klein- und Gross winklern, wovon es seinen Beinamen führte. Sig- mund Friedrich von SigerstorlT zu Gross wiidderii erhielt nach den .Adelsacten am 1(J. ^hii 1G37 den Frei her rn- stand. Auch das Schloss und die Herrschaft Lichten- graben hat Herr Philip|» Valentin und Jörg Sig- mund, Freiherr von SigerstorlT. Schloss urul Herrschaft Weisse nau besessen.

In Krain gehörte dieser Familie nach v. Valvasor Buch IX, S. IG Schloss und Herrschaft Alten lack bei Hischoflack. Xach desselben Angabc Bd. 111, 333 war Herr Balthasar von Sigerstorff mit acht Pferden nebst anderen neun Herren aus Krain im Jänner 1527 bei dem Einzüge des zum böhmischen Könige gewählten Erzherzogs Ferdinand L zu Prag. Die Steiermärker Christoph Sie- gesdorf er und Theobald Ziegler fielen nach Baron von Hammer H, 239 mit 2ö9 Tapfern bei Baböcsa um den 21. .Iidi lööG im Kampfe gegen die Türken.

Hanns Jakob von Sigerstorff, Vormund der von Herrn Hermann von Hohenwart hinterlassenen Erben, brachte nach V. Valvasor Buch XI, 282 deren Schloss Hofmanns- burg nach .Auszahlung aller darauf haftender Schulileii mit gerichtlicher Genehmigung im J. löS8 an sich, niusste es aber 1C14 dem ("dsmus von Hohenwart wieder abtreten. Ferner besass diese Familie Schloss und Herrschaft Pres- eck "der Preiseck. drei kleine Meilen von Neustadtl (v. Valvasor XI, 454). Hier zu Neu.stadtl im Franciscaner- kloster ruht Georg von S. und wir entnehmen dmi Grab- steine folgende Inschrift:

„Georg von Sigisdorif zu (i ross w in k I c reu gwpster Hauptmann zu Zeng und seine Gemahlin Anna eine geb. Semenishin. der gestorben den IG. lanuar im

(15)73 lahr." Er ist dargestellt in Rittertracht. Dessen Wa|i|ieu ist in v. Valvascu' Buch XI, llö allgebildet, und das der Familie Semenitsch, die gleichfalls zum Hitter- stande Krains zählte, daselbst S. 118.

Cliri.slopli (iall von Gnllen»«lein« -J- i5?0<

Die (Jall sollen nach Wissgrill 111. 207 aus der Schweiz bei'staunncn, zählen z\nn .\tlel des Herzogthums Krain und führen ihren Beinamen von Gallenstein in (tberkrain. Das Alter dieses Geschlechtes erhellet aus einem \'idinms Jakob"s von fjaniberg, Freiherrn zum Stein, kaiser- lichen Landeshauptmanns in Krain vom Jahre 15G2 lur (^hristoph Gall zum Ijucg. Hegiments-Halh der nieder- iisterreichischen Hcgicrung über die von Herzog Berthold von Meran im ,1. 1 154 erfolgte Bestätigung der vom Grafen Bernhard vnn Kärnten demKlostcr\iktring gemachten Schen- kung des Hofes und Gutes zu N'iuweidu)veii. Dieses \ idinms bestätiget, dass der in der genannten rrkunde des Herzogs Bertlidld von hieran, welche diesem Vidinuis eingeschaltet ist, als Zeuge angeführte .VI her t (Jall desselben Namens und Stammes sei. (Ngl. Wissgrill a. a. 0.) Christci]ih Gall erhielt nach den Adelsacten das Prädicat v. Gallen- stein am 18. Jänner 15G3.

Man findet die Gall, wie mir Herr .\lois König, Beamter am st. steiermärkischen Jubanneinn, aus Gratz berichtet, daselbst in mitunter nicht unwichtigen Urkunden V(m den Jahren 13GI bisl57G, in welchen sie entweder als .Aussteller der Urkiuulen oder als Zeugen vorkommen. Nach einer derselben V(uu 1. Jänner 1557 war Christoph Gall /.luu Lueg verordneter Beisitzer des Landrechtens in Krain. dcssgleichen ständischer Verordneter in den Jahren 1567 und 15G9nach v. Valvasor: Tbl. 111. Buch IX, S. 85.

Am 28. März 1563 cedirt (Miristopb Gall von Gal- lenstein, der römisch -kaiserlicluMi Majestät Hath, einen von Balthasar II. von Gleinitz zu Gleinitzstetteu ausgestellten Schuldbrief von 600 fl. an seinen Schwager Sigmund von \V i I (I e ns t e i n.

Erzherzog Karl von Steiermark crlheilt ddo. Gratz am Weihnachtstage 15G5 dem gesammten Stauune der Gall von Gallenstein in Aidtetracht der Verdienste derselben und insbesonders der seines Begiments-Hathes Christoph Gall von Gallenstein das Becht, einen goldfarbenen, olTenen Tiuiiierhelm zu führen und sich des rothen Wachses beim Siegeln zu bedienen.

Clirisldph hatte in der (irafschaft C i 1 1 i mehrere Be- sitztnigen als Lehen, die nach deren Hücklegung von seiner Seite vom genannten Erzherzog Karl laut Lehenbriefcs ildo. Gratz am 10. Jniii LiliSdem Herrn Sigmund \on \\ ilden- stcin L;('gcben w iM'dcn.

\ Du demselben Christ(i])h. der römisch-kaiserlichen Majestät Halb und \'erwalter ili'r HaMptniannschalt und des Vicedomamtes der fiirstlichen Grafschaft Cilli. ist ein Ver- zicht-Hevers vom IS. Jidi 1570 an die (lebriider Dielrieli.

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Christoph und Adam von Wildenstein als Gerhab oder Vormund der hinterlassenen Tochter der Rosina von Wildensteiii und des Dionys Hermann über die für selbe empfangene Erbschaft von 344 fl. im gräfl. v. Wildenstein'schen Archiv vorhanden.

Am selben 18. Juli 1570 lesen wir ihn zu Wiidpach als Zeugen in dem Vertrage zwischen Lienhard v. Wilden- stein, und dessen Stiefbrüdern Dietrich, Christo[di und Adam V. Wildenstein über die Verlassenschaft ihres Vaters Sigmund.

In einem Vergleiche ddo. Wiidpach am 19. Juli 1570 zwischen den Gebrüdern Dietrich, Christoph und Adam von Wildenstein eines Theils, und der Eva von Aichelberg, Sig- mund's von Wildenstein Witwe ') anderes Theils, in Betreff einiger obwaltender Irrthümer erscheint Christoph Gall von Gallenstein gleichfalls als Zeuge.

Nach Wissgrill III. 210 war dieser Christoph Gall auch niederösterreichischer Landmann , trat sehr jung den 28. Mitrz 1561 als Regimentsrath in das niederiisterreichi- sche Regierungsraths-Gremium, verblieb in demselben noch unter K. Maximilian II. bis zu Ende des Jahres 1568 und lebte hernach auf seinen Gütern in Steiermark. Nach obiger Angabe finden wir ihn um 1570 als Verwalter der Ilaupt- mannschaft in Cilli, wo er auch mehrere Lehen besass. Er

hatte nach demselben Wi.ssgrill III. 210 und 267 Katha- rina von Gera, Georgen"s von Mordax Witwe, zur Ehe, hinterliess aber keine Kinder. Nach Hühner III. N. 974 in der Stammtafel der Grafen von \\'ildenstein war seine Ge- mahlin Helena, Tochter Sigmund's von Wildenstein und dessen dritter Hausfrau Anna von Falbenhaupt , wo Christoph irrig Greif von Gallenstein genannt wird. Wie aus obiger Urkunde vom 28. März 1563 sich ergibt, war Helena nicht die Tochter, sondern die Schwester SigmuniKs und somit Christoph Gall dessen Schwager.

Gregor nah.

Aus dem fünften Grabsteine erfahren wir, dass Gregor Rah am 3. August 1599 gestorben ist und einen Sohn Namens Martin hatte, der am 11. Juli 1622 starb, ferner dass des letzteren Sohn Georg vor seinem Vater am 9. August 1621 dahingeschieden ist. Ich vermag nur beizu- fügen, dass ein Georg Rab am 7. Februar 1586 einen Wappenbrief mit Lehenbesitz-Fühigkeit erlangte, dessglei- chen am 1. December 1604 den Adelstand mit dem Prädicate von Raben stein, und ein Johann Rab im J. 1650 das Ineolat in Krain erhielt.

Die Inschriften und Büsten der Gallerie im Dome von St. Veit zu Prag.

Wie es keine andere Kathedrale in Deutschland und auf diesem Grundton mit Kreide, in böhmischer Siiraclu". Frankreich aufzuweisen hat, finden sich auf der Gallerie des die Namen der einzelnen Standbilder hinzuschreiben. Rei Prager Domes, die als Trisorium um den Chor lierMiiigeführt Gelegenheit der Abzeichnung und detaillirten lieschreiliung ist, aufgestellt die sculptirtcn und illuminirten Rüsten Karls IV., des reichen Dumscliatzcs von St. Veit, die wir im Auftrage seiner Gemahlinnen, Söhne, Brüder, ferner der Prager Erz- der k. k. Central-C(unmission zur Erf u. Erb. der Baudenk- bischöfe, die den Bau des herrlichen St. Veit's Münster vor- male mit unterstützender Beihilfe von Seiten des hoch- züglich begünstigten, so wie auch die lebensgrossen Büsten würdigen Domcapitels unternommen haben, versuchten wir der beiden Baumeister, wovon der eine den Bau begonnen es auf eine sorgfaltige Weise, den schwarzen L'berzug, und der zweite den Chorbau fortgesetzt und vollendet hat. worauf sich in weisser Kreide die geistreiche Inschrift Über dieser langen Reihe von Büsten, 21 an der Zahl, „Peter Arier" befand, fortnehmen zulassen und landen wodurch die ganze Baugeschichte des Domes von St. Veit zu unserer nicht geringen Cberraschung, dass der leidige und sogar die Portraits jener hervorragenden Männer, die Überzug eine Wasserfarbe sei, die sich fortschaffen Hess, ohne beim Baue vorzüglich thätig waren, bis auf unsere Tage dass im mindesten die alte darunter befindliche Minuskel- gerettet worden sind , befanden sich ehemals grössere In- schrift in ruther Temperafarbe tangirt wird. Bei völliger Schriften, die ausführlicher angaben, in welcher näheren Reinigung ergab sich nun, wie auch die böhmische Kreide- Beziehung der bildlich Dargestellte zum Baue stand-}. schrift andeutete, dass die sciiöne Büste, in luäunlifh edliMi Leider hat nun auf eigene Faust vor einigen Jahren ein Zügen, das Portrait eines Gliedes jener berühmten schwäbi- Glöckner von St. Veit, wie uns angegeben wurde, den un- sehen Baufamilie der Arier von Gmünd vorstellte, die im glücklichen Einfall gehabt, sämmtliche lateinische Minuskel- XIV. Jahrhinidert ausser beim Haue des Mailänder Domes Schriften, die durch die Länge der Zeit unleserlich geworden iJut^'i bei vielen anderen Kirchenbauten diesseits der Berge sein mochten, mit schwarzer Farbe zu überschmieren und thätig war. Die umfangreiche, äusserst merkwürdige Inschrift

mit mehreren Alikiirzungen und einigen kleineu orlhogra- phischen Fehlern, die eingeschlichen sein können, weil der Maler des Lateinischen ni<'ht sehr erfahren sein mochte, gibt an, dass dies die Büste des Peter von Gemünd in Schwa-

,.iner .nein- eresc.im.i,u,ch..n .vu,nogr.,|,hie des Domes bg,, (de Gcnuiudae in Scvia), Soliu des Meisters 11 e i u r i cd.

von St. Veil von Dr. Les-is (i I iiekselit;; eine aieliii.ilogisch-kritlsche . . ., . i i

Al.sel.rift nach de,- ünsinalp.iuseau(|,l,otn(fn,|,l,isel,e.MWoi;i. verkleinert, ^ '' ' •' ''' "«-'HHCl Arien de Polouia (sic). Und zweiten liau-

wird bis heule n. ich venuisst. mcistcrs dieser Kirclie, den Kaisei' Karl IV. von dem hesautcn

') Somit war nicht Afra von Saurau, « ie Hühner T. 974 anjjiht, Sig- tnund's von W. 1 e t z te (jem ahlin. sondern diese K v a von A i c h e 1 b e rg.

^) Vor dem Anstriche wurden mehrere dieser Zuschriften vom ISihliothekar Ritter v. II a n k a entziU'erl und auch in neuerer Zeit wni'den einige der- selben mitl^etheill in

II.

•ili

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Lande Iiioiliin t^efiilirt luibe iiiul ihiss or ihn gemacht lialie zum üaiiiiicistor dieser Kiiclie dass er ferner damals 2',i Jahre all jicwesen sei, als er aniiiig, den Bau zu leiten, im Jahre des Herrn 1350. Die Inselirift besagt ferner, dass der grosse sehwähiselie üaumeister im Jahre 13Si) den Clior v(in St. Veit vollendet habe, dass er in diesem .laiire an- auiing die Sedilien ') im C'liore anfzuführen , und dass er wälirend dieserZeit am-li den Clior derAllerlieiligen-Kirehe ') vollendet habe. Der Sehluss derselben eudlirh ti'ibt an, dass Arl er ebeul'alls die Leitung bei dem IJaue der Moldaubriieke (rexit pontem Multaviac) gehabt und dass er auch den Chor in Kollin an der Elbe^) gebaut inibe (in Colonia circa Alliiam). Wir in'oilteii uns, Sr. Kminenz dem hochwüi-digsten Cardinal- Krzliischof Fürst Friedrich von Seh warzenberg von dem Ergebnisse Mittheilung zu machen, und erbaten uns die Erlaub- niss, den schwarzen (berzug auch bei den übrigen Inschriften sorgfaltig beseitigen lassen zu dürfen. Se. Fminenz gaben darauf dem hochwürdigsten Domcajiitel den Wunsch zu erl;eua('n,dass sämmtliche Inschriften von sachkundiger Hand mit griisster Sorgfalt wieder zu Tage gelVirdert werden möchten. Das hoch« ürdigste Metroiiolitan-Capitel hat bereit- willigst diesem Wunsche entsprochen und die Mittel entgegen- komnuMid bewilligt. Um diese für die Baug(>schichfe von St. Veit äusserst schätzbaren Inschriften vor Unbilden in Folge zu schützen und ihre Lesung imd Feststellung end- glltig wissenschaftlich zu fixiren. siiul wir eben beschäftigt, von geübter Hand auf dem Original selbst diese Inschriften durchpausen zu lassen. Wir werden dieselben dann, nach- dem sie vorher mit dem Original sorgfältig verglichen wur- den, auf grössere Bogen Papier charakteristisch genau über- tragen lassen, und sollen dann diese genauen Copien im Archive des Domes deponirt werden.

Indem wir uns beehren, der Redaction dieser Blätter von dem (>eschehenen Nachricht zu geben, fügen wir hier noch die !\littheilung hinzu, dass wir jedenfalls jene vier Büsten auf der gedachten Empore mit archäologischer

Genauigkeit abzeichnen Hessen, die für die Baugeschicbte von St. N eit ein grösseres bistoi'isclies Interesse bieten. Es sind das die Brusibildei'. die zweifelsdline als getreue Por- träte sculptirt wurden, von Karl 1\'., von seiui'm Freunde dem Präger Erzbischofe Arnest von Pa rd u b i t z , ferner von dem Altmeister Matthias von Arras, den Carl IV. von Avignon als Haukünstler heranzog, um! endlich von Peter Arier von Gemünd, von dem die oben erwähnte Inschrift interessante Facta angibt.

Wir horten , dass in einem weichen, lebensfrischen Holzschnitte diese auch stylistisch interessanten Sculpturen in den geschätzten , Mittheilungen dcrk. k. Central-Comiuission" eine charakteristisch genaue Wiedergabe linden, und werden uns beeilen, nä'distens der k. k. ('(unmission eine kleine Abhandlung über die „Bauherren und Baumeister des St. Veits- Münsters zu Prag" als Erklärung zu den Hrustbilderii ein- zusenden, bei welcher Veranlassung wir sännntliche Inschrif- ten, die noch zu Tage gefördert werden, mittheilen wollen. Audi werden w'w in den fcdgenden Notizen anerkennen, dass der schwäbische Altmeister Peter von (ieniünd ni(-ht nur seines Zeichens eines der hervorragendsten Bau- geiiies seines Jahrhunderts war, sondern dass er auch selbsiständig als Meister die Bildhauerkunst übte und mehrere Zeichnungen für Goldschmiede angefertigt habe. Das Letzt- gesagte wollen wir zu erhärten suchen durch Beigabe einer charakteristisch genauen Copie eines jirachtvollen ö Fuss hohen Standbildes in Saudstein, vorstidlend den h. Ilei'zog Wenzel, böhmischen Landespatron, das heute unbeachtet in der Hasenburgischen Capelle, als Torso vielfach mutilirt, nach einem Erretter und Wiederhersteller sich schon lange ver- geblich umgesehen hat. Dieses unvergleichlich schime Stand- bild, im kriegeriscdien Costüme. zeigt auf seinem Sockel das Familienzeichen der Arier, wie es auch auf der Büste des Peter von G e m ü n d zu ersehen ist und auf einem besonders schönen Reli(|uiariuin in dem Domschatze vorkönmit.

Präs den 15. Juni 1857. Franz Bock.

Die St. ÄDnacapelle des Domes zu Pressbnrg.

Von Ar im; 1(1 I [) ii I j i Sluiiimcr. k. k. ('(mscrvator in /oliur.

An der Nordseite des spätgothischen, noch in mancher Hinsieht merkwürdigen Pressburger Ki'önniigsdomes. dessen

*) Uiit(;r Srililicii sind nicht zu vt-rsU'lien die Clinrsliihlc tlcr OoirtluMTen von Eiclieiilinl/, wie IViihcr Einige rnciiilen, »onilci-n die reicli verzierten SiUe, in Stein von Buldaeliinen iil)errngt, im enper(Mi Presl»)tcrinin , auf welelien hei feierlichen Messen der Cehrlirftnt und die l)eiden l>i;ietini-n nn der K[ii8telseite de» AMnrs IMiitz nahmen.

2) niese AUerlieilijren-Kirche, die Kirche des eltem.liij^en Oeor^ien-Sliftes unniitleU>iir hinler dem (Jliorsehlusse von St. Veit, erlitt im XVI. .hdirh. durch Ilrand eine grosse Beschädigung und wurde in ihrer heutigen Koun gegen Mitlc des XVI. Jahrh. wieder hergestellt.

') Der Chor dieser schönen Kirche existirt heute noch in Knlliii uiit einem Amhulatorium um den Chorschluss lieruni und zeigt viele Verwandtsehiift mit den Baufurmen der Arier, wie wir sie un vielen Kirchen in Sehwii- hen kennen gelernt halten.

Beschreibung wir nächstens folgen lassen, steht angebaut die St. Auiiaca])elle ; sie bildet jetzt zugleich eine Art Vor- halle für den iMiitritt von der Nm-dseite.

l'ber den Zeil|Hinet ihrer Erbauung haben wir keine bestimmten historischen .Angaben, da solche selbst von der Erbauung lies Domes fehlen. Alle älteren ungarischen To- pografeu, wie Bei (Notitia Ilungariae I, ö7K), Bonbardi (Topographia Magni Rog. Hnng., 280). Balkis (Pre.ssbnrg u. s. Umgebung, 82), wissen nichts anderes Miiv.ubrinj.;en, als dass die jetzige Dumkirehe wahrseheiulieh in der Zeit von Karl dem Grossen bis Ladislaus I., König vdii Ungarn, von einem der damaligen Herrscher oder ersten Königen von Ungarn gestiftet und erbaut worden ist. Es gehörte dazu

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die bis auf die neueste Zeit iiilgemein herrschende völlige Unkenntiiiss der Geschichte der Bauiiurist, dass das Entste- hen eines Gebäudes, welches ohne Ausnahme durchgängig den spätgothischen Cliarakter aufweist, mithin also in die Zeit des XV. Jahrhunderts fällt, in den Zeitraum von 791 (Kari's d. Gr. Avareniiriege) bis 1092 (Tod des lieiiigen Ladislaus) gesetzt werden konnte.

Nach den uns vorliegenden archivarischen Quellen stellt sich aus den Kirclienvisitationsprotokollen der letzten drei Jahrhunderte heraus, dass die Kirdie aller Wahrscheinlich- keit nach während der ersten Hälfte des XV. Jahrlnmderts gebaut wurde. Es wird nämlich in den Visitationsjirutokollen eine bisher ungedruckte Urkunde aus demCapitelarchive an- geführt, wonach die Kirche im Jahre 1452 von Gregor Bi- sehof v. Milkovien, als dem Vicar des Graner Erzbisthums, consecrirt wurde.

Mit dieser Zeit würde also auch schon, wie gesagt, die Bauform übereinstinmien, wesshalb anzunehmen ist. dass der uralte, aller Wahrscheinlichkeit nach noch vor der Bekeh- rung der Ungarn bestehende Pressbui'ger Propsteidom um diese Zeit, etwa in der Folge des während der Regierung Sigmund's sich erhellenden städtischen Gemeindesinns des Bürgerthums neugebaut und erst viellfichtwährendderersten Jahre der Regierung des Matthias Corvinus dessen in stein- gehauenes Wappen an einem mittleren Strebepfeiler des Chorabschlusscs angebracht ist gänzlich beendet wurde.

Es soll daraus gefolgert werden, dass auch die St. Annacapelle, an der Seite des Domes, aus dieser Zeit, wenn auch etwa um etliche Jahre später herrührt; indem sie glei- che Bauformen mit dem Dome gemein hat. Für die Zeit der Spätgothik spricht auch schon der Anbau, als ein cha- rakteristisches Merkmal der Verfallszeit, wo an die flachen Langseiten der Kirchen, zwischen Strebepfeiler die unorga- nisch angelegten Capellenbauten angebracht wurden und der Standort derCapelle, indem sie, wie eben gesagt, in der Mitte des Langhauses zwischen zwei Strebepfeiler gestellt ist.

Aus diesem Standort und dessen näherer Betrachtung ergibt sich zugleich die besondere Bestimmung und der Zweck des Baues. Wie die Capelle noch heute dasteht, stellt sie, wie eben erwähnt, eine Art Vorhalle dar, aus welcher der Eingang von der Nordseite her in die Kirche führt. Seiner Anlage nach scheint eben der Dom im Ganzen nur zwei solche Haupteingänge gehabt zu haben, und zwar nebst dem genannten noch einen gegenüber an der Südseite. Doch entspricht diesem Zwecke die Anlage der Capelle nicht am besten; da wir hier anstatt einer gleichseitigen Vorhalle, wie eben auch die erwähnte an der Südseite ist, mehr einen schnr.den länglichen Capellenbau erhalten, der die Ülfnung des Hauptportals ohne alles Verhältniss zum G.'mzen, anstatt in der Mitte, ganz am Ende in einer Ecke seiner Langseite hat.

Ersichtlich diente also die Capelle auch noch zu einem anderen Zwecke, nämlich als Eingang in die Gruft, der sich

auch heute an ihren Boden, mit vier Steinplatten gedeckt, befindet und zu zwei abgesonderten Grüften, diejenigen des Capitels und anderer Weltlicher führt. Zu diesem Zwecke scheint sie auch wirklich gedient zu haben, indem sie später sogar durch die Verbauung des schonen, erst neulich wieder geöffneten Hauptportals von Seite der Kirche abgeschlossen und blos von der Gassenseite durch eine niedere Spitzbo- genthür zugänglich war ').

In diesem Zustande befand sie sieh bis in die neueste Zeit, da der Gottesdienst darin schon längst abgekommen war, und desswegen finden wir bei all den vorerwähnten Schriftstellern, die den Dom ausführlich mit .Anführung aller Capellen, Altäre, Grabschriften u. s. w. beschreiben, keine Erwähnung von unserer Capelle. Nur die Kirchenvisitationen erinnern sich noch ihrer, und bezeichnen sie als die einstige St. Annacapelle, die zu dem vorerwähnten Zweck abge- schlossen worden ist-).

Eine unverbürgte Tradition, die unsere Capelle auch mit dem Namen Ordaliencapelle bezeichnet, will noch davon wissen, dass es der Ort sei, wo einstens die Ordalien- gerichte, Feuer- und Wasserproben abgehalten worden sind. Bekanntlich stand nach der Verfügung des Königs Colomann (Corpus Juris Hung. Decretum Colomanni A. 1100. I. 22), der die Ordalien wegen Missbrauch allein auf die bischöf- lichen Sitze beschränkte, noch besonders den uralten Prop- steien zu Neutra und Pressburg (sonst auch mit fast bischöflicher Jurisdiction bekleidet) das Recht zu. in ihrer Capitelkirche Ordalien zu halten. Dieses gab wahrscheinlich den An'ass dazu, im Pressburger Dome den Ort der ehe- maligen Abhaltung der Ordalien zu suchen, und führte etwa auf die der Propstei zugewendete, abgeschlossene und in Verfall gerathene Seitencapelle. Es braucht kaum bemerkt zu werden, dass nach Belegen zur Ermittlung der Wahrheit wir vergebens suchen würden; wenn die Tradition einen Halt hätte, so könnte dieses höchstens von einer älteren Capelle gelten, an deren Stelle der spätgothische Bau ge- kommen; eben so, wie die uralte, etwa vor den Ungarn oder von den ersten ungarischen Königen gebaute Kirche diejenige mag gewesen sein, an deren Platz der jetzige Dom steht.

') Ebenso kommt die im reiusten golhischcn Styl g-ebaute chemali^'e St. Jo- liiinnis Pfarrkirche, jetzt aber Seitencapelle an der Nordseite der Fran- ciscauerkirche deren Beschreibung wir in der Folge beabsichtigen vor, die gleich unserer Capelle bis auf die neueste Zeit nur als eine Todtencapelle „Cappella Gmortualis" wie sie von den Chronographen des Ordens genannt wird bloss zum Todtengottesdiensl, von der Kirche abgeschlossen, verwendet worden ist, und aus deren Vorhalle auch der Eingang in die Gi'uft fiihrt. Sollten nicht diese Scitcncapetlen ansUltt des ehemaligen romanischen Karners an Fricdbilfen und oft auch neben der vom Friedhofe umgebenen Pfarrkirche Iheilweise zum gleichen Zweck gedient haben untl als Todtcncapellen errichtet worden sein? Siehe dazu die iu der unmittelbaren Nahe der ü d e n b u r g er Pfarrkirche stehende Todtencapelle ans cl. XIII. Jahrb Miftheilungen I. 108.

2) Es kann daher auch ihre Abschliessung nicht erst von der bekannten jose- pbinisehen Massregel gegen die Begräbnisse in den Kirchen abgeleitet werden. Sie war schon lüngst vor dieser Zeit abgeschlossen, wie ans Bei und den Visitationsprotokollcn zu ersehen ist. Das niimliche gilt auch von der .lohanniscapelle der Fraiiciscanerkirche.

2ü«

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Es gebührt übrigens dein hochwürdigsten Doniherni K. Heiller, Abt und Stiidtpfiirrer, das hohe Verdienst, die bereits verschollene Cnpelle wieder hergestellt und thefl- weise ihrer früheren ursprünglichen ISestininuing zugeführt zu haben; indem er bei dcni liuiuMi Interesse, welches er für die gute Instandluiltung und \ erscbilneriing des Domes an den Tag legt, bald ausgemittelt hat, dass hier der Haupt- eingang in die Kirche gewesen ist. Da auch der später sehr unzweckmässig am äussersten Winkel der Nordseite ange- legte nothdürftige Eingang wegen seiner Hanfalligkeit auf- gegeben werden mnsste, so wurde das verbaute, im Inneren der Kirche mit einen Altar verdeckte Portale geölTnet.

Dem ents|u-e('liend ist nun die ganze Wiederherstellung der Ca]ielie mit beträchtlichen Kosten und zwar durcli den Eifer des genannten Domherrn und Stadtpfarrers im Wege der Sammlung vorgenommen worden.

Die Capclle bildet im Grundriss (Fig. 1) ein Iruigliches Viereck ')■ -^Is eine Seitencapelle ist sie, wie natürlich, ohne

Kl

li:ii

(F!ff. 1.)

alle Bestandtlieile einer grösseren Kirche : also ohne Chor, Kreuzvorlage, Thurmanlage etc. Alle vier Seiten sind ge- radlinig. Die innere Länge beträgt im Lichten 37' 1", die Breite 13'; (dine das äussere Mauerwerk gerechnet, welches in Folge des Anbaues an die Kirchenmauer und zwischen ihre Strebepfeiler, an allen Seiten verschiedene Masse ergibt. Das Material, wie am Dome selbst, besteht durchaus aus Saudsteinquadern. Auswärts sind die !\Iauern in ilireii nalürliclicii Zustand, ohne allen Alipntz. Inwendig öfters und auch bei der letzten Renovirung übertüncht.

Die Capelle ist, wie schon bemerkt, an der nördlichen Langseite der Kirche, ungefähr in der Mitte des Langhauses zwischen zwei Strebepfeiler hineingebaut, und zwar so, dass die Letzteren in den Bau hineingezogen, kaum um cliiclic Zoll hervorstehend ihre Anlage bemerkbar machen. Ein dritter Strebeptleiier, der in die Mitte zwischen die beiden zu sieben kam. winde, um Baum in der Capelle zu gewin- nen, abgetragen. Die freie der Gasse zugekehrte Langseite der Capelle wird dnnh drei Strebepfeiler unterstützt, derer

einer in die Mitte, die zwei anderen an den Ecken über Eck gestellt sind. Die äussere schlichte Mauer hat ein ein- faches Haupt- und Fussgeslms, und ist in einer Höhe von beiläulig 8 Fnss durch einen Wasserschlag unterbrochen, der sich bei den Strebepfeilern senkrecht herablässt und dann wieder seine horizontale Richtung verfolgt. Die Stre- bepfeiler sind nur einmal einfach gegliedert (bei dem obi- gen Wasserschlag kommt nift eine anscheinende Gliederung vor, wobei aber die Mauer nicht zurücktritt). Alle drei Strebepfeiler sind ungefähr in der Mitte mit rohen und ge- schmacklosen Baldachinen besetzt, die dem |iyrami(lalen mehrseitigen Thurmhelm gleichen, und oben verjüngt, mit einer Bosse endigen. Darunter stehen auf einfach gegliederten Postamenten drei Statuen aus Holz, die Heiligen: Joachim, Anna und Joseph. Sowohl diese, wie auch die Baldachine stellen uns schon den Verfall der spätgothischen Kunst vor.

.\n der Ostwand sind die Spuren eines verbanten. mit Sprossen und Masswerk getulllcn spitzbogigen Fensters zu sehen, das sich unsymmetrisch, nicht in der Mitte befindet, sondern mit einer Seite an den Winkel des angrenzenden über Eck gestellten Strebepfeilers anlehnt. Dem Fenster gegenüber an der Westseite sieht man wieder von Aussen eine verbaute niedrige und schmale Thür, mit plattem Klee- blattbogen, von Kreuzstäben und H(ddkeblen ornamenlirt; sie erscheint aber bereits wie bis in die Mitte im Boden ver- sunken '). Das Dach, mit Ziegeln gedeckt, ist ein Pultdach, welches sich an die senkrechte Wand der Kirche anlehnt.

Die rberdeckung der Capelle geschieht durch zwei Kreuzgewölbe, welche aber der Länge und Breite nach von Querrippen (Longitudinal- und Transversalrippen) durch- schnitten werden. Indem sich diese Querrippen am Ende in scharfen Winkeln, wie Kreistheile ausgebogen abtheilen, bilden sie dadurch in der Mitte, sanunt den dort zusammen- laufenden Kreuzgurten, grössere und kleinere Bautenformen, wo sonst am anderen Ende die Qiierri|ipen blos mit halber ausgebogener Bautenforin, gabelartig an der SchiUlwand scbliessen. Durch diese anseh(>inlichen Zierrippen entsteht eine ganz eigenthümliche Gewölbform, die eigentlich weder ein Stern- noch ein Netzgewölb. sondern ein. wie es scheint, selteneres Muster V(Ui zwei vierblättrigen Blumen darstellt.

Die zwei Schlusssteine des Kreuzgewölbes haben die Form eines unten abgerundeten . an beiden Sebeidceln ausgebogenen Schildes. Die Gewölbri|ipen sind einfach, jedoch kräftig aus Platte, llolilkeblenuiul Plättchen gegliedert, hie Kreuzgurten werden von sechs (in den vier Ecken und in der Mitte an beiden Seiten) verschieden geformten Con- solen getragen: zwei sind den besehrielienen (iewJilb- schlusssteinen gleich schildförmig: eine nach nnlen spitz- laufend, eine amIiM'e rund, beide (d)en ausgekragt; eine

') nie Zfichliuiiu des (iruiiilrisscs iiiiil die Dar.vtdluiii; ilo« Biit'rlircldc» ver- daiikeii wir der Güte des Corre»|M>iideiili'ii der k. k. (>iilr:il-('nniniissioii in Pressliui-^ Herrn K. lierger. ll. Wt-A.

>) Ohne ZweiiVI riihrl es ii;dir-r. d;iss :in die iiordliclu' Si'ite des Ouinfs. wie aUgemein inijii'nomnten uird. im Kriegs*eileii weyeu der iiiij^reiizenden K:)Htei . mehrere Fu-^s hoch Krde »ntjeschiittel worden isl. Oesswejien fuhren ttuch v<in dieser Seile mehrere Sttift-n hinnh in den Ooni

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fünfte ist mehrseitig, unten spitzig geendet, oben zickzaek- artig gegliedert; die sechste ist bereits abgefallen.

In der äusseren längern Mauer sind zwei Spitzbogen- fenster angebracht, die bis in die Mitte der Mauer hiiiab- reichen sollten; nun ist das Eine in der Mitte von der höher geführten neuen Thiiröftnung durchschnitten. Beide verengen sich etwas von aussen und innen gegen die Mitte; die Einschrägung aber bleibt an der Fensterwand ohne alle Gliederung. Das aus der gleich glatten Fensterbank sich erhebende Sprosswerk bildet zwei ausgekantete Pfosten, wodurch die Fenster dreitheilig werden. Das Masswerk der Bekrünnung wird von mehrfachen Kleeblatt- und Fischblascn- figuren gebildet, mit dazwischen gelegten Nasen. Zwischen die Pfosten und das Masswerk sind erst bei der Benovirung verschiedenfarbige Glasstücke eingesetzt worden.

Die übrige innere Einrichtung der Kirche, wie die neuen Tluirtlügel, Opferstock u.s. w. sind, wie oben bemerkt, ganz neu angeschafTt, und ziemlich entsprechend, wie auch der oben angegebene gothische Altar an der üstwand, mit dem Bilde der heil. Anna 'J. An den übrigen flachen Mauerwänden des Innern bemerkt man in der Mitte der beiden Langseiten zwei ältere Grabmonumente in die Mauer eingesetzt; beide sind nur etliche Fuss hoch, im Renais- sancestyl, mit Postamenten, Gesims und Schnörkelwerk eingefasst, aus weiss, roth und schwärzlich geädertem Marmor; die Umralimnng ist noch dazu mit andersfarbigen runden und ovalen kleineren Marmorstückchen eingelegt. Das an der Epistelseite bat oben im ovalen Schilde ein Wappen mit rothem Feld, darin auf dreihügligem Gebirg ein rechts (heraldisch) schreitender weisser Greif steht, der in der erhobenen Rechten eine Traube hält. Ober dem Schilde die Standeszeichen: Bischofsmütze und Krumnistab. Die Inschrift lautet: Memento Mori. Anno D. 1632. Die 28 Januari Adm. R. D. Geor. Nagy Praep. Alben. C. Pos. Obijt in Domino. Cui hoc Epitaphium Lucas Vatai et Consors Susanna Nagy higentes curaverunt. MDCXXXVl. An der Evangeliumseite auf dem anderen gleichen Denkmal hat der ovale Schild das wahrscheinlich selbsterfundene Wappen: im quergetheilten roth und grünen Felde einen am Baume im Neste sitzenden Pelikan, seine Jungen fütternd; rechts (heraldisch) den Mond, links einen Stern. Die Inschrift hat: Adm. Rndus. Dnus. Michael Maurovitius Praep. Major V. C. Agriens. Abbas Triunifontinni de Bei. Obiit An. Dni. MDCXXXVlII. Die XXI. April.

Den merkwürdigsten und interessanten Gegenstand unseres Baudenkmales bildet das in der Capelle befindliche

*) Der Altar ist die Arbeit fies slrebsamen Pri'ssburgpr Kunsttischlers H. A. S ta u di n {^- er . dei- Itereits in diesem ('"jiclie <iureh seine uiiaiis- gesetzte Streiisamkeit einige BeriilinitbL-it erlangt hat. l'nliinj^st hat er entsprecliend gotliisehe Altäre tiir die Pester IM'arrkirehe in der inne- ren Stadt und iurdie Henninencajielle verlertigt. Alle üljertritU an Soli- dität, Grösse und Schönheit der Couception der jetzt noch in seinem Atelier befindliche, für die Wölfsleindori'er-Kirche des Heiligenkreuzer Cistercrenser-Stiftes bestimmte Altar.

Portal, welches den Eingang in die Kirche bildet, und da.» erst nun bei der Restaurirung mit der reichen Thürein- fassung und dem Reliefbilde des Bogenfeldes, welche bereits ganz unkenntlich verklebt waren , zum Vorschein ge- kommen ist.

Dieses Portal öffnet sich der Capelle zu, in dem sich die schräge Thürwandung gegen die Kirche vorengt; acht Stufen führen in die letztere hinab. Die schräge Wandung hat an ihrer ganzen Fläche eine reiche Gliederung von mannigfachem Wechsel der Wülsten , Hohlkehlen und Plättchen, die sich von unten bis zu der beträchtlichen Höhe der spitzbogigen Überwölbung an den Seiten ununter- brochen erheben; nur in der Mitte bricht etwas die Glie- derung ab , sich auf beiden Seiten für Nischen erweiternd, über denen hübsehe Baldachine aufsitzen, die wieder mehr- seitige aber schöngeförmte pyramidale Thurmhelme dar- stellen, an jeder Seite mit angebrachten Giebeln, die aus- wärts mit Plättchen und Hohlkehlen gegliedert, an den Kanten mit Bossen geziert, oben an der Spitze Kreuzblumen tragen. Gleich diesen sind die Kanten der mehrseitigen Baldacliine mit Bossen belegt, oben bekränzt, verlaufen sie sich stets mehr verjüngt und abgerundet, mit ihrem Ende in die mittleren starken Wulste. Darunter stehen die Statuen der Heiligen Johannes des Täufers und des Evangelisten, die aber erst bei der Wiederherstellung des Portals in die leer gefundenen Nischen hineingesetzt worden sind. Die Postamente der Statuen bilden schöne Consolen, die sich eigentlich wie Capitäle von schlanken Säulen ausnehmen, deren Schaft von dem breiten mittleren Wulst der Profilirung unserer Thürwand gebildet wird, an dem dann die Consolen wie Capitäle aufsitzen; beide sind mit hübschem Laubwerk bekränzt, das eine sogar mit zwei Reihen Blätterkrönung, das andere mit aus grossen Blättern gebildetem einfachem Laubwerk. Ihre Betrachtung erinnert uns an die schönste Periode der Gothik. wo das Laubwerk der Natur nachgeahmt wurde; und sie bieten mit ihren Reben- und Hederablättern ein ausgezeichnetes Muster und Beleg für die bei Caumont (Abecedaire ilArcheologie. Architecture religieuse, 288), zusammengesetzte und ange- führte „Flora Muralis" des X II. Jahrhunderts.

In dem von einem etwas überhöhten Spitzbogen über- wölbten Tympanum oder Thürbogenfelde erscheint das in Stein gehauene Reliefliild. welches jetzt, vom Anwiirf befreit, wohl etwas auch wieder zu stark mit grauer (Ufarbe ange- strichen worden ist. Das Bild gibt uns eine Darstellung der heil. Dreifaltigkeit (Fig. 2). Wir sehen daran in der Mitte (jolt \'ater auf einem Throne sitzend, den Heiland am Kreuze, mit beiden Händen an den Kreuzesarineiihalteiul. Oben ist der heil. Geist in Taubengestalt; unten zu den Füssen von beiden Seiten sind zwei am Postamente kniende Engel angebracht, deren einer die Hände gefaltet bat, der andere aber eine Hand auf die Brust legt, die andere gegen den Heiland liervorstreckend , mit erhobenein Finger auf ihn

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deutet. An den Seiten von nnten bis an die Spitze, und von beiden Seiten gegen die Mitte erstreckt sieb ein stylisirtes

Laubwcrit , in dessen Mitte anf einer Seite ein Löwe und sein Junges sicht- bar wird; auf der andern Seite steht ein Peii- iian über sein Nest geneigt, aus welchem seine 3 Jungen mehr oder weniger sichtbar hervor- ragen, die er in BegrilTzu stehen scheint, mit sei- nem Blute zu

(Fig. 2.)

speisen. Die ganze Darstellung, so wie auch die Ausführung desselben, scheint auf eine ältere Zeit zu deuten, als es die angegebene unseres spätgothischen Baues ist; wahrschein- lich ist es dieXachbildung eines älteren Musters '). Gott Vater erscheint daran noch ganz in dem idealen Typus des ursprüng- lichen Christusbildes, mit fast jugendlichen Aussehen, mit gekräuseltem langen Haupt- und kurzen Barthaar, unbe- deckten Hauptes, und mit unbekleideten Füssen; er trägt das lange Untergewand und darüber ein kürzeres Oberkleid, beides mit reichem Faltenwurf.

Der Heiland ist bereits mehr in dem realen Typus: sterbend mit geneigten Haupt, an den mit Tituius bezeich- neten Kreuze gebildet. Auch das Kre\iz ist schon mehr Holzbalken als Baum; wie gewöhnlich alle diese Formen schon seit dem XH. Jahrhundert vorkommen. Ganz abson- derlich aber konnnt der betiäclitlich lange Obertheil des Kreuzes vor, so wie auch die gabel- oder scbächerkreuz- artig sich erhebenden Kreuzarme. Die Engel sind auch noch in der älteren traditionellen Form gebildet , als reifere Jünglinge (nicht v ie s|iäter schon als Kinder) mit gekräuseltem Haar, Flügeln und in langer faltenreicher Kleidung.

Was daher die Vorstellung des Bildes betrifft, ist es. wie gesagt, eine der älteren hergebrachten Darstellungs- arten der beil. Dreifaltigkeit. (S. Mcnzel's Symbolik, S.216.) Es ist heute leicht, auch die übrigen bedeutsamen symboli- schen Thierfiguren zu deuten , nach dem Vorgange des Kunstarcbäologen Dr. Heider, indem er, wie die Leser dieser Blätter sich erinnern werden, in dem trefflichen Auf- satze über die „Symbolischen Darstellungen in der Cisler- cienserkirche zu Neuberg in Steiermark"' bereits unter andern auch die hier vorkommenden nach den von ihm herausgegebenen Physiologus aus dem XI. Jahrhundert gedeutet bat. Darnach ist der Löwe das l'rbild der Grab- erstehung Christi; von ihm wird erzählt, dass er sein Junges, welches die Löwin todt zur Welt bringt, am dritten Tage durch seinen Anhauch ins Leben rufe, so wie der allmächtige Vater seinen Sohn am dritten Tage von dem Tode erweckt. Bekannter ist das zweite Sinnbild des Pelikans, der seine Jungen, wie uns Christus, mit eige- nem Blut speiset.

Notizen.

(Fundamente eines römischen Palastes. A uf- g e f u n d e n i in .1 a h r e 1 8JJ4 i m a 1 1 e n F o r u m J u 1 i i a u f dem sogenannten Campo Marzio, gegenwärtig Ma Iva so na.) .Auf der Strasse welche nach l'dine führt, und zwar links wenn man von C i vi d a 1 e konnnt, ist das sogenannte Mars fei d (Chiamarz), zum alten Forum Julii gehörig, wo die Reste eines alten römischen Palastes aufgefunden wur- den, nämlich 5 unterirdische Gemächer mit Mauer- und Zie- gelgewölben, wovon 2 zur Linken 3-75 Meter lang und 2 Metr. breit und 2 zur Rechten, dann noch andere 3 in letzterer Richtung von verschicdeMcn Dimensionen, durch einen Feldweg getreinit.

Bei ihrem Anblicke glaubt man behaupten zu können, dass dieselben (iberreste von 2 römischen Häusern oder von zwei Gebäuden sind, welche zu verschiedenen Zwecken dienten.

') Nach unserer Übcrzeii);ung ist das Tympanon ein Überrest ili'S l'iirtale.i von der, vordem XV. Jahrliundi-rl bestandenen Kirche. II. Med.

Als man die .Arbeit fortsetzte, oiine sich jedoch mit Nachgrabungen zu befassen, fand man die l'berbleibsel eines ganzen römischen Palastes, nämlich mit Mauern bedeckte Gemächer und regelmässig abgetheilte Gänge; und zwar anfangs einen Gang, hierauf 14 Geuiächer, wovon 7 zur Rechten und 7 zur Linken, alle mit Mauer- und Ziegel- gewölben, keines jedoch höher als \7li Metr.. welche die (•t'//i</«fc' iv'/wr/rtf seinmussten, wo der Wein in Krügen oder Fässern aufbewahrt wurde, inn denselben für den Sommer frisch zu erhalten.

Die Gemächer zur Rechten haben die halbe Höhe der anderen: den grösslen Itauni iiiniint ein Gaii!;; ein.

Beim Durchlesen des Vitruv oder anderer Schrift- stellerwird es nicht schwer sein zu entnehmen, wie der Bau eines regelmässigen Palastes sein nnisste, wobei nur die kleinen Zellen, welche wegen der .Aufbewahrung der tägli- chen Lebensbedürfnisse in deii^-cHieii auch rclhtr prniiridc genannt wurden, übrig geblieben sind.

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Wird jedoch die Niedrigkeit dieser Gemächer berücii- sichtigt, indem ihre Höhe nur 1-7S Metr. beträgt, so schei- nen dieselben die eigentlichen cellae vinariae gewesen zu sein, wovon in der Beschreibung des Scaurischcn Palastes (Mailand 1825. pag. 121) von Meroveus , König der Schwaben, Erwähnung geschieht.

„Die Keller cellae vinariae sind gegen Norden ge- baut und es werden darin alle Gattungen Weine aufbewahrt, welche nach der Aussage einiger Witzköpfe eine grössere Anzahl Consulate zählen, als alle Vorfahren des Seaurus zu- sammen genommen gesehen haben."

Die in Rede stehenden Keller scheinen ihr Licht von keiner anderen Seite als von dem Gange, welcher zu den- selben führt, erhalten zu haben, und zwar, damit der Wein seine Stärke beibehalten und durch Gährung nicht trübe werden sollte.

Auf solche Art sind auch die heutigen öffentlichen Keller am Fusse des Palatinus zu Piom gebaut, welche an Private vermiethet werden, und wo sich der Wein friscli erhält und seinen süssen Geschmack beibehält, während man in den Provinzen , wo keine derlei Keller bestehen, denselben gähren lässt, wodurch er jedoch einen bitteren Geschmack bekommt.

Es ist Jedermann bekannt, dass unser Friaul und vor- züglich die Umgebungen unserer Stadt eine Menge vortreff- licher Weine hervorbringen. Vorzüglich geschätzt und von ausgezeichnetem Geschmacke ist jener , welcher auf den Hügeln von Butrio bis Rosagza wächst, wo man den berühm- den Picolit erzeugt, welcher dem Tokayer nicht bedeutend nachsteht.

Dann kommen die anderen Hügel des Coglio bis Cormons, wo weisse und schwarze Weine hinsichtlich ihrer Süsse und des vortrefflichen Geschmackes mit einander wetteifern.

In so gebauten Zellen mussten daher diese Weine auch im Sommer ihren guten Geschmack beibehalten und die etwas herberen, wie jene von Tulliano, mit der Zeit so an Güte gewinnen.

Diese Entdeckung bestätigt auch die grosse Sorgfalt, welche die Römer bei Aufbewahrung ihrer Weine hatten.

Es scheint vielleicht, dass ich mich über diesen Gegen- stand zu weit ausgelassen habe, und dass viele von diesen Gemächern auch eine andere Bestimmung haben konnten. Ich will nicht läugnen, dass in denselben auch andere Gegen- stände enthalten sein konnten, da in derlei Gemächern alles, was man zum täglichen Küchengebrauche benöthigte, auf- bewahrt wurde. Wenn man jedoch in dem oben erwähnten Werke über den Scauri'sclien Palast liest, dass sich daselbst 300/m amphorae von beinahe allen bekannten Wein-Quali- täten (195) vorfanden, so sind wir geneigt zu glauben, dass jene Zellen ausschliesslich für die Aufbewahrung des Weines benutzt wurden, und dass oberhalb derselben das sogenannte ^je«M>n cellarium gebaut sein konnte, welches.

wie der im obigen Werke angeführte Pignorius angibt, seinen Namen von der Aufbewahrung der Lebensmittel, als Ol, Essig, Salzbrühe, Küchenkräuter etc. erhalten hat, so dass nach Cicero alles, was zum täglichen Lebensunter- halt gehört, penus oder penora heisst.

P. Lo reiizd d '(tr I iindi.

(Die ehemaligen Glasmalereien in der II n 1- kirche zu Innsbruck.) Das tirolisclie Künstler -Lexikon ninunt aus Ceschi's Beschreibung von Innsbruck die Notiz, dass der Architekt Nikolaus Tb eu ring oder Thuring den Bau der Hofkirche angefangen und Mar x della Bolla nach dem Tode des Thuring denselben vollendet habe. Näheres ist mir über diese zwei Haumeister nicht bekannt'). Die folgenden Nachrichten entnehme ich aus Manuscripten des im Jahre 1691 zu Innsbruck verstorbenen Franciscaner- Provincials P. J u s t i n u s K a 1 1 p r u n n e r.

Gründer dieser Kirche und des daran stossenden Klo- sters war Kaiser Ferdinand I. mit dem Zunamen Impavidus. Der Bau begann 1 550. Eingeweiht wurde die Kirche vom Bischof von Fünfkirchen, Georg Drascovic, den 14. Fe- bruar 15()3. Kaiser Ferdinand selbst wohnte mit seinem Sohne, dem römischen Könige Maximilian, und fünf Töchtern dieser Feierlichkeit bei. Im nändichen Jahre liess der Kaiser durch denselben Bischof auch dieFranciscaner in den Besitz des Klosters einführen. Ober der Thüre des Speisesaales war zur Zeit des P. Justinus noch eine schwarze Marmor- tafel zu sehen, welche mit vergoldeten Buchstaben folgende Inschrift trug:

D. 0. M.

Postquam cruenta proelia atque dissidia universumque ürbem faustiss: ac clementissimus Divus Ferdinandus Rom. Inip. Germ. Hung. Bohem. Res, Archidux Austriae, Dux Bur- gundiae, Comes Tyrolis etc., cujus memoria in benedictione est, favente Numine ad pacem reduxerat: denique coelesti erga Orthodoxam fidem ardore succensus ad exti'omum vitae suae hoc coenobium et templum lieri curavit, Ordinique S. Francisci de Observantia muniliee dedicavit, ([uod Reverend- mus P. F. Franciscus Zamora Generalis Ministor Aimae Divi Antonii Provinciae sedulo connexit. Fr. Ludovicus Malumbi-a Venetus prinuis Quardianus ad postcr. monumenta P. C. An. D. M.DLXIIII die XIII. Aug.

Diese Kirche nun war mit Glasmalereien uiul mit Tape- ten, welche in gewebter Malerei die Geheimnisse des Lebens des Erlösers darstellten, geschmückt. Von den Seitenmauern hingen je fünf kriegerische Fahnen herab, welche zur Be- gräbnissfeier des Erzherzogs Ferdinand 1505 angefertigt

•) Als mun niii'll ili'ni Erdlii'liiMi 1090 ili'ii Thurmkiiopf iH-mbnahni , fiiiiil man in seUtein ein Per{»nmt'nl mit fi)lj;t'niier Si'lirift : „Aiiss Bcvelcli des aUer- (lurolih'ic'litiyisten Fi'rililliindeu Hörn. Knysers t'tc. hat Ihro .Mayt. Secre- tari Hofhawuiaister undSiiiu'riiilL'ndPlit dieses li)bliclieii neuen Stiitriliauss, Paul Uschall diseu Knopf lassen süxen in seinem Heisein am cilflen TaJ <tes Monaths Oktnbris Ainu^ l'ni l.'itiU.

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worden waren, und von denen nenn die Insignien der ver- schiedenen Provinzen Osterreielis entliielten, die zehnte aber, von schwarzer Farbe, die Trauerfahne war.

Etwas weithiuOger lässt sich P. J u s t i n u s K a 1 1 [i r u n- ner über die kleinen und grossen Statuen aus Erz und über die Glasmalereien aus. In Bezug auf letztere schreibt er 1()80: „Cum portentorum classein ingrediatur, fragilitas si non frangatur, eupidae posteritati, tenera saltem in Charta, Basilieae nostrae S.CrucisOenipontanac fencstras encaustice pictas ab interitu salvabo."

Das Fenster nächst dem Hochaltare zur Evangolienseite war horizontal in vier Felder eingetheilt. Min denen die drei obern folgende Vorstellung enthielten : \'ier sehr schon gemalte Engel trugen ein Kreuz von rother Farbe. Üer Raum ringsum erglänzte wie Gold und war von leichten mit Engelköpfen besetzten Wölklein umsäumt. In der vierten oder untersten .^btheilung knieten rechts Ferdinand I, im Kaiser-Ornate nebst seinen Söhnen, dem riimischcn Könige und drei Erzherzogen. Links kniete ebenfalls auf einem Kis- sen die GcTuahlin Ferdiuand's Anna mit zum Kreuze erho- benen Augen und Händen; vor ihr eilf Töchter. In der Mitte dieses untersten Feldes stand höher liinaufreichend der heil. Apostel Jakobus , angethan mit einem grünen Rocke, einem groben Mantel und dem Mnschelkragcn, in der rechten Hand den Rosenkranz und Pilgerstab, in der linken ein Ruch hal- tend. Zu seinen Füssen befanden sicii die kaiserlichen und ungarisch-böhniisehen Insignien.

Das entgegengesetzte Fenster, zur Epistelseite, hatte ebenfalls vier horizontale AbtheiJungen. Die drei obersten waren, mit Ausnahme einer Ecke, die dem zu spät kommen- den Thomas vorliehalten war, mit der lliminelfahrt der sei. Jungfrau ausgefidit. Üben erblickte man Maria, wie sie von Golt Vater und Sohn mit der Krone geziert wird; die Taube schwebte über ihrem Haujite. Inten knien auf der Krdi' um das (irab herinn die Ajtostel, sehnsilchtig gegen Himmel iilickend . mit Ausnahme des Thomas. Im untersten Felde kniete zunächst am Altare im Harnisch Erzherzog Ferdinand. Landesfürst von Tirid, während seine Insignien die Mitte dieses Feldes einnahmen. Zuletzt erblickte man den heil. Thomas mit Ruch und Lanze. Er reichte mit dem obern Theile seines Körpers noi-h in das dritte Feld hinein. Zu Unterst war in einem Streifen der Titel Ferdinand's in deut- scher Sprache angebracht:

„Ferdinand von Gottes Genaden, Erzherzog zu Öster- reich. Herzog zu Burgund. und Graue zu Tynd e(c. und llocbsemelten Kayser Ferdinands und Frawe Anna Königin zu Hungarn und Peheim Soliii et<'.''

Das dritte Fenster, ebenf^ills auf der Epislelseile, war auch in 4 Felder eiiigelheilt, jedoch so, dass die zwei obern nicht durch eine horizontale , sondern durch eine verticale Linie getheilt waren.

In einem dieser idieru Felder (gegen den Altar zu) erl)lickte man den heil. Apostel Andreas, wie er vom Kreiizi'

herab das zusammenströmende Volk lehret; auf dem andern befand sich der iieil. Gcorgius zu Pferde, wie er den Dra- chen erlegt. Diese zwei Heiligen wurden desswegen hier dargestellt, weil Andreas der Patron des Ordens des golde- nen Vliesses, Gcorgius aber jenes Ritterordens ist, den der Vater. Kaiser Frieilrich. stiftete und der Sohn Maximilian I. förderte.

Das dritte Feld dieses Fensters war in drei Abthei- lungen eingetheilt: die mittlere nahm Kaiser Maximilian I. auf einem Kissen kniend und geziert mit den kaiserlichen Zeichen der Krone, des Mantels, Scepters uml Reichsapfels ein. Sonst trug er noch <len Harnisch und den Orden des goldenen Vliesses. Die Abtheilnng dem Reschaner zur Linken zeigtedie zwei Gemahlinnen .Maximilian'sin knienderStellung, nämlich Maria von Rurgund und Bianca. Auf der anderen Seite erbickte man den Sohn Maximilian's, Philipp|i I. und dessen Gemahlin .lohanna voTi Caslilien. Im untersten, m iede.r dreigetlieilten Feidi^ dieses Fenslers waren die Insignien der im obern Felde dargestellten fiirsllichen Personen enthalten. Unter Maximilian warder doppelte kaiserliche Adler, auf der Rrust das österreichisch- burgundische Schild, umgeben vom goldenen Vliesse , dargestelll; unter den zwei Gennihlinnen das burgundische und mailändische Wapjien; unter Philipp, gleichfalls von der colchischen Zierde umgeben, der Tliurni von Caslilien und die roth-goldenen länglichten Linien des Königreichs Arragonien. l.'nter der Königin Joiianna waren ähnliche Wappen angebracht.

Die zwei grossen Fenster au der rechten Seite des Langhauses der Kircln; waren ebenfalls je mit zwei Reihen Glasmalereien, welche Wappenschilde vorstellten, geziert. Das obere dem .4llare nähere zeigte die 8 ^\'appen von Ungarn, IJöbmen. Dalmatien. Croatien, Xea|iel, Alt-()streich, Neu-Östreich und Ruigund. Auf dem zweiten Fenster sah man die 8 Wappen von Caslilien, Sicilirn. licon, Steiermark, Kärutlien. Krain und Schwaben.

Diese Kirche litt sein- durch die Erdbeben, welche im Decendier (anfangend am 22. Dec ) l(i89 mnl im .läiuier lüDO Innsbruck heimsuchten. Der Thurm mussle bis zu den (jlocken herab abgetragen werden. Die (Jewöllie derSeilen- schilVe der Kirche waren sehr beschädigt, in minderem Grade das des Hauptschiires. Das Gewölbe, wie auch die NAäiide dei- Kirche wurden dann mit reichem und walirliaft schönem (iyjiswerk geziert. Die Oberleitimg bei dieser Arbeit hatte ein alter Hofgoldschmied, mit iNanien Fricss, der auch die Zeichnungen dazu lieferte.

Bei dieser Gelegenheit mi'igen auch die Fi-nster sehr gelitten liahen. Im .lalire 1710 uurden die Fenster erneuert, in wieweil, weis ich nicht. Im .lalin- I 7 I I loacli am 1 4. August ein schreckliches Ungewitler aus. Der Wind warf einen Theil der Fenster in den Garten hinab. Stntiin juhrittc E.vcclxa cnmrra.scmdtis ciicnitsticis, fenostrae ovbicnlatne perticis fcrreis insertac sunt.

P. Bertrand Scliöpf.

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Correspondenzen.

Wien. Seit dem letzten Berichte über „die Erfolge der AVirk- sjmkeit der k. k. Cenlral-Coniiiiission (vgl. Mitlheilungen" II, 114) sind derselben wieder mehrere sehr anerkennende Schreiben lioiier weltlicher und kirchlicher Würdenträger über Ihre Leistungen und literarischen Publicationen zugekommen. Wir heben aus denselben hervor: ein Sehreiben Seiner Excellenz des k. bairisehcn Ministers des Auswärtigen Frelberrn v. d. Pfordten, worin Se. Exe. dem Präses der k. k. Central-Commlssion Hrn. K. Freiherrn v. Czocrnig eröffnet, dass Seine Majestät König Maximilian, laut Entschliessung vom 30. März d. J. diese interessanten werthvollen Mitlhellungen mit Vergnügen entgegen zu nehiuen, und ihn zu beauftragen geruht haben, für die hiedurch bewiesene Aufmerksamkeit Allerhöchst deren Dank auszudrücken; ferner ein Schreiben Seiner Eminenz des Fürst-Primas und Cardinal -Erzblschofes von Gran, Herrn Job. Scitosky von Nagy-Kers, worin Seine Eminenz mit dem Aus- drucke des verbindlichsten Dankes eröffnet, dass es ihm ein hohes Vergnügen gewährte, aus denselben zu entnehmen, welche Aufmerk- samkeit den kirchlichen Denkmalen Im Allgemeinen und jenen von Ungarn insbesonders geschenkt wird und bei solch' erspriessliehen Leistungen verspricht, gerne beitragen zu wollen, dass sich der Klerus der literarischen Wirksamkeit der Commission mit reger Tlieilnahme zuwende; ein Schreiben Seiner fürstl. Gnaden des Herrn Fürst-Erzbisehofs von Olmülz Friedrich Landgraf v. Fürsten - berg, worin ausgedrückt ist, dass Seine fürstl. Gnaden niemals säumen werde, die Bestrebungen der Conmiission, kräftigst zu unter- stützen und ein Schreiben des hochwürdigsten Bischofs in Dinkovar Herrn Jos. G. Strossmayer, worin mitgetheilt wird, dass an die Geistlichkeit dieser bischöflichen Diöcese Im Sinne des Ersuchens des Herrn Präses der k. k. Central-Commission ein Aufruf erlassen wurde, die kirchlichen Baudenkmalc und deren Einrlehtungsgegen- stände bekannt zu geben und durch Belehrung und mögliehe Ilindan- haltung von muthwilligen Beschädigungen an den ihrer Aufsicht unterstehenden Denkmalen der Vorzeit den Sinn der Bevölkerung für die Kunst zu wecken.

Wien. Das Bedürfniss, ein Missale zu besitzen, das den strengen Anforderungen der christlichen Kunst in Bücksicht seiner typographi- schen Anlage so wie der xylographischen und polychromatischen Aus- stattung vollkommen entspricht, ist Veranlassung, dass sich im Laufe der letzten Monate in Wien eine provisorische Commission zur Heraus- gabe eines mustergiltigen Missale Rom an um im mittelalterlichen Style gebildet hat. Wir entnehmen dem uns vorliegenden Entwürfe der statuarischen Bestimmungen, dass dieses Missale hinsiebtiich des Druckes und seiner verschiedenen Ornamentirungen sich strenge den wahren Principien der mittelalterliehen kirchlichen Kunst anschliessen und In einem einheitliehen Style als ein Ganzes gehallen, dicBlüthezeit der deutschen Miniaturen repräsentiren soll. Die Commission ist da- her auch der Ansicht, dass der Schluss des XIV. respective der An- fang des XV. Jahrhunderts als die Blüthezeit der deutschen Miniatur und Initialkunst zu halten sei und es wird sich desshalb das fragliche Werk möglichst analog den mustergiltigsten und besten Mtisterwerken der deutschen „burgundischen" Miniaturen vom Jahre 1380 1430 anzuschliessen haben. Die Commission stellt sieh zur Aufgabe, hin- sichtlich der Typen, Initialen und Miniaturen, das Beste und Gedie- genste aus den noch vielfach vorhandenen Meisterwerken ( Missalen, Laienbrevlercn, Evangeliarien, Gradualien,.\ntiphonarlen) auszuwäh- len und durch geübte Künstler charakteristisch getreu und im (Jelste der alten Meister copiren zu lassen. Das Missale soll in dreifacher Ausstattung und zwar In Form eines einfachen, reicheren und Pracht-

Exemplars ausgegeben und mit einem stylgeraässen, der alten I.cdcr- plastik entsprechenden Einbände verschen werden. Das prov. Comile Ist gebildet aus den Herren Hofrath Pbillipps, F. Bock und Dr. Brunner, dann aus den Herren Essen wein, Klein, Reiss und Habenicli.

Prag. In Eger hat sich im Laufe dieses Winters auf Veran- lassung des k. k. Kreispräsidenten, Grafen von Rotbkirch ein Comite gebildet, welches sich die würdige Instandsetzung und Restauration der dortigen Decanat- und Sladfpfarrkirche St. Nikolaus zum Ziele gesetzt hat. Von diesem Comite berufen, die Kirche zu untersuchen und die Art und Weise der Restauration einzuleiten, habe ich nach 14tägigem Aufenthalte meinen molivirten Bericht den 14. Mai übergeben, welcher auch heifällig aufgenommen wurde.

Die Kirche zeigt drei verschiedene Bauperioden, und zwar gehören die beiden Thürme bis zur Höhe von 88 Fuss der Zeit Friedrich des Zweiten von Hohenstauffen an. Diese Thürme, beiläufig um 1230 erbaut, haben den grossen Brand von 1270, welche ganz Eger in Asche legte, überdauert, wie sich genau am Gebäude nach- weisen lässt. Das Presbyterlum dagegen stürzte zusammen und wurde gegen 1300 wieder aufgebaut. Die Thürme zeigen den Übergangs- styl vom Romanischen zurGothik, während das sehr einfache Pres- byterlum durchaus gothisch, mit vorspringenden Strebepfeilern und einem aus dem Achteck construirten Chorschlusse erscheint.

Das Langhaus endlich, die aufTallcndste Partie dieses Gottes- hauses, schreibt sich aus der Mitte des XV. Jahrhunderts und bildet eine merkwürdige, von runden Säulen unterstützte Halle von 100' lichter Weite und löO' Länge (gleichfalls im Lichten).

Dieses Langhaus zeigt keine äusseren Strebepfeiler und die Seitenschiffe sind seltsamer Weise breiler, als das .Mittelschiff. Die ganze Kirche wurde Im XV. Jahrhundert mit Wandmalereien aus- gemalt, von denen bisher unter einer dicken Kalkkruslc mehrere wieder aufgedeckt wurden.

Gleichzeitig mit dieser Kirehenarheit habe ich eine vollständige Aufnahme (die erste ganz genaue) der weltberühmten Egerer Schlosscapelle gemacht und das ganze Sehlossgebiet untersucht.

Endlich und zwar im Augenblicke meiner Abreise habe ich nnch einen Fund von höchster AVichtigkeit gemacht, welchen ich dem Bezirkshauptmann von Eger, Herrn Edlen von Her gel, zu ver- danken habe.

In der Nähe von Eger befindet sich nämlich eine in Buincn stehende grosse Capelle, die Ileiligenkreuzkiiche. Palron ist die Stadt Eger, und weil einerseits viele in dieser Heiligenkreuzklrche gemachten Messenstiftungen vorhanden sind, anderseits aber das Gebäude viel zu gross und zu ruinös erscheint, beschloss man, das- selbe gänzlich abzutragen, und statt dessen eine neue, kleinere Capelle aufzuführen. Gegen diesen Beschluss kämpfte nun Herr Bezirkshauptmann von Hcrgct, welcher der Ansicht war, dass der alte Bestand nicht ohne historisches Interesse sei und erhalten zu werden verdiene.

Nach seinem Antrage besuchte ich die Heiligenkreuzklrche . ein spätgolhisehes Bauwerk aus jener Zeit, wo der llalhkreisbogcn wieder Mode wurde. Es fehlen zwar Thüre und Fenster, aber der Dachstuhl ist gut, und die Umfassungsmauern ziemlich erhalten.

Das rechteckige Schiff ist 8" lang und ti" breit, der aus dem Achteck gezogene Chor 3" lang mid eben so breit; beides. Chor und Schiff nur mit einer flachen Brellerdecke versehen. Nachdem ich in vollster Cbercinstimmung mit Herrn von II er gel mich von der leichten , nur geringe Kosten verursachenden Herstellung des

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(iebäudes überzeugt und den gegenwärtigen Bestand aufgenommen hatte, berichtete uns ein uebenwohnender Landmann, dass in seinem Hause noch viele Einrichtungsstücke von der seit 70 Jahren dem Ver- fall preisgegebenen Kirche aufbewahrt seien. Herr von Hergct, dem dieses bekannt war, lud mich ein, die fraglichen Kircheii- requislten einzusehen und auch darüber ein (Jrtheil abzugeben.

In Erwartung des gewcilmlichen Plunders, den man in solchen verkommenen Dorfkirchen trifft, betrat ich das hölzerne Bauernhaus; in welches Erstaunen gerieth ich jedoch, als Ich hier in einem finstern <lange, von Spinnweben überdeckt, die herrlichsten Schnitzarbeiten erkannte, welche man nur sehen kann. Es sind Uolzliguren von 3' 6" bis 4' Höhe, bemalt und reich vergoldet, etwa aus der Zeit der -Nürnberger Gebrüder Rupprecbt und des Schön hofer. Als Arbeiten voll des tiefsten Gefühls von bedeutender technischer Voll- endung, wüsste ich diese Schnitzereien nur der schönen Maria in der Burg zu Nürnberg, angeblich von Schönhofer (13jO), an die Seite zu stellen. Leider konnte ich nicht einmal Alles sehen , da der Hausherr mit den Schlüsseln ausgegangen war. In Kurzem nach Eger zurückkehrend, werde ich Ihnen diesen Fund ausführlich schildern. B. Grueber.

Brixen. In meiner letzten Correspondenz habe ich Ihnen gemeldet, dass in unserm Lande der Sinn für die mittelalterliche Kunst immer mehr und mehr erwache und rege werde. Heute kann ich Ihnen wieder einen Beweis für diese meine Aussage bringen. Der Herr Baron Johann von Sternbach in Bruneek von der Linie, welche sich im Pusterthal, der Wiege dieses im Lande sehr hoch geachteten Geschlechtes, erhalten hat, übergab in jüngster Zeit zum Baue eines gothischen Hochaltars in dem alten und theilweise restau- rirten gothischen St. Valentins-Kirchlcin zu innerst im Thale Pretau tausend Gulden CM. und lässt darüberhin noch ein eigenes Altarblatt dafür malen. Was aber der edlen Gabe die Krone aufsetzt, ist, dass der Herr Baron die Ausführung anerkannten Künstlern anver- traut hat. Das Gemiilde wird Herr Franz Hell weger von St. Lo- renzen in Pusterlhal liefern und den Altar Herr Joseph Stauder, Kunsttischler zu Inichen, ebenfalls in Pusterthal bauen. Beide Künst- ler haben bereits durch mehrere Werke ihren Namen in weiten Kreisen begründet. Der erstere malte an der Seite des berühmten Cornelius an den Fresken der Ludwigskirche in München und mit Eduard Steinle im Dom zu Cöln.

G. Tink h a use r.

Seliässburg. Bei dem theilweisen Umbau des Hauses Nr. 60,1 des ehemaligen Stadtwirthshauses (siehe meine archäologischen

Skizzen aus Sehässburg im Archiv des Vereins für siebenbürgische Landeskunde. Neue Folge II, 40it) wurde unlängst eine in archäolo- gischer Hinsicht nicht unbedeutende Entdeckung gemacht. Jenes im grossen Brande von 107(1 nicht beschädigte Haus bestand, wie aus der Construction des Mauerwerks und des Daehstuhls ersiclidieh. aus drei, zu verschiedenen Zeilen aufgeführten Theilen. deren erster und zweiter fast ganz aus mächtigen Bruchsteinen erbaut waren. Bei dem Abbruch einer Scheidewand des zweiten Theiles nur. fand man mitten in dem nur nach den Aussenseiten aus regelmässig überein- ander gesetzten Steinen, in der Mitte aber aus Guss bestehenden Gemäuer einen Silberdenar des ungarischen Königs Sigismnnd I. (138'i 1437) mit deutlich lesbarer Umschrift und so blank, dass daraus zu schliessen sein durfte, derselbe sei sehr wenig im Umlaufe gewesen und absichtlieh an diesen Ort eingemauert worden. Denmach stand am .\nfange des XV, Jahrhunderts nicht bloss ein Theil der Unterstadt von Sehässburg bereits, sondern muss auch, da wie erwähnt, der obige Fund in einem Zubaue gemacht wurde, schon bedeutend früher gestanden haben.

Die von uns in den oben erwähnten archäologischen Skizzen p. 38S, als wahrscheinlich bezeichnete Route der alten von Apulum nach Ponte vetere führenden Uümerstrasse hat in neuester Zeit Sicherheit gewonnen, indem es mir möglich wurde, eine Anzahl bei Mehburg gefundener Gefassbrucbstücke zu untersuchen; dieselben zeigen sieh als röniisclie Arbeit und ich hoffe in nächster Zeit durch Münzen diese Ansicht noch fester zu stellen. Bei Sehässburg wurde in diesen Tagen eine Erzmünze 'l. Grösse mit dem Bilde Marc Aurel's auf dem Avers, einem Adler mit gehobenen Flügeln auf dem Revers in einem Garten „unter der Burg" gefunden.

Von Neubauten habe ich wenig zu berichten: das hiesige evan- gelische Presbyterium hat die Wiederherstellung der im Jahre 1849 zerstörten Orgel in der Burgkirche in Angriff genommen und es wird dieselbe nach dem vorgelegten Risse dem Style der Kirche entsprechend durch den tüchtigsten Orgelbauer in Siebenbürgen. Karl Schneider in Kronstadt, in Jahresfrist vollendet werden. Über die Erbauung der gleichzeitig vernichteten Orgel der Spitalkirche sind die Verhandlungen ebenfalls im Zuge.

Dagegen wurden im Laufe dieses Frühlings die Stadtmauern zwischen dem Schneider und Schusterthurm in einer Länge von etwa 280 Schritten bis auf 4' Höhe über die Burg, um Steine für einige öffentliche Bauten zu gewinnen, abgetragen, wobei aus einigen aufgefundenen Ziegelinschrllten ersichtlich ward, dass die letzte um- fassendere Restauration der Befestigungswerke der Stadt an diesem Punkte um die Jahre 1716 1725 stattgefunden hat.

Fr. Müller.

Literarische Anzeigen.

Der II. Band (neue Folge) von dem „Archiv des Vereines für siebenbürgische Landeskunde" enthält (S. 381 430) einen sehr beaehtenswerthen Beitrag zur Alterlhunisforschung unter dem Titel : „.Xrchäologische Skizzen aus Sehässburg" von Friedrich Müller demselben Verfasser, von welchem wir schon wiederholt sehr werthvolle Beiträge zur Monumental-Kunde gebracht haben und in dem nächsten Hefte einen grösseren Original- .\ufsatz über eine Spccialiläl siebenbürgischer Kirchen zu veröffent- lichen heginnen werden. Von dem (jesichlspunkle ausgehend, dass es wünschcnswerth ist, über die einzelnen Funde, Sammlungen oder Untersuchungen von Zeil zu Zeit Nachrieht zu erhalten, stellte Herr Fr. Müller in den „.Archäologischen Skizzen" alles das zusammen, was auf dem Gebiete der Stadt Sehässburg in den letzten fünf Jahren

entdeckt oder untersucht worden ist. Der Verfasser beschränkte sich bei seiner willkoiniiienen Übersicht nicht blos auf die l'berreste der röiiiisch-dacisclien Periode sondern beschäftigte sieh auch mit den Kirehenbauten, Befestigungswerken und sonstigen profanen Bau- werken des Mittelalters auf dem von ihm durchforschten Gebiete: letztere bilden im Gegentheile den weit ausfürlielieren Inhalt seiner Arbeit. Solche Specialstudien sind für dir .Mtertliuinsforschung in Österreich wirklich ein grosser Gewinn, und wir köimen es nicht unterlassen bei dieser Gelegenheil hervorzuheben, dass gerade Siebenbürgen hierin mit einem glänzenden Beispiele voranlcuchtel. Mit einem leider noch nicht genug gewürdigten Eifer und Verständ- nisse, bereichern dort seit Jahren unsere .Starnmesgenossen dii' deutsche Wissensehafl, und, beinahe abgeschnitten von der ganzen

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geistigen Bewegung in Deutschland, wissen sie sich doch ununter- brochen mit allen wissenschaftlichen Forschungen vortraut zu machen und pflanzen dort nicht blos die Sprache sondern auch das Wesen und den Geist der mitteleuropäischen Cultur hart an den Grenzen des iiussersten Osten fort.

Das neueste Heft der von F. von Quast und H. Otte heraus- gegebenen „Zeitschrift für christliche Archäologie und Kunst" bringt eine Fortsetzung der Abhandlung von J. D. Passa- vant: „Über die mittelalterliehe Kunst in Böhmen und Mähren"; dieselbe enthält eine kurze Angabe und Charakterisirung einiger der bedeutendsten Miniaturen aus der Zeit der nationalen Kunstentwick- luDg der Czeehen zwischen dem XI. bis zu Ende des XIV. Jahr- hunderts, mit Hinweisung auf die ausführliche Beschreibung, welche darüber schon Dr. Waagen im deutschen Kunstblatte (1830, 147 und 289) geliefert hat. Herr J. D. Passavant gibt eine Be- schreibung der Legende des heil. Wenzel vom Jahre 1006, welche sich in der Wolfenbüttler Bibliothek befindet, der Miniaturen im Wy SS ehra der Codex, wahrscheinlich aus dem XI. Jahrhundert; einer mater verborum aus dem böhmischen Museum, die im XIII. Jahrhun- dert nach einem Glossar des Bischofs Salomon von Constanz aus dem Jahre 920 copirt und von dem Maler Miroslav mit Miniaturen geschmückt wurde; einer lateinischen Bibel aus dem Kloster Jaromir vom Jahre 1239, gleichfalls in der Bibliothek des böhmischen Museums befindlich; einer Passio Domini mit den Miniaturen des Domherrn Benesch aus dem Jahre 1312, aufbewahrt in der UnivcrsitUts- Bibliothek zu Prag; ferners die Beschreibungen eines Mariale und eines Liber viaticus, welche im bömisehen Museum verwahrt werden und mit Miniaturen des Zbysch oder Tbiseo de Zrotina, des ausgezeichnetsten Miniaturmalers Böhmens aus der Mitte des XIV. Jahrhunderts, geschmückt sind, eines Missale im Prager Dom- sehatze mit Miniaturen des Peter Brzuchaty aus der zweiten Hälfte des XIV. Jahrhunderts, eines missale ollomucensis im Stadt- archiv zu Brunn, entstanden um das Jahr 1360, eines Pontificale in der Strahover Bibliothek zu Prag aus dem Jahre 1373; eines Lehr- buches,welche Thomas von Stitny im Jahre 1374 für seine Kinder verfasste und mit Miniaturen ausstattete, endlich die Beschreibung der Miniaturen eines eanonischcn Rechtes aus der ersten Hälfte des XIII. Jahrhunderts in der Prager Museumsbibliothek; eines codex jurium municipalium civitatis Brunensis vom Jahre 1334 im Stadt- archiv zu Brunn, einer bömisehen Bibel des alten und neuen Testa- mentes auf dirBibliothek zu Ol mutz, geschrieben um das Jahrl370; einer deutschen Bibel des Königs Wenzeslaus in der Hofbibliothek zu Wien und eines Missale des Laurinus von S lato wie aus dem Jahre 1409. Mit der Aufzählung dieser Miniaturen sucht J. D. Pas- savant zu zeigen, wie seit 1312 bis zum letzten Viertel des XIV. Jahrhunderts die böhmische Malerschule sich in einer nationalen Richtung zu schöner Blüthc entfaltet, dann aber zu sinken ange- fangen hat. Er geht sodann auf die Kunstepoche unter Kaiser Karl IV. über, wo deutscher Einlluss bemerkbar wurde, und nebst den natio- nalen Künstlern auch Deutsche und Italiener sich in Prag nieder- liessen. und gibt zur Erläuterung eine Charakteristik der ausge- zeichneten Gewölbe und Tafelmalereien des berühmten Theodor ich von Prag in der heil. Kreuzcapelle zu Karlstein, in der Maria- himmelfahrt- und Collegiatkirche der Burg Karlstcin. in der Wenzelscapelle des Veitsdomes in Prag und eines Gemäldes, das früher in der Decanatskirche zu Raudnic sich befand; ferner der Krescomalereien in dem Kreuzgang des Benedictinerklosters Emaus zu Prag, und einiger anderer Gemälde, welche jener Epoche und Richtung angehören. Von der zur Zeit Karl IV. in Prag blühenden deutschen Malerschule führt Herr J. D. Passavant die Werke von Kunz und Nikolaus Wurms er aus Strassbiirg und von den Werken der Italiener jene des Thomas von Modcna an. Ob damit die Charakteristik der verschiedenen Malerschulen in

Böhmen während des XIV. Jahrhunderts erschöpft ist. werden wir sehen, wenn der Schluss des Aufsatzes von Herrn J. D. Passavani im nächsten Hefte dieser Zeitschrift erschöpft sein wird. Den zweiten grösseren Aufsatz des vorliegenden Heftes bilden die „j^rchäologisehen Reiseberichte" von Freiherrn v. Quast mit der Fortsetzung der kirchlich<n Baudenkmale der Stadt Magdeburg, wobei Herr von Gunst den Kreuzgang der Liebfrauenkirche sowie den Dom und den dazu gehörigen Kreuzgang, Bauwerke, welche für den Romanismus und die Übergangsperiode von Norddeutschland von grösster Bedeutung sind, in einer sehr anziehenden und kennt- nissreichen Schilderung bespricht. An kleineren Aufsätzen und Notizen enthält dieses Heft eine Beschreibung des Reliquienschreines zu Mettlach nach einer Mittheilung des Herrn von Cohausen. eine Erklärung über den Ursprung des griechischen .Anagramms von Karl Jörfz, die Darstellung der Schlosserarbeit an einem Wand- schranke im Dome zu Magdeburg von Brandt und eine nach- trägliehe Berichtigung des Herrn J. D. Pa ssa vant zu seinem Aufsatze „Über die mittelalterliche Kunst in Böhmen und Mähren" rücksichtlicb der St. Georgskirche in Prag, wozu ihm der im I. Jahrgange unserer Blätter erschienene Aufsatz des Professors B. Gruebcr in Prag „Charakteristik der Baudenkmale Böhmens" Veranlassung gab. In der Rubrik „Erhaltung und Zerstörung der Denkmäler" ist die vielfach besprochene Angelegenheit des Umbaues der Mauritiuskirehe in Cöln berührt. Dem Hefte sind vier Tafeln und zwar Details vom Dom und Domkreuzgang zu Magdeburg, die .\nbetung der Weisen und die Verkündigung Maria von dem Reliquiensehreine zu Mettlach und 6 Holzschnitte beigegeben.

Nach langer Unterbrechung steht nun eine Fortsetzung und Voll- endung von Fr. Faber's„Convers ationslexikon für bildende Kunst" zu erwarten. Wie bekannt, erschienen von diesem Werke bisher nur sechs Bände, da das Erscheinen der übrigen Lieferungen vorzugsweise durch den plötzlichen Tod des Herausgebers Fr. Faber unterbrochen wurde. Die Verlagshandlung E. Graul in Leipzig hat es nun unternommen unter Mitwirkung namhafter Kunstforseher und Fachmänner und speciell unter der Redaction des Malers Lorenz C lasen fortzuführen und richtet an alle Besitzer der Bände die Bitte, dem Unternehmen ihr Vertrauen wieder zuzuwenden und durch Bezug der zur Completirung nöthigen Bände den alten Stand der Abonen- tenzahl wieder herbeizuführen. Der Rest des Werkes wird in 48 Lie- ferungen ä 10 Sgr., versehen mit Illustrationen, bezogen werden. Die 49. Lieferung (VII. Bd., I. Lieferung) bringt die Fortsetzung des Ar- tikels „Haus und Palast" in einer interessanten Darstellung.

Wir haben eine kurze Inhaltsanzcige der von Abbe Corblet herausgegebenen und von uns angekündigten „Revue de l'art chre- lien" in Aussicht gestellt. Es liegen uns bis jetzt fünf Helle (.länner bis Mai) vor, die sehr reich an Stoll' und Inhalt, die Erwartungen des Programms einzuhalten bemüht sind. Ein Aufsatz von Abbe Corblet betitelt: „Über die katholische Kunst" erölTnet die Reihenfolge und präeisirt die Anschauungen, welche der Verfasser über die mittelal- terliche und moderne Kunst besitzt und von denen er bei der Heraus- gabe der Revue geleitet wird. Der pseudonyme Gelehrte Petrus Schmidt beginnt eine Reihe archäologischer und künstlerischer Studien über „kirchliehe Industrie" in der Absicht, um die Kcnntniss der Meisterwerke der mittelalterlichen Industrien zu erweitern und eine Anwendung der Princlpien der christlichen Schönheit auf die moderne Kunst zu erzielen. Ausser dem einleitenden mit mehreren Holzschnitten ausgestatteten Aufsätze ist bis jetzt ein zweiterArtikel über das „Pflaster der Kirchen" erschienen. Oaf de Meli et gibt einige ,\ndeutungen über den Geist und die Weihe, welcher die „christliche Malerei" und jene Künstler, welche kirchliche Gegen- stände zur Darstellung bringen, erfüllen soll. Charles de Linas liefert einen interessanten Beitrag zur Goldschmiedekunst des XIV .

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Jahrhunderts aus Anloss des „Einbandps eines alten Manuseriptes von St. Omor". Abbe Corhlet veröfl'enflieht ferner eine Ahh;in(llun<; ^über das Geschichtliche und Liturgische der Gioclien", worin er nebst flüchtigen Andeutungen über die Namen der (^iloeken, ihren Ur- sprung, ihre Coniposition, ihre Form, ihre Aufschriften sich vorzugs- weise mit dem liturgisclien Thoile dieses Studiums besehiifligt und am Schlüsse des Aufsatzes einige Nachrichten über mehrere sehr merkwürdige Glocken, namentlich über jene der Pikardie und des nördlichen Frankreichs veröffentlicht. Ein Aufsatz des Abbe J. E. Dccorde beschäftigt sich mit einer Ibersicht der ^alten und moder- nen Kirchen in der IMöcese liouen'". M. Doublet de liüisthibaud gibt eine „Beschreibung des interessanten Grabmales des h. Chale- tric Bisehofs von Chartres". X. Barbier de Montault beginnt eine grössere Abhandlung über die -liturgische Poesie des Mittelalters". von .M. Gal 0 |ipe ddnqua ire finden wir eine ("harakterislik der im mittelalterlichen Style neu erhauten Kirche St. t'lotiUlc zu Paris, von Abbe Aubcr eine Iconographie der unbefleckten Empfängniss Maria undvon M. Leo Drouyn eine Monographie von St. Martin zu Sescus. Eine Fülle kleinerer Aufsätze und Notizen enthält noch die Rubrik: „Mi-langes et Chronique", welcher sich schliesslich ein hihliographi- sches Bulletin anfügt, worin nicht nur die neuesten Erscheinungen Frankreichs, sondern auch jene von Deutschland, Belgien und England berücksichtigt werden. So finden wir auch bereits einen Auszug des Prospectus über das in Aussicht stehende Prachtwerk: ..Die Kleino-

dien des heil, römisch-deutschen Reiches" von Frz. Bock, welches bekanntlich in Folge eines Allerhöchsten Befehles auf Kosten der kaiserlichen Regierung in der k. k. Slaatsdruckerei crselicinen wird, und aus dessen überreichen Inhalt wir durch die ausgezeichnete Güte des Verfassers fortwährend in die Lage gesetzt sind, Auszüge zu vcr- öfl'enllichen.

Von der „Revue archi'ologique" (Paris, A. Lcleux) sind uns die erste und zweite Lieferung des XIV. .lahrganges zugekommen. Aus dem Inhalte denn ilieTendenz dieser periodischen Schrift ist nichl blos auf das Studium der Monumente und der Numismatik, sondern auch auf jenes der Philologie gerichtet heben wir hervor, die Be- schreibung und Erklärung eines römischen Basreliefs aus dem Museum zu Cherchcl, welches an dem genannten Orte vor mehreren Jahren gefunden wurde, und wie aus der Inschrift hervorgeht, das Grab eines Reiters der VI. Cohorte der Dalmaler schmückte. Die Dar- stellung „über die Münzsorten in mehreren Städten Frankreichs während des Mittelalters", einen Aufsatz, betitelt „Rechte und l'bun- gen", welche eine Übersicht der ön'entliehen und Privalbauten unter dem driften Geschicchtc der Könige von Frankreich enthalten, eine Abhandlung über den Ambon der unterirdischen Kirche des heil. Laurent zu Rom und eine Notiz über den Todtensoal der Abtei d'O urs angs.

Bibliograpliie.

Aus den literarischen Neuigkeiten der jüngsten Zeit, weiche auf Altcrthumskunde Bezug nehmen, heben wir folgende uns V bekannt gewordene Werke hervor :

ü tt e lleinr. .Archäologisches Wörterbuch zu Erklärung der in den Schriften über mittelalterliche Kunst vorkommenden Kunstaus- drücke. Mit löO Holzschnitten, 8. 1V,2U8 S. Leipzig, T. 0. Weigcl. 1 Thir. 20 Ngr.

Lassen Ch. Indische Altcrthumskunde. 3. Bd. 1. Hälfte, Leipzig 1837, Kittler, Vlll, 416 pp. 2 Thlr. 16 Ngr.

Levy M. A. Phönicische Studien. 1 Heft Erklärung der grossen, sidonischen und anderer phönicischer Inschriften. Die ältesten Formen des phönicischen Alphabets und das Princip der Schrift- bildung in 3 Tafeln. Breslau 1800, Leukarl, 8». IV, 68 S. 1 Thlr.

Gregoro viu s Fd. Die Grabmäler der rclmischen Päpste. Historische Studien. Leipzig 1837, Brockhaus, Ki". Vlll, Zi'l pp. 1 Thlr. 0 Ngr-

Gasse 1 P. Das alle Erfurter Rathhaus und seine Bilder. Ein akade- misches Programm. Mit 2 litii. Tafeln. Erfurt 1837, Villaret, 8». V. Gl) pp. 10 Ngr.

■Mayer R. v. Heraldisches ABC-Buch, das ist, Wesen und Begriff der wissenschaftlichen Heraldik, ihre Geschichfc, Liferalur. Theorie und Praxis mit 66 meist Farbcntafcin und 100 Holzschnitten im Texte. München 1837, Finsterlin, 8». XV, 323 pp. 10 Thlr.

Münzstudien. Neue Folge der Blätter für Münzkunde. Herausge- geben vonll. Grote, 1 und 2. Leipzig 1836, Halm, 8". 2 Tbl. 20 Ngr.

Riecio G. Primo Supplemente al catalogo delle antiche monete Consolari e di Famiglie Romane. Napoli 1830, 4". VI, 38 pp.

F i o r c I I i J. Monumenta Epigraphica Pompeiana ad lidem archetyporum cxprcssa , Pars I. Inscriptionum Oscarum

apographa , Editio altera. Napoli 1836, 4». XXXVIII pp.. 2 Thlr. 12 Ngr.

Avellino T. Monografia storico-archeologica sulla Regia Inscgna del Giglio. Napoli 1836,4».64Seiten, mit ZTafeln. 2 Thlr. 12 Ngr.

Caristie A. Monuments aiiticjues ä Orange. Are de triomphe et theäfre. Public sous les auspices de S. Exe. M. le ministre d'Etat. Texte. Paris 1837, Fol. 97 pp., mit 31 Tafeln.

Cohen 11. Description generale des monnaies de la republique romaine communement appeices medailles consulaires. Paris 18.S7. 4". XLVIII, 360 pp., mit 73 Tafeln.

Goch et: Sepulturcs gauloiscs romaincs franques et normandcs. faisant snite ä la Normandie souterrainc. Avec Figures intcrcalees dans le texte. Paris 1837, 8". XVI, 432 pp. 2 Thlr. 13 Ngr.

M. Pherson Duncan. Antiquilies of Kerlsch, and Researches In the Cimmcrian Bosporus ; wifh Rcjuarks on the Efhnological and Plijsical llislory of the Criniea. London 1837. 4". XIV. Kiüpp.. mit 12 Tafeln und .Ahhililungen im Text. 14 Thlr.

A 1 1 c r t h ü m c r der Stadt Lüneburg und des Klosters L ü n e. Heraus- gegehen von dem Alterthumsvercinein Lüneburg. 1. 3. Lieferung. Lüneburg 1836, mit Abbildungen. 3. Thlr.

A I br cell t-l)ürcr-.Mbum. Eine Siimmlung der schönsten Dürer'- schen Holzschnitte nach den von dem Künstler gefcrfigfen Origi- nalicn, in gleicher Grösse aufs Neue in Holz geschnitten, unter Auf- sicht von W. V. Kuulbach und A. Krcli ng. Nürnberg 1837, 1. u. 2. Lieferung, a 1 Thlr. 6 Ngr.

Aus der k. k. Hof- und Staatsdruckerei.

Jeden Munal erscheitil 1 Heft zu 1 liis 2 Dnirkliogt-n mit AbbiU

Der Pranuiiieralionspreis ist für einou Jahr^^ang' vier zwülf Hefte nel)fit lleg-i.ster sowohl für Wien als ilieKruiilüiiiIerunil d.is Ausland 4 il. V. M., Ix'i puf t .. Ireier Zusendung in die Kruuläuder der osteiT. Monarcliie 411. 2U kr. C. M.

MITTHEILUNGEN

DER K. R. CENTRAL- COMMISSION

P r ä n u tri e r a ( i u n f II ülteriK-li- ui'-n h a I II- oder g a d z j ü ti r i ^■ allek.k. PoslEislerilerMoiiarcbip, welche auch die portofreie 'tuseoitiDg der eiozcIoeD Hefte lifcfrorg^-n. ^ Im Wege de» Racli- handcU sind alle I'ntDumeratiuoeo and zwar nur zu dem i'reise vuu 4 11. ao den k. k. Ilofbuchbindler W- BrauinülleriD Wirn zu richii n.

■I^w-

HeraiisL^eiiebt'ii unler der Leitung des k. k. Seclions-Chefs und Präses der k. k. Central-Coraraission Karl Freiherrn V. Czoernig.

Redactenr: Rarl Weiss.

W- 8.

II. Jahrgang.

IIISl

Inhalt : Über einige neu entdeckte Wandgemälde in Verona. Die ungarischen Reiclisinsignicn. Die Vertheidigungskirchen in Siebenbürgen. Die archäologischen Publicationen ungarischer Zeitschriften. Cor respondenzen. Literarische

Anzeigen.

Über einige nen entdeckte Wandgemälde in Verona.

Von R. V. Ei U'lbergei

Keine Stadt Oberitaliens hat einen solchen Reichthum von Wandgemälden, als Verona. Es gibt kaum Eine grössere Strasse, oder einen Platz in Verona, der nicht mit Fresken verziert ist. Einige derselben reichen noch in das XV. Jahr- hundert zurück, die ntieisten sind aus der ersten Hälfte des XVI. Jahrhunderts. In dieser Zeit war Verona an Künstlern aller Art, Fresco- und Ölmalern, Architekten und Bildhauern sehr reich und der Geschmack der wohlhabenden Classe, der herrschenden Gesellschaft liebte es , sich mit Kunstwerken aller Art zu umgeben. Von Werken die über das XV. Jahr- hundert zurückgehen, haben sich begreiflicher Weise Ge- mälde nur in Kirchen erhalten, und von diesen älteren Gemälden haben sich nur sehr wenige erhalten; die meisten sind dem barocken Zeitalter und der Cbertünchs- und geist- losen Decorationswuth unseres Jahrhunderts zum Ojifer gefallen.

Es sind uns eine Reihe von Künstlernamen bekannt, die vom XIV. Jahrhundert an bis in die zweite Hälfte des XVI. Jahrhunderts als Frescomaler thätig waren, und eine Reihe von Fresken, deren Urheber unzweifelhaft sind, haben sieh bis auf unsere Tage erhalten. Zu ersteren rechnen wir den Stefano da Zevio, Martinas (v. J. 1390), Vit- tore Pisano(1380 141)3), Dome nicoundFranceseo Morone, Franc. Ca rotte, Franc. Buonsignori (1455—1019), Liberale da Verona (1459 1S34), Nicolo Giolfino, Franc. Torbid o, Setto il Moro, Domen i CO und Fei ice Ricci , Setto il Brnsasorzi. Paolo Farineti (1522 1600) u. s. f.

In diesem Jahre ist die Zahl der Fresken in Verona durch neue Entdeckungen vermehrt worden. Die ältesten II.

davon gehören der Kirche S. Zeno, dem hervorragendsti'o Baumonumente Verona"s an. Ihre Entdeckung verdankt man dem Fleisse und der Sorgfalt des jüngeren Kirchendieners Lodovico Marchiori, der mit grosser Sorgfalt und vieler Mühe die Tünche loslöste , welche sich oberhalb dieser Fresken befand. Die aufgedeckten Gemälde gehören dem XIV. und XV. Jahrhunderte an. Sie befinden sich an den Seiteuwänden des Langschilles und in der Kry|)ta, uiul haben sehr verschiedenen Werth. Ihren Ursprung verdanken diese Gemälde insgesammt der Devotion irgend eines frommen Veronesers. Alle Kirchen Italiens, insbesondere alle Kloster- kirchen, waren mit solchen Devotionshildern geschmückt. Sie wurden in der Regel ohne alle Rücksicht auf die künst- lerische Raumeintheilung einer Wandfläche angebracht um! unterscheiden sich wesentlich von jenen Wandscmälden, die von den Stiftern , Patronen oder Eigenthümern der Kirche mit der Tendenz unternommen wurden, ein Zeichen ihrer fronnnen Gesinnung der Nachwelt zu hinterlassen und zugleich die Kirche kunstgemäss zu schmücken. Wurde irgend ein Gemälde der Art vorgenommen, so wurd(> einfach die Wandfläche mit eiru'r Kalkkruste überzogen, so gross, als es für das Fresco nölliig war. das Bild mit einem ein- fachen bunten Rahmen in Farben eingefasst, dann gemalt. Weder das XIV. noch das XV. Jahrhundert zeigten den geringsten Respect für ältere vorhandene Bilder. Wie man imVatiean die Fresken Perugino"s niederwarf, um fiirRalael Raum zu schafleu. so hat man nalürlieli in kleineren Kii'clien au allen Orten ItalicTis ein Fresco über ein anderes, ein zweites über ein drittes gemalt. In der Kirche S. Zenn findet sieh mehr als ein Beispiel von diesem Vorgange hei

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Devotioiisbildern, liinter manchem Fresco aus dem XV. Jahr- hundert sieht die Spur eines anderen aus dem XIV. Jahr- hundert hervur: iiiMKinchen anderen jetzt wiederhergestellten Fresiien sind die Sehlüi^e des llanuners sielitbar , die noth- wendig waren, um derKalktünelie für ein späteres Fresco die nöthige Haltbarkeit zu verleihen. Durch diese Übernialungen sind uns manche Denkmale aus früher Zeit erhalten worden.

Diese Devotionshilder wurden in der Regel an den Pfeilern, den unteren Wandfliichcn im Inneren und Äusseren der Kirche angebracht, und oft Künstlern von geringerer Kunsthildung übergeben. Sie repräsentiren daher in der Regel nicht den Fortschritt, sondern die Stagnation in der Kunst. Es ist aus diesem Grunde sehr schwer, aus den» Kunstcharakter dieser Bilder einen Schhiss aut die Zeit, in der sie gemacht worden, uiul das Knnstvermögen dieser Zeit zu ziehen. Wir haben mehr als Ein Wandgemälde dieser Art mit der Angabe der Zeit und des Donators aus dem XV. Jahrhundert, seihst aus der zweiten Hälfte desselben, die im Style der letzten Jahrzehende des XIV. gemalt sind; und es kommen insbesondere in der Lombardie eine grosse Anzahl von Hildern aus dem XII., XIII. und XIV. Jahrhundert vor, in denen sich noch der Typus des X. und XI. Jahr- hunderts erhalten hat. Bei mehr als einem Monumente der Art ist durch Ausserachtlassung dieses Umstandes eine Ver- irrung in der Chronologie und Zeitbestimmung des Gebäudes eingetreten. Man glaubt ein Fresco aus dem X. oder XI. Jahr- hunderte vor .sich zu haben, und daher auch ein Gebäude aus dieser Zeit, während beide, das Fresco und das Gebäude aus dem XIII. Jahrhunderte waren.

Unter den in S. Zeno aufgedeckten W^andgemälden verdient seines Kunstwerthes wegen jenes vorerst genannt zu werden, das sich oberhalb der Sacristeithüre befindet. Es stellt Christus am Kreuze vor mit Maria, Magdalena. Johannes, und rechts einen Bischof, wahrscheinlich der h. Zeno, mit dem knieenden Donator und links ein Heiliger mit einer Rolle in der Hand. Letztere Figur, mit rothem Barte, grünem Mantel und braunem Ijitergewande, hält eine Rolle in der Hand und scheint einen Propheten vorzustellen. Der h. Bischof ist wahrscheinlich Zeno, der in dem XIV. Jahrhundert noch ohne sein gewohnliches Symbol, den Fisch mit der Angel, vorgestellt wurde. Um den Körper Christi fliegen bekleidete Engel, die entweder klagen oder in Kel- chen das Blut aus den Füssen. Händen und der Seitenwunde Christi aulTangen. Der Ausdruck in den klagenden Gestalten der Maria, Magdalena und des Johannes ist stark markirt. und hat etwas von dem Übertriebenen, fast Grimassirten, wie man es häufig in Gemälden aus jener Zeit sieht; er- mangelt aber nichts desto weniger einer gewissen imponiren- den Grosse, die auch in dem Propheten und h. Bischöfe vorherrscht. Der Ki'irper Christi ist scliön gezeichnet und fast ohne alle Härte. Alle Figuren , mit Ausnahme des Bischofs, sind mit weiten Mänteln bekleidet, die sehr scliiin angeordnet sind. Die Behandlung des Colorites zeigt einen

geübten Meister der Kunst und des Frescomalens . und die Abstufung von Lidit und Schatten in den Mänteln, sowie die Carnation in den Kö|»fen ist vortrell'üch. IMan ist hier geneigt, dieses Werk den Stephano da Zevio zuzuschreiben. Es wäre jedenfalls eines seiner vorzüglichsten, wenn sich für diese Behauptung positive Nachweise finden Hessen. Die Figuren sind fast über der gewöhnlichen Lebensgrösse. Es ist sehr zu beklagen, dass die Inschrift gänzlich zerstört ist. Kaum, dass sich einige Buchstaben (OPVS) und einige Ziffern (XX) erhallen haben. Sie gaben ^^ahrscbeinlich eine bestimmte Zeitangabe, wie es bei einem anderen schon be- kannten Wandgemälde vom J. 1396 der Fall ist, das sich im Mittelschilfe befindet, dem genannten aber weit an Werth zurücksteht. Unterhalb diesem (lemälde befindet sicli ein anderes, von dem nur die romanische Einfassung sichtbar ist.

Zwei andere neu aufgedeckte Wandgemälde beziehen sich auf das Leben des h. Bischofs Nikolaus von Bavi. Auf einem derselben sehen wir den h. Bischof, wie er einer armen Familie einen Geldbeutel durch das Fenster zuwirft. Diese ist durch drei Frauen dargestellt, die mit .\rheiten in einer Kammer beschäftigt sind; eine von den Frauen nimmt das Geschenk des Heiligen wahr; es erheitert sich ihr Ge- sicht, während die anderen freudelos bei der Arbeit sitzen. Eine andere Scene stellt das zweite leider nur zur Hälfte erhaltene Bild vor. Man sieht auf demselben ein Schill' in einem Seesturme, das durch den Heiligen der Gefahr zu ent- gehen scheint. Beide Gemälde sind weniger geistreich als das früher genannte, haben im Vortrage den Charakter der Fresken der Zeit nach Giotto. In dieselbe Zeit gehören andere aufgedeckte Fresken, ein Christus am Kreuze mit Maria und Magdalena ; ein lebensgrosser Sigismund mit brauner Tunica und grünem Mantel, zu seinen Füssen kniet in kleiner Figur eine Frau, wahrscheinlich die Stifterin des Bildes (der Name des h. Sigismund ist mit gothischen Buch- staben weiss auf dunklem Grunde angegeben); ein heiliger Georg, im Panzerhemde, mit Beinschienen und einer Eisen- haube, zu seinen Füssen ein Drachen, ein knicendcr Mann als Donator in kleinerer Figur, zu seinen beiden Seiten je ein Bischof, eine nur wenig sichtbare Flucht nach .\gypfen (in der Krypta), ein kolossaler h. Christojdi, ebenfalls nur theilweise, erhalten und ähnliche meist nur wenig erhaltene Bilder, die, theilweise schon früher aufgedeckt, Kunstfreun- den längst bekannt sind. Unter diesen befindet sich auch eine Taufe per hmiicruioiwm.

Auf einigen dieser Wandgemälde, die sämmtlich einen blauen Hintergrund haben, finden sich Namen und Inschrif- ten eingeäzt, in denen Ereignisse früherer Jalirliundcrte im Dialekte derselben verzeichnet sind. Sie sind selbstver- ständlich für dir Chronologie der Gemälde von Wichtigkeit.

So lesen wir : a di 4 de maio fn taci'a el colo al colo carniagnola in Vene.xia 1492, auf einem anderen: 148(J muri inj lii

Steven a ili 3 I luijlid ,

199

auf einem dritten : 1309 die ines . ja . fiiit hie

CJirdinalis de jtleiiwitio (die mittleren

Buchstaben waren mir nicht deuthch),

auf einem vierten: 169S vene hi cittä dutta in processione

a S. Zeno p 11 tereniuto.

Andere solche Inschriften sind schon anderweitig durch

den Druck bekannt.

Von eben so grossem und vielleicht grijsserem Interesse sind die Fresken in dem Thurme, der sich links von S. Zeno befindet und gegenwärtig die Wohnung des Küsters in sich schliesst. Dieser Tluirrn ist der Überrest eines grossen Palastbaues, von dem sich noch einzelne Überreste (ein grosser Brunnen, eine Thüre, die Grundmauern) in dem benachbarten Garten erhalten haben. Es ist Tradition, dass in diesem Gebäude die deutschen Kaiser, wenn sie vom Norden kamen, einkehrten, eine Tradition, die in den vielen Begünstigungen der Kirche und des Klosters S. Zeno durch deutsche Kaiser seit Otto den Grossen Indirect ihre Bestätigung findet. Um so mehr muss man es bedauern, dass im Jahre 1812 ein zweiter Thurm, in dem sich Fresken mit Figuren und Waffen erhalten haben, niedergerissen wurde, um Ziegel und Steine als Baumaterial zu verkaufen. Ein Thurm steht noch; er hat mehrere Stockwerke, runde Bogenfenster, theilweise noch das alte Holzwerk mit Ornamenten, die alten Zinnen, und nebst einer soliden Con- struction von einer Mauerdicke von 4', zugleich ein ganz vortreffliches Baumaterial. Die oberen Gemächer sind noch mit Fresken geschmückt, die der früh-romanischen Periode angehören. Sie dürften zu den interessantesten gehören, die Verona besitzt, und geniessen gegenwärtig keinen anderen Schutz, als jenen, den ihnen der brave Küster angedeihen lässt. In dem oberen Gemaehe sehen wir einen umlaufenden ornamentalen Fries, und eine würfelförmige Benialung mit heller Farbe (in der Mitte eines jeden Würfels eine Blume), in dem unteren, bei weitem interessanteren ist ein historischer Vorgang dargestellt, den vielleicht Geschichts- forscher werden erklären können. Es ist nämlich ein Zug dargestellt, der mit einer Kaisergestalt beginnt, einer blond- gelockten wenig bärtigen Figur, en face dargestellt. Dann folgt ein Zug von fremdländischen Nationen, Mohren, Figuren mit einer der chinesischen ähnlichen Kopfbedeckung, andere mit hohen weissen Mützen nach der Art der armenischen Krieger, und endlich einige in Mäntel gekleidete, etwas erhöht stehende Figuren, ohne Kopfbedeckung, die ihrer Ausdrucksweise nach etwas zu verlangen scheinen. Dann folgt ein Thurm mit Zinnen und einem Thore. Von diesen Figuren ist nur der obere Theil liis zur Brust cihalten, der andere Theil theils übertüncht, theils zerstört, da der Saal, in dem sich diese Fresken befiinden, in zwei Stock- werken getheilt wurde. Oberhalb dieser Figuren läuft ein grosser ornamentaler Fries, bandartig mit phantastischen Thierköpfcn, wie man sie bei Miniaturen und Ornamenten aus dem XI. und XII. Jahrhunderte zu sehen gewohnt ist.

Die Farben sind hell und bunt, die Vortragsweise sehr ein- fach; das Ornament ermangelt aber in keiner Weise einer stylgemässen lebendigen Zeichnung. Wer da weiss, wie selten Ornamente aus jenen Zeiten zu finden sind, der wird den Werth dieser Decoralion sicher im vollen Masse zu schätzen wissen und \>ünschi'n, dass dieselbe erhalten und in einer Zeichnung aufbewahrt werde.

Es ist eine beklagenswerthe Erscheinung, wie in ganz Italien Kunstmonuiuente aus der deutschen Kaiserzeit vergessen und zerstört werden, und sicher hat diese Gleich- gültigkeit gegen deutsche Mununieute in Italien viel dazu beigetragen, dass Deutsche in den Augen der Italiener als Barbaren erscheinen. In Havanna lassen sie das Grabmal Theodorich"s schmachvoll zu Grunde gehen, in Pisa kümmern sie sich nicht um das Monument Heinrich"s Vil. ; und, wenn ich nicht irre, zu Verona ist der Einzug Karl's V. mit Clemens VII. in Bologna am Jahrestage der Schlacht bei Pavia, trefflich von Brusasorz 1 im Palazzo liidolfi gemalt, die geringste Sorge der vielen deutschen Mäcenaten, die durch Verona wandeln, hundert anderer Fälle nicht zu gedenken. Der einzige König Lud wig von Baiern hat Sinn und Verständniss für diese Überreste einer grossen glänzenden Zeit gehabt und dem letzten Hohen- staufen, dem unglücklichen Konradin, ein schönes Marmormonument in der Kirche am Piazza del Mercato in Neapel setzen lassen. Alle anderen Monumente erwarten noch eine Zeit, die sie aufsucht, sammelt und der deutschen Nation, der sie angehören, erhält. Verona, die alte kaiserlich gesinnte Stadt, dürfte insbesonders reiche Ausbeute für solche Studien liefern.

Andere Fresken wurden in der Kirche St. Maria della Scota, die am Canal grande I im Jahre 1324 gebaut ist, eben von der Kalkkruste befreit. Diese Gemälde schmücken die Seitencapelle rechts vom Hochaltäre. Sie sind leider nicht vollständig mehr herzustellen, da diese Capelle durch eine Mauerwand in zwei Tlieile getheilt wurde. Der rückwärlige Theil, in dem sich die Gemälde am besten erhalten haben, wird als eine Kammer benützt. Sie stellen das Leben zweier Heiligen von ihrer Geburl an dar, auf viereckigen Feldern, die durch graugenialte Stücke geschieden sind. Sie erhalten ihren W erlh dadurch, dass der Name des Künstlers angegeben ist. Er ist mit weisser Farbe in schöne Lettern, in der Nähe eines Pfaues, der sich öfters bei diesem Künstler findet, gemalt und heisst ^.FANVS . J.PICTOR d. h.Stefanus Jehetus pictor. Es sind dies daher unzweifelhafl Gemälde des Stefano da Zevio (Jebetum im Latein des Mittel- alters), eines kleinen Ortes in der Nähe von Verona. Slephano da Zevio ..piUoic ruii.ssimo de suoi tempi" wie ihn Vasari nennt, der seiner mehrmals Erwähnung thut, der Lehrer Pisanella'.s, des berühmten Künstlers, dessen Medaillen in den Fresken dieser Capelle und zwar in den Waiidllächen des Fensters angebracht sind, war einer der fruchtliai'.stcii und einflussreichsten Künstler seiner Zeit, und gehört mit

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Av;ifizii lind Aldigliicro da Zevio, den hokannten Künstlern in di'ii Capellen S. Ziorzio und S. Felieo zu Padua, zu einer lind diM'solliiMi Schule, die iilier Giotto und die Giottisteii hinaus dui-ch Aufnahme neuer Klenieiite einen grossen Sehi'ilt weiter in der Kunst gethaii liidieu.

Auf diesem Gebiete, insbesiindere dem der Gesehiehts- dai-stelluug, ist dem Stephano da Zerio sein Schüler Viltore Pisa im gel'ülgt, ein Künstler, der von seinen Zeitgenossen als einer der ersten Genies seines Jahrimndcrtes gerühmt, in unseren Tagen noch nicht nach Verdienst gewürdigt wurde.

In Verona gibt es sehr viele Gemälde, die dem Stephano zugedacht werden, mehrere, die ihm mit Sicherheit zuge- wiesen werden. Die umtangreichste.Vrheit von unzweifelhafter .VutheiUicitilt ist jene, die so eben in S. Maria della Scala bekannt wurde. Diese Gemälde zeigen dem sehr gewandten (leschichtserzähler die verschiedenen Vorgänge auf den Hildern.sie sind mit grosser Deutlichkeit exponirt, und mit feiner Charakteristik, ohne alle Caricatur. (dine alle Über- treibung der Formen gegeben. Wir sehen auf den acht erhaltenen Bildern der linken Seiteiiwand den Tod eines heiligen l'abstcs, zwei Wasserfahrten des Heiligen, in Gegenden, deren Ufer gebirgig sind. An einem Bilde schläft ein Mann am Rande des Wassers. .\uf zwei anderen Bildern sehen wir die Heiligen einkehren bei vornehmen Herren, und sie freundlich vom Herrn des Hauses begriissen. Auf einem sechsten Bilde ist in einer gebirgigen Gegend der Bau eines Klosters, an de^ Mönche, wie Laien Autheil nehmen, auf einem siebenten der Heilige mit anderen in Herathung sitzend in einer Halle, und auf dem achten der Heilige mit einem Löwen im Studium der Bücher versenkt. Die Klostertracht eines der Heiligen ist eine braune, des anderen eine graue Kutte. An allen diesen Gemälden sind Bauwerke mit besonderem Geschmacke dargestellt. Sic sind sämmtlich gothiseli, grau und hie und da ist der rothc veronesische Mar- mor, wie wir ihn heute noch gei)raucht sehen bei fapilälen. Sockeln, Balconen, angewendet. Dieveischiedenen Hallen, die innere Einrichtung, die Höhe der Capellen, die auf vielen dieser Bilder vorkommen, zeigen, dass der Veroneser Künstler in seiner Heimath reiche Vorbilder vor Augen gehabt hat. Das Colorit ist in allen diesen Fresken, wie in der ganzen Veroneser Schule, kräftig und harmonisch: es hat nichts von dem Unbestimmten und Schwächlichen vieler KreskiMi- maler unserer Tage. .\uch die Landschaft ist, wie bei allen Veronesern, reich bedacht; olVenbar hat die herrliche Umgebung Vernna's viel dazu beigetragen, dieses Element in der ganzen Schule auszubilden.

All diesen kurze» Bericht über neu entdeckte Fresken schliesse ich den Bericht über die Restauration eines Ölgemäldes an, das ebenfalls in der letzten Zeit gewisser- massen neu entdeckt wurde. Es ist dies ein Gemälde von Gio. Batt. Faleonetto, einem sehr thätigen und viel- liescliäfligten .Maler und Arcliileklen , das sich in der Doin-

kirche von Verona unter einem barocken Gemälde aus dem verflossenen Jahrhunderte befand. Dieses Gemälde wurde jüngst an das Tageslicht gezogen, und wird von Herrn Bai bi gegenwärtig auf Anordnung des Herrn Bischolls U i c c a b o n a gereinigt, der schon mehrere dem Dome oder dem Bisthume angehörige Bilder (von Benaglio, Corot o u. s.w.) herstellen liess und seinem ("lerus mit gutem Beisjiiele vorausgeht. Giov. Maria Faleonetto, dessen Leben Vasa ri (Vol. JX, p. 203 ed. Lemonier) ausführlich erwähnt, war einer von jenen Künstlern, die mit Fra Giocondo und San Michel e für die Henaissancc im hohen Grade thätig waren, und der Ärchitectur Verona's, nachdem die Traditionen der früheren Zeit nicht mehr den Bedürfnissen der Kunst und der Gesellschaft zugesagt haben, einen bestimmlen bis auf unsere Tage fortdauernden Charakter aufgeprägt haben. Das Gemälde befand sich in der Capelle de' Mafl'ei. Ihrer erwähnt Vasari a. a. 0.: „c(//i imjiard i principii della piltura dal padre ; egli agtjrandi e miglioro assai, ancor che non fmse unc egli piitorc di mnito reputazione ; conie si vede »el duomo d' Verona alle capelle de' Maffei c degli Emili e u S. Nazzaro iiella parte superiore della cupola" '). .\uch Mallei in seinem „Verona ilhistrati". (ed. 17, 32) erwähnt des Gemäldes in der Capelle der MalTei im Dome. Es stellt die Madonna auf dem Throne vor, umgeben von den heil. .Andreas. Hanno. Hieronymus und .loluinn dem Täufer. Die Anordnung und Gruppirung ist sehr sclilin, insbesonders die Zeichnung des architektonischen und ornamentalen Theiles. In der Zeich- nung des Nackten ist das Gemälde schwächer, entweder weil Faleonetto vorzugsweise Architekt war, oder vielleicht weil dieses W^erk einer früheren Zeit angehört. Sielit man aber von diesen Mängeln ah, so hat man ein würdiges schön gedachtes und gut gezeichnetes (lemäldc vor sich, in welchem der Künstler die Traditionen der Malerei des XL .fahrhuuderts ungeschwächt aufrecht erhalten hat, wäh- rend er später, dem Impulse der Schule Roms zu sehr folgend, allegorische Elemente antiken Styles aufgenommen hat ^).

Ve rona, .'J. .Iiili ISST. •'•)

*) Let/.lere . zieinlioli zerstört, exislirci» noch; sie .sinil vom .lahre 141t;* un.l luihen die Iiisehrift lo . M\IU.\ . F.\LC(I.NKTUS . VEliON . I'I.VX.

2) .Vus dieser Zeit dürfte das aUcguriscIie Gemälde in der Kirehc S. Piclro miirlyrc, der Gymnasiitlkirclic , slninmen, in dor sich die Portrnite zweier deutscher Herren der Zeil, .Maximilian Caspar Chyoifrcl und Johannes de Dayncch, beHnden.

•*) In dem Augenblicke, als ich diese Zeilen schreibe , werden in der Kirche S. Kerin« mag^jjioro l'resken bloss|^elegt , die nicht i>hne besonderen Wi'rlh für die (lesehichte der Kunst sind. Ks sind dies die von Vasori erwiihnten Fresken im Innern der Kirche oberhalb der Bin^nnf^sthüre ge{;eniiber der Kanzel, die Vasari in derselben Weise ilein Stefano da Zevio zuweist, als die Fresken, weldie die Kanzel umgeben, Vasa ri hat bei beiden Fresken einen doppelten Irrlhum begangen, er si-breibt die Fresken um die Kanzel dem Zevio zu. dem sie nicht angehören . und bczeiebnet den (legcnstand über der Kingangstbiire gegenüber der Kanzel nicht der Wahrhci( gemäss. Er bat in beiden Fällen sich offenbar auf die lieriehtc dritter Personen verlassen. Ilic Freakcn uni der Kanzel sind

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Die angarischen Reichsinsigoien.

Vou Franz Bock, Oonservator de» erzbischüflichcQ Museums in Cöln.

VI.

Die Krone des heil. Stephan.

Unter den Kronen der Christenheit, aus dem frühesten Mittelalter herstammend, dürfte wohl kaum eine gefun- den werden, die sowohl in historischer, als auch in arti- stisch-formeller Beziehung ein so grosses Interesse hüte, wie die trotz der vielen Drangsale und Stürme heute noch im kaiserlichen Schlosse zu Ofen aufbewahrte höchst merkwürdige „Corona St. Stephani". Zweck dieser ein- leitenden Mittheilungen kann es unmöglich sein , ein aus- führlicheres Bild der grossurtigen, historisch merkwürdigen Erlebnisse zu entrollen, die dieses Königsdiadom im Laufe der Jahrhunderte, wie kein anderes, erfahren hat. Auch erwarte man es nicht, dass wir uns hierorts in eine um- fassende artistisch-materielle Besprechung und Beschrei- bung dieser Krone einlassen werden. Da uns das Glück zu Theil wurde Dank der entgegenkommenden Erlaubniss von höchster Stelle mehrei-e Tage lang, behufs der detail- Jirten archäologischen Abbildung und Beschreibung eine allseitige Autopsie mit Müsse vornehmen zu können, so behalten wir uns eine ausführlichere Discussion, wie sie der hohen Wichtigkeit des Gegenstandes entspricht, für spätere Mittheilungen in dem angekündigten grösseren Werke vor und werden im Folgenden nur eine kurzgedrängte Skizze des eben gedachten seltenen historischen Kunst- werkes zu entwerfen versuchen, wozu wir im Voraus um die Nachsicht der Leser bitten.

Heute noch wird von der ungarischen Nation diese Krone als eine kostbare Reliquie, herrührend von ihrem ersten grossen König und Gesetzgeber, betrachtet, den die Kirche ihren Heiligen beigesellt hat. Seit langer Zeit war daher diese Krone das Paladium des Landes und hat in den Augen eines jeden Ungarn einen grösseren Werth als selbst

nicht das Werk ties Stefano da Zcvio , sondern eines Klostei-liriuiers, fra Mai'tino, und untergeordnet ihrem VVerthe nach, im Vergleiche mit den Fresken Stefano's. Der Name iles kunstfertigen Frater liat sich olierlialh der Fresken erhalten, es ist daselhst denllieh zu lesen: OPVR MAHTLM. Die neu entdeckten Fresken stellen Christus am Kreu/e dar, umgehen mit Heiligen und Aposteln. Sie sind mit einer Kalktiinche üherzogen, die man in Verona vorzugsweise zu jenen Zeiten anwendete , wo die Pest hauste, da man damals der Meinung war, der Ansteckung durch eine neue Tünche vorzubeugen. Die Kirche S. Fermo ist ira Innern ganz mit Fres- ken iiherdeckt gewesen , auch der herrliche hölzerne Dachstuhl war hemalt (ornanjental und auch mit Büsten von Mnuchen und Heiligen, von denen sich noch eine grosse Zahl erhalten hat). Die Figuren dieser blossgelegten Fresken sind voll Leben und mit der Einfachheit und Tüchtigkeit, die Stefano da Zevio in allen seiTien Werken zeigt: sie sind auch , so weit man es gegenwärtig erkennen kann . zieinlieh gut erhalten.

der ehemalige sagenhafte Gral im Besitze der Genueser: sie war desswegen auch seit den Tagen des Mittelalters für viele Schriftsteller, die mehr Historiker als kritische Archäo- logen waren, ein Gegenstsand der allgemeinen Zuneigung und der vielfachen Beschreibung. Viele Beschreiber dieser Krone haben jedoch das gefeierte Ohject nicht selbst angeschaut, am wenigsten mit kritisch -wissenschaftlichen Augen, und so mögen durch diese mehr schwung- und poesievollen als sachlich reelen Beschreibungen viele irr- thümliche Ansichten und Meinungen über Ursprung, Her- kommen und Beschaffenheit der ungarischen Krone ent- standen sein , die heute auch einer nur gelinden Kritik nicht Stich zu halten vermögen. Wir haben das Einschlagende bei den meisten Schriftstellern, die über die „heilige Krone' geschrieben haben, durchgesehen und müssen eingestehen, dass wir Angesichts des altehrwürdigen Originales mit seinen deutlich sprechenden Inschriften nur die mehr gründlichen und wissenschaftlichen Behauptungen eines Einzigen unter den vielen Autoren tFieihveise unterschreiben können. Das aber steht über allem Zweifel erhaben und wir sprechen es hier mit vollster Gewissheit aus, dass die heute noch vor- findliche Krone die Zeiten des XI. Jahrhunderts gesehen hat, und dass sie als die alte authentische zu betrach- ten sei. Es bezeugen das nicht nur die griechischen und lateinischen Inschriften, die sich im Email auf derselben vorfinden, sondern es spricht dieser Annahme am'l» das Wort die höchst eigenthümliche Technik der Arbeit und die altehr- würdige „aerugo nobilis", die über das Ganze als Hauch der Jahrhunderte unverkennbar ausgegossen ist.

Die Krone selbst besteht ihrem wesentlichen Bestand- theilenach, aus zwei Haupltheilen. Das unstreitig? interessan- teste wenn auch nicht älteste Haupt-Compartiment ist in dem unteren Stirnreifen zu suchen, der eine Spannung von bis 21 Centimeter im Durchmesser hat. Schon diese Kreisform der Krone erinnert in ihrer äusseren , einfachen und doch kunstreichen und kostbaren Ausstattung an die ältere tradi- tioneile Form des Diadems, als eines anspruchslosen Stirn- bandes 1), Keifes oder Ringes zur Umfassung und Bekrönung des Hau|ites. Nur an der vorderen Hauptseite ist dieses Dia- dem mit neun giebeüörmigen Aufsätzen bekrönt, die mit , figurativen und ornamentalen Schmelzarbeiten verziert sind. Auch diese Aufsätze (piiniae, areoli), die nach hinten fehlen.

1) Auch die Krone der Theodolinde (VI. Jahrhundert), die „Corona ferrea" genannt, zeigt diese primitive Kund- und Kreisform. Die Krone des heiligen deutsehen römischen neiches, auf deren skizzirte Beschreibung wir im Vorhergehenden verweisen, hat bereits statt der runden Kreisform die Polygone, achteckige Form angenommen, wodurch schon eine etwas spätere Zeit der Entstehnug .-ich zu erkennen geben dürfte.

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sind ebenso primitiv, wie lias Stirnband, worauf sie als Unterlage befestigt sind. Auf diesem Stirnstreifen kehren, abwechselnd mit grossen. ungesehlilVeiien Saphiren, aeht emaiilirte vielfarbige Darstellungen von Heiligen-Figuren zu- niek, wie sie in natürlicher Grösse die spiiterfolgendc Detail- /.eichnung veranschaulicht, l'ber ilein mittleren Saphir als hervorragende Frontaidecoration erhebt sieh auf dem Diadem, als an der llauptstelle , ein mittleres grösseres Ciiebelfeld in Weise eines kleineren Rundsehildes, das mit der emaillir-

metres und sind geschmückt mit acht Darstellungen der Apostel . die in Knr.iil auf rechteckigen Goldblechen zart ausgeführt sind, jedoch in einer solchen Composition und Auffassung, die noch deutliche Heminiscenzcn an typisch- griechische Figurationen und durchaus verwandte Tcelmik mit Byzaiiz dincliblieken lässt. Die figurativen Darstellungen der Apostel iniigiben zierlidie Filigranränder, worin kleinere Perlen und Hubinen eingefasst sind. Der lUircliki'cn/.ungs- pinikt dieser Bogen fällt zusammen mit einem ipiadratisclien.

ten Darstellung des Heilandes in segnender Stellung, sitzend von Filigranriindern umfassten Schildclien, das auf Gold- auf dem Throne der Herrlichkeit, bildlich geschmückt ist. blech abermals die Darstellung des Heilandes, auf dem Diesem liundschildeben gegenüber auf der hintern Throne sitzend, in „email translucide" zeigt. Diese bildliche Seite des Diadems erblickt man ein vereinzeltes gleich- Darstellung des Heilandes iiat in der Mitte, wo derselbe segnend

die Hände erhebt, eine runde ()lfnung erhalten, worin das auf der Spitze daselbst befindli- che Kreuz vermit- telst dünner Gold- blechen angenietet und nur lose be- festigt worden ist. Dieser auf der Krone beliiulliche Doppelbogen ist auf eine ziemlich un- künstlerische Wei- se durch stärkere Goldstifte (Gold- dräthe) dem un- teren . eben be- schriebene Theile der Krone einge- fügt.

Eine auch nur flüchtige Be- sichtigung ergibt, dass die ungari- sche Krone aus diesen beiden an- gedeuteten Ilaupl- iind dass nicht dieses Schriftsteller meinen, aus zweien in einander geschobenen Kronen besteht, die beide für sich selbstständig betrachtet werden könnten. Tusere Aufgabe iiei der späteren ausfühilicheren Beschrei- bung wird darin bestehen, den historiscliiMi und materiellen Nachweis zu fülu-en, dass die sogenaunle Knme des heiligen doppelte Bogenstelhmg Carcus), die sich oben durch- Stephan als einzige, aber besteheiid aus zwei der Zeit und kreuzt und in ihrem Durchkreuzimgspunkte mit einem latei- der Technik nach ungleichartigen Theilen wirklich zu nischen Kreuze abgeschlossen wird. Die sich durclikreu- betrachten sei; ferner wäre, den erhaltenen Inschriften zenden Bogen haben die Breite von 6 Centimetres 2 Milli- zufolge, der factische Beweis zu führen, von wem dieselbe

geformtes Schild- chen von Gold- blech, das mit dem Brustbilde eines by- zantinischen Kai- sers im vielfarbi- gen Schmelz orna- mental ausgestattet ist. Rechnet man zu diesem eben be- schriebenen Appa- rat noch die Kett- chen hinzu (cate- nulli). die nach drei Seiten hin ge- häuft herunterhän- gen >ind an wel- chen kleinere Or- namente (buliae, lintinabulae) von vielfaibigen unge- sehlilVeiien Kdel- steinen, in Klee- blattform gefasst, sich befinden, so hat man die pri- mitive ungarische Krone in ihrer ehe- maligen Ganzheit,

id)er deren ziemlich unzweifelhaften Ursprung wir gleich bestandtheilen zusammengesetzt ist aus den Inschriften selbst die näheren Angaben beibringen Diadem. wi(^ irrthündich einige wollen. (Vgl. die beifolgende charakteristische Zeichnung im verkleinerten Massstabe, Fig. 1.)

Über diese ursprüngliche Krone, das alte Diadem mit seinen Zierathen , erhebt sich nun ein zweites Compar- timent. Es befindet sich nämlich über dem Diadem eine

(Fi?- I.l

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herstamme und wer als Empfanger derselben zu halten sei. Mit Koller, der von den vielen ungarischen Schriftstellern, die über die Krone geschrieben haben, am gründlichsten zu Werke gegangen ist, im Wesentlichen übereinstimmend •). halten wir, uns hierorts nur kurz fassend, dafür, dass Michael Dukas, der vom Jahre 1071 1078 den Thron von Byzanz inne hatte, als Gesehenkgeber zu erachten sei, und dass König Geysa I. den untern Streifen (regnum) mit seinen schildförmigen Aufsätzen als ausgezeichnetes Ehrengeschenk vom byzantinischen Hofe empfangen habe. Wir nehmen ferner an, dass der zweite Theil der ungarischen Krone, der sich durchkreuzende Doppelbügel, ein etwas höheres Alter beanspruche und dass er mit vieler Wahrscheinlich- keit als ein integrirender Haupttheil sich an jener Krone befunden haben mag, die der heil. Stephan bei seiner Krö- nung getragen hat.

Diese unsere, aus dem Objeete selbst gefolgerte Ansicht wollen wir nun im Folgenden, soweit es der Raum gestattet , unter steter Berücksichtigung der auf der Krone befindlichen griechischen und lateinischen Inschriften zu erhärten suchen.

Sowohl aus dem ganzen Habitus des unteren Stirnreifes, mehr aber noch aus der Technik der vielfarbigen Emails (opera smalti) geht zur Genüge hervor, dass der untere primitive Haupttheil der Krone ein Werk der Byzantiner sei, und zwar angefertigt in der letzten Hälfte des XI. Jahrb. Auch selbst die Rundform des Stirnreifes, wie oben schon bemerkt, ist iden- tisch mit dem alten Diadem, wie es als Überlieferung aus classischer Zeit traditionell nach Byzanz gekommen war. Die Giebelfelder, welche hufeisent'örmig im Halbkreisbogen und abwechselnd pyramidal in dreieckiger Form (Zinken), auf dem vorderen Stirnstreifen primitiv mit emaillirten Dessins angebracht sind, erinnern an ähnliche architektonisch geformte Giebel, wie sie an der St. Marcuskirche zu Venedig, eben- falls ein Bauwerk griechischer Künstler, ornamental gehal- ten, vorkommen. Mehr aber noch macht sich in den figurativen Schmelzwerken der byzantinische Charakter des XI. Jahr- hunderts unabweisbar kenntlich. Dieselben sind in einem für sich abgeschlossenen strengen Typus gehalten, der den traditionellen, hierarchisch ascetischen Styl der Kunst der Byzantiner hinlänglich charakterisirt. Die Technik der Emails in einer sehr delicaten und schwierigen Ausarbeitung ist von derselben Construction , Farbengabe und Fügung, wie wir sie aus der Zeit der Ottonen an zwei prachtvollen Kreuzen mit dei'selbenEmaillirung in derStifskirche zu Essen bewun- dert haben. Auch der blasse, kalte Ton des Goldes im Gegensatze zu dem röthlichen Goldton der Lateiner, namentlich der maurischen Goldschniiedekünstler in Sicilien, ferner noch das Fehlen jeglicher Filigranverzierungen auf den übrigen glatten Flächen des unteren Diadems , was um diese Zeit auf analogen Arbeiten der lateinischen und arabi-

*) J. RoUer, cathed, eccles. <^)iiiiii]ue Ecclesieiis. Leotor el Cnnüiiicus de Rejjni Himgnrii Coion.T, MDCCC.

sehen Künstler niemals fehlt, setzen es ausser allen Zweifel, dass der untere primitive Theil der ungarischen Krone in Byzanz, dem alten und berühmten Hauptsitze der orien- talischen Goldschmiedekunst im XI. Jahrhundert angefertigt worden ist.

Was sich für den aufmerksamem Beurtheiler schon aus der eigenthümlichen Art und Weise der technischen Ausfüh- rung ergibt, das wird vollends zur Gewissheit erhoben durch das Vorkommen der vielen emaillirten griechischen Inschriften, die deutlich constatiren, dass das gedachte Kunstwerk den geschickten Händen griechischer Künstler seinen Ursprung zu verdanken habe, indem es sich niciit füglich annehmen lässt, dass Lateiner sich der griechischen Charaktere bedient hätten.

Nachdem so aus der formellen und artistisch-techni- schen BeschaHenheit des Objectes von selbst sich ergibt, dass Byzanz als das Vaterland des in Frage stehenden Kunst- werkes zu betrachten sei, so fragt sich ferner aufweiche Weise und durch wen diese Krone in den Occident gelaugt sei? Die noch deutlich erhaltenen, auf dem Originale selbst be- findlichen griechischen Inschriften setzen uns vollständig in die Lage, hiereinmal das bedenkliche Glatteis der Hypothese verlassen und den Nachweis führen zu können, dass, wie schon oben angedeutet, Michael Dukas als Geschenkgeber die Krone hat anfertigen lassen, und Geysa I. mit diesem Geschenke von dem besagten byzantinischen Kaiser beehrt wurde. Bevor wir jedoch den Beweis zu führen versuchen, dass, wie gesagt, Michael Dukas als der eigentliche Ge- schenkgeher der Krone nur allein betrachtet werden könne, sei es gestattet, hier ausführlicher zu entwickeln und vor- auszusenden die irrigen Ansichten eines Horanyi und eini- ger, die ihm gefolgt sind, betreffs des Ursprunges „der Krone des h. Stephan", und sei es vergönnt, vorerst die Ursachen des Weitern anzudeuten, wie es gekommen ist, dass viele ältere Schriftsteller zu falschen Schlüssen hin- sichtlich des Gescheukgebers und Empfängers der h. Krone gelangt sind. Fassen wir desswegen näher ins Auge jene figürlichen Darstellungen (vgl. Fig. 2 bis 8), von denen die Beweisführung des Horanyi ihren Anfang ninunt. Es befin- det sich nämlich auf dem Hintertheile der Krone in dem StirnstreilVn zur Rechten jenes später durch den König Matthias H. neu eingesetzten grossen facettirten Saphirs, der als achter dem vorderen Saphir gegenüber gestellt ist die sehr zart enuiillirte Darstellung eines griechischen Kai- sers in königlichen Gewändern, die geschlossene Krone auf seinem Haupte und in der Rechten haltend die „ferrula", eine Art ..laharinn". wie sie die byzantinischen Kaiser auf alten Abbildungen innner zu tragen pflegen. Das Haujil umgibt als ein Zeichen seiner Macht und Herrschergewall eine Aureole. Zu beiden Seiten dieses Nimbus liest man deutlich folgendes Legendariuui und zwar in griechischen Majuskelschriften (vgl. Fig. 2): „A'wvöTa'.TJVoc ,5a(Tj/,cvr fjopauDv, o nofxpooojs-iirjTO!;'^ (Cunstantinus rex Roma-

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noruni , purpura natus). Dieser Kmail|)Iatte gegenüber tulirte: _[iiirpiir.i natus", sei derjenige nach ilircr Meimiiig,

befindet sieh an der linken Seite dieses faeettirlen Sa|)liirs der als Gesehenkgeber des Diadems gegenüber gestellt sei

eine zweite Darstellung im vielfarbigen Schmelz als Brust- dem zur Linken des Saphirs befindliehen hartigen Manne,

hild. Die Gesichtszüge dieser Figur lassen einen Fürsten dem Empfänger, welcher der Inschrift zufolge, genannt wird:

im vollendeten Mannesalter mit herunterwallendem, gespal- .Geobitz '), der gläubige Herrscher, der König Tourciens".

(Figuren 2 bis 8.)

lenem Barte erkennen. Diese Darstellung ist nicht wie die eben beschriebene ober dem Haupte mit einem Nimbus umgeben, sondern trägt in der Rechten den Fhrenstab eines Patriciers (fasces), woran sich nicht undeutlich ein griechisches Doppelkreuz erkennen lässt; aus der anderen Hand hervor- ragend erblickt man, wie es uns scheinen vill, den Grill' eines Schwertes. Zu beiden Seifen dieser ernsten Darstel- lung liest man ebenfalls in griechischen Majuskeln folgende Inschrift: Fsioßi-^ Jed-arr^^ ztaro^, //>'/iijc ToufiAi:; (vgl. Fig. 3). Es entsteht nun die Frage, wie diese Inschriften zu deuten seien und welche Folgerungen sich daraus für die Entstehung der h. Krone ergclien. Ortenbar handelte es sich bei den meisten ungarischen Schriftstellern darum, um jeden Preis bei Bestimmung des Alters und Herkommens der fraglichen Krone, die altchrwürdigen Traditionen auf- recht zu erhalten, welche dieselbe mit dem heil. Stephan in directe Verbindung setzen. Desswegen war ihnen die Ab- leitung des I'rsprunges der b. Krone aus den Zeiten des Michael Dukas, die so nahe lag, zu unbequem und nicht zweckdienlich, und man wandte sich desshalb , von vorge- tassten Meinungen befangen, zu folgender Erklärung, wo- durch man sich ohne Noth Schwierigkeiten und Verwicke- lungen bereitete, deren Lösung nicht zu ermöglichen war. Die zur Rechten des geschlilTenen Saphirs befindliche jugendliche Darstellung des Constantin . der den Beinamen

Geschichtlich glaid)te man den Sa(diverhalt so erklären zu können: Constantin VH., der Sohn Leo's, des Philosophen, habe den Thron mit mehreren Beikaisern getbeilt vom Jahre 913 959. Dass derselbe ein wachsames Augi' gerichtet habe auf jene fruchtbaren, seinem Reiche benachbarten Länder <ler Donau, wo durch die Strö- mungen der Völkerwanderung Avaren, Hunnen, Tartaren ein- gewandert w'aren, leuchtet ein. Es balle nun den byzantini- schen Kaisern .Alles daran gelegen sein müssen . aus diesen barbarischen Völkern, die stets mit bewalfneter Hand, Ein- fälle versucheiul. an der Grenze staiulen, sieh ein Volk zu erziehen, das durch .Vniiahme des Christenthums die rohe WafTe des Krieges aus Hätulen legt und zu den fried- lichen Beschäftigungen der ('ullur\ lilkcr herangebildet werde.

Daherfändenuin auch hei älteren Schriftstellern, nament- lich bei Cedrenus, die Angaben, dass bereits Bultzus und Gyula. zwei Anfidirer der „Tourco-Ungres" =), sich in Byzanz unter der Regierung fonslantius ^'ll. hätten taufen

') llor Annahme eines hefreundeten Ethnogr.i|ihi'n /ufnlge kcinnle niiin in der Anl)}ingungssyII>e lii tz. gleiehhedeiilcnd mit deni heutigen »Invischen > it7., d:)S nrHl>i»e)ie Abstiimniung.swiirt hen, gleichbedeutend mit dem sehwedi.sehen oder norwegischen sen um) son erkennen.

'; Vergi. Cedrenus in com|>endio hislorinrum 328, 4. tüjv rciTptvttuv ä£(a- Tijj.T,tki5 x^ TCXei3u>v 5(pT)(ioTü>v UTTap^a; xapi'/; eit' «uOk oixaös uro9pE-J.a;.

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lassen und dass diese beiden Prinzen nach ihrer Taute zu Patriciern ernannt und mit reichen Geschenken ausgestattet in iiir Vaterland zin-iick gesandt worden seien ')•

Der eine dieser Fürsten, obsehon getauft, habe abtrünnig dem Christenthuin den Rücken gekehrt und soll in einer Sehlacht auf eine jämmerliche Weise ums Leben gekommen sein; der andere aber, mit Namen Gyula, sei dem Glauben an Christus getreu geblieben und habe mit sieh den Priester Hieratheus in das Land Tourcien genouuiien, den er als „epi- scopus regionarius Tourciae" (Hungariae) eingesetzt habe.

Die Tochter dieses ungarischen Fürsten, der, wie oben bemerkt, durch Veranlassung des Kaisers ConstantinPorphy- rogenitus zum Christenthume sich bekehrte, habe Saroltha geheissen und als eifrige Christin auch ihren Gemahl Geysa, einen der ersten und mächtigsten Fürsten Ungarns, bestimmt sieh taufen zu lassen. Entweder habe nun der Schwieger- vater Gyula, erfreut über die Conversion seines Schwieger- sohnes Geysa, von dem befreundeten byzantinischen Hofe die Anerkennung seines Schwiegersohnes als „HsaTzozr^!; und xpalr^:;^ erwirkt, und sei von Constantin VII. dem bekehrten mächtigen Fürsten unter anderen Geschenken auch unsere Krone als vorzügliches Ehrengeschenk übersandt oder aber die in Rede stehende Krone sei von dem obengenannten byzantinischen „Porphyrogenitus", wie Cedrenus ausdrück- lich bemerkt, dem Fürsten Gyula bei seiner Conversion geschenkt worden und als Erbtheil auf seinen Schwieger- sohn Geysa , den Vater des heiligen Stephan , über- gegangen. In dem letzten Falle wäre dann in dem Namen „Geobitz" der Name Gyula und nicht Geitza oder Geysa zu suchen.

Gewänne nun, der eben angedeuteten Annahme unga- rischer Schriftsteller zufolge, die Ansicht Raum, dass der Vater des heil. Stephan, der Inschrift gemäss, durch die Zu- neigung des Constantin Porphyrogenitus in Besitz des vor- stehenden Diadems als auszeichnenden Ehrengeschenkes gelangt sei, so wäre sie in directer Folge als Erbtheil vom Vater auf den Sohn gekommen. Wie bekannt , sei Stephan nach dem Tode seines Vaters öft'entlich zum Christenthume übergetreten und väre es in den Ehepacten ausdrück- lich bemerkt worden, dass er vor der lleirath mit Gisla, der Tochter des liavarenherzogs, durch das Sacrament der Taufe in den Schooss jener Kirche eingeführt werden sollte, die er später durch seinen frommen Lebenswandel als Heiliger auf dem Königsthron verherrlicht habe. Da sein Vater Geysa wohl konigliclies Ansehen und Macht besessen hätte, jedoch nicht den Königstitel geführt habe, so seien nach seinem Übertritte zum Christenthume von seinem Sohne Stephan im .1. 1000, mehreren ungarischen Autoren zu Folge, zwei Ab- gesandte an den Papst Sylvester II. abgeschickt worden, die vom Oberhaupte der Kirche, dem Gebrauche der damaligen

*) Auch in den „essai de olironograpliie Byzautiiie p:ir EdiKud Miiiidl" wei-- den sie riuliti" so i^enaniit.

Zeit gemäss, den königlichen Titel und die königliehen Rechte für den erwählten Fürsten des ungarischen Volkes begehren sollten. Diesen Leiden Abgesandten, in der Person des Dominieus und Astriscus, hätte nun der heilige Stephan jenes königliche Diadem zurSegimng mit nach Rom gegeben, das sich als besonders hervorragendes Kleinod unter den übrigen Schätzen seines Vaters vorgefunden habe. Papst Sylvester wäre den Bitten des bekehrten Ungarfürsten mit grösster Bereit« illigkeit entgegen gekommen, und hätte die Krone, welche die Gesandten ihm überreicht hätten, feier- lichst eingeweiht, und derselbe durch lateinische Künstler die überbrachte Krone durch einen sich durchkreuzenden Doppelbogen in der Weise überspannen lassen , dass da- durch das frühere oflfene Fürstendiadem, als einfacher Stirn- reif, zu einer geschlossenen König- oder Kaiserkrone um- gestaltet worden sei ').

Mit solchen und ähuHchen Deducfionen hatte man nicht nur den unteren Haupttheil der Krone, die Arbeit der Byzan- tiner, sondern auch den oberen Kreuzbügel glücklich bis auf die Tage des h. Stephan zurückgeführt. Den eigentlichen Geschenkgeber, der auf dem hinteren Tlieile der Krone in dem kloinen Rundbogenfelde als Aufsatz (vgl. Fig. 3) in Goldemail zu ersehen ist, und zwar an der Ehrenseite, gerade dem Heilande auf dem mittleren HauptschiKle gegen- über, hatte man bei diesen forfirten Erklärungen, weil er chronologisch in ihren Context nicht passen wollte, bei Seite geschoben, und diese llauptschwierigkeit mit der Erklärung umgangen; „es sei dies vielleicht einer der Neben- kaiser gewesen, und die fortschreitende Wissenschaft würde später gewiss noch diese kleine Schwierigkeit heben". Im Gegensatze zu diesen nicht stichhältigen Hypothesen wollen wir nun im Folgenden den Nachweis zu geben versuchen, wer als der eigentliche Gesclienkgeber der heutigen unga- rischen Krone zu betrachten sei und durch welche irrthüm- liche Voraussetzungen verleitet, Horänyi und Andere zu jenen gewagten unkritischen Behauptungen gekommen sind, die wir im Vorhergehenden ausführlicher angi>deufet haben.

Die Hauptschuld an diesen Irrthümern trägt die emai- lirte, oben beschriebene Darstellung im unteren Stirureif (vgl. Fig. 2) des Constantin mit dem Beinamen ^Porphyro- genitus". Man hat diesen Titel: „der im Purpur geborene", nicht allgemeiner aufgefasst als prunkendes Beiwort jener byzantinischen Prinzen, die geboren wurden, als der Vater schon den Kaisertliron den Purpur inne hatte, sondern man hat an diesem Epitheton erkennen wollen Cons-tantin VII.. der diesen Titel catexochen in der Geschichte führt. Dieser Constantinus VII. regierte von 913 bis 939 und halte man auf diese Weise chronologisch einen willkduimenen Anlialts[uinkt gefunden, um nach Cedren die byzantinische

') Ilorniiyi, ein Geistliclier .ins dem Piarisleuoiden , Imt im vorige» .?iihrliunderte in einem STösseieii laU'inisclu'n Werke mit einem ziem- lioljeii AulVande von Gek-lnsamkait olii^e angerührten Ansichten vertre- ten wollen.

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Krono. wie oben ungegeben, mit (iyiila. dem (Jros.s- vater des h. Stephan , in Verbindung zu setzen. .Auch kiiin zu tieni ganzen Aufbau der Hypothescii selir bequem der l'mstand. dass der Vater des lieil. Sle|iinin (ieysa liiess. welches Wort sich nicht uiiseh«er aus dem .Namen (ieo- bitz eruiren liess. Nur vergass man die eine llaM|itsaelie, dass Konstantin Porphyrogenilus an der Krone eine unter- georibiete Stelle eiiiiialim und si-lir jugendlicli. fast kindlich. Ml den Gesichtszügen dargestellt wai', walirend in dem grossen Kmailschild, dem Heilande gegenüber als an der hervorragenden Khrenseite die wirklich grossarlige Dar- stellung eines Kaisers zu ersehen ist, in dem auch das Auge eines weniger Geübten schon den eigentlichen Geschenkgeber (lesDiadems Iciclil ersehen konnte. Krkeniit man in diesereben liezeichneteii Darstellung des Michael Du kas den tieschenk- geber des untern Stirnringes, so fallen \iiu selbst alle Schwie- rigkeilen weg, und mit Heranziehung einiger geschicht- lich verbürgter Daten iiissf sicii, wenn wir so sagen sollen, eine Genealogie der ungarischen Krone in einer Weise auf- stellen, dass dadurch zum grosscTi 'l'heil die alteiirwürdige Tradition iiires l'rsprunges aus den 'l'agen des h. Stephan aufrechterhalten wird, und dass auch mit derselben der untere byzantinische circnlm aureus in formeller kunst- historischer Beziehung gar nicht in Zwiespalt tritt. Mit K II II e r, dem gediegensten der vielen Schriftsteller unga- risclier Nation, die über das Palladiinn ihres Landes in ge- reimter und ungereimter Hede geschrieben liaben, vielfach ühereinstinmiend , wollen wir in diesen Blättern es vorläufig versuchen, das Resultat unserer Forschungen mitzutheilen, die auf einer neuntägigen, allseitigen und genauen ISesich- tigung, Abzeichnung und Ausmessung der Krone beruhen.

Wie wir schon im Vorhergehenden angedeufel haben, kann es nicht dem geringsten Zweifel unterliegen, dass der Geschenkgeber der Krone zu erkennen ist in der Darstel- lung auf jenem Rundbogenschilde, das sich auf dem hinteren Theilc der Krone belindet. gegenüber dem Slirnsdiilde, «clclies die Darslelhirig des Heilandes mit erhubeiier, seg- nender Rechten zeigt. Von den Bildwerken der ungarischen Krone, die sich auf Regenten beziehen, ist diese Darstellung die reichste und hervorragendste, und liefiiidel sich dieselbe zugleich an erhöhter Stelle. Zu beiden Seiten umgeben dieses Schaustück im unteren Stirnreif auf der linken der Knipfanger des Diadems und auf der rechten der Sohn des tieschenkgebers selbst.

Die Inschrift im rothen Kniail kennzeichnet die Dar- stellung, wie folgt: Mr/KT)}. iv Xpi^rih swro^ ßccadiug l'(ij;j.a;wv 6 Aovxa? {Mlrhacl in C/iristo fiilr/ls flommionim imprralor Diicfts). Diese I berschrift. «eiche sich in über und neben einander gereihten griechischen Majuski-ln an beiden Seilen des Brusibildes befindet, sagt uns mit klaren Worten, dass es das Porträt des orthodoxen Kaisers Michael, aus der Familie der Dukas sei. Betrachtet man die Cha- raktere, womit die Inschrift angedeutet ist und zwar im

rothen Email auf Gohlgrund eingelassen, so ergibt sieh deren vollständige Identität mit den Schriftziigen . welche wir auf den IMiinzeii und Darstellungen aus der Zeit des Michael Dukas und seines Nachfolgers Nicephorus finden, liigenduinilich ji'dix'h ist es, dass Dukas genannl wird: „'sv Xpiarö) rrtarOb-" Wie uns ein französischer Nuniismatiker angibt, hat i>nkas diese Bezeichnung der Reclitsgläubigkeit sich zuerst beigelegt, wie sich dieselbe auf einigen Münzen von ihm findet ')•

Auch die Darstellung selbst ist eine majestätisclie und kaiserliche: er erscheint in sejir kunstreicher NN'eise im Kmail als bärtiger Mann im besten Alter, in der Rechten hält er das lith<irtnn, das bei lieii Kaisern iiiul Königen des .\bendlandes durch die /rni/a oder das xccplntm ersetzt wurde, und ist mit kaiserlichen Gewändern bekleidet. Zum Zeichen seiner \\'ürde und Macht, ist sein Haupt um- geben mit einem Nimbus, der in der griechischen Kunst nicht nur den Heiligen, sondern auch allen denen zuerkannt wurde, die durch Macht, Ansehen und (iri'isse ausgezeich- net waren. Sein Haupt ist gescbiinickl luil dein kaiserlichen Diadem, rcf/iiniii. das sich in seiner l'"iuin sehr unterschei- det vom circulKs aureus, ^^■(mlit das Haupt des dabei be- findlichen Empfängers der Krone, Geoiiitz, geziert ist. Zur rechten Seite des Kaisers auf dem Diademe selbst zeigt sich das jugendliclie Porträt seines Sidines. und zwar nennt die luschiifl im blauen Bmail ihn, wie scIkui oben bemerkt: K'jyj'jTo.vTL'jo; ßaCTiXcK, 'Pw|jiatojv 6 Ilopwvpoysvri-Oi; (vgl. Fig. 2). .Ms Sohn des Kaisers und zwar gelieren zur Zeit, als sein Vater schon den Thron iiine hatte (desshalb IIovjvpo- '/£v>;roi genannt), trägt derselbe alle Zeichen der kaiserlichen Würde, das laharum, die Krone und die Pimtilical-Gewändcr. Bestand nun die Aufgabe darin, unter diesen beiden Dar- stellungen den Gescheiiku;eber der Krone ausfindig zu machen, so hätte man beim ersten Blick schon sehen können, dass dieses jugendliche Porträt unmöglich den Gcsclienkgeber reprasentiren kiinne, nicht nur weil dasselbe auf der Krone einen imtergeiu'diielen Platz einnahm, son- dern, weil der Kiuisiler üb(>rhniipt die Figur des Sohnes nicht mit dem licichthiun , den er bei dem Vater anwandle, ausgestattet bat. .\n der linken Seile des Michael Dukas, und an derselben Seite des fa^etlirten Stei- nes auf dem imlern Stirnreifen, zeigt sich, dem Sohne des Kaisers gleichgestellt, abi'r nicht an der Khrenseite, scmdei'ii links, die männlich ernste Darstellung des EmiiTän- gers ih'v Krone, dessen Namen die Inschrift angibt: Teo/SiT? Aes/TOTr;? morog, xpalri? Tovozt? (vgl. Fig. S). Gleichwie auf der vorderen flauptseite der Heiland erscheint, nach "fi'iechischer Weise in sitzender segnender Stellung, um

t eelU'riiiiiis, Supi>Iomnnt IV. .tut äIx Volnnirs ile rerucils do .Modaillo« de n.iis de Villi'5 olc. iiuIiHl's en ITfiZ. 3. 5. n Paris, l'hinilie 11. , N. VM, ).. 19: ..On Kiit pnr In, <|ii<> cel Knipereur t'lo. »it feinine pretiuifiit te litre pic'ux <Ie IlICTfU, c'esl n rfirc, de Kideies, .le ne trouve poiut, que ce lilre ete emploTif 9iir aucune autre modaillp.*

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aiiziidoutPi», diiss von ihm alle Gewalt und Grösse auf Erden ausgehe, wie diess auch auf der deutschen Krone deutlich angezeigt ist durch die Inschrift: „per nie reges regnaut", so ist eine analoge Darstellungsweise auch auf der Rückseite befolgt, wo sieh das Bild des GeschenkgeLers befindet, und zu seinen beiden Seiten diejenigen, welche mittelbar und unmittelbar durch ihn Ehre und Ansehen erhalten haben, d. h. sein Sohn und jener, den er als den x.pctlr,<; To-jpy.'.i durch Übersendung des Diadems vorzüglich ehren und auszeichnen wollte.

Wenn wir nun so aus der Composilion, Technik und Aufstellung der Figuren den Geschenkgeber und Empfänger der Krone annähernd bestimmt haben, so wollen wir jetzt auch den geschichtlichen Nachweis zu liefern versuchen, dass Michael Dukas und Geysa wirklich Zeitgenossen waren, und dass der byzantinische Kaiser zu demselben in freund- schaftliche Beziehungen getreten sei. Michael Dukas, Sohn des Constautin Dukas, gelangte zur Regierung im Jahre 1071 und ging derselben verlustig im März 107S. Unter seiner Regierung verband sich einer seiner Feldherrn mit den Bul- garen und es entspann sich ein hartnäckiger Kampf gegen den ungarischen König Salonion, in welchem sich die unga- rischen Herzoge Geysa und Ladislaus so auszeichneten, dass die Streitkräfte der Griechen und Bulgaren bald aufgerieben wurden und eine grosse Menge von Schätzen den Siegern in die Hände fiel. In diesem Feldzuge bewies sich Geysa sehr menschenfreundlich und gnädig gegen die gefangenen Griechen, die nicht die Gnade Salomon's anflehten , sondern unter seinen Schutz sieh begaben. Geysa schenkte allen denen, die sich unter dem griechischen Anführer Nieotes seiner Menschenfreundlichkeit freiwillig anvertraut hatten, die Freiheit, und schickte sie ohne alle Beschwerde dem Kaiser Michael zurück. Der Kaiser, darüber sehr erfreut, schloss mit Geysa Frieden und Freundschaft durch eigene Gesandte. Die Stelle, welche sich auf dieses Bündniss bezieht, und aufweiche bei unserer Beweisführung vorzüg- liches Gewicht zu legen ist, lautet nach einer alten Chronik des XIV. Jahrhunderts, die sich beim Johannes von Thurocz abgeschrieben befindet, folgendermassen: „Interea Imperator Graecorum, audita liberalitate Ducis Geysae, misit ad eum nuntios ad firmandam pacem et amicitiam. Dux autem remisit ei omnes eaptivos et omnes, qui ab arce descen- derant." Auch das Chronicon codicis missalis Posoniensis, das im Beginn des XIII. Jahrhunderts geschrieben wurde, bestätigt die angeführte Angabe des Krieges der Ungarn gegen die Bulgaren und Griechen und führt noch an die grosse Feindschaft, welche zwischen Salomon und Geysa ausbrach, und die ihren Grund darin hatte, dass der byzan- tinische Kaiser mit Geysa den erwähnten Bund geschlossen. Bald darauf verliert Salomon die Regierung und Geysa wird zum Könige gekrönt. Das Jahr, in welchem die Geschenk- gabe der ungarischen Krone an Geysa erfolgte . scheint erst nach der Thronbesteigung Geysa's zu fallen, die 1Ü75

stattfand. Zweifelsohne wollte Michael Dukas mit dem unga- rischen Fürsten, dessen Macht und Grossmuth er kennen gelernt, durch Übersendung der Krone ein engeres Bündniss schliessen; desswegen Hess er nicht nur sein eigenes Bild auf dem circulus aureus anbringen, sondern auch das seines Soh- nes und auf der entgegengesetzten Seite das des befreundeten Fürsten, der dadurch die Würde eines Senators als beson- dere Auszeichnung erlangte. Dass aber die Geschenkgabe der Krone nicht vor dem Jahre 1074 erfolgen konnte, geht eben daraus hervor, dass auf ihr das Bild Coustautin's, des im Purpur gebornen, als er bereits zum Mitkaiser erklärt war. zu ersehen ist. Michael verlobte seinen Sohn im Alter von 2 Jahren, nach Aussage des gleichzeitigen Lupus Protospata 1076 mit der Tochter des Robert Guiskard, nachdem er ihn zuvor als „Augustus" (jSÄff'.XE'Jf 'Ponxawj) erklärt hatte. Die vorliegende Krone, natürlich ohne Bügel, wie wir später zeigen werden, konnte also ihren Inschriften zu Folge erst zwischen 107G und 1077 als Geschenk in Geysa's Hand gelangt sein.

Da es sich so geschichtlich erhärten liess, dass Geysa ein Zeitgenosse des Michael Dukas war, und mit ihm in inti- men Freundschaftsbeziehungen stand, dass ferner der Sohn Michaels, ebenfalls der im Purpur Gehörne hiess, und schon vor seiner Verlobung in grosster Kindheit, wie oben erwähnt, den Titel „Augustus" erhielt; so fallen damit alle Schwierig- keiten, die sich bezüglich des Ursprunges und Herkommens des unteren Theiles des Diadems zu erheben scheinen, fort, und es wäre nur noch nachzuweisen , dass mit dem Namen Geobitz wirklich Geysa identisch sei, der, wie obeu gezeigt wurde, in freundschaftlichen Beziehimgen mit Byzanz stand. Auch diese Schwierigkeit würde leichter aus dem Wege zu räumen sein, wenn man annähme, dass der griechische „aurifaber" die ungarische Bezeichnung Geysa in griechi- scher Weise in Geobitz convertirt habe . was um so eher wahrscheinlich ist. da der Name Geysa sehr verschie- den gesprochen und geschrieben wurde , als : Geyza, Geitz, Geycha etc. Es dürfte diese fremdländische Schreib- weise des Namens Geysa nicht Wunder nehmen, da wir ohnedies wissen, dass die Griechen sich häufig eine Modi- fication von fremden Eigennamen erlaubten, wodurch die eigentliche Form des Wort(!S ganz unkenntlich gemacht wurde. Vielleicht auch mochte Geysa noch von den slavi- schen Ureinwohnern des Landes, das er als xpexlr,g rs'jixic beherrschte, einen andern Namen führen, und der griechische artifex diese slavische Aussprache des Namens für die In- schrift benützt ludien.

Demjenigen, iler noch an dem Epitheton Kpa/rj? 'To'joxt^ etwelchen .\iistoss zu nehnuMi gewillt ist. geben wir zu beherzigen, dass die Bezeichnung ..x^caAv^i", wie die Inschrift der Byzantiner angibt, sich in der heutigen ungarischen Be- zeichnung Kiräli gleichbedeutend mit König noch erhalteti. In mehr als einer Beziehung ist es auch in ethnographischer Beziehung von grossem Interesse, dass die griechische

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liisflint't dfiiGeysaals König von roiin-icii {T<j'jf>x!;) iiiilier bezeichnet 1). Als solche werden die Sieger, die nach der Völkerwanderung' in das Land der Slaven und Avaren ein- gewandert waren, ihrer Abstaninning nach näher bezeich- net — als jene ost-asiatiscluMi Stanuiie. die in die Ebenen der Donau und der Tlieiss und iiircr Nobenfliisse ein- gewandert sind. Diese Bezeichnung (Tn'jpxc^ udcr Tn6/txnc- (hrjYjtoi) hat sich bei den byzantinischen Schriftstellern bis in die Spätzeit des Mittelalters vorherrschend erhalfen •).

Auch dürfte der Titel AC ^ Zi'^r.orr,!; nicht im minde- sten bcfrciuden. Keineswegs darf man dieser Bezeichnung die Bedeutung beilegen, die der Ausdruck „Despot" in unsern Augen heute gewonnen bat. Dieses hervorragenden Titels, gleichbedeutend mit dominus, bedienten sich die byzantinischen Kaiser vielfach auf ihren Münzen und Ca- meen. So nennt sich auch z. B. König Boger von Sicilien in einer Unterschrift „Vo-^spioq sv Xpt^rw dsaTrorv;?". Dass ferner die Inschrift den König Geysa im cpitlicfon oriians als „dominus fidelis,iT!3T0j" bezeichnet, kann keinen befremden, indem der byzantinische Kaiser den König Geysa als einen Fürsten betrachtete, der durch dieselben Bande des Glaubens in einer Kirche mit ihm verbunden war.

Es ist daher dieses „fidelis" zu beziehen auf „Christo" indem ja auch die Inschrift bei Michael Dukas deutlich angibt „sv /^pwToj n;t(7r!)? ßatJ'.Xsvg".

Dass Geysa I. in Glaubenseinheit mit der römischen Mutterkirche stand, unterliegt nicht dem geringsten Zweifel; dass aber Michael Dukas von seinem Standpunkte aus den Geysa der Inschrift gemäss klito^ oz'jr.ozrjq nannte, dürfte sich daraus erklären, dass Kaiser Michael im freundschaft- lichen schriftlichen Verkehr mit dem grossen Gregor VII. stand. Einer dieser Briefe beginnt ^Gregorius, episcopus Srn-itx Servontm Dci , Micharli Coiiatautiuopolilano hn- pcratori Salut cm et Aposlolicam bencdlctioncm" ^^. Auch Leo von Ostia, ein gleichzeitiger Schriftsteller, gibt an, dass Michael im Glauben mit der lateinischen Kirche verbunden gewesen wäre.

So schickte auch, dem ebengedachten Schriftsteller zufolge, Kaiser Michael dem Abte Desiderius von

*) Dem Etymologen dürfte es nicht schwer fallen, den tdiireischcii Namen Geysa aus dem griechischen Worte Geobitz deriviren zu lassen, wenn man bedenkt, dass vielleicht von den gebildeteren slavischcn Ureinwohnern der Name Geysa als Geobitz ausgcsiirochen wurde, abpesehen davon, dass die griechischen Künstler in der orthographisch richtigen Schreibweise eines ungarischen Mamens sich leicht geirrt haben konnten. Streicht man bei dem Namen Geobitz die .\nhangssyllie bit/. vilz ab, so bleibt der Slamnilaut Gco, worin man Verwanrltsrhaft mit Gei (Geysa) finden könnte.

S) AUe älteren by/.anlinisehen Schriflsleller bis zum XIII. .lahrhumlerl nennen forlwiihreiid das ganze grosse Gebiet an der Donau, der Drau, der Theiss , mit dem Collcclivnamen T'vjfxi;, wie das deutlich erhellt aus einer Stelle des Cedrenos, wo er von den Castellen M oraho und B e I g r a d o spricht, die gelegen seien in Pannonien jenseits der Ister. als Grenzländer des Königs von Touffien „fjupiiöi Ti'jta t7i;IIi/iohj;. xi-.t TTiv ripin' lo'j Ijp'i'j äi3iii|i2<j. nai YsiT'.wJvTa Toj xii/.ij To'jfj'nc;.

S) Mural. Script. Mal. L. I. ep. XVIII.. Col. 1209.

Monte Cassino Gold und Silber und reiche I'urpurstotre mit der Bitte ^ut pro se ac liheris et pro statu impcrii sui Dci omniftotrntis clementiam assidiie supplicarent" ').

Dem Vorhergesagten zufolge leuchtet es ein, dass der untci-e Ilaupttheil der ungarischen Krone einige Jahr- zchendc nach dem Tode des heiligen Stephan als (Jeschenk für den König Geysa I. angefertigt worden ist. Es wäre nun noch nachzuforschen, wann und durch wen der zweite Theil der ungarischen Krone, der obere Kreuzbügel, seine Entstehung gefunden habe. Wenn vir im Vorhergehenden, auf unwiderlegbare Inschriften gesliitzt. nachzuweisen gesucht haben, dass bei dem unteren Slirnreif Michael Dukas der Geschenkgeber und König Geysa der Empfänger gewesen ist, so glauben wir nach mehrtägiger genauer Besichtigung und .Abzeichnung der ungarischen Krone der Meinung Itaiiin geben zu dürfen, dass aller Wahrscheinlichkeit nach der obere Theil der fraglichen Krone als der ältere zu betrachten sei und dass keine Gründe vorliegen, die uns verhindern können anzunehmen , dass dieser reich verzierte zweite Theil der ungarischen Krone aus der Zeit des heiligen Stephan wirklich herrühre. Bevor wir die Gründe weiter entwickeln, die der oben angeführten Behauptung das Wort reden, wollen wir im Folgenden vorerst die Beschreibung dieses zweiten ste[)baneischen Tbeiles der ungarischen Krone einleitend voraussendeii.

In dem Centrum auf der oberen Plallfläche des Bogens befindet sich wiederum auf einer quadratisch formirten Goldplatte die emaillirte Darstellung des Salvators , sitzend nach dem Spruche: ,.Ef Herum rcnturus enf cum (jloria judictir'r auf der „sella majestatis-, zu beiden Seiten von zwei Pinien oder I'almen umgeben, in segnender Stellung, ganz analog wie diese Darstellung des Heilandes als Wclt- richter auch auf dem grössern Bogcnscliilde (iiinna) an der Haupt- und Stirnfronte, wie vorhin schon bemerkt, zu er- sehen ist. \\\v lassen es hier noch unentschieden, ob von demselben lateinischen Künstler, der den Bogen mit seinen emaillirlen Darstellungen geschafl'en bat, auch das in seinen Formationen ziemlich rohe Kreuz, wie es die Zeichnung zeigt, ursprünglich dem Durchkreuzungspunkte des Doppelbogens eingefügt worden ist. Wir müssten dann annehmen, dass der Künstler an dii- zart emaillirte Darstellung des Salvators, wie sie eben beschrieben wurde, selbst zerstörend Hand ange- legt hätte. Denn Behufs der Aufstellung und Befestigung dieses Kreuzes musste jener Körpcrtheil des Salvators auf der Brust, da, wo er die segnende Bcchte ausgestreckt hält, durchbrochen und angebohrt werden, damit nach Unten hin einige vom Kreuze ausgehende, kleinere Metall- bleche in einer Weise umgebogen werden konnten, dass dadurch das Kreuz eben, wenn auch unsuliil und für die Dauer unhaltbar, auf dem Bogen befestiget wurde. Bei dem geringsten Drucke musste sich bei dieser unsoliden liefe-

'I id. I,. 111 C. XXXIX. lom. IV

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stigiing das Kreuz schief biegen. Es seheint nun wirklieh die Krone mehrmiils durch Füllen, n;inientiich ;in einem Theiie des Bogens, einen Dnrclihruch erlitten zu haben. Bei dieser Gelegenheit ist das Kreuz stark verbogen worden, so dass es heute nach der linken Seite hin beteutend schief ausludet. Und weil man nun nach dem Unfälle, der schon vor eini- gen liundert Jahren statt gefunden haben mag, nicht gleich die nöthige Restauration eintreten liess, ist diese Schiefheit des Kreuzes im Traufe der .Tahrliunderte iiistorisch geworden, so dass Viele heute die Krone des heiligen Stephan nicht als die authentische betrachten würden, wenn auch auf der styl- getreuen Abbildung derselben nicht das Kreuz in schiefer Stellung ersichtlich wäre i). Noch fügen wir hinzu, dass zu beiden Seiten des Hauptes des Salvators in der Vierung des Bogens sich nicht, wie bei der analogen griechischen Dar- stellung, das bei den Byzantinern nie fehlende Hierogramni in Abkürzung als hau:; Xficaroi: zeigt, sondern man erblickt an dieser Stelle bei der lateinischen Abbildung jene gewöhn- lich vorkommenden Symbole, die den Weltrichter, wie er in seiner Herrlichkeit zum zweiten Male wiederkonmit , als den Herrn der Schöpfung bezeichnen, nämlich die einaillirte Darstellung von Sonne und Mond zu Häupten des Erlösers, Leidermusste durch die ungeschickte Einfügung des Kreuzes, wie erwähnt, ein Theil des Körpers, nändich die segnende Rechte in Email fortfallen; man würde sonst zweifelsohne im Gegensatze zur Darstellung des Salvators der Byzantiner in dem runden Stirnfelde an der Hauptseite des Diadems , die Haiul des Heilandes hier formirt gefunden haben in lateinischer Segnungsweise mit erhobenem Zeige- und Mittelfinger. Hin- gegen zeigt die fast gleiche Darstellung auf dem oben bezeich- ten Rundschildehen deutlieh die griechische Segnuugs- weise, nämlich den erhobenen Zeige-, Mittel- und kleinen Finger und den durch den Daumen niedergehaltenen Gold- finger. Gleichwie auf den noch übrigen sechs vieieckigen Emailschildchen auf dem unteren Stirnreifen, dem Geschenke des byzantinischen Kaisers, die Brustbilder von berühmten griechischen heiligen Kriegshelden im durchsichtigen Email dargestellt sind, nämlich der Inschrift zu Folge: der 0 hiiaiia; 1), U Ja^iavoc > 0 Jrj/iSTfjto::, 0 Fsiopj-cn^ ; dessgleiehen an der vordem Hauptseite des unteren Stirn- bandes die beiden von der griechischen Kirche hochver- ehrten Erzengel mit der abgekürzten Inschrift uml zwar zur rechten Seite des Salvators der O' Ap/. Mt;(aYjk und zur Linken Ap/. ii FaßpieX; so liess Papst Sylvester II. den Doppelbogen, den er wie oben schon bemerkt im Durch- kreuzungspunkte mit dem Bilde des Erlösei's scbinüekle.

') Wir hahcn Anstanil genommen, diis Kreuz, in seiner schiefen Slellifiig in der beifolgenden Zeichnung dürzusleilen, indem das schiefe Kreuz gewiss nicht zum Wesen der ungarisclicu Krone gehört. Uurch einen leisen Druck des Fingers kann man das durch Fallen ausgeliogene Kreuz wie- der in gerade UichUng bringen.

') Das vor dem Namen des Heiligen überall befindliche -0' ' scheint eine Kürzung für Upoq das lateinische St. = sunctus zu sein.

um die Abstammung der römischen Kirche von den Aposteln zu kennzeichnen , mit den Bildern von acht Aposteln in folgender Weise ausstatten. Es folgen näm- lich auf kleinen Goldschildchen in Form eines Parallelo- gramines an dem Kreissegment, das sich nach der Stirne hin ausladet, die Bilder des h. Johannes des Evangeli- sten und des h. Bartholomäus, auf dem diesem entgegen- gesetzten Kreissegmente nach hinten die Standbilder des h. Apostels Thomas und Jakobus; auf dem Segmente des Kreises nach der rechten Seite hin erblickt man die emaillirten Statuen des h. Apostels Petrus und Philippus. und endlich nach der linken Seite hin die des heil. Apostels Paulus und Andreas. Dass dieser Doppelbogen unverkenn- bar später eingefügt worden ist und nicht mit der ursprüng- lichen Conception der Krone harmonisch passen will, die dadurch auf eine nicht glückliche Weise alterirt wird, dafür zeugt auch noch der Uiiistand, dass ein Theil der emaillirten Darstellungen der Apostel, namentlich nach dem Vorder- und Hintertheile der Krone hin, wo, wie früher bemerkt, die bei- den primitiven Rundschildchen (vgl. beiliegende Zeichnung der Krone) angebracht sind, hinter denselben fast ganz verschwinden, so dass über diese Schildchen hervorragend kaum noch die Häupter und die Inscliriften der beiden Apostel Bartholomäus und Jakobus ersichtlich sind. Dem Umstände, dass, wie eben bemerkt, die Bogen mit den Darstellungen der Apostel geschmückt sind, verdankt die heilige Krone, wie ältere Autoren bemerken, den Namen : der apostolischen, und weil an dem byzantinischen Werke neben der bildlichen griechischen Darstellungsweise des Sal- vators die beiden berühmtesten Erzengel imBilde angebracht sind, den Namen: der angelisehen.

Aus den Inschriften der beiden Hauptbestandtheile der Krone, wovon die unteren auf dem älteren iiiul primitiven Theiie in griechischen Majuskeln gehalten sind, hingegen die auf dem Doppelbogen in lateinischen Uharakteren, geht zur Genüge hervor, dass die Krone in ilner Ganzheit ein Werk der griechischen und zugleich der lateinischen Kunst sei. Kaiser Michael Dukas, den Portrait und Inschrift als primitiven Verfertiger der Krone angeben, kaim unmöglich den oberen Bügel, den zweiten Theil, haben anfertigen lassen, indem er als Byzantiner an dem oberii Theiie bei den .\po- stelii sich auch der griechischen Uharaktere und nicht der lateinischen würde bedient haben.

Es entsteht nun die bereits oben angeregte Frage, woher rührt der obere später eingefügte Kreuzbügel, welcher, der oben angeführten Beschreibung zufolge, sieh in seinem äussern Habitus so ganz und gar als ein lateinisches Kunst- werk zu erkennen gibt? Goliörte dieser obere Aufsatz und Schluss ehemals zu der Krone, womit im Jahre 1(U)0 die Krönung des heil. Stephan vollzogen wui'de? Wann ging der ältere untere Theil der Stephan'scheji Krone verloren und wann und durch wen wurde der lateinische Doppel- bogen dem untern byzantinischen Diadem eingefügt? Wir

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gestphpn es offen, dass wir houle noch nicht in der Lage sind, auf alle diese Fragen auch nur iialbwegs eine genü- gende Antwort liefern zu köiiiiPii, ohschonwir die gesaminte ältere und moderne IjittM-atur. die über die inigarisclie Krone erseliieuen ist, so gut es sich, auf derfJeise hegrillen, veranstalten liess, durchgearbeitet haben. Ein weiteres Kin- gehen auf diese interessanten aber sehr verwickelten Fragen bis zum Erscheinen unseres grösseren angekündigten Werkes uns vorbehaltend, genüge für heute Folgendes. Ollcnbar bestand in l'ngarn für die feierlichen Krönungen der ersten Könige eine ältere Krone lange vor der Zeit, als von Michael Dnkas das oben beschriebene byzantinische Diadem in die königl. Schatzkammer gelangte. Aus mehreren Schriftstellern lässt es sich mit ziendicher Sicherheil übereinstimmend erhärten, dass derb. Stejiban gegen das .I;dir 100((, nachdem er vier.lahre bereits die Regierung gefüiii't hatte, zum Könige von Ungarn mitZustinnnung des Papstes kirchlich gesalbt und gekrönt wurde.

Der Bischof llartuitius der gegen Beginn des XII. Jahrhunderts die „vita St. Stephani" schrieb und dieselbe dem ungarischen Könige K(domanus widmete, erzählt aus- führlicher, dass Stephan einen Abgesandten, den Bischof Astricus nach Rom gesandt habe, um dort an der Schwelle des apostolischen Stuhles die königlichen Rechte und den königlichen Titel , dem Gebrauche der Zeit gemäss, für sich zu erbitten. Der alte Schriftsteller, der als einzige Quelle hierfür kann bezeichnet werden, führt weiter an, dass der ungarische Abgesandte alles nach Wunsch vom römischen Pontifex erhalten habe, dass er von Rom die Bestätigungs- schreiben zugleich mit der Krone überbraciit habe und dass Stejdian endlich mit dem überbrachten Diadem der könig- lichen Würde glücklich gekrönt worden sei'). Der bekannte Baronius war der erste der die .Xngaiie in Fudanf gebraclit hat, die Krone, womit der heil. Stephan feierlichst gekrönt worden ist, sei ein Geschenk des Papstes Sylvester II. ge- wesen. Baronius fusste bei dieser Angabc auf die oben citirte Stelle des llartuitius, der angibt, dass der Vater d(\s heil. Stephan J)!)G gestorben sei und dass Slepli;ni viei' .lahre später den Astericns nach Rom abgesandt habe, wie vorhin weiter mitgetheilt wurde. Diese .Anfrage in Rom fiel min, den oben angeführten Zahlen zufolge, um das .lahr 1000, und da um diese Zeit Sylvester II. regierte, so folgerte Baronius, dass Sylvester II. die fragliche nngari-sche Krone geschenkt habe.

Die Legende hier bei Seite la.ssend, die sich ebenfalls bei llartintius findet, dass der Papst durch ein Traunige- .siclit gemahnt, nicht den ebenfalls erschienenen Abgesandten des polnischen Herzogs Mysco die in Bereitschaft gehaltene Krone, sondern da.ss er durch dieselbe den frommen König

»> ViU St. SIepbani, edil l'roiRnno, p.ig. 1.30, 1.12, 1.14. Auch in ncuMicr Zeil ist ilicae viU des llürtiiiliiis nach dem Wortlaut de» Origin.il- Tcxles hcrausgi^gehen worden mit gegenüberstehender ungarischer Ühersetzunj;.

Stephan auszeichnend bevorzugt habe, ergibt sich aus dem Angefülirten die Folgerung, dass bei der Krönung des heil. Ste|)han im .hdire 1000 wirklich eine Krone in Anwendung kam und dass dieselbe wahrsrheinlich von Rom zugleich mit dem köiiigliidien Titel und Reclilen als (Jeschenk übcr.sandl wurde. Mit dieser Angabe stimmt nun v(dlstäiidig zusammen nicht nur die oben nälier besciu'iebenc Technik, sondern auch die noch ziemlich nmheholfene Compositi(Ui und Aus- führung der figürlichen Darstellungen auf dem in Rede stellenden lateinischen Doppelbogen, womit die ungarische Krone heute noch überspannt ist. Nach Besichtigung einer grossen Menge von analogen Schmel/.werken in der edlen Technik des XI. und XII. .labrluinderts auf ausgedehnten Reisen haben wir bei längerer und sorgfältigen Besich- tigung des obcrn Krenzbügels an der ungarischen Krone nicht im mindesten gezweifelt, dass derselbe zu Schluss des X. Jahrliunderts angefertigt worden sein müsse und zwar den Inschriften zufolge von lateinischen Künstlern, die hinler ihren gleichzeitigen Vorgängern und altern Lehr- meistern in der künstlerischen .\iiferligung der Emails, den Byzantinern, noch weit zurückstanden. W^ahrscheinlich isl CS, dass mit dem eben gedachten Dop]>elbügel der altern Steidiairscdien Krone ursprünglich auch ein unteres Diadem als „Cireiilus aureus" in ähnlicher technischer Ausführung und verwandler Ornanicntation in Verbindung stand. Den Nachweis zu führen, durch welche Veranlassung der untere Stirnreif, formell übereinslimmeiid mit dem obern Bügel, abhanden gekommen ist, dürfte äusserst schwer sein, da uns frühere Schriftsteller gänzlich darüber im Unklaren gelassen haben.

Auch wollen wir liierorts. da es uns zu weit führen würde, nicht in zu gewagte Hypothesen eingehen, wann und durch ^^ eiche Veranlassung wdhi der heute noch vorfind- liche Dop|ielbogen der iirimitiven ungarischen Königskrone dem seciindären byzantinischen Diadem eingefügt worden ist. Nur Eines wollen wir schliesslich in Kürze über den angeregten Fragepunkt hinzuziinigen nicht unterlassen.

Da vom XI. Säciiliiiii bis auf unsere Zeilen sich Schrift- steller (iiideii, die in verschiedener Weise von dem Hcr- koinnien der ungarischen Krone , als eines päpstlichen Geschenkes für Stephan den Heiligen Zengniss ablegen; da ferner aus den Tagessehriflstellern aller .lahrhiiiiderte die grosse Ehrfurcht und fast kindliche .\nhänglichkeit deutlich zu ermessen ist. welche die ungarische Nation dem geheiligten Palladium ihres Landes, das iiiil ihrem erslen grossen Könige in directer Verbindung stand, in allen Zeitläuften gewidmet ha(; so lässt es sich niciit füglich annehmen, dass bei Ge- brauchnahine des Jüngern byzantinischen Stirnreifes, die etwa im Drange der Zeilniiislände nölliig geworden war, die noch erhaltenen Ilauptllieilc dri- liistorisch geheiligten Krone, des heil, Sle|)han entbehrt werden konnten. Man nahm also, unserer .Ansicht nach, durch nictht näher bekannte Gründe genöthigl, die noch vorlindlichen brauchbaren Theiie der

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saci-a cnroiia St. Stophani. niimlich jenen hervorragenden rJoppcllxigcn, der den alten „[lileiis" überragte und mit dem apostolischen Kreuze und den Bildern derApostel geschmückt war und fügte dieses |p;i]istliehe Geschenk dem byzantinischen Ehrengeschenke des Michael Üukas, dem untern Slirndiadem hei. Auf diese Weise hatte man einen Theil zu einem Gan- zen wieder umgestaltet und man fuhr ungestört fort den „pars pro toto" zu halten.

Desswegen benannte man, vor wie nach, das so modifi- eirte Künigsdiadem „die Krone des heil. Stephan", eben weil jener hervorragende Theil, der do[)peUe Kreuz- bogen, der alten authentischen Stei>han"sehen Krone an- haftete.

Wir haben im Vorstehenden den allerdings gewagten Versuch gemacht, mit urdjegründeten Sagen, wie sie heute gang und gäbe sind, zu brechen und den Ursprung der aus zwei, der Zeit und Beschaffenheit nach wesentlich verscliiedenen Theilen bestehenden hochberühmten Krone l'ngarns, tlieils aus geschichllichen Doeumenten, Iheils aus materiellen und sachlich formellen Gründen aufzuhellen und festzustellen.

Wenn wir bei Beschreibung des in stylgetreuen Zeichnun- gen beigefügten altfhrwürdigen Krondiadems ausführlicher zu Werke gegangen sind als das bei der vorhergehenden einleitenden Besprechung der übrigen mittelalterlichen Kleinodien der Fall war, so geschah das in der Absicht, um den Schriftstellern der ungarischen Nation, die vielleicht duri^h längere Studien näher mit der eben besprochenen. höchst merkwürdigen Kunstreli((uie bekannt sein möchten, Gelegenheit zu bieten, in diesen Blättern eine tiefer einge- hende, wissenschaftliche Discussion über diesen noch viel- fach dunkeln Gegenstand anzuknüpfen, wodurch vielleicht noch manche seither unbekannte Daten sich ergeben dürften. Wir werden, auf geschichtliche Quellen beruhende Aufklärungen, von welcher Seite sie auch kommen mögen, gewiss dankbar entgegen nehmen und es dann nicht unter- lassen, dieselben bei Ausarbeitung der spätem umfangrei- chem Abhandlung über „die Krone des heil. Stephan", die als Parallele dem grossem kunsthistorischen Werke „die Kleinodien des heil, römisch-deutschen Reiches'- sich anrei- hen wird, gewissenhaft zu benützen.

Die Vertheidigmigskircheii ia Siebenbürgen.

Kill Beitrag zur Proviiicial-Kunslgescliichtc vom (Jonscrvalor Friedrich Müller. lilustrirt vom (JymnasialleJirer .lohaiin Orendi

in Scliässhurf;.

I.

Ungefähr zu derselben Zeit als Mecklenburg , das Havelland und Schlesien von deutschen Einwanderern, deut- scher Herrschaft und Gesittung gewonnen wurden, also etwa um die Mitte des XII. Jahrhunderts, begann der damals nach allen Seiten hin sich ausbreitende Strom germanischen Lebens auch die fernen Thäler Siebenbürgens zu erfüllen. Vielfach vorbereitet seit dem ersten christlichen Könige 1,'ngarns , Stephan „dem Heiligen," nahm diese Einwan- derung unter Geysa II. (1141 1101) und auf dessen Kuf den Charakter massenhafter Zuströniung an und sicherte endlich den lange streitigen Besitz der entlegensten Greuz- ])rovinz der apostolischen Krone. In einem weiten Ovale, dessen Scheitel die gefährlichsten Einbruchstalionen im Norden und Süden berührten, setzten sich die Ansiedler, welche meist vom Niederrhein kamen, in den Thülern der beiden Szamos an den Ufern des mittleren Mieresch und seiner Nebeidlüsse, endlich auf der rechten Seite des Altes fest, und erbauten schon vor dem Schlüsse des XII. Jahr- hunderts eine nicht geringe Zahl von Orten auf einem Boden, der seit der Bömcrherrschaft wüste geworden und damals nur von Barbarenhorden durchstreift war. Bis zum Anfange des folgenden Jahrhunderts bildete der Alt die südliche Grenze dieser Ansiedlungen und thatsäehlich auch der Provinz. Erst 1211 überschritt im Auftrage des Königs Andreas II. der deutsche Ritterorden dieselbe und colonisirte die süd-

östliche Ecke des Landes, das „Burzenland," mit Deutschen, worauf auch die verbindende Strasse am linken Altufer gesichert wurde und so endlich das Land seine natürliche Grenze in dem Höhenzuge der Südkarpaten gewann.

Aber die junge deutsche Pflanzung hatte, kaum begrün- det, schon schwere Anfechtungen von inneren und äusseren Feinden zu bestehen, und der Mongolensturm von 1241 brach beinahe die kaum geöffnete Blütlie. Die Versuchung, die schwer erkämpfte Heimat wieder aufzugeben, ging vor- über, und durch Nachzüge verstärkt, erwuchs das deutsche Gemeinwesen, von seiner unverwüstlichen inneren Kräftig- keit getragen, unter den Herrschern aus dem Hause .\njou zu einer festen Säule der gesetzmässigen Regierung, zu einer Culturstätte des deutschen Elementes in Osteuropa, zu einem Grenzwalle der Christenheit gegen den Halbmund.

In diese weit- und culturgesehichtliche Stellung Sieben- bürgens vielfach verllochten, erscheint die darin zur Aus- bildung gekommene Architectur. Das Land mit seinem durchschnittlich grossen Beichthum an solidem Baumaterial Steinen uml Eichenholz machte es nicht schwer, schon den gewöhrdiehen Bauwerken eine ungewöhnliche Festigkeit zu geben und Hess den in andern Gebirgsländern vorherrschenden Holz-, besonders Blockbau hier nur spora- disch — im Szeklerlande , in den deutschen Gebieten fast gar nicht zur Anwendung kommen oder schnell wieder ver-

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schwinden, l'tui wenn, wie iibrijfoiis iiiclit oiwoislich ist, der Hdl/.biiii je in allgemeinerem Gcbnuiclie stund, so ciil» der Mnngoleneinfall einen liinliinglich doulliclien Wink, dass in diesem Lande der l'latz niclit sei, das schwor erw<irl)ene Eigentlium einer gebreclilichen Wohnung anzuvertrauen. Wo es nur immer möglich ■wurde, begnügte man sieh nicht einmal mit dieser Sicherheit des Woiinhauses und suchte den ganzen Ort (rciiöfte um! ^'nr\verke gab es früher liier gar nicht durch Werke verschiedener Art nocli nielir zu befestigen. Au einem anderen Orte halie ich darauf liingewiesen , dass die L uimaueruug mancher deutscher sächsischer - Orte höchst wahrseiieinlich so alt sei , als deren Anlage selbst ') : und nicht die lIau[)torte der Ansiedler- grupj)en allein befanden sich in diesem Falle, sondern auch minder bedeutende Orte legten mindestens Burgen in ihrer Jlitte oder ihrer Niihe au. Der um die siebenbürgische Arehiiologie hochverdiente Correspundent der k. k. Central- Commission Pfarrer Michael A ckner hat in seinem Auf- satze: „Die römischen Alterthümer Siebenbürgens" (Jabr- i)Ueh der k. k. Central- Commission , 18JJ6) eine nicht kurze Reihe solcher liurgen namhaft gemacht, und ihre Zahl liesse sich, wenn man alle Kireheneastelle in dieselbe ein- bezöge, nicht unbeträchtlich vermehren. Diese letzteren sind meinen Erfahrungen nach liier eine eigenthümliclie, wenig- stens in dieser Ausbildung und Allgemeinheit nirgends vor- kommende Erscheinung. Es handelt sich dabei nämlich nicht um eine einfache Ummauerung des Gottesliauses, sondern um ein förndiches Befestigungssystem mit Mauern zu- weilen zwei- und dreifach , Thürmen, Basteien, Gräben und Thorwerken, mit unter- und überirdischen Wohn- und Vorrathsräumen, mit Brunnen etc. Und so charakteristisch sind diese Anlagen für die säclisisehen Gebiete des Landes, dass selbst in anderen Gegenden desselben steinerne Kirchen, die mit einer Ringmauer umgeben sind, geradezu säciisisehe Kirchen genannt werden =).

Es ist kaum wahrscheinlich, dass die Erbauung dieser Kirehenburgen vor der M(mg()lenverheerung im Schwünge gewesen, da die Vorbilder zu soleheu Anlagen aus l)eutsch- land nicht mitgchraeht worden sind. N'ieliuehr erscheinen sie recht eigentlich als Resultat der ganz speciellen Lage der Ansiedler, die mit praktischem Blicke die (Jewohnheit im entscheidenden Augenldicke dem Bedürfnisse 0])ferteu. Bis gegen den Schluss des XIII. Jahrhunderts jedoch waren sie schon in solcher Anzahl vorhanden, dass sie; theilweise sogardenStändenslaatsgefährlichsciiienenunddasInaugural- Diplom König Andreas III. vom 22. Februar I2!»I die Zer-

•) In Hein küiiUi-h in di-m \rcliivc ilcs Vereines für sielii-iib. I.anilcskuiidf erai'liieiicMi Aiifsali«: „Arcliäiilugistlic Ski/.jcn .lus Siliäs.sl.urj,"-.

^) Über die mit diesen in der Anlüge iiirhl (,-an/. iiliereiiisliinuieiiden KireluMi- castelle in .Steiermark hat der k. k. Conserialnr .1. Selieif,'er in den MiltlieilUMgen der k. k. Central -Commission 18;iO, 248 f. einige Anileu- tungen \cr5irenllielit. Uic dort erwähnten liallerien finden sieh auch in Siebeuliürgen und sind hier vor ilen Selmriin hinlaufende gcdcekle Schiessstände.

Störung derselben, soweit sie schälllich seien, befahl '). Zu solcher Befestigung der Kirchen scheint eine königliche Erlauhniss nicht erforderlich gewesen zu sein; sie galt als im I'rinci|i des Kirclienhaues gelegen, als .Migrenziiiig des coemctcrium und war und blieb stets Eigenlliuiii der kirch- lichen, nicht der politischen Gemeinde. Wenn daher wirk- lich 1J)21 die Befestigung der Kirchen obrigkeitlich anbe- fohlen wurde, was noch zu erweisen ist -), so bezeichnet ein solcher Befehl eben nur einen ('bergrill' der weltlichen Gewalt oder die Angst der Befehlenden \or dem in jenem Jahre er f(dgten Szekleraufstande gegen den Wuiwoden Johann Zäpolya. Die mit entsetzlicher Schnelligkeit sich wieder- holenden Türkeneinfälle des XV. Jahrhunderts, denen nach- weislich mehr als eine Kirche zum Opfer fiel '), mögen deutlicher als obrigkeitliche Befehle von der Nolhwendig- keit solcher Befestigungen überzeugt lialieu. DieBestimnuing des Allerseelen 1S45 in Neumarkt (Maros-Väsärhely) gehaltenen Landtages: die Befesligungswerke der sächsi- sclien Dörfer sollten zerstört und aus deren Material die Wehrkraft der Städte llerniannsladt, Kronstadt, Schässburg und Mühlbach verstärkt werden, bezieht sich blos auf die Gemeinileburgen und ist nie zur Ausführung gekonimcii *). Ausserhalb des Sachsenlandes finden sich Schutzbauten dieser Art nur selten; wo sie sich finden, wie bei einigen Kirchen des Szeklerlandes (Karezfalva. Sz. Tamäs. Sz. Mihäly, Sz. Lclek, Mindszent, Sz. Kiräly. Kozinäs, Menasäg, Käszon. Alfalu u.a.), sind sie jenen nachgeahmt und erreichen nie die S(didität ihrer Vor- bilder. In deinCastell (ler.\btei Kolos Monostor, dessen Zerstörung Könia: Matthias dem Abte P e t r u s 1466 wegen seiner Schädlichkeit für die Stadt Klausenburg befahl, kön- nen wir um so weniger eine blosse Kirchenburg erblicken, als jener Befehl unter anderen seinen Inhalt aus der nicht nachgehölten königlichen Erlauhniss zur Erbauung desselben begründet ').

') Art. 24 : „practtrrra turres sine Ctistra super Ecdesiis aedi/icata , mtl locis tilit's, pro iiocumciUo constructa penitus eretlantur." Fejer, Cod. dipl. llun^'. Vll, 2. l;t«.

2) Die lielreiren<le Itehanplnnj^ in A. Kurz, .VIa;»-azin für (leseh. etc. Sieh'.s I, 42(i, Note. Ileruht wahrseiieinlich Iilos auf der sehwankentlen Angabe in Mil es Sieb. Würgenj^el zum .lahre l.';21.

') Hj4 Iräfit der Erzhisehof U i onysius von (irnn den Pfarrern von Snlz- l)urg, Aguelhale und Alpen auf, das Eigenihum „eriiesinriim callnpsuruiii et destnictarimf' in den Stühlen Grossschcnk und Lcachkirch aus l'rivathänden 7.u revindiciren. Sachs. Naiionalarchiv Nr. ISG. Dii' Verwüstung wahrscbeiulicli Folge des Türkeneinfalles von 1442.

*) „Omiila citslella et fortulilia intcr Diiminii» Saaimea in pnijis e.rslniclu drmiiUnntur iie e.v eorum rtiinis Ciritiites Cihiniensis , Hnissovieiisis. Seijcsrnr, Sziist Selies forli/irenliir ; inijenia (J) vern et pi.vide3 iina tiiin ijiuhulis et ptilreribus et tifiis insfriimeittis heltivis ad eirittttes infeninfnr." Abschriftlieh aus der llalthran. liildiothek in der rrkundeusainnilung von (i. I). T eu tscli. (i e nie in d e li u rgen nennen wir zum rntersihiede von den KirehenhnrKcn alle zu siiehsischen Drirfern oder ]\Iiirklen (lehii- rigen llefesligungen, welche sich nicht um die Kirche gi U|i|>ircn, sondern

selhslslandige , gewiihnlicl hen den (Irlschaflen auf liergbnhcn sich

erhebende Werke bilden.

*) Abschrifllich aus derselben Quelle bei Ten lach

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Nicht minder interessant als diese Kirehenburgen, aut welche seit Miles und Timon alle siebenbiirgischen Geo- graphen, Chronisten und Geschichtsschreiber vielfach hinzu- weisen Veranlassung genommen haben, erschien mir eine Gruppe von Kirchen selbst, auf deren Eigenthümlichkeit noch Niemand die öftentliche Aufmerksamkeit gelenkt hat. Innerhalb jener Kirchenburgen erheben sich nämlich in nicht geringer Anzahl Kirchen, deren erster Anblick zu- weilen ungewiss lässt, ob man wirklich ein Gotteshaus oder nur ein ungewöhnlich geformtes Vcrtheidigungswerk vor sich habe, Kirclien, bei denen die in Colonien nicht seltene und erklärliche Vernachlässigung des Äusseren mitunter bis zum vollständigen Aufgeben des specifisch - kirchliehen t^harakters getrieben ist, in die man hineintreten muss, um von der religiösen Bestimmung des Gebäudes überzeugt zu werden. Ein kurzer Blick auf die Geschichte der kirch- lichen Baukunst in Siebenbürgen wird indessen genügen, um zu beweisen, dass auch diese scheinbar durchaus abnor- men Bildungen organisch aus den eigenthümlichen Verhält- nissen und Schicksalen des Landes und seiner Bewohner hervorgegangen sind.

Der altchristliche Styl der kirchlichen Baukunst ist in Siebenbürgen nie zur Anwendung gekommen; der Romanis- mus, dessen Formen den deutschen Ansiedlern des XII. Jahr- hunderts geläufig waren, hat in dem Karlsburger Dom sich zu einer nicht gering zu achtenden Höhe entfaltet, ob- wohl seine Schöpfungen nur zu einem fast unbedeutenden Theile den Zerstörungen der Zeit und der Feinde des Christenthums überdauert haben. Erst die sociale und poli- tische Blüthe der Sachsen unter den Anjou'schen Königen verschaffte der Gothik gegen die Mitte des XIV. Jahrhun- derts hin den Sieg , den sie in Deutschland bereits hundert Jahre früher gefeiert hatte. In rascher Thätigkeit, getrageri; von einem allgemein verbreiteten, durch Handel undGewerb- fleiss erzeugten Wohlstand, wandelten die bedeutenden Orte des Landes die alten Bedürfnissbauten in Gotteshäuser um, die wenigstens ihrer Grösse zufolge immerhin als monumen- tale Arbeiten bezeichnet werden können, wenn ihnen der adelnde Stempel originaler Auflassung oder genialer Durch- bildung auch meistcntheils abging. Dieser kirchliche Bau- eifer wurde im folgenden Jahrhunderte vielfach gestört, seit 1420 zum ersten Mal die osmanischen Türken ilire ver- heerenden Schaaren über das vielgeplagte Land ergossen. Bauten, zu deren Durchführung unter anderen Umständen ein Jahrzeheiid genügt haben würde, zogen sich in das fol- gende Jahrhundert hinüber , und die Bauenden standen wieder auf dem Punkte, wie damals, als sie dem verwildeten Boden die ersten Früchte der Cultur abgerungen , und arbeiteten wie die alten Juden beim Wiederaufbau des Tempels, von denen die alttestamentliche Erzählung sagt: „mit der einen Hand thalen sie die Arbeit und mit der anderen hielten sie die Waffen." (Nehemia. 4, 17.) Doch erkaltete im Allgemeinen die Thätigkeit auf diesem Gebiete, die viel-

fl.

leicht bei dem Verfalle der älteren Kirchen vielfach eine gedrungene war, nicht; und es lässt sich aus dem XV. Jahr- hundert eine fast unglaubliche Zahl neugebauter oder erwei- terter Kirchen nachweisen. Kein Wunder aber, wenn unter solchen Umständen der Styl dieser Bauten verwilderte und namentlich auf das Äussere immer weniger Rücksicht genom- men wurde. Auch die Gesetze des Baustyles verstummen vor dem WafTengetöse : man beeilt sich unter Dach zu kommen und für das täglich gefährdete Heiligste wenigstens die äussere Sicherheit zu schallen ; den Schmuck übcrlässt man besseren Zeiten. Von diesem Gesichtspunkte aus finden die mit jener Roheit scheinbar im Widerspruch stehende Zierlichkeit, mühevoll ausgeführte Portale, Kanzeln. Sacra- mentshäuschcn, Altarbilder und Gcräthe ihre Erklärung, die in grosser Anzahl noch vorhanden sind : der Steinmetz und der Maler, der Glockengiesser und der Goldschmied arbei- teten in dem Schutze der Werkstatt und der städtischen Ringmauer, während das luftige Gerüste des Maurers und Zimmermanns jeder Gefahr blossgcstellt war.

Die Verwilderung des kirchlichen Baustyles in Sieben- bürgen zeigt sich zuerst in der AufTührung ungegliederter Mauerflächen, die oft in weiter Ausdehnung nach der gefährdeteren Seite hin nicht einmal von Fenstern durch- brochen werden, und endlich in der mehr oder weniger vollständigen Preisgebung des kirchlichen Charakters im Äusseren des Gebäudes an das Princip der Vertheidi- gungsfähigkeit. Ein Haus sollte aufgeführt werden, worin nicht allein die sündenbelastete Seele , sondern auch der von äusseren Feinden bedrängte Leib und die irdische Habe eine Zuflucht finden könne. Nur die Grundanlage bewahrt fast durchgehends den in diesem Lande allgemein gewordenen Charakter: den dreiseitigen Sdiluss des im Verhältniss zum Schilf in der Breite wenig eingezogenen Chores.

Es sei Glaubt , in dem Folgenden auf diesen in seiner Verwilderung original gewordenen kirchlichen Baustyl des gachsenlandes näher einzugehen und denselben in einigen bedeutenderen Vertretern nach seinen verschiedenen Rich- tungen zu charakterisiren. Nicht überall wird es mögiicli sein, das Alter der betreffenden Bauwerke mit Sicherheit anzugeben oder dieselben auch nur gleich eingehend zu behandeln. Die hierauf bezügliche Wissenschaft ist hier zu Lande noch sehr in ihrer Kindheit belindlich, und das diene auch dem vorliegenden Aufsatze, dessen Iliustrirung durch die Unterstützung der k. k. Central-Conmiissidii ermi.glicht worden, einiger Massen zur Entschuldigung. In Ermange- lung eines besseren Ausdruckes bezeichne ich dabei die Gesammtheit der in ihrer äusseren Erscheinung diesem unkirchlichen Principe folgenden Kirchen als Verthe idi- gungs ki rch en.

Das Auftreten dieses Styles wird vurbereilct (Inrcii eine nach meinen bisherigen Erfahrungen nur kleine Anzahl von Kirchen, welche blos aus einer Verbindung zweier

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früher schon vorhandener Thürme bestellen, tine solche ist die evangeiisclie Kirelie von Homorod (IJe/.irk Ucps). Sic erscheint zwisclicn zwei Thiirmen von ungleiclierStärlve und liüiie so hineingeschohen, dass der dreiseitig geseidos- sene Chur aus der Seitcnllaclie dersriheii betriichtlich her- austritt und jene die Fa^'ade /.u begrenzen scheinen. Der höhere und ältere derselhen ist sehr fest, an den Kanten aus Werksteinen gei)aut, weleiie wahrseheinlieii aus einem noch benützten Bruclie bei K a t z e n d o r f gekonnnen sind. Sein unterer Theii , der früher rundhogig gegen das jetzige Schill' der Kirche sicii öll'nete, zeigt ein Gurtgewiilhe inul W aiiiiinali'reii'n und mag eine alle Caiielle gewesen sein, da gegen die gewöhnliciie Anualnne. welelie den Clior der alten Kirche darin sieht, der Abgang aller Fenster spricht. Der niedrige, jenem gegenüberstehende Thurni wird gegenwärtig als Glockenthurm benutzt und gewährt zugleich den einzigen Eingang in die in ihrer jetzigen Gestall neue Kirche, dit> noch von der alten dojipelltii IJingmaner um- gehen wird. .An dem hiilzernen I udanl'e des höheren Thnr- nies hat eine Inschrift das Andenken eines Brandes erhalten, wodurch derselbe und vielleicht auch die ältere Kirciie den l;J. April 1023 zerstört wurde ').

Einen nuderischen Aiihliik gewährt die denselben Charakter noch inuner aus|)rägende, auf einer Anhöhe in Zied (Bezirk Agnelhale) erhautc evangelische Kirche. Die iiingmauer starrt hier gleichsam von Thürmen verschiedener l^onstruction : zwei runde und zwei viereckige mit Um- lauf — gehören der Mauer selbst an; zwei andere dagegen erheben sieh üher dem üsl- und W'estende der dreischifligen Kirche. Die Mauerfläche des höheren östlichen bildet zugleich den demnach geradlinigen Schluss des Chores, der, von einem Kreuzgewölhe ühers|)annt, rundhogig gegen das SchilT sich ölTnet. Dieses wird durcii vier viereckige Pfeiler die neu sein können in ein MittelschilV und zwei Seiten- sehill'e getrennt. I)ie .\nlage der Kirche in dieser F(jrni könnte hoch ins X\ . Jahrhundert hinaufgehen; die runden Thürme in den Bingmauern und das Vorkommen des Rund- bogens in der Kirche seihst deuten noch weiter zurück.

Ähnlich in der Anlage, obwohl weniger malerisch und schlechter erhalten ist die von einfacher Bingmauer um- gebene evangelische Kirche von iS'eit hausen (Bezirk .\gnetheln3. i her dem Chor erhebt sich ein massiver vier- eckiger Thnrm mit iiölzerneni L'ndauf. während der ehemals über dem Westende der Kirche aufgeführte später abge- tragen worden ist. Im Inneren zeigt sich kein Unterschied zwischen Chor und Schill"; beide werden von einem Stern- gewölbe überdeckt, dessen Gurten unmittelbar an derW'and- fläche ansetzen. Die Portale sind im einfachen Spitzbogen -)

') „Anno 1623 die 13 AprilU incendio per incuriam Andreat* Ilcnrivh ortn confiagrala haec tuirit reatauratur 1626 Jim. IT. paslorc cxistenlc Georgia Viulio.' Die Glocken .sind neu: von 1792, 179.1, 179.'i uikI 1802.

-) Ich folge dnrehsehriiUiich der win Otlc in seinem Hiindlillelie der kirehl. Kunsl-Arehäologie des deiilschcn Mittelalters, 3. Aufl. 18J4, pag. 346— 3S4 beseichneten Terminologie.

übcrwölht. Diese Kirche war dem am häutigsten im Sachsen- lande als Palron erscheinenden S. Nikolaus gewidmet, wie aus einem derselhen unter dem 20. März 1448 in Born aus- gefertigten Alilassliriefe ersichtlich ist '). Es ist nicht un- wahrscheinlich, dass die Kirche damals eben im Bau hegrifTen gewesen; wenigstens deutet auch die Einfachheit der deco- rativen Theile entschieden vor die zweite Hälfte des XV. Jahriiunderts.

Wenn sclnui in diesen drei Kirchen die hoch hinan- slrebendi'u und zur Veitheidignng eingei'icliteleii Thürme in dem (iaiizen den Charakter von Verlheidignngswerken ausprägen, so begegnen wir deiiselhen noch vollständiger entwickelt in einem in mehr als einer Beziehung zu den interessanteren siebenbürgischen l)(M'fkirchen gehörigen aber vereinzelt stehenden Golteslnuise. nämlich der evangelischen Kirciie von Seh welscher (Bezirk Beps). Dieselbe liegt auf einer Anhöhe ausserhalb des Dorfes und wird von einer einfachen Bingmauer umgeben. Ausserlich ist kein Unter- sehied von Chor und Schill' bemerkhar, sondern das ganze Gebäude steigt thurmähnlich empor. Über den fünf engen Fenstern, welche im unteren Theile sichthar sind, laufen zwei Beihen von Schicssscharlen rings herum, über denen noch ein steinerner Umlauf zum Herabschleudern von Wnrf- walTenetc. angebracht ist. Dort oben hängen die zwei älteren Glocken, von denen die eine, 177G neu in Holz gebunden, mit ihren auf sechs Schildchen angebrachten Darstellungen von Greifen, Drachen etc. unhedenklich bis in das XV. Jahr- hundert hinaufgerückt werden kann, und dort liegt auch noch eine grosse Zahl von Bachsleiiien, welche zur .\bwehr des Feindes herunter geschleudert zu werden bestimmt waren. Während so das Äussere dieses Baues ganz den Eindruck eines massiven Thurmes macht, gliedert sich der untere Theil des Inneren zur freundlichen Kirche mit, der Höhe nach, sichtlich unterschiedenem Chor und Schiff, von denen letzleres sogar den Schmuck seines alten Gurl- gewölbes gerettet hat, welches dort bei der letzten Beno- vation (1842) einer flachen Stuckdecke weichen musste. Dagegen erhielt dieser in seinen Altarbildern, welche noch in reich vergoldeten Bahinen |irangen. ein überaus schönes und wichtiges Denkmal der deutschen Malerei in Sieben- bürgen. Dieselben sollen der Sage nach von einem in stürmischer Türkenzeit in dieser Kirche verborgenen Maler gearhcitet worden sein. Das Ganze ist ein F^lügelaltar : um eine Kreuzigung als Mittelhild reihen sich auf beiden Seiten Scenen aus dem Leben des h. Marlinus Episcopus, welehera die Kirche wohl gewidmet war. Die Bilder auf den Flügeln sind aus dem Jahre 1522 diese Zahl ist in einem von dem Bischöfe gehaltenen olTenen Buche zu lesen und stellen sich durch Gruppirung, Zeichnung und Colorit zu

') Es war ein hunderltägiger Aldass, erlheilt von drei römischen Csrdinälen und durch den sielienhiirgisrhen Rischof Matthäus um 40 Tage vermehrt für die ,T-i//n AW/zMcn." Das Orig. der liczüi;lichen l'rkunde im e>:iiij; Superintendentialarchive zu BirUiüUMi.

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dem schönsten, was die altdeutsche Kunst auf diesem Ge- biete in Siebenbürgen hervorgebracht hat '); das Mittel- bild, welches einer unten angebrachten Inschrift zufolge eine Schwester des 1731 1760 in Schweischer ange- stellten Pfarrers Georg Förderreuter an die Kirche ver- ehrte, trat wahrscheinlich an die Stelle eines dem prote- stantischen Bewusstsein unliebsam gewordenen alteren Bildes und ist 1520 durch Paulus Sartorius von Kaisd gemalt worden , in welchem der Kunstgeschichte demnach einer der ältesten siebenhiirgischen Malernamen erhalten ist -). Auf den Namen des Malers des ungleich werthvoUeren Flügel- bildes könnte vielleicht der achteckige Stern, der als Mono- gramm darauf sich findet, leiten. Dass am Anftinge des XVI. Jahrhunderts die kirchliche Malerei auch von Einhei- misclien zunftmässig betrieben worden sei, geht unter anderem auch aus den unlängst erst aufgefundenen Artikeln der vereinigten Maler, Glaser und Tischler in Hermannstadt von 1S20 hervor, deren genauer Verölfentlichung noch entgegengesehen wird. Eine in der südlichen Umfassungs- mauer hinauflaufende Wendeltreppe führt über das Gewölbe der Kirche von Schweischer, wo gegenwärtig in zwei über einander gestellten Reihen von Kästen die Kirchenmitglicder ihre Festkleider und ähnliche Kostbarkeiten aufbewahren. Auf das Alter des Gebäudes wirft ein Schlussstein Licht, welcher hei der Renovation von 1842 aus dem Chorgewölbe genommen neben dem Eingange in der Ringmauer aufge- stellt wurde. Er zeigt um einen achtstrahligen Stern die Inschrift: „0 Maria anno (Inmi'ni mih'simo-62" in Mönchs- minuskeln, wie sie seit dem zweiton Viertel des XV. Jahr- hunderts in Siebenbürgen vielfach angewendet erscheint ; und es ist demnach, besonders da auch das gothische Mass- werk etc. der beiden Chorfenster dazu vollständig stimmt, kein Zweifel, dass diese Kircbenanlage aus der Mitte des XV. Jahrhunderts stammt. Ihre jetzige Gestalt und nament- lich die innere Einrichtung scheint sie der in den Jahren 1621 1629 erfolgten Ausbesserung zu verdanken "■), einer Zeit, in welcher auf diesem Felde, hervorgerufen durch die friedlichen Jahre der Regierung Gabriel Bethlens, im ganzen Lande eine ungemeine Rührigkeit geherrscht zu haben scheint.

*f Die siebenbiirgisclien Kirchen sind nicht arm nn solchen iiUeren Gold- ^rundgfemälden. Dem Verfasser wurden dergl. noch bekannt in Mch- burg, Radeln, Schässburg-, Mediasch, Miihlbaeh, Gross- Kopisch, Pretei, Reussdorf, Bogeschdorf, Schmiegen, Tobiasdorf, Reichesdorf. Der bisherige Abgang des religiösen Fanalismus bei den Massen und die Achtung der Gebildeten vor ihrem Runstwerth hat sie unversehrt erhalten.

*) Jene Widmung ist auf einen Papierstreifen geschrieben aufgeklebt wor- den , während „puuliis Saytorius Kisdcnsis" und li>20 auf der Leinwand des Bildes selbst steht.

') Neben dem Eingange steht das Distichon : „Pastor ox'cs Christus custodil, cedite fures y lUe aditum ad vcri praehet ovilc Dei 162 f," an einer Em- pore im Innern 1634, am Umlauf 1G29. Auch an den Ringmauern wurde in jenen Jahren gearbeitet: der .,Binnenthurni'* zeigt die schwer lesbare Jahr/.abl 1636.

Ob Kirchen mit mehreren zur Vertheidigung ein- gerichteten Thürmen, wie die von Homorod, Zied und Neitliausen, oder mit thurmähnlichem Oberbau, wie die letztbeschriebene von Schweischer, hier in grösserer Anzahl vorhanden gewesen, ist schwer zu erweisen. Doch liegt es nahe, eine Stelle in einem Schreiben Papst Eugen IV. von 1436 darauf zu beziehen <). Darnach hatte der Hermann- städter Dechant nach Rom geschrieben, die meisten Bewohner seines Decanates befänden sieh, besonders wenn die Ungläu- bigen ins Land drängen, auf den Kirchhöfen und errichteten auf den Thürmen und den erhabenen Punkten der Kirchen Boll- werke gegen die Feinde. Die Stelle ist nicht ganz klar und könnte auch blos auf die Anlage von Kirchenburgen bezogen werden; da aber fast zu gleicher Zeit wirklich mit der Absicht der Vertheidigmigsfähigkeit erbaute Kirchen sich finden und, wie wir sehen werden, dieser Gesichtspunkt gegen den Schliiss des Jahrhunderts für eine grosse Anzahl siebenbürgisch-sächsischer Dorfkirchen sogar massgebend wird , so mag jene Stelle sich, wo nicht auf diese Anlagen allein, so doch auch auf diese beziehen lassen. Als die Ein- fälle der Türken und ihrer Bundesgenossen in der zweiten Hälfte des XV. Jahrluuulerts sich wiederholten (1479, 1493) und zu gleicher Zeit auch die inneren Verhältnisse des Landes sich zerrütteten und Freund und Feind oft schwer zu unter- scheiden waren, da mussten die Sachsen mehr und mehr darauf bedacht sein, sich gegen unvermuthcten Feindes- einfall zu schirmen. So mehrten sich die Kirchenburgen und richtete man endlich allgemeiner die Kirche selbst als letzte Position zur Vertheidigung ein. Da sie immer aus solidem Materiale erbaut war, so bedurfte es blos einiger Ab- änderungen im Style, um jenen Zweck zu erreichen. Dadurch bildete sich gerade um die Scheide des Jahrhunderts eine convenlionelle Form, welche, das kirchliche Princip im Inneren strenger beachtend, als dies bei den vereinzelten ähnlichen Versuchen, von denen oben ges|)rochen wurde, der Fall war, in der Behandlung des .\usseren dagegen radical verfuhr und sieh blos von dem fortificatorischen Gesichtspunkte leiten Hess.

Das Gemeinsame und Charaklerislisclie dieser Bauten lässt sich etwa in folgenden Piinkli'u zusanuiienfassen :

a. Die Umfassungsmauern werden verstärkt, theils durch einfache Zugabe zur Älauerdicke, theils durch Anlage zahlreicher massiver Strebepfeiler;

6. die Strebepfeiler werden mint lieh oder th eil weise durch l{ii ndliögen oben unter einander verhunilen, \\elclieilie l inrassiingsniauern in der Weise verstürken. dass sie gewöhnlich zugleich einen geradeaus von Schiessscharten, abwärts von Pechscharten durchbrochenen

') „Pleri(iuc Imbitatnres rt iiwolne dicti Drmnatiis (Clhinirnsis) in coemetr- His dnlariim ecetesiarutn ac tocis vontiguis , et prnefcrtim , cum partes illas infideles inuadunl . praptcr maiorcm securilalem vioram IrahunI ; ac in turribuset Socis nnineiitiorihus dictanimmlrsiarum dcfensionrs et pra- puffnacuta contra inimicos faciunt." Kiler- ad Kclrner I!(0.

:to =

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I inl;iiir l)il(i(Mi, auf welt-lieiii erst das, wesentlich indessen immer auf der Hauptmauer ruhende Dach seinen Anfang nimmt ;

ß. das Gewölbe der Kirehe. oder richtiger die darüber liinziehende Bundtriinie, bilden zugleich den Boden, von dem aus die Vertheidigung jenes Umlaufes sieh ordnet.

In der sonstigen Anlage und mehr noch in der das Innere angehenden ornamentalen Detailhildiing bleiben diese Kii-clii'n siininitlieh der spateren (lutliik ti'eu, zeigen fast :ille den dreiseitigen Chorschluss mit dem MittelschifTe, gleicii hohe Seitenschille, den Spitzbogen in der Über- wölbiing vonThüi'en und Fenstern, in den letzteren gewöhn- lich die s]iäteren Formen des Masswerkes, das einfacher

oder künstlicher combinirte Gurtgewölbe , seltener das reine Kreuzgewölbe etc. ete. . so dass sie wahrhafte Doppel- naluren sind: Kirchen und Casleile, Rund- und S|iitzbogen- baulen. Arcliitektonischen Kunstwerth können alle diese Bauwerke nicht beanspruchen; aber Kunst- und Cultur- geschichte erblicken darin höchst interessante Beiträge zur loeaien Entwickelung des deutschen Volksgeistes.

Es liiilt nicht schwer, die hieher gehörigen noch vor- handenen Kirchen zum Behufe der leichteren Übersicht in drei Gruppen zu theilen, und darnach sind sie auch in den folgenden Abschnitten in einigen charakteristischen Reprä- sentanten vorgeführt.

Die archäologischen PnhlicationeD ungarischer Zeitschriften.

Mehrere ungarische illustrirte Wochenblätter, wie auch andere periodische Unternebnnnigen dieser Art, wozu sieb auch noch eine sehr rege und ausgebreitete illustrirte Alma- nach- und Kalender -Literatur gesellt, bringen von Zeit zu Zeit eine ansehnliche Zahl von Abbildungen und Beschrei- bungen verschiedener vaterländischer Baudenkniale, mei- stens älterer Kirchen. Burgen und Schlosser, oder doch ihrer zurückgebliebenen Reste und Ruinen; welche, wenn auch nicht immer der Form, so doch dem Inhalte nach aller- dings eine Beachtung verdienen.

Indem sich in Ungarn bis jetzt kein eigentlicher archäo- logischer Verein bilden konnte, m>d da der von Zeit zu Zeit auftauchende Vorschlag wegen der vielen Schwierigkeiten, mit denen die Antragsteller zu käiiipfen hatten, wieder auf einige Zeit aufgegeben werden musste, nebstdem aber auch andere fachgeniässe archäologische Unternehmungen dieser Art (wie z. B. Sze reim ey"s „llajdan es Jeien". Ennne- ricii Ileus zl man n's Fublicationen über die Baudcnkmale l'ngariis: „Kassai Egyhäzak'- u. s. w.) nicht über das .lahr 1848 hinüber gelangt sind; so kommt man jetzt dem allgemein gefühlten Bedürfnisse damit entgegen, dass die VerölTentllchung der vaterländischen Denkmale in einer Anzahl von volksmässigen , auf einen grösseren Lesekreis berechneten Zeltschriften vorgenommen w ird, womit beson- ders Emmerich v.V ah ot und F.v. Kubinyi den lobenswer- then Anfang gemacht liaben durch ihre grösseren in meh- reren Bänden erschienenen Werke: Magyar orszäg es Erdely Kepekhen" (Ungarn und Siebenbürgen in Bil- dern). Dieser Unternehmung ist seit den letzteren Jahren eine Anzahl von illustrirten Zeitschriften gefolgt, die sich einer bedeutenden .-Vbnehmerzalil erfreuen.

Da aber diese Unternehmungen, wie gesagt, für das grössere gemischte Publicum berechnet sind , so ist es füg- lii'ii niciit zu erwarten, dass sie den Fachkenntnissen ent- sprechen. Die Illustrationen bestehen meistens aus mehr oder weniger gelungenen Holzschnitten, welche grösstentheils den mehr oder weniger ausführlichen Text bei Seite lassen.

thcils nur den Freihandzeichnungen nachgebildet sind >), die oft eine sehr mangelhafte Vorstellung des Gegenstandes bieten. Eben so oberflächlich ist auch die meistens nur historisch -topographische Beschreibung des Gegenstandes. Immerhin dürfte es aber selbst für die Facbmäinier von Interesse sein, zu erfahren, was in dieser Hinsicht stets Neueres von vielen Seiten her in Vorschein gebracht wird, um so mehr, da Ungarn auch hierin einen noch ungehobenen Schatz bietet, der noch lange vieler Hände Arbeit in Anspruch ninmit, bis er ganz durcligeforscht sein wird. Dass sich aber das letztere auch lohnen dürfte, zeigt die beträcht- liche Ausbeute der interessanten Gegenstände , welche Professor von Ei telb erger auf seinem kurzen .\usfluge gemacht hat.

Wir glauben daher im Interesse der Kunstgeschichte und der Archäologie zu handeln, wenn wir das zerstreute Material über die Bandenkmale Ungarns in diesen Blättern zusammenstellen, und dies aus dem Grunde, weil das in den ungarischen Publicationen Erschienene kaum über den Kreis des ungarischen Lesepublicums gedrungen ist. Sidltehic und da auch minder bedeutendes darunter laufen, so wird doch die Anzeige des bedeutend grösseren unbekannten und interessanten Theiles ein erwünschter Wink sein zur Orien- tirung der Fachmänner und Forscher, was in der einen oder der anderen Gegend von Bedeutung anzutrellen und zu erforschen sei.

Wir machen den .\nfang hiermit dem letzt verflossenen Jahrgänge (18ö6) des in Pest erscheinenden illustrirten Wocherdilattes: „Budapesti Vi sz hang-, redigirt von Virgil v. Szilägyi, uikI geben n;Kli den fortlaufenden NuMimerneine gedrängte Ibeisieht der darin veröfTentlichten Baudcnkmale. Wir bemerken nur noch, dass wii- überall

' I Ki> iiiü.sscn (lui'ti iii (lit'srr Hinsicht tiosonders die guten llilder «Irr iwci illustrirtL-n Wochenbliiller ,Vasii rn.n |ii Ujsilg" und lluda- pesli Viszhaug" gerühmt werden, niil deren Desprechung wir hier den Anfang mnchen. Sie können in manchem fiiglicli an die StcUe der hebten illustrirten Juurnale lies AusLindes gestellt werden.

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den mehr uder weniger ausfiihrlichen Text bei Seite lassen, der ohnedies meistens der Berichtigung oder doch der wei- teren AiiiTührung bedürftig ist, und gedenlien nur die Haupt- angaben über die Entstehung oder Veränderungen des Bau- denicmales zu berücksichtigen. Dem entgegen aber fügen wir dazu die fast überall abgehende oder doch sehr dürftige kunstgeschichtliche Charakterisirung und Würdigung des Gegenstandes.

I. (Nr. 7.) „Die Ruinen der Klosterkirche z u S z e n t - L e 1 e k " von Emmerich v. V a h o t. Im B o r s o d e r Comitate unweit von Dios-Gyor befindet sich auf einer Anhöhe zwischen dichten Waldungen die im Bilde darge- stellte anselinliche Ruine der Klosterkirche Szent-Leiek (der Name bedeutet : h. Geist). Die noch hoch hinaufragen- den Mauern ohne Dach und Wölbung zeigen die Reste einer dreischill'igen gothischen Kirche aus der besseren Zeit dieses Styles. An den schlanken Pfeilern sieht man noch die reich gegliederten Dienstbündel, oben mit stark hervortretenden Capitälen oder Knäufen; ober welchen die kräftig gebildeten Gurten der Spitzbogen und Arcaden sich hinaufziehen. Die letzteren sind in strenge Spitzbogenfor- men gebildet. Das am Bilde ersichtliche Fenster zeigt nebst starker Wandschrägung reiches und gutes Masswerk. Nach der beigefügten Beschreibung gehörte die Kirche dem in Ungarn entstandenen reichen und ausgebreiteten Orden der Pauliner-Eremiten und soll im XIII. Jahrhunderte von dem Banus Er n est aus dem Geschlechte der Akos, spä- teren Reichspalatin, gestiftet sein ; sie wurde öfters von den nachmaligen Herrschern Ungarns, den Königen Ludwig I., Maria und Sigmund , Matthias Corvinus beschenkt. Richtiger scheint uns dagegen die Angabe der A n n a I e s E r e- m ita r: S. Pa u 1 i" (0 r 0 s z, Synopsis p. 375), nach welcher das Kloster von Stephan Grafen zu Rorsod erst im Jahre 1313 gestiftet wurde. Also nicht im XIII.. sondern XIV. Jahrhundert; was auch der entwickelte gothisclie Styl des Baues wahrscheinlicher macht, in wie fern nämlich uns die Epochen der Entwickelung dieses Styles bis jetzt in Ungarn bekannt sind. Es dürfte daher die Annahme gelten, dass die Kirche des im J. 1313 gestifteten Klosters etwa erst in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts ausgeführt wurde; und der Prachtbau mag besonders in Folge der Unterstützung der oben genannten Herrscher entstanden sein, von denen bekannt- lich eben König Ludwig um die genannte Zeit und später Matthias die grössten Wohlthäter dieses Ordens waren.

II. (Nr. 8.) „Sc bloss Zölyom-Lipcse" (richtiger Töt-Lipcse) von E. v. Vahot, Oberhalb des gleich- namigen kleinen Städtchens im Zoll I er Comitate befindet sich die genannte noch ziemlich gut erhaltene Veste, auf einer Anhöhe auf einem SO Klafter hohen Felsen erbaut. Die Zeit ihrer Gründung ist unbekannt; doch wird sie in den ersten Jahrhunderten Ungarns zu suchen sein. Die kleine Stadt darunter hat ihre Freiheitshriefe vom König Karl I. (1308—1342). Aus der mehr landschaftlichen Darstel-

lung sind die Bauformen nicht genau zu entnehmen. Es scheint uns doch, in wie fern wir uns auf einstiger flüchtiger eigener Anschauung des Gegenstandes erinnern, dass der jetzige Bau die Formen einer späteren Restauration aus dem XVI. oder XVII. Jahrhunderte an sich trägt. Nebst den weit- läufijren Gebäuden und mehren Thürmen, besteht darin auch noch eine ältere Schlosskirche, ein grosser sogenannter Münzsaal (wahrscheinlich war hier unweit von den Berg- städten Neusohl u. s. w. eine ehemalige Münzstätte) und ein in den Felsen gegrabener tiefer Brunnen. Das Baudenk- mal dürfte einer noch eingehenderen Untersuchung werth sein.

ni. (Nr. 9.) „Die Ruinen der Schi osski rche zu Araes", von E. v. Vahot. Die .Abbildung bietet die Ansicht der interessanten und ziemlich bedeutenden Baureste der genannten Schlosskirche unweit von B e o d r a im T o r o ii- tal er Comitate. Das Baudenkmal scheint aus der Zeit des Übergangs-Styles zu sein. Ein hoher Tluirni, und zwar an den Chor der Kirche angebaut, setzt ober dem zweiten Stocke aus dem Viereck in das Achteck über, doch ist er nur bis ungefähr in die Hälfte erhalten, es fehlt somit auch die Beda- chung , etwa ein pyramidaler Helm. Die Thurmfenster sind im ausgesprochenen Spitzbogen - Styl gebildet, mit reichen Masswerks-Füllungen und durch Pfosten in mehrere Felder getheilt. Dagegen zeigt das Portale an der entgegengesetz- ten breiten und hohen Westfront der Kirche, mit Rundbogen überwölbt, romanische Formen; darüber erhebt sich noch ein eckiges Gesims, und in der Mitte der Fa<^ade ein grösse- res rundes Radfenster. Der interessanteste Gegenstand ist aber der noch erhaltene Theil eines Kreuzganges, der wieder ausgesprochene romanische Gestaltung hat. Die starken, breiten Rundbogen der Arcaden werden von einer Gruppe von je vier gedrungenen Säulen getragen, die auf einem hohen, gemeinschaftlichen Sockel stehen; sie haben stark hervortretende Würfelcapitäle (wenigstens der Ansicht des Rildes nach wäre die Beschreibung, die korin- thische Capitälc angibt, nicht berechtigt). Nach der unver- bürgten Volkssage sollte das Schloss ein Besitztliimi der Templer gewesen sein. Urkundlich kommt die Pfarre und Kirche Aracs erst im Jahre 1332 vor. Vom Jahre 1422 geschieht hier die Erwähnung einer Stadt dieses Namens. 1551 kam das Schloss auch in den Besitz der Türken. Doch soll noch die Kirche am Ende des vorigen Jahrhunderts grösstentheils erhalten und unter Dach gewesen sein. Augen- zeugen berichten auch noch von zwei darin gewesenen Altären. An dem einen war ein eigcnthümliches Gemälde zu sehen, welches den lieiligou Erzengel Michael im ungarischen Costume, mit Schnurrbart und Sporen- Stiefel dargestellt hat. Ini Jahre 1827 nahmen die Stände des Comitats die Ruinen gegen die Bevölkerung, welche aus ihnen bereits einen Steinbruch gemacht hatten, in Schutz, und Hessen sie durch einen tiefen Graben absperren. Es sollen hier auch bei .Ausgrabungen Münzfunde vorkommen ; so wurden

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unlängst in zwei zusammen gesetzten silbernen Schalon Goldstücke aus der Zeit Matthias Corvinus ausgegraben. Die fachgemässe Aufnahme und VcrörtVntlicIiuiig dieses Baudenk- males dürfte sehr erwünscht und von hohem Interesse sein.

IV. (Nr. 11.) „Die Ruinen des Schlosses Dezsb in Siebenbürgen.- Von V. v. S/.ilägyi. Sie befinden sich auf einer Anhöhe an dein Flusse Almas, unweit von Klausenburg. Aus der landscliaftiichen Darstellung des Gegenstandes ist nur ein gewaltiger, viereckiger Schloss- thurm mit weitlautigen Festungsmauern zu entnehmen. Ge- schichtlich ist der Ort aus der Zeit des Königs Johann Zäpolya bekannt, wo er im Jahre 1340 und löol mehr- mals belagert, und endlich im Jahre 1602 von IJästha zer- stört wurde. Dem grössten Theilc nach sollen noch die Mauern bis zur neueren Zeit aufrecht gestanden sein; wo sie am.\nfange des jetzigen Jahrhunderts behufs der Errich- tung ökonomischer Gebäude bis auf den einzigen Tliurm und einige Mauerreste abgetragen wurden.

V. (Nr. 13). „S c h 1 0 s s S z a 1 ö n a k" (deutsch Schlei- ning) V. G. Nagy. An der Grenze Ungarns im Eisen- burger Comitat, eines noch der best erhaltenen Schlösser Ungarns. Schon im Jahre 1271 in dem Friedensschlüsse zwischen Stephan V. von Ungarn und Ottokar dem 11. von Böhmen erwähnt als eine der Grenzfesten Ungarns. Später kam sie durch die Besetzung Kaiser Alb recht's I. (1289) an Österreich. Die jetzige Gestalt des mitThUrmen und Basfeien befestigten Schlosses dürfte noch grössten- theils aus dem Jahre I4ö0 sich datiren, wo es von seinem damaligen, auch aus der Geschichte ()sterreichs genügend bekannten Besitzer Andreas P a m k i r c h e n neu hergestellt wurde, wie die Inschri ft besagt : .\ n d r e a s P a m k i r c h n e r d e Szal (5 nak Co mes Po soniensis, magnificum hoc opus fortissimorum murorum erigi fecinius 1452. Später kam es in das Bositztlium der Grafen Batthyany, aus welcher Zeit wieder die übi'igeii Erneuerungen her- rühren. Unter dem Berge sollen auch noch die Biiinen der vom Pamkirchner den Paulinern im XV'. Jahrhundert erbauten Kirche und des Kloster sichtbar sein.

VI. (Nr. 18.) D i e R u i n e 11 der Dominicanerin- nen-Klosterkirche aufder S.Margarethen -Insel zwischen Pest und Ofen" von E. v. Vahot. Es sind dies die spärlichen Reste des ehemalig berühmten könig- lichen Stiftes, von dessen Kuiistdenkmalen uns noch die gleichzeitigen Aufzeichnungen vieles zu berichten wissen. Die an den unteren Theilen der Mauer noch hie und da her- vorstehenden Reste der Dienstbündel, wie auch einige Spitz- bogen-ÖfTnungcn zeigen ofTenbar, dass das hier Dargestellte ein gothischer Kirclienhau war.

VII. Dagegen wird in der Nummer 32 dieser Zeit- schrift nach einem älteren Bilde die .\nsicht dieses Klosters sammt Kirche, aus der Zeit vor deren Zerstörung durch die Türken, mitgetheilt. (Da die Quelle nicht genannt wird, entgeht mir jetzt, woher das Bild genommen ist.) Nach

dieser Darstellung haben wir eine zweithürmige und drei- schiffige Kirche mit erhöhtem Mittelschiff und niederen Ab- seiten vor uns. Der vielfach an der Front, an den Thürmen und Gesimsen der Kirche angebrachte regelrechte Ruud- bogenfries und die Rtmdbogenfenster, wie die ganze Anlage zeigen uns olVenbar eine vollkommene romanische Basiliea in der vollsten Entwickelung dieses Styles; nur wegen der Front und Seitenansicht sind die .Apsiden nicht zu entneh- men. Es ist auch urkundlich und historisch bekannt, dass das Dominicanerinnen -Kloster Bela IV. bereits vor dem Jahre 125ä für seine Tochter, die heilige Margaretha von Ungarn, gestiftet hat; also inmierhin noch in einer Zeit, wo der romanische Styl in Ungarn üblich w.iv. wie das viele Beispiele ausser allen Zweifel erheben. Der gothische Bau also, dessen Reste das erst genannte Bild zeigt, muss ent- weder später an der Stelle dieser romanischen Basiliea ent- standen sein, oder etwa einem anderen Kloster angehört haben. Bekanntlich hatte die kleine, nur 918Klafter langeund 148 (in der Mitte, am Ende nur 37) Klafter breite Insel im XIII. Jahrhundert nebst zwei Schlössern das des Erz- Itischofs von Gran und der Kreuzherren (Cruciferi domus hospitalis) noch ein Dorf und mehrere Klöster beher- bergt; so jenes der Prämonstratenser, der Minoriten, der Dominicanerinnen und eine Wohnung der Dominicaner. Von all dem sind jetzt nur hie und da s[iärliche Reste zu bemer- ken; deren weitere Erhaltung und archäologische Unter- suchung sehr wünschenswerth wäre. Es kommen auch römi- sche Baudenkmalc, Ziegel u. s. w. vor; eine sehr interes- sante .Abbildung eines solchen Ziegels, mit der Gestalt eines reitenden Partlien oder Persers, der einen Pfeil rückwärts abschiesst (siehe in dem Werke des J. v. Jerney „Keleti Utaziis"). Eine entsprechende archäologische To|)ographie der Insel hat Dr. Eedy geliefert in der Zeitschrift „Uj Magyar Muzeum".

VIII. (Nr. 20) wird die bereits öfters abgebildete Ruine des Schlosses Theben bei Press bürg mitgetheilt. Wir übergehen es hiermit und verweisen auf das beste, was bis jetzt darüber in Bild und Schrift verölVeiil licht wurde in Szerelmey's „llajdan es Jelen'^, obwohl der Gegen- stand noch einer eingehenderen archäologischen und histo- rischen Untersuchung würdig wäre.

IX. (Nr. 22.) „Das Schloss Küküllö" in Sieben- bürgen. Ein eigentliümliches. mit vier runden Thürmen be- festigtes Castell auf einer Anhöhe, noch vollkommen erhalten. Der Besehreibung nach soll die Veste im XIV. Jahrhundert entstanden sein; wofür auch die ursprünglichen Bautheilc sprechen dürften. Der erste ))ekannte Schlossbefehlshaber wird vom Jahre 1352 genannt. Nach vielen Kriegs- sehicksalen , die es erlitten, kam das Schloss an die jetzigen Besitzer , die Grafen v. Betbleu. Unweit von diesem Orte kommen noch w cit ausgedehnte Ruinen eines Schlosses vor, das aber nicht einmal dem Namen nach mehr bekannt ist.

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X. (Nr. 27.) „Die Kirc lien reste von Csomor- k ä n y" von B e 1 a M a t 6 k. Auf einer Ptiszta , unweit von Hod -Mczö - Vasärhely kommen die spärlichen Reste eines Kirchengebäudes vor. Nur die halbrunde Gestaltung eines Tbeiles, wie jene der Apsis ist, und die einzelnen rund- bogigen Öffnungen, so wie auch ein ungegliederter, wenig hervorragender Strebepfeiler, dürften etwa auf einen ehe- maligen romanischen Kirchenbau deuten. Geschichtlich ist nur so viel bekannt, dass der Ort sammt der Kirche im Jahre 1S66 von den Türken verheert wurde. Seitdem ist er auch kaum dem Namen nach bekannt und gehört zu dem weit ausgebreiteten Felde des oben genannten Marktfleekes. Es beanspruchen solche in den unbebauten weiten Puszteii Nieder-Ungarns vorkommende Ruinen eben auch in so ferne eine besondere Beachtung, indem sie fast die einzigen An- haltspunkte bieten für die Topographie und Geschichte dieser einst blühenden und bevölkerten, nun gänzlich zu Heideland verödeten und selbst dem Namen nach nicht mehr bekannten Ortschaften.

XI. (Nr. 34.) „Die St. Stephanskirche zu Bör- zsöny" (deutsch Pilsen, unweit von Gran). Diese romanische einschiffige kleine Kirche , mit Apsis und Rund- bogenfries u. s.w. wurde bereits in Szerejlmeys „Hajdan es Jelen" vom Dr. Henszimann beschrieben und im Bilde mitgetheilt; worauf sich auch Professor v. Eitel- berger's weitere Angaben (in dem III. Heft der „Mittel- alterlichen Kunst - Denkmale") bezichen. Auf eine gründlichere Aufnahme und Beschreibung darf der Gegen- stand noch inunerhin rechnen.

XII. (Nr. 35.) „Das Portale der Kirche zu Rudobänya" im Borsoder Coinitat; mitgetheilt aus dem unter der Presse belindlichen ungarischen Werke des S. Vereby „Die geschichtichen Denkmale Ungarns". Wir wollen dieses in seiner Art eigenthümliche Kunstdenkmal hier zugleich im Abdruck mittheilen. (Fig. 1.) Es ist eigent- lich eine aus Eisen gearbeitete Kirchenthür (ob in erha- bener Arbeit und aus Eisenblech oder sonst wie gearbeitet? vermissen wir in der Beschreibung). Die auf der Thür dargestellte Inschrift wurde von dem bekannten Epigra- phiker J. Paür (verüffentlicht im „Magyar Sajto") auf folgende Art gelesen: „Maria. Caspar. Melchior. Balthazar". Die folgenden Schriftzeichen lassen sich nicht enträthseln. Wahrscheinlich sind es die Anfangsbuchstaben der Namen des Donators oder der Künstler etwa. Wir glauben aber auch die obige Lesart auf folgende Weise zu ergänzen: Das M. vor Maria dürfte sich auf Mater oder Mutter beziehen; und das in der obigen Lesung ausge- lassene Wort nach Maria ist „hilf" zu lesen, indem alle Buchstaben dieses Wortes genau zu entnehmen sind, ausge- nommen etwa das verzeichnete oder umgestürzte L. Damit wäre es : „M u 1 1 c r M a r i a h i 1 f " . Es ist dies eben eine sehr gewöhnliche Anrufungs-Formel in der kirchlichen Epigraphik. wie sie auf den Glocken u. s. w. vorkommt : und eben so bekannt

ist die kirchliche Sitte, die Thür( n mit den Namen der hei- ligen drei Könige zu bezeichnen. Merkwürdiger scheinen die an anderen Feldern der Thür vorkommenden Gebilde. Oben

die Sterne,die Sonne und der H a 1 b- und V 0 1 1- mond; nach dem ersten Satz „Maria hilf" aber das planetarische Zei- chen, wie es scheint der .^^, Skorpion, oder der ^y^l^^ Pff-'ü- Bekanntlich kom- ^^^^^^^^ men ähnliche Gebilde. t-^g^ j^\ oft einen ganzen Kalen- [(^•^^ der-Cyklus darstellend. .^Sx/^\ meistens auf dem Bogen- felde der Portale, an dem sogenannten Tympanon vor (ausgezeichnete Bei- spiele aus Frankreich, z. B. in Caumont's Abeccdaire). Die weite- ren, wie es scheint, statt liiterpunctionen einge- schalteten Zeichen, dürf- ten entweder Wappen d;irstellen, oderauf Schil- der angebrachte Kiinst- lerzeichen sein , ähnlich den bekannten Steinmetzzeichen. Die ausgebildeten gothischen Initialen, so wie die spitzbo- gige Gestalt der Thür lassen übrigens keinen Zweifel über die Entstehungszeit des Kunstwerkes , welches hiermit dem XV. Jahrhundert angehören dürfte. Nach der beigefügten ungenügenden Beschreibung sollte es, wie gesagt, die Thür der ehemaligen Kathedralkirche (!?) von Rudobänya sein, welche jetzt theilweise in Ruinen darnieder liegt, theilweise aber noch zum Gottesdienste der hiesigen reformirten Gemeinde dienen soll. In Rudobänya (so heisst nämlich der Ort, der in der Beschreibung stets fehlerh aft Rudnobiinya genannt wird) war aber weder eine Kalhedralkirche, noch ein Pauliner -Kloster, von dessen kunstfertigen Mitgliedern diese Arbeit, nach der Beschrei- bung, herrühren soll. Der Ort war eine ehemalige Bergstadf, wie das noch aus den verlassenen Grnlieu, Schmelzwerken, Hammern und dergleichen zu ersehen ist; auch soll dieses ein altes Ortssiegel (nach Thiele's Angabe) bestätigen. Wahrscheinlich waren also die vormaligen Einwohner deutsche Bergleute (die jetzigen sind Ungarn), und die fleissige Arbeit mit der deutschen Inschrift „Maria hilf" dürfte nur von ihnen herrühren. Nebst diesen gothischen Bauresten sollen aber auch noch unweit von hier wieder die Ruinen einer alten Kirche vorkommen. Auch sind in der ersteren zwei ältere Grabmale vorhanden, von denen wir aber nichts Näheres erfahren. (Der Schiuss foi^i.)

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Correspondenzen.

Wien. Es wurde bereits milgef heilt , dass die k. k. Centrai- Coiiimission im laufenden Sommer mehrere Reisen zum Zweeke der Erforschung der Kunstdenkraale des Kaiserstaates unternehmen iässt, die auch Iheils ein sehr ^[lückliches Ergebniss srhon geliefert haben, theils ein solches in nahe Aussieht stellen, Neueslens hat die k. k. Central-Comniission den Beseliluss gefasst, durch den Professor und Conscrvator Herrn Dr. Erasmus Woecl zu Prag den süd- lichen Theil von Böhmen und einen Theil von Mähren zur Förderung seiner kunstgesehichtlichcn Forschungen in den Monaten August und September bereisen zu lassen, wodurch neuerdings für die Puhli- cationen der k. k. Central - Coniniission eine reiche und wichtige Ausheute gewonnen werden dürfte.

Tl'ien. Der Wiener Alterthumsverein hat am 2ö. Juni seine zweite rieneralvcrsammlung abgehalten. Aus dem Vortrage seines Präsidenten Herrn von Karajan haben wir mit Vergnügen ent- nommen, duss die Theilnahme an diesem Vereine sich immer erfreu- licher gestaltet und der Ausschuss die Interessen desselben mit unermüdetcr Sorgfalt fördert. Bei der vorgenommenen Wahl der drei statutenmässig zum Austritte bestimmten Ausschussmit- gliedcr wurden die Herren: Hofrath Edler von Lewinski, Professor Aschbach und Herr von Wolffarth beinahe einstimmig wieder gewühlt und an die Stelle eines gänzlich zurückgetretenen Mitgliedes Herr Passy neu gewählt. Der Minisferial-Secrctär Herr Jos. Feil hielt einen Vortrag über die Publieationen des Alterlhumsvcrcines mit Berücksichtigung der anderweitigen archäologischen Erscheinun- gen in üslerreich, worin auch die Schriften der k. k. Ccntral-Com- niission eine besondere Beachtung fanden. Speeiell heben wir aber aus dem Vortrage die Thatsaehe hervor, dass der Alterthumsverein durch die Güte des Herrn Albert Camesina in die Lage gesetzt wird, den ersten geometrischen Plan der Stadt Wien, welcher im J. i347 von Bonifaz Wolmuet angefertigt wurde und im Wiener Magistrats- .\rchive aufbewahrt ist, herauszugeben. Derselbe wird in lithograiiliisclieni Farbendruck von Herrn Cam es i na ausgeführt und In acht ülättern erscheinen, wovon vier Blätter den Mitgliedern des Vereines noch auf Itechnung des zweiten und vier Blätter auf jene des dritten Vcrcinsjahres nebst den laufenden Publieationen ausge- folgt werden. Für die ältere Topographie Wiens bleibt diese Arbeit von ausserordentlichem Werfhe. - Endlich hat die Generalversamm- lung beschlossen, dass auch Damen als Vereinsmitglieder aufge- nommen werden können. Hervorgerufen wurde dieser Besehluss durch mchrfältigc .\nfragen, welche in dieser Hiehfung an den Verein gestellt wurden.

Wien. Wir entnehmen der „Wiener Zeitung" v. 22. Juli fol- gende Nachricht : Das hohe k. k. Ob ers tk änim ercr a m t hat dem Herrn Professor Karl Kösncr auf sein Ansuchen 7,u Anfang des Monats Februar die Erlaubniss erlheilt, den in der k. k. Schatzkammer auf- bewahrten Burgundischen Priester-Ornat zeichnen und veröfTent- lichen zu dürfen.

Dieser Ornat besteht aus einer Casula, zwei Dalmatiken, drei Pluvialen nebst zwei Hängeteppichen und wurde, wie es scheint, zur kirchlichen Feierlichkeit der Crijndung des Hitter-Ordens des golde- nen Vliesses verfertigt. Herzog I'liilipp III. von Bürgund, Lothringen, Brabant und Limburg etc. etc. sliflnte mit der Intention: „Damit christliche Frömmigkeit und der Zustand und die Wohlfahrt der heiligen Kirche, unserer gcmcinsehaftliclien Mutter, und der Staat selbst und allgemeine Ruhe und Sicherheit aufrecht erhalten werde, zum Lobe und Ruhme des höchsten und allmächtigen Gottes, unseres

Schöpfers und Heilandes und zur Verehrung seiner Mutter, der heiligen Jungfrau, auch zu Ehren des göttlichen Andreas, des berühm- ten Martyrs, wie zum Schutze und zur Förderung unscrs christlichen Glaubens und der heiligen Kirche, zur Tugend und Erweckung und Vermehrung guter Sitten" am It). Jänner im Jahre des Herrn 1429 nach dem Ordensstatut (nach anderen 1430) zu Brügge hei Gelegen- heit seiner dritten Vermählung mit Isabella, der Tochter König Johanns I. von Portugal, den Orden des goldenen Vliesses. Die genannten Gewandstückc des Priester-Ornates nehst den beiden Hängeteppichen sind ein Werk iler kunstvollsten Stickerei in Gold und Farbe. Auf diesen acht Stücken belinden sieh 2äO Figuren, meistens Einzelgestaltcn, und 4 Gruppen, alle religiösen Charakters, augenscheinlich nach Zeichnungen von Johann van Eyk, auch Jan van Brügge nach diesem seinen Wohnorte genannt , wo er an dem glänzenden Hofe Philipp's lebte, bis zu seinem wahrscheinlich 1445 erfolgten Tode.

Bald nach der ertheilten Erlaubniss von Seile des hohen k. k. Oberstkämmereramtes wurden die sehr umfangreichen Zeichnungs- arbeiten des an künstlerischer Schönheit eben so seltenen als an materieller Ausstattung reichen Ornates begonnenen und die histori- schen Forschungen eingeleitet. Die Copicn werden mit grosser Pietät und strenger Genauigkeit angefertigt , die historischen Daten mit Sachkenntniss und warmem Eifer gesammelt.

Die Absicht des Herausgebers, Hrn. Professors Kösncr, geht dahin, ein ganzes Werk in zwei Lieferungen herauszugeben und zwar gleich- zeitig in zweierlei Auflagen. Die eine Auflage soll in einer beschränkten Anzahl von Exemplaren in Farbendruck erscheinen, die andere in reinen Contouren, damit der vorwiegend künstlerische Theil desselben, der eine wahre Schule für christliehe Malerkunst und für klare Erkennt- niss derselben genannt zu werden verdient, um massigen Preis bezo- gen und in weite Kreise verbreitet werden kann. Die Ankündigung des Preises für beide Auflagen nebst Probe-Exemplaren wird erst dann erscheinen, wenn die Arbeiten, die schnellmöglichst vollführt werden, so weit vollendet sind, dass die beiden Lieferungen, welche das ganze Werk umfassen, unmittelbar aufeinander folgen können.

Szf. niiklos (Ungarn.) Wenn man von Wieselburg auf der Landstrasse hinunter nach Raab führt, zeigt sich andcrihalh Stunden von dem erstbenannlen Städtchen abwärts, dicht an der Landstrasse, eine aus mehreren Wirthsehaftsgebäuden und Dienerschafts-Woh- nungen bestehende, gegenwärtig Herrn Baron Johann von Sina gehö- rige Meierei, deren ungarische Benennung Bariisföld, auf deutsch Mönchsgrund, daher stammt, weil dieser Platz zu der zu Anfang des XII. Jahrhunderts gestifteten ßenedieliner- Abtei Lebeny gehört hat. Nach Stiftung des Collegiums der Gesellschaft Jesu in Raab wurden die nicht unbedeutenden Ländereien dieser durch die Türkenkriege verödeten Abtei diesem Collegio zur besseren Dotation zugewiesen, welches sie auch bis zur .Vuflösung des ganzen Ordens inne hatte, wie denn auch nach Ausweisung der Jesuiten aus den obigen Gütern, laut einer noch im Munde des Volkes bestehenden Sage, ein alter Pater sich die Gnade erbat, da er sich aus dieser ihm lieb gewordenen Gegend nicht trennen konnte, seine letzten Lebens- tagc in dieser Meierei besehlicssen zu dürfen.

Dem Allerlliumsforseher dürften die neben dieser Meierei auf- geschichteten und neben den Strassengräben herumliegenden Trüm- mer von römischen Dachplatten, Bruchsteine. Kalk und Mörtelstücke auf den ersten Blick auffallen, und bei einiger Aufmerksamkeit sich auch die Gewissheit herausstellen, dass er auf classiscbcm Boden stehe. Schon die Unebenheiten des Platzes, die gegen die übrige

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iian?. tliiclip limfjegcnil conti üslircnden Erliöhunfjcn und Verliefuiifrcn des Bodens zeigen an, dass an dieser Stelle in der Rönierzeit eine dieser befestigten und wohlbewaeliten Orte gestanden liahen mag, welche dieses gewaltige Volk zum Schutze der nacliNieder-Pannunien (lurchlaiifenilen Heerstrassc, gegen die Einbrüche und Verheerungen der am jenseitigen Donauufer herumsehwänncnden Barbaren in gewis- sen Zwisclicnräumcn anlegte, denn noch eine ganze Seite des oberen Wallgrabens in einer Länge von wenigstens 100 Klaftern ist vorhanden, und die Umrisse von grösseren und kleineren Gebäuden innerhalb desselben sind deutlich zu erkennen ; ja vor mehreren Jahren, als die l'mgegend dieser Meierei noch als Scliiifweide benutzt wurde, konnte der (iefertigte sogar mehrere von diesem Platze sirahlenfiirmig auslaufende Gassen in den Verliefungen des Wasens deutlich verfol- gen, und die Bemerkung machen, dass es ein ziemlich bedeutender Ort gewesen sein mochte, wie denn hie und da auch noch Grund- mauern nach Abhebung des Wasens zum Vorschein kommen. Bei Nachgrabungen innerhalb des obengezeigten Wallgrabens stösst man überall auf Trümmer römischer Ziegel und Dachziegelplatten, meistens mit dem Zeichen COH'" A"I versehen und vermischt mit den Frag- menten irdenen Geschirres. Auch kupferne Münzen aus der Kaiscr- zeit werden sehr häufig ausgegraben.

Nicht weit von diesem Platze, seitwärts neben der in die gross- artigen Zuckerfabriks- Gebäude des Freiherrn von Sina führenden und erst unlängst angelegten Strasse, erheben sieh in einer kleinen Entfernung von einander zwei massig hohe Sandhügel, dem Land- volke unter dem Namen der Römerhügel bekannt. Als bei dem Baue der obigen Zuckerfabrik unweit von diesen Hügeln nach Bausand gesucht wurde, und man den Sand dieser Hügel hiezu geeignet fand, Hess man die schwarze Erdkruste von selben abgraben, und schon damals fanden die Arbeiter ausser zahlreichen römischen Münzen verschiedene andere, offenbar der Bömcrzeit angehörende Geräthe, als Dolehe, Lanzenspitzen. Fibeln, Urnen und andere Geschirre: als man aber nach Vollendung des Fabriksbaues den oberen und kleineren, durch das Sandgraben verunstalteten Hügel auf mehrere Fuss abgra- ben und behufs einer englischen Park-Anlage planiren Hess, zeigte es sich, dass derselbe ein römisches Co mete riu ni sei, indem ausser zahlreichen Urnen, Vasen, Aschen- und Thränenkrügen auch mehrere gemauerte Gräber bei dieser Gelegenheit blossgelegt wurden, von welchen das Eine noch ganz wohl erhalten und geschlossen war. Bei Eröffnung desselben zeigte sich darinnen ein halb vermodertes Ske- let, das von einem anwesenden Arzte als ein weibliches erkannt wurde ; von Schmucksachen jedoch war ausser einer Fibel von Bronze gar nichts darinnen. Die anderen Grüfte waren bereits eingefallen und in denselben ebenfalls ausser den Resten vermorschter Knochen nichts enthalten. Auch wurden auf diesem Platze zwei männliche Skelete bloss- gelegt, die noch in demselben Zustande waren, wie sie der Erde übergeben wurden, indem die Knochen noch fest an einander hielten, so dass man sogar die auf der Brust gekreuzten Armknochen deutlich sehen konnte. Zu Häupten dieser Skelete lagen hei hundert Stück römischer kleiner Kupfer - Münzen (sogenannte Obolen) mit dem Gepräge der nachstehenden Kaiser, als Constantinus magnus, Co nstan ti nu s junior, Galerius und Crispus, sämnillieh von einerlei Grösse und in dem Sande sehr gut conservirt. Am zahl- reichsten vorhanden war eine kleine Münze von Constantinus magnus mit der Urbs Roma auf dem Averse, und der Wölfin, Konin- lus und Remus säugend, auf dem Reverse. Die sämmtlich von schwar- zem und rofhem gebrannten Thon. grob geformten und mehrentbeils auch so verzierten Urnen , Vasen und grösseren Aschenkrüge waren mit Asche und Knoehenstücken , die wegen ihrer Kleinheit und den darin vorkommenden kleinen, wohlerhaltenen Zähnen und Fragmenten von Kinnbacken Kindern anzugehören schienen gefüllt und. das .\lterthuni abgerechnet, ohne sonstigen Kunstwerth. Es glückte mir, mehrere Exemplare von den grösseren Urnen und Vasen, leider nicht gänzlich unbeschädigt, jedoch in ziemlich gulem Zustande, zn II.

erhalten, und von den kleineren Thongescliirren viele Stöcke der mannigfaltigsten Form und verschiedensten Grösse, worunter mehrere sehr zierliche, sammeln zu können. Auch kam ich in Besitz zweier römischer Kochtöpfe von grauem Tlinn. welche ebenfalls mit Kno- ehenstücken und Asche gefüllt, und mit einem kleinen, robgcformten Teller von eben der Thonmasse überdeckt, auf eben diesem Platze ausgegraben wurden. Die beiden Töpfe sind von äusserst gefiilligor Form und zeigen noch Spuren ihres Gebrauches beim Feuer.

Leider wurde durch die Ungeschicklichkeit der Arbeiter vieles zerstört, und sehr vieles fand sieh auch schon in -vermuthlich durch die Wucht der Erde zerscbmelterteni Zustande vor. Diese Geschirre waren bei ihrer Blosslegung durch die .labrhundert lange Einwirkuns,' der Feuchtigkeit so weich, dass man sie mit dem .Messer wie llroil- rinde schneiden konnte, und es musslc die grösste Behutsamkeit beim Aufheben derselben angewendet werden, um sie nicht zu zertrümmern: sie erhielten jedoch, eine kurze Zeit der freien Luft ausgesetzt, als- bald ihre vorige Härte wieder. Neben einem grösseren Gefässe als einer Urne oder Vase .standen immer im Kreise 2, 3, manchmal auch 5 bis G kleine Krüglcin, welche wieder, je nach der Grösse der Krüge, mit einer grösseren oder kleineren Schale überdeckt waren.

Merkwürdig ist, ilass auf diesem römischen Begräbnisspia (ze nur einzig und allein Münzen von Constantinus magnus. Con- stantinus junior, Licinius, Cons ta nti n u s, Crispus und Con- stans, und weder von früheren noch späteren Imperatoren gefunden werden, wo man doch in der Umgegend .Münzen von früheren Kai- sern ausgräbt, was offenbar andeutet, dass dieser Hügel erst unter der Herrschaft dieser Kaiser zum Cömeterio verwendet wurde. .Auch sind die meisten der hier gefundenen Münzen von Kupfer oder Bronze, und ist mir bisjetzt nur eine einzige Silbermünze von Maximianus kleinerer Gattung zugekommen.

Die diesen Hügel uriigebenden Felder mussten übrigens auch zum ßegräbnissplatze gedient haben, da man auf selben ebenfalls zertrünunerte, gemauerte Gräber fand und der Pflug, dem diese vielleicht seit der Römerzeit als Weide benützten öden Gründe gegen- wärtig anheim fielen, alljährlich Trümmer von römischen Geschirren und kleine Töjife in Menge an das Tageslicht fördert; ja sogar in von diesem Platze entlegenen Feldern werden häufig Thränenkrüge, Fibeln, riesige Sporen, deren ich im Besitze mehrerer bin. Dolche und andere Überbleibsel dieses gewaltigen Volkes durch den Pflug auf die Oberlläche der Erde gebracht. Überhaupt birgt jede Anhöhe und jeder Hügel in dieser Gegend derlei .Uterthümer.

Leider hat der Alles ebnende Spaten und Pflug seit einem .lahr- zehend die früher in dem öden Hcidelande kennbar gewesenen Spuren dieses untergegangenen Ortes dermassen verwischt, dass hiervon gegenwärtig kein genauer Plan mehr, wie es im Interesse der Wissen- schall zu wünschen wäre, aufgenommen werden kann; da ausser einem Theile des Wallgrabens des l'rätoriums an der Lundstrasse nichts mehr kennbar ist, und auch diese Spuren sich unter dem Fortschritte der C'ultivirung dieser Gegend jährlich inuncr mehr und mehr ver- liere[i.

Wie dieser einstens nicht uidicdcutende Ort geheissen haken mag, dürfte eben nicht schwer zu ermitteln sein; meiner Muthmassung nach scheint es das alte Altavia, das zwischen Mysium (das heutige Wieselburg) und Arabona (das heutige Raab) mithin in diese Ge- gcnd'zu sieben konmit, gewesen zu sein, und dessen Name daj eine halbe Stunde abwärts von diesen Überresten gelegene unbedeutende Dorf in seinem deutschön .Namen „Hochstrasse" bewahrt, in seiner ungari- schen Benennung „Olevin" aber, was offenbar das corrumpirlc Attavia ist, noch deutlicher beurkundet. Überhaupt scheint es, dass der Ort entweder noch während der Regierung der conslanfinischen Kai- scrfamilie, oder aber kurz ilarauf zerstört und gänzlich verlassen worden sei, was der Umstand, dass Münzen von früheren und diesen Imperatoren, wie eben gesagt, sehr häufig ausgegraben werden.

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Münzen von späteren Hcficntoii aber nicht ircfiinrlen werden, zu heslä- ti'.'eii selieinl ')•

A II I II h S I rii n z.

Civirinlo. Im .hilire ISiiti miisüte an der Restaiirirnn;,' nieli- rercr in Fol^'e der iioliliselien U irren des Jahres 184S beseliiiiliijfen und stark niitsenoninienen Mosaik-Arheiten Hand ann;elej;t werden.

Itei dein Transporte niiinlicli, welcher im senannlen .laiire liei der Llierlassun? derHiinmllclikeiten an das Militiii-t'ollefiiuin <;eseliali. wurden viele Mosaikarlieiten derinassen iiliel ziitreriehlet, dass an don- sellien weder die Zeielinnn^, noeli die urspriiniilictie Kurni zu erken- nen war. Diese deiren-sliincle niussten an zwei Individuen zur liepa- ratur ab^'efieben werden, um sie im i\Iuseuni aufstellen zu kiinnen: diess würde iiucli iiinsielitlieb .Aller freseliehen sein, wenn man uielil durch (lelilmangel daran verhindert worden wäre.

In üetrefl" dos .Ankaufes neuer (ieffenstiinde stellt sieb nebst der .4ufliniUin<; cini;;er itlünzen, welche bei den .Arbeiten unserer Landleute •.illenllialben zum Vorschein kommen, die Ausj^abiing einer Ifronzcstatue auf dem sogenannten .Agro dei Villiei fChiamary), dem Marsfelde unseres alten Porum .lulii. als der wichtigste und interes- santeste ['"und dar.

Diese Statue stellt eine schon sjezeielinete kriegerische l'allas vor (wovon durch den Maler Lui<;i Mavero eine Zeichnung von derselben Grösse ausgefübrl wurde). Dieselbe musste ohne Zweifel auf dein l'lalze aufgestellt sein, wo sieh die Tribunen, um Hecht zu Spreeben. versammelten, und wo die Statuen der (^.iilter, iler Imperatoren, und die Kriegs-Abzciehen aufgestellt waren.

Von unserem Marsfclde wissen wir a>is deniComment. des l'or- liiiiis zur Ode 7. IIb. III des lloraz. dass dasselbe ein dem Mars

geweihter Ort war, wo sich die .lugend in militärischen Kvolutionen übte, worauf Sebwiiiiiniibiingen folgten.

Durch denselben erlaliien wir auch , dass das Marsfeld in linm nahe an der Tiber war, und dass das unsrige im Westen der .Stadt lag und sieb bis an das Ufer des Naiisonc gegen Premariacco aus- dehnte, damit die .lugend von den militärischen l biingeii zu den Scbwimmübungen übergehen konnte, wodurch bewiesen wird, dass sich diejenigen stark irren, welche glauben, die S|iuren iles alten Komm .lulü anderswo aufsiiehen zu müssen.

W'essholh die Pallas von den Kriegern verehrt wiiiile. ersehen wir aus dein Virgilius. .\eneis IIb. \l. wo er dieselbe Armiiintciis pracuex hell!. Trituiiia X'irijn nennt.

Im Kricgcrcostume gekleidet, mit einem Helme auf dem Kopfe, musste dieselbe in dem nun verstiimmelten rechten .Arme eine Lanze und in dem linken einen .Schild tragen. .Als Vorsleherin des Krieges wurde sie angerufen, um die l'eindlielien Krie;;ssebaarcn zu Hoden zu werfen und zu zerstreuen.

Frriiiyc mann tclinn l'hrr/gii praedn-nis et ipstim l'rnmun sienic solo.

l'irgil

Hier wird autdie Irojanischen Weiber liini;cdcutet. welche in den Tempel derselben gingen, um deren Hülfe gegi n dicTroja belagern- den (Irieehcn anziitlehen.

Schliesslich wird bemerkt . dass ilie .Aufliiidung dieser schöni-n »Statue ein Beweis isl, wie viele andere alte Montnnente noch im Sehoosse dieses unseres classiscben Rodens begraben liegen.

1'. d'Orlaiidi

Literarische Anzeigen.

Der .A I ter th u ms ve rein zu Wien hat für die Mitglieder des zweiten Vercinsiahres die erste .Abtheilung des zweiten Bandes -.einer „Bericbli' und >l i t th e i I u n ge n" ( inCommission der liucli- handliing l'randel und .Meyer) verülVentlicht. .An wissensebafl- lichen Leistungen bietet diese Publication einen Aufsatz von Jos. Sc b ei gcr. betiteil : ..Von dem Einflus.se der Pflanzen auf die Zer- störung der Biiinen-, eine .Abhandlung von Jos. Feil: „Iber das Leben und Wirken des deographcn (leorg Matthäus Viseher und den Anfang einer historiscb-archiiologiscben Monographie über „Eggenhurg", gleichfalls aus der Feder des nesebiclitsforschers Jos. Feil, .An .Abbildungen enthält diese Ablbeilung das Portrait des Gengraphen Viseher und die Ohoransicbt der Kirche von Kggenburg nach einer Zeichnung des Architekten Lippert. Den hohen praktischen AVcrIb des .Aufsatzes aus der Feder des ver- dienstvollen Schriftstellers J. .Schciger glauben wir am besten dadiireh anzuerkennen, dass wir denselben ungeachtel der i'ülle des lins znlliessenden Stoffes in das September- oder Oetoher-

' ( t)a» ilie.äer Orl iit iler Itnnierzeit nielil unwielilij; g(;wcseii sein mag, lieweisl die iiielit weit dnvnn lieliiiilliclie sogenannte Itöinerseliaiize, ein liiiiiim. iler sieh vom Klasse Italinitz bi.i an ille kleine Donaii hinzielil. nnil dessen Traeen man iitieli heute .sehr dcullieh verfolgen kann. Dieser Kamm ist slellcnweise nml zwar im Leidener Moore noch so wohl erhalten, dass er von den l.aiidlenlen noch henli(,'en Tages bei Verfiibriing ihrer Knli-hte 7.111- l>onnu in die .Miihh-n bi-niil/.l wird. Clo-r den Zweck dieses niesonliaiies. der einige .Meilen in der Lunge misal. sind die Meinungen *erseliit'ileii ; die w;ih)*srlieii>[ieli9tc ist. dass er /.nr Iteselilit/iin£r dieses iirles gegen die tlneliwässer iles Flusses Leilha ge.lieiit Ik.Ih-ii mag.

lieft der „Mittheilungcn" .lufzuncbmen <lie Absieht haben, um die darin ausgesprochenen beherzigenswerthen Ansichten und Wünsche den weitesten Kicisen der Allerlhumsfreiinde zugänglich zu machen. Wir sind überzeugt, dass der Mahnruf eines .Mannes wie .Schciger, welcher seif beinahe einem halben Jahrhundert mit Liebe und Auf- merksamkeit die Burgen und Schlösser Oslerreichs betrachtet, nicht unberücksichtigt Idelben wird. Mit der Biographie des Geographen (!. M, Viseher hat der rastlos für die Zwecke der Alterlhiinis- forschnng wirkende Gelehrte .1. Feil i'in<' Fhrensehuld gelöst, welche auf der wissensehafllielicn Welt in Osterreich rücksichtlicli eines würdigen literarischen .Andenkens an den ersten vaterländischen Topographen lastete und welche J. Sehniger vor mehr als zwan- zig Jahren vergeblich zu bisen versucht hafte. ,,!''.in Mann", schreibl Feil am Beginne seiner Biographie, „der im unglaublich kurzen Zeitraum von kaum zehn .lahren drei Provinzen mit einem Gesnmmt- fläehenra\iin von nalie an tausend (Jiiadralmeilen inappirf und jede bedeiifende Ortlicbkeit in der Vogelperspeclive eingezeichnet, der nebsideiu nahe an dreizehnhundert grössere, s-br genaue Zeich- nungen von beinahe allen denkwürdigen Burgen. .Schlössern. Huinen. Klöstern, Kirchen. Städten. Märkten. Dorfern. Herrensitzen in eben diesen Provinzen mit grosser .Sorgfalt aufgenommen und durch den Kupferstich, wie eine nun schon bald zweihundirl .fahre alte Daguerreo- typie jener drei Provinzen der Nachwelt überliefert bat zum grossen Glücke eben noch wenige Jahre früher , bevor iler letzte Ver- w'üstnngseinfall der osmanischen Barbaren (I0K3) hunderte der von ihm dargestellten Orte niedergebrannt, die bei weitem grössle Zahl der Burgen und .Schlösser in Ituiniii verwandelt halte, ohne je wie- der aus diesen zu erstehen: ein Mann, iler dieses alles nur mit

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karger, meist unergiebiger Gekl-Unicrstiitzung, blos mit eiserner Kraft und eigenem eisernen Willen, ohne überall freiiii(llielier Ermuii- lerung begegnet zu sein, oft kaum mit der Hoffnung auf Vergütung der wirklich aufgewendeten Kosten, viel weniger auf ehenmiissigc Entlohnung der künstlerischen Bemühung, aus reiner uneigennütziger Liebe zur guten Sache unternommen und gegenüber vielliiltigen natürlichen, leider aber auch demüthigenden und kränkenden künst- lichen Hinderungen mit der beharrlichsten Ausdauer allein ausge- führt hat, ein Mann, der in seinen, wie an Uinf:ing. sii an inlensivcr Treue wahrhaft staunensvverthen bildliehen Darstellungen drei Kron- liindcrn eine unschätzbare Fundgrube für deren ältere Topographie zurüekliess, ohne welche die dadurch nun gebotene Kennlniss der Vergangenheit dieser Provinzen, zumal in der Eigcnthümlichkeit der liauweisen an Kirchen, Klöstern, vnrnehnilich aber an den damals noch zum grossten Thciie wohlerhaltenen Durgen und Schlössern für immer unwiderbringlich verloren wäre, ein solcher Mann der Kraft und That, wieG.M. Visch er es gewesen, verdient es wohl, dass seinem reichen Wirken von einer dankbaren Nachwelt aus halber Vergessenheit ein sorgsameres Augenmerk zugewendet werde." Bei den dürftigen Nachrichten, die bisher über die Lebensumstände die- ses Mannes bekannt waren, blieb aber die Abfassung einer Biogra- phie dieses Gelehrten keine leichte Aufgabe, und es bedurfte der emsigsten Forschungen in den verschiedensten Archiven und der eifrigsten Unterstützung von zahlreichen Alterthunisfreunden, um in der Lage zu sein, ein mögliebst vollständiges Bild der Entwickelimg undTliätigkeit Vise b e r's zu liefern. Wie wohl noch manche Lücken iitl'en bleiben mussten, so genügt übrigens schon diese Darstellung, um mit Bewunderung auf die unter den ungünstigsten Umstanden zu Tage geförderten Resultate der Arbeiten Viseher's zu blicken und daraus die llberzeugung zu schöpfen, dass wir in unseren Tagen trotz der reicheren Mittel und der erleichterten Communicationen kaum den Mulb, die .\usdauer und Selbstverläugnung besitzen wür- den, solch ein reiches Materiale für die Geschichte unseres Vater- landes zu hinterlassen. Was aber der gediegenen Abhandlung Feil's noch einen besonderen Werth verleiht, ist die „Übirsieht der von Vi scher erschienen Werke", welche der Biographie vorangeht und wodurch man endlich vor buchliändlcrischen Speculationon geschützt wird. Fisch er"s Karten und Topographien kommen bekanntlich immer seltener und am seltensten in vollständiger Sannnlung im Anliquar- buchhandelvor. und wenn hie und da die Ankündigung einer seiner Topo- graphien erfolgte, hatte man bis jetzt nie eine sichere Grundlage, um zu beurtheilen, was das vollständige Exemplar einer Topographie enthalten müsse. Von unseren Alterthumsforsehern dagegen beiian- dellen manche diese Frage als den „Stein der Weisen", gebeimniss- voll und aehselzuckend erwiederten sie jede Anfrage und wollten nicht jeden gemeinen Sterblichen in die Kunst einweihen, vor man- gelhaften Exemplaren Vis eher'scher Karten und Topographien sicher zu sein. Die von Feil gelieferte Literatur ist nun ein ver- lässlicher und kostbarer Wegweiser auf diesem Gebiete, und jeder Freund der vaterländischen Alterthuniskunde wird dem verdienst- vollen Gelehrten dafür gewiss den grüssten Dank zollen. Das der ."Abhandlung beigegebenc Portrait Viseher's ist gut ausgeführt. Auf „Egge nburg" können wir erst nach dem Erscheinen der zwei- ten Al)lbeilung des zweiten Bandes näher eingeben, und wir bemer- ken nur, dass die Choransieht der Kirche uns noch inelir befriedigen würde, wenn die Tafel weniger maleriseb gehalten und KggcTiburg mehr in den Vordergrund gestellt wäre.

Der Direetor des ungarisclien Nationalmuseums Herr August v. Kubinyi hielt am 7. April dieses .lalires in der Sitzung der unga- rischen Akademie einen Vortrag über die ..Szek szä rd er .Mter- thümer", welche er, in deutscher und u ng arisch er S|iracbe in Druck gelegt. Sr. k. k. apostolischen Majestätgewidmetund bei der Anwesenheit Allerhöclistdesselben in I'est überreicht hatte. Das kleine

Werk, prachtvoll ausgestattet und mit mehreren Farbcndruekfafeln versehen, ist sehr heachlenswerth. Die „Szekszärder Alterthümer" bezichen sieh vorzugsweise auf einen Fund, der am 23. April i84i» in Szekszärd, dem römischen Alisca, in einer Tiefe von 2" 2' gemacht wurde und in einem grossartigen Sarkophag bestellt, welcher von dort nach Pest geschickt und in dem .Museum aufgestellt wurde. Der Sarkophag, aus weissem, parischem Marmor, besieht aus zwei Theilen. nämlich aus dem eigentlichen Sarge und dem Deckel, welche an den Theilen gegen Norden und Süden mit starken eisernen Ilaken versehen und mit Blei eingegossen, an dem Rand aber mit Kitt zu- sammen gehalten waren. Die Länge des Sarges beträgt 7', die Höhe sammt dem Deckel 4' ..': an der Vorderwand des unteren Theiles des Sarkophagcs sind in Basrcliefbildern Amor und Psyche zu sehen: in dem Winkel des Deckels sind Basreliefsbrustbilder neben einem mit Früchten gefüllten und neben einem leeren Korb. An dem un- teren Theile des Sarges gegen den Kopf auf einem mit rother Kreide bemalten (Jrunde sitzt Apollo auf einem Stuhle, in seiner linken Hand eine Lyra haltend, deren Saiten sammt seinen herab- hängenden Haarlocken bei Entdeckung des Sarkophages vergoldet waren. Vor ihm schleift der phrygische Jüngling sein Messer, um den an den Weidenhaum gebundenen .Alarsyas zu schinden. Gegen die Füsse zu sind in Basrelief ferner zwei in einander gestellte Gefässe mit Blättern undTrauben. Auf einer anderen Seite des Deckels vom Sarkophage ist an dem einen Eck ein junger Männerkopf, an dem andern ein mit Früchten gefüllter Korb; an einer anderen Seite des Deckels in den Ecken ebenfalls ein solcher Korb und ein Delphin zu sehen. Der ganze hintere Theil des Sarges entbehrt jeder Figur und ist grob gemeissclt. Unter den 13 Geräfhen, welche im Sarge gefunden worden, waren sehr merkwürdig die Bruchstücke einer Glassehale, die nun zusammengefügt ein Glasgefäss mit griechischer Inschrift bilden. Die Höhe des (iefässes beträgt sanunt den\ Posta- mente 4' a". der Durchmesser der .Mündung 6". Unten dienen drei Schneeken und drei ganz hervorstehende Delphine mit geöffnetem Rachen als Postament. Den Unlertbeil des Gefässes beim Boden umgibt ein geschmackvoll verzierter Rand. An der äusseren Mitte des Gefässes ist eine aus grossen griechischen Buchstaben bestehende Umschrift zu sehen, zwischen welchen ein Zeichen angebracht ist. das wahrscheinlich zum Zweck hat, den Anfang der Umschrift leichter aufzufinden. Von der Umschrift fehlen zwar fünf Bueh- slaben und ein Theil des T. Herr v. Kubinyi hat indess den Sinn leicht zu entzitfern gewusst und die Umschrift lautet: AFJltE Tfi. ttOIMENI. HIE. ZnSAlS. Auf lateinisch: Liha pastori. hibe vives, und in deutscher Übersetzung: ..üpIVc dem Hirten, trinke und du wirst leben." Im nächsten Hefte wenlen wir im Holzschnitte eine Abbildung dieses Glasgefässes bringen und dabei die Beweggründe anführen, welche Herrn v. Kubinyi bestimmen, aus dem Sinne der Umschrift zu erkennen, dass dieses Gefäss zur Erinnerung an ('hri stus vor ter tigt worden s ei. und die fraglichen .Mler- thümcr aus dem dritten oder vierten Jahrhundert des Cliristenlhunis, mithin aus einer Zeit stammen, wo sich in dem dama- li^'cn Panonien nur noch wenig l'hristen befanden.

Von den „ni i 1 1 e 1 a I t e r I i c h e n li a u d e n k m ä 1 e r n N i e d e r- Sacbscns", herausgegeben von dem Architekten- und Ingenieur- Verein des Königreichs Hannover liegt nun das zweite Heft vor. Dasselbe enthält die Beschreibung und Zeichnung der Kirche des kaiserlichen Stiftes zu Königslutter, der Krypta und der Kirchcnruinc des vornuiligen Augustinerklosters zu Riechenherg hei (loslar, unil der Kirche zu N i ko 1 a u s be rg bei Göt tingcn. Von denselben sind die beiden ersteren Bauwerke die ungleich wichtigsten und interessantesten für die .Xrcbltectur- geschichle. un<l insbesonders die Würdigung der prächtigen Pfeder- basiliea des kaiserlichen Stiftes Königslutter wurde bisher nur iinirern vcrmissl. Kirche und Kloster ist eine Gründung des Königs

■:.\°

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l.olhiir aus dem Jaliro II3Ö, um! ersterc eiiio l'l'eileihasilica mit einer Uoppcllluiimaiilage im Westen u[id einem aus drei Quadraten {gebil- deten QuerscliilTe gegen Osten, über welches sich hinaus Mittel- und SeitensohifTe in gleieher Lange, und zwar um ein Quadrat des Mittcl- sehilTes hinaus erstreeken. Mittel- und Seitenscliille seliliessen im Osten mit Absiden und zeigen die seliiinsten ryihmisehou Veiliältnisse. Während das Langhaus ursprünglich für tlaclie Holzdet-ken angelegt und ausgebildet ist . sind Querschifl' und Chor in einfacher schöner Weise auf die Anlage von Kreuzgewölben bereehnet, und die Wöl- bung ist dergestalt ausgeführt, dass die Hau[)tgurfen der Kreuzes- vicrung mit vorspringenden ITeilern f;ctragen werden. Das Langbaus erhielt erst im XVII- .lalnhundert eine Wölbung ; dagegen sind die u rsprüngliehen Gewölbe des Querschiffes und Chors noch heute vorhanden. Die Gliederungen der Kämpfer, Gurten und Basen sind überall einfach, aber von guten Verhältnissen. hnp».sant ist der liin- druek des .\ussereii der Kirche durch die glücklich in .Anwendung gebrachten Verhältnisse, während die Cborpartie, namentlich aber die Chornische selbst durch kraftvoll profilirtc Gesimse, Bogenfriese. Consolen , Säulencapitäle und dureb höchst interessante plastische Darstellungen ausgezeichnet ist M. Kine Eigenthümlichkeit besitzt die Kirche noch an dem noidwe.stliclien l'iirtale, des.sen dreifach geschwungener Bogen an den beiden Knickpunklen durch Säulen gestützt wird, die auf liegenden Löwen ruhen. Ktwas sliefmütier- licli sind die Thürnie behandelt, indem hier die ganze Masse unge- gliedert in der viereekit;en Gestalt bis zur Firsthölie des iMittelschill- daches sich erhebt, wo dann die etwas zu kurzen achteckigen Tburm- aufsätze beginnen. Das ganze Werk ist ein Quaderbau aus Sandstein. .An die Südseite der Kirche schliesst sich der malerische Kreuzgang, welcher besonders ausgezeichnet ist durch seinen ornamenlalen Keichthum, so dass bedauert werden muss, dass aus der romanischen Periode nur zwei Flügel erbalten sind. Geräumiger als sonst ist der- selbe hier zweischiffig angelegt und mit Kreuzgewölben aus dem Halbkreise geschlossen. Die Fenster sind durch eine Miltelsäule irelheilt und zeiiien zwei rundbogige Öffnungen mit einem geschlos- senen Bogenfelde ; an mehreren Stellen ist das letztere durchbrochen

') l'nler den plastischen I)arstellnn«^pn erregt i^.^beson(^ere die Darslellunjr einer J»s^«i mif ei^enliiiiniiiclien Rpisndcn in den Bo^enfetdern des Kuud- hogenfi ipses an der An-ssenseite der «^^rossen Chornische Aufnierksanikeit. All den heiden£ndcn desßogenl'rieses beginnt sie mit einem Jiij;:er, dessen Ihinde dem Wilde nue)iset/.l. In dem einen Bi>gen sieht man einen Hund im K:tmpfe n>it dem Wilde; in dein andern einen Mann mit einem Hasen auf dem Itiieken. In der .Mitte der Apsis ist der Jäger auf dem ßnden gestreckt, während zwei Hase» auf ihm sitzen tmd mit Stricken seine Hände hinilen. linuinspeetor Hase, welcher den Text zur obigen Be- sehreibung geliefert , gibt dieser Darstellung die symbolische Bedeutung des verfolgten und zuletzt siegenden Christenlhiniis, während Sehn aase darin nur eine .,Jflgd mit komischcu Episoden** ((ieschiehte der bildenden Künste V. 74) erblickt. Jagdseenen sind bekaunllieh au mitlel;illej|iehen Kirchen keine seltene Krsehcinung, aber es wäre allerdings zu weit ge- gangen, wollte man jeder derselben eine symbolische Deutung gehen. Auch bei der vorliegenden llarstellung ist es niehl so leicht, sieh für eine symbolisehe Deutung und am wenigsten für die von Bauiiispeelor Hase gewiihlle auszusprechen, weil das h'er verfolgte Thier in der mittelaller- liehen Symbolik gewöhnlieh den rnglauhen oder den Teufel repräsen- lirt und mithin ein Sieg des letzteren dargeslellt wäre. (Vgl. über Jagd- seenen im .Mittelalter auf Srulpturen Dr. ß. Heider's Werk; „Die romanisehe Kirrhe zu Sehöngrahern in Niederösterreieh (Wien 18ää).

K. W.

von zwei kleinen Fenstern im Klecblattbogcn. Marmigl'altig und in höchst eleganten Formen ist die Ornauienlation der Säiilencapiliilcben. Kinem der in süehsischen Kirchen hüulig vorkommenden Fülle begeg- nen wir auch hier, dass bei den grossen Säulenseliäften eine plastische Verzierung angewendet ist. Statt der Wandpl'cilcr oiler llallisäulcn. welche die Ueilie der Mittelsuulen seliliessen sollten, ist hier abermals eine Besonderheit, indem eine sitzende Figur statt des Pfeilers das Gewölbe trägt. Die Krypta der ehemaligen Klosterkirche zu R ic eben b erg ist in so ferne von grösserem Interesse, als damit eines der wenigen Beispiele von derartigen Anlagen aus dem zwiilfteii .lahr- liundcrt vorgeführt wird, welclic noch vollkommen gut sind. Sic ist dreischilVig; das MiltelschilV wird durch je drei freistehende Säulen von den Seitenschiffen getrennt und ist gleich nie diese mit Kreuz- gewölben ohne Gurtbögen überwölbt, die Gewölbe sitzen an den l'm- fassungsniauern auf Wandsäulcn auf. .An der Oslselte ist die Krypta im Halbkreise abgoscblnssen und in der gewöbnliclicn einfachsten Weise durch Einziehung dieses Ilaihkreises nach innen Kaum znr .Anlage der Altarnische gewonnen. Drei ähnliche, aber weniger grosse Nischen befinden sich in der westlichen Mauer. Den so umschlossenen Itauiii erhellen hinten kleine, naili innen wie nach aussen scbniiegiscli erweiterte Fenster je zwei an den Seiten und drei in der Cbor- Itundung. Die Wölbungen sind im Rundbogen ausgeführt: eine besondere Eigenthümlichkeit ist die Behandlung der Wandsäulen, welche, als Halb- oder Vicrtelsäulcn gelormt. in der Chor-Bunduiid so wie an der wesilicben Wand gleiche Höhe mit den freistehenden Säulen haben, während dieselben an den beiden Langwänden auf einen durchlaufenden, etwa 1' 4" hohen Sockel ruhen und um dieses Ma.ss daher kürzer sind. Sehr mannigfaltig sind die Säulen gestaltet. Die Basen zeigen die attische Gliederung; die Schäfte eine polygone l'rofilirung und die Capiläle meist die Würfelform, jedoch mit phan- tastischen Sculpturen. Von der Kirche, welche sieh über der Krypta erhob, sind nur mehr Bruchstücke vorhanden; die Beschrei- bung und Abbildung derselben, welche von Herrn C.W. Hase abge- sondert geliefert wurden, bieten jedoch weniger Anhaltspunkte zur Charakteristik inleressanfcr Einzelnheiten. Die .Abbildung des vierten Baudenkmales, welches in diesem Hefte vorgeführt wurde, betrifft die Kirche zu N i ko I a usbc rg in tj ö Hingen. Die tlrün- dung der Kirche fällt in das XI. oder XH. Jahrhundert; aus dieser Zeit sind jedoch nur wenige Thcile vorhanden, und es ist nur inte- ressant, zu verfolgen, wie die Iberreste einer l'feilerbasilica in einem gothischen Bau des XV. .lahrhunderts umgestaltet wurden. Dem Hefte sind im Ganzen t! Tafeln und einige Holzschnitte beigegeben, welche, wie nicht zu läugnen ist, mit grossem Verständnisse, aber mit nur geringem Geschmacke ausgeführt sind. Für das Studium der sächsischen Kirchcnbaulcii bleibt indess diese l'ublication jedcnl'all.s sehr enipfchlenswcrtli und belehrend.

Als neue Erscheinung im deutschen Buchhandel kündigen wir an: „D i e K i r c b e zu (Crosse n-L i n d e n b ei (^i i e s s c n . in Oberhessen. Versuch einer historisch-sjmholischen.Ausdeulun;; ihrer Hau formen und ihrer Portal-Reliefs, oder verf;leichende. durch all kirchlicb-hicrogly- phisehe Sculptur veranlasste Beiträge zur Kunde und zum Verständ- niss der Vorzeit, zunächst der vaterländischen, von Joh. V. Klein." (Giesen IS.'iT.) Wir müssen für heute uns darauf beschränken, das- selbe als ein „Curiosum" zu bezeichnen, das leider zeigt, wofiin irrige Anschauungen und gewaltsame Deutungen ohne ein reli- giöses und culturgeschichtliches Verständniss und ohne eine wissen- schafflicbe Kritik in dcrmilfehiKcrlichen .Symbolik zu führen vermöjjen.

Aus liiT k. k. Hof- und Staatsdruckerei.

Jeden Monat erscheint i Heft zu I bis 2 Druckbo^'en mit Abbil- dungen. Der PränumorationFpreis ist für einen Jahrgang oder zwölf Hefte nebst Register sowohl für Wien als die Krunläiuler und dns Ausland A Ü. C. AI., bei p 0 r t o fre i e t' Zusendung in die KrunlandtT der österr. Monarchie 4 11. 20 kr. C. M-

MITTHEILUNGEN

DEH K. K. CENTRAL- COmilSSION

Prä n n m e r a t i OD e n übernoh- men halb- oder g a u tj ä b r i g allek.k. Postämlfr der Monarchie, welche auch die portofreie ZnsonduDg der eiozetoeD Heftf besorgen. Im Wege de» Bueb- handeU »iod alle Prinumerationen und zwar nur zn dem Preise ron 4 (I. an den k. k. llofbucbhäDdler W. BraQmülleriaVicn zu richten.

ZUR mmm% Li

Herausgegeben unler der Leiliiiig des k. k. Seclions-Cliefs und Präses der k. k. Ceniral-Commission Karl Freiherrn V. Tzoemii:.

Redacteur: Earl Weiss.

N°= 9.

IL Jahrgang.

Seplemlipr i8o7.

Inhalt: Die Reslauralion des St. Stephans -Domes in Wien. Die Verthei(iifi;un;,'skirclien in Siebenbürgen. Die Kroninsisrnien Böhmens. Der Elisabeth - Dom jax Kaschau in Ungarn. Die archäologischen Publicationen ungarischer Zeit- schriften. — Der Tassilo - Kelch nebst Leuchter zu Kremsmünster. Notiz. Corrcspondenzen. . Literarische Anzeige.

Die Restauration des St. Stephans-Domes in Wien.

Nach laiigdaueriuler Gleichgiltigkeit, nach einer Zeit, die es nicht bloss verscliinähte, die kostbarsten Werke der alten monumentalen Kunst zu erhalten, sondern die selbst ohne Seilen und Zagen Hand anlegte, sie zu verstümmeln oder durch Zu- und Umbauten zu verunstalten, zeigt sich auch in Österreich ein immer lebhafteres Interesse, eine immer breitere Wurzel fassende Rührigkeit in der Erhaltung der hervorragendsten Kunstdenkmale des Kaiserstaates. Ist die- ses Durchdringen einer wahrhaft edlen Gesinnung, einer ernsten weihevollen Pietät auch zunächst das Ergebniss des mächtigen Impulses, welchen seit mehreren Jahren die Re- gierung in dieser Richtung gegeben, indem sie wie kein zweiter Staat in Deutschland eine Institution ins Leben rief, deren wesentliche Aufgabe mit der Regenerirung der christ- lichen Kunst zusammenfiel , kommen ferner hiebei auch die Restrebungen jener Männer mit in Retracht, die seit Jahren in Österreich in stiller Thätigkeit, ohne die geringste Unter- stützung, ohne die leiseste Anerkennung gearbeitet, um das Verständniss der mittelalterlichen Kunst in weiteren Kreisen zu verbreiten so kann doch nicht geleugnet werden, dass diese Restrebungen durch den grossen Aufschwung des kirchlichen Lebens in Österreich, durch das Hinlenken der Geister auf die Rlüthecpoche christlicher Regeisterung einen sehr kräftigen Stützpunkt gefunden zu haben. Denn es genügt wohl auf diesem Gebiete weniger als auf jedem anderen die Form allein zu bewundern, welche ein Kunst- werk geschaffen hat, sondern es ist eben so unerlässlich den Geist zu erfassen, der es ins Leben rief, die Redingun- gen zu kennen, unter denen dasselbe entstanden ist. Wer beides ergründet, kann erst sagen, dass er ein Kunstwerk zu würdigen im Stande ist. Ihm wird aber insbesondere II.

erst das Wesen der mittelalterlichen Kunst klar und ver- ständlich werden, welche in ihrer Rlüthezeit beinahe aus- schliesslich von religiösen Anschauungen erfüllt war und es wird für ihn Manches, was vom Standpunkte rein ästhe- tischer Kunstkritik als Spielwerk, als Fratze oder als Ausgeburt einer ungebundenen Phantasie erscheint, sodann Sinn und Redeutung erhalten.

In die Reihe der hochherzigen Acte kaiserlicher Muni- ficenz, welche das In- und Ausland innerhalb eines Jahres in Angelegenheit der Erhalluiig der monumentalen Rauwerke Österreichs zu bewundern Gelegenheit hatte, tritt nun ein neuer edler Act Seiner k. k. Apost. Majestät: die Restau- ration des St. Stephans-D omes in Wien.

Seit Jahren blickten schon unsere Kunstfreunde tief bekümmert auf die immer neuen Erscheinungen seines sich vorbereitenden Verfalles. Jener Dom, dessen Gründung in die Epoche fällt, wo Wien noch in der Wiege seiner nach- maligen Grösse lag und welcher in dem Masse sich ver- grösserte, je mehr Wien an Macht, Glanz und Au.'idoluuing zunahm, jenes Werk, an dessen Formen wir der Kunstent- wicklung von drei Jahrhunderten von Jasomirgotf bis Ma.x I. zu folgen im Stande sind, das ruhmvolle Erbe der Frömmigkeit unserer Fürsten, der Stolz und die Liebe der Heimath, das Wahrzeichen der Grosse Wiens «ar nahe daran das Schicksal der meisten deutschen Dome zu thfiilen und sich langsam zu zerbröckeln. Die Gefahr erschien zwar nicht so gross wie bei den Domen zu Speier. Worms u. s. w.,weil eine geordnete Kirchenverwaltung von Jahr zu Jahr Sorge trug, die nothwendigsten Gebrechen zu beseitigen, aber die Mittel reichten schon lange nicht mehr hin, um zu einer gründliehen, systematischen Ausbes.serung

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schreiten zu kijnneii, man verbesserte eben so gut es ging, Jumit die eoiistructiven Tlieile des Domes erhalten lilicben, an eine Ergänzung der fehlenden Theile seines inneren und äusseren Suhnuickes, an eine Beseitigung der modernen Zubauten, weiche in so holiem Grade den ernsten und würdigen Eindruck des Domes schwäclien, konnte nicht im Entferntesten gedaclit werden.

Desshalb war auch schon vor mehr als zehn Jahren die Aufmerksamkeit der Künstler und Kunstfreunde auf eine gründliche Restauration des Domes gerichtet. Dass dieselbe nicht früher zu Stande kam, darf im Grunde genommen nicht beklagt werden, wenn man die Anschauungen kennt, die >(U'wenigon.Iahren über die monumentale Baukunst in Wien herrschten und leider noch jetzt in manchen Köpfen sich fort- gepflanzt haben. Man würde damals ohne Zweifel dieselben Feiilgriffe, dieselben Abnormitäten zu Tage gebracht haben, wie in Deutschland und selbst in Frankreich, wo doch schon .si'it zwanzig Jahren das Studium der mittelalterlichen Kunst die Aufgabe jedes gebildeten Architekten war. Es ist ein (jjiick, dass sich diese Angelegenheit hei uns insolange ver- zögert bat, bis das Studium der Archäologie die nöthigen Vorarbeiten geliefert, und den Boden zu erforschen begonnen hat, auf welchem die mittelalterliche Bau- kunst ihre Stützen suchte und fand. Jetzt, wo die Kennt- iiiss der mittelalterlichen Kunstschätze des Kaiserstaates sich von Tag zu Tag erweitert, wo man für die Chronologie der Bauwerke diese so wichtige Frage bei einer Restau- lalion immer festere Anhaltspunkte gewinnt wo die geistigen Kräfte, welche sich speciell der Kunstgeschichte widmen, vermehren und die Disciplinen der alten Baukunst wieder in die Bauhütten der Steinmetze Eingang gefunden, darf man wohl mit grösserer Beruhigung auf eine Restau- ration des Stephansdomes blicken. An Verlegenheiten und Schwankungen, an Irrthümern und Fehlern wird es auch jetzt nicht fehlen, insbesonders wenn der sich überschät- zende Dilettantismus unberufen vordrängen und der Fachmann in den Kampf mit eingewurzelten Vorurtheilen zu treten genöthigt werden sollte.

In unseren Tagen erhielt die Frage wegen einer Restauration des Stephansdomes einen neuen fördernden Anstoss durch den Ausbau der Giebel an der Nord- und Südseite der Kirche. Es kann nicht übergangen werden, dass dem Bürgermeister und Gemeinderath der Stadt Wien, welche das schöne Werk begonnen und durchgefiihrl haben, gewissermassen das Verdienst der Initiative gebühren. Eben- so wenig dürfen wir verschweigen, dass der Architekt L.Ernst die ihm anvertraute Aufgabe auf ausgezeichnete Weise gelöst hat.

Aber auch im Schoosse der k. k. Ccntral-Commission waren schon wiederholt Verhandlungen über das dringende üedürfniss einer umfassenden Erhebung der Sehädeu und Gebrechen des Domes angeknüpft, welche im ilerlislo des Jahres 18ö6 durch die k. k. n. ö. Landesbaudirection zu

einer vorläußgen Feststellung des Thatbestandes führten und einige Zeit darauf die k. k. Central-Comniission ver- anlassten, bei dem k. k. Ministerium für Cultus und Unter- richt weitere Schritte einzuleiten, damit die Vorfrage einer Restauration das ist die gründliche rntersuchung des Baustandes des Domes in Angriflf genommen werde. Diese Blätter endlich das Organ der k. k. Central-Conmiission glaubten den laufenden Jahrgang nicht zweckmässiger erölVnen zu können, als in einem besonderen Aufsatze der in Kunstkreisen lebhaft geführten Erörterung über die Frage der Restauration eine bestimmte Richtung zu geben, die äusserlich wahrgenommenen Gebrechen des Domes zu schil- dern und die Gesichtspunkte festzustellen, von dem aus eine Restauration des Domes aufgefasst werden niuss. Eis dürfte dem Verfasser dieser Darstellung zur besonderen Befrie- digung gereichen, dass die Hauptpunkte seiner Ansichten in so kurzer Zeit zur Geltung gelangt sind.

Inmitten dieser mannigfachen Regungen that Seine Eminenz der Herr Cardinal- Erzbischof von Wien einen äusserst glücklichen, entsclieidenden Schritt. Dieser erhabene Kirchenfürst, dessen Scharfsinn und Weisheit die Bedeutung der dringenden Wünsche aller Kunstfreunde nicht entgehen konnte, richtete an Seine k. k. .\post. Majestät die Bitte, um die Anweisung eines Jahresbeitrages zur Restauration des Domes und um die Genehmigung zur Bildung eines Dom- bauvereines, dessen Aufgabe es sein soll, durch freiwillige Beiträge die Geldmittel zur würdigen Ausschmückung des Domes zu erhöhen. Seine Eminenz stellte sich damit, wie es der Natur und Würde des Gegenstandes entspricht, an die Spitze des preiswürdigen Unternehmens und folgte dem schönen Beispiele, welches die Kirclienfürsten des Auslandes früher in ähnlichen Fällen gegeben haben.

Auf Antrag des k. k. Ministeriums für Cultus und Unterricht geruhten Seine k. k. Apost. Majestät zur Restau- ration des Innern und Äussern des St. Stephansdomes und zwar mit Ausschluss aller Zu- und Und)auten , wie namentlich des Ausbaues des nördlichen Thurmes einen jährlichen Beitrag von f ü ii f z i g T a u s e n d Guide n auf die Dauer von fünf Jahren aus dem Staatsschatze an- zuweisen und die Bildung eines Do mb au Vereines zur Einloitimg von freiwilligen Sammlungen (jedoch nur im inlande) zu genehmigen.

Zugleich ordneten Se. k. k. apost. Majestät die Bildung eines Comite's bestehend aus Seiner Eminenz dem Herrn Cardinal-Erzbischof Ritter V. Rauscher als Präses des- selben, aus einem Abgeordneten des k. k. Ministeriums für Cultus und Unlcrrirht, aus Sr. Excellenz dem Statthalter für Niederöslerreich Dr. W. Froiherrn v. Eminger und dem Rürgermeister der Stadt Wien, Dr. J. K. Ritler v. Seil I er an, welches nach seinem Znsammentritte sich vor- erst mit der Ernciiiiung eines Dombaumeisters zu beschäf- tigen und sodann eine umfa>isiMule Erhchinig des Baiizu- standes iitiil iler inneren Gei)reclien des St. Stephansdomes

227

zu veranlassen hat. Die Bestätigung der Wahl des Dombau- meisters und die Genehmigung der Vorschläge zur Restau- ration der Kirche hat sich das k. k. Ministerium für Cultus und Unterricht und zwar letzteren Umstand, wahrscheinlich in der weisen Absicht vorbehalten, um das Gutachten der dazu berufenen Organe, sowie das Urtheil der Fachmänner zu vernehmen. Neben diesem Comite unter der unmittel- baren Leitung Sr. Eminenz des Herrn Cardinal-Erzbischofs von Wien wird sich dann der Dombauverein constituiren.

Es kann kein Zweifel sein, dass unter so glücklichen Ausspielen das seinem Beginne nahe und sehnlichst erwar- tete Werk einen glücklichen Fortgang nehmen wird. Die edle und grossmüthige Unterstützung Seiner k. k. Apost. Majestät sichert demselben die wärmste Förderung aller

Behörden, der Schutz und Segen der Kirche wird die Gläubi- gen aneifern nach besten Kräften beizutragen , damit in kür- zester Zeit das herrliche Gotteshaus w ieder in vollster Pracht und im reichsten Schmucke erglänze; Wien selbst und seine intelligente Gemeinde-Repräsentanz, für welche die Erhal- tung des Stephansdomes eine doppelte Bedeutung hat, wird gewiss nicht mit einem nachahmungswürdigen Beispiele seiner bewährten Gesinnungen zurückbleiben.

Die Wissenschaft aber, welche wir in diesen Blättern pflegen, muss vorzugsweise dieses Werk mit Freuden begrüssen, weil sie durch derlei Unternehmungen erst ihren eigentlichen Werth ihre priiktische Bedeutung erhält.

K. \V.

Die Vertheidigungskirchen in Siebenbürgen.

Ein Beitrag zur Provinzial-Kunstgeschiclite vom Conservator Friedrich Müller. Iliuslrirt vom Gymnasiallehrer Joliann Orendi

in Schässhurg.

II.

Chor und Schiff erscheinen äusserlich gleich hoch und werden von einem Dache überdeckt. Die auf den Strebe- pfeilern aufsitzenden Rundbögen laufen um das ganze Gebäude herum. Ein Thurm steht damit nicht in unmittelbarer Ver- bindung.

Der bedeutendste Vertreter dieser im Ganzen nicht zahlreich vorkommenden Richtung ist die evangelische Kirche von Kaisd (Bezirk Schässburg). Dieser Ort ist höchst- wahrscheinlich der Mittelpunkt der meisten deutschen Ansiedlungeu gewesen, welche später zum Schässburger Stuhle vereinigt wurden. Der Name des kirchlichen Spren- geis (Kisder Capitel) bewahrt noch das Andenken an seine dereinstige Vorortschaft und nur nach langem in der Volks- ansicht noch vielfach nachzuckendem Streite ist dieselbe endlich an das günstiger gelegene Schässburg übergegangen. In diesen Kämpfen schloss sich Kaisd öfter an die benach- barten Seklergrafen an und erwarb unter anderm durch ihreFürsprache 1419 von König Sigismund dieBestätigung der selbstständigen Gerichtsbarkeit in Civil- und Crimiiial- processen, die erst im Appellationswege nach Schässburg und an die VII Stühle gingen i). Das bezügliche Privileg nennt Kaisd eine Stadt, und wirklich mochte der Ort durch seine Ausdehnung und Einwohnerzahl diesen Namen verdienen, der vielleicht, wie die Sage erzählt, von den nächstgelegenen Dörfern unterstützt auf der nahen Bergeshöhe eine so tüchtige Burg aufzubauen im Stande war. Aber die Freundschaft des mächtigen .\dels konnte nur durch materielle Opfer erworben werden, unter Andern durch gegen das Colonistenrecht verstossende Schenkungen

von Grund und Boden an die Beschützer. Um die Mitte des XV. Jahrhuuilerts befreite der Ort sich von den letzten Spuren dieser kurzsichtigen Politik, indem er 14ö0 die dem Grafen S i ni o n v o nT e u f e 1 s d o r f geschenkten 40 Juch Äcker von dessen Söhnen für 20 Goldgulden zurückkaufte '): und von da an erfreute er sich der vielfachen Gunst der Woiwoden und Könige. So bestimmte der Woiwode Johann Pangracz de Dengeley 1470, dass in Zeiten einer all- gemeinen Landesinsurrection die Hälfte der Bürger von Kaisd zur Vertheidigung der Burg zurückbleiben sollte 2)-. so befreiten König Wladislaus und die Königin Anna in besonderen Freibriefen dieselben 1503 von der Quartiers- [iflicht und allen Gratislieferungen an die Soldaten =), ein Vorrecht, welches in sehr gefährlicher Zeit später, 1326, von der Königin Maria erneuert wurde*).

Natürlich war eine so rege Bevölkerung auch für die Ausschmückung des Ortes mit Gotteshäusern thätig und der Kaisder erzählt noch mit einem gewissen Stolze, dass in seiner Heimath ehedem fünf Kirchen und Capellen gestanden. Vier davon sind noch mit Sicherheit nachzuweisen, von denen eine -^ „Klosterkirche"? unter der Burg, vd noch jährlich Steine aus den CirundiMauei'n herausgegraben werden und frommer Eifer nach der alten verschütteten Glocke sucht.

') Original der betreffenden Urkunde im Kaisder M;\rktarcliiv. Abgedruckt bei .Marienburg, Geogr. des Grossh. Siebenb. H, 2ü3.

>) Originalurkunde ddo.: „Segeswar fcria tereia proxima ante festiim Jlf-

siirmtiüiiis Dunüni Anno eiusdem M" CCCC quinipiaijesimn" im Kaisder

I\]arktar<-hiv. '-') Oiiginalurkniide rldo. Kaisd.: ..in fcsln G Dcmetrij marliris Anilii Ihmini

Mitc^hno tjiuiilriitf/etttrsifuü septiwifrvitno'^ ebd. ') lieidc L'rkund. ddo.: „Bude f. IV, p.p. fest, einiimriitionis dinnini. .1.

I>. M. quiiKjenl. tercio~ und „i/jV dorn, dnm.p. p. fest. Epiplmn. dom.-

<lessolben .labres ebd. ^) Originalurkunde ddo. : ..Hudr Domiliiiii Jubitiile A. P. Stil. Quillij. Viije-

simo Stwur* ebd.

■i-i

228

und eine der heiligen Jungfrau geweihte Capelle .lusserhalb des Ortes im Dyrenfeld bis auf wenige Spuren verschwunden sind. Die letztere wurde lö48 Gegenstand eines interes- santen Rechtsstreites. Da bei der Reformation alle Kelil- kirchen beseitigt wurden, so entstand liier die Frage, an wen die zu dieser Capelle gehörige Dotation an liegendem (Irunde zu fallen habe, und ein Adeliger Antonius Greb von Klosdorf beanspruchte dieselbe unter dem Verwände, dass die Capelle sammt ihrer Dotation von einem seiner Vorfahrer gestiftet sei. Da jedoch in mehreren Zeugen- verhören die Kaisder die Nicbtigkeit jener Behauptung nach- wiesen iMul wahrscheinlich macliten, dass jene Capelle viel- mehr die Stiftung eines Kaisder Pfarrers Johannes Ringes ') sei, überdiess der Klager bei dem Termine nicht erschien, so sprach der Gerichtshof die Beklagten von der Klage frei und verurtheilte jenen in die Kosten -).

Die dritte in Kaisd nachweisbare Kirche ist das soge- nannte Spital, welches ebne Zweifel die Stelle der frühern Pfarrkirche eiimimmt. Diess wird nicht bloss wahrscheinlich durch die massiven kaum zerstörbaren Mauertrümmer, unter denen ein runder Thurm mit einem Strebepfeiler und zwei im Spitzbogen überwölbte Fenster noch sichtbar sind , und durch die Nähe des gegen die gewöhnliche Sitte von dem jetzigen Pfarrbof weit entfernten Pfarrergartens, sondern auch erwiesen durch die Aussage eines Zeugen in dem oben- erwähnten Processe : „er habe bei dem Pfarrer Doktor Martinus zu jener Zeit gedient, als der Pfarrhof noch an dem Ende von Kaisd- Schiissburg zu gelegen gewesen-' s). Nun stehe in den sächsischen Dörfern überall, wo die Kirche nicht auf einer ausser- halb des Ortes befindli- chen ilöhe erbaut worden, die Pfarrhüfe unmittelbar an der die Kirche umge- benden Ringmauer sie gehörten gewissermassen Zinn Coemeterium und ge- nossen dessen Asylrecht; in Kaisd ist diess sicher- lich auch der Fall ge- wesen , und erst der Um- stand scheint zur Veränderung des Standortes von Kirche und Pfarrhof gcnöthigt zu haben, dass der früher tiefer im Thale sich concentrirende Ort, vielleicht in Folge der hier

*) Sonst nicht nachgewiesen. Kineri Petrus Itynjfosch verzeiclinut dit; alle

Kaisder Cnpitiilflnnntrik iius dem XV. .Inhrliundert. ') Uric. V. 23. April IJiül in einer authent. Cupie im Kaisder .Miirltlarcliiv. 3) j^llem Laureneitti greb de XuU/taw fntetur sc inseritisse liominiitn dovlorem

vutrtinitm f/uoiidam ptehannm Kindensem (emporibns iUia cum adhuc do-

mu8 plcbani esict in fiiie Oppldi zazkcnd vcruua Sclieijesicar.^' Aus dein

Orig. ebd.

noch jetzt nicht seltenen Erdrulschungen, sich aufwärts gezogen hatte und so die urs|)rünglieli ohne Zweifel in der Mitte angelegte Pfarrkirche ans Ende zu stehen gekonunen war. Als dieser Wechsel stattfand, «urdi'u dann die ehe- mals zu Kirche und Pfarrhof gehörigen (Jcbäude, iiulem man dem damals allgemeinen Zuge folgte 'J, in ein Spital umgewandelt und die jetzige Pfarrkirche in den Jahren 1493 bis 1496 erbaut.

Diese neue Kirche, welche ungeachtet der Renovationen von 1649 und 173)5 ihr altes (iepräge fast vollständig erhalten hat und sich noch immer durch ihre Festigkeit

ausgezeichnet, gehört nun zu den grossten Repräsen- tanten des hier in Rede ste- henden Styles. (Fig. 1.) Ihr Äusseres sieht ganz ki-ie- gerisch aus: drei und zwan- zig jener Bögen schwingen sich um Chor und Schilf von Strebepfeiler zu Strebepfei- ler, und die dadurch entste- hende 1' 6" starke Mauer- fläclie wird über dem daran hinlaufenden Gesimse von '°' mehr als vierzig viereckigen

Schiessscharten durchbrochen und dient, wie aus dem Durch- schnitte (Fig. 2) ersichtlich, durch ein Kranzgesimse abge- schlossen dem Sparren- werke des in senkrechter Höhe 24' messenden Da- ches zur Unterlage, des- sen Hauptlast jedoch durch Säulen undBundträme auf der eigentlichen Crnfas- sungsniaiier ruht, welche unten 4', oben im Chor 3' 6 ". im Schür 3' stark ist. Durch eine kleine Einzie- hung der Füllinauern an ihrem obern Ende wird die OlVnung für die Pcch- scharlen gewonnen, wel- che die ganze Breite der Bogen« ölhung einneh- men. Die Umfassungsniauern .selbst werden im Chor und SchifT von je fünf ungleich hohen in gcwidinlichen Sjutz- bogen überwölhlen Fenstern mit <la(dien Schmiegen durch- brochen, (leren Krönungen mit s]iätgothischen). aus Kreisen. Drei- und \ ieihiigen uiul verschobenen Vierpässen bunt zusammengesetzten Masswerk ausgefiilll erscheinen. Der

'J Vergl. des Verf. Aufsat/.: „fieschichte der sielienl). Uospilüler his /.um .lalire HViö" im Schässltiirger fivrnnasialprtigramm IS^irt, p. 18 h. (.peciell über das Kaisder Spital und dessen Gesehiclite ebend. 4'?, 43.

229

Grundriss Fig. 4) ist sehr einfach : der wenig eingezogene, dreiseitig ans dem Achteck geschlossene Chor verhält sieh zum Schiffe wie 3 zu 5; jene/ hat im Lichten gemessen eine Lange von SO' 6" auf 26' 9" Breite,

dieses 67' Lange auf ^^ -—..^ ^^.

32' 9" Breite, sodass mj^'''\-'' \/ \/ j ! W demnach die ganze iW\ '■ i Ä

Länge des Gehäudes | W/''' /i I ! i',

117' 6" betrügt. Ein ^<Ä^| A. -•-'X /X U/l} nicht geschmacklos combinirtes Gurtge- wölbe, desscnRippen

im Chor auf säubern ^y■,,

ungleich profilirten

Kranzsteincnim Schiff auf zehn canellirten Wandpfeilern an- setzen, überdeckt das Ganze und erhebt sich in wappenge- schmückten Schlusssteinen 24 bis zu 37' Höhe >)• Nur in einem Theile des Chores hat das alte Gurtgewölbe bei einer Jüngern Restauration einem störenden Tonnengewölbe weichen müssen. An dem Westende der Kirche ruht auf zwei viereckigen Pfeilern die Empore für die Orgel, und in den beiden Ecken leiten correspondirende Wendeltreppen unter das Dach. Im Äussern halten zvveiundzwanzig Strebepfeiler das Ganze zu- sammen, von denen die meisten 2' 9" breit und 3' 6" tief, jene an den Ecken stärker sind. An der Nordseite des Cho- res ist die geräumige Sacristei angefügt, deren Mauern (später) zu einem ziemlich hohen Thurm ausgebaut sind. Zwei Portale gewähren den Eingang in das Schilf, eine Thüre ist später in die östliche Schlussmauer des Chores gebrochen worden. Das südliche Portal ist im gedrückten Spitzbogen überwölbt und zeigt eine zwar einfache aber gefällige Profilirung (eine Hohlkehle durch Kanten von zwei sie einfassenden Halbsäulen getrennt) und schöne Propor- tionen (auf 5' Weite 10' 2" Höhe). Im Innern verdienen Orgel und Altar (1735) kaum Erwähnung; dagegen hat sich an der rechten Seite des Chores der obere Theil eines recht hübsch entworfenen Soscramenthäuschens neben den Grab- steinen des Pfarrers M i c h a e I C o n r a d u s (f 8. Febr. 1 ä72), Lucas Kuschius (f 26. Sept. 1631) und Martin Ho- salerus (f 21. Aug. 1650) erhalten. Die Glocken, welche in einem neben der Kirche in der Ringmauer stehenden Thurme hängen, sind jünger (17IS, 1775 und 1784) und oline besonderen Kunstwerth. Doch verdienen unter den zur Kirche gehörigen Gerätncn vier alfe^von hohem Metall- und Kunstwerth um so mehr hervorgehoben zu werden, als sie zugleich über die Widmung derselben Nachricht geben. In ihrer Form bieten sie im Allgemeinen nichts vom Ge- wöhnlichen Abweichendes: ein rosenförmiger Fuss verjüngt

sich allmälig zum Schafte, dieser fasst sich in einen Knauf zusammen, über welchem die eigentliche Kelchsehaale steht; aber die .Ausführung ist äusserst zierlich und namentlich be- decken den Sockel desselben drei grös- sere ciselirte Figuren in bunter Mannigfal- tigkeit und meist nicht schlechtem Ge- schmack.

.An dem gröss- ten bemerken wir in einem umstrahlten Kreuz eine nach la- teinischem Ritus zum Segen erhobene Hand und zwei M in Mönchsminuskeln quer durcheinander geschlungen (vielleicht Maria mater) und am Knaufe die Inschrift:

maria n v hilf got

a b c d e p q '); am zweiten einen König mit Kreuz und Reichs- apfel (S. Stephan), einen zweiten mit Schwert und Rad (S. Donatus), Maria mit dem Jesuskinde von Arabesken, Monogrammen und netter Filigranarbeit umgeben, ohne eigentliche Inschrift;

am dritten einen König mit dem Mantel über der Schulter, Scepter und Reichsapfel in der Hand, einen andern in Ritterrüstung mit dem Mantel darüber, das Scepter in der Hand, und einen dritten mit Streitaxt und Reichsapfel , an der Schaale selbst unter einem Filigrankranz die Umschrift in Mönchminuskel: Kalix. Sancti . rc(jis . Slephani . in Kyzd;

der vierte ist ohne Schrift und Bild und minder bedeutend.

Ging demnach die Widmung dieser Kirche schon aus dem dritten dieser Kelche mit Wahrscheinlichkeit hervor, so wird dieses gewiss durch zwei Urkunden, welche zugleich die Zeit des Baues unwiderleglich feststellen, bestätigt. Letz- tere war bisher bloss durch eine an der äussern Chorwand les- bare alte Jahrzahl, 1496, welche sich vor einigen Juhi'cn auch in einem alten Dachziegel eingeritzt vorfand, und durch den allgemeinen Charakter des Gebäudes unterstützt wurde, bezeichnet. Jene beiden Schriftstücke besitzen für die Ge- schichte der siebenbürgischen Kirchenbaukunst um so grös- seren Werth, je seltener hier in der Regel schriftliche Zeug- nisse zur öffentlichen Kenntniss gelangen', welche die Bau- geschichte älterer Werke beleuchten. Beide datiren aus

1) Bei der Höhe und dem groben Verputze dieser Wappen ist es k.Tum miig;- lieh. Näheres darüber ?.u saj;en. Die gelireuzten Sehwerler lleriiiann- sladts und einige Ziinft«-apperi sind darunter. Das (Irtswappen wurde wabrseheinlich im Chor angebraeht.

») Das Alphabet, ganz oder theilwcise, ordenUieh oder verwirrt, erscheint auch auf siebenbürgischen (ilocken. so an der Feldorfer von i4UG: J. N li. J. 1. 4. 9. (i, r q p o m h s a b c d c f g k ; au der von Neustadt im liurzenhiud; vergl. Marienburg, (ieogr. II., 3S4u. sonst, deutselic Gloekeu- inschriftcn iu iNadcsch, SäcUsiseh-Pien.

230

dem Jalii-e 1493; in dem erston hofreit der Woiwode Bar- tholomäus Dragfy de Bcithewk dieKaisder auf die Zeit, ;ds sie mit der Erhauung ihrer iieucu S. Stephanskirche heschaftigt siud, von der Pdieiit der Heeresf.ilge <) ; in dem zweiten bevolhnächtigt derselbe das Amt von Kaisd, alle, die sieh währed des Kirehenhaues widerspcnslig zeigten, gefangen zu setzen und deren Vermögen für den liaufond einzuziehen =). Demnach dauerte der Bau, da nr.m 1493 erst anfing. vier Jahre; und das in dem Dachziegel, als der- selhe noch in weichem Zustande sieh befand, eingeritzte Jahr 149G kann füglich als Vollendungszeit des Äussern angesehen werden.

Es darf nicht wundern, dass die Bauhist der Bürger von Kaisd, wie aus beiden Urkunden hervorzugehen scheint, damals nicht eben gross gewesen; das Jahr, in welchem die Türken beim rothenThurm einfielen und mehrere Tage lang das Sacbseiiland verwüsteten, mochte wohl kaum einladend zu solchen luternehmungen sein. Pfarrer war damals in Kaisd Johannes von Kobor, oder Iheronimus von Schäss- burg, da die alte Kaisder Capitularmatrik unentschieden lässt, ob letzterer 1494 gestorben oder zum Amte gelangt sei. Nach seinem Abgange wurde in seine Stelle eine in den Annalen der siebenbürgischen Kirchengescliiclite nicht miherülimte Persönlichkeit gewählt, Johann Po In er. der zwischen den Jahren 1503 und 1038 gleichzeitig als Pfarrer in Kaisd, Bischof von Neutra und Secretär des Königs be- zeusrt wird. Mit seiner Unterschrift befindet sich im Kaisder Marktarchiv ein Inventar der zur Kaisder Pfarrkirche ge- hörigen Grundstücke aus dem Jahre lä38, woraus hervor- geht, dass dieselbe damals au Ackern 2t Joch besass ^j. Der Baccalaureus Agidius llerMiann war der (>rste protestan- tische Pfarrer derselben.

Die Entschiedenheit und Reinheit, womit der bezeich- nete Styl in der Kaisder Kirche durchgeführt ist, lässt

•) „Oppidum Zaarkijzdy vocaliim, Ciiicsijiir in endem cxislciilrs, er cn qiiud ipai Ciues in codcm oppidu i:v iiostro consfnJtu et anmwntia a-vlcsiam in honore heatitj liet/is Stppfiuni. de Xono fundarc et cdißvarc vellent et nite- renliir, ab onere euin3cnnque Ilelli .irtr inyrensiis quovumlihet crcrcitinim contra Turcos iiistauranduruin iiifra videlivet cdi/icacionrin prefute ecdesie excmploa fecimus et supportuloa . . Datum in niipidu h'eirliitlom die dominico p. a. fest. Nativitat. B, Joh. ßapl. A. D. Mit. Qiiudrinij. Xuimy : Tereio." Orig. Papieriirk. im KaisiliM- .MaiktTPcliiv.

^) ., . , ntandamiis quatenus . . . quumprimtnn hono nrdine jieri potet'it, candem ccclcsiam , a suo fiintltimento inc/iouarc et incipere , taboresque rinsdein vsqiic finalem consiipereaationem eontinuare casu quo ai qui ex riihi« liuiusmodi operi aalutifero et saluhii veetrc intencioni contradittorea fnrenl vet qiioquomoda tontemplorea, vel si qui cciam ab huiuamodi onere laboria eiuadrm ccclenie aeae ad loca atia tranaferrent moraturi , vel Indi- ecm aut atiquoa e.v vohia'qui ridelicet hoc aalutiferc opua conaumare in- tenderentj minareutur, Krtunc omnea talca in pcraonia eorwn cuptiuare et detincrct caputqne et peraonaa eorum nobia conaeruare et tcnere vniueraas- quc Itra illornm talinm, a minima vsque ad »uwimum , occupare occupa- taaque ad lahorea itliiia cccteaie per rua inrhouande rrponere et aupererO' i/are debeatia et teneamini." Einl,

■'*) Das Instniiiient beginnt; ^Item Anno Ftomini Milleaimo Quinijenteaimu Triijeaimo oclauo Si'jnati aunt at/ri in Territorio h't/td pro cvrleaia prrti- neittea'^ und ist unterzeichnet: „J/. Jo. J'otnrr I'leb, h'ijad. et Secret. Itrij.'^ und cxistirtn. n. O, in /.wei aullient. Abschriften von lOjS n. 17;J7.

schliessen, dass der sonst nicht bekannte Baumeister dabei nicht erst experinientirt, sondern demselben eine Beihe ähn- licher Anlagen bereits zum Muster gedient habe. Auch stand das Werk nicht lange vereinzelt. In dem nahen Klosdorf (Bez. Schässburg) erhob sich kaum ein Men- schenaiter spater eine Kirche, deren Vorbild die Kaisder gewesen ist. Klosdurf gehörte mit den benachbarten Orten Kreuz und Meschendorf seit unbestimmten Zeiten zur Dota- tion der unter Bela III. (1 1 73—1 1 97) gestifteten Cistercicn- ser-AbteiKerz mul wurde erst spät ( 1204 und 1322) ') m't dem Hermannstädter Gau in politischer Beziehung vereinigt. Doch behielt die Abtei das Recht, die Richter einzusetzen, wie sie auf die Besorgung der Pfarrgesehäfte wohl lange Zeit Einfluss nahm. Der bezügliche Geistliche in Klosdorf erscheint blos als sacerdos und rectorä). Ausdrücke welche von den gewählten, in vielen Beziehungen selbst vom Doni- capitel imabhängigen Pfarrer der übrigen sächsischen Orte (plcbaiti ) in der Regel nicht vorkommen. Ja , es ist nicht unwahrscheinlich , dass erst mit der Aufhebung der Abtei (1477)2) auch die kirchliche V'ereinigung dieser Güter mit dem Nationalkürper erfolgte und deren Pfarrer vollbe- rechtigt in den Kaisder Capitularverband eintreten. Von der ältesten Kirche in Klosdorf hat sich blos die Glockenin- schrift erhalten, welche auf die 1830 und 18öJj neugegos- senen Glocken schriftbildlieh iierühergenommen wurde. Sie gehörte den Schriftzügen zufolge dem frühen Xlil. Jahr- hundert an und lautet: cliamjxtna sanrli f/fort/ii tcfra i/nt- maton. M. 1 .8^;*). Am Anfange des XVi. Jahrhunderts wurde ein Neubau nothwendig, und bei der Nähe von Kaisd war es natürlich, dass man den dortigen Bau zum Muster nahm 5). So entstand lö24 die jetzige, wahrscheinlich (wie jene Glocke) dem ii. Nikolaus, von dem auch das Dorf seinen Namen trägt, gewidmete Kirche. Sie behält im Gan- zen den Charakter der Kaisder bei. von welcher si(> sich

«) fi.d. Teutscli. (Jescli. der Sieb. S.ichsen. 7G. 102. Später ging dieSteuer dieser drei Orte au die I.aiidskroii (vaatrum Talmats) L'rk. v. 1418 u. 1427 im N:it. Arch. Nr. 28, 31.

'^) Ui'k. im Kiilksburger I.andesnreliiv. In einer im (iiiliernialarehiv befind- lichen .\bscbrift regislrirt : „Protestatio Omradi ^itrerdotia et Iteetoris in Villa Nirolai contra Johannem aacerdotein ijiaum tnrbare conantem inati- tuta."

■■') Teulseli ii. a. (). 232. [)ie Kisder rapitularmalrck gilpt vor l.'iOl am die Namen von drei l'farren in Kliisdorf an, was /.n dieser Ilereehnung stimmt.

*) leb hoire später ein genaues llild dieser in ihren vier letzten Zeieben mir räthselbaften Insclirift mittbeilen zu können.

^) Sonst eifersücliteln die .Nachbarn seit alten Zeilen mit einander. Die Kaisder liehaiipten, Klosdorf sei auf ihrer Mark entstanden , was inso- fern vielleicht auch richtig sein mag, als wabrseheinlieb sowohl der alte Kaisder wie der .^lediaseber u. Hermannstädtcr Stuhl hei der für die Abtei anzuweisenden Dotation Theile ihrer Priidien unaufgelbeilte (iehiets- strecken zu diesem Zwecke ausschieden, l'ber die vor der Stiftung eines Cistercienser-Klosters erforderliehe Deckung seines rnterbnltes durch die Stifter (demnach hier die ("olonisten und der König) vergl. Mittheilungen der k. k. Ceutralcomm. iS.'iü. l'j'j. So erscheinen in einer kilni"!. l'rk. v. 1409 die .sieben Stühle als .,c.r antiquo rorum Priuiiegio vcri Patruni eiuadcm Mibatiae.- .Nationalarcbiv, Nr. .12.1.

231

jedoch dadurch unterscheidet, dass Chor und Schiff im Äussern gar nicht, im Innern blos durch zwei plumpe Wandpfeiler, auf denen der Triumphbogen ansetzt, getrennt sind, kein Thurm sich findet und nur eine in der südwest- lichen Ecke angebrachte Wendeltreppe unter das Dach führt. Alles Übrige ist analog: rings um das Gebäude schwin- gen jene charakteristischen Bögen, hier schwarz und weiss angestrichen sich über den sechs spitzbogig gewölbten Fen- stern von einem Strebebogen zum andern; die dadurch ge- stützte Mauer wird über einem Gesimse von viereckigen Schiessscharten durchbrochen und durch ein Kranzgesims abgeschlossen, der Chorschluss ist dreiseitig etc. Der Raum ist äusserlich sehr regelmässig vertheilt, so dass der Ab- stand der ersten Absätze der Strebepfeiler in gleicher Höhe mit der untern Fensterschräge von dem zweiten Absätze, zugleich dem Einsatzpunkte der Bögen, ebensoviel beträgt, als die Entfernung von dort bis zum Kranzgesimse. Das ganze Gebäude misst in die Länge 57' 6" in die Breite 21', von jener kommen 3S' 9" auf das Schilf, 21' 9" auf den Chor. Bei den verhältnissmässig geringen Dimensionen ist schon die Mauerstärke von 2' 9 " unten und 2' 3" oben, gross zu nennen. Ein einziges im platten Kleeblattbogcii überwölbtes Portal, 3' 6" weit, 6' 8" hoch, öffnet von Westen her den Ein- gang in die von einem Tonnengewölbe mit Schil- dern überwölbte Kirche, deren Inneres ausser einem Steinkästchen, an welchem über den Wappen von Klosdorf die Jahrzahl 1324 angebracht ist und dem rechts im Schiff befindlichen verdeckten Brunnen nichts Bemerkenswerthes bietet. Der letzte trat hier ent- weder an die Stelle des in Cistercienserklöstern gewöhn- lichen Brunnenhauses im Kreuzgange in die Kirche selbst oder diente ebenfalls dem Zwecke der Vertheidigungsfähig- keit. Dagegen ist auch hier in einigen zum Altardienst gehö- rigen Geräthen der Kunst- und Culturgeschichte dankens- werther Stoft' erhalten. Hieher sind zu zählen ausser dem

T ISl GC P VL eC hllO fCeCRTlSl TTD OISIPRO

alten Kelche mit der den Schriftzügen zu Folge über den Anfang des XV. Jahrhunderts hinaufreichenden Inschrift: „sepvlchrvm cristi nos pro'* und am Schafte: „s. pvtn" (Fig. 4 und o) vornehmlich einige ganz oder theiUveise noch erhaltene Messge- wänder. Davon ist ganz erhalten ein roth grundirtes reichgeblümtes, mit blauem Futter vorn mit einem brei- ten Kreuz aus Silberborten, in w el- chem ein grüner Baum mit Blumen am Schafte hinläuft. \m Fusse des- selben erscheinen drei Frauen (Marien) und ein Geistlicher, oben der Gekreuzigte und darüber Gott

selbst in Wolken. Hinten ist ein einfaches Kreuz angebracht. Von zwei andern ähnlichen sind die Kreuze mit in Seide ge- nähten bildlichen Darstellungen aufbewahrt worden; auf dem ersten finden wir von oben nach unten den kreuztragenden Heiland, die Dornenkrönung, die Kreu- zigung, die Grablegung, Christus unter seinen Jüngern, Judas mit dem Beutel, den ülberg; auf dem zweiten jetzt zur.\Uarbckleidung benütz- ten: Maria mit dem Jesu- kinde, anbetende Frauen zu beiden Seiten , und S. Ka- tharina. Eben so bewahrte der Raum überdemKirchen-

(Fig. ä.)

gewölbe bis vor Kurzem noch wie die Kirche von Schwei- seher die zum Herahwerfeii bestimmten Steine und herbergt noch jetzt manche Erinnerungszeichen an die kriegerisehe Bestimmung desselben : Harnische, Helme und eine hübsch gearbeitete Streitaxt, welche selbst den jüngsten, für der- gleichen Alterthümer gefährlichen Zeiten der Zerstörung entgangen sind. Die löT(J gegossene Glocke bezeichnet mit ihrer Umschrift : verbnni domiiii manet in aeternum. opiis gporgh-s lefflcr 1 .i).7 .0 bereits den Übergang der Kirche an den protestantischen Gottesdienst. (Schiuss folgt.)

Die Kroninsignien Böhmens.

Von Franz Bock, Coiiservator des erzbischöllichcn Museums in Cöln.

I.

Die Kroue Kai-rs IV.

VDrauszuschicken , imd haben in den letzten Heften auch die Kroninsignien l'ngarns, da sie ebenfalls dem Mittel- alter angehören, zum Gegenstande einer vorläufigen Be- Wir haben in diesen Blättern den Versuch gemacht, sprechung gemacht. Da nun in dem vierten Theile unseres als Einleitung zu einem grösseren kunsthistorischen Werke, Werkes als Parallele zu den allelir« ürdigen Reichsklein- das auf Allerhöchsten Befehl in der k. k. Hof- und Staats- odien der deutschen Kaiser die Aufgabe gestellt ist, jene druckerei erscheinen soll, eine kurzgofassfe Beschreibung übrigen Iiisignien in vergleichender Beschreibung näher zu „der Kleinodien des heiligen deutschen römischen Reiches" erläutern, die ebenfalls, aus den Tagen des Mittelalters

232

stammend, zu dem deutschen Reiche in engfster Beziehung stiiudcn: so erübrigt es noch, in den naciifuiyenilen Arliiichi die Kroninsignieu n(.ihniens und der Lombardei, insofern sie chronologisch den deutschen Heiehsiileinodien analog sind, einer kurzen Beschreibung in allgemeinen Umrissen zu unter- werfen. Dank der unschätzbaren Kriaubniss des hohen Mini- sterium des Innern wurde behufs der stylgetreuen Abzeich- nung und Beschreibung eigends die feierliche Eröflnung des böhmischen Kronschatzes am 23. Mai d. J. vorgenonimen und, ofl'en gestanden, hatten wir uns der frohen Holfnung hinge- geben, auf mündliche Aussagen gestützt, jene Kleinodien in [iriniitiver Form vorzulhideu, die Karl IV.. der Luxemburger, nachweisbar für sich und seine Nachkommen auf den) Throne Böhmens hatte anfertigen las- sen. Bei derEr- öflFnung jedoch stellte es sich heraus, dass von den verschie- denen Kleino- dien nur allein noch die Krone die Tage Kai- ser Kiirl's IV. als ihre Entste- liungszeit bean- spruchen konn- te. Das Scepter, der Reichsapfel sammt Pluviaie und Stole gehi)- rcii ülfenbar der Zeit Rudolfs II. an , der in Hin- sicht seiner arti- stischen l'nter- nchnningen ein

zweiter Karl IN', für Böhmen und insbesondere für Prag genannt zu werden verdient. Da unsere Aufgabe nur darin besteht, die Kroninsignieu des Mittelalters, inso- fern sie in näherer Beziehung zu den deutschen Reichs- kleiimdien stehen , in den Bereich einer näheren Beschrei- bung zu ziehen, so mag es gestattet sein, im Folgen- den die Kroninsignieu Böhmens, die dem .Ausgange der Renaissance bereits angehören, bloss flüchtig zu skizzireii und bei der Besehreibung der äusserst merkwürdigen nnd gut erhaltenen Krone Karfs IV. länger zu verweilen.

Die böhmische Krone ist (vgl. Fig. 1) wie überhaupt die älteren Kronen in Kreisform angelegt und imitirt die alte

(Fig I.)

Form des Diadems, das in der ältesten Zeit bloss aus einem einfachen Stirnreif (f(VcH/«s, rcgnuni) bestand, und in der Spätzeit des Mittelalters durch einzelne Aufsätze (Zinken pintiul) und durch Einfügung eines einfachen oder Doppel- bogens formell weiter entwickelt und ornamentirt wurde. Dieses runde Stirnband misst an der böhmischen Krone zwischen 19 20 Centim. im Durchmesser, und hat das Stirnband selbst in seiner grössten Breite eine Ausdehnung von 4 Centim. 8 Millim. Dasselbe besteht aus vier beweg- lichen ausgerundeten Compartimenten , wovon jedes in seiner Ausbiegung 6 Centim. misst. Diese vier zerlegbaren '} Theile der Krone greifen gegenseitig durch Charniere in

einander, durch welche zur Be- festigung ein unten umgebo- gener Goldstift gezogen ist, der auf seiner Spi- tze mit einem blassrothen Ru- bin knopITör- mig verziert ist. Durch diese be- weglichen Char- niere hat der Künstler es er- zielen wollen, dass die Krone vorkommenden Falles durch ei- nen leisen Druck entweder ver- engert oder er- weitert werden konnte. Auch liess es die an- gedeutete Ein- richtung zu, dass hei grösseren Reisen die Krone schnell in einzelne Theile zerlegt und leichter verpackt werden konnte. Auf jedem einzelneu dieser vier Compar- timente erhebt sich in der Mitte, aus dem Stirnreifen allmählig heransteigend, ein stattliches Ornament in Form einer mittelalterlichen Lilie (tleur de lis), die in ihrer gröss- ten Ausdehnung 12 Centim. misst bei einer gleichen Breite. Wie das bei den meisten Kroneu des Millelalters der Fall ist, wird dieselbe von einem Doppelbogen (arcu.s) überragt. Auf dem Durchkreuzungspunkte dieses, 2 Centim. 7. Millim.

' ) Eine hhulichc Vorrichtung fimlet sich jn »iich im ilcr »Udciitschiiii Kaiser- krone, die sich uoch dieser Weise iu S Theile jerlej;cn liisst

233

breiten Doppelbogens ei'bebt sieb ein lateiniscbes Kreuz in Form jenes Kreuzes, wie es beute nocb die Ritter des deut- seben Ordens l'iibren, dessen grösste Ausdebnung 8 Centini. betragt. Im Innern der bobmiscben Krone ist jetzt ein unbeweglicbes Häubcben („pileus") eingefügt, das unmittel- bar in seiner äussern Rundung bis unter den Bügel ansteigt. Naeb diesen allgemeineren Andeutungen über die Grund- form der Krone Karl's IV. wollen wir jetzt zur Besebreibung der einzelnen Tbeile derselben übergeben und bemerken zu diesem Bebufe, dass jenes Compartiment, bestebend aus einem vierten Tiieile des Kreises, welcbes sieb unmittelbar über der Stirne als Fronton befindet, durcb die vermehrte Zabl der ungeseblitTenen Edelsteine reieher vor den übrigen sieb auszeichnet.

An dieser „latus frontalis-' iiedndet sieb nämlich in dem Stirnreifeii, unmittelbar unterhalb der Lilie ein praebtvoller ungescblilfener Saphir von hellstem Wasser, der in seiner grössten Ausdehnung fast 5 Centim. misst und an Gewicht mehr als 40 Karat hat. Von beiden Seiten dieses ziemlich regelmässig geformten Saphirs sind durch Stellung von ö ungescliliffenen „rubis balais" (balassus) auf der Fläche des Stirnbandes zwei Kreuze imitirt, die zu correspondiren scheinen mit der Formirung eines dritten Kreuzes, das auf der „fleur de lis'- durch grössere blassrotbe Rubine dadurch erzielt wurde , dass der Künstler den mittleren grossem Rubin durch vier andere gleichnamige Edelsteine ([uadra- tiscb umstellte. Jener „faber argentarius", dem bekannt- lich in Abwesenheit Karl's IV. im Auftrage der Königin Blanka vorstehendes Kunstwerk zur Ausführung übergeben wurde, scheint absichtlich sein Kunstwerk auf das Haupt eines Königs berechnet zu haben, der sieb mit Auszeichnung ein christlicher zu sein rühmte. Er hat daher nicht ohne Absiebt durch die symmetrische Stellung der Steine drei Kreuze ander vorderen Hauptseite der Krone erzielen wollen, sondern er bat auch seinem Kunstwerke auf seiner höchsten Spitze ein Kreuz eingefügt, dass in seiner Durcbbrecbung abermals ein kleineres Kreuzchen in Form einer kostbaren, geschittenen Camee zum Vorschein treten lässt, die, mit der Darstellung des Gekreuzigten als Basrelief in älterer byzan- tinischer Auffassung geschmückt, es deutlich erkennen lässt, dass dieser in Relief geschnittene Stein von jener älteren Krone herüber genommen wurde, womit, der Angabe älterer Schriftsteller zufolge, die Krone des heiligen Wenzel ge- schmückt war, deren Material Irrtbümlicher Weise von der Königin Blanka zu der vorliegenden Krone verwendet wm-de. Auch die viermalige Anbringung der „tieur de lis" scheint nicht ohne Absicht von dem Künstler gewählt worden zu sein ; denn bekanntlich war die francica oder francisca, die bereits unter Ludwig IX. in dem Wappen von Frankreich, nachweislich vorkömmt und die er als beliebtes Ornament von den Kreuzzügen heimgebracht das ganze Mittel- alter hindurch als Symbo der Mutter Gottes auch meist ornamental angewandt. Auch der ganze Habitus der Krone II.

ist durchaus ein mittelalterlicher und olVeiibar conform gehalten mit der älteren französischen Krone derKönige aus dem Hause Valois, die bis zur französischen Revolution im Schatze der königlichen Grabeskirche zu St. Denis aufbe- wahrt wurde. Auch diese war, älteren Beschreibungen zu Fidgp. über dem Stirnreif ^ierfach mit Anbringung der fran- cisca oder francica geziert, deren Formbildung vollständig identisch ist mit der fleur de lis, die auf den vier Selten der böhmischen Krone, wie idien ber:icrkt, angebracht Ist. (Vergl. obigen Holzscbnilt.J Es kann diese Identität nicht auffallend erscheinen , indem es so zu sagen die fest- stehende , conventioneile Oriramentatlon der Kronen der christlichen Könige des Occidentes gegen Scbluss des XIII. und im [/aufe des XIV. Jahrhunderts war. Aucii darf es nicht ausser Acht gelassen werden, dass die Genrahlln Karl's IV., in deren Auftrag und Leitung bekanntlich die Krone angefertigt wurde, eine französische Prinzessin war aus dem Hause der Valois, und dass es niclit unwahrscheirdich ist, dass unter dem bestimmenden Einflüsse der Königin der „oplfex" die vorstehende Form gewählt bat. Wir unterlassen es nicht als Parallele zur Krone Karl's IV. noch darauf hinzuweisen, dass auch vollkommen analog mit der vorliegenden böh- mischen Krone jenes Diadem geformt ist, das sich aus dem Reginne des XIV. Jahrhunderts als „Corona funeralis" in dem Grabe einer ungarischen Königstochter von dem neapo- litanischen Geschlecbte der Anjou vorgefunden hat und heute noch Im Natlonalmuseum zu Pesth aufbewahrt wird; dieses Diadem ist jedoch im Achteck gehalten und ist keine Corona clausa, sondern eine Corona aperta, indem an dersel- ben der überspannte Doppelbogen gänzlich fehlt. Auch hat diese Krone statt der Zinken in Form von di-eieckigen Gie- belfeldern auf dem Stirnreif jedesmal eine francisca, die vollständig conform ist mit der oben besprochenen fleur de lis an der böhmischen Krone. Dessglelchen findet sich in der reichen Schatzkammer des ehemaligen kaiserlichen Krönuna-s- Stiftes „Unserer Lieben Frau" zu Aachen imd zwar auf jenem kostbarenßrustbilde, das als rellqularlum den Schädel Karl's des Grossen birgt, eine Krone, die frappant ähnlich hin- sichtlich ihres äusseren Aufrisses und ihrer decoratlven Ausstattung mit der In Rede stehenden böhmischen Krone gehalten ist. Auch diese zeigt auf dem Stirnband die vier Lilien in derselben Formation, wiesle an der Krone Karl's IV. vorkommen und es fehlt auch hier der Doppelbogen.

Dieselbe eben beschriebene Ornamentationsweise, die auf eine ElVectwirkung in die Ferne berechnet ist, ist auch consecfuent an den drei übrigen Compartimenten der Krone befolgt, jedoch mit dem Unterschiede, dass in dem untern Stirnreif statt der Formation von zwei Kreuzen durdi fünf Rubis balais hier gleichmässig drei grössere, derb gelasste ungescbliirene Edelsteine in Farbe, abwechselnd zu drei und drei horizontal gestellt, angewa ndt sind. Auf den drei andern Lilien hat der Künstler ebenfalls den Schmuck der edlen Steine und die Stellung derselben so anzubringen gewusst,

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ihiss liadiiirh eboiiüilLs wiL'ilcr, wie schon (ibiMi lieiiiL'rkt.die Kreuzesform erzielt wird. Siimmtliche vier Mnrienlilien lin- den in einer rejjelinassifit fjefürinten orientiilisclien Perle (perle liouton) von l)edeutendem Inifange ihren Ahschluss. und zwar sind diese Perlen auf den überhöhten Spitzen der franeica so gestellt, dass sie durch ein aufgenietetes Goldblcoli in einem Idiitterfürinigen Ornament einen zier- lichen llintergrunil erhalten. Die durehhuhrte Perle wird nach vorne hin befestigt durch ein Goldkuö|iffhen, das im Innern mit einem kleinen Smaragd gesehmiickt ist. Was nun die Anbringung der ungesehlill'enen Kdelsleine betrilTt. so muss gesagt werden, dass es der Künstler nicht verstanden bat, binsichtlieh der Fassung, die er wählte, die Einfügung des reichen Steinsehnmckes so zu gestalten, dass sie der böhmischen Krone als hellglänzende Zierde diente. Es irat nämlicli der „aurifaber" seine iiracbtvollen Saphire und Hubine nicht cnjotir gefasst und sie vermittelst einer Cnrdo- nirung auf dem darunter ausgeschnittenen Goldbleche auf- gesetzt, wodurch er ähnlicli wie au der deutseben Krone ihre schimmernde Durchsiciitigkeit gewahrt hätte , sondern er bat unbegreiflicher Weise seine Edelsteine von bedeu- tendem l'mfange in Goldkästen (leetulum) gefasst, die sich nach hinten trichterförmig zuspitzen und noch zudem auf einen <juadratischen Sockel in einer Weise aufgefngt sind, dass die Fassung allein ohne Stein oft l'/o 2 Centimctres hoch auf der Stirnplatte und auf den Lilien hervorragt. Es ist niebt zu verkennen, dass dadurch zwar die Steine effcct- voll und kräftig hervortreten, dass aber auch zugleich durch die Fassung die Durchsichtigkeit derselben gänzlich ver- loren gebt und der Krone im Ganzen ein schwerfälliges niibebolfenes Äussere verliehen wird. Auch lässt es sich nicht in Abrede stellen, dass durch die schwere Fassung der Steine und durch die Dicke des Goldbleches eine über- mässige Scbwere unnötbiger Weise herbeigeführt worden ist '). Die Ornamcntation und Fassung der Steine auf den schmäleren Guldblecheu des sich durchkreuzenden D(ip[iel- bogens ist viel zierlicher und feiner. Es befinden sich näm- lich auf den schmalen Goldstreifen dieser Doppelbögen in der oben angegebenen Breite drei schmälere (joldbleche aufgenietet, wovon die beiden grösseren eine Länge von IJ Centim. S Millim. haben, bei einer Breite von 1 '/j Centim. .\uf jedem einzelnen der Viertclkreise, wodurch der Doppel- bugen gebildet wird, zeigen sich zwei grössere solcher auf- genieteten Goldbleche von einem Filigranringe contourirt. die jedesmal eine kleinere quadratische Metallplatte ein- fassen, auf welcher entweder ein orientalischer Hnbin oder ein Smaragd von vier grösseren Perlen umgeben, eingcfassl ist. Auf dem grösseren Goldbleche erblickt man als Ornamente in kleineren Goldkapseln gefasst 5 Edelsteine von derselben

•} Wäre der Goldschmicil dir liöliiiiisclien Krone mehr KünslIiT als Seliinieil gewesen, gewiss würde er dann niil dem ihm von Karl IV. ühcrlinforldi Materiale atis;?ereic)il liahen.

Oualität, Min denen der mittli're grössere ein nnbin oder Smaragd abwechselnd ist, der auf beiden Seiten von vier kleineren Edelsteinen in abwechselnder Farbe umstellt wird. Diese drei schmälei-en (loldsti'eil'en als l'nterlage für die Steinfassung sind durch Cliarniere liligrauformig ausgear- beitet, mit einander verbunden und scheinen dieselben nicht primitiv der Krone gehört zu haben, sondern et\Nas später als Ornament auf den unterliegenden breiteren Metallstreifen aufgenietet worden zu sein. Auf dem Scheitelpunkte der sieb durchkreuzenden Bogen ist, wie oben bereits bemerkt, das Zeichen der Erlösung in Form eines Deiitsebritter- Kreuzes auf eine einfache Weise eingefügt. Dieses Kreuz- eben, auf seinen Flächen glalt gehallen, hat eine Dicke von kaum '/j C'entimeter. Diebeiden tjuerbalken desselben sind mit einem bohneuförmigen blassen Hubin verziei't; auf der Spitze desselben befindet sieb ein Sajibir von ziemlich regelmäs- siger Bildung. Auf den Flacbseilender Dicke dieses Deutsch- ordeuskreuzes liest man in gotliischeu Majuskelscbril'ten folgendes Legendarium : „bic est spina de corona domini." Die Inschrift besagt also, dass das Kreuz, welches die böhmi- sche Krone überragt, als eine .Art reliquiarium zu betrach- ten sei, in dessen innerer Höhlung sieb ein Dorn von der Krone Christi befinden soll. Diese Reliquie ist jedoch nach aussen bin heute nicht ersicbtlich. Der unstreitig älteste Brucbtheil der Krone besteht aus einem in Relief gesciinit- tenen Saphir, ein kleines Kreuzchen formirend, 2% Centim. lang, mit gleich langen Querbalken, das auf seiner äussern Fläche als Basrelief heraustretend, die Darstellung des Ge- kreuzigten in byzantiniscber.Vull'assungsweise zeigt, stehend auf dem „suppedaneum" . mit geradlinig ausgebreiteten Armen, nach dem Spruche: „stabaf Christus benediceiis in cruce." Wie das bei den meisten Byzaulinern der Fall ist, befinden sich zur Seite des Gekreuzigten, um anzuzeigen, dass der Heiland der Herr des Weltalls ist, die allegorischen llalbfiguron von Sonne und Mond, die beim Scheiden des- selben „ihren Schein verloren", was hier bei den Kugeln durch Verhüllen des Gesichtes angedeutet ist. Über dem Antlitz des HiMlandes selbst ist ein dritter schwebender Engel dargestellt, ebenfalls als „plangens" ; zu beiden Seiten auf den beiden Balken des Kreuzes erblickt man zart eingeritzt die bei ähnlichen griechischen Darstellungen selten felilende Inschrill in .\bkiirznngen IIIS XPS -rorv;:.. Was die ganze Aulfassung und Darstellung des Heilands belrifl't mit tief herunterfallendem Scbürztucb. so glauben wW mit Grund annehmen zu müssen, dass diese gescbnilleue Camee gegen den Schluss des XII. .lahrbumlerts von griechisclien Künst- lern etwa in Mittelitalien ihr Entstehen gefunden haben dürfte. .leuen. iWv lu'i der böhmischen Krone mehr auf den Wei'lh des Goldes und der geschlilTenen Steine, als auf ilie Composilion und die artistisch-formelle Beschalfenbeit der- selben Werth legen, diene hier naciifolgendc Hinzufügung: die Krone Karl's IV. wiegt mit Einscbuss der Edelsteine und Perlen und dem llänbchen im Ganzen 4 Pfund

23S -

ISVi Loth'). Es befiiiden sich auf den einzelnen Compar- timenten derselben nach der Zählung, die wir am Originale selbst vorgenommen haben, eine solche Menge von grös- seren Saphiren, Smaragden, blassrothen Hubinen, orientali- schen Perlen, dass der reelle Gesammtwerth der Krone wohl auf 23,000 fl. anzunehmen ist. Wir wagen es nicht zu bestimmen, ob vorliegende Krone Karins IV., die ohne den geringsten Zweifel als die alte authentische zu betrach- ten ist, ursprünglich mit einem befestigten Haubehen im Innern (pileus) versehen war. Wie wir an anderer Stelle bereits früher nachgewiesen haben, wurde, da die Könige im Mittelalter häufiger in der Krone zu erscheinen pflegten, bei jeder neuen Krönung ein bewegliches caputium eigens angefertigt, das für sich allein frei und beweglich bestimmt war, vorAnlegung der Krone aufgesetzt zu werden. MitGrund steht zu vermuthen, dass auch primitiv an der vorliegenden Krone dieser ..pileus" beweglich war; mit Siclierheit kann aber behauptet werden, dass das heute in der Krone befindliche Häubchen mit eineni unschönen verworrenen Muster des Rococo dem XVIII. .Jahrhundert angehöre. Eine nähere Untersuchung des Innern Futterzeuges verschafl'te uns auch die Gewissheit, dass der ältere pileus aus schwerem angemustertem Rothsammet bestand, der nicht ohne Absicht hier seine Anwendung gefunden hat, indem auf der roth- sammtenen dunklen Unterlage als Hintergrund die Gold- ornamente der Krone effeetvoller hervortraten als dies heute auf dem drap d'or der Fall ist.

II.

Enveloppe in Form eine»« kleinen kreisförmigen Kastens in illiiminirter Leilerplaslik zur Aufbe- wahrung der böhmischen Krone.

Dieses „futrum" stimmt in seinen Dimensionen ziem- lich überein mit der „capsa", die auch zur Aufbewahrung der deutschen Reichskrone fast zur selben Zeit angefertigt worden ist.

Die zur Bewahrung und zum leichteren Transporte der böhmischen Krone dienende Enveloppe misst in ihrer grössten Höhe 25 '/^ Centimetres und beträgt der Durch- messer derselben 32 Centimetres. Dieses in Rede stehende Futteral besteht aus 2 Theilen, einem unteren Comparti- mente zur Aufnahme der Krone und einem oberen Tlieile als halbkreisförmigen Deckel; die untere Lade ist im Innern mit einer koplTörmigen Erhebung ausgefüllt und mit einem gerotheten Leder als Futterzeug belegt. Auf dem äusseren, 9 Centimetres hohen Rande des unteren Theiles zum Einsetzen der Krone sind in Lederplastik Laubornamente angebracht, in grüner Farbe illuminirt, durch welche

') Da in fielegeiiheitsschriften dem böhmischen Gran immer ein bedeutend grösseres üewicht beigelegt wurde, so sahen wir uns veranlasst, durch eine Goldwage das eben beieichnete Gewicht mit üestimmthcit ermit- teln zu lassen.

sich roth gefärbte Adern ziehen , die Stengel der Blätter vortretend.

Von diesen Laubornamentationen umgeben, deren Con- toiiren zur .4btrennuiig mit einer eingeritzten \ ertiefung inarkirt sind, erblickt man auf dem unteren Theile, im rothen Wappenschild, die vordere Hälfte eines Pferdes in weisser Farbe. Auf der gegenüberstehenden analogen Seite zeigt sich, von ähnlichen Laubornamenten umgeben, ein zweites heraldisches Schild, das auf schwarzem Felde von einem gelben Querbalken horizontal diu-chzogen ist.

Die beiden Hälften bilden sich durch zwei gegenüber- stehende Halter oder Ohren von Leder, durch welche ein starker Lederriemen in der Breite von i\/.. Centimetres sich durchzieht, der auch durch eine entsprechende ohrenformige Olfiiung auf dem oberen Deckel durchgezogen werden kann. Wir glauben nicht annehmen zu sollen, dass dieses „futrum" vornehmlich dazu diente die böhmische Krone aufzunehmen, wenn sie nach der Krönung eine bleibende Stelle unter den übrigen Kleinodien und Reliquien im „armarium" der reichen Schlosscapelle zu Karlstein eingenommen hatte, sondern es scheint dieser Tragriemen anzudeuten, dass sie angefertigt wurde, um die Krone auf Reisen und Umzügen leichter und sicherer transportiren zu können. Der obere, grössere Theil der „capsa" ist jedenfalls in formeller Beziehung reicher und interessanter, als die eben beschriebene untere Hälfte gehal- ten. Auch dieser Deckel ist durch den zu beiden Seiten durchgezogenen Tragriemen in 2 gleiche Hälften getheilt. In jeder dieser Abtheilungen liest man, in je 4 Reihen über einander geordnet, folgendes Legeiidarium in lateinischen Majuskelschriften , die bekannte Künstlerschrift, wie sie con- stant das XIII. und XIV. Jahrh. hindurch gebräuchlich war:

„Anno Doniini MCCCXLVII (1347) Dominus Carolus, Romanorum Rex et Bohemiae Rex nie fecit ad honorem Dei et beati W^enceslai martyris gloriosi."

Diese Spruchbänder sind mit schmalen Streifen abge- grenzt und sämmiliche Charaktere sind in siegellackrother Farbe auf schwarzgebeiztem Ledergrunde mit stumpfem Stichel derb eingeritzt. Auf der oberen Rundung des Deckels zeigen sich zwei Wappen von einem Kreise eingeschlossen, und zwar erblickt man an der Ehrenseite rechts ein gelbes Wappenschild mit der schön stylisirten Darstellung des ein- köpfigen deutschen Iteiclisadlers in schwarzer Farbe; in dem gleich grossen dabei belindlichcn Schilde zeigt sich auf rothem Felde der aufrecht stehende gekrönte Löwe Böhmens in weisser Farbe mit gespaltenom Schweif. Die übrigen Flä- chen der Rundung sind ebenfalls wieder durch Laubverzie- rungen in grüner Farbe mit rothem Blattnerv ornamental ausgefüllt. Da der Inschrift gemäss im Jahre 1347 diese „bursa" ihr Entstehen gofmulen hat, zu einer Zeit, wo Karl IV. noch nicht die Kaiserkrone in l{uni empfangen hatte, so lin- den der einköpfige deutsche Reichsadler und der böhmische Löwe leicht ihre Deutung. Das oben bezeichnete \\'appen- schild auf dem Fusstheil der Enveloppe, ein weisses Pferd

236

iiiif rotlieiu Gniiui, ist (l;i.s heraldische Zeichen des edlen Ge- scliieehtes der von Pardubiz, aus welcher Familie Arnestus, der erste Erzhischof der Prager Kirche, hervorgcgaiicjon war. welcher den erzliiscliötliciien Stuhl ziei'te vom ,i;ilire J343 11564. Da, wie bekannt, Blanka von Valois die Krone des lieiligen Wenzel dazn verwandt hatte, um in .Vhwesen- heit ihres Gemahls Karl's IV. beim .Migaiijj des noch erfor- derlichen Goldes die böhmische Krone in ihrer jetzigen Gestalt anfertigen zu lassen und Karl IV bei seinem Znriick- konuneii, über das Versehwinden der Krone vom IlaM|ite des heiligen Wenzel untriistlich , vom Krzliischof Ai-nestus den Rath erhielt, die neue Krone nach der jedesmaligen Krönung eines Königs zu den Reliquien des eben gedach- ten Landespatrons zurückzusenden, so erklärt es sich, wie der Künstler auf dem Futterale das eben gedachte W'appen des Erzbisehofes und das andere des Prager Metro- nolitancapitels (namüeh ein goldener Ralken in schwarzem Felde) anzubringen sich berechtigt hielt. Es erübrigt nur noch die Beantwortung der Frage, ob durch die angezogene Inschrift das Jahr 1347 als die Zeit der .4nfertigung der böhmischen Krone soll betrachtet werden, oder ob das „me fecit- zunächst nur auf Anfertigung des „feretruni" bezogen werden solle, worauf dieselbe sich befindet. Wir unsererseits »■tauben, dass die ijesagte Inschrift sicli auf den Inhalt der capsa (das ungleich Wichtigere), die Krone, beziehe und es

jedenfalls als eine l'nbescheidenheit dem schlichten Verfertiger der Envelopjte gedeutet werden könnte, wenn es weiter in der Inschrift beisst: er habe sein einfaches Kunstwerk von inin- (Icrer Bedeutung dem höchsten Zwecke, nändich; „ad hono- rem Dei et beati Wenceslai martyris glnriosi" gewidmet und ilie Krone, der es eigentlich als receptaculnm dienen sollte, als Nebensache dabei betrachtet. Dank der Vorsorge und dem Kunstgeschmacke des grossen Luxemburgers, wie ihn das dankbare Böhmen nennen muss. hätten wir also von allen Kronen der Cbrislenheit , die noch unversehrt auf unsere Tage gekonnnen sind, nur nodi eine und z«ar die böhmische, bei welcher eine glücklich erhaltene Inschrift inis nicht nur den Namen des Anferligcrs, sondern auch das hestinunte .lalir der Entstehung deutlich erkennen iiesscn. In Betreif der frappanten Analogie, die diese Capsa mit dem „futrinn- hat. worin die Krone des heiligen deutschen Reiches aufbewahrt ^var, und, die ebenfalls mich heute im Kaiser- schatze zu Wien vorlindlieh ist, so muss unbedingt zugegeben werden, dass, wie der Augenschein lehrt, auch dieses futi'um der ähnlichen Vorsorge Karl's IV. für solche Kleinodien sein Entstehen zu verdanken hat und dass, wenn dieses Futte- i'ale nicht aus der Hand desselben Kunsthandwerkers her- vorgegangen sein sollte, es doch in demselben Systeme und in verwandter, aber delicatcrer Technik und mit grösserem Kunsttleisse gearbeitet worden ist.

Der Elisabeth-Dom zu Kaschau in Ungarn.

(Mit zwei Tafeln.)

I.

Je weiter die kunstgeschichtlichen Forschungen auf dem Gebiete der mittelalterlichen .\rchiteclur bei uns vor- schreiten, desto bestinunter wird die Wahrnehmung, dass wir in Österreich an bedeutenden kirchlichen Bauwerken, welche das Ge[)räge der e r s t e n B 1 ü l h e z e i t der G o t h i k an sich tragen . eine verhältnissmässig geringe Anzahl auf- zuweisen haben. Nach der ersten Hälfte des Xlll. Jahrhun- derts, mithin in jener Epoche, wo in Österreich noch oft rein romanische Stvlformon in Anwendung kamen ui\d der Spitz- bo"-en nur in Verbindung mit älteren Bauformen anzutref- fen ist, scheint im Allgemeinen die früher herrschende Bau- thätigkeit nachgelassen und ein Stillstand eingetreten zu sein, welcher die eben erwähnte Lücke hervorrief.

Man kann wohl in Betracht ziehen, dass in dem Zeit- räume, welcher die zweite Hälfte des Xlll. Jahrhunderts und die erste Hälfte des XIV. Jahrbundorts umfasst. weder in den österreichischen Slauuulandeii, noch in rngarn, Böh- men, Mähren u. s. w. so gesicherte politische u\)i\ diu-ih Raub- und Verwüstungsziige barbarischer Vidker nicht be- rührte Verhältnisse wie im westlichen Deutschland bestan- den. Das .Aussterben der letzten Babenberger, die in Öster- reich das Signal zu neuen blutigen Kämpfen abgaben, die erbitterten Kriege zwischen Rudolf von Hahsburg und Ottokar

von Böhmen, die verheerenden Züge der Mongolen und die Zerstörungswuth der Kumanen , die an der Seile der Tugarn in Osterreich erschienen , hatten zwar viel Furcht und Schrecken für jeden Besitzstand verbreitet und mehr Sorge für das Bestehende als Lust und Liebe zu neuen kostspie- ligen Schöpfungen wachgerufen, aber man kann diese Zer- störungen, weil sie nicht aus Giaubenskämpfen, wie später in Böhmen, hervorgegangen, doch vorzugsweise blos auf l'rofanbauten anwenden, um) die geringe .\nzahl bedeutender gollesdienstlicber .-\rchiteclurwerke nach unserer Meinung aus diesen ViM'hältnisseii allein nicht erklären. Es drängt sich uns vielmehr in dieser Hinsicht die l.'berzeugung auf, dass, weil nach den Kreuzzügen die ganze grossartige Erschei- nung des riitterlhums sich in weltlichen (ienüssen nml Lei- denschaften zu verflachen begann, auch die opferwillige Begci- geisterungdessclben für religiöse Zwecke etwas nachgelassen bat. Es scheint uns ferner berücksichtigungswerth, dass bei inis die Gründung der meisten und grössten Klöster und Kirchenbauten erst ein oder zwei JalnhuMdert früher (unge- fiilir zwischen lOöfl 12,)0) erfidgt und daher theils die Aidage neuer .\bteien und Plärren im N'erhältnisse zu der vorsehreitenden Vermehrung der Bevölkerung nicht \ orhan- den war, theils Neu- und Erweiterungshaufen besondere Ereignisse ausgenommen sich nicht als ein dringendes

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537

Bedürfniss herausgestellt hittteii. !ii jenem Zeitr;uiiiic eiullich hielten weltliche und geistliche Fürsten ihre Blicke vdrzngs- vveise aufDeutschland gerichtet, wo Macht, Einfluss und Beidi- thum zu suchen war, und sie dacliten wenig daran, in dem fernen, von der neuen Cultur noch nicht ganz durchdrungenen Osten eigentliche Pracht- und Luxusbauten aufzuführen.

Um so wichtiger und interessanter für das Studium der Kunstgeschichte wird daher jedes einiger Massen bedeu- tende Bauwerk sein, dessen Entstehung , der Clironologie nach, in die Zeit fällt, welche bei uns die erste Blüthezeit der Gothik umfasst.

Ein solches Denkmal dürfte theil weise der El i sah et h- dom zu Kaschau sein, ein Bau, welcher bereits von den verschiedensten Seiten allgemeine Aufmerksamkeit auf sicli gelenkt und Anlass zu den interessantesten Beobachtungen gegeben hat.

Das Verdienst, zuerst von kunsthistorischem Stand- punkte aus auf dieses schöne Bauwerk aufmerksam gemacht zu haben, gebührt dem begabten und in früheren «Jah- ren auf dem Gebiete der ungarischen Kunst und Alterthums- forschung äusserst fleissigen Schriftsteller Dr. Henszl- mann. Zu einer Zeit, wo in Üsterreicli nur sehr vereinzelte Bestrebungen für die Pflege der mittelalterlichen Kunst Sorge trugen, wo man kaum über die Bedeutung und den Werth der christlichen Archiiologie im Klaren war. hatte sich sein Geist und seine Phantasie schon ausgebildet in den Werken von Stieglitz, M ol 1er, Boisser ec u.s. \v. und angezogen gefühlt von jenen herrlichen Schöjifungen des Mittelalters, welche uns zeigen, was die Kunst zu leisten im Stande ist, wenn sie grossen und erliabenen Zwecken dient und sich ihnen mit edler glaubensstarker Begeisterung anscbliesst. Von seltener Liebe für die Wissenschaft erfüllt und zu nicht geringen Opfern für dieselbe bereit, begann er im J. 1846 ein Werk unter dem Titel: ..Die Kirchen zu Kaschau," zu veröftentlichen '), das ein treffliches Zeug- niss seines Kunstverständnisses abgibt und unter den uns bekannten und auf diesem Gebiete in Ungarn erschienenen Arbeiten vielleicht die einzige ist. welche noch jetzt als ein wirklicher Gewinn für das Studium der mitteliiltcrliclien Archäologie angesehen werden kann.

Das Werk erschien ohne jedocii v(dlendet zu wer- den — in ungarischer Sprache, es fand desshalb ausserhali) den Grenzen des Landes eine sehr geringe Verbreitung und bis zum heutigen Tage noch nicht die verdiente Beachtung. Aus Gründen, welche zu untersuchen hier nicht am Platze sein dürften, unterliess Henszlmann wiewohl im voll- ständigen Besitze der Sprachkenntnisse die Veranstaltung einer deutschen Übersetzung und daher kam es. dass sein Werk in der deutsclien Kunstgeschichte nur dem Namen nach bekannt ist.

') In ungarischer Spraelie lautet der Titel: Kassa viu-osänak n Nemel stjlü templomai rajzolii es magyar;;zii Dr. II e n s zl in a n n hure. Pesten. LanJerer es Ileckenast 1840.

Bei dem schon erwähnten grossen Interesse, das sich an den Elisahetlidom zu Kaschau knüpft, veranlassten wir daher eine Ibersetzung des Hensziman n'schen Textes, die Herr Professor Karl Schröer in Preshurc; so gefällig war zu übernehmen.

Die einfache Veröffentlichung der l'bersetzung schien Ulis jediich weder passend noch zweckmässig. Passend aus dein (jr le nicht, weil es uns ungerecht scheint, die An- schauungen und Hypothesen eines Schriftstellers nach zehn Jahren erst unter ein sachverständiges Publicum zu bringen, \\elcbes durch die rasch vorgeschrittenen Resultate der Wissenschaft in der Hauptsache nicht mehr auf leere Ver- muthiiiigen und gewagte Hypothesen angewiesen ist; zweck- mässig desshalb nicht, weil Manche unserer Freunde, welche aus diesen Blättern sichere und bestimmte Resultate schöpfen w(dlen . durch Henszlmann's archäologische Excurse leicht zu irrigen Deutungen veranlasst werden könnten. Wir haben daher eine Bearbeitung des Textes mit Bück- sicht auf den gegenwärtigen Stand der Geschichts- und Alterthumsforschung unternommen , und werden die An- sichten Henszlinanns nicht verschweigen, wo sie für die Begründung einer Thatsache charakteristisch erscheinen. Wir verhehlen uns aber hiebei nicht die Schwierigkeit des Unternehmens. Einerseits können wir nicht unmittetbar aus dem Originale die Bearbeitung des Textes schöpfen, ander- seits fordert man in unserii Tagen, und zwar mit Becht, die möglichst delaillirte und genaue Beschreibung eines Objectes. Jeder aufmerksame Beobachter will nicht nur aus der Zeichnung, sondern auch aus der Beschreibung ein leben- diges Bild des Gegenstandes gewinnen, um selbst Ver- gleiche anstellen und die Stichhaltigkeit oft vager Bt^hanp- tiiiigen prüfen zu köiinen. Dies sind wir jedoch nach dem Hensziman n'schen Texte höchst unvollkommen zu liefern im Stande, und wir können uns nur auf einzelne Ergänzun- gen beschränken. Aus diesem Grunde halten wir auch die Beschreibung und Würdigung des Kaschaiier Dtunes mit der nachfolgenden Darstellung nicht zum Abschlüsse gebracht und sind geiMie bereit, auf dieses Object zurückzu- kommen, wenn eine sachkundige Feder es unternimmt tluich an Ort und Stelle gewonnene Überzeugungen ein erschöpfen- des Bild dieses herrlichen Kunstdenkmals zu liefern und all- fällige Irrthümer zu berichtigen.

IL

Die fromme und miliithätige rjaiidgrällii Elisabeth. Gemahlin des auf. einem Kreuzzuge zu Otranto 1227 mit Tode abgegangenen Landgrafen Ludwig IV. von 'l'hürin- gen und Hessen, starb nach zahlreichen Leiden und Verfol- gungen im J. 1231 zu Marburg und wurde auf Verwendung ihres Schwagers, des Herzogs Konrad. Hochmeisters des deutschen Ordens zu Marburg, der sie im Leben elien am beftigstcn verfiilgt hatte, im J. 123ö zu Perugia feierlich heilig gesprochen.

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Dio Sühne ilcsselben FürsttMi ging noch weilL-r, iiulcni er zu lilireu ili r i'Ihmi heilig gesprochenen Elisabetii im Anglist (Icsselhen .hilires den Grund zu einem ihr gew cihteii Dome in Marburg legte, der, in dervcrhiiltnissnütssig iiurzen Zeit von 48 Jahren vollendet, noch heute besteht und zu den schönsten und merkwürdigsten Kirchenbanten von Deutsch- land gezählt wird.

Die hohe Verehrung, deren sich die heilig gesprochene Fürstin im ganzen Lande erfreute, und die engen Bande der Blutsverwandtsehat't, worin dieselbe zu den Arpadeii-Ki'migeu in l'ngarn stand '), machen es Jlensz Iniann wahrschein- lich, dass die unter Bela IV. nach Kaschau eingewanderten Deutschen aus Thüringen und König Stephan, dessen Gross- tante die Heilige war. sich vereinigten, zur Verherrlichung der heil. Elisabeth den Kaschauer Dom zu erbauen •). Die Gründung der Kirche würde daher nach dieser Annahme in die .Jahre 1265 1271 zu setzen sein.

Mit dieser Behanidung geräth aber Henszimaiin in Widerspruch mit den Angaben aller bisherigen Geschicbt- schreiber, welche die Entstehung der Kirche der Königin Elisaiietb, Gemahlin Karl Hobert's von l'ngarn. zuschreiben und annehmen . dass der Grund zu dieser Kirche um das Jahr 1324 gelegt worden sei ').

Gestützt auf zwei Urkunden aus dem Kaschauer Stadt- archive sucht jedoch Henszimaiin ilio Glaubwürdigkeit seiner Behauptung ausser Zweifel zu setzen und zu folgern, dass zu Ende de s XIIl. Jahr li n nde r t s ein Tlieil d e r Kirche seh o n volle ii d e t w a r.

*) Sie war die Tot-Iilei- Kiiiiii; Aiulreu.s" II. iiitil die Seliwestt'i- des Konij;s Bela IV.

-) Wie übrigens einer L'i-knnde der .Moiiiiiiieiital-Statistik der Insel Schutt verfasst von Ciinservator .\ r n o I d v. [ p o I y i - S t u m n) e r , welolie der k. k. Central - C4)nunission im Manuscripte \'orIiegt zu entnehmen ist, so wurde schon 1244 die erste Elisahethkirelie in l'ngarn eri-ichtet, und zwar durch zwei aus Thüringen /.ui*iickkehrendc Diener der heiliy;en Elisaheth, zwei l'ng;aru mit Namen Parkas und David.

•*) Die von uns näher untersuchten historischen Quellen sind : Cassovin nova et vetus. Chrouologice preposita. Cassoviac 1732. nerausgegeheii von dem Jesuiten Timou. Derselbe bemerkt in dem Abschnitte, wel- cher der Elisaliethkirche gewidmet ist : „llaee igitur vivente eliatn- num Carolo niarito annuni circiter MCCCXXIV propria cumpriniis pietale tum et preeihus civiuni qtiihus angustum nimis erat vetus Divi -Michaelis tempellum, inipiilsa. prima celebcrriniae fahrieae jecit funda- menta , multiim promovcnte insigneui cnnjnj^is pielatcm We^iii viro." In dieselbe Zeit und zwar wie es scheint nach dieser Quelle, ist die Entstehung dieses l>i>mes dalirl in R o m ba r di l'opographia llungai-iiie, Szepesba'zy und Thiele: .Merk«iirdigkeiten des Königreiches Tngarn 1825, I, 107, Korabinsky Ocog. bist. Lexikon von l'ngarn. Prcsburg 1786. Die Crkundenwcrke: Wagner, Analeeta Scepusii, Viennae 1774- und Kcjcr Codex diplomalicus enthalten zwar einen grossen Theil der Urkunden aus dem Kaschauer Stadtarchive, wir haben in denselben jedoch über die Gründuugszeit der Kirche keiner- lei genügende .Xufschlüsse finden können. Wie wir ferner einer brief- lichen Millheilung aus l.eulschau entnehmen, ist der grössere Theil der Urkunden im Kaschauer Stadtarchiv noch ungedruckt. Bei dem Kleisse und eifrigen Studiunt Henszlmann ist jedoch wieder niclit anzunehmen, dass er keine der.<)ellieii nnbeniilzt gelassen hat, welche für den Bau von entscheidender Wichtigkeit gewesen wäre.

Die eine L'ikuiule, eine Anordnung des Bischofs Martin vom J. 1283 betrellend, enthält folgende Stelle:

„CniifiucnlKs t'it iioblx Antoldiix Hcclov KcvIcsUte St. Elimfn'lliae de Casm , quod commc/idator et Fnitres liospitnlis St. Jodiinis de Jerosolymitani, de regn/i Alba Vespiiiiiiensis Dioecesis, super /lospilali paiipenim villae ilc Cass^a, (• idem ecctesine ah antiquf a i/ii c.vo.i/ui- hnsdum rfditiliun et reliua aUiixiiijuriantnr cidcm. idcoque discretioni vestrae de iilriusque pnrtis Procuratonim nssensu per ttjtoi^tidled sciipln m(tiid((mu>i quateiiiiH pitvtibtat con- rocati.i uudiutls cuunam et appclulione remutu fiiie dcbito i/ecidatis, facieiifes quod derrevistis per censurum Eccle- siasticam oblcmperari elC'

Aus dersellieii geht nun allerdings hervor, dass im ■I. 1283 schon eine Kirche der h. Elisabeth liestanden, dass diese bereits einen Rector besass und der Kirche das Armen- spital der Stadt Kascliau von Alters her angefügt war (^ab iintiquo adne.v(i). Die \ ereiniguiig einer Kirche, welche zur Verherrlichung der h. Elisabeth bestiinint war, mit einem Krankenhause ist ferner um so mehr angemessen, als diese Heilige sich durch die Pflege von Kranken besonders ver- dient gemacht hatte. Die Bestätigung des gew'onnenen Besultates liefert nach der Ansicht Hensze Im aiiifs die zweite l'rkuude . ausgefertigt von dem Bischöfe Andreas v. Erlau im J. 1292, dadurch, dass sie von demselben plebanus Arnold spricht und bezeugt , dass die Kaschauer gegen das Ende des XIH. Jahrhunderts sich schon so kräftig fühlten, um vom Zeheiit befreit zu werden, welchen sie tlem Erlauer Domcapitel zu zalilen verpflichtet waren, von welchem Rechte aber der Erlauer Bischof weder gern noch frei- willig abstehen wollte.

Wir glauben iiidess, dass Henszlmann ans diesen ITrkiiiuleii eine l'alsche F(dgcruiig zieht. Nach unserer Über- zeugung geht daraus nur hervor, dass im Jahre 1283 schon eineKirche der heiligen Elisabeth bestanden hat; es ist aber desshalb nicht gerechtfertigt anzunehmen, dass unter dieser Kirche der gegenwärtige Dom zu verstehen ist. Bei der später folgenden Baubeschreibung werden wir im Gegen- theile als sehr wahrseheinlich ersehen, dass an der Stelle der jetzige Kirche eine ältere bestanden hat.

DaNeubaiiten vim inittelalterlichenKirchen, den Gesetzen der Liturgie entsprechend, gewöhnlich in der Biehtung von Osten nach Westen begonnen wurden, so schien es auch H e 11 s z I m a n n gerechtfertigt anzunehmen, dass in Kaschau mit dem Bau des Chores begonnen und derselbe mithin noch im XIII. .bilirhniidert velleiidet wurde, indem sonst in den bei- den L rkuiideii nicht von einem (»ottesbause die Rede sein konnte, welches bereits im Gebrauch .stand. Als eine Be- stätigung derselben, weist er auf die unter dem nördlich vorspringenden Doppelgebäudc , das jetzt die Stophans- capclle heisst, betiiidliche luterkircbc, „denn Unterkirchen wurden gegen Ende des XIII. .lahrhunderts schon selten, aber noch seltener im XIV. .lahrhiiiidert erbaut."

239

Nach dem Altarraum und den nördlich vorspringenden Theilen folgen dem Alter nach, wie II. hemei-ict, das west- liche und nürdliche Thor. „Urkundlich ist über ihre Ent- stehung nichts aufzuweisen, doch lässt sich aus verschie- denen Gründen beweisen, dass insbesonders das nördliclie Thor auf Kosten der Gemahlin Karl Robert's, Elisabeth von Polen, in der ersten Hallte des XIV. Jahrhunderts erbaut worden sei." Er schreibt daher dieser Fürstin , welche nach der Beiianptung der übrigen Gesehichtschreiber um das Jahr 1324 den Grundstein zu der Kirciie gelegt hat, nur die Erbauung eines Theiles an dem schon weit vorge- schrittenen Dome zu. „Wiewohl die Urkunden nichts mel- den," schreibt er, „so nennen doch schon die ältesten Geschichtschreiber diese Elisabeth die Erbauerin der gan- zen Kirclie, die als Polin, wenn sie in ihre Heimath ging, oft in Kaschau ausgeruht und der Heiligen ihres Namens den Dom gewidmet habe. Wenn wir die Wahrheit dieser Annahme auch nicht ganz hinnehmen können, indem die Bauart und zwei Urkunden ein höheres Alter der Kirche bezeugen (?), so lässt sich diese Aussage doch daraus erklären, dass Elisabeth am Ausbau des Domes Theil habe. Kaschau, die bedeutendste Stadt Oberungarns in jener Zeit, hielt anfänglich mit Matthäus von Trcntsin gegen Karl Robert. Endlich deutet auch das Stadtwappen, welches Kaschau seit der Zeit des König Wladislaw (1440 bis 1444) zu führen berechtigt und über der Tbür zum Treppenhaus am oberen Theile des nördlichen Thurmes angebracht war. darauf hin, dass ein Theil des Thurmes durch die Stadt erst nach der ersten Hälfte des XV. Jahrhunderts gebaut wor- den ist."

Nebst diesen muthmasslichen Angaben , welche nur unklar die Bauentwickelung des Domes erläutern, ist H. auch in der Lage, hiezu einige urkundliche Nacliricbten, wiewohl nur aus dürftigen im Stadtarchive zu Kaschau auf- bewahrten Rechnungen, zu liefern.

Diese Rechnungen, welche der unermüdliche Schwai-- zenbach, einstiger Stadtnotär von Kaschau, geordnet hat, beginnen im Jahre 1430; dort geschieht die erste Er^^ äh- nung des Dombaues und der Meister und Gesellen, die daran arbeiteten.

1436 werden erwähnt „Frutres htpidum,'-'- welche für ihre Arbeit 3(5 fl. erhalten, was für jene Zeit immerhin ein Betrag war, der auf eine grössere Bauunternehniung schlies- sen lässt.

1446 erhält Stephan Crom zum Bau des Ober- thurmes 80 fl. aus der Stadtcassa , woraus geschlossen werden darf, dass bis 14G0 ein beträchtlicher Theil des Thurmes fertig gewesen sein niusste.

1480 heisst es: Item Snbbulho post lucie abgerech- net mit Stephan Steinmetz von wegen der Kirchenarbeit Sand Elisabeth hat er von der Stadt empfangen an der Kirchenschult f. XXIH. Derselbe Stephan hat mit einem Mei- ster Namens August 1480 die „Rathhausstube" eiugewölbt.

Von der Unterstützung des Königs Matthias zur Vollen- dung des Dombaues gibt eine Urkunde vom Jahre 1472 deutlichen Aufschluss. In derselben heisst es;

Nus Matliius civibus et commtinitati

dictnc civitatis nostrac Cassoviensis illa muncra strennalia, f/nae viiif/Hlis nnnis, circa festitm circiimscisioiiis Domiiii c media ipsornm Cieinm proccnlrc dchcnt, a die diitiirum praesentium , ititru spaliiim decem intef/rorum unnorum post sc conscquenter ((jfiituroniw computando. remisimus et relaxavimus , imo rcmitlimus et relaxamus praesentium per vigorem , ita tarnen , qtiod ipsi Cives liujtismodi mtmcra strenalia, r/uae nobis intra ipsos decem (innos dare et solvere deberent. ad f'abricam ecclesiae ipsoram e.vponere et dispensarc debeaiil et tcneantur etc.

König Matthias Corvinus enthob daher, wie daraus zu ersehen ist, die Bürger und die Stadt innerhalb eines Zeit- raumes von zehn vollen Jahren von der Zahlung der Strenal- geschenke, welche sie ihm jährlich zu geben verplüchtet waren, zu dem Zwecke, dass dieselben die Strenalien inner- halb des Zeitraumes zum Baue der Kirche verwenden sollen und durch diese wahrhaft königliehe Unterstützung wurde diese Arbeit ohne Zweifel mit doppelter Kraft fortgesetzt und über das Jahr 1482 hinaus gefördert.

Fragt man nun, bemerkt H., welche Theile der Kirche von diesem Gehle gebaut sind, so geben die angemerkten Jahreszahlen und Wappen das folgende Resultat :

„Auf dem niederem südlichen Thurm über dem luihen Fenster sieht man eine grosse W'appentafel, aufdereniMillel- schilde die vier Flüsse Ungarns und darüber die königliche Krone vorkommen. Dieser grössere Schild ist von sechs kleineren umgeben, von denen eines das Corvinisehe Haus- w appen, die andern die ^^'appen von den Ländern des Königs Rlatthias darstellen. Es spricht nichts dagegen, anzunehmen, dass der oberste Theil des Thurmes von dem Gehle gebaut und als Zeichen der Dankbarkeit des Königs Wappen ange- bracht worden seien."

,. Ferner wurden in der Zeit des Königs Mattiiias der Vollendung nahe gebracht des südlichen Thoi-es äus- sere Zierden, indem die in der Höhe der nuttleren Scheide- wand (välasztek?) angebrachte Jahrzahl 1498 sich wohlauf die Beendigungszeit derselben bezieht. Dass die Fafade über der Thoröfl'nung damals schon vollendet war, das be- zeugt eine an der innern Wand des Einganges befindliche schön geschriebene alte Inschrift: ,,Anno Domiiii Millesimo Quadriiifieidesiino Qiiadraf/esimt) i/i die Catliedvae Beali Petri Ajiostnti circa auroram in catitro Cornaron e.v prae- clarissima /{effiim prosapia, vidcUcct Domino Alberto Uomanoriim. Int/ariae, Dalmatiae, Croafiae rege et Domina Elisabelha Vidna, eorundem Ilcguni llegina, olim filia in- victissimi Principi.i, ac Domini Domini Sigismnndi lloma- iiorum Imperatoris natus est Princeps gloriosissimus, Do- minas Ladidans, Veras lie.v ac fiaeres in snccessionem ho- rum Ilegnorum, et Ducatuum haereditaric possidcndorum.

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EotUm cliam anno i/i feslo Pentecostes Sticra Heyn! fluu- quriac Corona omni cum solennitate in Alba Iteijali Ictjitimc coronatm-'' Diese Aufselnifl ist sichtbiir auf dei- Zeichiiuiig des nördlichen Thores. Auch s|iater noch , seheint es, iiaben die Kascliauei- das Andenken ven Matthias verewigen wellen, indem sie an der Seite der, der Mitte des XVI. Jahrhunderts angehijrigen Vorhalle des süd liehen 'rhu res ein kleines aus Säulen und Fialen beste- hendes Gebäude errichtet haben, dessen Giebel auf einer Seite das Wappen des Reiches, auf der andern des Königs Matthias, auf der dritten aber zwei auf einem Schilde sich kreuzende Pfeile zeigt, welch letztere Einige für das Zei- chen des Meisters halten. An der Wand der Caiielie yetzt des h. .lohann v. Nep.), welche sich an die Westseite der Vorhalle stützt, sieht man eine Sonnenuhr mit der .lahr- zahl 1477. Eine Aufschrift, weiche untenangeführt werden soll, spricht nun von einer 1497 verfertigten Sonnenuhr, jene Sonnenuhr aber ist erneuert, und es ist möglich, dass bei der stattgefundenen Erneuerung aus der Neun eincSieben gemacht wurde. Über der Thoröflnung der Vorhalle neben der Neponuikcapelle befindet sich gleichfalls eine Sonnenuhr mit der Jahreszahl 1541 oder 47; andererseits findet man auf der Westseite der Capeile das Jahr 1383 aufge- schrieben. Dies gibt zur Vermuthung Anlass, dass die Son- nenuhr der Capeile von einen andern Platze hierher versetzt wurde, z. B. von dem Platze unter dem grossen Fenster des älteren südlichen Flügels, der für eine Sonnenuhr der geeig- netste gewesen wäre bevor die A'orhalh^ ausgebaut ward."

„Endlich scheint das Sacramenthäusehen im Innern der Kirche, von welcher später die Rede sein wird, das Haupt- bauwerk zu sein unter denjenigen, welche von dem Gelde des König Matthias gel«ut wurden."

„Wie die Nepomukcapelle, so kann auch die Capeile, welche östlich an die Halle angebaut ist, früher gebaut sein als die Halle selbst, indem der östliche Pfeiler derselben die Westwand dieser Sacristei bildet. Alle diese späteren Theüe sind auf den Grundriss nur angedeutet, indem blos die we- sentlicheren ausgeführt sind."

„Aus dem Gesagten erhellt, dass unter Karl Robert und Ludwig wahrscheinlich mit Hilfe von Elisabeth, der Bau der Kirche, wie er jetzt ist, bis zur ersten Gal lerie (Karzat'.'j, d. i. 46' hoch aufgeführt worden ist, und höchstens noch auf der westlichen Seite; die erste Gallerie vollendet ward ; die Gallerie der nördlichen Seite zeigt schon spätere Formen, wie deren im XV. Jahrhundert üblich waren. Die Wand der südlichen Faeade endlieh hat, wegen der vorgebauten Halle weder grosse Fenster noch eine Gallerie. Die V^'rzierungen der Bogenfenster der erwähnten beiden andern Seiten zeigen deutlich den sinkenden Geschmack des XV. Jahrhunderts." „Die Giebel der zwei Seiten-Fa^aden von der südlichen Seite sind grösstentheils gegen Ende des XV. Jahrhunderts erneuert worden, nachdem nämlich der jüngereBruderWIa- dislans, der polnische Albert, Kaschau längere Zeit belagernd,

die Giebel mit seinen Kanonen beschädigt hatte. Eine Kano- nenkugel wird noch auf der Nordseite /.um .Viulenken auf- bewahrt."

„Eiii.Vndenken an diese ikdagerung bewahrt auch eine Aufschrift unter der Galleric (?) der Westseite. Man findet mit rother Farbe auf der untersten Stelle des Simses aufgenutlt: „Anno liVl obsidio erat tirbis Kassa per anniim." .\usser dieser Inschrift findet sich noch eine längere, welche gleichfalls dieser Belagerung und auch der darauf erfolgten Erneuerung der KircheErwähnung thut und in die Hohlkehle des erwähnten Simses eingegraben ist. Sie folgt hier: „An7io 1497. Christi Ecclesiae Nicolaus Crompholtz de JSissa reedi/icavi tarim superiorem ac clipeos tectnles omnes tres, quae omnia destructa erant per obsidionem civitatis per Albcrtnm Poloniae Regem, addo liorulc * " " tempore plebani Joannis Crom Doctoris Vitrici Joannis Ciimermann d^Olzna.'^

An jenen Stellen dieser vier Zeilen, wo dieselben von Jen Fugen des Simses durchschnitten wurden, sind die Buchstaben schlecht zu lesen, so dass die Worte Nissa, das hinter horale und Olzna zweifelhaft sind. Feil, dem llenszimann eine Nachbildung der Aufschrift miltheilte, hält den Baumeister Crompholtz und den vilricus (Kirchenmeister) Czimmermann beide für Schlesier aus den schlesischen Or- ten Nissa und (Hziia und setzte hinter das Wort horale in die Lücke: civile. „Das Zeichen des Baumeisters Crompholz besteht aus dem schon erwähnten altern Zeichen, das einem F ähnlich ist, indem auf dem Puidd hinter dem die Mitte lies Stannnes durchschneidenden Strich ein schiefes Kreuz gesetzt wird (F?). Dadurch wurde eines jener selbstredenden Zeichen gewonnen, wie sie gegen das Ende des X\'. Jahr- hunderts sehr zahlreich sind, indeih das schiefe Kreuz oder Holz Krununes Holz (Crompholz) heissen soll."

„Dass aber das schiefe Holz zu einem dem F gleichenden älteren Meisterwerke hinzugefügt wurde, lässt sich desshalb vermuthen, weil der Eigenthümer dieses Zeichens einem Krompholz im Kirchenbau vorangegangen ist. Es war ein be- deutsames Zeichen, z. B. des Meisters des schönen Sacra- menthäusehen, welchen man in jenem Stefan Crom erkennen könnte, der so oft in den alten Rechnungen erwähnt wird und dessen Name, so oft wie dessen Meisterzeichen einen Theil ausmacht, von dem Namen und Zeichen des .spätem Ki'ompholz."

Ob nun die Muthmassungeu Felis und Henszimann's gerechtfertigt sind oder nicht, soviel ist gewiss, dass die Familie Crompholz in Kaschau als einheimisch nicht nachweisbar ist. Bei alledem ist llenszimann nicht geneigt, die Inschrift buchstäblich so zu verstehen, als ob nach der Belagerung von der ätteriiFa^ade nichts übrig geblieben wäre: imGegentheil sollen einige Bögen, obwohl von einer nur um ein Geringes reinem Form, besonders die erwähnten drei Bildsäulen des nördlichen Bogens, gewiss durch Krompholz von den altern Bögen in die erneuerten herübergenommen worden sein.

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Die oben erwälinten Rechnungen erwähnen endlich unter dem J. 1483 der Summe von 90 fl., weiche aus dem Weinertrage der Stadt gespendet wurden. Und /wischen den Jahren 1490 1500 des XV. Jaln-hunderts flndet man verschiedene Namen: Schwarz, Jurgh, Benedict, Plotzel, PeterKewl, Paul Gross, Pfuhlschussei als „Steinbrecher," dann Simon und Johann Platfuss als „Steinmetze." In derselben Zeit wird mit dem Titel „Mei- ster" noch ausser Stephan und August, ein gewisser Niclas Tyma beehrt, der jedoch nicht bei dem Dombau beschäftigt war, und eineVerrechnung von grösserem Betrage für Kalk und „Szwr- doker" Steine ange- führt, aus welchen letzteren auch die grosse Kirche gebaut ist. Derselbe Stein wird noch heute bei dem 4 5 Stunden vonKaschau entfern- ten Orte Surdock gefunden.

Die äusseren Schicksale der Kir- che vom XVI. Jahr- hundert angefangen sind folgende: 1S54 unter Zäpolya wurde die Kirche protestan- tisch. 15S6 brannte das Dach ab. 1603 kam sie wieder in Besitz der Katholiken. 1604 unter Bocskay ward sie wieder pro- testantisch bis 1618. 1620 verlieh Beth- len sie wieder den Protestanten. Nach seinem Tode wurde sie wieder auf kurze Zeit von den Katho- liken behauptet. Ge- org Räkotzy verlieh sie jedoch alsbald

wieder den Protestanten, die bis zum Jahre 1671 im Besitze blieben. Von da an war sie bis 1682 in den Händen der Katholiken, wurde jedoch von Toköly wieder für die Prote- stanten in Beschlag genommen und bis 1687 behauptet. Seit der Zeit blieb sie ununterbrochen den Katholiken. 1690 erhielt der nördliche Thurm ein Kupferdach. 177ö II.

brannte die Kirche ab und erhielt seine abgesckniackte Bedachung.

m.

Wenn man den Grundriss des Domes nach der beige- fügten Zeichnung (Fig. 1) ins Auge fasst, so überrascht vor Allem die Eigenthümlichkeit der Anlage, die kunstgeübte und complicirte Entwicklung der constructiven Verhältnisse, weiche eine tüchtige Schule und tleissige architektoni- sche Studien verrathen. Anderseits lässt sich aber an den

Unregelmässigkeiten einzelner Theile im Schiffe erkennen, dass nur im Allge- meinen an dem Plane des ersten Meisters festgehalten, und von späterenArchitekten, welche den Bau lei- teten, an demselben willkürliche Unre- gelmässigkeiten vor- genommen wurden.

An dem verhält- nissmässig schmalen und kurzen Chor, be- stehend aus einem halben Quadrate und dem fünfseitig aus dem Zehneck ge- bildeten Abschlüsse schliesst sich in un- gewöhnlicher Breite das Langschiff, an dessen mittlem Theil sich zu beiden Seiten die bedeutend niedri- geren Nebenschiffe anschliessen. Letz- tere besitzen die Be- sonderheit , dass sie sich an den Chor nicht rechtwinklig, sondern zu beiden Seiten , vermittelst '■ '^' ' zweier aus vier Sei-

ten des Achtecks ge- bildeten und diagonal gestellter Capellen anschliessen. dadurch in symmetrischer Abstufung die Verbindung herstellen und den unangenehmen Eindruck mildern, wel- chen sonst die unterschied liehe Breite zwischen Lang- schiff und Chor hervorgerufen hätte. Diese konchen- artigen Ausbauten treten dadurch zugleich an die Steile

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eines Querschiffes und haben, wie wir weiter uiiton darauf ZMriii'kiiDiniiien werden, zu der Veriniithuiii; gefiilirt, dass der cM>to IJaiiiiieister des Kasdiauer Domes aus Fraiiiireicii staiiuiit, oder doeh wenijjstens aus einer der iVaiizösisehen IJausiduiien des 13. Jahriuiuderts iiervorjjeijanjfen ist, weil eine Reilie von Kirehenhauten dos nlirdliciien Krankreichs, die jener Epoche und einer hestininilen liaiisciiiilc ani'chij- ren, ähnhche Capelienanhauten tlieils im Clioi-e. tiieiis an den Verbindungspunkten zwisclien Larit;s('hilV inid Chor auf- weisen.

Der Ciior, in einer Liinge von 4°, in einer Breite von ;i° J)' und einer Höhe von ungefähr 12°, zciciiiiel sich im Innern durcli seine schlanke Gliederunji:. seine Leichtigkeit und zierlichen .\ufiiau, nach aussen durch den reichen Schmuck seiner Pfeiler, die diirclidaidite Belebung der äusseren Wandtliielien, dann durch die kunstvolle Bekrijnung der Gesimse aus. Die Hippen der Gewölbe, von denen jenes im Chorahschlusse sternförmig und das im Quadrate netz- förmig gebildet ist, stützen sich auf die auch nach innen vortretenden Pfeiler, ohne dass jedoch , wie es wenigstens nach den Grundrissen den Anschein hat, sich besondere Stützglieder wie Halbsäulen oder Dienste anlegen. Es gibt im Texte Henszlmann hierüber keine Aufschlüsse, sondern wir linden nur über das Äussere des Allarraumes folgende Schilderung (vergi. dazuTaf. Vlllj: „Die Grossartigkeit und der Schmuck des Ganzen entspringt besonders aus den Ver- hältnissen der einzelnen Tlicile. Indem der Raum zwischen den Pfeilern ungefähr 8' ausmacht, haben sie eine Höhe von 76', so das die Breite zur Höhe in einem Verhältnisse wie I zu 9 1/2 steht. Dadurch wird die grösstmöglicbste Schlankheit der Pfeiler erreicht, welche duicli die hohen Fenstei- über äO Fuss noch erhöht wird. Die Steinwaiul « ird darüber so schmächtig, dass sie gar keines Zieratlis bedarf. Dadurch entstand eben so viel unverzierter Zwischen- raum als nothig ist, die Vcrziennigen gehörig hervorzuhe- ben. Inten, wo die Kraft der unduiehbrochencnGruiulmauer hervorgehoben werden soll , sind nur einige wagrechte Simse angebracht. .Auf der Mauer über dem Fenster sehen wir balberhabene Zierathen, die mit der Gallerie darüber und den Spitzen der Pfeiler zusammengenommen eine Krone des Ganzen bilden, bei welcher diePfeilerspitzcn den Saum, das Sims den um das Haupt der Krone laufenden Reif, die erhabenen Zierathen aber von der Kriuie herabhängende Bänder bilden. Der .\ltarrauui wird mit fünf Seiten des Zehnecks abgeschlossen, darum linden wir auch auf den Pfeilern fünfFialenreifen über einander, welche, je höher sie sind, um so mehr zurückstehen, so dass die obersten aus dem Sims kaum mehr hervorragen. Diese taetvolle Anordnung des einfachen Schuuickes der Fialen, aber noch mehr die consequent diagonale l'hcrciiiaudcrstellinig derselben eine besondere Eigenthümliehkeit des Kaschauer Domes geben den Pfeilern eine so ausserordentliche Ijcichtigkeit, dass in dieser Hinsicht der Altarraum mit Recht unter die ausge-

zeichnetsten gezählt werden muss." Wie schon aus die- ser etwas gezierten Darstellung zu entnelunen ist, bean- spruchen an dem Chore die durchgebildeten Strebepfeiler ein besonderes Interesse , und da Henszlmann die Erbauung des Chores noch dem ersten Baumeister des Domes zuschreibt, so müssen wir eben bedauern, dass er in seinem Werke so geringen Werth auf das Detail gelegt und weder über die Rippenprolile und die Anordnung der Pfeiler im Innern des Altarraumes, noch über die b(dien prachtvollen Chorfenster und ilcn detaillirten .Vufbau der Strebeiifeiler geometrische Details noch auch Durchschnitte geliefert hat, die von so grosser Bedeutung für die Beurtheilung des Bauwerkes sein würden. Denn aus dem ungewöhnlich hohen und leichten Auf- bau der ganzen Anlage, aus den dadurch hedinglen mehrfach abgeschrägten, nn't Fialen und Stabwerk reich verzierten Strebepfeilern und aus den Veiv.ierungen an den Strebepfei- lern selbst erkennt man die Gesetze einer schon vollständig entwickelten Gothik, die alle Traditionen der vorausgegan- genen Stylgattung längst aufgegeben und am Schlüsse der zweiten Hälfte des 14. Jahrhiuulerts in Deutschland und Frankreich sich zu entwickeln begann. Aus diesem (Jninde ist es sogar sehr zweifelhaft, ob in Kaschau gerade mit dem Chorbau begonnen wurde, da derselbe in der ersten Hälfte des XIV. .lahrhunderts (1324) vollendet worden sein musste. Dagegen bildet der zinnenarlige Abschluss der Strebepfeiler über der Dachgallerie eine Besonderheit des Kaschauer Do- mes, welche an anderen Kirchen selten in Anweiulung gekom- men ist und die sich nach unserem Wissen nur an der. mit Ka- schau auch in anderer Beziehung aufi'allend ähnlichen Stifts- kirche zu X a n t e n wiederholt. Es ist übrigens nicht glaubwür- dig, dass diese Anordnung, wie ungarische Schriftsteller be- haupten, die Vertheidigungsfähigkcit der Kirche gegen äus- sere Feinde andeuten sollte. An einem ernsten bestimmten Zweck, wie denselben ähnliche Conslructionen bei den Ver- theidigungskirchen in Siebeid)ürgcn gehabt haben, ist wohl hiebei nicht zu denken, w eil in diesem Falle auch die ganze Daehbekrönung einen anderen Charakter besitzen müsste. Der ungarische und dacianische Siui]dicissimus. eine Nachbildung des deutschen Simplicissinius, der 1(J83 von einem anonymen Verfasser in Druck erschien und erst kürzlich bei Otto Wi- gand (Leipzig 1854) von Dr. Seiz herausgegeben wurde, bemerkt zwar von der Kaschauer Kirche , dass auf der ,.Kirchaltan," wie er die (lallcrie bezeichnet, etliche hun- dert Mann oder wohl gar tausend mit bewehrter Hand, als mit r>opiiclhakcn stehen kömien, und im Xothfalle mögen auch die Rürgei- von Kaschau in den zahlreichen Kämpfen, welche die Stadt zu bestehen hatte, davon Gebrauch gemacht haben; aber diese „Altan" ist nichts anderes als der bei vielen anderen gothischen Kirchen, wie z. B. bei der Stephans- kirche in Wien, angebrachte Cmgangder (Jallerie. Was end- lich der Spitzhogenfrics initcr dem Gesimse anbelangt, so ist dies eine einfache Verzierung, wie sie auch an säch- sischen und rheinischen Bauten der gothischen Periode

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7uwei\en vorkommt und nur eine Reminiseenz des roma- nischen Ruiidbogenfrieses. Dass der lescnenartige Stab zwi- schen den Spitzbogen, welcher nach unten in Kieeblatt- form abschiesst, an dem Kaschauer Chore ungewöhnlicli lang herabreicht, ist eine Anordnung, wozu der Archi- tekt ohne Zweifel dazu veranlasst wurde, um die breite Mauerfläche zwischen den Fenstern und den Dachgesimsen zu beleben. Wir sehen an der Seitenfa^ade des Schiffes, dass diese Verzierung fehlt, weil hier die Fenster höher gestellt, beinahe bis an das Gesimse reichen.

Von dem Laughause ist das mittlere Schiff mit Einschluss der Vorhalle aus fünf Quadraten gebildet, die jedoch nicht von vollkommen gleicher Grösse sind; insbe- r^

sondere ist das mittlere um fiinf Fuss im Quadrat grösser als die übrigen. Getrennt wird das Mittelschiff von den Sei- tenschiffen durch vier verschiedenartig construirte Pfeiler- paare und durch ziemlich niedrige Spitzbögen, welche die- selben mit einander verbinden. Die Spitzbogen-Gewölbe des Mittelschiffes, welche von den Pfeilern getragen werden, sind auffallend gedrückt und erhalten nur den Charakter derZierliehkeit und Leichtigkeit durch die mannigfachen und kunstvollen Hippenbildungen.

Eine besondere Aufmerksamkeit verdient im Mittel- schiffe die Anlage und Stellung der Pfeiler. Vorerst ist es auffallend, dass die Pfeiler des mittleren Quadrates bedeu- tend stärker als jene der übrigen sind, dann weicht aber vorzugsweise die Grundform der freistehenden Pfeiler des ersten und fünften von jenen des mittleren Quadrates auf ganz eigenthündiche Weise ab.

Betrachten wir einen der letzteren (Fig. 2), so sehen wir, dass derselbe ein regelmässiges über Eck gestelltes

Quadrat von mehr als 6' bildet. An den Kern desselben legen sich im Mittelschiffe gleich- massig angeordnet und als Fortsetzung der Gewölbsrippen meh- rere rtienste an, deren Auflösung wir jedoch nach den Angaben Henszimann's nicht zu bestimmen im Stande sind. An den beiden ;;:; i, i; ' Seiten, wo die starken

Scheidehögen einen (Fig. 2.) ^

kräftigen Stützpunkt

benöthigten, ist der Pfeiler durch bedeutend hervortre- tende Halbsäulen verstärkt. In der Richtung gegen das Seitenschiff legen sich dagegen wieder an den Pfeiler die zur Stütze der Gewölbsrippen erforderlieben Dienste an; die gleichmässige Anordnimg hat jedoch durch den Umstand eine Änderung erlitten, dass das Gewölbe des Seitenscliiires

sehr nnregelmässig gebildet ist und daher die Stützglieder dort angebracht werden nmssten, wo der bizarre Geschmack des Baumeisters die Rippen auslaufen Hess.

Ganz verschieden von diesem Pleiler sind, wie schon bemerkt, jene des ersten und fünften Quadrates. Wir geben hier den Grundriss eines dieser eigenthünilichen Glieder (Fig. 3). Der Pfeiler hat anscheinend eine ovale F(U'm; bei

näherer Betrachtung er- gibt sich jedoch, dass derselbe gleichfalls eine rautenförmige Gestalt be- sitzt. Henszlmann ist sich dieses Lmstandes nicht vollkommen klar gewor- den, indem er bemerkt, dass die Gestalt des Pfei- lers nicht viereckig ist; aber im Nachsatze, wo er sagt „dass alle Viertel (vig. 3 ) des Schaftes sich gleich

sind, d. i. dass der Pfeiler symmetrisch ist-', liegt scjioii indirect eine Bestätigung der obigen Anschauung. Inder Symmeterie des Pfeilers findet aber Henszlmann zugleich den Beweis, dass derselbe schon dem ursprünglichen Bauplane angehörte und dass der Meister hier ein Bei- spiel der .verwegensten Baukunst" aufstellen wollte. „Nir- gends wandte er", wie es weiter lieisst, in den stützenden und tragenden Tlieilen eine grössere Dicke an als unumgäng- lich noth wendig ist. Dies sehen wir an den sehr schwa- chen und schlanken Pfeilern des Altarraumes, in den verhält- nissmässig zur Höhe sehr dünnen Schlussmaueru, aber am meisten in jenem Pfeiler. Indem sich auf den Scheidebögen zwischen dem Mittel- und dem Seitenschiffe eine hohe Mauer erhebt, musste nach dieser Seite hin auch der Pfeiler stärker sein, daher der Längendurclischnitt grösser ist, als der Breitendurchmesser, auf welch' letzterem nur ein niederes Gewölbe ruht. Dann müssen wir bemerken, dass, indem der Breitendurchmesscr kürzer ist, viele Punkte gewonnen wer- den, von denen aus man den Altarraum sieht. Dass der Meister dies nicht ohne Bewusstseiu so eingerichtet, zeigt sich zum Theil auch daran, dass er hier keine llohlkeiilen anwendete, wodurch der Schaft massiver wird, sowie daraus, dass die Pfeiler nicht zu nahe zu einander stehen als sonst in solchen Kirchen, sondern so weit von eiinuider als nur immer gestattet ist." Diese Motivirung llenszluiann's in Bezug auf die schwächere Gestaltung des Pfi'ilers scheint uns jedoch nicht ganz erschöpfend und zum Tlieil auch unrichtig zu sein. Richtig ist es, dass die Pfeilerslellung schon in dem ursprünglichen Bauplan einbezogen war, und der Baumeister in den stützenden und tragenden Glie- dern überall Ökonomie bewährt hat. Wenn wir aber bei den Pfeilerpaaren des ersten uml fünften Quadrates ins .\nge fassen, dass sie die im^isle Stützkratt iVu' die in diagomder

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Richtung auslaufenden Gewölbsrippen beuölhigten und den Druck so starker und breiter Gewölbe, wie jene des mitt- leren Quadrates nicht auszuhalten hatten, so scheint es uns, dass gar nicht dieXothwendigkeit zu stärkeren Pfeilern vor- handen war und der Architekt auch solchen auf geschickte Weise dadurch auswich, dass er die breiteren Seitenflächen in jene Hiclitung stellte, woher der verhültnissmässig inten- sivste Druck kam. Dadurch geschah es aber auch, dass die quadrate Anlage dieser Pfeiler eine verschobene Anord- nung erhielt. Überdies müssen wir hiebei noch wiederho- len, dass jene Gewölbe, welche auf den schwächeren Pfei- lern ruhen, die kleineren des Mittelschifles sind, und dadurch ebenfalls die Spannkraft vermindert wurde. Aus ökononii- scheii Kücksicliten aber wurde der Baumeister gewiss nicht bestimmt, schwächere Pfeiler anzulegen.

Was fernerdiegrösserenquadraten Pfeiler im mittleren Theile des IhiU[itschines anbelangt, so ist die massive .An- lage allerdings durch die ungewöhnlich starken Gewölbe des Haupt- und der NebenschilVe gerechtfertiget. Es drängt sich aber hiebei unwillkürlich die Frage auf, wie es ge- kommen, dass das mittlere (Juadrat eine so grosse Ausdeh- nung erhielt, wodurch die Pfeileranlage auch eine stärkere werden musste. Welche Motive könnten bei dieser Ver- schiedeniieit der Raumeintheilung massgebend gewesen sein? Wir wissen kein Anderes anzugeben, als dass man von der älteren Kirche die an der Stelle der gegenwärti- gen gestandenhaben mag, die vorhandene Pfeilerstel- lung benützte, ohne Rücksicht auf die dadurch entstehende Ingleichheit der <^luadrate. Dass an dieser Stelle eine ältere Kirche bestanden hat, schliessen wir eben aus den beiden Urkunden, welche wir nach AngabeHenszlmann'sfrühercitirt haben und woraus letzterer freilich ohne Grund den Schluss zieht, dass der gegenwärtige Dom bereits in dem siebenten Decenniuni des 13. Jahrhunderts erbaut worden sei. Würde dies der Fall sein, so müsste man annehmen, dass in Kaschau die Gothik zu einer früheren Entwicklung gelangt ist, als in den Rheinlanden und selbst in Frankreich,

Indem wir noch bemerken, dass die Construction der (Jewölhe des Mittelschiffes bereits das Gepräge einer voll- ständig entwickelten Gothik, und nur eine etwas gedrückte Spannung besitzen, gehen wir auf die Besprechung der Sei- tenschifTe über, die leider, was die Constructionsverhältnisse anbelangt, keinen günstigen Eindruck machen, und in späterer Zeit bedeutende Verunstaltungen erlitten haben dürften.

W^ir haben bereits bemerkt, dass die konchen- oder capellenartigen Abschlüsse der SeitenschilTe zu der Vermu- thiiiig gefülirt haben, dass der erste Baumeister des Ka- schauer^Domes aus Frankreich stammt, oder doch wenig- stens aus einer der französischen Bauschulen des 13. Jahr- hunderts hervorgegangen ist. In neuester Zeit war es ins- besondere Lenoir'), welcher bei dem Anlasse, wo er die

nordfranzösische Bauschule der Frühgothik und die an den

Chören der Kirchen in der Isle- de -France auffallend ent- wickelten t'apellenkränze charakterisirt, den KaschauerDom mit der Abteikirche von Lagny in Parallele zieht und liiebei bemerkt, dass man die Erbauung des Elisabeth-Domes dem Architekten der Picardie V i 1 1 a r s d e H o n e c o u r t zusdireibt und in der t'oniposition seines Planes alle Charaktere der Schule in der Isle-de-France erkennt. Wir schicken dieser Behauptung des französischen Gelehrten dieThatsache vor- aus, dass llenszlmann über den ersten Baumeister des Ka- schauer Domes nicht die geringste Yermuthung ausspricht und uns daher unbekannt ist, woher Lenoir zu der Annahme konnnt, dass die Erbauung des Kaschauer Domes dem .\rchitekten Vilars de Honnecourt zugeschrieben werde '). Nach unserer Überzeugung ist übrigens ein Vergleich der Abteikirche von Lagny mit Kaschau nicht statthaft. Das Hervortreten der Capelleniüschen an sidi genügt niciit, um einen directeuEintluss der französischenBauschulen geltend zu machen, weil zur Zeil der Gründung des Kaschauer Do- nies das System der östlich gelegenen Ca|>ellenausbauten nicht blos in Frankreicii angenommen, sondern bereits in Deutschland stark verbreitet war. Das erste Beispiel in Deutschland, wo der Anbau von Capellen im Chor in .\nwen- dung gebracht wurde, ist der Dom zu Magd eburg (1208) und jenes von geschlossenen Capelleukränzen die Liebfrauen- kirche zu Trier (1227), eine .\rt Rotunde mit einer Chor- vorlage im Osten, dierings mit polygonförmigenNischenabge- schlossen ist, und deren Anordnung gegen den Chor zu heinahe vollständig mit jenem der Kaschauer Kirche übereinstimmt. Dagegen kennen wir unter den französischen Kirchen nur jene von St. Yved in Braine, welche nn't dem Grundrisse des Kaschauer Domes wirklich Ähnlichkeit besitzt. Zwischen der Erbauung von St. Yved und dem Kaschauer Dome liegt aber mehr als ein volles Jalirhundert. innerhalb welchem am Rhein die Stiftskirche zu Xanten, die Marienkirche zu Lübeck, die Kirchen zu Alirweiler unil Oppenheim, in Belgien die Kirche St. Caro zu Gent, und in Lothringen St. Gengoul in Toul entstanden sind. Beis[)ielsweise lassen wir hier eine Skizze des Gruiulrisses des Chores der Kirche St. Victor zu Xanten (Fig. 4), dann jenen von Set. Martin zu Ypern in Belgien (Fig. J>) folgen^). Wir sehen daraus»

') ArchiUclure monasUijue (Piiris 18361. H. 207.

^) Ks iHSst sich (liess höchstens daduroli crklürcii. «I.iss Lenoir, wahrschein- lich tihereinstimmend mit Menszlninnn . .itun'nimt . der (irunil zum Ka- schauer Dom sei im J. 1283 gelegt worden. Wir Indien schon liei Hespre- chong der Kirchenruine Zsamheek (.Mittheilun^'en U, 103) erwiihnt, dus» Vihir.s de Honnecourt in der .Mitte des 13. .lalirliuudei-ls nach Tngarn herufen und an dem Hau der T.saniheekcr Kirche mitgewirkt hahen soll. Nun ist es aher hereits festgestellt, dass Vilars den (irundriss der Kirche von Cainhray (1230 12;>1) gemeinschaftlich mit Peter v. Corhio erfun- den hat. Würde er den (irundriss von Kaschau entwoi-fen hahen , so müsste er jedenfalls ein sehr hohes Alter erreicht hahen vorausge- selit. das» der Neuhau von Kaschau wirklich in das XIII. Jahrhundert faUen würde, was aher gar nicht wahrscheinlich ist.

') Üher Xanten, dessen ösUicher Chorhau 12:i(i begonnen wurde, ver- gleiche Seh n aase , Geschichte der hild enden Künste V, 347 u. IT. ; üher Ypern in Ilelgien. dessen Chorhau 1221 hegann, findet mau Niiheres in

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dass die Anordnung von Chor und Schiff bei den genannten Kirchen mit den— beideTheiie verbindenden Capellenausbau- ten dieselbe ist und ziehen wir bei Xanten die Beisrönung der

Strebepfeiler an der Vorderfa^ade insbesonders in Betracht, von welcher wir bereits erwähnt haben, dass dieselbe mit jener der Strebepfeiler des Chores zu Kaschau im Ein- klang steht, so liegt die Vermuthung weit näher, dass dem Erbauer des Kasehauer Chores die Stiftskirche zu Xanten nicht unbekannt war. Nicht unerwähnt können wir aber hiebei auch lassen, dass in Frankreich die Choranlage von St. Yved, welche keinen Capellenkranz besitzt, son-

dern zu deren beiden Seiten Nischen angebaut sind, ohne Nachahmung blieb. Man wandte zwar häufig geschlossene Capcllenkiänze um den Chor an, es ist aber sehr selten der Fall, dass der letz- tere freistehend an- getroffen und an die Vorlage sich erst in radianter Einzie- hung die Poligon- nischen anschliessen. Sehn aase erblickt auch desshalb in letzterer Anordnung eine Vermischung deutscher und fran- zösischer Elemente und kommt aus die- sem Grunde zu der nicht ungegründeten Annahme , dass St. Yved das Werk eines deutschen aber in französischer Schule gebildeten Meisters gewesen ist. K. Weis s.

(Der Sclilu8s folgt Im nSchsten Hefte.)

Die archäologischen Publicationen nngarischer Zeitschriften.

(Schluss.)

XIII. (Nr. 36.) „Die Domkirche zu Szepes- värallya" Inder Zips, sonst deutsch auch Kirchdorf genannt; der Sitz des Zipser Bisthums. Wie aus der Abbil- dung zu ersehen, besteht der Dom aus zwei, verschiedenen Bauperioden angehörenden Theiien. Der vordere, nämlich die Front mit den zwei Thürmen und dem angebauten niederen Schiff, hat ausgesprochene romanische Formen; an den Thürmen gewahrt man die gekuppelten rundbogigen Fenster und Rundbogenfriese; über den fünften Stock setzen die viereckigen Tliürme in dem pyramidalen achtseitigen Helm über. Dagegen ist der höhere, später zugebaute Chor durchaus in dem reinsten gothischen Style aufgeführt. Von der Seiten-Ansicht werden uns die reich gegliederten Strebe- pfeiler und mit Masswerk gefüllten, die ganze Länge der Wand einnehmenden, spitzbogigen Fenster dargestellt. Der

A. G. B. Schay es: llisloire de l'archUeiliirc en Bclijiijuc II, 58. Charakteristisclie Beispiele über diese Capellenaushaiiten enthält auch das Werk von A. Essenwein: „Norddeutsehlands Backsteinbau im Mittelalter". Kallenbachs: „Chronologie der deutschen Baukuusf-' n. 6. w. Wir konnten d:irauf nicht näher eingehen, um nicht die (irünzen dieser Darstellung zu überschreiten.

Dom wurde im Jahre 1189 von dem Könige Btjl a III. gestif- tet, und soll, nach der Boschreibung, ursprünglich eine dreischiffige romanische Basilica gewesen sein, die eine Ähnlichkeit mit der Freiburger, Naumburger und Magdeburger Kirche hatte, nach deren Vorbild sie von den eingewanderten Zipser Sachsen damals errichtet wurde. Aus diesem ältesten romanischen Baue ist, wie gesagt, nun- mehr nur der vordere Theil der Kirche zurückgeblieben. Der spätere gothische Bau des Chores wurde in den Jahren 1462 und 1478 vollendet, wie die darauf bezüg- lichen, in der Kirche ersichtlichen Inschriften beurkunden. Im Innern sollen die Chorstühle ein ausgezeichnetes Schnitz- werk sein, von dem Künstler Thomas Kesmarky im Jahre 1478 angefertigt. Ebenso sind auch Altäre mit Schnitz- werken vorhanden, wie auch altcrthümliche Kirehengeräthe : Kelche, Bischofstab, aus Silber getriebene Statuen der Apostel, der Mutter Gottes, des heiligen Marlin. Auch sind viele Grabdenkmale der berühmtesten Männer Ungarns aus dem XV. und XVI. Jahrhundert erhalten; wie die der Grafen Szäpolyai, Thurzo, Räkoczy, Erdödy. Unweit

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von dem Orte erheben sich die grossartigen Ruinen der ehemaligen Z ipserbnrg (Szep esvär) auf einer Anhlihe.

XIV. (\r. 38.) „Die Kirche zu Donnersmark in derZips." Ein kleiner ausgezeichneter gothischerCapeilen- bau aus dem XV. Jahrhundert, von Isabel hi und ihrer Tochter Hedwig Szäpolyay erliaut. Man sieht von aussen die reich mit Giebel, Masswerk, Haldaeliinen gegliederten Strebepfeiler, und die mit 3 Pfosten in sechs Felder getheilten, und mit prächtigem Masswerk gefüllten Fenster. Der Chorschluss erscheint dreiseitig. Ehen so reich soll der Bau inwendig, mit dem vollen Schnnicke der Gothik, mit Diensten, Gurten u. s. w. ausgestattet sein. Das Merkwürdigste ist aber, dass dieser spatgutliische Hau. wie auch sonst noch einige uns in Ungarn bekannte Bauten dieser Zeit eine Ausnahme ist von der sonst fa.st ausnahin- losen Regel, welche bei einer gothischen Kirche keine Krypta oder Unterkirche zulässt. Die Donnersmarker Capelle hat ihrer sogar zwei ; iiusserlich zeigt sie schon zwei Stock- werke, der untere niedere erhält die Beleuchtung durch spitzbogige gekup]ielte Fenster, die knapp von dem Boden aufsteigen. Unter dieser Unterkirche befindet sich eine dritte, wir glauben die eigentliche Gruft, welche ihr Licht nur von üben erhält.

XV. In derselben Nummer ist auch eine Ansicht der Stadt K es mark, mit der berühmten T ö kül y"schen Burg mitgetheilt. Die letztere, welclie einst prächtig ausge- stattet war, wenn auch bis jetzt erhalten, doch bereits baufällig, geht ihrem nahen Untergange entgegen. GriJssten- tlieils «urde sie zwar schon in dem Geschmacke des XVIl. Jahrhunderts, im Jahre 1628 von Stephan Tököly, restaurirt, doch bietet sie noch manches Berücksichtigungs- werthe, wie die Capelle, die Gruft u. s. w. Jetzt werden alle diese Räumlichkeiten zu den profansten Zwecken benützt.

Ein zweites Baudenkmal allhier ist die gotliische Kirche, vom Grafen Szäpol yay in Jahren 1444 148G erbaut. Bemerkenswertb ist daiin ein aufgezeichnetes Sacramentshäuschen, ein Flügelaltar mit (johlgrund- Gemäl- den, und andere Schiiitzwerke, Statuen und Malereien. Doch soll sieh auch hier alles im beklagenswertlien ver- wahrlosten Zustande belinden . indem es an den niilhigeii Rütteln zur Bestreitung der liestanratiiinskosten fehlt.

XVI. (Nr. 44.) „Die St. S tepliansk irchc zu Miskolcz." Ein, dem Bilde nach schon, vcrMalirlost scheinender, spätgothischer Bau, mit ziemlich rohen (wenn nicht die späteren Umgestaltungen daran die Schuld tragen) Formen. Flache, jeden Schmuck enibehrende Strebepfeiler erheben sich (ihne Giebel, mit schräger Ahdacluiiig iiiid einmaliger Gliederung. .Vucli die Mauerniasseri sind zwischen den Strebepfi'ilern und Kenstern stark vorherrschend ; und die letzteren sciieinen auch ohne Masswerk zu .sein. Auch fehlt jetzt der Timrm; anstatt dessen dient als Glocken- haus ein eigentlüimlicher Holzbau. Übrigens erwähnt die

Beschreibung nicht einmal das, wie viele Schiffe die Kirche hat. und wie sie im Inneren aussieht oder erhalten ist: nach ihrer Angabc soll aber die Kirche aus dem Xlll. Jahrhundert herrühren. Richtiger scheint uns, selbst nach der einfachen .\nsicht der oben beschriebenen Abbildung, dass es ein spät- gothischer Bau des XV. Jahrhunderts sei. Und daher dürfte die Stelle einerUrkundeS igmu nd's vom.Iahre 141 1, welche die Miskolczer Kirche als einer uralten und seit lange beste- henden gedenkt, sich auf einen vormaligen älteren, vielleicht romanischen Bau beziehen, an deren Stelle im XV. oder XVI. Jahrhundert der jetzige, wie es scheint auch nicht ausgeführte gotliische Bau errichtet wurde. Seit dem Jahre \ö'6i ist die Kirche im Besitze di'r refnrmirten helvetisclien Confession.

XVII. (Nr. 4(5.) „Die Kircbenriiine von Zsäm- bük." Eine gute Ansicht dieses ausgezeichneten Baues. Indem aber der Gegenstand bereits vielfach beschrieben und im Bilde dargestellt ist (wie von Vabot: MagyarfiW il. und neiiestcns in dem III. Heft der „Mi t teralt er- lichen K u nstd enk mal e " von Professor von Eitel- bcrgor) und auch die Mi tthe il un gen " dessen Besprechung von dem Redactcur dieser Blätter gebracht haben, so wollen wir es hier übergehen, und bemerken nur, dass der interessante Gegenstand mit der bisherigen Bei'ührung doch kaum als gänzlich erschöpft betrachtet werden kann.

XVIII. (Nr. 51.) „Das Seh lo SS Nagy-Vazsony" von Sere b y. Eine alte Zwingfestc, welche bereits grössten- theils in Ruinen niederliegt und nur ein mächtiger Tburm. etwa das Berchfrit der Burg, steht noch unversehrt unter dem Dache. Die plattüberdeckten Kleeblalthogenwiilhiingen der Thürüniumgen scheinen die Zeit der letzten Bau- Ihätigkeit an d<'r Bin-g zu verkünden; die also in die spätgothische Periode fällt. Eben in dieser Zeit, nämlich in der zweiten Hälfte des XV. Jahrhunderts, hatte auch das Schloss eine seiner bekanntesten (Glanzperioden . indem es damals der Sitz des berühmten Türkenbesiegers Paul K i n i z s i war. Er soll auch das angrenzende Kloster gestiftet haben: wo noch sein verstümmeltes Ei)itaphium ergänzt wie folgt, zu lesen ist:

..lirexit Vasonia Clausfra Kiniuhm heron, J/Iiiix hoc iiniii »larnioris osfiii riihaiil." Das Kloster ist gegenwärtig a\icli eine Ruine. Es soll aber noch unweit eine kleine alte Kirche bestehen, die angeblich auch aus der nämlichen Zeit mit dem Kluslcr herridiren soll. Sie würde also auch ein gothischer Bau sein, doch fehlen alle nähere Angaben.

XIX. In den letzten Nummern folgt noch ein gnl.T Grundriss der ehemaligen beriiliinliMi Königslnirg UngaiMis Visegräd, sammt einem Sitnatioiisiilan imd anderen hier noch befindlichen Denkmalen imd Inschriften. \\"\r verweisen aber in BetrelT dieses Gegenstandes auf die in ungarischer und deutscher Sprache herau.sgegebene treiVliche historische

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und archäologische Monographie Hau flers: „Visegradi Album".

XX. Obwohl nicht als Baudenkmal, doch immerhin als ein sehr erfreuliches Zeichen der vaterländischen höheren Monumental -Baukunst und des kunstgesehichtlichen Ver- ständnisses wollen wir erwähnen die Kirche zu Kaplony im Szath märer Comitat, unweit von Nagy-Kärol y, deren Abbildung die Nummer 7 dieser Zeitschrift bringt. Es ist dieser Monumentalbau, auf die Veranlassung der Grafen Kärolyi, von dem rühmlichst bekannten Architekten der im romanischen Basiliken- Style errichteten Kirche zu Füt, Herrn Ybl, ausgeführt worden, und zwar in den charakteristischen Formen des Übergangsstyles. Die zwei- thürmige Kirclie zeigt von aussen den Spitzbogenfries des Übergangsstyles; darnach bestehen auch die Fenster- öflnungen im Schilfe aus je vier, am Chor aus je zwei schmalen Fenstergruppen ; ihre Umrahmung und die Aneinanderkuppelung wird von Säulchen gebildet, die sich dann als Bogen fortsetzen, und mit dieser Spitzwijibung schliessen. An den Chor schliesst sich unmittelbar ein prächtiges Mausoleum, eigentlich eine dreischilfige Säulen- halle, mit etwas erhöhter Mitte und niederen Abseiten. An der Seite überragt das Gebäude eine erliöhte Fafade, unter dem Giehelgesims mit den eigenen länglichen Formen des Bundbogenfrieses des Übergangsstyles, und in der Mitte mit einem grossen spitzbogigen und mit Masswerk gefüllten Prachtfenster geziert. In diesem IMausoleum sind die metal- lenen, kunstvoll gezierten Särge der verstorbenen Mit- glieder dergrätlicheiiFamilieKärolyi aufgestellt. Kaplony ist nämlich der Stanunort dieses Geschlechtes, dessen Namen früher die Familie geführt hat. Das an die neue Kirche anstossende Kluster der Franciscaner ist eine ältere Stiftung

der Familie. Dem hier beschriebenen Äusseren soll, nach der Beschreibung, auch das Innere der mit Fresken und dem Style entsprechenden architectonischen Schmuck gezier- ten Kirche würdig entsprechen.

XXI. Zuletzt wünschen wir noch die Aufmerksamkeit der Archäologen und besonders der Epigraphiker auf den folgenden, in der Nr. 3S dieses Blattes enthaltenen Aufruf zu lenken. Im Jahre 1SÖ4 wurde bei den FortiCcations- Arbeiten zu Karls bürg in Siebenbürgen eine kleine 2' lange und 1" 6" breite Steinplatte ausgegraben; an den vier Seiten hat sie die folgende Bandschrift, überall zwei Zeilen unter einander gestellt :

I. Seite: &' AIDIT XIVIQITTAT

II l'IMIT JOlfaAdlM^, II. Seite: flATATXIVdlT TAf ITTEMID AMVVPIIl

III. Seite: IVIAID. ITXIVia. IT ATI.

013 sanaTvaA . jv^

IV. Seite: AiaTXIVIU . ITTAT

VoXa c MIDAVNAlall.

Der Gegenstand kam in das Besitzthum des Dr. Otvös in Karlsburg (er ist bekaiuit als ein tüchtiger Paläograph und Entzifferer der von ihm herausgegebenen in Geheim- zeichen zurückgebliebenen Schriften des Bäküczy). Bis jetzt sind alle seine Bemühungen, die Inschrift zuenträthseln, ohne Erfolg geblieben; er theilte sie auch anderen, ihm befreundeten und bekannten Archäologen ohne Erfolg mit. Errichtet nun einen .\ufruf an alle Fachmänner, und bietet demjenigen, dem die Inschrift zu lösen gelingt, als Gegen- dienst eine gut erhaltene Corvininische Goldmünze.

In den Folgenden werden wir das Bemerkenswertheste aus dem vergangenen Jahrgange des „Vasärnapi Ijsäg" mittheilen. ".

Der Tassilokelch nebst Leuchter zu Kremsmünster.

Auf der Rückkehr an den Rhein begriffen, uiiterliessen wir es nicht, bei der Durchreise durch Linz die in der Nähe belindliche, altelirwürdige Stiftung des bekannten BavarenherzogsTassilo, Krems m ünster, zu besuchen. Der entgegenkommenden, gastfreundlichen Aufnahme von Seite des hochwürdigsten Herrn Prälaten daselbst hatten wie er zu verdanken, dass uns sofort noch jene kostbaren Kunst- reliquien aus der Frühzeit der Stiftung mit grösster Libera- lität vorgezeigt wurden, die sich unstreitig als die ältesten kirchlichen Gefässe in Deutschland aus den Säcularisations- stürmen der letzten Jahrhunderte in diesem allberühmten Sitze der Cultur und Wissenschaft gerettet haben. Es ist das nämlich ein vollständiger „apparatiis altaris'' , wie er vom Herzug Tassilo seiner Lieblingsstiftung Cremif'anmn zum Geschenke gemacht wurde, und gehören zu dieser Aus- ^ Stellung des Altares der Messkeleh, zwei Leuchter (cero- f'cralia) und der Evangeliencodex (plcnarlum). Diese drei grossartigen, reich ausgestatteten Kunstwerke aus den Tagen

des Tassilo haben sich in der Abtei Kremsmünster als die einzigen Ueberreste der Kunst einer grossen Vergangenheit ziemlich unverletzt und primitiv erhalten. Vor allem verdient eine besondere Beachtung jener interessante „calix ahha- tialis", der eigenthümlicher Weise heute nur noch bekannt ist unter dem Namen „der Slifterbecher", und dessen ehe- malige liturgische Bestimmung, wahrscheinlich seiner eigen- thümlichen , pocalartigen äussern Form wegen bis heute unbekannt geblieben ist. Dieser seltene Messkelch des 8. Jahrhundei'ts erinnert noch deutlich an die traditionelle Form der Trinkschalen und Becher, wie sie in der classischen Cäsarenzeit im alten Rom in Gebrauch waren, und die für die Bildung der frühchristlichen Kelche in Glas und Metall massgebend geworden ist. Nicht nur aus der wohlerhaltenen primitiven Inschrift, sondern mehr noch ans der biblisch gehaltenen, reichen Ausstattung geht zur Genüge hervor, dass der sogenannte „Stifterbecher" ursprünglich als Kelch in kirchlichem Gebrauche war, wie sich das auch deutlich

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erhärten lässt durch die vielen Analogien, die sich als Zeich- nungen von ähnlichen frühchristlichen^ Kelchen in Bildwer- ken bei älteren Schrif^slcllern, vollkommen übereinstimmend mit dem humpenartigen, pocalfürmigen äussern Aufriss des Tassilokelches, heute noch vielfach vorOnden. Was die orna- mentale Ausstattung und technische Ausführung dieses merk- würdigen Gefässes betrifft, so kann mit grosster Sicherheit behauptet werden, dass auch, abgesehen von der deutlich erhaltenen Inschrift, aus diesen beiden Factoren des Kelches sein hohes Alter sich constatiren Hesse. Es tragen nämlich die Ornamentationen, sowohl an dem Kelche, als auch an den beiden dazugehörigen Leuchtern vollständig das Gepräge der Kleinkunst, wie sie in Grossgricchenland, dem früheren byzantinischen Exarchat in Italien im karolingisihen Zeit- alter geübt wurde. Das Material, woraus Kelch und Leuch- ter angefertigt sind , besteht aus Rothkupfer, in welchem eine Menge Thier- und Pflanzenornamente äusserst tief und energisch eingravirt und ausgestochen und darauf stark in Feuer vergoldet worden sind. Stellenweise hatder Kunst- ler nun sowohl an dem Kelch, als an den Leuchtern den Raum fi;ir kleinere und grössere figurale Darstellungen aus dem Rothkupfer vertieft ausgegraben und mit dünnen Silber- platten ausgelegt, die durch Feuers Gewalt auf dem Roth- kupfer aufgeschweisst worden sind. In diesen Silberblechen hat der «//n/ci' alsdann sämmtliche Umrisse vonMenschen- und Thierflguren cn niello kunstreich eingelassen. Diese Verbindung des Rothkupfers mit Silber und Niello und starker Vergoldung fanden wir auch an einigen ähnlichen Überresten aus der karolingischen Zeit. Was die Form der Leuchter (cerostnti) betrifft, so lässt sich mit Grund be- haupten, dass sich von diesem Alter, von dieser Grösse und reichen formellen Ausbildung nicht leicht im österreichischen Kaiserstaate ein ähnliches Exemplar mehr vorfinden dürfte, und bieten diese beiden Leuchter in artistisch-formeller Be- ziehung ein grösseres Interesse als seihst die bekannten merkwürdigen cerofernlia aus der romanischen Kunstepoche in Le Mans und im Dome zu Hildesheim. Leider hat das zu diesem Allarsapparate des Herzogs Tassilo gehörige ple)iarium,cin kostbarer co^fer mcmfirauaceux mit vielen Ini- tialen, seinen ehemaligen, reichverzierten Einband mit dem kostbaren frontale, wahrscheinlich in derselben kunstrei- chen .\usführung, wie wir dieselbe an Kelch und Leuchtern bewundern, bereits im 16. .lahrliundert verloren.

Die Deckelverzierung an diesem evangelistnrium ist bereits aus der Spätzeit des 16. Jahrhunderts und hat kei- nen besonderen Kiinstwerth , desto mehr aber das darin enthaltene Manuscript, das mit den Charakteren, den Initialen

und den Ornamenten des bekannten karolingischen codeje in der k. k. Ilofbihliothek zu Wien, dem bekannten evan- ficliariitm Karl's des Grossen im k. k. Sehatze zu Wien (integrirender Theil der deutschen Reich.skleinodien), so- wie mit den übrigen uns zu Gesichte gekommenen karolin- gischen Handschriften vollkommen identisch ist. Beweis- führend für die gleiche Zeit der Entstehung dieses seltenen „codex milh'tinrius'', mit dem Tassilokelch und den Leuch- tern ist der Umstand, dass dieselben Ornamente, wie sie an den Initialen desselben vorkommen, vollkommen überein- stimmend auch an einzelnen Ornamenten des Kelches und der Leuchter gefunden werden. Wir freuen uns zugleich der Redaction die angenehme Mittheilung machen zu kön- nen, dass der Hochwürdigste Herr Prälat von Kremsmünster bei seinem grossen Interesse für kirchlich-mittelalterliche Kunst uns alle erwünschten Erleichterungen gewährt hat, um eine möglichst detailiirte Beschreibung des fraglichen Tassilokelches und der Leuchter im Beisein der altehr- würdigen Originale mitMusse vornehmen zu können. Auch äusserte der Herr Prälat, dass er auf Wunsch der k. k. Cen- tral-Commission zur Erhaltung und Erforschung der Bau- denkmale nicht abgeneigt sei, behufs der Abzeichnung und Abformung Kelch und Leuchter durch einen Capitular des Stiftes nach Wien zu senden, damit eine Photographie in Naturgrösse von diesen höchst merkwürdigen Kunstge- genständen genommen werden könnte')- Nach diesen Photo- graphien liesse sich dann mit wissenschaftlich archäologi- scher Genauigkeit von geschickter Hand eine. Abzeichnung ") entnehmen und würde durch die Veröffentlichung derselben in den „Mittheilungen" der Kunstliteratur des Mittelalters ein höchst dankenswerther Beitrag gegeben werden. Wir sind gern bereit die ausführlichere, vergleichende Beschreibung dieser beiden liturgischen Utensilien, die wir in Krems- münster anzufertigen erwünschte Gelegenheit fanden, der k. k. Cenlral-Commission behufs der Publicalion in diesen Blättern zur Verfügung zu stellen.

Kremsmünster, den 10. August 1857.

F.Bock.

') Der Präses der k. k. Ccntritl-Comniission und Sedionschef Freiherr vor» Czoernig liat sich bereits nn den hochwürdi^en Herrn Abi von Kremsmiinster mit dem Ersuchen g-eweodet , diese interessanten Gcg-oo- struidc nach Wien transportiren zu lassen, um eine Ahformung und Zeichnung derselben bewerkstelligten zu kiiiinen. A. d. Red.

*) (legen Anfanj; dieses .Jahrhunderts erschien eine Abzeichnung- des so- genannten „Slifterbechers" in natürlicher UnVsse. Diese Copie jedoch hat nicht den iiiindesleii kritischen Wertli und mochte eher als eine Carricatur (?) statt eines Facsimiles des fraglichen, höchst merkwür- digen Origintilea anr.usehen sein.

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Notiz.

(F 11 II (I eines r ö iii i s c li e ii Meilensteines i m Krappfe 1 de Kärnthens.) Nicht ohne Interesse für die Kunde römischer Strassenzüji;e durch Karnthen ist derirn Friih- iinge des vorigen Jahres im Krappfelde (zwischen St. Veit und Friesach) im Dorfe Krumfelden gemachte Fund eines r ö m i s c li e n Meilensteines. Es ist ein ruh hearheiteter, grobkörniger fünf Fuss iioher Sandstein, welciicr wegen seiner vielen Vertiefungen und Eiuhöhlungen sowohl dem Meissel als auch der Erzielung eines Abklatsches nicht wenige Schwie- rigkeiten verursachte. Die durch letzteren controlirte Lese- art der Inschrift am Obertheile des Steines ist folgende:

IMP. CAES. M. IVLIVS PHILIPPUS P. EINVICTVS AV PONT. MAX. TItIB. POT P. P. PROCOS XV. Um den wissenschaftlichen Wertli dieses Fundes heur- theilen zu können, müssen die Lage des Fundortes, die in dessen Nachbarschaft früher gemachten Funde und die bis- herige Annahme für den Staudort der in der Peutinger"- schen Strasscnkarle verzeichneten Station Matucajum berücksichtiget werden.

Krumfelden liegt von der Gewerkschaft Treibach nord- östlich ungefähr eine Viertel-Stunde entfernt, nordöstlich in einer beilitulig halbstündigen Entfernung liegt Althofen, nordwestlieh von Krumfelden aber in einer Entfernung von ungefähr einer halben Stunde die Gewerkschaft Zwi- schenwässern oder Pöckstein. In Treibach befanden sich seit unvordenkliclier Zeit zwei Meilensteine am dortigen gewerkschaftlichen Meierschafts-Gebäudc , welche später zur Rechten und Linken des Hauptlhorcs des gewerk- schaftlichen Schlosses aufgestellt, vor ungefähr dreissig Jahren dem Medicin-Doctor Johann Kumpf in Klagenfurl überlassen und von diesem in neuester Zeit dem kärnthne- rischen Geschichtsvereine abgetreten wur'den. Der eine die- ser Meilensteine ist sehr beschädigt und lässl nur mehr die Schriftcharaktere: IMP. CAESAR ELVS und MAX deutlicher erkennen und hieraus und aus seiner Form auf einen Meilenstein schliessen. Der zweite ist besser erlialten und lässt folgende Inschrift entnehmen:

IMP. CAESAR

ELIVS. SEVER . . .

PI ... E

PONT. MAX. TRIB. POTESTATI II P. P. COS PROCOS. E. M. OI'ELVS.

DIADVMENIANVS NORILISSIMVS. CAES PRINCEPS IVVENTVTIS AVGG. FECERVNT A. VIRVNI. M. P. XV. II.

\\'enn es keinem Zweifel unterliegen k;!nn, dass der Krunifeldner Meilenstein an seinem ursprünglichen Stand- orte aufgefunden wurde, so ist dieses in Rezug auf die Tieibacher Meilensteine nicht so ausgemacht, ob sie in Treibache aufgefunden oder ziun durligen Meicrscliafts- Gebäude anderswoher, vielleicht von dem nahen Knuiifelden gebracht wurden seien. Die Zahl XV auf dem Krunifeldner Steine ist olfenbar eine Distanzangabe, und da der zweite Treibacher Stein die Distanz von Virunum ebenfalls mit M.P. XV. angibt, so ist es wenigstens sehr wahrscheinlich, dass auch für die Treibacher Steine Kruinfeldeu der ur.sprüng- liche Standort gewesen ist.

In Pöckstein oder Zwischenwässern Avird die Stelle gesucht, an welcher die römische Station Matucajum ge- standen, welche nach der Peutinger'scheu Karte M. P. IUI. von Virunum entfernt angegeben wird >). Zwisehen- wässern ist von Krumfelden, wie bereits bemerkt w urde, eine halbe Stunde, somit von Treibach drei Viertelstunden entfernt. Schon der Fund der Treibacher Meilensteine lei- tete auf die V^ermutbung, dass die Station Matucajum in der Nähe von Treibach zu suchen sei. Der Fund des Krunifeld- ner Jleilensteines dürfte eine genauere Restimnning zulassen und zur Annahme leiten, dass die Station Matucajuui an der Stelle des heutigen Krumfelden gestanden hiibe.

Dieser Annahme könnte nicht wohl entgegenstehen dass die Peutingersche Karte die Distanz der Station Matu- cajum von Virunum mit M. P. IUI. angibt, während auf den Treibacher und Krunifeldner Meilensteinen nur eine Distaiiz- angabe von M. P. XV. zu lesen ist. Denn die unter dem Namen der Peutingerscben Strassenkarte bekannte mittel- alterliche Copie einer älteren Strassenkarte ist namentlich luden Distanzangaben ungenau -'). Der Ansicht, dass die Treibacher Meilensteine und der von Krumfelden demsel- ben Standorte, nämlich Krumfelden angehören, dürfte auch nicht entgegenstehen, dass sie verscliiedenen Zeiten angehören. Der eine der beiden Treibacher Meilensteine gehört in die Zeit des Kaisers M. Opelius Macrinus und /.war in Folge der Angabe Trib. Pot. II. in das Jahr V. C. i)71. nach Chr. Geb. 218, wogegen der Krunifeldner Mei- ieiislein der Zeit des Kaisers M. Julius Philippu.s, vielleicht dem .lalire nach Chr. 244 angehört. Diese Verschiedenheit lässt sich nämlich dadurch erklären, dass unter Kaiser Philipp bei (Jelegenheit einer, nach einem Zeilraiime von 27 Jahren leicht erklärhaien Strassenausbesserung auch eine neue Meilensteinsetzung ohne Distanzen - .Änderuu'i' statt gehabt haben dürfte. Für die Annahme, dass der Stand- ort des römischen Matucajum in dem heutigen Krumfelden zu suchen sei, dürfte noch eine weitere Erwägung sprechen.

') Siclu' iiii'iii Uanilliiuli (liM- (ii'siliiiht.' Kiiniili,.|is. I. S. 5(>0. ii. o. '') FiMliiffi-i'» li:ihillju(.ii cliT allen (;i'ü^'ra|iliio I. S. 472. ll. TS.

35

230

Das sogeiiaiinto Antniiinisdio Roisi'lMuh vcrzoichnet die Slutioiien auf der Reiseroute von Aqiüleja bis Ovilabis mit Vi;i n<'l",io (Wolfsbcpfr). Lavix (bei Tarvis), Saiitieum (bei Tillacli), Viriimiin (im Zollfelde), Caiidalieae (bei Iliit- tenberg) u. s. w. '). Ist die angefidirte llestimniuiii? der Standorte der in dem Antoninisclien Reisebuelie aiigeijebe- nen Stationen ricbtig, so war die Strasse, deren Stationen das Reisebiich verzeicbnet, wenigstens bis Viriiniinu walir- scheinlich aber noeb bis über dasselbe binaiis dieselbe Strasse, deren Stationen aiu-b die Pentinger'sciie Karte verzeichnet. Der Umstand, dass die Karte mit Ansschluss von Virnniun andere Stationen verzeicbnet, als das Reisebuch, dürfte sieh, abgesehen davon, dass die Karte gerade auf der Route von Aquileja bis Virunum mehrere Stationen unbestimmt Hess. sieh auch dadurch erklären lassen, dass die Peutiuger'- sche Karte als eine Postkarte die Stationen, an welchen ein Pferdewechsel statt hatte, die Mutatinncn verzeicbnet.

wogegen das Reisebuch als ein }landl)m-h für reisende Staatsbeamte nur die Xachti|uartierstatiouen, d. li. die Man- sioneu verzeichnet. .Vueh noch über N'irunum hinaus mag die Strasse, deren Mansionen das Reisebuch verzeichnet, die- selbe gewesen sein, deren Mutationen die Peutinger'sche Karte angibt, und erst bei Matueajnin, wo sie von der nach Xoreza und Rcicandruui abgewiclieu, die nordiislliclic Rich- tung gegen Candalicae (Hüttenberg) genommen haben. Kine solche Abzweigung lässt sich aber mit Rücksicht auf die Örtlichkoit viel natürlicher erklären, wenn der Standort für die Mutation IMatucajum in Krumfelden gesucht würde, als wenn man scllicn in Zwischenwässern aimimmt, weil die Strasse von Krumfelden in beinahe gerader Richtung nach -Althofen und von dort nördlich iiber Gullaring nach Hüttenberg l'ülirt. \\ogegen der Weg von Zwisehenwässern nach Hüttenberg erst zurück nach Krumfelden, und von dort über .Altliofeu weiter gemacht werden müsste ').

Correspondenzen.

M'icn. Der Arcliitekt J. Lippe rt. welcher im Auftrage der k.k. Central-Commission eine Reise nacli Kiiintlien unternommen tiat. ist vor Kurzem zurückgekehrt und hat derselben die detaillirtesten Aufnahmen des Domes vonGurk, und der Kirchen zu Set. Paul. Fries ach und Millstatt vorgelegt. Diese Objecte, welche sehr viel Neues und kunstgesehiehtlieh sehr Interessantes bieten dürften. sind zur Veroftentlichung in den Publicationcn der Commission bestimmt und werden von dem Herrn Conservator Freiherrn von .\nkershofen mit dem entsprechenden historisch -archäologischen Texte versehen werden.

Aus «lein I'onsaii in Salzburg. Das Interesse für Erhaltung

und Restauration alter Baudenkmale und ein besserer Geschmack in .\ufl'ührung von Neubauten bricht sieh nach und nach auch in unserem verborgenen C.ebirgslande Bahn. Es ist dieses wohl zuniichst der Auf- merksamkeit zu danken, welche der knnstsinnitco Fiirsterzhiscliof Maximilian von Salzburg und der unermüdliche Domcapitnhir Stolz der Sache zuwenden, und seit etwa ö .Jahren ist Erhebliches "eschchen. Wir wollen diesmal auf eine Restauration näher eingehen. Im fürstlich Schwarzenbcrg'schen Cergsclilosse Sehermberg, wo gegenwärtig der Cardinal-Erzbischof von Prag eine wohllhätige Versorgungsanstalt für alte, gebrechliche Leute aus der Umgegend unterhält, befindet sich eine gothisch gebaute Capelle von mittlerer Grösse. Sie wird um die Mille des XV. .lalirhundcrts das erstemal urkundlich genannt und war das erste mittelalterliche (Jebäude ijii Pongau , das neuester Zeit einer gründlichen Restauration unter- zogen wurde. Zwei zopfige Altäre, eine nachträglich angebrachlc Empore und schwerralligc Betstühle verunzierten sie , wie auch die ursprünglich spitzen Fenster den Rundbogen, und eine uralle als Gnadenbild vereiirte Muftergottes-Statue über die geschnitzten Kleider noch einen unförmlichen Sack von StolT und Borden halten annehmen müssen. Die Capelle ist nun von jeder fremden Zuthat gereinigt, besitzt einen niedlichen gothiselicii Flügclaltar, ent- sprechende Fensler, Tbürcn und Retstühle, eine einfach schöne golhisehe Monslrauze und überhaupt durchaus stvigercehte Ein-

richtung. Die Altarflügeln (vorne Basrelifs: Maria Verkündigung, Christi Geburt. Anbetung der Weisen und Tod Maria, rückwärts Tem])eragemälde: Christus am (Jlberg, Geisselung, Krönung und Tod des Herrn) hingen vormals getrennt im Glockenbausc der Kirche Werfenweng und dienten den Bauern, um ihre Gabeln hineinzu- stecken und während des Gottesdienstes die Hüte daranzuhängen. Die Monstranze lag unter verschiedenem Gerumpel in Vagrain und der Messner hielt das Ding für ein altes sonderbares Lampengefäss. Sie ist nun vergoldet und gehört, nach der Construetionsühnlicbkeit mit der ])räehtigcn Taxenbachcr Monstranze zu schliessen, der ersten Hälfte des XIV. .lahrhunderls an. Ein liebliches Basrelief: die Kreuz- crtinduiig vorstellend, lag in Stücken am Dacliho len zu .Sehermberg und ziert nun in einem entsprechenden Rahmen ilie Rückwand der Capelle. Der Bildhauer Scheidet in Salzburg, der .Maler Stief, Steinmetz Haslauer und Vergolder E ttl daselbst, dann der wackere in Baiern crebildete Tischlermeister Oberniayer von .Sl.Veit hatten sich in die Arbeit getheilt und die vollste Zufriedenheit des kunst- liebenden Cardinais sowohl als des Herrn Furslerzbischofs dafür geerntet. Die Capelle, zu der einst lleissig gcwallfahrtet wurde, besitzt hinreichend eigenes Vermögen, um den Kostenaufwand der Restauration, der sieh auf etwas mehr als 3000 fl. belief, selbst leicht zu beslreiten. Übrigens blieb, wie Eingangs bemerkt, das Beispiel Schermbcrg's nicht ohne Wirkung. Die Restauration der Pfarrkirche St. Cyriak nächst Werfen trat die nächste in die Reihe. In wenig Wochen wird dieselbe vollendet sein und Anlass zu einem neuen Berichte geben. S. Bittersani.

Praj;;. Ich habe zu berichten, dass die Rcstaurirung der Tumba der beil. Ludmila in der St. Georgskirche durch den Bildhauer (^amill Böhm und den Steinmetz Swoboda im verflossenen Monate vollendet wurile und allgemeinen Beifall lindet. Wenige Tage nach Vollendung dieser Arbeit starb der würdige Pater K r bec, der die Restaurirung dieses Kunstdcnkmals in der archäologischen .Section angeregt, und sodann mit aufopferndem Eifer geleitet und gefördert hatte.

') Siehe mein IIan<lliuc)i. S. ■Hü jiJrt.

<) Das 10. BliiM der Gencrnlslnbs-Karle von Steierniiirk »ml lllvrien.

251

Die in der St. Lurlmila-Capelle aufgedeckten Wandmalereien sind gceignci, die Aufmerksamkeit der Freunde vaterländiseher Kunstdcnkmale im hohen Grade zu fesseln. In der Deckenwöllinng sind die vier Evangelisten und vier Kirehenlelirer, ferner ('hristus und ihm zur Seite zwei Apostel (?) dargestellt. Die Seitenwiinde enthalten die Figuren einiger Landespatrone. Die Wand an der Westseite ist duroli eine bedeutende Composition, welche walir- scheinlieh die Ibertragung der leililiehen Reste der heil. Ludmila darstellt, gesclimiiekt. Schade dass ein Theil dieser Darstellung durch einen neueren Kalkanwurf verdeckt, und ein anderer durch eine in dieselbe durchgebrochene Fensteröffnung vernichtet ist. Im Bogen, der sieh gegen das Presbyterium der St. Georgskirche öffnet, stellen sich die ziemlich «ohlerhaltenen Figuren der lieil. Ludmila und der ersten Äbtissin bei St. Georg, der seligen Mladu (Mariaj, Tochter ßoleslav 1., dar. Die Bilder sind a la tempera gemalt und wurden öfters übermalt; trotzdem ist es augenscheinlich, dass bei den späteren Übernialungen die ursprüngliche Zeichnung und Anlage geschont wurde. Die Erhaltung dieses interessanten Capellen- schmuekes wäre allerdings höchst wünschenswertli; da aber die (Jrund- lage dieser Malereien allzu locker und schadhaft ist, als dass auf die- selbe die neuen Farbenlagen fixirt werden könnten, so dürfte es wohl am zweckmässigsten sein, dass, im Falle es zu einer Renovirung der Capelle konnnen sollte, die alten Gemälde sorgfältig copirt und nach diesen Copien die neuen Bildwerke möglichst genau ausgeführt werden. Doch würde allerdings die Art und Weise der Ausführung dieser Arbeit, wenn es überhaupt je dazu kommen sollte von dem Gut- achten compctenter Fachmänner abhängen.

Die Reslaurirung der Kirche zu Maria-Schnee auf der Neustadt schreitet rüstig vorwärts. Der eifrigen Bemühung des hoehwürdigen Pfarrers zu Maria-Schnee ist es gelungen, die Mittel herbeizuschaffen. dass die Restaurirung nicht blos auf die Altäre, sondern auch auf die Frontseite der Kirche sieh erstrecken dürfte. Derselbe theilte mir daher seine Absicht mit, das in artistischer Beziehung aller- dings unbedeutende Uenaissanee-Portal der Kirche von dem ver- stellenden, rohen Vorbaue frei zu machen, und die Portinncula- Capelle, welche die Mitte des Hofraumes vor der Fafade einnimmt, abbrechen zu lassen, wodurch die Frontseite der Kirche allerdings gewinnen würde.

Diese nach dem Vorbilde der Capelle zu .\ssisi am Schlüsse des XVII. Jahrhunderts erbaute Porliuncula-Capelle ist ein unbedeu- tendes Bauwerk, welches unbenutzt und den Zugang zur Kirche ver- engend, dasteht. Ich konnte daher kein besonderes Bedenken gegen diesen Plan einwenden, dessen Ausführung übrigens von ferneren Commissions-Untersuchungen und meiner Ansicht nach auch von der Zustimmung der P. P. Franciscaner abhängen würde.

Der Prager Magistrat, durch dessen Patronatsfürsorge die Kirche zu Maria-Schnee im Innern neu ausgetüncht ward , hat an mich die Anfrage gestellt, ob die gothischen Fenster jener Kirche, die einer neuen Verglasung bedürfen, mit viereckigen oder sechseckigen Scheiben zu versehen sind; ich glaubte mich aus mehreren Gründon. vornänilieh aber darum für die sechseckigen entscheiden zu müssen, weil bei gothischen Fenstern niemals viereckige Gläser ver- wendet wurden.

Ferner muss ich erwähnen, dass die Gedenktafel des Marmor- denkmals der Karlsbrücke, an dessen Stelle die Statue des heil. Christophs aufgestellt werden soll, an der von mir vorgeschlagenen Stelle aus dem Grunde nicht angebracht werden konnte, weil die- selbe etwas breiter als die Seitenfläche des Brückenthurmcs erscheint und über dieselbe vorragen würde. Auch der Vorschhig, dass die Tafel im Inneren der Thoröffnung des Thunnes aufgestellt werde, stiess auf mphrfache Iliiulernisse. Da nun Seine Excellenz der Herr Statthalter, dessen Wohlmeinung über diesen Gegenstand ich einhülle, dem früheren Antrage des Herrn Bürgermeisters, dass man nändieh die Gedenktafel an der Anssenseite des Erüekentliuinus,

dem Kreuzhcrrnklostcr gegenüber, anbringen möge, sich anschloss, so blieb nichts übrig, als diesen Platz zum künftigen Standorte der- selben zu bestimmen. Ich sprach mich jedoch in meiner Zuschrift an den Magistrat dahin aus, dass die .Marmorplatte etwas über eine Klafter vom Boden erliüht angebracht und das Gesträuch unter der- selben entfernt werden möge.

Ich brachte ferner eine lateinische Inschrift in Vorsehlag, in welcher der Ort, wo das Monument früher gestanden und die Ver- anlassung der Übersetzung desselben verzeiclmef ist, und die unter die monumentale Aufschrift der Tafel hinzuzusetzen wäre.

Über mehrere Vorschläge, die ich in Betreff einiger dringender Reparaturen an der Tejnkirche dem .Magistrate gemacht, gedenke ich später ausführlicher zu berichten, bis die anderweitigen, mit den meinigen zusammenhängenden .4nträge des hochwürdigen Herrn Pfarrers am Teyn, über welche die Verhandlung gegenwärtig im Zuge ist, erledigt sein werden. Dr. E. Wocel.

Hla^enfiirt. Im .lahre i8^."> wurden von einer Dilettanten- gesellschaft .Ausgrabungen im Zollfelde begonnen, welche im Sommer 1830 an derselben Stelle, nämlich in der Nähe des Schlosses Töl tsch ach, im Soumier des vorigen Jahres fortgesetzt wurden. Die -Aufgabe war, die halbkreisige Einhöhlung hinter der obersten, mit einer Reihe von kammerartigen Nischen bekrönten Terrasse zu unter- suchen. Es slollle sich ein halbkreisiger Raum heraus, welcher mit einer dünnen Mauer umfangen war, die jedoch nicht geeignet sein konnte, irgend eine Last zu tragen. Der innere Raum war in gerader Richtung von Nord nach Süd mit Mauern durchzogen, welche rund- bogig überwölbt gewesen sein müssen, und in den Zwischenräumen scheinbar unterirdische Gänge bildeten. Die Gewölbe sind sämmt- lieh eingestürzt und man konnte den Rundbogen derselben nur an den Spuren desselben bemerken, die sieh an der halbkreisigen Um- fangsmauer, von welcher die Durehschnittsmauern ausgingen und an welche sie sich wieder auf entgegengesetzter Seite anschlössen. Die Durehschnittsmauern waren unverkennbar ein gewölbter Unter- bau, auf welchem sich, die Nischen der zweiten Terrasse überragend. Woimgebäude erhoben haben dürften, und zwar in derselben Weise, wie sie an der in Overbck"s Pompeji S. 248 abgebildeten Villa cnbnr- bana zu entnehmen ist. unter dem Fnssboden des Unterbaues zog sich ebenfalls von Nord nach Süd ein zweigeschossiger, theilweise im rollen Spitzbogen überwölbter .Abzugscanal , welcher sich in den Niederungen der Glan ausgemündet haben mag und welchem mehrere andere Abzugscanäle das Wasser aus den noch höher gelegenen Gebäuden Virunums zugeführt hatten. Von den über dem erwähnten Unterbaue aufgebauten Wobngebäuden ist keine Spur mehr vor- handen und selbst der Unterbau ist, offenbar von den ünternelimern der benachbarten Neubauten, alles noch brauchbaren Materials in der Art beraubt worden, dass sich, ausser den Mauerresfen und einigen schwer verführbaren massiven Steinwürfeln, weder an Mand- und Hohlziegeln, noch an einem sonstigen Baumaterial irgend etwas vorgefunden hat.

Da die Ausgrabungen weder das gewünschte noch das gehoffte Resultat ergaben, der Fond zu weiteren Versuchen und auch die Theilnahmc für solche nicht weiter ausreichte, so wurde ilie Ein- höhlung verschüttet und nur die kammerarligen Nischen wurden stehen gelassen. Diese eilen jedoch, nun den Einflüssen des M'etters ausgesetzt, in auffallender Weise dem Verfalle zu und in Kürze wird nur noch eine Ruine über Ruinen von dem verunglückten Unter- nehmen Zeugniss geben.

Der Erfolg dieser .Vnsgrabungen ist scheinbar ein sehr geringer und scheint nur in einigen Funden von Fragmenten römischer Wand- malereien, eines toscanischen Säulenfusses und einiger Reste des Archilravcs zu bestehen, welcher die mchrerwähnten Nischen bekrönte. Indessen glaube ich doch, dass das Unternehmen nicht ohne Gewinn für die Wissenschaft war. Vor Allem lernte der

Dilettantismus einsehen, dass zu einer systeniatisclicn, wissenschiift- lichen Ausgrabung;, als welches das Unternchmon angekündet « urde, viH "russerer Pond an (jeld, wissenschaftlicher Vorhcrcitunf; und Krfahruns j;ehöre, als in Klii^enfurl aufzulrelhcn i»l. Weilers haben die fraglichen Ausgrahuiigcn jedenfalls so viel ergehen, dass an der Stelle derselben ein in mehreren torrassenfürniigcn , stufenweise zurücktretenden , an der M'estfront mit mehreren durch einen sculpirtcn Arebitrav gekriinteii Nischen und theilwcise auch mit einem Saulenporlicus und zierlichen Wandmalereien ausgestatteter Bau gestunden habe, welebiM- auf einen hoben (5rad von Kunst- geschmack und Wohlhabenheit des betreffenden Bauherrn sehliessen lässt und daher im Uüekhlicke auf die älteren in den Ruinen Virunums gemachten arehaologiscben Funde einen neuen Beitrag liefert , um mit Beruhigung behaupten zu können, dass in Virunum auch die bildenden Künste eine würdige l'tlege gefunden haben, und demselben daher auch in kunslarehäologischer Beziehung eine grössere Bedeu- tung zugesproelien werden müsse. Endlich baben die neuesten Aus- grabungen im Zollfelde die schon bei Gelegenheit der alteren,

wenigstens durch arcliüologiscbe Funde mehr begünstigten Aus- grabungen gemachten Erfahrungen bestätigt , dass nämlich die Verwüstung Virunums nicht einem überraschenden Elementar- ereignisse und nicht einem unvorhergesehenen feindlichen i her- falle zuzuschreiben sei, sondern, dass die Bewohner Virunums, durch den seit dem V. Jahrhundert sich immer mehrenden Andrang der Völkerzüge cingesehüchtert, ihre Heimalb mit Hinwegfübrung ihrer verführbaren Habe verlassen , gesicberlere Wohnsitze im Süden gesucht und die Bauten und Baudenkmale Virunums dem Muthwillen der Barbaren und den zerstörenden Folgen des Vcriassenseins preisgegeben haben, wo dann endlich die diesen Übeln noch entgan- genen Baureste seit der Zeit der ersten Ansiedlung der Slaven im VI. .lahrhunderte und bis herab in das XVI. .lahrhundert für die benachharlen Kirchen-. Häuser- und Seblösserbaulen in der Art ausgebeutet wurden, dass selbst die Grundmauern nicht verschont blieben und das Baumaterial für die bcnachhartcn Neubauten liefern nuisslen.

G. Kreih. V. .A nk ershofcn.

Literarische Anzeige.

Von den „itlitteralterlichen Kunstdeukmalen des österreichischen Kaiserslaates", herausgegeben von Dr. G.Heide r, Professor Rud. von Eitelberg er und .\rchitikten .1. Hieser (Stuttgart F^bner und SeuhertJ ist im verllosscnen .Monate ein Doppelheft (4. und ö. Lieferung) erschienen. Dasselbe enthält die Darstellung „der Dom- kirehe zu Parcnzo in Istrien" von Professor llud. von Eitel- berger mit 4 Tafeln und 15 Holzschnitten; jene „des Patriar- chensitzes und der Kanzel zu Grado und des Baptisterium zu Aquileja", gleichfalls von Professor Rud. von Eitelherger mit 'i Tafeln und i;! llolzscluiiltcn; eine Abhandlung über FlügolaUärc mit der Beschreibung und Abbildung (1 Tafel) des Flügclaltars zu Set. Wolfgang inObcröstcrrcich von Dr. Ed. Freiherrn vonSack en und eine Abbildung des U e li(] u ien schre i nes zu Salzburg, wozu der Text aus der Feder des Domcaplan F. Bock aus Köln im nächsten Hefte nachfolgen wird. Die beiden gediegenen und sehr lebendig geschriebenen Abhandlungen des Herrn von Eitelberger führen uns diesmal an die Küste des adriatischen Meeres, und bringen Beispiele jener Kunstentwicklungen, die ihren Ausgangspunkt vor- zugsweise in Ravenna und Venedig hatten. In der Einleitung zur Domkirchc zu l'arenzo berichtigt der Herr Verfasser, welchem es wiederholt gegönnt war einen Theil dieser Küsfenpunktc genauer zu durchforschen, die irrigen .\nschauungen, welche bisher über das Kuiistleben I.striens im ersten Jahrtausend verbreitet waren; er weist nach, dass es unrichtig sei die ganzeKunsIbowegung jener Epoche als eine rein byzantinische zu hetraeblen, die den Künstlern jener (Jegend gewisser Massen nur von aussen aufgedrungen worden sei, und die Impulse ganz unil gar zu ignoriren, die von den Orten, an welchen sich die Munumenle befinden, selbst ausgegangen sind. Hierauf folgt eine Geschichte der mannigfachen Schicksale der Stadt und des ICiiiseo- pate.s von Parcnzo unter vorzugsweiscr Berücksichtigung jener Monu- mente, die auf den Ooni Flinfluss gewonnen haben. Am ausrübriiehsten ist, wie begreiflich, die archäologische Würdigung dieses hervorra-

genden kirchlichen Monumentes. Der Dom besteht aus einem acht- eckigen Baptisterium mit dem Brunnen zum Untertauehen in der iMitte, einem Atrium und der eigentlichen Basilica, welche drei- schiffig ist und mit einer nach innen runden, nach aussen zu poly- goneuAp.sis geschlossen ist. Sehr anziehend und belehrend ist die Beschreibung des Patriarchensitzes und der Kanzel zu Grado, sowie des Baplisteriums zu A qui lej a, da sie uns mit einigen Specialitätcn der frühchristlichen Kunst vertraut macht, welche diesseits der Alpen sehr selten anzufrcfVen sind. Ein nicht geringeres Inferesse nimmt die ausgezeichnete und kenntnissreiebe Beschreibung des prachtvollen Flügelaltars zu St. Wolfgang von Dr. Freiberrn von Sacken in An- spruch, da sie zugleich eine historisch -archäologische Entwicklung des Altars in der christlichen Kirche überhaupt enthält und daher einen besonderen Nutzen gewählt. Der Reli<iuienschrein zu Salzburg bildet dagegen ein ganz eigenthündiehes Werk dieser Gattung, wovon in Deutschland kaum viele Beispiele aufzuweisen sind und ist unzweifelhaft von bedeutendem Kunsfwertbc. Von den Tafeln und linlzschnittcn ^ worunter auch eine .Mosaik a>is Parcnzo in Farben- druck sich belindet sinil alle wirklich mit seltenem Geschmackc und ilcm genauesten Verständjiissc gezeichnet und die Mehrzahl der- selben auch so vorzüglich ausgeführt, wie sie kamn ein zweites Werk in Deutschland aufzuweisen im Slande sind. Mit Vergnüg<n wird gewiss Jedermann dieTafeln mit den herrlichen (\>pitälen von Parcnzo (gezeichnet von J. Hieser, ge,-<tocben von P. It iller), niitdcr Kanzel von Grado (gezeichnet iniAtclier Hieser, gestochen von (.'.Poltz). mit ilem Innern von Parcnzo (gezeichnet von Hieser, gestochen von E. Ritter), mit dem Ueliquienschrein zu Salzburg (gezeichnet im .Melier Hieser, gestochen von P. Ritter) und uiil dem Flügcl- altar (gezeichnet von Eippert und gestochen von P. Ritter) betrachten. Hei solchem Zusammenwirken vorzüglicher Kräfte ist wohl die lebhafte Thcilnahmc des kunstliehendcn Pnblieums eine \ erdiente.

Aus der k. k. Hof- und Staatsdruckerei.

Ji'ileii Monat erscheint 1 Heft zu 1 l)is 3 Druckbog'ea mit Ahbü-

dunyen. Uer PrünumeratioDSpreis ist für oineii Jahrgang' oder zwölf Hefte nebst Register sowohl für Wien als dieKronliinder und das Ausland A i\. V. M., bei portofreier Zusendung- iu die Krotiiäader der Österr. Monarchie 4 fl. 20 kr. C. M.

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DER K. K. CENTRAL- COManSSlON

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m wmmM m umiE der mmmmi.

Herausgegeben unter der Leitung des k. k. Seclions-Cliefs und Präses der k. k. Cenlral-Commission Karl Freiherrn v. Czoernig.

Redacteur: Rarl Weiss.

N^- 10.

IL Jahrgang.

öclober lHo7.

Inhalt: Von dem Einflüsse der Ptlaiizeii auf die Zei'störunjr der Ruinen. Der Biseliofstiil). dessen liturgisch-symbolisohe Bedeutun<; und allniLihlicIie Entwiekflung seiner Gestalt. Die Vertheidiffungskirchen in Siebenbürgen. - DieKron-Insignien Böhmens. - Der Elisabeth-Dom zu Kasehau in Ungarn. - Correspondenzen. Literarische Anzeigen.

Von dem Einflüsse der Pflanzen auf die Zerstörung der Rainen.

Von J. Seheiger, k. k. Conservator in Steiermark').

Wenn man die feindselige Vorsieht beti-iielitet, mit der im gemeinen Leben die Pflanzenwelt beinahe überall ausge- rottet wird, wo sie angerufen auf Erzeugnissen der mensch- liehen Arbeit erscheint so z. B. das Moos auf Dach- rinnen, der Schimmel und Schwamm vom Holzwerke über- haupt, ja gar das zwischen den Ritzen des oft ziemlich kunstlosen Pflasters entspriessende Gras so möchte man glauben, der Vorwurf dieser Zeilen sei ein ziemlich müs- siger und betrefte eine res judicata.

Wenn wir dagegen die Sorgfalt sehen, mit der an manchen Landhäusern, Gartengehäuden u. s. w. Pflanzen grösserer Art, namentlich Wein und Epheu, so nahe als möglich an der Mauer liebreich gepflegt werden , so kann wohl ein leiser Zweifel entstehen , ob die gedachte Feind- seligkeit auch gerechtfertigt erscheine.

Wenn wir endlich in unsern älteren, verlassenen Bauten, namentlich in und auf unsern Burg- und Kirchen- ruinen undurchdringliches Gewirre von Sträuchern und Schlingpflanzen, ganze kleine Wäldchen und zum Theile hochstämmige Bäume finden, und bemerken, dass diese üppige Vegetation selbst bei sogenannten „Erhaltungs- und Restauriitionsarbeiten" sorgfältig geschont wird , so dürfte der Gegenstand um so weniger als gänzlich ausgemacht, sondern einer kleinen Erörterung werth erscheinen.

Mit den modernen Land- und Gartenhäusern u. s. w. habe ich es liier durchaus nicht zu thun. Es ist Sache des Besitzers sich durch Weinhecken oder was immer für Pflanzen Licht und Luft mehr oder weniger rauben zu lassen, allerlei Insecten zum häufigeren Besuche einzuladen,

dem Gemäuer mehr oder weniger gedeihliche Feuchtigkeit zuzuführen, und an die Verbesserung der Gesundheit in so ausgestatteten Wohnungen zu glauben.

Neueren Gebäuden, w^elche nicht zu Wohnungen be- stimmt sind, namentlich den künstlichen Ruinen (unschätz- bare Erfindung der Neuzeit) gönne ich sogar ganz unbe- denklich diesen malerischen Schmuck, besonders den letz- teren, welche gerade nur die Pflanzenwelt am sichersten und schnellsten der verdienten Vollendung, d. i. der gänz- lichen Zerstörung und ünsichtbarkeit zuführt.

Ich widme diese Zeilen bloss den Ruinen. Nahe an ein halbes Jahrhundert habe ich mit Liebe und .Aufmerk- samkeit diese ehrwürdigen Denkmale betrachtet; schon in früher Jugend hat sich zu dieser Liebe der Wunsch ge- sellt, nach Kräften zu ihrer Erhaltung mitzuwirken, daher wenigstens durch Veröflentlichung meiner einschlägigen Erfahrungen. So entstand bereits vor mehr als dreissig Jahren in Hormayr's Archiv mein Aufsatz über Ausbesse- rung und Herstellung alter Baudenkmale, so auf der Basis weiterer, beinahe durchaus trauriger Erfahrungen im Jahre 18ä3 die Broschüre: „Andeutungen über Erhaltung und Herstellung aller Burgen und Schlosser =). Ich habe über diese beiden Aufsätze manches billigende und freund- liche Wort gehört und gelesen, aber was mir lieber ge- wesen wäre, eine praktische Wirkung derselben, nament- lich in der Richtung auf die Entfernung der verderblichen Pflanzen aus den Ruinen, ist mir nicht ln-kannt gewoiden. Wahrscheinlich werden diese vorliegenden Blätter ebenfalls wenig wirken, aber verölTenflicht sollen sie dennoch werden.

') Aus den Berichten und Mittheilungen des Altertliumsvereines zu Wien. Bd. 11, Ablli. 1. (Wien, in Coinmission liei Prandel und Mayer.

^'j Grats bei Aug. II esse.

36

2S4

tiainit sich der u;riino Viindalisnuis wenigstens iiiclil g;ir zu behaglich und ungestört breit mache.

Die Pflanzenwelt scluulet den Ruinen 1. durch Feuch- tigkeit, 2. durch Auseiuauderdriingen der noch zusanunen- hängenden Theile, endlich 3. durch Verhinderung ihrer An- sicht, der Erkenntniss derselben, theilweise auchder Aussicht.

t. Von den mikroskopischen Moosen an bis zu dem hochstammigen Baume lebt jede Pflanze zum grossen Theile von Feuchtigkeit, die ihm durch Luft und Boden zugeführt wird, und nimmt und gibt fortwälirend Feuchtigkeit ab. [He Stelle daher, auf oder an welcher Pflanzen wachsen, wird bei übrigens gleichen Umstünden schon feuchter sein, als eine von Pflanzen entblösste. Dazu bildet sich unter den meisten Pflanzen, seien sie auch dem dürrsten Gestein ent- wachsen, schon durch ihr theilwcises oder gänzliches Ver- welken, die abgeworfenen Blätter u. s. w. fruchtbare Erde, die ebenfalls Feucbtigkeit begierig anzieht und länger be- hält. Die Pflanzen geben Schatten und wehren dem freien Luftzuge, zwei Umstünde, welche dem schnelleren Auf- trocknen der vom Thau, Regen oder Schnee herrührenden Nässe durch Sonne und Wind hindernd und verzögernd ent- gegentreten. An den Wurzeln der auf den Mauern wach- senden Pflanzen dringt das von den Stengeln oder Stämmen derselben herahrinnende Wasser in daslnnere des Gemäuers oder Holzwerkes, erzeugt dort Mauer- und Holzschwamm und löst besonders durch das Gefrieren die festesten Ver- biiulungeii. Pflanzenwuchs überwuchert und verstojift Rinnen und Caniile, ündert durch den unter ihm entstehenden Hu- Muis die auf den regelmässigen Wasserablauf berechneten alten Horizonte der inneren Räume, stört daher diesen ge- regelten Ablauf und führt Pfützen, oder - in die Grundmauern, (icwölbe u. s. w. dringende unregelniässige Abläufe herbei.

So erzeugen und erhalten die Pflanzen die den alten und rissigen Mauern weit mehr als den neuen glatten Wänden schädliche Feuchtigkeit.

2. Noch grösser, noch leichter erkennbar ist der Schaden, welchen die Vegetation durch das Auseinander- drängen der Mauertheile herbeifiihrt. Mit scheinbar beschei- dener Genügsamkeit entspringt in der feinsten Mauerritze ein künunerliches, auf die Entfernung weniger Schritte kaiun dem Auge erkennbares Prtänzchen. Betrachten wir den so harndosen Eindringling in einigen Jahren, er hat sich zu einem ganz hübschen Stännnchen ausgebildet, seine Wurzel hat mit stiller aber unwiderstehlicher Kraft die feine Ritze zur tüchtigen Spalte erweitert, in die sich zum Über- flüsse Regen- und Schneewasser festsetzt, angesogen von einer Lage seihsterzeugten Humus, der sich wieder mit einem Walde klcim-r Gräser bedeckt. Noch ein paar Jahre, es ist nun aus dem kleinen Pflanzchen ein Baum geworden mit einer tüchtigen Krone. Gegen diese stürmen die Winde, die den Stamm in die heftigste Bewegung versetzen; er und die Wurzel wirken nun als mächtige Brechstange mit unwiderstehlicher Hebelkraft, der nächste Stin-m erweitert

die Spalte, der Baum stürzt, zerreisst <lie gespaltene Älauer, zertrümmert vielleicht noch im Falle ein Paar nahe Bautheile. So zerstört ein anfänglich ärmliches Pflanzchen eine Mauer, die JahrhumleVlen getrotzt hat . so kämpft die Natur siegreich gegen das Menschenwerk.

Die im Innern der Gebäude anwaciiseiiden Büume treiben ihre Wurzeln unter die (irinnlmauern und sprengen dieselben mit jener unwiderstehlichen Kraft, der auch der stärkste Fels weicht, selbst einzelne Äste werden so krüf- tig, um im Wege stehende schwüchere oder beschüdigte Mauern umzuwerfen. Und diese Büume wachsei\ um so schneller und kräftiger, weil sie gegen Winde und gegen die heftigste Kälte geschützt sind, weil ihre abgefallenen Blätter, gewöhnlich von Niemandem benützt, liegen bleiben und gut düngen.

3. Nur wer die Versuche wiederholt hat, Ausdehnung, Gestalt und Besfinnnung der Theile imserer Ruinen zu er- forschen, wenn diese so recht gründlich mit malerischem Gestrüppe, Schlingpflanzen und Bäumen din-ch- und über- wachsen und in Wald eingehüllt sind, gelangt zur Kentit- niss. in welch unglaublichem Grade ein üppiger Pflanzen- wuchs Ansicht und Verständniss einer Ruine und ihrer Theile zu hemmen vermag. Es gibt viele bedeutende Ruinen, die man durchaus nicht sieht, bis man unnnttelhar vor ihnen stellt, noch mehr die klein und unbedeutend erscheinen, ohne es zu sein, von denen man aber nur theilweise oft ärmliche Ansichten gewinnen kann. Es gibt solche Ruinen, in deren Innern mit Beschwerde und sogar Gefahr herum- zuirren ganz ohne lohnenden Erfolg bleibt, da man fort- während über Wnrzeln strauchelt, ober sich ein dichtes Laubdach, neben sich ritzende Dornen und verwachsenes Gestrüpp und vor sich dieAussichtauf Dickicht oderSchling- pflanzente|)piche hat, nebenbei auch die erfreuliche Mög- lichkeit, durch einen zurückgebogenen Zweig einen Stein- hagel auf sich zu ziehen, oder in einen v(un malerischen Gesträuch verhülllen Brunnen oder Keller zu stürzen.

Und all diese Freude verdanken wir dei' an unrechli-r Stelle wuchernden Vegetation, sowohl der gegenwärligen. als den früheren, in Dannnerde ver«an(lelt(Mi Generationen derselben.

Dass ein solches Chaos von Bäumen und Gesträuchen oft auch die schönsten Aussichten aus den meist weitaus schauenden Ruinen verschleiert, ist der mindere Schaden, aber doch bedauerlich genug.

Eines Nachtheils der Pflanzenwelt in Ruinen muss ich hier noch gelegentlich erwähnen. Fresken, Wa])pen. In- schriflen und seihst erhabene Sleingehildc werden entweder von Steinmoiiseii verdorben, oder dir an ihnen anliegenden Äste scheuern dieselben bis zur l'nkeiintlichkeit ah. bei Regen auf nassem Wege, im Winter aber, wn sie trocken und härter sind, als scharfe Besen.

Das wären nun Gründe genug, die Pflanzenwelt aus unseren Rninrn zu entfernen, besonders da die diesfällige

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Arbeit, seltene Fälle ausgenommen, in der prosaischen aber wicbtigen Riehtinig des Kostenpunktes eine niebt sehr bedeutende wäre und unseren Ruinen ein paar Jahrhunderte mehr garantiren würde.

Und gegen alle diese Gründe erhebt sich nur eine ein- zige bemerkenswerthe Frage: Wo bleibt dann das Male- rische?

Wer vermag es zu läugnen, dass die Mischung der Natur mit der Kunst, der Pflanze mit dem Gemäuer eine den Schönheitssinn angenehm aufregende Wirkung habe? Wer mag verkennen , dass eine Ruine, zwischen welcher Gebüsch und Raumpartien hervorblicken, die zum Theile mit einem Teppiche von üppigen Schlingpflanzen bekleidet ist, angenehmer aussehe als ein nacktes altes Gemäuer?

Die Engländer, denen man Geschmack in Beziehung auf Naturschönheiten nicht absprechen kann, erhalten in ihren Ruinen die oft kolossalen Eplieuwände mit wahrer Pietät; bei mehreren allgemein gepriesenen Restaurationen an den schönsten Ruinen der Rheinufer hat man die gleiche Pietät beobachtet.

Aber sind die Engländer bisweilen nicht zu weit ge- gangen? Sollte nicht die Überschrift so mancher Abbildung englischer Ruinen statt „Ansicht der Abteiruine N. N." heissen: „Ansicht des Epheu in der Abteiruine N. N.?"

Auch jene rheinländischen Restaurationen haben in dieser (vielleicht auch in mancher anderen) Hinsicht iiiclit immer das schicklichste Maass eingehalten.

Meine Absicht ist nicht, aus unseren Ruinen alle Vege- tation zu verbannen. Ich habe in meinen „Andeutungen" •) nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, wann und wo man sie schonen müsse, und wie man z. B. jene Prachtexem- plare alter schöner Bäume vor den Burgen oder in weiten Höfen derselben, wo sie nicht schaden können, erhalten solle.

Aber diese Fälle ausgenommen erkläre ich, selbst englischen und rheinländischen Autoritäten gegenüber, aller Vegetation auf, in und um den RuinenKrieg bis zum Messer nebst Säge, Axt und ähnlichen Zerstörungswerkzeugen. Man muss sich entscheiden, ob man die Ruinen sehen, ver- stehen und erhalten wolle, oder Gartenanlagen, oder eigentlich Gartentöpfe im riesigen Maassstabe aus ihnen zu machen beabsichtige. Und darüber muss man sich bald entscheiden, wenn man in einem Jahrhunderte noch Ruinen haben will, denn das Menschenwerk unterliegt im Kampfe mit der still aber furchtbar mächtig und in besorglicber Progression fortschreitenden Natur.

Ich habe die Frage über das „Malerische" die einzige bemerkenswerthe genannt, muss aber dennoch eine zweite Einwendung berühren, welche, so paradox sie ist und so leicht sie lächerlich gemacht werden könnte, dennoch Ach-

tung und Erörterung verdient, weil sie wohlgemeint ist, ferner weil sie in einem speciellen Falle, wo es sich um die Ausführung der Reinigung einer Ruine von dem Un- rathe *) der Vegetation handelte, zur ämtlichen Sprache gekommen ist, endlich weil an derselben ein ebenfalls nicht zu verachtendes Corollarium sieherheitspolizeilicher Art klebt.

Man hat nämlich ausnahmsweise dem Epheu (hedcra lielix) die dankenswerthe Eigenschaft zugeschrieben , die Mauern zu erhalten, welche er bedeckt, man hat sich gegen das Aushauen der eine hochgelegene Burgruine umgebenden Bäume aus dem Grunde ausgesprochen, weil diese die tiefer liegenden Gebäude, Gärten und Wege und die sich daselbst bewegenden Menschen gegen das Abrollen der Steine aus den Ruinen schützen.

Ich will vorläufig dem Epheu, diesem pittoresken V'an- dalen. zu Leibe gehen. Man behauptet, dass diese zähe kräftige Pflanze mit ihren zahllosen, netzartig sich ausbrei- tenden und fest anklebenden Verschlingungen die von ihr bedeckten Wände zusammenhalte und vor dem Zerfallen bewahre. Dieser Gedanke sieht von ferne nicht übel aus. Aber wer wird glauben, dass ein Gemäuer, welches der grösstentheils anerkannt treffliche Mörtel unserer Vorfahren nicht zusammenzuhalten vermag, das sich mit der ganzen Wucht der schweren Masse zum Einstürze neigt, von einer wenngleich zähen , aber doch in ihren dünneren Asten schwachen Pflanze werde aufgehalten werden?

Alles was ich zugeben kann, ist: dass ein Epheugewebe einer starken, noch gut erhaltenen Quadermauer wenig und äusserst langsam schadet, dass sogar ein recht dichter und starker Epheuteppich ein Stück zerbröckelndes Mauerwerk, wenn es nicht zu ausgedehnt und daher zu schwer, und noch nicht zu sehr auf der Seite des Epheus aus dem Lolhe gewichen ist , einige Zeit vor dem gänzlichen Zerfallen schützen könne. Von eigentlicher Erhaltung ist aber auch nicht die leiseste Spur.

Wäre diese Pflanze aus in Gestalt und Ausdehnung unveränderlichem Stoffe gebildet . daher eine beständige und feste Netzwand , so könnte sie günstiger wirken. So aber ist sie gegen barometrische und hygrometrisehe Ein- wirkungen empfindlich , ändert Gestalt und .Vusdehnung besonders beim Wechsel der Jahreszeiten, und äussert daher gegen die Mauern, mit denen sie durch ihre tausend ansau- genden Haftwurzeln fest verbunden ist, ein (sit venia verbo) Bestreben, diese Mauern wechselweise anzuziehen und abzustossen, d. h. zu erschüttern. Dieses Schütteln wird weder bei dem bekannten Epheu an der Pyramide desCaJus Cestius in Rom, noch bei dem leider weniger bekannten Epheu =) in den Ruinen von Sehenstein in Niederösterreich oder jenem am Friedrichstluirm der Burg Alt-Cilli viel und

*) Man möge mich entschuldigen, d.nss ich mich selljst citire, da mir in der vaterlündischen und der niii- ÄUgünglichen .nusUindischen Literatur keine andere und ans diesem Grunde keine bessere Schrift iiher diesen Gegen- stand bekannt ist.

•) KalTee auf einem Kleide, sagt Lichtenberg, ist nicht mehr Kall'ee.

sondern Fleck. 2) Ad quae noscenda itor in!^ri*di. transniiltere inaria solemus. ea sub oculis

inisila neglimijs.

36"

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baltlige Gefahr bringen, da das iMatoriale nnd die Masse der Bauwerke dies verliindern. Ai)er hetraeliten wir die Wir- kuny: dos Epheu an einer Wand, welelie iieinen aiisge- zeieiineten Mörtel, oder denselben durch die Unbilden der Zeit zum Theil eingebiisst hat. Wir werden da unter dem Epheu am Boden besonders im Frühjahre eine Menge von abgebröckellem Mörtel und Mauerstiicken linilen; welchen die angesaugten Zweige durch ihre Bewegung abgelöst haben. Und diese Ablösung setzen sie ununterbrochen fort, und langsam , aber sicher verririgern sie die Dicke der Mauer! Feinere Steinzierathen, namentlich Fensterrosen, werden bisweilen duicli das Gewicht der an ihnen hängen- den Epheumasse, besonders wenn diese nass ist. und durch ihrZiisamnienziehen bei Temperaturwechsel im eigentlichen Sinne zerbrochen. Übrigens hat auch der E]ihcu Wurzeln und zwar recht kriiftige, und diese bedürfen Raum, und wenn sie ihn nicht linden, schallen sie sich denselben mit Gewalt. Da nun solche Gewalt dem alten Gemäuer Gefahr bringt, da der Epheu die Feuchtigkeit an den Mauern sehr nährt, die Tünche oder Bemalung derselben und ihre Verzierungen zerstört, weniger guten Mörtel ganz abbröckelt, überdies aber oft sehr interessante Gebäudetheile, Verzierungen u. s. w. der Ansicht entzieht, so kann ich ihn von der, über die Ptlanzenwelt in den Ruinen ausgesprochenen Verbannung nur in höchst seltenen Fällen ausnehmen, wenn er nämlich in naturhistorischer Beziehung eine ganz besondere Merk- würdigkeit bildet, und auch dann nur dort, wo er wenig und sehr langsam schadet, oder wo das hinter ihm ver- borgene, ein bereits dem Untergange verfallenes, bedeu- tungsloses Gemäuer ist.

Das Bedenken wegen der abrollen<len Steine schein ein wesentlicheres, beirrt jedoch meine Wünsche keines- wegs emplindlich. (Jrösstentheils wird für die Sicherheit der unter den Ruinen liegenden übjeete gegen Steingeröll hinreichend gesorgt, indem man in gehöriger Entfernung von den Ruinen, daher ohne ihre Ansicht zu verhüllen, einen Raum- oder Waldgürtel, oder Gesträuche stehen lasst. und tia die Steine nicht gleich ursprünglich von den Ruinen weg durch die Lüfte (liegen. S(mdern anfänglich blos niederfallen und dann erst crescendo Sprünge machen so genügt zurDeckung näherer Gegenstände auch ein Zaun, eine Hecke, eine Steinmauer, oder selbst ein Graben.

Wer sich übrigens von der Wahrheit des in diesen Zeilen Gesagten, und wie sogar keine (bertreibung in der Schilderung des zerstörenden und überhaupt nachtheiligen Einflusses der Pflanzenwelt vorhanden sei, überzeugen will, der besteige die nächst beste unserer Rurgruinen , und er wird bei nur geringer Aufmerksamkeit sehen, dass dieser Einfluss schädlicher als jener von Regen, Schnee und Stür- men sei, den er übrigens, wie oben gezeigt wurde, auch bedeutend unterstützt.

Ob übrigens nicht bisweilen unter dem Mantel des gut- gemeinten pittoresken Vandalismus auch die Unlust ihr Spiel treibe, selbst die geringsten Kosten für die Erhaltung der Denkmale unserer Vorfahren aufzuwenden , oder gar der Wunsch , unter der schönen grünen Pflanzcnhülle desto md)emerkter gewimireiche Steinbrecherei treiben, oder das nutzlose Gebäude möglich bald in Trümmern zu sehen, und das Materiale in kürzester Zeit zu ökonomischen Zwecken abführen zu können, ist mir nicht bekannt.

Der Bischofstab, dessen liturgisch-symbolische Bedeutung und allmähliche Entwickelung seiner Gestalt.

Mit einer Alibildung und Beschreihung des Pastorale im Benedietiner-Stlfte zu Raigern in Mähren. Von Adolph Leopold Hiltor v. Wol Csk lon.

So weit uns die Geschichte zurückführt, ja selbst im Und wieder tritt uns der Stab in der Hand des Feld-

Berei(du' der Mythe begegnen wir dem Stabe als syndio- berrn. Richters '), Heroldes und Gesandten, ja selbst bis lischem Abzeichen der Kraft, Macht und Herr- zum Frolmboten herab entgegen als Abzeichen ihrer Gewalt s c h a f t. So finden wir den alles befruchtenden und belebenden und Sendung. Sonnenstrahl als Stab verkörpert in der Hand des Osiris. Vergleichen wir nun die verschiedenen Anwendungcsn

Hiemit übereinstimmend Sinnbildern die zwölf Stäbe in dieses Syndtols, so lassen sie sieh sowohl in rechtshistori- der Bundeslade der Israeliten eben so viele Stammfürsten scher-) als sonstiger Hinsicht auf zwei Ideen zurückführen, derselben (Moses IV, 17, 2 und S). und Aron"s Stab wird auf die des Besitzes oder Aufgebens der Gewalt. Werden sogar zum blühenden Mandi'lbaMme, als Zeichen, dass ihm der Herr das segenverbreitende Priesteramt übertragen habe.

Die Götter Griechenlands: Jupiter, Mercur, Juno, Ceres u. A. tragen Stäbe als Abzeichen ihrer überirdi- schen Macht; Könige und Fürsten erscheinen in ältester Zeit mit dem einfachen Stabe, dem Scepter , welches später eine zierlichere Gestalt annimmt, aber seine Grund- form durchgehends beibehält ').

«) Hefner: „Trachten d. christl. .Mitlelaltcrs" I, Tiif. 7, lä, 19. 23. 25. 21», 76. 89, 9:>. J. (irimm's „UeclilaalUirn." 134, 3.

•) Grimm „R. A." 7(il f. Vgl. \V ii Ifsk r o ii : ..nie Bilder der Hed- wigslcgeude" (Wien inid Lcijuig 184t>, Fol.) piig. lOü T«f. 37. „Ri-iiiuiur Sladtrcclit vom Jahre 13.'>3" Fol. h. a.; dasseihe vom J. 144R. Fol. 2 n, 1'» n, .'J? a. Basilius II. erhält von einem seliwehenden Kngel den Stob fscrplrum) , withrend ein zweiter ihm tue Krone nnfs Mau|it set/.t. Miniatnre eines Psalters aus der ...Mare. Itiht. /.. Venedig" X. Sei. d'A g i n e o u r t. Taf. 42. 4.';.

') firimni ,1t. A." 137. ihid. 133— 13;i: „Dii.r Tassilo rcddit ei fCarnln) ipsiim piitriam cmn ffurulo'*. .\uti. ^\ic\(tirh. dt nuMi: n. a. 787 I* e r t /.. „hanitijravius T/ntrini/inc Imruliim in mimu mm dcxtra ijcstans , et ul judex sedenit ad aententiandittn'*. Legn. It c»n i f ac i i. «ein geschwo- rener Krohnc soll so frei sein, das/, er soll tragen einen weissen stock und Ihnen gebot und verbot" Boc h ums „l.audrecht" §. 19.

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Stock hält, trägt, ü 1j t G e w a 1 1 aus, w e i- ihn hin- gibt, lässt seine Gewalt fahren oder überträgt sie an Andere.

Alle jene Beziehungen vereinigen sieh aber in dem Stabe des Bischofs (baculus episcopalis , pusto- rnlis) ')•

Wie der Herr zu Moses sprach: „Gehe vor dem Volke her und nimm die Ältesten Israels, und den Stab, womit du den Fluss geschlagen, nimm in die Hand" (Moses II, 4, 17 und 16, S), und wie Christus den Aposteln die priesterliche Gewalt ertheilte als er sie aussandte um zu lehren und ihnen befahl Stäbe -) zu tragen, eben so tritt der Bischof, Kraft der ihm von Gott übertragenen Gewalt, umgeben von den helfenden und berathenden Ministerialen mit dem Hirtenstabe in der Hand sein hohes Amt an als Führer und Richter der Gläubigen s), als Herr der ihm zugewiesenen Priesterschaft.

Die über das Irdische weit erhabenen Rechte, so wie die heiligen Pflichten des Bischofs sind in den Worten klar dargelegt, nach denen der zu Weihende den Stab mit der Lehre empfängt „mit frommem Eifer zu bessern, ohne Zorn und Vorurtheil Gericht zu halten, die Zuhörer durch einschmeichelnde Gewalt der Rede zur Tugend zu erwecken und den Ernst und die Strenge der heiligen Würde nie zu verläugnen" *).

Die ursprüngliche Form des Pedums stimmt mit jener des gewöhnlichen, oben gekrümmten Hirtenstabos überein, und so wie dieser „soll er mit der Spitze die Trägen stacheln, durch die gerade Mitte die Schwachen schirmen und mit dem oberen Haken die Abirrenden zurückziehen und sammeln" ^).

Mit Absicht wurde der Bischofstab aus Bein und Holz zusammengesetzt, welche beiden Theile mit einem Knopfe verbunden waren, welcher oft durch reiche Ver- goldung und Krystalle (Fig. 1) verziert wurde. Das zurück- gebngene Bein sollte die Strenge des Gesetzes, das Holz die Milde des Evangeliums andeuten , welche beiden ver-

1) Von den Kirchenvätern und den Theologen des Miltelaltei-s auoh pcduin, virga, fertda, stimbuca g^enannt.

2) Vgl. „DuranddS rational divinorum (jfficiorum" lib. III. 15 , auf welelu'3 Hauptwerk diese Abhandiunj;' durcliaus gegründet ist. Auch die Engel als Himinelshoten tragen Stäbe; liieher gehört auch dei- Lilienstengel des Erzengels auf den üarstellungen seiner Sendung an Maria die (jottge- bärerin.

■*) „yw^'rf vuUis? in virija veniuiii ad (Jos, an in eharitate et spiritti mansuc- Uidinis?^ Paulus ad Chor. I, 4, 21.

*) „Aceipe baculum pastoralis officii, et ais in vorritjendis vitiis pie saeviens, Judicium sine ira tenens, in fovcndis virtutibus auditorum anirnon deinui- cens, in tranquiliitate sevcvitatis censitram. non dcserens^ vgl. K r e u s e r „Kirchenbau" II, 154 IT.

^) Der Schäfer zieht das entlaufene Thier mit dem Krumnistahe am Beine (pesj zurück, wovon der Name pedum abgeleitet wird. y,<^ulliije, sustenta, stimuia^ vatja^ morbida, tcnta. CoUiijf per !iitnunitm , media reye, pitnf/e per ijnuni.'* Inschrift auf dem Stabe Berward's zu Hilders- heim. ^Sterne resistente.ff stantea reije^ falle jarentc.f."* Stal» fi u d e- bard's.

(Fig. i)

bunden sind durch den Knoten (spliaerula) der Göttlichkeit Jesu Christi. Dessgleichen wurde das Bein für die Härte, Strenge , das Holz für die Milde des Bischofs gedeutet, welche er bei seinem Urtheile mit der Nächstenliebe verbinden soll.

Zuweilen wurde auf den Knopf das Wort „liomo" gesehrieben, auf dass sich der Bi- schof erinnere, „wie auch er ein schwacher irrender Mensch sei , sonach von seiner kirchlichen Gewalt keinen Missbrauch machen möge. In eben diesem Sinne wurde auf den unteren Beschlag des Stabes „parce" ge- setzt, damit der Bischof seine l'nterge- benen schone und gegen sie Mitleid übe. (Durand US a. 0.) Diese Andeutungen dürften hinreichen, um .\ufschluss zu geben über das durchgängig erkennbare Bestreben der mittelalterlichen Kunsttechnik , welche sich darin concen- trirt, das Pastorale durch symbolische Ornamente, In- schriften und andere Zuthuten als ein Attribut der hoch- priesterlichen Gewalt zu kennzeichnen und damit ver- schiedene biblische und dogmatische Begriffe harmonisch zu verbinden. Mit welchem Geschicke, mit welcher reli- giösen Weiiie dieses durchgeführt wurde, davon geben uns die noch vorhandenen, dem X. bis XVI. Jahrhunderte ange- hörigen Originalstäbe, so wie deren überkommene Nach- bildungen ein glänzendes Zeugniss, und es ist Zweck dieser Abhandlung, ein derartiges Kunstwerk unseres Vaterlandes zur Kenntniss der Alterthumsforscher zu bringen, welches beide Richtungen deutlich und in einer sehr glücklichen Conception wahrnehmen lässt. Bevor wir jedoch darauf weiter eingehen, wollen wir die ursprüngliche Gestalt des Pedums und die allmählichen späteren .Ab- weichungen davon auf Grundlage der Denk- male betrachten. So bringt uns ein Missale des XI. Jahrhunderts zu St. Peter in Salzburg die eigentliche Type des Hirten- stabes '), welche mit der eines lateinischen langen f zusammenfällt (Fig. 2) und völlig mit der Beschreibung des Diirandus über- einstimmt, wo er zugleich von der mystischen Bedeutung der drei Bestandtheile (Bein, Holz, Knopf) des- selben spricht. Jene Form wiederholt sich auf zahlreichen Siegeln des XII. und XIII. Jahrhunderts =), dessgleichen

(Fig. 2)

') Hefner: „Tracblen" 1,36. Vgl. M ü I I e r's „Beiträge zur teutschen Kunst und Geschichtskunde'* Taf. VI. Das Grabrnonument des Erzbisch. S iegf rie d III. im Dome zu Mainz 1249, die Bilder des „/lorliis deli- riarum" der Herra<i von Landsperg ; berau^gegelten durch Engel- hardt, Taf. V, VII.

*) Hergott: „Monument, aug. dorn. .Xustriacae" Tom. I: „Siijiltti et in- siijnin.^ Viennae 1750, Fol.

2 ÖS

auf Grabsteinen, anderen Seulpturen, Wand- und Tafel- geiniilden jener Zeit ').

Wiewohl mit einiger Verzierung, sonst aber obiger Zeichnung entsprechend slyh'sirt, ist ein Peduni, welches nach einer Miniature des Sachsenreehtes in der Heidel- berger Hundsclirift (XIV. Jahrhundert) von einem Papste geführt wird. Die.'-e in mehreren Werken aufgenonunene Dar- stellung =) ist auch in anderer Hinsicht hervorzuheben, da das eigentliche Mittelalter kein päpstliches Pedum kennt "■). Statt diesem wird dem Papste, jedoch kaum früher als im XIV. Jahrhunderte, der Stab mit dem dreifachen Kreuz vorgetragen, so wie die Patriarchen das doppelte, die Erzbischöfe das einfache Kreuz fidiren ; den Ähten und Äbtissinnen kömmt eben sowohl das Pedum zu, nur wurde es von diesen mittelst eines sehmalen Tuches, „sudarium" auch „orarium" genannt, ergrif- fen, welches am oder unter dem Kopfe des Stabes befestiget war *).

Hierzu diente eine eigene Vorrichtung. So bemerken wir auf dem Stabe des Abtes Günther von Lubyn in den Bildern der Hed- wigslegende vom Jaln-e 1 353 s) an der Stelle des Knopfes einen kronenartigen Ring, wel- cher ohne Zweifel dazu diente, um das suda- rium zu halten (Fig. 3). Eben diese Hand- schrift enthält auch mehrere Stäbe von Bi- '°' ' schöfenuudÄbtissinnen.dochfehltan den letz- teren, gleichwie bei jenem nt hor's, das orarium selbst •). Auf einem Ölgemälde aus Düror\s Schule in Hef- ner's Besitz (vergl. dessen Trachtenwerke III, 55) ist das Schweisstuch an einem dreieckigen .\nsafze des Stabes be- festiget (Fig. 4). Ein Bild in der Gallerie zuAschalfenburg') stellt Albrecht IJ., Kurfürsten von Mainz als St. Erasmus dar. Dort ist das Tuch in eine rautenförmige Metallzwinge geklemmt (Fig. 5). Hiemit stimmt eine Miniature des Behami'schcn Gebetbuches vom Jahre 1531 aus der Hofbibliüthck zu Aschaifenburg überein s) (Fig. 6}.

•) Hefner I, 9. „Das Siegel von Astliairenliuif;- ibid. 10. und 11,43. „Die Grabsteine zu Freisingen" I, 28. „Teinperagemälde zu iMarns". „Glasgeraälde zu Heiligenkreuz", dargestellt in den „MiUl. Kunst- denkmalen des osterreieb. Kaiserstaates", herausgsgeb. von U e i d e r. Eitel berger und Hics er. I. Liel'., Taf. V.

') Kopp: „Bilder und Schriften'-. „Teutscbc Denkmäler von Halt Babo und And" (1820, Heidelberg) Taf. XXIV, 6. Hefner I, 41. „Über das Alter der Handschrift" vgl. Ho in ay r's „Sachsenrechl" XXII, 8.

'J Durand III, Ij, GundKreuser I.e. über die Sage von der Wieder- belebung des „Malcrnus", nicht zu übersehender Zusammenhang mit Aron's Stab,

•*) ,A(tdc qiiodhaculo Epiecopali iion Kil ariilendum. sudiirhim ret oriiriutii. sed Ahhatiaii". !>! o 1 a n u s, cap. 41.

*) Vgl. meine Herausgabe Taf. 23.

«) Taf. 1. 4. 1.3, 31, 50, öl. .'i8, Gn a. a. O. Vgl. den (irabslein der Äbtissin Agnes von llimmelskron im II. Bde., 3. Hft. des „Archivs f. fiesch. und Alterlh." von Oslfranken.

') Hefner III, 97, XVI. Secl.

"> Merkel: „Die .Miniaturen und Manuscripte der Bihl. zu Aschaifenburg" (4», 1836), Taf. V.

Ein Holzschnitt aus dem Beginne des XV. Jahrhun- derts in der Kirchenbibliothek zu St. Jakob in Brünii, den

^^^

(Fig. 4.)

(Fig. 6.)

heil. Wolfgang als Abt von Mondsee darstellend , zeigt ein Pastorale mit eben jenem Tüchlein, doch ist die Art seiner Befestigung nicht ersichtlich gemacht ').

Eine chronologische Zusammenstellung der hier ange- führten Kuiistdenkmäler belehrt uns, dass sich die Grund- form der Bischofstäbe (f) bis in das XIV. Jahrhundert er- halten habe, von da ange- fangen jedoch schmiegt sich die volutenförmige Windung durch eine leichte entgegen- gesetzte Krümmung an den Stab und geht später zur eigentlichen Sichelform über, natdi welcher sich die Ciirve rechtwinkelig an den Stab fügt. Besonders zahlreich in allen hier gedachten Formabstufungen sind die Bischofstähe Inder schon erwähnten Heidelberger Handschrift des Sach- senreehtes vertreten-) (Fig. 7 und 8).

Nicht seilen, und zwar schon im XI. Jahrhunderte kommen an den Pastoralen kunstvolle figuralische Darstel- lungen vor, welche regelmässig innerhalb der Windung des Stabes angebracht sind. Später, vom XV. Jahrliuiulert angefangen, verschwindet jener Sehmuck an dieser Stelle und wechselt mit einer oft sdiwer überladenen architecto- nischen, zuweilen noch mit Figuren ausgestatteten Orna- mentik am oberen Schafte des Stabes, von wo sich, wie früher aus dem einfach gegliederten Knopfe, die Krümmung emporschwingt.

(Fig. 8.)

•) Facsimile nebst einem Boricble von Wol fs k ron in den „Quellen und Forschungen zur vaterländischen (ieschichtc , I.iternlur und Kunst" Wien. 1848, 4».

2) „Teutsche Denkmiiler" T.nf. XIl. 3; XX, 4, 8; XXIIl, 4; XXIV, 4, », I!.

2S9

Um auf obige Bildwerke zurückzukommen, machen wir auf die beiden Stäbe in dem Kloster Göttweih und A Itenburg in Österreich aufmerksam, welche durch Ür. Heider und Häufler im II. Bande des Archivs der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften beschrieben und hier im Holzschnitte (Fig. 9 und 10) dargestellt sind. Beide

(Fig. 9.) (Kig. 10)

gehören etwa dem X. bis XI. Jahrhunderte an, sind aus Elfenbein geschnitzt und bilden die kreisrunde Windung dm-ch eine Schlange, in deren Mitte je zwei Vogel erschei- nen, welche das von der Schlange bedrohte Kreuz zusehützen bestrebt sind.

Ein Pedum im Dome zu Mainz aus dem XI. Jahrhun- derte, welches aus Bronze gearbeitet, reich vergoldet, mit Schmelzwerk und eingesetzten Bheinkieseln verziert ist, zeigt dagegen in seiner Volute einen^Mann, der auf einem Drachen reitet *).

Mit der symbolischen Bedeutung des Stabes überein- stimmend, versinnlichen jene Darstellungen den Sieg des Glaubens über die Macht der Hölle, und entsprechen den Worten der Offenbarung (XII, 9), in welcher es heisst: „es wird hinabgeworfen jener grosse Drache, die alte Schlange, welche genannt wird: der Teufel und Satan-).

Ein Bischofstab, welcher Otto dem Heiligen (f 1139) zugesehriefeen wird und sich im Domschatze zu Bamberg befindet s) , hat nngefähr die gleiche äussere Form wie jener zu Mainz. Die Krümmung wird hier von einer Schlange gebildet, die in einen Zweig des Lebensbaumes beisst, der sich vom Schafte ausgehend in die Mitle des so gebildeten Ringes hineinbiegt, innerhalb welchen der englische Gruss erscheint. Die Jungfrau Maria tritt die Schlange mit Füssen (Moses I, 3, Ib) und ist von einem Rundbogen überwölbt, welcher sich auf eine Säule stützt, deren Deckplatte ein kleines Thürmchen trägt, um eine Kirchenpforte anzudeuten. Der Erzengel, welcher mit dem Lilienstabe *) in der Hand als Himmelshote erscheint, eilt in gut bewegter, rasch vorschreitender Stellung auf Marien zu, welche im Gegensatze völlig ruhig gehalten ist. Hier

') Hefner: „Trachten" I. T.if. S.

2) Vgl. Meid er: ,.nie romanische Kirche zu Schüngrabern" S. 173 IT..

und Wolfskron: „Die Bilder der Hedwigslegende" pag. 84. ä) Hefner: „Trachten''!, 39. Wangen; „Künstler und Kunstwerke

in Deutschland" I, HS. ") Vgl. Note 5.

ist insbesondere die glückliche Idee des Künstlers hervor- zuheben, nach welcher der Schaft des Pedums den Para- diesesbaum symbolisirt, um welchen sich die Schlange, durch den aus der Jungfrau Geborenen überwältigt, ohnmächtig windet. Nach der gesammten Coneeption wird hier dem Sündenfalle Eva's die rein himmlische Unschuld im Bilde Mariens entgegen gestellt <) und zugleich auf die Kirche hingedeutet, die durch ihre Glaubenslehre und die von Gott übertragene Macht (Symbol des Stabes) die Sünde bekämpft.

Ein Pastorale im Chorherrenstifte zu K 1 oster nen- burg, angeblich vom Abte Babo (1280) hcrstanunend, wiederholt jene Darstellung, welche dort in niedlichem Elfenbeinschnitzwerke mit Gold und Malerei verziert und der Inschrift: „Ave maria gracia plena" erscheint, ober welcher Gruppe das Bildniss des Herrn angebracht ist -).

Die chronologische Reihenfolge weiter beobachtend, gelangen wir nun zu dem Hauptobjecte dieser .\hhandiung und legen den Freunden und Forschern der christlich mit- telalterlichen Kunst in der beigefügten Abbildung ein höchst interessantes Pedum aus dem uralten Benedic- tiner-Stifte zu Raigern in Mähren vor (Taf. X).

Über den Ursprung desselben kann urkundlicli leider nichts Näheres berichtet werden, eben so wenig ob es für jenes Kloster angefertigt, daliin geschenkt worden, oder überhaupt jemals von einem seiner früheren Abte be- nützt worden sei. Ist es doch erst vor etwa neun Jahren von dem damaligen Abte Victor Schlossar entdeckt worden, worauf es von dem eben so gelehrten als kunst- sinnigen Superior Dr. Gregor Wolny gewürdigt und über seine und Schreiber dieses vereinte Anregung vollkommen renovirt und gebrauchsfähig gemacht wurde, so zwar dass es gegenwärtig bei allen hohen Kirchenfesten benützt wird 3).

Die ursprüngliche Gestalt dieses Stabes, von welchem jedoch bei seiner Auffindung nur der obere Theij, nämlich die Windung mit dem schönen Elfenbeinschnitzwerke und dem oktogenen Knaufe vorhanden war, an welches sich

>) Menzel's „Symbolik" 11, 328.

2 ) S e h m i d 1 in seinen „Umgebungen Wiens" I, 239 bezeichnet Letzleres als ein Ch ristusbiid; wenn jedoch nicht ganz unzweifelhafte .Merk- male dafür spreeheu , dürfte die .\nnahmc der Darstellung für (lOtt- va t er hier passender sein, und auch anderen ähnlichen Bildern ent- sprechen. Man verfi'leiehe ein Glasgemälde aus dem XVI. .lahrhunderte. abgebildet in den „Kuustdenkmälern Deutschlands", herausgegeben von Bechstein, Bihra u. A. (Schweinfurth 1844, 4"), dessgleichen eine Miniature in einem Psalter im Dome zu Mainz XV. Sect. Mül- I er's „Beiträge zur Kunst und Gesehichtskunde" Taf. XVI. Wir beab- sichtigten nrs[)rünglich das Klostcrneuliurger l'edurn hier in einer Ab- bildung und Beschreibung jenem aus Raigern gegenüber zu stellen, da jedoch die l'ublication des ersteren durch die uns befreundeten Heraus- geber der „Mittelalterlichen Kunstdenkmale des Österreich. Kaiserstaales- vorbereitet ist, so kann vorläulig nur auf die zu erwartende Folge jenes Werkes hingewiesen werden.

■*) Der besonderen Güte des gegenwärtigen, für Kunst und Wissenschaft gleich begeisterten Herrn Abtes Günther Ka I iw o d a, welcher den Stab eigens nach Wien bringen Hess, um in der k. k. Slaatsdruckerei eine Photographie davon nehmen zu lassen, verdanken wir die Genauigkeit der hier vorliegenden Abbildung.

200

ein gleichfalls achteckiges Glied mit hiiili (hirchbrochener gothischer Verzierung ') anschloss. lässt vorimithen, dass unterhalb dieses letzteren Theiles ein zweiter Knopf ange- braclit gewesen sein dürfte, wodurch das Ganze harnKinisch abgeschlossen und vorbereitet war in den hölzernen Schaft überzugehen, der nacli der Sitte des Jlittolalters etwa roth lackirt und durch Vergoldung verziert gewesen sein dürfte.

Wie das Rohr zeigte, welches zur Aufnahme des Holz- stabes diente, und ganz roh ausgearbeitet belassen wurde, da es durch jenen (angenommenen) zweiten Knauf gedeckt war, ist die gesammtc Mctallarbeit aus Kupfer hergestellt, dessen reiche Vergoldung sich noch wohl erhalten hatte.

Die aus dem Knopfe in schön geschwungener Form emporsteigende \N induiig zeigt uns zwei gegenüberstehende emaillirte Platten, welche von einem schmalen Rundstabe begräuzt, zu beiden Seiten in eine sich zurückziehende Hohlkehle ü])ergehen, wodurch das Ganze, im Durclischnitte betrachtet, ein gedrücktes Sechseck bildet. Die Kanten der Windung sind mit Schnörkeln (Krabben) kammartig be- setzt, deren schneidige Ränder wellenförmig eingekerbt sind, ein Ornament, welches unter verschiedenen kleinen Abweichungen, aber doch in der Grundidee übereinstim- mend, schon im XIII. Jahrhunderte Eingang fand, jedoch erst im folgenden, neben den sogenannten Bossen und Knorren als ein Mittelding zwischen den geometrischen und vegetabilischen Zierwerken, allgemeiner angewendet wurde. So begegnen wir einem ähnlichen Ornamente am Dome zu Magdeburg (1220). ferner am Domchor zu Cöln (1299) 2).

Endlich im Heimalhlande unsei-es Pedums selbst, zu Brunn am Giebelfelde des ehemaligen Cistercienser Non- nenklosters Jlaria Saal, im Jahre 1338 gestiftet s), gegen- wärtig im Besitze der P. P. Augustiner.

Hiemit wäre auch die Abbildung eines Bischofstabes nach einer französischen Miniature des Xlil. Sei. in der Vaticanischen Bibliothek zu vergleichen, welche iuD'Agin- court"s „Sammlung von Denkmälern der Malerei" Taf. 70, 1 aufgenommen ist und dasselbe Motiv zeigt.

Jenes Ornament unseres Stabes darf jedoch nicht ver- leiten, denselben für ein früheres als das XIV. Jahrhundert zu vindiciren, eine auf alle Einzelheiten eingehende Unter- suchung wird sogar zeigen, dass es dem Ausgange jenes Säculums angehöre. Für letzteres spricht sowohl die ganze Combination unseres Kunstdenkmales als auch seine Glie- derung, die Verzierung auf den emaillirten Platten (Ringen) und am entschiedensten der Charakter der beiden In-

schriften — gothische Minuskel auf eben diesen , end- lich auch der Styl und die AutTassung des eingefügten Elfenbeinschnitzwerkes. Indem wir bezüglich der beiden ersteren Punkte auf ähnliche Paraniente und selbst auf den Baustyl zwischen dem XIV. und XV. Jahrhunderte hinweisen , heben wir hier noch die goldenen niello- artigen Lauhverzierungen und die Zeichnung der beiden Engel besonders hervor, welche zwischen der Inschrift: „¥po Dinrit- jrjjo rrgnat- *po iiiipfrat" auf dem blauschwarzen Emailgrunde angebracht sind. Die Durchbildung der Köpfe, das weiche iliessende Gefäite der Gewandung, ja selbst die Form der Laute, welche einer der Engel im Arme hält, ver- bürgen jene Zeitstellung.

Noch autTäiligcr tritt aber der Charakter jener Blü- thenepoche der abendländischen Kunstentwickelung in dem erwähnten Doppelrelief hervor. Die eine Seite des- selben, die von jener Inschrift und den Engeln umgeben ist, stellt die gekrönte Gottesmutter in edler majestätischer Haltung mit dem Jesuskinde auf dem Arme vor, zu deren Seiten zwei Cherubim stehen, griinbemalte Stäbe in den Händen tragend, Melche wohl Fackeln daisteilen sollen '). Die Kehrseite zeigt den gekreuzigten Erlöser zwischen den gut motivirten Gestalten der trauernden Mutter Maria und des Apostels Johannes, die zarten Lineamente der Ge- sichter, zumal am Madonnenbilde, die wolilgebildeten Ex- tremitäten, die durchdachte Drapperie der langen und weiten Gewänder, deren Säume mit leichten Goldrändern verziert sind, kennzeichnen unsere Zeitbestinmmng, und gemahnen zugleich lebhaft an die unter Karl IV. gegründete Prager Malersehule, welche ausser Böhmen an verschie- denen Orten Mährens =), insbesonders glücklich aber durch mehrere wohlerhaltene Ölgemälde in der Kunstsammlung des Stiftes Raigern. so wie in zahlreichen Miniaturen der Stadt Reclitsbücher von Brunn und Iglau von den Jahren 13Ö3 und 1389 vertreten ist =).

Jenes zweite Bild ist von einem rothen Emailringe umgeben, auf dem die Worte : „irsua «uttm tranBirno jjrr mr- ftium Ulorum ib.«" (Lucas III . 4, 30) zu lesen sind, zwi- schen denen gerade über dem Gekreuzigten ein Vogel erscheint, welcher jedoch von der Fassung des einen der 8 Steine verdeckt ist, womit auch diese Seite der Stabwindung gleich der andern verziert war. Es lässt sich daher, besonders da der Kopf nicht sichtbar ist, nicht mit Bestinuntheit angeben, ob ein Phönix, Adler oder eine

') Je zwei gekuppelte Spitzkogenrenster; leider wurde dieser Theil dos Slsbes, an welihcm auch das Meisterzeichen zu sehen w.ar, lici licr Eloiio- vation unheruTen iieseitigt.

') Kallenhach: .Chronnlogie der Baukunst des deutschen Mittelalters" Taf. 37, 3—40, 1.

•'J Von der Königin Elisnheth, Witwe nach Wenzel von Böhmen und Rudolph von Osterreich, daher auch allgemein Königinkloster genannt. Vgl. Wolny; „Kirchliche Tupographic" II. Abiheil. I, l.'i2 IT. DE I- vert: „fipschichle Brunns" ,'i" f.

'} Man vergleiche ein Glasgemälde dos XIV. .lalirhunderts aus der Laureii- (iuskirche zu Ahrweiler . aufgounnnnon in M iil I o r's „Beitrügen /.ur Kunst und Gesohichtskundo'* Taf. VK

*) Vcrgl. im Fohruarheflo IS.'JO dieser „Milthoiluii};on" meine Anzeige ühor die Gemälde in der Spil.ilsc.ipolle und der Nikliiakiroho in Ziiaim iilier die Prager Schule. Kugler: „Geschichte der Malerei" II, §. 70. dessen: „Kleinere Schritten« II, 490. Wocol: „Bühmisehc Aller- thumskunde" S. 130— l!i6.

^) Die eigenhändig ausgeführten Copien derselben, so wie vieler anderer in Miihron .lufgofundencr ällorer .Miniaturen sollen in einer Monographie iiublioirt worden. Wnlfskron.

261

Timbe damit gemeint sei, weleiic Symbole siimmtiieh auf den Opfei-tdd des Eriüsers passen, und deren ersteres am liiUiligsten Ainvendnn!^ fand ').

Für den noch aligemeiner voriiommenden Pelikan können wir uns dcsshalb niclit erklären, weil die Jungen desselben fehlen, welche durch das selbst vergossene Blut der Mutter belebt werden •). Dagegen konnte der Künstler mit der Taube die vom sterbenden Christus scheidende Seele haben darstellen wollen =}.

Auf das Passionsbild zurückzukommen, so stimmt das dort erscheinende Crucifi.x mit jenem in der llodwigs- legende zu Schlackenwerth *) uiul zweien anderen in der Heidelbeiger Handschrift des Saciisenrechtes ^), sämmtüch dem XIV. Jahrhunderte angehörig, beinahe völlig überein. Auf allen ist Jesus mit 3 Nägeln ans Kreuz geheftet, durch ein grosses, bis über die Knie reichendes Schamtuch ver- hüllt und trägt keine Dornenkrone, weiclie jedoch auf un- serem Bilde durch eine um den Kopf gewundene dicke Schnur ersetzt ist.

Es handelt sich nun darum, den Zusammenhang der beiden Reh'efdarstellungen mit den sie umgebenden In- schriften und Figuren . so wie die Beziehungen auf die symbolische Bedeutung des Pastorale nachzuweisen. Das von der Gottesmutter getragene Christuskind mit der gol- denen Weltkugel «) in der Mand, verehrt von dem umge- benden Clieiubini, harmonirt vortrefflich mit den beiden Engeln auf der Scliriftplatte und der Legende; ,,xps vincit. xps regnat, xps imperat", die gleichniässig auf die siegende Kirclie und den Beruf ihrer Häupter (der Bi- schöfe) hindeuten und mit der Symbolik des Stabes überein- stinunt. Die Worte aber „iesus autem transiens per medium illurum ibat-' sind, wie schon angedeutet wurde, dem Evan- gelisten Lucas entnommen, welcher erzählt „wie Jesus in iler Synagoge zu Nazareth lehrte und die Anwesenden durch die Gewalt seiner Worte getroffen in Zorn ent- brannten, so dass sie ihn aus der Stadt hinausstiessen und von einem Berge herabstürzen wollten, er aber mitten durch die Empörten unverletzt dahin schritt und von danneii ging". Gleichermassen sollen sich die wahren Diener der Kirche weder durch Verfolgung noch durch den voraus- sichtlichen Tod abhalten lassen für ihren Glauben einzu-

*) Vergl. Pipei-: „MyUiologie der fln-isLI. Kunst" 1, 4ti;l f.. dossf^leielicii

den Physiologiis Onttweili, \N. XI. Sccl., aiifgeiioinineii in den „.\jcli.

Notizen-' von Ur. U ei der und Hiiiifler (Arcli. der k. Aliadeniie.

U. l.Uft. ISil); Menzels „Syniliolik" 1,31 IT.; U, 443 nndKreii-

s e r's MtCirchenhan" II. 45. 2) Piper a. :i. (). 46Ü. Menzel II, 2(l(>. Munter: „Sinnbilder"

I, und 04. „l'liysiologus der Kbjjenl'nrter llandsehr." XII. Secl..

herausgegeben dureh Ka raja n in den „Deutschen Spraehdenkmalen"

Wien 184G, pag. 99 f. ') Menzel: „Symbolik" II, 443. Die „iledwigslefjende" pajj. 83 f. *) Vgl. meine Herausgabe, Taf. Ifi, so wie den Abschnitt über die „Christu.s-

bilder" pag. 71 70.

'} Herausgegeben loii 11 ab,.. Il;itl, M i. A. Tal. XII, 3; XX. 7.

^} Deren üedeutuiig und iilier den Zus;niliiieilhang mit den) P;ir:idiesesa|il'rl

vgl. .Menzel 1, Ofi II'.

II.

stehen, die Irrthüiner zu bekänipfen und die Sünde streng zu ahnden. Es vereinigen sich sonach an unserem Stabe Bilil und Wort, um in schöner gegenseitiger Bezieliung und [jiterstützung ein Wahrzeichen zu bilden, wolilgeeignet in der Hand eines gottbegeisterten Führers im K'ain|)fe der stets ringenden Kirche glorreich vorzuleuchteii.

Beiläufig niiiss noch bemerkt werden, dass an dem Knopfe unseres Pastorale mehrere viereckige Ösen ange- bracht «aren, welche ohne Zweifel dazu dienten, um das vorne erwähnte Siidarium daran zu befestigen, daher der Stab ofTenbar für einen A b t bestimmt war und nach seinem Fundorte wohl eiuoindes allehrwürdigen Benedictincr-Stiftes Baigern gedient lialien mag, welche Bestimmung es gegen- wärtig nach Verlauf von vielen Jahrliimderten W'ieder erfüllt.

Um den Cyklus der verschiedenen Phasen zusdiliessen, die das Pastorale nach seiner Gestaltung vom X. bis ins XVI. Jahrhundert durchmachte, kommen wir endlich auf die schon früher angedeutete .Xnui'ilnung und Verzierung desselben zurück, in weldier sich insbesondere das XVI. Säculum gefiel und das Bestreben, die möglichste Fülle von Reichthum und Pracht zu vereinen, wahrhaft auf die Spitze trieb. Die vermittelnden Knöpfe zwischen der Windung und dem Scliafte des Stabes gehen nämlich in eine bald mehr bald minder reich gegliederte vier- bis achtkantige Säule über, welche oft mit gothisehen Giebeln gekrönt war und sicli nach unten cmisolenartig abschloss. Beispiele hiervon bringt Hefner in seinem Trachtenwerke II, S6 und III, öä (s. obigen Holzschnitt Fig. 3).

Mehr ausgebildet ist dieses Motiv an einem Pastorale auf einem Flügelaltare zu Hernsbruck bei Nürnberg, wel- cher dem berühmten Veit S t os s zugeschrieben wird. Es ist in den Kiinstdenkmälern von Deutschland Taf. X^ . abge- bildet und zeigt zwischen Fialen zw ei lleiligenstatiietten in Blenden gestellt, welche durch gothische Giebel gedeckt sind. Eine bis zur l'nförinlichkeit übertriebene Durch- führung jenes Principes weiset der Bischofstab des New- College zu Oxford nach, welcher in llochwinds niittel- alterlichen Verzierungen Englands und Frankreichs (litt. AI. Taf. 1) aufgenommen ist und eine vierfache Bilderreihe theils am Schafte, theils an einem reich ornamentirten Thürmchen vertheilt zeigt, aus welchem letzteren sieh die Schnecke entwickelt, die gleichfalls mit einem dichten Bil- derschmucke in erhabener .\rbeit bedeckt ist.

Wir glauben die Gränzen unseres Progranunes iiiclil zu überschreiten, wenn wir zum Schlüsse dieser .Mihand- liing auf die Bischofstäbe der griechischen Kirche übergehen. Sie unterscheiden sich wesentlich von denen der Lateiner sowohl nach ihrer Form als mit Bücksichl auf ihre symbolische und attributive Bedeutendheit. Das Pastorale der griechischen Bischöfe dient ihiini weniger zum Prunke oder als unerlässliches .Mizeiclien . \i('l mehr zur wirklichen Stütze während des Gottesilienstes, wobei der Poutilicirende nl't und lange zu stehen genöfhiget

262

^^

ist ')• il'-iliP'" PS iiiiL'Ii lipsoiidors iinranglicli in pinem gMv/. ein- fachen Stabe bestand , der oben in einen j^rossen platten

Knopf überging. Patriarchen und

07^ CV .sa» KD ^ \V,o ^^^^ dagegen tragen Stäbe.

l'((r ^-^0 Vif ^^'p'*"'''' *"•' l'^igiii" eines T oder

'~ "^^ '^ ''^ -" Andreüskrciizcs li;dten ■-), dessen

Oiierlheil iMidlich zu iicideii Seiten lieniieK^lrmig aufwärts gebogen wurde. „Ansas retor- tas habet bacnius hamoruni instar ut elferatos fuget et perniciosos et ultimo Cliristi crnceni niani- festet" (Sitneon Thessaion. de sacrani.) In der griechischen Domkirebe zum beil. Georg in Lcmberg wird ein altes Peduni verwahrt, auf dessen abgeplat- tetem Knopfe eine Weltkugel mit dem Kreuze angebracht ist, um welche sich eine Schlange windet, die den Para- diesesapfel im Maule trägt: die beiden Curvea sind durch Akanthnsblätter gebildet (Fig. 11).

Diese symbolische Hindeutung auf die Erbsünde und deren Einfluss auf die Völker der ganzen Erde dürfte sidi nur an wenigen griechischen Biscliofstiiben wieder linden, dagegen sind solciie, um die sich zwei Schlangen winden, welche, wie am Mercursstabe, (d)en gegen einander ge- krümmt sind, allgemein verbreitet und findet sich auch ein

(i'-i?. 11.)

solches Exemplar im gedaeliten Domsclialze (Fig. 12). Auch an diesem ist oben am Knopfe eine Weltkugel mit dein ,^( Kreuze angebracht , gegen welciie

die beiden Schlangen, die sich im Bogen zurückbäumen, ihre lläuptei- l'ichten. Itie Symbolik dieser Con- ception weicht von der letzteren eben erwähnten wesentlich ab und stützt sich auf den Sprucii des Evangelisten Matthäus 10. 4: „Seid klug wie die Schlange und ohne Falsch wie die Taidien". deutet sonach auf die Verpllichtinig iler (''ig- 12.) Kirche und ihrer Fürsten hin. di<-

geistlieiie Weltherrschaft durch kluges Walten und die Weis- heit der Lehre zu wahren und immer fester zu begründen. Als Scldusswort dieser kimslliistorischeu Studie sprechen wir die Holfunng aus, durch dieselbe eine .Anre- gung zur weiteren Bekanntmachung ähnlicher Paramente gegeben zu haben, woran uns(!r grosses üslerreich gewiss nicht minder reich ist wie an anderen Kunstscbätzen der Vorzeit, welche, Dank den Bestrebungen unserer jüngeren Fachgenossen und Ijandsleute. nun rüstig zu Tage gefördert werden, die allgemeinste .Vnerkennung und Bewundei'nng hervorrufen und das glänzendste Zengniss geben . aul welcher bedeutenden Kunststufe unsei- Vaterland im Mittel- alter gestanden ist ').

Die Vertheidigungskirchen in Siebenbürgen.

Ein Bcitran; zur t*roviiiiial-Kunstf,'eschielito vom Cünsorvator Kri o d ri cli Müller. Illusliirt vdin (iyiniiasiiilli'lii'oi' .loliaiiii

in Süliiissliui';;. (Schluss.)

Als Vermittlung dieser Gruppe mit der folgenden wird hier schliesslich die evangelische Kirche von Trapold (Bez. Schässburg) angeführt (Fig. 6). .4uf einem Hügel mitten imDorfe gelegen, erhebt sich dieselbe zwischen tlieil- weise doppelten Bingmauern und mehreren Thürnien ma- lerisch zu einer nicht unbedeutenden Höhe. An dem drei- seifig geschlossenen, durcii sechs Strebepfeiler gestützten, 23' breiten und 36' 6" langen Chor schlicsst sich merklich vortretend das 40' lange und 37' breite Schi(T, welches durcli zwei l'aar achteckiger Pfeiler in ein Miltelscliiif und zwei eben so bebe Seitenschi de getheilt wird (Fig. 7). Jenes ist gegen die gewidinliche Erscheinung vi(d enger als dei' Chor; doch wird der dadurch erzeugte stiirende Eindruck etwas niodificirt, indem, wo Chor und Schilf znsammenstos- sen, massige Wand[)feilei' als 'l'räger des fladi |iriililirlen Triumphbogens iJ' hoch aus der Wandfläche hervortreten und die (nTnung auf 13' verengen. An der Nordseite

(V\g. G.)

{) y (• 11(1 i

*> n 0 i I) cci- i II s : Vbliililiinf^ lirr jiltoii lind iieiKMi griocliisclieii Kirclie'".

I.eilizig 1711. 4". ^) M 0 II t f » u cuii: „Diiit*. Ital." |iag. 4G.

*J Zur weiteren Orieiltii-illi|]^ über ilie formelle Krifwiekeliilip' der Riscliof- stJUie verweisen wir iiliri^ens iineli auf die .'iiisfiilirlielie AhhiiiHHiin^ iiher Bineliofstiilie . die in den .. Melange»" vijii .M;irtene und C a li i e r eiil- hnltcn ist. II. Hed.

263

lies Chores ist eine kleine Saeristei inigebiiiit. wiilirend an lue westliche Fronte ein massenhafter, 27' in Quadrat mes- sender ThiH'in mit 7 star- ken Mauern, die demnach auch keine Strebepfeiler beuöthigen, sich anlegt. Fünf tlieils spitzbogig, theils rund ülierwiilbte Fenster von ungieieheii Dimensionen ohne Mass- werk öll'nen sieh in den Chor und verleihen dem- selben eine grössere Hel- ligkeit, als sonst bei un- n Sern Üorfkirchen älterer Zeit gewöhnlich ist. Kin Portal inj Westen und eines im Süden gewäh- ren den Zutritt in die Kir- che. Nach aussen erschei- nen Schilf und Chor nicht gleich gehalten, obwohl ein gemeinsames , mit * '" * sechs- und achteckigen

Flachziegeln gedecktes Dach darüber sieh legt, dessen First über dem Chor nur unmerklich ansteigt. Dagegen gehen die Llmfassungsmauern des Chores um mehrere Fuss über die des Schilfes hinaus und zeigen oben über den die Strebe-

ifeiler

verbindenden Bögen die gewohidicbe, von engen

Schiessseharten durchbrochene Mauerflache. Am Schifl' fehlen diese Bögen, dagegen fitulen sich auch dort die Schiessseharten über dem Gewölbe; der Thurm endlich hat in der Höhe des Firstes des Kirchendaclies einen hölzeineu Umlauf, über wel- chem das viereckige Dach zum Wetterhahne ansteigt; Schill" und Chor werden von einfachen und ziemlich niedrigen Kreuzgewölben überspannt. Im Innern ist eine eigeii- thümlich ausgeführte Sacramentsnischo auf der Evange- lienseite im Chor bemerkenswerth. Die Oigel ist wie hei vielen unserer Kirchen über dem Altare aMgebracht. Zum letzten gehören einige Kelche von lt)42 und eine i*;itene von 1614. Von den drei Glocken ist die miltere neu: die grösste, gegen die Mitte des XVI. .lahrhunderts gegossen, trägt in spater Mönchsminuskel die Umschrift : „« rc.v tjloric i/icar christe veni cum pace.'^ Die kleinste (bereits in Capital- majuskel) „0 RX GLORIE VEiM IN FACE 1554."

Diese Kirche, deren Erbaimiig wohl um lö22 zu setzen ist'), erscheint am Schlüsse dieser (ji'uppe, weil Schill' und Chor von dem Principe der Verlheidigungsfähigkeit

') Ich sehliesse dieses ,ius dei' fjiui/.eii Anlage, iiliwnhl das sonst so eliarnk- terisirende M.asswerk felill. Aiielj die Sacranieiilsnische deutet dai-aul'. Die au der rechten Seite des Chores angebrachte .lalirzahl Hill kann nur aul' eine Itestauration bezog^en werden. An dem Deekstein eines Thnrnilen- slers glaube ich die .lahriabi l.i'i'.l gelesen /.u haben.

ans behandelt sind. obsclidM dasselbe nur hier in den eha- rakteristisehen Bögen, und d(ir( in blosser Durchbrechung der Mauern dinch Schiessseharten sich ausspricht'). Mit dem gänzlichen Aufgeben der Befestigung des Sehifl'es erst betreten w ir den Kreis der fulgenden Gruppe der im Ver- theidigungsstyle erbauten Kirchen.

III. \ ielleicht alter ihrer Entsti-hiiug naeh, aber zu viel allgemeinerer Anwendung gi'kommen und länger im Ge- brauche, daher hier auch erst in zweiter Reihe behandelt, ist diejenige Gruppe im Vertlieidigungsstyle erbauter Kir- chen, deren charakteristisches Merkmal, die bezeichnenden Bögen, bloss am Chore sich findet, der ziigleieh im Durch- schnitt äusserlich merklich höher erscheint als das ScIiilT. Manche der hier zu erwähnenden Kirchen knüpleii unver- mittelt an den Iioiiiaiiismiis an , so <lass man ganze Theile oder Bruchstücke der älteren, diesem Banstyle ann^ehörio-en Gebäude stehen liess und in mehr oder minder roher Weise mit gothischen Neubauten verbaiul. Während die erste Gruppe uns fast örtlich gebunden begegnete, findet sich diese über das ganze Gebiet der sogenannten sieben und zwei Stühle verbreitet, ein Zeichen ihrer einstigen Zweck- mässigkeit. Ihre äussere Erscheinung ist überraschend.

Der Chor erhält seine Bedeutsamkeit nicht mehr bloss durch die Ausstattung seines Innern mit heiligen (leriitheii

(Altar, Taufstein, (hür- stühle etc.), sondern in eben demselben blasse durch seine äussere, über das Schifl" iiervorragen- de Masseuhafligkeil. Im Grtindriss ist diese Neue- rung unmeiklich und der 'riiiirm behält seine ge- wöhnliche Stellung am Westende der Kirche und bildet hier, da das Schill' selbst die Absendung von Projectileii vom Chor aus nach dieser Seite hindert, ein zur Vollständigkeit noth wendiges Bollwerk. Wir stellen auch hier eine Kirche voran , welche durch ihre Grösse geeig- net ist, das eben in weni- gen Umrissen gezeichnete Bild klarer zu machen : die evangelische Kirche von Den n dorf (Bezirk Schässburg) (Fig. 8). Die 4' starken Umfassungsmauern des dreiseitig aus dem Achtecke geschlossenen Chores, an welchen sich

(Fij. 8.)

') Hierher g-ehörl auch die e\augelische Kireli.' \uu liodcud.irf (Bez. Schässburg), deren genauere rnlersncbung noch niclil erfolgt ist.

264

(Ki-

iiiinlüch die gorüumige Saciislci ;iiisfhliesst, sind 4' liiiluT o-ctn't'lieii als die eben so st;nlcii des SchilVes iiiul werden von drei spitzlidi^ig' gewilllilen nnd ndtMiisswerk aiisgeliilUen Fenster dnreliliroeheu, deren eines gegen wiirl ig ziigleieli als Tliiii-e zu der dort angebrachten Orgel liilu-l. Die am ('hure angel)i-:i(hleii Strebepfeiler verjüngen sich In vier Absätzen; in einer dem obersten Absätze gleichen Hohe setzen die bekannten Bögen so an. dass sie nninittelbar an der äusseren Kante des Strebepfeilers hervorspringen (Fig. 0) und die bei der Kaisder Kirche erst durch eine Verjüngung der l'rnfas- sungsniauer entstandene PecliM'iiarlc hier sich von selbst ergiiit. Viereckige Schiesssehartcn ihireh- brechen die 7' üIkm- die Chorniauei- steigende l!o- genwand, welche wie dort durch ein doppeltes Gesimse gegliedert ist. Das SehilT. welches nur mit 4' auf beiden Seiten über dem Chor ausladet, zeigt von all diesen Er- scheiiumgen gar nichts und gewahrt Uli t seinen, an

einer Stelle bis 10' ausgefüllten, bloss von zwei Spitzbogen- fenstern durchbrochenen ein nördliches ist vermauert worden Umfassungsmauern einen plum[ien Anblick im Gegensatze zu dem scldanken ziendich reich gegliederten Chore. Der 'I'linrMi endlich, dessen unterer Theil in das Kirchenscliill" einbezogen ist, hat bis zur Höhe der ScliilTs- mauer abgetragen werden müssen, und wird gegenwartig mit diesem von einem gemeinsamen Daclie überdeckt. Auch das alte Gewölbe hat im Schill'e einem neuen („prenssi- sche Platzeln'-) weichen müssen, während im Chor ein älteres Tonnengewölbe mit Schildern sich erhalten hat. Die Massverhiiltnisse emllicli (Liinge des (Miores 30', des SchilTes sammt dem Thurme 57' demnach wie 2:3 Breite des Chores 21' (V. des Schiires 29' 7") sind der Art, dass sie der \ iTmulliung Bamn geben, der Chor sei als Neubau zu dem alteren Schill'e hinzugetreten, oder dieses nur eine Ausfiillung des Baumes zwischen Thurni und Chor. Von, Details ist bloss das von einer Halle umgebene, im niedi'igen Spitzbogen geschlossene und reich durch llalh- sänleii. Kanten und Hohlkehlen gegliederte W'estportal zu erwähnen, das leider jetzt wie die ganze Kirche schief ge- stellt ist: im Masswerke der Fensterfülluugen ti^effen ^^ir bereits die Fischblase an : die Gurlträger im Chore sind Iheihveise von eigenlhmnlicdier, gesimsarlig aus Platten, Hohlkehlen und Schmieg('ii in \Ci'bindnng mit \\ iirfeln zu- sammengesetzler Censlrnction. Die Kii'rlie selbst, «eiche. wie wir ans dein 'lestamente des \','>10 gestorlHiien Denn-

dorl'cr Pfari'ers Antonius S<-h\\arz erfahren, di'r heil, •lune-frau geweihl war i),ist um I4;)l erliaul udrden, oder hat damals mindestens ihre jetzige (Jeslalt erhalten. Diese .lahrzalil ist an i'im'in schönen Sclilusssteine des Chorge- «iilheszu lesen. .Vnsser dem Pfarrer waren 137(1 daran noch zwei Prediger (minisiri) und ein Schullehrer (scho- lasticns) angestellt -). Auch hier verdienen unter den zur Kii'che geln'irigen (jcrätbcn einige hervorgehoben zu werden, namentlich das schöne metallene Taufbecken mit BlumenverzicruuL; und i]vr auf die erste Hälfte des X\..lahr-

hunderts deutenden In- schrift: .. a Johanne . Christos . Baptisari . Vol- vit . Vt . Saluarct nos". nach Form tmd Ausfüh- rimg \ielleieht von dem- selben .lac(d)us fusorcam- panarum, der 1411 das Schässburger Taufbecken goss, sowie ein bei der Seltenheit ähnlicher .\r- beiten in Sieiienhürgeii äussei'sl interessanter, ans Holz geschnitzter Leuch- ter, dessen Fuss einen knieendeu Geistlichen darstellt, welcher den Lichlhaller. auf der rechleu Seite auf ein Knie gestützt, mit beiden Händen hall, nach Stellung iiml Faltenwurf nicht ohne Kuustwertli.

Der kriegerische Charakter der Deimdorfer Kirche wird nicht aull'allen in einer Zeit, wo wir im Xachlasse des Pfarrers neben Kelch und Casul auch der lot/ri iiiilifaris. vulgo ein ..Harnisch'- und der pi.vidu honilidnlicti be- gegnen = ). und der (ieistliche selbst hinter den Mauern des Hauptortes dem gewaltsamen Tode durch Feindeshand nicht entgehen konnte*), ('ber die späteren Schick.sale dieses (jotteshauses ist uns wenig bekannt geworden; ge- genwärtig ist dasselbe durch die Ungunst des Terrains in baufällig<'m Zustande und sannut der sie umgebenden Riug- numer vieli'ach beschädigt.

Unter ilen übrigen Kirchen, wchdie zu dieser liruppe gehören, fidiren wir zimächst einige an. welche nicht

') Veräfl'eiillii'IU Min li' u iM'li im Vciiiris^ircliivf. N'imic VtA'if I. :t(!ll. f. altern Kccicsiae mcac Oaticnsi in honorc Virijiitis fjloriomr S. Murine />/«- dutue Iciju pro slnictiira. I. Sedccimalc Dccimtnum. Ilem Casulam, Ca- ncern anjentcum cum utfiiiriiciiSf duan tnnpuUas atliiieiitias^ et iibras mens omnes. Caelerum promptnm pectinlam ipse rimi» dedi" |>. SG."!. ä) „Item Domino Jolianni Miiiialio meo Icijo f. S. ^Itcrn bomino Slefiiuo Mi- ititttrtt met) reUuvo f. 2."

„Uem Demrlrio mco Scliolaalico leyii Dimidiiim Srdrcimnte Decimuriim pro jidclihus Silin seruitiin" ■*) Ehonilnscllisl.

') Pci- I'fnncr Lucas W i s t h i ii » wiirilc 1601 in Sciiiisshui-fj diircli ilio .S/.cklei- (■rschhit'i'M, Ht'lciii? »ioli iler Huij,' ilurth l.ist li«inaclili(,'t liatlon. l.iff. (liT CainUliiiimnllik.

263

eigentlicli eiiuMi FortschritI in der Ausbildung des Styles bezeichnen, wohl iijjer wegen ihres Alters vorangestellt werden müssen. I>idiin gehören:

it) Die eviingel. Kirche in Martinsberg (Bezirk Grossschenk). eine Aidage mit deutlich trennbarem Chor und SchitT; der erstere dreiseitig geschlossen, mit sehmalen Spitzbogenfenstern, mit Holilziegeln gedeckt, zeigt die charakteristischen Bögen mit den Schiessscharten, letzteres wird durch viereckige Pfeiler in ein MittelschilT und zwei e!)en so bolie Seitenschifle geti-ennt und zeigt unter dem viereckigen Thurme am Westende ein gegenwärtig durch eine Halle verbautes Rundbogenportal von sehr einfacher Profilirung, welches noch in die Zeit der älteren Kirche zurückweist, an deren Stelle die gegenwärtige trat. Gegen die Annahme, dass das SchitT älter als das Chor sei und noch der früheren Kirche angehöre, streitet die gleiche Höhe der SeiteuschilTe mit dem MittelschitTe. Von den inneren Einrichtungsstücken der Kirche ist nur etwa der hölzerne Taufständer von 1640 zu erwähnen; die Glocken sind sämmtlich jünger (1632. 1708 und 1844).

h^ die evangel. Kirche in Grossscheuern (Bez. NermannstadtJ, die ihrer Anlage nach fast ganz dem Ro- manismus angehört '). Darauf deuten der bei genauerer Besichtigung trotz seiner V^erbauung noch erkennbare halb- kreisförmige Chorsehluss, die in Nischen von ähnlicher Form auslaufenden niedrigen Seitenschilfe, welche mit ihren Arcaden merklich gegen die aus Säuleubüudeln gebil- deten güthischen Pfeiler und das von diesen getragene ge- malte Gurtgewölbe abstechen, und endlich der alte Thurm, in dessen unterem Theile sich die Steinwölbung noch er- halten hat. Wahrscheinlich deutet demnach die Inschrift: „Alte Zahl 1497" bloss auf diejenige Renovation, welche mit Beibehaltung aller wesentlichen Theile des früheren Baues die Kirche im Innern durch das Gurtgewölbe , im Äusseren mindestens den Chor durch Anfügung von Stre- bepfeilern und darauf ruhenden Bögen mit Schiessscharten etc. erhöht und erweitert. Auf eine spätere Ausbesserung weist die Inschrift: Vernevert 1740". Der Altar ist von 1712, das vasenförmigemarmorne Taufbecken voTi H.SS, die Glocken gehören der jüngsten Zeit an (182(i. 1829, 1839).

c) Die evang. Kirche von Rose In (Bez. Agnelheln): ein dreiseitig geschlossener Chor mit ganz engen, spitz- bogig überwölbten Fenstern, über denen die bekannten Bögen die Füllmauern verbinden, darüber die über die Höhe des Schiffes ansteigende Mauer mit den Schiessscharten; das Schiff ohne Strehe|)feiler, anlehnend an einen ungemein massiven zweistöckigen Thurm mit gemauertem Cmlaufe.

d) Die evang. Kirche von Neustatt (Bez. Agne- tlieln), ein grosses aber baufälliges Gebäude, dessen Chor die bezeichnende Construction hat.

Dagegen kann die evang. Kirche von M eschen (Bez. Mediasch) ihrer ganzen Anlage nach als Höhepunkt dieser Richtung des kirchlichen Vertheidigungsstyles bezeichnet werden, wie die Kaisder dieselbe Stelle nach einer andern Richtung hin eiiiniuunt. Meschen gehörte mit Rirthälm und Reichesdorf zu jenen Orten, welche bis ins X\ i. Jahrhun- dert hinein mit Mediasch um die Wartschaft stritten, und wurde, wie Kaisd durch Schässburg, durch die im Kokel- thale gelegene Ansiedlung verdrängt, obw(jhl es Reste seiner in gewissen Beziehungen exemten Stellung bis 1848 bewahrte. Fs ist nicht sicher, aber wahrscheinlich, dass die um 1477 bereits vollendete Erbauung der Mediascher evang. Pfarrkirche St. Margarethä die Eifersucht der auch auf anderen Gebieten rivalisirenden Nachbarn rege gemacht habe, deren Kirchenvermögen zu derselben Zeit durch die Theilung des Gebietes und Zchentes von Fukaschdorf zwischen Mediasch und Meschen einen ansehnlichen Zu- wachs erhalten hatte i). Da nun die Kräfte der Ortsge- meinde nicht stark genug gewesen sein mochten, um ausser der Kiesenburg noch andere Verthcidigungswerke wie Mediasch gleichzeitig seine Ringmauern •) aufzuführen. so concentrirte sie alle Mittel, um jene und die darin neu zu erbauende Kirche selbst möglichst solid und nach beiden Gesichtspunkten, des Gottesdienstes und der Vertheidi- gungsfähigkeit, hin entsprechend darzustellen. Ohne daher die ältere, auch schon derGothik angehörende Kirche (drei- seitiger Chorsehluss, Strebepfeiler etc.) gänzlich abzu- tragen, die vielmehr als ein Tlieil der Ringmauer niirdlich

1) Ich verdanke einen Theil der ihiraiif heziig-lii-lien MilUieiliiMyen ineinei Freunde (;. l). Te ii tse li.

') Fukesohdorf war durcli (He Tiirkeneinfälle so verwüstet worden, d:iss es von seineu Bewohnern aufgelassen und seine Feldmark durch die „zwei Sliihle" 147Ö zwischen .Mediasch und Meschen geUieilt wurde, wozu Kiiniff Matthias 1477 seine Einwilligung- gah (.Mediascher {Stadtarchiv Nr. 48, 49). Da nun der Pfarrer von Lukeschdorf A ndreas znlelzl mit hischünieljer Einwilligung seine Kirche (St. Nikolaus) ehenfnlls verliess und nacli .Meschen ühersiedelte und die heiligen Ceräthe von dort den» in der Meschener Pfarrkirche gestifteten St. Nikolaus-Allarc eiuverleihte. so traf unter dem 17. Nov. 14.SI der siehenliiirgisehe liischof I.adislaus (i e ra h die Verfügung, dass die gesammle Dotation der Fukeschdorfer Pfarre au liegenden Ciriinden so wie der Zehenten von den an Meschen gekommeneu (iehietstheilen an den, an jenem Allare durch das .Meschener Amt an/.nsteltenden Geistlichen üherzugehen habe, der dafür den halben, bisher vom Fukeschdorfer Pfarrer gezahlten Kathedralzins entrichten solle (Meschener Archiv Nr. 7). Jedoch mischte sich bald darauf auch der König in diese Angelegenheit und schenkte 1487 einen Theil des Fukescbdoi-fer Zelientes an das Hospital in .Mcdiaseh (Med. .4rch. Nr. oö). einen anderen au die Pfari-kirche der heil, .lungfi-au in .Meschen (.Mesch. Arch. Nr. 1), hestiitigt durch König W 1 ad i s 1 a u s die domiui luvoc. 1402). Der daraus zwischen den Pfarrern \on Meschen und Mediasch enlslan- deue Streit wurile am Feste Laurencij |)ontif. I49:i dahin geschlichtet, dass der Zehent von <lem an Meschen gefallenen (iehicte sammt den dai-auf gelegenen Kirchengründeu an ilem Pfarrer dieses t)rles , der Ze- hent des an .Mediasch gekommenen Gebietes an dem Pfarrer von Me- diasch fallen, <lass Letzterer für die Erhaltung der Fukeschdorfer Kirche sanuut deren llefeslignngswerken Sorge tragen und dafür den Ertrag tler auf .Mediascher Gebiete gelegenen Kirchengrumlslücke beziehen solle. Au Kalhedralzins soll der Meschener Pfarrer 4, der .Mediascher 3 festones argeuti zahlen , in die entfallenden l^laiutularbeilräge sollen sie sich gleielimiissig theiten (.Meschen. Arch. Nr. X).

-) A. Gräser im ,..\reh. des Vereines für siebcub. Laudeskunde"- Neue Folge I. 1!)7.

266

von der jetzigen Kirclu' in ilireii rnitassiingsmadeni stehen blieb, wurde der Pliin dos neuen Gotteshauses etitworfen und ausgeführt. Das System der N'ertiieidigungskirehen. «elches in anderen Gegenden des Landes bereits mannig- fach versucht worden, erhielt in diesem Baue eine freiere Entwickehing und Ausbildung, wie aus der JJesclueihuiig desselben hervorgehen wird.

Die Meschener Kirche zeigt eine im Ganzen sehr regelmässige Anlage (Fig. 10); von der ganzen Lange( 1 18}

nimmt der 22' 6 " breite, drei- seilig geschlos- sene, von sechs ö tiefen, und 2 6" breiten Stre- bepfeilern um- gebene Chor (41) etwa den drittenTheilein. An seine nörd- liche Seite fügt sich die 1 1' tiefe und 2t'6" weite Sacristeian.l'n- nuttelbar an den Chor schliesst sich das drei- schiffige Lang- haus 77'laiig. 40' 3" breit so an, dass die Breite des Mittelschif- fes der vollen Chorbreite ent- spricht und de\- Rest sich auf die je 9' brei- ten SeitenschilVe vertheilt. l'm

(Fig. 10.)

ebenso viel trittdemnach auch das ganze, durch Strebe|pfeiler gestützte Schiff über den Chor im Grundrisse zu beiden Seiten hinaus. Die Gliederung lies Schiffes wird durch vier Pfeilerpaare vermittelt. Das erste, dem Chor am nächsten stehende Paar, von quadratischer Gnmdform, 2' 5" stark,

und eiKenthümlicherPro-

(

lilirung (Fig. 1 I ). sticht gegen die drei übrigen. von achtseitiger Grund- form mit CaimcIlirMng (Fig. 12), das dritte Paar mit tMuei' halben Win- merklich ah. Die ganze Anlage derselben erscheint gekünstelt, und sonderhai- nimmt

düng um die Axe

sich auch die .schiefe, gegen die Umfassungsmauer geneigte Stellung der Pfeiler aus, welche durch Widerlagen an die llan|ilwand gestützt werden, was nicht et«a als Folge einer natürlichen Senkung sich darstellt. In der südwestlichen Ecke führt eine Wendeltreppe auf den Orgelchor. Schiff und Chor u erden von einem ungleich entworfenen, hier recht liiü)scheu Slerngewiilhe ühers]iannt, wi'lcbes in seinen Schlusssteinen im Mittelschiff 40 6 " Hi'ilie erreicht : eben so hoch sind die Seitenschiffe, wenig niedriger der Chm- ge- trieben. Die Gurten setzen in letzteren auf W'andpfeilern an, welche 8' über dem Boden auf einem aus Bnndstab. Hohlkehle und Schmiege combinirten Gesimse aufruhen. Eine eigenthümliehe Erscheinung sind die starken vier- eckigen Thürme, welche über den vor dem Nord- und Südthore aufgeführten Hallen sieh zu einer, dem Kirehen- dache ungefähr gleichen Höhe erheben, auf drei Seiten des L'mlaufesSchiessscharten und darunter Pechscharten tragen, sich also recht eigentlich als Bollwerke für das sonst zin- Vertheidigung ni(dit eingerichtete Schiff darstellen. Denn der Chor zeigt in den die SircbeiilViler verbindenden Bogen vollständig das charakteristische Merkmal dieses Styles. Der im Westen der Kirche sich erhebende hohe Glocken- thurm steht in keiner unmittelbaren Veriiindung mit der Kirche und besitzt einen eigenen .Aufgang vom Kiiehh<ile her. Das Kii'chendach selbst trägt dagegen einen kleinen Dachreiter.

Dieselbe bunte .\nwendinig verschiedenartiger Motive linden wir auch bei den Details: eilf hidie dreilicbtige Fenster fünf im Chor, sechs im Schilfe im gewöhn- lichen Spitzbogen überwölbt, mit nicht ungefällig prolilirten Schmiegen (Fig. 13) enthalten in der Krönung in reichster

Abwechslnng gothisches Masswerk viju versciiie- dener Construetion, worin die Fischblase eine vor- wiegende Bolle spielt, ein Sacristeifenster ist mit Astwerk geschmückt . anderes bat Beste eines älteren,./' zweiliclitigen Bu[itlbogenfensters auf- bewahrt (Fig. 15). eine dreisitzige, leider nicht unbeschädigt gcMiehene Nische im Chor zeigt in ihrer Iberwölhung den

(Fig. 13.) (Fig >*■)

Eselsrücken mit Nasen und Blattornanienten (Fig. 10). die kunstreich aus gelbem Sandstein gearbeitete Sacri- sleithüre - - platter Kleehlatthogen - - über deren ähn- licher \\ iilbung eine haldachingekrimte Nische sich belin- del . vorwiegend Stabwerk als Einfassungsornament. Zu den am schönsten ausgeführten Details der Kirche gehört emllich das südliche Portal, im gedrückten Spitzbogen

267

überwölbt, dessen gefällig durch Rundstäbe und Hobl- kehlen profilirte Schmiege von einem geschweiften . in

(Fig. 16.)

eine nach gutem Muster gearbeitete Kreuzblume aus- gehenden Spitzbogen übersetzt wird , zu dessen beiden Seiten auf Tragsteinen ansetzende Spitzsäulen ange- bracht sind. Auch das aus demselben Sandsteine wie die Sacristeithüre gehauene 32' hohe, in drei Stockwerken emporsteigende Sacramentshäuschen, dessen dreiseitig aus der Wand vorspringender Untersatz auf einer Thiergestalt (Löwe oder Hund?) ruht, verdient noch besonderer Er- wähnung, obwohl der Verlust seiner meisten Fialen das- selbe gegenwärtig übermässig schlank erscheinen lässt und auch die Details zum Tlieile wie die Kreuzblume, in ihrer ÜberkünsteluMg bereits den Verfall der Gothik (Fig. 17)

beweisen. (Erwähnenswerth i.st übrigens auch das Sacraments- häuschen in der Kirche von G ro s sp r nbsl d or f. dessen unterer Theil allerdings erneuert wurde , dessen obere Hälfte aberziemlich reine Formen der Gothik aufweist.) (Fig. 18.)

So verschiedenartig aber auch alle diese De- tailbildungen erscheinen, so beweisen sie doch zweierlei unwidersprech- lich : einmal die nicht gewöhnliche technische Fertigkeit für den Bau- meister, dann den Sinn der Beharrlichkeit für die Kirchengemeinde, welche nach der raschen Auffüh- lung der Umfassungs- mauern mit solcher Liebe an die würdige Aus- schmückung des Innern ging. In dieser Beziehung übertrifft die Kirche von Meschen manche Stadt- kirehe. Ja es ist hier gerade dieser Schmuck zu gehäuft, nach zu ver- schiedenen Systemen ge- halten, zu gesucht und theilweise die Pfei- ler — durch Künstelei verschroben, um den To- taleindruck des Innern für ein feineres Auge befriedigend ausfallen zu lassen. Jede Forderung wird be- friedigt, nur die der ruhigen Schönheit nicht, welche den Eindruck des Erhabenen hervorbringt. Der plehanus Jo- hannes, unter welchem die Kirche erbaut wurde, mochte sich trotz seiner mehrfachen Betlieiliguiig an Kirchenbauten den Sinn für diese Forderung nicht angobildet und Meister .\ndreas, der Steinmetz von Hennannstadt, den Plan niciit selbst erfunden haben. Wenigstens enthält die darauf be- zügliche äusserst interessante Urkunde von 1498 nichts, was darauf deuten könnte. Joner Pfarrer Johannes, damals zugleich Domherr, stellt darin ein Zeugniss aus, dass bei dem Vertrage mit Meister Andreas bezüglich der Erhöhung, Wölbung und Verkleidung der Grossauer S. Servatius- kirclii-. wofür demselben 400 Gulden versprochen worden, von der Wölbung und .Vusschmücknng der Fenster mit

^,^s^lÄ-

(Fig. 18.J

') Er erscheint als Mitcontrahcnt in einem die Grossauor Sl. Servalius- kirchc helrcITenden Bauvertrage (Stät. Arch. Nr. 627).

2(JS

Steiimrbeit keine Rede gewesen sei und sie es aucii boi Eriieliunu lit-r Kiiiiie in Meschen so ^iehalten hätten, wo den)si-ll>c>n Moister für die Arbeit ;in den Fenstern cbenlidls 100 Gulden abgesondert gegeben worden ')■ l*ie Hrii;inniig der letzteren fällt demnach nicht lange vor 14.S{); Sacra- mentshäusclien niid Sacri^teilhüre mögen erst nachträglich im XVI. .lahrlinnderte liinzngekomnien sein, da das Gesimse zu diesem Zwecke gewaltsam abgeschlagen worden ist. 1561 wurde in den Hand des ersten eingemeisselt und gleichzeitig auch ilas daran belindliehe Wajipen wahr- scheinlich der Za|ioly;i'sche Wolf hinzugefügt. 1523 Murdc der Chor als Begräbniss>tälte für verstorbene Pfarrer benützt, ein Grabstein mit MDXXV befindet sich noch jetzt hinter dem Altare. ein zweiter trägt die verstnninielte In- schrift: _Cou(litus hoc tamve plebanus olim ac de-

canus. Suscipe nil Ivvm corpvs de corpore svnijitvin Sps (spiritus) astra petat fae Christe pie redemjitor A. 1). MCCCCC.'^ Die erste Renovation ist 1658, die zweite 1824 bezeugt -); beide änderten nichts an dem früheren Charakter des Gebäudes. Sogar von den heiligen Geräthcn der vor-reformatorischen Zeit hat sich noch Manches er- halten, so zwei Glocken, von denen die rmschrift der äl- teren (Mönehsminuskel) : „0 rex glorie veni cum pace^, die der Jüngern (Capitalmajuskel): -da pacem dominvs in diebvs nostris 1548" lautet. Auf die zweite Glocke (der Grösse nach) hat der Meister Johann I3a umgartner bei dem Umgusse von 1TS9 die Inschrift der früheren: „0 rex glorie Jesu Christe veni cum paco" herübcrgenommen; die grösste ist 1852 gegossen wonlcu. Besondere Aufmerk- samkeit verdient endlich auch ein alter Kelch, nicht wegen seiner Form, welche die gewöhnliche des XV. Jahrhun- derts ist, sondern wegen der Umschrift (schi'ine Mönehs- minuskel): „hoc opvs fecit fieri Fr. Ilermans de crfordia ord p.". Wie dieser Kelch des Dominicaiierbruders Her- mann von Erfurt an die Kirche von Meschen gekommen. wird kaum zu entscheiden sein; doch deutet derselbe, wie manches Andere, auf die besonders durch den Besuch der Universitäten vielfach vermittelte Verbindung der säch- sischen Kirchen jener Zeit mit Deutschland.

Erscheint die Meschener Kirche schon an sich mit ihren Thürmen und Schiessscharten l)urgartig genug, so steigert sich dieser Charakter noch durch die Umgebung derselben mit einer doppelten, von vier Tliürmen und zwei kühn aus der Mauer herausgebauten Flankirungsthürmchen besetzten Bingmauer, die bis auf einen Theil der nörd- lichen Anssi'Mwcrkc noch steht. Die Thürme sind vier- eckii^- 'hmI mit Umläufen versehen, der eine durcli die

') „In .Miischiin similiter eodem modo Ecciesiacii cdilicnndain coiidiiximus.

Scd parala et |ieifeet.i Efclesia: lunc pro oriiamlis fenestiis ilpdimiis llo-

renns Cenluni prffato inaf^istro Amlree" ebend. 2) Inschrift am üuiscren Chor: „Anlitpiior renovatioiiis npra IG.'iS. circum-

aclis it.i jam niuUis annoruin currieulis ex intefro una cum acdihus cu-

rialibus renovatur A. R. S. II. 1824".

Jahrzahl 1580 markirt. An den Mauern deutet die Jahrzahl 1641 auf eine Benuvation.

-Am spätesten begegnen wir der .Anwendung der hier charakteristischen Bögen nach meinen liishcrigen Ert\di- rungen bei der evang. Kirche von Ma r k t schelken (Bez. Marktscheiken), deren zierliche Choranlage mit Spitz- bogenwülbung anTlüiren und Fenster dieselbe zeigt. Ihre Ent- stellung wird diucli eine Inschrift in das Jahr 1562 gesetzt '). die .Vnlage selbst geht sicher in ältere Zeiten hinauf.

.Ms eine früher schon auftretende .Ausartung desselben Styies bezeichnen wir die Anordnung jener Bögen am Schilfe statt am Chor, und führen als Beispiel davon die evang. Kirche von Radeln (Bez. Schässhurg) hier an. Sie erhebt sich auf einem ziemlich steilen Hügel von einer doppelten Ringmauer mit fünf viereckigen Thürmen und vollständig erhaltenem gedecktem Umlaufe von den Schiess- scharten umgeben. Die ijänge des dreiseitig geschlossenen Chors verhält sich zu der des ziemlich stark vcjrtretenden SchilTes wie 3 zu 4; die Strei)epfeiler des letzteren werden von vier Bogen übersetzt, über denen die Umfassungs- mauer von Schiessscharten durchbrochen wird. Von den theils spitz, theils (später) rund überwölbten Fenstern des Schilfes ötfuen drei sich nach Süden, eines nach Norden, zwei viereckige finden sich am Ciior. Letzterer wird von einem sehr einfachen Gurtgewölbe, das davon durch einen Triumphbogen von flacher Prolilirung getrennte Schiff von einem Tonnengewölbe überdeckt. An dem Westende erhebt sich ein Tliurm von eigenlliüudicher Construction; um einen inneren älteren Kern ist nändich später mit Belassung der älteren Mauer ein neuer niantelgleich emporgeführt worden. so dass die Stärke der verbundenen Mauern gegenwärtig imten 10' beträgt. Der ältei'e Tliinin bildete früher unten eine von vier SpitzbogenölfnuMgeii durchbrochene Halle vor dem westlichen jetzt verniauerlen l'oilalc. Dieses zeigt selbst in seiner Zerstörung eine reiche l'rolilirniig, den sechsmal wiederholten spitzbogig sich abschliessenden bienenfiirmigen Bundslab in der Wandung und im Giebel- fehle von reiner technischer Ausführung. Die nach einer Inschrift an der Sacristeithüre 1526 vollendete Kirche wurde um IT'iit nndlSÜt, derTluirui 1S53 ausgebessert'-). .Aus ihrem Innern bemerken wir den noch der (lothik ange- hörigen Taufstein, einen Kelch von gewidiulicher Form

' ) Die f,'rrisstu dazu •,'ehnri),'e (ilocke tili^'t ischen Schildiiii mit Itillcrii. welelie Kalken aiifdei- Faust tragen, und »jniholischen Draelienjjeslallen die lliiehslalien .M. afn in .Moiichsniinuskel, deren Sinn ich nicht /.u enl- riitliseln weiss, die kleinste 4ihen nahe dem Helme die Inschrift: „dei fxioi-ia", unten : „mit ^ottes hilf mich gegossen hat .lohaniies .Moltko in llerinansladt fecit anno domini 1847". Üieseihe Kirche hesilit auch ein sehr altes Cihorium. dessen sechs Seiten in schöner ncugolhischer .Ma- juskelschrift die Bezeichnung enthalten : .domvni domini iioslri ic" (in), wohl noch aus demXIV. .lahrhunderte.

■' I l>:iiiin ist die Inschrift an der iinssei'en .Sacristeithüre „llenedict >Iclas MltCXXIX" /u verhesscrn, da I72U nicht IIJ'iD ein l'farrer dieses Namens in Hadeln war. 1819 ist an dei- Nordseite des SchilTes. I8.»:i am Thnrme /.n lesen.

269

mit der Umschrift : „Ave maria gracia plena dominos (!) tii vni (!)" (Müiichmiiiuskel), die in einem Kirehengrabe gefundene, jetzt in eine Nisciie rechts vom Altar einge- schhjssene Streitaxt und schliesslich den Fliigelaltar. Als MittelbikI erscheint darauf eine Holzschnittarbeit: der hur- tige Heiland mit einem Schaf zu seinen Füssen und einem Buch in der Linken, zu seiner liecliten Johannes mit dem Kelche. Um dasselbe gruppiren sich rechts zwei auf Jo- hannes den Täufer, links eben so viele auf Johannes den Evangelisten bezügliche Gemiilde, nämlich die Taufe Jesu und die Enthauptung des Täufers (Herodes mit einem Haarnetz und Bausehenärraeln in der deutschen Tracht des XVI. Jahrhunderts), dann die Abfassung des Evangeliums wühlend einer Erscheinung Maria mit dem Kinde und das Martyrthum Johannis .im siedenden Öle. Die äusseren Seiten der Flügel enthalten acht Daistellungen aus der Lei- densgeschichte, den Ülberg, die Gefangennehmung, das Verhör vor Pilatus, die Geisseiung, die Dornenkrönung, das „Kreuzige ihn", die Veronica und die Kreuzigung in Gegenwart Maria und Johannis, darunter die Grablegung. Das Schnitzvverk zeigt, wie gewühnlich in Siebenbürgen, wo die bildende Kunst besonders in der Holzsculptur die von den deutschen Ansiedlern aus der Stammheimath mit- gebrachten Traditionen des XI. und XH. Jahrluindertes übermässig lange festgehalten hat, zu kurze Proportionen, während die Figuren in den Gemälden natürlichere Ver- hältnisse beobachten und trotz der hier etwas grellen Fär- bung nicht ohne Ausdruck sind. Alle Bilder haben die ge- wöhnliche Goklkröimng. Aus der vielfachen Beziehung die- ser Bilder auf Johannes könnte auf das Patronat dieses Apo- stels über die Kirche geschlossen werden. Die Glocken sind von 1817, IböO, 1780 und 1790; die älteste tragt die Um- schrift: 0 . REX . GLORIE . VENI . CVM . PACE 1 . 5 . 50.

IV.

Nicht jeder Ort besass die materiellen Mittel oder war überhaupt in der Lage, um in jener Periode, welcher die meisten im Vorhergehenden behandelten Kirchen ange- hören, nach dem damals mit solcher Entschiedenheit gel- tend gemachten Principe rein und hingeboiul zu bauen. Zwar die Notliwendigkeit der Rücksichtnahme auf die Ver- theidigungsfähigkeit der Kirche leuchtete fast allgemein ein, aber während einige durch Thürme und Ringmauern genug gethan zu haben meinten, versuchten andere, ohne die mit der Aufluhrung jener Bögen über den Strebepfeilern verbundene Mühe auf sich zu nehmen, auch die einfache Erhöhung des Chores oder die Durchbrechung seiner Mauern mit Schiessscharten denselben Zweck zu erreichen. Es ist kein Zweifel, dass dieses auf dem letzten Wege weit unvollkommener möglich war, als wenn man an dem systematisch ausgebildeten Vertheidigungsstyle festhielt. Aber thatsächlich hat eine nicht geringe .4nzahl sächsischer Kirchen sich jener Richtung zugewandt, und weil dieselbe II.

noch immer eine Ausstrahlung desselben Prineipes ist, welches den Vertheidigungsstyl erzeugt hat, so dürlte schon der Vollständigkeit wegen auch darauf hier ein Blick geworfen werden müssen.

Hieher gehören die indessen genauer noch nicht unter- suchten evang. Kirchen von Jakobsdorf (Bez. Agna- tliale) mit zwei Thürnien und Pretai (Bez. Mediascli). In der letztgenannten ist der erhöhte, dreiseitig geschlossene Chor erst bei einer si)äteren Renovirung zum Theil unter Beibehaltung romanischer Motive entstanden. Darauf deutet das niedrige SeitenschilT auf der Nordseile mit Spuren alter Pfeiler (mit Halbsäulen), während das im Spitzbogen über- wölbte Portal (Weinbeig), der Flügelaltar mit den vier Evangelisten auf Goldgrund, die grössle Glocke mit ihrer Inschrift in Mönehminuskel (o rex etc.) ') u. a. ni. auf das Ende des XV. Jahrhunderts als Mutationszeit deuten.

Einer ähnlichen Verbindung früherer und späterer gothischer Elemente begegnen wir in der Kirche von Gross-Kopisch (Bez. Mediasch). Die niedrigen von dem Mittelschifle durch Spitzbogenarcaden getrennten Seiten- schifTe deuten auch hier auf frühe Zeiten hinauf, während der höher als das Mittelschiff getriebene, dreiseilig ge- schlossene , mit Masswerkfenstern versehene Chor mit seinem Steingewölbe, dessen Gurten auf Tragsteinen ange- setzen, die Anwendung des Eselsrückens an der Über- höhung der Nische im Chor und der Flügelaltar der spä- teren Gothik angehören. Der letztere zeigt den Heiland und die Marien als Mittelbild, unten den Leidensgang und rings zwölf der h. Geschichte entnommene bildliche Dar- stellungen, nicht schlecht gemalt, und könnte nach einer an seiner Rückenwand angebrachten Inschrift zu den jüngsten diessartigen Arbeiten in Siebenbürgen gehören. Diese Inschrift lautet: „p. C. h. f. 1SS8" (post Christum hoc factum 1J)S8). Eine andere an der Sacrisleithiire: „A A Lazaius D. D. 1519 preerat"* bezeichnet die Zeit der Vollendung der Restauration, das Lamm mit der Fahne darüber deutet bereits auf die Zeiten nach Einführung der Reformation, ebenso die Umschrift der mittleren Glocke: VVerbum . Doinini . numet . in . etcrnum . inviolatum . hoc opvs . factum . est . per . M . Sigis . tempore v . ihero . pie . 1550". Die längliche Form der beiden anderen, welche keine Schrift oder bildliche Darstellung enthalten, lässt dieselben als noch älter erkennen.

Durch die blosse Erhöhung des Chores suchten die drei letzterwähnten Kirchen ihre Vcrtheidigungsfähigkeit wenigstens nach einer Seite hin zu beworkstclligen; ent- .schiedencr verfuhren dabei die Baumeister von drei an- deren, welche den Chor geradezu als uiassenliaften Thurm ausbauten (?) und dadurch die Bedeutsamkeit der ganzen Anlage in diesem Punkte auch ausserlich concentrirten. Diese fast abenteuerhch aussehenden Kirchen haben sich meines

') nie kleinere (ilocke uliiie liischiift mit 4 Drachen wird auch duieli ihre liinj^liclie l'orni als iilter bezeichnet.

38

270

Wissens nur in einer einzigen Gruppe in Bnlkesch, Bones- dorf iiiul Baasspn eriralteii und bezficiinen die iiusscrste Consequenz des sie beleljonden Principos. Statt der oben- inässigen Vertheilung der Massen und dci- Belebung der- selben durch eine reiche Gliederung wie die Gothik sie fordert, findet sieh hier der gesamnite Eindruck auf ein einziges, meist unbelebtes starres Glied berechnet, in dessen Schiessscharteu die letzten Reste der weit geöffneten gothi- schen Fenster zusanuneusclirunipfen.

Die Kirche von Bulkeseh') (Bez. Blasendorl) ist vielfach modernisirt und wir knüpfen demnach die Charak- terisirung dieser Richtung an die Beschreibung der beiden letztgenannten Raudenkmale.

Die evang. Kirche von Bonesdorf (Bez. Mediasch) stellt sich im Grundriss als eine im höchsten Grade ein- fache und regelmässige Anlage dar (Fig. 15)); der geradlinig

geschlossene Chor (30' (! " lang, 19' 6" breit) wird von sieben Strebepfeilern (ä' tief, 3" breit) gestützt und durch ein sehr ge- fallig angeordnetes Gurtgewölbe (etwa 33' hoch) überdeckt, des- sen halbrunde Träger an den Wanden bis zum Boden herunter- laufen. Durch einen abgekante- ten Triumphbogen davon geschie- den, springt das Schiff beider- seits um 4' {)" vor, so dass dessen Gesammtbreite 28' beträgt und dehnt sich in die Länge 57' aus. Die 4' 6" starken und 3' tiefen Strebepfeiler linden nach innen correspondirende Glieder in eben so massenhaf(en Wandpfeilern fFi?. m.) (ob ursprünglich?), auf deren

Halbsäulen die Gurten des Gewölbes ansetzen, welche 42' hoch in starken Schlusssteinen zusammenlaufen.

In der südwestlichen Ecke führt eine hölzerne Wen- deltreppe unter das Dach, l'ngleich reicher erscheint das Äussere der Kirche besonders von der Südseite aus (Fig. 20); schon die verliältnissniässig grosse Anzahl von Strebepfeilern, die in drei Absätzen ansteigen und die brei- ten und hohen s|)itzbogig geschlossenen Fenster mit dem gothischen Masswerke würden hier angenehm auffallen, wenn auch nicht am Chore die eigenthüudich gcdialtenen Bögen hinziikiimcn. Der Chor ist nämlich in seinen l'm- liissungsmanerii 4' höher als das Schiff getriehen , doch iiören die Strebepfeiler am Ansatzpunkte jener Bögen nicht

auf, sondern setzen sich bis zur Gesinishöhe des Schiffes fori. Die Bögen selbst ruhen in der Mitte auf Tragsteinen und werden hierdurch in zwei Abtheilunscen sfe<>liederl.

^f Wir Iteiiierken hier bloss die alten dortigen (ilocken. die erste mit dei' Dinschrift: „O rex glorie veni cum pace** , der ersten Il-ilfte des XVI. .lalirhunderts angehijrig:; die zweite ohne Schrift mit Sphinxen. Simson als l.öwentüdler, einem Ueiter, f^eht nach der Venvan(ltsch,ift der darauf angebrachten rosenförmigen Punkte mit denen .nnf iler lloncsdorrer Glocke ins dritte Viertel des XV. Jahrhunderts hinauf.

(Fig. 20).

deren jede durch einen kleinen Tragstein wieder zwei Pechsteine bildet. Die darauf ruhende Mauer wird dann wie gewöhnlich von Schiessscharten durchbrochen. Schiff und Chor sind selbständig mit Hohlziegeln gedeckt und auf der Spitze des thuimartig ansteigenden Chordaches noch ein Dachreiter mit achtseitigem Dächlein angebracht. Kahl erseheint dagegen die nördliche Seite der Kirche . in wel- cher, wie im Osten, kein Fenster sich öffnet (ob ursprüng- lich ?). .Auch sonst finden sie sich nur spärlich, eines am Chor, zwei an der Südseite und eines an der Westseite des Schiffes. Das westliche und südliche Portal ist gegen- wärtig vermauert, über dem schön profilirten (vier Hohl- kehliMi mit Halbsäulen und Pfeilerecken), im geschweiften Spitzbogen überwölbten nördlichen das Ortswappen der Ochsenkopf mit Stern und Viertelmoiid eingemeisselt. ])iese Kirche kann nicht auf einmal entstanden gedacht werden. Schiessscharten und eine Thüre in der westlichen unter dem jetzigen SchiIVsdache befindlichen Wand des Chors, die grosse Senkung des Chorgewölbes im Verhält- niss zum Schiff, die selbständigen westlichen Strebepfeiler desselben und noeli manches Andere deuten darauf hin. dass der Tlnirm und der jetzige Chor sclnni früher vorhanden gewesen und das Schilf s]iäter daran angebaut worden sei. Es hat sich am Triumphbogen die Collectivinschrift: „1402 gebaut, 1506 renovirt, 17(}6 rcnovirt, 1825 renovirt" erhalten. Wir glauben nicht zu irren, wenn wir die erste.lahr- zalil auf die Erbauung des TIummucs, die zweile auf die Ein- riclitiiiig desselliiMi als Chor, die .\nlage der Bögen so «ie die Zulhat des Schiffes beziehen und die letzteren als we- niger bedenteiide Ausbesserungen betreffend bezeichnen. Der Zustand der Kirche, namentlich des Daches und der Fenster ist gegenwärtig sehr baufällig. Im Innern der- selben hat sich der zierlich ausgefübrle untere l'heil des Sacramentsliäuschens erhalten, welcher jetzt durch eine

271

rohe Pyramide mit der Kreuzblume verbunden ist und einen plumpen Eindruck macht (13' 7" hoch). Die halb erhaben geschnitzten Bilder von einem älteren Altare werden hinter dem jetzigen aufbewahrt. Über dem Chore hängt ein un- zugängliches Sturmglöckchen, in einem Thurme der Ring- mauer sind die Glocken untergebracht, die grösste mit der Inschrift: ,,0 . rex . glorie . veni . cum . pace . anno . do- mini . MCCCCLXXVllo" (Mönchsrninuskel), die zweite mit der sonst nur bei unitarischen Kirchen vorkommenden : „Soli deo gloria cibinii fudit Lorenz Schmidt anno 1744" und ein kleines Glockchen mit: „verbum domini manet in eternum 1644".

Fast gleichzeitig mit der umgestaltenden Renovation der Bonesdorfer Kirche fand die vielfach verwandte von Baassen (Bez. Mediasch) ihre Entstehung. Doch be- zeichnet sie bereits die vollständige .Ablenkung vom kirch- lichen Vertheidigungsstyle, indem sie die charakteristi- schen Bögen am Chore gänzlich aufgibt und diesen nach aussen rein als Thurm mit Schiessscharten und hölzernem Umlaufe behandelt, in welchem dem Kirchenchor nur ein niedriger und bescheidener Raum vergönnt wird (Fig. 21).

(Fig. 21.)

In den Dimensionen stimmt diese Kirche beinahe ganz mit der Bonesdorfer überein (Länge des Chores 30' 6", des Schiffes 60', Breite des Chores 19', des Schiffes 28'; auch das Gurtennetz im Schiffe ist sehr ähnlich, während der Chor hier bloss von zwei Kreuzgewölben einfachster Form und ohne Gürtung überdeckt ist. Die Abweichung liegt auch weniger in den modernisirten weiten, rund überwölbten Fenstern des Schiffes, als vielmehr darin, dass der Clior hier seine ältere Thurmgestalt noch reiner erhalten bat als dort und sogar des Schmuckes der Fenster entbehrt. Da diese Kirche, wie aus einer Inschrift an der wimbergarlig geschlossenen, durch eine rohe Mannsgestalt im Giebelfelde ausgezeichneten Sacramentsnische im Chore hervorgeht, 1S04 bereits auch ihre gegenwärtige Gestalt erhalten hatte '), so ist damit zugleich der Zeitpunet angedeutet,

') Auch diese Kirche war Ijoclist »alirsclioiiilich dem heil. Niliolaiis ge- widmet j^ewesen , darauf deutet die Umschrift der grijssten (iloclte: „houori sancli Nicolai Benediclus sit etc.". die der kleiuereu: „O rex glorie veni" in .Mönchsmajuskei ileutet noch an die Scheide des XIV. u. XV. Jahrhunderts. Als Kelch wird benützt ein nach Art der venetiani-

in den siebenbürgisch-sächsischen Dorfkirchen der bis dahin fast ein halbes Jahrhundert lang vorwiegende Ver- theidigungsstyl, der nicht ohne künstlerische, in der Bones- dorfer am weitesten ausgebildete Motive war, obwohl das Nützlichkeitsprincip entschieden überwog, zu verschwinden und dahin zurückzukehren begann , woher derselbe seine Entstehung genommen, in die roh äusserliche Verbindung der Thürme mit dem dazwischen oder dazu gebauten Schiffe (vergl. oben über die Kirche von Homorod , Zied, Neithauscn und Schweischer). Die Ausartung beginnt demnach in dem Augenblicke der weitesten Entfaltung und fällt das Ende principiell, wenn auch nicht formell, mit dem Anfange zusammen.

So haben wir in diesen Zeilen einen Kirchenbaustyl kennen gelernt, der wenigstens , as die Behandlung des Äussern anbelangt. Original genannt werden kann, ein or- ganisches Product der speciellen Zeitverhältnisse und der Natur des Volkes, in dessen Mitte seine Repräsentanten noch so zahlreich sich finden. Es wäre nicht uninteressant zu erfahren, ob in irgend einem anderen Grenzlande mit deutscher Bevölkerung dieselbe Erscheinung sich finde unil aus welcher Zeit. Die in Siebenbürgen jenem Style ange- hörigen Kirchen sind zwar insgesammt wie bereits be- merkt worden von keinem architektonischen Kunst- werthe, weder was die Anordnung der Massen , noch was die Auffassung der Details anbelangt, obwohl die bewunde- rungswürdige Hingebung und .Ausdauer anerkannt werden muss, womit durch die Ausstattung des Innern mit vielerlei heiligen Geräthen für die oft kahle Armuth des Äussern entschädigt werden sollte; aber die Geschichte der sieben- bürgischen Baukunst wird nicht theilnahnilos an einer Thä- tigkeit vorüber gehen dürfen, welche, wenn von nichts sonst, doch davon Zeugniss ablegt, dass die bürgerlich freien Be- wohner selbst kleinerer sächsischer Orte den sittlichen Muth besassen, die Erbauung eines, in der Regel verhält- nissniässig grossen Gotteshauses ohne fremde Unterstützung in Angriff zu nehmen und dass unsere Baumeister ein selbst- ständig erfasstesZiel mit klarem Bewusstsein verfolgten und möchten wir hinzusetzen in der Technik der Detail- behandlung den Mustern der Gothik wenigstens nicht ohne Erfolg nacheiferten. Die deutsche Culturgeschichte aber mag den auch durch die vorliegende Untersuchung von einer neuen Seite her geführten Beweis aufzeichnen, dass die Sachsen in Siebenbürgen, auch wo sie unter der zwin- genden Gewalt der Umstände dem.Aussern eine abweichende Erscheinung geben mussten, im Innern dem schönen Style des deutschen Mutterlandes treu geblieben sind. DerTliurin von St. Stephan in Wien und unsere Sacramcntsbäiischen sind Ausströmungen desselben innerlichst verwandten natio- nalen Bewusstseins.

scheu des XVI. Jahrhunderts (vergl. ..Kunit und l.elieu der Vor/.eit" von Dr. Eye und J.Falke, Uft. 5. l'af. ö) geformtes Spil/.glas mit der Inschrift: „C. H. R. v. R. F. 16S8.

38'

272

Die KroDinsignien Böhmens.

Von Franz Bock, Conservator des erzbiscliölliclu-ii Museums iii Ciiln.

(Schluss.)

tij Scepter wird auf seiner iiöehsten Spitze überragt durch einen

rechteckigen Rubis balais von regelmässiger Bildung und

Das Scepter und der Keiclisaufelt i i i ti< ■-> -n . t

•^ sehr iilarem Wasser. Ls will den Anschein gewinnen, dass

Den alteren Matriiceln zu Folge, wie sie uns bei höh- säninitliehe, Edelsteine und orientalische Perlen, wie sie sich

mischen Schriftstellern des XVI. Jahrhunderts angegeben in ziemlicher .Anzahl an dem Scepter vorlinden, von der

werden (vgl. thesaurus eeclesiae pragensis descriptae anno iilteien karolinischen virga " lierii hergenommen worden

doniini MCCCLW III, siehe phos|du)rus septicornis von sind. iNamentlich kann dies mit Enlscliiedenheit Iiehaiiptet

.lohann Pesina, H)73. Seite 47(5) , ist bei detaillirter Be- werden von den vier blassen Rubinen und den vier Sina-

schreibung der Krone Karl's IV. auch angeführt ..item ragden, die sich im rohen und ungeschliffenen Zustande auf

|)omum aureum cum cruce, orbis terarum". Aus dieser der obern Rekrönnng des Seepters heute noch vorlinden.

.Angabe eines Zeitgenossen Karl's IV. lässt sich mit Was nun das alte Scepter Karl's IV. betrifft, so scheint das-

Sicherheit der Schluss ziehen, dass Karl zu der Krone selbe analog mit der Krone höchst einfach gewesen zu sein,

Btihniens auch das Reichsscepter und den Reichsapfel habe und dürfte nacli Massstab jener „ferula", die man auf den

anfertigen lassen. Vielleicht mochte darauf hei den hussi- grösseren Wachssiegeln Karl's IV. erblickt, wo er noch nicht

tischen Streitigkeiten Scepter und Reichsapfel in einer römischer König war, bestanden haben aus einer einfachen

Weise Schaden genommen haben, dass Rudolph II. in Rutlie als Rundstab, abgetheilt durch einige ringförmige

seiner bekannten Vorliebe für derlei Pretiosen es für gut Knaufe, auf deren Sjiitze sich die gewöhrdiclie„francica", die

befand im Gesclimacke der damaligen Zeit diese beiden sogenannte „fleur de lis" befand, wie sie in analoger Form an

Pie^^en neu anfertigen zu lassen. Man erwarte von uns den vier Seiten der böhmischen Krone sicli erliebt. nicht,dass wir hierorts eine ausführliche detaillirteBeschrei- Was wir eben vom Scepter angeführt haben, kann

bung beider Stücke geben, ziunal diese Blätter Vorzugs- mit demselben Rechte auch von d(Mii Reichsapfel jielnuiptet

weise der Besclircihnng und Würdigung jener Kunstwerke werden; auch dieser beansprucht mit dem böhmischen Sccp-

gewidmet sind, die der bessern Periode der mittelalterlichen ter dieselbe Zeit der Entstehung und ist ebenfolls zur Zeit

Kunst ihr Entstehen zu verdanken haben. Hinsichtlich der Rudolfs II. durch einen, wenn wir nicht irren, italienischen

artistischen Conception und der technischen Ausführung Künstler im Style der bereits ausgearteten Renaissance mit

bemerken wir noch, dass sich in dem Schatze der kaiser- einem Aufwände von einer grossen Zahl von Perlen und

liehen Burg zu Wien, dessgleichen im grünen Gewölbe zu Steinen höchst kunsigerecht und zierlich angefertigt wor-

Dresden eine grosse Menge ähnliidier Kostbarkeiten befindet, den. Derselbe ist ebenfalls aus gediegenem (J(dde und niisst

deren Kunstwerth mehr in der netten, zierlichen, hin und in seinem grössteii Durchmesser 16'/; Centimetres, bei einer

wieder auch spielenden technischen Ausführung als in einer grössten Höhe von 23 Centimeters. Der Apfel (pomellum)

hohen künstlerischen Auffassung des Gegenstandes besteht, selbst wird durch einen glatten Metallstreifen, der durch

Das im böhmischen Kronschatze befindliche rudolphi- ungeschliffene Edelsteine ornamentirt ist. in zwei Hälften

nische Scepter mis.st in seiner grössten Ijängenansdohniing gelheilt. Auf der unteren Hälfte sind in äusserst künstlich

67 Centimetres, ist vom feinsten Golde angefertigt und hat gctriebcnenBasreliefs zurDarstellung gehiaclit verschiedene

inclusive seines reichen Stein- und Perlschmuckes ein bedeu- Scenen aus dem Paradies; auf der oberen Hälfte sind mit

tendes Gewicht. Das Scepter besteht aus zwei Hau])tcoinpar- derselben manuellen Fertigkeit mehrere Darstellungen aus

timenten, der Röhre (listula, Stylus) und einem decorativen dem alten und neuen Testamente in derselben Technik

Aufsatze, der als Schluss dem Ganzen zur Zierde und Be- bildlich gegeben. Um den Polarpunkt des pomellums herum

kröniing gereicht. An dem Stabe selbst entwickeln sich eine ist ein kleinerer Ring herumgeführt im Durchmesser von

Menge von zierlichen Ornamenten im Gesclimacke der flo- 6 Centimetres, der in seiner l'mrandimg im schwarzen

rentinischen Schule, theilweise im vielfarbigen Email (opera Emaille als Lcgendarium folgenden Spruch des Psabnes ent-

smalti). theilweise in getriebenen Laubornamenfationen, die hält in lateinischen Majuskelschriften: .. Dcmiine in virtute tua

auf einem fein charirten Tiefgrunde künstlicli aiifgelüthet laetabitur rex et super saliitare luuni exultavit". und ciselirt worden sind. Ein reicher Blätterschmuck von Von diesem Siu-uchbande umgeben erhebt sich ein klci-

frei getriebenen ciselirten Lauhornarnenten entfaltet sich an nesPiedostal im Sechseck angelegt, dessen Basis auf 6 klein-

dem oberen Kopftheile des Sce]iters . die in slylistischer ciselirten Sphinxen ruht, weiche einem lateinisdicn Kreuze als

Beziehung dem griechischen .-Vkanlliusblatlälinlicli sind. Das Sockel dient. Dieses Kreuz, das in seinen DetaillVirmeii schon

273

clieOiriiinientiitionsweise der ausgearteten Renaissance erken- nen lässt, ist auf seiner vordereo Seite, latus frontalis, mit künstlich fa^ettirten Edelsteinen geschmückt, dessgleichen in den vier Winkein des Kreuzes, so wie auf den drei Kreuz- balken mit grossen, ziemlich regelmässig geformten orien- talischen Perlen. Die hintere flache Seite des Kreuzes ist mit erhaben aufliegenden, scuiptirten Laubornamenten ver- ziert, die mit Emaille stellenweise in Farbe belebt sind. Im Medaillon des Durchkreuzungspunktes der Balken liest man den sinnigen Spruch: „Dens coelum regiiat et reges terrae". Auch der ältere Reichsapfel, der noch aus den Zeiten Karl's IV. herrühren mochte, ist wahrscheinlich analog mit der Krone sehr einfach und glatt gehalten gewesen und mün- dete zweifelsohne auf der Spitze der drei Querbalken in kleinem Lilien aus, gleichförmig mit d<Mi Lilien der Krone und den Ausmündungen kleinerer Reliquien und Pectoval- kreuze, wie man sie noch heute in den Schatzkammern der Kathedralen des XIV. Jahrhunderts biiufig antrifft. Die Fassung (lectulum) an sämmtlichen Saphiren und Rubine in mittelalterlicher Form gehallen, sind deutliche Belege dafür, das der Steiiisclimuck des älteren pomum cruci- ferum zur Decoration des gegenwärtigen, modernen Reichs- apfels eine Übertragung und Verwendung gefunden habe, dessgleichen auch die vollständig mittelalterlich gefassten ungesehliflenen Steine auf dem glatten Reifen, womit die Peripherie des pomum umzogen ist.

IV.

Kröuungsmanfel iiud Slole.

Der ehemalige Krönungsmantel, der vielleicht noch von den älteren böhmischen Königen aus dem Ge- schlechte der Pfemysliden herrühren mochte, scheint in den Augen des XVI. Jahrhunderts, als unter der glanzvollen Regierung Rudolfs II. die italienische Renaissance, wie früher schon bemerkt, auf allen Gebieten der Kunst ihre Triumphe feierte, keine Gnade gefunden zu haben. So wird denn woi in jenen Tagen, wo auch die ältere „virgula" und der „orbis terrarum" die moderne Form annehmen musste. der ehemalige Krönungsmantel leider allzusehr antik befun- den und durch einen stattlichen nnd neu glänzenden ersetzt worden sein. Nicht nur allein sju-icht dieser Annahme das W^ort der Schnitt des heutigen „palludamentum regale", son- dern auch das kleine Dessin , das in dem reichen drap d' or des Gewandes sich geltend macht. Der Schnitt der älteren Krönungsmäntel war, wie wir das bei dem der deutschen Kaiser gesehen haben, vollständig übereinstimmend mit der mittelalterlichen Form der bischötlichen pUiviale. Dieselbe bildete regelmässig einen Halbkreis: nur war in der Mitte ein kleiner Ausschnitt für den Hals , damit das Gewand bequemer getragen werden konnte. Das iieutige Krönungs- gewand ist mehr mantelartig und modern getialton, was die Form betrilTt, und sind auch um den Halsausschnitt einzelne

kleinere Falten gelegt. Und da in iler späteren Rennaissance der königliche Mantel kein liturgisches Gewand mehr war. nach dem Vorbilde der bisehöflichen pluviale, sondern bereits als ein Hofgewand modificirt wurde , so durfte die grosse Schleppe nicht fehlen, und finden wir dessvvegen auch den heutigen böhmischen Krönuugsmantel in der Form so gehal- ten, dass der Goldstoff auch unten hin sich zu einer weiten Schleppe verengert, die von Pagen getragen werden musste. An der Stelle der früheren cappa oder des caimtiums, wie es sich heute noch an mittelalterlichen Pluvialen befindet, ist hier ein weiter Kragen von Hermelin um den Halsausschnitt gelegt, und läuft auch diese Verbrämung mit Hermelin an dem vorderen Ausschnitte des Mantels nach lieiden Seiten herunter. Dass Dessin selbst, das als ein sehr kleines Muster den Goldstoff durchzieht, erinnert deutlich an reichere Goldgewebe, wie sie in ähnlichen Mustern in der letzten Hälfte des XVI. Jahrhunderts in florentinischen und mailändischen Fabriken angefertigt zu werden pflegten. Die Bindungen, wodurch das Muster in dem drapd'or zum Aus- drucke kommt, sind in karmoisinrother Farbe ausgeführt. Der Futterstoff besteht aus einem glatten karmoisim-othen, ziem- lich schweren Seidentaffet. Zu diesem Krönungsmantel, der ofTenbar mit dem Scepter und dem Reichsapfel eine Zeit der Entsfebuu!;-, gegen Schluss des XVI. Jahrhunderts bean- sprucht, finden sich auch noch als integrirende Theile vor. eine ziendich breite und kurze Stole, die aus demselben Stoffe gearbeitet und nach beiden Seiten hin durch eine schmale mit Goldfäden durchzogene Franze garnirt ist. Auch diese Stole nebst dem dabei befindlichen „cinguUim" aus demselben Stoffe haben in ihrem Äussern so wie in ihrer ornamentalen Ausstattung wenig mehr gerettet von der ent- sprechenden kirchlichen Form, die den analogen älteren Krönungsgewändern eigenthümlich ist. Obschon der heute noch vorfindliche Gürtel mit silbervergoldeter Schnalle auch noch das V^orhandensein einer Albe voraussetzt, so scheint doch bei den böhmischen Königskrönungen in den zwei letzten Jahrhunderten keine Albe mehr nebst Sandalen und Chirotheken in Gebrauch gc« esen zu sein.

Die Krönungssfliwerter.

Das heutige böhmische Krönungsschwert, das als Reli- quie nicht bei den Kroninsignicn. sondern bei den übrigen Reliquien im Schatz des Doms von St. Veit aufbewahrt wird, bietet in seiner beutigen Form wenige .\nhaltspuukte für sein hohes Alter. DieParirstange mitHaudhabe. ein Kreuz bildend, von älteren Schriftstellern „maMubrium- gemumt, ist oben von einem ruudgeschlill'eueu Krystallkuopf überragt, der in seiner Form vollständig identisch ist mit dem silbervergol- deten Knopfe des Schwertes des heiligen Mauritius bei den deutschen Reichskleinodien, an welchem die Wappen Karfs IV. der deutsche Adler und der böhmische Löwe es deutlich

274

besagen, dass Karl IV. diesen Knauf hinzugefügl luihcals er nadi Übereinkunft mit Ludwig vonHraiuleiihurg, dem Sohne Ludwig's des Baiern.in Besitz der Ueiehskleinodieii gelangte. iJer GrilV des sogenannten Schwertes vom heiligen Wenzes- lausist heute mit einem moderneu rothen Sammet undSilher- stickereien und Palleten des verflossenen .lahrhundcrts um- näht, l nter diesem modernen Überzuge erliiiekt man einen sehr alten Seidenstoff mit Dessins, der früher |nir|nirfarbig gewesen zu sein scheint. Die Parirstange selbst bietet für eine chronologische Bestimmung nicht die geringsten Anhalts- IHiiikte, da sie sehr einfach von Eisen angefertigt ist ohne alle Ornamente. Das Sehwert selbst als WalVe mit einer Blutrinne, an welchem man urihegi'eitlieher Weise die Host- llecken durch einen Ausschnitt in Form eines Kreuzes ent- fernthat, ist auch am allerwenigsten geeignet, dem Beschauer die Überzeugung beizubringen, dass diese AN'affe, wie sie sich heute präsentirt, aus dem X. Jahrhunderte herrühre. Auch geben uns Seliatzverzeiehnisse aus der Zeit Karls IV., und zwar das eine vom Jahre 1354 und das andere vom Jahre 13()S, ausführlich unter der Rubrik „liiventarium armorum ecclesiaesancti Viti" an: „primo cassisferreabeatiWenceslai"', dann folgt: „item gladius ipsius cum vagina, quae in parte inferior! est fraeta, auro, gemmis et perlis ornata". Diese Be- schreibung, die wir in mehreren älteren Inventarien fanden, kann unmöglieli auf das heutige Sehwert ihre Anwendung finden; denn von dieser kostbaren Ausstattung in Gold, Kdelstein und Perlen ist keine S]tur mehr zu sehen. Nur das alte gemusterte Seidenzeug, das unter dem bestickten Grill' des sogenannten Schwertes des heiligen Wenzel sich, wie oben bemerkt, noch befindet, ist geeignet einen etwaigen Begriff von seinem Alter zu geben, so wie auch der Knauf in Bergkrystall,der an die Ausstattung mitBergkrystall erinnert. wie sie an Gefässen aus der früh romanischen Zeit häuGg ange- wandt werden. Die Scheide selbst, mit rothemSammt über- zogen, ist auf beiden Seiten mit silbernen Oruanienteu aus der Spätzeit des XV. Jahrhunderts eingefasst. An dies soge- nannte Schwert des Herzogs und Protomartj'rs von Böhmen, des heiligen Wenzeslaus, reiht sich im Sehatze des St. V^eit- Domcs ein anderes an, das unverkennbar die Spuren des liüchstcn Alterthums zu erkennen gibt. In den älteren, höchst merkwürdigen Schatzinventaren des XIV. Jahrhunderts, deren ausgedehnte Benützung uns vom liochwiirdigsten Metropolitan-Domeapitel zuvorkoniTuend gestattet wurde, liest man deutlich unter der Bubrik de iiiventione armorum: „item Gladius sancti Stepbaiii. regis llungariae ciuu nr.mubrio eburneo." Dieser elfenbeinei'nellandgriff(manubrium) findet sich heute noch an dem merkwürdigen Schwerte vor und ist das Elfenbein durch die aerugo nobilis und durch die Länge der Zeit der .\rt abgenüzt, dass nicht nur hiedureh, sondern auch durch die ornamentale Seulptur in den bekannten Band- verschlingungen und mit di'ii phantastischen Thlergestalten. di(? deutlich an die arabeskenarligen historisch (igin-irten Capitäle des XI. Jahrhunderts ei Innern, das hohe Alter

sieh kenntlich niaelit. Der GrilV selbst, sehr einfach von Eichenholz, scheint in s|iäterer Zeit abwechselnd mit einem Eisen- und Messingdrath umsponnen worden zu sein. Der Knauf, der den geringelten Griff bekrönt, ist ebenfalls wie die breite Parirstange von Elfenbein und zeigt romanische Laub- oriiamentatioiieii. wie sie in der Frühzeit dcsXI. Jalirhunderts gang und gebe waren. .\uf der Klinge selbst, die in Fiu-ni eines Dolches gehalten, noch die Biegsamkeit der älteren Damascener- Klingen bewahrt hat, zeigten sich zu unserer nicht geringen Verwunderung noch deutliehe S[uu'en von Inschrif- ten in römischen Capitalbuchstaben; leider hat die durch den Rost der Jahrhunderte sehr angefressene Klinge durch die Unachtsamkeit und l'nkeiintiiiss derjenigen, denen die blanke Glätte und Schärfe des Schwertes mehr werth war als eine damascirte Inschrift, im vorigen Jahrhunderte ihre authentische Beglaubigung verloren. Mit grosser Mühe und nur sehr undeutlich glauben wir auf der einen Seile der primitiven Klinge folgende Buchstaben zu lesen, die in ihrer Verstümmelung heute schwerlich noch einen Sinn zulassen dürften : „N I B E R H I" ; auf der andern Seile scheint in der Damascirung früher eine Jabreszilfer ausgedrückt gewesen zu sein. Dunkel ersieht man heute in Folge der leidlichen Schleifung und Polirung nur noch die Zahlen III. XII. Die Ma- trikeln, die uns im Original vorliegen, deuten nicht an, ob eine Scheide früher sich vorfand und von welcher formellen Beschaffenheit dieselbe gewesen sei. Die heutige kunst- lose und platte Scheide ist aus jener kalten Zeit , die für einen Gegenstand von so grossem kunsthistürischen Werlhe kein Opfer mehr bringen wollte. Dieselbe ist sehr platt und kunstlos gemacht, aus der Zeit des Nihilismus und zeigt eine Inschrift auf versilbertem Kupfer: St. Stephani Beg. Ungar, renov. ann. 1T9I. Der Schluss dieser Inschrift deutet an, dass also gegen Ende des XVIII. Jahrhunderts eine, wie es die Form zeigt, unglückliche kunstlose Umgestalttnig der Scheide des Schwertes vom heil. Stephan vorgenommen wurde, wobei wahrscheinlich die alle primitive Scheide, die forniell zu dem beschriebenen Schwerte passte, aus Un- kennluiss beseitigt wurde. Wir befinden uns vollständig auf dem Felde der Hypothese, wenn wir, da die gleichzeitigen Quellen schweigen, Vermuthungen aulstellen sollten, wann und wie das in Rede stehende Sehwert des heil. Ste|)han in den Donischatz von St. Veit gekonmien ist. \^'ahrscheinlicli ist CS, dass, da Karl IV. im guten Einvernehmen mit dem damaligen Könige von Ungarn lebte, er als begeisterter Reli([iiien-Sanunler dieses merkwürdige Schwert von dem befreundeten Könige erhielt. Ob dieses Schwert bei den Krönungen der ungarischen Königein Gebrauch war, wagen wir aus mehr als einem Grunde nicht zu behaupten , jedoch stände dieser .\nnahme am allerwenigsten jenes Schwert im Wege, das als Krönungswaffe sich heute noch im Kron- archive zu Ofen vorfindet, indem dasselbe nach seiner Form (vergleiche unsei'e vorhergegangene Beschreibung) im XV. Jahrhundert entstanden sein dürfte.

K .'.llJM

r.ii- IX

.\(M ill irhrs i'dil.il.

275

Der vorstehenden flüclitigen Besehreibung der Kron- insignien des alten Bühinens hissen wir schliesslich noch eine Notiz folgen über eine Ideine Büchse von Krystall, die sich heute noch unter den Beliquiengefiissen des reich gefüllten Schatzes von St. Veit vorfindet^). Wir glauben, da die Form mit der silbervergoldcten Fassung vollständig für die Ent- stehung zur Zeitk'arl's IV. Zeugniss ablegt, mit Grund anneh- men zu dürfen, dass in diesem im Sechseck geschliffenen Gefiisse, bestehend aus einem ausgebohrten sehr reinen Bergkrystall, jenes Gefäss zu suchen ist, worin bei den älteren Krönungen das Salböl aufbewahrt wurde und worauf eine Stelle des uns vorliegenden Inventars der Kirchen- schätze von St. Veit von 13G8 Bezug hat, worin es wörtlich heisst: „Item vasculum crystallinum admodum pixis, in quo portatur chrisma ad ungendos reges, per praefatum domi- num imperatorem (sc. Carolum) donatum".

Daselbst ist auch unter der Überschrift „rubrica insig- norum et prinio regalium" deutlich zu ersehen, nachdem die vorherbeschriebenen Kleinodien namentlich angeführt und ihremMetallwerthenach näher fixirt worden sind: „et annulus aureus cum balasso"; dieser goldene Ring mit einem rubis balais findet sich heute unter den Kroninsignien Böhmens nicht mehr vor, und es scheint der nunmehr auf der Spitze des Scepters befindliche ausgezeichnete prachtvolle Rubin, den auch die eben citirte Stelle namentlicli hervorhebt, che-, mals dem Krönungsring zur grössten Zierde gereicht zu habei»; derselbe ist vom hellsten Wasser ohne den geringsten Fehler und stellt derselbe auf der einen Seite sich alsCapucbon dar, auf der andern Seite ist er einfach mit sechs Facetten versehen.

Nach Urtheil eines gewiegten Sachkenners soll dieser „ballassus", der als einzig in seiner Art betrachtet werden dürfte, einen Werth von mindestens 30.000 Gulden besitzen.

Der Elisabeth-Dom zn Easchan in Ungarn.

Die Eintheilung der Nebenschiffe des Kaschauer Domes hat ebenfalls verschiedene Ansichten hervorgerufen. Nach der einen Ansicht besitzt derselbe nur zwei, während Henszl- niann vier Seitenschiffe annimmt, und zwar letzterer aus dem Grunde, weil zwei Quadrate der Nebenschiffe Doppel- gewölbe besitzen und die fünffache Eintheilung des Domes an der Hauptfajade erkennbar sei.

Nach der ersteren Ansicht würden die Nebenschiffe gleiche Breite mit dem Hauptschiffe besitzen eine An- ordnung die allerdings ungewöhnlich, aber nicht ohne Bei- spiel ist, wie diess der Münster von Ulm beweist; nach der Ansicht Henszimann's dagegen könnten nur einzelne Theile der Nebenschiffe auf eine Untertheilung in vier Schiffe Anspruch machen, während andere wie die mit dem mittleren Quadrate correspondirenden, nur auf zwei Seiten- schiffe hinweisen.

Die verschiedenen unregelmässigen Wölbungen die Henszlmann als Doppelwölbimgen bezeichnet, dürften aber kaum die ersten sein, sondern in Folge der wieder- holten Brände , denen die Kirch« preisgegeben war, von ungeschickten Händen erneuert worden sein. Aus den- selben einen Schluss auf einen fünfschiffigen Bau zu ziehen scheint uns nicht gerechtfertigt. Eben so wenig können nach unserer Ansicht zu dieser Behauptung die Mittel- pfeiler der Seitenschiffe veranlassen, weil dieselben einer-

(Schluss.)

seits nicht vollständig durchgeführt sind, anderseits aber bedingt scheinen durch die Spannung der später eingebauten Gewölbe, welche eine Mittelstütze benöthigten.

Über die Profile der Gewölberippen und der Pfeiler und Säulenauflösung in den Seitenschiffen hat Henszl- mann gleichfalls ungenügende Anhaltspunkte gegeben. Nach den Andeutungen des Grundrisses lässt sich nur die Ver- mutbung aussprechen, dass an den vorspringenden Pfeilern der Abschlussmauer die Gewölbstuzen sich an denselben bis auf den Boden herab fortsetzten und die Breite der Fenster so wie der beiden Seitenportale nur wenig Raum für Mauerflächen übrig liessen. Den Grundriss eines der vorspringenden Wandpfeiler zwischen den beiden Capellen- ausbauten den Henszlmann aufgenoairaen , lassen wir übrigens hier im Holzschnitte (Fig. 6) folgen. Dagegen j; ;: sind wir nicht im Stande über die

' ,;;■' Construction der Mittelsäulen Nä-

heres anzugeben, sondern aus dem -=== Grund

») DieausführUclie und von «ahlreichen Zeichnungen begleitete Beschreibung des Prager Domschatzes, welche Herr Doincajdan F. Bock aut'Rinladung der k. k. Central-Comtnission und mit huldvoller Genelnnlgung Sr. Eirii- nenz lies Herrn Cardinal-Erzbischofes von Prag Ktirsten Scliwarzenberg sowie des hochwüi'digsten Douicapitels vor Kurzern unternommen hat. liegt der Ei'steren hereils vollenilet vor und dürfte wahrscheinlich im III. Hände des Jahrbuches zur Verüirentliehung gelangen. D. R.

l,üa!J

die

ige geht nur hervor, dass iiuf.unjTe wohnlich brei-

ten Sockeln ruhen und die Schäfte ii jj ~~-^. der östlich gelegenen eine runde,

,^.j„ Q , die gegen Westen zu sjfelienden

eine polygone Gestalt -Itfsitzen. All den nördlich gelegenen conchenartigcn Ausbauten ist eine Capelle angebracht, die gegenwärtig dem heil. Stephan geweiht ist und mit einer „Untcrkirclie" versehen ist. Unterkirchon , bemerkt Henszlmann, wurden gegen Ende des XIII. Jahrhunderts schon selten, noch seltener im XIV. Jahrhundort erbaut. Dieselbe wurde seither als Gruft gebraucht, wie einige Särge an den Wänden noch gegen- wärtig beweisen. Die Spitzbogen dei- Unterkirche sind nicht

276

sehr zugespitzt urii] die Stephanscapello um droi Stufen eriiöhtcr geli'}i;en als die Kifflu», uin Raum für di(> Wülliung des liiterltaues zu iiewimuMi. Diese weninon Andeutuiigen von Hensz 1 III an n über die (Jeslalt derselben sind, wie leicht hegreillich. zu iiiig-eniiiiend, um zu entscheiden, ob wir es hier wirklich mit einer Krypta oder nur einer gewiiiin- lichen Gruft zu thiiii haben, wie sie in gothischen Kirchen und Capollen des XIV. iiinl XV. Jahrhmiderts nicht allzu selten angetridlen werden '). weil im ersteren Falle wirdann abermals annehmen müssteii. dass diese Krypta noch dem Haue angehöriMi körinle, der vor der gegenwärtigen Kirche

.Vm westlichen Abschliiss der Kirche befinden sich die beiden Thiirme und zwischen denselben das llaujitportal mit zwei kleineren Portalen, welche den Kingang in die Seitenschitl'e vermilleln. Im Innern sind die beiden Tlinrm- anlageii durch einen Musikclior verimndeii.

Wir geben hier im Holzschnitte (^Fig. 1) eine .Viisicht der llauptfayade nach der Zeichnung Hensz el man n's. Aus derselben wird man ersehen, dass es ihr zwar nicht an einer imposanten Anlage und einer besonders reichen Glie- derniig, aber desto mehr an der Einheit in der Ausführung und einer harmonisch schonen Durchbildung der einzelnen

(Fig. 7.)

bestanden haben mag. Nicht unerwähnt können wir aber die Gründe lassen, welche H ens zlman n anführt, warum diese „Unterkirche" nicht wie gewohnlich unter dem Allar- raunie des Chores, sondern an der Seite des Scliiffes ange- bracht ist. Die grosse Kirche ist nämlich zwischen zwei Bächen aufgebaut, deren einer östlich vomAltarrauine kaum einige Fnss weit vorbeifliesst, so dass er die Unlerkirche, wenn man sie dort angebracht hätte, mit seinem Wasser bedroht haben würde, anderseits gestalteten wohl die jen- seitigen Häuser nicht, dass der Bach anders wohin geleitet würde; es blieb nichts übrig, als die Unterkirche an einem entfernten Platze anzubringen, ein Umstand, dem vielleicht auch die anderen Abweichungen vom Gewöhnlichen, die neue Schönheiten hervorgebracht haben, zu danken ist.

Tlieile mangelt. Die totale Verschiedenheit des Aufbaues derbeiilen unvollendet gebliebenen Thürme, das vorwaltend rein deiorative Zierwerk und die hie und da bemerkbare Entartung des Styles sind Mängel, welche dem Eindrucke des Ganzen iiachtlieilig sind und dessbalb doppelt bedauern lassen, dass der Bau des Domes mehr als lliO Jahre in An- s|)ruch nahm und die Stadt Kaschau im XV. Jahrhundert bei der\^'ahl ihrer Baumeister nicht immer sehr glücklich war. Die folgenden llolzschnitt(( (Fig. S und 0) zeigen die Gliederung und reiche Pi oliliriiiig der Portale, von denen der eistere Grnndriss dem llaii|i|piirlale und der zweite den gleich gestaltetiMi Seiteiiporlalrn iuiiieliört. Die Annrdnung des miltlercn Tlieiles der Hauptfa^'ade mit den beiden stark vortretenden und nach unten zu verdoppelten Strebepfeilern, dann dem giebelfiirinigcii Abschlüsse erinnert übrigens wieder an ältere ungarische Kirchenbauten, wie an Zsam-

M Eine Nuldif (ji-uft Itesitzt l)LM.s|ii<-l*tweise auch die Johaniicscflpf Ik* <)pr Fr.iuciscaiior-Kiichc in l'resshiir^'.

b e c k. I{ 0 r s ö ii v, \j e b e n v u.

nur dass die .\nlajre

breiter und die Strebepfeiler entwickelter sind.

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Von den Seitenfa^aden sind nur einzelne Theile frei- ijostellt. und der grössere Tlieii mit späteren Zuhiiuten llieiiweise bedeckt, wie diess an dem Grundrisse durcli die

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(Kig. lO.J

(F.v 8.) (Fior. 9.)

in Straffirung auslaufenden Linien angedeutet ist. Die Stre- bepfeiler, kräftig liervortretend, sind wieimCliore mit einem zinnenartigen Absebiusse gekrönt, und der Abscliluss des Dacbes besitzt gleicbfalls eine zierlicbe mit Masswerk durcbbrochene Gallerie in einer Breite von 1' 10". Docb fehlt unter der Gallerie des Langbauses der eigentliiimlicb gestaltete Fries des Cbores, welclier, wie schon erwäliiit,

leicht entfallen konnte, weil zwi- schen den Fenstern und der Gal- lerie keine so breite unbedeckte Mauertläcbe störend auf das Auge einwirkt. Zur Erklärung des unte- ren Thciles der nördlichen Fa- fade mit einem der Fenster mag der beifolgende (Jrunilriss Fig. 10, wie ihn Henszlmann aufgenommen bat, dienen. Einen hervorragenden Schmuck besitzt die nördliclie Seitenfafade an dem Portale, wovon wir auf der Taf IX eine Abbildung gegeben haben und das zu den interessan- testen Werken der Gothik gerechnet werden dürfte. So- wohl der eigenthümliclie, reich mit Strebepfeilern, Fialen und Wimbergen verzierte Aufbau, welcher von den meisten Portalen sich gänzlich unterscheidet, als auch der reiche Schmuck der Sculpturen in den einzelnen Feldern, weisen darauf hin, dass das Porta! zudem als dasselbe einen Seiteneingang bildet, einer besonderen Widmung seine Entstehung verdankt. Ob dasselbe aber gerade durch die Mimiflcenz der Gemahlin Karl Hoberfs, Elisabeth von Polen mithin in der ersten Hallte des XIV. Jahrhunderls erbaut wurde, wieHenszlman n annimmt, scheint uns ungeachtet des Umstandes, dass das Wappen mit einer Lilie auf die '''^™^"^^'^'^'^'''"''''^^''^ Zeit vor Ludwiir den

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frfSri-jSrfiif Grosscii hinweist, noch nicht festzuste- hen, weil die daran bemerkbaren Bau- y^^K' formen und iusbe- (f"'?i') sonders einzelncMo- tive an den ausserordentlich reichen Details weit mehr für das Ende dos XIV. .lalirhunderts sprechen. Auffallend

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(Fig 12.)

ist es ferner, dass das nördliche Portal im Grundrisse (vergl. Fig. II) .Ähnlichkeit mit jenem des westlichen Hauptportales (vergl. Fig. 8) besitzt. Doch berechtigt diese Erscheinung gleichfalls nicht anzunehmen, dass beide in einer und derselben Zeit erbaut wurden. Vielmehr glauben wir. dass das Westportal früher als das nördliche Portal erbaut wurde. Ebenso reich wie das Äussere ist auch das Innere des nördlichen Thores angelegt und über die interessante Profilirung der Einschrägung mag sowohl Fig. 11 als die im vergrösscrten Massstabe folgende Hohlkehle (F'ig. 12) näheren Aufschluss geben. Nur die Figuren fehlen in den Nischen , welche -^ aber auch niemals ange- \, fertigt wurden. NN'as die ) fignralischen Darstellun- |, gen in den fünf Feldern des Portals anbelaugt, so wissen wir, dass die vier unteren Bilder Züge aus dem Leben der heil. Elisabeth und das oberste Feld den Heiland am Kreuze darstellt, eine nähere Bezeichnung der einzelnen Figuren war Henszl- mann nicht in der Lage zu geben, weil dieselben tlieils zu hoch angebracht, theils nicht melir unverletzt sind.

Auch auf der Südseite der Kirche ist ein Portal sammf einer Vorhalle angebracht, welches aber der Mitte des XVI. Jahrluinderts angehören dürfte. Dasselbe ist im Spitzbogen erbaut, der Eingang durch einen breiten pridi- lirten Pfosten in zwei Theile geschieden und dasBogenfeld mit Giebeln, kleineren Spitzbögen und Fialen als decora- tiver Schmuck ausgefüllt. Das ganze Werk trägt den Cha- rakter der Verfallszeit der Golhik, die durch Überladeulieit und unorganische Entwickelung den Mangel an construc- tiver Gestaltung zu ersetzen suchte.

Was die innere Einrichtung der Kirche anbelangt, so hat Henszlmann hierüber unvollständige Angaben gemacht. Er geht nämlich lun- auf das prachtvolle Sacramentshäuschen ein. das din-cb den schönen .\ufbau mit jenem der Nürnber- o-er Sebaldiiskirche in Veruleich ijestelU «erden kann. Wir würden eine Beschreibung und Zeiclmung dieses inleres- santen Denkmals liefern, wennbeides nicht scIkmi wiederlmlt in deutscher Sprache durch Henszlmann selbst versucht worden wäre, daher vorläufig es genügen dürfte, auf Dr. A. Seh m id l's „Österreichische Blätter für Literatur und Kunst" und auf das erste Heft des Werkes „Kunst undAlter- tlium in Osterreich", herausgegeben von Dr. A. Seh midi, zu verweisen.

Noch einen anderen sehr werthvollen Schmuck besitzt die Kirche an den Flügelaltären, woran die Kirchen Ober- ungarns üherbaujit besonders reich ausgestattet sind.

Eine Beschreibung des Ilauptaltars hat Henszlmann im .Tahre IS47 in der von der Kisfaludy-Gesellsehaft heraus- gegebenen Zeitschrift ^Magi/nr szcpiroi/iilnii Szt'nile'

39

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tinfenumirneii und zwar als die Stadt Kaschau doiisolheii bei miilde von Wohlgemut h, dem Lehrer Albrecht Diirer's,

Gelogcniieit der Versaininhino- mehrerer Ärzte uml Natur- und einiire sosiar von Dürer selbst herridiren sollen. Diese

forscher im Jahre 184li auf Anregung; derselben reinigen und von llcns/.hnauii ausgesprucherie N'ernuitliung genügt wohl

renoviren Hess. Einer gründlichen Liuistgesehichtlichen allein, diesem Kunstwerke eine besondere Aufmerksamkeit

l nlersuchutig wiire dieses Werk schon aus detn Grunde zuzuwenden,

würilig, weil der Allar in Nürnberg angefertigt und die Ge- K. Weiss.

Correspondenzen.

Wien. Seine kais. HdIicU der durolilauelitigste Herr Kizlierzog Karl Ludwig', Statllialter von Tirol und Vcirarlbeij,'. iibersuiulle der k. k. Central-Comniission im Jalire I8öö eintjesueh der ficmcinde K u n d I , worin dieselbe imi den Erlass einer an den Kcligionsfond ab- zutragenden Schuld und zugleicli um einen Beitrag zur Herslellung der iinverscliiebbaren Baure])araturen an der niiehst Kunill gelegenen Leonliar dskirobe bat. Da dieses Gottcsliaus ein sebr interessan- tes, dem Mittelaller angehnriges Baudenkmal ') ist, so wurde die k. k. Landesbau-Dircction in Innsbruck zur Verfassung von Kosten- Überschlägen der notbweiidigen Herstellungen aufgefordert und das Gesuch der Gemeinde dem k. k. Ministerium für Cullus und Unter- rieht zur Entscheidung vorgelegt. Mit Erlass vom i)). Julid. .). wurde die k. k. Centnil-Commission in die Kcnntniss gesetzt, dass der Bitte der Gemeinde Kundl willfahrt und von den, für die Herstellung der nothwcndigen Reparaturen an der St. Lennhardskirchc veranschlag- ten Koslensunune per 2707 fl. Iü7(;kr. nach Ausscheidung derHand- und Fuhrfrobnen, «elcbe von der Gemeinde zu leislen sind, die barcD Kosten auf den Itdigionsfond zu übernebuien sind.

Wien. Mit schmerzlicher Überraschung erhielten wir aus Born die Nachricht, dass am 23. .August d. .1. in Albano Alois Messmer, Professor der Theologie in Brixen und Correspondent der k. k. Cen- tral-Commission, einem längeren Lungenleiden erlegen und in der Blülhe männlichen Alters gestorben ist. Nebst seinen theologischen Studien widmete sich Messmer mit ausserordentlicher Liebe der Archäologie und Kunstgeschichle und bcsass darin umfassende Kennt- nisse. In literarischen Kreisen erwarb sich Messmer den ersten Kuf durch seihe „Beiseblätter aus Venedig und Amsterdam"; auch als Dichter versuchte er sich mit Glück und ein frisches, in ganz Tirol gesungenes Schützenlied verschalfte ihm in seiner llcimatb zahlreiche Freunde. Nach seinerErnennung zum Correspondenlen der k. k. Cen- tral-Commission schenkte .Alessmer sein besonderes Augenmerk den monumentalen Kunstschätzen seines Landes und sein lebendig geschriebener Aufsatz: „Alle Kunstdenkmale in Bolzen uml seiner Umgehung" 2J liefert den Beweis, dass er sich hiefür ein grosses Vei-- sländniss, eine feine Beobachtungsgabe erworben hatte. Sein Brust- leiden entzog ihn aber leider bereits in der Mitte des .labres 18Ö6 nicht bloss seiner Professur an der theologischen Anstalt in Brisen,

') J. J. Stafrier hi seiner topograptiisebi-n liuschreilHUig von Tirol und >or.nrll)tTf setzt die Gründung; der Kirclie auf Grund einer im Innern dersellion betiiidlichcn Aufschiift In das .lalir lOIÜ und bemerkt, dass sie einem Gelübde de» Kaisers lleinricli II. ihre Entstehung verdankt und von Pnpst lienedicl VIII. im Jahre 1020 conscerirt worden sei. Heide Thal- sachen mögen historisch richtig sein, jedoch ein Irrthuni ist es, wie SLiirier annimmt, dass die Kirche, „sowie sie heute noch steht- aus die- ser Periode herriilirl. Soviel wir ,\^„ uns vorliegenden Aufnahmen ent- nehmen können, geliüren höchstens die Kundanientc oder Umfassungs- mauern des .Schiffes dem XI. J.ihrhundcrl, woffegen der Chor und die Detail» des Schilfes und Chores frühestens dum .\IV. und XV. Jahrhumlert anjjeh.ircn und nuf wiederholte ErncuiTuii'„'en und llfu..nilinncn hin- weisen. If n

'J Vcrgl. Miltheitun(,'en II, ji u. If.

sondern auch seiner Thätigkeit als Organ der k. k. Cenlral-Commis- sion. Er eilte holfnungsvoll nach Italien, um dort einer Besserung seiner körperlichen Leiden entgegenzusehen, übersiedelte sodann im Winter nach Florenz und im Erühlingc dieses .lahres nach Born , wie wir aber aus seinen an uns gcriebteten Briefen entnebnicn schon in trüber .Ahnung seines nahen Todes. Seinen Aufentball in derLombar- die benutzte noch .Messmer, um Studien an den dortigen Bauwer- ken anzustellen. Er fasslc dieselben in einem längeren, äusserst an- regend geschriebenen Aufsatze: „Über einige n\itlelalterliehe Kunst- werke der Lombardic" zusammen, welchen er uns zugesandt und der in den ersten Heften des nächsten Jahrganges dieser Blätter ver- öllVntlicbl werden wird. Wir beklagen an ihm tief den Verlust eines edlen reicbbegabten Mannes, einer viel versprechenden geistigen Kraft auf dem Gebiete der Kunstgeschichte Östcrreielis; wir werden ihm daher immer ein freundliches .Andenken bewahren.

K . Weis s.

Wieu. Wie uns der hochwürdige Herr Domcaplan E. Bock briellieb mitgctheilt, bat er im königlichen ilausschutze zu München drei prachtvolle alte Kronen aufgefunden, die er in natürlicher t5rössc als Parallele in seinem Werke über die „Uomanisch-deutschen Iteicbs- kleinodicn" zu veriilVentlichen gedenkt. Seine Majestät der König von Baiern, dem der Herr Domcaplan in einer besonderen Audienz vorgestellt wurile, hat bereits gnädigst <lie Erlaubniss erlbeill, nicht nur die Kronen, sondern auch den prachtvollen Kaisermantel lleimicb's II.. welcher letzlerem von einem Herzoge von .\|iidien geschenkt wurde, zeichnen zu lassen.

Der .Vrcbltckl Lippert wurde von dem hochwiirdigsten Rischofe von Raab beauftragt, die l^auscapelle der hischöllichen Bcsidenz im golhiscben Style zu restauriren.

Der Ingenieur des k. k. Handelsministeriums, E Kierschner, hat über Auftrag der k. k. Cenlral-Conunission im verflossenen Monate Seplend)er sehr ausführliche .Aufnahmen der merkwürdigen Kirchen zu Tischnowitz und Trebitseh in .Mähren gemacht . welche mit einem archäologischen Texte des Professors und Conservators Dr. E. Wocel begleitet im nächsten .lahrc zur Verölfentlichung gelangen werden.

Prag. Die .Marienkirche in der Buri,' K a rlst ei n ist bekannt- lich mit Wandmalereien geziert, von denen einige zu den interessante- sten gehören, welche sich aus der Periode Karl's IV. erhalten haben: hei weitem die .Mehrzahl der übrigen Gemälde rührt aber aus späteren Restauralionsperiodcn her. Die Darstellungen der ersten Art sind an der Südseite zur rechten Hand des .Allars: Karl IV.. der das aus Rom mitgebrachte Kreuz seiner Gemahlin Bianca reicht, ferner Karl, seinem .Scdine Wenzel einen Ring reichend, und sodann derselbe Monarch in vollem kaiserlichen Ornate, sein Gehet vei richtend. Diese Tempera-Bilder sind ziemlich gut in ihrem ursprünglichen Typus erbalten. Dagegen ist links vom Eingange in die Capclle dcr.schönc .

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i inposiin tu Cliiis t u sko p f , dessen Nimbus Sei-aphine iimijaben. bei Gelegenheit der im verllosseneri Jahre vorgenommenen Decken- legung dureh ünaebtsamkeit der Arbeiter zerstört. An der West- seite der Capelle gewalirt man das lebensgrosse Bild der MiittiM- des Heilands mit dem Jesuskinde, das sieb gleichfalls als ein beduulendes, wohlerhaltenes Kunstwerk der Karolingischen Periode darstellt. Den grössten Theil der übrigen Wandflächen nehmen Darstellungen aus der Apokalypse ein , welche aber wabrscbeinlich hei der durch- greifenden Restaurirung der Burg unter Rudolph II. übermalt wurden, ohne dass man dabei den uisprünglichen Typus derselben geschont hätte. Ebenso wurden damals die Aufschriften, welche die betreffen- den Stellen der Apokalypse enthalten, erneuert; und wiewohl der Ductus dieser Schrift ein viel neuerer ist, so hatte man doch die alten Abbreviaturen und die alle Orthographie, i. B. e statt ae bei- behalten. Ausserdem wurden an mehreren Stellen neue Gemälde über ältere Darstellungen bingenialt, so z. B. in der Fensternische neben dem Eingange in die St. Katharinacapelle, wo man unter ab- gefallenen Partien neuerer Malerei die Spuren viel älterer Bildwerke ganz andern Inhalts gewahrt.

Ausser diesen Rudolphiniseben l'bermahingen bemerkt man daselbst Jlalereien, die im vorigen Jahrhunderte verfertigt sein mncbten, wie namentlich an der östlichen Wand, wo Zeichnung, Ornament und Technik den Ausdruck des Zopfstylcs nicht verkennen lassen.

An der linken Seitenwand des Altars ist ein zierlich aus Sand- stein ausgefü In- tes gothiscbes Tabernakel in die Wand eingefügt, welches aber nach dem Berichte des er- wähn t c n B u r g w ii e h t e r s beider 1 c t z t e n R e s t a u r i r u n g bedeutend beschädigt wurde.

Die Collegiat-Kirehe zu Mariä-Hiinmelfahrt war ursprünglieb gewölbt (vgl. Riegger's Materialien zur Statistik, ö78). Es scheint, dass bei der Rudolphinisehen Restaurirung das Gewölbe abgetragen und eine flache Decke an dessen Stelle angebracht wurde. Diese Decke war, wie Baibin in seinen Miscellan. Dec. I, L. VIII, erwähnt, noch im XVII. Jahrhundert mit Wolken und Engeln geziert. Dass im vorigen Jahrhundert eine ahermulige Restaurirung der Decke vorgenommen ward , ersieht man aus einer Bemerkung in Riegger's Mateiiialien, wo bei der Erwähnung, dass Wolken und Engel die Decke zu Balbin's Zeilen zierten, die Bemerkung steht: „Nach der Renovation sieht man nichls mehr davon". Die abgeschnittenen Verzierungen von Innen an der Decke beweisen, dass die Kirche ehemals höher war. Der baufällige Zustand der Decke, der dem Eindringen vom Regenwasser in den innern Raum der Kirche nicht wehrte, mochte wohl die gräuliche Verwüstung der Malereien, wie sie dem Auge bis auf diesen Tag sieh darstellt, veranlasst haben. Höchst wahrscheinlich rühren die zahllosen Striemen und Streife, welche die .Malereien der Wände von oben herab durchfurchen . aus jener Periode her. Doch auch diese Decke musste im Jahre 182G erneuert werden. Bei dieser dritten Reparatur nahm man sich eben- so wenig, wie hei der zweiten die Mühe, die Malereien durch eine schützende Vorkehrung vor den Kalkspritzern zu bewahren; erst bei der letzten, im Jahre 18S3 bewerkstelligten Deckenlegung regte sich wiewohl schwach der Sinn für die Schonung des maleri- schen Schmuckes des ehrwürdigen Kircbenraumes, indem man, nach dem Berichte des alten Burgwäehters, den ich darüber einvernmnmen habe, einen etwa i'/a Ellen breiten Ecinwandstrcif am oberen Rande der Wandfläche anbrachte. Trotz dieser Vorsicht wurde die Malerei mehrfach beschädigt. Allerdings liess sich eine solche Beschädigung nicht leicht vermeiden, indem man die Decke abermals n ie d r ige r setzte und dabei nnthwendig den oberen Mauerrand durch Mörtel- anwurf mit der Decke verbinden und sodann verputzen musste. An einigen Stellen, namentlich an der Ost- und Westseite, senkt sich aber die Verputzung in Gestalt grosser Flecken ziemlich tief hinab. Li m nun d i e s e r F I c e k e n s o w o b I, a 1 s a u c h den o b e r n. dureh

den Kalkanwurf beschädigten Partien der Wände die weisse Kalkfarbe zu benehmen, hatte noan dieselben grünangcstrichen.sodasssichgegenwärtigunidicganrc t'apelle ein etwa i' breiter hellgrüner Streifen unter der Decke herumzieht, aus welchen sich an einigen Stellen Flecken von derselben Farbe tiefer herunter- senken. Ausserdem wurde rechts vom Eingange rund u m d e n W e i h k e s s e 1 durch Unachtsamkeit der .Arbeiter die Malerei abgeschlagen und die Beschädigung rnit Mörtel verputzt, wodurch ein Fleck von etwa 2' ..'im Durchmesser entstand, den man aber grün anzu- streichen unterliess.

Es ist überaus schwer anzugeben, auf welche Weise die beschädigte Marienkirche, dem Wunsche des boebwürdigen Karl- steiner Dechanfs enlspreebend, zu rcstauriren wäre. .Man denke sich die vier Wände des Kircbenraumes mit Malereien von ungleichem AVerthe und Alter bedeckt, die grossenlheils bis zur Unkenntlich- keit verwüstet und stellenweise von der Mauer losgelöst sind, und unter der weissen Decke eine breite laucbgrünc Bordüre, welche die Zerstörungen der letzten Reparatur markiren soll. Der .Antrag des Herrn Capitular-Decbants bezieht sich haupfsüchlich auf die Restaurirung dieser durch die jüngst geschehene Dcckeulegung ver- ursachten Beschädigungen. AVie soll nun diese Restaurirung geselie- ben"? Die durch den Kalkanwurf verdeckten Malereien lassen sich nicht wiederherstellen, weil man nicht einmal weiss, wie jene zer- störten Gemälde aussahen. Aber abgesehen davon, erscheint ein neuer Gemäldeschmuck an jenen Stellen nicht zulässig, weil derselbe von den altergrauen verwüsteten Malereien der übrigen Wandflächen grell abstehen würde. Meiner .\nsieht nach wäre es am besten, wenn man den hellgrünen Streifen einen dunklen, mit dem Giundlonc der Wandmalerei baiinonirenden Anstrich geben und dadurch den das Auge beleidigenden Contrast zwischen dem leichten Grün und der dunklen Gesamnitfärbung der Wände neutralisiren würde.

Anders wäre es allerdings, wenn eine durchgreifende Restauri- rung sämmilicher Malereien der Kirche slattlinden sollen. Seine Exeellenz der Herr Statthalter, den ich auf einige bedenkliche Übel- stände, welche nach den mir an Ort und Stelle milgethcilten Angaben bei der letzten Restaurirung der Decke vorgekonunen sein sollen, aufmerksam zu machen für meine Pflicht erachtet, stellte eine mögliehe Restaurirung sämnitlicher Malereien Aüv Marienkirche in .Vussicht, und geruhte anzudeuten, dass es die Aufgabe einer aus Fachmännern zusammengesetzten Commission sein würde, sich über die Art und Weise einer zweckmässigen Herstellung des malerischen Schmuckes dieser historisch wichtigen, geweihten Stätte zu berathen.

Dr. J. E. M'ocel.

€lros.sprol»s<dorf. (Siebenhürgen.) Den 8. und i). Juni bal)e ich wieder in und hei Kleinschek Folgendes aufgefunden:

1. Den Griff von einem römischen Schwerte.

2. Sieben Stück thönerne Säulchen von derselben Grösse und Form, wie die in meinem Berichte vom 18. März I. J. erwähnten 23 Stück.

^. In einer Umfassung von flachen Sandsteinen ein altes S'/j Zoll (am liauchej weites, 4';. Zoll hohes, irdenes (jcfäss voll .Asche, Kohlen und Knochen, mit einer flachen, i |t Zoll hohen , 7'o Zoll breiten, horizontal darüber liegenden Schüssel.

4. Eine fast fingerilicke, etwas schadhafte, 1 Fuss i Zoll höbe (in der Mitte 2 Zoll, oben 4 Zoll, unten 7 Zoll im IJurcbmesser weite) irdene gebrannte Röhre.

'S. Einen Stein mit gut erhaltener Sculptur.

Das fehlende Stück hat vor den sogenannten „Bcrllefen Dan" auf demselben Platze, wo ich diessnnil habe graben lassen, der Klein- sehelker Insasse, Stephan D ras er. vor einigen Jahren gefunden, nach Hause gebracht und über das Fenster seines Kellers einmauern

39°

280

lassen; doch hoffe icli dasselbe aucli zu eihiillen, ohsrloloh Stepliaii Von den SO bis 100 Stück Diicafen, die seit etwa 18 Moniten

Draser jetzt nicht geneigt ist, diesen Stein auf wclclieni eine am linken Ufer der grossen Kokel, bei Ivleinsclielk. Feigendurf

weibliche Figur zu sehen sein soll aus der Mauer herausnelinien gegenüber, an einem vom Wasser unterminirten und eingestürzten

zu lassen. Hügel gefunden worden sind, habe ich 4 Stück in Händen gehabt.

Literarische Anzeigen.

Uass die Thätigkeil der l'rovinzial-Vereine auf archaologisehem Gebiete einen sehr wesentlichen Factor jener wissenschaftlichen Bestrebungen bildet, die sich in den letzten .laliren unter den Auspi- cien der k. k. Central-Commission Bahn gebrochen, wurde in diesen Blättern schon wiederholt hervorgehoben. Mit Vergnügen haben wir im Juli-Hefte auf das „Archiv des A'ercines für siebenbürgische Landeskunde" hingewiesen, welches die Kenntniss der Monumental- Schätze dieses Kronlandes mit immer neuen werihvollen Beiträgen erweitert, und machen heute auf das kürzlich erschienene VII. Heft der „M i 1 1 h e i I u n g e n des historischen Vereines für Steier- mark" aufmerksam. .\us dem reichen Inhalte desselben beschränken wir uns für heute, auf den, von dem Landesarchaologcn Karl Haas erstatteten „Bericht über die mittelalterlichen Kunsfdciikmale in Steiermark" und die von ihm entworfene mittelalterliche Arcliitectur- Karte, welche in dem genannten Hefte enthalten sind und uns in einem besonderen Abdrucke vorliegen, aufmerksam zu machen. Dieser Bericht ist das Resultat der ersten Heise, welche Haas im Sinne seiner als Landesarchäolog erhaltenen Instruction im Jahre 18o6 durch Steier- mark zu unternehmen berufen war. Bei dem rmstande. dass Haas eine Uoppel-.Aufgabe zu erfüllen, dass er nicht nur die Kunstdenkmale kennen zu lernen, sondern auch die Quellen historischer Forschung aufzusuchen und zu bereichern hatte, musste er wohl auf dieser ersten Reise verzichten eine eingehende Monumentalstatistik Steier- markszu liefern, und konnte sich nur darauf bescliränkcn. ein einigcr- massen klares Bild der verschiedenen I.andeslheilc zu gewinnen. Lher- diess hatte ihn auch seine Instruction in dem genannten Jahre nur die übersichtliche Bereisung des späterhin in Detail zu durchforschenden Landes zur Pflicht gemacht. Der Erfolg dieser Bcrcisung ist aber immerbin als bedeutend anzusehen, und wenn uns auch die Charakte- ristik einiger Ohjecte gar zu mager und unheileufend scheint, so besitzen wir nun doch eine ganz treffliche Übersieht der beileutendsten Kunstdenkmale Steicrmarks, die uns ziemlich verlässlich mit dem Gange der kunslgescliichllichen Kntwickelung desLandes vertraut macht. Die ersten Monumenfal-Spuren Stciermarks sind im vollen Mittelalter zu suchen. Es haben sich jedoch aus der romanischen Periode verhälfniss- mässig wenige Denkmalecrhalten. Das bedeutendste Werk dieser Styl- gatlung ist die grossartige Basilica zu Seckau, kleinere romanische Kirchen bestehen noch zuPiher, Spitalifsch, Oberburg, und liunil und Polygonbauten (Karner oder Friedhofeapellen) znllart- berg, St. Lambrecht, St. Georgen, Gaisthal. Zahlreicher sind die Kirchen der gothischen Periode erhalten. Ein Muster der ersten Blülhezeil bietet der Chor der Minoritenkirche zu Pettau; die Denk- male der späteren Hlülhezeit f heilen sieb in die zwei grossen construetiv geschiedenen llauptLTruppen der Hallenkirchen und der Kirchen mit überwölbtem Mittelschiflc. Einzelne derselben wie St rassenge I, St. La m br echt. Neu stift , Mu ra u sind von grosser Formenschön- heit oder zierlicher .\nlage. Städtebefestigungen und Burgenhauten bat Haas bisher wenig berücksichtigt. Einen trelTlichen l'herhiick gewährt die .\rchitectur-Karte Deutschlands. Dieselbe ist mit dem erfreulichsten Sachverständnisse entworfen, zweckmässig in den Bc- icichnunpen und mitFleiss und.\unnerksamkeitausgeführl. Wir freuen uns doppell dieses glücklichen Versuches, weil derselbe bofl'enilicb in späterer Zeit nicht ohne Nachahmung bleiben und seiner Zeit eine sehr «ünschenswertbe .\rehilectur-Karte des Kaiserstaates anbahnen wird.

Ein sehr eifriger und gründlicher Kenner der reichen polnischen Kunstscliätze, Herr von Lcpkowski, hat vor Kurzem in der „Kra- kauer Zeitung" (Nr. 128 bis 134) eine Abhandlung unter dem Titel: „Kraka u u n d N ürnb e rg" vcriifl'enl licht, worin die lebhaft en künst- lerischen Wechselbeziehungen der beiden Städte erörtert werilen. Es ist eine Arbeit, die nicht nur dadurch sehr interessant und wertbvoll ist, weil sie eine Reibe Notizen über das Kunstleben der allen Königs- stadt im XV. und XVI. Jahrhundert in die deutsche Literatur bringt, sondern auch weil sie den Versuch macht eine Reihe von Irrthümern aufzudeeken. die sich mit Hartnäckigkeit in die Kunstgeschichte ein- geschlichen haben. Wie leicht erklärlich bilden V ei t Sto o ss und seine Werke jene Glanzpunkte der Krakauer Kunstbewegung einen hervorragenden Gegenstand der Darstellung. Bisher war man eben nicht vorsichtig in der Zuerkennung der Autorschaft der Ve i l Stooss'scben Werke. Viele Arheileu in Krakau und Nürnberg, dann in mehreren Städten Oberungarns wurden dem Meister zuge- schrieben, während sie ohne Zweifel seinem Sohne oder einem seiner Schüler angeboren. Von den Veit Stooss'scben M'erken, welche in Nürnberg gezeigt werden, hält Herr vonLepkowski nur sieben für echt. Die Schnitzarbeit in liudowa (Krakauer Gebiet) betrachtet er nur als Copie des Krakauer Olbergs. Einem ähnlichen Vorwurfe unterliegen nach seinem Dafürhalten die Bilderarbeiten zu Anklum, Kolberg und Bnthwil. Ebensowenig will er einräumen, dass die .-Mläre in der heil. Kreuz-Capelle der Krakauer Kathedrale aus seiner Hand hervorgegangen sind. Als einen etwas groben und leichtsinnigen Verstoss in Bezug auf die Werke von Veit Stooss bezeichnet Herr von Lepkowski den Holzschnitt einer Grabplatte, den der kürzlich aus- gegebene Prospect der „Bildwerke au^; dem Mittelalter" ') als Probe enthält. Derselbe ist mit der Unterschrift: „Grabmahl des Kaisers Sigmund aus dem XV. Jahrhundert" abgedruckt . während er ganz genau die Denkmal-Gestalt Kasimir's des Jagelloniden vor- stellt. Zu wünschen ist es nur. dass die Herausgeber des Werkes diesen Irrtlium nicht auch in das Werk selbst aufnehmen, um nicht ein gerechtes .Missfraucn in die Sorgfalt der Herausgeber setzen zu müssen. Bei Besprechung dieser Thatsache macht übrigens Herr von FiCijkowski den Nürnberger Archäologen den Vorschlag zur Herausgabe eines alle Werke des Veit Stooss umfassenden .Mbums. das in deutscher und polnischer Sprache erscheinen soll. Gewiss würde ein solches Unternehmen, wenn es mit Umsicht geführt wird, die wärmste Unterstützung aller Kunstfreunde finden. Von den anderen Künstlern, deren Namen für Krakau und Nürnberg eine gemeinscliaftliche Bedeutung hat, bezeichnet Herr von Lepkowski den Maler Job. Sucs, einen Nürnherger, zu .4nfang des \VI. Jahr- hunderts in Krakau ansässig; den Maler II a n ns Du rer, des -Schülers und jüngeren Bruders Albrecht, den Maler Ja k ob Troschel, den Maler Johann Kopetzki, des berühmten Goldschmiedes Georg Schult es und den (Iloekcngiesser Johannes Bobemus. Wir bedauern, wegen Mangel an Raum, auf die Abhandlung des Herrn von Lej)kowski nicht ausführlicher eingehen zu können und müssen desshalb den M'unsch aussprechen, dass dieselbe, in einer noch sorg- fältigeren Übersetzung als die vorliegende ist. besonders abgedruckt erscheint, um sie in jenen Kreisen zu verbreiten, die biefür besonders interessirl sind. K. W.

') Vergleiche „MittheilaDgcn" II.

Aus der k. k. Hof- und Staatsdruckerci.

Jptlcn Monat erscheint 1 Heft zu 1 bis 2 Druck Itojjen mit Ahbil-

dung-en. Der Pränumeratiu 08 preis ist für einen Jahrg-png' uiler iwölf Hefte nebst Register sowohl für Wien als die KronI ander und das Ausland 4 fl. C. M., bei portofreier Zusendung- in die Kronläuder der österr. Munaiehie 4 fl. 20 kr. ('. M.

MITTHEILUNGEN

DER K. K. CENTRAL- COMMISSION

Prännmeratioiien überneh- men halb- odf r ganzjährig allek.b. Poslämler der Monarchie, welche auch die portofreie Ziiscodung der t-iozelnea Hefte besur^en. Iiu Wege des ßach- handeU sind alle Praanuicratiuiiea UDil mar nur in liem Preise von 4 ll. au dfu k. k. Hufbucbhäodler W. Uraiimöller in Wim m richten.

m mmmim m mmm ugk ß\ioE\Kii\LE

BerausrnfiiebeD unter der Leilun«' des

JilU illllllM^ll

, Seclions-Chel's und Präses der k. k. Cenlral-Coniniission Karl Freiherrn v. fzoerniir.

Redacteur: Rarl Weiss.

N2=- 11.

IL Jahrgang.

^^oveiiihei' l8o7.

Inhalt: Die römischen Bader in Alt-Ofen. Der Taufbrunnen im Museo Correr zu Venedig. Die Wandgemälde der Kalhcdrale zu Gurk in Kärnthen. Über die Grafen von Altbregenz und jene von Montfort, besonders die Linie zu Firegenz. Über ein in der Burg zu Wiener-Neustadt in der Georgskirehe befindliches Basrelief. Ein Mitlirasdenkmal in Krain. - Notizen. Correspondenz. Literarische Anzeigen.

Die römischen Bäder in Alt-Ofen.

Von Dr. Ed. Freiherrn v. Sacken.

Es ist ausser allem Zweifel, dass an der Stelle des heutigen Alt -Ofen die römische Colonie Aquincum stand; nicht nur zahlreiche daselbst aufgefundene tJberreste bezeugen die ehemalige Römerstadt, sondern auch schrift- liche Zeugnisse: Ptolemaeus, das Antoninische Itinerar und die Peutinger'sche Tafel so wie an mehreren ent- fernten Punkten aufgefundene Meilensteine ') mit der genau zutreffenden Distanzangabe beweisen klar , dass diese Stadt keine andere als das feste Aquincum sei.

Die Schreibart des Namens ist verschieden, Ptole- maeus mit der ganz richtigen Angabe von 47"30 Breite, der hier wahrscheinlich eine genauere Messung zu Grunde liegt, hat ^ Axoüiyxov , die Peutinger'sche Tafel und alle Inschriften haben Aquincum, dagegen Ammianus Marcel- linus, das Antoninische Itinerar und die Notitia dignitatum: Acincum. Dass der Name von Aquae quinque herstamme, hat eine schlagende Wahrscheinlichkeit für sich durch den Umstand, dass wirklich fünf sehr bedeutende Mineralquellen dem Boden entspringen, nämlich bei Krotendorf, bei der Pulverstampfe, dem Kaiserbad, der Krempelmühle und am Blocksberg.

Drei Strassen liefen von hier aus: nämlich nach Bre- getio (O'Szöny), nach Sabaria (Steinamanger) und nach

*) So eil) Meilenstein von Alexander Severus v. J. 230 n. Chr. (Orelli lnscrt()t. lat. Nr. 959), ein zu Essek gefundener von M a x i ni i n u s und Maximus v. J. 236 (ih. 963) und einer von H lo m on l r> r vunPlii- iippus und Ottacilia mit der DistaUÄiiiigabe ; Ah Atjuiuci iiiitlin passiium Vlll (Orelli, Sä32, l.J.

IL

Sopianae (Soppian bei Fünfkirehen); ausserdem war die Stadt von der längs der Donau sich hinziehenden Strasse durchschnitten. Die Stadt , welche zufolge der Notitia imperii eine Schildfabrik besass, erhielt von Septimius Severus den Titel einer Colonie, daher sie auch in Inschrif- ten als Septimia Aquincensis vorkommt, und ein Stein nennt uns den Cl. Pompe jus Faustus als Decurto coloniric Aquinci zugleich Aedilis dnaminralis und praefectits col- legii fabrorum (Orelli Nr. 4138). Zwar bildeten nach dem Systeme der römischen Colonien die Bürger nach alter Sitte die Besatzung, aber die vorzüglicheren WalTenplätze hatten doch wie auch Carnuntum (Petronell j eine Garni- son von römischen Linientruppen. Zu Aquincum war, wie uns das Itinerar und zahlreiche Inschriften belehren, die zweite Legion Leyio II. ndjutri.v stationirt, ferner, wie aus Ziegel- stempeln hervorgeht die siebente Cohorte der Breukcr eines an der Save sesshaften pannonischen Volksstammes, und eine Abtheilung dalmatinischer Reiter. Die Hosatzimg zählte zu dem Heere oder Armeecorps von Niederpannonien, welches auch auf Ziegeln genannt wird.

Aquincum war nach doni Zeugnisse des Ammianus Marce Minus unter Kaiser Valentinian der Aiisgangs- punct für die Kriegsoperationen gegen die jenseits der Donau wohnenden Quaden; auf einer Schiffbrücke führte der Kaiser die Truppen in das feindliche Land, drang sieg- reich vor, züchtigte die Barbaren wegen ihrer zahlreichen Einfälle und kehrte mit seinem unversehrten Heere wieder nach Aquincum zurück. Der römische Befehlshaber von Pannonia Valeria ging von dem bisherigen Systeme ab und begann auch am jenseitigen Donauufer in solo barbarica

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IJefestigungen iinzulegen , welche durch Brücken mit den grösseren Colonicn verbunden wurden. So entstand A(juin- ciini geifenüher das von der Noiitia Iniperii erwähnte Contra- Act nr um trans in barbarico, das aber bei dem grossen Aufstanih^ und Einfall der Quaden in das riMiiisehe Gebiet zerstiirt wurde. Mau soll auch im J. 1812 am linken Donauufer Reste von Mauerwerk entdeckt haben , weiche diesen Umstand bestätigen und wahrscheinlich von einem Briickenko|ifc herrühren. Die Ausdehnung der Colonie scheint nach den gefundenen i'herresten und noch siclit- l)aren Spuren eine ziemlich bedeutende gewesen zu sein und erstreckte sich von der Mitte Alt -Ofens in nördlicher Hichtuiig; auf den Wiesen und ilutweiden gegen die l'ulver- stanipfe (neben der nach St. Andre führenden Strasse) sieht Miau deutlich die unter dem Boden laufenden Mauern, man erkennt die Abtheilungen der einzelnen Gebäude und wo man in deuGrund gräbt, trilTt man auf Schutt, dessen Ziegel und Mörtel, mit Ziegelstiickchen gemischt, unverkennbar römi- schen Ursprung verrathen. Ein ungefähr G Fuss erhobenes ziemlich regelmässiges Viereck düi'fte das ehemalige Lager, von einem Graben umgeben, bezeichnen.

Sehr bemerkenswert!! sind die Reste der römischen Wasserleitung, welche von der Pulverstamjife liber 1000 Klafter lang in die Mitte von Alt -Ofen führte. Die Quelle kömmt in ausserordentlicher Reichhaltigkeit, in vielen mitunter armdicken Sprudeln , mit einer Temperatur von 24" R. und bedeutenden mineralischen Bestaudtheilen. namentlich Schwefel, aus dem Boden herauf imd sammelt sich in einem grossen Bassin, in welchem ebenfalls Spuren römischen Mauerwerkes , mit festem Wassercement über- zogen, entdeckt wurden. Die Römer stauten den Wasser- spiegel wenigstens bis zu einer Höhe von 13 18 Fuss, um für den Aquäduct das nötliige Gefäll zu erhalten. Dieser bestand aus viereckigen Pfeilern von Bruchsleinen mit ausserordentlich festem Jlörtel gemauert, die Pfeiler waren durch Rogen verliunden. auf denen das Wasser von stei- nernen Rinnen eingefasst lief. Man sieht noch die lange, fast ununterbrochene Reihe von Pfeilern, freilich in äusserst ruineidiaftem Zustande, so dass sich die ursiirüngliche Grundform kaum mehr erkennen lässt; mit Flechten idier- wachsen und mit Kaiksinter von dem Wasser . Melches nach Zerstörung der Leitung und vor der gegenwärtigen Eindämmung vielleicht Jahrhunderte lang regellos hinfloss, incrustirt. sehen sie mehr Felsblöcken als Mauerwerk ähn- iicli. An einigen erkennt man noch sehr deutlich beiderseits die Bogenanläufe; diese so wie die ziendicii regelmässige Distanz der Pfeiler zeigt, dass die Spannweite der Bogen ungefähr 15 Fuss betrug, daher im Ganzen wohl id)er 400 Pfeiler waren. Dieser Aquäducl leitete das warme Mineralwasser der Quelle, welche gegenwärtig einen ziem- lichen Bach iiildet, der die Puiverstampfe und eine Mühle treibt, in die \M\i\er \'on Aquiiicum , wenigstens gebt die Richtung gerade gegen den Florianiplatz , wo im J. 1778

ein sehr grosses Hypocaustum, unzweifelhaft von einer Bade- Einrichtung herrührend, aufgefunden wurde').

Dicltiiuicr hielten ausserordentlich viel auf das Baden: jeder nui- eiuigermassen bemittelte Privatmann hatte in seinem Hause eine wohl eingerichtete Badestube und bei dem steigenden W ohileben in der Kaiserzeit vurde nicht nur eimual des Tags gebadet, sondern vier bis sechs Mai; Commodus, Gordianus, Gallienus badeten sieben bis acht Mal des Tags, ersterer nahm sogar die Mahlzeit im Rade ein. Der verfeinerte Luxus machte aus den grossartigeu Thermen inR(Mn und anderen grossen Städten Vergnügungs- orte, wo die müssigen Reichen, in dem ralTinirtestenComfort schwelgend, den grossten Theil des Tages zubrachten und wo nicht blos für alle Arten des Badens nach dem ver- schiedenen Geschmacke und Behagen gesorgt war, sondern überhaupt für die angenehmste Pflege des theuren Leiltes in allen Beziehungen. Es waren daher nebst den eigentlichen Badelocalitäten noch eine Menge Räume angebracht, um Gym- nastik zu treiben, sich zu salben und Toilette zu machen, Hallen zum Auf- und Niederwandeln und zum Ausruhen etc.

Diese luxiu'iösen Einrichtungen der Hauptstädte, deren für die verschiedenen Zwecke und Bedürfnisse bestimmten Thcile noch manches Räthselhafle haben, dürfen wir freilich in den kleineren Proviuzial-Ortern , besonders in unserem Norden, nicht suchen, sondern hier hatten die Bäder, am meisten die militärischen, welche sich häufig in den Sta- tionen der Legionen linden, den rein jiraktischen Zweck des Badens und auch hierbei ist ein Unterschied zu machen zwischen denen . die mit ualürlichem Wasser gespeist wui'den und den mineralischen, indem die letzteren meist noch einfacher in ihren Eimichtungen gewesen zu sein seheinen.

Das erwähnte mitten in Alt-Ofiii im .1. 1778 aufge- deckt«! II y|) oca u s tum bildet im (jrimdrisse ein Rechteck mit halbkreisförmigem .4bschluss am östlichen Ende , von der bedeutenden Länge von 47 Fuss bei 24'/« Fuss Breite. Der Boden besteht aus ([uadratischen Ziegeln«, auf welche eine dicke mit Ziegelbrocken vermischte Mörtellage aufge- tragen ist. die nnt einem aus rotlien, grauen und weissen Steiuchen in einfachen Ornamenten zusammengesetzten Mosaik bedeckt war. Der ganze Boden, welcher gegen die rund geschlossene Seite eine geringe Neigung von 2 Zoll hat. ist hohl und w ird \ou 3 Fuss 8 Zoll hohen regelmässig in Reihen gestellten Stützen gelragen. Diese sind zweierlei .\rt; die an der westlichen Seite sind runde Säulchen aus Trachyt mit ungegliederten, einfach ausladenden Capilälen

') Kill JinutT. der eiiio KiiU^rnho miiclii'ii wnUlp, stioss zuerst tlai'.iur Uiu' Kaiserin .Mfiri.i Tlierfsi:i . welche (lavoii erfiilir. erlheiUe <leii Hefelll, diiss niif Kostcit der Universität weitere, vorsielitijre ISaeligriibuiigeii vur^eiiomnicii werden suUten unter Leitung des Professors Stephan Sc h (> n V is n c r. der ein eigenes Werk darüber herausi^nb unter dein Titel : De rnderilius Laeonici caldaritqne romani in solo Iiudensi repertis Anclore Stepliaiio Schöinisner. Biidae (ITTti).

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und ähnlichen Basen; solche stehen immer zu 13 in einer Reihe, 2 Fuss von einander entfernt. Ursprünglich waren der Länge des Raumes nach 15 Reihen solcher Säulchen, also im Ganzen 192, allein schon gleich nach der Aufdeckung wurden viele verschleppt und gegenwärtig sind nur mehr ungefähr 120 vorhanden. Der östlichere Theil des Raumes hat statt dieser Säulchen viereckige, regelmässig aus Ziegeln aufgebaute Pfeiler, die gegen die Seitenwände zu enger beisammen stehen als in der Mitte, au der Aus- rundung unregelmässig an die Umfassungsmauer angelehnt sind; es sind ihrer im Ganzen 105, also in allem 2ft7Stii(zen, welche den Fussboden dieses Raumes trugen. In den hohlen Raum wurde durch einen an der Westseite heliiidlichen Canal, den Schönvisner noch sah, die erhitzte Luft aus der Heizkamer, dem praefurnium, geleitet und erwärmte so den Fussboden ; an den Wänden aber standen viereckige Thonröhren, deren unterer Theil in den hohlen Boden hineinreichte, so dass die heisse Luft in dieselben einströ- men konnte und so, indem mehrere Reihen solcher Heiz- röhren übereinander standen und auch untereinander eom- municirten, die W ände des Gemaches durch diese Luft- heizungerwärmt wurden, das bei den Römern übliche Heizsystem, welches in den nördlichen Gegenden nicht nur bei Bädern sondern auch in Wohnhäusern angewendet erscheint ').

Welcher Theil des Bades dieser grosse Raum gewesen sei, ist schwer zu ermitteln, da die jedenfalls dabei befind- lichen Nebenräume nicht aufgedeckt wurden, was auch jetzt wegen der in der Nähe stehenden Häuser wohl nicht auf eine weitere Ausdehnung geschehen könnte, aber doch in der unmittelbaren Nähe dieses Hypocaustums und wobei gewiss manche nicht unerhebliche Resultate gewonnen werden könnten. Freilich wären bei der ziemlich bedeutenden Tiefe unter dem Niveau des gegenwärtigen, stark aufge- schwemmten Bodens die dazu erforderliehen Kosten nicht unbedeutend =).

Ein ganzer Complex von Badegebäuden wurde in den .lahren 1834 bis 1856 auf der von Alt -Ofen durch einen schmalen Donauarm getrennten Werftinsel aufgedeckt. Es

'J Vgl. Schmidt, Rauilenkmale der römischen Periode und des Mittel- alters in Trier und seiner Umgebung, Heft I, S. 'io IT.; lieft II, S. 48.— Carniolia, Zeitschrift, .lalirgang 1840, BI. 37, ^8 Ci)lleetanea antiqua by Charles Roach Smith, Vol. II, pag. 6 IT. L e i Im i t z, die römischen Biider bei Radenweiier im Schwarzwald, u. a.

^J Das Hypocauslum ist im Uanzen gut erhalten; die Höhe und Distanz der Säulehen gestattet es, ziemlich weit hinein zu kriechen; die vorderen Säulchen sind stark herusst. Der rückwärtige Theil, wo dieZiegelpfeiler stehen, ist auch ein Stück weit .schliefbar, dann aber Iheilweisc ver- schüttet, auch ist derauf ihnen rubentle Boden nicht überall so fest, dass man nicht bei der darauf lastenden Erdschichle einen Kinsturz bei irgend einem Anstoss zu befürchten halte. Über das Ganze ist ein stei- nernes Häuschen mit gutem, erst kürzlich ausgebessertem Scbiudeldaeh gebaut, so dass das Denkmal vor jeder weiteren lieschädigung geschützt ist. Die Thüre ist ges|>errt und eine hölzerne Treppe führt zum llypo- caustum hinab, wo eine Laterne in Rereitschaft sieht, um alles unt be- sehen zu können.

ist evident, dass die Insel früher mit dem Festlande zusam- menhing und das Strombett der Donau bedeutend weiter gegen Osten war, als jetzt. Erst später, nacli der Zeit röniischer Ansiedlung in dieser Gegend, brach der gegen Westen gedrängte Strom den .Arm durch, der die Werftinsel bildet. Ein Beweis hiefür ist das römische Mauerwerk, welches vom Ufer zur Insel unter dem Wasserspiegel läuft, und bei sehr niedrigem Wasserstand noch zu sehen ist. Dem Anschein nach ist der nördliche Theil der Insel, ober- halb der weitläufigen Werkstätten der Doiiau-Dampfschiff- fahrts-Gesellschaft ganz bedeckt mit Trümmern römischer Gebäude, denn allenthalben wo man in den Boden gräbt, stösst mau auf Mauerwerk oder Bruchstücke von Ziegeln und Mörtel; der hochaufgeschweiiinite Boden und die vielen, mitunter grossen Bäume machen hier die Nachgrabungen schwierig und kostspielig, auch scheinen durch zahlreiche Überschwemmungen die Gebäude so zerstört worden zu sein, dass sich die Fundamente meist nur in sehr schadhaf- tem Zustande ans Licht bringen lassen.

Von den blossgelegteu Gebäudemassen zieht vor allen die im .1. 1854 entdeckte Gruppe die .Aufmerksamkeit auf sich wegen ihres merkwürdigen Systems von unterir- dischen Heizanlagen.

Hier tretfen wir zunächst ein bedeutend grosses Ge- mach von elliptischer Form, 36 Fu.ss lang, 23 Fuss breit, in

WC

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(Fi-. 1.

Icheni sich ein grosses Bassin von 26 Fuss Länge und Fu.ss Breite, 3 Fuss 3 Zoll Tiefe beliiidet, so dass um

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(lasselhc nur ein 5 Fuss breiter L'mgang bleibt. Das Bassin iiat eine riiiLTsuiii huifeiule, aus Ziegeln aufijeinauerte, 2 Fuss luihe Sitzbauk, welclie mit Sockelplatten aus Kalk- stein belegt war, die aber jetzt alle weggenüuunen sind ; auf der Soble des Bassins stösst an diese Stufe oder diesen Sitz ein fiinfzölliger Viertelstab aus Cenient, wabrsclieinlich um die Küsse beim Sitzen darauf zu stellen. Der Buden besteht aus einem sehr festen, dem Wasser widerstehenden Cement- guss, der mit einer darunter liegenden Schiebte von groben. mit Ziegell)rocken vermengten Mörtel innig verbunden ist und auf denselben aufgefragem worden sein muss, als er noch iiass war. Der Boden des Bassins ist eine sogenannte sus]iensura. d. h. er ruht auf einem System von 1 Fuss 10 Zoll liolien SiUik'lien aus Traeliyt , von roher Form und wenig behaiieu, so dass ein liolilerRaum entsteht, in welchen die heisse Luft geleitet wurde, um das in dem Bassin befindliche Wasser durch den Boden fortwährend gelinde zu erwarmen. Diese Luftheizung wurde von drei Feuerpliitzen aus durch 6 8 Fuss lange, bei 2 Fuss breite und ebenso hohe Caniile bewerkstelligt, welche mit grossen, aufrecht stehen- den Trachytplatten ausgelegt und mit ahnlichen, auf diesen ruhenden bedeckt sind; über jeden Canal ist ein Gewölbe von U Fuss Breite gespannt, damit die rmfassungsmauern nicht mit ihrer Schwere auf den Deckplatten der Canäle lasten, ober dem Boden des Bassins sind diese Gewölbe mit Ziegeln verlegt. (Fig. 2.) Die drei Caniile befinden sich an den

beiden Enden der Langenaxe des Beckens und fast in der Mitte an der Westseite. Die Heizplätze selbst "'nd natürlich be- (Fig. 2.) deutend tiefer ge-

legen ; sie wurden nicht voUslündig von Schutt befreit. Die beiden einander i. genübor gelegenen Heizungen waren desshalb, weil in der Mitt^ des llypocaustums der Quere nach eine Mauer gezogen ist, wahrscheinlich uni die Luftströmung zu begrenzen, damit sich die Wärme nicht zu viel vertheile. Der dritte Canal an der Westseite scheint etwas später angelegt worden zusein, da die ihn l)egren- zenden Mauern des lleizphifzes mit den Umfassungsmauern des liadegemaches iiiclil vcrbuiulen, sondern blos angebaut erscheinen.

Die S(dile des Bassins ist gegen die Südseite um 2 Zoll geneigt, um den .\bfluss des Wassers zu bewaikstelligen ; wirklich liiuiet sich in der Mauer noch die bleierne .\bfluss- röhre von 3 Zoll Durchmesser, wie gewöhidich uiit einem starken Gralh, da sie aus langen Bleistreifen, die zusammen- gebogen und dann zugesclimolzcu wurden, gemacht. Von der Zuflussröbre konnte ich keine Spur entdecken.

Der Fussboden des (iemaches. weichen das Bad-Bassin umgibt, ist mit Mosaik belegt aus gelblichen Kalksteinstück-

chen ohne Figuren; die Steinchen sind in die feine Kalk- Sehichte eingesetzt, die auf der 3 Zoll dicken groben Mörtellage aufgetragen ist. Der innere Theil dieses Bodens, in einer Breite von 2 Fuss 6 Zoll, ruht auf massivem Mauer- werk, diesen umgibt ein ebenso breiter Umgang, der wieder hypocaustiseli ist und auf einer Reihe von säulen- artigen 3 Fuss (j Zoll buhen Stützen ruht. In diesen Gang gelangte die erhitzte Luft von den Heizplätzen durch die- selben Canäle, wie in das Hypocaustum des Beckens, denn diese communiciren durch Seitengänge mit ihm und zwar ist beim niirdliehen Canal beiderseits ein in den erwähnten Gang führender, gewölbter Schlauch angebracht, der süd- liche Canal aber miindet in den Gang und zugleich in den hohlen Baum unter dem Bassin. Dass ein Theil des Fussbodens keine suspensura ist, sondern massiv, geschah wahrschein- lich, damit die Badenden nicht auf den erhitzten Boden auf- treten mussten, sondern auf dem kühleren um das Bad her- umgehen konnten.

An den Wänden des Gemaches waren rings herum wieder thönerne Heizröhren von 9 10 Zoll Höhe, 6 7 Zoll Breite und 4 K Zoll Dicke neben einander gestellt, mit ihren unteren (tflnungen in den hohlen Gang des Fuss- bodens reichend und durch SeitenölVnungen unter einander in Communication. Sie waren mit Nägeln in den Mörtel der verticalcn Stossfugen der Mauern befestigt und in mehreren Reihen über einander angebraclit; man erkennt an den Mörtelspuren noch sechs Reihen, wahrscheinlich aber reicli- ten sie bis an die Decke. Die den lleiz[ilätzen nälieren sind innen ziendich stark mit Russ belegt. Wenn nun von den Feuerungsstellen die erhitzte Luft in die ludden Bäume des Bodens geleitet wurde, so strömte sie durch diese Hohl- ziegel in den Wänden aufwärts, es entstand also ein strö- mender Luftzug, der das Eindringen der erwärmten Luft von den Heizplätzen aus beförderte. Das Feuer wurde wahrscheinlich, wie bei anderen ähnlichen Einrichtungen, durch llolzkolilen initerhalten. denn sonst niüssten die llypo- causten und tubuli der Wände viel mehr berusst sein, als dies wirklich der Fall ist.

Die Wände sind mit Suckelplatlen aus Sciiicfer belegt, ober diesen waren sie bemalt himmelblau mit ochergellien yuerstreifen. Die Überreste sind zu wenig hoch, um zu entscheiden, wo sich Fenster befanden, eben so (dj der Raum idiei-wölbt oder fhich bedeckt war; jedoch ist das letztere wahrscheinlicher, da sieh im Scluilte keinerlei Bruchstücke eines (iewölbes vorgefunden haben.

.\us diesem Räume führte eine Thüre, von der noch die quadratische !l Zoll dicke Soekelplatte erhalten ist, am nordöstlichen Ende in ein kleines, nicht ganz vom Schutt befreites und in seinen Fiiiidainenleii blossgclegtes Genuudl ; es hal ebenfalls einen hcdden, auf Sliitzen riilienden Boden, aber an den Wänden keine llrizriiliren, es konnte daher nur massig erwärmt werden. Eine zweite Thüre, der bespro- chenen gegenüber, führt in einen kleinen, kreisrunden

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(Fig. 3)

Raum von IS Fuss Durchmesser, der mit einem Hypociiu- stum versehen war, das von dem Heizphitze, der in die Mitte des ovalen Gemaches führt, gespeist wurde. Die Trachytsäulen , 2 Fuss 9 Zoll hoch , sind durch die Hitze, welche hier sehr bedeutend gewesen sein muss , ganz aus- gebrannt und theilweise mit Sehlacken überzogen . daher auch sehr schadhaft. Der Boden , der jetzt grösstentheils eingestürzt ist, war mit einer Art von Ziegelmosaik aus 4 Zoll langen, eben so breiten, wirbelknochenförmigen Ziegeln , die abwechselnd der Länge und der Quere nach gelegt sind , be- legt. Dieses Pflaster ruhte auf der dicken Mörtelschicht, welche auf die die Deckplatten der Säulenstützen bildenden Steinplatten aufgetragen ist. An den Wänden waren wieder Heizröhren angebracht, mit Mörtel verputzt, der unten mit Sockel- platten überkleidet, oberhalb gelb bemalt war. Dieser Raum scheint mit einer Kuppel überwölbt gewesen zu sein; er dürfte, da die Wärme, wie noch manche Spuren zeigen, auf einen sehr hohen Grad gebracht wurde, als Schwitzbad gedient haben, welches dem eigentlichen Bade in dem Bassin des anstossenden elliptischen Raumes vorherging. Eine Thüre führt zu einem kleinen, viereckigen Zimmer, dessen Boden ebenfalls hypocaustisch ist.

Der am nördlichen (oberen) Ende des Baderaumes befindliche Heizplatz mündet in drei Canäle, nämlich in den unter das Bassin führenden und in die zwei, welche unter die viereckigen Nebenräume gehen, jedenfalls weniger erwärmt wurden und vielleicht zum Auskleiden und zum Salben nach dem Bade dienten. Es ist sehr wahrscheinlich, dass diese Bader ebenfalls von der grossen Quelle bei derPulverstanipfe, welche auf dem Aquäduct zum Bade auf dem Florianiplatze geleitet wurde und dasselbe speiste, ihr Wasser erhielten; es sollen sogar Reste einer von dort in der Richtung gegen die Werftinsel führenden unterirdischen Leitung entdeckt worden sein.

Leider sind diese gewiss interessanten Überreste rö- mischer Cultur in einem äusserst ruinenhaften Zustande. Gewaltsame Zerstörung von den Barbaren, welche die Römerherrschaft vernichteten und in wilder Wuth alle Spu- ren derselben zu vertilgen suchten , dann Überschwem- mungen und Witterungseinflüsse Hessen wenig mehr als die unterirdischen Räume und den Grundriss der Mauern übrig und schon beim Aufgraben zeigte sich vieles eingestürzt und nur mehr in Spuren übrig, nach denen man die ur- sprüngliche Anlage und Einrichtung mehr errathen musste, als erkennen konnte. Auf Veraidassung der k. k. Central- Commission wurde zwar von Seite der Donau-DampfschilT- fahrtsgesellschaft ein Dach über die aufgedeckten Räume gebaut, allein da sie von allen Seiten offen und zugänglich sind, so wurde vieles, was nur irgend Werth hatte, ver- schleppt, auch durch die Witterung, die auf alles, was

lange Zeit mit Erde bedeckt war, ausserordentlich zer- störend einwirkt, noch schadhafter. Nachdem der Verfall einmal so weit gediehen, kann die grössere Sorgfalt, die auf die Erhaltung des noch Übrigen verwendet werden soll, leider wenig mehr helfen.

Etwa 20 Klafter östlich von dem beschriebenen Ge- bäudecomplexe ist ein ebenfalls hypocaustischer Raum, der als Eisgrube benützt wird, übrigens nichts bemerkens- werthes darbietet; der ganze dazwischen liegende Hügel scheint ähnliche Constructionen zu bergen. Hinter der Seilerei wurde ebenfalls ein achteckiges Gemach im Jahre 1854 aufgedeckt, dessen aus zwei Lagen von grö- berem und feinerem Mörtel bestehender Fussboden eine Suspensura darstellt, auf rohen Säulchen von 7 10 Zoll Durchmesser ruhend, deren je vier die Steinplatten tragen, auf denen die Terrazza aufgetragen ist ; an den Wänden waren wieder die gewöhnlichen Heizröhren herumgestellt. Der am besten erhaltene und schönste Überrest ist ein 80 Klafter von den beschriebenen Bädern in südöstlicher Richtung gelegener hal bkreisförmiger Raum (Fig. 4),

der Schluss eines grossen Saales, von 27 Fuss Durchmes- ser, welcher im .lahre 1856 aufgedeckt wurde, als man die Fundamente für ein Grobschmiedehaus der Werfte grub. Der auf einem Hypocaustum mit niedrigen, rohen Stützen ruhende Boden besteht aus mehreren Lagen, denn auf die von den Säulchen des Hypocaustums getragenen Trachyt- platten ist eine 6 Zoll mächtige grobe, mit Steingries ge- mengte Mörtelschichte aufgetragen, dann eine 2 Zoll dicke feinere aus Kalk mit gestossenen Ziegeln, endlich die Kalk- lage, in welche die viereckigen, 6 7 Linien hohen Steinchen eines schönen Mosaiks eingesetzt sind.

Dieses ist aus gelblichen und grauen Kalkstückchen zusammengesetzt in eigenthümlichen geschiiiackvoilen Fi- guren. Die Mauern sind wieder mit Heizröhren verkleidet, welche mit dem Hypocaustum communiciren sowie unter einander durch SeitenölTiiungpu; man erkennt die Spuren von .sechs Reihen solcher tiibuli über einander. Die Reihen alterniren hier, so dass die Fuge von je zweien einer Reihe auf die Mitte einer Heizrohre der vorliorgehendeii unteren Reilie tritVt und so eine jede die heisse Luft von zwei der unteren Röhren er- (Fig. s.) liält. Es entstand dadurch eine

eigenthümlich starke Ventilation und die Circulation der er- wärmten Luft war eine sehr vollständige. Die oberen Reihen der tubuli . bei denen dieses System angewendet war, standen aber unter einander in keiner horizontalen Com-

(f ig- 4-)

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imiiiiciitioii durch Seitoiiöft'niingen. Die Uiihren reit'hton bis in (las haliiiciiii|icirr)i-niiu(' Go«i)lite, wio riiolirere derselben (lin'ch die Ciirvon ihrer Wände dciillich beweisen.

Die Umfassungsmauern sind aus piattenformigen Brueiisteinen gebaut, deren Fragen zwiselien den aus trelT- liehen Ziegeln gemachten horizontalen Manergleicben in einem scharfen Winkel gegen einander geneigt sind. Die Ziege! sind « ie die meisten römischen sehr gross (penla- dora, welche die Soldaten bei ihren Hauten gebrauchten). 1 Fuss 8 Zoll lang. 10 Zoll breit und nur 2 Zoll dick. viele haben Stempel. Die Manergleicben sind in Entfer- nungen von je 3 Fuss angelegt. Im Schutte fanden sieb mehrere Ziegel mit Riindern, welche gegen einander ge- stellt wurden, wodurch man oben hidile, leichtere Mauern erhielt, jedoch scheint diess nur an den geraden Seiten- wänden, nicht in der ^^'ülbung der Kall gewesen zu sein. Die Bemalung der Wände war. nach kleinen gefundenen Stücken zu schliessen, sehiin kobaltblau mit braunen und lichten Streifen, tbeilweise auch zinnoberroth. Die Farben sind auf einem 8 Linien dicken KallqHilz aufgetragen, doch lindet sich unter demselben eine ältere Malerei von braun- rother Farbe mit gelb vor, welche also später cassirt wurde. Diese i'berreste können nicht erhalten werden, naclidem der Platz für die Baulichkeiten der DampfschitT- fahrtsgesellschaft benöthigt wird. Indess versprach der Werfte-Verwalter, llcir Pellegrini, den Mosaikboden mit möglichsterVorsicht im (janzen, oder wenigstens in grossen Stücken ausheben zu lassen, und der k. k. Central-Com- mission zur Verfügung zu stellen, damit er erhalten werde <). Es ist hiermit der interessanteste Theil dieses Raumes gerettet.

Dass dieser ganze Compicx von Bädern sammt jenem auf dem Floriani- Platze in Alt- Ofen Militärbäder waren, beweisen die Stempel der Ziegel. Bekanntlich drückten die Legionen und Cohorten der llilfslruppen den Ziegeln, mit welchen die für ihren Gebrauch beslimmlen Gebäude auf- geführt wurden, einen vertieft gravirlen Siempel ein. wel- cher ihren Namen und Bezeichnung enlliielt, während bei Civilbauten der Stempel des Fabrikanten gebraucht wurde. Die in iirisei-iMi Bädern gefundenen Ziegel haben folgende, mitunter interessante .Vufscbi-iften :

1. LEG II AD— LEt; II AD PF ^ LEG II liAD LE(i II AD ANT d. i. Legio secunda adjutrix legio se- ciiiida adjutrix pia fiilelis legio secunda lladiiana le- gio secunda adjutrix Antoniniaria. Diese Legion mit dem Beinamen Adjutrix (zum Unterschiede von d«r secunda Augusta) wurde von Vespasian aus Seesoldaten errichtet und kam bald nach Nieder-Pannonien, wo sie ihr Stand- quartier zu Aquincum fortwährend behielt f Dio ("ass. LV, 24). Sie erhielt schon damals die Benennung: pia (idelis. i 1 .;.:.' i ' . ' . I ' , 1 . n j-i ■■ /<

') Die» ist auch liercits gesohihon und Tlicile .Ips Mnsniks hofimli-n sich im k. k. Antiken-Ciliinrle zu Wien iinil im Pcstcr .Mirsoimi.

Iladiiaii, nachmals Kaiser, diente als Tribun in derselben und wahrscheinlich zum Andenken daran legte er ihr den Titel lladriana bei, der meines Wissens hier zum ersten Male vorkommt '). Die Legion machte unter Trajan den dacischen Krieg, unter Marc .\urel den gegen die Sueven imd Sarmaton mit. Unter Caracalla, der gerne überall seinen Namen prunken sah, wie diess in der s])äteren Kaiserzeit immer mehr und mehr hcrvortiitt , erhielt sie den Titel: AiiloTiiniana, wie später Severiana, Gordiaua und (^)nstans Claudiana. Es existiren von ihr zahlreiche Inschriften, welche ihren langen Aufenthalt in Niederpannonien bezeugen.

2. COH MI BB roll Vll B B E COH VII B R ANT. d. i. Cohortis septimae Breucorum, Cohnrtis sep- timae Breucorum .Antoninianae; auf Heizrohren konunt auch blos CIIORTIS und COIIOUTIS vor. Gewöhnlich war den Legionen in den Provinzen eine oder mehrere Cohorten verbündeter Ililfsvölker, die von Rom in Sold genommen wurden, beigegeben. Hier linden wir bei der zweiten Le- gion die siebente Cohorte der Rreiiker. eines celtisch-[(an- iionischen Volkes, das seinen \\'(dinsitz an der Save (um Brod) halte. Von diesem Volke scheinen acht Cohorten ge- bildet gewesen zu sein, den Beinamen .\ntoniniana theilte die Abtheilung der Ililfstruppen wahrscheinlich mit der Legion.

;$. COH IV P P. d. i. Cohors (juarta peditata pia (?), oder Provinciae Paniioniae ( '.'J, wahrscheinlich ebenfalls der Legion zugetheilt.

4. EXERPANINF., d. i. Exercitns Pannoniae infe- rioris. Es bestand nämlich eine Gruppirung des grossen römischen Heeres in einzelne Armeeeorps, welche nach ihrem .\ufstellungsorte benannt wurden -).

Aus diesen Inschriften . namculiich denen sub I scheint hervorzugehen, dass die Badeanlagen aus verschie- denen Zeiten herridiren und es lässt sich über dieselben wenigstens etwas verm ut hen. Die Ziegel mit dem Stem- (lel : legio secunda lladriana kommen in dem letztbeschrie- benen balbkreisfiirmigen Baume vor, dessen Erbauung so- nach in die Zeit fallen dürl'te, als die Legion diesen Namen führte, also in die Zeit der Regierung lladrian's oder bald darnach (c. IJUI n. Chr.). Dagegen wurden die Ziegel mit dem Legionsbeinamen Antoniniana bei den Räumen mit dem ovalen Bassin vorgefunden, nuithmasslich entstanden diese ilalicr unter oder nach Caracalla (c. 210). und es läge

') n.'iss t'ine eij^ene I.<*gio seotinila lliKlri.Tii.i hpsl.ninlen liahc wie es eine Aiiffiisla unil TiMJann gnb ist wnlil nicht nn/.uricliiiien, «la aUf sonstigen ATili!ills|iunktc iliiliir fehlen. Ehen so wonis ist es wnhi-sehcinlieh , ilnss ilie sccunila Au^'iistii oilcr Tinjana von Uaili iau mit seinem Namen belegt «onli'n sei, ila l)eiile mit ihren nisi>iüngiichen üoinamen noch in der spätesten Zeit vorkommen; auch kam keine von lieiden je nach Pauno- nion , erslere »ar in (iermanien , dann iu llrilannlen slalionirl, letz- tere in Ägypten.

*) So exereitu» Gcrm.nnicus, Noricus, Parthicus, Syrineus, Cnppadocicii«, Uritaunieus n. s. \v., narnenllicli auf .Münzen vorkommend-

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zwischen beiden eine Zeit von ungefähr 8U Jahren. Die viel exactere Ausführung der Ziegel, des Mauerwerks , der Heizröhren, so wie der schöne Mosaiiihoden in ersterer Anlage spricht auch für eine frühere Zeit der Erbauung, als die viel ruher und nachlässiger gebauten zweiten Bäder; ebenso der Umstand, dass die urs|prüngliche Wandmalerei später durch eine neue ersetzt wurde. Doch sind diess, wie gesagt, blos Vermuthungen, da sich nicht genau ermitteln lässt, wie lange die Legion ihre verschiedene« Beinamen behielt. Warum auf manchen Ziegeln statt der bestinnnten Bezeichnung der Legion oder Coiiorte blos die allgemeine

Angabe des Arnieecorps erscheint, ist auch nicht klar. Übrigens kommen die Ziegel der zweiten Legion und der siebenten Cohurte der Breuker in denselben Häumen untermischt vor, daher es scheint, dass die Bäder beiden gemeinschaftlich waren und dass sie von beiden gebaut wurden.

Weitere Aufgrabungen, die holTeiitlich nach und nach den Grundriss der ganzen Badeanlagen blosslegeu werden, dürften zu einem sichereren Uesullate führen und genauere Aufscliliisse über den Zweck der einzelnen Theile, sowie über die Zeit ihrer Erbauung geben.

Der Taufbrunnen im Museo Correr zu Venedig.

Von Rudolph v. E i te I bei-^e r.

Im ebenerdigen Ueschosse des Museo Correr in Vene-

keliges Kreuz mit einem Baiulurnamente in den Kreuz- dig befindet sich ein Taufbrunnen, der sowohl seiner Form armen angebracht. Die Form des Kreuzes ist diejenige , als seiner Inschrift wegen die Aufmerksamkeit der Alter- wie sie seit dem Vlll. Jahrhundert bis in das X. und thumsforscher auf sich zieht. Er befand sich früher in einem XI. häufig auf Monumenten vorkommt. Die Spitze unten

Hofe des Kapuziner- klosters al Redentore in Venedig. Von welchem Orte aber er in dieses Kloster gekommen, seine eigentliche Provenienz also , ist gegenwärtig nicht mehr zu eruiren.

Er ist, wie die Ab- bildung (Fig. 1 , a und b) zeigt, sechseckig, aus einem Stück Marmor ge- arbeitet; er hat im In- nern eine Tiefe von 0'76 M.,im Äussern eine Hohe von 0-88 M. jede Sechseckseite ist unge- fähr 0-70 M. lang.

Die Ornamentik an diesem Taufbrunnen ist sehr einfach. Es läuft um denselhen am obersten

lilfilliiii^^

(fi&- i-j

ist zum Einsetzen ähn- licher metallener Kreuze in dem Altartische be- stinnut.

Auf den beiden Flä- chen an der Seite der eben beschriebenen mit dem Kreuze bezeichneten finden sich Inschriften ; am Boden des Brunnens (Fig. 1 ö) ist ein Loch zum Ablaufe des Was- sers angebracht.

Dass dieser Tauf- brunnen zu einer Art der Immers ionstaufe gehört, ist aus der Form hinläng- lich ersichtlich. Es « urde in demselben nicht ein förmliches Untertauchen vorgenommen , sondern

der Täufling stand unbe-

Rande eine Inschrift, auf die wir sogleich zurückkommen kleidet in dem Wasser und er wurde ausserclcni mit werden, unterhalb derselben zwei flache Hohlkehlen, dem Taufwasscr getauft wie man es häufig auf Ab- zwischen welchen das antike Ornament der Perlenschnur bildungen des Taufactes, an Älonunienten aus Aciuileja angebracht ist. An jeder Seite einer jeden der sechs Flä- und auch anderen Orten Oberitaliens, wo der Ritus chen ist je ein Säulchen im Relief augebracht, dessen Capi- patriarchiuus und der ambrosianische Ritus an der

tälform wie den gerifften Stamm die vorausstehende .Abbil- dung verdeutlicht; der untereTheil ist zerstört, es lässt sich daher die Form der Säulenfüsschen nicht mehr erkennen. Au der vorderen \\'andtläche, d. h. jener, an der die umlaufende Inschrift anhebt, ist im Relief ein "leichschen-

Tagesordnung war . sieht. Solche Taufhrunneu stan- den in der Mitte der IJaptisterien. An der Fläche des oberen Randes sind Löcher angebracht , die zur An- bringung des Festa|)parates beim Taufacle nothwendig waren.

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Dil' liisehrift am oberen Rande lautet:

+ K[F0NSeSVM^N^RM0S\4 EDDA ILWAlNAToS tf^XPAN'SE^RSVAaVoD DRIMSVMBERVrTßRN:-\^FFlEANV RXp|[oKAtB^EF^^DoFN?PFR

ENNE-Ho[IOHPKBS^eiPoKWiSSAS I^AV0Dt0PSBF^EoP5ITDEV0TE

das heisst:

HEC FÖNS NEMPE SVMIT INFIRMOS VT REDDAT I II.I.V.MINATOS HlC EXPIANT SCELERA SUA

QVOD I DE PRIMO SVMPSERVNT PARENTE. VT EFFICIANTV | R XRISTI COLE SALVBRITER CONFI-

TENDO TRINVM PER ENNE. HOC JOHANNES

PRESBYTER SVB TEMPORE WISSAS | CLAVO DVQ

OPVS BENE COMPOSVIT DEVOTE.

Die Iiiscliriftoii auf <lrii licidon Fliidipii zur Seite des Kreuzes lauten:

auf der rechten Seite des Kreuzes:

INHÜNOInVDIlET^TI

d. U. IN IIONORE VIÜELICKT SANCTl

und auf der linken Seite :

lOHSKPTSTSTWMEDTPEO CLIENTVLOQESVO

lOHANIS PAPTISTl VT INTKRCEDAT PRO EO I CLIENTVLogVE SVO.

Diese Inschrift gehört sowohl der Form ihrer Buch- staben nach, als nach der barbarischen tbeilweisegracisirteii Latinitiit, z. B. EN\E den ersten Jahrhunderten des Mittel- alters, d. h. der Zeit vom IX. bis XI. Jahrhundert an. Die langen gestreckten Buchstaben, insbesonder das [ für G, die Verbindung mehrerer liuclistaben, besonders des A, K, \j, H, deutet eher auf die Zeit vor demJahre 1000 als nach demselben. Auch die Ornamente, die umlaufende Perlen- schnur, die geriffteii Säuiehen und das Bandornament im Kreuze sind Formen, welelie der Zeit der Langobarden und der Karolinger geläufiger gewesen sind als der spateren Zeit.

Selbst (las Viirkonuneii der Worte: fons, illuminatus, presbyter, clientulus inid die ausdrückliche Hinweisiing auf die Trinität (bekanntlich haben einige Häretiker in den Gegenden des oberen Italiens, lllyriens u. s. w. über diese häretische Ansichten gi;habt), ist ein Zeichen höheren Alters. Ausdrücke, wie clientnbis, fmis, gleich mit ('TjJttj , xohjfi- lir^Hpa, piscina) bedürfen keiner Erläuterung. Der Ausdruck „illuminatus", wodurch derTäutling nach vollzogener Taufe bezeichnet wird, bezieht sich auf die tropische Bezeichnung

der Taufe als „<p(07ian(K, (pdiTiafia, illuminatio, sacramen- tum illuminationis, des Taufortes baptisterium als „locus illu- minationis, (pioziazr^pinv'^ , und des Täullings als „fwri- aiiec<;. Dass diese Bezeichnung eine symbolische Bedeutung habe, ist eben so bekannt, als dass die Kirche, um dieser Bedeutung einen entsprechenden Ausdruck im Ritus zu geben, das Aufhängen von Lampen in den Arcaden, welche die piscina häufig umgaben und das Halten von brennenden Wachskerzen (cerei baptismales) in den Händen der Neo- phyten anordnete.

In der Randinschrift werden zwei Personen erwähnt, der Presbyter Johannes und der Dux Wis sasciavus. W^er diese beiden Personen gewesen, wann und wo sie ge- lebt haben, wissen wir nicht. Wir wissen nicht ob dieser Presbyter ein Bischof (Landhischof) gewesen oder ein ein- facher Presbyter, die als nulXetTivjpynt. consacerdotes, com- ministri, mit der Ausspendung der Sacramente von den Bi- schöfen beordert wurden. Eben so wenig wissen wir etwas über den dux Wissasclavus. Dass er einem slavischen Volksstamme angehört, ist ausser Zweifel und gewiss ist, dass die Form Wissasclavus eine altslavisehe Form ist, welche wohl dem Sprachgebiete, zu dem Krain, Istrien ge- hört, am nä(!hsteii verwandt ist. Wissasc la v ist derselbe Name, der im Böhmischen Wseslaw, im Altslavischen Vseslav (griechisch UavroxX^^) lautet.

In der „Gazz. uffiz. di Venezia" (Jahrgang 18S3, F'euilleton von Nr. 102) ist zwar die Vermuthung ausge- sprochen worden, dass dieser Wissasciav niemand An- dererwäre als der russische Fürst Izjaslav '), der in der Geschichte Gregor VII. und Heinrich IV. eine unbedeutende Rolle spielt. Der Verfasser dieses Artikels hat aber ver- gessen, dass Izjaslav und Wis sascia v zwei ganz ver- schiedene Namen sind, die mit einander ausser dem zweiten

') S. S t r 11 hl's „fJcsctiiohd' <lcs russisch. Hciches" WA. I, S. 180 und die dort citirlen Sti-Ilfii «Ics I.a in bor t von A-HcliairtMihiirf^. die „Aiuiiden lU-s I) nriiniii 1" (XVI, |i. 472), und dii> .Kpisliilac firepor" VM, r.. U. 1'. Ti.

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Tlieile der Zusammensetzung „slav", „sclav" gar nidits zu liess, irgendwo aiifsuchon wollten, so wäre es am natiir-

thun haben. Es ist daher ganz nnrichtig, wenn er den liehsten ihn imter den altslavisehen Stämmen des heutigen

Namen Wissasclavus nur für ein latinisirtes Izjaslav Krains und Istriens zn snchen, von denen hekanni ist, dass

hält und eben so unrichtig, wenn er die Spraeliform mit sie häniig mit den Fürsten des benachbarten Italiens inVer-

der russischen Sprache in Verbindung bringt; der Name bindung gekommen (wie wir schon aus Paul. IHacmi II. L.

.1 z jas iav (ilalienisirt Yscasla) würde latinisirt Isiaslavus V, 215. VI, .öl u. a. m. wissen), und deren Gebietspäternnter

oder Isasclavns lauten. die Herrschaft dervenetianischen Republik gekonuuen ist ').

Wenn wir schon den Diix Wissasciav, zn dessen „Warum in die Ferne schweifen

Zeiten der Presbyter Johannes den Tanfbrumien anfertigen Sieh! das Gute liegt so nah!"

Die Wandgemälde der Kathedrale zu Gurk in Kärnthen.

I.

Be.sclireibiin^ der ^Vand^emälile.

Von Gregor Schell an der, Correspondenten ilor k. k. Centr.il-Comniission in Gurk.

Den kunstsinnigen Besucher der alten romanischen Ka- altteslamentarischen Bildern an di'r ni'inllichen \N';ind und

thedrale zu Gurk in Kärnthen fesselt schon bei seinem Ein- mit der ersten Reihe.

tritte durch das spätere gothische Portal, das in den alten Das erste Feld enlliält die Schöpfimgsgeschichte. Gott romanischen Rundbogen eingefügt, jetzt den Eingang znr der Schöpfer steht segnend da; eine erhabene Gestalt mit Vorhalle dieser merkwürdigen Basilica bildet, eine nicht einem rotlien Überwürfe über einer lichten Untergewandung geringe Fülle von Scliünheitcn. Nicht nur steht ihm das bekleidet und mit herabwallendem goldgelben Haupthaare; Hauptportal des Domes in seiner prachtvollen Ausführung vor ihm erheben sich Baum und Strauch und stehen die gegenüber, oder esziehen die mittelalterlichen Schnitzwerke Thiere des Waldes und die Thiere des Feldes: da weidet an den beiden Seitenwänden dieser Halle seinen Blick auf das Boss und lirüllt der Liiwe, Eichhörnchen kliuunen einen sich, sondern bei näherer Besehauung treten in der durch die Baum hinan, Vögel durchstreichen die Lüfte nnd im Ge- Glasmalereien des Eingangsthores angenehm gedämpften wässer schwimmen die Fische und die Thiere des Meeres Beleuchtung an beiden Seiten des Tonnengewölbes dieser und über alles das streckt sich die Hand Gottes aus und Vorhalle, sowie von dessen Höhe die alterthündichen ein- segnet dieses junge Lehen. Das Bild ist voll Leben und fachen, aber noch zum Theile in hellen, frischen Farben Bewegung.

prangenden Bilder eines Wandgemäldes hervor, das einer Das zweite Feld theilt sicli in zwei Ahtheilimgen. Die

näheren Betrachtnng wohl würdig ist. erste zeigt wieder Gott den Vater, die Rechte mit ausge-

Das erste Geluhl, das den Beschauer dieser Gemälde streckten Fingern zum Segnen erhoben; vor ihm steht Eva,

überkommt, ist, das des Bedauerns, dass dieselben zum die eben erschaffene, das Haupt demüthig und züchtig

grossen Theilevon grossenllolztafeliimitgotliischenSchuitz- geneigt, indess Adam noch im Schlafe liegt, währenddem

werken verdeckt sind; jedoch weist sich dieser Übelstand Gott die Rippe aus seiner Seite genonuuen hatte; vom

gar bald als eine leider nothwendige Vorkehr ans, um die Himmel aber schaut ein Engel hernieder und s<diMiMgt in

tiefen Schäden zu bedecken, an denen diese W andgemälde seineu Händen ein Weihranchfass. Das Bild ist bei seiner

dadurch leiden, dass ganze Felder derselben verwischt und einfachen Anordnung voll innerer Wahrheit. Würdig

unkenntlich, zum Theil durch das Herabfallen des Mauer- schliesst sich an dasselbe die zweite .Vbtlieilnng mit der

verwurfes völlig entstellt sind, so dass die genannten Darstellung des Simdenfalles an. Die Schlange u indet siih

Schnitzwerke wohl diese liedauerlichen Blossen, aber Avenig von den noch vorhandenen NN'andgeniäldeu bedecken.

Diese nun, Avelche die beiden Seitenwände dieser Vorhalle von oben bis über die untere Hälfte derselben einnehmen, bilden sowohl an der Nord- als an der Süd- seite je drei Reihen, welche wieder in mehrere, nicht immer gleiche Felder eingetheilt sind , deren jedes ein oder auch zwei biblische Bilder in der Weise darbieten, dass an der nördlichen Wand der alte, an der südlichen der neue Bund seine Darstellung (indet.

Indem ich nun eine Beschreibung dieser merkwür- digen Gemälde versuche, beginne ich diesellie mit den

nm einen Banni . den verhäiignissvollen .\|ifel im .Manie.

') In t'iiM'i' sn i'ht'ii frsrliit'iuMii'ii Ki'oschiiiH' : ,.l/.yjt'stjo t) |>iil<»\ aiijii kroz DnliDaeija ii N:ipulj i [{ini". A^r.iin 1SÖ7, 8. ST, li.it Hr. .F. Ktikuljevic S a k f i II s k i (K'iiselbea Tniirlininnt'ii l»es[iriu'hcii und üImM" Wiss.Ts- l :t \ (»iiip niulei'p Aiisirlit aiis}jes[u-tn-!u'ii iilsiii ili'iii fi-iilii'i- ani^efiihrtrii Artikel iler .,(>»/.£. ili Venezi.*»".

V.v setzt iiiiii viel richti{;or den T.TUfbruniieii in ilas IX. und \. .lalir- timidert und weist ilim einem Visnst:)v Z n p .1 ii (dux liolentet i-lu-n so <;iit Zupiin als Gross-Znpnn) von Zahulinieii (hei Rajjusa) /.ii, lU^r dei- Vater des Michael Visevis (lebte 11m 914 !)'26) nrewcsen ist nnd dessen Name von dem Iiy/.nnlini.schän Con^tanlinns Po rp hy rojjeni tiis erwidint , mit dem Ktinig' Touiaisiaw von Troalien in Verhindnn;; ?e- hraetlt ^^ird. Ilr. .1. K n k n I je v i c ist jjenei'jt diesen Tantlirnniien Tür ein altsei'hisch-dalmatinisrhes Werk /n hrtiten.

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Atliiiii und Evii stehen (l;iiiflifii. clu-ii im Itfüiillf vuii der verbotenen Frucht zu essen, die sie in den lliindea hidten. Es ist das letzte Bild, über welciies ein heller Kiiri)enton wie ein lichter Scliininier liegt und das liliick der rnschnid, das noch auf der ganzen Schüpfuair ruht, in einer Weise an- deutet, die das tienuitii ilos Beschauers, auch uabewusst, wohlthucnd ans|iricht.

Schon im dritten Felde sucht das Auge vergeblich dariiaeli; es bietet sich ihm ein bewegtes, aber von den trüberen sehr verschiedenes Bild; der Eingel erheitt das llanuneiule Schwert und treibt die sündigen Menschen vor sich her aus dem Paradiese. Mit Bangen gehorchen diese und schauen sehnsüchtig zu dem glückliclien Aul'onthaltc zurück, aus dem sie sich nur langsam und zagend entfernen: besonders scheint Eva zu widerstreben und wird desshalb von dem Engel, der sie mit der Linken an der Schulter be- rührt, gedriingl. Die zweite Abllieihmg dieses Feldes stellt Abel's und Kains Opfer dar. Abel ball sein Lamm und Kain seine Feldfrüehte in den Händen und iieide bringen ihr Opfer Gott dar, dessen Hand sich aus den Wolken über .Abel's Opfer segnend ausstreckt.

Das vierte und letztem Feld dieser Beihe versinulicht den Bi'udermord. Kain , eine rüstige Gestalt mit einer blassgrünen Tunica bekleidet, schwingt eine rothe ästige Keile in seineu Händen; vor ihm liegt .Abel sterbend, sein Haupt auf einen Felsen gestützt, in der Linken seinen Hir- tenstah, die Rechte wie im Schmerze an die Brust drückend. In der zweiten Abtheilung dieses Feldes wird Kain zur Hechenschaft gezogen. Gott schaut vom Hinuiiel herab und ruft ihm zu: „Ubi Kain-; die übrigen Worte des Spruch- bandes feiilen. Kain liat seinerseits gleichfalls ein Spruch- band in den Händen, das die Worte entiiält: „Nescin Do- uiine".

i>ie zweite Beihe dieser Bilder beginnt mit der Seg- nung ,Iakob s durch seinen Vater Isaak. Dieser, ein hoch- betagter Greis sitzt auf einem Schemel und erhebt seine Hand segnend über seinen Sohn Jakob, einen zarten mäd- cbetihaften Knaben, hinter welchem dessen Mutter Rebekka steht, zwar erfreut über das Gelingen ihrer List, aber wie es scheint auch erschrocken und verlegen, denn im Hinter- gründe sieht man Esau. der eben von seiner Jagd heim- kelirt und die Täuschung inne wird. Die zweite .Vbtbeilung dieses Feldes zeigt wieder einen Greis in sitzender Stel- lung, die Hände vor sich ausgestreckt, und die Fjinke wie warnend oder abweisend erhoben; vor ihm steht etwas ge- bückt in rother Tunica ein Knabe, und bintei' diesem eine Frauengestalt nnt einer Krone am Haupte, die Hände gleichfalls wie verwundert vor sich hingestreckt. Die Scene überdeckt ein rothes Dach mit ollenen Erkerfenstern. Da kein Siirucliband noch sonst etwas mit Hestimmtlieit auf die Bedeutung dieses Bihles schliessen lässt , so kann eine solche nur vermutbet werden und es scheint darin darge- stellt zu sein, wie der Knabe Joseph seine Traumgeschicble

erzälill und \on seinem Vater Jakob darüber zurechtge- wiesen wird. Diese Vermulbung erscheint auch desshalb wahrscheiidich , weil das nächste Bild die Geschichte Jose|iirs fortsetzt. Denn das sechste Feld, welclies wieder in zwei Abtbeilungen zerrällt, stellt die Traunideutung Josephs im Kerker und den Tod Jakob"s vor. Eine Rebe rankt sich empor, von welcher volle Reben niederbängen, der Mundschenk hält eine davon in den Händen und presst sie in einGefäss aus; hinter ihm steht der Mundschenk einen vollen Korb mit Broden am Haupte, zu welchem zwei Raubvögel heranlliegen, umdieBrode zu rauben; vor beiden Joseph, die Bedeutung der Träume deutend. In der zweiten Abtheilung liegt Jakob auf seinem Sterbelager; ihm zu Haupte steht Joseph, vor ihm, das Lager umringend, seine übrigen Söhne. Jakob erhebt nur wenig, gleichsam todes- schwach seine Hand zinn Segnen , während sein Mund die letzte Ansprache mit den durch ein Spruchband angedeu- teten \N orten beginnt: „Audite lllii Israel". Das Feld ent- hält kräftig gezeichnete Figuren und ein gewisser Ernst ist darüber ausgebreitet.

Das siebente und zum Theil auch das achte Feld ist durch ein mit eisernen Klammern befestigtes grosses Schnitzwerk verdeckt. Auch die ferneren Bilder, insiie- sondere die dritte Reihe sind luehr oder weniger, einige bis zur völligen Unkenntlichkeit verw ischt. und lassen nur noch aus wenigen halb leserliehen W'orten der Spruch- bänder schliessen, dass hier die Geschichte Jobb's, dann die Wiederherstellung des wahren Gottesdienstes durch den König Josias ihre Darstellung findet, die jedoch von den Figuren wenig mehr erkennen lässt.

Audi die südliche Wand, an welcher Bilder aus dem neuen Bunde, und zwar aus dem Lel)en unseres Herrn dar- gestellt sind, enthält Gemälde in drei, ursprünglich in vier Reihen, welche sich über einander hinziehen niul wieder in Felder getheilt sind, deren auf jede Reihe sechs konunen, jene abgerechnet, w eiche sich an der westlichen Fülhnauer befinden und noch erlialten und erkennbar sind.

Ich beginne mit der ersten oder obersten Reihe:

In dem ersten Felde stellt sich uns als der Anfang des Heiles die Verkündigung der (lUailenbotscbaft durch den Erzengel Gabriel dar. In der Mitte des Bildes erhebt sich ein hoher Lilienslock mit neun Lilien, eine an jeder Seite und eine an der Spitze; vor und hinter demselben, ihr Au- gesicht den Lilien zugewendet, stehen der Erzengel Ga- briel und Maria, jener mit einem rofhen, grün gefütterten Oberkleide und einem Spruclibande mit den Worten: „Ave Maria-; die Jungfrau hingegen, das Haupt deunitlisvoll geneigt, ist mit einem weissen, rothgefütterten Oberkleide bedeckt, und führt die \N'orte: „Ecce ancilla Donuni liat mihi" im Spriichbande. Dieses Bild übcrtrifl't zwar weder an Technik noch an Fai'benfrische die übrigen, sondern siebt manclirni derselben vielmehr nach und zciclmet sich nl)erluin|i| nur iluicli eine gewisse Einfalt aus. niachl aber

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«lennoi'h auf den Beschauer einen sehr wohlthätigcn Ein- (Ii-uck der Ruhe und des inneren Glückes und ist durch seine einfiiche Anordnung und seine tiefe Bedeutung (Engel und Jungfrau, geschieden durcli einen Liiienstock) eines der anziehendsten Bilder.

An dieses reiht sich im zweiten Felde die Gehurt des Herrn. Dieses obgleich sehr belebte Bild erreicht doch das erste nicht und steht ihm auch an Lieblichkeit nach. Fast in der Älitte beiludet sich die Krippe, ein Biiisengefleeht und in ihr mit dem Haupte gegen Osten das göttliche Kind rechts von der Klippe Maria in liegender Stellung, die Hände vor der Brust gefaltet; vor ihr sitzt Joseph mit einem weissen Unterkleide angethan, das ein rothes Ober- kleid bedeckt. Links von der Krippe Ochs und Esel mit ihren Köpfen neugierig in die Krippe schauend, und hoch in den ^^'olken schwebende Engel , wahrend an der Westseite des Aufenthaltes die Hirten eintreten. AuHidlend und obwohl natürlich , dennoch dem Beschauer fremd scheinend, ist die meines Wissens bei Darstellungen der Geburt des Herrn nicht gewöhnliche liegende Stellung der Mutter Gottes, sie scheint auch gar zu natürlich und belei- digt dadurch fast das gliiubige Auge, das sich gewöhnt hat, die Schmerzen der Geburt mit ihren Folgen von einem so gnadenvollen Geheimnisse fern zu halten.

Das dritte Feld versinnlicht die Anbetung der heil, drei Könige. Rechts vom Beschauer, also au der Westseite des Gemaches sitzt Maria in einem weissen Kleide auf einem einem Thronsessel ahnlichen Sitze, das Kind Jesus auf ihrem Schoosse. Vor diesem kniet einer der heiligen Weisen, ein geöffnetes Kästchen, das er dem göttlichen Kinde darreicht, in seinen Händen, während das Kind zwei Finger seiner rechten Hand segnend über die Gabe und den Geber ausstreckt. Hinter dem knieenden Könige stehen die beiden andern, ihre Häupter mit den Kronen bedeckt. Der erste derselben ist mit einer weissen , rothgefütterten Tu- nica bekleidet, die ihm bis an die Knie reicht, und weist, halb gegen seinen hinter ihm befindlicben Begleiter gewen- det, mit seiner Linken in die Höhe nach dem dort befind- lichen Sterne, nach welchem noch eine vierte Figur, etwa der heil. Joseph, der sonst auf diesem Bilde nicht erscheint, seine rothe Kopfbedeckung gleich einem der in eine lichte Höhe schaut, über die .\ugen erhebend, ausblickt.

Im vierten Felde stellt sich die Beschneidung des Herrn dar. Maria, das heilige Kind zur Beschneidung dar- reichend, und hinter ihr Joseph mit den Tauben stehen an einem Altartische, vor welchem der Priester zur heiligen Handlung schon bereitet ist. l'ber diesen sanunt den hei- ligen Figuren erhebt sich ein schön geformter auf Säulen ruhender Baldachin.

Das fünfte Feld enthält die Taufe und in seinerzweiten Abtlieilung die Versuchung des Herrn. Diese Vorstellung erscheint in ihrer Ausführung am wenigsten genügend. Das Wasser erhebt sich wie ein grüner durchsichtiger Hügel

um den Heiland, dem es bis au die Hüfte reicht; vor ihm steht Jidiannes, den Heiland au den Händen haltend, und über dem Heilande der heilige Geist inGestalt einer weissen Taube. Ebenso befriedigt wenig die Darstellinig des Ver- suches. Der Heiland erhebt drohend den Zeigefinger seiner rechten Hand gegen den Versucher, eine hässliche Miss- gestalt, von welcher wie vom Heilande leider verlöschte Spruchbänder ausgehen.

Im sechsten Felde hält der Heir seine Rechte segnend gegen eine aus dem Hintergrunde hervortretende Figur aus- gestreckt, welche sich auf einen Stab stützt und von der wegen des angeworfenen Mörtels nur noch die äusserstcn Umrisse bemerkbar sind; es ist wohl eine Krankenlieiiung.

Eine solche bietet ims auch das siebeute Feld, welches sich schon an der westlichen Füllmauer befindet; es ist nämlich die Heilung des Gichtbrüchigen, den mitleidige Menschen durch das Dach des Hauses vor den Heiland bringen. Dieser erhebt segnend seine Hand über den Kranken, welcher sich in seinem Bette in sitzender Stellung vordem Heilande befindet; von dem rothen Dache reichen die weissen Stricke nieder, auf welchen das Bett herabge- lassen wurde, und über dem Dache werden die .Aruie der mitleidigen Freunde des Kranken sichtbar.

Die zweite Reihe dieser Bilder setzt die Darstellung der Wunder des Herrn fort und enthält:

Im achten Felde die Austreibinig eines Teul'els. Der Besessene, von einem Manne gehalten, steht gekrümmt, mit vorne gebundenen Händen vor dem Heilande, der seine Rechte segnend gegen den Unglücklichen erhebt, aus dessen Munde eine Teufelsgestalt ausfährt. Zwei Spruchbänder deuten das Bild; auf einem derselben stehen die Worte: „Libera me Dom. a spiritu" , das andere enthält die Be- schwörung des Herrn: „Exi ab eo immunde Spiritus".

Diesem folgt im neunten Felde die Erweekung des Lazarus. V(u- einem Sarge, dessen Deckel abgeworfen ist, steht der Herr, wieder seine rechte Hand zum Segnen aus- gestreckt, in der Linken das Spruchband mit den Worten : „Lazare veni foras". Aus dem Sarge erhebt sich ganz in Tücher eingehüllt, mit gefaltenen oder gebundenen Händen Lazarus, neben und hinter ihm seine Schwestern und Jünger des Herrn.

Im zehnten Felde treibt Christus die Käufer und Ver- käufer aus dem Vorhofe des Tempels; in der Hand schwingt er eine Geisel, vor ihm umgestürzte Stühle und die er- schreckten und tliehenden Wechsler. Das Übrige ist von einer grossen Tafel der Schnitzwerke verdeckt.

Das eill'le Feld scheint die Fusswaschung darzustellen. Die Jünger des Herrn sind in einem Saale versanunelt : an ihrer Spitze Petrus mit bis an die Knie enlblössten Füssen; mit der Rechten deutet er an das Haupt , gleiclisam spre- chend : „Herr, nicht blos die Füsse sondern auch das Haupt." Der Herr aber steht vor ihm, den ausgestreckten Finger der rechten Hand zur Lehre erhoben, gleichsam als

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wdIUl- er siij^eii : „Wenn ich ilicli uiclit wiisflio. Inisl du kfiiieii TliL'il im mir". Das Bild ist sclioii sehr verwischt und uiideutlieh. Au der ■westlieheu FülliuiUier beliudet sieh im /.wollten Felde uoeh die X'erklannig Christi am lierge Tahur. Christus dei' Herr sehueht in der Mitte im weissen glänzenden Kleide, über ilim Gott der Vater; dem Heiland zur Hechten, kaum melir erkennbar Moses oder Elias und zu seinen Füssen die Jünger Petrus, .lakohns und .lohannes die mit .Mühe, indem sie mit den lliiiiden ihre .\ugeu be- schatten, in den migewiduiten Glanz schauen. IV'trus hält ein Spruchband mit den W'oi'ten: „Domine l'aciam hie tria tabernacula, tilii unuin moi ": das übrige nicht mehr leserlich.

Die dritte Reihe dieser Gemälde ist fast ganz ver- lijseht ; sie scheint im dreizehnten und vierzehnten Felde die Ölberg-Scene und die Gel'angennebnumg des Herrn vor- zustellen. Die übrigen Felder sind durch Schnitzwerke be- deckt und schadhaft, oder sonst unkenntlich.

Von den beiden obersten Reihen dieser biblischen Gemälde spannt sich über das ganze Tonnengewölbe dieser Vorhalle das blaue Firmament mit goldenen Stcrneu-Reihen besät, welciie jedoch nicht gemalt, sondern aus Älctall reliefartig in das Gewölbe eingefügt sind. Dieses Sternen- zelt wird von den bil)iischen Gemälden, sowie von der Füllmauer des westliehen Portals, dann vom Tympanon des llauptportales durch gemalte breite Mosaikstreifen ge- schieden, die mit je fünf oder sechs kleinen runden Medail- lons geziert sind, und das blaue Sterngewölbe vierseitig abgrenzen. Dieses ist innerhalb der ]\Iosaikstreifen durch grüne und •weisse Leisten wieder in zwei quadratische Felder, in ein nördliches und südliches getheilt, zwischen denen sich auf der Höhe des Gewölbes ein breiter Raum befindet, in welchem sich reiche Laub- und Rlumcnver- zierungen hinziehen. Die Mitte dieses Raumes ninnnt aber ein grosses, in vier rechte Winkel ausgezacktes und zwi- schen den Winkeln ausgebogenesIMedaillon ein, von dessen Spitzen nach den vier Hinnnelsgegenden jener Blumen- schmuck ausgeht, und so ein Kreuz i)ildet, dessen Mittel- ])unkt das in dem Medaillon stehende Lannn mit der rothen. wehenden Siegesfahne ist: durch das Medaillon, so wie durch den Blumenschmuck und das Ijaubgcwindc leuchtet id)erall der ])laue Sterneidiinuncl dui-cb. der einstens, als diese Farben und die Sterne noch im frischen Glänze strahlten, in dieser durch die Glasgemälde des Portals mit angenehm temperirtem Lichte beleuchteten Halle von er- greifender Wirkung gewesen sein muss, da er noch jetzt nicht ohne Eindruck bleibt.

Noch muss ich der Figuren erwähnen, welche das Tympanon des llauptportales in einem grossen Halbkreis- iiogen nmgeben; es sind die zwölf .\|iostel mit dem Herrn in der Mitte, welch" sämmlliche Brustbilder in zwölf anein- ander gereihten, grossen runden Medaillons mit ihren Ab- zeichen dargestellt sind; zu oberst, nicht in einem runden.

sondern in einem eben so w ie das oben bcschriidienc Me- daillon des Lammes am Scheitel des Toimengewölbes aus- gezackten und ausgebogenen Medaillon, erscheint die Halb- ligur des Herrn, wie es scheint, mit einem Buche in der linken Hand.

Der Gedanke, welcher diese Darstellungen belebt und dem Künstler bei ihrer .Ausführung vorgeschwebt hat, ist unschwer erkennbar; es ist nämlich das Lamm, es ist Jesus Christus, auf den sich alles bezieht, durch welchen sowohl die Ereignisse des alten Rundes ihre Erklärung, als jene des neuen Hundes ihre Erfüllung und Vollendung linden, der idter Allem schwebt und über .\lles Wahrheit und Leben ausgiesst. Nach welcher Idee aber die einzelnen biblischen Bilder sowohl des älteren als des neueren Hundes aneinander gereiht sind, oder ob den Künstler überhaupt ein bestimmter Gedanke dabei geleitet habe, ist mir wenigstens nicht er- kennbar und wage ich auch nicht zu eiitscheidi'n , indem ich keinen solchen verliindcnden Faden zwischen jenen Darstellungen auftinden konnte. W as jedoch hier nicht zu erkennen ist. das findet sich im Nonnenchore in ergreifender Wahrheit und Tiefe.

Ober dieser Vorhalle nämlich in der von den beiden Thürmen gebildeten Zwisehenhalle befindet sich der Non- nenchor, jener Raum, in welchem die ursprünglich hier befindlich gewesenen Nonnen ihrem kanonischen Stunden- gebete und dem Gottesdienste oblagen. Dieser Theil des Gotteshauses ist nicht nur wegen seiner Architectur, son- dern auch wegen seiner Wandgemälde sehenswerth und enthält in jeder Beziehung eine Fülle alterthüudichcr Schönheiten. Durch einen von Norden nach Süden ge- spannten, auf zwei Halbsäuleu ruhenden Gurtbogon ist er in zwei gleiche Theile getheilt. welche wieder mit Kuppel- gewölben überdeckt und sammt diesen zu Darstellungen voll liefer apokalyptischer Bedeutung in sinnreichster Weise benutzt sind. Jede der beiden Hälften dieses Chores ent- hält ausser ihrer Gewölhkuppel noch drei Waudtlächen. indem die nördliche und südliche durch die den Gurtbogen stützenden Halbsäulen getheilt, mit dem oberen Theile der i'tstlichcn, mit dem unteren der westlichen Hälfte desChores zu Gute kommen. Zudem ist auch das Gewölbe des öst- lichen Theiles wieder in vier Felder gctiu'ilt. welche sich auch oben hin verengern und einen Kreis tragen, welcher den Scheitel des Gewölbes einniunnt ; die Gew ölbefelder sind ihrerseits durch lange, von dem Seheitelkreise bis zur Tiefe reichende Streifen oder Canäle getrennt, und ihre Gemälde mit Ausnahme des nördlichen, welches so wie die nördliche und südliche \\ andiläche dieses Theiles ganz ver- wischt ist, noch ziemlich gut erhalten und genügend, um die Idee des Meisters zu erkennen. Sie haben folgemlc Anordnung: im östlichen Gewölbfelde steht vor dem mit Früchten bcladenen Baume des Lebens Gott der Herr mit leider unleserlich gewordenem Spruchbande in der Linken, die Rechte erhoben, ihm gcgi-nüber Adam. Es scheint die

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Schöpfung Atlam's zu sein, der sich, kaum zum Leben er- wacht, Gott gegenüber sieht, und dem der Besitz aller crsclraflenen Dinge gegeben wird. Im siidliclien Felde gibt Gott dein ersten Menschen das Gebot, nicht von der Frucht des Baumes der Erkenntnis« zu essen, der vor ihnen steht. Das westliche Feld zeigt schon die Übertretung dieses Gebotes. Eva isst bereits von der verbotenen Frucht und reicht sie mit der Rechten Adam hin, der eben im Begriffe ist, die gleiche Sünde zu thun. Das nördliche jetzt ganz verwischte Feld enihielt wahrscheinlich das Strafgericht Gottes , die Austreibung aus dem Paradiese. Diese Straf- gerichte sind aber auch in den apokalyptischen Figuren versinnlicht, welche diesen Bildern eine tiefe mystische Bedeutung geben. Dann oben im Kreise der Gewölbe- scheitel strahlet ein gleichschenkcliges . in der Mitte , wo sieh die Balken durchschneiden, zu einer Rose eingetieftes Kreuz, in dessen durch die Kreuzbalken gebildeten vier Winkeln je ein Engel schwebt, beschäftigt ein Gefiiss in die nach allen vier Weltgcijenden lierniederlaufenden Canäle auszugiessen, welche die vier Gewölbfelder von einander scheiden, unten aber in den vier Seitenzwickeln dieser Fel- der stehen vier andere Engel mit Posaunen in ihren Hihiden und mit Spruchbändern und Symbolen, welche auf die Straf- gerichte deuten, die sie der Welt zu verkündigen haben.

Die Idee, welche diese herrlichen Bilder beseelt, ist die Geschichte des Sündenfailes und der darauf folgenden Strafe, also die Zerstörung des Reiches des Friedens und des Glückes, welches Gott für den Menschen auf Erden schuf, in welches er ihn einsetzte, da er ihm die Herrschaft aller geschaffenen Dinge gab, und dessen er sich durch Gehorsam und Beherrschung seiner selbst erst recht wür- dig machen sollte. Da i:aht die Versuchung, welcher der Mensch keinen Widerstand leistet, und die Sünde zerstört dieses Reich und stürzt ihn ins Elend. Dieses mannigfaltige Elend und die schweren Plagen der Strafgerichte Gottes sinnbilden die Engel, welche die Zornschalen Gottes über die Welt ausgiessen, und jene, v\olche mit Posaunenscliall das vielfältige Weh in alle VVeltgegenden rufen. Aber über all dem schwebt das Kreuz, das vorbildliche erst, an dem das göttliche Opferlamm noch nicht hängt, sondern dessen Stelle bedeutungsvoll eine Rose einnimmt; aber dieses Kreuz mildert niclit nur die zermalmende Schwere der Plagen, die nur unter seiner Ägyde ausgegossen werden, sondern bietet auch den unglücklichen Verstossenen die gewisse Hoffnung der Erlösung. Wenn, wie ich vermuthe, die beiden Wandflächen , die jetzt verwischt sind , mit Scenen der Erniedrigung und des Leidens aus der Lebens- geschichte Jesu bemalt waren, wie sich in der westlichen Hälfte an den entsprochenden Wänden Bilder seiner Herr- lichkeit zeigen, so wäre damit ausgedrückt, dass sich dieser Zorn und das zermalmende Gericht zunächst vor allen auf ihn entlud, der das Opferlamm geworden , der unser Aller Sünden und ihre Strafe truii. Selbst das Bild der östlichen

Wandtläche, das die Umgebung eines einstens hier aufge- stellten Altares bildet, und Maria mit ihrem Kinde thronend und von Heiligen und Engeln umgeben darstellt, stört, ob- gleich et« as späteren Ursprungs , den Sinn dieser erha- benen Conception nicht, da ja die heiligste Jungfrau es ist, durch welche der sündigen und gesunkenen Menschheit das Heil vermittelt und den Armen des Erlösers entgegenge- halten wird. Auch die Himmelsleiter, welche sich an der, den Chor in zwei Hälften scheidenden Gewölbgurte zu beiden Seiten derselben erhebt, und auf welcher Engel emporstei- gen, passt wohl in dieses Bild, indem sie die zwar gestörte aber nie aufgehobene Verbindung versinnlicht, welche zwi- schen der sündigen Menschheit und dem Himmelreiche durch Engel und goltberufene Menschen immer unterlialten wurde, und es scheint mir nicht so fast («ie Herr v. Quast an- nimmt)') naiv, sondern vielmehr ein sehr tiefer Gedanke, gerade hier an dem Scheidebogen der beiden Reiche, des Elends und der Herrlichkeif, die Himmelsleiter angebracht zu haben, welche die Verbindung beider syndjolisirt.

Die westliche Hälfte des Chores stellt die Wieder- herstellung des Reiches Gottes, das himmlisclie Jerusalem dar, und enthält somit den Gegensatz zu dem Bilde der östlichen Hälfte, und die Vollendung der im Chore zur An- schauung gebrachten grossen Walirheiten. Zu unterst an den drei Wandilächen dieses Chortheiles treten uns drei grosseBilder aus derGeschichte unseresMeislers entgegen, jedoch nur solche, in denen seine königliche und göttliche Würde liervortiitt. So ziehen an der südlichen Wand die heiligen drei Könige zu Rosse dahin, um dem neugebornen königlichen Kinde ihre Huldigung darzubringen; die ganze westliehe Wand, welche von ei Rundbogen und einem Kreisfenster durchbrochen ist, welches letztere neu reno- virte Glasmalereien schmücken, nimmt die ^'erklärung Christi ein, wo sich seine Herrlichkeit und Majestät im überirdischen Glänze zeigte, und der Vater ihn als seinen vielgeliebten Sühn bekannte, an welchem er sein Wohl- gefallen bat. In der Mitte, gerade unfcr dem Kreisfenster schwebt Christus verklärt, über ihm sein biinnilischer Vater an jeder Seite von einem Engel angebetet, weiler unten an den äussersten Seiten des Gemäldes schweben, rechts von dem Herrn Moses und links Elias, während unten, fast un- kenntlich die drei Apostel liegen , nämlich Petrus zu den Füssen seines Meisters, Jakobus unter Moses und Johannes unter Elias. Nocli einmal, kurz vor seinem Leiden, trat die königliche Würde des Herrn hervor, als er in Jerusalem einzog, und dieses ist an der nördlichen Seitenwand dar- gestellt, wo der lleiiand auf einem Esel sitzend, von seinen Jüngern gefolgt, von den Juden freudig hegrüsst. auf mit Kleidern und Zweigen bedeckten ^^'egen daherziolit und hier wohl auch den Einzug des Königs der Ilorrlichkeiten in das himndische Jerusalem andeulel, das hier im Koppcl-

*) Otfe, II.: Cr-uiiil/.iige tlci- kli-clilli'lii'ii Knnstni-ehiioloLrie des ileutsclieii I\Iittcl;iUers. l.cipzif!- ISöä (l.ei T. O. Woig-el). S. CO.

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gewülbe zii schauen ist. Itoim liier stehen. scIkhi ulier den Seitenflächen im unteren Tiieiie iles Gewölbes, in den vier Eckseiten desselben die vier i;rossen Prnpiieten mit ihren Sinnbildern , als Ezeciiiel mit dem Duppelrade, Jeremias mit der wachsenden Gerte, dann mit Sin-uciibändern, die sich darauf beziehen, aber grossen Tiieils schon unkenntlich sind. Über ihnen erbaut sich das bimiulische Jerusalem wie es Johannes OlVenb. 21 schaute. Ringsherum zielit sidi die grosse hohe Mauer aus kostbaren Steinen erbaut und mit viellarbigen Kdelsteiuen geschmückt, zwölf Thorc führen in die Stadt, in jeder der vier Weltgegenden je drei in dreifach gekuppelten Rundbogen an einander stellend, über den Thoren aber zeigen sich von einem thurmartigen Gebäude, wie von einer Feste überbaut, je drei Apostel, zu deren Seiten Engel mit emporstehenden Flügeln die Thore bewachen und Sinnbildern so, den Ge- danken des .Apostels Ephes. 2, 20 andeutend, dass die

Stadt Gottes erbaut sei, auf die Grundfestc der .Apostel und Propheten, wiihrend Jesus Christus selbst der Eekstein ist. Zwischen den Tliiu'en und den sie bewachenden Engeln endlich ragen aus der Mauer vier Tiuirme empor, die sich bis in die Höhe verengend fortsetzen und ddrt im Scheitel des Gewölbes einen Kreis tragen, dessen Mittelpunkt das Lamm Gottes ist , von welchem es OlVenb. 21, 23 heisst: „lud ihre Leuchte ist das Lamm'-; das Lamm aber um- geben die Zeichen der vier Evangelisten mit ihren Devisen, die auf den abgeplatteten Spitzen der vier Tliiirnie ruhen.

Diese ganze Darstellung, deren sinnige Bedeutung unschwer erkennbar ist, wird von dem durch die Fenster der Westwand einfallenden Lichte massig beleuchtet und macht im Gegensatze zu dem östlichen mehr im Dunkeln liegenden Cliortlieile einen feierlichen, erhebenden Eindruck, den die mitunter noch treiVlich erhaltenen Farben merklieh erhöhen.

II. Über das Zeitaller «1er IVaiirtinalereicn in «1er Vorhalle iin«l im IVoiiiieiioliore «les Gurker Domes«

Von Gottiieb Freilioiru v. .\ n k c islio f e n , k. k. Conservator in Klagenfiirt.

Dem Gui'ker Dome gebührt nicht nur wegen seiner Sünde und den geistigen Tod erinnert und zugleich wieder hundertsäuligen Krypta, und wegen seines Prachtportales, auf den lehrenden und segnenden Christus und die Zwülf- sondern auch wegen der, seine Vorhalle und den Nonnen- zahl der Apostel gewiesen, welche er ausgesendet hat um chor sinnreich schmückenden Wandgemälde unstreitig der den Völkern der Erde seine seligniachende Lehre zu ver- erste Platz unter den kirchlichen ßaudenkuialen Kärnthens. künden. Was hier durch einen gewählten Bilderkreis in Es unterliegt zwar keinem Zweifel, dass auch die hohe einer jedem Eintretenden verständlichen Weise gelehrt Wand des MiltelschilVes der Abteikirche von St. Paul im wird, tritt uns in den Wandgemälden in dem über den Lavantthale einst bemalt war; denn bei der letzten Restau- Vorhallen aufgebauten Nonnenchore in einerhöheren myste- rirung der Abteikirche haben sich unter der in einzelnen riösen Fassung entgegen, ein Vortrag christlicher Ideen Bruchstücken abgefallenen Tünche deutliche Spuren von und Lehren, mit aller Fülle christlicher Symbolik, Allegorie Wandmalereien gezeigt , allein die Folgen der oltmaligen und Typologie. Der Entv\urf dieser Bilder ist einem tief Cbertünchung haben das weitere Verfolgen der entdeckten religiösen Gemüthe enf(|Uollen und spricht daher wieder Spuren und daher auch das Entdecken der bemalten Wand zum Gemüthe, er ist die Frucht des klaren Verständnisses von der grösstentheils fest anklebenden Kruste unmöglich der Aufgabe christlicher Kunst und die Wandgemälde im gemacht. Auch die Stiftskirche iuMilstat hat wenigstens Gnrker Dome sind daher wieder eine Fundgrube für das an ihrem .Äusseren beachtenswerthe Wandmalerei aul'zu- Verständniss christlicher Malerei'); sie sind ein schätz- weisen, allein abgesehen davon, dass sie einer viel s])äteren bares Zeugniss für den Werlh der so oft übersehenen Kunstperiode angehören als die Wandmalereien im Gurker Kunstlcistungen des verschmähten, weil nicht gekannten Dome, zeigen jene doch nur einen einzelnen Gegenstand, oder nicht verstandenen Mittelalters. Bei diesen Vorzügen während diese deutlich zu erkennen geben, dass ihrem der erwähnten Wandgemälde im Gurker Dome dürfte auch Entwürfe ein tief durchdachter, umfassender Gesammt|ilan ein kleiner Beitrag zur Lösung der Frage, welcher Zeit zu Grunde liege. Indem die Seitenwände der \drhalle mit den je zwölf Darstfllungefi der «iehtigslen Momente aus der Geschichte des alten inid neuen Bundes in schönster Weise iWti SleWe einer /ti/)lia pniiiu'ntm vertreten, und in leichtverständlicher Behandlimg die Geschichte des seit dem Sündenfalle vorbereiteten Erlösungswerkes vortragen, wird im Gewölbescheitel, im Sehlusssteine des gestirnten Himmels durch das .Svmbol des Lammes mit der Sieses- fahne an den Schlussstein des Erlösungswerkes, an die Hinwegnahme der Sündfu di r Welt, an den Sieg über die

') Dieses Versliindniss miiss in Gurk iiiehl immer zu finden gewesen sein, denn sonst halte man iinmiiglioh nn die SeitenwSnde der Vorholie die sechs Holzlafeln mit den aus Hol/, im Hochrelief geschnitzten Dnrstel- liingeii ans der Ilemmn-Legende (wahrscheinlich in der Ronai$sance/.cit) nageln und dadurch einen Theil der Wandgemälde Ihcils verdecken, theils heschiidigen kfinnen. Dieses Sciilplurwerk hat einen nicht zn leugnenilen künstlerischen Werth. gehiirt aher nicht dahin, wo es sich befindet nnd von wo es so lange nicht entfernt werden kann, his nicht die Zeit kommt, in welcher eine Restaurirnng der Wandgemälde zn ermög- lichen sein wird.

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diese Kundgebung der christlichen Kunstleistung angehöre, eine freundliche Aufnahme finden.

Wenn mau sich die Lösung dieser Frage an Ort und Stelle zur Aufgabe macht, so leitet sclion der Augenschein zur Wahrnehmung, dass die Wandgemälde in der Vorhalle und im Nonnenchore nicht derselben Zeit , sondern zwei verschiedenen , weit von einander abstehenden Perioden angehören.

Die Vorhalle des Gurker Domes hat in unbekannter Zeit eine Veränderung erfahren, welche nicht oline wesent- lichen Einfluss auf das Innere der Vorhalle war. Nach der ursprünglichen Bauanlage war nämlich die Vorhalle eine nach Aussen olfene und nur durch einen kräftigen, runden, auf zwei Halbpfeiler gestützten Portalbogen geschieden. Diese Details sind noch gegenwärtig leicht erkennbar. Die- ser offene Portalbogen wurde in unbekannter Zeit durch eine Mauer ausgefüllt und in diese neue Füllmauer die spitz- bogige , mit gothischem Masswerke verzierte , neue Portal- thüre eingesetzt, wie auch zu beiden Seiten derselben spitz- bogige, gestreckte Fenster angebracht wurden. In dieser nun angeschlossenen V^orhalle bemerkt mau an dem Innern der Wände der Füllmauer Wandnuderei , welche sich in dem Wandtheile, der sich die südliche Seiten wand der Vor- halle auscliliesst, als Fortsetzung der an dieser Wand be- merkbaren Wandmalerei erkennen lässt. Diese Beobachtung für sich allein würde noch keineswegs genügen, auf selbe den Schluss zu stützen, dass die Wandmalerei an den Seiten- wänden der Vorhalle gleichzeitig sein müsse mit der am Innern der Füllmauer. Es könnte nändicb an dieser s[)äter fortgesetzt worden sein , was früher an den Seitenwänden der damals noch ofl'enen Vorhalle begoimen wurde. Dies- falls muss es auffallen , dass die der Geschichte des alten Testamentes entnommene ßilderreihe mit der Schöpfungs- scene an der nördlichen Seitenwand der Vorhalle begiimt, wo sie begonnen haben konnte, als die Vorhalle noch durch keine Füllmauer geschlossen, eine olfene war, wogegen sich an der Wand der Füllmauer, wo sie sich der nörd- lichen Seitenwand anschliesst, Sceneii gemalt erscheinen, welciie zwar schwer zu deuten, jedoch kaum aus der Ge- schichte des alten Bundes erklärbar sind , und mehr der Heiligen-Legende angehören dürften, da wir auf dem noch erhaltenen Gemäldereste eine männliche Figur mit niederer, spitzerMitra und der mit dem Vorderarme emporgeliobenen, faltenreichen Casula bemerken.

Entschieden ist aber das jüngere Alter der Wandma- lerei in der Vorluille dadurch dargcthan, dass die den ein- zelnen Bildern beigegebenen Spruchbänder durchaus die gothische Minuskel zeigen und in den architektonischen Bei- gaben der gescliweifte Spitzbogen, der sogenannte Eseis- rücken, seine Anwendung fand. Es dürfte also keinem Zweifel unterliegen, dass die Wandgemälde erst der Zeit angehören, welche der Ausfüllung des Portalbogens nach- gefolgt ist.

Wann jene Füllmauer eingesetzt wurde, ist unbekannt, allein selion die gothischen Fenster und die Thüre mit dem gothischen Masswei'ke hissen auf die gothische Periode schliessen und die obenerwähnte .Anwendung des geschweif- ten Spitzbogens dürfte zum Schlüsse berechtigen, dass wenigstens die Wandmalerei in der Vorhalle keiner früheren Periode angehöre, als der zweiten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts. Ob die Seitenwände der Vorlralle schon zur Zeit, als diese noch eine offene war, bemalt waren, das heisst, ob die gegenwärtig noch erhaltene Wandmalerei an die Stelle einer altern getreten und ob die Idee zur Walil der gegenwärtig sichtbaren Bilderreihe durch eine schon früher bestandene Wandmalerei gegeben wurde, lässt sich nun nicht mehr entscheiden, da die von dem Herrn .Archi- tekten Lippert an den Iteschädigten Stellen gestellte Unter- suchung keine Spur von Überresten einer altern Malerei ergab. Immerhin bleibt es unwahrscheinlich, dass die Vor- halle nicht schon ursprünglich mit Wandgemälden verziert gewesen sein sollte, da man doch zur innern Ausstattung des Domes, wie aus der Wandmalerei im Nonnenchore zuerken- nen und aus den Spuren von Wandmalerei unter der Tünche des Langhauses zu schliessen ist , auf die Malerkunst so Vieles aufgewendet hat.

Wie wir schon durch Augenschein auf die Wahrneh- mungen des geringeren Alters der Wandgemälde in der Vorhalle geleitet wurden, so lässt uns eben wieder schon der Augenschein auf das höhere Alter der W^andgemälde im Nonnenehor schliessen. Sie zeigen den romanischen Cha- rakter, die Schrift auf den beigegebenen Spruchbändern zeigt die abgerundete Majuskel und die Brustbilder der Kirchenväter in den Medaillons auf der nördlichen Seiten- wand zeigen die niedere Mitra und die faltenreiche Casula. Im Nonnenehore ist keine Bauänderuug wahrnehmbar, wie eine solche in der Vorhalle bemerkbar ist, er zeigt die |iri- mitive Anlage und es ist kein Grund vorhanden, den Wand- gemälden in demselben die Ursprünglichkeit abzusprechen. Dieses vorausgesetzt mag es erlaubt sein, auch die nähere Bestimmung des Zeitalters, welchem die Wandgemälde im Nonnenehore angehören dürften, zu versuchen.

Nach den Ergebnissen der bisherigen Forschungen für eine Baugeschichte des Gurker Domes kann bei deren Über- einstimmung mit den an dem Baue gemacliten Beobachtun- gen angenommen werden, dass der Gurker Dombau am Schlüsse des zwölften Jahrhunderts vollendet gewesen sei').

Da der Bau von Osten nach Westen fortschritt, so dürfte die kirchliche Eim-ichlnng der im Osten gelegenen, für den kirchlichen Dienst unentbehrlichsten Theile, wie z. B. des Altar-Raumes wohl schon bald nach ihrem Aufbaue, somit noch vor Vollendung des westlichen Baues begonnen haben. Dieses dürfte auch von der künstlerischen .Ausstat- tung, z. B. den Wandgemälden in den .Apsiden wenigstens

') .Millheilunseu ISjU. S. 22.

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in so weit jielten, diiss mit diosor Ausstiittunp; luicli vor Vollontlung des Doinbiuies, otw.i in der letzten Bauzeit, ids ;in der \'iiilciidiiii!;' des Hsmes und smnit an einer nnnnt(M-- brochencii Furtsetzung- der Kirciienausstattung nicht nielir gezweifelt werden konnte, begonnen wurde . Dieses voraus- gesetzt, glaube icli annehmen zu können, dass mit der künstlerischen Ausstattung des (Jurker Domes theihveise im letzten Decennium des zwölften Jahrhunderts begonnen worden sei, die Fortsetzung und Vollendung der- selben in iWa westlichen Theilen dagegen so, wie die kirch- liche Einrichtung der letzteren dem ersten Viertel des d r e i z e h u t e n .1 a h r h u n d e r t s angehöre.

Für diese Annahme zeugen in Rücksicht auf die kirch- liche Einrichtung der siulteren fiantheile des Domes zwei von mir schon bei einer anderen Gelegenheit in diesen Blattern ') bekannt gemachte (Inrker Urkunden. Zufolge der einen dieser l'i-kunden erhielt der alte, an der östliciien Schlusswand des MiltelschilTes, zwischen den beiden Kry|ilaeingangen aufgebaut gewesene Kreuzaltar, welcher olfenbar ein sogenannter Laienaltar war, erst am 2. Februar 121t> die kirchliche Weihe. .\us der zweiten Urkunde geht aber hervor, dass auch ftir den Noimencbor der Bau eines .Altares bestimmt var, dass aber dieser zur Zeit, als Bischof Walther vonGurk im Anfange des XIII. Jahr- hunderts -) eine Seelenmesse stiftete, welche auf diesem

') „Mittheiluiigcn" 18jC, .NonMiilierhoft.

*) Es hat sich nun auch die Guiker l'rliunilc vorgefunden, in «cIiIk r Uiiii- ricns m'seratione divina .Marchio Istrie dnla .ipud Grece anno, d. i. .M.CC.XI. Ind. .Villi. Villi. Kai. Sciitenihris vei kündet, dass Bischof Walter von Gurk für seine Kirche von tWn niarkgi alliclien Miiiisterialeu Winter und Gotfrid de Kroiiowe ein Gut ajuid niur.itn in Cliunisdnrf für hunder-t und xehn .Mark an;;ekauft lial)e mit Kiuwillil^un^ des Mark|>rafen, der Frau ilcsseihen Sophie, iiirer .Mtitter .\gnes (ducis suae) und mit der Verzichlleistunj; ihrer Scliwestern, ilirer Sohne und deren Krljen. Das in dieser L'rkunde angeführte Gut an der Mur iji Chunisilorf ist dasseihe, mit welchem Bischof Waller die im Texte erwiilinte Seelenmesse stiftete und-es kiinnte daher scheinen, als müsste die Stiftung erst im Jahre 1211 vielleicht sogar na ch diesem Jahre erfolgt sein, weil die Urkunde des Markgrafen erst am 24. August 121 1 ausgestellt erscheint. Allein es ist ■licht zu ühersehen, dass diese l^rkundc ein Datum ist, eine zur Re- glauhigung der hierin aufgezahlten Acta, des Kaufes zu (iunsten der «iurker Kirche, d. h. zur liealisichtigten .Messstifhing , iler Kiriwilligung lies .Markgrafen, seiner Frau und Seliwicgernuitfei* und der Ver/icht- leistung der Söhne derselhen und der Krhen der letzteren ausgefei ligle l.rknude ist. Es ist nicht nöthig, dass das Actum der verkündeten Gegenstiinde dersellieTag gewesen sei wie das Datum der Beglauhigungs- urknnde. Der Kauf und auch ilie Widmung «les gekaufleii Gutes kiiiiueu, wie solche Vorkommnisse nicht selten sind, wenigstens mit eventueller, durch die vorausgesetzte Einwilligung des Markgrafen und der betliei- ligten .Markgräfin und der Verwandten derselhen lauge vor der Urkundeu- ausfertignng erfolgt sein. Schon die Einholung der erforderlichen Cmi- »ense und die Erwerhung der nöthigen Verzichlleistungen konnten die Ausfertigung der Bcgiauhigungsurkundc verzügert haben. Eine Verzöge- rung dieser lleglauliignngsurkunde kann schon desshalh nicht aulfalleu, wenn man die In den Zi-ilraum vor dem Jahre 1211 fallenden Geschicke des «m 6. Jänner 120!) n.cnchle(i'n .Markirafen Heinrich von Isirien orwügl. Aus dem Umstände, dass die lleglauhigungsnrkuude üher den von dem Bischöfe Walter von tiurk zu tiiinslen seiner Kirche geschlossenen Kauf des Gutes Chunisdorf am 24. August 1211 ausgefcriiget wurde, kann daher nicht geschlossen werden, dass jener Kauf und somit auch

.Miare, wenn er vidlemlct sein würile, zu pers(ilviren war, noch nicht vollendet gewesen sei. Diesen iirkunillichen Nachriclilcn zufolge kimiieu wir sonach die kirchliche Kin- richtiing des tjurkcr Domes wenigstens nicht vor dem Jalire 12 16 als V(j|leiidet annelimen.

Für die künstlerische .Ausstattung des Innern des Domes, für die Ornamentirung der Einzeltheile ilürflt^ der Zeitraum l)is zu ihrer \ollendnng W(dil noch über das .Jahr 12l(> hinaus ausi^Tdehnt werden, wenn man auch nach der oben ausgesprochenen N'erniulliung annehmen wilJ, dass dieselbe an einzelnen ostlichen Bautheilen, wie z. B. an den Apsiden ') schon vor dem vollendeten west- lichen Baue, etwa in dem letzten Decennium des XII. Jahr- hunderts begonnen wurde. Zu diesen AiisstaUungen ge- hörte nun ganz vorzüglich die Wandmalerei, mit welcher nicht blos die Vorhalle untl der Nonnenchor, sondern, wie ans den Spuren von Wantlinalerei, die nach und nach an einzelnen Stellen, von welchen sich die Tünche ablöste, be- merkbar wurden, wohl auch die hohe Wand des Mittel- schilTes und vielleicht auch die Nebenschifl'c geziert waren. Eine so geartete Aufgabe bedurfte zu ihrer Lösung wohl eines längeren, besonders für die westlichen und somit zuletzt aufgebauten Theile des Domes, über die Vidlenduiig des Dombaues hinaus in das erste Viertel des XIH. Jahr- hunderts reichenden Zeitraumes. Bei solchen wenigstens wahischeinliclien .Annahmen miiss eine Widirnehmnng, welche sonst in ihrer Vereinzelung wenig beachtet würde, für dieBeantwortuiig der Frage über dasZeilaller, welchem die \\ andintdereien im Gurker Dome angehiiren, eine be- sondere Bedeutung erhalten. Wir trelTen niimlich in Gurker Urkunden, welche eben dem Zeiträume von dem l$eginiie des letzten Decenninms des XIL Jahrhunderts bis zum Jahre 12 1 S angehören und zwar besonders in denen der letzten Jalire wiederholt auf die .Anfidiruiig von pictorcs, wie sie wenigstens nach meinem Wissen weder früher noch später vorkömmt. Zuerst erscheint ein „lleinricus pictor" als Zeuge eines imJanner des.Iahres 1191 zwischen

die Widmung lies ei-k:uil1en Gutes zur Sliflung der auf dem im Gurker Nfinueiu'hore im .aufhaue hegridVut'U .\ltarc zu lesenden .Messe erst im .lahre 121 1 und nicht sclion früher erfolgt sei. iVur so viel kann ans dem Datum der ofterwähnten Beglauhigungsurkunde geschltissen wei'den, dass die Messeustiflung des Bischofes Walter jedenfalls v t) r dem 24.Angnst 1211 erfolgt sei. ^) Die gegenwärtig in der llaiiptapside noch erhnlleneu Waudgemiilde gehiiren dem Jahre 1598 an, wurden aher ohne Zweifel durch ältere dem Geschmaeke der Itenaissancezeit nicht zusagende Wandgemälde veran- lasst. Worauf es dazumal vorzüglich angekommen sei, seheint mir der mit dem .Maler geschlossene und im Domstiftsarchive noch nnfhewahrte Accord zu erkennen zu gehen. Diesem zu Folge wurde am 6. Juni lö98 mit ileni .Maler und Burger in Klagenfurt Anton l'lumenthal um 210 11. Iiednugeu, dass er nach Vorschrift die ilrei Ahseiten im Chore von unten liis au die Höhe, nicht allein liis an die Sehwihhögen , sondern bis auf das oberste (jewötli sauimt den steinernen Säuleu ilureli und durch , in- wendig in den Sehwihhögen mit Ölfarben , die vorderen Theile aher mit anderen frischen, hestiindigen Farben lleissig unil sauber noch den- selben Somuu'r ausmalen soll.

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den Ministerialen von Gurk iimi deiii liiidolpli von Albeck geschlossenen Vergleichsgeschäftes '). Am 30. Mai 1192 gab Bischof Dietrich I. von Gurk über die Bitte des Hein- ricus pictor das Beneficium , welches dieser von dem Bi- sciiofe verliehen erhalten hatte, nämlich zwei Acker apud f'otitem judicialem (der Gerichtsgrenze) , zwei Wiesen in Draselbach und drei Mancipien Benedikt und Riclr.ird mit der Tochter Hema dem Hospitale in Gurk mit dem Anhange, dass sie dem Heinricus und der Gattin desselben so lange diese leben würden widerspruchlos dienen sollen -). In einer Vergabungsurkunde desselben Bischofes Dietrich vom 3. Jänner 1194 erscheint wieder als Zeuge Heinricus pic- tor»), und in einer Urkunde des Bischofes Walther von Gurk vom 20. Mai 1209 lesen wir unter den Zeugen die p ictores Heinricus et Hiltpoldus*). Am 6. Jiinuer 1217 vergab Bischof Heinrich von Gurk drei Mausen auf der Hochebene eines Berges in der Nähe der Kirche St. Jakob inNezinz, welche Heinricus pictor von dem Bischöfe Hein- rich zu Lehen hatte und nebst seinem Weibe Elisa mit der durch den Probst Otto unterstützten Bitte dem Bischöfe heinisagte, das Eigenthum dieser Mausen dem Chorherren- stil'te zu übergehen »). In einer über ein zwischen dem Bischöfe Heinrich und dem Prohste Otto von Gurk ge- schlossenes Tausehgeschäft an demselben Tage ausgefer- tigten Urkunde erscheint unter den Zeugen Heinricus pictor«) und in einer anderen über einige von dem Stifts- ministerialen Otto Harnasch zu Gunsten des Gurker Clior- herrenstiftes getrolTenen Verfügungen am 9. März 1218 ausgestellten Urkunde tlnden wir A\ieder die Zeugen Hein- ricus Dietric US p ictores '). Nach einer Urkunde vom 12. April 1218 opferteHeinricus pictor deGurk für sein Seelenheil und das seines Weibes Elisa auf dem Marien- altare in Gurk einen Mansus in Sirnitz, welchen er von dem Abte Ulrich von St. Paul zu Lehen hatte, von jenem aber gegen zehn Maik Friesacher Denare das Eigenthum einlöste. Unter den Zeugen erscheinen Dictricus pictur et f'ilius suus Heinricus Rudigeriis p ictor s).

Ich kann nicht annehmen dass der Name pictor der Name eines, wenn auch niclit adeligen Geschlechtes ge- wesen sei; denn in den bisher bekannten Gurker Urkunden kommt weder früher noch später ein solches Geschlecht vor. Den in den vorerwähnten Urkunden angeführten Zeugen Heinrich, Hiltepold, Dietrich, dessen Sohne Hein- rich und dem Rudger wie auch dem Geschenkgeber Hein- ricus muss daher der ^i^me pictor von dem Urkunden-

') Siehe meine Uikunden-Hegesten Nr. DXXXXVII.

') Siehe meine Urkiiiiden-Ueg:esten Nr. DLIIU.

') Siehe meine l'rkunden-Regeslen iNr. DLXIV.

*J Siehe ou'iiie l'rkun<ien-I{e(;esten IS'r. DCLXXXXl.

^) Copie aus dem Originale im (»urker Arehive.

**) Copie aus dem Originale im Gurker Arehive.

^) Copie aus dem Originale im (jurker Archive.

^) Copie ans dem Originale im Gurker .Archive.

n.

Schreiber wohl mir dessbalb gegeben worden sein, weil sie wirklich pictores, d. i. Maler waren.

Wenn nun aber in dem Zeiträume von dem Beginne des letzten Dccenniunis des XIL Jahrhunderts bis zum Jahre 1218 in Gurker [Jrkuiiden in einer Wiederholung, wie weder früher noch später, Maler vorkommen, so muss es in jener Zeit in Gurk doch wohl etwas zu malen gegeben haben.

Unter diesen urkundlich erwähnten .Malern nimmt Heinricus pictor de Gurk der Gattin Elisa eine hervor- ragende Stelle ein. Am 19. .August 1226 bestätigte Bischof Ulrich von Gurk (1222 1253) die von diesem Heinricus pictor und seiner Gattin Elisa unter den Bischöfen Dietrich (1179—1194), Wernher (1 194 1193) , Ekkehard (1196—1200), Walther (1200—1213), Otto (1214), Heinrich (1215—1217), Ulschalk (1218—1222) und Ulrich (1222 1233) mit deren Genehmigung und durch deren Hand dem Chorherrenstifte in Gurk gemachten und somit der .Ausfertigung derConfirmationsurkunde ') voraus- gegangenen Vergabungen. Dieser Urkunde zufolge war Heinrich ein freier Mann und den Bischöfen nur vcrrniige der ihm von ihnen verliehenen Güter verpflichtet. Desslialb wird er fidelis ecclisiae (nostrae) genannt. Sein \N eib war eine Ministerialin von Gurk, wird aber in der Contir- mationsurkunde honuraöilis dumina genannt. Er nmss ein vermöglicher Mann gewesen sein, denn die Summe dessen, was er theils an Gurker IMinisterialen für die Abtretung ihrer Dienstgüter, theils an die Bischöfe dafür gegeben hatte, dass sie die von ihm eingelösten fremden Güter und die ihm verliehen gewesenen Güter nach ihrer Heimsagung mit Eigentliuinsrecht an das Stift abtraten, betrug die für jene Zeit nicht unbedeutende Summe von ISO Jlarken.

Heinrich machte seine Vergabungen nicht blos darum, sich und seinem Weibe einen, nach so vielen Vergabungen wohl nicht ohne NothwiMidigkeit geforderten Lebensunter- halt durch eine lleireii[ifrüiide zu erlangen, sondern auch zu ihrem Seelenheile und zu dem ihrer Voreltern, und um der geistlichen Wohlthaten der Verbrüderung mit der geist- liehen Gemeinde theilhaftig zu werden •). In seinen Ver- gabungen spricht sich daher derselbe fromme Geist aus, welchen die Wandmalereien in der Vorhalle und dem Non- nenchore des Gurker Diuiies erkeiiiien lassen. Sollten wir nach allen diesen Wahrnehmungen nicht in diesem Hein- ricus pictor de Gurk den Meister muthmassen dürfen, welcher mit Beihilfe der übrigen gleichzeitig mit ihm in Gurker Urkunden vorkommenden Malern die WaiulLremäldc

*) Copie aus dem Originale im Gurker Archive.

'^) Die Confirmationsurkunde, von welchei- sich eine Copie im .\rehive des kür-nthnerischen Geschiclitsverelues helindet, giht als Motiv der Verga- huugeu des .Maiers Heinrich an; y,pro remcdio animae suae omniumque parentuni siionim ncc non etiam pro adipisccnda confratria fnttrtoii nostrufuin Gurct'nsium caiiunicorum laut in prachcnda quam et in urti- tiunibuji."

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im (jiirkor Domo anfertigte. Von diesen Malern scheinen wenigstens die Maler Dietrich, sein Sohn Heinrich und der Maler Uudger, welche in der üher die Yergabiing des Mansiis in Sirnitz am 12. April 1218 ausgefertigten likiinde als Zeugen angeführt werden, zu dein Vergaher Heinrieh in einer näheren Beziehung gestanden zu haben. Heinrieii \\ ar ein Zeitgenosse des iJischot'es Dietrich, während dessen Verwaltung des Bisthumes der Domhau naeli den Ergeb- nissen der hisherigen Forschungen vollendet wurde. Konnte ni(;ht Bischof Dietrich der Stifter des für den noch unter ihm aufgebauten Noiinenchor LesliminleM .41tares gewesen sein unil mit dem Auftrage der Ausstattung der Allarnische und ihrer Umrahmung mit den noch gegenwärtig erhaltenen Wandgemälden den Maler Heinrich betraut haben und wegen dieser Stiftung über der Altarnische als Widiner abgebildet worden sein , wenn er aucii den vollendeten Aufbau des von ihm gestifteten Allares und auch die künst- lerische Ausstattung der Altarnische wenigstens als Bischof

nicht mehr erlebte. Jedenfalls scheint mir das Zusammen- trelTen der Beobachtung, dass die künstlerische Ausstattung der westlichen, und somit zuletzt am Schlüsse desXlI. Jahr- hunderts vollendeten Bautheile des (Jurker Domes erst im Anfange des Xlll. Jahrhunderts beginnen und einen guten Tbeil des ersten Viertels desselben in .Anspruch nehmen konnte, mit der in Gurker l'rkunden aus derselben Zeit in auiVallender Wiederholung vorkommenden Aufl'ührung von Malern wenigstens zur Mulhmassung zu berechtigen, dass die in derN'orlialle und dem .\onnenchore noch gegenwärtig erhaltenen Wandmalereien dem ersten Viertel des Xlll. Jahr- hunderts, somit dem Zeitpunkte des entschiedenen Über- ganges vom romanischen Style zum golhischeii angeliören, wornach sich auch die gewichtige Wahrnehmung des Hrn. V. Quast, dass der ganze Charakter der Malerei einen romanischen Charakter zeige, theilweise aber auch schon der gothische aullalleiid hervortrete, zwanglos erklären Hesse.

Über die Grafen von Altbregenz und jene von Montfort, besonders die Linie zu Bregenz.

Villi Joseph

Edeln alamannischen Blutes war das erste über Bre- genz und die gleichnamige Grafschaft gebietende Grafengeschlccht. Es stammt vom .\rgen- und Linzgau- grafen Ulrich I. ab, einem Bruder Hil dega rdens, der Gemahlin Karls des Grossen, die auf ihrem Eigen die reichsfürstliche Abtei Kempten stiftete, und des in der Ge- schichte unserer Ostmark streitbewälirten Markgrafen Gerold, der kinderlos am 1. September 799 im Kampfe gegen die Avaren durch einen Pfeilschuss fiel und auf der Insel Reiehcnau ruht. Dieses (jrafengcsehlecht von Alt- bregenz, wie ich es zum Unterschiede von dem nachfol- genden Jüngern, dem Montfortischen gern zu nennen pflege, gebot auch in Churrhätien, zu dem der einst romanische Cur walhengau, d.i. das vorarlbergiscbe Oberland, ge- hörte; so Graf Ulrich VIll. (nach anderer Zählung IX.), wie uns eine Urkunde vom .lahrc 1093 in v. Mohr's Cod. Dililom. Bd. I. \r. 1(13 lehrt. Dieser stiftete oder erneuerte das Benedictiner-Kloster Mehrcrau (Awgia Major) am Bodensee mit seiner Gemahlin Bertha, Tochter des Grafen Rudol f vo n Rhe i n Felden, Herzogs von .Mamannien. der als Gegenkönig K. Heinrich's IV. in der Schlacht bei Mölsen unweit Zeiz am lö. October 1080 gefallen war, und starb am 27. October 1(197. Dessen Sohn loil dem grossväter- liclieii .Namen Rudolf, der nach l'rkunden von den Jahren 1110, 112;; und 1 l;iO(bei v. Mobrl. Nr. I0(!, I I 4 und 121) gleichfalls Co nies in pago Retia Curiensi war und den Bau der Meli reraii ') vollendete, war durch seine Gemahlin,

') lliescs Kloster, ilic nuhisllillc iIit hiirlon Ict/.lpii f;r:ifin von All- liipgcni unil der Grafen vcin .Monlfiirt Itrepenzer Linie, wiirile nm 1. September (806 von der li. baierischeu Kcgienio^' aufgehoben und

I! e r {jni u im.

die Weifin Wulfhilde, einer Schwester des übermächti- gen und ühermüthigen Hei nrieh's des Stolzen, Herzogs von Baiern und Sachsen, mit den Weifen, Hohcnstaufen und Zäliringern, wie auch mit Liutpold, !\Iai-kgrafen von Steier- mark verschwägert. Als mit ihm am 12. Mai um das Jahr 1 157 (somit vor sieben Jahrhiiiulerten) dieses reichbegüterte und mächtige Geschlecht im Mannsstannnc erlosch, folgte ihm in seinem Gebiete das Geschlecht der Pfalzgrafen von Tü- bingen mit der Fahne, die dasselbe wegen der ihm verlie- henen Pfalzgrafenwürde führte. Rudolfs einzige Tochter E lisab etil war nämlich mit dem Pfalzgrafen Hugo (fl 182) vermählt und brachte an dieses Haus ihr bedeutendes väter- liches Erbe. Ihr älterer Sohn Rudolf I. setzte das Geschlecht der Pfalzgrafen von Tübingen fort , das verarmt mit dem (Jrafen Georg Eberhard den 16. September 1634 ausstarb; der jüngere, Namens II u go , bekam bei der Theilung die Grafschaft seines mütterlichen Grossvaters und wohl auch den Curwalliengau und nannte sich (iraf von Montfort von der einst romanischen Veste Montfort, an der ßerghalde niirdlich vom uralten Rankweil (Vinomna) gelegen, welche die .\ppenzeller im .lalire 140.'i gebrochen haben. Dieser Graf Hugo I. (f 1219) ist der Stannnvater der Grafen von Montfort mit der rot he n Kirchen fahne im silbernen Felde, in wclclie die urspriiiigliehe Fahne, welche das Be- fchlshabcraml üher das kaiserliche .Aufgebot der Pfalzgraf-

ilie Steine der scbiinen, vom «gelehrten Abte Franz l'np pus von Trati- beift umn .lahr 1740 nenerlmulerl Kirelie zum Il.ifenbaii von l.indnu ver- wenilel. Am 27. März IS.'U kauften das Kioslergebiindc, das .hihre lan|; als Caserne gedient bitlte, die Ci»tercienscr des »ufgeliisten nargnui- schen Klosters Wettingen und bezogen in demselben Jahre. Nun erhebt sich wieder eine Kirclie an der Stelle der alten.

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Schaft bezeichnen mochte, später sich verändert hat. Von diesen Grafen von Montfort trennten sich um die Mitte des XIII. Jahrhunderts die Grafen von Werdenberc^ ab, deren eine Hauptlinie die schwarz e, und die andere die weisse Kirchenfahne in rothem Felde führte, welche Linie mit dem Grafen Christoph von Werdenberg im Jahre 1534 erlosch, dessen Erbtochter Anna ihr Heiligenberg und ihre weisse Fahne an's altschwäbische Haus der Landgrafen von Für- stenberg brachte <)•

Hugo's I. Enkel, die Grafen von Montfort, die über Vorarlberg und das obere Aligäu geboten, theiiten sich in die Linien: a) zu Ffidkirch-), von welcher der letzte Graf NamensRudolf, der am 16. November 1390 auf seiner Burg zu Fussach starb , schon am 22. Mai 1375 zu Baden im Aargau seine Grafschaft und den seit 1338 dazu gehörigen Innerbregenzerwald an die Herzoge von Österreich bedin- gungsweise verkauft hatte; b) zu Tettnang und Scliecr und c) zu Bregenz und Sigmaringen, welche mit dem Grafen Hugo im Jahre 1338 erlosch.

Die Feldkircher und Tettnanger Linien theiiten sich in Hugo's Besitz zu Lindau am 5. November 1338, wodurch der Bregenzer Landstrich, welcher von den Quellen der Subers oder Egger-Aach, dann längs der Schwarzach bis zu ihrer Mündung in den Bodensee südlich gelegen ist, zur Grafschaft Feldkirch, und alles Land, das nördlich der genannten Flüsse gelegen, an den Grafen Wilhelm I. von Tettnang kam.

Dieser Wilhelm I., der Kaiser Ludwig's Anhänger und von 1327 1329 dessen Statthalter in Mailand gewesen, starb am 8. October 1353. Seine beiden Söhne Heinrich und Wilhelm II. theiiten sich am 20. Mai 1354 in's väterliche Erbe, von welchem jener Tettnang, Argen, Rothenfels mit Staufen, Scheer etc., dieser Bregenz mit dem vordem Bre- genzerwald erhielt und der Stammvater der neuen Mont- fort er Linie zu Bregenz wurde.

Dieses Wilhelm's II. zweite Gemahlin war Ursula Gräfin von Pfirt, Witwe Hugo's Grafen von Hohenberg. und er nun, da ihre ältere Schwester Johanna (f 1351) die Gemahlin des Herzogs Albrecht II. von Österreich gewesen, mit diesem Hause verschwägert. Diesem ihrem Schwager hatte Ursula ihren väterlichen Antheil an der Grafschaft Pfirt mit all ihren Rechten um 2000 Mark Silber am 8. Juni 1333 zu Baden im Aargau bedingungsweise abgetreten.

Von diesem Grafen Wilhelm II. ist die Martins- capelle zu Bregenz im Jahre 1361 gestiftet und das

') Die Grafen von Werden b erg besassen Werdenberg, von dein sie ihren Namen führten, Sargans, Rheineck im heutigen C'aiitnn St. Gallischen Itheinthale ; ferner das nunmehr fürstlich Lieclitensteiu'sche Vaduz und im innern vorarlbergischeu Walgau die Grafscliaflen F' I u- denz mit dem Thale .VIontavon und Sonnenberg, durch Kauf (ddo. Wien 12. Mai 1277) Heiligenberg jenseits des Bodensces, endlieh Albeck bei Ulm, Tr o ch t e If i n g en etc.

') Die Grafschaft Feldkirch führt die rothe und die gleichnamige Stadt die schwarze Kircbenfahne.

Fresco-Gemälde, wenn es aus jener Zeit herstammt, »in so erhaltungswertlier. Graf Wilhelm starb, nach Hieronymus Pez Script, reruin .Austriae. Tom. II, 499, am 19. October 1368 in Wien, wahrscheinlich am Hofe des Herzogs Albrecht III. und fand seine Ruhestätte in der Minoriten- kirche. Daher erklärt sich auch die Benennung „Che im" in Urkunden der üsterreichisehen Herzoge, welche diese Grafen von Montfort-Bregenz betreffen.

Wilhelin'sll. Sohn aus erster Ehe, Wilhelm III., war erst mit Ursula Gralln von Hohenberg, Tochter der vorer- wähnten Ursula von Pfirt erster Ehe, die ihm die Söhne Kon rad und Hugo gebar, dann in zweiter mit Margaretha, Witwe Johanns des letzten Grafen von Pfannberg (-j-1362). die er wahrsclieiiilich hier in Wien kennen gelernt halte, vermählt.

Nach dessen zu Anfang des Jahres 1379 erfolgtem Tode theiiten die genannten Söhne die Grafschaft Bregenz am 8. Juni desselben Jahres, von der Konrad die sogenannte alte Herrschaft, d. i. die halbe Stadt Bregenz, die Gerichte Hofsteig, Lingciiaii mit Alberschwende im vordem Bregen- zerwalde erhielt, welche dessen Enkelin Elisa betha, ver- ehelicht an Wilhelm Markgrafen von Hachbcrsj, am 12. Juli 1451 dem Herzoge Sigmund von Tirol um 35,592 Pfund Pfen- nige verkaufte. Hugo VIII., der Minnesänger '). bekam die neue Herrschaft, d.i. die andere Hälfte der Stadt Bregenz, die Gerichte Hofrieden, Sulzberg (mit Rüfensberg und Bul- genach), vermählte sich mit Margaretha der Jüngern. Erbgräfin von Pfaiinberg, Tochter seiner gleichnamigen Stiefmutter, und brachte deren steiermärkische Besitzungen an seine Linie des Hauses Montfort. Er starb am 4. .\pril 1423 und fand seine Ruhestätte bei den Minoriten zu Brück an der Mur. Seine Nachkommen theiiten abermals am 29. October 1515 ihre Besitzungen. Graf Hugo iiliicll Halbbregenz, das er kinderlos an Erzherzog Ferdinand 1, am 5. September 1523 um 50,000 Gulden verkiuifte; des- sen Bruder Georg II. ward Herr von Peckach in Sleier- mark (da die andern Herrschaften schon nach und nach ver- kauft waren) und Stammvater der neuen Monffort-Tettiian- gischen Linie.

Als mit dem Grafen Ulrich Vlll. vdu Tettnang am 16. April 1574 diese oberschwäbisclie Linie erlosch, erbten mit Genehmigung Kaiser Maximilian's II. Georgs (f 1544) Enkel diese Grafschaft Montfort-Tettnang und verkauften, um ihr angefallenes Beichslehen von Schulden frei zu machen, zu Griitz am 31. März 1596 die Herrschaft i'eckach oder Peckau sammt den Aintern Friesach, Eggenfeld. Semiiacli an Paul von Eibiswald um 52,000 Gulden und 600 Ducaten Leitkauf, die dann 1652 käuflich an's Stift Voran kam. Die gräfliche Familie verliess nun für immer die Steiermark.

'J Uher den Dichter Graf H u g o Vlll. von M <. n t I ii r t , Herrn zu Uri'genr. und l'fannhcrg. Von Dr. Karl Wein hold. In den .Mittlieiluugcn des histor. Vereins für Steiermark. 1857, Heft VII, S. 127— 180.

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Giaf Joliiinn III.. Reichskammerrichtpr zu S|ieyer (f 21. Fehr. Dilit), [ill;iiiztc das Mdiitlortische (Jesi-lili'uht zu Tettiiaiig fort, das mit doin Cirafcii .\iituii, des scliwa- bischen Kreises General-lMajur, am 2.'». Nuveniber 1787 gänzlich erlosch. Dasselbe war allmählich in eine Schul- denlast von l.löO.OOt* Gulden heralinesuuken, so dass es am 14. Aujfust 1779 die Gralsehaft Tettnang mit der Herrschaft Lauijenargen ( « o die Montfortische Münz- stätte war, welche die iisterreicliische Rei;iernnt!: nach Günzburg im Burgauischen verlegte) , an das hohe Erz- haus üsteiTeieh verkaufen musste. Dieses trat am 22. Au- gust 1780 Törmlich und feierlich in deren Besitz, durch den I'reshureer Friedensschluss am 2G. Deccmher 1805

kam sie an Baiern und am IS. Mai ISIO an die Krone W iirtteniherg.

.\ls die Grafschaft Montfort, wie mauTettnarig gewöhn- lich nannte, im .1. 1810 an den König Friedrich I. von Würt- temberg gekoiiunen war, gab dieser dem Gemaiile seiner Tochter Katharina, dem Exkönig Hieronymus von West- plialen. hievon den Titel eines Prinzen von Montfort.

Diese vorarlbergiscb- oberschwäbischen Montfort dür- fen mit dem gleichnamigen, gleichfalls erloschenen Grafen- geschleclite Montfort IWuiaury, das in der englischen und französischen Geschichte, besonders in ilen Kriegen gegen die Albigenser, eine blutige Kolle spielt, durchaus nicht verwechselt werden.

Über ein in der Burg zn Wiener-Neustadt in der Georgskirche befindliches Basrelief.

Von Albci't Caiiiesina. U. k. Conservator für Wien. (Mil 1 Tafel.)

Burg zu Wiener-Neustadt (s. Beiträge zur Landeskunde Österreichs unter der Enns, Wien 1834, 8°. Bd. IV, 41). Die Züge des knienden Ritters sind unverkennbar jene Maxi- milian's III., Hoch- und Deutschmeisters (Sohn K. Maxi- milian's II., geb. 12. Octob. 1ÖÖ8, gest. 2. Novemb. 1618), wie sie auf den Portraiten des Erzherzogs von P. P. Rubens (gestochen von Vorstermann und I'. de .lodc) und zahl- reichen Denkmünzen erscheinen.

Eine unserem Relief ähnliche Darstellung zierte die Aussenseite der Flügeltbüren eines Altarbildes, das auf Be- fehl des Erzherzogs, noch ehe er in den deutschen Ritter- orden trat, im Jahre 1582 vollendet wurde, wie folgende Aufschrift beweist; „Anno domiiii 1582 die XVII Martii 23 an. 5. mens. 5. dies." Zu Herrgott"s Zeit befand sich das- selbe in der ( 1 770 abgetragenen) Ca pelle der Kaiserin zu Neu- stadt in der Burg und die Pimicotheca 111. II. 273 274 Tab. FjXXIV. gibt eine Abbildung utid Schilderung dieses seither verschollenen .\ltarbildes. Böheim's Meinung (s. Beiträge a.a.O. IV. 42.), das Neustädter Thonrelief sei nur ein Modell des Gemäldes an der Aussenseite der beiden Fliigclthüren dieses .Altarbildes, entbehrt der Begründung. .Vuf di'ui Altar- bilde ist der 2.'$jälirige Erzherzog dargestellt \u<'h in seinem I .')8() durch Martiniiota gestochenen Bildnisse erblicken wir kaum noch eine Veränderung in den Gesichtszügen. Auf dem Thonrelief erscheint er hingegen im reiferen Man- ni'salter. so dass die Verinuthnng: es sei wohl kaum vor dem .lahi'C 1(J(K) entstanden, nicht für unbegründet gellen kann.

Von überraschender .Vbnlichkeil mit dem Neustädter Basrelief ist aber die aus Bronce gegossene Gruppe in Lebensgrösse am Grabdenkmal Erzherzog Maximilian's zu Innsbruck. Sie befand sich ursprünglich an der Evange- lienseite des Hochaltars in der Pfarrkirche zu St. .lakob. Vier gewundene korinthische Säulen aus Erz, auf einer niarmnrnen Basis ruhend, trugen eine gleichfalls niarmcu'ne Plattform, auf der die Standbilder des knienden Erziierzogs

Dieses trefiliche Kunstwerk wurde bei der unter der um- sichtigen Leitung des k. k. Majors A. lütter von F r a n e k 1 85 1 vorgenommenen Restaurirung der Georgskirche vom frühe- ren, der Beschanung mimler günstigen Standorte in das linke Seilenschiirder Kirche übertragen und in entsprechen- der Höhe in die Wand eingesetzt. Schöne Anordnung, cor- recle Zeichnung und insbesondere die treffliche technische .Ausführung in gehratniteni. scliwaiv. glasirtem Thon empfeh- len es der besonderen Beachliing der Kunstfreunde. Die schwierige Aufgabe: ein Thoni-elief von so bedeutendem Inifang (1 Met. 63 Centim. Höhe bei 1 Met. 47 Cenlim. Breite) fiiakellos im Ofen zu brennen, erscheint hier voll- kommen gelöst.

In der Mitte des Reliefs (vergl.Taf. XI) erblicken wir eine kniende Mannsgestalt in vollei- Rüstung, die in Wolken .schwebende heil. .Inngfrau mit dem Kind(! verehrend. Zui' Seite .steht der heilige Ritter (ieorg, eine jugendlich schlanke Gestalt mit lockigem Haupthaar, gleichfalls in voller [{üstung. dieliechfe auf dieSchulter desKnienden legend, in der Linken das flatternde Kreuz|ianier, hinter dem Heiligen di'r erlegte Lindwurm. Der vor dem Knienden liegende gekrönte Helm mit dem hahsbnrgischen Pfauenstulz , ferner die auf dem W^ippenrock angebrachten Waiipenbilder von Elsass, Cilli, Tirol und Steiermark zeigen, dass wir ein Denkmal des Hauses llabsburg vor uns haben, dessen Ab- bildung in II e rrgot t's Werke ..Monumenta .Augustae dotnus Austriacae- vergeblich gesucht wird.

Längere Zeit hindurch hielt man dieses Basrelief irriger Weise für eine Votivtafel Kaiser Maximilian's des Ersten. Eine 1847 von G. C. Wilder radirte, wenig entspre- chende Abbildung führt sogar die ("nterschrift „K. Fi-ie- drich IV. Basrelief in der Bnrgkirche zu Wiener-Neustadt aus der Zeit von 1431) 1443" (im Besitze des Herrn Th. von Karajari). Die richtige Deutung des Denkmals gab zuerst Ferdinand Karl B ipliei m in der Besclireibunti- der

Wiener-Neustadt.

Taf. XI.

Erzlicr/.üi' Ihuiiiiiliaii III. Hoch- iiiiil llcutsciiineisl

sicr.

301

und des heiligen Georg mit dem Drachen aus Erz in Lehens- grösse standen (s. Gerbert Tiiphogiiiphia IV. I., 384 tV. Tab. LXIX). Der im Erzguss wohlerfahrene Kammer-Pons- sierer des Erzherzogs, Kaspar Gras, hatte diese ausgezeich- nete Arbeit 1608 vollendet, lange vor dem Ableben seines Gebieters. Leider wurde dieses schöne Denkmal bei dem Umbaue der Pfarrkirche in den Jahren 1717 1724 auf barbarische Weise in zwei Theile zertrennt und je zwei Säulen mit einem Standbiide an den Sacristeithiiren der neuen Kirche angebracht.

In Bezug auf Anordnung wie Details zeigt diese nun- mehr getrennte Gruppe die grösste Übereinstimmung mit jener auf dem Neustädter Basrelief. Da alle näheren Nach- richten über die ursprüngliche Bestimmung des letzteren

fehlen , so dürfte nach Erwägung aller einen Anhaltspunkt gewährenden Umstände die Vermuthung nicht allzu gewagt erscheinen, jenes Thonrclief sei der erste Entwurf eines Grabdenkmals , zu dessen Errichtung der Erzherzog noch im kräftigsten iMannesalter Anstalten getrolVen hatte. Da- durch würde sich aucii die für die damalige Zeit ungewöhn- liche Wahl eines so gebrechlichen Stoffes wie Thon unge- zwungen erklären. Ob der Meister und Vollender des grossen Grabdenkmals, Kaspar Gras, der durch zwanzig Jahre in des Erzherzogs Diensien stand, auch diesen Ent- wurf gemacht, ist bei dem Mangel photographischer Auf- nahmen oder wenigstens stylgetreuer Zeichnungen des Innsbrucker Monuments nicht zu entscheiden. Möchten wir doch solche baldigst erhalten!

Ein Mithrasdenkmal in Krain.

Von Dr. E. H. Costa, Correspondenten der k. k. Central-Commission.

Zu den interessantesten aus alter Zeit uns überkomme- Es misst S Fuss in der Höhe, i'/.. Fuss in der Breite, nen Votiv- und anderen Denksteinen gehört zweifelsohne das und ist nach oben etwas schniäler, übrigens in die Fels- Denkmal, welches den Vorwurf dieser kurzen Darstellung bil- wand durch Kunst etwas vertieft.

den wird. Im Lande Krain selbst sind bereits wiederholte Ver- Die im oberen Theile befindliche Inschrift liest sich

suche einer Deutung desselben gemacht worden. Zuerst (mit Ausnahme der drei ersteren grösseren Buchstaben

brachte die slovenische Zeitschrift „Novice" davon Nachricht, von denen später) leicht und lautet wie folgt:

dann die Mittheilungen des historischen Vereins. Hier stehen „Publius Publii Filius, Aelii Nepos, et Proculus et Firminus sich aber der Musealcustos Deschmann und der tüchtige pro salute sua suorumque"

krainische Historiker l'farrer llitzinger in ihrer Erklärung d. i. Pablius, des Piiblius Sohn und Enkel des Aelius , dann

des höchst interessanten Denkmals diametral entgegen. Dader Proculus und Firminus haben für das Heil Ihrer selbst und

Gegenstand allen Alterthumsforschern neu oder wenigstens der Ihrigen dieses Denkmal gesetzt.

weniger bekannt sein dürfte <), so erlaube ich mir in diesen Der untere Theil des Denkmals umfasst eine Abbildung

Blättern einen genauen Bericht darüber zu veröffentlichen. welche in 3 Abtheilungen halb erhaben in den Felsen ge-

In nordwestlicher Richtung von Ts ehern e mb 1 , in hauen ist. Gustos Deschmann, welcher nur eine tlüch-

der Nähe der von dort gegen Gotschee führenden neuen tige Skizze des Steines aufgenommen hat, erklärte es fol-

Bezirksstrasse bei der Ortschaft Rozank, ungefähr eine gendermassen: Links ist ein römischer (?) S(ddat, seine

Stunde von jener erstgenannten Stadt liegt in der Vertiefung rechte Hand auf eine Keule stützend. Im Mittelfelde ist ein

eines Hügels wenige Schritte unterhalb der Kirche St. Geor- Römer im Kampfe mit einer wilden Bestie dargestellt. Die

gii mitten zwischen dichten Kastanienbäumen eine Art Grotte, Bildung des Kopfes und der Ohren deutet auf einen Bären.

welche jedoch nach oben zu nicht geschlossen, sondern Im dritten Felde ist ebenfalls eine männliche Figur. Die nur von 2 4 Klafter hohen Felsen umgeben ist. Bei dem Volke führt dieser Ort (den wir der Kürze wegen eine Grotte nennen wollen) den Namen „Judovje" was nach Hitzi nger's sehr wahrscheinlicher Vermuthung ausAjdovje (Heidenort) entstanden sein dürfte. Die Grotte hat die

Inschrift deutet auf einen Votivsteiu. Möglich dass drei römische Krieger hier ein Jagdabenteuer liestanden. und für die glückliche Erlegung eines Bären und der Rettung aus der Gefahr, die sie dabei zu bestehen hatten, in der Bärenschlucht selbst dem Jupiter ein Votivdenkmal wid- Riehtung von Süden nach Norden, ist 18 Klafter lang und in meten. Das Ungenügende dieser, auf blosse Vermuthungen der Mitte 6% Klafter breit; der bei S Klafter breite Ein- gang führt von der Südseite in ihr Inneres. An der Westseite. wo die Felsenwaiid am höchsten ist. befindet sich, ungefähr 5 Fuss vom Boden erhöht, das in Fraise stehende Denkmal.

*) NfU ist *ler TJe^eiistatid wnhl nielit den AUerUmmsforSL-hiTii. da.Midiras- denkinulf in Osteri-eich nicht zti den grossen SeUenlieiten gehören, wie die in Stix - Neusiedl und 0 e u tsr h - A ! t tm h u rg in Nieder- österreich nnd zu Mauls in Tirol gefundenen beweisen. Hei dem in Iteile stehenden ist aber, nach der Ansiclit des k. k. Regierungsrathes .1 o s e p li Ar ne th , der Umstand interessant, dass es sieh in einer C.rolte hetindct und das Relief in den Kelsen gehauen ist und uiclit als einzelner Altar- ötein gefunden wurde 0. Red.

o-ebauten Erklärung, welche ven der falschen Voraus- setzung ausging, D.I. M. bedeute „Deo Jovi Maximo" veranlasste den eifrigen llitzinger sich durch den foope- rator in Semitsch Voicic eine genaue Zeichnung des Steines zu verschairen. Jeder der sich mil orientalischer Mythologie auch nur vorübergehend beschäftigt hat, wird dieses Denk- mal alsogleich finziireihen wissen. Es enthält evidenter Massen eine Darstellung d e r IM i t h r a s g e h e i m n i s s e. Gerade dieses Bild ist bei deti Alten so zu sagen stereotyp. Wer sich davon überzeuixen will, schlage nur die belretTende

302

Abbildung bei Montfaucon: „Griechisrhe und römische Altertliümor- Art: Milhras. und Nork: „Mythologie aller Völker- 10 Thle., 3. Hauptst. auf.

Von diesem Gesichtspunkte aus ergibt sich nun eine ungezwungenere und iiatiirliehere Krkliirung des Denkmals. Die mittlere Abtheilung, 3' S" buch und 2 9 " breit, ist zu oberst mit einem hervorstehenden Kreisbogen geschlossen und enthält den Hauptgegenstand, nämlich die gewöhnliche .\bbildiing der religiösen Feier des Mithrasgeheiniiiisses. Ein .liingliiig, in kurzgeseliürzter Tunica mit lliegendem Mantel und phrygischer Mütze iilier einem niedergekauerten Stier mit einem Knie gestemmt, tasst mit der linken Hand dessen Maul und stosst ihm mit der Rechten ein kurzes Messer seitwärts in die Brust, während ein Hund den Stier vorne an der Brust, eine Scidange an der Seite und ein Skorpion in den Weichen angreift. Xach den Mittlieiliingen des Herrn Cooperators N'olcic ist dieses Bild der Haupt- sache nach liinliinglieli kenntlich; nur die Kopfbedeckung des Jünglings (auf der Abbildung mit punktirten Linien angedeutet) und der untere Theil der Hand ist stark be- schädigt; der vordere Theil des Hundes so wie der Skor- pion sind weniger kennbar; dagegen lässt sich die Schlange gut unlerselieiden. Die zwei Seitenabtheilungen, je zu 3' hoch und 9' breit mit Bahmeii eitigefasst und oben abge- rundet, enthalten je zwei Bilder. Unterhalb sind beiderseits gegen die mittlere Abtheilung gekehrte männliche Figuren, gleichfalls mit kurzer Tunica bekleidet nnd dem Anscheine nach mit phrygisclien Mützen bedeckt; jene auf der linken Seite scheint sich auf einen Stoek oder eine Keule zu stützen, was jedoch wie sonst auf Mitlirasbildern eine umgewandle Fackel sein dürfte. Oberhalb sind beider- seits in besonderen Vertiefungen Brustbilder, allem An- scheine nach weibliche Personen vorstellend.

Ist somit schon aus dieser Abbildung klar, dass es sich hier um einen Votivstein zu Ehren des persischen Sonnen- gottes Mithras handelt, so wird dieses vorzüglich aus den Siegeln ,D . .1 . M." klar. Diese sind nändich nicht „Deo Jovi Maximo" sondern „Deo Invieto Mitlirae" zu lesen. Für die erstere Erklärungsweise gibt es keine .Analogie, keinen Grund, keine Autorität. Für das letztere sprechen: 1. die unter der Insclii'ift belindliche Abbildung;

2. die wiederholt in Innerösterreich gefundenen In- schriften mit voller Sehreibung dieser Namen, so ein .Altar- stein bei TrelVen in Krain gefunden: INVICTO MITHHAE P.Aelius Respectus („Mittheil, des histor. Vereines f. Krain" 1848, S. 88); ein Denkstein von Glanegg in Kärnthen: D.D. SOLI INVICTO MITIIBAE; und ein zweiter von Glanegg: „DEO INVICTO MITIIUAE" (Ankershofen, „Ge- schichte von Kärnthen- I, 4ö6 und (i38); bei Rohitsch in Steiermark: „Templum DEI SOLLS MIT." (Muchar „Geschichte von Steiermark" 1, 413; Gruteri, In- script. 1, 33);

3. endlich ist das die Erklärung aller .Vrchäologen. so Gruter's 1. c. Eichhorn's („Beiträge" II, 74); A n- kershofen's (1. c. I, 306, 578, 579); Terstenjak's („Novice" ^855, S. 103); Hitzinger's („Mittheilungen" etc. 1857, S. 11,32); Muratori („Thesaur. Inserij.t.- I, 40) erklärt D . J . M. mit Deae Isidi Matri, also auch nicht mit Deo Jovi Maximo.

Zieht man in Erwägung, dass der Mithras-Cultus vor- züglich in Grotten gefeiert wurde (Muratori, 1. c. I, 25 fr., Nork, I. c.) und dass die Stelle, wo der in Frage ste- hende Stein sieh befindet, wenn sie gleich keine eigent- liche, sondern bloss eine an den Seiten nicht auch nach oben hin geschlossene Grotte enthält, doch dem geheim- nissvollen Cultus um so mehr diente, wenn sie wie gegen- wärtig mit schattigen Bäumen bedeckt ist; dass ferner der Cultus dos indisch-persischen Sonnengottes Mithras in Inner- österreich ungemein verbreitet war, wie dieses insbeson- dere aus den vielen aus jener Periode uns überkommenen Denkmalen, welche sich auf diesen Cultus beziehen und welche Hitzinger in den „Mittheilungen des historischen Vereines für Krain" 1855, S. 61 und 62 vollständig zusam- mengestellt bat, erhellt, dass endlich die im Volke gang- bare Sage von diesem Steine (ein Jäger sei von einem Löwen oder Bären angegi'iiVen worden und habe daim zur Bettung denselben aufgestellt), als aus der unrichtigen Deutung der .Abbildung gellossen angesehen werden nuis.s so erwächst der Ei-klärungsversuch 11 i tzi nger's nahezu zu unwiderlegbarer Evidenz vorausgesetzt, wie nicht zu zweifeln, dass die Abbildung des Herrn Volcic dem Ori- ginale getreu ist.

Notizen.

(Margare then am Moos in Niederöster- rcich.) Die Pfarrkirche in dem drei Meilen südöstlich von Wien gelegenen Dorfe Margarethen am Moos ist theilweise ein .spät-romanischer Bau aus der ersten Hälfte desXlI. Jahr- hunderts. Das Schirr ist mit zwei in gedrückten Spitzbogen geführten Kreuzgewölben bedeckt, deren breite, an den Kanten einficli abgefasste Bippen auf kurzen llall)säulen mit Schnecken-Capitälen ruhen. Am Ende des Schilfes ist

eine schmale, quadratische Halle mit runden, starken Bo- gen, welche den massiven, unten viereckigen, oben ins .Acht- eck übergehenden Thurm trygen, zwischen dessen Giebeln die aus Quadern gemauerte Pyramide aufsteigt. Der flach abgeschlossene Chor hat gothische Gewölbe des W. .lahr- hunderts. in welcher Zeil auch die Erweiterung der ur- s|irünglieli ohne Zweifel rundbogigen Fenster in grössere spitz- bogige stattfand. Die eine Abseite ist ein moderner Zubau.

303

Aus gleicher Zeit wie die Kirche dürfte die neben der- selben auf dem Kirchhofe stehende Johannes-Ca pelle sein. Es ist ein oblonger Raum von 4' Länge und 3" 3' Breite, sehr einfach aus Bruchsteinen erbaut mit einem Tonnengewölbe im gedrückten Spitzbogen (ohne Bippen und Grate) überwölbt. Die Mauerdicke beträgt 2 Fuss, an der flachen Schlusswand 4 Fuss. Der über den Boden etwas erhöhte Eingang ist modern, nachdem der alte, wie es scheint rundbogige vermauert worden ist. Sehr zierlich und das ein- zige architektonisch i[iferessante Detail ist ein 6' langes, 2' 6" hohes Arcaden-Fenster an der Fafade- Mauer (Fig. 1) '). Es besteht aus fünf gerauteten, kleinen Spitzbogen von ungleicher Breite, getragen von vier freistehenden und zwei an die Einrahmung sicli anlehnenden Säulchen mit Basen, die an den Ecken schneekenartige Blätter haben und ähnlich gebildeten Capitälen über den gegliederten Säulenringen. In den Zwickeln zwischen den Bogenschenkeln sind lilien- artige Figuren drei Blätter, unten durch ein Band zusam- mengehalten — aus romanischem Blattwerk angebracht. Diese kleine Gallerie steht in der Mitte der Mauerdicke, die

Für die Zeitbestimmung dieses Theiles des Bauwerkes geben die Details des Arcaden-Fensters einen sichern An- haltspunkt: die durch Spitzbogen verbundenen Säulchen, das Blattwerk und Profil der Umrahmung weisen entschie- den auf den Anfang des Xlll. Jahrhunderts hin, also wohl gleichzeitig mit der daneben stehenden Kirche.

Die beiden Fenster, ein einfach spitzbogiges, mit feh- lendem Masswerk an den flachen Sclilussmauern und ein kleines hoch oben an der Fafade im spitzen Kleeblattbogen sind offenbar aus späterer Zeit. Das Innere der Capclle ist sehr einfach; an der südlichen Mauerblende mit steinerner Sitzbank, an den Wänden sieht man die rothcn Consecra- tionskreuze, vorne steht der steinerne Altartisch. Unter der Capelle ist ein einfaches Gruftgewölbe mit Todtenge- beinen angefüllt, ein Umstand, der sie nicht als Tauf-, son- dern als Todtencapelle (Car7iarium) bezeichnet.

Was den Bauzustand betrilft, so ist derselbe ein sehr beklagenswerther; das Gewölbe ohne Dach kann dem Eindringen des Regens kaum widerstehen und selbst die Umfangsmauern sind oben theilweise eingestürzt, die Fen-

(Fig- !•)

ausgeschrägte Umrahmung bildet eine Hohlkugel mit fort- laufenden zungenförmigen Blättern, aussen herum eine Per- lenschnur. Die Bestimmung dieser kleinen Arcaden-Öffnung, die mir in dieser Weise an keinem andern Monumente be- kannt ist, erscheint räthselhaft. Sie ist in einer Höhe von 5' über den Boden angebracht, so dass man von aussen bequem in die Capelle hineinsehen kann, auch gestatteten die Sän- len keine Verglasung und die aussen Stehenden konnten dadurch an dem Gottesdienste und den Ceremonien in dem Kirchlein Theil nehmen.

') Der vorstehende Holzschnitt wurde nach einer Photographie des Herrn Correspondenten A. W idter angefertigt, welche uns derselbe mit bekannter Bereitwilligkeit zu diesem Zwecke überlassen hatte.

n. «ed.

ster sind ohne Glas, die Thüre besteht bloss aus einigen Latten, die Capelle ist also ganz Ruine. Gegenwärtig dient sie als Aufbewahrungsort für verschiedene Geräthschaften von sehr untergeordneter Art.

Nachdem der k. k. Central-Commission die Mittheilung zukam, dass dieses für die ältere Baugeschichte Österreichs immerhin interessante Denkmal abgebrochen werden sollte und mir von derselben tler Auftrag zu Theil wurde, die näheren Erhebungen hierüber zu pflegen, so wandte ich mich, da nn'r die Capelle aus eigener Anschauung oline- dem schon v olil bekannt war, brieflich an den hochwiirdi- gen Herrn Pfarrer .loseph Lachmann zu Margarcthen am Moos und ersuchte ihn im Interesse der Kunst und Wis- senschaft, für die Erhaltung dieses merkwürdigen Bauwer- kes zu wirken. Er machte mir die erfreuliche Mittlieilung.

304

(lass iiic'lit nur die Capelle keineswegs zerstört wird, son- dern dass er Aussicht habe, zu ihrer Restanrirung und Er- neuerung ihrer ehemaligen Bestiniuiung von dem Pfarr- Patron, vSr. Durchlaucht Fürsten ß atthyä n y, l'nterstützung zu erhalttMi. Dr. Ed. Freili. v. Sacken.

(Alte Denk m a 1 e i n T ii f f e r.) Ausser den beiden schon vielfach, auch in Muchar's Geschichte der Steiermark veroirentliciiten Reliefs, wovon das eine, darstellend einen Mann mit einem Büren, dermalen im Kaplangebäude, das andere ein Kopf mit zwei Schwänen aber im Hause des Handelsmannes Franz Orozen unter Haus Nr. 1)4 einge- mauert sind iiiiil den beiden auch von Mucliar in seiner Ge- schichte erwälmten steinernen Löwen, von welchen aber der am S[iitalgebäude aufgestellt gewesene schon vor unge- fähr 24 Jahren in das Römerbad übergetragen wurde, kom iiirii liier noch folgende Baudenkmale vor : und zwar in der llauptpfarrkirche St. Martin:

l..\n der [{ückseite des Rnsenkranzaltares entdeckte ich am 24. September v. J. einen bisher noch nicht ver- oirentliciiten römischen Inschriftstein, der also lautet:

SATVIilO

D. CASTRIC

SABIM. SER.

V. F. SIBI. ET

.SEPTVMAE

CONIVCI

ANN. LX.

(Satiirio Decimi Caslricii Sabini Servus \ ivus Fecit Sibi Et Septumae Conjugi Annorum LX.)

Des Steines Höhe 27", Breite 18". Inschrifthöhe 17", Breite 12".

2. Hinter dem Hochaltäre ist der (jrabstein des Archi- diakons Sigmund Grabschopf's, f 15S4, eingemauert. Das Epita]ihium kommt vor in der Celska Kroiiika Seite 128. 129.

;{. Diis Grabmonument des Erz|priestcis Polidorus Mon- lagnana mit folgender Inschrift:

Rever. Erim. et nobil. \ir D. Polydorus de Montagnana S. SedisAplae. ac cap. Proton, et Com. Palat piiss. memor. Rom. inip. 1). Ferd. I. et Sereiiiss. Prin. D. 19 ("and. Arch. Austr. a .Sacr. Coiisil. cop. nee nun Aiiipl. I'atiia. Per Stvr. et Carniol. siipr. Geiier. Com. et .\rchiil. l'astor Ecciesiar. Tylier, et Gurgfeld, liie in Duo Salvalore imniut. expectat (|ui obiit in Chfo. Die Mense An. D. MD.

Pülidiir von Montagnana, des Patriarchen Generalcom- niissär und Archidiakoii in Steiermark und Krain, Pfarrer TiJlTer und GuiklVId, war liJTO noch arn Leben.

4. itci- (iiabstein des Stich an der .Aussenwand der Kir<;he. Die Inschi-ilt lautet:

„Der ehrsam und fiirncm .Mathes Stich IJurger zu Tüf- fer hat disen stain seinem lieben Vatter Daniel Stichen auch seiner lieben Mutter Veronica saugen Ehn und Irclui. auch allen seinen in (iolt viTscliidnen geschlacht, welche alle

hier undtcr christlichen begraben ligeu, auch ihnen selbst, und seiner lieben Hausfrauen Kunigund, ein gcbohrne ilalle- riii . und ihren nachkomen zu einer ewigen (Jottsaligen gedaclinns aufrichten lassen, denen allen abgestiu'bencn wolle Gott der allniechtig, und uns samentlich genedig und barm- herzig sein. 1578.

!). Leielienstein des Pfarrers und Archidiakons Bath. Tautscher in der Rosenkranzca[ielle mit l'olgcnder Inschrift:

Hie in Dfio re(juiescit Adm. Rd"' Perillustz. Doctus et Nobilis Dns. Ballhasar Tautseher S. Sed. Ajilcae protono- tar. Patriarch, .\rchidiac. per valleni Savinae et Canipi Drav. Calliedr. Eccies. Labacens. CaiKuiic. et Prae|iositus Frater- nitatis B. M. V. Dolorosae Ciiejae nee min Ecclesiae Paro- ehialis S. Martini in TylTer Rectoi'. qui ohiil in Christo die 18. Novenibris.\niio Diii l()2ä.

6. Grabstein au der .Vussenwand der Kirche: die In- schrift lautet :

„Hie ligt begraben die edle, und ehren-tugendreiche F'rau Margaritha Sladlerin, gcbohrne Lieclitstokin von liech- tenheim, so in gott seel. verschiden den 29. Aug. An. 1645, dero und uns allen Gott der .\llmechtige gnedig und barm- herzig sein wolle. Amen."

„Ad memoriam charae eonjugis suae (iei'i fecit Ferdi- nandus Stadler Organissta Tyberii."

7. .4m Ka|ilaneigebäudc ist eingemauert der Leichen- stein Valvasor's mit der Inschrift:

„Hier liegt begraben der Edl und IClirenvcste Herr Johann Baptista Navasor zum Tluirm am Hart, und Pfandin- haber der Herrschall't Tiller, der gestorben ist am 2. tag Növembr. des 1581. Jahr und sein Frau Emeritiana, die ein geborne Kislin, und gestarben ist am 19. tag Jenuarii des 72. Deren beder seil Gott genedig und barmherzig Sein Welle Amen."

Leider hat TülTer erst in jüngster Zeil zw ei interes- sante Baudeiikmale verloren, nämlieli tt) die im gothischen Style ge])aute Spitalcapelle, 15 Schritt lang und U) Schritt breit, in welcher der oiien genannte Johann B. Valvasor mit seiner Gemahlin begraben lag und in welcher auch ihr sub. Nr. 7 angeführter Iveiclienslcin stand. Sic wurde saninit den Spitalgcbäude vcika\ift und [KVi abgetragen.

h) Der nächst der I'iarrkiichc am Friedhofe gewesene Karner oder St. Johannes-t'apelli' im Kaincr. welcher 1838 abgebrochen wurde.

Ob dem Markte TülVcr sieben auf einem Ndrsprunge (Iis llum die Ruinen des allen Schlosses Tiill'er.

In der l'ingebung des Ma-kles TiilVer sind merkwürdig die von den Grafen von Cilli erbaute Kirche Maria in Sve- tiiia imd die Filialkirchc Sl. Ihiniagoias am .hnornik, an derem äusseren Sockel mit gutliisclicn lliiclistalicn f(dgende Worte stehen :

„IX'.t;! positus prinnis lapis linjus cliuri in vigilia sancti |iangralij.-

Ignaz Orozen.

SOS

(Einige alte Eisenarbeiten in Krakaii.) Wenn auch im Mittelalter das Eisen als Material für grosse Con- structionstheile keine Anwendung fand, so tritt es doch sehr häufig als Hülfstheil der Construction fn'cht gerade immer zum Vortheil derselben) so wie für kleinere Arbeiten als Material auf. Es fand haupfsäehliche Anwendung zu Thürbeschlagen und zum Thiirschmuck, zu Gittern, zu Schliessen, deren Köpfe häufig ornamental behandelt sind '), Ornament fiach. Zwei rings- zu Fensterrahmen = ), wie für Wandleuchter ^j, Lichtträger, um laufende Schienen, von Kaminhunde , so wie für eine grosse Zahl von Geräthen zu kirchlichem und Profangebrauch*), sogar zu Sacraments- häuschen Anwendung, wie z. B. das schone noch erhaltene Sacramentshäuschen zu Feldkirch in Tirol beweist 5). Hauptsächlich sind es

Gitter ist ein aus Blech ausgeschlagenes Ornament unterlegt

und durch die Schienen an die Thür befestigt. Fig. 2 gibt eine vergrösserte Abbildung dieses Ornaments, die Hippen der Blätter sind eingeritzt und gravirt , sonst ist das

denen die äussere durch den steinernen Thürstock ver- deckt wird, in dessen Falz die

(Fig. 2.)

aber Thürbeschläge, von denen eine grosse Anzahl erhalten sind, die Zeug- niss geben von dem im Gewerbe lebenden Kunst- geiste , der selbst die rohesteund gewöhnlichste Arbeitin hübscheFormen, ' wenn auch an derber Auf- fassung, zu kleiden be- müht war. Solche Thür- beschäge, bei denen das Eisen sehr häufig des Schutzes oder guten Aus- sehens wegen verzinnt, selbst vergoldet war, treten hauptsächlich in zweierlei Form auf Entweder entsprossen den Thürbändern, Klopfern, Schlössern etc. etc. Ornamente, die theils aus dem Eisen selbst geschmiedet sind, welches die Bänder bildet, theils aus starkem Eisenblech ausgeschlagen, jenen wesentlichen Theilen unterlegt und so mit ihnen auf die Thürflügel befestigt sind, oder es ist ein Überzug von Blech mittelst Eisenschienen und Nieten auf die Thür befestigt. Von dieser Art sind in Krakau einige Beispiele erhalten. Fig. 1 gibt den oberen Theil des Beschlages einer kleinen Thüre die zu demThurnie führt, welcher, ein Rest des alten Rathhauses, auf dem Marktplatze steht. Der Schmuck dieser Thüre besteht in einem Gitter von flachen Eisenschienen, von denen die nach einer Richtung gehenden an den Kreu- zungsstellen über die andern weggebogen sind. Unter dieses

Thüre eingepasst ist, bilden einen Rand um die- selbe, der ebenfalls mit einem ausgeschlagenen Blechornament ausgefüllt ist (Fig. 3). Nieten mit viereckigen blattartig ein- gekerbten Köpfen befe- stigen in der Mitte zwi- schen je zwei Kreuzungs- punkten die Siliienen an die Thürflügel. Eine kleine Blechrosette ist noch un- ter den viereckigen Nie- tenkopf unterlegt (Fig.4). Die lichte Weite des Thür- stockes beträgt 3' 3": die Breite der Scbienen 1" 11": die Breite des eigentlichen Gitters zwi- schen den Innern Schienen des Randes 2' 7" Met. und die Breite des Randes mit den Schienen 5".

•) Organ für chiistliche Kunst, S. Jahrgang, Nr. 23 (I85d).

■^) VioUet le Duc : dietiomittire raisonne de V Arehücctnrc francinse ./. XI nit

AT/me Siede. I. Band. Seite 463—466. 3) Organ fiir christliche Kunst. 4. .Jahrgang, Nr. 8 ( 1.S34) *) VioUelle Duc : dictionnaire raisonne du nwhUier francais de lepaijue carln-

vinfjienue tt la renaissunce. ") Eine AbbiLdun^f und Beschreibung desselben wird von uns in einem der

nächsten Hefte veröffentlicht werden. D. lied.

(Fig. 3.)

Ein einfaches Muster eines älinlichen Thürüberzuges i) ist in Fig. 5 abgebildet; es ist an einer Thüre der kleiniMi Kirche neben dem Thore der Frauenkirche. Die Breite der Gitterschienen beträgt auch hier 2", die lichte Weite der Maschen über (f^g- *•) Diagonal 7 8". An dieser Thüre sind die befestigenden Nieten auf den Kreuzungspunkten der Schienen angeliracht. jedoch ohne Verzierung. Beide Beschläge geiiören dem Schluss des XV. oder Anfang des XVI. Jahrhunderts an.

') Ein prachtvolles Muster der Art ans Brück a. d. Mur ist lür das Werk: „Mittelalterliciie Kunsldcnkmale des oslerr. Kaiserslaalcs-, herausge- geben von Dr. r.. Ileider, l'rof. U, v. E i t e I h o r ge r und Architekt .1. Miese r, bereits gezeichnet.

43

306

In Fig. 6 ist ein aus ruiulcii Stäben geschmiedetes Gitter dargestellt, das ehemals im Saale des Rathhauses eine Schranke bildete, hinter welcher der Stadtsehreiber seinen Platz hatte. Die Stärke der Stäbe beträgt 1'"; aus ihnen biegen sich in der Mitte zwischen den Kreuzungspunkten astartige Auswüchse ab; auf den Kreuzungspunkten sind die Stäbe mittelst Nieten mit kugelförmigen Köpfen befestigt, und den Köpfen kleine, aus Blech getriebene Röschen, 1" gross (Fig. 7), untergelegt. Die Weite der Maschen über Diagonale beträgt S'/j 9".

Nach Abbruch des alten Rathhauses kam dieses hübsche Gitter ins alte Eisen: gegenwärtig ist es in mehreren

(Fig. 6.)

Stücken als Fenstergitter im Collegium jagellonicum ver- wendet, das in seiner Restauration, die noch zu Zeiten des Krakauer Freistaates vom Baudirector Dr. Krem er begonnen und jetzt von ihm und dem k. k. Bau- director Dr. S(;h(Mikel geleilet wird, ein Sammelplatz für eine Anzahl von Überresten aus der Zeit des Mittelalters geworden ist, die alle eckents[)re- chend dem Bau eingefügt sind.

(Ki.

A. Esse n wein.

Correspondenz.

Wieiit In Folfre eines liolicn Auftrages, wclelier mir l)eziig- lich der Unlcrsucliiin),' über die Scliiiilli;il'lii,'keit des St. Wolfnan^er Altares und der allenl'iillig notliwendig vorzuiielinienden Itcstaurirunf; dieses bcrüliinleii Selinifzwcrkes zu Tticil geworden, liabe icli l)ii meiner Reise dureli Olieröslerrcieli einige niillelalterliehe Baudenli- male besielitiget, und fiiiile inieli veranlasst, überdiesellien.sowieiiber einige vorgefundene Kireliengorätlie einige Milllicilung<'n zu maclKn.

Wenn gleieli Linz sellist gar licin besonderes 15audenl<mal aus dem Jlittclalter aufzuweisen hat, so fand ieli doch in der Umgebung mclirerc interessante Olijeete. In der niiehslen N'iibe, eine .Stunde vim Linz entfernt, an der iJonau, lielindel sieh in dem Orte l'uclicnau eine, wenn gleieli sehr einfaelie, doeh l>ezüglieh des Crundiisses sehr schön angelegte Kirche. Die Bauzeit fällt schon gegen das Knde des XVI. Jahrhunderts und ist l)esonders die innere Anlage des Musik- chorcs imd der Tburmverhindiing und Benützung des letzleren sehr sinnig ausgedacht. Die Kirche hal *i kurze Seilenseliilfe , die gegen das MiltelschifT liefer gelegt sind, jedoch oline l'iilerlirechung der Daclillaclien an der Aussen-Kayade; ausser einer originell gegliederten Eingangsthüre mit der Jahreszahl ii>72 sind sonst keine ornamentalen Thcile »orhanden. "*

Kinc der schönsten Anlagen von initlelallerlicheii Landkirchen ist jene zu Kiifcrmarkt. Uer (irundriss liat sehr schöne Ilaupl- verhältnisse und bildet eine dreischilTigc Kirche mit einem 'l'hurnie an der Stirnseite. Dadurch, ilass der Eingang in die Kirche durch 2 sehr reich gegliederte Seiten-Thnrcn angetragen ist, hat sieh für die Auflösung der Thuriiiverbindung mit rlcni Musikchorc das .Motiv eines Miltelpfeilers in Anwendung bringen lassen, wodurch die Gewöllis-Linicn am llauiitschitVe des .Musikcli<ires in einem guten Ver- hältnisse zu jenem der Seitenschiffe stehen. Oberhalb dem Musikchore an der Stirnwand befindet sieli in einer Höhe von 18 Kuss eine zweite Abtlieihing in Form eines hcrausragenden Italeons, auf Consolen rnhenil und mit reicIuMU Masswerk verziert. Die ficwöllis- Linie der Kirche ist ein sehr gedrückter Spitzbogen und die Anlage ausser- ordentlich kühn in Bezug auf die Stärke der Widerlagspfeiler, da die Wölbung eigentlich in Form einer Tonne in Verbindung mit Schildern ausgeführt ist, woselbst an der I.aibuiigsfläche die gegliederten (jewölbsri|ipen angebracht erschieiien. Die innere 'rolalansichl dieser Kirche gewährt einen ungemein harmonischen Kindruck, und ist diese Kirche ganz ohne alle Zubauten rein aus der Bauzeit vom Anfange des XVI. Jalirhiinilerls.

307

Hier belindet sich auch der bekannte Schnifzaltar; derselbe ist in seinen ornamentalen Tlicilen reichhaltiger als jener zu St. Wolf- gang und auch in seinen Hauptdiniensioncn ausgedehnter, doch in der Conception und Durchführung des Details an Kunstwerth weit dem Wolfganger nachstehend. Das Ornamentale des Kiifermark- ler Altares ist in seinen Ahspitzungen durchaus sehr barock und monoton durchgeführt. Ein zusammenhiingenderGrundriss des Ganzen ist hier nicht vorhanden. Die ganze Anordnung ist mehr als deco- ratives Motiv durchgeführt, während am Wolfgangcr Altare eine organische Entwickclung des Grundrisses mit dem Aufrisse bis zur letzten Spitze hinauf sich kundgibt, (jcschiclitlich interessant ist der Altar zu Kiifermarkt besonders noch darum , dass er wahrschein- lich durch den Eintritt des Reformationszcitalters unvollendet geblie- ben, denn er ist ganz aus Holz, welches mit theilweisen Anfangen von Grundirung zu einer vorzunehmenden Vergoldung versehen ist. Jeden- falls ist derselbe durch Nürnberger Künstler oder deren Eintluss aus- geführt.

Von den Schnitzwerken aus Oberüsterreich bezeichne ich noch den Flügelaltar zu Pesenbach, den ich in seinen Details genau zu besichtigen Gelegenheit hatte. In der Hauptform und in Bezug auf ornamentale Details des Stjies ist derselbe strenger durchgeführt als jener zu Kiifermarkt. Der mittlere Kasten hat an der Hauplanord- luing dieselbe Raumaustheilung wie der Kiifermarkter , niimlich 3 Hauptfiguren mit reich gegliederter Bilderdachkrönung versehen, nebst kleinen Figuren an der herumlaufenden Hohlkehle ; nur ist hier der oberhalb des Kastens bestehende .Aufsatz mehr als ein architek- tonisches Motiv durchgeführt. Der Allar hat eine bedeutende Höhe, denn er niisst bis zur letzten Spitze 5 Klafter 4 Fuss. Die Breite sammt den beiden Flügeln betrügt 2 Klafter 3 Fuss. Leider ist dieser Altar gänzlich neu bemalt und vergoldet worden.

Ein sehr interressanfcr Flügel -Altar ist auch zu St. Michael bei Freistadt. Dieser Altar ist in seiner Conception bezüglich der Kastenform von den gewöhnlichen verschieden, das Ornament sehr zart und reich und in den Hauptlinicn noch ziemlich rein, bezüglich des Styles, durchgeführt, und seheint aucli noch von jeder Rcstau- rirung verschont geblieben zu sein.

Noch erwähne ich die Laurenzkirche zu Lorch bei Ens wegen des Saeramentshäuschens und des ewigen Lichtes, so wie das ewige Licht in der Kirche zu Freistadt; leider war es mir nicht möglich, hievon eine bestimmte Skizze anzufertigen.

Eine sehr merkwürdige Kirchen-Anlage, noch aus der roma- nischen Zeit stammend, bildet die Stadt-Pfarrkirche zu Wels wegen des noch daselbst belindlichen Hauptportals. Die Profilirnng des- selben ist noch sehr roh und der Rundbogen mit dem starken Rund- stab durchgeführt ; an dem Fussgesimse befindet sich die bekannte symbolische Tbiergestalt angebracht.

Eine schöne Kirchen-Eingangshalle, jedoch aus dem XV. Jahr- hundert, befindet sich in Alt-Münster bei Gmunden, woselbst einige gute Renaissance-Grabsteine angebracht sind.

Die Kirche zu Wolfgang, durch die vielen Zubauten ganz verunstaltet, bietet wenig Anhaltspunkte für die ursprüngliche Anlage; jedenfalls dürfte sie in die Zeit des XIII. Jahrhunderts fallen, was auch

die gegenwärtig aus rothem Marmor ziendich gut erhaltenen 3 Portale beurkunden, wovon jenes mit dem Basrelief des b. Wolfgangs und dem daselbst angebrachten nrnanientirten Fries besonders sich aus- zeichnet. Die Profilirung ist sehr charakteristisch wegen des sicht- baren i'berganges der romanischen Anlage in die gothische. Ausser- dem befindet sich sonst kein älterer aus der romanischen Zeit stammen- der Theil in der Kirche vor, imless fand ich beim Pfarrer selbst einige höchst merkwürdige Gegenstände, als ein Evangelienbuch, dessen Vorder-Deckel mit einer ornamentirten Silberplatte versehen ist; auf demselben befindensich SEvangelisten fderviertc, Marcus, fehltlcider) aus Elfenbein geschnitzt, in der .Mitte des Deckels ist ein ovaler Kry- stall eingefasst, worunter einel(eli(piie aufbewahrt ist. .\uf der Hinler- seite des Buches befindet sich auf einer Metallplatte der h. Michael gravirt mit der Umschrift: Velle quod est altum nihil est nisi velle ruinam hoc drago prostratus hoc monstrat ciliea virtus ').

Ausser 2 reich ornamentirten und vergoldeten Initialen kamen sonst keine Miniaturen im Buche selbst -.or. Dieses wcrthvolle Buch gehört jedenfalls schon der Zeit des XII. Jahrhunderts an, und ich werde hievon später eine genaue Zeichnung mittheilen.

Ausserdem befindet sich daselbst ein sehr altes Pastorale, was gleichfalls vom heiligen Wolfgang herstammen soll. Der obere Theil dieses Bischofstabes ist aus Bronze mit Email, der Stab mit Ilolz- und Elfenbein verziert. Die Zeichnung der in Email ausgeführten Figuren und Ornamente charakterisiren noch streng die romanische Zeit und sind letztere sowohl in ihrer Linienverbinduug als auch Blattabspitzung noch sehr interessant. Der eigentliche mit Elfen- bein eingesetzte Stab ist entschieden älter als der obere Bronze-Auf- satz und dürfte auch als blosser Pilgerstab dem heil. Wolfgang ange- hört haben.

Noch befindet sich daselbst ein Kelch, der seiner ganz einfachen aber schönen Form wegen erwähnt werden muss.

Vor der Kirche steht ein Brunnen aus Stein und Bronze ausge- führt. Eine unten zehneckig, oben achteckig geformte Stein-Säule, mit Bronze verkleidet, an der ein kreisrundes Wasserbecken ange- bracht, in welches aus vier ander oberen achteckigen Säule angebrach- ten Köpfen das Wasser hervorspringt, bildet die Haujitardage dieses Brunnens. Auf der Säule selbst steht die Statue des heiligen Wolf- gang aus Bronze. Die Verzierungen an der Säule hei ihrem Fuss- gesimse bestehen aus figuralischen Darstellungen der Mvlhologie. An dem Wasserbecken ist in altdeutscher Schrift zu lesen: „Icli bin In dem eren Landt Wolfgang gemacht .Abt Wolfgang haberl zu Mondsee hat mich betracht, zu nutz und fromen den arnu'n pillgrums dve nit haben Geld und Wein dyi' sollen pey dissen Wasser IVöllich sein anno d. m. löl.^ jar ist das Werk volprachl. Gott sey gelobt.

Durch nieisler Linhart raumacher sfat prumeisler zu Passau."

.1. Bergmann.

*) Vor ^anz Iturzer Zeit wuriie iler wieilerliolte Versucli j^ernaoltt, dieses lvOstl)nre Evaii^elistni-iuiii für das Auslaiiil an^utiaiifen. Wir liotTcn, dass der holie WltIIi dfsscilieii j^t'uiirdifjt und Siu-f^e ^etrnj^en werde , da.s,s dasselbe Österreich erlialteii lileilii.

D. Red.

Literarische Anzeigen.

Wackernagel \V.; Die goltlene Altartafel vonBasel. Abbildung. Erklärung und Zeitbestimmung. Basel 1857. 4. 33 Seiten ii. 4 Tat.

Die goldene Allarfafel von Basel, gegenwärtig eine der werth- vollsten Zierden des Hotel Cluny zu Paris , hat seit einer Reihe von Jahren die besten Kräfte Frankreichs lehhan beschäftigt u[i(l eine Reihe von Erklärungen und Deutungen hervorgerufen, dii' bald in

höherem, bald in minderem Grade auf Beachtung Anspruch machen. Die Namen, welche auf dem Gebiete der Archäologie zu den geacli- letslen gehören, wie Didrou, Crosnier, Bourassc, Texier. Cousseau U.A. haben sich mit lebhaftem Interesse an den gelehrten Verhandlungen betlieiliget. die Unruhe der Forschung, die im Beginne die einzelnen Behauiilungeii kennzeichiu'te. und dii' Divergenz der An- sicbleii, «eiche über einige wesenlliehc Punkle die Geister entzweite,

rs-

308

hat stufenweise ui einer Ahkläiunü; und Feslslellun^ der Ansieliten fiefülirt, so dass nur üher Kinzeliies noeh olTene Kr:ii;en dem Forselier sich darbieten. Diesem Kunstwerke gegenüber, welclies in einem Aete arger ImpieliU bei der im Jabrc 1834 vorgenommenen Thcilung des Basler Kirelionscliatzes zwischen Basel -Stadt und Basel -Land- schaft der letzteren zufiel, von der Regierung zu Liestal im .1. IS.fO ötTentlieh versteigert, zuerst in l'rivalbesilz gelangle und endlieh von der französischen Regierung um den Preis von ö(t,lt(l() Kranes für das Hotel Cluny erworben wurde, hätte daher die deutsche Archäologie eine zweifache Aufgabe zu erfüllen, einmal durch die Zusammen- stellung der von den französischen Korsehern gewonnenen Uesultate, und weitershin durch ilie Forlliihrung und Aiislireitun;,' der Korschung von jenen l'unkten aus, an «eiche ein weiteres Anknüpfen wünschens- werth schien. Mit diesen lebhaften Erwartungen haben wii auch das oben angezeigte Werkehen in dio Hand genommen , und von dem Verfasser, welcher durch seine eben so tiefen als ausgebreiteten Studien auf einem der Kunslarchliologie nahe verwandten (jobiete unwillkürlich in die Grenzen derselben hineingeführt wird, eine Lei- stung erwartet, welche in einer der erwähnten Uichtungen dem Fach- manne vollkommen Genüge leisten würde. Diese Erwartungen aber wurden nicht erfüllt, ja es hat uns befremdet, dass der gesehälzte Verfasser, der durch sein Werk über deulselie (jlasnialerei einen sehr achtbaren Beitrag zurKunstgeschiehte veriilVentlichte, in diesem Kalle sich mit den bereits gelieferten Vorarbeiten nicht vertraut gemacht hat. Die auf der Altartafel angebrachten Inschriften sind bereits vor Jahren von dem.\bbe Cousseau richtig gedeulet. und derDeutungs- vcrsueh Crosnier's, welcher hievon wesentlich abweicht, kunnle in den Kreisen der französischen Archäologen nie heimisch werden. Dass Stark in seinem Werke über Städteleben, Kunst und Alterlhum in Frankreich rücksiehllieh dieser rnisehrift in einen argen Irrlhum ver- fiel, gibt nur den Beweis, dass der gelehrte StotV oft gewaltiger ist als die Kraft des Einzelnen, ihn zu bewältigen. Übrigens müssen wir zur Ehre W a c k e r n a g e l's gestehen , dass er in allen Einzelfor- schungen, welche er über das Detail der Altartafel anstellt, durchaus zu richtigen Resultaten gelangt, nur scheint uns die darauf verwen- dete Mühe nicht genug fruchtbringend, da ja das Meiste, worauf WackernagePs Korschung abzielt, bereits in die Reihe der fest- stellenden und hinreichend begründeten Thatsachen auf dem Gebiete der Archäologie gehört. In einem wesentlichen Punkte jedoch weichen wir von WackernagePs Ansiehtab, obgleich er biefür die Autorität der meisten früher angefübrien .\rehäoliigen Frankreich's für sieh hat, in jenem nändich, dass diese AltartafVl ein (lescbenk des Kaisers Heiorich I. und seiner frommen (Jemablin Kunegunde sei, somit aus demBeginne des XI. Jahrhunderts stamme. Dagegen hat schon Kug- ler, dessen Ansicht Wackernagel zu bestreiten sucht, wie uns dünkt, in überzeugender Weise Bedenken erhoben, und wir verweisen in dieser Beziehung den Leser auf seine kleinen Schriften I. B., S. 48i). K ugl er sucht jedoch den Autoritätsglauben, von welchem auch die französischen Archäologen getragen worden zu sein scheinen , und demzufolge diese Altarlafel ein Geschenk des erwähnten Kaisers sein soll, dadurch zu retten, dass er dem schon vorgeschrittenen Kunst- stjlc dieser Arbeit gegenüber auf eine am Schlüsse der riunanischcn Periode vorgenommene Umarbeitung hindeutet, .allein abgesehen davon, dass eine solche Umarbeitung, welche den ganzen Stylcharakter geändert hätte, von einer neuen Sebnpfung nicht wohl abzutrennen ist, gibt eben W ackeriiage 1 den besten l'i'helf an die iiand. die bis- her geltend gemachte .\nsicht für das Datum des Allars zu bestreiten, da CS seiner fleissigen Forschung nicht gelungen ist, irgend einen urkundlichen Beweis für jene Tradition beizubringen, welcher zufolge die goblenc Allartafel ein Geschenk des Kaisers für den Münster zu Basel sein soll. Den uns bekannt gewordenen Kunstschöpfungen des

XL .labrbuJKlerts gcgciuilier, die durehaus primitivere und unent- wickeltere Formen sowohl auf deniGebiele der Plastik als Architectur an sieh tragen, nehmen wir daher nicht den geringsten Anstanil, die zweite Hälfte des Xli. Jahrhunderts als den Zeitpunkt der Anfertigung dieser Altartafel auszusprechen, welche wohl von irgend einem fromm- gesinnten Ehepaare (fehlen doch den beiden zu Küssen Christi lie- genden Figüreben jede Andeutung fürsllieher Personen) einer gcist- liehe[i Stiftung nach der Regel des heiligen lienediet, welcher neben den Gestalten Christi und der drei Erzengel dargestellt erscheint, jedoch zum Münster von Basel keinen näheren Bezug hat, zum Geschenke gemacht wurde und von hieraus in späterer Zeil seinen Weg nach Basel gefunden haben mag,

Dr. G. H.

Die uns vorliegenden Ilefle Juni bis Sepleniher der „Revue de l'arl ehietifiuie~, herausgegeben von .MibeCo r hl e t, bieten in mehr- faelK'r Beziehung grosses Interesse. Bemerkenswerth ist vor Allem dieTenilenz dieser Zeitschrift, auch den hervorragendsten mittclalter- liclien Kunstwerken Deutschlands einige Aufmerksamkeit zuzuwenden, und wir bedauern nur hiebei, dass die Redaclion sich in dieser Bezie- hung nicht der Mitwirkung solcher Kräfte erfreut, die mit Ernst und Gewissenhaftigkeit das Vennillleranil zwischen deutscher und franzö- sischer Kunst zu vertreten vermögen. Dicss gilt inshesondcrs von der Abbildung und dem Aufsatze des Herrn E, Breton über die herrliche Domkirehe zu Limburg. Welch trefl'liehe Gelegenheit wäre damit geboten gewesen, eingehende Vergleiche zwischen der Georgskirche in Limburg und der Kathedrale zu Noyon iuFrankreieh anzustellen, da die grosse Ahidiehkeit beider Bauwerke auf einen noch nicht ermittelten inneren Zusammenhang hinweisen. Anstalt darauf nur einigermassen Rücksicht zu nehmen, begnügt sieh Herr Breton, eine pers|)eelivisebe Ansicht der Faj'ade und eine malerische Ansicht des Chorsclilusses nach eigenen Zeichnungen olme weitere instructive Details zu geben und einige dürftige historische Notizen und eine noch dürftigere architektonische Beschreibung beizufügen. Vollends eine ernste Rüge verdient die Schlussbenierkung des Herrn Breton, dass dieses wichtige Kunstwerk so selten besucht und so wenig bekannt sei, dass er in Deutschland darüber vergebens eine Zeiehming der Linihurger Domkirche gesucht habe. Hätte Herr Breton die ein- fachste Anfrage an irgend einen Fachmann in Deutschland gerichtet, so würde er in Erfahrung gebraehl haben, dass selnm Dr. G. Moller in seinen „Denkmälern der deulsebeii Baukunst" von dertn^orgskirchc in Limburg ganz vorzügliche .Vufnahmen veröll'enlliehl hat , welche in jüngster Zeil Dr. E. Fürster in seinen „Denkmalen der deutsehen Kunst" grossentheils benutzt hat und die ungenauen Abbildungen des Herrn Breton vollends üherllüssig machen. Ch. Dr. Linas bringt die sehr verständige Beschreibung eines Evangclislariums der .\btci V. C" y s 0 i n y hei Lille. L'.Mihe B a r b i c r il e M o n t a u 1 1 vcrün'enl- licht eine Epigraphik und Ikonographie der Kalakomhen von Rom. Vom Abbe J. F. Andre werden noch nicht in Druck gelegte litur- gische Documeiile der alten Kathedrale zu t'arpcntras publicirt und vom Abbe E. ("aueto der Iriball der Sarkophage derCrypta von .Sl. .Marie d'.Xueb beschrieben. M. B. Schayes bringt eine Über- sielit der Bauten und Restaurationen im niillelallerlichen Style, die in Belgien seit dem Jahre i830 ausgcführl wurden. M. Abbe Dominik Branche hat archäologische Briefe nnt der .\uhergne begonnen. M. Grimourd de Saint Laurent lieferte .Aufsätze über die An- fänge der christlichen Kunst, M. H. (janart, eine Beschreibung der Abtei St. Bcnoite d'Origny. Wir brauchen übrigens nicht erst zu erwähnen, dass die Hefte üherdiess noch eine grosso Zahl von Notizen und anderen Mitlheilungen enthält, die von der grossen Um- sieht der Beilaclion Zeui'niss geben. K. W.

.Vus der k. k. Hof- und Staatsdruckerei.

Jeden Monat ersciieint 1 Heft zu 1 hrs 2 Druckbojen mit Abliil-

dung-en. Dor Pränurnerationspreis ist für f infu .lahrgrang oder zwölf Hefte liehst Register sowohl fiii' Wien als die Kroii linder und düs Ausland 4 fl. C. M., bei poilo freier Zusenduii;^ in die Kronländer der nsfeiT. Monaiehi.' 4 ll. 2U kr. f. M.

MITTHEILUNGEN

DER K. K. CENTRAL- COÄOnSSlON

Prä 0 am p r a t i on eD ülxrneh- tat-n ti a I b- odrr -.'autjähri^ allek.k, Postamler derMoiiarrhif. Welche auch dii« portofreie /.nseoduDg- der ciusi-loeD Heftf besorgPD. Im WV;.**' de» Bueh- hitndelfi tind alle Pränuinerativarn und zwar nur zu dein Preie«* von 4 ll. au dfD k. k. Hofbücbbändlrr

V- BraoiniilleriQ Wien zu ricfaieo.

HcrausgcE^eben unter der Leilüog des k. k. Seclions-Chefs und Präses der k. k, Cenlral-Conimission Karl Freiherrn v. CzoerniiT.

Redacteur: R a r I Weiss.

m 12.

IL Jahrgang.

December 1837.

Inhalt: Andeutungen über Malerei und Bildhauerei des Mittelalters in Österreich. Das Floriani-Thor in Krakau. Vier steinerne

Denksiiulen zu Ödenburg und Mattersdorf. Reisebericht über einige Denkmale zwischen liotzen, Tirol und St. Pauls, dann des Thaies Mareit und Riednaun in Tirol. Die Doppelcapelle und der Thurin auf der Ruine Grünburg in Kärnthen. Correspondenzen. Literarische Anzeigen.

Andeatnngen über fflalerei und Bildhauerei des Mittelalters in Österreich.

Von Karl Haas.

I.

Die selbststiindige Stellung und Entwicklung, welche die Arehitectur, die hervorragendste der bildenden Künste, von jeher einnahm, hat auch auf die Beachtung ihrer Erzeug- nisse, vorwiegend jener der übrigen Kunstzweige, bedeutend eingewirkt.

Es ist noch in unseren Tagen dies fühlbar. Die Denk- male der Baukunst, die edlen Überreste einer künstlerisch hohen V^ergangenheit werden bei dem regen Interesse, wel- ches die Gebildeten der Gegenwart endlich an kunstwissen- schaftlichen Forschungen nehmen, mit seltenen Ausnahmen fast überall aufgesucht, beschrieben und bekannt gemacht.

Dank dem so lebenskräftigen Fortschreiten und Wir- ken der k. k. Central-Commission so wie einzelner Vereine und Privaten haben wir die gerechte Hoffnung, in wenigen Jahren eine ziemlich umfassende Kenntniss des Monumental- schatzes , welches unser grosses Österreich in seinen Bau- denkmaien repräsentirt, zu erhalten.

Es sei nun vergönnt die thätigen Kräfte und Mitarbei- ter an dem schönen Werke auf die sorgsame Beachtung der, wenn auch minder ins Auge fallenden, aber doch für unsere heimathliche Kunstgeschichte eben so bedeutsamen Vertre- tung der übrigen Kunstzweige, namentlich der Malerei und Bildhauerei, aufmerksam zu machen. Theilweise ist dieses auch schqn mit kundigem Blick geschehen, nur wäre zu wünschen, dass derartige Forschungen eingehender und allgemeiner angegriffen, und dass neben der Würdigung des geistigen inneren Princips der Composition, auch eine genaue Beobachtung des technischen Moments, der eigent-

II.

lieh malerischen Auffassung, des Materials und der Bezie- hung, in welcher die Künstler unter einander und mit Schu- len des In- und Auslandes standen, ins Auge gefasst würde.

Von vorn herein muss gestanden werden, dass bis auf die Neuzeit eigentlich österreichische Maler der mittelalter- lichen und auch der nächstfolgenden Periode wenig beach- tet und auch wenig gewürdigt wurden. Die grösseren Hand- bücher über Kunstgeschichte wissen uns da wenig zu sagen, und nur hie und da tauchen vereinzelte Nachrichten über dieses oder jenes Bild auf, das auf Goldgrund gemalt einen Altarsehrein als Flügel ziert. Wandgemälde werden nament- lich in den seltensten Fällen erwähnt. Miniaturen erscheinen ebenso, meist nur von ausländischen <) Fachmännern, da aber als besonders beachtenswerth gewürdigt.

Liegt diese Vernachlässigung vielleicht auch in der Seltenheit des Vorkommens? Schon bei der genauen l'nter- suchung unserer Baudenkmale hat sich herausgestellt, wie irrig die vorgefasste Meinung war. dass einzelne Provinzen in dieser Richtung ganz verarmt seien und die reicher be- dachten jedenfalls nur Copien oder späte Abklatschun- gen des künstlerisch regen Lebens der Nachbarländer enthielten. Wenn auch die Stylperiodon der Baukunst in gleichem Bytlimus in Osterreich wie anderwärts sicli folgen und aus manchen Gründen zugegeben werden muss, dass Einflüsse älterer ausserösterreichischer Denkmale an unseren frühmittelalterlichen Bauten wahrgenommen werden, so sind doch bald aus diesen influenzirten Versuchen selbststän- dige, lebenskräftige Schöpfungen entstanden.

•) Selhstverständlich ist hiuvoii .nusgenonmieii \Volf>kroii'.s Heilwijr-Le^eml.

310

Die Gruppen der romanischen Kirchen in Kiirnthoii nnd StPierniark. sowie in IJühmon und Mahren. iMidlieh. dem Dunauliiale füllend, in (tsterreich und l'ngarn, die zierli- chen romanisciien UotiiinitMi. die Frachtblütheii der Gothiii in \\ ien. Prai:, Kiilteid>erpr, Kaschaii u. s. w.. kurz die den Lesern wohlbekannten Sehätze des Heimathslandes zeugen von selliststandiger Verarbeitunn; und von reicher Entwicke- lung der ursprünglichen Idee.

Neben diesem friselien kunstbefahigten Streben ging nun selbstverständlich ein iihnlieh reges Leben in den eigentlich sogenannten bildenden Künsten Ilaiid in Hand.

Uas Mittelalter kannte die schrolle Trennung der Fächer, die so gefährlich autdie Gesannntrichtung der heu- tigen Kunst wirkt . nicht. Willig und freudig füllten Bild- schnitzer und Maler die hohen geweihten Räume und immer mit Überlegung und Verstäiidniss. wie ein oder das andere Werk dem Ganzen diene, wohl bemessend, dass nichts die Harmonie störe , nichts allein für sich Betrachtung erhei- schend, den gewaltigen Totaleindruck zerstreue.

Von allem diesem ernsten und auch heiteren Schmuck ist nun freilich wenig geblieben, das Wenige sogar (d't noch unbeachtet; dieses aber ein Zcugniss, dass hierin unser Vaterland ebenbürtig mit dem übrigen Deutschland in die Schranken treten könne.

Ganz abgesehen von der nationalen Entwickelurig und von dem mehr oder minder reichen Schatze einzelner Ge- genden ergeht nun auch die neueste Forderung der allge- meinen Kunstgeschichte an uns, in diesem so brach liegenden Felde die Marksteine auszulegen, zu welchem die Berufenen die willkommene und bedeutsame Ergänzung bringen mögen. .Aus eigener Erfahrung kann ich behaupten, dass die Mehr- zahl unserer Kirchen namentlich an Wandgemälden einen reichen Schatz birgt: nur deckt die leidige Kalktünche die überwiegende Zahl dersellicn. Talelgemälde sind oft in den entlegenen Bäumen, Kirchenböden und Sacristeien versteckt, in einzelnen Fällen noidi an Ort und Stelle als .Altarbilder erhalten. Beispiele gibt es in Mülle und Fülle.

Betrachten wir einen kleinen Kreis von Bauten, wie z. B. in Brück an derMur i[> Steiermark. Das Presby- terium der St. Iluprechtskirche , der einstigen Stadt- i'farrkiri'he, enthält im Innern grösstentheils noch über- tüncht Wandgemälde und Inschriften des XV. Jahrhunderts, an der .Aussenseite ein etwas späteres grösseres Fresco, leider arg beschädigt. Die Darstellung in drei Felder gethr-ilt, von denen zwei heinahe undeutlich geworden sind; das dritte auf blauem Hintergründe, zeigt den Gekreuzigten, nnterhall) Maria und Johannes.

Im daneben befindlichen Bnndbau (einer Friedhofs- capelle mit Kryjita) ist die ganze Innenseite mit früligollii- schen, dui'ch romanische Beminiscenzen iidluen/.irte Abbil- dungeneinzelner Heiligen ninl niil •-ehr interessantem (Irna- ment verziert. Die Bcdiandlung weist auf - mit fester Hand gezeicluiete Inirisse und eine Farbenfüllung, die in breiten

wenig gebrochenen Flächen, ähidieh den Miniaturen der- selben Zeit einiresetzt.

Die Mimiriteukirche in Brück vom J. 1300 zeigte, neu- erlich erst übertüncht, lange Inschriftbänder mit ornamenta- lem Schmuck. Ob (igiiralische Darstellungen vorkamen, wage ich nicht zu behaupten, vermuthe es aber.

.An Tafclgeniälden und Schnitzwerk sind in Brück a. d. Mur zu linden :

In der B u pre ch tsk i r e h e, Theile eines sehr tüchtig gemalten gotbischen Flügelbildes mit fester Hand auf Gold- grund, dann ziendich handwerksmässig gefertigte, aber durch den Inhalt interessante Darstellungen aus der Schöp- fungs- und Passionsgeschiehle in Wasserfarben auf leinenen Tüchern; zur Fastenzeit als sogenannte Fasten- oder Hun- gertücherverwendet, endlich Darstellungen aus dem Leben Christi in kleiner Schnitzerei des 16. Jahrhunderts.

In der Spitalskirche. Ein tüchtig jedoch minder fein behandeltes Altarwerk auf Goldgrund des 15. Jahihnn- derts, eine schöne Tafelmalerei des XVI. Jahrhunderts, den heil. Martinus und Donatoren vorstellend , auf Dürer'schen Eintluss hinweisend.

Die Pfa rrkirche am hohen Markte enthält ein geschnitztes Crucilix mit Maria und Johannes, ziemlich gute Arbeit des späten lö. Jahrhunderts und in der bekannten Sacristeithüre ausgezeichnete Ornamentik in getriebener Arbeit •)• Ebenso enthalten einzelne dieser Kirchen Proben von Glasmalerei des XV. XVI. Jahrhunderts.

Dies sind mir aus der Menge herausgenommene Bei- spiele, wie reich derartiges, bis jetzt ganz unbeachtet, auch an kleinen Orten vertreten ist.

Leider ist din-ch die Xichtbeachtnng das Meiste ver- loren und zerstreut, oder doch arg beschädigt.

Blicken wir auf Neuberg, das ehemalige Cister- cienserkloster.

.An der westlichen Scliifl'w and Irellen w ir grosse, theils übertünchte, theils vei'kratzte Wandgemälde, zwar in roher Ausführung, jedoch bedeutsamen Inhalts, grossere Composi- tionen darstellend, wie es die wenigen Spuren zu vermuthen erlauben.

Der Kreuzgang rieben der Kirche eulhielt, gegen- wärtig durch die Bildnisse der .Äbte verdeckt und ganz zerstört, in den Schildbogenwänden figuralische Vorstel- lungen, die, wie es scheint, sich auf die (Jründuiig des

Klosters bezogen.

Sein- interessant nnd wolderhallen sind zwei Iimen-

seiten von Flügelaltar-.Vufsützen in dvr Kirche selbst. Im

Mittelstück Schnitzerei, an den Flügeln Malerei, dem frühen

1(!, Jahrhundert angehörig; gegenwärtig mit einer Schnitz-

werkuMikleiduug, die dem 17, Jahrhundert angehöit. als

.Altarbilder wieder verwendet.

') Sie ist akgeliilili't in ilmi C. uml 7. Uerii' iler „Millclullerlitlieii Kifiisi- «ieiikinaie de» iistcrreichischen K«i«er»taati-s". hcrausgcgplioii v«n Or, (i. II ei d (■ r, II. von K i 1 1" I h o rper iinil .\rchilokt J, Mieser.

311

Sie zeigen eine sehr tüchtige und eine mehr schwan- icende Hand , die des Schülers. Die besseren sind mit dem entschiedenen Streben nach Individuaiisirung, in einigen Fällen mit wahrer Meisterschaft gezeichnet und modellirt, der Faltenwurf entschieden und ziemlich frei behandelt.

Ihren Inhalt zu detailliren, würde hier zu weit führen, und wird an anderen Orten versucht werden.

Die kleinere sogenannte Pfarrkirche enthält einen schon handwerksmässigen Altaraufsatz spätgothischer Zeit und mehrere Theile von Flügelbiiderii des frühen I 6. Jahr- hunderts; eines derselben mit der für die \ erbindung mit ausländischen Meistern und dadurch hervorgebrachten Ein- flussauf die einheimischen nicht uninteressantenUnterschrift.

Endlich von Bildhauerarbeit im Stifte selbst die sehr tüchtig und mit feinem Sinn modellirt ausgeführten symbo- lischen Sculpturen an den Tragsteinen im Kreuzgang, ebenfalls dort ein Hautrclief, die Kreuzigung samnit vielen Figuren, ersteres dem 14., letzteres dem lö. Jahrhunderte angehörig.

Eine Stunde von Neuberg in Kapellen ein Christo- phorusbild,dem 16. Jahrhundert zuzuschreiben, überlebens- grosses Wandbild in gewöhnlicher Au.sfüliruiig.

So fragmentarisch diese Andeutungen sind, zeigen sie doch, dass nur in dieser Richtung geforscht zu werden braucht, um Materiale und zwar fast überall noch zu linden.

Und nicht bloss rein archäologisch oder kunstgeschicht- lich merkwürdig sind diese alten Kunstwerke, sondern oft stossen wir auf solche, welche dem gebildeten Auge an und für sich einen erhebenden Kunslgenuss gewähren.

Wieder nur ein Beispiel aus dem verhältnissmässig kleinen Kreise der Steiermark möge genügen. An der Doin- kirche in Gratz, und zwar sowohl an der West- als Süd- seite bedeckten zahlreiche Wandbilder die Maueriläche ziem- lich hoch hinauf.

Die Bilder der Westfa^ade sind leider zum Theil ganz verbliehen , zum Theile so restaurirt, dass über sie wenig mehr als Bedauerliches zu sagen ist.

Das grosse Wandgemälde aber, welches die Südseite zwischen zwei Strebepfeilern eingefasst schmückt, ist mit kleinen Ausnahmen ziemlich wohl erhalten '). Es wurde durch die Fürsorge des hochwürdigsten Herrn Fürstbischofs Grafen von Attems vor einigen Monaten von langjährigem Staub und Schmutz gereinigt und erwartet von der Munili- cenz des hochwürdigsten Gönners die gänzliche Restauration. Ein Halbkreisbogen, flach gespannt, überdeckt und schliesst dasselbe, und so ist die Darstellung wie in einer Nische architectonisch unn-ahmt und begrenzt.

Die Composition zeigt das Strafgericht, welches die göttliche Macht der Menschheit zur Erweckung aus dem

') In Prof. Schreine i's verdienstlichem Werke iiher Gralz 1843, so viel ich weiss, das erstemal eingehender erwähnt. Die unteren Darstellungen auch in einem früheren Hefte der sleierni. Zeitschrift.

dumpfen Taumel des sinnlichen Lebens zugeschickt, zu- gleich aber auch die Mittel, demselben zu entrinnen und den göttlichen Zorn zu dämpfen. Maria und Johannes flehen und wehren der Strenge der beleidigten Gottheit, die, als Drei- einigkeit in der ältesten Form von drei gleich gebildeten Personen dargestellt, die Strahlen des Zornes in Gestalt von Speeren und Blitzen mit den Aufschriften als Krieg, Pest und Hungersnoth bezeichnet, auf die Welt herunter- schleudern. Apostel, Märtyrer, heil. Bischöfe und gottselige Jungfrauen umsehweben den Himmelsthron ; ein Regenbogen- band als Andeutung des Himmels von Engeln getragen, wel- che in der bedeutungsvollen Siebenzahl der Dionysischen Hierarchie doppelt, nämlich beiderseits als Halbfiguren dar- gestellt sind, und welche streng mit .\ttribut und Inschrift gekennzeichnet werden, schliesst dann den himmlischen Vor- gang ab. Unten ist die Zelle des heiligen Franciscus und Domi- nicus, vereint durch die eines heiligen Papstes, Hierony- mus (?), und hier entfaltet sich ein für die damalige Kunst- stellung (das Bild gehört dem Ende des iS. Jahrhunderts an, wie Tracht und manches andere beweisen) besonders frappantes künstlerisches Talent und eine Meisterschatt der Individuaiisirung, wie sie mir gleichzeitig nur selten bekannt ist.

Namentlich gilt dies von der Gruppe links von den Zellen. Ein König und eine Königin, am Thronstuhle sitzend, umgeben von den Höflingen und Rätheii, an die sich trefl- lich charakterisirt alle Stände, lütter, Bürger, Kaufleute und Handwerker, emllicli Bauern reihen, erhalten von dem heiligen Franciscus und Dominicus eine eindringliche Pre- digt mit Hinweisung auf das göttliche Strafgericht, welciies in seiner drangvollen Bedeutung und Wirkung uiiterliall) in einzelnen Feldern besonders dargestellt ist.

Hier concentrirt sich nun in den Köpfen der den Thron des Königspaares •) umgebenden Kronbeamten und Höflinge ein tiefer bedeutsamer EtTect: fast könnte man ihn mit dem modernen Ausdruck eines dramatischen bezeichnen. Dabei ist die malerische Behandlung frei und sicher ; die Model- lirung namentlich sehr verständig und die Zeichnung beson- ders in den Köpfen sehr geistreich. Das Bild ist in Tempera, wie es scheint, mit harzigen Farben gemalt. .Als Untergrund dient ein auf den ersten Bewurf aufgetragener feiner und glatter kreidiger Grund.

Auch von diesem Bilde hofl'e ich in der Lage zu sein, in einiger Zeit in würdiger Bearbeitung mit Abbildungen, die bei derartigem ganz unerlässlicli sind, aiist'iilulicbe Mil- theiliiiig zu geben. Es ist nur aus dem oben erwähnten Grunde hier berührt worden, um zu zeigen, dass auch echt künstlerische Genüsse den Forscher erwarten.

Wie selten übrigens die rechte \>'ürdigung dieses Theiles der kunstgeschichtliehen Forschungen anzutrellen ist.und wieNoth es thut, eindringlich auf dieselbe zu weisen.

') Ich veriiiutlu' Friedrich der IV. und Kleonora

44«

312

zeigt die S.Lieferung des Werkes: „Kunstdenkniale von Österreicli"', herausgegeben von Springer und I d li ei m. Der Verfiisser der Veste von Friesach hat darin nur mit wenigen Worten der Wandmalereien gedacht, welche die im südöstlichen Thurme der Burg am Petersberg bestandene i-oinanische Capelle zum Tlieil noch gegenwärtig schmücken. Leider hahe icli umsonst geholVt in dem gut ausgestatteten Werke bei Gelegenheit der Besprechung Friesachs detail- lirte und eingehende Untersuchungen mit genauen, dem Style der Malereien entsprechenden .Abbildungen zu finden. Die gelieferte Tafel ist in ihrer .Auflassung so malerisch gehalten, dass sie keine .Anhaltspunkte für vergleichende Forschungen gibt.

Diese NN'andgemälde aber gehören mit zum Interessan- testen, was wir an älterer Wandmalerei überhaupt noch besitzen. Zeichnung und Technik, so wie Ornamente weisen hin auf innige Verwandtschaft mit dem Meister, welcher den Xonnenchor im Dome zu (iurk schmückte; vielleicht Hesse sieh sogar bei genauer Untersuchung, welche mir aus Zeitmangel unmöglich war, beider Identität nachweisen. .AulTallend ist die gleiche Darstellungsvveise namentlich bei der auch in Gurk vorkommenden „Maria mit dem Kinde im Scbüosse". Ohne einer eingehenden Beschreibung vor- greifen zu wollen, versuche ich es nur mit wenigen Worten des Bedeutsamsten zu gedenken.

Das Innere der Capelle, welche aus zwei früher durch ein Kreuzgewölbe überdeckten Gewölb.sjochen, die durch einen Gurtbogen getrennt waren, besteht, zeigt an allen Wand- llai'lu'u Iheilweise noch gut erhaltene Gemälde. In ähnlicher Anordnung wie zu Gurk sind zu oberst grössere Darstellun- gen angebracht, während die untere Fläche kleinere Bilder oder Ornamente bedecken.

Neben der .Altarnische beiderseits, wie auch bei Sprin- ger a. 0. 0. erwähnt und abgebildet, zeigt die Wand zu oberst die Gestalt eines Bischofs und darunter eine der Tliiersyrnbolik entnoiiunene Darstellung; letztere in eigen- thümlicber, an irische Miniaturen errinnernde Weise, mit einem riemenartig verschlungenen Ornamente. Die Wand- ( heraldisch) links enthält in noch ziemlieh guter Erhaltung das letzte .Ahendmalil. In eigentliiinilicher Weise ist Christus am Ende der Tafel gesetzt, neben ilini links .luliannes mit der typischen gesenkten Kopfhaltung, endlich die übrigen Apostel. Die reciits betindliche Wand zeigt die heiligen drei Könige. Sie sind in hastig schreitender Bewegung, leider ist die Beschädigung hier so fortgeschritten, dass der Kopf- schmuck derselben so wie das Vorkommen des Mohren- Typus bei Balthasar, bekanntlich beides von entscheiden- dem Interesse, nicht mehr genau zu bestimmen ist. Leider ebenso verwahrlost ist die f(dgende dem zweiten Gewölbe- jocb angehörige Wand, so wie die ihr gegenüberstehende, obgleich ich nicht zweifle, dass mit gehörigen Mitteln versebene Untersuchungen auch hier Licht verbreiten könnten.

Bei meinem, wie ich ausdrücklich bemerke, nur sehr kurzen Besuch konnte ich nur eine an Christi Grablegung erinnernde Zusammenstellung erkennen.

Besser erhalten und vor .Allem interessant ist die der .Altarseite gegenüberliegende Wand. Auf ihr befindet sich eine grosse Composition , welche von überraschendem Ein- drucke ist.

Über drei gekuppelten Rundbogen, unter deren mittel- stem Christus streng, fast byzantinisch, gebildet die rechte Hand nach lateinischem Bitus segnend erhebt, während unter den beiden seitwärts benndiichen die llalhliguren von .Apo- steln (?) erscheinen, erhebt sich ein mit mehrfach übereinan- der liegenden Buudbogenreihen verzierterThronbau. Zu die- sem führen beiderseits Stufen hinan, auf welchen Säulen ste- hen, die unter sich durch aufsteigende Bogen verbunden sind. Inmitten gerade über der Darstellung des segnenden Christus sitzt auf dem Throne die mächtige und hohe Gestalt Mariens mit dem Kinde am linken Arm, während die Hechte auf das- selbe zeigend gehalten ist. Die Gestalt der Gottesmutter ist überlebensgross und von sehr feierlicher würdevoller Haltung. Sie trägt einen blauen Mantel mit rotliem Futter. Die Stu- fen zum Throne sind an den Enden mit Löwen als Wächter des Heiligthumes besetzt und die einzelnen Bogenfelder zwischen den Säulen enthalten liguralische Darstellungen in einzelnen Gestalten; wahrscheinlich stellen dieselben, wie in Gurk an derselben Stelle »), personificirte Tugenden vor.

Ersichtlich ist Farbenwirkung angestrebt worden, und die Farben selbst sind in grossen ganzen Massen ziemlich harmonisch vertheilt. Xamentlich ist beim Ornamente ein richtiges Gefühl im Benützen der Gegensätze wirkend ge- wesen. Die unteren Felder nun enthalten theils gemalte Quadern mit Marmor-Imitation, theils anderes im romani- schen Geschmack combinirtes und oft noch gut erhaltenes Ornament.

Im Ganzen zeigen diese Malereien den ausgebildeten romanischen Styl, obgleich ich sie bei dem späten Verwei- len desselben in unseren Gegenden in das 13. Jahrhundert setzen möchte.

Die Mauer zeigt an beschädigten Partien die aufge- hackten Stelleu, um die Halthiiikeit des Mörtels zu bewerk- stelligen; aut diesen selbst wurde mit kräftigen Umrissen in rölhlich-brauner, theil weise fast schwarzer Farbe gezeich- net, und dann die Farben aufgetragen. Ob das Pigment in Fresco oder ä la tempera aufgetragen, konnte ich nicht nnteisuchen. .\indien. Ornanienl . sogar Verzierung an Ge- wandsäumen und Hintei-gnmds-Arcbitectur sind im festen Stuck erhöht aulgetragen -).

') Siehe die Beschreibung ilcr .MHlereien im Gurker Nuiineiichor im Noveni- berhefte der nMittheilunj^cn'' und in Otte's Grund/ii^^eii der lilretiliclien Archäolo^'ie.

2) .Uinliehe.H aiirli in Giir-k. Stiickvcr/.icniiil^ Tsl iil)erltiiil|>t ein Ch»r:lkteristl- eum roiiiaii. Wandmalerei, siehe Liihke VVestphalen S. 321 u. (T. , l)ei UeHchreihunf;: d. l^atiMtUus Munster in Soe>t; All^'emeine^ hierüber ent- hält Ku!;ler luid Itnrklnirt Gesehiehte der !M.-ilerei I, lj2.

313

Soll sich mm auch dieses, so leicht durch eine einfache Bedachung vor weiterer Zerstörung durch Schnee und Hegen zu schützende ehrwürdige Denkmal auf keine Weise vom schmählichen Untergang retten lassen, so wäre doch auf das Wärmste zu empfehlen, dass treue und umfas- sende Zeichnungen des noch heute Vorhandenen, ver- bunden mit einer gründlichen Untersuchung veran- lasst würden. Die geringe Würdigung, welche dieses und so viele andere ähnliche Kunstwerke bisher erhielten, ver- anlasste ihre Zerstörung und auch gänzliche Vernichtung. Retten wir nun diese seltenen Spuren, um nicht selbst die Anklage gewärtigen zu müssen, die Gegenwart habe bei all ihrem Fortschritte die Quellen der Kunstgeschichte miss- achtet.

II.

Die demnächst vorzunehmende Arbeit wäre also eine in gleichartigem Massstabe fortschreitend über das ganze zugängige Gebiet sich erstreckende Inventarisation der in Kirchen, ölTenllichen Gebäuden und Sammlungen vorfindli- chen Denkmale der Kunstthätigkeit in der bezeichneten Epoche.

Diese einzelnen Kunstwerke nach einem später zu erörtendem Plane verzeichnet, geben das Materiale, welches uns dann in den Stand setzt, in grösseren Zügen die Grund- linien zu der Geschichte der bildenden Künste in Österreich zu ziehen.

Immer zwar wird sich diese in den meisten Fällen nur mit Berücksichtigung auf den monumentalen Bau, dem das Kunstwerk entstammt und mittelst gründlicher Autopsie bewerkstelligen lassen, ohne sichere Special-Vorarbeiten aber zu einer kaum zu bewältigenden Aufgabe sich steigern.

Ein vorurtheilsfreier Blick und ein sorgsames Beachten vermeintlicher Kleinigkeiten ist hierzu eine unerlässliche Bedingung. Ebenso wird ein wirkliches Interesse an dem grossen Ganzen erforderlich sein, welches über die im Ein- zelnen unerquicklichen Arbeiten, die wie musivische Stein- chen zu betrachten sind, das Auge auf den Endzweck und die ermöglichte Verarbeitung der vielen oft mühsamen Specialforschungen hinleitet. Es ist mit einem Worte keine kleine Aufgabe und nur die wahre wissenschaftliche Be- geisterung wird mit Ausdauer den viel verschlungenen Weg durchmessen helfen.

Leicht begreiflich kann es nicht in meiner Absicht liegen, gewiegten Kräften den Plan oder die Richtung vor- zeichnen zu wollen, in welcher derartige Forschungen zu beginnen sind. Da aber die Erfahrung gezeigt hat, dass nach einem System durchgeführte Beschreibungen vurtheil- haft und aus mehr als einem Grunde zu wünschen sind und da das Materiale erst bekannt sein muss, ehe man an dessen Sichtung gehen kann, so liegt es mir vor allem daran, die Aufmerksamkeit der Fachgenossen auf den fraglichen Punkt

hinzulenken, und um eine Grundlage zur Discussion zu liefern, schliesse ich ein Schema derartiger Beschreibungen i[i Fragform bei.

Möge die Absicht, die es hervorgerufen, nicht misskannt werden, je gründlichere Einwürfe und Verbesserungen mein Vorschlag erleidet, desto willkommener werden mir und allen, die an derartigem Bestreben Antheil nehmen, die- selben sein.

Die richtige Einwendung, dass der Entwiekelungsgang der bildenden Künste nicht nach Verzeichnissen von Kunst- werken beurtheilt werden kann, habe ich selbst vor allem gefühlt, allein es handelt sich ja vorerst darum, den Umfang und die Verbreitung unseres Denkmäler - Vorrathes kennen zu lernen. Ich wende mich auch vorzugsweise an die Liebhaber, an die neugewonnen Freunde der Kunstge- schichte, deren so manche an den oft entlegensten Punkten in der Lage sind, von den in ihrem Umkreise beliMdiichen Denkmalen Nachricht zu geben. Für solche Bestrebungen, die nicht dankend genug entgegen genommen werden können, ist es nun gewiss vortheilhaff, eine Art Clavis, eine Brücke, die manche Schwierigkeit beseitigt, zu besitzen ').

Getreu befolgt wird sieh das wahrhaft Bedeutende von selbst in der richtigen Terminologie erkennen lassen und wenn nur die ersten Anhaltpunkte gewonnen sind, ist schon viel gethan.

Das reiche Materiale bedarf der Gliederung in grössere Massen; die Systematik solcher Arbeiten erleichtert deren Bewältigung; und auch wird nicht alle jedes gleichmässig anziehen.

Wir werden also unterscheiden zwischen malerischen und plastischen Kunstwerken, dabei aber noch auf die Unter- abtheiluugen eingehen müssen. Es ist zwar eine bekannte Tliatsache, dass beide Kunstzweige oft an einem und dem- selben Altarwerk, derselben Schnitzerei und Malerei von einer Hand herrühren, dieses jedoch darf nach meiner An- sicht hier nicht berücksichtigt wei'den, da die verschiedene Technik demselben Individuum verschiedene Auflassung, und zwar auf dem Geleise, welches jede Kunstübung sich fortschreitend bahnt, aufnöthigt.

Billiger Weise werden erhaltene Anfänge bildender Kunst der frühesten Perioden die erste Aufmerksamkeit auf sieh ziehen, wo nur das Allgemeinste in Form und Färbung erfasst wurde; fortschreitend dann gegen die E|iochen der reifern Thätigkeit, wo die sich durchbildenden Kräfte, unter dem Eintlusse vorhandener Vorbilder oder frei von eiiJenem

i) Dass zweckmässige Fniniuhiio . wejiii sin benutzt werden, von grossem Nutzen sind, beweisen unter andern die von Herrn v. ()uast auf Befebl des preussischen Ministeriums des CultusverfassteuFrag-Scheinata, wclebe (Utes kleinern Handbuehe beigefügt sind. Diese erstrecken sieh auf üerüeksiclitigung der architeetoniscben Denkmale uod der übrigen Aus- scbmüekuug, naineiitlieh der kircblicbeu Gebiiude, gehen aber in ihrer sonst trefilichen, jedoch allgemeineren Haltung auf .Malerei und Plastik nicht in Details ein. Sie haben nach guter Quelle bereits die besten Dienste iur Statistik des zerstreuten Vorrathes geliefert.

314

Genius getragen, sdiafTen, wo das Eigenthüniliche der indi- viduellen Gestiiltung, wo die tief einiiere Beseelung durch geübte meisterliche Tecliuii; gebildet sich zeigt, wird die forschende Betrachtung durch die Zeitbestimmung der einzelnen Kunstwerke von hohem Werthe und Interesse sein. Der geistige Inhalt der Darstellungen endlich, dessen Erkennen eine der anziehendsten Partien der kunst- arehäologischen Forschung bildet, wird sich im Hinblick auf die historische Entwickolung der eiiizeliieii Läiider, auf den gleichzeitigen jeweiligen Culturziistand und namentlich, da wir es fast ausnahmsweise mit christlich-religiösen Dar- stellungen zu tbun haben werden, mit dem reichen Apparate, den die neuere Forschung in dieser Richtung zugänglich gemacht hat, erklären und deuten lassen.

Die Gliederung ergibt sieh nun von selbst nacii folgen- den Hauptmomenten: der Technik, der Zeit und dem Gehalte nach.

Nach diesem Principe habe ich den folgenden Versuch gewagt, welchen ich hiermit der allseitigen Besprechung übergebe.

Die darnach verfassten Beschreibungen, weiche gewiss eine ziemlich sichere üeurtheilung erlauben werden, nament- lich wenn Pausen und .\bgiisse inilfolgen, wären wohl am zweckmässigsten an einem Mitlclpunkte zu sammeln, wozu, wie ich holVe, die k. k. Central-Conmiission wohl am besten und wohlmeinendsten die hilfreiche Hand bieten könnte, wenn überhaupt niein Vorschlag lebendige Wirkung äussern wird.

Entwurf eines Fürmulars zur Aufnahme einer Statistik der Denkmale bildender Kunst in Österreich').

Vorbemerkung. Die grossgedruckten Fragen sollten sämmtlich berücksichtiget werden; für Geübte ist auch das Kleiiigpilruckte, welches schwieligere, namentlich die Technik berührende Unterscheidungen enthält, enipfehlenswerth.

i. Wo ist das Kunstwerk befindlich? in einer Kirche, einem Profanbaii, oder an einem Werke der sogenannten kleinen Arciiiteetur, Betsävilen, ewigen Lichtern, Grabsteinen? Ist es noch am ursprünglichen Platze? Ist es geschützt vor Wit- terungs- oder ähnlichen widrigen Einflüssen?

2. Sind gedruckte , ungedruekte oder bloss mündlich erlialtene Nachrichten über sein Entstehen bekannt?

3. WelcherGattung ist dasselbe einzureihen? den zeieh- n e n d e n oder bildenden K ü n s t e n ?

In ersterer Hinsicht ist Rücksicht zu nehmen :

A. Wandmalerei.

uj Teinppramalcrei.

h) Fresfo (auf Hussein KalkJ.

k) Wassei falbe auf liockeiieiii rirundc.

B. Tafeliiialei-ei.

TiMiipera. Ol. Wasseifarlie? a) Auf H"l/.;;runil. .Mi'liill|]hitteji, Si'liiefer oder anderen.Sleliilafeln? h) Auf l.t'iiLWaiid (idi'i' liihIcmcui Stulfi;?

'j Wir verüffeiitlichtMi dit'st's Kormular afs dt'ii wohlgeiiu'iiili'ii luid ver- ■lleiiHtliehen Vorschlaft eines Fa(>liin»iiiii>s. Her iils l.antlcMu'cliiiuIo^ von Steiermark in der I^age ist sieh vielfache Kenntnisse und Kl'falli'Un^en /.u erwerben, und sind auch bereit auf eine niscussiun über die mii^liehsl erschüpiende Ablassun;; eines siilchen Kraj^enforniulars in diesen lliätlern einzup^ehen. Rhenso werden uns auch Heschreibunjien vun Scul|i(ureii und .Malereien , Hie auf Grundlage dieses l'annulars eingesendet werden , sowie auch (jute Zeichnungen, Pausen und Gybsnhgüsse zur Ansammlung im Archive der k. k. ('entral-iommission dem hiezn geeignetsten Miller|iunkte sehr willkomnien sein. Dagegen innss es noch der Entscheidung der k. k. Cenlral-C.injmissiiin vorhehallen «erden, welches Formular sie in dieser lle/.iehung für das geeignetste hält, um ilasselbe ihren Organen als /.u (;rundlaf;e einer .MnniMiientiil- und Kunst- Statistik anzuempfehlen.

i). Ited.

C iVIluiaturen. a} Auf Pergament, Papier oder Elfenbein ? D. Glasmalerei.

a) Aus einzelnen niusiviseh /.usammenf^esetzten SUiekeii, diemltteLst

Bleistreifcn an einander gefügt sind ? h) Malereien auf einer Scheibe eingebrannt?

E. Email.

Welke der Schmelzmalerei sind im Allgemeinen selten bei uns zu finden. In Frankreich, wo eine eigene Schule, die vun Limoges, sieh bildete, hat man sich für drei llauptabtlieiluiviien entschieden, die chrüiiologiseh folgen.

a) Die ineruslirlcn .Schmclzwerke.

hj Ltie durelisiehtig auf cihal)eiie Arbeit geschmelzton.

c) Förmlich gemalte Emails (ohne Metallcontouren ).

F. :%ieIlo.

(Melallplatten. in welche die L'mrisse und Linien der Zeichnung eingegraben und dann mit einer schwärzlichen Molallinischung aus- gefüllt worden sind.) a) Seihstständigc Werke meist kleinerer (lattung. hJ Hierzu zu rechnende Ausschmückung grösserer (iegenslünde, Grabsteine.

«. IVIoisaik.

Aus welchem Stoffe? Cihis. Tlinn, Steine, Holz?

In Bezug auf die bildenden Künste, die Plastik, ist lu bemerken:

A. .Seiilpliir. a) Ganz erhaben, rund gearbeitet, sogenannte .Staluc nder halb- erhaben oder verlieft? h) Dem Stoffe nach aus SIein, Holz. KIfenbeiii etc.?

B. Form und 4iiusN(eclinik.

u) Statue, Hautrelief. Ihisrelief?

h) Dem Stoffe nai'h Metall. Stuck. Thoii, Wachs?

4. Beliiulen sieh an einzelnen Thcilen oder wie bei Gemälden oft an der Rückseite In- oder Aufschriften, welche den Namen odi'r das MonDg^ramm des Künsters, oder die .lahreszahl der \ Crfcrlii^ung- ciitiiallcn?

Eraiau irioiianiTlior )

Till' A'll.

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315

5. Was ist der Gegenstand der Darstellung? Ist es ein historisches, einEinzelbildniss, ein landschaftliches oderThier- bild? Ist der Vorgang bei figuraliseher Composition ein der heiligen Schrift oder der Legende entnommener, oder ist es ein im Bezug auf profane und Local-Geschichte stehender?

Hier ist nun die eingehendste Beschreibung sowohl der ganzen Gruppirung als auch jeder einzelnen Figur zu wünschen.

Diese Beschreibung niuss die Zeichnung und Farbe berücksichtigen und jedes auch scheinbar geringfügige Bei- werk würdigen.

Sind die Figuren sammt Tracht, Wallen, Stolf und Muster der Gewandung etc. vollkommen genau beschrieben, so sind die vorkommenden Aufschriften auf Schriftrollen oder Büchern, Heiligenscheinen oder Gewandsäumen zu untersuchen und wortgetreu zu copiren.

Schliesslich werden die Umgebung, die dargestellte Archi- tectur oder der landschaftliehe Hintergrund, die Form des Baumschlages, der Felsen, kurz jedes Detail anzugeben sein, und namentlich bei Altarwerken ist die Berücksichtigung des

Styles, welchen die Umrahmung un<l der ganze Altarschrein zeigt, sehr zu empfehlen.

Eine höchst wünschenswerthe Beigabe solcher genauei- Beschreibungen sind bei Gemälden, Pausen mittelst Strohpapier von den vorzüglichsten Köpfen, Inschriften etc., und bei pla- stischen Werken in ähnlicher Berücksichtigung angefertigti- Gypsabgüssc.

Solche Abbildungen haben den grössten Werth auch für deren Wiedergabe mittelst Holzschnitt oder dergl.

6. Welches sind die Höhen- und Breiten-Masse des Gegen- standes?

7. Befinden sich in der Umgegend oder am <hte m-II)n1 Kunstwerke, welche dem vorliegenden Objecte als Vorbilder gedient haben könnten oder sind durch dasselbe hervorgerufen. Nachahmungen entstanden ?

Stellt sich dasselbe als eine Copie eines bekannten älteren Kupferstiches oder Holzschnittes dar?

8. Sind Abbildungen des in Frage stehenden Denkmals vorhanden oder vielleicht schon veröfl'entlichl ".'

Das Floriani-Thor in Erakan.

Aufgenommen und beschrieben vom Arcliitekten A. Essenweiii.

(.Mit 1 'lal'el.)

Wie der Kirchenbau des Mittelalters aus den gege- Üerneiiern Kriegsfiihrung mit ihren gewaltigen AngrilTs-

benen räumlichen Anforderungen, aus der Aufgabe, welche mittein können diese Mauern keinen Widerstand mehr

die Erhabenheit der Religion zum Ausdruck ihrer Stimmung leisten. Die kleinen Fehden und Überfälle haben aufgehört,

ihm stellte, aus der im Cultus bedungenen symbolischen der Krieg wird nur in grossen Massen geführt und so wären

Auffassung seine Gestaltungen und Formen entwickelte, die Bürger der Städte ohnehin nicht mehr stark genug, einem

wie der W'ühnhaushau aus der Lebensweise und Denkungs- feindlichen Heere Widersland zu leisten; sie haben daher

art der Bewohner seine Werke gestaltete, so entwickelte die Waffen aus der Hand gelegt.

auch der Kriegs- und Festuiigsbau die Formen und Gestal- Durch diese Umstände wurden die alten Älauern und

ten, welche er seinen Werken verlieh, ans der Art der Thiirme, welche die Städle umschlossen, fast bis auf die letz-

Kriegsführung und gestaltete sie, so wie es zur Abweisung des ten Beste niedergerissen, tlieils im Kriege, theils im Frieden,

.\ngriffs und zurErleichterung derVerlheidigung nöthig war. um der Erweiterung derStädteRaum zu geben, oder weil die

Dem Studium der Entwickelung der Kriegsbaukuust historische Erinnerimg verschw uudcn ist und die Bcw(dincr

muss daher das Studium der Kriegskunst jener Zeit voran- die Steinreste nicht mehr achten: diese gewaltigen Zeugen

gehen. Dieses Studium erklärt uns sodann die Form und derTapferkeit ihrer Vorfahren, welche zur Vertheidigung der-

Anlagen der Burgen, so wie die Art der Befestigung der selben ihr Blut vergossen.

Städte durch Gräben, Mauern und Thiirme. In der Thal sind die vorhandenen ('berresfe nur noch

Wir sehen aus der Einfa(;hheit der Kriegführung die sehr spärlich und noch ist die Zeit nicht ganz vorüber, wo

Einfachheit der Grnndanlage dieser Befestigung. Einlache man in Missachtung historischer Überlieferung diesen chr-

oder doppelte starke Mauern und Gräben umgeben die Stadt, würdigen Resten mit Abbruch droht.

von Stelle zu Stelle tritt als fester Zwischenpunkt ciTiTluirm Wir geben auf der beifolgendenTafel (Taf. Xll) einige

ein. In grösseren Thürmen öffnen sich Thorc zum Eingang Theile einer solchenSladtbefesligung: das Floriaui-Tlior zu

in Friedenszeiten, die aber zur Abwehr derFeinde mit do|i- Krakau nebst den Tluirmen uml dem N'orthor mit seinem

pelten Vertheidigungsanstalten versehen sind. Die Berech- nung auf den Einzelkampf unil den Kampf in der Nähe machte indessen eine Menge kleiner Anstalten, wie Anlagen von Gallerien, Zinnenkränzen, Schiessscharten, Pechnasen u. s. w. nöthig. Auf solche Weise waren im Mittelalter sämmtliche Städte zur Abwehr des Feindes vorgerichtet und die Chroniken wissen von manchemTriumph zu erzählen, den die Bürgerschaft durch Abweisung der Feinde gefeiert hat.

lofe.dievon dem Alihnielie verschont u^eliliiben sind ').

*) Kirie »iisfulirliche AMimulluii^ über die Belestigungswei-ke ^on Krukau i>t in polnischer Sprache vnii .\inlirns (irahowski er!.chieiieli unter dem Titel ; Schjit/.kaniiner unserer Archäoloi^-je. enthaUenil die luittelaUer- licheii Dcnkniiiler der Krie^shaukuust ilcr Polen, Skiz/cn aus der (ieschichte der scliiinen Künste in Pulen, iuiileich Krinneruniren aus unserer Vei'^anfjenheit. niil 3it ,\liljiltluny;i'n der Bastionen und der Thor© Krakau's. Ausj;ahe des J. N. Itulcowic/. Lei|r£ig iS'M.

316

Die Stadt Kiakau war in alter Zeit von einer doppelten Ringmauer umschlossen und mit einem gemauerten Graben umgeben, die erst in diesem Jahrhundorte abgebrochen wur- den. Sieben Thore ötTneten sicii zum Eingang in grösseren Thiirmen, zu denen noch 31 icieinereais feste Zwischenpunkte zur Verliieidigung der Stadlmauor eintraten; die Bürger vertheidigteii iiire Stadtmauer sulbst und so waren die Thore und Thürme den verschiedenen Zünften zugetheilt, von denen einige oft in hartem Streit lagen, welcher von ihnen die Ehre der Vertheidigung dieses oder jenes wichtigen Postens zukomme.

Das interessanteste jener Thore ist wohl das glück- licher Weise noch erhaltene Floriani -Thor, sowohl in geschichtlicher, als in künstlerischer Beziehimg; in ersterer Beziehung desshalb, und weil durch dieses Thor die Könige eingezogen, wenn sie zur Krönung kamen, weil eben durch dasselbe die Könige im Triumphe einzogen, wenn sie einen Sieg erfochten hatten. Durch dieses Thor zog Johann Sobiesky ein, hier wurde er nach der Entsetzung Wiens von der Bürgerschaft empfangen.

Das Thor entspricht auch in seiner Anlage dem doppel- ten Zwecke einesFestbaues und Festungsbaues vollkommen.

Fig. 1 . der Taf. XII, gibt eineGesammtübersicht der An- lage, wobei die wenigen jetzt fehlenden Tlieile ergänzt sind.

Über den nun verschütteten Graben gelangte man mittelst einer Zugbrücke in einen runden Vorhof, dessen äussere Ansicht in Fig. 2, der Tafel und der Einblick durch das Thor in den Hof in Fig. 3, derselben gegeben ist.

Beim festlichen Einzüge versanunelte sich auf derinnern Gallerie ein Kranz von Damen; Wachen hielten die oberen geschlossenen Gailerien besetzt. In der Mitte des Hofes hielt der König mit seinem Gefolge und die Bürgerschaft trug ihre Anrede vor. Nach beendigter Ceremonie setzte er

Einzug war, so stark war das Gebäude gegen den Einfall der Feinde gerüstet.

Die hier in Holzschnitt (Fig 1 u. 2) gegebenen Grund- risse zeigeil, dass der innere Raum des Hofes von einer dicken Mauer umgeben ist. die von %o eines Kreisumfanges gebildet ist, an die sich rückwärts an der Stelle der übrigen */io des Kreisumfanges schräg gestellte Mauern und in deren Schluss der Ausgang des Hofes anschliessen. Die schrägen Mauern sind fast der Stadtmauer parallel gestellt, so dass

seinen Weg in die Stadt durch das eigentliche Thor fort. So hciiueni (nv den nahenden Freiiml iiml so festlich der

(Fig. 2.) der schon weit vorgedrungene Feind, schon in Besitz hatte, noch einmal zwischen zwei Feuer genommen wer- den konnte.

Der innere Hof ist zu iinterst von einer Arcadcnreihe umgeben, die ab- wechselnd bloss als schwache Blenden, abwechselnd als tiefe Nischen in die Wandfläche eingelegt sind. In den Nischen sind schmale Schiessscharten, die sich nach aussen bedeutend erwei- tern. (Siehe den Grundriss Fig. 1, wo die puiiktirten Kreise die innen und aussen vorgebauten Gailerien bezeicli- nen; und den Diirchsclmilt der Mauer Fig. 3.) Die zwei Arcadenbogcii r(!chts und links vom Eingänge bei c sind in neuester Zeit zu kleinen Kanunern er- erweitert worilen . die als Wach- stuben dienen.

Eine zweite Reihe von Schiess- scharten befindet sich über diesen Ar- caden und kann von der ersten innerii Gallerie aus bedient werden und zwar sind die Schicssscharten immer so ge- slelll. dass sie iiiif die Mitte zwischen

wenn er den Graben

(KlR. .1.)

317

(Fig. 4.)

je zwei der unteren treffen, so dass nach allen Rielitiingeii hin das Feuer des Schützen reichen kann.

Um auf der Gallerie Raum zu gewinnen, ist sie nach innen auf Consolen erweitert, deren Profil hier (Fig. 4)

gegehen, ist. Auf den Consolen liegen unmittelhar die Fiiss- bodenplatten, eine undurchhro- chene Steinbriistiing sehliesst die Gallerie ab.

Eine dritte Reihe Schiess- scharten, die dicht nebenein- ander gestellt sind, befindet sich auf der oberen, auf grossen Consolen nach aussen vorgebau- ten Gallerie (die eine Hälfte an Fig. 2 gibt den Griindriss in der Höhe der oberen Gallerie und der 3. Schiessschartenreibe). Von Console zu Con- sole spannen sich Bogen, die abwechselnd voll, abwech- selnd halb als Pechnasen geöffnet sind, durch welche man auf die Feinde, wenn sie bereits so nahe gekommen waren und den Graben überschritten hatten, heisses Wasser, sie- dendes Pech herabgoss oder sie mit Steinwürfeu zu vertrei- ben suchte.

Nach Innen gegen den Hof zu sind in der Umfassungs- wand dieser Gallerie grosse ()n"nungen gelassen, damit vom Hofe aus der freie Überblick über alle an verschiedenen Orten vertheilte Kämpfer blieb.

Die Gallerie ist mit einem nach innen und aussen abge- schrägten Satteldach bedeckt, dessen einfache Construction aus dem Durchschnitte Fig. 3 zu ersehen ist. Zwischen je zwei Schiessschartenöffnungen ist ein kleiner nach innen vorspringender Pfeiler gemauert, auf diesem Pfeiler liegt eine Mauerbank; eine eben solche liegt auf der Rückwand, wo sie zugleich als Pfette die Öffnungen überspannt; schwache Balken (Träme) liegen querüber, in welche jedesmal ein Sparrenpaar eingezapft ist, das etwas über der Mitte noch durch einen kleinen Kehlbalken festgehalten wird. Anschüblinge lassen die Dachdeckung auch über die vorspringenden Ralkenköpfe weggehen. Aus dem Dach erheben sich T kleine gemauerte Thürmchcn, wechselnd rund und achteckig, die mit schlanken Spitzen bekrönt sind. Diese Thürmchcn sind unten offen und haben keinen Fnssboden. so dass ein Mann von der obern Gallerie aus mittelst einer Leiter hineinsteigen und durcli die kleinen Fensterehen Ausschau halten konnte, (diiie vom Feinde bemerkt zu werden, wie dies bei den Lucken auf derGallerie selbst der Fall gewesen wiire.

Unter der Erde befand sich unter der .\rcadenreilie des Hofes noch ein gewölbter Gang, von dem sich ebenfalls Schiessscharten nach dem Stadtgraben öffneten.

An den runden H<if sehliesst sich ein rechteckiger kleiner Corridor an {a in Fig. I und 2). dci' fndier mit II.

einem Tonnengewölbe bedeckt war und worüber sich eine geräumige Kammer befand, die zur Aufbewahrung von Waffen diente.

Aus diesem gewölbten Corridor führte ein offener, auf beiden Seiten mit starken ^lauern verseberjei" Gang zum eigentlichen Stadtthore.

Diese Mauer hatte unten eine Reihe Schiessscharten, welche der in den Innern .Arcaden des Vorhofes befindlichen entsprach. Oben auf der Mauer befand sich ein Gang, der durch eine mit Schiessscharten durchbrochene Sehutzmauer nach aussen abgeschlossen war. In diesen Gang gelangte man von der obern Gallerie des Vorhofes.

Der Stadtgraben, welcher sehr tief war, lief rings um den Rundbau herum.

Der Eingang in den Vorliof ist, wie aus dem Grnndriss ersichtlich, nicht in der Milte, dem Ausgange gegenüber, sondern an der Seite, so dass nicht der Feind, der sich etwa des Einganges in den Vorbof bemächtigt hatte, schon in gerader Linie dem eigentlichen Stadtthor gegenüber stand und dasselbe entschieden angreifen konnte.

Vor dem Eingange befand sich noch ein kleiner Vorbau mit nach vorn abfallendem Pultdache, an «elcbem sich die Zugbrücke anschlnss. Derselbe stammte ebenfalls noch aus alter Zeit, doch muss er wohl erst bei einer Erweiterung des Stadtgrabens angebaut worden sein, denn das Eingangs- thor, so wie es sich jetzt zeigt, beweist durch die Li'icher bei X Fig. 3, Tat". XII, so wie durch die vieieckige Umrah- mung der spitzbogigen Thoröffnung, dass sich hier eine Zug- brücke ehemals aidegte. Wahrscheinlich wurde nun, als bei einer Erweiterung des Stadtgrabens die Brücke nicht aus- gereicht hätte, ein Vorbau angefügt, an welchen sich die Zugbrücke anschloss. Dieser .Anbau wurde als hässlich und störend bei einer vor mehreren .lahren vorgeiMPmmenen Restauration wieder abgetragen, da ohnedem der Graben verschüttet ist. Das ehemalige Portal trat so wieder zu Tage und wurde durch eine rundbogige Umrahmung abgeschlossen. Da sich auf den Eingang natürlicher Weise der stärkste Angrifl' richtete, so befindet sich über der Zugbrücke auf Consolen eine Reihe Pcchiiasen. um dem Feinde die Mög- lichkeit zu erscdiweren, sich der Zugbrücke zu bemächtigen. In der Ansicht Fig. 2 der Tal". XII i^t der Eingang in seiner jetzigen Gestalt dlini' die Zugbrücke zu sehen. Fiij. 3, Taf. XII gibt einen Einblick durch den Eingang in den Hof und zugleich dessen .\rchilectur : der fdkenile ilolz- schnitt (Fig. ö) gibt das Detail der Con- solen und Pechnasen über den zwei Rund- stäben y die ebenfalls in der Fig. 3 zu ersehen sind.

Da das Eingangsthor höher ist als die

(Fifr. .').) untere Gallerie, so ist diesel!>e an der

Stelle des Tbores durch Treppen, die einerseits hinauf,

andererseits wieder berabführen , über den Tborbogen

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weggezogen, »io ilii's ;iiuli au (Irin i'iickwiirtigen Ausgange in Fig. 3 zu seilen isl.

Die Treppen, «elehe zu den (Jiillerien eni[Mirnihren. liegen zu beiden Seiten nelien dem gewidliten tJanire und haben in der Mitte desseilien einen Kingaiiii. Nehen dem rückwärtigen .Ausgange ist imHole jederseits ein vermauertes 'riiürelien zu sehen, das ebenfalls dureh 'rreii|ien mit der ersten (iailerie in Verhindung stand.

Von dieser ersten Galli'rie aus gelangt man durch einen Zugang iiher dem Eingangsthore zur oberen Gallerie emiHir. in den unteren Gang hingegen fuhren Trepiien bei li in Fig.! zu ziemlicher Tiefe iiinab. Da die Maucrstiirke an den schrägen Rückwänden des Hofes niclit so bedeutend ist. als im Kreistheil. wo sie 0 Fuss i)etragt, so ist die obere Um- gangsgallerie daselbst nach iinien ebenfalls auf Consolen vorgebaut, wie aussen. Die Consolen haben auch dasselbe Prolil wie die äusseren, von denen Fig. 6 eine Abbildung gibt. Die Pechnasen fehlen natürlieh innen, wo sie keinen Zweck hiitlen.

Das Materiale, woraus der Bau errichtet ist, bildet der Hauptmasse nach der Ziegel. Die grossen Consolen sind aus Haustein eingesetzt, ebenso das Por- tal. Die in der Archilectur durchgeführte Bogenfiirm ist meist der Flachbogen, nur bei dem Portale und den inneren Arcaden kommt der Rund- und Spitzbogen vor: die kleinen Fensterschlüsse in den Thünnchen sind dur(di \(ii-gescliobene Steine überdeckt (Fig. 7).

Der runde ^'orho^ des Tliores steht jetzt vereinzelt da. nachdem der (Jraben ausgefüllt und der Verbindiüiifsgant;- mit dem Thore abgebrochen ist. Der innere Durchmesser des Krcistheiles lietriigt Schritte ; die Tiefe von dem Ausgang bis zur Mitte der Kreislinien 28 Schritte, der Ndr- bau n hat 20 Schritte Liinge. Er steht in gerader Hichtung vor dem Thorthnrme, von dem er tiO Schritte entfernt ist. Seine Breite sowie die des Tlinrmes beträgt 15 Schritte.

Der Thorthnrm ist eine einfache viereckige Baiimasse mit einigen Fenstern unterbrochen. Unten bildet eine nicht sehr grosse Spitzbogenölfnung den Eingaiii; in die Stadt, dem jetzt zu l.rideu Seileu .les Thurines kleine

(Fiif- 8.)

Eingänge für Fussgänger zugefügt sind, die aus den Stadt- mauern ausgehlochen \\ui-den. Der tdierste Tlieil des

Thurnies, der in Fiji. 8 abse- bildet ist, erweitert sicii auf grossen Consolen; die ehema- lige Spitze ist durch eine spä- ti're sehr ungenügend ersetzt. Der Grundriss des Thurnies ist nicht vollkommen ijuadratisch. desshalb sind an der oberen Vorkragung unter der vorderen Wand 7 ('ons(den, an den bei- den seith'chen Wänden nur je 6 zwisciien den Eckconsolen: ebenso an der breiten Seite je 3. .an den schmalen nur je 2 Fenster. DasStadtthor ist im untern Geschosse des Thurnies mit einem Fallgitter beweiirt, aus- serdem durch schwere Thor- flügel sehliessbar.

Zu beiden Seiten derspitz- bügigeu Pforte sieht man die Ansätze der Mauer, v eiche von dem Thore nach dem Vorhufe führte. Zu lieiden Seiten des Thores schliesst sich die Stadt- mauer an. diefrüherdo|ipelt iintl von einem geniaiierten Graben umgehen «ar. .\n dem iincli stelieuileii Tlieil" der Stadl- niauer sieht man. dass cinliang oiien ringsum liiliite. zu dem man von den Thürmen ans ge- laugte, und der am Fliiriaui- Tliorlhurine auf der iiinerii Seite gegen die; Stadt zu als Balcon umdenTliorthurinsich fortsetzt. SO .Schrille links \(>m

Thortliur steht ein kleinerer

Tluirm. dessen Grundriss gegen aussen halbkreisfiirmig aiige- schlosseii ist. DerThurm ist aus liacksfeinen erbaut ; die ins Mauerwerk eingreifenden Bin- der sind au den Kiipl'en glasirt. sodass eine sehr hiibseheZeicIi- iinngenlstehl. v ie sie ganz ähn- lich auch iii ili'ii niirddentscheii linil hidländisclieii millijallerli- chen Backsleinhaiiteii vurkiiiiinit. Dei' I nlerhau des riliirnies '( Fig !• ( iv| \iereckig und aus

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Briiehsteiiieii oihaut: am eigentlichen Körper zeigen sieh 3 Stockwerke, die durch Bänder von schräg gestellten Back- steinen (Sägeschnitte) abgetheilt sind. Ein Verimtzstreifen schliesst das 3. Stockwerk ab; über demselben ist auf einer Reihe Consolen ein viertes vorgekragt.

Die Consolen (Fig. 10) sind aus Hanstein, eben so die (Jesinisplatte: über derGesims|>latte ist eine kleinere Bogen-

stellung aus Back- steinen gemauert und der Grund der Blen- den geputzt. Ein spi- tzes, mit Hohlziegeln bedecktes Dach he- kri'intdenThurm. Die Daehanliige weicht jedoch hier von der bei ähnlichen Thiir- men gebräuchlichen ab, dass nämlich die gerade Rückseite mit einem steilen Giebel abgeschlossen ist, an welchen sich das Dach sodann anlegt. Hier ist dasselbe auch nach rückwärts ab- gewalmt ( Fig. 1 1

(Fig. 11.)

gibt den Grundriss der Dachflächen), sodass es fast von allen Punkten aus betrachtet schief auf dem Thurme zu stehen scheint, weil die Gräthe a U länger sind als der Radius h c.

Kleine Fensterschlitze erleuchten das Innere des Thur- mes; das oberste auf Consolen erweiterte Stockwerk scheint über den Blendarcaden unter dem Gesimse grossere zinnen- artige Öffnungen gehabt zu haben, die jetzt vermauert sind; die Deckplatte über i\*'n Consolen ist nicht mit l'ech- nasen durchbrochen, sondern ringsmn geschlossen.

In der Zeichnung Fig. 9 sieht man zugleich den An- schluss der Stadtmauer, die mit einer Gallerie versehen war, auf die man durch die in der Zeichnung sichtbare Thüre des Thurmes gelangte.

Wo der runde Mauertheil auf dem viereckigen Cnter- bau beginnt, ist durch tetraederförmige Mauertheilc ein Übergang vermittelt.

60 Schritte rechts vom Thore steht ein zweiter halb- runder Thurm (Fig. ,12), der ebenfalls aus Ziegeln errichtet ist. jedoch ohne die musivische Ansschmnckung, welche der

links vom Thore stehende Thurm durch die giasirten Bänder des Mauerwerks erhält. .\uch hier sind äusserlich Stock- werke angedeutet, und zwar durch je 2 sägeschnittförmige Bänder , zwischen welche horizontale Backsteinschaaren

gemauert sind. .Die ÖlTnun- gen, welche Licht ins Innere einlassen , sind sehiess- schartenförmig in Stein- platten eingehauen. .Auch hier ist, wie bei den beiden vorhin beschriebenen Tliür- men, ein Stockwerk oben auf grossen Consolen vorge- kragt. Die Deckidatte ist hier jedoch zwischen allen Consolen durch Pechnaseu iliu'chbrochen. .\uch hier ist (las Sto<-kwerk mit Blenden gegliedert, deren je 2 spitz- bogig neben einander ge- stellt sind, wobei eine Con- sole an der Stelle eines Tren- nungspfeilers tritt. Ein brei- ter Pfeiler ist zw ischen je zwei solchen D(ip|ielhlenden gemauert und von einer Schiessscharte durchbro- chen. Der Grund der Blen- den ist wie beim vorigen Thiirme geputzt. Das Dach hat dieselbe Anordnung wie der vorige Thurm, ist eben- falls mit Hohlziegeln ge- deckt und mit einer Blech- spitze mit Kugel und Fähn- (Fig. Vi.) chen kekriint.

Weitere 00 Sehritte rechts von diesem Thurme ragt noch ein vierter über die an die Stadtmauer angebauten Häuser imd über die Gipfel iler Bäume hervor. Derselbe ist in seinem unteren Theile ebenfalls vierseitig, oberiralb kehrt derselbe, statt wie die vorigen eine halbkreisfT)rmige l,in- fassungsmauer gegen aussen zu w enden , drei Seiten eines Achteckes als Schluss dem Feinde entgegen.

Der Übergang ist auch hier durch gemauerte Tetraeder vermittelt; die drei vordem Seiten des obern Thurmtheiles haben je ein ziemlich grosses mit gedrücktem Spitzbogen überwölbtes Fenster; die Seitenflächen haben deren je zwei. Kleine Schlitze stehen über den Fen.vtcrn, ein Putzstreit'en zieht sich unter dem Gesimse hin (Figur 13). Dieser Thurm ist überhaupt der einfachste unter den vier nodi bestehenden. Was die Zeit der Errichtung dieser verschiedenen Baukörper betrifft, so zeigt die Verschiedenheit in der Frsckeinung uml in dem äusserlichcn Scluuucke. dass sie

4:;""

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iiiclit l'

sc'lieiiil

iiiciii IMiiiii' eiilstiiiiiiNCii , siiliticril (liiss jcdci', w ulii'- ifli iiiichdeiii sein V(irg:iiiigt>r in irgend i'iinMii Kriege oder durch Feuer besuuders golitleti hiilte. ein/elu fi'n- sich gehiuit wurde. l)ie Zeil iiirer Krh;uiiiüg liegt jedoch sehi' rudie beisiuuuieu. Die beiden Indhrunden Thiirnie könnten etwa Mitte (h-s XV. .Jahrhunderts errichtet sein: das 'l'iiiir wurde urkundlich l4itSv(un Kiiuige .lohanu .Albreclit erllaut: der eigentliche 'l'lKirtiuu in er- s<'heiiil mir jeddcli iiiicli jünger, und iiaiiii'iillich ilaiuiii nicht gleichzeitig mit dem Ndrluit'e, da er mit Verputz iilier/.dgen ist. der Vurliot' aber noch das Irciriiclie Macksteinniaterial sicht- iiar zeii^l.

Die \ olkssage, welche alles Alte mit poetischem Glänze umzaubert, die jedem Steine einen Namen gibt, für die

(Ki^-. 13.)

keine Form oder Zalil ohne ticle IJedeutung ist iiiiii die überall Anknüpfungspunkte für ihre (Jebilde findet, setzt die sieben "riiürmehen. welche den liiindbau des Florianithores über- ragen, in lieziig auf die Fiiiverleibung der 7 ruthenischen llerzogthünier miti'olcn. Da diese aber schon über iiiindeit .lahre früher stattfand, so wiire es gewagt, die Sage als stichhaltig zu liezeiehnen : es lag für die Volkssage, die keine .lalire beachtet, zu nahe, an ein Denkmal, das so vieleGlanz- tage der Gesdlichte gesellen, noch eine weitere Itcdcntuiig zu knüpfen.

Trotz der giiiuzeiiden historischen lü-innerungcn « iire aber auch dieses Denkmal zur Zeil der krakauischen lU'pii- blik fast dem Untergange geweiht worden, da es der Itestau- ratidii bedürftig war und somit Geld zin- Wiederlierstelliing erforderte. Die Frhallung ist vornehmlich den IJemühungen des Baudirectors Dr. Kremer zu danken, der nicht nur die gelungene Hestaui'atiou leitete, sondern auch durch seine Umsieht mit den zugewiesenen geringen Mitteln dieses aus- zuführen vermochte, der somit dieses wie manches andere altek'unstdenkinal seiner Yaterstadtwieder zu Ehren brachte.

Vier steinerne Denksäulen zu Ödenburg und Mattersdorf.

Wenn unsere Vorfahren schon wenig Pietät für die Er- haltung tler mittelalterl ichen Dome gezeigt haben, so kann es auch nicht licli'ciiidcn , dass sie kleinere Deiikniale frü- licrci' .lalirliimilcrte. « clclie durch die Fri'mimigkeit von Cor- porationen oder einzelnen Personen entstanden sind und rüeksiiditlicli deren Erlialtung die Stifter keine besondere Verfügung getrolTen haben, gänzlicli ihrem Schicksale preis- gaben. Hierzu gcliiii'ciidie millchillcilichcu Deiiksänlen, denen man vereinzelt in der .Nahe von Slädten. Märkten und Dor- fern— meist sehr verwahrlosi bi'gegnet, über deren Entstellung in den wenigsten Fällen verlässliche urkundliche Nachrichten anzutrelfen sind und w eiche doch häufig das Gepräge einer eigenlhümlichcn Foriiiciilu icklimg und sehr geübter Knnslteehiiik an sich tragen.

Vier solcher Dcnksäulcn in einer seltenen und interessanten (jru|ipiiung in Hinsicht auf ihre Entste- hung hallen sich noch in und bei Odenliurg. dann in Mattersdorf erhalten. Dir Correspondenl der k. k. Cen- tral-Coiniiiissioii Herr Franz Storno in (tdenburg, welcher dieselben aufgenommen und gezeiciniet iiat. liesitzt das Vei'- dienst , ziiei'st die Aufmeiksamkeit auf dieseliien gelenkt zu haben, indem er uns hiervon nach seiner Aufnahme sachver- ständige Zeichnungen übersendet hat, und von drei ilersel- ben hatten wir kürzlich Gelegenlieit uns zu überzeugen, dass sie in der Wesenheit getreu dargestellt sind und Hr. Storno nur an einigen Details, welche unter dem Einflüsse der Jahrhunderte ihres liestandes gelitten haben, stylgemässe Ergänzungen in der Zeiclinung vorgenommen hat.

rrkundlicbc Nachrichten über den Umstand, durch wen lind auf welche Veranlassung diese Denksäulen gesetzt wur-

den, stehen uns gegenwärtig nicht zu Gebote, da die Local- gescliicbte von (hlenburg wiewohl sie in neuerer Zeit fleissig bearbeitet wurde darüber nichts enthält und auch auf dem Wege der Uorresiiondenz wir nichts in JM'lahriiug bi'iiigen konnten. Es erübrigt uns daher nichts als aus der Kunstform annäherungsweise den Zeit|iunkt zu bestimmen, welchem diese Säulen angehören.

Die älteste der Denksäulen ist ohne Zweifel das soge- nannte ..Hastkreuz- bei Odenliurg (Fig. 1) auf der Strasse nach Wolfs und an einem Scheidewege in die sich ausbrei- tenden Weingärten gelegen. Die untere Hälfte der Säule ruht auf einem breiten viereckigen Sockel, worauf sich auf einer Basis mit kräftiger Gliederung der viereckige Schaft der Säule aufhaut. An jeder der vier Seiten sind lialbsäulen vorgelegt. Der obere Theil der Denksänle ist nach drei Sei- ten hin durch einen {{imdbogeii geölVnet und mit einem stei- len giebrll'iirmigen Dache abgeschlossen. Das Innere der Öllnung ist flach gedeckt und scheint früher zur Aufnahme einer Heiligenfigur bestimmt hew csen zu sein. Eine der Halh- säiilen besitzt gleiclilalls eine spilzbogige iXisclie. Bings um die Deiiksänlen «aren früher steinerne Bänke angidiracht. die eiiirii Hiilie|iiiiikt aligalieii. wiilier auch die llezeichnung „Bastkreuz- rühren dürlte. Wenn wir den Charakter der Banformen in Betracht ziehen, so lässt sich mit ziemlicher (iewissheit behaupten, dass diese Denksänle. wenn nicht frü- jier. doch in ihr 2. Hälfte des Xlll. .I.iluhiinderts errichtet wurde.

Einer späteren Epoche und zwar w alirseheiulich dem XV. .lahrhundertgehört die Denksäuli- an, welche neben dem Leonharl,-lli(ire in ÖdenlmrL; aiil'ge>telll ist (Fig. 2). Die-

321

selbe erscheintgegenwartig in die Stadtmauer eingebaut, was jedoch früher nicht der Fall gewesen, als in das Stadtgebiet von Odenhurg noch nicht jener Rayon gehörte, worauf ge- genwärtig die Saale sich befindet, die alten Stadtmauern mithin noch eine andere Richtung genommen hatten. Die Säule ruht gleichfalls auf einer viereckigen Rasis, sie baut sich jedocli im Dreieck ;iuf. Jede der unteren Flächen ist mit Masswerk von verschiedenen Formen bedeckt. Der Auf- satz ist nach zwei Seiten hin geöffnet ; die Bedachung war ehemals mit Fialen an den Ecken verstärkt, von denen jedoch

In östlicher Richtung von üdenburg auf freiem Felde steht das sogenannte „Angerkreuz" (Fig. 3). Wie die Jali- reszaiil auf demselben nachweist, wurde die Säule im .lahre 1482 errichtet. Sie erhebt sich auf einem unverbältnissmäs- sig schmalen Sockel mit steiler Gliederung. Eben so schmäch- tig ist der Aufbau des unteren Theiles der viereckigen Säule. Die Flächen sirul gleichfalls mit gothischem Masswerke und jede Fläche mit einer andern Glicderimg bedeckt. Der Auf- satz ist innen gewölbt, gegen Süden zu geöffnet; früher be- sass er auch gegen Westen eine spitzbogige Fensteröffnung,

(r>g. 1 )

(ris-2-)

nur mehr Bruchstücke vorhanden sind und an der Stirnseite des Daches ist ein Wappenschild angebracht, welches jetzt wegen Undeutlichkeit nicht näher bezeichnet werden kann. Die Fialen so wie die Rekrömmg des Daclies mit dem Kreuze sind in der Zeichnung von Hrn. Storno ergänzt worden, um anzudeuten, in welcher Weise die schadhaften Theile wieder restaurirt werden könnten.

(!••!?. 3 )

(Fisr. i.l

die al)er jetzt vermauert ist. Das Dacli ist durch Laubwerk- Ver/.iernngen ausgezeichnet.

Die vierte Säule bei Mattersdorf (Fig. 4) einem Oite. der ungefähr zwei Stunden von Üdenburg entfernt liegt führt die Rezeichnnng ..Halterkreuz-. Wir haben nicht Gelegenheit gehabt, diese zu besichtigen und können daher auch nicht bestätigen . dass alle Details gegenwärtig

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iiiicli in (lioscni Ziistiindo iiiiziitrelVen sind, ^\io wir sie Sfylps TÜdit niolii' in ihrer t'riilieren lieinlieit re|ir(»(liieirt

hier in der Ahliikinni,' vcriiHentliehen. Der ganze Auf- wnrden.

bau dieser Säule seheint uns al)er dafür zn spreehen. dass Itas Interesse, welches sieli au diese Speeialitäten der

die Siiule erst gegen Mitte des XV. .lalirhundeils entstan- niiltehdterlielien liaukunst knii|)fl. seheint uns gross genug,

den ist. hie . Zuordnung der Fialen des gesehweil'teu Spitz- dass dieÖdeiibnrger Stadtgemeinde uuil jene ven Mattersdorf

bogens und die Fischblase des Masswerkes weisen schon nicht die geringen Kosten selieuen sollten, um sie von saeh-

auf jene Periode des Gotiiik, worin die Formen des verständiger llaud reslauriren zu lassen. K. W.

Reisebericht über einige Denkmale zwischen Bozen, Tirol und St. Pauls, dann des Thaies Mareit und

Riednann in Tirol.

Von G. T i n k li :i u sei", k. k. Conscrvator für ilcn lirixner Kreis in Tirol.

Die gothische Pfarrkirche, welche sich auf einer massigen Anliöhe zu oherst im Dorfe Gries erhebt, nimmt zuerst das Auge des Reisenden in Anspruch. Das Presby- teriiim, die gegen Süden daran gebaute Capelle mit einem sehr schönen Portale und der darunter liegenden Krypta sind kostliare Werke, durehgehends aus schön gemeisseltem Sandstein und mit ziemlich reicher Gliederung ausgeführt. Das ärmlich und später erbaute Langhaus, wo nur die Wand- säulen und die Gurten von Stein sind, beweist, dass entweder die Geldmittel fehlten, oder der Bau durch ein besonderes Ereigniss unterbrochen worden ist. Die Zwischenperiode fällt nämlich in die Zeit der neformationswirren. Das Pres- byterium wurde nach der Inschrift, welche auf einer Tafel an dei- Wand des Langhauses zu lesen ist, um das Jahr 1460 gebaut. Die reinen Stylformen scheinen auf ein höheres Alter hinzudeuten. Es finden sich noch schöne Kreuzge- wölbe, an den Wandsäulen Consoleu und Baldachine; die Capitäle tragen den Blumenschmuck Alles ist sehr gut und schön gearbeitet. Die nämliche Inschrift sagt weiter, dass die Capelle mit der Gruft um das Jahr 1519 aufgeführt worden ist. Und in der That gehört die Bauart wirklich dieser Zeit an. Es herrscht darin eine gewisse Pracht, die Dienste sind noch sehr gut gearbeitet, aber das .Vetzgewiiibe trägt mit seinen Fisclildasen - Feldern schon zu dciiilich das Gepräge der Entartung. Vorzüglich schön ist das Portal dieser Capelle. Es hat die Jahreszahl 1529 und gehört unstreitig zu den schönsten Monumenten der gothi- schen Periode in Tirol. In der Caiielie findet man noch gut erhaltene Reste des ehemaligen Hochaltars von Michael Paeher aus Bruneek, welche mit anderwärtigen Stücken aus der i,'otliischen Periode nun zu einem Ganzen vereinigt worden sind. Das Langhaus ist ein ganz einfacher Bau mit einem Xetzgewölbe aus den letzten Zeiten der Gothik. Die noch gut erhaltene Vorhalle des Südportales, welches mit reicheren Formen ausgestattet ist, zeigt die Jahreszahl 1Ö39. Sowohl hier als auch in der Capelle und Krypta laufen die Gurten unmittelh.ir aus den Wandsänien, wie es der letzten Zeit di'r gothischeu Periode cigenthündich ist.

Diese Kirche wurde unter der königlich bairischen Regierung gesperrt (1808) mul diente fortan als Bauern-

Magazin, bis sie durch die Bemühung des Pfarrers Leodegar Kretz, Cunventualen des nach Gries übi-rtrageneu Stiftes Muri, wieder erneuert imd mit 4 Altären am 29. (tctober 1848 eingeweiht worden ist. Die Bestauration wurde im Innern der Kirche mit Geschick und emsigem Fleiss durch- gefidirt, wie überhaupt diese würdigen Ordensmänner auch ihr jetziges Klostergebäude, welches seit der .\uflie- buiig des ehemaligen Chorlierrenstiftes viele Jahre lang ver- ödet dagestanden, mit verschiedenen alten Kunstwerken und Einrichtungsstücken ausgestattet haben. Nur der Thurm, welcher ein gemauertes Spitzdach trägt, wurde mehr ent- stellt als hergestellt. Einige Fenster der Kirche sind des Masswerkes beraubt oder gar umgebaut.

im Friedhof dieser Kirche findet man ein schönes stei- nernes Relief als Grabmonument vom Jahre 1583, welches aber ganz mit weisser Tünche belegt ist.

Ich habe den Kirchenvorstand ersuchen lassen, Sorge zutragen, dass die Tünche abgelöst werde. Ein anderes Grabmonument, welches geschichtlichen Werth liat, bewahrt die schöne, wegen der berühmten (jemälde Knollcr's allen Kunstfreunden wohlbekannte Stiftskirche zu Gries in einer Seitennische zur rechten Hand. Dasselbe zeigt eine Frau in Lebensgrösse mit einer Kirche in der rechten Hand. Darüber steht die folgende erst in neuerer Zeit verfasste Inschrift : Prima henefactrix. Trnnxintio l'r/iar Fiiiidfitricls rlr Vdliil, u.voris Aniohli Cvfifcnstcin. Die Stifterin hiess Mathilde. Sie war eine geborne Grälin von Vallai inid wurde dem verwitweten Arnold Grafen vonMorit und Greifen- stein in zweiter Ehe angetraut. Die Cannnie ward zuerst in der Au, nahe beim jetzigen Bergschlosse Siegmundskron gegründet (lltJO), dann um das Jahr 1417 wegen wieder- holter Wassergefahr nach Gries übersetzt. Von dieser Zeit her schreibt sich das genannte Monument.

Die ansehnliche Kirche in Terlan, welche ganz aus gemeisseltem Stein gebaut ist, mit dem .schief siehenden Thurmc gehört ebenfalls zu den schönsten und merkwür- digsten Monumenten des Mittelalters in Tirol. Sie entstand, wie Beda Weber bemeikt (die SladI Bozen und ihre Ini- gebungen, S. 2C4), um 1380— 1400 durch die reichliche Beisteuer der Gerichtsherren vonNiederthoi-, die allenthalben

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ihre Wappen tiiui Gi"iil)niali' aiigebraelit liabeti. Dieser Zeit entspricht der ganze Ban mit Ausnahme der beiden Thürme, von welchen der eine an der Nordseite sich anlehnt, der andere aber ganz frei steht. Die Kirche bildet ein Scliiff, steht aber durch zwei Arcadenbögea mit einem schmalen, niedrigen und schilTartigen Nebenbau an der Nordseite in Vorbindung. Den Plafond liilden schüne regel- mässige Kreuzgewölbe. Die Wandsiiulen und Dienste ruhen theils auf Kragsteinen, theils ziehen sie sich ganz bis zum Boden hinab. Die reicher gegliederten Arcadenpfeiler steigen ohne Sockel vom Grunde auf. Die Rippen ruhen durchaus aufCapilälen, welche ebenso wie dieConsolen mitMenschen- oder Thierfiguren geziert sind. Der ganze Bau ist schön und in reinen Für?nen mit Aufwand ausgeführt. Das ehedem so schöne Westportal sieht man nun zerstört, nur der Aufsatz mit zwei Figuren und Baldachinen ist noch erhalten. Das Masswerk wurde aus allen Fenstern weggenommen und in der Westseite schon vor mehreren .lahren eine Empore ein- gebaut. Übrigens wird jetzt die Kirche und der alte Tauf- stein darin mit Sorgfalt bewalirt. Auf einer Wandfläche des fjanghauses rechter Hand bemerkt man ein Gemälde, welches dem IS. Jahrhundert anzugehören scheint. Die Tünche, womit man es in früherer Zeit bedeckt hat, löst sich von selbst ab, so dass, wenn der gehörige Fleiss angewendet wird, das Bild noch vor dem Untergange gerettet werden kann.

Interessant sind auch die beiden Thürme. Der kleine und niedrige, welcher den Nebenbau auf der Nordseite abschliesst, ist älter als die jetzige Kirche, wahrscheinlich noch ein Überbleibsel der frühem Kirche. Er zeigt roma- nische Kuppelfenster aus der späteren Periode, das Mauer- werk ist in schmalen Schichten aus unbehauenen kleinen Steinen über einander gelegt. Der grosse, neben dem süd- westlichen Kirchenwerk freistehende Thurm scheint jünger als die Kirche zu sein. Er ist ganz aus gehauenen Quadern gebaut und ragt mit seinem Spitzdache hoch auf Wahrlich ein majestätischer Bau, welcher durch die gewaltigen Massen und seine riesenhafte Gestalt die ganze Gegend beherrscht. Er steht bedeutend schief und hat eine Abweichung von 7 Schuh und 4 Zoll gegen Südwest.

Gleich beim Eintritt in das Gebiet der Stadt, hart am Ufer der Passer, zu Meran zeigt sich eines der seiiöusten Baudenkmale Tirols aus der 2. Hälfte des XV. .lahrbnndcrts. Es ist dies die Spi talki rchc, welche um das .lalir 1486 aufgeführt worden ist. Sie bildet einen Hallenbau mit cinom schönen Netzgewölbe, welches von neun runden Säulen getragen wird. Der Gang der Seitenschille zieht sich [\m das Presbyterium durch die ganze Kirche. Die Säulen. Dienste undRippen sind aus gemeisseltem Stein. Die Bippen steigen durchwegs ohne Capiläl unmittelbar aus den Säulen auf. Die Fenster sind dreifach getheilt und enthalten im Masswerk vorherrschend die Fischblase. An den Säulen bemerkt man eine zehnseitige Basis und den attischen Fuss.

Die Kanzel hat durchbrochene Steinarbeit. Ober dem Hoch- altäre zeigt sich am Gewölbe ein altes Gemälde: die heil. Dreifaltigkeit mit den 4 Evangelisten. .Merkwürdig ist die Darstellung der ersteren : Christum mit fünf Wundmalen stützen 2 (»reise. .Alles ist gut erhalten . nur vermisst man die alten Altäre, an deren Stelle grundschlechte Arbeiten getreten sind. Indessen ist bereits die ernstliche .\nreguiig erfolgt, wenigstens den Hochaltar zu entfernen und dafür einen andern im entsprechenden Styl ausgeführten aufzu- stellen. Vor der Hand hat man die Altarflügel, wenn ich nicht irre, vom Schloss .Auer, oberhalb Tirol , daher übertrügen und an der Wand aufgehängt, um den Leuten einen Vorge- schmack dessen, was erst werden soll, /.n bieten. Zum Bau dieser Kirche hat Se. k. Hoheit Erzherzog Siegmuud wesent- lich viel beigetragen. Daher bemerkt man daran auch irgend eine Pracht. In den Wandsäulen sieht man die unterbroche- nen Stellen, wo Kragsteine mit Figuren und Baldachinen hätten angebracht werden sollen. Das Portal ist wirklich ein Prachtbau nach dem Geschmack der Zeit. Es bildet eine Doppelthüre und hat ein Tympanum mit Figuren, worüber sich der gothische Bogen in mehrfacher Gliederung schwingt. Den Abschluss bildet der sogenannte Eselsrücken mit der Kreuzblume und den beiden Fialen. Alles ist aus schön gemeisseltem Stein. Dieses Portal trägt auch das Monogramm des Meisters 'iX und dessen Wa|i[ien, welches eine Fratze auf dem Schilde mit geschlossenem und gekröntem Helme zeigt.

Die Pfarrkirch e mit ihrem hohen Thürme zeigt sich von aussen als ein grossartiges Gebäude ; aber sie ist nicht das Werk eines Meisters; ja die einzelnen Tlieile gehören nicht einmal derselben Zeit an. Dies macht besonders im Innern einen sehr störenden Eindruck, um so mehr, als auch die neuere Zeit durch verscliicdenc Zuthateu das ihrige bei- getragen hat. Das Presbyterium und der Thurm sind ofl'en- bardie besten Theile: sie stammen aus dem XIV. Jahrhundert und sind noch im reinen Style durchgeführt. Jenes hat schöne Kreuzgewölbe mit einfaclier Bauart. Der Thurm steigt maje- stätisch zu einer gewaltigen Höhe auf. Er soll der höchste in Tirol sein und ruht auf einem sehr festen Gewölbe, durch welches der Weg führt. Dasselbe zeigt Gemälde aus dem XV. Jabrliundei't, wovon eines noch gut erhalten ist. Das Uanghans « urde um die Mitte des XV. Jahrhunderts gebaut, imd zwar von dem nämlichen Meister, welcher die Spilal- kircbe aiifgefübrt hat. Das hoch aufstrebende Netzgeviilbe wird von 10 runden Säulen getragen. Beinahe in allen Thei- leu erscheinen die gleichen Formen, wie wir sie bei der Spi- talkirche vorgefunden haben. Selbst die Kanzel jnil vollkom- men die nändiche Gestalt und ganz dasselbe Masswerk. Da das liangbaus ein Hallenbau aus der spätgothischen Periode ist, so begreift man von selbst, wie störend es wirkt, dass es sich ohne vermittelnde Zwischenglieder an das Pres- byterium anschliesst. Das Ganze wird noch mehr entstellt durch den Musikchor, welcher im Style der Renaissance

324 -

eingebaut wurde. Eben so wenig i;ann nuin sicli über liie RestaunitiiiM ortVeiieii. welcbe in iieiicrcr Zeit ausgeführt worden ist, da man die seliimen (lewölbe mit Idauer Farbe und zerstreuten Goldsternen beleckte. lM(b\ssen wird das noch Vorhandene sorgfaltig erbalten . und man weilt gern in iiiul bei (lieser Kirche, «eil sie in den einzelnen Theilen sehiiiie l'"(irmeM zeigt und midirere Kunstwerke bewahrt. Vor andern bewundert man die drei (iemalde von unserm vateriändisL-lieii Kiinstlcr Martin Knoller. iiäiiilich Maria 11 imnielCabrt auf dem Hoehaltare. Christi (ieburt nnd das Abendmahl auf den /.«ei nächsten Seitenaltiircn. Ein Fenster des Langhauses umrahmt kostbare (Jlasgemiilde und VVappenschildungen. Das Portal auf der Siidseile inid die steinerne Statue daneben sind mehr kostbare als künstlerische Arbeiten.

Zunächst an die Pfarrkirche stellt die St. Karbara Capelle, unter weicher eine Krypta von gleichem Umfange liegt. Diese Capelle ist ein sehenswerther H u n d b a u ohne Stützen, aus der Glitte des X\ . Jahrhunderts. Ich mludite hier wieder den nämlichen Hauincister linden. « elcher die Spitalkirehe und das fjanghaus der Pfarrkirche aufgeführt hat. Das Gewiilbe der finsterii Krypta ruht auf ^ ier Säulen, um welche ein Gang führt, der aber durch später angebrachte Altäre und andere Geräthschaften an melireren Stellen ver- legt ist. Dieser Übelstand schadet dem Gebäude und bindei't die notiiwendige Reinhaltung. Die Zeit der Entstehung ist naci) den Formen des Baues die nämliche, wie; bei der Capelle.

Eines muss hier noch beigefügt werden, nämlich der Wunsch, dass die Grabmoniimente . welche seit der Aufhe- bung des alten Friedhofes bestinimungslos und zerstreut herumliegen, doch endlich aio passenden Oi'te aufgestellt werden.

Das ä 1 1 er e K e 1 1 er am ts-Ge b ä u de , welches seit- wärts von der Gasse gegen den Küchli)erg liegt, verdient ebenfalls unsere Beachtung. Man zeigt dort die sogenannten Kaiser/.inuner, das heisst die Gemächer, welche die Grafen von Tirol, so oft sie sich in Mcran aufhiellcn, bewohnt haben. Diese geben uns ein treues Bild von dem einfachen und trau- lichen Familienleben der damaligen Zeit. Das prunklose Getäfel mit den Schildongen von Tir(d und GiJrz, die langen Wandbänke, die Sitze am Erker sind die sprechenden Zi^u- gcn dafür. Auf den lieiilen \N andlläidieu des lOrkers bemerkt man noch die Contouren und auch einzelne Figui'en von erbleichten Gemälden. Die an diese Gemächer anslossende Capelle, bei welcher eheilem ein eigener Pi'iester augestellt war, ist nun viilli;,' verunstaltet und bietet nichts Sehens- werthes, ausser ein paar alte Figin'cu, welche an der Wand gemalt sind: St. fJottfried mit der iieichskugel und dem Scepter. mid St. Oswald, ebenfalls mit dem Scepter und der Beichskugel , worauf ein {{abe sitzt, itäthselbaft und merkwürdig ist ein altes Mauergemälde in der Sacristei. Oben sieht man 'l'ubalkain als Erlindcr der Musik, und David, den König, als Harfner ujit den lusi-hriften :

Her David lohet got also schone mit Musyca vTider seiner werden kinikhiichen Krone, und : von Thubalkidianes luuner Klanck

ward Musyka i'rliiiiden vnd der Gesank. Darunter sind in einem Felde s|iielende Kinder oder Anmretlen mit eioeni lluliiarren. im andern Felde erscheint die Braut, wie sie dem \N Crber vorgel'ührt wird. Dai'iiber liemcrkt man einen Hasen not einer Schnecke auf dem Rücken im vulleii Laufe. Nim den Inschriften konnte ich nur die lolgende ganz entzilVcrn :

Gelück geet hir behendika(it),

des daucht sieh d'schueg gemayt,

do(?) er mit seine schlauh(en)

Ainen Ibjsen tedt erlaulfen. Man bezieht dieses (jemälde auf die Vermählung der Margaretha Maultasch mit Ludwig dem Brandenburger, und findet darin einen Spott auf die rngeschicklichkeit derGeg- ner dieses Ehebünduisses. Es dürfte dies auch wirklich die beste Deutung sein. Das Bildwerk mag in das Xl\ . .Jahr- hundert hinaufreichen. Als Maler nennt man einen gewissen Chri stop ho r US von Mcran.

Die merkwürdigsten von den alten Burgen, webdie die Hügel und Bergeshalden rings um Meran beherrschen, und reich an geschichtlichen Eriunernngen die dahin geschwun- denen ■lahrluinderte wieder zurück rufen, siml die Schlilsser Zenoberg und Tirol. Beide liegen grossentheils in Rui- nen; aber die L'berreste, welche jetzt sorgfältig bewahrt werden, zeigen noch namhafte Rautheile aus der romanischen Zeit. Dahin geboren vor andern die zwei Portale im Schlosse 'J'irol, wovon das eine in ilen alten Rittersaal, das andere in die anstossende Capelle lidirt. und ilas auf Zeno- berg, durch welches man in die zwei neben einander lie- genden Capellen gelangt. Diese sind in der vaterländischen Zeitschrift desFerdinandeums (.lahrgang 1828, Seite 153 If.) und von Heda Weber (Meran iiihI seine rmgebuogen. Seite löT) wi'itläulig bespniclien worden, so dass ich mir eine Detailbeschreibung füglich ersparen kann. Nur die fol- genden allgemeinen Bemerkuneen mögen hier Platz finden. Die Portale in Tirol sind sehr reich, aber auch ni(dit minder ridi heaibcitet. Die Reliefs auf der äussersten Umrahmung haben nicht einmal die glei(dieii Dimensionen, sie reichen eben so weit, als die einzelnen Sieine i's erlaoliteii. Insbe- sondere zeichnet sich das der Capelle durch seiiu' phanta- stischen Gebilde und Zierathen aus. Es ist in drei Winkeln eirigeschrägt. Die Saide, welche das Tympanum stützte und die Tliür abtheilte, ist \erscliw ooden. In den vinilerslcii \\ inkeln der Einschrägimg sind Stäbe angebracht, auf deren Capilälen iler Tirolei' Adler, aber noch nicht heraldisch geformt, sitzt. Miese beiden l'ei'lale reiclieii in die erste Zeit des .\ll. .lahrliiinderts. oder in eio mich hidiercs .\lter hinauf. Die Capcdle, in welcher man nichts .Merkwürdiges mehr lindet. aiisver ein Messkleid vom XN I. .lahrbiindert und ein grosses, mit dickem Farbenaufirag entstelltes Crucifixbild

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aus dem XV. Jahrhuiulert, hat einen Unterbau von ganz gleicher Grosse und Gliederung , welcher in grauer Vorzeit die fürstliche Gruft umschloss. Hier ruhten die Gebeine Meinhard's I. und von mehreren seiner Vorgänger, bis sie im Jahre 1284 in die landesfürstliche Gruft des neu gegrün- deten Stiftes Stams übersetzt worden sind. Auch das Sehloss Zenoherg war ein beliebter Aufenthaltsort der alten Fürsten von Tirol. Sowohl die Capellen als auch das Portal stammen aus der letzten Zeit der romanischen Periode. Die Steine sind hier schon behauen, die Gebilde und Formen mit mehr Kunstfertigkeit behandelt. Auf der Innenseite des Portals erscheint schon der Tiroler Adler heraldisch ange- bracht; die übrigen Bilder zeigen grösstentheils phan- tastische Thiergestalten, welche nur als Ornamente ohne besondere Bedeutung zusammengestellt zu sein scheinen. Das Nämliche möchte ich mit Ausnahme des segnenden En- gels im Tympanum auch von dem Tiroler Portale behaupten, welches in den Rittersaal führt <). Denn es folgen hier, regel- mässig gegenübergestellt , aufeinander; Menschenfigu- ren, Löwen, Widder und dann Tiger. Anders verhält es sich mitdenReliefs auf dem Portale der Capelle in Tirol. Hier haben wir allerdings bedeutsame Bild- werke. Freiherr von Hamm er erklärte sie aus den Geheim- lehren der Gnosis, Graf v. Gi o v an elli aus Mythen ver- schiedener Völker und Zeiten. Aber es sind offenbar nur ikonographische Darstellungen, wie wir sie an allen kirch- lichen Bauwerken der romanischen Periode finden. Einige davon mögen nur zur Ornamentik dienen, in anderen aber wird der geistige Kampf und die Weihkraft des Christenthu ms gegen die bösen Geister und die Leidenschaften ver sinn licht. Besonders merkwürdig ist das unterste Bild rechts, wo eine Taube einen mit Wuth sich aufbäumenden Drachen beim Kopf erfasst und bändigt, sei es, dass die Taube den schützenden Engel nach der in der christlichen Symbolik sehr häufigen Vorstellung, oder das heiligste Altarsacranient mit Beziehung auf die columba der Alten versinnlicht.

Endlich bemerke ich noch, dass auf Zenoberg auch eine fürstliche Gruft sich befand. Leopold und Adel- heid, die Kinder unsers Landesfürsten Heinrich, fanden hier ihre Puihestätte. Jetzt gehört das Sehloss dem Herrn von Breitenberg zu Bozen, welcher die Überbleibsel sorgfältig bewahrt und hier eine Sanmilung von Urkunden, Schriften und verschiedenen alten Geräthschaften ange- legt hat.

Ein ansehnliches Bauwerk bildet die Pfarrkirche von Lana. Sie ward um das Jahr 1483 aufgeführt, wie die Jahreszahl auf dem Westportale anzeigt. Die Waudsäulen des Langhauses machen einen Vorsprung in die Kirche, so dass

') über dieses Portal liegt uns eine vom Architekten Hrn. J. Hieser ange- fertigte Aliljildung vor, deren Verötrentlictiung im niiehsten .Iiilirgange dieser Zeitsctirift erfolgen wird. f). Red.

II.

an beiden Seiten cii[iellenähnliche Räume erscheinen, über welche sich die Schildbögen schwingen. Der Plafond zeigt, wenn ich mich noch recht erinnere, ein gutes Netzgewölbe, die Gurten steigen im Langhause unmittelbar aus den Wand- säuleii, im Presbyteriuni aber erscheint das Capital als ver- mittelndes Glied. Der Musikchor, welcher auf der Westseite angebracht ist, trägt eine Gallerie mit schönem durchbro- chenem Masswerk, welche an beiden Seiten i\es Langhauses bis über die Mitte hinaus fortläuft. Die Rippen, Säulen und das Masswerk sind von gemeisseltem Stein. Das scbätzbar.'-te Kunstwerk in dieser Kirche ist der grosse gothische Hoch- altar, welchen ich für den schönsten in Tirol halte. Der ganze Kasten mit den Flügeln ist sehr gut erhalten, sowohl im Schnitzwerk als auch in den Farben. Dem Aufsatz hat man eine neue und ganz entstellende Färbung gegeben: in den Jahren 1824 1826 wurde ein Tabernakel dazu gebaut und der Sockel des Altars sehr beschädigt. Der Kasten hat Schnitzarbeit im Hochrelief, die vier Flügel zeigen Gemälde. Das Ganze ist sehr schön und mit lebensvollem Ausdruck durchgeführt, so dass sich das Auge nimmer satt sehen kann. Insbesondere zeichnet sich das Relief durch einen über- wältigenden Reichthum des Gedankens und der künstleri- schen Schöpfung aus , so dass jede Beschreibung weit zu- rückbleiben muss. Ich beschränke mich demnach auf die Mitfheilung der vorzüglichsten Momente. Der untere Theil des Kastens enthält die heiligste Dreifaltigkeit, sehwebende Engel bringen das Kreuz und die Dornenkrone. Man erkennt sogleich, dass hier der göttliche Rathschluss der Welterlösung dargestellt werde. Daneben stehen Pe- trus und Paulus, die Säulen der Kirche, durch welche das Werk der Erlösung auf alle Völker und Zeiten fortge- pflanzt werden soll. Im oberu Theile des Kastens erscheint Maria in himmlischer Glorie über den Wolken schwebend. Diese Vorstellung zeigt uns das Endziel, dem das Ei'lösungswerk zuführen soll. .\us den Stäben des Laub- werkes, welches das ganze Relief zu beiden Seiten aufstei- gend umgürtet, sprossen Figuren; es sind auf jeder Seite sieben (die sieben klugen und die sieben thörichten Jungfrauen) eine sinnige V'orstellimg der evangelischen Lehre, wie der Mensch durch eigene Wirksamkeit mit der Gnade die Früchte der Erlösung sich aneignen muss. In den vier Flügeltafeln werden die hervorragenden Begebenheiten aus dem Erlösungswerke vorgestellt: Die Verkündigung, die Geburt, R e s c h n e i d u n g und die E r s c h e i n u n g d e r Weisen des Morgenlandes. Zuoberst in der mittlem Nische des Aufsatzes erscheint die liebenswürdigste imd staunenswertheste Gottesthat derOpfertod des Heilandes. Sind die Flügel geschlossen, so zeigen sie Gemälde aus Sce- nender Leidenjesu, wasebenfalls zumAufsatz sehr gut passt. Im Sockel soll das Reliefden Sündenfall der ersten .VI- t e r n.vorges teilt haben. VN (.'un ich eineVermuthung wagen darf, so möchte ich diese Arbeit unserm Pacher aus Bruneck, dem gefeierten Künstler der damaligen Zeit, zuschreiben.

4ti

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So viel luir aus Erinnerungen bekannt ist. wählte dieser mit Vorliebe das Leben und Leiden des Weltheilandes zum Gegenstände seiner künstlerischen Darstellungen. In dem Altar zu Laua llndet sieii dieselbe liiehtuiig besonders ausgeprägt. Das Kirchenpatroeininni zu Lana ist Maria- Himmelfahrt. Der Künstler scheint die Aufgabe gehabt zu haben, dasselbe im Altäre besonders hervortreten zu lassen. Er that es auch, indem er der Himmelskiinigin im obern Felde des Kastens einen vorzüglichen Platz angewiesen hat. Allein es bildet doch nur ein untergeordnetes Moment der ganzen Dar- stellung, welche das Werk der göttlichen Welterlljsung um- fasst. Diese kurzen Andeutungen mögen genügen , um den Werth dieses vortrefflichen Kunstwerkes kennen zu lernen. Um so dringlicher stellt sich dieNothwendigkeit heraus, dass für die Erhaltung desselben iiestens gesorgt werde. Es wäre vorerst die ganz miserable Fassung des Aufsatzes abzu- waschen und dafür eine andere entsprechende zu geben. Sodann sollte nach Thunlichkeit der alte Sockel wieder ganz hergestellt werden. .\l)er die IJestauration müsste durch einen kundigen Künstler geschehen. Der jetzige Herr Dechant lind Pfarrer ist ein eifriger Verehrer der mittelalterlichen Kunstwerke. Er hat sehr vieles für die Conservation gethan und würde noch vieles thun, wenn es die durch die Grund- entlastung geschmälerten Einkünfte der Pfründe erlauben möchten. Die Gemeinde ist arm. Das Patronat übt der h. deutsche Orden, welchem die Pfarre förmiich incorporirt ist. Dürfte man nicht eine ergebenste Bitte an Se. kaiserliehe Hoheit, den durchlauchtigsten Erzherzog Maximilian von Este, Grossmeister des deutschen Ordens, wagen? Dieser edle Fürst hat schon so viele Denkmale seiner Grossmuth und Frömmigkeit in unserm Lande und insbesonders zu I^ana gegründet. Eine vertrauensvolle Bitte wird llöchst- derselbe sieher nicht abweisen, und die Erinnerung an den fürstlichen Wohlthäter würde fortbestehen in der Gemeinde, hehr und theuer, wie das Kunstwerk selbst im Gottesliausc. Die Pfarrkirche in St. Pauls nimmt nicht so sehr durch schöne Formen als durch die Geschichte des Baues und wegen des gewaltigen Thurmes, welcher in der West- seite anfsteigt, inisere .\ufmerksamkeit in Anspruch. Das Presbyterium und die Westseite des Langhauses, da wo der Thurm sich erhebt, so wie auch der Thurm selbst stammen aus dem Anfange des XVI. Jahrhunderts; der übrige Theil. nändich das Langhaus, gehört einer frühern Zeit an. Aber weder das Presbyterimn noch auch der Thinin sind vollendet.

Wir limlen hier die in unserm Vaterlande oft wieder- kehrende Erscheinung, dass schöne und grnssartig begon- [lene Bauten durcdi die Folgen der Beformationswirrcn plötz- lich unterbrochen und entweder unvollendet geblieben oder erst in späterer Zeit und in armseliger Weise fortgeführt worden sind. Die Kirche in St. Pauls bildet einen llallen- bau mit einem l'mgang, das Gewölbe wii-d von \'l rundiMi Säulen getragen. Das Mittelschiff hat ein schönes Kreuz-

gewölbe; das Presbyterium aber ein Netzgewölbe. Die Bip- jten steigen hier uiunittelbar aus den Säulen und Diensten. Die Fenster zeigen im Masswerk die Fischblasen. Die Säu- len, Dienste und |{i[)pen sind in der ganzen Kirche von gemeisseltem Stein, die übrigen Theile von einfachem Mauer- werk. Die Wandsäulen im Presbyterium tragen Coiisolen und Baldachine, aber es fehlen die Figuren. .\m (bnitlichsten zeigen sich die Spuren der plötzlichen Unterbrechung in der W^estseite des Langhauses und im Thurm. Es ward ein Bau mit der grossartigsten .\nlage begonnen ein Prachtbau im eigentlicdien Sinne des Wortes. Den Unterbau des Thur- mes bilden die Kirchenmauer und auf der freien Seite ein mächtiger Pfeiler, welcher auf einem zusammengesetzten Sockel ruht und in sehr reicher Gliederung mit Stäben, Hohlkehlen und spiralförnug gebildeten Diensten majestä- tisch aufsteigt. Von diesem Pfeiler laufen eben so starke und reich gegliederte (Jurten aus, welche das Gewölbe tra- gen, worauf der Thurm ruiit. Nun aber beginnt der Gräuel der Verwüstung. Die schön gemeisselten Bippen, welche aus eben diesem Pfeiler und den Wandsäulen auslaufen und bestimmt waren das Gewölbe des Musikchores zu tragen, brechen jählings ab, oder sind mit Gewalt abgehauen und zertrümmert worden. Der lu-sprünglicb beantragte Bau hatte hier sein Ende erreicht, und 100 .lahre spät(T. als man die Empore baute, istdie gewaltsame Zertrümmerung geschehen. Der Werkmeister hat seinen Namen in der folgenden In- schrift verewigt: Jo.Pefro de Bosio de Ramponio de Valu de in Telri fecifiir r/ueMa operc anno 1009. Wie die Inschrift so auch Am- Bau eine wahre Miserabilität. Das Portal an dieser, nämlich an der Westseite, ist zum grössten Theile vollendet; aber von der beantragten Vorhalle sieht man nur noch die Trümmer der Gurten und Bippen, welche das Gewölbe derselben hätten umspannen sollen. Ans den Überbleibseln ex'kennt man deutlich , dass es auch hier auf Pracht berechnet war. Übrigens zeigen sich an allen diesen Theilen die Spuren der Entartung des gothischen Styles, wo eine grosssprecherische Pracht mit leeren Formen an die Stelle des bildenden und belebenden Geistes getreten war. Am Portal sind selbst die Fialen in die Hohlkehle des Spitz- bogens eingeschweift.

Der grösste Aufwand war für den Tliurm verwendet. Fünf mächtige Stockwerke mit starken Streben und Fialen von durchbrochener Arbeit steigen zu einer gewaltigen Höhe auf. Aber jählings bricht der Bau ab. Alle Theile sind aus schön gemeisselten Steinen zusammengesetzt. Dem Thurme war die Ehre zugt-daeht, König zu sein in weitem Kreise innher. .4ber das («escliick göimte ihm die Krone nicht und setzte ihm eine elende Dachkuppel auf. Die ein- zelnen Stockwerke zeigen die Zeit der Erbauung an. Die unterste .Jahreszahl ist I.'JIO, daim folgen in den höhern Stockwerken die Zahlin I ;> I 1 . lül'i u. s. w. bis beiläulig lU'iO: die (d)('i'('ii nändich sind \oii der .Strasse aus nicht mehr lesbar. Iter Sehluss des Baues trägt die Zahl 1. '>.')(>.

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Das TliJil Ridnaiin, dessen äusserer Theil gemeinhin Mareit heisst und die Wiege eines der ältesten mächtigsten Geschlechter in unserem Lande, nämlich der Grafen von Morit gewesen ist, ötTnet sich westlich von Sterzing. In diesem Thale hat sich eine kleine gothische Kirche erhalten, welche das schöne Hügelland zwischen Mareit und Ridnaun krönt. Sie wurde von den Knappen der nahen, einst blühenden Erzgruben gebaut und der heiligen Magdalena geweiht. Der F'ronbogen trägt die Jahreszahl 1281. Die Kirche ist im Ganzen noch gut erhalten, aber übertüncht. Der Bau ist ein- fach und zierlich. Die Wandsäulen und wahrscheinlich auch die Rippen des Netzgewölbes sind von weissem Marmor.

Die merkwürdigsten Gegenstände in dieser Kirche sind: der Hocha I tar, dieKanzel und ein Kumniernis- bild. Der Hochaltar ist ein Bau der spätgothischen Manier, aber gut gearbeitet. Der Sockel hat ein schönes und rei- ches Relief, welches den Leichnam Christi auf dem Seh 00 SS Marien s vorstellt. Johannes, Magdalena, Salome und die andere Maria, Nikodemus und Joseph von Arimathäa, umgeben, vom innersten Mitleiden ergriffen, die trauernde Gottesmutter. Der Kasten zeigt ebenfalls ein Relief mit drei beinahe freistehenden Figuren: Magdalena, Georg und Lorenz. Die Flügelgemälde enthalten Vorstellungen aus dem Leben der heiligen Magdalena. Ein Bild darunter ist besonders schön. Der Aufsatz hat drei Nischen, wovon jede eine Figur unischliesst. Die mittlere Nische, welche eine ganze ist, trägt zu oberst Christum, den von den Todten Erstandenen. „Das Werch hat gemacht maist. ma- theis Stöberl 1S09." Der ganze .\ltar ist gut erhalten, nur die Haupttigur die heilige Magdalena hat eine Verletzung erhalten , welche aber sehr leicht ausgebessert werden kann, da die weggenommenen Theile noch vorhan- den sein sollen.

Der alte Seitenaltar, ebenfalls im gothischen Style gebaut, ist von bedeutend minderer Arbeit und sehr verletzt.

r)ie Kanzel, von weissem Marmor, ist aus dem .Acht- eck gebildet mit eingezogenen Seitenflä(;hen. welche oben und unten vor dem Abschluss mit Stäben begrenzt werden. Die mittlere Seite trägt die Inschrift: Jesus.

Das Gemälde der heiligen Kümmernis, welches etwa zwei Jahrhunderte hinter sich hat, befindet sich auf dem Fahnenkasten, und ist in so ferne interessant, als es einen Beitrag zu der noch nicht genugsam enthüllten Legende bildet. Die bärtige Jungfrau hängt nur mit den Händen am Kreuze, die Füsse schweben frei. Davor kniet ein Musicus mit der Geige und dem goldenen Schuh.

Bei dieser Kirche wäre eine Restauration leicht auszu- führen und auch sehr lohnend. Man würde ein schönes Gebäude mit zwei entsprechenden Altären und einer Kanzel der besseren Art erhalten.

Auf dem Rückwege besucht man gerne das Schloss Wolfsthurn, welches auf einem Hügel eine herrliche Aussicht gewährt und das unten am Fusse liegende Dorf Mareit beherrscht.

Es ist in seiner jetzigen Gestalt um das Jahr 1740 ans der alten Burg, wo die ehemaligen Gerichtsherrn hausten, entstanden, und unischliesst weitläufige und schöne Gebäude. Den Hofraum ziert eine Fontaine, aus deren klarem Grunde weisser Marmor schimmert. Von da führt eine Allee von hohen Waldbäumen zu einem künstlichen \\'asserfall. Der freundliche und kunsfliebendeBesilzer des Schlosses, Baron von Sternbach, heisst jeden Fremden willkommen. Der Kunstfreund findet hier drei sehr schöne Stücke aus Elfen- bein von Colin's Meisterhand gearbeitet, nämlich ein Cru- cifix und zwei Passionsvorstellungen in Relief, wahre Kunst- werke, welche nach meinem Urtheile sowohl in Beziehung auf die technische Durchführung als auch wegen des äusserst zarten und doch mit Macht hervortretenden .\nsdruckes den Maximilianischen TaCelwerken in Innsbruck den Vorrang abgewinnen möchten.

Die Doppelcapelle und der Thnrm anf der Rnine Gränbnrg in Eämthen.

Von Max Ritter von Moro.

Unter Kärnthens mittelalterlichen Baudenkmalen ver- dienen auch die wegen ihrer abgeschiedenen Lage wenig bekannten Ruinen von Grünburg, dass die Aufmerksamkeit der Alterthumsfreunde auf selbe gelenkt werde.

Wenn man nämlich die durch das Görtschitz-Thal führende Strasse bei Kitsch, das ist beiläufig eine Viertel- Stunde südlich von Wieting, verlässt, und an dem daselbst sich in denGörtschitz-Rach ergiessenden kleinen Rache auf- wärts dem östlich sich erhebenden Gebirge zusehreitet, so gelangt man mich ungefähr einer Stunde zu einem Berg- vorsprunge, auf dem man die Ruinen dieser Rurg und eines einige hundert Schritte östlich davon liegenden gewaltigen Thurmes erblickt.

Von der Grünburg sind ausser dem Capellen-Gcbäude nur mehr wenige Mauertrümmer, und unter diesen ein mit einem Kreuzgewölbe überspannter Raum, in den eine rund- bogige Thüre mit steinernem Thürstocke führt, vorhanden; von dem Capellen-Gebäude ist jedoch das ganze Mauerwerk noch erhalten. Dieses Gebäude steht li;irt am südöstlichen .Abhänge des zwar steilen, aber nicht unzutfänirlichen Berff- vorsprunges, auf dem sich die ganze Burg befand, und ist weder durch eine Mauer noch durch ein anderes Vorwerk geschüzt. Es ist von Nordwest gegen Südost gestellt, enthält zwei über einander befindliche Capcllen, und über denselben noch eine Localität. Die ebenerdige Capelle besteht aus einem Schiffe ohne alle Ausladung und einer dreiseitig abge-

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schlosseiieiiApsis. Der Eingang war auf der Nordwest-Seite, ist jedoch gegenwärtig ausserhalb ganz verschüttet, inner- hali) ist dieThüre und der steinerne Thürstock mit gedrück- tem Spil/.hogen sichtbar.

Das Sciiitr mit Einschliiss der Apsis ist 4' laug und breit; in der südwestlichen Seitenwaud befinden sich zwei, in der nordöstlichen nur ein Fenster. Diese sind nach innen und aussen abgeschrägt und rundbogig, die innere Lichte hat eine Höhe von 4' 4" und eine Breite von nur 3'. Das SchifThat eine f 1 a c h e D e c k e. was man an den Vertiefun- gen in der Mauer der Seitenwände, in denen sich die Bal- ken befanden, erkennt. Eben solche Vertiefungen in der Mauer ober der Eingangsthüre zeigen auch, dass dort eine kleine Empore war. Die gegen Südost gestellte, wie oben bemerkt, dreiseitig abgeschlossene Apsis hat ein Spitz- boo'engewölbe. In jeder der drei Seiten befindet sich ein nach innen und aussen abgeschrägtes spitzbogiges Fenster, dessen innere Lichte 5' hoch und nur 4" breit ist. In den vier Ecken der .\psis sieht man gleich hohe als breite, von einem kreisrunden Bande umschlossene Kreuze mit rother, grüner und schwarzer Farbe zierlich gemalt. Ähnliche Kreuze befinden sich auch im Schiffe, und zwar auf jeder Seitenwand zwei, doch sind selbe nur mit rother Farbe und roh gemalt. Man erkennt, dass in der Mitte jedes die- ser 8 Kreuze sich ein Nagel eingeschlagen befunden hat und später wieder heraus genommen wurde. Ohne Zweifel waren dies geweihte Nägel und zeigten mit den gemalten Kreuzen an, dass die Capelle eingeweiht wai-. Ober dieser ebenerdigen iielindet sich eine derselben beinahe ganz glei- che Capelle, welche jedoch von aussen keinen Eingang hat. Das Schilf hatte gleichfalls eine tiache Decke, die Fenster in den Seitenwänden haben die gleiche Form wie in der ebenerdigen Capelle. nur befinden sich in jeder der zwei Seiten wände zwei Fenster; au(di die Apsis ist der in der ebenerdigen Capelle befindlichen gleich, nämlich im Spitz- bogen gewöll)t, mit gleichen Fenstern in jeder der drei Sei- ten. Ober dieser zweiten Capelle ist, wie oben gesagt, noch eine Localität. Diese hat auf der Nordwest-Seite eine rundbogige Thüre , zu der' man von aussen nur mittelst einer [>eiter oder von dem nahe dabei befindlich gewe- senen Burg-Gebäude aus mittelst einer Brücke gelangen konnte.

Auf der Höhe der Mauer sieht man noch breite Zinnen, daher dieser zu oberst am (lebäude befindliche Baum ohne Zweifel zur Vertheidigung iiestiniml wai-. ,\uch die Fensler in ih-u ober einandiu- befindlichen zwei Capellen scheinen aus dem Grund»! so sehmal gemacht wiu'den zu sein, um sie im Falle eines .\ngrilfes als Schicssschartcn benutzen, und

auf diese Art das Capellen-Gebäude gleichsam als N'orwerk vertheidigen zu können.

Einige hundert Schritte östlich von den Buinen der Grünburg erhebt sich auf dem Bücken desselben Berges ein von einer Bingmauer umgebener imposanter Tliurm.

Das Terrain, auf dem er steht, steigt an iler West- und Nord-Seite sanft an, an der()st-,Seite ist es steil, au der Süd- Seite aber fällt es einige Klafter schrofT in Felsen ah, welcher Abfall allem Anscheim^ nach durch Ausbrechen des Felsen- grundes künstlich gebildet worden ist. Die Ringmauer hat eine polygone Form. Die West- und Nord-Seite derselben, wo sie, wie gesagt, leicht zugänglich ist. hat Zinnen von verschiedener Breite (3 bis 7') deren jede in der Mitte eine Schiessscharte hat. Die Ost- und Süd-Seiti' der Bingmauer dagegen hat nur Schiessscharten cdme Zinnen. Der Eingang durch die Ringmauer ist auf der Nordwest-Seite durch eine kleine Thüre.

An der inneren Seite der Ringmauer sieht man unter den Zinnen die Vertiefungen in der Mauer, in denen sich die hölzernen Träger des Mordganges befanden, fjinks von der Eingangsthüre befand sich, nach dem noch sichtbaren Mauer- werke zu schliessen, eine ebenerdige kleine viereckige Loca- lität, die dem Thorwächter als Wohnung gedient haben mag. Zwischen der Bingmauer und deniThurme beträgt derBaum 1 bis 4". Der Thurm ist kreisrund, hat einen rmfang von 18, und eine Hohe von beiläufig 12". Die Mauer desselben ist aus Bruchsteinen von mittlerer Grösse sorgfältig aufge- führt, noch sehr gut erhalten und liat eine Dicke von 7 bis 8'. Die Eingangsthüre befindet sich auf der Nordwest-Seite bei- läufig 3" ober dem Ei-dboden, konnte also, wie es bei diesen Thürmen in der Begel der Fall war. nur mittelst einer Lei- ter erreicht werden. In einer Höhe von beiläufig 10" war allem Anscheine nach ein hölzerner Gang rund um den Tliurm, worauf insbesondere die in der Mauer sichtbaren Vertiefungen, in denen sich die hölzernen Träger befunden haben werden, hindeuten. Auf der Süd-Seite ist ober diesen Vertiefungen eine grosse Oelfnung in der Thurm-Mauer sichtbar, durch welche eine Thüre auf den Umgang geführt haben wird. Ausserdem befinden sich in der Thurm-Mauer nur ein Fenster und mehrere unregelmässig angebrachte Scharten. Von der Stelle, wo sich, wie bemerkt, der L'mgang befunden zu haben scheint, bis zur Höhe ist der Tliurm et- was dünner, zu oberst ist er mit Zinnen gekrönt.

In das Innere des Thurmes zu gelangen und dasselbe zu untersuchen, so wie die Dimensionen genau zu erheben wäre nur mittelst einer hohen Leiter ausführbar, deren Her- beisclialfnng auf diese einsame Rergcs-Höhe dem Schreiber dieses nicht möjjlich war.

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Correspondenzen.

Wien. Mit grosser Freude tlieilen wir unseren Lesern mit, dass Se. k. k. Apostolisclie Majestiit neuerdings einen namhaften Beitraf; zur Restauration eines niiltelalterliehen Domes Deutschlands gespen- det hat. Zur Restauration des Domes zu Mainz haben niinilich Se. k. k. Apost. Majestät eine Summe von 10.000 fl. angewiesen. Riner Correspomlenz aus Mainz entnehmen wir in dieser Beziehung folgende Mitlhcilung: „Die zur Restauration unserer herrlichen Domkirche disponiheln Mitteln haben durch das grossartige Geschenk des Kaisers Franz Joseph einen unverhofften Zuwachs erhalten. Die Arbeiten sollen nun zuerst im Innern der Kathedrale beginnen. Bereits seit längerer Zeit ist an dem Mittelpfeiler vor dem östlichen Chore das Gerüst angebracht, ohne dass jedoch mit den Arbeiten zur Beseitigung dieses Pfeilers vorgegangen worden wäre. Vermuthlich wird dieses nun im Laufe des Winters gesche- hen. Der Ausbau der beiden östlichen Ncbenthürme, die seit dem Jahre 1793 unvollendet dastehen , wird einer späteren Zeit vorheballen bleiben, eben so die Herstellung der architektonisch merkwürdigen St. Gotthardscapelle, die in ihrem jetzigen definiti- ven Zustande einen sehr unpassenden Eingang zu dem sonst so herr- lichen Gotteshause bildet."

Wien. Das Bild jener grossartigen Restaurationsthaligkeit, welches sieh gegenwärtig im Umfange des ganzen Kaiserstaates ent- wickelt, hat eine neue, sehr erfreuliche Erweiterung erhalten. Aus Prag ist ein begeisternder Aufruf, unterzeichnet von den Herren Franz Gräfe n vo n Thun- Höh e n stei n , Domeustos Wenzel Pesina, dem Generalen und Grossmeister des Kreuzherrnordens Jak. Beer, Dr. Karl Walther und Dr. Karl Helminger an die Bevölkerung Böhmens zur Constituirung des Pr a ger-D oni b au- ver ei nes veröffentlicht worden, zu welihem bereits im Jahre 1844, mitbin lange bevor noch in Osterreich die gegenwärtige Bewegung auf archäologischem Gebiete eingetreten war, die Mehrzahl der genann- ten kunstsinnigen Männer die Einleitungen getroffen und die Aller- höchste Genehmigung zur Gründung dieses Vereines erwirkt haben. Der Zweck dieses Vereines ist die stylgeniässe Wiederherstellung des St. Veitsdomes , eines der hervorragendsten Bauwerke des XIV. Jahrhunderts, das ^ wie jüngst ein rheinischer Archäolog bemerkt hat, als Schlussstein jener grossartigen Kette von Kathedralbauten zu betrachten ist, wie dieselben am Ende des XII. und im XIII. Jahr- hundert im nördlichen Frankreich und dem westlichen Deutschland entstanden sind. Nach §. ö des Statutes wird als Mitglied aufgenom- men: 1) Jeder Kirchsprengel und jede Gemeinde, wenn sie jährlieh einen Beitrag leistet, nach welchen wenigstens ein Kreuzer C. M. auf jedenKopf entfällt; 2) Jedeanderefphysische odermoraliscbe) Person, welche ein für allejual wenigstens 200 fl. oder alljährlich wenigstens 10 fl. beiträgt oder dieselben Beiträge durch Sanuulung dem Vereine zuführt; 3) Wer sich besondere Verdienste auch ohne Beitragslei- stung um den Verein erwirkt. Nach §. 6 sind Fondsbegründer jene Mitglieder, die wenigstens 5000 fl. oder alljährlich wenigstens 2ä0 fl. beitragen. Beitrittserklärungen werden von sänimtlichen Unterzeich- neten des Aufrufes und auch von der Kanzlei des Kunstvereines für Böhmen angenommen.

Wien. Im Novemberhefte der „Mittheilungen" haben wir einen Aufsatz „Über die Grafen von Altbregenz und jene von Mont- forl" von J. Bergmnnn veröffentlicht. Als Ergänzung liiczu bemerken wir nachträglich, dass die Veranlassung hiezu ein Bericht desConser- vators für Vorarlberg, Herrn Dr. FaustinEns, über die vom Grafen Wilhelm von Montfort-Bregenz im Jahre 1361 gestiftete St. Martins- capcl le gegeben hat. wobei jücksichllich der Erhaltung der Capelle

der Wunsch ausgesprochen wurde, eineDarstellnng der verschiedenen Familienverzweigungen der Grafen von Montfort kennen zu lernen.

Prag. Am 29. Juni 1857 wurde die alte ehrwürdige .Marien- kirche zu S ed 1 ec bei Kuttenberg (Czaslauer Kreis), nachdem sie auf Veranlassung der hohen k. k. Central-Commission für Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale gänzlich restaurirt worden, durch Seine Excellenz den hoehwürdigsten greisen Bischof von König- grätz Carolus Hahnl wieder feierlich eingeweiht.

Die grosse, schwierige Aufgabe, diese Kiichc erhalten zusehen, ist nun gelöst. Diese herrliche Kirche bleibt einer langen Zukunft wieder erhalten; allein neben ihr ruft ein anderes ehrwürdiges Bau- denkmal zur thatkräftigen Intervention bei dem hohen Patron Seiner Durchlaucht dem Herrn Karl Fürsten zu Schwarzenberg. k. k. Feldzeugmeister, Militär- und Civilgouverneur im Grossfürsten- thume Siebenbürgen. Es ist dies die sogenannte Tod fenca pell e zu Allerheiligen oder das berühmte B ein haus im Orte Sedlec selbst, das während des Baues der grossen Marien-Kirche als Interims-Gotteshaus benützt worden ist. Die von mir der k. k. Central- Commission vorgelegte Geschichte der Kirche ') enthält die nähert Beschreibung dieses der Erhaltung sehr bedürfenden Bauwerkes. Doch muss bemerkt werden, dass für diese Capelle viel geleistet wurde und dass die Lasten nicht die geringsten sind, welche der hohe Besitzer für jene Bauobjecte zu fragen hat. welche auf dem Gebiete seiner Domaine stehen. B e n e s c h.

Cäratz. Indem Aufsatze des Novemberheftes dieser Zeitschrift „Über ein in der Burg zu MHener-Neustadt in der Georgskirchc befindliches Basrelief", pag. 301, findet sich die Notiz, ,dass Ferdinand Karl Böheim in der Beschreibung der Burg zu Wiener-Neustadt (s. Beiträge zur Landeskunde Österreichs unter der Enns, Wien 1834. 8. Bd. IV. 41) zuerst die richtige Deutung des grossen Thon-Bas- reliefs in der Georgskirche in Neustadt gegeben habe". Zu dieser Behauptung muss ich bemerken, das ich bereits in den Bildern aus der Neustadt, im Hormayr's vaterländischem Taschenbuche IS27. p. 79 und 80, mithin um sieben Jahre früher das Basrelief ziemlich ausführlich mit richtiger Deutung des Durgestellten beschrieben habe. S che ige r.

Pettau. Hinsichtlich der hislorisch-genealogischcn Notizen der Familie von Siegersdorf, welche durch Herrn Bergmann im Julihefte der „Mittheilungen" (Seite 184) veröffentlicht wurden, bin ich in der Lage die Bemerkung beizufügen, dass in dieser Beschreibung zwei Glieder, nämlich Hans .\ugust und Johann Franz von Siegersdorf, übergangen sind.

I. Hanns August von Siegersdorf zu Gresswinklern starb 1587; sein Grabstein, welcher das Ebenbild des Verstorbenen im vollen Harnisch mit dem Familienwappen ^ dem nackten Mann mit der Keule darstellte, befindet sich zu Wurmherg an der östlichen Kirchcnwand. Dieser 1589 errichtete 7 lange. 3'j' breite, aus weissem Marmor angefertigte und vollkommen gut erhaltene Denkstein führt die achtzeilige Inschrift: „Hie ligt begraben der edl und gestreng Herr Hans August von Siegersdorf zu Gress- winklern. welcher den alflen .\prillis nach Christi unsers Seligmachers gehurt des eintausend fünf hundert sieben und achtzigsten Jar, in cbrisilicher Ersam und Lenkhendnuss gott seelig verschieden dem Gott (Jnad und ein fröllche l'mstand verleihen welle amen 1580."

*) Wir wenien davon .seiner Zeil in diesen IJIiittern rioltr.iucli nineheii.

I>. Red.

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2. H anns Fia nz von Sieg IT silor f w;ir, iiaili von Valvasor IX. Buch, pag. 88, im Jahre 1635 und lÜ3(j mit Oeoig Balthaser Katziancr, Rupert Abt zu Landstrass und V'alerius Freiherrn von Mascbken kraincrisch-stündisoher .abgeordneter *).

Dr. Ilünisch.

Kla^enfiirt (Kärnthcn). Einer bei dem karnthnerisehen üe- schielitsvercine betindliehen Handschrift entnehme ich folgende, wie ich glaube beachtenswerthe kunsthisturisehe Notiz :

.,Abt Wol fke r (von St. Lambrecht in der Steiermark) rcsignirte im Jahre 12'j;! auf seine Würde und brachte die iibriire Lebenszeit in •*

seiner Zelle mit Beten, Fasten und Handarbeit zu (er stickte Tapeten aus Seide). I'. Peter Weixler schreibt: tapetein quod opus Abbati Wolfkero addicebatur, suo adhue tempere perdurassc, et dein ob nimiam vctustatcni in cimiculo quadam propre ecclesiani abhatialem defossum fuisse, pendebat afl'ixum in circuitu summi altaris eratque paucis quidein cuibitis latum, sed longum pluribus iconibus intentum parabolc sapicntiac dei, quibus honio descendcns a Jerusalem in Jericho etc. rcpresentatur."

.Abt WoU'ker wurde im Jahre it'30 gewählt und ihm wird nach- gerühmt, seinen Eifer für die wissenschaftliche Ausbildung seiner Pflegebefohlnen dadurch au den Tag gelegt zu haben, dass er die Kleri- ker seines Klosters zu den Dominicanern in Friesach in die Studien geschickt habe. Ankershofen.

Brixen (Tirol). Anfangs August begab icli mich ins Thal Mareit und bestieg das freundliehe Hügelland, welches auf dem Scheitel das schöne gothische Kirchlein zur h. Magdalena trügt. In einem meiner früheren Berichte ward bereits gemeldet . dass der k. k. Kammerer 9.

Herr Baron Leopol il v. Sternhach die Restauration dieses werthvollen Baudenkmales aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhun- derts auf eigene Kosten grossmüthigst übernommen habe. Zu meiner 10, sehr grossen Freude sah ich nun, dass die Maurer- und Steinmetz- 11. arbeit schon vollendet und die Restauration des Bauwerkes vollbracht 12, war. Und diese Restauration sie entspricht vollkommen. Die Por- i3. tale, die Kanzel und die Dienste an den Seitenwänden sind aus schneeweissem Marmor gemeisselt, die Rippen aber aus Ziegeln geformt. Es war demnach ein sehr glücklicher Gedanke, den Wänden und Gewölbefüllungen eine aschgraue und den Rippen eine weisse Tünche zu geben. Dadurch treten nun die Dienste und das Rippen- 14. netz deutlich und beherrschend hervor, und zeigen die schöne Struc- i5. tur des Baues. Um nun dem Ganzen die Krone aufzusetzen, gedenkt der Herr Baron den noch ziendicli gut erhalfencn gothischen Hoch- altar restauriren und einen entsprechenden Seitenaltar neu machen zu lassen. Zur Ausführung ist der tüchtige Kunsttischler Jos. Stau- 16. der von Inichen bestimmt. Die Verhandlungen «erden bereits 17. eingeleitet. Tinkh ausei'.

Ciiro.S8pro|l.<4(<lorf (Siebenbürgen). Seit meinem letzten aj Schreiben habe ich aus dem Schoosse der HIrde noch einige Gegen- ö) stände ans Licht gebracht, die ich, des Interesses wegen, das man an cj dergleichen Dingen zu nehmen pflegt, hier anzuführen mir die Freiheit nehme. Ich habe in dem mir angewiesenen Wirkungskreise gefunden : 1. Einen römischen Denkstein (1 Fuss 11 Zoll brell, 4' o Zoll dick, 4 Fuss li'^ Zoll lang), welcher, durch (Juerllnien in drei Felder getheilt, im oberen Felde einen Pfau, der von einer Natter gebis- dj sen wird; im mittleren Felde ein ungezäumtes, mit erhobenem

•) Der Conservator für Steiermark II. J. Scheiger, welcher die Einsendung dieses Nachtrags vermitleUc, bemerkt noch hinzu: „Es befindet sich auch im Wiener bürgerlielien Zengbause eine schöne ganze Rüstung mit dem Namen : Hanns von Siegenstein , die im Zeughaus-In\entar als die Rüstung eines schwäbischen Ritters aus der lielageruag Wiens von 1329 aufgeführt ist".

Kopfe muthig ausschreitendes Pferd , und Im unteren Felde einen in Trauer versunkenen, auf einen Stab gestützten romi- schen Reiter darstellt.

Einen ebenfalls in drei Felder getheiiten (etwas kleineren) römi- schen Denkstein. Das obere Feld zeigt einen Reiter, der mit seinem Speer einen Mann zu Boden streckt; das miltlere Feld lässt einen Hauer sehen, der hinter dem PIluge geht und seine Ochsen treibt, und das untere Feld stellt einen Mann und ein W^ib dar, die sich, scheinbar bewegt, die Hände reichen und zwischen welelien die Buchstaben TS zu lesen sind. . Den oberen Theil eines grossen Denkmals, mit dem von Pfauen umgebenen Kopfe der Juno und allerlei) Zierathen, 1 Fuss a'/z Zoll hoch, ij Fuss l',2 Zoll breit, 2 Fuss 7 Zoll tief, und beiläuHg 13 Centner schwer.

Eine fast fingerdicke, 1 Fuss 1 Zoll hohe, in der Mitte 2 Zoll, an einem Ende 4 Zoll, am anderen Ende aber 7 Zoll weite thönerne gebrannte Röhre. Zu welchem Zwecke dieselbe gedient haben kann, habe ich bis zur Stunde nicht erfahren können. Ein irdenes, 4'/a Zoll hohes Gefäss mit Asche, welches mit einer flachen, l'o Zoll hohen, 7'o Zoll breiten gut gehrannten Schüs- sel zugedeckt und mit biciten, auf die Kante gestellten Sandstei- nen umgeben war.

Sieben Stück thönerne Säulchen von derselben Grösse und Form wie die in meinem letzten Schreiben erwähnten 23 Stück. Zwei (sehr stark verrostete Griffe von römischen Schwertern. Eine kleine Silbermünze:

Avers: IMP. ANTONINVS PIVS AVG. Advers: TRIB. POTESTAS uii COS. iii PI». Eine kleine Silbermünze:

Avers: IVLIA PIA FELIX AVG. Advers: DIANA LVCIFEHA. Eine stark verrostete Kupfermünze v. Kaiser MARC A VREL. DOMITIAN.

ANTONINVS PIVS.

Eine griechische Silbermünze:

Avers: MAKEAOXSN nPSJTHi:. Herculcskeulc. umgeben

von einem Eichenkranze. Revers: Kopf derjj iana . den ein Kranz von macedonischen Schilden umgibt. Ein versteinertes Hörn von Aiililnpc piila.

Einen sehr gut erhaltenen (und bereits einer grössern Natura- liensammlung geschenkten) Humcrus vom Rliinoceros tichorrhy- nus, beiläufig 12 Pfund schwer. Der in meinem letzten Schrei- ben erwähnte, früher gefundene llumerus wiegt nur iJ Pfund. Acht Stück Zähne vom Urpfcrd ( llippnlhrriiim). Einen stark verknlklcn Zahn von einem .Mammut ( Elcphax ]>rt- migenius).

Dann habe ich noch bei Privatleuten gefunden und gesehen: Einen gut erhaltenen Manunufzahn. !l Pfund schwer. Einen llumerus von einem Mammut, Pfund schwer. Eine Goldmünze, 'l\., k. k. Ducaten schwer; Avers: Kopf der Minerva.

Revers-. BAiMAEtiS AAEHANAPOT. Die Siegesgöttin, in der Reehlen einen Kranz, in der Linken einen Drei- zack hallend. Die untere, sehr gut erhaltene Kinnlade (mit den Zähnen) von einem jungen Mammut (IClcphati primigenius), 50 Pfund schwer, 1 Fuss 9 Zoll breit, I Fuss 8 Zoll lang.

Diese Kinnlade, welche vor 30 3;i Jahren bei der Mediascher Mühle, in der grossen Kockcl. gefunden ivordcn und in den Besitz des Herrn Apothekers M. Schuster in Mediasch gekommen ist, verdiente in einer grösseren Naturalien-Sammlung einen Platz: es wäre gewiss eines der schönsten Stücke. M. S. Möck es eh.

331

Literarische Anzeigen.

Bei Gelegenheit der Bespreehiing: der Wackenuigersclien Wer- kes üher die ffoldene Altartafei zu Basel im Novcinherhefte der Mittlieilujigeii hat sich B. G. Heider gegen die Ansicht Wackcr- na ge l's, welcher die Altartafel für ein Geschenk Kaiser Heinrich's II. erklärt, aber auch gegen Kugler's Hypothese, dass dieses Sculptur- werk in späterer Zeit eine sfylistische Umgestaltung erfahren habe, ausgesprochen und daraufhingewiesen, dass dieses Werk, wie es ist. aus dem Schlüsse der romanischen Kunstperiode stammt. Es freut uns mittheilen zu können, dass auch Prof. Kugl er (im Kunstblatte Nr. 43) unabhängig von Dr. Beider seine früher ausgesprochene Ansicht modiKcirt und ganz in Übereinstimmung mit Letzterem sich mit über- zeugenden Gründen für die Entstehung dieses Kunstwerkes in der Epoche um 1200 ausgesprochen hat. Dagegen trat die „Zeitschrift für christl. Archäologie und Kunst", herausgegeben von Quast und Otte, ia einer Besprechung des genannten Werkes, enthaltend im jüngst erschienenen ersten Hefte des II. Bandes, der Ansieht Wa e ke rn a gel's vollständig bei.

Für das Gedeihen der Alterthumskunde kann es keine erfreu- lichere Thatsachc geben, als dass die Theilnahme für die Forschungen sich nicht bloss auf das Gebiet der eigentlichen Faehgenossen erstreckt, sondern dass auch jene Männer sich davon angezogen fühlen, welche durch ihren mächtigen Einfluss auf die Jugend zunächst in der Lage sind, den Sinn für archäologische Studien in weiteren Kreisen zu wecken. Mit Vergnügen haben wir die Wahrnehmung gemacht, dass die Gymnasialprogramnie diese trefflichen Stützen zur Bewahrung des wissenschaftlichen Geistes in den Lehrkörpern auch der Alter- thumsforschung die gebührende Aufmerksamkeit zuwenden. So enthält der VI. Jahresbericht über das k. k. katholische Gymnasium zu Ofen (veröffentlicht am Schlüsse des Studienjahres 18Ö7) eine Abhandlung „Aquincum und seine Überreste" von Heinri ch Ficker, die zu den fleissigsten und gediegendsten Arbeiten gerechnet werden muss, welche in jüngster Zeit aus der classisclien Periode in Osterreich publicirt wurden. So viel uns bekannt, bildet dieselbe den ersten Ver- such, auf Grund der gewonnenen wissenschaftlichen Resultate ein Bild jener bedeutenden römischen Niederlassung zu entwerfen , welche einst die Stelle des heutigen Alt-Ofens einnahm; zugleich liefert sie eine Übersicht der vorhandenen Denkmale, soweit dieselbe durch die Untersuchung der neueren undneuestenZeitansLichtgezogensind. in so sachverständiger Erklärung, dass diese Abhandlung mit Recht die Aufinerksanikeit der Alferthumsforscher auf sich zieht. Eine zweite archäologische Arbeit enthält das Programm des k. k. Gymna- siums zu Zar a, betitelt: Kirchliche Architectur in Zara, von J. G. Vonbank. Als ein Versuch zur Beschreibung der hervorra- gendsten Kirchenbauten dieser Sladt, uui damit die Aufmerksamkeit der Jugeud auf deren Bedeutung zu lenken, verilient dieselbe alle Beachtung und wir können dem Herrn Verfasser nur aufmuntern, durch fortgesetzte kunstgeschichtliche Studien sich über den Styl- charakter der einzelnen Bauwerke eine vollkommen klare und sach- gemässe Anschauung zu verschaffen ').

Eine sehr verdienstliche Broschüre hat Eduard Pratobe- vera', Archivar am ständischen Museum in Gralz. unter dem Titel: „Die keltischen und römischen Antiken in Steier- mark" veröffentlicht. Er gibt darin eine Übersicht der Altcrthümer dieser Provinz, des Benehmens bei Ausgrabungen und der Behand-

1) Im Interesse der Verfasser von archäologischen Arbeiten in ilen fiynina- sialprogrammen müssen wir wünschen, ilass ans diejenigen zugesendet werden, worin derartige Aufsätze venilfentliclit werden. Dort werden sie von Fachmäiunern am wenigsten gesucht und daher nicht .iNseitig gewür- digt. Dagegenhalten wir es für unsere l'llioht, in diesen Bliittern darauf aufmerksam zu machen, sohald wir davon in Kenntniss gelangen. D. Hed.

lung solcher Gegenstände in Betreff der Reinigung, mit der Absicht vielen Altcrthumsfreunden , denen es nicht gestattet ist selbst eingehende Studien anzustellen , eine aufklärende Belehrung zu bieten, die Lust zum Sammeln anzuregen und den so zahlreich vor- kommenden Zerstörungen entgegen zu treten. Diese Darstellung in anregender und leicht verständlicher Form geschrieben, ist sehr zu empfehlen, da sie nicht nur gute Anhaltspunkte für Funde bietet, sondern auch mit der Sammlung des Joanneunis an .\lterthümern der vorchristlichen Epoche vertraut macht. Zahlreiche Illustrationen ver- anschaulichen die besprochenen Gegenstände.

Aus dem Inhalte der letzten zehn Nummern (Nr. 11 19} des „Organs für christliche Kunst" (herausgegeben und redigirt v. Frz_ Baudri in Köln) heben wir folgende Aufsätze und Mittheilungen hervor: Eine Bearbeitung des Aufsatzes über die Liturgik und for- melle Entwicklung der „Glocken", welche in der „Revue de t'art chretienne" von Abbe Cor bl et erschienen ist: die Fortsetzung der Abhandlung über die „Glasmalerei in Europa", vier polemische Aufsätze über die St. Mauritiuskirche in Köln; einen Aufsatz über „alte und neue Glasmalerei" und über die „Moldaubrücke in Prag, ihren Bau- meister und ihre Bildwerke", Correspondenzen aus Frankreich und England; ferner einen Aufsatz über „Prags hervorragendste kirch- liche Bauwerke aus der Zeit Karl's IV. in ihrer heutigen Gestall; Bei- träge zur Geschichte der Glocken, Aufsätze über die Büchcrabschrei- ber und Miniaturisten des Mittelalters, über Kirchenmusik, über das sogenannte Modell des Präger Domihunnes in der St. Wcnzclscapelle von St. Veit, einen Nekrolog über den französischen Architekten Joh. Bnj. Adolph Lassus und eine kurze Besprechung des Messgewandes der heiligen Gisela zu Martinsherg in Ungarn. Jeder der Nummern ist eine Tafel beigegeben. Interessant für Österreich insbesondere sind die oben erwähnten .Aufsätze über Prags Bauwerke und das Mess- gewand der heiligen Gisela. In dem ersteren .Artikel über die Moldau- brücke in Prag jenes vorzügliche Werk mittelalterlichen Brücken- baues, das unter der Leitung des Peter v. Gmünd, zweiten Bau- meisters des Präger Veitsdomes, enisfanden ist theilf der Domcaplan F. Bock den Wortlauf jener Inschrift mit. die an der Gallerie des Präger Veitsdomes auf Veranlassung dieses Gelehrten kürzlich aufgedeckt wurde, worüber uns seinerzeit derselbe, wie bekannt, Bericht erstaltet hat*). In diesem .Aufsatze wird vorzugsweise beklagt, dass die religiösen und bürgerlichen Wirren des XV. Jahr- hunderts in Böhmen die Idee des ersten Baumeisters hinsichllich der sculptorisehen Ausstattung der Brücke nicht zur Geltung bringen Hessen und die Renaissance, welche die Bekrönung und Ausmündung der Brückenpfeiler unternahm, an dem Style des grossariigen Bauwerkes nicht mehr festhielt. Aus eben dem Grunde werden einige bcmerkeuswerlhe Einwendungen gegen den Cha- rakter jener Standbilder auf der Moldaubrücke erhoben, die in jüngster Zeit ohne entsprechende Berücksichtiguner des mittelalter- lichen Typus dieses Bauwerkes aufgestellt wurden. In dein zweiten .Aufsatze: „Prags hervorragendste kirchliche Bauwerke aus der Zeit Karls IV. in ihrer heuligen Gestall", der gleichfalls aus der Feder des Herrn Domcaplan.s F. Bock herrührt, wird in sehr warmen und ein- dringlichen Worten die Ueslauration der Karlshofcr Kirche und des Veitsdomesüll .Anregung gebracht. Es ist indessen bekannt, dass bereits ein Aufruf ( vergl. die Rubrik: „Correspondenzen" in dl.'sem Hefte) zur t'onslituirung eines Prager Dombauvereines verött'enllielil wurde, welche die Restauration des Veitsdomes anbahnen will. Sehr inlercs- sant ist dieBeschreibung der Wenzelscapelle im Veitsdome und jenes baldacliinartigen Aufbaues aus Sehiniedeeisen in Form eines Thiirin- hclmcs, der sieh über der unteren Mauerhrüstung der Wenzels -

») Vergl. Mittheilungen II. I8,S.

332

capelle von St. Veit belimlet uiul iiilliiimlieh von veisehicdenen allerdinfTS nicht conipetenten Stimme» (ür ein Modell des Prasjer Domes gehalten wurde. In den Notizen über das Messsrew.iml der heiligen (lisela in der .Ahlei .Murlinsherg bei Haab wird eine frühere Behauptung, dass dieses Gewand der farbige Cardm iiriil die Muster- vorlage für bekräl'tiu't.

Von der „/ e i t s c h r i ft f ü r c h r i s 1 1 i e li e A r e h ;i o I o g i e u n d Kunst", herausgegeben von Fr. V. Quast u. H.Otte, livibeii wir über den Inhalt des sechsten Heftes, womit auch der erste Band ab- geschlossen ist. zu berichten. Dasselbe enthält den Schluss der Abhandlung von .1. 1). I'assavant über die mittelalterliehe Kunst in Böhmen und Miihren. Anknüpfend an unsere letzte hierüber gemachte Anzeige bemerken wir, das Herr J. D. l'assavant die Be- sprechung der Miniaturen fortsetzt und nun jene in Betracht zieht. die dem XV. und XVI. Jahrhundert angehören. Zugleich sollen die- selben Aufschlüsse über den Standpunkt der Malerei in Böhmen und Mähren wiilirend dieses Zeitraumes geben, da l'assavant grössere Male- reien aus dieser Zeit nur wenige bekannt geworden sind. Aus der ersten Hälfte des XV. Jahrhunderts führt Passavanl eine Krkliirung der h. Schrift nach der Übersetzung des h. Hieronymus in der Strahower Bibliothek zu Prag, elnOflleium des h. lliercmymus mit dessen Lehens- beschreibung und eine böhmische Bibel in der Museumsbibliolhek zu Prag, dann ein Missale in der Bibliotliek zuülinülz, einige Miniaturen aus dem Brünner Sladtrechte v. J. 1446, Miniaturen in Conipilationen deutscher und böhmischer Rechtsbücher v. J. 144G im Stadtarchive zu Brunn alle jedoch nur äusserst flüchtig an. Aus der zwei- ten Hälfte des XV. Jahrhunderts ein Missale von 1483 in der Stra- hower Bibliothek zu Prag, welches sich früher im Kloster Brück a. d. Leitlia befand, zwei hussitische Chormissale in der Ambraser- sanimlung zu Wien, ein hussitisches Chormissale in der Universitäts- bibliothek zu Prag. Von grösseren Malereien aus dieser Zeit bemerkt l'assavant den Tod .Mariens im Kloster Strahow, ein Kcce homo-Bild in der Teynkirche, das berühmte Hungertuch aus der ehemaligen böhmischen Stadt Zittau, das in die Sanunlung deutscher Alterthümer im Palais des grossen Gartens bei Dresden gelangt ist, ein .\ltarblatt der alten Königscapelle des Welschen Hofes zu Kutten- berg, eine Darstellung der Trinität aus dem ("istercienser-Kloster Kuttenbergs und zwei grosse Tafeln mit der heiligen Katharina und der heiligen Barbara in der Teynkirche zu Prag. Auch über die alt- böhmische Xylographie und Holzschneidekunst gibt l'assavant einige Andeutungen. In erslerer lieziehung hat ihm eine interessante Publi- cation des Adolph Bitter von Wol l'skron in dem ersten Bande der „Quellen und Forschungen zur vaterländischen Ueschichte, Litera- tur und Kunst" (Wien. )84()) und der Wiederabdruck eines allen Holzschnittes von K. Hawlik Veranlassung gegeben. Von böhmischen oder mährischen Kupfersteehern lies XV. .lahrhunderts vermag er nur Wenzeslaus von Olmütz zu nennen. Schliesslich wirft l'as- savant einen Blick auf seine Beobachtungen, um zu ermessen, inwie- weit eine eigenlhümlich nalional-czechische Kunst sieh entwickelt hat. Wir lassen diese Betrachtung, weil sie eine noch nicht zum Abschluss gebrachte und auch in diesen lilätterii vcrliandelle Streit- frage berührt, nach ihrem ganzen Inhalte folgen: „In der Baukunst machte sich seit den frühesten christlichen Zeiten bis in das XVI. Jahrhundert haupts-iclilieh der Kinfluss Deutschlanils geltend. Nur in dem IX. Jahrbumlert haben einige bvzanliniselu' Mönche ihre Bauweise befolgt, und in der zweiten Hälfte des XIV. wurden unter Karl IV. durch seinen Baumeister Matthias von Ar ras die Bauformen der grossen französischen Kathedralen eingeführt und noch von sei- nem Nachfolger Peter (!münd beim Bau der Kirche zn Kutteiiberg angewendet. Im XVIl..lahrbuiulert waren es bau|)t,säehlieh italienische Architekten, welche die damals errichlelen Paläste in Prag ausführten.

Von einem national-ezecliisehen Baustyl zu irgend einer Zeit haben wir keine Spuren auflinden können. Die Bildhauerkunst in Böhmen durchlief im Allgemeiiien dieselbe Entwiekelung , die in dem übrigen eliristkatholiselien ICuropa zur Krseheinung kam. Iiulessen ist anzu- erkennen, dass hier schon im i'i. Jahrhundert ausgezeiehnele Seulp- turen ausgeführt worden sind, und dass selbst das ("icpräge für Münzen eine für jene Zeit seltene Ausbildung erhielt, welche als eine eigen- thümlich-höhmisehe darf betrachtet werden. Nicht minder aus- gezeiehnel sind die Bildwerke aus ilem XIV. Jahrhundert unter Kaiser Karl IV. Namenilich ist die lironzegruppe des h. (leorg ein sehr schönes und originelles Werk, dessen Meister Martin und Georg Glussenbach, jedoch deutschen Ursprungs zu sein scheinen. Auch später bis in das XVI. Jahrhundert sehen wir deutsche Künstler die wichtigsten Werke für Prag ausführen, wcdiei wir nur an Matthias Reysak und Alexander Kolin aus Nürnberg erinnern wollen. Wahr- haft national erscheint in Böhmen dagegen die Malerkunst vom XI. bis XVI. Jahrhundert. Belege hiefür fanden wir hauptsächlich in den Miniaturen, von denen die vom Domherrn Benesch aus dem Anfange des XIV. Jahrhunderts und noch in höherin Grade die des Shisco de Trotnia nach Mitte desselben Zeitraumes zum Ausserordentliehsten gehören, was damals in Kuropa überhaupt in dieser .\rt entstanden ist. Aus einer böhmischen Kunstschule ersehen wir auch den Meister Theoderich von Prag hervorgegangen, und tragen die Malereien seiner Vorgänger und besonders die seinigen ein sehr eigenthüm- liches und nationales Gepräge. Wie sehr jedoch die deutsche Kunst auch neben der der Czechen in Böhmen geblüht, zeigen nicht nur einige der gleichzeitigen Werke deutscher Maler, sondern geht noch entschiedener aus dem Umstände hervor, dass die Salzungen der Künstlerzunft in Prag ursprüglich und noch lange Zeil hindurch nur in deutscher Sprache ahgefasst waren. iMullicb haben wir gesehen, wie nach dem Tode Karls IV. durch die von Wenzel verursachten Ver- wiirungen, auch durch dieVerwüstungen im Hussitenkriege die Kunst in Böhmen in den traurigsten Verfall gerieih und später nur durch den Einlluss von Deutschland aus sieh wieder in etwas erheben konnte; unter Rudolf II. selbst fast ausschliesslich durch ausländische Künst- ler ausgeübt wurde. Eine eigentliche czechische Kunstblüthe kam nicht mehr in Aufnahme, und konnte es um so weniger, als das poli- tische Verhällniss des Landes kein unabhängiges, nationales Leben mehr begünstigte." Von den „archäologischen Heiscberichten" des Herrn v. Quast, deren besonderes Interesse wir bereits hervorgehoben haben, ist die Fortsetzung und spcciell über Magdeburg der Schluss enthalten. Nebst den Baudenkmalen dieser Stadt sind jene von Wol- mirstädl besprochen. An kleineren Aufsätzen und Notizen, ent- hält dieses Heft den Schluss der Beschreibung des Reliiiuienschrei- nes zu Mettlach, die Beschreibung und Abbildung eines Taufstei- nes in der Kirche zu Recke im Reg.-Bezirke Münster und eine Notiz über Steinmetzzeiehen der ijlteren Periode. Ferner linden vAr einen naehträgliehen Bericht id)er die .\rehäologen-Versaiundung in Hildes- heim, den ili. bis lit. Septendier LSiiti, und zum Schlüsse einen Rück- blick auf die Erscheinungen des Jahres 18ö6 auf dem Gebiete der ehristlichen .\rchäologie und Kunst des Mittelalters in Deutschland.

li eri ehtigungen. Zu dem Oel o her h ef ( eiler „Miltlieilnngen" haben wir einige Berichtigungen iiaelizutragen. S. 'ii>8, Spalte 1 in der dritten Textzeile von unten soll es heissen anstatt: (Fig. ü) „(Fig 0)" und in iler letzten Textzeile anstatt (Fig.t!) „(Fig. ä)" ; Seite 2:-)!l, Spalte I Anmerkung 4 anstatt: Vgl. Note ä „Vcrgl. Note 2" und Seite '16\. Spalte Z Zeile 28 von oben anstatt: Fig. 3— „Fig. 4". Am Schlüsse des im No ve mbcrhof te vcröffenllichten Aufsalzes : „Die Wandgemälde der Kathedrale zu Gurk" Seite 298, Spalte 2 Zeile 10 von oben ist zu lesen anstatt: „die in der Vorhalle und dem Nonnenchore" „die in dem Nonnenchore" etc.

.\us der k, k. Huf- und Staalsdruekcrei.

REGISTER

der

in diesem Bande ansefüliiten Personen. Orte nnd Sachen.

Aachen: Rathhaus 27. Reichskleinodien S6. 90.

Aachen, Maler Johann v. 143.

Achatius-Capelle in Tirol S8.

Adel, der altböhmische. 26.

Acneas, Sylvius. 160.

Agnani, Krypta. 140.

Ag-unf um ("Inichen) 37.

A haim, Ritter v. 76.

Ahrweiler, Kirche 244.

Alba der deutschen Krönungs-Insignien 87.

A I b r e e h t II., Kurfürst von Mainz 258.

Albrecht III., Herzog 16. 29. 30. 71.

Albrecht IV., Herzog 29. 39. 31.

Altarschrank. Cilli Ö2.

Altäre: Wien: Maria am (iestade 35. Prag: Teyn-Kirche 80. Zraslaw: 131.

Altäre: (Flügel-J Käfermarkt 4ö. 307. St. Wolfgang 43. 252. Hallstadt 45. St. Michael 45. AValdburg 45. Rotzen 62. 99. Gries 122. Eyle 132. Libis 131. Radeln 269. Pretai 269. Grosskopisch 269. Kaschau 278. Pesenbach 307. St. Michael 307. Rruek a. d.Mur 310. Neu- berg 310. 311. Lana 325. St. Mag- dalena (in Tirol) 327.

Altbregenz, Grafen v. 298. 329.

Altenberg, Kirche 84.

Altenburg, Bischofstab 259.

Altenmark t, Hestaur. 110.

Alterthumsverein in Wien 146. Dessen Publieationen 222.

Altliechtenwartli, Pfarre 113.

Altmünster, Grabsteine 307.

Ambras, Schloss 94.

Ambraser-Sammlung 26. 94. 111.

Andreas, König 40.

And reas, Baumeister 268.

Anna, König Wenzel's Schwester 97.

Annales archeologiches v. Didron 28. 140. IT.

Apokalypse. Darstellungen in demKreuz- gange zu Milstat 169.

Aquincum 281. 331.

Aquileja, Raplisterium 252. Patriarch Uldarich 104.

Arabona(d. h. Raab) 221.

Araes, Ruinen der Schlosskirche 217.

Arasstein, römischer, zu Brück bei Lienz 170.

Archäologische Publieationen ungar. Zeitschriften 245.

Archäologisches Studium in Öster- reich 21.

Arier, Peter von Gmünd, seine Büste im Veitsdome 185.

Armspangen des deutschen Krönungs- Ornates 127.

Arnestvon Pardubitz, Erzbischof v. Prag, seine Büste im Prager Veitsdome 186.

Arras, Mathias von, seineBüste im Prager Dome 186.

Artois, Siegel der Grafen 140.

Aschaffenburg, Bisehofstab 258.

Atta via, Platz derselben 220.

Au gsb u r g, SammlungvonGrabmonunien- ten 140.

Augustiner Chorherren in Gries 121.

Ausgrabungen: Grosspechlarn 25. 47. Lorch 45.Luegkanal45. Grosspold 109. Böhmen 164. Zollfeld 231.

B.

ß a a s s e n , gothische Kirche 271.

Bachinge r, Christoph 76.

Bäder, römische: Grosspechlarn 25. Trier 27. Loreh 43. Allofen 281.

B a d 0 ari, venetianische Patricierfamilie 170.

Bai diron, Alois Frcibr. 143.

Bamberg, Bischofslab 259.

Baptisterien in Deutschland 83. .Aqui- leja 252.

Barasföld, römische Überreste 220.

Bärneck , gotb. Kirche 101.

B a r 1 0 1 0 m ni e 0 22.

Basel, goldene Altartafel 307. .330.

Basiliken: Tcpl 81.Botzen, Pfarrkirche

98. Parenzo 252. Föt 257. Basrelief der Georgskirche in Wiener- Neustadt 300. 329. Bathory, Fürst Sigmund 142. Baum garten her g, Abtei 72. Bauzeitung (allgem.) von L. Förster 27.

50. Befestigungen alte. Krakau 315. Bei a III., König 63. Bela IV., König i05. 238. Belgien, Bauten und Restaurationen 308. Bellini, Maler 171. Benedict XII., Papst 60. Benedict, Erzbischof v. Tiberius 175. Benedict, .Abt zu St. Wolfgang 46. Bened ict inerk lös ter in Böhmen 132.

160. Benedictiner von Muri 121. Bencschau, gotli. Kirche 134. B c n 0 i t e d ' 0 r i g n y. Abtei 308. Ber, Leopoldus von 70. Bereisungen der Kronländer 136. Berger. Jobann 74.

Bernhard in de Meneses, Geschlecht 143. B e r n i n i, Biographie 27. licrthold v. Bamberg. Bischof 41. Bewaffnung, verschied, des Mittelalters

95. HibI io grapbie deutscher Werke 27. I 12. 1) i li I iog ra phie franzüsisrher Werke 28.

112.140. Bischöfe des Kaiserslaates. Sehreiben an

die k. k. Cenlralcommission 115. Bisehofstäbe: deren litnrgisebe Bedeu- tung und Kunstenlwicklung 256. Rai- gcrn 259. Sl. Peter in Salzburg 237. 47

334

Heidelberg 'ijS. Aschaflonburg 2,'i8. Brunn 2üS, St. Jaeub 2ö.S. OiittwcihSöa. Altcnhurg 2li!). Mainz 2.'ii). Klosterneu- burg 2j9. llerrnshruük 2ül. Oxford 261. St. Wollgang 307.

BischofstSbe der griechischen Kirche 2C1 .

B I e i 0 r n a ni e n t e 52.

B oll cm US, Johannes, Gloekengiesser 280.

Böhmen: Archiinlog. Karte v. A. Schmitt 2C. romanische Kirchen 26. 1ö8. Ent- wickelung der mittelalterlichen Kunst 83. Bauschulen l.'iS. früherer Reich- thum an römischen Bauten 160.

Bonesdorf, goth. Kirche 270.

Bonifa z VIII., Papst 106.

B onifa z IX., Papst 16.

Börzsöny, rom. Kirche 219.

B otsc hen , Geschlecht 60.

B otzen: Kunstdcnkniale .^7. Dominicaner- kirche !)7. St. Georgskirchc 98. Marien- kirche 98. Pfarrkirche 98. Bildung eines Vereines f. uiittelalferl. Kunst 166.

Brande 1, Maler 131.

Brandenburg, Ludw. v. ö6. ö8.

Brandenslein, Ernst v. 32.

Brau n seh weig, Kathrinenkirche 61.

Breznic, Muttergoltesbild 138.

Brendt, Georg Höpfner v. 79.

Brixen, Restaur. des Domes 166.

Bronzestatue der Pallas zu Cividale 222.

Brück, Schloss zu Eienz 173. 176.

Brück a. d. Leitha 31.

Brück a. d. Mur: Huprechtskirche, Fried- hofcapelle.Spitalkirehe. Pfarrkirche am hohen Markt, Minoritenkirche 310.

Brus a zo r zi , S. 197.

Brunnen: St. Wolfgang 307.

Buch, Jacob Jonas v., Geschlecht 143.

Buholtz, Franz Bernh. Ritter v. 144.

Buonacorsi , Familie 20.

Buonrignori, Fr. 197.

Burgau, Karl v. 95.

Burgen, Praday 58. Rungelstein 120. Starnberg, böhm. 132. Richenburgl32. Lichtenhurg 133. .Svojanov l33.Pcrnegg 162.Sine[usl64. Viscgrail 246. Grün- burg 327.

Burger, Paul Ernst 78.

Bürglein, Kloster 36.

Burgu nd, Maria v. 74.

Burgundisehc Gewänder in der k. k. Schatzkammer 220.

Byssus, dessen Bezeichn. 150.

Bysträ, Stadt.

Calixtus III., Papst 22. Callimachus Philippus, Grabmal 20. Cambray, Katherlralc 105. Camp, Abtei 27. Campagna, Girold 23. Capitelhaus zu Krakau: Doniinirancr- kloster 21.

Carnero, Matlro 23.

C a r 0 1 1 0, Fcr. 1 97.

Ca rp acc io, Maler 171.

Casula. ungar. Krönungsinsignien 147.

Marienherg 150. Biirncck 162. Fric-

sach, Peterskirche 167. Klosdorf 231. C a s t i g I i 0 n e, Francesio de 22. Celtische Antiken in Steiermark 331. Centralcommission, k. k.. Erfolge ihrer

Wirksamkeit. Anerkennungen 114. Ceremonicn der deutschen Kaiserkrö-

nnng 87. Chirotheken des deutschen Kriinungs-

ornales 127. C h 0 r s t ü h 1 c : Sienna 28. Wien, Jlaria am

Gestade 3;;. ChotaÄn 130, Kaurim 163.

Kirchdorf 248. Chotysan, rom. Kirche 132. Chrannest, Dietrich und Jakob 12. Christliche Kunst, Einrichtungen 28. Chrudim, Mydiar'sehes Haus 130. Chunrad, Erzhischof von Salzburg 12. Cicogna, Emanuel 22. Cilli, Ulrich Graf V. 41. Ci lli , Altarsehrank 52. Cislcreienserkl üstcr in Böhmen 160.

Zbraslav 130, Kerz 230. Cividale: Pallasstalue 222. C i V i 1 a r c 1) i t e c t u r in Frankreicli 28. Codex membranaceus purpureus 93. Coesfeld, Jaeohskirclie 119. Colin 327. Corbie, Pet. v. 105. Corblet, Revue de l'art chretienne 112.

308. 332. Crom, Stephan, Baumeister 239. Cromhholz, Baumeister 240. Csomarkany, Kirchenreste 219. Csurgö, Pfahlgräber 24.

D.

Daniels herg, Kirche 24.

D a rm s t ä d t e r Museum. EH'enbein.schnitz-

werke 112. Dan n. Wirich l'hili])p Gral' v., (Jralisleine

142. Dann. Eeopold Joseph Graf v., Grabsteine

143. David, St., Kathedrale 84. Delsenbach, Abbildungen des deutschen

Kaiserornates 87, 127. De ngclcy, Pankraz v. 227.- Dcnndorf, gothisclie Kirche 263. Denkmäler der Kunst v. Dr. Eühke III.

168. Denkstein zu Schäriling 46. Denksäulen, Wien: Spinnerin am Kreuz

16. bei Wernstein 46. W ien: liohenMarkt

46. (idenhuij; 320. Mattersdorf 320. D c z c ö , Schlossruinen 218. Dietrich, Bisehof von Gurk 297. D i c t r i eh s t e i n, Gemahlin Adam's Freih. v.,

deren .Abstammung 142.

Di e tri eu s iiictor 297.

Dieyo di Guzmano 171.

Dobrichov, Sacristci röm. Preshyterium gothisch 133.

1) o 1 1 i n es, Thomas 144.

D 0 m b a u v e r e i n in Prag 329.

Dominicaner-Kloster in Krakau 21.

Dom i tian , Kaiser 169.

D 0 m s (■ h ä t z e Österreichs, deren Beschrei- bung 136.

Donnersmark, Doppelcapelle 246.

D ü p p e I c a p e I I e n , Donnersmark 246. Grünburg 327.

Dragfy v. Belthewk, Woiwode 231.

Dreifaltigkeit, StiftungSI.

Du erenheck, Job. v. 70.

D u 1 m e n e , Schlosscapelle 104.

Dunkelste in, Eigenthum der Emcr- berg 4Ü.

Dürer, AIhrecht 27.

Dürer, Hanns 280.

E.

Eberhard I., Erzbischof 103.

Eberndorf, Kirche 41.

E ck her t V. li a lu lie r g, Bischof 41.

E g e r, Stadtpfarrkirche St. Nicolaus 193,

Schlosscapelle 193 , Holzsculpturen

aus der heiligen Kreutzkirche bei Egcr

194. Egger, Graf Ferdinand v. 41. Eisenarhei te n alte: Krakau 305, Brück

an der Mur 310. Ekkehard, Hischofv. Gurk 297. Elisabeth. Eandgräliii 237. E m a i 1 ni a I e r e i v. J. Laharte 84. Emerberg, Truchsesse von, 39. Ursprung

des Geschlechtes 39. Engelsberg, Rurkhard, Steinmetz 99. Enveloppe der böhmischen Krone 235. Epiphania, Fest der Kunstdarstellungen

132. ICpitaphioru rn Corpus, Vindobonensluin

141. Eppan, Grafen v. 57. E rha I t u ng der Alterthümer 50. E rnst der eiserne. Herzog 30, 41. Erncstus, Erzbischof 236. F>rs tenbcrg, Peter Andreas 78. E tzenf e Id er, Diiti ich, Baumeisler 30, 31. E v a n g c 1 i s t a r i u m des Krönungsschatzes

der deutschen Kaiser 92. St. Wolfgang

307. Cyrisny 308. Ewiges Licht, I.oreh. Freistadt 307. Eyle 132.

F a b er, Felix, ItominicaniT 57, 99. Falcone tto, (;. li. 200. Farineli, P. 197. Fehring, (Jrabstcin 40. Feistritz, Rest. 110.

335

Feld s t ungen des Mittelalters 96.

Ferdinand III., Kaiser 4t).

Ferdinand, Erzherzou; von Tirol 94.

Feste lies von Toi na, Graf Ladislaus 69. 14b.

Fis ch er, Leopold, Jesuit 69.

Flaschner, AV., Pleban 68.

Förster, L., Allffemeine Bauzeitiing27. 50.

Formulare zur Statistik der bildenden Kunst in Österreich 314.

Fot, Basilica 247.

Francica, deren Ursprung 90. Symbol der Mutter Gottes 233.

Frankfurt am Main, Dom 27.

Fresken, vergl. Gemälde (Wand-).

Friedrich Barbarossa öd.

Friedrich IV., Kaiser, Grabnionument 30.

Fr i edri eh der Schöne 41.

Friedrieh Wilhelm IV., König von Preussen 1 14.

Friedrich von Würteinberg, Herzog 142.

Friesach in Kärnten. Kreuzgang, Pelers- kirche 166. 169. Thurn am Petersherg 312.

Frischberg, Schloss 134.

Freu de n st ad t, Colonie protest. Exulan- ten 142.

Fuchs, Ignaz Graf v.69. Dessen Sammlung von Grabinschriften 144. 143.

Funde (röm.), Kleinsehelk 279. Gross- probstdorf 330. Grusspechlarn 25. 47. Lorch 45. Luegkanal 45. Grosspold 109. Böhmen 164. Zollfeld 251. Fürth, Ritter v. 7ä.

Fussbekleidungen, deutsche Reichs- kleinodien 86. Ungarische Reichsklcino- dien 172.

G a i s t h a I, Alterthiimer 135.

Gall, Christoph v. Gallenstein 184.

Gallus, Freiherr V. Rackbnitz u. Pernegg 162.

Gartenschmied, Zeichnungen der Grab- steine zu Maria am Gestade 69. 145.

G a z 0 p h y I e c e u m in Palermo 90.

Gelnh ausen, Chor der Kirche Gl.

Gemälde, mittelalt. Andeut. 309.

G e miild e(Wand-), Venedig: St. Sebastian 23. St. Johann 59. St. Martin im Campill. 59. Runglstein 120. Libis 131. Rohoczan 134. Agnani 140. Friesacli 167. Verona 197, 199. Prag: Ludmilla- capelle 231. Karlstein 279. Gurk 289. 312. Brück an der Mur 310. Neuberg 310. Kapellen 3ll.Gratz 311. Friesach 312. Gries 324. Terlan 323.Meran 324.

Gemälde (Tafel-), V e n e d I g : St. Seba- stian, altitalienische 23. Prag: Teyn- kirehe, altböhmiselie 80. Krakau: Dom, altdeutsche 280. Beneschau 134. Zbraslaw 131. Breznic 138. Friesach 166. Brück a. d.Mur 310. Meran 324.

Gent, St. Caro245.

Gentil, Maler 171.

Georg, Cardinal und Erzbischof 74.

Georg, Bischof von Trient 99.

Gerbert, M. 146.

Gerhard, Pfarrer in Wien 12. IG.

Gewänder, kirchliche. Geschichte der 56.

Geysa II., König 67.

G i c s s e r, AViener Bürger 70.

Giocondo, Fr. 200.

Giolfino, N. 197.

Gisela. Königin. Anfertigung des Krö nungsmantels 146. Casula auf Martins- berg 331.

Glasmalerei, Geschichte der 112. Über alte und neue (Jlasmalerei 331.

Glasmalereien, Maria am Gestade in Wien 15. 30. 31. 34. 35. Krakau: Do- minicaner Kreuzgang 21. Bärnegg 162. Innsbruck: Hofkirche 191.

Glocken, Geschichte der 146. 331.

Glocken, Merseburg 27. Rohoena 134. Krechov 134. Meschen 2GS. Pretai 2G9. Bonesdorf 271.

G o e e I i n. Meister 68.

Goess. Grafen von 141.

Gold, Erasmus von 78.

Gold V. Lampoding, Theophil 77.

G ostindo r f, Kirche St. Johann 104.

Gofhische Bauten. Mangel an früh- gothischen Bauten in Oesterrcich 237. Französischer Einfluss in Ungarn 244. GothischeKirchen,Nieder-Oster- reich: Wien, St. Stephan 1. Maria am Gestade 10. Steiermark: Bär- neck 161. 304. Ober Österreich : Steier 43. Efferding 43. Braunau 45. Reichcnau, Käfermarkt 306. Tirol: Botzen 61. 97. 98. 99. 100. Gries 121. 322. Terlan 122. 322. Meran 323. Lana 325. St. Paul 123. 323. Kärnthen: Griften 41. Oberndorf 43. Böhmen: Prag, Teynkirche 51. Pilsen 80. Libis

131. Vlasvin 132. Kondrac 132. Step.i- now 1 32. Neudorf. Velim 134. Beneschau 134. Vorel 133. Tuncehod 133. Nace- rac 132. Scue 132. Kazan 132. Ranna

132. Dobrichow 133. Lomhardie: Vicenza 153. Galizien: Krakau, Do- minikanerkirche 17. Ungarn: Press- burg , Domkirchc 186. Kaschau 237. 275. Donnersmark 246. Kesmark 246. Miskolcz 246. Siebenbürgen: Kaisdorf 227. Klesdorf 230. Traiiold 262. Jenndorf 264. Martinsberg 263. Grossscheuern 263. Rosein 265. Neu- statt 265. Meschen 265. Marktsehelkcn 268. Radeln 268. Jacobsdorf 2G9. Pretai 269. Grosskopisch 2G9. Bonnes- dorf 270. Baassen 271.

G 0 1 1 fri e d, Passauer Bischof 13. Göttweib. Bischofstab 239.

G ra hcapelle n, Gaisthal 133. Grabscho[if. Sigmund, .Vrcliidiacon 304. Grabdenkmale und deren Inschriften

141. Grabmale der alten Völker 28. Grabdenkmale. Krakau: Dominicaner- kirche 20. Venedig: San Sebastian 23. Wien: .Maria amGestade 33. 69. Prag: Teynkirche 80. Fehring 143. .Maria Enzersdorf 143. St. Jakob 137. Bär- neck 102. Lienz 173. Kirchdorf 245. Tüffer 3fl4. Altmünsfer. Gra do, Kanzel 252. Gratz, Domkirche 311. Gregor VII., Papst 288. Grei fe ns f ein, Grafen GO. Greiff, Ritter von (GrUfoJ 12. Griffe, (Greiff) Wiener Bürger 12. Griffen, gothische Kirche 41. Grillenberg, Andre v. 31. 70. Grillen borg, Markus v. 71. Gries. römisches Lager 57. Kirche 121.

322. Thurm 38. Gropper, Nikolaus v. 79. Grossau, roiTianische Kirche 64. Grossskal. Restauration 110. Grosskopisch, gothische Kirche 269. G r 0 s s 1 i n d e n, bei Giessen, Kirche 224. Grossl udescli, romanische Kirche 64. Grossp ech larn, Ausgrabungen 25. 27. G rosspold. romaniseheKirchc64.Heiden-

kirchhof 108. Grosspro hsdorf. römische Funde 1G7.

330. Grosscheuern, gothische Kirche 263. G rosswar dein, Armut li von Baudenk- malen 167. G r ii n b ur g, Doppelcapelle und Thurm 327. G ucinha riel, Johann 13. Guilielmo aus Bergamo 22. Gurk, Wandgemälde 289. Zeitalter der- selben 294. Maler Heinrich 297. G u r k e r B i s e h ö f e, Dietrich 297. Wern- her 297. Ekkehard 297. Walfher 297. Otto 297. Ulschak 297. Ulrich 297. Gürtel der deutschen Krönungs-Insignicn

87. 88. Güssingen, Iwan v. 4t). Gutering. Pfarrkirche 103. 104. G umpe ndorf 31.

II.

Haas, K., Kunsidenkmale Sleiermarks 280.

H aekel, Ulrich. Abt 34.

Halbcrstadt, Dom 27. Gl.

Hall, römische Münzen 45.

Hallstadt, Altar 43.

Handschuhe des deulsehen Krönungs-

Ornales 89. Hannover, Schatz 90. Hanns, Maler von Judenburg 99. Hardegg, Heinr. v. 41. 73. 47*

336

H a r I u n s c n b u r g 2ö. II :irin onie, kii'clil. 28. Harnische des Mittelalters 9i>. Ilartber«,', kirehl. Gcbaiule 24. Harun-al-Raschid, Sehwert flO. Haslau (Ungarisch-) 40. H e d w i nr s-Lef,'ende von Wolfskron 2ä8. He^'enniü Her. Hanns und Johann 77. Heidelberg, Bischofstäbe 258. Heidenkirchhof, Grosspold iü8. Hei dentenipel in Krakau 18. Heil b ronn, Kloster 119. H c i 1 i g e n k r c u z bei Wien 36. Heinrich 11., Herzog II. Heinrich VI., Herzog 56. H e i n r i c h, König v. Tirol 97. Heinrich, Markgraf v. Istrieii 296. H e i n r i c u s pietor 297. Hellich, Jos., Maler 80. H e 1 1 a u . rom. Kirche 64. 68. H c i n t s e h , Job. G. 80. H e n z 1 m a n n , Dr., Kaschauer Dom 237. Herrantstei n, Eigenthuin der Emerberg 40.

H c r m a g o r , Restaur. 1 1 0.

Her mann Stadt, Kirche 67.

Hessler, Agathe v. 74.

lies 1 er, Joh. v. 74.

Hess, Albert R. v. 141.

Hess, Freihr. v. 21.

Heunburg, Ulrich Graf v. 41.

H i c r 0 n y m i ta n e r -Kloster in Venedig 23.

Hieronymus v. Prag 79.

H i 1 b r a u t , Katharina 78.

II i 11 i n g c r , Christoph 77.

Himmelreich, Georg 38.

H 0 f b a u e r , Clemens Maria 143.

Holzdecken: Michelsberg 64. Urwegen 64. Ratsch 64.

Holzmcngc n , rom. Kirche 64.

H 0 rn hergcr, Kaspar, Presbyter 71.

Homorod, Kirche 214.

H 0 r n e c k , Oltokar v., Reimchronik 40.

Hoyos, Grafen v. 141.

Hroznata, Stifter vom Kloster Tepl 129.

Hrusic, rom. Kirche lö8. Hübner. J., Maler 20. Hügel. IVeihr. v. äö. 94. Hütten borg, Pfarre 103. Hy ac inthus, Set., 18.

1.

Ihc uri ng, Nie., Architekt 191.

I ngu o, Herzog 24.

Inichen, ;>7.

Innsbruck: Hofkirche. Glasmalereien in

derselben 191. Grabdenkmal 300. Inschriften von Grabdenkmalen, deren

Werth 141, Inschriftsteine, riim. 13:>. Karlsburg

247. Tüffer 304. Invenlari cn (Kirchen-), deren Werth lül. Iselthal in Tirol, seine ISaudenkniale 174.

Israel, Könige, Darstellungen am.Mauritiiis- Schwerte des röm.-deutschen Kaiser- ornats 91.

Ivo Odrowaz, Bischof 18.

Jacob, St. in Böhmen, rom. Kirche 83.

11 H. 116. J ak 0 b s d 0 r f, goth. Kirche 269. Jankov 130. Jansen, oberster Caplan der Kirche Maria

am Gestade in Wien 13. Jareke, Karl Ernst 144. Jaros, Thom., Glockcngiesser 80. Jahrbuch der k. k. Cenlraleommission. Anerkennungen 114. Inhalt des 2. Ban- des 139. Jahrbücher des Vereins f. Mecklenburg.

Geschichte und Alterthumskunde 81. Jedenspeigen, goth. Pfarrkirche, Rest.

136. Jerusalem, Omar Moschee 27. Jesuiten, Lebeny 39. Johann, Bischof v. Passau lö. Johann XXni., Papst 121. Johann v. .\aehen, Maler 143. Johann (St.), ein Dorf, rom. Kirche 39. Joseph II., Kaiser 41. 143. Juan D., d'Austria 171. Juda, Könige von, Darstellungen am Mau- ritius-Schwerte 91.

Kaformarkt. Kirche, Flügelaltar 4:>. 307. Kaiserkrunungsornat , siehe Kleino- dien. Kaisd, goth. Kirche 227. 228. Kallenbaeh, kirchl. Baukunst 168. Kandier, Dr. Kitter v. 21. Kanzeln: Dom zu Merseburg 27. Prag, TeynkircheSO. Botzen. Pfarrkirche 102. Mareit 1(!6. Grado 232. St. Magda- lena in Ridnaun 327. Karl der Grosse, Krönung 33. Karl Robert. König 239. Karl IV.. Kaiser 36. 88. 91. 128. 180. 232.

233. 230. Karlsburg, rom. Kirche 64. 213. Stein- platte mit Inschrift 247. Karlstein in Böhmen 36. 164. 279. Kiirnthen. Erhauungszeit d. ersten christ- liehen Kirchen. Danielsberg 24. Karte, archiiol. von Böhmen 26. Kaschau: goth. Dom 236. Baugeschichle 237. 273. Beschreibung. Wappen der Stadt 240. Angebl. französischer Ur- sprung des Planes 244. Kasimir Jagello, König 20. Katakomben: Rom 140.307. Katharina (St.), Kirche 1 19. Kaurim, Kirche im l'bergangsstyl 103. Kelche, Kirche zu Werben 27. Kaisil 229. Klosdorf 231.

K e n d 1 e r l^lirist., Wiener Bürger 30.

Kerz, Abtei 230.

Kesmark, goth. Kirche 246.

K e s m a r k y, Thomas 243.

K h e ven hül 1 er, Graf Ludwig Ant. v. 142.

Khlesl , Cardinal 34.

Khuenburg, Joh. Christ. Graf v.

Kirchherg am Wechsel, St. Wolfgangs-

Capclle 10. 34. K i r c h b e r g e r, Kaspar 7 1 . Kirchdorf, goth. Kirche 245. Kirchen: erste christliche in Kärnthen 24. Kirc hcnsc hmuek, Zeitschrift 32. 84.

168. Kirchliche Baukunst v. Kallenbaeh 168. Ki rchper g, Karl Baron v. 78. Kleinglödnitz, Restauration 110. Kleinodien, siehe Krönungsinsignien. Kleinschelk, röm. Funde It)7. Kleinscheuern, rom. Kirche 64. Kl erus des Kaiserstaats, .Anknüpfung und

Verbindungen 113. K 1 in ko WS t r öm, Friedr. v. 144. Klosdorf, goth. Kiiehe 230. Klosterneu bürg, Bischofstab 259. Knoller, Maler 121. Knoller, Maler 322. 324. Kölbl, Benedict, Steinmetzmeistcr 33. Kolin, 134.

Köln, Dombauverein 27. Kondrac, Kirche mit rom. Schill', und goth.

Chor 132. K 0 n r a d, Propst der Präinonslratenser42. Konrad , Bischof von Trient 98. Konrad HI., Kaiser 128. Konrad IV., Kaiser 55. 89. Kopetzki. Job.. Maler 280. Krain, Milhrasdenkmal 301. Krakau: Kirche 16. Kloster, Kreuzgang, Capitclhaus der Dominicaner 21. Ma- rienkirche 18. Veit Stoos, Werke 280. Floiianitlior 313. Krappfeld. röm. Meilenstein 249. Krechov. Glocken 134. Krem s m ü n s l er: Tassilnkeleh und

Leuchter 247. Evangelistarium 2i7. Kreuz, Altarkreuz, ung. Ileieh^kleinodien

173. Zu liuidselieid 174. Kreuz, II., Reliipiie 171. Kreuzgänge: Krakau. Dominicanerkloster 21. Botzen. Franciseaner 61. Kärnthen, St. Paul 169. Neuberg 311. Kreuzherrenorden mit dem rothen

Kreuze in Böhmen 133. Krone der deutschen Kaiser 89. 127. Des heiligen Stefan 201. Der böhmischen Könige 232. K r ö n u n gs - C e re m 0 n i c n der deutschen

Kaiser 37. K r ö n u n g s - 1 n s i g n i e n des heiligen römisch - d e u t s e h e n It c i e h c s : deren Besehreibung 33. Sandalen 86. 127. Tibialien 86. Alba 87. Gürtel

337

87. 88. Handscliuhe 89. Tunicella 88. Krone 89. Scliwerter 90. Reichsapfel 91. Scepter 92. Evanf^elistaiium 92. Reliquienkästchen 93. Kriinungsmantcl 124. Chirotheken 127. Sudarium der Krone 127. Goldene Sporen 127. Arm- spanf;en 127. Kopfbedeckung 127. Reichsreliquien 128.

Krönungs-lnsignien der ungari- schen Könige, Krönungsmantel 146. Seepter 171. Reichsapfel 172. Fuss- bekleidungen 172. Schwert 173. Altar- kreuz 173.

Krönungs-lnsignien : Böhmens Krone 232. Enveloppe der Krone 23ö. Scep- ter und Reichsapfel 272. Krönungs- sehwerter 272.

Krönungsmantel der deutschen Kai- ser 124. der ungarischen Könige 146, der böhmischen Könige 232.

Krypten: Agnani 140. Kaurim 163. Lienz 17Ö. Gries 322.

Küliweg, Restaur. HO.

Küküllo, Schloss 218.

Kumernuss, zwei Abbildungen in Trojcn- stein ö8. Gaisthal 135. St. Magdalena 327.

K u n s t d e n k m a I e Steiermarks 280.

Kundl, Leonhardskirclie 278.

Kunszt, J., Erzbischof V. Kalocza 113.

Ladislaus Gerah, Bisehof von Siebenbür- gen 26o. Ladislaus Poslumus 41. Lager, römisches, bei Gries 57. Lagny, Abtei 244. Lana, goth. Kirche 325. Laubenberger, Elspet 12. Lavant, Bischof Herbert 42. Laxenburg, Ritterschloss 16. 35. Dessen Ausschmückung mit Glasmalereien und Chorstühlen der Kirche Maria am Ge- stade 33. Lazan, goth. Kirche 132. L azfo n s, goth. Kirche 166. Lazi US, Dr. Wolfgang 145. Lebeny, roraan. Kirche 7. 39. 107. 220. Lederplastik 235. Leo HL, Papst 55. Leonhard im Lavantthale 138. Leonhard, letzter Graf von Görz, sein Grabdenkmal in d. Kirche zu Lienz 173. Leopold der Heilige, Markgraf 72. Leopold IV., Markgraf 11. Leopold Wilhelm, Erzherzog u. Bischof

von Passau 78. Leopold L, Kaiser 46. 95. 106. Lepkowski, Krakau und Nürnberg 280. Leuchter, rom. Mailand 140. Krenismün-

ster 247. Lenkovitsch, Hanns zu Freithurm, f 1569, 183.

L e s c 0 , Herzog von Polen 21. Leslie, Grafen v. 162. Lettner, Dominicanerkirche in Krakau 19. Leux V. Luxenstein, Franz, Maler 145. Liberale da Vero[ia 197. Li b is, rom. Kirche 131. Lichtenburg 133. Li c hten egger Job. Mich. 79. Liechtenstein, fürstl. Haus-Patronats- recht der Kirche Maria am Gestade 29. Liechtenstein, Johann v. 15. 16. 29. 71.

72. Liechtenstein, Fürst Karl 30. Liechtenstein, Heinrieb v. 29. 72. Liechtenstein, Hanns v. 71. Liechtenstein, Elisabeth f. 73. Liechtenstein, Georg v. 73. Limb e rg, Amalia v. 41. Lim hu r g, Dom 308. Lienz im Iselthale, Pfarrkirche und Schloss

Brück 175. Lindauer, Andreas 73. Ljndewit, kroat. Grossfürst 82.

L i V i 0, Podocatoro, Bischof v. Nikosia 23.

Lonibardo, Pietro 22.

Loncium, das heutige Lienz 175.

Lorch, römisches Lager 45.

Lounovic. Schloss 132.

Löwe, bohemisehes Wappen 91.

Löwenportale, Botzen: Pfarrkirche 100. Verona: St. Zeno 101. Reichenhall: St. Zeno 101. Trient: Dom 101.

Lübke, Dr., Denkmäler der Kunst 111.

L u b o m i r s k i, Fürsten 20.

Luck31.

Ludwig der Baier 89.

Ludwig, König von Baiern 114.

Luege anal, römische Funde 45.

Lugano, Tommaso da 23.

Lurnfeld, Christengemeinde im V. Jahr- hundert 24.

Lutz, Hanns von Sehussenried 99.

M.

Magdeburg, Baudenknrale 83. Dom 244.

Magrini, Abbate 133.

Mähren, miltelalterliche Kunst 83.

Mailand, Dom 27. Napoleonstatue 86. San Ambrogio 86. Refectorium der Kirche Maria della Grazie 86. Weihkessel und Leuchter 140.

Mainz, Dom 37. 84. 259. 329.

Maja 57.

Malvasona, Auflindung der Fundamente eines römischen Palastes 190.

Marburger Dom 238.

M a r c a n 1 0 G r i m a n i 23.

Marchfeld, Schlacht. Berthold vonEmer- berg 41.

Mareit. gothische Kirche 166.

Maretscil, Schloss 38.

Margarethe n - Insel bei Ofen, Domini- canerklosterkirche 218.

M arga re t hen am Moos, rom. Capclle303 Maria-Enze rs dorf , Friedhof, Grabstein

143. Maria am Gestade in Wien. Bauge- schichte 1. Glasmalereien 15. 30. 31. 34. 35. Grabsteine 35. 69. Aus- schmückung von Laxenburg mit Glas- malereien und Chorstühlen dieser Kirche 33. Maria heil, die Francica, ein Symbol der- selben 233. M ari a Ther e si a, Kaiserin 147. M a rk ts ch el kc n, gothische Kirche. Martin in Campill (St.), romanische

Kirche 59. Martinsberg, Kirclie 265. Casula 150.

331. Martinus (vom Jahre 1390), Maler 197. Marx d el la Bol la. Baumeister 191. Marzik, Thomas, Bildhauer in Wien 13.

35. Mansu eti, Maler 171. Masch, Johann .\dolf Frelh. v. 79. Masse rio. Fr. Kanzler von Cypern 171. Maximilian 1., Kaiser 41. 74. 120. Maximilian III., Erzherzog 300. Matthias Corvinius, König 239. Dessen

AVappen 239. Mattersdorf, Denksaule 320. M a y e r, FVanz 79. Mayer, Katharina 75. Mechnejov, romanische Kirche 132. Meilenstein, römisches Krappfeld 249. Mainhardll. 37. M e 1 a n c h t h 0 n 27. M e 1 d e m a n n, Hanns 32. Meran, Spitalkirche. Pfarrkirche 323.

Barbaracapelle 324. Verein l()(i. M e r e n b e r g e r, steiermärkisches Ge- schlecht 41. M e r s e b u r g, Statuen 27. Mertens, Freib. v. 22. M es eben, gothische Kirche 265. M e s sm e r, .Mois 279. M e tt 1 a e h. lieliquienschrein 332. Michael, St. Altar 43. 307. Michele, S. 200.

M i c h e 1 s b c r g, romanische Kirche 63. Mietl, Christoph 78. Migetti, Johann Stephan lütter v. 79. M ilo t a v. Dedie 41. Milstal in Kärnlhen. Restauration des

Kreuzganges 169. Malereien 294. Miniaturen, byzantinische 27. St. Wolf- gang 307. In Böhmen und Mähren 331. M i n ori t e nkir che in Wien. I.udwigs-

capelle 33. M i s k 0 1 e z, gothische Kirche 246. Missale Romanum, .Anfertigung eines

neuen 193. M i t h r a s d e n k m a 1 in Krain 301 . Mi ttheil ungen der k. k. Contralcom- mission. .Anerkennungen 114.

338

Miltel;i I toiliülie Kiinstdeiikinale lies österreicliisohen Kaiseistaates von Hei- der, Eitelberger und Hicser äl. 233. MIadejowsky, Ritt. v. 137. Mohn, G., Cilasmaler 35. Molk, Maler Uiti. Mo Hart, Familie von 143. Möllthal, 173. Monteciiccu I i, Fürst Raimund, Grabstein

i42. Monte f 1) r t c. I'fankii-che 86. M 0 n t fo r t. Graten von 299. 329. Morit, Grafen von 327. Morone, D. und F. 197. Mosaiken, Venedig : San Sebastian 23. Monstranzen, Sedlet?. 32. Bolzen 62. 102. St. Leonhard und Wolfsberg 138. Mothes, Ose., Venedig 168. Münch-lJelling hausen, Freiherr von

143. M ü h 1 1) a V h. ronianisehc Kirche 64. Müller, Ritter von Nitterdorf, Adam 144. Münzen, römische, Lorch 43. Luegcanal

43. Hall 43. Grosspeehlarn 23. 73. Münzen, böhuiische 27. 164. Museum, böhmisches 27. Museum für römische Alterthümer in

Wien 138. Mysiura 221. Myszko wsk i, Familie 20.

N.

Naeerac, frothische Kirche, romanischer

Thurm 132. Nagy-Viizsony, Sehloss 246. Naz, gothische Kirche 166. Neapel. Museum bourhonieum 90. N e i t h a u s e n, Kirche, 2 1 4. Neudorf, f;otli. Kirche 134. Neudorf, rom. Kirche 64. Neustadtl in Krain, Grabsteine des Fran-

ciscanerklosters 141. Neuenbürg, Otto von, Stadtriehter von

Wien 12. Neuberg, Kirche und Kreuzgang 311. Neu statt, gotli. Kirche 263. Niklas der Drothlauf, Wiener Bürger 13. Nikolaus von Havi. Bischof 1 98. Noblacbin, Maria Syhilla 69. Nürnberg, Kronungsschätze 56. l{elii[ulcn

129. Grabmonumente 146. Sculpturen

27.

0.

Obermauern im Thal Virgen, goth. Kirche

176. 177. Oberiidorf. goth. Kirche 43. Ohr islvi, Sehloss 131. Odrowaz, Hyacinthus u. Ceslaus 18. Oedenburg, Denksäulen 320. Oesterreich ob der Enns, Bau- und

Kunstwerke 43.

Ofen. Festung 56. Neue röm. Funde 163.

Rom. Biidor 281. Oppenheim, Kirche 244. Oratorium, dessen ältere Bedeutung 11. Organ für chrislliehe Kunst 27. 32. 84.

112. 16S. 331. Orgel. Venedig, San Sebastian 23. Ornamente in Blei 32. Ost erhoffer, Wilhelm 74. Otrador, goth. Kirche 132. Otryby, rom. Kirche 132. Ottenhayn, Capellc in Wien 13. Ottokar, König, Schlacht am Marchfeld.

Rerthold von Enicrberg 40. Otto v. Haymon 12. 13. Otto II., Kaiser 53. 91. Otto IV.. Kaiser 128. 199. Otto, Bischof von Gurk 297. Oxford, Bischofstah 261.

P.

P ach er v. Prunneek 46. 99. 121. 322.

Palast, römischer zu Malvosana 190.

Paldauf, Stephan 74.

Palermo, kön. Schatzkammer 87.

Pallassta tue zu Cividale 222.

Palma il Glos. 71.

Pamatky archeologieke 26. 50. 129. 168.

Pamkirchcn, Andr. 218.

Pankralz, Capelle in Wien 11. 12.

Par en z 0, Dom 232.

Passauer Dom 31. Domcapitel 13. 31. 34.

Passauer Synode 31.

Pau 1 II.. Papst 72.

Paul. St., Kreuzgang 169. Malereien 294.

Paul in, Bischof 24.

Pauls- (St.) Capellc in Wien 13.

Paulus. St., goth. Kirche 123. 326.

Pcchlarn (Gross-), Ausgrabungen 47.

P e 1 1 e n d o r f, Pangratz v. 74.

P e 1 s e r, Egid. Casparas 79.

Peräice, goth. Kirche 132.

Pe rg, Reihard v. 73.

Pescnbach, Flügclallar 307.

Peter (St.) hei Gurk HO.

Peter, Bischof von Basel 13

Peter, St., Kirche in Wien 11. 12.

Pe te r sb e r g bei Krfurt 36.

P f a h 1 g r ä b e r in Ungarn : Csurgö 24.

Pfarrh ö fe. Lage derselben in Siebenbür- gen 228.

Pfarrkirchen, Bezeichnung als Tauf- capelli'ii 103.

Pflanzen, deren Einfluss auf Ruinen 234.

Pflaster der Kathedrale zu Sienna 140.

Philipp II., König von Spanien 171.

l'hili p p, Abt zu den Schiitlei» 12.

1' hy siologus aus Milslat 169.

Piccoloniini, Reichsfürst Ottavio 142.

Pietro Lombardo 171.

Pilsen, Dekanatskirche 80. Franciscaner- kirche 80.

Pilsen in Ungarn, Stefanskirchc 219.

Pisa, Monument lleinrich's VII. 199.

Pisano Vittore (1380 1433), Maler 197.

Planan, rom. Kirche 133.

Platten h a r n i s c h e 96.

Plöcken, Restauration 111.

Polidorus Montagna, Erzpriester 304.

PoU, Johannes Canonicus 70.

Polner, .lohann, Bischof von Neutra 230.

Portale, rom. in Böhmen, Reichlhuni der- selben 139.

Portale, Krakau: Dominicanerkirche 19. Michaelsberg 64. Rotzen 98. lOO.Zabof 118. Riirneck 161. Kauiim 163.Mesehen 266. Meran 323. Zenoberg 324. Tirol 324.

Pottendorf, G. v. 41. 73.

Pottenstein, Andreas v., dessen Grabstein 70.

Pouget, Leopold 79.

Praday, Burg 38.

Prade i n, Burg 121.

Praemons trat e n se r-K 1 OS t er in Kärn- then 42. In Böhmen 160.

Prag: Teynkirclie 50. 251. Emaus 132. St. Veit 142. 143. 183. Strahowklostcr 139. Georgskireho 251. Maria Schnee 251. Moldanhrüeke 331. liaudenkmale Karl's IV. 331. Dombauverein 329. Museum 163.

l'ratobevera, Karl Freiherr v. 144.

P r c i c, Kirche 26.

Prechtold. Wiener Bürger 14.

P r e m 0 n t r e 27.

Press burger Domkirche und .Vnnacapellc 186. Inventarium, altes 151.

Pretai, goth. Kirche 269.

P r z e z d z i e c k i, Graf 20.

Pro kop, heil., dessen Geburtsort 130.

P r 0 V a u a , Prosper 20.

P r u n k h a r n i s c h e 96.

Psaie , rom. Kirche 132.

Pucchha i m . .Mhero v. 40.

Putte ngau 39.

P u c h e n a u , goth. Kirche 306.

R.

Rah. Gregor 183.

R a d 0 s 0 V i c 1 32.

R a g g e n d 0 r f , Dorf 76.

Raigern. Benedictinerstift. Bischofstab

259. Ramp crsdo rfer. Konrad der, Baumeister

30. Ramsch isscl von Schonegg, Christoph

76. R a t h h ä u s c r : Aachen, Wesel 27. Hiitsch, roman. Kirche 64. Itavcnna, Grabmal Theodorieh's 199. Keck, Katharina. Rede m p t oris ten-Congrcgation in Wien,

Uebergahe von Maria am Gestade 35.

339

Rejsek, Math. 80.

Rlieims, Kathedrale 105.

Reichsadler, einköpfiger 91.

Reichsapfel, deutsche Reichskleinodien 91. Ungar. Reichskleinodien 172. Böh- mische Kleinodien 373.

Reiehsinsigiiien vergl. Krönungsinsig- nien.

Reichsstadt, Schlosscapelle 130.

Reliquien des Krönungsschatzes der deutschen Kaiser 138.

R e 1 i q u i e n s e h r e i n e : Conques 38. Wien , Sehatzkammer 93. Salzburg 353. Mett- lach 333.

Renaissane e-Rauten, Vicenza 154.

Ren t seh, Thurm von 59.

Restaurationen, St. Stephansdoni in Wien 1. 335. Venedig: Marcuskirche Sä. Mailand : St. Ambrogio 86. Refec- torium der Kirche Maria delle Grazie 86. Monteforte: Pfarrkirche 86. Gross- Skal HO. Altenmarkt HO. Kleinglöd- nitz 110. St. Peter ob Gurk 110. Fei.st- ritz HO. Hermagor HO. Kühweg HO. Plöcken 111. Brixenll3. Jedenspeigen 136. St. Lconhardl38.37S. Wolfsberg 138. Naz 166. Lazfons 166. Mareitl66. Brixen 166. Miihlstiidter Kreuzgang 169. Confrafernita di S. Giov. Evang. in Venedig 170. Feistritz 110. Seherm- berg 330. Prag: Tumba in der Lud- millacapelle 331. Maria-Schnee 331. Marmordenkmale der Karlshrücke 351. Teynkireho 331. Raab 379. Mainz 339. Prag St. Veit 339. Sedlez 329.

Revue de l'art chretienne, parCorbletll2. 308.

Ricci, D.U. F. 197.

Ricci, Sebastian 33. Richenburg 133.

Richter, Lorenz, Sladtriehter 34.

Ridnaun, Thal, St. Magdalena 337. 330.

Rip27.

Ritterstand, dessen Tracht und Bewaff- nung 93. Robert Guiscard, Normannenkönig 134. Rom, Katakomben 140. 308. Roman, Bischof von Gurk 103. Romanischer Styl in Böhmen, dessen Entwicklung. Bauschulen 158. Reich- thum roraan. Bauten 160. Romanische Bauten. N. Osterr eich: Margarethen am Moos 303. 0. Öster- reich: Wels 307. K ä r n t h e n : Gurk. Böhmen: Tepl 81. Zäbof 116. St. Ja- cob 116.133. Libiil31. Kondrac, Schiff der Kirche 133. Mechnejov 133. Ütryby

133. Sobeiin 133. Psiiie 133. Trebe- sic 133. Chotysau 132. Planau 133. Zabonos 133. Dobfichov 133. Rohozna

134. Lombardie: Vicenza 133. Un- garn: Lebeny 7. Borzsüny 216, Sie- benbürgen, deren Arnmtli63. Mühl-

bach 64. Grossludosch 64. Grosspold 64. Heitau 64. Grossau 64. Holzmen- gen 64. Szagadat 64. Neudorf 64. Ratsch 64. Tbalheim 64. Kleinscheuern 64. Rothberg 64. Karlsburg 64. Ur- wegen 64. Michelsherg 64. Tirol: Trojenstein 38. Botzen: alte Pfarre 59. St. Johann im Dorf 59. Martin im Campill 39. Zenoherg, Tirol 334.

Römische Alterthüraer: Grossprobstdorf 167, 330. Grosspold 109. Altofen 386. Krapfeld 349. TütVer 304. Kleinschelk 167. 379. Apulum 194. Gaisthal 133.

Rohozna, römische Kirche 134.

Rorau 40.

R 0 s e I n , gothische Kirche 265.

Rosenberg, Berlha v. 71. 72.

Rothberg, rom. Kirche 64.

Rozauk, Mithrasdenkmal 301.

Rudi gier, Franz Joseph, Bischof von Linz 116.

Rudobiinya, Kirchenportal 319.

Rudolph II., Kaiser 93. 333.

Rudolph von Habsburg 40. 56.

Rudolph IV., Herzog 14. 15.

Rudolph V.Münster, Bischof 104.

Ruggero Corlesi, Prior des Hospitals zu Venedig 170.

Ruinen, Einfluss der Pflanzen 254.

Rundbauten: Hartberg 24. Jahring 35. Altenmarkt HO. Gaislhal 133.

Rüstungen der Amhraser-Sammlung 95.

Rupert US, St., älteste Pfarrkirche in Wien 11. 13.

Sabaria 381.

Sachsen, mittelalterliche Baudenkmale 223.

Sacken, Dr. Ed. Freiherr v., Amhraser- Sammlung 36, 111.

Salm, Graf Niklas, Grabstein 143.

Salomo, Bisehof v. Trient H80.

Salvatorcapelle in Wien 13.

Salzburg, Beschreibung einiger Kunst- denkmale 136. Reliquienscbrein 232. Bisebofstab 237.

Sacramentshäuschen, Kaisd 239. Mescben 367. Grossprobstdorf 367. Kaschau 277. Lorch 307.

Sandalen der deutschen Krönungsinsig- nien 86. 137.

S a n s 0 v i n 0, Jakob 33. 23.

Sauf rein, Maria v., 79.

Savoyen, Eugen v., Grabstein 143.

Sazawa, Kloster, Bauschule 138.

Scandinavische Denkmale des Mittel- alters 84.

Scar pagnino 22.

S c e p t e r der deutschen Krönungsinsignien 93. Der ungar. Rcichskleinodien 171. Der böhmischen Krönungsinsignien 373.

S e h ö n g r a b e r n , lom. Kirche 68.

S c h 0 p p e r, Wolfgang 75.

Scho ttc nkloster in Wien 11. Einver- leibung V. Maria am Gestade 34.

Seh ü tt enkl Ost er in Deutschland 37.

S c h a c h t n e r, Georg 33.

Schafgotsche, Graf, Bischof v. Brunn 31.

Scharding, Denkstein 47.

Schässburg, zur Erbuuungszcit 194.

Schauer, Georg und .Maria 76.

Schaunberg, Chunrat Graf v., 14.

Schenemar seh, Georg 79.

Schermberg, golb. Capelle, Restaur. 250.

Schmid, Freihr. von Schwarzenhorn, Joh. Rudolf 144.

Schmitt, Johannes v. 71.

Schmitt, X., Archäologische Karte von Böhmen 36.

Schi eini ng, Scbloss 318.

Schlösser, Ikonographie 140.

Schlösser: WernsteIn,Sigmundskron 133. Lounovia 133. Schleining 318. Nagy- Väzsony 246. Zenoberg 324.

S chu It e s, Georg, Goldschmied 380.

Seh ütt, Insel, .Monumentalstatistik 136.

Schrantz, Sebastian 33.

Schri ftenaustausch der k. k. Central- Commission 21.

S c h w a r z e n h e r g , Friedrich Fürst, Car- dinal-Erzbischof 31. 115.

Sehweinachcr, P., Cappellan von Rabn- stein 177.

Schwert, deutsche Reichskleinodien. Un- garische Reichsklelnodien 173. Böhmi- sche Reichskleinodien. 340.

Schweischer, Vertheidigungskirche314.

Scitovsky, J., Fürstprimas v. Ungarn 113.

Sculpturen in Osterreich, mittelalter- liche, .Andeutungen hierüber 309.

Sculpturen , mittelalterliche, Sammlung derselben 37.

Sculpturen, älteste von Böhmen, St. Jacob 133. 333.

S c u 1 p t u r e n i n H o I z aus der hl. Kreuz- kirehe bei Eger 193. Prag 80. Brück an der Mur 310.

Sculpturen in Stein. Merseburg. Statue Otto des Grossen, lleiligenstatuen 37. Prag 80. Neuberg 311.

Sculpturen (El f e nbc in). \\'ülfsthurn.

Sebastian, Maler, XV. Jahrb. 177.

S e h a s t i a n i , L., .Maler 171.

Seckau, Bischof Ulrich II. 40.

Se d 1 e t z, Monstranze 26. 52. Cistcrcicn- serklostcr 119. Beinhaus 329.

Serl i 0 , Sebastian 22.

Setto il Moro 197.

Siebenbürgen, .Armulh an romani- schen Bauten 63. Vcrtbeidigungskir- chen311. 330.362.

Siegel der Grafen .\rtois 140.

Sienna. Pflaster 140.

Si g i s d 0 r f f , Familie 184.

S i g i s m u n (1 , Kaiser 36. 139.

340

S i g i s m u n il . König 227.

S i !j m 11 II il s k r 0 n . Scliloss i23.

Sinzendorf, Ludwig (Jiaf v. 46.

Siscia, röm. Alterlhünier 81, christliche Kirche 82. Anträge zur Erhaltung der Altertliiimpr 82.

S ixt US IV., I'iipst tÜG.

S k r e t a . Karl, Maler 80.

Skuc . gothische Kirche 132.

Sloroschek, Ant., Fürstbischof von La- vanl 115.

S 0 b e s i n , rom. Kirche 132.

S o p i a n a 28.

S 0 b ieski , Jobann, König 21.

Soltikoff, Fürst, Sammlung 90.

Spanien, Kunstzustiinde 27.

Speyer. Keichstag ( 130'.») 40.

Starhemherg, Ernst Rüdiger v., Grab- stein 142.

Stephaii der Heilige 14C. Dessen Krone 20 1 .

Stefano da Zevio, Maler 197.

Stephanus, Jebetus pietor 199.

S t e i d i n g e r, Maria 74.

Steiermark, mittelalterliche Kunstdenk- niale 280. Celtische und röm. Antiken 331.

Stein, dessen alte Bedeutung 57.

Steinmetze des Kaschauer Domes 241.

Stein metzzeichen, alte 332.

Stepanov, gofh. Kirche 132.

Sternbach, Baron v. 327.

Sternberg, Baron v. 330.

Sternberg (böhmisch), Burg 132.

St.erzinger, J.W. v. , Pfarrer zu Licnz 175.

Stickereien, alte, des X. und XI. Jahr- hunderts, Technik 149.

Stoss, V. in Krakau 280.

Stoss am Himmel, Hanns 75.

Strahow, Kloster in l'rag 159.

S t ra SS. Dorf 7(i.

Strazov. 133.

.S t u h I w ei ssenburg, Stiftung Stephan des Heiligen 147.

Su bla vio, 57.

Sudarium der Bischofstäbe 258.

S u e s s , Job., Maler 280.

Svojanov, Bürger 133.

Swalb, Wilhelmus, Presbyter 71.

Swihowsky v. Rieseuburg 157.

Sylva Taroueca, Grafen v. 141.

Symbolik der Scnlpturen des Milstater KrpHzganges IfiO. Tiroler Portal 325.

S z a g a d a t , rom. Kirche (»4.

Szalo na k, Schloss 218.

Szent-Selck: Ruinen der Klosterkirche 217.

r.

Tabor: Taufbecken-Inschrift 111. Taphographia Principum Austriac 140. Tassilokelchin Krenismünstcr 247.

Taufca pellen, Zozzen 103 , deren

Vorkommen 10, als Pfarrkirchen 103. Ta u f hecken: Prag 80. Taljor 111. l.ihi.;

131. Vlasim 132. Kondrac 132. Markt-

sehclken 268. Venedig 287. Reke

332. Teppiche, Museum. (_'luny 140. Tepl, l'rämonslratenser Stiftskirche 81,

Schüssel und Anpel 129. T e rla n, goth. Kirche 122. 322. Teufelsdorf, Simon Graf v. 227. Teufenbach, Familie 138. T h a 1 h c i m , roman. Kirche 64. Theben -Schloss bei Pressburg 218. T h e 0 d 0 r i c h , Landbischof 24. Theophania, Gemahlin Otto's IL 55. Thurn, Franciscus Graf v. 79. Thürme: Jahring , Glockenthurm 25.

Kotzen 78. 97. 99. 100. 102. Terlan

122. 323. Nocerac 132. Sontic 132.

Vicenza 153. Meran 323. Lana 326.

Grünburg 327. Tintoretto , Jacob 23. Tirol, Schloss 324. Tirol, Grafen v. 57. Titzian, 23. 171. Tisch nowitz, Kirche und Kloster im Über-

gangsstyle 166. 279. Torbido, Fr. 197. Torebacher, Edl. v. 70. Trachten des Mittelalters 95. Trapold, gothische Kirche 262. Trautsohn, Graf Ernst v. 69. 144. Trautson, Familie 145. Trebesic, rom. Kirche 132. Trebitsch. Kirche im Ühergangsstyl i66.

279. T r i e n t : Bischöfe 57. Trienter Bischöfe. Runglstein 120. Trier, Liebfrauenkirche 244. Trifels, Schloss 56. Trojer, Ferdinand, Kranciscancr 57. Trnj ens tei n 5S. Troschel, Jacob, Maler 280. Tübingen, Sammlung von Grahmonu-

menten 146. Tüffer, .St. .Marlinskirclie. Gralxicnknuilc

304. Spitalkirche 304. Karner 304.

Schloss 304. Tu nccliü d , gothische Kirche 133. Turn ie r stu ngen des Mittelalters 96. Tycho-Brahe, Grabmal 80.

u.

ühergangsstyl: Baudcnkmalc, Bol?.cn,

Franciscanerkloster öl. 97. 99. 100.

102. Zsilmbeck 105. 24G. Kaufim 163.

Tischnowitz 166. 279. Trehitsch 166.

270. Ulrichs- Capelle (St.) in Wien 12. Ulrich, Herzog von Kiirnlhcn 4L Ulrich, Bischof von Gurk 297.

Ulschak, Bischof von Gurk 297. Ungarn, siehe Krönungsinsignien. Ungarische Zeitschriften, Archäologische

Publicationen 245. Urw egen, romanische Kirche 64.

V.

Velim. gothische Kirche 134.

Venedig. Kirche St. Sebastian 22. Mar- cusdom 86. Taufhrunnen im Museo Correr 287. Restauration der Confra- ternitä di S. Giov. Evang. 170. Be- schreibung von Oskar Mothes 168.

Venosten 57.

Vcrdenberg, Johann Graf v. 145.

Verona, Wandgemälde XIV. u. XV. Jahr- hundert zu St. Zeno 197. Xlll. Jahr- hundert Maria della Scnta 199.

Vero nese, Paolo Caliari 22. 23.

Vertheidigu ngski rchen in Sieben- bürgen 211 ff.

Verwitterung der Monumente 27.

Vicenza, Chronologie dermittelalterlichen Bauwerke 153.

Vi ktring, Kloster 104. Kreuzgang 169.

Vilars de Honecourt, französischer Bau- meister 105. 244.

Vi II ach, Katharinenhospital 41.

Villanders, Familie ISO.

Vintler, Familie 60. 99. 120.

V i p t i e n u m 57.

Vir gen, Kirche 185.

Visegrad, Burg 246.

Vit et, L. 50.

Vittoria, .Alexander 23.

Vlasim, Schloss und gothische Kirche 132.

Vorel, gothische Kirche 133.

Vorlauf, Kunrad, Bürgermeister 30.

Votic. Markt 133.

w.

Waffe n der Ambraser-Sammliiiig 94.

W a f f e n s t ü c k e . Lorch 45. Luegcanal 45.

Wakernagcl, W., die goldene Altartafel

zu Basel 307, 330. Waldbnrg. Altar 45. W a I d n e r. Nikolaus der 70. Walsee. Reinprecht 111. 41. Ulrich v. 30.

Affra V. 70. W a 1 1 h e r, Bischof v. Gurk 297. W anil ma I e re icn. siehe Gemälde. Wangen, Familie 60. 120. \Va r n I i n. Petrus 71 . Wartenberg. Czcniek v. 73. Wasserleitung, römische, Altofen

282. Weggenstein. Edelsitz 98. Weihkesscl, Mailand 140. W c i k h a r d Sulzberger. Ritter 31 .

341

VVeinwurm, Michael. Bau-und Sfeinmetz- meistcr in Wien IC. 30.

Weleslawi n, A. v. 133.

Wels, roni. Kirche 307.

AV^clser, Sigismund 77.

Wels er. Philippine 94.

Welser'sches Wappen 76.

Wenzel, Domprobst von Passau 31.

Wenzel IV., König 138.

Werner, Ludwig Zacharias 143.

W ernh e r, Bischof von Gurk 297.

Wernstein, Sehlossruine 47.

AV i dem haus derMariencapellein Wien 11.

Wien: Kloster zu den Schotten 11. 144. Stephanscapelle 11. St. Rupertus 11. Restauration von St. Stephan 1. 22S. Maria am Gestade, Baugeschichte 11. 14S. Ältester Plan von Wien 11. St. Peter 11. 12. Ulariencapelle 11. Pan- krazcapelle 11. 12. Salvatorcapelle 13. St. Paulscapelle 13. Passauerhof 13. St. Ulrichscapelle 13. Spinnerin am Kreuz 16. Minoritenkirehe, Ludwigs- capello 34. Denksäule am hohen Markt 46. Alllage eines Corpus Epitaphiorum 141. 146. Grabmonumente 144.

Wiener-Neustadt 39. Basrelief der Georgskirche 300. 329.

Wiernto, Wiener Bürger 12.

WiIhersdorf73.

Wilhelm II., König der Normannen 87.

Wilhelm, Schottenabt 12.

Wil heim, Herzog 30.

Wilhelm v. Holland 5S.

Willholtz, Ulric 70.

Windisch-Matrei, Wallfahrtskirche zum hl. Nikolaus 173. 178. 179.

Wissavclav 288.

Wladislaus, König 1S7. 227. 239. 26S.

Woeel, Dr.21.

Wohlgemuth, Künstler 278.

Wolfgang (St.): Altar 45. 252. 307. Probstei 46. Evangelisfarium 307. Brunnen 307.

Wolfsthurn, Schloss 327.

Wolfker, Abt329.

Wolkenstei n. Familie 180 ff.

Wolkenstein. Michael v., sein Grabdenk- mal zu Lienz 180.

Wolmi rstäd t, Baudenkmal e 332.

Worms, Dom 27.

W r a t i s 1 a w, König 120.

Wurmbrand, Lorenz 41.

Wysehrad, 159.

Würffei. Ulrich und Hanns 31.

Xanten, Sliftskirche 244.

Tpern St. Marlin 244. Yved (St.) in Braine 244.

z.

Zabo'iy. romanische Kirche 133.

Ziibor. romanische Kirche 116.

Za isma n nsbrunn, L'lrichscapelle 12.

Zapp, K. Wladislaw öO.

Zappert, Dr. Epiphania 139.

Zara, kirchliche Architectur 331.

Zbaraski, Fürsten 20.

Zbraslav, Cistercienserkloster 130.

Zeitschrift, für christliche Archäologie

27. 83. 331. Zelking, Graf 46. Zeno (s. d.), Wandgemälde 197. Zenoberg, Schloss 324. Ziegel, römische. Altofen 286. Ziod, Kirche. Z i n g I e r, Nikolaus v. 79. Z\ nner, Joseph v. 70. Zinzendorf, Christ, v. 73. Zoll fe Id. Ausgrabungen 251. Zöly 0 m-Lipcse. Schloss 217. Zoppel v. Haus, Katharina 75. Zozzen, Taufcapelle 103. Zsiimbek, Kirchenruine 105. 340.

PROSPECTUS.

Huris 1855.

Soeben ift ki fgeinviib ^cUcr in Jytötiffurt dm iOlain erfc^ienen itnb ju bcäicl)cn burrf; ^iiiyehn ?8vaumMcv, im gpaifaffemOcbäube am ®i\ibcn, / unb «l^ranbcl K Mcpev, 3;uri)Iauben 552, md)\t Um I)ol)en mavU, in mitn, 'owk biircl) at(e Sud]- unb Äuiift()anbluugen :

^unftxucrke unlr ©<rräti)fd)aftcn

bcg

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0DtlCe*

^ctaulgegctcn tcn

Jltnnri)cn 1854.

G. ^ccFcr nnb S. Don J@»cfiict:2lUeiic<f.

ifiein 5ülio. 21 24. Lieferung a 6 colorirte ßuvfev iiub 3;ert. *Pieiö bcv Lieferung 4 fl. fr. 6on».=S}?.

©e. .ff. S)?aicftät bcr ÄPitijj OPit «^fcu^cn 9cvul)ten bte iSebication biefeö SgSevfeS aKevgnäbigft an}unel)men.

aSoväUflgmeife flnb in biefcm SBeif aufgenoinineu : ^dinifjmerkc in (Elfenbein, ^olj etr. etr. tljeils als fclb(l|l.inDuic ^»^oeiten, tijeils jur ^crjieninii «on anbern ©enenflänben, mie 33uci)betkeln etr. etr. (5otbfd)miebe.irbeiten, luie i3d)mud;f<id)en aller ;\rt, Xllonltrainen, €iborien, lieluiuaricn, Xteldje iinb anbere liird)lid)r iaen|ilien; l!un|lreid) uerjierte lUaffen, poi>ale in mand)erlei /ormen unb btalten; kird)lid)e nnb roeltlidje «Itidtereien unb tüeppid^e; fuin)ird)ränke, reid) uerjierte iSeiTet, .Siuiiepulte, ^d)mud;haftd)en, ßpiegelrinfallunpen, ^d)ad)- unb jöambrettliguren unb Kleinere jOeljalter; künltlidie Ölöpferarbriten in ^trügen, ^Oefcn u. a.; ?.inin}e- unb «rifeniuerkr, in Sauf- unb lüaCdjbedten, jCeudjtern, Sljürktopfrru, getriebenen ^d)ilben u. a. nt. « . f 4,

atad) tiefer nüqcmcineu Ucfcevfldit ftnb äunärb|1 in niÖ3Üd;ft auggeiuä()(ten 3)Zufievgc6ilbcu, fotdjc Jtunrmicvfc unb ©cvat^ bargc|tcUt, ivetc^c äur 5lu8fd;niftffung wn Äivd;cn unb «^rtüiiflcn, ober jum SBebüvfnif! bcS oemi)()nlid;cu Setcnä in ben Ijiitjcvn unb nicberu ertndncu ber menfd!lid;cn (Dcfcnfiijaft, cvfovbcvüd) umven. 91i*t allein bev 6Jcfd)id)tä= unb ^UtcitljumSfovfdev a'ivb in bicfcu SoifcUungcu, fo ivic in jenen bcS ofcengcbad^tcn Jvnd;tcn(nid;a , ein tvcucä Silb bcr jllcibung unb bc6 HvuS in ben nötl)igcu a3ebürfniffcn bcr gcbilbctcn Stäube ber ffiorjcit , je nad) bem ©taubpunttc bcr enüvirfehnig ber Äuufi finbcn , fonbcru aud) Jtfiujtlcr unb tunfiscnraubte ©erecrbc irerbcu einen reid)t)altigeu ©dial^ «on leitcubcu 3becn über voligiltige aRuficrCMlber, jur Qtufcrtiguug bcrartigcr äBcrte für bic ©cgenirart, erijalteu, ivoburd) bie mitunter miaycrflanbenen S^adjn^mungcn älterer SSorbilbcr ober bie t;äufig gefd^mnrflofcn «Schöpfungen m neuerer Seit, »erbrängt merbcn tonnen. _ « r

aßaa bic 9luäfül;rung Betrifft, fo ßfirgeu bie 92amen ber iciben J§evnn8gctier ffir bie gröfitmijglidjiic Xreue uiib ©OinHentjaftigfcit bei Stugfuljruug bcr bargcftctlteu ©cgenfiänbc unb bcr a3crleger t)at flc^, uugcad)tct bcr großen Jtoflcn, nid)t abgalten taffeu, für bic fpleubibc|te gUtafü^rung beS ©anjeu ©orge ju tragen. Um biefea ju erreidjen, irurbe bem Jtupfcrftid) vor allen anbern iüianiercn ber Sborjug eingeräumt. Die Slafclu flnb aufö ©orgfäüigjlc colorirt unb wo ei erforbcrlid), mit ®olb obce ©ilbcr aufgcljcbet, looburd) bic ®cgcn|lanbc am beutlidjften kv»ovtrctcu. ®röpe unb fonf^igc *Bcrl;ältuilIe ber abgclnlbctcn Söerfe fiiib genau angegeben unb ein auareid'cuber Sert mit Dlcgipcr gibt ^liiafunft über 3eit, -&erfuuft, Stoff, Äunftivertt) unb fonjtige gum yollfommcuen a>crflänbni^ crforbcrlidje Singe.

3tt bcr gotge wirb auf baä rafd)ere Qlufcinauberfolgen bcr fiicfcrungeu i8cbad)t genommen, unb baä gan;c aScvt in 36 Lieferungen, U)cld)c 3 fiarte SBänbe mit 216 colorirten jlupfcrtafeln bilbcn, in hirjer 3eit i'ollcnbct fein, ifflir yerauftalien l;iermit eine neue ©ubfcription biefeä $rac6twcrtc§ üon ber mouatlid; eine Sicferung crfc^cint, bo^ lönnen nad) SJertangeu bie beibeu fogleic^ ober in beliebigen Sn^iWcnräiimen bejogen uierben.

erfdiieucneu Sjänbc

*) aRagajin fftv Sitcratur bc« ?IuStnnbc8. «crliti 1855. 9h. 132 unb ®. ©djirgcä, bie jtoeitc aBcUau6jle«uni;. grantfutt 1855. 8». ©eite 189.

Rapport du Jury International sur l'Exposition Universelle de Paris 1855.

Papportcur Monsieur JUerlill^ Membre, Secretair et Rapporteur da .lury de la XXVI Classe.

Henry Keller, 6diteur ä Francfort s/M., a envoyö ijuatre ou^Tag■es que le merite du texte, ainsi quc Ic nomine des graviires coloriöes, placont au rang des plus belies publications exposöes au Palais de l'Industrie. On

Monsieur et la perfection peut juger par les titres seuls de l'intei-^'t de ces ouvragcs, destines ä propager la coniiaissance des arts du moyen age.

1. Le livre des tournois de l'f^lmpöreur Maxiniilien I., li livraisons in folio, avcc texte du docteur J. de Hcfncr-Altcneck, et des gravures coloriees et reliaiissees d'or d'apres J. Burgkmaier pere et tils.

Les originaux, executes par les ordrcs et sous les yeux de FEinpöreur Maxiniilien I., apparticnneut au Prince de Hohenzollern - Sigmaringen et etaieut restes jusqu'ici inconnus aux artistes, comme le furent longtcms plussiours autres ouvrages de Burgkmaier, qui n'ont etö publik que dans le siecle dernier.

2. Ouvi-ages d'art et meubles du moyen äge et de la Ecnaissance, 36 livraisons grand in quarto, avec gravures eu taille-douce coloriees, et texte par Messieurs C. Becker et J. de Hefner-Altencck.

3. Les Empöreurs d'Allemagnc, gravures coloriöes, d'apres les portraits de la salle des Empöreurs dans Thötel de ville de Francfort, dit le Römer, avec des notices biograpliiques par Mr. Albert Schott et le docteur C. Hagen; 27 livres in-folio.

4. Costumes du moyen-äge chretien d'apres les monuments conteniporains par Mr. J. de Hefner-Altcneck, 3 volumes grand in-quarto avec des gravures en taille-douce coloriöes.

L'importance bistorique et artistique de ces publications, v6ritables ouvrages de luxe, attcstent dans Monsieur H. Keller st dans Monsieur Scbmerber, son prödöccsseur, im amour des beaux livres et uu devouemcnt ä Fart quo le Jurv a trouvö iignes de r^compense.

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DEUTSCHER

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ELNFÜIIRÜNG DES CHRISTENTIIUMS

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CHEISTLICHE ARCHÄOLOGIE und KUNST.

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Erscheint in voizdglirlier Aiisslalliing in Qn.iil-Foinial ; der Hand lieslehl aus fi Heften, ilereu jedes 0 Bogen Text und 3 Stahlstiche enthält; eilaiiliriiilc Illustrationen in llolzscliiiid werden in den Text gedruckt. .liiliriiiii wird ein Band erscheinen; der Preis desselhen ist 10 Tlilr. Her erste Band ist in jeder BiK hli;iij(lliiiig zur Ansicht zu erhalten.

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l'lit rill fr f iiilr itiiiiii nun 3. Bf irfiriispFriif r.

Xic illifttlilltcrliri)Cn BaniUtrht natt) ilUriiin cvldK-incu in ÖHofjC^ctao in ,'öcftcii, beven jcbe« 12 füiibcv (itl)ei)vapf)ivtc iUötici iii Joll^^ll•f nur oiii ^H-i^nduiif^ bcv aiit bcnicll'cii bavj^ctlclltoii 'i'aiiiiH'vfc enthalt; iini 2d;lufic bc« '.JiVvfciJ toirb ein OV'iicvalix'V'^ctcbiiif; oiiv^iicßcbcii.

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Monatlich erscheinen 2 Lieferungen. Preis jeder Lieferung 16 Neugroschen.

Am Schlüsse des Werkes wird eine genaue Anweisung zur Einllicilung desselben beigegehen.

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