"бетон. > : > R . * DON 2 ие. © we > <, > арены 4 x c : ex : 4 у N > Ах доза Lane Le a, DORE es > AR > я “= . ; : f А неона . . „в Mn EEE R я u ER ea - Ne re + a PEER DONNE TS RASE M D EN) COEUR аи оо ль > mn = rte fanare о, AA nd . > Le x ^ issues ser аа URN A nur и 5 Пайн 2 ee ne = en к : С ee sn = ро он» CESR пил аль À LTE ae Be ы до AS ae A rie ENS a += 7 a PE м.) RN 20 PA SA 8 NT A RON TER EL ADR DR N CLARA le ve фм еле er Ge PS A De си à Lure | | | | ; s . PINCE N 2 ke rt " > u Den mau or BE ем. С . À re nd Br 2 EE гы ыы Rx AE TEEN у : = 3 фени а . x у ETS = e си CO ED у bre en 2 En TEN > Ra AR e En À I : - ee FES , = Le De D TN DE а En nee pe nv Plat or т se ce A rte PT м Е bre pa > = зе ан >. = в д a Fate Dole en Î о i р: я se к ur. vs) 5 : 4 #! N NE \ | ei ul у ” у rh lan у и À N MEMOIRES DE CACADENIE IMPERIALE DES SCIENCES | DE SAINT-PETERSBOURG. VIF SERIE. / ТОМЕ ХАК. / (Avec 13 planches.) | SAINT-PETERSBOURG, 1881. Commissionnaires de l’Académie Impériale des sciences: a #t.-Pétershourg : à Riga: à Leipzig: MM. Eggers et C!® M.N.Kymmel; Voss’ Sortiment (G. Haessei). et J. Glasounof; ee Prix: 6 Roubl. 90 Kop. arg. = 22 Mk. 95 Pf. Imprimé par ordre de l’Académie Impériale des sciences. Décembre 1831. | C. Vessélofsky, Secrétaire pe Imprimerie de l'Académie Impérial e des sciences. es (Vass.-Ostr., 9 ligne, № 12) - TABLE DES MATIÈRES DU TOME XXIX. N° 1. Einblicke in das Ferghana-Thal. (Avec 9 planches.) Von A. w. Middendorff. XI, 482, LX pages. Nebst chemischer Untersuchung der Bodenbestandtheile у. С. Schmidt. 53 pages. № 2. Neue Integrations-Wege. Von Prof. Dr. P. Helmling. 40 pages. № 3. С. 3. Maxirnowiez de Coriaria, Ilice et Monochasmate, hujusque generibus proxime affinibus Bungea et Cymbaria. (Avec 4 pianches.) 70 pages. № 4 BT DERNIER. Ueber die thermische Ausdehnung des Meerwassers aus den Beobachtungen des Herrn Res’zow berech- net von №, Lenz. 24 pages. VE Я % 28 р о ; | #4 à Se AA 0 ar: er RAR re 4 Envoi de l’Acad. Imp. des sc. de St.-Pötersbourg. Washington, | Smithsonian Institution. MÉMOIRES ACADÉMIE IMPÉRIALE DES SCIENCES DE ST. -PÉTERSBOURG, УГ SÉRIE. Tome XXIX, N° 1. EINBLIKKE IN | DAS FERGHANA-THAL А. у. Niddendorff, Ehrenmitgliede der Akademie der Wissenschaften. я (Mit 9 Tafeln.) DE NEBST > ИЕН UNTERSUCHUNG. DER. BODENDENTAADTIRIL VON <. Schmidt, Professor zu Darpat. + 2 u“ Е (Lu le 11 septembre 1879.) Sr.-PETERSBOURG, 1881. Commissionnaires de l’Académie Impériale des sciences: à St-Pétersbourg: à Riga: à Leipzig: MM. Eggers et С*° M. М. Kymmel; Voss’ Sortiment (G. Haessel). et J. Glasounof; —= 2 Prix: 5 В. 30 Кор. = 17 Mk. 65 Pf. Bel Deo Der Barca & Z 5% su 5х M UE ee MÉMOIRES L’ACADEMIE IMPÉRIALE DES SCIENCES DE ST.-PETERSBOURG, УИ SÉRIE. Томе XXX, N° 1. EINBLIKKE DAS FERGHANA-THAL А. у. Middendorff, Ehrenmitgliede der Akademie der Wissenschaften. (Mit 9 Tafeln.) NEBST CHLMNCHER UNTERSUOIUNG DER BODENDESTANDTIEILE VON С. Schmidt, TER Professor zu Dorpat. “4 TT 5 La MAR =. Е ER (Lu le 11 septembre 1879.) NZ Ag ‘© Le er — 0 St.-PETERSBOURG, 1881 Commissionnaires de l’Académie Impériale des sciences: à St-Pétersbourg: à Riga: à Leipzig: MM. Eggers et C!° М. М. Kymmel; et J. Glasounof; Voss’ Sortiment (G. Haessel). Prix: 5 R. 30 Kop. = 17 Mk. 65 Pf ГБ Imprimé par ordre de l'Académie Imp ть des sciences. Juin 1881. — EN N. rl Vesselofski, роте perpétuel. Vorwort. Das vor drei Jahrhunderten begonnene Vordringen der Kosaken und Abentheurer nach Sibirien hat uns dahin geführt wo wir im Inneren Asiens jetzt Fuss gefasst. Das Ver- mächtniss jener Beutelustigen — und nicht dasjenige Peters des Grossen, wie wohl gewisse Staatsmänner es geglaubt — hat uns in neuester Zeit Gegenden eröffnet, in denen die vor- gerükktesten Staaten des grauen Altherthumes ihren Aufschwung nahmen. Im weiteren Verlaufe der Ereignisse ist weniger der Ehrgeiz, als eine dringende Nothwendigkeit die Triebfeder zum weiteren Vordringen, und die grösste Schwierigkeit liegt darin dass man es verstehe an richtiger Stelle Halt zu machen. j Wen dürfte es nicht gelüsten, einen Blikk thun zu dürfen in jene so eigenartige Welt, in jene Wunderländer des längstverschollenen Baktriens und seiner Umgebungen? Wen dürfte das unwiderstehlicher lokken als den der den Spuren jener kühnen Eroberer Sibiriens durch Jahre hindurch im Norden und Osten Sibiriens gefolgt ist ? Das Bewusstsein des hereingebrochenen Alterns legte mir nichtsdestoweniger die Ver- pflichtung auf, jüngeren Kräften den Vortritt zu lassen. So folgte ich denn erst nach lan- gem Zögern dem vermittelnden Rufe des Hrn. Vicepräsidenten der Kais. Russischen Geo- graphischen Gesellschaft zu St. Petersburg, P. P. von Semenov. Es galt, den aufgeklärten Bestrebungen des Generalgouverneur’s von Turkestan, General-Adjutant von Kaufmann entgegenzukommen. Durchdrungen von der Ueberzeugung, die Wissenschaft habe der Ver- waltung eines ganz fremdartigen neuen Bestandtheiles unseresReiches die Wege zu bahnen, setzte Generalgouverneur von Kaufmann alsbald nach seinem Antritte eine ununterbrochene Reihe von Untersuchungen der neuerworbenen Landstriche in Gang, welche den Eroberungen I* IV А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. nicht nur auf dem Fusse folgten, sondern bekanntlich auch theilweise vorangegangen waren. Bald galt es sich häuslich einzurichten, und es fiel mir nun zu, mich über die Naturver- hältnisse Ferghanä’s in Bezug auf dessen landwirthschaftliche Zustände auszusprechen. In dem unzugänglichsten Morastwinkel Livlands ein Werk über Ferghanä zu schrei- ben ist unbedingt vermessen. Seit General von Kaufmann in Taschkent die Musterbiblio- thek für Mittelasien aufgestellt, die einzig in ihrer Art dasteht'), kann nur dort, an Ort und Stelle die Literatur genügend benutzt werden. Das ist jedoch nicht meine Aufgabe ge- wesen. Der Urlaub der mir zur Reise nach Ferghanä zu Gebote stand erstrekkte sich nur auf 6 Monate. Am 9. Januar 1878 verliess ich St. Petersburg, und schon der Anfang des Juli traf mich auf meiner Rükkehr im Gouvernement Poltawa. Leider musste ich von die- ser allzu kurzen Frist die Hälfte für die Hin- und Rükk-Reise fortgeben. | Ausserordentliche Naturereignisse, Ueberschwemmungen mitten im Winter, hoben, als ich hinreiste, den Postenlauf vollkommen auf. Dieselben hinderten auch meine Rükkehr; dazu noch der Ausbruch einer schon seit Wochen im Anmarsche gewesenen gefährlichen Ruhrkrankheit meines Gehilfen, des H. Zivil-Ingenieurs W. Perrou. Ausser ihm wurde ich noch von dem aus dem Süd-Ural und den Aralgegenden wohl- bekannten Botaniker, Herrn S. М. Smirnov begleitet, der es übernommen hatte die bota- nische Seite des Akkerbaues jener Gegenden vorzugsweise zu klären, und der noch bis heute damit in Ferghanä beschäftigt ist, so dass die von ihm zu erwartenden Resultate erst später zur Geltung kommen können. Seinem unverdrossenen Eifer verdanke ich aber zahlreiche Abschriften aus den Akten der Verwaltung Ferghanä’s, welche in nachstehender Abhandlung theils benutzt, theils mitgetheilt worden sind. Hr. Perrou leitete eine Anzahl meteorologischer Beobachtungen ein, von denen ein Theil kürzlich in den Annalen des physikalischen Central-Observatoriums, herausgegeben von H. Wild, 1878, I, р. 192, II, р. 457, 459 abgedrukkt worden ist. Dieser Antheil dersel- ben ist nur durch die aufgeklärte Unterstützung des H. Kriegsgouverneur’s von Ferghanä, des Generals Abramov zu Stande gekommen, der es möglich machte, einen Beamten sei- ner Behörden, Hrn. Ssawinov, zu solchem Behufe abzutheilen. Was ausserdem an meteo- rologischen Beobachtungen geleistet worden, wird nachstehend aufgeführt werden, so wie 1) Межовъ, Typkecranckiü сборникъ сочиненйй u Ich benachdrukke hier dass sogar die Lokalschriften статей относящихся до Средней Азш вообще и Typ- | von Fedtschenko, Romanovskij, Muschketov, кестанскаго края въ особенности, 1878. Da in diesem | Petzoldt von mir nur gelegentlich zitirt sind. Auf die- Kataloge die Artikel der Type. ВЪд. nicht aufgenommen | selben einzugehen hätte mich zu weit geführt. Derjenige worden sind, so habe ich ihnen besondere Beachtung ge- | den es angeht wird sie zu Rathe ziehen. währt. 2 VORWORT. У auch einige Höhenmessungen daselbst ihren Platz finden sollen deren Berechnungen Hr. Ed. Stelling, im physikalischen Central-Observatorium, sich freundlich unterzogen. Ganz besonderen Werth müssen wir auf die ausführlichen chemischen Analysen von Bodenproben legen, welche ich mit gutem Vorbedacht verschiedenen Oertlichkeiten Fer- ghanä’s entnommen. Mein geehrter Freund, Prof. С. Schmidt hat die Verarbeitung dieser Analysen gefälligst übernommen. Dieselben, als die bleibendste Grundlage für die von mir mitzutheilenden Berichte und Betrachtungen bieten unserer Kenntniss der Bodenverhält- nisse in Ferghanä den festesten Halt. Mit dem Uebrigen bezwekke ich nur, einen, so weit es mir 21 Gebote stand, Richtung gebenden Rahmen hinzustellen für Verwaltungsbeamte welche ihr Geschikk in jene Gegend führen wird, und zumal für die kommende Generazion der Kadasterbeamten. Hoffentlich wird es nur Wenige geben welche in vorliegender Arbeit Verhaltungsre- zeptchen und Wohlstands-Elixire vermissen dürften, und recht Viele welche meine Beob- achtungen und Ansichten weiter auszuführen oder durch Thatsachen zu widerlegen beflissen sein werden. Nur langsam baut sich das richtige Verständniss für die Eigenart eines so eigenthümlichen Landes und seiner Bewohner auf, aber unsere vereinten Bemühuugen müssen dereinst in einer monographischen Beschreibung des Ferghanä-Bezirkes gipfeln, wozu die so schön abgeschlossene Eigenthümlichkeit dieses köstlichen Thales unwillkührlich verleitet. A. v. Middendorff. Drukkfehler. Seite 33, Zeile 17 von oben lies: erste Fig. auf Taf. IT... . statt: zweite Fig. auf Taf. L Seite 399 im Kolumnentitel lies «Ethnologisches» statt « Behausung ». р Inhalt. Einleitung. Orogeographische Uebersicht...p. Bewässerungen in Transbaikalien, Mongolen-Kanäle p. 2. — Gelberde oder Löss p. 3. Schwarzerde р. 4, 5. — Raubbau, Düngung nicht zulässig р. 6. — Durchschnittlich 41/,, höchstens 9 Korn р. 7. — Keine Schwarzerde in den Südoststeppen р. 8. — Die Schwarz- erde ein Hinderniss des Fortschrittes p.9. — Die Gelberde als ihr Gegensatz p. 10. — Ferghanä ein «Gelobtes Land». Boden, Wasser, Sonnenwärme, Gebirgsschutz, Men- schenschlag dafür zusammenwirkend p. 11—14. Т. Fergshanä's geographische, orographische 14 und Höhen-Lage ......................p. 14 — 20 Naryn und Ssyr. Fall des Wassers. Eingangsthor p. 14—16. — Eingebettete Lage. Die Gebirgssysteme p. 17. — Dreifache Gebirgs-Coulisse p. 18, 19. Der Grund und Boden Ferghanä’s .......... .p. 20 — 100 A. Die Kieswäste . ......... ем Е ....р. 21 — 24 Konglomeratlager. Geringe @тбззе der Rollsteine. Gleichartiges Format derselben р. 21, 22. — Zur Peripherie des Thales hin grösser р. 23. — Konglomerat gleich alt mit dem Löss р. 23. — Keine Glätscherspuren im Thale. — Beakkerung р. 24. B. Die Salzwüste ...... TE er ER ..р. 24 — 29 Zentralwüste «Ha-Derwisch». Das Salz aus der Tiefe kommend p. 25. — Salz in höchster Höhe. Der Löss p. 26. — Salzwüste als Weide p. 27. — Lehmtennen p. 28, 29. 6. Die. Sandwüste. : : :.....0. 22. 4... Br в ..р. 29 — 67 Dünen bei Patar. Kupsen. Wellenzeichnungen р. 30—33. — Normal-Schema. Dünen- typen p. 34—36. — Ursprung des Sandes p. 37. — Sandverschüttungen p. 38—41. — Flugsand stationär p. 42. — Wasser, vielleicht aus in der Erdrinde abgesetztem Thau entsprungen p. 43. — Ueberkrustung des Sandes p. 44. — Ausrottung der Pflanzendekke durch Feuerungssammler р. 45. — Dünen der Kara-Kum und am mittleren Ssyr р. 46, 47. — Verschiedenheit der Barchane und Dünen р. 48—52. — Richtung des Vor- schreitens der Sandmassen p. 53. — Flugsand durch Wässern gebändigt p. 55. — Erhal- + Dr 5 % : moi я т Lis 4x % & УП ТУ. Das Ека а. ; III. Der Akkerbau .............. BE Nr Kr LL A р. 125 — 262 А. Die Akkerkrume ........ REA ar о ....р. 125—137 А. у. MIDDENDORFF, КЕВСНАЖА. tung der Pflanzendekke p.56.—Eröffnung der Steinkohlen-Benutzung als Hauptbedingung der Festigung des Sandes p. 57. — Verbot des Kahl- und Wurzel-Hiebes im Sande. Sand unerwartet fruchtbar p. 58. — Ulugnar-Kanal zur Bewässerung des Sandes wünschens- werth. Pinus maritima nicht geeignet p. 59. — Schonung vor dem Beweiden p. 60. — Nur örtlich wildwachsende Pflanzen für die Festigung des Sandes geeignet р. 61, 68. — Tamarisken und Saxaul ausgerottet р. 64. — Sal. caspica. Pappel im Brunnen gepflanzt p. 65. — Kultivirung der «Landes» durch Private unter Nachhilfe vom Staate p. 66. D, Der Löss ......... RE à ie A nee р: 67. 98 Im Rheinthale. Schwammähnliche Textur p. 67. — Richthofens abflussloses und peripherisches Gebiet. Löss nicht nur ein subaërisches sondern ein Windgebilde p.68, 69.— Grosse Verbreitung des Löss; auch in Russland p. 70—71. — Bestandtheile. Primär-Se- kundär-Löss p. 72. — Vertikale Zerklüftung. Staubartige Pulverung. Gleichartige Durch- einandermischung p. 73. — Farbe p. 74. — Kurgane, als Ueberbleibsel von Abschwem- mungen p. 75—77. — Löss-Grate. Keine Klüfte p. 78, 79. — Landschnekken (ausserd. p. 98 Anm.) p. 80. — Löss überall gangbar. Abstürze p. 81. — Konglomerat mit Löss übereinander wechselnd p. 82, 83. — Einschlüsse von Geröllchen. Konglomerat nicht immer leicht abzugränzen p. 84. — Zum unteren Ssyr hinabgeschwemmt p. 85. — Die kastanienbraune Erde р. 86. — Löss als Staubablagerung und als Luft-Aluvion р. 87. — Staubnebel р. 88—90. — Staubinkrustirungen р. 91. — Staubhosen. Lössschlamm р. 93, 94. — Entstehungsweise р. 95. — Lössbildner. Löss-Schnekken (vergl. р. 80) р. 97, 98. Е, Die Dammerde . . . LR RE о р. 99. TO Angespült. Unter Wasser gebildet, als Schwarzschlamm. Durch alte Kultur angesammelt. Verschiedenartigkeit, Gegensätzlichkeit, ringförmige Zonen p. 101. — Margelan p. 103; (108—112). — Namangan р. 105. — Höhe von Utsch-Kurgan, Jany-Kurgan, Мапа] etc. p. 106. — Bodentemperatur p. 109, 110. — Feuchtigkeit und Wind p. 111, 112. — Lite- ratur p. 113. — Kokan p. 114. — Uebersicht p. 115, 116. — Temperatur des Wassers p. 117. — Wind p. 118—120. — Grösste Hitze p. 119. Die Feuchtigkeits-Niederschläge . . .............. ..... р. 191194 Mehr Regen als vorausgesetzt р. 121. — Regenwolken aufgezogen р. 122. — Thau p. 123. — Verdunstung p. 124. Löss sehr verschiedenartig p. 125. — Schwer zu karakterisiren. Feinerde p. 126. — Von Salzen durchtränkt p. 127. — Textur und senkrechte Zerklüftung p. 128. — Salz- gehalt, gewässert bedingt die Fruchtbarkeit p. 129. — Unfertiges Stassfurth p. 130. — Polderboden unerschöpflich р. 131, und zwar durch marine Infiltrazionen р. 132. — Felder inmitten von Salzkrusten. Auslaugen p. 133. — Erfahrungen und Schwierigkeiten in der Camargue p. 134. — Salzmengen p. 135, 136. я Mineraldung 22: sm ae 2 ...p: 137—146 Löss langsam erschöpft р. 137. — Tiefgründigkeit des Löss р. 138. — Fruchtbarkeit des Lössskelettes analog den Wasserkulturen der Laboratorien p . 139. — Aufschlämmen des Löss p. 140. — Gar bedeutende Salzmengen p. 141. — Schlamm-Menge p. 142. — Mergeln mit salzhaltigem Löss p. 143—146. а. 2.39.1002 100% INHALT. Humus...... IRRE И ee EN IR м р. 146—150 Subaquatisch р. 146. Hartwasser-Schilftorf р. 147. Hornblende-Humus. Dammerde der Wiesen auf den Vorbergen p. 148. — Humusverbrauch zu Heizmaterial. Nothwendige Inangriffnahme der Steinkohlen р. 149. Е CR а: ий .....р. 150—155 Salpetersäure im Luftmeere р. 150. — Starkes Düngen р. 151, 152. — Geringer Vieh- stand. Preis des Düngers p. 153. — Mästen von Schaafen. Luzern-Dung. Komposthaufen р. 154. , В. Die Bewässerungen . ....................... р 203 Glätscherflüsse. Wasser der Vorberge. Steigen des Ssyr p. 156. — Alter der Bewässe- rungen р. 157, 158. — Die Natur des Löss das Wasserleiten begünstigend. Geringes Ge- fälle p. 159. — Schwierigkeiten im Gebirge. Tunnel p. 160. — Einfache Mittel viel lei- stend. Ueberschlämmung oder Colmation р. 161. — Der Tyrann muss die Kanalreinigung persönlich leiten p. 162. — Unumschränkte Wasser-Befehlshaber aus demokratischer Wahl hervorgehend р. 163. — Beim Alten belassen р. 164. — Wasseraufseher schon in Babylon. Wassersteuer р. 165. — Jetzige Einrichtung der Wasser-Beaufsichtigung р. 166, 167. — Wechselansprüche an das Wasser. Privilegien. Wassernoth p. 168. — Einfaches Wasserrecht p. 169. — Nothwendigkeit einer Zentral-Gewalt p. 170. — Klagen p. 171.— Gefälschte Dokumente. Erweiterung des Reisbaues verboten p. 172, 173. — Ein Dorf ver- ödet durch Anmaassungen und Wasserableiten р. 174, 175. — Keine Wasserwaage im Gebrauche р. 176. — Einfache Dämme р 177. — Ueberfluthungen р. 178. — Beginn der Kanäle aus dem Ssoch-Flusse р. 179. — Verschüttungen im Khudojar-Kanale р. 180.— Die Bevölkerung ausgezeichnet anstellig im Bewässern p. 181. — Das Wasser in erster Reihe zur Hervorbringung von Nahrungsmitteln zu verwenden. Hungersnothstände in Indien р. 182, 183. — Kanäle am Unteren Ssyr. Tschinas-Kanal р. 184, 185. — Kanal- Frohndienst p. 186. — Kirgisen Kanäle grabend p. 187. — Veränderliche Wassermengen р. 188, 189. — Nothwendigkeit einer Flusskarte und entschiedenen Handelns р. 190. — Vortheilhaftigkeit. Unumgängliche hydrologische Hilfsarbeiten р. 191.— Grundeisbildung. Zusammenwirken verschiedener Flusssysteme p.192.— General-Nivellement unerlässlich p.193.—Der Магуп und Kara-Darja können noch viel Wasser darbieten р. 194, 195.— Hausteiche. Absperren von Schluchten p. 196. — Riesendämme in Persien und Ceylon р. 197. — Abdämmen mit lokkerer Erde р. 198. — Aufstauung in der Gebirgsnähe р. 199, 200. — Sikkerwasser, Quellbäche р. 201, 202. — Hebewerke р. 203, 204. — Verhinde- rung der Ueberfluthungen. Vertheilung. Schleusenwerke р. 205, 206. — Mühlen, das Ge- fälle ausgleichend р. 207. — Morastseen. Sumpffieber р. 208—210. — Winterwiesen. Brunnen p. 211. — Irrigatore p. 212. CNDas MASSE... sien, ао р. 213—220 Unbewässerbare Aekker р. 213. — Bewässerbare Ackker. Geringe Grösse derselben р. 214. — Bedeutung der Bogär-Felder wider Hungersnoth р. 215. — Luftfeuchtigkeit, Thaubildung, Ungeziefervertilgung p. 216. — Arten des Wässerns p. 217. — Wässerungs- Epochen p. 218, 219. — Nöthige Wassermenge 220. D. Die Bodenbearbeitung ....................... ....р. 291—228 Spätes Pflügen р. 221. — Hakenpflug р. 222, 223. — Häufiges Pflügen. Uebergang zum Untergrundpfluge р. 224. — Das Bersten des Löss arbeitet der Schleife vor р. 225. — Klôsse р. 226. — Der Ketmen (die Hakke) р. 227. — Zahlreiche Bestellungsarbeiten p. 228. Е, Die Kulturpflanzen Ferghanä’s. . :.................. р; 229-269 Alter ihres Anbaues р. 229. — Die Luzerne, der Mais р. 230. — Erfrieren der zar- teren Fruchtbäume р. 231. — Vegetazionszeiten р. 282—984. — Weizen р. 235. — Mémoires de l'Acad. Imp. des sciences, VIlme Série II IX р à х А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Gerste, Hirse р. 236. — Dshugara-Hirse р. 287. — Grünfutter. Mais, Reis р. 238. — Soja-Bohne р. 239. — Sesam, Mohn р. 240. — Flachs, Hanf р. 241. — Betäubungsmittel p. 242. — Baumwolle p. 243—248. — Tabak, Luzerne p. 249, 250. — Klee, Melone p. 251. — Keine Wechselwirthschaft. Freie Fruchtfolge. Dreifelderwirthschaft, Brache р. 252, 253.— Weisskorn. Schwarzkorn. Fallkorn р. 254. — Fruchtfolge р. 255. — Nach- früchte p. 256. Kulturschädliche Einflüsse . . ............. reise. ср, 256-269 Auswintern der Е р. 256. — Erfrieren der Öhsthaume р. 257. — Früher Schneefall. Hagelschläge. Gewitterregen und Gewitterstürme p. 258. — Windstösse. Heisswinde. Unkräuter p. 259. — Insekten. Vögel. Wühler p.260. — Theurung p.261. — Huugersnoth. Preise р. 262. IV. Die Viehzucht.................. ee MC .р. 268—294 Vom Akkerbau getrennte Viehzucht, sternformig ineinandergreifend. Seuchen р. 263. A, Ваз Ро. нор 2A 98 Aelteste Nachrichten p.264, 265. — Miankale-Stamm p.266.— Jomud-Hengste р. 267.— Gebirgsklepper р. 268—270. — Karabair-Wettrennen р. 271.— Das Karrenpferd р. 272.— Anspannpferde am Ssyr p.273.— Der Anspann, die älteste Gebrauchsweise p.274, 275.— Karre 276, 277. — Kirgisenpferde sich umgestaltend р. 278. — Schwere Umhüllungen р. 279. — Kok-buri. Sättel р. 280. — Das Koppeln. Heuschrekken tödtlich. Grosse Esel p. 281. В. Das Rind......... р 001-286 Zebu p. 281. — Kirgis- Vieh р. 282—284. — Entartung in Ferghanä р. 285, 286. — Preise p. 287. — Der Yak. Der Büffel. Seuchen p. 288. С. Das Schaaf . ........ EA и p. 289— 290 Absatz nach Europa р. 289. — Preise. Zukunft р. 290. D, Die Ziege .:-........ BEER ED ОЕ р. 291—292 Pflaumwolle р. 291. — Е Ziege р. 292. Е. Das Кашее....... а OU © M .....р. 293—294 Durchbohrung der Nasenscheidewand р. 298. — Füttern mit Oeikuchen. Moskitos р. 294. V. Das ЕО... ER Но. р. 295—322 Nordländer vernichten р. 295. — Besserung darin р. 296. — Maulbeerbaum-Krüppel р. 297. — Pyramidaler, schlanker Wuchs р. 299. — Welliger Wuchs durch Stürme. Rascher Wuchs p. 300. — Laubdach p. 302. — Kajragatsch- und Ssada-Ulmen p. 303.— Baumpflanzungen am Ssyr p. 304. — Gebirgswaldung p. 305. — Fruchtwälder p. 306. — Saxaul ausgerottet р. 307—310. — Holz- und Kohlenhandel р. 312. — Bedeutung des Waldes. Bedarf р. 313. — Waldschutz und Waldpflanzung р. 315—822. VI Die Akkerbauer ............. ee ER p. 322—407 Ferghanä’s Oasen sehr stark bevölkert р. 323. — Müssiggang el scheinbar p. 324. — Mongolen als Akkerbauer tüchtig p. 325, 326 und 329. — Ineinanderzwikkung hoch- intensivster Kultur und nomadischen Akkerbaues p. 327 und 335. — Iraner stets besiegt und doch intakt, sogar herrschend р. 328. — Nomaden Ferghanä’s р. 329—335. — Ver- drängung der Nomaden p. 336. Kolonisazion ...... WEN: о. р. 336—343 Dasselbe Land gleichzeitig in zweierlei Nutzungsbesitz. Wenig Neuwässerungen р. 337. — Kirgisen-Ansiedlung zu befördern р. 338, 339, 343. — Russische Auswanderer а SLA о TRE ыы INHALT. XI р. 340, 341. — Tagelöhner zuwandernd р. 344. — Theilbauer р. 345, 346. — Ressailj р. 347—349. — Glaubenslehren. Christen. Fanatismus gewichen. Schulen р. 350—355. — Feigheit der Sarten. Treffliche Anlagen zum Guten p. 356, 357. — Bekehrung der Kir- gisen р. 358. — Das Weib. Die Behausung und der Löss р. 359—361. Historisches. .- ............. ne — p. 361— 378 Aelteste Geschichte р. 362—365. — Meter von en p. 366, 367. — Die Reitervölker aus Mittelasien р. 368. — Die Yuetschi, Dachä, Li-kien a Ta-tsin (Rô- mer). Der Tsungling (Terek)-Pass р. 869. — Die Tahsia (Tadshik). Tawan-Pferde. Parther р. 370. — 130 Dolmetscher der Römer am Pontus. Die Yeta; Tukiu. Byzanz р. 371. — Die Araber р. 372. — Die Gasvaniden. Otrar. Die Hwéi-hu р. 873. — Die Khitan; Akhsi; Al-Tork. Die Khilgiz und Kiptschak р. 374. — Tschingis-Khan. Timur р. 375. — Die Sart; Usbek; Baber р. 376. — Kukan; Felix d’Arocha р. 377. — Khudojar-Khan; Metze- leien p. 378. Ethnologisehes. . . ............ ВЫ ль р. 379-407 Unablässig erneute Invasionen sich nach Ferghanä verlaufend р. 379. — Bestandtheile des Völkergemisches р. 380. — Ursachen desselben р. 381, 382. — Rabbi Benjamin von Tudela. Drei Typen p. 383. — Ujfalvi ungenügend p 384, 387. — Zwei entgegengesetzte Typen p. 388. — Tadshik und Sart p. 389, 390. — Galtscha; Blonde p. 391, 392. — Die Tadshik; geistige Eigenschaften p. 392—398. — Mongolen-Typus p. 398—402. — Misch- linge р. 402—405. — Ethnologlsche Expedition nöthig р. 406. VII Die Organisazions = Kommission.........».407—440 Die Agrar- und Steuerfrage p. 407. — Individueller Landbesitz; Schariat; Usus p. 408. Oedland, MIk, р. 409—411. — Mamlekat (Amläk) р. 411, 412. — Wakf р. 410, 412. — Neueste Bestimmungen über den Landbesitz р. 413. — Cheradsh ; Tanap р. 415. — Sä- ket; Kosch-Pul p. 416. — Akker-Loose, Tschak. Kipssenj p. 417. — Steuern-Tarikane und Nikogane. Ssaman-Puli, Tol-Puli p. 418. — Unzuverlässigkeit der Steuer-Erheber, Sserker p. 419. — Steuer dem Rohertrage angepasst p. 420. — Reinertrag maassgebend р. 421. — Ortskundige Sachverständige nicht vorhanden р. 422. — H. Wilkins Instruk- zion für die Bodenschätzungen p. 423. — Erträge des Reis und Weizens p. 424. — Er- träge der Dshugara und Baumwolle p. 425. — Reglement für die Einschätzung der Steuer р. 426, 427. — Vermessungen р. 428. — Unzuverlässigkeit der Muftij-Tanapkesch p. 429. — Taxazions-Verfahren p. 430. — Gefährlichkeit des zu plötzlichen Ueberganges von der Natural- zur Geld-Wirthschaft. Cheradsh-Muwasef p. 431. — Zwekkmässigkeit des Ur-Zehnten p. 432. — Fünfjährige Durchschnittspreise p. 433. — Werth des Bodens р. 434. — Werth des Wassers р. 435—437. — Brache. Dreesche. Feldgraswirthschaft p. 437—439. — Latentbleiben der Abschätzungsfehler p. 440. rülskschaw... ...2. и и RO PRE .....p. 441—473 Urplôtzliches Weichen der barbarischen Zustände p. 441, 442. — Eigenartig ent- wickelte Zustände p. 443—445. — Wallace, Russiands Expansionskraft gegenüber ge- ringer Assimilazionskraft р. 445. — Selbstverwaltung der Volksversammlungen. Zustände in Indien p. 446, 447. — Nothwendigkeit prompter Justiz p. 448. — Tüchtige Verwal- tung р. 449. — Ein brauchbarer und höchst nützlicher Sonderling р. 450. — Dostarchan- Darbringung abzuschaffen p. 451. — Vornehme Dshigitten p. 452. — Grundbesitz der Kirche p. 453. — Die Inder als Wucherer p. 454—455.— Hoher Zinsfuss p. 456. — Zu- sammengehörigkeit und Stammtafeln der Nomaden. Gemeinweiden p. 457. — Hochkultur auf Gemeinländereien in Belgien p. 458. — Staatsländereien p. 459. — Bedingtes Eigen- thumsrecht am Boden p. 460. — Nothwendigkeit bäuerlichen Grundbesitzes mittlerer Grösse, gegenüber der Zwergwirthschaft. Zusammenlegungen, Arrondirungen p. 461. — Erweiterung des Akkerbaues. Ermuthigung dazu p. 462. — Günstige Grundlagen für das Wirken der Staatsgewalt p. 463. — Magazine und Preise für Saaten. Musterwirthschaften хп А. у. MIDDENDORFF. FERGHANA. р. 464. — Kapitalrente hoch über der Grundrente р. 465. — Steuerfähigkeit р. 466, 468.-— Pachtrente р. 467. — Vorarbeiten für die nächste Kadaster-Revision р. 468. — Trennung der Administrazion von der Militärverwaltung. Treffliche bisherige Leistungen. Miss- lingen der ökonomischen Unternehmungen p. 469, 470. — Gute Wege voran, Eisenbahn р. 471. — Wasserleitungen, Wasserbehälter u. 4. m. р. 472, 478. Nachträge ...... a ee AS аа, р. 474—489 Anhang I bis X................ U LIBRE SP ER ..p. I-LX Chemische Untersuchungen der Bodenbe- standtheile .......... HA м ; он. р. 1—53 Taf, I und II. Dünentypen. » Ш. Grundrisse der Behausungen. » IV. Beginn der Kanäle aus dem Ssoch-Flusse. » \, VI. Sarten. » УП. Kara-Kirgisen. ; » VIII. Skizze der Wasserzuleitungen im Namangan-Kreise. » IX, Sartin. Einblikke in Ferghana. Umherreitend gukkt er auf die Erde, schaut in die Weite und schreibt immerfort. (Bericht der sartischen Landpolizei Ferghanä’s an den militärischen Kreishauptmann, üher das so sonder- bare Gebahren des Verfassers.) Einleitung. Orogeographische Uebersicht. Als ich, vor nunmehr schon 35 Jahren, von den Gestaden des Grossen Oceans über Transbaikalien heimkehrte, wurde trotz der Ungunst winterlicher Jahreszeit, meine Auf- merksamkeit durch die Akkerbauverhältnisse jener Gegenden gefesselt. Was ich darüber zu sagen hatte ist in meinem Reisewerke niedergelegt'); was ich in Nachstehendem mitzu- theilen gedenke findet in dem dort Gesagten seine wesentlichsten Vergleichsstützen. Von Bewunderung ergriffen hatte ich schon damals darüber zu berichten, dass in jenen nördlich vom 50-sten Breitengrade gelegenen, eisigkalten, bis heute nur spärlich kul- tivirten Gegenden des öden Sibiriens, und zwar gerade dort, wo der Weltstürmer Temu- tschin, als Tschingis-Khan, mit seinen unaufhaltsam überrennenden Reiter- schaaren zu Anfang des ХШ. Jahrhunderts hervorbrach, ganz Mittel-Asien und Ost- Europa überschwemmend, jegliche Kultur vernichtend, — dass gerade dort ich Landbau verfeinertester Art antraf. Die höchsten Probleme die sich die Hochkultur des Bodens in Europa zum Ziele gestellt, nach denen sie mühsam strebt, ohne ihnen wesentlich näher- gekommen zu sein, traf ich dort in einfachster Weise praktisch gelöst; gelöst durch unge- bildete Halbnomaden: die Felder wurden dort gewässert, die Wiesen gedüngt. 1) Sibirische Reise, Band IV, Th. 1, die Gewächse Sibiriens. Insbesondere pp. 715, 719, 721, 722, 743, 744 und XXXI, XXXII, XXXIV etc. des Anhanges IV. Mémoires de l'Acad. Imp. des sciences, VlIme Série. 1 О О mr КЕ роде а CT GE EX a a А а cé cn 2 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Waren das etwa (wie überschäumend-patriotische Artikel es gewollt) die wohlthätigen Folgen der Kultur welche im Gefolge der siegreich vorrükkenden Russen, die Grossthaten noch immer nur vereinzelter Vorkämpfer des Akkerbaues Grossbritannien’s bis au die Gränzen der Ostwüste getragen hatte? Wahrlich nicht. Noch bis heute vermissen wir mit Schmerzen Fortschritte dieser Art daheim, im europäischen Russland. Vielmehr wiesen die Buräten und die russischen Kolonen Transbaikaliens auf längst verschollene Zeiten zurükk, deren Spuren sie folgten, um längstverfallene Zuleiter, geringsten Theiles wieder in Stand zu setzen, welche im grauen Alterthume, die Gebirgshänge entlang, Wasser zu den Step- penfeldern geleitet hatten. Dichte Urwälder waren schon dem feuchteren Boden dieser zerfallenen, grösstentheils wohl auch in barbarischer Weise zerstörten, Werke entsprossen; zweihundertjährige Stämme hatten im unfruchtbaren Felsgrunde solcher Kanäle Wurzel gefasst. Man kannte, an Ort und Stelle, diese Spuren vorzeitlicher angestrengter Arbeiten unter dem treffenden Namen der «Mongolen-Kanäle». In der That trieben Dauren und Dutscheren, nicht nur am Mittel- sondern auch am Ober-Laufe des Amur schon Korn- bau, als die kühnen russischen Abentheurer zum ersten Male in jene Gegenden hinein- blikkten. Auch bis dorthin hatte sich also das gute Beispiel des «Reiches der Mitte» und des Fleisses seiner Bewohner, dieses. allem Anscheine nach ältesten Kulturvolkes unseres Erd- balls, geltend gemacht. Freilich waren das aber dennoch nur unbedeutende Splitter der grossen Volksmenge gewesen, die sich gesetzter Arbeitsamkeit friedlich befleissigten, wäh- rend die Masse der zahllosen Hirtenvölker es stets vorzog unstät zu nomadisiren, wie es die Väter gethan. Dann und wann zu gemeinsamen Unternehmungen aufgerührt, brachen sie als Horden hinaus, die Staatenbildung Europa’s, wie Asiens, erschütternd. Dem was ich damals, unter dem rauhen Himmel der Hochsteppe des 50-sten Breiten- grades, wie gesagt vor 35 Jahren beobachtet, liegt mir, im hohen Alter, nun ob, dasjenige hier nebenanzustellen, was mir vergönnt gewesen während des vorigen Frühsommers zu be- trachten, unter der brennenden Sonne des 40-sten Breitengrades, im kontinentalen, und dennoch reich gesegneten Ferghanä-Thale. Dort war es die Wiege Tschingis-Khans gewesen die ich besuchte; hier fand ich mich am Geburtsorte seines, im Zertrümmern jeglicher Kultur und Zivilisazion ebenbür- tigen Rivalen Timur, der fast noch schrekklicher hauste. Wie dort so auch hier, begegnen wir der beneidenswerthesten Hochkultur des Bodens; hier aber in grossartigstem Maasstabe und wohlerhalten. Wir überzeugen uns bei einiger Umschau bald davon, dass diese Zustände arbeits- und kunstvollen Akkerbaues in Ferg- hanä, nur eines der zahllosen Glieder einer gewaltigen Kette von ganz erstaunlichen Kul- turarbeiten ist, welche, die dürran Hochebenen Mittel-Asiens umrandend, sie rings um- zingeln '). 1) Vergl. Sib. Reise IV, 1, p. 722. . Bi). ПИ 7 EINLEITUNG. OROGEOGRAPHISCHE ÜEBERSICHT. 3 Selbstverständlich regt sich in uns nun sogleich die Frage: weshalb denn gerade im barba- rischen Asien und nicht auch bei uns in Europa das Alterthum so Staunenswerthes geleistet, und bis auf die Neuzeit vererbt? Das ehrwürdige Alter das jener Welttheil vor uns voraus hat, dürfte doch nur zu um so gründlicherer Erschöpfung der Bodenkräfte geführt haben. Auch die glühende Sonne des Orients, wenn sie der Urquell jener Hochkultur wäre, hätte die Bodenerschöpfung nur beschleunigen müssen. Tiefer in diesen Gegenstand uns versen- kend erkennen wir bald, dass es keineswegs die südliche, den üppigsten Wachsthum im Be- reiche des Kontinentalklima’s hervorzaubernde Sonne allein gewesen, welche die Südhälfte Mittel-Asiens, insbesondere aber Ferghanä zu hochberufener paradisischer Stätte des Landbaues erhoben. Um das zu leisten, musste eine ganze Reihe günstiger Bedingungen in glükklichster Weise zusammentreffen. Die tiefere Bedeutung dieser Bedingungen richtig zu erfassen, dürfen wir es nicht scheuen uns heimwärts zurükkzubegeben, um an dem uns näher Liegenden, Wohlbekannten, voran eine richtige Anlehnung zu gewinnen. Als Ausbund unerhörter Fruchtbarkeit, als Kornkammer Europa’s, ist die Schwarz- erde des europäischen Russlands sogar unter dem für westeuropäische Ohren und Zungen so barbarischen Originalnamen: «Tschernosem», allgemein berufen. In Ost wie in West sind zahlreiche Analysen derselben von den besten chemischen Laboratorien ausgeführt worden, ohne dass es jedoch gelungen wäre, dem Geheimnisse ihrer ausserordentlichen Fruchtbarkeit ganz entscheidend auf die Spur zu kommen. Es hat daher die Kais. Freie Oekonomische Gesellschaft zu St. Petersburg schon seit einigen Jahren eine fortlaufende Reihe genauer Untersuchungen dieser allerdings merkwürdigen Bodenart angeordnet; Un- tersuchungen welche noch immer weiter geführt werden. Hört man nun von der ungewöhnlichen Fruchtbarkeit Turkestans, so ist man geneigt, diese Fruchtbarkeit immer noch der vielberufenen Schwarzerde zuzuschreiben. Je weiter man aber, sei es von Sibirien südwärts, sei es von Orenburg ost- und südostwärts vorschrei- tet, desto seltener wird überhaupt die Dammerde; ja auf den flachen Steppen des Aralo- kaspischen Gebietes und seiner Stromthäler schwindet sie völlig: man betritt das Gebiet der nicht minder als die Schwarzerde, dem schauenden Auge karakteristisch sich darstel- lenden Gelberde, das Gebiet des über die Südhälfte des asiatischen Kontinentes ausge- breiteten, überall gleichartig bleibenden Lehmmergel-Bodens, des sogenannten Löss. Hier Gelb; dort Schwarz; hier nakkte feingepulverte lehmartig aussehende Mineralsubstanz, meist ohne eine Spur sichtbarer Dammerde; dort der immerhin bedeutende Sandgehalt, in das dunkle Schwarz organischer Substanz unsichtbar versenkt, so dass der Boden als fetteste schwarze Gartenerde erscheint. 1* 4 А. v. MIDDENDORFF, FERGHANA. An Fruchtbarkeit haben wir an diesen beiden Bodenarten zwei ebenbürtige Neben- buhler vor uns, die ihrem Ansehen, gleich wie ihrem übrigen Verhalten nach, so verschie- den erscheinen wie Tag und Nacht. Um diesen Gegensztz deutlich genug erläutern zu können, wollen wir zuerst diejenigen Ansichten hier zusammeufassen, welche sich in Bezug auf die Natur der Schwarzerde, so wie auf die Ursachen ihrer besonderen Fruchtbarkeit geltend gemacht haben. Allgemein wird anerkannt, dass die Schwarzerde nur dort auf ihrem ursprünglichen Bette lagert, wo sie, keineswegs in den Niederungen, sondern auf der Höhe der Steppen- ebene sich ausbreitet. Dort hat sie sich aus den vermoderten Resten unzähliger Generatio- nen von süssen Wiesengräsern und üppig wuchernden Kräutern, unter dem Einflusse eines nur mässige Feuchtigkeit bietenden, zu Zeiten sogar dürren Klima, und unter Theilnahme des zerfallenden Untergrundes, bis zu einer durchschnittlichen Mächtigkeit von 1 bis 2 Fuss herangebildet. Stets ist sie einer sehr vollkommenen Durchlüftung offen, nie durch stagnirende oder irgend überschüssige Nässe vom Sauerstoffe der Luft abgeschlossen ge- wesen. Immer wieder sich in situ zu grösseren und grösseren Vorräthen anhäufend, stellte die Schwarzerde ein Lager von Pflanzenleichen dar, welcher die, jeglichem üppigen Pflan- zenwachsthume nöthigen, Stoffe schon fertig vorgearbeitet — vorverdaut, möchte man sagen — darbietet. Indem nun die Einen (Iljenkov nebst Genossen) behaupten, diese vorläufige Verar- beitung habe ihren Sitz vorzüglich bemerkenswerth in den Mineralstoffen der Schwarzerde, glauben Andere (Grandeau nebst Anhang) dass vielmehr die eigenthümliche Beschaffen- heit der Humussubstanz ) in der Schwarzerde es ist, welche dem leichten Zerfallen dieser Erde zu frisch emporwachsenden Pflanzenbildungen Vorschub leistet. Beide Ansichten vereinigen sich also darin dass die Bestandtheile der Schwarzerde unter einander in so schwachem verwandschaftlichem Zusammenhange stehen sollen, dass sie gleichsam auf den geringsten Anstoss von Aussen harren, um auseinander zu gehen, und der Vegetationskraft zu den ihr beliebigen Neubildungen im vollsten Maasse zu Ge- bote zu stehen. Es scheint fast als sei die Veranlassung zur vorstehenden Ansicht hauptsächlich dadurch gegeben gewesen dass eben in der Anzahl und der Menge der Bestandtheile der Schwarz- erde trotz vielfältigster Bemühungen sich nichts Besonderes hat auffinden lassen. In der That bildet die an sich unfruchtbare Kieselerde die Hauptgrundlage, gleichsam das Skelett derselben, und zwar im Betrage von einer Hälfte bis °/, und mehr, der Gesammtmasse. An Kali und Phosphorsäure, diesen Hauptfaktoren, ist sie auch nicht besonders reich. Mithin lag es nahe in der Schwarzerde, gleich wie in den durch reichliche Düngung und muster- 1) Nach Salomanov: in engster Verbindung mit der | Schwarzerde darstellend, auf das Grandeau so viel Thonerde derselben, das schwarzfärbende Prinzip der | Nachdruck gelegt haben will. RT RD QUES MRC PA ER RE nn n 197 à и”. А % « у ХГУ? Е ER . у 5 N , GRUNG UND BODEN. SANDWÜSTE. 47 auch die vom Grossfürsten Nikolaj Konstantinowitsch auf seiner ersten Untersuchungs- Reise besichtigte Kara-Kum, kennen gelernt, kann ich nur gleichfalls bestätigen dass sie auf ONO weisende Wellenzeichnungen, welche das Wellen- spiel eingeprägt hatte. Eine alte stark mit Tamarisken bewachsene Barchan- reihe hatte die Richtung NW-SO, wies also auf NO- Wind, gleich wie auch verschiedene Zungen, welche wenn sie stark überweht waren auf der Oberwindseite (nicht Unterwindseite!) den Absturz zeigten, aus denen aber die Zweigspitzen von begrabenen Tamarisken hervor- schauten, hinter welchen die Zunge sich niedergeschlagen hatte. Ebenso verdankte eine frische Triebsanddüne ihre Entstehung dem NO. 5. Kamyschli-Basch. Auf dem Wege von Soppak hieher, gab es einige Flugsand-Hügel deren Wellen- zeichnungen entschieden auf NO-Wind deuteten, der aber wegen vorliegenden Höhenzügen, in niederen Lagen als NNO aufgetreten war. Immer deutlicher traten hie und da einzelne aus Salzlehm bestehende Hügelkerne zu Tage; auch zwischen ihnen erwiesen sich glatte Lehm-Tennen von den Winden reingefegt und an ihren Rändern fanden sich scharfkan- tige Kalksteinplättchen, nebst Geröllchen (z. В. Quarz) die offenbar von den umgebenden Höhenherabgeschwemmt waren. Solche Flächen des blosgelegten Salzlehmes, eben wie das Wasser, dienen, wenn durch Frost oder Dürre erhärtet als schönste natürliche Chaussée. 6. Golovskaja. Auch hier Gebilde des NO-Windes. Die alten benarbten Barchanrükken sind in Bezug auf ihren Entwikkelungsgang zu undeutlichen Massen ver- schmolzen. 7.Maili-Basch. Die alten benarbten Barchane nehmen die ganze Gegend ein. Die Wellenzeichnungen weisen gen ONO; doch ist es schwer zu ermitteln ob das nicht eine durch umstehende Dünen abgelenkte Wind- richtung gewesen. Somit hätten wir, den Ssyr aufwärts rükkend, die Kara- kum im Rükken. 8. Kara-Tugaj. Alles spricht für besonders zügel- loses Walten der Winde. Sei es dass ein mehr zerrisse- nerer Zustand des unterlagernden Salzlehmes die Ver- anlassung gewesen, sei es die unmittelbare Einwir- kung der Stürme, aber der Sand erscheint hier so aufge- wühlt als wäre er gepflügt. Die Wurzeln der Sträucher sind blosgelegt. Bänke des Salzlehmes scheinen aber auch durch Frühlingswasser ausgewaschen zu sein. 9. Chorchut. Die ganze Gegend hat das Ansehen einer Lösstenne die zeitweilig von Wasser bespült wird. Etwa als Abflüsse ferner Bewässerungen? Nirgends sind Barchane zu sehen, aber der Sand überweht die Fläche, ohne sich jedoch tiefer als У, Fuss anzuhäufen. Die Wellenlinien auf ihm wiesen die Windrichtung O-W. Sehr vegetationsleer und mit vielen bohnengrossen Roll- steinchen wie gepflastert; ich fand unter ihnen Quarz, Granit, Jaspis, Kalkstein. Nur ganz vereinzelt ist nach langem Suchen ein Сего! von 2" Durchmesser zu finden. Indessen fand ich doch einen Irrgast der ganz mit Flech- ten überwachsen war und 4” Länge bei 2” Breite mass. 10. Fort № II. An 15 Werst zuvor, d.i. nach Kasa- linsk zu, steht das zerstörte Fort Kastek. Hier sah ich zum ersten und einzigen Male den Hügel bis hoch hinauf mit rothem Sande bedekkt, der die Benennung Kisyl- Kum (rother Sand) rechtfertigen würde, welche die Wüste auf dem gegenüber liegenden linken Ufer des Ssyr trägt. 11. Birjubaj. Ueberall benarbte, alte Barchane; nur hie und da mit Flugsand bedekkt, dessen Wellenlinien auf NO-Wind hinweisen. Der Salzlehm der die Unterlage bildet ist stark aus- gewaschen, so dass die Gegend von Erhabenheiten erfüllt ist, welche bis 3’ Höhe erreichen, und von der Grösse kleiner Hümpel die nur ein paar Fuss im Durchmesser halten, bis zu solchen von 20’—50’ wechseln. An diese Unebenheiten des Bodens lagert sich der Sand ab. Die Pfahlwurzeln der Tamarisken sind durch Abschwemmung häufig blosgelegt, so dass es das Ansehen gewinnt als wuchere dieser Strauch auch stämmig. 12. Ber-Kosan. Die Richtung der Barchane ist hier unentwirrbar. Die meisten Züge schienen vorwaltend N-S zu stehen, doch stiess ich auch auf einen W-O gerichte- ten Kamm. 13. Tar-Tugaj. Hier ritt ich an 4 Werst voraus, wo ein Kranz von alten, aber theilweise auch mit Triebsand bedekkten Dünen steil gegen ein ebenes Thal abfällt, in welchem zahlreiche Kirgisenzelte aufgeschlagen waren. Die alten Barchane waren mit Tamarisken-Büschen hie und da bewachsen, welche bis Manneshöhe erreich- ten. Diese Dünenreihen dehnten sich in der Richtung ММО (328°, 330°, 3389), aber es kam wieder einer vor der sich in WNW-Richtung erstrekkte. Die Wellenzeichnungen erweisen sich als gar nicht mehr maassgebend, sondern drehen sich, auf wirbelnde abgelenkte Winde weisend nach allen Richtungen, indem sie von NNW-Wind an bis auf SW-Wind hinweisen. Zu scharfen Kämmen gestaltete sich der Flugsand selten, dagegen erhob er sich zu gewellten Kammlinien und zu Hügelspitzen. 14. Dshulek. Hier umgeben nun gar die alten Bar- chane, in kreisförmiger Stellung ringsum, kleinere oder grössere Flächen der Salzsteppe. Eine herrschende 48 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANÄ. benarbt und unvergleichlich weniger wüst sind als man sich das bisher vorstellte, so dass allerdings die Durchführung einer Eisenbahn durch dieselben nicht so gar schwierig, ge- schweige denn unmöglich wäre. Konnte doch Schuyler (Turkestan, I, p, 26) sich nicht genug darüber wundern in welch’ verschiedenen Farben die Stengel der entblätterten Kräuter und Sträucher in der Kara-Kum prangten. Bevor wir nun von den Sandwüsten Abschied nehmen, versuchen wir es eine Ueber- schau zu gewinnen. Barbot de Marny legte darauf Nachdrukk, dass man die mittelasiatischen Barchäne nicht mit den Dünen verwechseln dürfe. Diese seien zu Wällen zusammengewehte Strand- bildungen, während sich die Barchane überall bilden wo sandiger Boden der Einwirkung von Winden offen liegt, und das sei im Aral-kaspischen Bekken der Fall, da sich dort keine Dammerdebilde. Alenizin, sein Reisegefährte, ist hiergegen wiederholt aufgetreten, indem, nach ihm, alle diese Sandmassen Dünensand seien, der wenn nicht an jetzigen Meeresufern, so doch an solchen der Vorzeit stehe. Ich für meinen Theil möchte Beiden einerseits Recht und andrerseits Unrecht geben. Barbot de Marny hat sicherlich darin Recht dass wir die eigentlichen Dünen, von den Barchane Innerasiens unterscheiden müssen, welche, sie mögen nun ursprünglich ent- standen sein wie es Jedem vorauszusetzen beliebt, in der Gegenwart einen anderen Karakter an sich tragen, und unter anderen Verhältnissen bestehen '). Windrichtung lässt sich dieser Stellung nicht entnehmen. 15. Mescheuli. Hinter der Station steht eine Reihe benarbter Barchane welche mit Sakssaul, Tamarisken, Turangyn (eine Pappelart) Hippophae etc. bewachsen sind. Es scheint also dass auch hier ein Salzlehm - Kern dem Barchan als Grundlage dient. Die Barchan - Hügel umgeben die Station im Halbkreise, und rükken dem An- scheine nach auf die Station los; vielleicht in Folge der starken Abholzung. Indessen ist die Masse des Flug- sandes sehr gering und steht nicht mit Sandvorräthen aus nördlicher Richtung im Zusammenhange, denn gegen N beginnt endlose Salzsteppe in deren fernstem Hinter- grunde ein Umriss des Kara-Tau-Gebirges sich anzu- deuten scheint. Die benarbten Barchane umschliessen Kessel, oder fassen auch Längsthäler zwischen sich. Die Wellenlinien wiesen sehr regelmässig auf NO- Winde hin. Die Zungenfortsätze der Hügel fassten bald einen Winkel von 900, bald aber auch einen bedeutend spitzeren Winkel zwischen sich, verliefen auch wohl gar parallel. Es schienen hier Flugsand-Hügel (Dünentypen) von 20—30’ Höhe verschiedentlich zusammengeflossen zu sein. Die Unterwindabstürze sehr ausgeprägt. 16. Jany-Kurgan. In der Richtung OSO von der Station waren im Halbkreise, so weit nur das Auge reichte Barchane zu sehen; der Weg führte jedoch durch eine mit nur ganz unbedeutenden Sandhügelchen belegte Salzwüste, welche mit Sand ganz oberflächlich bestreut und bei Bewässerung vollkommen kulturfähig erschien. 17. Ak-kum. Gar keine Sandhügel mehr. Nur Löss und Lösszüge und höchstens wirdin die hohl eingefah- rene Wegespur so viel Sand hineingeweht, dass er, im Vereine mit dem zu Staub zermalmten Löss den Weg et- was erschwert. 18. Tasch-Ssuat. Die letzten 3 Werst bis hierher standen benarbte Barchanzüge an, doch unbedeutend und meist als isolirte Höhen dastehend. Diese Züge schienen in ONO-Richtung sich zu erstrekken, und mochten wohl durch WSW-Winde gestaltet worden sein. Die Wellen- zeichnungen wiesen auf ONO-Winde. 1) Trotz seiner Auflehnung unterscheidet Alenizin selbst an den Ufern des Aral den Gürtel der neuen oder Tamarisken-Barchane von demjenigen der alten oder eigentlicheu Barchane welche auf der Hoch- steppe der Tertiar-Terrasse auflagern. Erstere möchte er lieber Dünen nennen, und somit erklärt er ja selbst seine Auflehnung als ungerechtfertigt, zumal er später hinzu- fügt: «die Dünen des Jetztmeeres». In Bezug auf das Alter dieser verschiedenen Sandge- bilde widerspricht Alenizin sich selbst, in einer und НЫ ВИ LL GRUND UND BODEN. SANDWÜSTE. 49 Die Dünen sind Strandbildungen und deshalb, so wie wegen des einseitig obwaltenden Windes von der Seeseite her, lagert sich der von den Meereswellen angespülte und ge- schlämmte Sand in — dem Strande mehr oder weniger parallelen — Reihen, Wällen, Zügen, Ketten, an, welche ohne Ausnahme landeinwärts vorzurükken streben. Gewöhnlich reihen sich mehr als eine Kette hinter einander auf, daher die für die Praxis der Sandbezwingung so wichtige Unterscheidung in die dem Meere zunächst belegenen Vor-, die Mittel- oder Haupt- und die Binnen-Düne; wobei also die heilige Dreizahl als die vorwaltende Form angenommen wird. Bei einer grösseren Anzahl von Parallelketten wird sich die Wissen- schaft leicht mit der Feststellung mehrer Mittel-Dünen helfen können. Bekanntlich erreicht an den Orten grösster Entwikkelung solch’ ein, aus vielen hinter einander liegenden Zügen bestehender Dünen-Gürtel, eine Breite von 5 Meilen. Mehr oder weniger breite Thäler, ich möchte sagen Anlauf-Flächen für den Wind der durch die seewärts anstehende Düne gebrochen wurde, und Kräfte wie Richtung sammeln muss, um im folgenden Anlaufe die folgende Dühnenreihe zusammenfegen zu können, trennen die Dünenketten unter einander. Sie werden Kehlen genannt. Der Abstand dieser Ketten darf aber dieselben, als ein gemeinsames Ganzes, nicht auseinanderreissen. Lesen wir dass in Europa hie und da eine Düne im Innern des Landes, auf 4 bis 5 Meilen Entfernung von der Düne der Gegenwart absteht, so dürfen wir eine solche nicht mehr Binnen-Düne nennen, wie es gewöhnlich geschieht, sondern ich würde vorschlagen die Bezeichnung Innland-Düne zu wählen. Diese gehört nicht mehr der Jetztzeit, sondern der Vorzeit an, indem sie entweder Zeugniss von weiter Fortwanderung des Sandes, oder aber von Hebung des Landes und erfolgtem Rükkzuge des Meeres von der früheren Uferlinie, ablegen. Aechte Dünen hat offenbar Alenizin selbst am Aral-See beobachtet, bald sehr schmal und nur einige Dutzend Faden breit, bald mehre Werst breit. Ganz ausgesprochen sind sie auf den Inseln des Aral da wo Alenizin sie als ringförmig beschreibt. Ringförmig sind sie als ächte Strandbildungen, nämlich dem Strande parallel, dem allseitig zuströmenden Seewinde ihr Bestehen verdankend. Das sind Gebilde der Jetztzeit gleich denen Europa’s. Anders stellen sich, wie uns die oben angedeuteten Schilderungen lehren, die Innland- Dünen Mittelasiens — die Barchane — im Grossen und Ganzen dar. Sind in Europa die Dünen grauer Vorzeit durch Wald, so wie durch kultivirte Felder derart verhüllt, dass sie unkenntlich geworden, stehen die europäischen Wander-Dünen der Jetztzeit, als vor dem Winde treibende Gebilde von gestern und heute, oft unmittelbar auf notorisch uraltem derselben Abhandlung (Труды Арал.-Касп. ken. | hingegen sei eine Uferbildung des Meeres, in dessen вып. Ш, годы 1876) auf Seite 1 und 33 vollkommen. Auf | Tiefen sich der Thon ablagerte, auf dem der Barchan- Seite 1 lässt er die (jüngste) Düne dem jüngsten Salz- | Sand ruht. Wodurch unterscheidet sich denn dieser Thon lehme aufliegen; den Sand der alten Barchane aber | von demjenigen der Salzthone welche neuester Bildung der Tertiär-Terrasse der Hochsteppe. sein sollen und laut Seite 1 dem jüngsten Dünen-Sande Auf Seite 33 dagegen sagt er dass der Sand des Dünen- | anliegen und ihn uuterlagern? Gürtels eine Tertiär-Ablagerung ist; der Barchan-Sand Mémoires de l'Acad. imp. des sciences, VlIme Série. 7 50 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANÀ. Grunde längstvergangener Erdperioden, so erscheint das in Mittel-Asien ganz anders. Dort haben die Barchane das Ansehen von Höhenbildungen deren Thätigkeit schon längst erlahmt ist, gleichsam als müsste man sie längst erloschenen Vulkanen an die Seite stellen. Ihre Dünenthätigkeit hat aufgehört, sie sind Reste einer Vorzeit; ihr Sand ist gefestigt, benarbt. Zwar sind es nur niedere Gräser, Kräuter und Sträucher welche den Sand binden, doch springt sogleich in die Augen dass nur das dürre Klima die Schuld daran trägt wenn weder eine Dammerde-Krume noch Urwälder hier stehen. Diesen Eindrukk macht wenigstens die allerdings wohl etwas bevorzugte Kara-Kum, von welcher der Grossfürst mit vollem Rechte sagt, dass sie in ihrer Gesammt-Masse «fest und unbeweglich stehe»!). Damit ist also ein entschiedener Gegensatz zu unseren Wander- Dünen geboten. Alt und abgelebt erscheinen die Barchane; im Gegensatze zu ihnen aber um so jünger die Grundlagen auf denen sie stehen. Diese endlos ebenen Salzwüsten und Salzsteppen tragen überall den Karakter des Unfertigen zur Schau: sie scheinen in der Umwandlung begriffen. Die salzigen Dümpel, die Lachen und Seen des Frühjahrs, als die offenbaren Reste eines vorzeitlichen Meeres, sehen wir bei steigender Sommerwärme salzbildend vor unseren Augen versiegen. Wie am Meeresstrande arbeiten wir uns mitten im Kontinente durch ge- fährlichen Salzschlamm durch, waten über zähe Thonflächen fort. Der Boden hat noch nicht Zeit gefunden durch die atmosphärischen Niederschläge sich auslaugen zu lassen. Mit berechtigter Verwunderung sieht der Reisende die abgestorbenen Barchane auf scheinbar so jugendlichem Boden gelagert, der aber freilich schon vor Jahrhunderten dieselben No- maden trug wie heute. Dieser Aehnlichkeit mit einem erst jüngst verlassenen Meeresboden haben wir es denn auch zuzuschreiben dass von Allen unbeanstandet die «Humboldt-Strasse» welche einst das Eismeer mit der Aralkaspischen Erdsenkung, gar auch mit dem Pontus und mit dem Mittel- meere verbinden mochte, zugestanden wird, obgleich das eine Hypothese ist, zu welcher noch kein einziger Fund einer Meeresmuschel berechtigt, die doch unter den Strekken fortwandernden Sandes zum Vorschein kommen müsste. Ja es ist schon vom «Turanischen Meere» die Rede, das einst bis über den Balchasch hinaus, am Fusse der mittelasiatischen Gebirgshebungen brandete. Stand dort nicht vielmehr ein weit nach Südsibirien hineinra- sendes theilweise brakisches Süsswasserbekken? Ein Tschany, wie ich ihn in der Barabà beschrieb, im Grossen. Sicher wissen wir nur dass parallel verlaufende Rinnen des Erd- 1) Innerhalb derselben wird aber die südöstliche Diese alten Barchane dürften am meisten den soge- Brenn-Kum-Wüste als ganz vegetationsleer ge- | nannten «Grauen Dünen» Europa’s entsprechen, welche schildert. aber durch eigene Arten, durch Calluna vulgaris, Em- 2) Die Aussagen der Kirgisen, die unüberwehten | petrum nigrum, und ausser dieser Hauptdekke durch Grabmäler und Brunnen derselben, dürfen wir als voll- | Aira canescens, Rumex acetosella und verschiedene Mose ‚gültige Beweise ihrer Unbeweglichkeit entgegennehmen, | benarbt sind, GRUND UND BODEN. SANDWÜSTE. 51 reiches in der Barabà mit ihrer Richtung auf den Aral hinweisen und dort das Wasser des Aral-See’s auch jetzt noch zurükkweicht. So mächtig ergreift alle Welt der Eindrukk grosser Jugendlichkeit des Bodens, der, so möchte man sagen, scheinbar kaum Zeit genug gefunden um hinter seinen Ohren trokken zu werden. Um so grösser muss auch der Kontrast sein, den die auf ihm stehenden abge- lebten Barchane darbieten. Bei alledem gehen diesem Boden der Aralkaspischen Steppen jegliche neuere Tertiär- bildungen ab und es erheben sich berechtigte Stimmen gegen den früheren Zusammen- hang des Aralkaspischen Bekkens mit dem Eismeere. Eocene und miocene Schichten lagern am Ostufer des Kaspi, sowie am Süd-Ural und Ablagerungen der Sarmatischen Stufe scheinen weit in das jetzige Aralkaspische Bekken hineingeragt zu haben. ') Nur die in Zukunft zu ermittelnden, so wie genau aufzunehmenden Dünenketten und Uferstufen werden uns nachweisen können, wie wir uns die Entstehung der Barchane zu denken haben, und ob sie, landeinwärts stehend, dennoch einst als ächte Meeresdünen ihren Ursprung nahmen. Bei dem Nachspüren nach der Herkunft des Sandes der Barchane (p. 37) haben wir aber noch zwei Rükksichten in das Auge zu fassen. Auch in Europa wird ein grosser Antheil an dem Dünensande durch die über alles Festland fort in Thätigkeit befindlichen fliessenden Gewässer hervorgearbeitet, gesichtet, den Flüssen übergeben und durch diese dem Meere zugeführt. Dieses netzartig ausgebreitete Feld der Thätigkeit ist ein unvergleichlich grösseres als die einfache Strandlinie des Meeres an der es schliesslich zur Eruption der Dünenbildungen kommt. Dieses Feld der Thätigkeit befindet sich aber in Mittelasien in ganz besonderer Wirksamkeit, weil der Wechsel zwichen plötzlicher Ueberstürzung mit Wasser und darauf folgender wasserloser Dürre seines Gleichen sucht, und die gesammte Gegend so eben ist dass die ungezügelten Stürme mit dem ausge- dörrten Sande ungehindert ihr Spiel treiben können. Mögen nun auch zur Zeit der Entstehung der Barchane die Feuchtigkeitsverhältnisse jener Gegenden andere gewesen sein, so lässt sich doch nicht leugnen dass im Laufe der Zeit viele Barchane ohne Zuthun von Strandlinien sich zusammengesammelt haben mögen. Eine andere Frage die sich nun meldet ist: stehen wohl die Barchane jetzt noch an den Stellen ihrer ursprünglichen Bildung? Alenizin meint: sie dürften jedenfalls nicht bedeutend ihren Platz verändert haben. Es bleibt fraglich ob dem so ist. Obgleich wir uns oben für das Feststehen der Barchane ausgesprochen, so galt das doch nur für den gegenwärtigen Zustand; was früher, bevor der Sand benarbte, geschehen sein mag ist etwas ganz Anderes. Wir müssen auf diesen Gegen- 1) Vergleiche Е. Schmidt, in der Zeitschrift der | physiques et chim. de l’Acad. а. St. Pétersb. 1880, Deutschen (reologischen Gesellschaft, XXIX, Hft. 4, | р. 109. 1877, р. 836 u. Ц. у. Helmersen, in den Mélanges 52 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. stand zurükkommen damit unser oben abgegebener Entscheid: dass die Verschüttungen durch Dünen in Ferghanä nicht gefährlich seien, nicht missverstanden werde. Dass der Dünensand, dass die Dünen das Vermögen besitzen zu wandern, das zu be- streiten hat uns nicht in den Sinn kommen können, da uns die zahlreichen Beispiele gegen- wärtig sind die Europa kennt: von begrabenen Dörfern mit ihren schliesslich verschwundenen Kirchthurmspitzen, von grossen verschütteten Waldungen u. d.m., von denen manche wieder auftauchten nachdem die Düne über sie weggewandert war. Auch haben wir auf Seite 38, Anm. 1, Beispiele davon angeführt, in welch’ grösserem Maasstabe dasselbe aus Mittelasien schon bekannt ist. Da die ächten Dünen, als Strandbildungen, ihren Förderer, den Seewind verlieren, so bald sie sich, zumal auf unebenem und waldbedekktem Boden, weit von der Strandlinie entfernen, so erlahmen sie in Europa bald. Das ist mit den Barchanen anders: sie stehen unter der Gewalt herrschender Winde denen die grossen Vorgänge im Luftmeere das den Erdball umkreist, ihre Gesetze vorschreiben. Den demzufolge herrschenden Winden setzt in der flachen Wüste nichts einen Damm entgegen. Statt zu ermatten, wächst die Gewalt dieser Stürme immer unwiderstehlicher an, je weiter sie reichen. Ob nun die unthätig gewordenen Barchane häufig deutliche Sandketten, gleich den Dünen darstellen, ist mir nicht bekannt. Dort wo ich sie in der Kara-Kum betrachtet war das Bild ein verworrenes, und wollte sich nicht recht in bestimmte Kompassrichtungen fügen. Dasselbe berichtet der Grossfürst, unregelmässig aufgeschichteter Massen erwähnend; da derselbe jedoch zugleich von zwischenliegenden Thälern') berichtet welche NW-Richtung einhielten, so kann ich an Ketten die dort in derselben Richtung verlaufen um so weniger zweifeln, als das mit meinen auf NO-Wind weisenden Kompassrichtungen der Wellenzeich- nungen vollkommen zusammentrifft. Sehen wir jetzt die Angaben meines Tagebuches (aufSeite 46,47, Anmerk.) nochmals durch, so finden wir allerdings einige auf wallartige Reihen hinweisende Richtungsangaben. Alle meine Beobachtungen weisen ganz übereinstimmend stets auf denselben NO-Wind hin, der unfraglich während des Frühjahrs und Sommers in der Kara-Kum und am Ssyr der herrschende sein ımuss?). Auch das stimmt zu den Angaben des Grossfürsten, dass die Kara-Kum in ihren nordöstlichen und südöstlichen Theilen weniger versandet, und sich auch bewachsener zeigt je weiter man nach Nordosten in ihr vordringt. Demnach dürfen wir wohl annehmen dass auch in der Vorzeit der NO-Wind in den Steppen der Niederung des Ssary-ssu vorgeherrscht, und dass von dort her, unter dem Einflusse desselben NO, die Sandmassen zur Zeit der Thätigkeit derselben, südwestwärts gegen die Nordwestküste des Aralsees zusammengehäuft worden. Auch aller Sand auf dem 1) Kunguljuk der Kirgisen. flusse des NO-Windes gegen SW wandernd. Es hat also 2) Im Meridiane der Stadt Buchara, mitten in der | den Anschein als bildeten die südlich von Tamdy im Kisyl-Kum- Wüste, in der Gegend von Tamdy, traf | Zwischenstromlande sich erhebenden Bergzüge eine Wind- Choroschchin (Сборникъ статей, 1876, стр. 114, 116) | scheide. die Sandmassen in unzweifelhafter Weise unter dem Ein- | GRUND UND BODEN. SANDWÜSTE. 58 rechten Ufer des Ssyr, in so weit er nicht an Ort und Stelle ausgewaschen worden, seheint von МО hergekommen zu sein. Nicht einmal dort wo der Strom sich schon in den Schutz des Kara-tau-Gebirges begeben, scheinen die Sandmassen des rechten Ufers etwas mit denen der in Sicht stehenden Kisyl-kum-Steppe des linken Ufers gemein zu haben. Auch in О und in S vom Aralsee häufen sich die grössten Sandmassen, jedoch scheint hier eine Windscheide Platz zu greifen; der zweite, ausser dem NO von den Seeleuten des Aral als herrschend hezeichnete Wind, der SW, scheint — ungeachtet der Beobachtungen in Nukuss — aufwärts am Amu, wenn auch in abgelenkter Richtung die Herrschaft zu ge- winnen. Wenigstens in Betreff der Kraftäusserung muss das der Fall sein, da Buchara durch Sandmassen bedroht ist, die von NW nach SO vorschreiten '). Nicht so wie in Europa wo überall nur in einer Richtung von W nach О vorschreitend, der Dünensand unter dem Einflusse der ozeanischen Winde die Kulturlandschaften überschüttet, geht es im Innern Asiens zu. Wir dürfen uns der Ueberzeugung nicht verschliessen dass sogar im Bereiche der Zwillings-Ströme die Sandmassen in sehr verschiedenen Richtungen vorschreiten. Wenn in Ferghanä sie sich gegen ММО richten ?), so schreiten sie dagegen am Amu in fast dia- metral entgegengesetzter Richtung, nach SO vor?). Unter rechtem Winkel wandert dagegen der Sand am unteren Ssyr, am Aral-See, und auch am mittleren Ssyr; nämlich gen SW. Es bleibt zukünftigen Beobachtungen die Entscheidung darüber überlassen, ob die Wanderrichtung des Sandes in der Vorzeit, mit derjenigen der Jetztzeit dieselbe Richtung einhielt. Das Material zu den noch gegenwärtig thätigen Sandwehen wird theils noch vor unseren Augen aus dem Boden hervorgewaschen, theils unthätig gewordenen Barchanen der Vorzeit entnommen, wenn deren benarbte Oberfläche durch Menschen, Vieh oder Stürme von Neuem eröffnet wird; theils mag es wohl gar schon Jahrtausenden umherirren und ist noch gar nicht zur Ruhe gekommen. | Es lehren uns nämlich die kreisförmig um eine zentrale Fläche zusammenschliessenden Barchane‘), dass es viele Oertlichkeiten geben mag in denen der Sand unter dem Einflusse von Winden steht die, wenn nicht zyklonenartig, so doch im Laufe des Jahresrundes aus den verschiedensten Richtungen blasen und sich in ihrer Thätigkeit schliesslich so ziemlich 1) Diese Wirkung scheint sich auch in SO von Bu- chara in derselben Richtung fortzusetzen, da zwischen Karschi und dem Amu die Dünenreihen senkrecht auf die Richtung des Stromlaufes stehen sollen (Маевъ, мат. д. стат. Турк. V, стр. 113 и пр.) Derselbe Wind bringt auch nach Taschkent den Sand- staub. Vergl. Teich in Турк. БЪд. 1879 № 95. 2) Dasselbe scheint sich im Balchasch - Gebiete zu wiederholen, wo die Stadt Semipalatinsk belästigt, wenn nicht bedroht ist. Ssewertzov (Турк. Bb. 1878, №3, стр. 30) sah in Ferghanà zwischen Machram und Kokan den Staubwind als SW einsetzen, dann zy- klonenartig wirbeln, dabei zuerst von SW, dann von W her vorrükkend. 3) Vergl. auf Seite 38, Anm. 1, die Angaben über die Verschüttung Buchara’s. 4) Vergl. S. 47, Anm. № 14. 54 А. У. MIDDENDORFF, FERGHANA. das Gleichgewicht halten. Wissen wir doch dass in Asien sei es am Taimyr, sei es auf den turanischen Steppenflächen, sei es auf den Pamir, diametral entgegengesetzte Winde heftigster Art sich ablösen. — Unter solchen Verhältnissen findet es statt, dass noch jetzt in voller Thätigkeit begriffene Barchantypen, seit undenklichen Zeiten an einer und derselben Stelle ihr Spiel treiben, ihre Front immer wieder umstellend und während der Uebergangszustände solcher Umbildung, sogar ihre typische Form verläugnend. Dann aber mögen solche Un- regelmässigkeiten der Form ihre grösste Höhe erreichen, wenn, wie es in dem eingeengten Ferghanä-Thale der Fall ist, anhaltenden, aber mässigeren, herrschenden Windrichtungen, urplötzlich aus den Gebirgs-Schluchten hervorbrechende Stösse entgegenarbeiten, Alles um- werfend. Hier dürften sie noch stärker wüthen als der Steppensturm. Es ist unmöglich vorwärtszuschreiten; nicht nur die Augen muss man schliessen, sondern von scharfem Kies, ja, man möchte sagen von kleinen Steinchen wird man auf das empfindlichste angehagelt. Schliesslich muss ich noch auf einen Umstand aufmerksam machen, der leicht über- sehen wird: es genügt nicht den herrschenden Hauptwind durch Zählung aus den meteoro- logischen Beobachtungs-Registern ermitteln zu wollen. Oft wirkt der herrschende Hauptwind am wenigsten auf die Sandbewegung. So lange der Sand durch Niederschläge, oder in Folge derselben, wie z. B. zur Zeit der Schneewasser bakkt, hat er vom stärksten Sturme nichts zu fürchten. Höher als 30° über ihrer Unterlage habe ich die Barchantypen nicht gesehen. Es scheint also die Wucht des Windes in dieser Höhe zu unwiderstehlich zu sein und den höher emporgetriebenen Sand sogleich wieder fortzuwehen. So bei vereinzelt auf der Fläche stehenden Hügeln. Grosse Sandmassen, welche an sich den Wind hemmen, werden in den Barchanen, eben so in den Dünen, seien sie nun thätige oder unthätige, bis auf wohl 300° Höhe, über der Fläche, gehäuft angetroffen !). In solchen bedeutenderen Höhen scheint jedoch wiederum der Wind den Sandmassen keine Ruhe mehr zu gönnen, da man auf den Gipfeln so hoher vernarbter, also unthätiger Barchane häufig thätige Barchantypen sich hervorarbeiten sieht. Mit Umlagerung ihrer Sandtheile spielen die Stürme so lange fort, bis dieselben in den Schutz der Barchanthäler 1) Es wäre erwünscht zu erfahren welche praktisch bedeutsame Nebenumstände die Kirgisen dazu geführt haben kleinere Sandhügel unter dem Namen Tschagul, von höheren, Orgulzu unterscheiden. Sind die ersteren vielleicht die Dünentypen? Was bedeutet aber dann das Wort: Urmes? Dagegen spricht auch dass der Flugsand unter dem Namen Basch-pak-Kum (nach Fedtschenko: Bat-kak- kum) vom festliegenden Sande, Kyngyr-kum, unter- schieden wird. Die Feststellung der kirgisischen Terminologie ist unzertrennlich von einer genaueren wissenschaftlichen Karakteristik der Steppe. Nach dieser Seite stehen noch viele Fragen offen. Bedeutet Takyr überhaupt jede Salzwüste, oder jede im Frühjahr nasse glatte, thonige Lehmfläche, welche, wenn ausgetrokknet und erhärtet Kak genannt wird? Beziehen sich die Ausdrükke Tatyr, Tschabyr und Flej vorzugsweise auf die Bodenbeschaffenheit, oder hauptsächlich auf die Vegetazion? so dass der erste auf Salzkräuter, der zweite auf Absinthien und andere nie- dere Strauchpflanzen, der dritte auf Saxaul hindentet? ‚ Der Naturforscher hätte noch Vieles vom Kirgisen zu lernen. Le ERP GRUND UND BODEN. SANDWÜSTE. 55 hinabsinken, und dort zur Ruhe kommen. Dergestalt wird das luftige Barchan-Gebirge ebener und ebener. Wo es aber auch sei, auf der Höhe oder auf der Fläche, der so arg verrufene Sand Mittelasiens scheint nirgends ungangbar zu werden. Die Karawanenwege die sich, wo es irgend gehen will, gern ausbreiten, ziehen sich allerdings im Sande zu Fusspfaden zusammen, nichtsdestoweniger sinkt das Pferd unter dem Reiter selten über das Fesselgelenk in den Sand hinein. Sogar das Vordringen unserer Kanonen ist, wenn gleich durch den Sand bis auf das Aeusserste erschwert, keineswegs zurükkgehalten worden. Den inmitten der europäischen Dünen so sehr gefürchteten Triebsand, in dem Weide- vieh, Mann und Ross unrettbar eingesogen werden können, habe ich nirgends bemerkt. Dazu gehört freilich viel Wasser, und wie mir scheint auch Wasserdrukk; wohl gar Unter- spülung. Sogar die schlimmen Versumpfungen zu denen das Verdämmen des Wasserabflusses durch die Dünen Europa’s die Veranlassung bietet, fehlen. in Mittelasien. Zu Nutz und Frommen Derjenigen denen in Ferghanä obliegen wird, der schädlichen Wirkung des Sandtreibens entgegenzuarbeiten, habe ich in Vorstehendem die Gesichtspunkte herauszuheben gesucht, unter denen der an Ort und Stelle mit Musse Beobachtende die Sandwehen aufzufassen haben wird. Ich kann mich der geistreichen Auffassung Richthofens nicht hingeben, der in den Bewässerungen die Ursache des Ueberhandnehmens des Sandes sieht. Er sagt'): «denn je grösser die Ertragsfähigkeit des Bodens in den Oasen ist, desto «öder wird derselbe, wenn man den Flüssen abwärts folgt. Einst vermochten diese ihre «Gewässer weit hinabzuführen und einen Theil derselben zur Speisung der centralen Seen «zu verwenden. Jetzt wird der Verdunstung (durch die Berieselungen) eine grössere Fläche «geboten, und dem porösen Boden reichlichere Gelegenheit gegeben, das Wasser aufzusaugen. «Die geringe spontane Productivität der Steppe wird dadurch gewissermaassen in zwei Factore «zerlegt, welche annähernd dieselbe Summe geben wie früher, in grosse Fruchtbarkeit auf «der einen und absolute Sterilität auf der andern Seite. ... Den besten Beweis dafür gibt «das Schikksal der Vernichtung, dem so viele blühende Oasen früherer Zeit unterlegen «sind... der fliegende Sand tritt an die Stelle des Lössbodens; ... dringt gegen «die Oasen vor die seine Entstehung beförderten und er wandert fort, bis er sie ver- «schlingt.» Ich sehe, im vollkommenen Gegensatze zu Richthofen, gerade in der Mög- lichkeit des Wässerns ein Hauptmittel den Flugsand zu bändigen, das Europa abgeht. Dass der Sand überhand nimmt ist nicht die unumgängliche Folge der Bewässerungen, sondern des sinnlosen Treibens, des sinnlosen Ausrottens der Vegetazion mit Stumpf und Stiel, von dem wir (р. 45} berichtet. Wir haben Mittel genug der Verödung zu steuern und gg { 1) a. а..0. р. 124. 56 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. sind verpflichtet es zu thun, sind verpflichtet zeitig einzugreifen. Sonst möchte es freilich bald zu spät sein. Zum Schlusse sei noch das Wichtigste hervorgehoben was Denjenigen als Halt dienen könnte denen es obliegen wird den Verwüstungen durch Sandwehen in Ferghanä zu steuern. Denken wir uns den Flugsand der Natur überlassen. Was geschieht? Ueberall, wo es auch sei, hat die Natur selbst ihn eingegränzt, benarbt, ja mit mächtigen Waldungen be- dekkt. Mit Hilfe der Vegetazion allein hat die Natur den Flugsand überall zu binden ver- sucht: sei es nun im Laufe eines Jahrzehntes nach seinem Hervortauchen, sei es dass dazu ein Jahrhundert nöthig war, bei erschwerten Verhältnissen. Jedenfalls festigt die Natur den Sand, dagegen der Mensch mit seinem Treiben ihn entfesselt. Voran kommt esalso daraufan, zu verhindern dass die natürliche Vege- tazion der Barchane nicht verunglimpft, geschweige denn vernichtet werde. Es bedarf nicht vieler Worte um eindringlich davon zu überzeugen was aus einer Weide auf Sandboden werden muss wenn ausser den Heerden vieler Tausende von Antilopen und Wildeseln, ausser den Pferden, dem Hornvieh und den Kamelen, noch Tausende und aber Tausende von Schaafen der Kirgisen mit ihren spitzen Schnauzen und Klauen die spärliche Schneedekke durchbrechend, den letzten Rest jeglichen Krautes bis auf die Wurzel herausstechen. Man vergesse nicht dass es sich um Millionen von Mäulern handelt welche laut statistischen Nachrichten die Kirgisen-Steppen beweiden. Die natürliche Wechselwirthschaft der die Nomaden obliegen, indem sie keineswegs willkürlich sondern in regelmässigem Turnus von einer Weide zur andern ziehen, hat offenbar bisher zur Erhaltung der Narbe auf den Barchanen wohlthuend mitgewirkt. Die auf dem rechten Ufer des Ssyr winternden Kirgisen rükken mit ihren Heerden zum Sommer 8 bis 10 Breitengrade nordwärts. Die Pflanzenwelt vermag sich unterdessen zu erholen. Was aber solch’ ein Winter zu bedeuten hat wurde mir zu Anfang Februar bei Frt. Perovsk und bei Turkestan besonders klar. Auf weite Werste ringsum war am erstgenannten Orte die ganze Gegend verwüstet, die Gebüsche von dem wahrhaftig passend so benannten «Trampelthiere» derart zerknittert und zerbrochen dass die Wüste voll lag von ab- und zer- brochenen Aesten, bis über Daumendikke stark. Im Angesichte der Stadt Turkestan aber, wo zeitweilig mehr Feuchtigkeit geherrscht hatte, war, wenn je dort eine Narbe existirt hat, davon keine Spur mehr nach, sondern die ganze Wüste zu einer wohldurchkneteten Lehm- bank geworden. Die früher als räuberisches Gränzgebiet so unsichere, jetzt aber als Winterweide auf- gesuchte Kara-kum mag ihren wohlbenarbten Gesammtkarakter, allerdings dem früheren GRUND UND BODEN. SANDWÜSTE. 57 Verrufe als Raubnest verdanken. Es wird nôthig sein zu beobachten ob nicht jetzt, bei dort eingetretener Sicherheit auch sie durch Missbrauch zu leiden beginnt. Ich selbst sah soweit ich die Kara-kum durchschnitt aus dem Sande noch überall Halme hervorschauen die nicht abgeweidet waren. Die vielen Schaafe und Kameele schienen sich an die Kräuter, das Al- haghi — und an das übrige niedrige Gestrüpp zu halten. Die Nomaden Ferghanä’s ziehen gleichfalls von der zentralen Salz- und Sandwäüste im Sommer zu den Gebirgshöhen fort. Diese Wüste hat aber nichtsdestoweniger ninmer Ruhe, denn gleich wie von den Heerden der Nomaden, so wird-ihre Oberfläche auch von den Heerden der Sesshaften unablässig der Einwirkung der Winde geöffnet. Der schonungs- lose Ketmen vollendet das Werk. Um dem zu steuern ist es an der höchsten Zeit den Bewohnern dieses gesegneten Thales anderes Feuerungs-Material zu bieten zumal das Feuerungs-Material zu eröffnen, mit dem dasselbe von der Natur reich umkränzt worden. Ringsum ist Steinkohle, ringsum sind Ozokeritlager und Petroleumquellen vorhanden! Geht die Verwaltung nicht unge- säumt daran, diese Bezugsquellen in Fluss zu bringen, um dann dem Wüthen der Ketmen in der Wüste nachdrükklich wehren zu dürfen, so wird Unverbesserliches versäumt sein, und statt des Segens bitterer Vorwurf den Eroberer des Landes treffen. Im Kapitel das über die Waldungen handeln wird, bitte ich das nachzusehen was hierüber noch zu sagen ist. Es scheint dass die Habsucht der Tyrannen welche früher Ferghanä beherrschten, in der Sandwüste wohlthätig wirkte, denn es wird berichtet!) dass vor Zeiten sogar das Reisig, welches die Proletarier hervorscharrten, mit einer Abgabe belegt war. Ja, die Ein- geborenen versicherten dass der letzte Khan, Khudojar, schon ein Verbot erlassen hatte Steppenkräuter und Steppengebüsche vorzeitig, d. h. vor dem Ausstreuen ihrer Samen, zu Brennmaterial zu hakken. Diese Maassregel mit Dank anerkennend, behaupteten sie: in den letzten Jahren sei nun das Stachelreisig (Koljutschki, Alhaghi) häufiger und bedeutend billiger gewesen; nunmehr aber würden schon die Reisigbündel, bei gleichbleibenden Preisen, wiederum dünner und kürzer denn die Ausrottung schreite vor. Dies erkundete mein Reisegefährte, Herr Smirnov. Um so leichter wird es sein die Schonung der Vegetation in der zentralen Salz- und Sandwüste Ferghanä’s durchzuführen, welche wie mir Herr Smirnov berichtet, unter seiner Mitwirkung der Gouverneur, General Abramov neuerdings durchzuführen begonnen. Die in dieser Absicht eingeleitete Korrespondenz mit den Kreishauptmännern ergab, wie begreiflich nicht wenig Renitenz. Es wurde die zu befürchtende Unzufriedenheit her- vorgehoben, welche nicht nur die Konsumenten, sondern noch mehr die Produzenten er- greifen müsse, da viele Dörfer deren Aussaat beschränkt sei, und überhaupt eine Menge Proletarier, im Beschaffen des Brennmateriales aus der Steppe einen wesentlichen Erwerb 1) Туркест. ВЪд. 1876, № XII. Mémoires de l’Acad. Пар. des scionces. VIIme Serie. к Ss 58 А. v. MIDDENDORFF, FERGHANÀ. fänden. Es wurde die Schwierigkeit betont, dass die Ziegeleien welche keine Vorräthe an Brennmaterialien aufstapelten, in Stillstand gerathen würden, wodurch kontraktlich abge- machte grossartige Lieferungen an die Krone in schiefe Lage kämen und ausserordentliche Ausgaben verursachen würden. Ausser den Ziegeleien, benutzten den Stachelstrauch noch die Töpfereien, die Bäkkereien und in geringerem Maasse die Haushaltungen. Die Unmög- lichkeit einem Verbote Geltung zu schaffen gehörte zu den wesentlichen Gegengründen. Bei dieser Gelegenheit wurde für Margelan angegeben dass an 30 Tausend Karrenla- dungen Stachelstrauch im Jahre auf den Markt kämen. Man vergleiche hiemit meine eigenen Erlebnisse von denen ich auf Seite 45 in der Anmerkung Einiges mitgetheilt. Alle die obigen Ausflüchte scheiterten an der Einsicht des Herrn Gouverneur’s, hatten aber doch das Gute, dass die Massregel nicht zu schroff in Anwendung gebracht wurde. Man liess die Angelegenheit über Sommer ruhen. Es wurde für den Oktober 1879 ein Erlass festgesetzt, der den Eingeborenen eröffnen sollte dass hinführo von Mitte Februar bis zum Oktober (als der Zeit der Saatreife) das Hakken der Brennmaterialien in der Wüste verboten sein werde. Meinerseits begrüsse ich dieses Verbot um so freudiger als mit ihm das Betreten eines richtigen rationellen Weges beginnt und man sich also lossagt von dem anfangs mit so viel phantasiereicher Selbstüberhebung und Unkenntniss eingeschlagenen Pfade des Verschreibens westeuropäischer Kiefersaaten u. d. m. behufs Festigung des Sandes nach dem Beispiele der Meeres-Dünen in den luftfeuchten französischen Landes. Ob es nicht zwekkmässig wäre, nach Eröffnung hinreichenden Bezuges von Feuerungs- material aus anderen Quellen, die Salzwüste in Reviere zu theilen und statt des völligen Verbotes eine Art Rotation in der Ausbeutung des Brennmateriales der Steppe einzuführen, wird sich bald ergeben. Dies wird wohl um so unvermeidlicher sein, als dieselbe Salzwüste, in mir unbekannter Erstrekkung, theils den umliegenden Dörfern und Städten, theils den zum Winter heran- ziehenden Nomaden als Weidegrund dient, folglich nimmer Ruhe hat. Diese Salzwüste befindet sich also vollkommen in der Lage der Gemeindegründe die den Dörfern Europa’s zur Vieh- weide dienen. Noch hat das Gras nicht Zeit gefunden hervorzuspriessen und schon treibt Jeder um die Wette sein Vieh auf, das Alles ins Bodenlose niedertritt. In Ferghanä giebt aber auch der Winter keine Ruhe. Vor Allem empfehle ich also der natürlichen Vegetazion der Salz- und Sand-Wüste, zuhe und die Möglichkeit zu verschaffen ihre Saaten auszustreuen, ihre Ausläufer auszu- senden. Der Sand selbst aber ist, wie die Analysen lehren, ganz unerwartet fruchtbar: er ist reich an Kalk, Thon, ja sogar an Kali, Phosphor- und Schwefel-Säure (vergl. Bodenun- tersuchungen № 2, № 3). | Das Gedeihen aller Vegetazion ist aber wesentlich an Feuchtigkeit gebunden und daraus erklärt sich das grosse Gewicht das man in Europa auf den Stand des Grundwasserspiegels legt. Wo dieser nicht zu tief liegt, da ist das Bändigen des Flugsandes leicht, ja, da ge- Ji GRUND UND BODEN. SANDWÜSTE, 59 deihen die Anpflanzungen von Wäldern besser als auf jeglichem anderen Boden. Die ausser- ordentliche Kapillarität des feinen Sandbodens welche das Wasser unvergleichlich kräftiger emporhebt. als von oben nach unten durchsikkern lässt, kommt dem Wasser zu Hilfe, und um die ganze Wirkung des Wassers vor Augen zu haben, dürfen wir auch nicht mit Still- schweigen übergehen, dass die Eigenschaft desselben, den Sand durch Anfeuchtung zum «Bakken» zu bringen, denselben, nach Abblasen der äusseren ausgedorrten Hülle, der Ein- wirkung des Windes entzieht. Dieser vermag also den Sand nicht ohne Aufenthalt bis in beliebige Tiefen aufzuwühlen, sondern kann nur gemach, Schicht nach Schicht, das trokken gewordene Material fortblasen. Wie ich schon oben (p. 39) angeführt zeigt sich eine schwache Ueberwehung mit Sand, zumal auf salzgeschwängertem Thon- und Lüss-Boden, dem den Sand unterpflügenden Akker- baue günstig. Somit sehe ich die hauptsächlichste Abwehr der Schädlichkeit des Sandes in der Bewässerung der zentralen Salz-Sand-Wüste Ferghanà’s, und folglich in der raschesten Durchführung des Ulugnar-Kanales, welchem in kürzester Frist Kultur mitten in die in Rede stehende Wüste folgen wird, denn wässerbarer Boden ist in Inner-Asien das höchste Gut, dem Jeder nachstrebt. Was nun die Unterstützung der Naturkräfte durch aktiv nachhelfende Maassregeln und Anpflanzungen wie sie in Europa mit ungeheurem Kostenaufwande erfolgreich ausgeführt werden, anlangt, so denke ich gehören sie in Ferghanà einer kommenden Zeit an, wenn vorerst noch stärker Drängendes bezwungen sein wird. Immerhin ist es gerathen schon unverzüglich im Kleinen zu beginnen, um im Laufe der Jahre Erfahrungen zu gewinnen welche später feste Grundlagen für weiteres sicheres Eingreifen abgeben könnten. Erinnern wir uns dessen dass das Gesetz welchesin den franzö- sischen «Landes» im Jahre 1857 die Bepflanzung aller Gemeindegründe mit Waldungen anordnete und auch schon nach einem Jahrzehend mit glänzendem Erfolge durchgeführt war, sein Fundament in den von Necker 1780 erlassenen Verordnungen gehabt, deren Erfolge sich erst in der Mitte unseres Jahrhunderts durch Privat-Unternehmungen als ökonomisch be- rechtigt erwiesen. Voran können wir es aber nicht nachdrükklich genug betonen, dass man den Gedanken ganz aufgeben müsse, репа Bändigung des Sandes das Ansäen irgend welcher Art europäi- scher Pflanzen zu versuchen. Solcher Vorschlag konnte nur von unberufenen Pseudo-Bota- nikern ausgehen, welche keine Ahnung von der Natur des Pflanzenlebens besitzen. Es ist wahr, Pinus maritima hat in den Dünen der «Landes» glänzende Resultate gegeben; doch das findet im Bereiche der Meeresnähe und des Feuchtigkeitsgehaltes ihrer Luft statt. Tragen etwa die Barchane Inner-Asiens irgendwo Kieferwälder? Und man wollte mit kekker Hand im Zentrum Ferghanä’s Wälder der Meeres-Kiefer hervorzaubern. Da bitte ich doch zuvor die gewichtige Erfahrung beachten zu wollen welche uns die euro- päischen Steppen Südrusslands bieten, zumal aber die noch entscheidendere dass in den Sandwüsten Ungarns die Anpflanzungen der Kieferwälder nur im Bereiche der grösseren 8* 4x. 60 A. v. MIDDENDORFF, FERGHANÀ. Ströme haben gelingen wollen, während im entschiedeneren Binnenlande, selbst dort wo Pappeln, Weiden und Akazien gepflanzt werden, die Kiefer versagt hat!). Es kommt vor Allem darauf an, in Ferghanä selbst, an Ort und Stelle genau zu stu- dieren welche Pflanzen in der Salz- und Sandsteppe der natürlichen Benarbung dienstbar sind. Маг von diesen kann die Rede sein wenn schon gepflanzt werden soll. Herrn Smir- nov, als meinen botanischen Begleiter habe ich ersucht, seine Aufmerksamkeit vorzugsweise den für die Praxis belangreichen botanischen Fragen zuzuwenden. Den sicherlich genauen Untersuchungen desselben vorzugreifen kann mir nicht in den Sinn kommen, und so sei es denn nur ganz im Allgemeinen hier angedeutet dass die sandigen Salzsteppen Inner-Asiens einen Reichthum an Kraut- und Strauchpflanzen darbieten welche dem dreifachen Erzfeinde: Sand, heisseste Dürre und Salz, so entschieden und siegreich entgegenzutreten vermögen wie sicherlich kaum irgendwo in der Welt, wenn nicht im Innern der Wüsten Afrika’s. Die Lebenszähigkeit des Saxaul, der Tamarisken und Calligonen bewährt sich dort auf Schritt und Tritt. Der Kenner der Polargegenden bewundert an ihnen die peitschenartig, unerreichbar lang im Boden hinkriechenden Wurzeln, gleich wie der Norden das auf dem Eisboden zeigt. Freilich sind auch bei uns daheim ähnlich kriechende Wurzeln der Sand- gräser und Sandsträucher wohlbekannt. In der Steppe des warmen Klima zeichnet sich aber überdiess die Sandvegetazion durch ansserordentlich tief reichende kräftige Pfahl- wurzeln aus, deren Enden bis in die feuchten Sandschichten hinabreichen. Und wäre auch nur das einzige Alhaghi in der Steppe vorhanden, dieser unverwüst- lichste unter den stachlichen Feinden des Wanderers, so hätte man an seiner Lebenszähig- keit und leichten Vermehrung genug, um die zügellosen Stürme der Wüste zu bannen. Aber fürs Erste handelt es sich nicht um deren Vermehrung, oder gar um die Ansaat von Wäldern, sondern gleich wie in Europa sind es Krautpflanzen denen die Aufgabe zufällt zuerst die Bewegung des Sandes aufzuhalten. Auch von diesen hat die innerasiatische Steppe eine Anzahl solcher aufzuweisen welche sich darin gefallen zu scheinen das lokkere Element zu bezwingen, gleich wie bei uns, auf den Meeres-Dünen Europa’s der Sandhafer (Elymus) und zumal das Sandrohr (Psamma) es thun. Letzteres hat einen ihm ähnlichen Repräsentanten in Ferghanà. Wir betonen also nochmals dass meistentheils die Schonung vor dem Beweiden schon im Verlaufe eines Jahres, gleich wie an vielen Orten Europa’s sichtliche Erfolge zeigen würde; geschweige denn die Schonung vor dem Ketmen. Auch in Europa dürfen ja die Sandgräser nicht vor dem Saamenausfalle gemäht werden. Die Höhlengräber müssten gleich- falls verfolgt werden, denn auch in Europa sind die Ratten und Kaninchen gefährliche Feinde der süsslichen Krautwurzeln. 1) Auch das Salz mag die Kiefer nicht. Die Berberis- | mögen, halten sich auch in Ferghanà an die luftfeuchten Arten welche bei abgewehtem Saude, klafterhoch auf | Gebirgabhänge. In der Sandsteppe habe ich sie nirgends ihren blossgelegten Wurzelsäuen fortzuvegetieren ver- | gesehen. GRUND UND BODEN. SANDWÜSTE. 61 In Europa, wir kehren nochmals dazu zurükk, sind es nur die Gräser allein welche gegen die Ueberfluthungen des Meeres, so wie gegen die Meeres-Stürme Vorposten stehen. Sie festigen die natürlichen, gleich wie die künstlich angelegten Vordünen, während erst die Binnen-Dünen der Waldpflanzung fähig sind, aber dennoch auf ihnen diejenigen Bäume welche über das Niveau der Dünen emporzugukken wagen, Kronen haben die man für ge- schoren ansehen könnte. So verderblich erweisen sich also schon die mit Dünsten gesättigten Stürme. Wo es nun mit der Schonung allein nicht abgethan wäre, und grosse Gefahr droht, — was jedoch in Ferghanä auf ganz vereinzelte Oertlichkeiten sich beschränken dürfte (vergl. Seite 39, u. ff.) — da müsste die künstliche Pflanzung vorgenommen werden. Welche Krautpflanzen, Gräser oder Sträucher, unter den örtlichen wildwachsenden, vorzugs- weise gewählt werden müssten, das kann nur eine genaue Beobachtung an Ort und Stelle, * das können nur vervielfältigte praktische Versuche lehren. Bei der ungemeinen Heftigkeit der innerasiatischen Sandstürme ist die Aufgabe nicht leicht und kann sicherlich nicht anders gelöst werden als dadurch dass man in weitem Abstande von dem dräuenden schon ge- häuften Flugsande, oberhalb des Windes, die Pflanzungen beginnt. Diese werden also zuerst wohl vorzugsweise mit Pflanzenarten der lehmigen Salzsteppe mit Inbegriff der Sal- solen und Salicornien anzufangen haben, während andere Arten dort mehr versprechen wo der Sand stärker oder gar so tief dekkt dass der Untergrund unerreichbar ist. Wie gesagt ist die aufmerksame Beobachtung des Praktikers nöthig, damit nichts misslinge. Hat sich doch auch in Europa herausgestellt dass das Sandrohr weit besser im Bereiche der Salzfluthen fortkommt als der Sandhafer, dass es aber neben dem trefflich gedeihenden Sandhafer bald im Wachsthum zurükkgeht, gar abstirbt, wenn seine bis 10 Klafter Länge und bedeutende Tiefen erreichenden Wurzelausläufer nicht mehr von Flugsand fort und fort neuerdings überschüttet werden. Beim Ausstechen solcher Wurzelausläufer müssen wo- möglich drei Wurzelknoten mitgenommen werden, soll anders das Pflanzen gelingen. Ausgezogen kommen diese Wurzelläufer besser fort, als wenn man sie sticht!) u. d, м. Kleinigkeiten sind es eben, auf die es ankommt. Bekanntlich hat die Pflanzung besagter Gräser durch Einkneifen in einen Stich mit dem Spaten und im Dreiverbande 4. 1. im Quincunx, bei höchstens 1’ Zwischenraum die meisten Anhänger gewonnen. In diesem Abstande werden auch die leblosen Hindernisse, die Stroh- oder Schilf-Büschel gepflanzt: zur Hälfte zusammengebogen und mit dem zusammen- gebogenen Ende voran, in Löcher hineingestekkt welche ein kaum 2” dikker, mit Eisenspitze beschlagener Stokk im Sande vorbohrt”) und etwa fusshoch mit beiden Enden in die Luft 1) In Preussen zieht ein Mann im Tagewerke 6 bis | hanä besonders empfehlen. 10.000 soleher Wurzelauslöufer aus, welche vor der Hand 2) In Preussen werden so über 100 Pud Stroh, unter in feuchtem Sande vergraben werden. Gepflanzt wird | Verwendung von etwa 40 Arbeitstagen auf die Dessatine sowohl im Frühjahre als im Herbste. Letztere Jahreszeit | ausgestekkt. dürfte sich — frostfreie Tage vorausgesetzt — für Ferg- 62 A.v. MIDDENDORFF. FERGHANA. ragend im Loche angetreten. Solche «Stroh- oder Schilf-Büschelung» würde ich dem be- kannten Ueberdekken und Bestekken mit Astwerk und Reisig vorziehen, wobei jedenfalls das Stammende gegen den Wind eingestekkt werden muss. Es wird Fälle geben in denen man auch in Ferghanä die künstliche Bildung einer Vordüne nicht wird umgehen können. Wegen der Heftigkeit der Winde wird es nöthig sein, die Böschung (Dossirung) der Oberwindseite sehr langsam ansteigen zu lassen. Man gewinnt dieselbe bekanntlich durch Vorstellen eines sich der Windrichtung quer entgegenstemmenden Flechtzaunes, der nur 17, bis 2’ Höhe haben darf, wenn die Böschung nur etwa 5° bis höchstens 10° erreichen soll. Höhere, bis 5’ hohe Schirme welche unter anderen Voraus- setzungen aufgerichtet werden genügen nur dann ihrer Bestimmung, wenn sie durchbrochen 4. В. ganz undicht geflochten sind, so dass der Wind durchpfeifen kann, und wenn ihre oberen Ränder horizontal aufgestellt sind. Solch’ ein Flechtzaun ist nicht senkrecht aufzu- richten, sondern etwas gegen den Wind zu neigen. Das Flechtmaterial, wozu wiederum das in Ferghanä so häufige Schilf verwendet werden kann wird vom Sande begraben, die Stütz- pfähle aber werden vermittelst Hebelvorrichtungen hervorgezogen und von Neuem verwendet. Solche Zäune die in grösserer oder geringerer Entfernung hinter einander, senkrecht zur gefährlichen Windrichtung aufgestellt werden, gewähren zugleich den Nutzen dass sie das Vieh abhalten. Die Schneewehren unserer Eisenbahnen gewähren die beste Vorschule. Bei der Stärke der Stürme die in Ferghanä hausen, dürfte man kaum Aussicht haben auf die Wirksamkeit lebender Pflanzen, wenn nicht im Schutze den die Sandmasse selbst bietet: also der Vordüne. Denn jede Düne bietet den besten Schutzwall für das hinter der- selben auf der Unterwindseite gelegene Land. Einerseits im Angesichte der Aeusserung Fedtschenko’s!), dass er, mit Hilfe seiner nicht genug zu bewundernden Gemahlin in der Kisyl-Kum eine Sandflora zusammenge- bracht welche über 200 Arten umfasste; andererseits im Angesichte der Möglichkeit welche mir geworden, des freundlichen Gutachtens von Seiten unseres hochverdienten Bunge, des Veteranen unter den Kennern der Steppenflora theilhaftig zu werden, kann ich nicht umhin mich dennoch auf einige speziellere Winke einzulassen. Eine Hauptrolle unter den Sandbefestigern spielt unfraglich ein hartes Sauergras, das unter dem Namen Rang’) bei den Kirgisen als Schaafweide so vielberufene Carex physodes (Bunge und Meier). Es bildet in der Tiefe von etwa einem halben Fusse unter der Ober- fläche ein dichtes Geflecht von Wurzelausläufern, welches eben den Sand festigt, und sich so über weite Flächen ausdehnt, welche den Namen Rang dsha führen. Vorzugsweise sind das sandiglehmige Ebenen. Ganz in derselben Weise sehen wir im Flugsande Europa’s Carex arenaria, aber 1) Vergl. Маевъь, Матерлалы для Сталистики Typk. | 2) Vertrokknet soll es Buss genannt werden, Края 1, 1872, стр. 88 u. П, 1378 стр. 108—106. GRUND UND BODEN. SANDWÜSTE. 63 auch die Quekke (Triticum repens) und Agrostis- Arten durch Kriechtriebe, welche, von der Oberfläche des Sandes verdekkt, sich hinziehen, und von Zeit zu Zeit junge Pflanzen emporschikken, den Sand binden. Eine einzige Pflanze soll in einem Sommer bis vier Qua- dratklafter einnehmen können. Herr v. Bunge macht mir noch eine zweite Art die Carex stenophylla nahmhaft, welche in gleicher Weise dienlich sein könnte. Vielleicht dürfte neben Triticum deser- torum, unser Trit. repens als einzige unter den europäischen Arten an der Bindung des Sandes in Mittelasien Theil nehmen. Weder Arundo (Psamma) arenaria, noch Elymus arenarius, welche bekanntlich in Europa bei Bepflanzung der Sanddünen die Hauptrolle spielen, ja unersetzlich wären, kommen in Mittel-Asien vor. Die Erstgenannte scheint sogar in den Sandwüsten Ungarns eben so wenig wie das Heidekraut Fuss fassen zu können. Es ist diesen Küstenbewohnern dort zu binnenländisch, zu lufttrokken. Ich habe jedoch in zu früher Jahreszeit in der Sandwüste Ferghanä’s abgestorbene vorjährige Rohrhalme gesehen welche mich darauf schliessen lassen dass es auch dort eine Ersatzform für unsere Psamma arenaria geben dürfte welche mit derselben in der un- schätzbaren Eigenschaft übereinstimmen möchte sich um so wohler zu fühlen, je mehr sie vom Sande überweht werden, so dass deren Wurzelursprung wohl bis auf 100 Fuss Tiefe verfolgt worden ist. Dann wird sie sich auch leichter verpflanzen lassen, wenn mit minde- stens zwei Internodien herausgerissen, als wenn sie gegraben würde (vergl. p. 61). Unsere Psamma stirbt sogar ab, wenn das grosse Werk geleistet, der Sand gefestigt ist, und daher nicht mehr die Pflanze anhäufelt. Für den zweiten Hauptfestiger der aber das Uebersanden weniger verträgt, hat Inner- Asien einen wirksamen Repräsentanten in Elymus sabulosus. Gleich unserer Calamo- grostis mag dortauch die Lasiagrostis splendens (das vielberufene Tschi der Kirgisen) den Sand binden. Artemisien, Atriplex und Chenopodien sah ich inmitten treibenden Sandes Kupsen befestigen. Der Isbelek, von den Kirgisen ais Futterkraut geschätzt, führt auch einen Sandnamen: es ist Ceratocarpus arenarius. Als gleichfalls Erfolg versprechend erwähnt Herr v. Bunge der Aristida pinnata, Euphorbia Gerardiana, des Eremosparton, denen bei schon befestigter Sandoberfläche zahlreiche andere Pflanzen folgen würden !). Nur einige Aufmerksamkeit an Ort und Stelle, und es wird leicht möglich sein, den genannten Pflanzen, gleich wie so vielen anderen, die bei der Sandfestigung ihnen zukommende Stellung richtig anzuweisen. Wo viel Salz obwaltet wird man ohnehin zu Salzkräuter”) seine Zuflucht nehmen müssen. 1) Namentlich: Capparis lerbacea, Peganum' Harmala, | talis und rasenbildende Iris. Sophora alopecuroides u. pachycarpa, Glyzirrhiza glandu- 2) Wie namentlich nach Bunge: Salsola arbuscula u. losa, Lagonychium; Astragalus paucijugus nebst anderen | subuphylla, Eurotia, Kochia protrata, Nitraria u. 4. m. Arten, As. paragus, Cynanchum acutum, Clematis orien- 64 А. ту. MIDDENDORFF, FERGHANA. Wie leicht es wäre Samen von solchen Kräutern zu gewinnen, oder noch besser: die Sandgräser durch Zertheilung in Einzeltriebe zu vervielfältigen, das liegt auf der Hand, Bis hierher haben wir nur die Krautpflanzen ins Auge gefasst, um diejenigen Pflanzen deutlich zu bezeichnen welchen vorzugsweise die Benarbung des Sandes obliegt. Wie gesagt, glaube ich nicht dass man in Ferghanä sich bald mit ihnen zu befassen haben wird. Noch wird es im Boden genug Wurzeln von Strauchpflanzen geben, um bei einiger Schonung die Naturkraft hinreichend zu wekken. Mit überraschender Zähigkeit sehen wir in den Wüsten auf salzigem Sande den Saxaul, die Tamariske und das zähe Alhaghi, sehen auf nakktem Sande das Ammodendron, auf lehmigen Salzboden den Dshusgun!) der Kirgisen, d. i. die Koljutschka, oder den vorzugsweise sogenannten Stachelstrauch der Russen, die Calligonen, in scheinbar ungünstigster Lage gedeihen, und viele Quadratmeilen mit ihren Büschen dicht überziehen. Ja, überall sieht man die auffallendsten Beispiele dessen wie zumal Saxaul und Tamariske auf freigewehter Wurzel, gleich wie auf einen Stokk Be pflanzt stehend, dennoch der Unbille lange Stand zu halten vermögen. Aber freilich werden diese nicht überall mehr freiwillig hervortreiben. Man sollte es kaum für möglich halten, und dennoch ist dem so, dass einzelne Strauch- und Baum-Arten schon völlig ausgerottet worden. Im Kerne der Salz-Sand-Wüste Ferghanä’s (Ha-Derwisch) sah ich nicht eine einzige Tamariske mehr, und doch hatte ich sie zuletzt im Garten des Generalgouverneurs, in Taschkent freudig wachsen gesehen. Endlich erspähte ich in der entlegensten Nordostekke dieser Wüste, im Norden von Jasawan ganz vereinzelte Triebe junger Wurzelschösslinge. Es ist aber aller Grund vor- handen vorauszusetzen dass dieser zählebige Strauch im Bereiche der belebteren Gegenden der Wüste mit Stumpf und Stiel vernichtet worden. Einerseits weist die geographische Verbreitung darauf hin, denn nicht nur im Ili-Thale, sondern auch viel weiter östlich, im Ala-Schanj kommt sie vor. Prezewalskij’) sah die Tamariske dort 10 bis 12’ hoch, und bis zu einem halben Fuss im Durchmesser, oder gar doppelt so stark. Vielleicht eine andere Art desselben Geschlechtes, gleich wie der dort auftretende, in den Tamarisken hausende sonderbare Häher, Podoces Hendersoni als besondere Art unterschieden wird. Andererseits ist es Herrn Smirnov gelungen sich von allen Seiten authentische Nach- richten darüber zu verschaffen, dass der treue Gesellschafter der Tamariske, der Saxaul, keineswegs, gleich wie gegenwärtig, der Wüste des linken Ssyr-Ufers in Ferghanä stets gefehlt habe. Der Saxaul ist dort notorisch ausgerottet und hat sich auf dem rechten Ufer, nur in einer Ekke des Kreises Tschust, durch den Schutz den ihm die Khane zukommen liessen, 1) Ist Dshantak dasselbe ? 2) I, p. 157. GRUND UND BODEN. SANDWÜSTE. 65 erhalten. Zugleich mit dem Saxaul unterlag auch die Pappelart Turanga (Popul. diversi- folia? pruinosa?)?). Ob nun diese letztere, ob eine der anderen in Ferghanä obwaltenden Pappelarten, zumal die auch in den ungarischen Sandfeldern vorwaltend kultivirte Silberpappel, nebst den Weiden und Maulbeerbäumen, den Baumwuchs wird einzuleiten haben, mag Versuchen an Ort und Stelle anheimgegeben bleiben’). Die im Sande des europäischen Russland be- liebte Weide Scheljuga (Sal. acutifolia) welche durch ihren zweiten Namen, Sal caspica, ihre Zugehörigkeit zur aralkaspischen Senkung bekundet wird als einleitender Hochstrauch gewiss gute Dienste leisten. Kommt Wässerung zu Hilfe, dann auch Elaeagnus (Dshida). In der europäischen Praxis haben die Pappeln und Weiden, gleich den meisten anderen Pflanzen deren wir erwähnt, es bewährt dass sie das Anwehen von mehr und mehr Sand vortreffllich vertragen, ja sogar dabei durch ein kräftigeres saftigeres Laub ein besonderes Wohlbefinden bekunden. Es ist besonders beachtenswerth dass sowohl Pappeln als Weiden einen ansehnlichen Salzgehalt im Boden nicht nur vertragen, sondern fast zu mögen scheinen. Je dürrer das Klima desto mehr muss jedoch die allgemeine Empfindlichkeit aller Pflanzen gegen das Abblasen des Sandes und Freiblasen der Wurzeln sich steigern, und ist also dieses von den Praktikern vorzugsweise ins Auge zu fassen. Die Stekklinge müssen tief und in der Richtung des Windes geneigt gestekkt werden, und zwar so dass nur ein paar Augen hervorragen. Das sichert das Anwurzeln. Hier habe ich eines Versuches zu erwähnen auf den mich das Mitglied der Organi- sazions-Kommission, Obrist Korolkov*) in Duwana, der Haltestation in der Wüste Ha-Derwisch aufmerksam machte. Hier wo das Wasser der Brunnen nur zur Viehtränke brauchbar ist und kein Baum jemals gedieh, war eine Pappel und ein Maulbeerbaum in 4’ Tiefe unter die Erdoberfläche gepflanzt, in einen halb verschütteten Brunnen der auf 8’ Tiefe schlechtes Wasser geboten hatte. Der Versuch schien gelingen zu wollen. Bei der Häufig- keit der Fälle, in denen Süsswasser-Adern dicht neben Salzwasserdümpeln den Boden der Salzwüste durchsetzen, könnte es sich wohl ereignen dass man in der Nähe des salzigen Ssary-ssu mit Erfolg Baumgruppen anlegen könnte. 1) Ein Bericht des Kreishauptmanns von Tschust, vom Oktober 1877 meldet dass auf dem rechten Ufer des Ssyr, auf dem Platze Chodsha-Igani zwischen den Dörfern Ssamgar und Kamysch-Kurgan, etwa 35 Werst von Letzterem, ein weiter Landstrich mit Saxaul bewachsen ist, der zur Zeit der Khane ein Regale war. Der Sserker der für den Verkauf dieser Saxaulhölzer angestellt war, nahm gegen 50 Tilla, d. i. Goldstükke jährlich für das verkaufte Holz ein. Im Jahre des Be- richtes, so wie das Jahr vorher blieb dieses Saxaul-Ge- hege unberührt. Der Kreishauptmann bat um Erlaubniss dieses Staats-Eigenthum in Pacht vergeben zu dürfen, Mémoires de l'Acad. Пиар. des sciences, VIIme Série, Fürs Erste wurde dieses nicht zugelassen, Schonung und Beaufsichtigung angeordnet. 300 Rubel wurden für die genaue Aufnahme, so wie Ueberwachung dieses Geheges ausgeworfen. Weiteres über diesen Gegenstand wird dort mitgetheilt werden wo von den Wäldern Ferghanä’s die Rede ist. 2) Auch die kanadische Pappel, welche in Ungarn es allen übrigen Pappelarten zuvorthut, dürfte ausnahms- weise versucht werden, gleich wie Robinia pseudacacia. 3) Nicht der sogenannte Botaniker und Freund der Pflanzen. 66 — А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Nach Einrichtung eines Wässerungsnetzes wird in dieser Hinsicht kein Hinderniss mehr obwalten. Schon bei meinem Besuche traf ich im Nordosten der Wüste Ha-Derwisch bei Ssary-Mamysch den Boden dermassen ausgelaugt durch in Menge abfliessendes Wasser, dass schon damals an dem Fortkommen von Baumpflanzungen sich nicht zweifeln liess. Ein hervorragendes, die Bepflanzung der Sandfelder begünstigendes Moment ist jedenfalls die Thatsache dass sich kaum irgendwo in der Welt geschikktere Pflanzer auftreiben lassen könnten als es die Tadshik sind. Sicherlich würden dieselben hungerleidenden Pr oletarier welche bisher mit ihrem Ketmen das Ausrotten so gründlich betreiben, es vorziehen für denselben jämmerlichen Erwerb der leichten Arbeit des Pflanzens sich zu befleissigen. Ferghanä hat es glükklicher Weise, bei der einen Hälfte seiner Bevölkerung, den Tadshik, nicht mit Feinden des Baumwuchses zu thun, wie das die Kirgisen wohl sind; gleich wie ein Erlass in Ungarn sehr passend von Volksstämmen spricht: «welchen das Gefühl für den Wald abgeht». Weit mehr als für die Tadshik wäre mir bange für die mannhafte Ausdauer der Anordnenden, denn wer mit den Sandbändigungen Europa’s bekannt ist, weiss wie hoch die unermüdliche Beharrlichkeit anzuschlagen ist, mit welcher Jahrzehnde hindurch unver- drossen fortgesetzte Arbeiten zu bewunderungswürdigen Erfolgen führten. Nicht allein auf die erste Anlage kommt es an, sondern eben so sehr auf fortdauerndes Nachbessern, bis man über die anfangs nirgends ausbleibenden schweren Schäden hinaus ist. Wie wenig haben wir bisher in der Bewaldung unserer europäischen Steppen geleistet, und um wie Vieles leichter ist sie doch, als die Bändigung des Flugsandes durch eine Reihe von Ope- razionen welche in der Anpflanzung von Wäldern erst ihren Abschluss finden. Unsere Heissporne, deren ich oben erwähnt weisen leichthin auf die Erfolge in den französischen «Landes». Nun, ich würde lieber auf Ungarn, als Muster, schauen, denn die Luftfeuchtigkeit in den «Landes» ist eine ganz andere als diejenige Innerasiens. Man erwäge aber doch ernstlich die aufopferungsvolle Unermüdlichkeit welche in den «Landes» daran gewendet werden musste. Unzählige erfolglos geopferte Arbeiten und Kosten mussten das Erkennen und die Möglichkeit des Erfassens der zwekkmässigsten, praktischen Methoden erkaufen; die Gegenwart musste der Zukunft geopfert werden. Die Inangriffnahme der «Landes» durch die Regierung Frankreichs feiert (vergl. p. 59) ihr hundertjähriges Jubiläum. Wie jugendlich sind dagegen die jetzigen pekuniären Erfolge- Schon ein Vierteljahrhundert ist es her, dass — nach vorhergegangenen, so notori- schen als glänzenden Erfolgen welche Privatleute gewonnen hatten — das Dekret erlassen wurde, welches die Kultur der im Gemeindebesitz befindlichen Oedlande in den «Landes» als Zwangsmaassregel durchführte. Obgleich demnach Zwangsmaass- regel, so wurde sie doch im Laufe von nur 10 Jahren vollkommen erfolgreich durchgeführt. Das Auskunftsmittel welches die dazu nöthigen Kapitalien dadurch schaffte, dass den Gemeinden gestattet wurde, einen Theil ihrer öden Landstrekken zu verkaufen, würde, wenn richtig geleitet, in Ferghanä wohl anwendbar sein. Ganz wesentlich wirkte dabei in GRUNG UND BODEN. SANDWÜSTE. 67 Frankreich die Bestimmung mit, dass auch die privaten Käufer sich verpflichten mussten, ihre neuerworbenen Grundstükke binnen gewisser Frist unter Kultur zu setzen. Wie sieht es dagegen mit den unzähligen vom Staate im europäischen Russland an Private zur Belohnung verliehenen Ländereien fruchtbarster Art bis heute aus? In den «Landes» machte sich Jedermann fieberhaft an die mühevolle Landeskultur- Arbeit, in der seit Urbeginn ödesten Wüste. Alles wetteiferte. Der Staat hat 5 Millionen zur Benarbung, 10 Millionen zur Bewaldung hergegeben, und sogar Napoleon III, der Vielgeschmähte untegliess nicht, sich mit einer jährlichen Subvention von 250,000 Francs, aus seiner Privatkasse, an dem grossen Werke zu betheiligen. Das Denkmal, an Ort und Stelle, mit der Aufschrift: «au régénerateur des landes» macht es verständlich wie es möglich ist dass auch bis heute die Napoleoniden nicht aufhören zu hoffen. Mit Arbeit und Geld allein ist aber ein solches Werk nicht abgethan. Eine feste un- erbittlich strenge Gesetzgebung muss den Schweiss der Arbeit im Flusse erhalten; die selbstlose Hingebung muss ihr Gegengewicht in schwereren Strafen für Diebstahl und Frevel finden, als diejenigen welche den Wald sonst schützen. Missverstandene, schwächliche, libe- ralisirende Humanität ist nirgends schädlicher als in Fällen wo das Allgemeinwohl grosse Opfer gefordert hat und fordert. In Ungarn gab es zwei Hauptmomente in denen der Sand wieder die Oberhand gewann: zur Zeit des Aufstandes, da jeder niederhieb und weidete wo er nur ankam, und zum zweiten Male zur Zeit der plötzlichen Aufhebung der Prügelstrafe, auch absichtsvoll ausgeübten Schädigungen gegenüber. D. Der Löss. Vor allen Bodenarten durch Fruchtbarkeit ausgezeichnet und deshalb der höchsten Steuerklasse zugeschrieben lag dieser Lehmmergel in seinem Vorkommen auf das Reinthal auf die fruchtbare, von Bingen bis Kreuznach sich hinziehende Ebene des Nahe -Thales beschränkt, als eine örtliche Merkwürdigkeit da, deren Entstehungsweise darzulegen eine Menge der gründlichsten Untersuchungen beflissen waren. Landkonchylien und Knochen ausgestorbener Säugethiere bewiesen dass dieser überdies ungeschichtete Lehmmergel sich nicht unter Wasser gebildet haben konnte. Schwammähnlich durchsetzt von einer Unzahl baumartig sich verästelnder und verjüngender Kanälchen, die sich häufig mit einer Kalk- schicht inkrustirt zeigten, wies er darauf hin dass er im Laufe der Zeiten in seiner ganzen Masse — auch wo sie Hunderte von Fussen mächtig war — Vegetazion getragen, deren Wurzelabgüsse als die erwähnten Kanälchen sich darstellen. Also lagenweise, von unten bis oben, hatte sich immer wieder neuer Lösslehm auf der früheren Oberfläche abgelagert, lagenweise immer höher und höher war jedes Mal neue Vegetazion auf die frühere gefolgt 9* 68 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANÀ. — und dennoch fanden sich die Lössgebilde, so tief auch die Wände derselben blossgelegt dastanden, stets ungeschichtet. Das war das grosse Räthsel. Man blieb schliesslich dabei stehen, anzunehmen dass die an die Gebirge sich leh- nenden Wiesen allgemach, fort und fort, stets von Neuem mit Lössschlamm übergossen wurden, dass wegen der Vegetazion keine Schichtung sich zu gestalten vermochte, indem der Schlamm durch Stengel, Blätter und Wurzeln aufgefangen wurde, und so, im Laufe un- berechenbarer Zeiten, die mächtig anstehenden Massen anwuchsen, ohne dass es zu hori- zontalen zusammenhängenden Ablagerungen kommen konnte. Bald sollte sich aber herausstellen dass der Löss statt in seinem Vorkommen örtlich beschränkt zu sein, eine ungeheure Verbreitung über den Erdball besitzt und wurde zuerst von englischen Forschern im fernsten Osten Asiens, in China, der Hauptsitz des Löss der Alten Welt erkannt. Richthofen in seinem epochemachenden Werke!) hat die Eroberungen des Löss zu einem Asien Europa und Amerika umfassenden Gebiete zusammengeführt und die Frage über seine Entstehungsweise in Zusammenhang gesetzt mit so allgemein eingrei- fenden Betrachtungen über die Natur Central- Asiens, dass wir auch hier nicht umhin können unseren Lesern kurz anzudeuten worauf es denn eigentlich von allgemeinerem Stand- punkte aus bei der Betrachtung des Löss im Ferghanä-Gebiete ankommt. Centralasien stellt Richthofen als das zusammenhängende Gebiet der alten abfluss- losen Wasserbekken, den dasselbe umlagernden peripherischen Theilen dieses Kontinentes gegenüber, deren Wasser durch Flüsse zum Meere, oder zu seeartigen Ueberresten des- selben (Aral-Kaspi) geführt werden. Im abflusslosen Gebiete sind alle, während der letzten geologischen Periode aus che- mischer oder mechanischer Zerstörung der Gesteine hervorgegangenen Produkte im Lande geblieben. Sie haben ausschliesslich dazu gedient, die Unebenheiten des Bodens durch An- füllung der Vertiefungen auszugleichen; daher die endlose Eintörmigkeit jener Steppen- gegenden, und das Fehlen von Einschnitten welche Einsicht in die tieferen Bodenschichten gestatten. Die schwachen Gewässer dieser Bekken fliessen der Mitte derselben zu, sich in flache Salzseen verlaufend. Im peripherischen Gebiete dagegen waltet das Forttragen der zerstörten Felsmassen über die Zerstörung vor; immer tiefer schneiden die Gebirgsflüsse in das immer schroffer sich gestaltende Gebirgsskelett ein. Seebekken werden eröffnet, in Thäler umgewandelt, und indem die Ströme das Fortgerissene zu ihren Mündungen tragen schaffen sie dort weite fruchtbare Niederungen, so dass die Gegensätze zwischen Oberlauf und Unterlauf der Flüsse mit wachsender Schärfe hervortreten und ein reicher Wechsel der Lebensbedingungen, vom moosbedekkten Felse bis zum üppigsten Kulturboden der Niederung, sich gestaltet. Mit den Gegensätzen der Bodengestaltung laufen denn auch die klimatischen Eigen- 1) China, 1877, I. PET VE GRUND und Boven. Der Löss. 69 thümlichkeiten parallel, da es eine Grundbedingung der Existenz des abflusslosen Gebietes ist: dass die Verdunstung den Betrag der wässrigen Niederschläge übersteige. Als Prototyp des Gebietes der abflusslosen Bekken erscheint Richthofen das Tarym- Bekken, dessen Wasser sich in den Lop-See verlaufen, über den unser bewunderungs- würdig unternehmender, gleich wie auch vielseitiger Prezewalskij uns kürzlich aus eigener Anschauung hat berichten können; zum ersten Male, seit Marco Polo, zu Ende des drei- zehnten Jahrhunderts, die Wissbegierde auf ihn gelenkt. Richthofen hat aber nicht unterlassen sich freiere Deutung zu eröffnen und noch ein Gebiet des Ueberganges hinzuzufügen, wo in den jüngsten Perioden Theile der abflusslosen Gebiete in abfliessende verwandelt worden sind, oder das Umgekehrte stattgefunden hat. Im ersten Falle bewahren sie noch in hohem Grade die Eigenthümlichkeiten von Central- Asien; im zweiten haben sie diejenigen der peripherischen Länder noch nicht ganz verloren. Daher gehören sie weder jenen noch diesen ganz an. Unser Ferghanä-Thal stellt sich auf den ersten Blikk als zu dieser letzten Abthei- lung, zu dem Gebiete des Ueberganges, gehörig dar, jedoch mit einer gewissen Zwitternatur welche den von Richthofen aufgestellten Gegensätzen störend sich entgegenstemmen würde wenn wir hier nicht vor Allem den Gesichtspunkt der Bildungsgeschichte unserer Erdoberfläche festzuhalten hätten. Die Umrandung des nach Westen hinausgukkenden Ferghanä-Thales, welche ur- plötzlich aus der Tiefe zu Hochalpen emporsteigt, gehört in ausgeprägtester Weise den peripherischen Gebieten an; dagegen die Natur der Zentralfläche dieser Thalmulde, sich den Eigenthümlichkeiten der weiten turanischen Steppenfläche entschieden anschliesst. Ist aber nun diese erst in neuerer Zeit vom Meere verlassen worden, so dürfte die Eröffnung des einst abflusslosen Ferghanä-Bekkens einer noch späteren Zeit angehören. Als das karakteristischeste Gebilde für das Gebiet der centralasiatischen abflusslosen Bekken so wie ihrer Umgebungen stellt nın Richthofen den Löss hin, der schon vor Jahren für ein subaërisches Gebilde erkannt, von Richthofen als ein Windgebilde') an- gesehen wird. Die bewegte Luft, Winde und Stürme, haben nach ihm das Zusammenbringen des Materiales besorgt. Somit reiht sich der Löss den windgeborenen Dünen und Bar- 1) Ich glaube mich zu diesem neuen Ausdrukke berech- tigt, denn «subaërisch» genügt nicht zur Bezeichnung von Richthofens Ansichten, die sich zu einer eingreifenden Theorie gestaltet haben. Für ein «subaörisches» Gebilde ist der Löss von allen neueren Forschern erkannt wor- den. Richthofen selbst definirt diesen Ausdrukk ganz genau, indem er (р. 8, Anm.)dessen Anwendung auf «die- «jenige Bewegung fester Bestandtheile beschränkt, welche «durch den unmittelbaren Einfluss von Wind, Regen und «Frost geschieht! Sie begreift daher die Wirkung des «sikkernden und spülenden, im Gegensatz zur Be- «wegung des in Kanälen fliessenden Wassers, sowie die- «jenige des Haarfrostes und des Gefrierens des Wassers «in Spalten, im Gegensatz zu der tragenden Kraft des «Gletschereises» u. $. w. Das Windgebilde Richthofens ist demnach eine Unterabtheilung der subaërischen Gebilde aber eine Unterabtheilung die im vollen Gegensatze zu dem Löss steht den die Autoren als Schlammgebilde ansehen. Hier Wasser, als Gestaltendes und Bewegendes; dort die dürrste Luft dasselbe leistend. 70 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. chanen ап, deren Betrachtung wir die vorige Abhandlung gewidmet, doch ist ег zu kom- pakten sesshaften Massen zusammengebakken. Nichstdestoweniger sollen sich diese gröss- tentheils unergründlich tief reichenden Lehmmergel-Ablagerungen aus atmosphärischem Staube zusammengethan haben. Bis zu ganz ausserordentlichen Meereshöhen emporrei- chend!) sollen sie in China allein eine Oberfläche bedekken welche die Ausdehnung von ganz Deutschland noch um das Anderthalbfache übertrifft. Die Dikke dieser Lehmmergel- Lager erreicht am Oberlaufe des Gelben Flusses ein paar Tausend Fuss und mit unergründ- licher Mächtigkeit füllen sie die Unebenheiten des Gebirgsskelettes aus, den abflusslosen Gebieten jene flache Einförmigkeit der Gegend verleihend, welche den Bekken der Step- penländer ihr eigenthümlich ödes Ansehen gibt. Doch nicht nur in Central-Asien und dessen Umkreise, spielt der Löss eine so grosse Rolle, nicht nur hat man ihn in Europa ausser dem Rheinthale auch im Flussgebiete der Donau, und zwar im weitesten Umfange, sowie in bedeutender Mächtigkeit nachgewiesen, ja sogar in den zum Baltischen Meere führenden Flussthälern, sondern er bildet auch die Grundlage aller der berühmten Ebenen in Nord- wie in Süd-Amerika welche Jedermann als die Salzgebiete, und unter dem Namen der Prärien der Pampas und Llanos bekannt sind. Bei so ungeheurer Verbreitung und Mächtigkeit, würde der Löss, als ein Oberflächen- gebilde das den physiognomischen Karakter der von ihm eingenommenen Landstriche be- dingt, schon der besonderen Aufmerksamkeit werth sein, wenn er nicht zugleich durch ganz vorzügliche Fruchtbarbeit sich auszeichnete. In dieser Eigenschaft haben wir ihn als ein Gegenstükk zu der vielberühmten Schwarzerde unserer Steppen schon oben (Seite 10 u. ff.) behandelt. Die Schwarzerde unterlagert er nicht selten und da ist es dann hier am Orte darauf hinzuweisen dass der Löss, den Richthofen an den Westgränzen Südrusslands aus den Augen verloren, von Tag zu Tage häufiger auch im europäischen Russland und zwar durch das europäische Südrussland biszu dem Gouvernement Orel hinauf nachgewiesen wird. Hier bei uns hat er jedoch das Grossartige seiner Erscheinung vollkommen verloren, er gibt es auf, die Formen der Landschaft zu bedingen, hat sich, ob nun ausgelaugt, durch 1) Bis 2400 Meter Höhe über dem Meere schon nach- gewiesen. Im Khukhu-nor aller Wahrscheinlichkeit nach Dokutschajev (КартограФля русскихъ почвъ, 1879, стр. 99) führt den Löss ausdrükklich als die häu- figste Unterlage der Schwarzerde an, und begründet höher ansteigend. 2) Eine Analyse des Löss aus Kamenetz-Podolsk ist in den Труды С.-Петерб. Общ. Ест. VIII, 1877, p. 2 mitgetheilt. Am selben Orte wird (Seite 33) ein Löss im Gouv. Orel nachgewiesen. In denselben Schriften (1876, VII, р. XLV]) ist von Löss im Gouvernement Poltava die Rede. Ebendaselbst (1873, IV, р. CIII) theilt Akademiker Schmidt seine am Dnestr gemachten Beobachtungen mit. Er hält den dortigen Löss für Detritus der, die silurischen bedekkenden, Kreide- und Tertiär-Schichten, welcher abwärts geschlämmt worden. Auf den Höhen waren jene Schichten frei von einer Lössdekke. darauf die Aufstellung eines eigenen Typus der Schwarz- erde: des lössähnlichen. Wir können ihm aber nicht zustimmen wenn ег (Труды И. В. Экон. Общ 1878, IV, стр. 398 и Способы образовашя р$чныхъ долинъ 1878, стр. 175) die Schwarzerde im Gouv. Tula, auf einem «lössähnlichen Lehme» lagern lässt. Dergleichen unbe- stimmte Ausdrükke müssen jedenfalls vermieden, die Begriffe geklärt werden durch Analysen der Belege. 3) Grossartig ist die Erstrekkung des Löss in den süd- östlichen Grenzgebieten Russlands und wächst an Aus- dehnung wenn wir vom Dnestr aus westwärts vorrükken- In Mähren allein soll der Sekundär-Löss über 1100 Quadratwerst einnehmen; in Niederöstreich über 1/, die- GRUND und Ворем. Der Löss. 71 Gewässer verwaschen, ob überhaupt zu keiner bedeutenderen Anhäufung gelangt, unter die Schwarz- und Dammerde verstekkt, welche ihr Entstehen der Gunst kräftigerer atmos- phärischer Niederschläge als weiter im Osten verdankt. Als ich im Juli am mittleren Laufe des Kubanj, seine geschwollenen Wasser lauter Wolken von undurchsichtigen, chocoladefarbenen Wirbeln flussabwärts kräuseln sahe blieb mir kein Zweifel darüber dass an seinem Oberlaufe auf dem Nordhange des Kaukasus mächtigere Lössgebilde anstehen müssen. Es waren genau dieselben Trübungen die ich am Ssyr vor mir gehabt. Aber auch vom rechten Irgis-Ufer beginnend, überall, im ganzen Bereiche des Ssyr hatte ich immer denselben freilich schon durch Wasserwirkung zusammengeschlämmten Löss vor mir, in den wie wir jetzt schon wissen auch der Аша sein Bett gegraben '). Ich glaube mit Bestimmtheit angeben zu können dass er den Aral-Inseln in bedeutender Mäch- tigkeit aufliegt?). Den Ssyr flussaufwärts verfolgend traf ich den Löss immer mächtiger, immer deutlicher und karakteristischer entwikkelt je weiter ich kam, so dass die Gewässer der dem Kara-tau entspringenden Flüsse Bügünj, Aryss, Badäm, Keless, Angren u. s. w. in Betten fliessen welche sie viele Klafter tief in Löss hineingeschnitten haben. Am karakteristischsten jedoch und grossartig genug, dennoch aber nur im Kleinen sobald man es wagt sein Erscheinen in China zum Vergleiche heranzuziehen, stellte sich mir der Löss in Ferghanä dar. Auch findet er sich dort keinesweges isolirt, sonden wenn gleich in ein gesondertes Bekken gezwängt, gehört er doch offenbar als Ring zu der mächtigen Kette welche Centralasien umzingelt, denn nordwärtsam Thiön-schan haben unsere reisen- den Forscher ihn nachgewiesen 3), wenn auch nicht erkannt, und auch nach Südost hin bildet er ohne Zweifel die Unterlage der alten Kulturoasen Baktra und Merw, so wie des Central- Asien im Kleinen wiederholenden Eranischen Hochlandes, inmitten des Persischen Reiches’). ser Flächenausdehnung (Hobohm, Grundzüge für die Be- | men von Löss in den Umgebungen der Oase Khiwa seitigung der Ueberschwemmungen, 1877, II, p. 34, 39 | nachgewiesen worden. u. 5. №.) 2) Das was Alenizin (Труды Арало-Касп. Ixen. Ja der Löss geht offenbar in weiter Erstrekkung auch | 1877, У) auf Seite 53 über die senkrechten Abstürze und auf die Thäler der dem Baltischen Meere zuströmenden | Schluchtenbildungen eines Lehmes sagt, lässt sich nur Flüsse über. Lesen wir die Schilderungen des wegen | auf das Vorkommen von Löss beziehen, obgleich der von seiner Fruchtbarkeit in Preussen vielberufenen Kuja- | ihm auf Seite 59 als schwammig bezeichnete Lehm et- wischen Weizenbodens, der im Weichselgebiete sich bis | was ganz Anderes sein dürfte als Lösslehm. 400’ über die Meeresfläche erhebt, so können wir in ihm 3) Vergl. Richthofen a. a. О. Seite 140, 143. Die von den Löss nicht verkennen. Nicht nur die Feinheit jenes | Ssemenow am Tschu beschriebenen, und vou Sse- «mit Sand gemischten mergeligen Lehmes», sein hoher | wertzov an der Alexander-Kette beobachteten Kalkgehalt, das völlige Fehlen von Geschieben (vergl. | gelben Abstürze eines Lehmes ergeben sich allerdings Meitzen, p. 173, 211) sprechen für Löss, sondern in noch höherem Grade der Ueberschuss an Salzen welche sich häufig an muldenförmigen Stellen sammeln, in trokkener Zeit eflloresziren und auf die Vegetazion nachtheilig ein- wirken. 1) Schon Richthofen (a. a. О. р. 175 Anmerk.) hat angeführt dass nach russischen Berichten das Vorkom- unfraglich als Lössgebilde. Noch weiter östlich am Nordrande der Hochebene Centralasiens, an den Quellen des Obj, Jenisej und der Sselenga begegnen wir gleichfalls dem Löss (Richthofen ага: 049239). 4) Vergl. Richthofen China, р. 173, 175. 72 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Ми kekker Hand wird bei der nächsten Herausgabe der Lôsskarte !) die gelbe Farbe des Lösses die noch Ferghanä bisher frei liess, von hier aus beginnend, das ganze Mesopotamien zwischen Ssyr und Amu gleich wie eine Strekke nördlich und auch südlich von diesen Strömen bedekken dürfen. In wiefern auch der Untergrund der Baraba, unter 55° n. Br. den Lössgebilden zu- zuzählen ist, werde ich im Anhange № IT näher betrachten. Nachdem wir uns nun ein Bild verschafft von der, man möchte sagen Allgegenwart des Löss, meldet sich die Frage, ob es denn in der That überall dieselbe Substanz ist? Wir haben, wie gesagt, einen Lehmmergel vor uns, dessen Hauptbestandtheil unfrag- lich der höchst feinerdige, nach Richthofen’s Karakteristik, fast ohne Rest in die Poren der Haut verreibbare, durch geringen Eisengehalt braun-gelb gefärbte Thon ist; ferner ein fast eben so feinerdiger Kalk und ein aus ekkigen, gerollten oder ungerollten Körnchen bestehender Sand; beide in unbestimmten oft ansehnlichen ja, überwiegenden Verhältnissen beigemengt. Wenn wir oben zugaben der Hauptbestandtheil sei Thon so bezog sich das — die Be- wahrung muss ich hier ausdrükklich einlegen — nur auf die durch den Thon gebotene vor- waltende Bildsamkeit und Cohäsion der Masse. In Raumverhältnissen ausgedrükkt nimmt der Thon allerdings durchschnittlich ein grösseres Prozent der Gesammtmasse ein, aber dem Gewichte nach beträgt meistentheilsim Grossen und Ganzen der Sand °/, der Mischung, der Kalk ‘und die Thonerde kaum '/,,. Ferner waren Salzausblühungen in jedem beliebigen Kur- gan, in jeder Steilwand, und auf jeder beliebigen Höhe so ganz ausnahmslos im Löss vor- handen dass ich es für ungerechtfertigt halten müsste wenn diese Salze im Ferghanä-Löss nicht als wesentlicher Bestandtheil desselben zur Geltung gebracht würden. Trotz höchst verschiedenartiger Mischungsverhältnisse seiner drei Hauptbestandtheile, trotz seines ungeheuer ausgebreiteten Vorkommens, bleibt der Löss dennoch unter den recenten Ablagerungen die einzige welche durch die Gleichartigkeit ihres petrographischen Karakters sich überall wieder augenscheinlich als derselbe Lehmmergel kennzeichnet den wir nicht anders als Löss benennen können, sei es dass er in China, in Ferghanä oder in Europa uns entgegentrete. Das behält auffallender Weise seine Richtigkeit sogar dann wenn der Löss aus primärer Lagerstätte — der Landlöss — durch Gewässer herausgeschwemmt, und umgelagert worden, um sich von Neuem niederzuschlagen. Diesen nennt Richthofen den Seelöss, eine Be- nennung die für die Landschaften am Ssyr eine zu enge zu sein scheint: ich werde für ihn aus meinem Tagebuche den Namen Secundärlöss entlehnen. Jener, der Primär- oder Landlöss ist stets karakteristisch durch das was Richthofen Struktur, auch Textur nennt; nämlich die ihn gleich einem Schwamme durchziehenden meist mit Kalksinter ausgefütterten Röhrchen, von Wurzelabgüssen herrührend, wie wir auf Seite 67 schon angegeben. 1) Ebendas. p. 150, Taf. 2. GRUND uND Ворем. DER Löss. 73 Aus der vorwaltend senkrechten Richtung der Hauptröhren entspringt nun die Neigung des Löss zu vertikaler Zerklüftung, so dass er zu nicht nur steilen sondern vorzugsweise regelrecht senkrechten Wänden abstürzt, bis 500’ tief. Dabei ist die vollkommene Abwesenheit irgend welcher horizontaler Schichtung auf- fallend, was jedoch eine gewisse Absonderung von Bänken nicht ausschliesst. Diese wird durch nur angenähert horizontale Lagen von Ansammlungen der bekannten sogenannten Lüssmänuchen bedingt, welche Kalkconcretionen sind !), die offenbar durch Lösung des Kalkes im Löss, vermittelst kohlensaurer Tagewasser in die Tiefe geführt worden, und auf ihrem Wege auch die Wandungen der Röhrchen inkrustirt haben. Sehr passend, weil die Form dieser Concretionen wiedergebend, werden die Lössmännchen von den Chinesen Stein- Ingver genannt. Sie stehen mit ihren Längsaxen senkrecht, da sie während ihrer Ent- wikkelung sich den Röhrenzügen im Löss, gleich wie auch den Auswaschungen derselben, anzupassen haben. Der Seelöss Richthofen’s den ich wie gesagt Secundärlöss zu nennen vorziehe, ist horizontal geschichtet und hat jene schwammige und vertikale Struktur eingebüsst. Er ist weisslicher gelb von Farbe als der Primärlöss, stets stark salzig, und das Wasser in seinem Bereich nntrinkbar. Er liegt in der Mitte der Bekken, und entstand aus Zusammenspülungen des Primärlöss, von den Rändern her, und seine tiefste Stelle wird oder wurde, von einem Salzsee eingenommen. Fragen wir uns nun, was denn eigentlich die karakteristischen Merkmale des Löss sind, so möchte der Reisende der ihn ein Mal kennen gelernt und obgleich mit stürmischem Dreigespanne über die Steppe fliegend stets ihn wieder erkannt hat, fast mit dem Lands- manne des Löss, dem Chinesen, ausrufen: es ist ja eben kwang-tu, 4. 1. die gelbe Erde, die zugleich so mürbe ist, so zerreiblich lokker, so fein sich vertheilt, dass sie sich im Wasser wolkig schwebend erhält, und dasselbe gleichfalls bräunlich gelb färbt, so dass der mächtigste Strom (Hwang-ho oder der Gelbe Fluss) gleich dem Meere in das er fällt, davon den Namen trägt. Dasselbe muss man aber auch dem Wasser im kleinsten Zuleiter Ferghanä’s der bei einigem Gefälle durch Löss seinen Lauf hat, nachsagen. Auf diese feine staubartige Pulverung sowie die davon abhängende gleich- artige Durcheinandermischung der drei Hauptbestandtheile des Materials möchte ich hiebei ein besonderes Gewicht legen, denn Richthofen’s Definition ?): «Löss ist ein mit Struktur begabter Lehm, von wechselnder stets aber durch grossen Kalkgehalt und ekkige Gestalt der Quarzkörnchen ausgezeichneter Zusammensetzung» kann uns nicht ge- nügen. Hienach wäre sein Seelöss auf dessen Untersuchung er doch selbst so viel Gewicht legt, kein Löss mehr. Der genetische Zusammenhang des Landlöss mit dem Seelöss hat 1) Höchst interessant ist dass Prof. Schmidt unerwar- | dieses Werkes р. 11, № 36, und р. 18). teter Weise die Lössmännchen Ferghanäs aus kristalli- 2) а. а. O. p. 58. nischem Dolomit bestehend fand (vergl. Bodenuntersuch. Mémoires de l'Acad. Пар. des sciences, VIIme Série. 10 74 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Richthofen dazu geführt, eine, beiden gemeinsame Definition zu versuchen. Eine solche kann nicht gelingen. Der Primär- oder Landlöss ist eben durch seine wurzelschwammige Struktur und durch die gleichartige Durcheinandermischung der ungeschichtet gelagerten Bestandtheile treffllich gekennzeichnet, und diese innige Durcheinandermischung hängt ganz wesentlich sowohl vom feinen Korne des Materiales als auch davon ab dass es eben entschieden keinem Schlämmungsprozesse unterworfen gewesen. Der_Sekundärlôss ist dagegen geschlämmt, deshalb nothwendiger Weise in seiner Mischung verändert, auch geschichtet: er ist zu einer Unterabtheilung der Lehmmergel geworden, einer Unterabtheilung welcher der Name Löss nur so weit bleibt, als nachweisbar ist, dass er sein Material dem Primärlöss entnommen. Zerstäubt er durch irgend welche Vorgänge so kann er, obgleich aus Primärlöss entstanden, unter Umständen zu Neubildungen von Primärlöss das Material hergeben. Um nun auf die besagte braungelbe Farbe des Löss zurükkzukommen so ist sie merk- würdig karakteristisch, aber genau genommen doch nicht so gleichartig wie es im Allge- meinen den Anschein hat. Die Gewässer in Ferghanä werden bei stärkerer Trübung durch den Lössschlamm ganz undurchsichtig, braungelb gefärbt. Feuchter Löss ist weniger röthlich; manchmal tiefer braun. Je trockner der Löss wird desto mehr bleicht er ab, bis er schliesslich eine gelbweisse Farbe annimmt, welche dort wo der Secandärlüss, bei dem der Kalkgehalt durch Wegfall des Sandes überwiegt, als glatte Kruste oder Tünche sich ausgegossen hat, zu heller Sahnenfarbe abbleicht. Diese erscheint in grellstem Kontraste wenn unter solch’ weisser. dünner Kruste hervor Würmer und In- sekten ein dunkelbraun erscheinendes gepulvertes Material hervorstossen. Frisch gestürzter Akker im Löss erscheint immer tief braungelb, da er nicht anders als durch Bewässerung erweicht, in Angriff genommen wird; doch scheint auch der Aggre- gatzustand an und für sich die Färbung zu beeinflussen: je lokkerer desto dunkler, je fester glatter desto heller. Eine besonders dunkle Färbung tritt in der Salzwüste auf; nicht immer durch Ausschei- dung des Eisenoxydes. Wo ziegelrothe oder noch tiefer roth gefärbte Tinten auftreten lässt sich auf Nähe einer Gesteinart dieser Farbe im Untergrunde schliessen. Das nähere Eingehen auf die feineren Farbenunterschiede des Löss dürfte in Bezug auf Bodenkultur und namentlich Bodenschätzung in jenen Gegenden von Bedeutung sein. Geübte Kadaster-Beamte könnten ап ihnen bald einen trefflichen Halt gewinnen. Eines Theiles seiner ursprünglich im Primärlöss vorhandenen sandigen Bestandtheile verlustig gegangen, nimmt der Secundärlöss die Eigensehaften eines mit Kalkschlamm ge- mischten Thones an: er wird bündiger und schrumpft stärker. Langsam trocknend gestaltet er sich zur festesten Tenne, die sparsam von senkrechten Rissen durchsetzt wird, und lasse ich es deshalb unentschieden in wie weit jener bläulichgraue, aber auch bisweilen mit GRUND UND BoDeEn. Der Löss. 75 Lössweiss übertünchte Thon dessen ich früher erwähnte'), dennoch ein Secundärlöss sein dürfte, der sich aus schlammigen Wolkengebilden fliessender Gewässer niedergeschlagen, und durch spätere Auslaugung sich seines Ueberschusses an Salzen und Eisen entkleidet. Wo der Lössschlamm gleich einer kalkreichen Tünche sich wiederholt über festen Grund ergiesst, da gestaltet er sich krustenartig zu deutlichen Lagen, die aus einer Unzahl von Schichten zusammengesetzt sind. Lösen sich diese im Sonnenbrande, so zerplatzt die Masse vielfältig und rollt sich gleich Hobelspähnen auf. Nachdem wir uns darin orientirt was im Allgemeinen vom mittel-asiatischen Löss be- achtenswerth ist, wollen wir uns zum Hauptfundorte im Ferghanä-Thale begeben. Im ganzen Bereiche des Ferghanä-Thales fallen uns überall sich wiederholende Hü- gelchen auf, welche dem ebenen Boden aufsitzen. Sie wekken im Reisenden um so mehr die Erinnerung an die Grabhügel, Kurgane, welche im Süden des europäischen Russlands den Archäologen ein so weites Feld der Thätigkeit geboten haben als sie bei den Eingebo- renen denselben Namen führen. Ein hochgestellter Militär versicherte mich, die Hügel seien aufgeworfene Befestigungen, auf denen die sesshaften Eingeborenen gegen die an- stürmenden nomadischen Reiterschaaren Schutz gesucht, und unterschied ein allen gemein- sames System der Anlage: das eine Ende der flach angelegten Firste sei stets erhöht, das andere niedriger und stärker abgeflacht. Bald stösst man jedoch auf vereinzelte Hügel die- ser Art von solchen Dimensionen dass die Annahme, sie seien Menschenwerk, vollkommen ausgeschlossen bleibt °). Richtig bleibt nur dass sie im Laufe der Zeiten allerdings vielfach zu befestigten Punkten auserlesen wurden, daher die sich überall wiederholende Benennung Kurgan für Ortschaften die überdiess häufig auch denselben beliebten Vornamen führen, so dass Verwechselungen gar leicht möglich sind. Ich selbst stiess in der kurzen Zeit meiner Wanderung auf 3 Ortschaften die den Namen Utsch-Kurgan und 5 die den Namen Jany-Kurgan trugen, Im weiteren Verlaufe meiner Untersuchungen überzeugte ich mich davon dass es mit diesen Hügeln wahrscheinlich folgende Bewandniss haben müsse. Die ganze Ferghanä- Mulde ist ursprünglich mit Löss ausgefüllt gewesen und zwar erreichen die Lössmassen dort wo sie im Umkreise des Thales sich an die anstehenden Felsarten anlehnen noch gegenwärtig eine Meereshöhe von beiläufig 5000 Fuss. Wohl erst nach Ablagerung des Löss ist der Naryn in das Ferghanä-Thal durchge- brochen. Niveauveränderungen des Thalgrundes mögen wiederholt stattgefunden haben. Die 1) Seite 28. Gebirge (vergl. den Abschnitt: Meereshöhen). Aber auch 2) Taschkent selbst wird von einem solchen Hügel | bei Utsch-Kurgan am Isfairam das 3000’ Meeres- dominirt, der jedoch, weil nicht auf reiner Ebene stehend | höhe hat, sah ich den Löss 2 Klafter hoch dem Kon- und von Menschengewühl angetastet kein reines Gepräge | glomerat aufliegen der dort, 3 Klafter tief vom Flusse hat. Mein Sohn theilt mir mit dass beiTschinas mehrere | durchbrochen, mit senkrechter Wandung ansteht. Dass gewaltige Hügel dieser Art stehen. dieser Lösshügel nicht abgetragen und verschwunden 3) Direkt wurden von uns 3000’ gemessen, im Maili- | war verdankte er nur seiner Eigenschaft als Waisenland, 10* 76 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANÄ. letzte, deutlich erkennbare schwemmte ziemlich gleichmässig vom Boden der Mulde Ferg- hanä еше etwa 6—8 Klafter hohe Lössschicht fort, und hinterliess an verschiedenen Orten an denen die Strömungen sich theilten, Inseln, in Gestalt jener Hügel.') Die Ebene aber auf der die Hügel fussen, ist wie ich mich verschiedentlich davon überzeugt, ein ächter Primär-Löss.?) Im Grunde der Mulde haben besagte Hügel, dort wo sie ein deutlicheres ursprüng- licheres Gepräge beibehalten für gewöhnlich 6—8 Klafter Höhe, bei etwa beispielsweise 200 Schritt im Umfange. Eine längliche Form waltet gewöhnlich vor, und könnte, bei ge- nauer Aufnahme über das ganze Thal fort, die Richtungen der einstigen fortschwemmenden Strömungen trefflich illustriren, zumal im Verein mit der besonderen Beachtung gewisser selbstständiger Richtungsaxen zu welchen diese hier in Rede stehenden Lösshügel sich in einigen Thälern aneinander reihen. 3) Solchen Richtungsbestimmungen würde die Beachtung weit sich erstrekkender Höhen- züge zu Hilfe kommen, welche offenbar aus Löss bestehen der von breiten muldenförmigen Thälern durchzogen ist. Alle diese Richtungen schienen mir gegen die Mitte und zugleich gegen den Ausgang des Ferghanä-Thales ziemlich fächerförmig zu convergiren.*) Das bedarf vervielfachter Beobachtungen. 1) Demnach hätte sich also hier Aehnliches zuge- tragen wie mit den von Baer bei Astrachan beschrie- benen Bugry, welche Barbot de Marny durch Ab- schwemmungen der Kaspischen Formation erklärt (Труды С. Петерб. Общ. Ест. VI, 1875 стр. XXV). Eine treffliche Illustration zu den Vorgängen bei einer solchen Katastrophe, liefert die Station Burdshar in etwa 30 Werst Entfernung von Tschimkent. Zu trokkener Jahreszeit fährt man, von Tschimkent kom- mend, Werste lang im Grunde von engen Klüften zu deren. beiden Seiten senkrechte Lösswände anstehen. Dicht hinter der Station die auf halber Höhe steht, be- findet sich das etwa %, Werst breite Thalgebiet des Ssajräm der zu einem winzigen schilfbewachsenen Rinnsale zusammengeschrumpft ist, während am jen- seitigen Ufer des Thales hohe, helle Löss-Abstürze gar viele Klafter hoch als Zeugen dafür dastehen, wie ge- waltig bisweilen die Wasser hier zu wüthen pflegen. Der Thalgrund ist trefflich begrünt, weil feucht, und die Pferde lobten die Weide deren Futter sie schon seit dem März in Stand gesetzt hatte. 2) Sogar die Fundamente der russischen Stadt Neu- Margelan erreichten schon in der Tiefe weniger Fusse die deutlichste ungeschichtete wurzelschwammige Struk- tur, so dass also hier, in nur 1600’ Meereshöhe, einst Landpflanzen ihre Wurzeln trieben, und die Annahme eines früher vorhanden gewesenen abflusslosen Bekkens, durch diese Beobachtung als unmöglich erscheint. 3) Im Thale des Dorfes Nanaj sah ich von dem einen dieser Hügel noch 3 andere, ganz ähnliche; jeder von dem anderen etwa М, Werst abstehend. Sie standen in einer Line SWzS—NOZN, aber nicht genau in der Längs- axe des Thales, welche gegen NNO gerichtet ist. Eine zweite Reihe solcher Hügel zeigte sich dort gleichfalls, so wie auch noch manche zerstreut stehende. Sie gehörten zu den kleineren, denn bei 7 Klafter Höhe, maass derjenige den ich bestieg 50 Schritt Länge, bei 30 Breite. Hie und da von den Bewohnern hervorgeholte Kalk- steinplatten welche sich trefflich zur Ueberbrükkung der Wässerungsgräben eigneten, regten den Verdacht an, dass ein fester Steinkern als Unterlage die Fortschwem- mung dieser Hügel gehemmt. Zwischen Spon und Isfairam-Utsch-Kurgan war die Richtung in der zwei nur \/, Werst von einander abstehende Löss-Kurgane (von denen der eine schon bei- nahe ganz abgeführt war) standen 080. Um so auf- fallender und wie mir scheint sprechender, als das Thal SWzS gerichtet, aber in NzW ein Durchbruch sicht- bar war. Gegenüber Naryn- Utsch-Kurgan wies die Längs- axe des der ersten Uferstufe aufsitzenden Lösshügels auf die Richtung NO-SW. 4) Im Norden von Namangan hatten die hochebenen Höhenzüge des Löss, welche dort nebeneinander liegende, parallele Thäler schieden, eine NS-Richtung. Am Ak- GRUND UND Ворем. DER Löss. 11. Um nun wieder auf die Lösshügel zurükkzukommen so sei dessen noch erwähnt, dass diejenigen die sich am Rande der Ferghanä-Mulde finden, im Angesichte der Gebirgs- mauern stehend, höher sind als weiter thalwärts. Gleich einem breiten Thurme sah ich einen solchen Lösskegel, ') durch einen festeren Konglomeratvorsprung geschützt, sich aus der abgeschwemmten Gegend erheben ; im Grossen den Erdkegeln der Form nach entspre- chend welche beim Abbau von Erdreich behufs Verwendung zu Eisenbahn-Dämmen zurükk- gelassen werden, um die Berechnung der abgeführten Erdmassen zu ermöglichen. Es war dies jedoch eine ungewöhnlichere Form zu deren Bildung besondere Umstände und auch Menschenhände beigetragen, um die Gipfelfläche zu einer unersteigbaren Feste zu erheben. Die Ruinen, oben, sprachen dafür mit voller Beweiskraft. Es ist überhaupt nicht leicht auch nur einen Hügel dieser Art anzutreffen der ganz unberührt dastände. Trägt er nicht die Spuren einer Feste, so lehnt sich doch an ihn wo- möglich ein Dorf, oder es steht auf ihm eine Kapelle d. i. eine Eremitenbehausung oder das Grabmonument eines Heiligen. Wo ein solcher nicht seinen allmächtigen Schutz bietet, da erscheint unfehlbar der thatkräftige Ketmen, und Tausende und aber Tausende von Karren- ladungen dieses Mineraldungs führt der industriöse Akkerbauer auf seine Felder. Unzähl- bare Kurgane dieser Art sind schon verschwunden, andere bis auf Stummeln abgebaut, und der Verbrauch derselben geht in derselben Weise fort. Jahr für Jahr verändert sich der Zustand, ja das Vorkommen dieser Kurgane. Am kleinsten und am meisten verflacht fand ich sie in der Ebene unterhalb Utsch- Kurgan dort wo der Naryn nachdem er aus engen Gebirgsschluchten. hervorgebrochen, in eine unabsehbare Ebene tritt, die südwärts, auf dem rechten Ufer des Ssyr, sich in bura, zwischen den Dörfern Kuljä und Aim, sah ich | durch besonders starke Salzausblühungen bemerklich eine Kette von Vorbergen welche ganz aus Löss zu be- stehen schien. Sie schien O-W gerichtet, einige Hundert Fuss über das Thal sich zu erheben, und bildete das nördliche Ufer eines 7 bis 10 Werst breiten Thales, in dessen linkes Ufer in den von Konglomerat überdekkten Löss, der vielberufene misslungene Khudojar-Kanal hineingeschnitten war. 1) Den merkwürdigen Ssary-Kurgan, der auf der Zeichnung der Wasservertheilung des Ssoch-Flusses (im Abschnitte «Bewässerung») eingetragen ist. Hier wo der Ssochfluss, aus dem Gebirge hervorbrechend, eine weite Geröll-Ebene sich zurechtgepflastert hat, lehnt dieser Hügel, dem Geröllbette entsteigend, sich an die Konglomerat-Bank an, welche das Geröllbette in Osten begränzt. Er ist etwa 80 Schritte lang, und halb so breit, bei mindestens 50’ Höhe. Ausserdem sind folgende Löss-Kurgane die ich näher besichtigte in meinem Tagebuche angemerkt: Bei Woadilj wurden mehre zu Dung abgetragen. Etwa 8 Werst von Margelan nordwärts, auf dem Wege nach Jasawan, steht rechts ein Kurgan der sich macht. Weiter, auf dem Wege von Kara-tepe nach Scha- richanä, erhebt sich in der Salzwüste ein 5 Klafter hoher Hügel, der an 120 Schritte Umfang hat. Früher klebten an ihm Häuser und die Spuren derselben täusch- ten durch scheinbare Schichtung. Durch und durch zeigte er die deutlichste Struktur, stand auch, weil zu Dung stark untergraben, mit senkrechten Steilwänden an. Näher zu Scharichanä standen noch einige solche Hügel von denen einer heilige Fahnenfetzen trug. Zwischen Scharichanä und Assake untersuchte ich einen solchen stark angestochenen, kaum 4 Klafter hohen Hügel. Auf dem Wege von Chodshawat nach Aim gab es nicht wenige Löss-Kurgane. Zwischen Kokan-kischlak und Isbaschan findet sich eine etwa 2 Meilen im Durchmesser haltende Fläche, die im Halbkreise, sowohl in МО als auch SW, von so hohen Ketten umgeben ist, dass wir uns noch um die Mitte April von Schneegebirgen umgeben sahen. Auch auf dieser Fläche waren Löss-Kurgane zu sehen. А DEE А, О А ОЕ УСАЧЕВА ВАРЫ х HR SR AE к : №: BA PAT ST ö Hl чу ры 78 А. ту. MIDDENDORFF, FERGHANA. die ungeheuren Morastflächen verlaufen, welche vom Meridiane Scharichanä’s bis zu Na- mangan reichen sollen. Auf dieser Ebene steht eine Unzahl solcher Lösshügelchen, die aber eben so klein als niedrig sind. Sie trugen durchgängig die Spuren ihrer noch in der Jetztzeit fortwährenden Bespülung durch periodische Hochwasser: sie werden abgeschlämmt, über den Boden der Umgegend aufgespült und erscheinen nicht selten wie mit einer Löss- tünche (Secundärlöss) übergossen. Auch die durch die Ueberschwemmungen gestörte, un- dichte Vegetazion dieser Flächen ist eine ganz andere, !) völlig verschiedene von derjenigen der üppigen dominirenden Höhen, Abhänge und höher gelegenen Thäler der Lösssteppe, welche wir, von Osten kommend, bis Utsch-Kurgan durchzogen hatten. ?) Uebrigens hat man sich diese spülenden Wirkungen des Wassers wohl grösseren Theiles als durch Ueber- fluthungen von den hier wasserreichen, hochgelegenen Zuleitern her, erzeugt, zu denken. Bis 2 Klafter tiefe Einrisse und Abstürze bezeugten das deutlich. Unvergleichlich mächtiger standen die Lössmassen auf dem rechten Ufer des Ssyr, am Fusse des Gebirgswalles, an, als am linken. Von Naryn-Utsch-Kurgan aus ritt ich zu zwei verschiedenen Malen in nördlicher Richtung zu den Maili benannten Plätzen hin. Ueber ein weites Thal dessen Boden aus Löss bestand, bei einem Löss-Kurgan vorbei, über zweifache vorzeitliche Uferstufen fort,’) gelangten wir in ein breiteres Mündungsthal mit trokkenem Flussbette, und aus diesem in die immer weiter aufwärts führenden Veräste- lungen ausgespülter Thäler die bald von senkrechten Abstürzen eingeengt waren, bald und vorwaltend, minder schroff, aber dennoch steil zu den anliegenden Höhen emporführten. Dem weichen und senkrecht zerklüftenden Materiale des Löss entsprechend wurde der Auf- stieg im Thalgrunde immer steiler, immer enger, je höher wir stiegen, der Löss gestaltete sich zu immer romantischeren Gipfeln und Kämmen bis endlich steil gestellte, schmale Konglomeratbänke hie und da aus dem Löss hervorgukkten, Zu scharfen Graten ging es hinan, bis vor uns wieder ein Nebenthälchen sich öffnete, das, steil hinab, bisweilen in ein tiefes und breites Querthal führte. So ging es fort in diesem zerrissenen Wirrwar hinauf und wieder hinab, bis wir auf einem der höchsten Grate des Lösses standen, den wir beinahe 4000’ hoch über der Meeresfläche maassen. Im Westen überragten uns hohe Kalksteinwände, deren Umrisse sich zu abentheuerlichen Thürmen und Zinnen gestalteten, aber vor uns, nordwärts, verlegte uns ein mit Blökken und Trümmern belegter Abhang eines Kalk-Grates‘) den Weg, und jenseit lag immer noch ein unübersehbares Meer von Lössgipfeln und Lössgraten, das uns von dem zusammenhängenden Felsgebirge trennte, dessen weissglänzende Schneegipfel wir sicher zu erreichen gehofft. Zwischen einer vorge- lagerten Kalksteinkette und der dahinter befindlichen dem Anscheine nach aus krystalli- 1) Bis auf die nähere Bestimmung sei hier erwähnt 3) Der Kurgan sitzt der ersten Uferstufe auf, etwa dass es vereinzelte Artemisien, Trigonellen, Mohnpflanzen | eine Werst vom jetzigen Narynbette. Die zweite Ufer- waren, und ein Kraut, dessen Blumen unter den Pferde- | stufe steht etwa 4 Werst vom Naryn ab. Mit dieser be- hufen zerplatzend weidlich klatschten. ginnen die Thäler der Vorberge des Löss 2) Von Isbaschan an. 4) Er verlief in der Richtung 025. то GRUND омр Bopen. Löss. 79 nischen Gesteinen bestehenden Gebirgspartie, war doch wiederum noch Löss abgelagert. Ein gelegentlich wieder ostwärts leitendes Thal das sich zwischen den Kalkfels und den Löss hineingearbeitet hatte, führte uns schliesslich an das rechte Ufer des Naryn, der hier von Felswänden eingeengt, hervortoste. Hier war das Bild ein besonders wirres. Westwärts davon, wo wir im Thale der Potsch-atä, beim Dorfe Nanaj vorbei, bis in die Gebirgsschlucht hineinritten, aus welcher die Potsch-atä hervorbricht, bot der Löss eine ruhigere Landschaft: die Abhänge waren minder steil, die Höhen gerundeter, man ritt fast zu gewellten Hochflächen hinauf, nur seltener von eingerissenen Thälern durch- brochen. So ritten wir über eine halbe Meile ostwärts, da, plötzlich und unerwartet standen wir vor einer mehre Hundert Fuss sich senkrecht in ein kleines Kesselthälchen hinabstür- zenden Lösswand. Weit nach Osten zog sich der tiefe Thaleinriss der dem Kessel Abfluss gab. Gen Norden lehnte der Löss an riesig emporgerichtete Kalkwände. Konglomeratbänke welche auf dem rechten Ufer der Potsch-atä diesen Gebirgstluss nach seinem Austritte aus dem Felsenwalle, begränzten gaben die Lösung des Räthsels wa- rum das Lössvorgebirge hier andere Gestalt als am Naryn gewonnen batte. Je weiter die- sen Fluss abwärts, bei Jany-Kurgan vorbei, bis Namangan, desto deutlicher traten söhlige Konglomeratbänke aus den Abhängen des rechten Thalufers hervor welche die N-S gerichteten Lösszüge gestaltend beeinflussten). Noch weiter ostwärts an der nördlichen Umgränzung des Einganges zum Ferghanä- Thale, dort wo ich durch das Fernrohr die Vorberge von oben herab dicht mit dunklen Parallelstreifen besetzt sah, mögen einseitig eingerissene Thäler den Löss furchen. Am Südrande des Ferghanä-Thales dagegen, bei dem (anderen) Utsch-Kurgan das am Isfairam-Flusse liegt?), sind die Lössgebilde wieder etwas anders gestaltet: es sind geringere Massen, welche in Gestalt von hügligen Vorgebirgen an Konglomerat, Kalkstein und Gips-Vorberge sich anlehnen; sie gleichsam überkleidend. Aus diesen Beschreibungen ist ersichtlich dass die Gestaltungen des Löss in Ferg- hanä weit davon sind den typischen Bildern zu entsprechen welche uns Richthofen so plastisch vor Augen geführt. Weder gibt es hier das Gewirre von Klüften, mit den so künstlich durch dieselben führenden Hohlwegen, noch auch nur die geringste Andeutung von den Terrassenbildungen, mit ihren troglodytischen Wohnungen, ja Dörfern die im Werke Richthofens so karakteristisch dargestellt?) und geschildert sind. Eben so wenig bringt 1) Schon oberhalb Nanaj, im Angesichte des Dorfes | etwa nur 12° einfallend. Verfolgt man sie flussaufwärts sieht man das rechte Thalufer an 600’ hoch von Konglo- | so scheint das Einfallen nach SWzW abzuweichen, und merat-Bänken begränzt, während das gegenüberstehende | darauf sieht man, im Angesichte einer Felsenwand des linke Ufer des Thales der Potsch-atä von lauter mas- | Kalksteingebirges den Konglomerat unter 85° fast auf sigen Lössbergen bedekkt ist. Verdekken diese etwa auch | den Kopf gestellt. in geringerer Tiefe Konglomerate? Die mächtige Konglö- 2) Beim Dorfe Mojän. meratbank des rechten Thalufers zeigt sich nach SSWzS 3) Vergl. China, 1877, I Seite 68, 72, 73, 96. 80 z A.v. MIDDENDORFF, FERGHANAÄ. es in Ferghanä die badeschwammartig von Kanälchen durchzogene Struktur mit sich dass, wie Richthofen, von China berichtet: «das Wasser vom Primärlöss aufgesogen wird wie von einem Schwamme und deshalb die stärksten Regengüsse nur geringe Spuren auf seiner Oberfläche hinterlassen, dass keine Seen, keine Dümpel sich bilden, keine Quellen aus dem Löss selbst hervorgehen». Im Gegentheil, er verhält sich ganz so wie auch Richthofen den durch Zerfahren gekneteten Löss schildert. Hat er sich angesogen so bildet er ein so sehr wasserhaltendes Gebilde dass wir nach mehrtägigem Regen in Dörfern und zumal in Städten durch knietiefe Teiche waten mussten welche die Strasse füllten, und trotz der Lufttrokkenheit erst nach 3—4 Tagen auszutrokknen vermochten. Bei genauerem Eingehen finden wir auch dass — so weit ich darüber ein Urtheil ge- winnen konnte — in Ferghanä der Löss nur wenig Landschnekken-Gehäuse, und noch weniger Lössmännchen enthält. Diese liegen, wo sie sich zeigen, vereinzelt und sind nicht zu Schichten gelagert.) Die Landschnekken zeigen sich erst in grösserer Menge an den aus Löss errichteten Mauern. Hervorgewaschen treten sie mit der Zeit an deren Ober- fläche heraus. Wenn der europäische Löss gleichen Alters mit dem asiatischen sein sollte so ist es in ; Betreff der Lehre von den Leitmuscheln im Allgemeinen recht belehrend dass ich keine einzige der in Europa leitenden Arten, die doch eine äusserst weite Verbreitung besitzen, im Löss vorgefunden; nicht ein Mal рара muscorum, die doch sicher in Ferghanä lebt. Statt dieser, der Helix hispida und Succinea oblonga sind im Ferghanä-Thal andere Arten. Jedenfalls müssen wir aber vom malakozoologischen Standpunkte es unzulässig finden wenn Richthofen?) die Artenarmuth und geographische Gleichheit der Leitmuscheln des Löss zu Hilfe zieht um zu beweisen dass der Löss in Europa sich bildete als «das Land dort mit Steppen bedekkt war, wie jetzt die östliche Mongoleiv. Succinea oblonga ist ein ent- schiedenesThier luftfeuchter Oertlichkeiten, und Helix hispida, wiepupa muscorum deu- ten auch vorzugsweise aufschattige, wo möglich feuchte Fundorte, nicht aber auf Steppenklima. Alles wohlerwogen stellt sich der Ferghanä-Löss nur deshalb landschaftlich anders dar, als der typische chinesische, weil er unter bedeutend feuchterem Himmel gelagert ist. Ob dieser zugleich, etwa durch stärkeren Sandgehalt, minder bakkend ist als jener lässt sich, so lange wir noch keine Analysen des chinesischen Löss besitzen, nicht ermitteln. Wir dürfen aber die frühere Oberfläche des Löss uns wohl als eine Ebene denken, welche das Thal bis zu zu 4 bis 5000’ Höhe füllte und durch die Einwirkung der Tagewässer in be- sagter Weise gefurcht wurde. Sei es dass lange Jahre das Werk vollendeten, sei es dass Perioden stärkerer Regen- und Schneefälle mitwirkten. Sogar über seine wirresten Grate und Hänge hinüber ist dennoch der Löss in Ferg- 1) Der Kalkgehalt ist darum nicht geringer. Auch | häufig inkrustirt. fand ich die Wurzelröhrchen der Struktur des Lösses 2) а. а. О. р. 172: GRUND UND BODEN. Löss. 81 hanä gangbar und der unbarmherzige orientalische Reiter findet kaum hie oder da nöthig abzusteigen, um es dem Pferde zu erleichtern. Man stösst auf kein Labyrinth von Schluchten das sogar für Fussgänger unzugänglich wäre; kurz auf kein entschiedenes Hinderniss für den Verkehr. Es kommen eben die senkrechten Steilwände nur in den Mündungsthälern dort vor, wo die trokkenen Betten zu Zeiten strömender Gewässer an die eine Thalwand anstreifen und Abstürze von einigen oder vielen Klaftern Höhe zu Wege bringen. Nur die von überhängenden Konglomeratbänken überdachten Steilufer halten sich. Alle übrigen Gehänge sind gleich wie es sonst bei Lehm vorkommt, überwaschen und verstrichen. So auf den Höhen der Umrandung der Ferghanä-Mulde, dort wo die Ablagerungen des Löss die grösste Mächtigkeit und wie wir oben nachgewiesen nicht nur eine Meereshöhe von 4 bis 5000’ sondern wohl auch eine Mächtigkeit von 2000’ und mehr erreichen. Deshalb versinkt auch das Schnee- und Regenwasser nicht in der Lössmasse sondern furcht sich seine Rinnsale. = Weiter abwärts, wo die Gewässer tief in den ebenen Lössboden einschneiden kommen aber nicht selten solche senkrechte Ufer vor wie Richthofen sie abbildet,') aber sie er- reichen nur ausnahmsweise?) 50’, geschweige denn 500, wie am Gelben Flusse. Im Kleinen wiederholt sich aber überall dasselbe Bild; eine Folge dessen, dass der Primärlöss niemals geschichtet ist und immer die besagte Struktur hat; denn eine solche ist auch in Ferghanä fast nirgends zu verkennen?). Der Primärlöss wird unterspült und fällt dadurch zu senk- rechten Steilwänden ab. Das ist der Vorgang den Richthofen den Unterminirungsprozess nennt und der so wie auch die Unmöglichkeit von Quellen im Primärlöss allerdings innig an seine Struktur geknüpft ist. Interessant ist dass hier aus ähnlicher Ursache dieselbe Folge sich ergeben mnss die ich an den Eisfeldern Sibiriens beobachtet, wo mit dem Spiessig- werden des Eises im Frühjahre auch ein Versinken des Wassers und Hervorbrechen in den tiefsten Schichten, verbunden ist‘). Ein ganz wesentlicher Unterschied vom chinesischen Löss besteht darin dass ich nir- gends bei Richthofen des Verhältnisses zwischen Konglomerat und Löss erwähnt finde 1) Vergl. a. а. О. 5. 60, 115, 117. Noch bevor man das Ferghanä-Thal erreicht hat, 2) Im Kleinen vollkommen analog gestalteten sich die | auf halbem Wege von Taschkent, fährt man im Dorfe Löss-Abstürze des rechten Ufers der Potsch-atä dicht | Pskent (Biskent) an etwa 50’ hohen Löss- Abstürzen oberhalb des Dorfes Jany-Kurgan Die Wände hatten | vorüber, die unfraglich Primärlöss sein mussten. 4 Klafter Höhe; die sogenannten Kastellformen Richt- Eben so bei der Station Ak-Dshar, 33 Werst von hofens verdünnten sich bis zuSäulchen von nur 3’Durch- | Taschkent, nach Tschimkent hin. Hier stehen am Ufer messer, bei 4Klafter Höhe. Es bildeten sich kleine Laby- | des Keléss, dessen linkes Ufer von Hochwassern an- rinthe von schroffen Abstürzen, die von oben bisunten hin- | gegriffen wird karakteristische Uferabstürze von etwa ab einschnitten, und bei vorschreitender Unterwaschung | 35’ Höhe. kam es dann schliesslich zur Abtheilung besagter Säulen. 3) Die Ausnahmen werden weiter unten zur Sprache Die Ursache dieser Deutlichkeit der Erscheinungen | kommen. gerade an diesem Orte lag klar zu Tage. Die den Löss 4) Vergl. Sibir. Reise, IV, 1, p. 443, den Holzschnitt unterlagernde Geröllschicht war lokker, und wurde von | mit dem auf p. 115 Richthofens, Hier wie dort in der Sikkerwassern herausgespült. Daher die Nachstürze. Tiefe Höhlungen aus denen Wasser hervorbrach. Mémoires de l’Acad. Imp. des sciences, УПше Serie. 11 82 А. v. MIDDENDORFF, FERGHANA. Es scheint dass Richthofen den Löss nirgends in seinen Beziehungen zum Konglomerat beobachtet hat, weil er eben zu mächtige Lössablagerungen, in zu grossen Entfernungen von schroff emporsteigenden Gebirgen besuehte. Indessen können wir uns durch diese Rükk- sicht nicht ganz beruhigen lassen, da Richthofen von der Schuttsteppe im Lössgebiete spricht, d. h. von bedeutenden Einschlüssen scharfkantigen Gebirgsschuttes, welche Ferg- hanä nur in der unmittelbarsten Nähe zu Tage durchbrechender Felsmassen kennt. Ja, er erwähnt sogar, obgleich nur ganz gelegentlich!), dass Schichten von grobem Geröll, Kies und Sand mit dem Lössschlamme wechselten. Das fand jedoch nur mit dem Seelöss statt. In Ferghanä treten die Konglomeratbänke und Lössmassen (also Primärlöss) in der innigsten Wechselbeziehung zu einander auf, so dass sie sich als gleichzeitige Bildungen während einer unendlich langen Periode dokumentiren, obgleich beide einer jüngeren Ver- gangenheit ihr Entstehen verdanken. In dieser Hinsicht ist also dort die Lössbildung der- jenigen unserer europäischen Alpen vollkommen analog. Man sieht in Ferghanä schon südlich vom Ssyr Löss unter den Konglomerat geschoben, doch könnte man häufig im Zweifel bleiben ob das nicht nur scheinbar ist, und die Konglomeratbank in der Tiefe nicht etwa ausgewaschen sein könnte, so dass der Löss nur scheinbar unter die überhängende Konglomeratbank sich schiebt. Da die Lössfelder sich oft mit langen Zungen in Buchten der Konglomeratfelder hineinziehen so ist zu solcher Voraussetzung nicht selten Veranlassung geboten. Auf dem rechten Ufer des Ssyr schwinden aber bald die letzten Zweifel wenn man Gelegenheit hat an steiler Wand wohl in 100° Höhe und mehr, oft nur wenige Fuss starke Konglomeratbänke aus der Lössmasse hervorragen zu sehen. Es gibt Oertlichkeiten an denen eine dreifache Lage solcher Konglomeratbänke aus zwischengelagertem Löss hervor- tritt). Die Konglomeratlagen sind dann nur wenig geneigt. Da diese Konglomerate sich durch nichts als einzig und allein durch die feste Ver- kittung ihrer Rollsteine, Gerölle und Sande unter einander von den Geröllbetten der noch jetzt thätigen Flüsse unterscheiden, so wird man, bei der Wucht welche vorausgesetzt werden muss wenn Bergströme so grosse Rollsteine wie die des Konglomerates fortzureissen hatten, zu der Voraussetzung genöthigt dass die Oberfläche des Löss noch gefroren war, so oft die unterste Schicht der Geröllmassen des Konglomerates über die Lössfläche gedekkt wurde. Га. а. О. р. 82. bildet, zeigt dieselben 3, wenigstens 2 Konglomeratbänke 2) Am Deutlichsten zeigt sich das auf dem Wege von | wenn man von Osten, vom Dorfe Tschartak kommend Jany-Kurgan nach Namangan. Man hat im Westen | gen Jany-Kurgan reitet und daher die einem zweiten einen hohen Lösszug neben sich aus dessen Wand in | Thale zugewendete Ostseite dieses Lösszuges vor sich hat. 3 Reihen, über einander, ziemlich söhlige Konglomerat- Auch im Maili-Gebirge, in der Nähe des Petroleum- bänke hervorstehen. brunnens ragt eine Konglomeratbank, auf der Höhe von Ein diesem Lösszuge paralleler zweiter, gleichfalls | mehreren Hundert Fuss aus der Lösswand heraus; über Rest einer früheren Ebene, der das dem eben beschrie- | ihr abermals Löss. Ostwärts davon wiederholt sich das- benen gegenüberstehende linke, östliche Ufer des Thales | selbe gar oft, GRUND окр Ворем. Löss. 83 Bei späteren Ausbrüchen war dann schon ein schützender Ueberzug durch das vorhergebildete Geröllbette vorhanden '). Die nur klafterdikken Konglomeratschichten, inmitten mächtiger Lössmassen beweisen dass inzwischen entweder die Gewässer durch die vorgeschobenen Schuttmassen sich selbst periodisch die früheren Wege verlegt und deshalb neue nach anderen Seiten eröffnet, oder dass dieselbe Hemmung des Abflusses zwischendurch in Folge von vor sich gegangenen Hebungen oder Senkungen des Gebirges zu Stande gekommen. In den Zwischenzeiten wurden allmälig wieder Lössmassen von bedeutender Mächtigkeit abgelagert, dann erfolgte wieder das Ueberströmen eines Gebirgsflusses u. s. w. So viel über die Wechsellagerung mit den Konglomeraten. Ausserdem stossen wir aber mitten im Primärlöss auf Schichten und Nester kleinerer Gerölle, nebst Sand die keinesweges zementirt sind, sondern so aussehen als wären sie erst gestern entstanden. Was haben wir von solchen zu halten? wenn sie — ich wiederhole es ausdrükklich — in unver- kennbaren Primärlöss eingebettet sind ?). 1) Die ausnehmende Härte dieser glattgeschliffenen Quarz-, Granit-, Syenit- ete. Gerölle, die den Schlägen des geognostischen Hammers hartnäkkig widerstehen, kontrastirt seltsam mit dem milden Lössbette auf dem sie ruhen; ja schon die Härte der Marmor- und Kalkstein- Gerölle steht zu ihm in auffallendem Gegensatze. 2) So z.B. in dem Maili-Gebirge, auf dem rechten Ufer des Naryn, wiederholt. In den Abstürzen des rechten Ufers der Potsch-atä, dicht bei Jany-Kurgan, zeigte der Löss noch in vier Klafter Tiefe ausgezeichnete Struktur. Der Durchmesser der grössten Schwammlöcher betrug über eine Linie; nichtsdestoweniger lag ein paar Fuss tiefer ein Geröll- Lager das lokker herausfiel und gar nicht zementirt war. Darunter wieder Löss mit Struktur, aber auch stellen- weise ohne, obgleich scheinbar genau derselbe wie nebenan. Weiter abwärts im selben Thale, an dessen Westufer, fand ich unter 6 Klafter Löss zwei Klafter Geröllgrand, und unter demselben 1!/,’ feinen Sand, der wiederum auf sehr zähem, dunklerem Löss lagerte. Besonders deutlich zeigte der verunglükkte Zuleiter (Aryk) des Khudojar-Chan, den ich von Assake bis Kuljä hin verfolgte, das Verhältniss des Löss zu den ihn unterlagernden und überlagernden Gebilden. Die Lösswand auf dem linken Ufer des Kara-ssu ‚(Ak-bura?) verlief hier in der Richtung SSO-NNW. An 100’ hoch über dem Flussbette, und etwa auf halber Höhe von der nach NNW unter einem Winkel von 10° abfallenden Hochebene, war in die steile Lösswand hin- ein ein 10’ breiter Kanal angelegt. Es war der gewöhn- Hier wechselten offenbar Wasserwirkungen mit (vielleicht auch nur Rollsteine) gelagert schien. Im Löss stekklen hie und da, in geringer Anzahl verstreut, kleine Geröllchen, unter denen nur zwei auf der ganzen Strekk e sich fanden die Faustgrösse erreichten, während die Mehrzahl höchstens 1 bis 2 Zoll Durchmesser hatten, übrigens aber ganz vereinzelt vorkamen. Im Löss trat eine röthliche Lage von 21/,’ Dikke auf, welche durch eine 2’ dikke Lage gelben Löss von einer zweiten röth- lichen Lage getrennt war. Diese Lagen zeigten Spuren von Schichtung, unter 10° gen NNW fallend. Etwa 3 Werst von Assake entfernt sonderte sich in der Lösswand eine immer deutlichere Sandschicht heraus; zuerst 1’ dikk, dann durch deutlich geschichtete Geröll- lagen verstärkt. Der Sand wuchs nesterweise zu grösserer Stärke an, bis schliesslich unter einer eine Klafter starken Sandschicht sich 4’ Löss zeigten, und unter diesen wie- derum 2 Klafter Sand, der sich in der Tiefe unter dem Schutte verlor. Ausserdem unterschied ich an einer Stelle einen nach oben hin sich spitz auskeilenden senkrechten Spalt, der nach unten, so weit ich ihn verfolgen konnte bis 11/, Fuss breit wurde und wegen seiner Füllung mit andersfar- bigem Löss deutlich erkennbar war. An einer zweiten Stelle bemerkte ich eine verwor- fene, lehmige, in Blätter gespaltene Schicht welche unter 25°—30° hinabschoss. Unter wie über allen diesen Lagen war im Löss deut- lich Struktur erkennbar. An manchen Stellen verschwand jedoch die Struktur völlig. Lössmännchen liessen sich gar nicht sehen. Ausserhalb des Ferghanä-Thales sah ich an den liche gelbe Löss über welchem eine Konglomeratschicht | Abstürzen des linken Ufers vom Keléss (33 Werst von 11 84 A. v. MIDDENDORFF, FERGHANÀ. subaörischen ab. Dabei ist nicht zu vergessen dass auch im Konglomerat Schichten vorkommen deren Zusammenhang noch sehr gering ist, so dass namentlich sandige Zwischenlager des- selben leicht auswittern oder auch bei Blosslegung sofort herausfallen. Da fragt sich denn, ob diese scheinbar so jugendlichen Gerölllager, es auch thatsächlich sind, oder ob sie nicht vielleicht mit dem Konglomerat von gleichem Alter sein dürften und nur unter Verhältnissen eingebettet lagen welche ein Zementiren, ein Zusammensintern ausschlossen? Bekanntlich überlagert in Europa der Löss die älteren Diluvialbildungen, so wie die erratischen Blökke; er ist jüngeren Ursprungs als der alte Meeresboden. Im Zusammenhange mit diesen Betrachtungen steht nun auch ein anderer Umstand. Die Masse des Primärlöss zeigt sich, zumal an ihren schroffen Abstürzen, wo man sie in frischem Anbruche vor sich hat, häufig, ja meistentheils, vollkommen gleichartig, voll- kommen rein; namentlich ohne die geringste Einmengung von Geröllen oder Geröllchen irgend welcher Art. Schaut man aber näher nach, so entdeckt man dennoch hie und da ein eingebettetes Geröllchen das meist sehr klein, aber doch oft die Grösse einer Wallnuss erreicht, also so gross ist dass es nicht vom Winde hat herbeigetragen werden können, es sei denn dass man einen sehr heftigen Wirbelwind zu Hilfe ruft. Sogar aus der Wandung einer Höhle mit welcher man den Lösspfeiler Ssary-Kurgän') angestochen hatte, holte ich ein solches Geröllchen hervor, das 1'/, Zoll im Durchmesser hatte. Falıren wir aber sanfte Lössabhänge entlang, oder untersuchen die Betten von Be- wässerungsgräben die fern von allen Gebirgen nur flach im Löss eingebettet sind, so finden wir dass im Laufe der Jahre dennoch aus scheinbar ganz gleichmässigen steinlosen Löss- massen eine Unzahl solcher kleiner Geröllchen verschiedenster Gestein-Arten hervorge- waschen wird. Immer sind sie aber klein, nur ganz ausnahmsweise faustgross. An anderem Orte werden wir mitten in vollkommen steinloser ebener Lösssteppe, etwa von Werst zu Werst durch einen vereinzelten Rollstein geringer Grösse überrascht. Der Löss ist also in Ferghanä nicht so frei von Einschlüssen wie in China. Auch ist es sogar nicht immer so leicht den Konglomerat vom Löss strenge abzu- scheiden. Wir reiten über eine gesteinlose Lössfläche. Im Verfolge derselben finden wir uns unversehens auf einem mit kleinen Geröllen und Geschieben gepflasterten Boden. Dieses Gestein finden wir in Löss gebettet. Wo stammt dieses Pflaster her? Lag es etwa im Löss Taschkent, bei Ak-Dshar) die 30° hohe Steilwand, | Sand herausgewaschen waren. Der Grand lagerte auf eines Löss mit Struktur. Unter ihm eine schräge fluss- | einem dunkleren, lehmig-zäheren Löss. abwärts geneigte durchschnittlich 3’ dikke Geröllgrand- In den Ufer-Abstürzen des Kara-ssu (Ak-bura?) Schicht mit Sand untermengt. Diese war verschiedentlich | auf dem Wege von Assake zum Aim-Dorfe, die 1, 2, bald dikker, nestartig eingebettet, bald dünner, spaltete; | bis 3 Klafter hoch waren, liess sich deutliche Struktur sich bisweilen in horizontaler Richtung, zeigte sich aber | unterscheiden, und dennoch waren Sand- und Geröll- auch an anderer Stelle wieder durch senkrechte Löss- | schichten mehre Fuss stark, in den Löss hineingelagert. gänge getheilt. Diese Lössgänge erschienen als Säulchen 1) Vergl. Seite 77, Anm. 1. welche kleine Höhlen stützten, dort wo der Grand und GRUND UND Ворем. Löss. 85 verstreut, und sammelte sich, durch Fortwaschen und Fortwehen des 1,633, gleich wie ja auch im Rheinthale der Löss an einzelnen Stellen mit Rollsteinen ganz durchsetzt gefunden wird. Mir scheint wahrscheinlicher dass es Konglomeratflächen sind. Wahrscheinlicher ist, es habe sich Fluglöss zwischen den losgewitterten Rollsteinen der Oberfläche des Konglo- merat festgesetzt, denn wo ein Abhang sich zum Thale einer Oase hinabsenkt, da nimmt die Menge der Gerölle immer mehr zu, bis endlich wohl ein wirklicher Konglomerat her- vorgukkt. | Andererseits verwischen und vermischen sich Konglomeratkitt und Löss wie ich das schon früher erwähnt'). Der Löss ist mitunter graulich gefärbt, und dann hält es schwer zu entscheiden ob es Löss, ob nicht zerfallener Konglomeratkitt ist ?). Wir sehen also in Ferghanä den Primär- und den Secundär-Löss bei Weitem nicht ‘so typisch scharf geschieden wie in China, vielmehr wechseln mit dem Primärlöss unterge- ordnete Schichten von Secundärlüss *) und zumal Schichten von kleinen Geröllen und Sand. Der Absatz des Primärlöss ist dann und wann durch sichtende und schichtende Wasser- ströme unbedeutender und lokaler Natur unterbrochen gewesen. Die ungeheure Masse von Löss die dem Gesagten zufolge zum Ferghanä-Thale hin- ausgeschwemmt worden sein muss, ist, wie es scheint binnen kurzer Frist, überfluthend, davongeführt worden, denn die Gleichartigkeit der Abschwemmungsspuren und ihre Ver- breitung über das gesammte Ferghanä-Thal, schliesst die Annahme lokaler, allmählig wirkender Thätigkeiten aus. Gleich wie jetzt noch, mag auch damals ein Theil dieser Ab- schwemmungen den Aral-See erreicht haben und ihn ausfüllen, wie das ausführlich für den Amu von C. Schmidt und Dohrandt nachgewiesen worden und auch an der Mündung des Ssyr deutlich sichtbar ist‘), aber der bei Weitem grösste Antheil hat wahrscheinlicher Weise, die gesammten niedrigen Steppenufer des Ssyr übertragen, sie gleichsam durch 1) Seite 24. 2) 5. 2. В. аш Teschik-Tass, auf dem rechten Ufer des Karä-Flusses, zwischen Aim und Kokän-Kisch- lak. Der Konglomerat ist dort von zahlreichen kleinen Höhlungen durchsetzt; aus lokkeren Nestern ist der In- halt herausgeschwemmt. Auch der Thon der zur Anfertigung von Töpfer- waaren benutzt wird schien mir ausKonglomeratschichten gewonnen zu werden, die bei Rischtan unter dem Löss aufgesucht wurden. Rischtan hatte es nicht nur bis zur Anfertigung von Krügen, sondern sogar von abentheuer- lichen Armleuchterr, menschlichen Figuren u. 4. m. ge- bracht. - 3) Interessant war in dieser Hinsicht ein Löss-Kurgan aufdem Wege vom Dorfe Spon nach Isfairam-Utsch- Kurgan: er hatte einen Durchmesser von gegen 100 Schritten, bei 9—10 Klafter senkrechter Höhe. Auf zwei Klafter Höhe über der Fläche legte eine behufs Düngung steil abgetragene Wand vier Zoll breite alter- nirende Schichten blos. Es folgten graue auf ziegelrothe mit grösster Regelmässigkeit, bis zu 5 ziegelrothen Schichten die ich deutlich zu unterscheiden vermochte. Sogar auf dem Gipfel des Kurgan fand ich dieselbe rothe Lössmasse, jedoch in verwachsenem Zustande. Obgleich der Löss im Ganzen steinlos war, so traten doch einzelne Geschiebehorizontal liegender platter Gesteine auf; welche sogar bis 11/5’ im Durchmesser. Als Hügel war also an dieser Stelle ein Secundärlöss stehen geblieben, der in Folge einer früheren Katastrophe in einen alten Durchriss des Primärlöss hineinge- schwemmt worden war, den Durchriss füllend. Armsdikke Wurzeln kamen in dem Tiefinneren zum Vorschein. 4) Viele Werst von der Ssyr-Mündung unterscheidet man im Aralsee die scharf abgeschnittene Gränze zwi- schen dem blauen See und dem gelben Flusswasser (Alenizin in den Труды С.-Пет. Общ, 1874, У, р. 124). 86 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. den Prozess einer natürlichen Colmation mit Lagen von Secundärlöss bedekkend. Es schliesst das keineswegs die Möglichkeit aus, dass dieser Lössdekke eine frühere Seelöss- Bildung, als Unterlage zu dienen hatte. Jedenfalls erstrekkt sich die Lössbildung nicht nur den Ssyr entlang bis zum Aralsee, wie wir schon früher!) angedeutet, sondern allem An- scheine nach bis zum rechten Ufer des Irgis, und vielleicht auch weit über diesen Fluss hinaus, so weit die Steppe streicht; denn in dem gewellten Terrain an das sich der Weg von Irgis bis Orsk hält, scheinen Verwitterungsprodukte der den Untergrund bildenden Gesteine sich mit Löss zu mischen, oder ihn nachzuäffen. Es ist in der That eine interessante Frage, ob der dunkelbraune Lehm den ich im Ufer des Uralflusses fand, und der gleich dem Löss wurzelschwammige Struktur so wie Lössmännchen aufzuweisen hatte (s. Anhang № 3), ein nur vom Untergrunde her dunkler sefärbter Löss war? Leider ist die Erdprobe von dort welche diese Frage hätte beantworten können mir abhanden gekommen. Bogdanov?) unterschied zuerst еше kastanienbraune Schwarzerde zwischen der Kama und Wolga auf ihrem linken Ufer, deren Färbung er den unterlagernden Mergeln permischer Formazion zuschrieb. Wir suchen diese kastanienbraune Bodenart fruchtlos auf der neuen Karte des Departements für Landwirthschaft und Gewerbe; dennoch erschien sie mir ausserordentlich karakteristisch und hat eine bedeutende Verbreitung. Dass die lössähnliche Unterlage der kastanienbraunen Schwarzerde bis 4 Fuss Tiefe dieselbe Textur zeigt wie der Löss, davon habe ich mich überzeugt. Dokutschajev?) sah diese kastanienbraune Bodenart, sowie die Salzböden des Sekundärlöss völlig unmerklich in typische Schwarzerde übergehen. Wenn dieser kastanienbraune Boden nur eine Abänderung des Löss sein sollte, so hätte er durch seinen Zusammenhang mit der Schwarzerde, so wie durch die dunklere Farbe welche mehr Sonnenwärme fesselt, Mancherlei vor dem typischen Löss voraus. Zugleich mit der bedeutenderen Sonnenwärme werden aber auch jedenfalls grössere Temperatur- schwankungen durch solche dunklere Färbung gewekkt. | Bevor wir vom Löss Abschied nehmen mögen noch einige Zeilen seine Entstehungs- weise in Betrachtung ziehen. Richthofen führt Stoliezka’s Worte an“), indem dieser von Jarkend sagt: «Hier, im Wüstenland, wo Wolken fruchtbaren Staubes diejenigen des wohlthätigen Wasserdunstes ersetzen, und wo die Atmosphäre selten frei von Sand, zeitweise davon gesättigt ist, drängt sich die Erklärung dass der Löss eine subaërische Ablagerung ist, fast wider Willen auf». Eine subaörische Ablagerung — ja, gewiss; aber ob ein atmosphärisches Windgebilde? Das wäre die Frage. 1) Seite 71. 3) Kaprorpaeia Русскихъ почвъ; объяснительный 2) Труды И. В. Экономическаго Общества, 1877, I, | текстъ, 1879, стр. 95. стр. 155. 4) China, 1877, Гр. 124, Anm. GRUND UND Воркм. 1.088. 87 Uns, in unserem Daheim den Eindrükken eines anderartigen Welttheils ausgesetzten Europäern drängen sich natürlicher Weise schwere Zweifel daran auf, dass diese unermess- lichen Ablagerungen, welche mindestens '/, des Festlandes überdekken dürften, und bis über 2000’ Dikke erreichen, nichts Anderes sein möchten als zusammengepresster Staub, der sich gesakkt hat. Schwerer noch werden diese Zweifel wenn Richthofen logischen Ge- dankenganges nun gar darauf zurükkschliesst, dass überall wo Löss massenweise auftritt, also auch in Mittel-Europa einst ein kontinentales, dürres Klima, ja sogar abflusslose Bekken vorhanden gewesen sein müssen. Die grosse Aehnlichkeit des europäischen Löss mit dem asiatischen drängt ihn zu solcher Voraussetzung. Bedenken wir nun einerseits die unermesslichen Massen der geschichteten Gesteine deren Bildung wir ähnlichen, jedoch durch die Wirkung der Gewässer genetzten und zu- sammengeführten Staubmassen zuschreiben; bedenken wir die grossartigen Verschüttungen durch vulkanische Aschen; wenden wir andererseits unsere volle Aufmerksamkeit den Be- richten über die Staubatmosphäre und die Staubstürme der dürren Wüsten, zu, so müssen wir allerdings die Möglichkeit solcher Bildungen zugeben: «Die Luft ist nur selten klar und durchsichtig, die ganze Landschaft hat einen gelben Ton. Strassen, Bäume, Häuser, Saaten, selbst der Reisende den man auf der Strasse begegnet und die Luft sind einförmig gelb gefärbt .... Die Aussicht ringsum ist "verhüllt; die Sonne erscheint nur noch als matte bläuliche Scheibe. .... Nach dürren Tagen ist der Boden ausgetrokknet und ver- wandelt sich leicht in einen ausserordentlich feinen gelben Staub, den der leiseste Luftzug -aufwirbelt...... In Khotan sagt Johnson, war, auch wenn kein Wind wehte, doch die ganze Atmosphäre so dikk mit Staub erfüllt, dass ich um Mittag Licht anzünden musste, um grossen Drukk zu lesen» u.d. m. Und ist es etwa allein im Innern des Kontinentes so staubig? Berichtet nicht Fritzsche dass in Pekin ebenfalls durch die aufgewirbelten Staub- - massen die naheliegenden Berge sehr selten deutlich zu sehen sind. Nehmen wir hiezu den getreuen Knecht aller Voraussetzungen welche auf die Vorzeit des Erdballes eingehen, nämlich die Unendlichkeit der Dauer durch zahllose Jahrtausende, durch «Myriaden von Jahren» und nichts steht uns im Wege aus Staub Welten aufzubauen. Wessen Widerwille wider die Annahme eines staubgeborenen Löss nach Durchlesung obiger Schilderungen noch immer nicht weichen will dem ist nicht anders zu helfen: er reise mindestens bis Ferghanä. Obgleich dort die eben aufgezählten Erscheinungen nur in mässigem Grade obwalten so sind sie doch hinreichend gewesen, um meinen Unglauben zu bekehren'). Hat doch die Neuzeit die Luft-Alluvionen als beachtenswerth in die Akkerbau- 1) Dem Nordländer wird es übrigens erleichtert sich | ein Jahrtausend so fortwachsend. den Staub zu Bergen aufgehäuft zu denken, wenn er sich Ueber grossartig sich anhäufende Staubwehen im des mit dem Staube an Leichtigkeit wetteifernden Schnee’s | Jekaterinoslaw’schen Gouvernement, so dass man Tau- erinnern will. Man denke sich nur die ungeheuren zu- | sende von Fuhren abführen musste, vergleiche man sammengestiemten Massen desselben ungeschmolzen, all- | Экскурся на phky Молочную, 1878, I, р. 58. jährlich durch neue Anwehungen vermehrt und durch 88 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. lehre eingeführt, welche. den Stauberden, zumal den von den Landstrassen verwehten, den verstaubenden Pflanzenresten, dem feinsten Kieselstaube des Flugsandes, ihre Bedeutung ein- räumt, gleich wie dem Glimmerstaube den der Föhn aus dem glimmerreichen Urgebirge der Zentral-Alpen nordwärts führt, damit die Möglichkeit der Besiedelung steiler Quarzfelsen mit Pflanzen vorbereitend. Schon Fedtschenko') berichtete über ‚einen Streifen Staubes (Tschang) der über dem Ssyr schwebte, allen Krümmungen des Flusses mit Genauigkeit folgend, und schrieb ihn dem in die Flussniederung geführten und nun in die Luft gehobenen Glätscherschlamme zu. Von den Höhen bei Mursa-Rabat nach Chodshent fahrend sah ich dieselbe Er- scheinung. Es war als sähe ich einen sibirischen Fluss, noch unbeeist, bei strenger Kälte im Sonnenschein mit schillernden Nebeln hoch in die Luft empor dampfen. War es etwa auch hier nur Dampf der aus dem im Februar noch kalten Wasser emporstieg und in der trokkenen Atmosphäre wiedergespiegelt staubähnlich erschien? Ich sah eine solche Erschei- nung nicht wieder. Aber in Margelan hüllte uns zu Ende März und zu Anfang April der Ostwind fast täglich in eine Staubatmösphäre. Der Staubnebel war jedoch meist nicht stärker als dass er uns die an der Gränze unseres Horizontes auf 8— 10 Werst stehenden Berge verhüllte. Berge so wie Bäume waren indessen an anderen Tagen mit genauer Noth auf2 Werst nur sichtbar. Am 8. April füllte sich bei mässigem Westwinde die Atmosphäre so sehr mit Staub, dass die Strassen wie in Rauch sich hüllten, die Gegenstände eine graue Farbe annahmen und der Staub den Augen lästig wurde; dennoch hinterliess er auf unserem Zeichen-Tische viel weniger Spur als wir es in Petersburg bei staubiger Luft gewohnt sind. Schon am folgenden Tage wurde die Luft scheinbar klar, aber man unterschied den Staub dennoch beim Fernblikk, und wenn man in die Luft empor schaute’). Den stärksten Staub erlebte ich jedoch um Mitte April bei Utsch-Kurgan am Naryn. Um 2 Uhr Mittags verstärkte sich der SWzW-Wind und die ganze Niederung füllte sich mit scheinbar ganz dichtem Staubnebel, der jedoch unerwarteter Weise gestattete eine Heerde, ja einen einzelnen Menschen obwohl undeutlich auf die Entfernung von mehr als '/, Werst zu unterscheiden. Der Nebel machte den Eindrukk dichter zu sein, als er es war, da es sichtlich dunkler wurde, und die Sonne ohne irgend welche Schwierigkeit angestiert werden konnte. Sie erschien als hellere weisse Scheibe im Grau. Es schwebte eben der Staub hauptsächlich in grösserer Höhe und wir sahen unter seiner Hauptwolke durch. In der That setzte sich auch auf eine ausgestellte Unterschaale kein sichtbarer Staub ab; indessen sammelte sich doch von ihm im Verlaufe des Tages so viel an, dass die Bärte und Haare hochblond wurden; die Augen fühlten sich beeinträchtigt. Nach eingebrochenen von Regen begleiteten zwei Gewittern klärte sich am folgenden Tage 1) Путешествие въ Туркестанъ, I, 2, 1875, стр. 38, 35. | Wind in der Höhe. 2) Am mittleren Ssyr hatte ich Staubnebel bei NOzO- | GRUND UND BoDEn. DER Löss. 89 die Luft: anfangs war nach dem Regen nur im Zenith der Himmel klar, während die nie- drig stehende Sonne als hellweisse kaum glänzende Scheibe im Staube erschien. Stets schwebte die Hauptmasse des Staubes — ich wiederhole es — in einer gewissen Höhe, so dass ich, so verdunkelt die Luft auch war, doch auf 200 Schritt in horizontaler Richtung Umrisse von Bäumen unterscheiden konnnte. | Diesen Staub erkläre ich mir in folgender Weise: Die Stürme welche ich erlebte fegten den Flugsand zwar hoch in die Lüfte, indessen fand ich doch dass sie die Gesteintrümmer von der Grösse einer Erbse, ja sogar von Lin- _ sengrôsse nur unter gewissen Bedingungen und weder weit noch gar hoch fortzutragen ver- mochten; sie blieben bald auf der glattgefegten Oberfläche der Steppe ruhig liegen. Fort- geführt werden die feineren Sandkörner und die staubende Feinerde. Aber der Staub lagert sich ganz anders nieder als der Bewohner Petersburgs es zu sehen gewohnt ist. Zu seiner Verwunderung findet der Reisende der dunkle Staubwolken von feinstem Lössmehle mit seinen dahinjagenden Rädern zermalmt und emporwirbelt, nach Ankunft auf der Station, sein Fahrzeug, sein Gepäkk, und unter Umständen auch sich selbst unbestaubt; gar glän- zend rein. Hat nun allerdings die Dürre daran wesentlichen Antheil, da durch sie dem Staube das Haften unmöglich gemacht wird, so ist doch offenbar der aufsteigende Luftstrom dabei auch von grossem Belange. Während jedes Stürmens übt der Wind, gleich wie aufder Wind- fege landwirthschaftlicher Maschinen, ein Sortiren des von ihm erfassten Materiales aus. Die gröbsten Körner bleiben, wie oben nachgewiesen, auf der glatten Steppentenne liegen; der Sand wird weit fortgeführt und häuft sich zu Dünen; das leichte Material der Staub- theile aber, von dem man erwarten müsste dass es ganz fortgeblasen werde, ist eben leicht genug um von der überall aufwärts steigenden erwärmten Luft in die Höhe getragen zu werden, wo es, nach dem Erkalten seines Trägers, mit demselben wieder zum langsamen Sinken kommt '). Den Luftstössen aus W und SW, die ich in den Umgebungen Margelans wiederholt zu beobachten Gelegenheit hatte geht eine Verdunkelung voraus. Wolken scheinen den Himmel zu verdekken, doch ist es nur das leichte Material des Staubes, das den Vortrab des Sturmes in höherer Luftschicht bildet. Der Staubnebel verdekkt zuerst die fernen Ge- birgshöhen, darauf entzieht er dem Reiter auch nähere Berge und Bäume. Gewöhnlich un- terscheidet man deren Umrisse mit Mühe auf 1 bis 2 Werst, statt dass man für gewöhn- lich sie auf eine achtfach so grosse Entfernung deutlich genug sieht. Alles hüllt sich all- mälig mehr und mehr in eine Nebel-Athmosphäre. 1) Auch in den Hochebenen Тез hörte um Sonnen- | färbt. Prezewalskij, Monrosin и страна Тангутовъ, untergang der Sturm gewöhnlich ganz plötzlich auf, aber | 1875, I, стр. 336, 342. Dieselbe Staubatmosphäre erlebte der Staub erhielt sich noch in der Luft. Sogar am Morgen | Prezewalskij am Kuku-nor. des folgenden Tages blieb die Atmosphäre gelbgrau ge- | Memoiros do l’Acad. Пар. des sciences, VIIme Serie. 12 90 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Nun erst bricht der Sturm herein. Er währt eine Nacht einen Tag, zwei bis höchstens und selten drei Tage. Urplötzlich wie er nach stiller drükkender Schwüle die er voran- schikkte überraschend hervorbraust, eben so urplötzlich ist er verschwunden und nur der Staubnebel der sich mitunter noch tagelang über den Häuptern schwebend erhält deutet noch an, was man überstanden. Es ist ein höchst feiner, salzig schmekkender Staub, der sich in unerwartet unbedeutender Schicht auf Tischen ablagert. Er ist eben feiner als bei uns, fliegt leicht ab und hat weniger Neigung sich zu senken als bei uns. Die staubführende Schicht schwebte oft in sehr verschiedener Höhe. Ich sah sie die niedrigstehende Sonne so völlig verdunkeln, dass die Scheibe kaum erkennbar war, bis sie etwa 10° über den Horizont sich erhoben hatte und nun hell glänzend und sengend ihre Strahlen herabsendete. Vorher schaute ich über mir klaren blauen Himmel, trotz des Nebels in horizontaler Richtung. Als ich im Süden von Мапа} am 26. April auf jener Klippe (Ungar) Pvrrheliometer-Beobachtungen anstellte welche auf Seite 107 1751 Meter hoch befunden worden und ich mich mithin 423 Meter, d. i. 1387 Fuss über dem Dorfe Мапа) befand, das am Fusse des Nordgebirges am Potsch-atä-Flusse liegt, sah ich bei völlig klarem Him- mel über mir, dichten undurchdringlichen Staubnebel über dem Thalgrunde von Ferghanä lagern. Ueber diese Staubschicht weg sah ich im Süden nicht nur die Kuppen des Alaj-Ge- birges, sondern auch die höheren Vorberge desselben klar entgegenblinken. Bei uns wehte leichter Ost-, im Thalgrunde offenbar West-Wind. Die Staubschicht durfte eine Mächtig- keit von kaum 3000 Fuss einnehmen, und erreichte wohl nicht über 4000 Fuss Höhe, ob- gleich der Staub in anderen Fällen bis zu den Hochpässen des Alaj hinansteigt. Rasch wurde die Athmosphäre durch Gewitterregen vom Staube gereinigt, und solche mögen es denn auch sein welche jene Verstaubungen der Futterpflanzen bedingen, die den Heerden zu Zeiten tödtlich werden. Um die Mitte des April hielt in Margelan der Staub- nebel vier Tage lang an, bis er sich verzog. Dass die Eingeborenen diesen Staub der uns die in Europa bekannten Ausbrüche vul- kanischer Aschen so wie deren ausserordentliche Leichtigkeit ins Gedächtniss ruft, sich bisweilen niederlassen und an geeigneter Oertlichkeit auch sammeln sehen, ist unfraglich richtig. Ein Graubart'!), dem gegenüber ich mich darüber verwundert äusserte, dass bei jeglicher Abwesenheit von Wasser, ich an der Anstichwand einer Grube bis 2’Löss über 3/' Dammerde vorfand, wusste nicht lebendig genug seine Freude darüber zu bezeugen, dass er mich darüber belehren konnte: das sei durch den Wind dahingekommen. Noch schla- gender waren die Klagen des Amts-Aeltesten (Wolostnoj) von Namangan-Jany-Kurgan, der mir erzählte es sei im Herbste vorher eines Tages von Kokan her, also von SW ein so starker Staub angeflogen, dass die feuchte Erde 2 Finger breit hoch davon bedekkt 1) Рег Akssakal (Graubart 4. В. Gemeindeälteste) | Regens freuten weil er «das Gras abwasche» das, Tages von Kara-Kaltak. Uebrigens erlebte ich auch in den | darnach vor die Sense kommen sollte. dürren Steppen an der Wolga dass die Leute sich eines GRUND UND Bopen. Der Löss. 91 wurde Da gleich darauf Frost eingetreten, so habe das dem Vieh grossen Abbruch gethan und über die Hälfte des Viehstandes sei davon umgekommen. Einen augenscheinlichen Beweis vermag ich zum Schiusse noch hinzuzufügen. Ich stiess in der Kokan-Sandwüste auf einen Sandhügel, einen Dünentypen, der mit papier- dünnen aber auch bis V, Zoll Dikke erreichenden Streifen in verschiedenen Abständen von einander, horizontal umbändert, gleichsam abgestuft war. Diese 5 Streifen ergaben sich als Lösstünche, welche in das Innere des Hügels hineinschoss. Der beistehende Holzschnitt zeigt wie ich mir diesen merkwürdigen Fall erkläre. Zn Der Umriss des Hügels B zeigt den seitlichen Profil-Durchschnitt des Dünentypen, so wie ich ihn vorfand. Er hatte früher in A gestanden und war anfangs ohne seine Stelle zu ändern, im Laufe der Jahre gewachsen. Während dieser Wachsthumszeit welche die punktirten Linien darstellen hatte es sich fünf Mal (a, b, c, d, e) ereignet dass stärkere Ab- lagerungen von Lössstaub aus der Athmosphäre den Hügel bedekkten, und darauf ange- feuchtet, — wahrscheinlich durch Schneewasser — zu einem Uebergusse über die Sand- oberfläche krustend zusammenflossen. Nachdem nun ein heftiger Sturm diese Krusten nach- einander durchbrach, den Sand in Bewegung setzte und der Hügel von A nach B wanderte, gukkten als ich dazu kam, nur die Schichtenköpfe der früheren Lössübergüsse, Streifen darstellend, aus dem Sande des Hügels B hervor; unterhalb e aber zeigte sich der Streifen einige Finger breit, weil hier der gegenwärtige Umriss mit dem früheren zusammenfiel. So regelmässig zeigte sich das nur an diesem Dünentypen, aber auch an anderen fand ich die Spuren herabgeflossener Lösstünche, die sich dann am Fusse des Hügels bis zur Dikke von 2 Zollen gesammelt, aber unter dem durchtretenden Pferdehufe dennoch zusam- menbrachen. Mit besonderer Leichtigkeit wird der trokken gewordene Lössschlamm früherer Salz- lachen nebst den Blättchen und Salzausblühungen von Wirbeln in die Höhe gezogen und dahin- gestäubt. Man sieht bisweilen Wirbel auf Wirbel vor sich. Das ist der Erklärung des emi- nenten Salzgehaltes aller Lössgebilde durch die Staubtheorie allerdings sehr günstig. Man ist anfangs ganz erstaunt auf den höchsten Lösshöhen, steil emporgerichtete Abstürze an ihren senkrechten Wänden dennoch überall Salzlake ausschwitzen und Salzausblühungen ansetzen zu sehen. 12* 92 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Es ist also nicht nur die Möglichkeit da, sondern die täglichen Erscheinungen drängen dem Reisenden die Annahme von kontinuirlichen Staubniederschlägen auf. Wo kommt aber dieser Staub her? sind es nicht vielmehr nur Umlagerungen, nicht vielmehr immer wieder dieselben Staubmassen; und keinesweges Ablagerungen und Zuwachs neuen Materiales? «Jede Auflokkerung, ob sie durch die Bildung von Haarfrost, durch den Huf der Ga- «zelle oder des wilden Esels, oder durch den Marsch einer Karawane entstehe wird die Ab- «tragung des Löss befördern. Man sieht diess deutlich in Lössländern . . . . . der Pflug des «l,andmannes, wenn demselben nicht bald Regen folgt, hat massenhaftes Aufwirbeln zur «Folge. Die Räder der Wagen und der Huf der Lastthiere lokkern dort den Boden: der «Strasse auf; der Wind führt den Staub hinweg; es bilden sich Hohlwege die im Laufe der «Zeit eine Tiefe von 50 bis 100’ erreichen und dann verlassen werden». Die nebenbeistehende, diese Antwort illustrirende Zeichnung'), stimmt schlecht zu den Worten. Unangegriffen starren beiderseits neben dem Hohlwege, den festesten Fels- wänden gleich, als wären sie erst gestern durchbrochen, die 100° hohen Wände empor. (Genau so sehen die Schluchten aus welche das Wasser in den Löss reisst. Allerdings zeigt sich hier nirgends Wasser. Das will jedoch nichts heissen. Langsam, aber unabweichlich, kommt der Europäer dazu, in jenen dürren Strekken doch eingreifende Wasserwirkungen dort zu erkennen wo weit und breit keine Spur von Wasser zu finden ist. Die kontinentalen Extreme verläugnen sich auch darin nicht. Periodisch treten unerhörte Regengüsse auf. Wo es gestern dürr war, strömt es vielleicht schon heute. Auf der Hinreise nach Ferghanä beschrieb ich in meinem Tagebuche genau das weite Bett eines mächtigen Thaleinschnittes in den Löss, die mehrfachen Uferstufen desselben und die Reihe emporstarrender Wände. Das Wasser das hier gewüthet hatte, musste, so vermuthete ich, der Vorzeit angehört und einen anderen Lauf genommen haben, denn nur schwache Spuren eines winzigen Bächel- chens waren vorhanden; aber sogar zu Ende Februar nicht ein Tropfen Wasser. Ich wit- terte schon geologische Senkungen und Hebungen, im Zusammenhange stehend mit dem Durchbruche des Ssyr zur Zeit als Ferghanä es aufgab zu den abflusslosen zentralasiati- schen Gebieten zu gehören. Im Mai kehrte ich desselbigen Weges zurükk: auf Werste weit stand Alles unter Wasser, wir mussten den Postwagen aufgeben und von zahlreichen Reitern unterstützt auf hoher Arbä-Karre die sich dahinschlängelnde Furthe aufsuchen. Es war der Angren, der «ins Spielen» gekommen war. Auch in Turkestan frisst sich, das ist wahr, so mancher Hohlweg in den Löss hinein, doch bei 8’ Breite nicht über 1Y, höchstens 2° Tiefe. Wasser und Wind füllen immer wieder die entstandene Rinne aus, ja der Sand verfängt sich in derselben, und sie erhärtet. Der Staub auf der Lössstrasse liegt durchschnittlich an 1, Finger breit und selten reicht er bis zu den Knöcheln. Einestheils ist er allerdings so fein dass er gleichsam verduftet. In arge 1) Richthofen, a. a. 0. p. 96. GRUND омо Bopen. Der Löss. 95 Staubwolken eingehüllt ist man eine Station abgefahren, und in Erinnerung an unsere Wege oder gar diejenigen auf dem Gebiete der Schwarzerde tritt man an den Spiegel: doch Alles ist rein, ja Kleider, Gepäck und Fahrzeug sind rein; so wie auch die Kräuter am Wege es _ waren. Die pudergleiche Feinheit der Staubtheilchen, und die völlige Dürre die auch keine Spur von Thau gestattet, erklären Alles; der Luftzug des Fahrens selbst besorgt schon das Abblasen, obgleich bei vollster Windstille man den Staub, dem über der glühenden Steppe aufsteigenden Luftstrome folgend, senkrecht in die Höhe steigen sieht. Aber eben deshalb auch nirgends eine Spur des Ansatzes zu ähnlichen Gebilden wie die «Kupsen» des Flugsandes oder des dem Staube ähnlicheren Stiemschnees. Zur heissen Sommerzeit, d.i. zur Zeit des beständig in die Höhe steigenden Luftstromes und der rings- um in die Höhe steigenden Wirbelwinde ist der Lössstaub ein entschieden atmosphärisches Gebilde; mehr in den Wolken als auf der Erdoberfläche zu Hause. Doch die geringste Feuchtigkeit erfasst ihn, drükkt ihn zu Boden, heftetihn fest und verwandelt ihn, mit Hülfe nachfolgender Verstärkungen die mit verzweigten Rinnsälchen einschneidenin eine Tünche. Er krustet. Die nasse Jahreszeit, der Winter zumal, binden den Lössstaub, und wie für den Sand die Vegetazion diese Leistung übernahm, so die atmosphärischen Niederschläge für den Lössstaub. Deshalb glaube ich auch hier wie dort vom Sande (Seite 43), aussprechen zu dürfen dass in Ferghanä und wohl in ganz Turkestan. es der den Löss niederschlagenden und bindenden Vorgänge mehr gibt, als solcher die ihn lokkern und zerstäuben. Der anderen Annahme es habe sich der Löss durch sehr allmälige Ueberschlämmung von Alpenwiesen gebildet sprach in Ferghanä eine höchst interessante Gegend am Fusse der südlichen Gebirgsmauer'), das Wort. Kalksteine und Sandsteine erhoben sich hier, in wechselnden mächtigen Lagern, ge- wöhnlich aus 1 bis 3’ starken Bänken bestehend. Die Schichten fielen unter 14° Neigung gegen WNWZN?). Unten war es ein dichterer Kalkstein, in dem sich jedoch, hie und da Wurmröhren auffinden liessen. Er fasste verschiedentlich mächtige, nesterweise eingebettete Gipslager zwischen sich, welche in dünne Thonschichten eingebettet waren. Stets über dem Gips lagerten muschelhaltige Schichten eines lokkeren Kalksteines, mitunter so thoniger Natur, dass die in diesen enthaltenen zahllosen winzigen Gryphaeen und Ostreen frei herausfielen, während die anderen Muscheln, deren nähere Bestimmung erst später veröffentlicht werden wird, mit dem Kalksteine verschmolzen. Der Gryphaea- Lehm erreichte bis 3’ Mächtigkeit, und wechselte wohl auch mit muschellosem, lokker- сеет Kalksteine. R | Die Ostrea-Gryphaea-Schichten fanden sich bis zu den höchsten Stellen hinauf, jedoch auf der Höhe wurde die Kuppe durch ein Konglomerat bedekkt, das aus Rollsteinen von 1—2’ Durchmesser bestand®), mit Geschieben untermischt, und gleichfalls geneigt wie der 1) Bei den Gypsbrüchen jenseit Mojän. | 3) An einem Rollsteine haftete ein Einschluss von 2) An anderer Stelle dieser Oertlichkeit gegen NNW. | Mineralkohle, 94 A.v. MIDDENDORFF, FERGHANA. Kalkstein. Von diesem lösten sich ungeheure Trümmermassen ab, die ins Thal stürzten denn er zerfiel leicht, gleich wie auch ein rother wenig zusammenhängender Sandstein, der aber an einer Oertlichkeit auf dichtem hartem Eisenkiesel ruhte. Ueberall witterten Salz- ausblühungen hervor, aus den durchgängig feuchten Massen Gesteines. Alle Hänge, gleich den Abhängen zahlreicher quer in das Gebirge hinein führender Einschnitte waren mit einem breiigen zähen lössfarbenen Schlamme übergossen der so pud- schwer an den Stiefeln klebte und in den man so sehr versank, dass er nur dort sich be- treten liess wo die Gryphaeen und Ostreen vorzugsweise sich über ihn ausgeschüttet hatten oder auch vielleicht durch Regenwasser hervorgewaschen waren. Wo aber der Gryphaea- Lehm obwaltete da nahm der die Abhänge überkleidende Lehm eine gräulich-graue Farbe an; wo er mit dem zergehenden Sandsteine zusammenhing eine röthlichere. Am Fusse der in die Fläche gleitenden schlüpfrigen lehmigen Massen, die sieh nicht vom anstossenden Löss des weiten Thales unterscheiden liessen, hatten Kirgisen den in vergangenen Jahren überschlämmten Boden geakkert, und erfreuten sich eines ganz unge- wöhnlich üppigen Weizens. Hatte ich hier vielleicht eine Entstehungsstätte des Löss vor mir?!) War der vor meinen Augen sich begebende Hergang etwa den Kaolinlagern an die Seite zu stellen? welche in der Mächtigkeit von vielen, vielen Klaftern hie und da auf Graniten oder Porphyren ruhen, mit allen Kennzeichen dessen dass sie unverrükkt dort liegen wo sie aus der Zer- setzung der unterlagernden Felsmassen hervorgingen. Ueberdekkt von Diluvialmassen ver- rathen sie dass die Umbildung unter dem Meereswasser, wohl mit dessen kräftiger Beihilfe vor sich ging. Der Lössschlamm erfreut sich in gleicher Weise der Einwirkung gesättigter Salzlösungen: der Ueberreste eines längst zurükkgebliebenen Meeres. Im Maili-Gebirge?) sah ich, einen dachartig scharfen Grat entlang gehend, auf dem Südhange desselben ziegelroth gefärbten Löss aus zerfallendem Schieferthone gebildet; wenigstens in ihn übergehend.?) Den Nordhang desselben Grates dekkte gelbgrauer Lehm auf einem sich zersetzenden Kalksteine derselben Färbung ruhend, aus dessen Zwischen- schichten grünliche, riesige Gryphaeen und Ostreen mit ausserordentlich dikker Schaale hervorquollen. Obgleich fest und unzersetzt waren diese Schaalen doch fast ausnahmslos zertrümmert; wenigstens zerbrochen. Dass der Primärlöss, wie schon oben bemerkt worden, ein subaörisches, gleich wie der Secundärlöss ein subaquatisches Gebilde ist, daran lässt sich nicht zweifeln. In Bezug auf den Primärlöss kommt man aber bei Betrachtung der Erscheinungen die in gegenwär- 1) Bei der ungeheuren Ausbreitung gleichartiger Ver- 2) Beim Uebergange von dem tiefen, engen Petroleum- hältnisse in Central-Asien scheint es mir beachtenswerth | brunnen, zu den Abstürzen aus deren Wänden der Ozo- dass auch nach dieser Richtung hin Stoliczka sowohl | kerit herausgearbeitet wird. im Tarymbekken als am Koktau die Gryphaea vesi- 3) Dasselbe Uebergehen des zerfallenden Schiefer- cularis gleichfalls von rothen Sandsteinen unterlagert | thones in ziegelrothen Löss trafich auch im Potsch-atä- fand. Thale, oberhalb Мапа). GRUND UND Ворем. Der Löss. 95 tiger Zeit in Ferghanä vorgehen, zu dem Endresultat, dass grösseren Antheiles die Ueber- schlämmungs-Theorie in ihren Rechten bleibt, dass jedoch in Central-Asien, zumal dort wo weite Bekken sich ausdehnen, der atmosphärische Staub ungleich mächtiger mitwirkt, als wir europäische Forscher es uns aus der Ferne denken können. Ferghanä als es in der Vorzeit noch mit den abflusslosen Bekken zusammenhing, mag ein trokkneres Klima besessen haben das solche Staubbildung wesentlich beförderte. Bisher ungelöst ist die Frage danach geblieben, wie der Löss zu so ausserordentlich feiner Vertheilung seiner Bestandtheile gelangt ist. Dass in Ferghanä alle Bedingungen zu einer besonders starken Zersetzung der Ge- steine gegeben sind, ist augenfällig: Hitze, Regen, Kohlensäurebildung '), Eisengehalt, Frost wechseln in reichlichem Maasse unter einander ab, so dass es an einem Zerfallen der festen Gesteine nicht fehlt. Erst seit ich der Frage über den Ursprung des Löss näher getreten bin, ist mir das Verständniss für eine Beobachtung Fedtschenko’s”) geworden, deren Anführung mir müssig schien, weil sie, an sich unbedeutend, ohne Bedeutung und zusam- _ menhangslos hingestellt steht. Fedtschenko, bei seinem Aufstiege zum Alaj, gewann die Ueberzeugung dass in den Schluchten des Isfairam die feinsten Theile der Schottermassen sich die steilen Abhänge entlang hinabsenkten. Der Vorgang des Rutschens selbst war jedoch nicht zu erfassen, sondern es musste auf ihn geschlossen werden, da stellenweise, zumal in grösserer Höhe, ein scheinbarer Rauch, der sich als Staub herausstellte, bald stärker bald schwächer sich erhob. Dass nicht Wind ihn hob, bewies sein anfänglich steilin die Höhe gerichtetes Aufsteigen. Seitlich wurde er erst in den Lüften fortgezogen. Mir scheint dass dort unter dem durch die kontinentalklimatischen Verhältnisse, durch wechselnde Hitze- und Frostgraden, durch absplitterndes Gefrieren des in die Gesteine aufgesogenen Wassers und darauf folgende Dürre, sowohl innerhalb der Jahrewechsel als auch des Wechsels zwischen Tag und Nacht, jener Prozess im Grossen vor sich gehen mag den Volger an Thonschieferdächern zu beobachten den Rath gibt, um die Entstehungs- weise des Löss sich zu verdeutlichen. Ausserordentlich ist zu bedauern dass uns Fedtschenko die Felsart nicht angegeben auf der diese Vorgänge statt hatten, geschweige denn Proben mitgebracht deren Analysen uns aufklären könnten. So sei es denn künftigen Forschern insbesondere empfohlen. Dass die weicheren Kalk- und Thonerde-Partikelchen durch den Quarzsand zu feinstem Staube im Winde zermalmt werden, habe ich schon oben berührt. Unsere russischen Reisenden Ssemenow, Fedtschenko, Ssewertzow, stimmen in der Annahme überein, dass sie den Löss nach Lyell’s Vorgange für ein Schleifpulver der Glätscher ansehen. Muschketov°) hat neuerdings nachgewiesen dass die Glätscher früher 1) Zumal durch Fortführen des Kalkes, daher ent- | 8) Труды С.-Петерб. Общ. Естеств., X, 1879, р. 29. stehende Porosität und Gefrieren des Wassers in solchen | Somit tritt er Myschenkov (vergl. p. 17, Anm.) dia- Poren. | metral entgegen. | 2) Путешеств1е въ Туркестанъ, I, 2, стр. 136. 96 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. tiefer in das Ferghanä-Thal hinabreichten als heutzutage. Diese Werkstätten. waren -also in der Vorzeit in grösserem Betriebe. Gegen obige Ansicht wendet Richthofen ein, dass die von den heutigen Glätschern kommenden Gewässer keinen Löss absetzen und in den Lössgefilden China’s überhaupt von Glätscherschlamm nicht die Rede sein könne, weil alle Spuren ehemaliger Glätscherbe- dekkung fehlen. Die Erscheinungen des Löss finden eben im Herabschwemmen aus den Glätschern allein ihre Erklärung nicht, was aber freilich noch keinen Beweis gegen ursprüng- liche Pulverung des Materiales durch mechanische Glätscherwirkung abgibt. Ich bin keineswegs gesonnen die feine Zertheilung der den Löss zusammensetzenden Bodenbestandtheile durch mechanische Wirkung, also durch Glätscherreibung, durch das gewaltsame Rollen und Schieben der Gebirgsmassen von den Alpenhöhen abwärts, unter gewaltsamer Mitwirkung der tosenden Gebirgswasser, durch Stürme im Dünengebiete, zu gering anzuschlagen. Ein bedeutender Theil des Löss mag ursprünglich als Detritus, als Schleifpulver mechanischer Vorgänge hervorgegangen sein. Da jedoch jegliche Anzeichen einer schlämmend-sortirenden Wasserwirkung dem Primär-Löss abgehen so kann ich mir die Entstehung der gleichmässig staubartigen Beschaffenheit der gesammten Lössmasse kaum anders erklären, als auf chemischem Wege, unter schliesslich kräftig zersetzender Mitwir- kung der den Löss überall durchsetzenden konzentrirten Salzlösungen, welche doch aus den Gebirgsarten herübergekommen sein müssen aus denen der Lössstaub entstand. Aus welchen Felsarten ist aber wohl ursprünglich der Löss entstanden ? Del Dem Landwirth ist an dieser Frage wenig gelegen. Ihrem geologischen Alter nach weit von einander abstehende Formazionen, die ältesten gleich wie die jüngsten Glieder der- selben können als Bodenbildner des Löss zu seiner Entstehung beitragen, und friedlich zu- sammenlagernd gestalten sie sich zu dem Boden des Landwirthes, dem es gleichgiltig ist, ob sein Verwitterungsboden uralt oder jung. Dem Landwirth ist der Boden ein Aggregat von Gesteintrümmern die im Begriffe sind zu zergehen. Durch die Einwirkung des Wassers sieht er unter seinen Füssen den Boden in unablässiger Wandelung und Wanderung be- griffen. | Die Lössmassen welche mächtige Thäler ausfüllen sind allerdings als ungeheure Vor- räthe anzusehen welche die Vorzeit angehäuft. Vom Wasser angegriffen werden sie fort- gerissen und bilden vor unseren Augen Löss-Alluvionen. Das sind Umlagerungen derselben Substanz die so fein ist dass sie dabei kaum feiner zertheilt werden kann. Warum sollten aber in Mittelasien nicht bis heute Neubildungen von Löss durch Zerfall fester Felsgesteine stattfinden? In der Absicht dem Ursprunge des Löss auf die Spur kommen zu können, entnahm ich den Felsen welche die Ferghanä-Mulde umgeben und in meinen Augen vorzugsweise den Verdacht wekkten, sie könnten die Lössbildner sein, Gesteinproben; behufs chemischer. Analyse. Gehen wir ‚von der im Anhange II gegebenen Zusammenstellung der typischen Löss- GRUND uND Ворвм. Der Löss. 97 proben, so wie der eben berührten Gesteinproben aus, so können wir weder Charpentier noch auch Volger in Ferghanä widerspruchslos gelten lassen. Ersterer lässt den Löss aus Zersetzung der Molasse, Letzterer aus Kreidesandsteinen und der oberflächlichen Ver- witteruug von Thonschiefern entstehen, deren Ablösungen, durch Regen zusammengespült abwärts wanderten. Sandberger weist auf den Muschelkalk hin. Die Kalkgesteine Ferghanà’s enthalten jedenfalls zu wenig Sand, einen einzigen Fall (№ 56) ausgenommen, auch zu wenig Thon, um einen landwirthschaftlich guten Löss zu geben. Fährt man über die Konglomerate hin und sieht vor dem Winde die Kittmasse von den Rollkieseln abstäuben, so geräth man trotz der dunkleren Färbung dieser offenbar in fein- erdigem Zustande zusammengebakkenen Kittmassen in Versuchung, sie mit der Lössbildung in Zusammenhang zu bringen. Es fehlt jedoch dem Kitte an Sand, gleich wie es den Konglo- merat-Sandsteinen leicht an Kalk fehlt. Die Thonschiefer die durch ihr reichliches Zerfallen zu losem Gesplitter mich anlokkten führen wiederum hier wie überall zu wenig Kalk, ja, der Diorit erscheint völlig kalklos. Silicate und Quarzsand walten im Thonschiefer zu sehr vor: bis 91%, (vergl. № 24). Von allen Gesteinen die ich aus Ferghanä mitgebracht dürfte nur ein Kalkthonschiefer von Teschik-Tasch (№ 28), also von den Uferabstürzen der Kara-Darja, und ein Bruch- stükk eines Felsschuttes das ich aus einem zu Düngung abgestochenen Kurgan hervorholte (№ 37), wenn man sie auf das Feinste pülvern wollte, einen typischen fruchtbaren Löss darstellen. Diesen Proben zunächst stände dann der auf Eisenkiesel lagernde röthliche, und also auch die Löss-Färbung tragende Sandstein bei Woadilj (№ 51); er ist jedoch etwas kalk- arm. in Ihm in der Zusammensetzung fast gleich ist der Grobsand den ich mitten zwischen den Geröllen hervorholte welche die stürmenden Wasser des Ssoch-Flusses nach ihrem Her- vortritte aus der Gebirgsschlucht auf der weiten Fläche die hier vorliegt, ablagern. Dieser Sand bietet dadurch ein besonderes Interesse dass er, obgleich nicht reich genug an Kalk, dennoch wenn er fein gepulvert würde als für den Akkerbau brauchbarer Löss gelten könnte. Da er nun die feinste Schottermasse vorstellt welche der Ssoch-Fluss aus dem Gebirge thalwärts führt, und dennoch grobkörnig genug ist um in seinen bis 1 m. m. im Durchmesser haltenden Körnern und Plättchen das Vorwalten von Hornblende-Partikeln, deutlich erscheinen zu lassen, neben dolomitischem Kalkstein, Quarz, Thonpulver und etwas Feldspath und Magnetkies, so weist er uns auf eine gemischte Entstehung hin. Von den granitischen Gesteinen ausgehend, durch Thonschiefer, Kalkfelsen-, Konglomerat- und Sandstein-Bänke hindurchtosend hat sich der Ssoch - Fluss sein Material zur Zusammen- setzung eines nur noch nicht fein gepulverten Löss aus den verschiedensten Felsarten zu- sammengelesen. Es ist das eine Ansicht die schon Bischof ausgesprochen), bei Gelegen- 1) Lehrbuch 4. chem. u. physik. Geologie, 1855, II, р. 1583. Mémoires de I’Acad. Пир. des sciences, VlIme Serie, 13 98 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. heit einer Mittheilung von 5 Löss-Analysen. Er findet dass der Löss ein Gemenge ist von zermalmtem quarzhaltigem Thonschiefer mit kohlensaurem Kalk und Magnesia. Auch Havenstein wiederholt neuerdings im Wesentlichen dasselbe!) wenn er im Löss: Quarz, Thonschiefer, Hyperit, Diorit, Basalt, Porphyr, Trachyt, Buntsandstein und ver- schiedene Kalksteine herausfindet. Beachtenswerth ist ferner dass die Partikelchen des Ssoch-Fluss-Sandes mehr abge- brökkelt als gerollt erscheinen, so dass die Kristallformen noch unverkennbar sind. Derselbe Sand, mit Einschluss desgröbsten bis 2 m. m. im Durchmesser haltenden, wird in die Luft geführt, und wir finden ihn als Grobsand auf den Dünen der zentralen Salzwüste des Ferghanä- Thales, ansehnlich mehr abgerollt und abgeschoben und mit Feldspath-Partikelchen bedeutend stärker vermischt als im Bette des Ssoch-Flusses. Da diese Feldspath-Partikelchen ihre kri- stallinischen Formen deutlich genug zeigen, so ist der Sand offenbar noch nicht lange in Bewegung’). Ist etwa der feinste Staub sowohl aus versiegtem Flussbette, wie auch vom Dünenhü- gel als Lössstaub in die Lüfte getragen? Jedenfalls ist, trotz dessen dass, wie wir gezeigt, Löss und Löss gar verschieden ge- mischte Substanzen sein können, die im Grossen und Ganzen gleichartige Mischung dieser Erde auffallend, und lässt sich, wie mir scheint, kaum anders erklären, als dass jedes minime Sandkörnchen sich durch Attraction mit einer Hülle feinsten Kalk-Thon-Staubes umgibt, und dadurch, nach Maassgabe einer hinreichenden Menge dargebotenen Materiales eine ge- wisse Proporzionalität der Mischungsverhältnisse sich gestaltet. Falls Solches durch ein- gehende Untersuchungen nicht bestätigt würde, müsste man bei der Annahme stehen bleiben dass die gleichartig feine Pulverung sämmtlicher Bestandtheile des Löss, die geringen Unterschiede in der spezifischen Schwere seiner verschiedenartigen Bestandtheile vollkommen aufhebt, so dass sie bei der Durcheinanderlagerung der chemisch völlig verschiedenen Staub- arten nicht mehr zur Geltung kommen können. Es gestaltet sich das Durcheinander zu einem Chaos *). 1) Landw. Jahrbücher 1878, р. 301. 2) Der Ssoch-Sand (Bodeprobe №1) war am dunkel- farbigsten, wegen Vorwalten der Hornclende-Partikel- chen. Der Grobsand (№ 3) enthält viele minime Gipsge- schiebe. Während im Lüss die Sandkôrnchen nicht selten ziemlich scharfkantig erscheinen, ist der an den Ufern des Aral-Sees ausgespülte Sand besonders gleichmässig, rundgerollt und reingespült. 3) In letzter Stunde kommt mir jetzt zu Gesichte,dass Prof. Romanovskij in seinem ausgezeichneten paläon- tologischen Werke: Матералы для Геолог1и Туркестан- скаго края, 1878, dem Lôss eingehende Betrachtungen gewidmet hat. Er hat auch zwder Bezeichnung Secun- därlöss, die so nahe lag, gegriffen. Während Prof. Ro- manovskij (р. 87) die На. Derbentina bei Wernoje im Löss fand, habe ich in Ferghana nur Hd. Fedtschenkoi und На. rufispira Martens im Löss angetroffen. Vergl. Федченко, Путеш. въ Typkecrans, 1874, Il, 1, слиз- няки, 1, fig. 7, 9. Die DAMMERDE. 99 Е. Die Dammerde, Es ist bekannt dass im Gebiete der Aral-Kaspischen Senkung die Dammerde fehlt. Schon an diesem Kennzeichen hätte man die Lösslandschaft erkennen können. Gleich wie das Mergeln in Europa mit Recht beschuldigt wurde die Väter auf Kosten danach verarmender Söhne zu bereichern, so zehrt auch der Löss-Mergel durch Vermit- telung einer kräftig angeregten Vegetation alle Dammerde auf, und die ungeheure Dürre bei schwacher Beschattung und undichtem Stande der keiner Rasenbildung fähigen Vege- tation, vollendet die Vernichtung des Humus durch Austrokknen und Preisgeben in die Gewalt der Stürme. Es scheint dass der bedeutende Eisengehalt des Löss auch seines An- theiles an diesem Ausrauben des Bodens angeschuldigt werden muss. Das Eisenoxyd zer- setzt unter Mitwirkung von Wasser die Pflanzenreste und bindet die dabei entstehende Kohlensäure, sich selbst dadurch in еше Jöslichere Substanz umwandelnd. Diese, als solche wird zu allgemeinerer Verbreitung fähig, lagert sich schliesslich aber wieder ab, wird an sonniger Oberfläche liegend wieder in Eisenoxyd umgewandelt und hört nicht früher mit ihrer Thätigkeit auf, als bis jegliche Dammerde aufgezehrt ist. So richtig es nun auch im Allgemeinen ist dass der Lössboden auch in der Mulde Ferghanä blossgestellt an der Oberfläche zu Tage liegt, so ist die Dammerde dennoch dem Thale keineswegs ganz abzusprechen, sondern namentlich tritt sie von Natur in den Vorbergen auf, wo, bei feuchterem Klima, die Verwitterungsprodukte der Gesteine sich mit dem Löss mischen. Von diesen aus ist der Humus an manchen. aber immer beschränkten, Stellen auch weiter hinab in das Thal gespült worden, und zu dem Löss in verschiedene Verbindungen getreten’), ja gar wohl tief in ihn hineingesenkt worden, wie ich denn das durch Höhlen- gräber vermittelt fand, deren Вале sich scharf abgegrenzt vom gelben Lôss mit schwarzer Erde gefüllt hatten. Führen die Abhänge und Thäler solcher Vorberge viele Feuchtigkeit im Untergrunde so kommt es zu üppiger Rasenbildung, und die mit Heerden bedekkte Weide, setzt unter dem Einflusse des reichlichen Dunges um so rascher mehr und mehr Dammerde an. Im Kreise Kokan liess ein starker Gehalt an Schwarzsand, d. i. zu Sand zerriebener Hornblende, im Boden mehr Раштегае vermuthen, als deren wirklich vorhanden war. In den Thalniederungen der Lösslandschaft scheint sich die Dammerde nicht anders als unter Wasser, wenn auch recht brakischem, bilden zu können. Diese morastigen Nie- derungen bewachsen mit Schilfwaldungen, und, abgesehen von dahin zusammengeschwemmten Pflanzenstoffen und Erdtheilen, sind es offenbar diese üppigen Schilfvegetationen, nebst anderen Wasserpflanzen, zumal vielen Irisarten welche die Entstehung der Dammerde vor- bereiten?). Es ist also Schwarzschlamm aus dem diese Dammerde hervorgeht. 1)AmScharichan-Ssaj sah ich Dammerde mit Löss | zer Dammerde sichtbar wurde. wechseln, so dass unter 2’ Dammerde 8’ Löss lagen, und 2) Von Kulja bis Aim ritten wir durch ein ausge- unter diesem Löss wiederum eine 5/,’ dikke Schicht schwar- | dehntes Thal, das mit Dammerde reichlich bedekkt war. 13* 100 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Im Bereiche des nach Abnahme des Wassers blossgelegten Randes solcher Morast- mulden findet sich der saure mit Löss zusammengeschlemmte Humus, in derselben fuchsi- gen Beschaffenheit, durch welche sich die Uebergangsgründe die zu unseren Torfmooren hinüberführen kenntlich machen (vergl. № 20 der Bodenuntersuchungen). Unter Zuhilfenahme von überreichem Dung sehen wir in Ferghanä recht viel Damm- erde sich ansammeln, als Zeichen alter intensiver Kultur des angebauten Bodens. Diese ist offenbar das Werk menschlicher unermüdlich fortgesetzter Arbeit, selbst in den Fällen wo oben besagte Dammerde subaquatischer Entstehung durch fortgesetzte Kultur zu milder Beschaffenheit umgearbeitet worden. Durch die ausserordentliche Fähigkeit der Dammerde die Feuchtigkeit in ihren Ka- pillarräumen festzuhalten, welche diejenige des Löss um ein Mehrfaches übertreffen dürfte, muss sie in Ferghanä sich besonders fruchtbar erweisen und auch geringere Ansprüche an Wässerung bedingen. II. Das Klma. LU So viel mir bekannt, ist das Erste was wir von Ferghanä’s Klima erfahren haben, in den wenigen Worten enthalten welche Fraser im Jahre 1821 verlautbarte'): Drei Monate im Jahre muss man heizen, der Frühling tritt mit leichten Regen ein, indem heftige Winde die Wolken vor sich her treiben; der Sommer ist heiss und regenlos; erst zu Ende des Herbstes kehrt die Feuchtigkeit wieder. Seitdem hat Schyler?) in ähnlicher Kürze uns mitgetheilt dass in Ferghanä das Klima gleichmässiger als im übrigen russischen Turkestan sei, weil wärmer im Winter, der weniger Schnee bringe, und auch diesen erst spät. Im Sommer, meint er, ‘sei der Unter- schied zwischen der Wärme von Kokan und Taschkent kaum merklich: die Nächte seien stets kühl und angenehm; auch sei ihm keine vorgekommen in der es nicht wohlthuend gewesen, unter schweren Dekken zu schlafen. _ Auf die nachstehend mitzutheilenden Beobachtungen fussend und in Betracht ziehend was ich gelegentlich erkundet, können wir nicht umhin zu bemerken dass Schyler mit seinen wenigen Worten zur Karakteristik des Klima von Ferghanä, es sehr unglükklich ge- Einzelne Stellen an denen sich noch Rohr und Iris hiel- ten, und au denen sich die fuchsige Farbe hervorthat, waren erst in späterer Zeit dem Wasser entstiegen. Das saftige Grün einer Rasenfläche auf der zahllose Heerden weideten verfehlte nicht uns die angenehmste Abwechselung zu bieten. Das überall in den Gräben stok- kende Wasser bewies die starke Bewässerung des Unter- grundes vom Gebirge her, und in der That befanden wir uns auch bald an der steilen Abstufung zu einer einige Klafter niedriger liegenden Terrasse morastigen Geröh- richts, im Angesichte von Aim, und überall strömten aus dem Untergrunde reiche Quellen hinab. Im Nanaj-Thale schien dagegen der mit Dammerde reichlich versetzte Löss sich direkt, durch Rasenbildung aus Süssgräsern gebildet zu haben, unter Mitwirkung von reichlichem Weidedung und Luftfeuchtigkeit. 1) Ritter, Asien, p. 776. 2) Turkistan, 1876, II, р. 56, Кыма. 101 troffen, ungeachtet dessen dass es nicht schwer fallen dürfte in Ferghanä Oertlichkeiten ausfindig zu machen welche stets angenehm kühle Nächte bieten, ja sogar Pelzbedekkung oder schwere Dekken im Sommer verlangen. Vor Allem zeichnet sich nämlich das Ferghanä-Thal durch die ausserordentliche Ver- schiedenartigkeit seiner klimatischen Umstände aus, wie sich denn das auch nicht anders erwarten liess von einem Thale das, obgleich zwischen dem 40sten und 41sten Breitengrade in Mittel-Asien liegend, mit seinem Grunde bis zu der geringen Seehöhe von nur anderthalb- tausend Fuss, zwischen ringsum starrende himmelhohe Felsmauern tief hineingebettet ist. So wenigumfangreich dieses Thal auch ist, so ausserordentlich gross ist die klimatische Verschiedenartigkeit, ja Gegensätzlichkeit seiner einzelnen. Theile. Dass diese Gegensätze zu ringförmig einander umlagernden Zonen sich gestalten müssen ist wiederum eben so selbstverständlich wie die grosse, subtropische Sommerschwüle des einzig und allein dem Einflusse westlicher und südwestlicher sommerlicher Luftströmungen offen stehenden Thalkessels, welche, aus glühenden Sandwüsten heranwehend, dem Hoch- sommer einen drükkend heissen Karakter auferlegen. Näher zum Fusse des Gebirges hinan gelangt man in den Bereich der mindestens zur Nachtzeit in das Thal hinabsinkenden Luftschichten, welche ihrer grösseren Schwere wegen sich dem Boden anschmiegen Aber bei einer Durchschnittstemperatur von 25 bis 28 Graden ‚ der Juli- und August- Nächte im Zentrum Ferghanä’s, sehnt man sich wohl nicht nach schweren Dekken. Bei Tage ist es heiss; nachts unerträglich schwül. So weit es, bei der Flüchtigkeit meines Aufenthaltes in Ferghanä möglich war, suchte ich durch meteorologische Beobachtungen einen Maasstab für die klimatischen Eigenthüm- lichkeiten dieses Thales zu gewinnen. Herr Perrou beschäftigte sich vorzugsweise mit diesem Gegenstande, so lange wir in Margelan unser Standquartier hatten. Später verdankte ich der aufgeklärten Gewogenheit des Kriegsgouverneur’s, General Abramov, dass ein Beamter, Herr Ssäwinov diese Beobachtungen auch ein paar Monate später, nunmehr aber in Namangan, fortsetzen konnte. Herr Е. Stelling, vom physikalischen Central-Observatorium, der rühmlichst bekannte Bearbeiter der Seehöhen der meteorologischen Stationen in Sibirien so wie des jährlichen Ganges der Verdunstung in Russland'), hat diese in Namangan angestellten Beobachtungen schon im Jahre 1879 veröffentlicht?). Man findet dort die vom Mai bis Oktober, einschliesslich, an- gestellten stündlichen Beobachtungen der Temperatur und Feuchtigkeit berechnet vor. Durch die Freundlichkeit des Herrn Stelling bin ich auch in den Stand gesetzt die von uns in der Stadt Alt-Margelan angestellten Beobachtungen in Nachstehendem vorlegen zu können, nebst den Seehöhen verschiedener Punkte welche für das Verständniss einiger 1) Repertorium für Meteorologie herausg. у. d. Kais. 2) Annalen desphysikalischen Central-Observatoriums, Akad. d. Wissenschaften zu St. Petersburg, Time. VI, | herausgegeben von H. Wild, Jahrgang 1878, Г, р. 192 №11, 1879 und T-me VII № 6, 1880. und II, p. 457 — 460. 102 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. landwirthschaftlicher Betrachtungen im Laufe der nachstehenden «Einblikke» von Belang sind. Die angehängte Uebersicht der auf einen weiteren Umkreis Ferghanä’s bezüglichen meteorologischen Literatur welche ich zu benutzen leider nicht im Stande gewesen, dürfte zur Orientirung späterer Bearbeiter dieses Gegenstandes, beitragen. Somit lasse ich in Folgendem Herrn Stelling selbst sprechen. | «Da für die Berechnung der Seehöhen aus den auf der Reise gemachten Beobachtungen die Orte Margelan und Namangan, wo unterdessen fortlaufende Beobachtungen angestellt wurden, als Ausgangspunkte dienen und mithin die Sicherheit der Höhenbestimmungen ganz von der Genauigkeit abhängt, mit welcher die Höhe dieser beiden Orte abgeleitet werden konnte, so scheint es geboten zu sein, die Daten in extenso zu publiciren, auf Grund derer die Höhe von Margelan und Namangan berechnet wurde; die Beobachtungen aus Margelan können ferner schon darum ein gewisses allgemeines Interesse beanspruchen, weil aus diesem Ort bisher keine Beobachtungen bekannt geworden sind. Die Barometerbeobachtungen in Margelan und Namangan sind an einem Parrot’schen Barometer angestellt worden; dieses Instrument wurde nach der Rückkehr der Expedition im Central-Observatorium verificirt und seine Correction zu + 0,3 halb. Linien bestimmt; an die nachstehend mitgetheilten Barometerstände ist diese Correction bereits angebracht. Die Höhe beider Orte wurde auf Grund der gleichzeitig in Taschkent beim Laboratorium von Herrn Teich angestellten Beobachtungen berechnet, wobei als Seehöhe dieses Ortes 455 Meter!) angenommen wurde. Die Berechnung wurde nach den Rühlmann’schen Tafeln?) ausgeführt, 4. В. nach der Formel: 6! 6" vw о 4 ИИ 2 h = 18400,2 . (1,0157 += 0,003675. )(1- 0,378. )(1-=0,002623 cos 2e) h (1 Hs m) gr wo {und Z” die Lufttemperatur, b’ und D” den Barometerstand, o’ und с” die absolute Feuchtigkeit an der unteren und oberen Station, + das Mittel der geographischen Breiten beider und z die Höhe der unteren Station über dem Meeresniveau bedeuten. Vom 18. März bis 17. April 1878 wurden in Margelan und Taschkent folgende gleich- zeitige Beobachtungen angestellt: 1) Ed. Stelling, Ueber die Seehöhen der meteorolo- | VI, № 11. gischen Stationen in Sibirien auf Grundlage. neuer Iso- 2) Die barometrischen Höhenmessungen etc. von Dr. baren, Repertorium für Meteorologie von H. Wild. Bd. | Richard Rühlmann, 18. März 19: >» 20. » т» BD.» 23.» DAR U» DIS. 26. :» DT ND DO 29.» 30. » Slim 1. April DE D 3. » д У Dur 6.» о» SD Ч 10. » 112» 12°» 13...» 14...» фо» 16.» Er.» Mittel КимА. Margelan, 18. März — 17. April. Barometer. лв 12 125,5 724,5 725,1 722,7 716,9 714,6 712,7 11132 718,7 716,7 118,9 714,6 717,6 718,0 721,5 721,7 721,9 723,0 722,4 722,1 720,9 121,2 125,7 719,1 714,3 711,6 ? 715,6 | 713,5 7140 27148 719,3 720.1 720,6 720,1 720,7 720,0 722,6 723,4 7240 723,5 723.0 721,5 720.0. 7195 7174 714,8 719.5. 713,9 7188" 7186 719,7: 717.4 7176 4716,4 721,2 722,6 725,9 725,4 718.8 720,6 10790 7 ' 790,5 719,7 180 719,3 gh 725,0 719,5 712,7 718,9 719,7 714,0 720,3 717,9 723,6 721,8 721,7 716,8 712,6 713,2 716,0 720.9 721,0 721,7 724,0 723,6 720,0 718,8 713,2 716,4 719,5 717.2 717,2 723,7 723,1 720,7 720,0 719,2 u ф = 40° 28' Temperatur. 7h 18 oh 57. 15.0. 101 6.8 216,6 1:4 8,8149 19,1] 215,0 И RU Le EE LOG NL EE ENS LL О ЕО 10 0219 010 ,10,8 10,1 “11,4 9,5 871105: "10,2 Е LE 9.00 LR A5 11,8: 18,8 15.6 13915.92 ПЭ 99 2698 FORTE 139 Чу Ви 195 В ео 103 Feuchtigkeit. 7h 1h gh 5,0 5,8 4,5 5,2 5,0 3; 5,1 9,61... .:6.8 104 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANÀA. Taschkent (Laboratorium). ф == 41°19'’. Н= 455 Meter. Barometer. Temperatur. Feuchtigkeit. тв 1 gù 7h ja gh 7 1 gh 18. März 726,8 726,8 726,3 БА, ПВ ов 30 зб вт и ГГ 7190 82 4 202, 118 25 95 3,56 90.590. 7165 7905. 143 10:05 ‘от: 13.7 50 48 59 D D 10 60 О 070 106 154) що 98 5.6 Taie м 718 т 99 130.100 6.58.01 В8 938 To 8718,07 1.2716.08 0102 0.6 I 0e 86: VE ASS 917186 7218. 79a, 50 Ш AGE NO 0 8 85 в 250 OO 1951, ВБ 7.6: DSL 3.944 TO, DI TB eos Ta 70 AB. 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Кима UND HÔHEN. 105 Aus den nachstehenden gleichzeitigen Beobachtungen in Namangan und Taschkent in der Zeit vom 20. — 28. April 1878 ergiebt sich, dass Namangan um 15 Meter niedriger als Taschkent oder 440 Meter über dem Meer liegt. Namangan. 20.—28. April 1878. Barometer. zu т “April = 726,3 727,8 » 730,7 729,6 » 725,4 722,9 » 722,4 722,7 » 123;DN 124.3 » 726,7 725,4 » 122,2 720,5 » 719,2 718,6 » 724,7 724,1 Mittel 7246 724,0 724,3 Barometer. 7 1" April - 728,7 728,8 799 70707 7296 1201 rn 790.1.,2720.2 u Зе. 9935 » 725,6 725,1 718,3 : 07174 » | 719,5 723,9 „’ 7943. 7599 Mittel 723,5 723,2 723,0 9h 730,7 726,8 721,6 722,6 726,3 723,2 720,0 722,6 724,7 724,3 Taschkent gh 729,7 725,1 719,6 720,3 725,3 719,6 715,8 722,9 723,1 722,4 Mémoires de l'Acad. Пар. des sciences, УПше Serie. 040.0. Temperatur. 7h 1 gh 10,6 ° 19,7 °°115 (Laboratorium). 411219): Temperatur. zu 18 ов 14904136 8,4 9:6 17,7 1144 96 21,0 15,6 15.829500 147 13,6 23,3 16,9 106 208 151 190 30,9 20,0 АТВ: ENT 144,910 164 Feuchtigkeit. т 1 9" 8,92 85 7,9 6,9 7,9 8,0 72 8,6 96 10,0 83 9,6 9,9 10,1 10,0 Feuchtigkeit. ri 1e gh 106 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Dasselbe Barometer Parrot diente auf der Reise zu Luftdrucksbeobachtungen in Utsch- Kurgan, Jany-Kurgan und Мапа]; unterdessen wurden gleichzeitige Beobachtungen in Na- mangan am Barometer Turettini № 76 angestellt, dessen Correction aus 63 Vergleichungen in Namangan in der Zeit vom 20. — 27. April zu — 0,7 Mm. bestimmt worden ist; die Correctionen beider Barometer sind bei der Berechnung natürlich berücksichtigt worden. Da auf der Reise keine Feuchtigkeitsbeobachtungen angestellt wurden, so ist bei der Rech- nung eine mittlere relative Feuchtigkeit von 60%, angenommen worden. Utsch-Kurgan. Aus 6 Beobachtungen am 1. und 2. Mai wurde die Höhendifferenz zwischen diesem Ort und Namangan zu 36 Meter und die absolute Seehöhe von Utsch-Kurgan hiernach zu 476 Meter berechnet. Jany-Kurgan. Die Rechnung ergiebt auf Grund von 6 gleichzeitigen Beobachtungen am 3., 4. und 5. Mai hier und in Namangan eine Höhendifferenz von 276 Meter; die absolute Seehöhe von Jany-Kurgan beträgt sonach 716 Meter. Мапа]. In der Zeit vom 6. — 12. Mai wurden 17 gleichzeitige Beobachtungen hier und in Namangan angestellt; hieraus wurde eine Höhendifferenz von 883 Metern berechnet; die Seehöhe von Nanaj beträgt sonach: 1323 Meter. 7 Ausser dem Barometer Parrot wurde auf der Reise zu Luftdrucksbeobachtungen ein kleines Aneroid von Goldschmidt № 1022 benutzt, das vor dem Antritt der Reise im Central- Observatorium untersucht worden ist. Aus 8 in Nanaj in der Zeit vom 6. — 12. Mai an- gestellten Vergleichungen mit dem Barometer Parrot ergab sich bei einem mittleren Ba- rometerstand von 647 Mm. für dieses Aneroid eine Standcorrection von + 1,7 Mm.; nach 6 Vergleichungen in Jany-Kurgan am 3. — 5. Mai betrug die Standcorrection bei einem Barometerstand von 697 Mm. + 1,5 Mm. Bei der Höhenberechnung nach den Angaben dieses Instrumentes wurde ausser den dem Aneroid beigegebenen Correctionen noch eine Standcorrection von + 1,6 Mm. angebracht. An folgenden Punkten wurden Beobachtungen an diesem Instrument gemacht, die auf Grund gleichzeitiger Beobachtungen in Namangan zur Berechnung der Seehöhen verwandt wurden. KrLımAa UND HÔHEN. Ort. Häuschen d. Steinkohlenarbeiter am NAVI ey Me Höchstes Sommerweizenfeld in NW von;UÜtsch-Kurgan ».:.......:. Höchster Pass im Osten vom Kohlen- О ne een Klippe, Nordspitze, 5'/, Werst im SE VonaNANA er. ee Datum. 1. Mai Zahl der Beobachtungen. 107 berechnete Höhe über dem Meere. 582 Meter 1068 » 1169 » 1751 > Während einer im März von Margelan aus unternommenen Excursion wurde zu den Luftdrucksbeobachtungen auf der Reise ein grosses Aneroid von Goldschmidt № 916 benutzt, während gleichzeitig in Margelan Beobachtungen am Barometer Parrot angestellt wurden. Die Standcorrection dieses Aneroids, das gleichfalls aus dem physikalischen Central-Obser- vatorium bezogen ist, wurde in Margelan aus 10 vor dem Antritt der Reise und 18 nach der Rückkehr angestellten Vergleichungen mit dem Barometer Parrot zu — 5,5 Mm. bei einem mittleren Luftdruck von 720 Mm. bestimmt; diese Correction ist berücksichtigt worden. a NE ADR RR insu à О .. wa... Dre. SSALySRUTBAN en. MÉCHANTS a un. 4 а Re nt Datum. 20., 21 . März 2192. 21- DID a DA 2 2 1 1 = Zahl der Beobachtungen. berechnete Höhe über d.Meeresnivean. 461 Meter 485 » 657 » 664 » 936 » i4* 108 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANÄ. Margelan. Temperatur der Luft, beobachtet im Schatten am Thermometer Г. Ф. 0. № 72’. 1878. Beobachtungsstunden. Monat und en Kia TE Sn er) 5h | 6h | 7b | 8h | oh | 108 | 11%) Minimum. ато. ат и /D:10. pm. p.m. | p.m. | p.m. | p.m. | p.m. | p.m.| p.m. | Therm. №19. | 13,8 | 15 3,9 | 12,6 | 6,8 BEI TE 6,4 9,8 4 | 10,1 13,0 5 | 1: Я 13,8 | 14,4 14,4 13,4 | 15,0 | 15,0 15,9 | 16,4 | 16,6 15,0 | 15,2 | 15,0 17,4 | 17,1 14,8 | 14,8 12,2 | 12,4 11,9 | 12,0 12,1 T2 5 9,9 | 10,6 15,0 | 15,4 17,9 | 18,0 18,1 | 18,3 16,7 | 15,8 15,0 | 15,1 13,4 | 13,4 15,8 | 16,8 14,6 | 14,9 12,4 | 12,8 18,1 | 18,1 19,2 | 19,2 20,2 | 20,7 | 21,2 | 21,6 | 18,6 | 18,5 Пе 17.0 7 ? — O9 O9 в> Spannpppe==S PE vo 17,8 | 18,3 19,5 20,2 17,2 | 16,8 10,8 | 12,3 | 14,7 | 14,6 14,9 | 15,7 ---- осо — =] KLIMA. Margelan. Beobachtungen am Thermometer 1 Fuss tief in der Erde. 109 1878. Monat und Datum п. St. März 15. 14. 15. 16. ту 18. -- нохфхончеьроюю, — pd md ER Beobachtungsstunden. 1 1! ] oh 1 ов 4h gi 7h gli 10h a.m. ‚ли. | p.m. | p.m, .| ра. | p.m. 10,4 9,6 8,6 8,3 9,6 10,9 10,1 de p.m. 110 А. у. MIDDENDORFF, КЕВСНАКА. Margelan. Thermometer auf der Oberfläche der schwarzen Erde. 1878. Beobachtungsstunden. Monat und Datum n. St. 6h 1 1 1 oh 18 oh 4h 5h 6! 7h gh a.m. | a.m. | a.m. | a.m. | a.m. | a.m. .m. | p.m. | p.m. | p.m. p.m. | pan. | p.m. März 15. 17,9 | 19 1 ть > 6 6 4 FL © = © © © © Go © S — D 00 07 <> <> > + © mo oo ыы © © 14,6 10,6 11,6 = > > Sn C0 orne > 111 Margelan. уз’ > NI I © D I Où Or Où Où HR ясная Or OUMDODOUR = IE 00 ©> =I O0 © 00 O0 -4 Où Or Où Où © Où © I © © D © © À © D © © O0 O D Co D © a O0 © M MH © Où O Où Où OU À Hi © ST ID NI 00 00 <> <> а OD SO WAHR 1 Ex to Cr] LD © D + ® CO <> O0 =1 ©> O0 ©> <> O0 AM OD MO ID DIGNINNDAMBDANINN NI > Feuchtigkeit. gh p.m. u I TTS SL ST ISIS AANSFRPANPNPPEPEPPEEANPKAAAHTFPLEINGD © M ND O I © BB 0 OD © © BCE D I © À D OS I mi O0 I OU AI 5 OÙ = оная Ot © mi © — SJ Bemerkungen. bis 7! р. m. Nebel. а. ш. — 6! p. m. feiner Regen. es regnete die ganze Nacht hindurch sehr stark. von 9" p. m. schwacher, sehr feiner Regen. am Morgen schwacher, feiner Regen. in der Nacht vom 3. auf 4. Wetterleuchten im E. im Laufe des Tages Regen. starker Regen durch Tag und Nacht. starker Regen durch Tag und Nacht. Staub. Staub. Staub. Staub. am Morgen schwacher Regen, am Abend Regen. in der vorhergehenden Nacht feiner Regen. 112 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. жж Margelan. Wind. Bewölkung. Monat und я Е Datum n. St. | . à ; 4 : emerkungen. а. т. ||: 1% p.m. | 9 p.m.| 722. m. |" р. м. |9 р. m. März 15. У 1 У 5 W 1 7 CS 10 8 CS 18 р. m. =; 9! р. m. W. » 14. W 1 W 3 о | 10N 10 N 10N vom Morgen bis 6" р. m. @°. DIS: W 2 NE 1 0 10N 8 Cu 1 Cu 16; 0 NE 2 0 0 0 0 DEU lit. NE 1 0 0 0 0 0 » 18: 0 0 W 2 4 CS 6 C 8 C 2 19. 0 У 1 \ 2 0 2C sc » 20. W 1 — — 10 C — — SEEN 2 = de, = > » 22. — RE — = == = 228: — = — = — == DERFDA. — — — — — = » 95. М 2 У 2 W 1 9 CCu 6C 10N » 26. Ут | WNW5 | WNW 1 8 C 10N 10N nv DT NW 2 NW 1 о | 100N | 10N 25 um 2" р. m. klärt sich der Himmel auf. 298: 0 NW 1 0 72 С 100 C 0 2! 129. 0 NW 2 0 0 то С 0 » 30. NW 1 0 0 8 C 10? C 10C » 31. 0 0 ws | 102C | 10N 10N 9h p. m. @°. April 1. W 1 — — 101 — = » 2. — 0 0 — 10 CuS 95 RE 0 0 о | 1005 | 9Cus | 0 um 2" Nachts < im Е. Dior 4. 0 0 W 4 0° 10Cus | 106 DENIED: W 2 — о | 10N — 4 im Laufe des Tages @. » 6. 0 W 2 0 5 C 4 Cu 0 DIEU: 0 S 2 0 0 0 0 » 8. 5 1 SW 2 0 50 С 40 С 0 о? 0 SE 3 SE 1 0 AC 109 С зе 6} р. т. а. Himmel у. einer Staubwolke verhüllt » 10. о | WNW6 | WNW 4 9 C 10 CN 5 C Staub. 5 » 11. | WNW3 | WNW 2 о | 10C 109 C 59 C Staub, um 6! p. m liess der Wind nach. » 12. 0 0 0 9 C 109 C 0 Luft durch Staub getrübt. DEL: о | WNW 1 0 60 C 80 С 2C » 14. У > Wa Wa | 10N 10N 10N Morgens @°, Abends ®. 15 NE 3 NE 3 NE ı 10? N 9 Cu 6 Cu » 16. 0 NE 2 0 9 Cus | 10 Cu$ | 10 Cu DET. 0 NE 2 0 10N 10 Cu ION п. @°. Aus Turkestan sind aus neuerer Zeit folgende Beobachtungen vorhanden, die meist in den Annalen des physikalischen Central-Observatoriums publicirt sind: Кима. 113 In den Annalen von 1870: Kasalinsk, »» » » 1871: Kasalinsk, (Ssamarkand (14. Sept. 1870 — 11. Sept. 1871), »» » » 1872: Kasalinsk, Taschkent, »» » » 1873: Kasalinsk, Taschkent, Tatarinowsches Steinkohlenbergwerk, Ura-Tjube, » » » » 1874: Taschkent, Nukuss!), Petro-Alexandrowsk, Chodshent (13. Aug. 1870 — 12. Aug. 1871), DD » » 1875: Taschkent, Nukuss, Petro-Alexandrowsk, »» » » 1876: Taschkent, Nukuss, Petro-Alexandrowsk, DD » » 1877: Taschkent, Nukuss, Petro-Alexandrowsk, Ura-Tjube (Jan. — Dec. 1874), Tatarinowsches Steinkohlenbergwerk (Jan. — Nov. 1874), Taschkent (Observ.) Sept. — Dec. 1876, » » » » 1878; Taschkent, Petro-Alexandrowsk, Nukuss, Namangan. Ferner liegen im Archiv des Observatoriums Temperaturbeobachtungen aus Aulie-Ata von 1870 — 1875; die Mittelwerthe aus diesen Beobachtungen werden in dem in diesem Jahre erscheinenden 3. und 4. Theil der Abhandlung über die Temperaturverhältnisse Russlands veröffentlicht. | Aus älterer Zeit sind bloss Beobachtungen aus Kasalinsk, Raimsk und Fort Perowsk vorhanden. | Für 1879 sind ausser den Beobachtungen aus Taschkent, Nukuss und Petro- Alexan- drowsk noch Beobachtungen aus Ssamarkand und Pendshikent eingelaufen. Ed. Stelling. Da, trotz einiger Anläufe zu einem recht grossartigen Beobachtungsnetze?), die Tem- peraturen Ferghanä’s noch gänzlich unbekannt sind, so zögere ich auch nicht, neben die oben mitgetheilten, leider zu kurzen Beobachtungsreihen, noch eine längere Reihenfolge hinzustellen, welche allerdings ungenau ist, aber dennoch orientirt. Diese Beobachtungen wurden von Beamten in der Stadt Kokan, im Laufe der drei Jahrgänge 1877 bis 1879 angestellt. Weder über den Grad der Zuverlässigkeit des benutzten Thermometers, noch über dessen Aufstellung ist etwas bekannt, indessen lässt sich aus dem, im Vergleiche mit 1 Uhr mittags höheren Stande des Thermometers um 9 Uhr morgens, auf vorwaltenden Einfluss der Morgensonne, so wie richtige Beschattung um Mittagszeit schliessen. Durch die um ein paar Grade zu hohen Morgentemperaturen sind auch die Mittel sicherlich um mehrere Grade zu hoch. 1) Das gesammte reichhaltige von Herrn Dohrandt 2) Hellwald, die Russen in Central-Asien, 1873, p. 10, gesammelte Material ist publieirt in: Beobachtungsma- | hat in gewissenhafter Ausbeutung seiner Quellenstudien terial, gesammelt von der meteorologischen Abtheilung | schon damals über 15 meteorologische Beobachtungs- der wissenschaftlichen Expedition an den Amu-Darja | stationen berichtet, welche in Turkestan eingerichtet 1874—1875; dort finden sich auch die Beobachtungen | seien. aus Tamdy (Juni — Sept., 1872). Ed. Stelling. <. Mémoires de l'Acad. Imp. des sciences, УПте Serie, 15 114 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. In Graden nach Celsius. Neuer Bere Namangan. N. Kokan. Monat Е "& 7h h h т je gh 7h 1 gh 2 ra m 10h у Е 5 1 9 niedr. | höchste | niedr. | niedr. | höchste | niedr. Bemerkungen. 3 & | höchste | niedr. Bemerkungen. | ESA Mittel. beobacht. Temperat. | beobacht. Temperat. = = | beob. Temp. | 1877 1877 | Мал...... 28 36 19 | am 17., 1 nur 20°, | ии... 29 39 21 | am 10., 10°, nur 109 || ul. 31 37 30 ) August... 98 39 16 Г September 21 28 9 | am 31., 1°, nur 149, October . . 10 | 23 8 | am 26. "10h, nur 29, November 3 13 ı | am 15., 10" nur 0° December (auch um Mittagble — 8 9 | —16 ({estiefunter09,ja 1878 {derholt — 14°. Januar. . 0 —17 | am 17. nur — 22% а 5 doch abends häufig ROUE, р ет ie als unter 09 ро nicht mehr ae ; ter 0, in der zw nz м | 21 ı \Hälfte abends ı | (12°. April. 14. 22 7 в. 1878 h + 0 Main... 21,6 | 19,1 | 24,9 | 21,0. | 10,2 | 286.| 11,1 28 | 37 8 Late bis 250) и а. 25,4 | 23,1 | 28,8 | 24,5 | 19,6 | 30,8 | 20,3 Bann 20 4 RL ES 28,0 | 25,1 | 31,7 | 27,2 | 23,0 334 29 4 34 | 42 22 August...| 264 | 231,| 31,0 | 252 | 181 | 35,5 | 222 ЕЙ 18 September] 20%6 | 176 | 244 | 193 | 14 | 293 | 161 21 | 35 14 October ..| 18,8 | 10,6 | 17,7 13,2 3,6 | 25,0 7,5 11 25 6 November 3 13 0 N a. En ог ‚Sabends durchgäng De Be PRES; Le 0° ре Januar... 1 10 LES ee durchgäng um 0° herum. | (10" meist über 0°, в bis 50. 18 in d. Son 27° bis 349. abends stellte la kalter Wind prune у Jso dass die Мог Februar.. OA 0 }temperatur у. 8 [zu Mittag auf 29, |2. Abend auf 1° worauf 2 Tage (ат 17. zeigte d. Mi- morgens | bis 49] у 1879 |nimumthermom.1,6°. abgelesen wurd März.... 4,5 | 18,1 6,1 |) Von d.letzten Woche 18 | 27 5 April 82 | 21,6 | 10,3 |\des März an, u. den 20 | 35 10 Mai...... Iganz. April hindurch DA 3% 17 Juni..... (sank es nicht unt. 9°. 28 | 38 23 За: 29 | 37 22 August... 22 | 35 18 September ENST 12 October... 11 24 6 (zu Anfang gabesm Itags bis 229, abe . 10. field. Tempe November 6 | 22 | — 5 |Zrasch zur Nähe des Nullpunktes; gegen [nis sich bis F hebend. ee (Während der el Wochen des Dec gar kein Fro December 8 | 16 | — 7 Kmittags bis 172 später im M abends häufiger als unter 0°. KLıma. 115 Alles was wir mitgetheilt zusammenfassend, können wir das Klima im Grunde des Ferghanä-Thales folgender Weise karakterisiren: Oft schon im Februar, jedenfalls aber in der zweiten Hälfte März ist das Wetter frost- frei und erreicht im Schatten bis über 20°, so dass Gras zu schiessen beginnt. Die Mittags- sonne scheint um die Mitte des Februar so warm, dass man sich in entschiedenem Früh- linge fühlt. Rasch und mit geringer Abkühlung während der Nächte steigt nun die Temperatur an, wird schon im Mai dem europäischen Nordländer lästig, im Hochsommer fast uner- träglich, wenn sie im Juli und August eine Durchschnittstemperatur von nahe 30° (um Mittagszeit mehrere Grade darüber) im Schatten erreicht; und an manchen Tagen gar 35 und 36 Grade. In der Sonne erhitzt sich der Boden bis 70° und mehr, so dass also Bier gar bakken. Dass die Nächte sich weniger abzukühlen scheinen als in der Steppe dürfte dem zur Naeht sich beziehenden und auch oft stauberfüllten Himmel zuzuschreiben sein. Die grösste Tageswärme im Schatten tritt aber, gleich wie an allen kontinentalen Orten, sehr spät ein; im Sommer sogar gegen 4 Uhr nachmittags, so dass also das Wässerungsnetz diesem kontinentalen Karakter keinen Abbruch thut, ihn in nichts mildert. Viel früher und grösser als in der Luft tritt die grösste Tageswärme an der Oberfläche der Erde ein, welche zugleich grösseren Wärme-Schwankungen ausgesetzt ist als die Luft. Der September ist dem Mai ähnlich, der Oktober dem April, und nach überstandener Sommerhitze sind das die köstlichsten Monate im Jahre. Ungleich dem März, der vor Frost sicher ist!), bringt der November ihn schon jedenfalls, durch ihn zum Dezember hinüber- führend, der übrigens am unzuverlässigsten ist. In der That hält sich in manchen Jahren während des Dezembers kaum etwas Schnee, die Kälte sinkt nur wenige Grade unter 0, die Durchschnittstemperatur hält sich über dem Gefrierpunkte und mittags hebt sich das Thermometer wohl gar über 10 Grade — oder aber in anderen Jahren fällt das Thermo- meter sogar um Mittag bis auf 16° Frost’), der Durchschnitt des Monats sinkt viele Grade unter 0. Freilich sind das ungewöhnliche Zustände und meint der Eingeborene: solche Kälte habe der Russe mit sich gebracht. Der Januar ist etwas kälter als der November und Nachklänge eines rauhen December reichen nicht selten in ihn hinein. Das von Dove aufgestellte Gesetz, demzufolge in ganz Ostasien die Monate April bis September zu warm sind, im Verhältniss zu ihrer geographischen Lage, dürfte auch in Ferghanä sich bewähren. Ob die Winterhälfte von Oktober bis März, zu kalt ist, fällt we- 1) Uebrigens scheint das Sinken der Temperatur in | Schnee und Eis Kältemischungen erzeugt welche auf die der ersten Hälfte des März unter den Gefrierpunkt (doch | Kälte des Winters Einfluss ausüben, mag künftigen Be- nur ganz ausnahmsweise) vorzukommen jedoch keines- | obachtungen anheimgestellt bleiben. Auf den Angereisten wegs jener Temperaturerniedrigung zu entsprechen welche | macht es allerdings tiefen Kindrukk wenn er bei — 10° Teich in Taschkent fast regulär beobachtete, und dort | vom Froste ergriffen, auf der Strasse im Schmutz watet, sogar bis — 10° bisweilen hinabreicht. der nicht verräth dass er mit einer strengen Salzlösung 2) Ob der Salzgehalt des Bodens, in Verbindung mit | angerührt ist. 15* 116 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. niger in die Augen. Die das Thal beherrschenden Glätscherhöhen lassen wohl darauf schliessen; denn, vom Thalgrunde emporsteigend können wir in kürzester Frist alle klimatischen Zwi- schenstufen durchmachen, welche uns rasch aus tropischer Hitze zu unvergänglichen Schnee- und Eis-Gefilden hinführen, die im Winter sibirischen Kältegraden ausgesetzt sind). Verschiedenartigkeit und Gegensätzlichkeit ist also wie schon ‘gesagt der karakteristische Grundzug des Ferghanä-Klima’s; er gilt sowohl für die Temperatur, als für Wassergehalt, Bewegung und Ruhe der Luft. Selbstverständlich tritt nun aber zu diesen Grundzügen eine bedeutende Veränder- lichkeit der Witterung binzu; zumal sind die zwischen den beiden Extremen — dem Thal- grunde und dem Hochgebirge — gelegenen Zonen dem wechselvollen Spiele der mächtigen Nachbaren unterworfen: das Wetter ist schwankend, schnell veränderlich und extrem’). Nicht nur die Maxima und Minima überbieten sich in Sprüngen; auch die Mittelwerthe scheinen sich nicht treu zu bleiben. Sogar im Thalgrunde dessen Vegetazion den subtropischen Karakteram zähesten festhält, sehen wir nicht nur die Uebergangsjahreszeiten, sondern ins- besondere den Winter in bedenklicher Weise zu Ausschreitungen geneigt: auf eine Reihe so milder Winter dass sie kaum ihres Namens werth sind, dass der Schnee sich gar nicht zu halten vermag, so dass sie sich nur durch arge Schlakken und Schmutz kennzeichnen, folgen unerhörte Wütheriche die zwei Monate auszuhalten vermögen, und durch längere Zeit strengen, bis 16 Grade messenden Frost bieten. Ein solcher war 7. В. der Winter 1877 — 78 gewesen, der fusshohen Schnee vom 10. Dezember bis Mitte Februar hielt, bis 20° Frost bot und nicht nur zahllose Fruchtbäume und Weinstökke zarterer Art, sondern auch manche Sarten, zumal in den Moscheen, getödtet hatte. Auf das Augenscheinlichste wird diese Veränder- lichkeit durch die auch in Turkestan feststehende chinesische Sitte erläutert, sich gegen den Frost durch Uebereinanderziehen mehrer Gewänder zu schützen, was schon den Arabern besonders anmerkungswürdig schien. Ein Frost der 4 bis 5 Schlafrökke gross ist muss allerdings für einen ausserordentlich durchgreifenden gehalten werden. Mir scheint dass der Ausbund alles extremen Verhaltens, die Steppe, namentlich im Winter, von Jahr zu Jahr, geringere Abweichungen aufzuweisen haben muss, als Ferghanä. Аш unteren Ssyr fand ich die Eisdekke 2 bis 3 Fuss dikk, und so biess es bleibe das wohl sich immer ziemlich gleich. Der Hauptunterschied zwischen den Temperaturen von Petro- Alexandrowsk am Amu, und derjenigen des Zentrums vom Ferghanä-Thale, scheint darin zu liegen, dass der Februar und März an ersterem Orte bedeutend kälter sind, und unver- gleichlich bedeutendere Extreme aufzuweisen haben. Solchen Extremen dürften in Ferghanä 1) Schon in 8000’ Meereshöhe will man an den Säraf- schan-Quellen 23° beobachtet haben (Турк. ВЪд. 1876, № XV). Wohl glaublich, da man im Winter 1877 — 78 im nahen Wernoje dem Gefrierpunkte des Quecksilbers nahe kam. 2) Welchen Unbillen die Pflanzenwelt ausgesetzt ist können wir den Mittheilungen Prezewalskij’s entnehmen (Morronis nu crpaua Тангутовъ, 1875, I, стр. 339, 358) Im gegenüberstehenden Gan-ssu-Gebirge erlebte er noch zu Ende Mai nachts — 4° bis — 593 C., als es schon 76 aufgeblühte Kräuter gab, unter 38° n. Br. Doch überstanden dieselben den Frost ohne Schaden zu neh- men. Im Februar gab es nachts bis — 20° C., und am Tage bis + 13° С. im Schatten. Кима. 117 nur die Glätscherhöhen gleichkommen, auf denen Fedtschenko!) zu Ende Juni 26° C., und in der Nacht darauf 3° und noch weniger beobachtet hat. Die mittlere Jahrestemperatur im Zentrum von Ferghanä dürfte gegen 15° С. be- tragen. Die Temperatur des Wassers das zur Bewässerung verwendet wird ist selbstverständ- lich je nach Ort und Zeit eine ausserordentlich verschiedene, da jedoch die ersten Wässer- ungen der Felder welche nur zur erweichenden Vorbereitung des Bodens für die Pflugarbeit dienen, nicht früher als um die Mitte des März stattfinden, so können wir mit grosser Sicherheit für den zentralen Raum des Ferghanä-Thales die Temperatur des Wassers bei dieser landwirthschaftlichen Operazion mindestens 10° hoch annehmen. Am 5. April n. St. fand ich im Bewässerungskanal von Kokan-Jany-Kurgan eine Temperatur von 18°, während ich einen Monat später bei Nanaj je näher ich dem Gebirge rükkte, rasch abnehmende niedrigere Temperaturen maass, nämlich 8°, 6° und endlich in der Potsch-ata, bei ihrem Hervorbrechen aus der Gebirgskluft nur 4,2. Es ist selbst- verständlich dass die Wirkung der Bewässerung mit so frischem Wasser eine ganz andere sein muss, als diejenige der Warmwasser-Kultur im Zentrum des Thales. Am 27. April hatte dagegen das Wasser des aus den Schneegebirgen mit stürmischer Eile herausstürzenden Naryn bei Utsch-Kurgan schon 21°, bei einer Lufttemperatur von 27°, welche aber durch einen Gewitterregen rasch auf 22° abgekühlt wurde. Am 8. Juni maass ich unter dem 44sten Breitengrade die Temperatur des Wassers im Ssyr 24°, bei 29° Lufttemperatur. Tages darauf nördlich davon 2455”). Ich hatte mir nicht vorstellen können dass die Glätscherwasser welche vom Gebirge mit 0° herabbrausen sich so rasch erwärmen können. Es geschieht das offenbar vorzugs- weise durch die vielfache Verzweigung der Kanäle, welche das Wasser mit der bedeutenden Bodenwärme in die vielartigste Berührung bringt und dasselbe zugleich der Einwirkung der Sonnenstrahlen bloslegt. Die Bodentemperaturen welche wir in Margelan gemessen (vergl. S. 109, 110) weisen schon im März und April auf 1 Fuss Tiefe 10 bis 15 *) Wärme auf, bei geringen Schwan- 1) 1. ©. стр. 81 in 10,600’ Höhe. 2) Es ist auffallend wie nahe die von Prezewalskij am Ost-Rande Central-Asiens beobachteten Temperaturen mit den von mir beobachteten zusammenfallen. Im Ordos, unter gleichfalls 40° n. Br. beobachtete er (1. с. I, р. 137) im Gelben Flusse auch 24°,5 C., in einem See 32°,5 und am Boden in der Sonne 70° С. Es scheinen das Grössen zu sein, welche an den Gränzen der höchsten Möglichkeit stehen. 3) Dohrandt (Beobachtungsmaterial, gesammelt von der meteorologischen Abthellung der wissenschaftlichen Expedition am Amu-Darja, 1874 bis 1877, р. ХХ, maass bei Petro-Alexandrowsk, das am Amu mit dem äussersten Nordrande des Ferghanä-Thales in gleicher Breite liegt auf zwei Faden Tiefe die Wärme des Grundwassers 13°,4, im November nahe 16°, im Mai 12°, Am Nordende des Aral Sees, bei der Station Alty- Kuduk, die etwa unter 47° Breite liegt, maass ich zu Ende Juni die Temperatur eines Brunnens der in einer Vertiefung der Barchane gelegen, schwach bittersalziges Wasser enthielt. In 11’ Tiefe fand ich 109,8; in 15’ Tiefe 10°, obgleich die Lufttemperatur im Schatten des Wagens 35° C. hoch stand. Etwa unter 45129 п. Br, zwischen Fort № П, und 118 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. kungen, während das der Oberfläche des Bodens aufliegende Thermometer, das den Lufttem- peraturen folgte, schon um die Mitte des März, um 1 Uhr sich bis 31° erhitzte, am 10. April bis 32° stieg. Als kleines Thal von tiefen Schluchten umgeben, welche sich bis zu ausserordentlichen Höhen erheben, ist Ferghanä dem Ungestüme plötzlich hereinbrechender Windstösse um so mehr ausgesetzt, je beträchtlicher der Abstand zwischen den in der Tiefe des Kessels und auf den Höhen herrschenden Temperaturen. Schon im März und April.kam es vor dass ich bei schönstem ruhigen Wetter ein Ver- dunkeln der Gegend bemerkte und nun urplötzlich im Reiten von einem Sturmwinde ge- pakkt wurde, der in seiner Heftigkeit mit solcher Gewalt starken Grobsand gegen das Gc- sicht warf, dass es für Ross und Reiter zur Unmöglichkeit wurde den Weg vorwärts fort- zusetzen. In dem äusseren Umkreise des Thales mögen solche Windstösse aus den verschiedensten Richtungen hervorbrechen gleich wie ich auch erkundete dass dort, erwarteter Maassen am Tage der Luftzug bergauf gerichtet ist, nachts dagegen bergab strömt und bei drük- kender Sommerhitze Kühlung bringt. Solche kühle Strömungen senken sich ringsum am Rande des Thales herab, mithin aus den verschiedensten und auch entgegengesetzten Welt- richtungen. Daraus erklärt sich die Widersinnigkeit der in Namangan beobachteten Wind- richtungen, so dass dort gerade der W und SW nur einige Male notirt worden. Wie zu er- warten stand kamen dort während der heissen Monate Südwinde um Mittagszeit zur Allein- herrschaft, während morgens und abends Winde aus der Nordhälfte der Windrose bliesen. Herrschend ist aber in entschiedener Weise der Westwind im Thalgrunde; er ist so allgemein vorwaltend dass ich ihn auch am blinden Ende des Thales!) als den hauptsäch- lichsten erkundete; er ist es der mit dem Sande der zentralen Wüste Ferghanä’s sein Spiel treibt (s. p. 52). Schon der Sultan Baber berichtete dass am Eingange zum Thale, in der jenseit Chodshent liegenden Steppenwüste Ha-Derwisch”), stets ein scharfer Wind gegen Marghinan (Margelan) wehe. Ich traf diesen Wind sogar auch ausserhalb des Thales bei Taschkent, und nordwestlich von dieser Stadt, den Ssyr abwärts, wo er das Kara-tau Gebirge entlang auf die Schneegipfel los, im Mai, regelmässig nachmittag als Nordwest, nicht selten mit Heftigkeit einsetzte, obgleich die Luft nachts und früh am Morgen so voll- kommen still war, dass auch die Kerzenflamme sich nicht regte?). Auch während der Perovskij, wurde zur Zeit meiner Durchreise bei der | auch im Winter 18° С. zeigt. (Турк. Bby. 1878) № 8. Station Ssemenovskaja ein Brunnen gegraben. In der vor 1) Dorf Kokan. meinen Augen frisch eröffneten Erdschicht, in 33’ Tiefe 2) Ritter, Asien, p. 735. blieb um die Mitte des Juni das Thermometer auf 109 С. 3) Dieser Nordwest ist übrigens nicht nur auf den stehen. Südhang des Kara-tau beschränkt, da auch auf dem Alle diese Angaben stimmen sehr überein. Der Quell | Nordhange dieses Gebirges in Aulie-ata vieljährige bei Tamdy, der 7 Monate lang stets 23° В. zeigt (Труды | Beobachtungen eines Arztes den ich sprach, fast aus- С.-Пет. Общест. ecm. У стр. 74) ist еше entschiedene schliesslich Nordwinde, und ausser ihnen nur Westwinde Therme; gleichfalls die Quelle welche in der Nähe von | notirt hatten. Andidshan, auf dem linken Ufer der Kara-Darja Krma. | 119 Winterhälfte des Jahres soll er dort herrschen. Nicht minder in grösster Höhe, im Alai-Thale blies derselbe Westwind mit Heftigkeit'). Es kann also hier vom Nordostpassate, der von der Sahara kommend, und über Zentral- Asien fortwehend angegeben wird, nicht mehr die Rede sein. Dieser scheint in NW vom Kara-tau seinen Weg zu nehmen, denn gleich wie er auf dem Aral als der herrschende obwaltet, so begegnete er mir auch im Februar am Unterlaufe des Ssyr, wo er mit mehr als 20 Grad Kälte uns ins Gesicht schnitt. Ebenso erhob sich bei meiner Rükkehr zu Ende Mai, in Jany-Kurgan, also am Westende des fingerartig nach W weisenden Kara- tau, urplötzlich ein vehementer zweitägiger Nordoststurm der durch die ganze Nacht wü- thete, aber um 10 Uhr morgens eben so plötzlich abbrach und der regungslosesten Stille und einer grossen Schwüle Platz machte, nachdem er unter Anwandlungen von Gegenwind, einen Hauch aus Süden hatte spüren lassen, der sowohl Menschen als Thieren ausserordent- liche Erschlaffung zutrug. Gerade hier glaube ich einen Luftwirbel annehmen zu müssen der sich zwischen den NO und NW hineinschiebt. Im oben mitgetheilten, durch drei Jahrgänge sich ziehenden Beobachtungs-Register, fand ich für die Stadt Kokan ganz ausschliesslich nur Westwinde und Weststürme angemerkt, und zwar vorzugsweise nachts, aber eben so wohl im Sommer als auch im März, September, November und Dezember. Wir haben also diesen West von Luftströmungen allgemeineren Karakters, wie solche die Erdoberfläche umkreisen, abzuleiten. Während des Sommers wirkt aber offenbar das Abströmen der über den Sandwüsten des Zwischen- stromlandes sich übermässig erhitzenden Luft, zu den schneebedekkten himmelhohen Ge- birgen, kräftig mit, zur Erstarkung des Westwindes, der, wie Wojejkov insbesondere nachgewiesen dort zu den dürrsten der Erdoberfläche gehört. Wie arg zugleich die Erhitzung ist, mögen Beobachtungen lehren welche ich am Ssyr in den letzten Tagen des Mai unter 44° und nahe 45° n. Br. anstellte?). Freilich in der Sommergluth der offenen Steppe, bei heiterem Himmel und Sonnenbrand, so dass der Ge- wehrlauf nicht mehr berührt werden durfte. Die Tage waren besonders sonnenklar und heiss. Im Schatten des Stationsgebäudes ес das Thermometer auf... ...........: а Е, 20, bis 290 Dasselbe zeigte in der Sonne: im Zimmer auf dem sonnenbeschienenen Fensterbrette ............:.,......., 42° Y'auf der weissen Salzkruste des Erdbodens . .................. 45° Auf der Steppe | anndiewliossmauer)zelehnt u ee es 50° in der Sonne | auf dem schmutzigen gelbgrauen Erdboden (Löss) vor der Station . 62° auf kaffeebraunen verrotteten Pferdedünger ................ 62,5 1) Fedtschenko 1. с. стр. 142. 2) Bei Dschalpak-Tal und bis Fort M II hin. 120 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Tages darauf: um 1'/, Uhr, auf dem Lössboden im Bereiche der Rükkstrahlung einer Mauer ..... 64,5 um 2 Uhr daselbst. sen... A SAR AR 69° als die Sonne jedoch sich binter Wolken verbarg sank das Thermometer binnen 5. Minuten ао 54° Das Thermometer wäre sicherlich über 70° gestiegen wenn ich Zeit gehabt hätte " zwischen 3 und 4 Uhr zu beobachten, da unsere in Namangan angestellten Beobachtungen gelehrt haben dass gegen 4 Uhr nachmittags die Temperatur, ihr höchstes, gleich wie die absolute und relative Feuchtigkeit ihr geringstes Maass erreicht. Da obige ausserordentlich hohe Temperatur erst im Mai, also zwei Monate vor der grössten Hitze gemessen wurde, zu einer Tagesstunde zu der die äusserste Hitze noch bevor- stand, so lässt sich entnehmen mit welcher Gewalt später im Sommer diese Luft gegen die Leere streben muss welche durch das weitverbreitete Herabfliessen der Gebirgsluft, von den Höhen abwärts, hinterlassen wird. Es ist eine bekannte Erfahrung dass in Buchara und weiter, bis zum 36sten Breiten- grade südwärts bei grosser Stille und drükkender Schwüle sich bisweilen, und zwar ge- wöhnlich am Vormittage, ein entnervender Südwind erhebt, der rasch an Stärke zunimmt. Obgleich nun ein Antheil dieses Heisswindes aufwärts steigend entweicht, vorübergeheude Federwolken bildend, so wird jedoch durch den übrigen Antheil dieses Südwindes, der Westwind der aus dem Zwischenstromlande gen Ferghanä weht, verstärkt, und noch mehr erhitzt. Dafür spricht die gleichzeitige Ablenkung des Westwindes zu einem SW, denn als solcher tritt der allgemein gefürchtete böse Fieberwind inmitten des Sommers auf — Garmsel, Garmsir oder auch Schamal, Ssak-schamal und Tebbad genannt. Er dringt in das benachbarte Särafschan-Thal über die niedrigen nur 3’/, bis Fünftausend Fuss hohen Pässe welche von Fajsabad und Schährisäbs dahin führen. Mein Reisegefährte H. Smirnov schreibt mir dass ein solcher fieberbringender Wind den er am 14. August 1878 in der Stadt Kokan erlebte, nach einigen aus leichten Prellstössen bestehenden Vorboten in der Nacht mit heftigem Brüllen hereinbrach. Man musste erwarten, er werde die Häuser umwehen. Die Bäume brechend und Aeste zerzausend, währte er bis zum Mittag des folgendes Tages fort. Das meteorologische Phänomen der zentralasiatischen Staubnebel haben wir schon auf Seite 87 u. ff. erörtert. Ich glaube diese Staubnebel mit den über dem übermässig erhitzten Kontinente überall sich emporhebenden Luftströmungen (courant ascendant) in unmit- telbaren Zusammenhang bringen zu müssen. Von der einen Art dieser aufsteigenden Luft- strömungen ist auf der vorigen Seite die Rede gewesen. Sichtbarer stellt sich dieser Staub zur heissen Jahreszeit als Staubhose in der freien Steppe dar. Zumal um die Mittagszeit der heissen Monate erhebt sich überall auf der Steppe ein Wirbelwind nach dem anderen; über КтлмАа. 121 die Fläche dahingehend. Nicht selten stäuben solche Wirbelwinde über das Fahrzeug des Reisenden fort, und machen sich durch einen fühlbaren Stoss bemerklich. Die Feuchtigkeits-Niederschläge. Wir waren auf den stets heiteren, wolkenlosen Himmel des Ferghanä-Thales gespannt, für den die Sommerhälfte des Jahres, mit ihrer Cyclone, berufen ist. Es sollte ganz anders kommen, denn so lange ich daselbst weilte hatten wir uns über Störungen durch Regenwetter oft zu beklagen, der Himmel aber war wenn nicht von Wolken überzogen, so durch Staub- nebel verdekkt. Es war aber ein ganz ungewöhnliches Jahr; so hiess es allgemein. Dieses zu- gegeben möchte ich doch gegen die Voraussetzung dass der Grund des Ferghanä-Thales regelmässig gar keinen Sommer-Regen aufzuweisen habe, einige Zweifel ins Feld führen. Schuyler!) erlebte in der Stadt Kokan zu Ende Juni einen Regen der drei Tage nach einander gegossen hatte; was freilich als ein ganz ungewöhnliches Ereigniss bezeichnet wurde. Indessen finde ich dass in den drei folgenden Jahren 1877, 1878 und 1879 am selben Orte im April, Mai und Juni Regen notirt worden, gleich wie Graupeln und Schnee im No- vember und Dezember. Die Stadt Kokan liegt aber im tiefsten Grunde des Ferghanä-Kessels. Während unseres Aufenthaltes in Alt-Margelan, das gleichfalls zentral liegt, regnete es wiederholt in der zweiten Hälfte des März und in der ersten des April, und obgleich der Regen meist fein war, so füllte er doch, anhaltend wie er war, die hohlwegartig ausgefahrenen Strekken für fast die ganze Zeit unseres Aufenthaltes zu knietiefen Lachen aus. Freilich hiess es dass dieses wieder ein ungewöhnliches Jahr sei, was ich um so williger annahm, als an verschiedenen Oertlichkeiten rings um Margelan das Wintergetreide durch Nässe — sage durch Nässe — ausserordentlich gelitten hatte. Auf zu viel Winterwasser, sei Regen gefolgt, und dieser, gleich wie starker Thau habe den Boden so aufgebauscht dass ein darauf folgender Frost die Pflanzenwurzeln zerriss. Diese Erklärung wurde durch den Augenschein vollkommen bestätigt, gleich wie andererseits Herr Teich, der unermüdliche Beobachter mittheilte dass allerdings während des ersten Drittheiles des laufenden Jahrganges, auch in Taschkent schon mehr Regen gefallen war als während der 12 Monate des verflossenen?). Auch in Namangan regnete es, wie mir Herr Ssawinov schrieb ungewöhnlich viel. ус: р. 52. angezeigt wurden. 2) Immerhin kein so ganz unerhörter Fall; da zwei Auch in den Steppen am Ssyr und am Irgis begegnete Jahre vorher berichtet wird (Туркест. ВЪд. 1876, № XXI) | ich zahlreichen Regengüssen; so bei Tjumen-Aryk, dass um 6 Uhr früh 20°, um 11 Uhr vormittags 11°, um | bei Jany-Kurgan, bei Fort II und Chorchut, bei 2 Uhr 4°, endlich um 4 Uhr — 1° abgelesen wurden, so | Kasalinsk. Oft war der ganze Horizont der Steppe von dass unter dem Einflusse so starker Temperaturschwan- | Regen gestreift. Gewitter entluden sich. kung am selben Tage 22 Millim. Regen, vom Regenmesser Mémoires de l’Acad. Imp. des scionces, УПше Sério. 16 12,2 A. v. MIDDENDORFF, FERGHANA. Als ich nun im April und Mai meinen Rundritt durch die Nordhälfte des Thales aus- führte wurden wir nicht selten von Regen heimgesucht, der aber einen ganz anderen Karakter, nämlich den von Gewitterregen an sich trug. Gewitter und Gewitterregen scheinen überhaupt an den Rändern des Thales eine sehr häufige, ja im Frühjahre d. h. während des März und April im Gebirgsrande eine tägliche Erscheinung zu sein. So erlebten wir es, und wenn es auch zwischendurch über unsern Häuptern klar und hell blieb, so sahen wir doch irgendwo ringsum die Wolken sich zusam- menthürmen und in den prachtvollsten Wetterleuchten sich entladen. In mir wurde die Er- innerung an Zeus den Wolkensammler, den Jupiter pluvius und imbricator wachgerufen, der offenbar aus dem indischen Gott Indra hervorging, dem Gotte des Donners und der Blitze, des Sturmes und des Regens. Am Naryn wurden auf dem Wege den wir zogen sogar zwei Fuhrleute am 15. April vom Blitze erschlagen, und zwar bei Utsch-Kurgan, das vom Gebirge viele Meilen absteht. In den Gebirgen rings um das Thal sind solche Gewitterschauer wohl den ganzen Sommer über keine Seltenheit, wie das unser Abschnitt der von den verheerenden Ueber- fluthungen handelt, sattsam erweist. Der Regen wird dabei oft durch überreichen Hagelfall vertreten und diese Schrekken verbreitenden Gewitterfluthen sind unter dem Namen ssilä verrufen genug. Es sind das dieselben Kondensazionen und Niederschläge, wahre Wolken- brüche, welche ja überall dort besonders stark auftreten, wo tief eingeschnittene Gebirgs- klüfte in Ebenen ausmünden!). Wie nun aber solche, vom Gebirge gegen die Thalmitte vorrükkende Gewitter-Regen während der Mitte des Sommers gegen den Grund des Ferghanä-Thales sich in nichts auflösen, malt ein Bericht den ich von Herrn Ssawinov empfing sehr anschaulich. Es ist von Namangan und dem Vorherrschen des N, im Juni, die Rede. Dieser Nordwind, fährt er fort, treibt fast täglich zu 2, 3 bis 4 Uhr nachmittags Massen von Regenwolken über Na- mangan zusammen. Gewitter grollen und von Minute zu Minute erwartet man das Heraus- platzen des Regens. Nichts davon. Der Wind schwindet, der Horizont beginnt sich aufzu- klären, gegen 5 Uhr haben sich auch die Wolken spurlos aufgelöst und die drükkendste Hitze stellt sich ein, so dass dieselbe zwischen 5 und 6 am unerträglichsten erscheint?). Gegen Abend wieder dieselben Wolken, wieder Gewitterrollen, Schlag auf Schlag blitzt es, wiederum verspricht jeder Augenblikk den schwersten Regenguss, — aber gegen 10 oder 11 der Nacht sieht man nichts mehr von allen diesen Anzeichen, sondern helles Blinken der Sterne am Himmelszelte. Die Wolken schwinden wie Rauch im Winde dahin; jedoch nicht vor dem Winde, sondern unter völliger Windstille. 71) Inmitten der Steppe scheinen schon geringfügigere 2) Aehnliches erzählte man mir in Kasalinsk. Im Höhenzüge; dieselbe Wirkung hervorzurufen. Drei bis | Sommer soll es dort vor Staubwirbeln kaum auszuhalten vier Jahre vor meiner Reise erlitt Choroschchin (l. с. | sein; aber um 5 Uhr nachmittags tritt vollkommene, an- р. 420) einen Wolkenbruch im Bukan-Gebirge, des | genehme Stille ein. , . westlichen Theiles der Kisylkum-Steppe. КтлмА. 123 Deutlicher lässt sich die auflösende Wirkung des aufsteigenden warmen Luftstromes nicht versinnlichen als durch diese Schilderung der hier wiedergegebenen Vorgänge in den Wolkengebilden. Wenn auch nicht immer aller Dunst der Wolken aufgesogen wird, so doch ein derart grosser Theil desselben, dass dem Europäer es auffällt wie gering die herabkom- mende Wassermenge ist, im Vergleiche mit den grossartigen Vorbereitungen des Gewitters. Bisweilen beschränkt sich der gauze Regen auf vereinzelt herabfallende sehr grosse Tropfen; es ist bald mit ihm aus. Mir, der ich ungewöhnlich stark transpirire, leuchtete, trotz Regen- fall und Thau die durch den aufsteigenden Luftstrom bedingte rasche Austrokknung des Bodens wegen des auffallend raschen Trokknens meiner Wäsche und Wischtücher, ein. Der Dunsthunger der Luft die ohnehin trokken ist, wächst durch die Hitze in ausserordentlicher Weise. Die Feuchtigkeit welche sich auf dem Boden niedergeschlagen, wird rasch von der Luft aufgezehrt, sogar der aus höheren Luftschichten fallende Regen wird aufgezehrt bevor er den Boden erreicht (Danilewskij; Wojejkov). Ja, der aufsteigende Luftstrom ist dermaassen fühlbar, dass auf den Gipfeln der Löss- hügel die Luft warm erscheint, wenn man nachts aus kühler frischer Niederung empor- gestiegen ist. f In derselben Art wie mit dem Regen verhält es sich mit dem Schneefalle der bekannt- lich im Thale selbst nur geringfügig und von kurzer Dauer ist, während die umgebenden Gebirgspässe durch klaftertiefen Schnee bis in die Mitte des Sommers unwegsam bleiben. Im Thalgrunde ist das Fehlen jeglichen Thaues ziemlich. karakteristisch, indessen doch nicht (wenigstens im Frühsommer nicht) ohne jegliche Ausnahme karakteristisch. Am 22. April folgte bei dem zentral gelegenen Orte Assakke auf sehr heissen Tag eine sich kühl anfühlende Nacht, welche jedoch um 6 Uhr morgens nicht weniger als 18° aufzu- weisen hatte. Das Korn wie das Gras waren durch reichlichen Thaufall über und über nass. Hier dürfte dasselbe bei vorgerükkterer Jahreszeit nicht so leicht vorkommen; aber an der gesammten Umrandung des Ferghanä-Thales begrüsste uns reichlicher Thau als ein Freund aus den Heimathsgefilden, und die bis dahin so schmerzlich vermissten Rasengebilde lei- steten dafür Gewähr dass wir eben keinen meteorologischen Ausnabmefall!), sondern einen karakteristischen Bestandtheil des Klima dieser Zone vor uns hatten, welche auch an Som- merregen nicht arm genannt werden darf. Eben so wie in Bezug auf die Temperaturverhältnisse werden. wir auch bezüglich der Luftfeuchtigkeit und der Niederschläge in Ferghanä auf eine grosse Verschiedenartig- keit zurükkgewiesen. In nächster Nähe neben einander berühren sich fast entschiedene Gegensätze. Der Thalgrund nimmt in vollem Maasse an den Winterregen seiner Umgebungen Theil, in geringerem an den Frühlings-Regen derselben, und fast gar nicht an den Sommer- 1) In der Hungersteppe beobachtete Choroschchin | kommner gestaltete, sobald der Nebel sich dichter zusam- (1. с. р. 257) sogar den Heiligenschein der sich beim | menzog. Mondschein im Nebelschleier um so glänzender und voll- 16* 124 А. у. MIDDENDORFF, КЕВСНАМА. regen die dasselbe umzingeln und an welchen das hochebene Gebirge nordöstlich von Ferg- Вата überreich sein soll. Dort im Wolkengebirge soll es durch den ganzen Sommer regnen so dass wir an die ähnlichen Verhältnisse im gegenüberliegenden Alaschanj-Ge- birge') erinnert werden. Wojejkov versetzt in seinem Atlas mit vollkommenem Rechte subtropischen Regen in die unmittelbare Nähe von Ferghanä. Die soeben im Drukke erschienene Abhandlung des Hrn. Ed. Stelling «Ueber den jährlichen Gang der Verdunstung in Russland» bietet uns für die einschläglichen landwirth- schaftlichen Fragen schon treffliche Orientirungen, obgleich die in dieser Arbeit benutzten Beobachtungen noch nicht bis Ferghanä hinanreichen. Den Beobachtungs-Stationen: Nukuss, Petro-Alekssandrovsk, Akmolinsk und Taschkent lässt sich ein angenähertes Bild dessen entnehmen, was wir im Thalgrunde Ferghanä’s zu erwarten haben. Da sich die Abhängigkeit der Verdunstung von der Temperatur und der Feuchtigkeit der Luft vollkommen bestätigt, so müssen in dem von Hause aus lufttrokkenen, dabei aber so stark bewässerten Ferghanä die interessantesten Gegensätze um so deutlicher heraus- stellen als es an der hohen Temperatur nicht fehlt welche den Einfluss der relativen Feuch- tigkeit auf die absolute Grösse der Zunahme oder Abnahme der Verdunstung steigert. Die aus dürren Steppen rukkweise heranbrausenden westlichen Winde müssen bei ihrer grossen Heftigkeit die ohnehin sehr grosse Verdunstung plötzlich ausserordentlich stei- gern. Man erzählte mir von einem weisslichen Schein über bewässerten Strekken der die Wasserdünste verrathe. Nicht vom Februar an wie in Petro-Aleksandrovsk, sondern erst von April an dürfte die Verdunstung in Ferghanä noch bis zum Maximum im Juli so bedeutend steigen, dass eine starke Jahresamplitude erreicht wird. Im Winter dürften sich Januar und Februar um das Minimum der Verdunstung strei- ten und der Niederschlag die Verdunstung entschieden überwiegen. Wenn man vom Thalgrunde zu den Rändern der Mulde hinaussteigt müssen ausser- ordentlich abweichende Zustände der Verdunstung, zumal aber ihres Verhältnisses zu den Niederschlägen sich herausstellen. Nachdem wir uns mit dem Grund und Boden Ferghanä’s bekannt gemacht, die geogra- phische und Höhenlage, die Umgebungen sowie das Klima kennen gelernt, gehen wir nun- mehr zur Betrachtung 1) Des Han-ssu, vergl. Пржевальсктй, Монголля ! aus Jahr ein Platzregen und schlimmes Wetter. или страна Тангутовъ, 1875, I, стр. 231, 239, 347. Jahr АККЕВКВОМЕ. 195 XXE des Alkerbaues über. А. Die Akkerkrume)), Diese fällt, wie wir schon angedeutet haben grösstentheils mit dem Löss zusammen. Es ist selbstverständlich dass der Löss bei so ausserordentlich wechselnden Mischungs- verhältnissen seiner Bestandtheile, wie die Analysen der Chemiker sie uns vor Augen führen, von der wissenschaftlichen Landwirthschaft künftig in zahlreiche Unterabtheilungen von dem verschiedenartigsten Kadasterwerthe zerfällt werden wird. Hat sich doch sogar schon im Rheinthale eine Lössart unter die Kategorie der «mageren» mässig fruchtbaren Lehme”) verlaufen. Was wir als Löss in Betracht ziehen ist nur der Kollektivname für ein gar verschieden zusammengesetztes Gebilde. Sogar die das Skelett bildenden drei Hauptbestandtheile finden wir im Löss zu sehr verschiedenen Proporzionen gemischt: hier 90, dort nur 27%, Sand und Silikate; hier 69, dort nur 7%, Calciumcarbonat ; hier 20, dort nur 4 Prozent Thonerde. Nicht minder verschiedenartig verhalten sich die Salze im Löss. Bald lassen sich nur mi- пише Quantitäten nachweisen, bald erheben sie sich zu 4% Kali, 0,36%, Phosphorsäure, 10%, Magnesia, 40%, Gyps, oder gar zu einer Ausblühung von 62%, Glaubersalz, u. $. w. Nicht nur die löslichsten Salze werden durch Wässerung des Bodens ausgesüsst, son- dern auch der Kalk schwindet, wie wir gesehen haben, in die Tiefe, und so kann denn ein ursprünglich gleichartiger typischer Löss nicht nur ın verschiedenen Tiefen ganz verschie- dene Zusammensetzung zeigen, sondern schliesslich an der Oberfläche sogar allen Kalk ver- lieren; gleich der Schwarzerde (vergl. p. 5). Genau genommen ist es dann nicht mehr ein Löss, sondern ein Lehm’) den wir nun vor uns haben. Ein solcher bedarf der Kalkdüngung dringend, obgleich im Allgemeinen der Löss vom Akkerbauer als ein sehr kalkhaltiger, thätiger, ja zehrender Mergel angesprochen werden muss. Aber auch ganz abgesehen von diesem im Laufe der Zeiten sich vollziehenden Aus- laugen, ist offenbar der Primär-Löss schon von Hause aus ungemein verschieden (vergl. Anhang № II), und haben wir das offenbar mit seiner Entstehung aus den verschieden- artigsten Felsgebilden in Zusammenhang zu setzen (vergl. p. 97). Der Sekundär-Löss hat nun gar überdiess eine völlige Umlagerung seiner Bestandtheile durch Fluthen erfahren, so dass er in undeutliche Schichten zerlegt worden, in denen sich die Bestandtheile je nach ihrer spezifischen Schwere lagern. Bald waltet Sand ganz entschieden vor, bald Thon, bald Kalk. Sie sind durch das Wasser sortirt. Im Ganzen scheint der Kalk, der sichtbarer wird 1) Einiges Genauere ist in den Anhang № II, ver- 3) Dr. Havenstein (Landw. Jahrbücher, 1878, р. 301) wiesen. fand sogar dass in Poppelsdorf der Uebergang des Mer- 2) Meitzen p. 290. gels in kalkfreien Lehm ein schroffer ist. 126 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. und durch die immer mehr an weisse Tünche erinnernde Färbung sich verräth, im Sekun- därlöss verhältnissmässig zuzunehmen. In tieferen Bänken des Löss scheint stets der Sand vorzuwalten und so den Uebergang zu den den Löss unterlagernden sandigen Geröllabla- gerungen zu vermitteln. Dadurch erklärt sich wie es möglich war dass einige Untersucher des europäischen Löss ihn für «nicht plastisch» ausgegeben. Immer wieder werden wir zu der Schwierigkeit zurükkgeworfen den Lössboden fest zu karakterisiren (vergl p. 73). Diese Schwierigkeit wächst, sobald wir den Halt verlieren den uns das Gefüge und die Struktur des in natürlicher Lage vor uns befindlichen Bodens gewährt. In der bearbeiteten Akkerkrume kann weder von der ursprünglichen Struktur, ja Textur des Löss, noch von den dieselbe hervorrufenden inkrustirten Wurzelröhrchen, noch von Lössmännchen, als Erkennungszeichen dieser Bodenart die Rede sein. Das Alles schwin- det unter der Bearbeitung des Bodens. | Die allerdings sehr karakteristische Färbung dieser Gelberde ist nichtsdestoweniger von derjenigen mancher Lehme nicht zu unterscheiden. Das scheint darauf hinzuweisen dass der Aggregatzustand neben dem Gehalte an färbenden Eisenoxyden bei der Färbung eine Rolle von Belang übernimmt. Als wesentlichstes Kennzeichen bleibt uns schliesslich nur der ausserordentlich fein gepulverte Zustand der Bestandtheile, das Staubigmehlige, Abfärbende, derselben übrig, so wie die gründliche Durcheinandermischung dieser Bestandtheile. Dieser feingepulverte Zustand bedingt auch offenbar das matte Ansehen auf Bruch und Schnitt, das plastische Zusammenbakken, so wie das Kleben an der feuchten Lippe gleich dem Thone, und dadurch eben den wesentlichsten Unterschied vom kalkhaltigen Lehm, welchen der Kalk in gröberer Zerstükkelung und minder gleichmässig gemengt, durchsetzt. An der staubigen Beschaffen- heit nehmen aber alle Bestandtheile des Löss Theil, obgleich allerdings der härteste unter ihnen, der Kieselsand nicht selten sich deutlicher herausfühlen lässt, aber unter dem Mikroskope bald mehr, bald weniger abgeriebene Körnchen erkennen lässt. _ Da nun die landwirthschaftliche Bodenkunde in neuester Zeit das Hauptgewicht auf die Feinerde legt, welche wenn sie die höchstmögliche Fruchtbarkeit bedingen soll, derartig zerkleinert sein muss dass die ursprünglichen Mineralien aus denen sie entstanden ist, sich nicht mehr, ja sogar auch unter dem Vergrösserungsglase nicht mehr erkennen lassen, so dürfen wir auch nicht zögern, in der stets vorhandenen, ausserordentlich feinerdigen Be- schaffenheit des Löss, die wesentlichste Eigenschaft zu erkennen, die seiner bedeutenden Fruchtbarkeit zum Grunde liegt. Er ist so fein dass er mit grösster Leichtigkeit im Wasser zu Wolkengebilden aufschlämmt, welche sich bei geringster Bewegung schwebend erhalten. Der Lössschlamm sedimentirt so träge dass er die Geduld des analysirenden Chemikers auf die äusserste Probe setzt. Die Absorbtions-Thätigkeit hat aber ihren Sitz gerade in der thonigen Feinerde und in der feinerdigen Dammerde. Man kann aus der Dauer des Sedi- mentirens einen Rükkschluss auf den Verwitterungsgrad der Krume machen. Auch im Nil- schlamme ist, trotz ungemein geringem Betrage der organischen Stoffe die hohe Absortions- _ АККЕВКВОМЕ. 127 fähigkeit der Feinerde, bei ihrem grossen Reichthume an aufgeschlossenen Silikaten als die Hauptbedingung der Fruchtbarkeit ermittelt worden. Nach Knop steht der Löss darin dem Nilschlamme nach. | Auch die Schwarzerde ist schliesslich nichts Anderes als eine humose Feinerde; so dass Bischof!) schon vor einem Vierteljahrhunderte zu dem Ausspruche geführt wurde, dass wenn man von den Bestandtheilen des Löss die Karbonate abziehe, man eine Zusam- mensetzung erhalte welche dem Tschernosem sehr nahe komme. Abgesehen davon dass die feine Zertheilung der Substanzen alle diejenigen physika- lischen Eigenschaften des Bodens bedingt welche einem fruchtbaren Boden nicht fehlen dürfen, scheint mir dieselbe namentlich dadurch ein um so grösseres Gewicht zu erhalten, dass sie die Tränkung des Lössbodens mit löslischen Salzen ermöglicht, und dem Umlaufe dieser Salzlösungen im Löss grosse Leichtigkeit bietet. | Bei dem Löss als steppengeborenen Boden kann die Durchdringung desselben mit Salzen, welche bei jeder Gelegenheit sich sichtbar hervordrängen, Niemanden Wunder nehmen. Grösstentheils ist die Erdoberfläche in solchem Uebermaasse mit Salzlösungen ge- tränkt, dass dort wo sich abgeschlossene Wasserbekken gebildet, die Salze für den Haus- halt so wie die verschiedensten technischen Betriebe gewonnen werden. Wo das Wasser sich zurükkzieht bleiben salzschlammige Strekken zurükk, tiefschwarzer Moor, aller Vegetazion bar, als widerliche Wüste, oder wie mit Schneekrystallen belegt im, heissen Sonnenbrande, wunderbar anzuschauen. Unter der Salzhülle verbirgt sich eine röthlich aussehende leh- mige Masse. In noch weiteren Kreisen um solche Mittelpunkte herum vermögen nur gewisse, besonders organisirte Salzpflanzen Fuss zu fassen. Das Alles kennt Jedermann. Wohl aber muss es dem europäischen Reisenden in den Lössgegenden Mittelasiens auffallen, dass, nachdem er sich von jenen niederen Sammel- bekken abgewendet und tagelang über ausgesüsste fruchttragende Ebenen den Gebirgen entgegen gewandert ist, er die dort zu immer grösserer Mächtigkeit anwachsenden Löss- massen, sogar in höchster Höhe noch immer von Salzen sichtbar durchtränkt findet. Dort in der Region nicht seltener Sommerregen, wo die Gegend durch tiefeingerissene, von steil- abfallenden Hängen begränzte, Schluchten überall an heftig strömende Niederschläge mahnt, sieht der Reisende an den Steilwänden auch der schroffsten Abstürze, sogar im Frühjahre, ringsum dieselben Salze auswittern. Jeder isolirte Lösshügel (Kurgan) weist Ausblühungen auf seiner ganzen Oberfläche, gleich wie auf frischen Einschnitten auf. Der Löss ist eben gleich einem Schwamme von diesen Salzlösungen durchdrungen. Dass er sich so vollzusaugen vermag schreibe ich, wie gesagt, vorzugsweise der fein- erdigen Beschaffenheit des Löss zu. Gleich dem Thone nimmt er die Feuchtigkeit in sich auf und hält sie fest. Richthofen lässt das was er Textur des Primär-Löss nennt, dabei die Hauptrolle 1) Lehrbuch der chem. und physikalischen Geologie, 1855, И, р. 1596. 128 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. spielen. Allerdings fordert die an einen Schwamm erinnernde Durchsetzung der Lössmasse mit Wurzelröhrchen, zu solcher Auffassung auf, und muss diese Textur der Verbreitung wässriger Lösungen in den Lössmassen kräftigen Vorschub leisten. Die Lössmännchen ins- besondere müssen wir uns als Beweise der abwärts leitenden Mitwirkung der besagten Textur denken. Sie entstehen als Sammelpunkte der kalkigen Inkrustazionen welche die Wurzel- röhrchen auskleiden, später aber von kohlensauren Wassern wiederum aufgelöst und ab- wärts geführt worden sind. Jedenfalls befördert diese Textur die senkrechte Zerklüftung, das Auswaschen des Lössbodens welches schliesslich die unersteigbar steil, viele hundert Fuss tief abfallenden Lösswände bedingt. Alleinige Ursache dieser Zerklüftung dürfte jedoch die Textur nicht sein, zumal die Wurzeln und folglich auch deren Röhrchen keineswegs nur senkrecht in den Boden dringen. Eine andere Kraft darf bei diesem Vorgange nicht übersehen werden. Das ist die Volum- veränderung des Bodens, welche bei dem plötzlichen Austrokknen desselben unter den sengenden Sonnenstrahlen besonders gross ist. Die Erde berstet, gleich wie es ja auch mit der Schwarzerde geschieht, und ihre Spaltungen finden nie anders als in senkrechter Rich- tung statt, indem die seitlich aneinander haftenden Bodentheile schliesslich der Volumver- änderung nachgeben müssen und auseinanderklaffen. Horizontale Bodenspalten kommen nicht vor. Gleich wie ich aus dem Hochnorden vom Taimyr und Nowaja-Semlja das Zer- springen der Bodenfläche zu polygonen Figuren als Folge der Temperatursprünge und des grossen Frostes beschrieben, so klafft auch die Lössfläche — durch Dürre — zu prismatischen Absonderungen auseinander, welche gleichsam die Trichteröffnungen für die oben erwähnten grossartigen infiltrirten Zerklüftungen des Löss abgeben. Wie dort so auch hier übt das seinen besonderen Einfluss auf die Vegetation der Wildniss welche oft nurin den gelokkerten Bodenrissen zu wurzeln vermag, während die von denselben umschlossenen Polygone den Wurzeln eine steinharte Tenne entgegensetzen. Solche Polygone erinnern an die Figuren welche säulenförmige Basalte im Durchschnitte zeigen so wie an die Wahrscheinlichkeit ähnlicher Entstehungsweise der Basaltsäulen. Die Stärke zerfällt beim Trokknen gleichfalls in analoge vielseitige Säulchen, in der Fabrik Kristalle genannt. Je langsamer der Boden austrokknet desto weiter stehen bekanntlich die besagten Risse von einander ab. | Jene Trichteröffnungen zu vervielfältigen, zu erweitern, tragen im Süden Höhlenbe- wohner jeglicher Art allerwärts bei: Insekten, Schildkröten, Vögel: wie Tauben, Dohlen, Mandelkrähen, Bienenfresser, Schwalben, Spatze. Auch Nager wühlen dort ihre Schlupf- winkel in den. Boden hinein. Noch weniger als oben angedeutet vermag ich Richthofen in der Annahme zu folgen: die Textur des Löss befähige denselben zu einer gewissen Selbstdüngung, welche es zu. Wege gebracht, dass viertausendjähriges Akkern ihn nicht habe erschöpfen können. Aus den Tiefen sollen die Texturröhrchen stets neue Nahrungsstoffe emporgehoben, sie sollen. die Absorbtion von Ammoniak und Kohlensäure vermittelt haben. Wir gaben zu dass die Wurzelröhrchen das Hinabsintern beförderten, wobei es sich also AKKERKRUME. 129 ausser dem Kalk vorzugsweise um das kohlensaure Kali, das Chlorcalcium, also um die zer- fliessenden Salze, handelt, mit Ausnahme des salpetersauren Kalkes, der durch seine Neigung zum Aufsteigen sich auszeichnet. Wollten wir jenen Wurzelröhrchen zugleich das Emporheben von Lösungen aus der Tiefe, also in diametral entgegengesetzter Richtung zuschreiben, so müssten wir das Vorkommen zweier verschiedener Röhrensysteme neben einander annehmen; wovon nicht die Rede sein kann. Werden Lösungen emporgesogen, so geschieht das durch die Kapillarität; gleich wie in allen anderen Bodenarten, und vorzugsweise vermittelst der fein- erdigen Beschaffenheit!) denn erwiesener Maassen ist die kapillare Wasserleitung sowohl als die Sättigungskapazität um so grösser je feiner die Bodenpartikelchen. Der Zugang zu den Texturröhrchen des Untergrundes wird durch die mechanische Bodenbearbeitung verlegt, durch die Tagewasser verschlämmt. Tage- ja Wochen lang bewiesen uns das in den Hohl- wegen der Städte und Dörfer die nach Regengüssen stokkenden knietiefen Lachen. Der Sekundär-Löss der gar keine Textur besitzt verdankt gleichwohl der Kapillarität seine fruchtbaren Eigenschaften. Wie dem nun auch sei, ich lege besonderes Gewicht auf den meist übermässigen Reich- thum des ursprünglichen Löss an Salzen und glaube dass nächst der Feinstaubigkeit, dieser Salzgehalt vorzugsweise der Fruchtbarkeit des Löss Vorschub leistet und ins Auge gefasst werden muss. Diese Bedeutung des Salzgehaltes erscheint unleugbar wenn wir uns dessen erinnern wie gross der Antheil ist der neuerdings dem chemisch gebundenen Hydratwasser der sesquioxyden Silikate an dem Befördern des intensiveren Zerfalles der Bodenbestand- theile bei der Ernährung der Kulturpflanzen widerspruchslos zugemessen wird. Die wasser- haltigen Silikate absorbiren auch Kali sehr kräftig; dasselbe dem Ausgelaugtwerden ent- ziehend. Doppelte Bedeutung gewinnt diese Eigenschaft in stark bewässertem Boden. So trete ich denn mit grösster Entschiedenheit der herrschenden Ansicht entgegen welche noch neuerdings in schwungvollen Worten dem «neidischen Salz» das Wasser als «das befruchtende Prinzip», als die «menschenfreundliche Gottheit» entgegengesetzt hat?). Wahr ist es dass Salzland und Wüste beinahe synonym sind, dass jede grosse Wüste ein Salzland ist; dass das thierische Leben solche Orte flieht; dass der Mensch sie nur unter drohender Gefährdung seines Lebens durcheilt; dass der kaum sichtbare Salzstaub die Fruchtbarkeit der ergiebigsten Feinerde vernichten kann. Doch diese «dämonische Furchtbarkeit der Wüstennatur» darf von keinem anderen als von dem Gesichtspunkte: «zu viel des Guten» aufgefasst werden. Nur im Vereine mit der Dürre wird das Salz so schrekklich, so entschieden kulturfeindlich. Mit dem Wasser maassvoll gepaart ergänzt das Salz dessen göttliche lebenwekkende Kraft. Darin liegt eben 1) Ein Kubikmeter Löss, der nach Austrokknung bei | selbe wie bei gewöhnlicher Akkerde gefunden, und gerin- 20° R. 2100 Kilogr. wog, sog sich, bis zur Sättigung an- | ger als diejenige von Kalksand, aber doppelt so gross als gefeuchtet, zu einem Gewichte von 2350 Kilogr. an, hatte | diejenige von Thon und Kalkstein (Hobohm, 1.c. II, . 18). also 12%, seines Gewichtes Wasser aufgenommen. Die | 2) Vergl. Prof. Kirchhof, Deutsche Revue, 1878, Ausstrahlung des Wasserdampfes wurde dabei nahezu die- | p. 105. Mémoires de l'Acad. Imp. des sciences, УПше Serie. 17 Al 130 А. т. MIDDENDORFF, FERGHANA. die Мо unserer durch lange Kultur erschöpften Akkerkrumen dass ihrer äussersten Ober- fläche das Wasser die Salze genommen, dass Regen und Schnee, wie jener Gelehrte tref- fend gesagt: sie so vollständig ausgesüsst hat, wie der Chemiker seinen Niederschlag auf dem Filtrum. Nicht ohnmächtig soll der Mensch vor dem Uebermaasse an Salz zurükkweichen; dasselbe weicht ihm so überaus leicht; ja, zu leicht. Der Mensch soll mit Hilfe des Wassers das wohlthätige Salz seinen Zwekken dienstbar machen. Mit bestem Beispiele ist der Orientale, der apathische Mohamedaner uns darin vorausgegangen. Möge Russland bald Hand ans Werk legen um die unerschöpflichen Nahrungsvorräthe welche sein Boden auf unermess- lichen Strekken in Salzform angehäuft hat, durch zwekkmässige Wasserzuleitung zur ausser- ordentlichsten Fruchtbarkeit zu wekken. Wo Salz vorherrscht treten die kulturfeindlichen Insekten und Schnekken zurükk. Zwischen Salz und Salz ist allerdings wohl zu unterscheiden. Weder ist das Natron im Speisesalze den Pflanzen ein Nahrungsmittel, noch lässt sich dem pflanzenfeindlichen Chlor desselben Salzes irgend eine für das Pflanzenleben brauchbare Seite abgewinnen. Es ist aber falsch wenn Kirchhof meint, dass mit dem Meerwasser die Lachen der Salzwüsten nichts gemein hätten. Sie sind entschiedene Ueberbleibsel von Meeresdümpeln und ergänzen sich durch Auszüge aus früherem Meeresboden, welche ihnen die Tageswasser zuführen. Die Zusammensetzung ihrer Salze ist allerdings oft eine andere geworden, aber glükklicher Weise eine den Kulturpflanzen günstige. Nicht mit einer Lösung des wunderbar reinen Steinsalzes, beispielsweise mit dem unergründlich tiefen, jedenfalls auch dem Meere entstammenden unerschöpflichen Salzstokke von Iletzkaja Saschtschita') haben wir es zu thun, sondern nach Absetzung desselben vielmehr mit ähnlichen Niederschlägen wie der Landwirth sie in Europa sorgfältig ausnutzt. Aber nicht gleich wie der Europäer hat der glükkliche Akker- bauer der Salzsteppe sich die Dünger-Salze mühsam und mit vielen Kosten herbeizuholen. Er braucht das fertig vorhandene nur zu verdünnen. Aus den Lachen der Salzstèppe, aus deren Boden, ist das im Meerwasser so vorwaltende Kochsalz?) fortgeführt, und mit Recht ist von Prof. Schmidt ausgesprochen worden: wir hätten beispielsweise im Elton-See die Mutterlauge des Meeres, als ein unfertiges Stassfurth vor uns. Kieserite, Karnallite, Po- lyhalite und wie die schönen Dungsalze alle noch heissen mögen die man in Europa aus den Tiefen hervorholt überlagern die Steppe, nur verdünnender Auflösung gewärtig um grösste Frucht- 1) Auch das Ferghana-Thal ist rings von ähnlichen Salzlagern und Solen umkreist. Hat doch der Kreis Tuss oder Tschust seinen Namen davon erhalten. In den Протоколы засЪд. Type. ОтдЪла И. Общества, любителей естествознания, 1871; стр. 37, ist die Salzge- | winnung im Särafschangebiete, bei der Stadt Gusar, be- schrieben. Damals kostete das Fördern an Ort und Stelle 10 Kopeken für eine Kameellast, welche zwei Mal 8 Pud ausmacht. Die Beförderung bis Ssamarkand liess den Preis an diesem Orte bis auf 20 bis 35 Kop. pro Pud stei- gen. Wieder ein schlagender Wink für die Nothwendig- keit Fahrwege zu schaffen. 2) Durchschnittlich enthalten 100Gewichtstheile Meer- salz: 78,5 Kochsalz, 9,4 Chlormagnesium, 6,4 Bittersalz, 4,4 Gips, 1 Chlorkalium, 0,17 Brommagnesium, 0,04 Kalk, 0,009 Kieselsäure. AKKERKRUME. 131 barkeit erzeugen zu können. In jenen Salzseen wie der Elton-See einer ist, wird, der grösseren Löslichkeit in warmem oder aber im kalten Wasser entsprechend, während des Sommers Bittersalz, während des Winters dagegen Glaubersalz niedergeschlagen. Halten wir Umschau unter den Bodenarten welche in Betracht ihrer Fruchtbarkeit dem Löss an die Seite gesetzt werden könnten, und sehen von der Schwarzerde ab!), über deren besondere Eigenart wir schon früher (p. 4) uns ausgesprochen, so können wir nur bei den Gebilden der Alluvionen stehen bleiben welche sich unter dem Einflusse brakischer Wasser niedergeschlagen. Trotz hochfeiner Vertheilung der Mineralsubstanzen trotz star- kem Gehalte an organischen Substanzen und Stikkstoff können sich jedoch die Alluvionen der fliessenden Wasser an ausdauernder hoher Fruchtbarkeit mit den Böden nicht ver- gleichen, welche an den Mündungen der Ströme unter Mit- und Gegenwirkung des Meeres- wassers aufgeschlämmt werden. Einzig und allein die fetten, dem Meere abgewonnenen Marschniederungen können sich mit dem Löss nicht nur darin messen dass sie gleich hohe Erträge zu bieten im Stande sind — das Zwanzig- und Dreissigfache der Saat — sondern namentlich auch darin dass man in ihnen 50, 100 ja bis 4002) Jahre gesäet hat: fort und fort Weizen und Bohnen; Weizen und Mais; Weizen, Hafer u. s. w. ohne dem Boden Ersatz geboten, ohne dennoch ihn erschöpft zu haben. Das findet in gleicher Weise an den deut- schen wie an den französischen Küsten statt. Der allerdings gleichfalls für seine Frucht- barkeit berufene Fluss-Marschboden den man durch Abdämmen gewinnt kommt dem See- Marschboden (Polderboden) in Bezug auf Unerschöpflichkeit lange nicht gleich; auch wenn es ein sogenannter Klei, d. h. ein Thonmoorboden ist. Beiden, den Fluss- wie den Meeres- Alluvionen, gemeinsam ist der feuchte Untergrund, die ungemein feine, alluviale, schlam- mige Beschaffenheit des Materiales. Dem Polderboden allein kommt der Salzgehalt zu der so dichten Bestand eines Grasfilzes hervorspriessen macht, dass nur auf solchem Boden die vielberufenen Fettweiden sich gestalten. Auf ihnen wächst das Gras so dicht dass der Eingedeichte den angereisten Landwirth mit Stolz zu dem Versuche auffordert, das Gras so zu scheiteln dass der Boden sichtbar werde. Das ist auch der Grund weshalb der Polder- boden, baumlos gleich der Schwarzerden-Steppe und dem Löss, bei vorgeschrittener Kultur dennoch als Fett-Weide benutzt wird, jene Böden aber, wegen ihrer nicht geschlossenen Grasnarbe niemals. Nur einen ganz kleinen, kaum '/, Dessätine umfassenden Flekk®) in der zentralen Salzsteppe Ferghanä’s fand ich ausnahmsweise in ähnlicher Weise begrast. Es war eine ächte Fettweide, an deren Rande sich auch drei Kirgisenzelte mit ihren Heerden nieder- gelassen hatten. Hier fanden sich dieselben Bedingungen wie am Meere vor. Es war eine 1) Auch die an Kali und Phosphorsäure so reichen, | renen Entstehungsweise und Natur. aus vulkanischen Gesteinen (mit Einschluss der zerfalle- 2) Journ. d’Agricult. pratique, 1878, № 28, р. 52, р. 156. nen Basalte und Dolerite) enstandenen Böden lassen wir 3) bei Jasawan. hier ausser Acht, wegen ihrer völlig anderen, feuergebo- 132 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. zwergige Marsch. Reicher Salzgehalt bei thonigem, fort und fort vom Untergrunde her mit sikkerndem Wasser getränkter Boden, den weidende Thiere reichlich mit Dung betrugen. Es müssen ähnliche Verhältnisse sein unter denen an gewissen Orten der mittelasia- tischen Gebirge, die Pferde so rasch Fett absetzen, dass sie im Athmen behindert sind). Die Unerschöpflichkeit aber, welche der Polderboden vor allen Bodenarten voraus hat, darf wohl mit Recht der aus dem Untergrunde in richtigem Maasse zur Krume emporstei- genden marinen Infiltrazion zugeschrieben werden. Auch der überaus grosse Kulturwerth des Schlikkes den man von den Meergestaden bezieht um die öden Moorböden zu befruchten ist allgemein anerkannt. Das sind, denke ich, gewichtige Fingerzeige. So schädlich den Kulturpflanzen ein Ueber- schuss an Salzen im Boden ist, so scheint doch andererseits die höchste Fruchtbarkeit des Bodens mit einem verhältnissmässigen Reichthume an Salzen vorschreitend zu wachsen, bis sie in die nächste Nähe einer unzuträglichen Salzmenge gebracht so gut wie plötzlich abbricht. An den Gestaden der Nordsee stellen sich je nach Maassgabe der Erhebung über die andrängende Fluth anfangs Salzpflanzen: Salicornia herbacea, dann Aster tripolium, endlich Piantaga maritima und Poa maritima ein. Das Land wird eingedeicht und nach wenigen Jahren schon bedekken die üppigsten Getreidesaaten, den bisher sterilen, nunmehr durch Tagewasser ein Weniges ausgelaugten Boden. Noch rascher geht diese Umwandlung an der minder salzigen Ostsee vor sich, da sie aber sich keiner Fluth erfreut so werfen die Wellen meist nur unfruchtbaren Dünensand auf. Schwieriger als an der Nordsee gestaltet sich die Kultivirung an den Küsten Frank- reichs. Sogar im Bereiche der Rhone-Mündungen, auf deren Delta’s will die Kultur nicht leicht Fuss fassen. Nicht nur ist des Salzes zu viel im ozeanischen und mittelländischen Wasser, sondern es tritt ein zweiter Umstand hinzu: so viel der Regen das Land auch aus- waschen mag, die unter der südlichen Sonne rege Verdunstung braucht bald das Süsswasser auf und der austrokknende Boden zieht aus der Tiefe von neuem salziges Meerwasser em- por, das dort den Untergrund schwängert. Was im obigen Falle die unerschöpfliche Frucht- barkeit erklärlich machte, dasselbe wehrt hier dem Gedeihen. Zu viel des Guten. Von den öden Gegenden der dürren Salzsteppen nach Ferghanä versetzt ist man über- rascht durch den starken Salzgehalt des Bodens in der zentralen Salzwüste des Thales, und 1) Nach chinesischen Quellen führt Ritter (Asien, | meines Sohnes Max welche im Bulletin des Naturalistes p. 796) an, dass es auf dem Wege von Kokan nach Ba- | de Moscou gedrukkt worden Folgendes: unsere Pferde dakschan eine Stelle gebe wo das Gras so üppig und | und Esel wurden von dem üppigen Grase dieser Wiese stark wächst, dass man es nicht wagt die Pferde dort län- | (im Schwemmlande am Iskander-See d.i. See Alexanders ger als 40 Tage auf der Weide zu lassen, weil sie sonst | von Macedonien) so rasch fett dass sie beim Abzuge im- übernährt werden würden. mer wieder verschnaufen mussten.» Einen Monat hatte Selbstverständlich würde ich in dieser Mittheilung | man dort verweilt. War es vielleicht dieselbe Stelle von eine der unzähligen Uebertreibungen lesen an denen der | welcher der chinesische Bericht spricht? Leicht möglich. Orient so reich ist. Doch lese ich in den Reisebriefen | УХ à AKKERKRUME. 133 bereit auch hier diese Strekken für absolut unfruchtbar zu erklären. Hat man aber Zeit gefunden sich genauer umzusehen, so wird man bald anderer Meinung und schliesst seine Forschung mit der Ueberzeugung ab, dass die fruchtbaren Oasen selbst nicht anders als durch Auslaugen von Salzboden entstanden sind. Vortrefflich wurde mir diese Anschauung durch das Dorf Kara-Dshida illustrirt, das, von Margelan nur durch die salzige Stadt- weide geschieden, sich tiefer in die Salzwüste hinein hat vorschieben müssen. Als Oase stand dieses Dorf inselartig in der Salzwüste da, und der Reisende vermag nicht daran zu zweifeln dass in Zukunft dieses Dorf von dem über die öde, 4 Werst weite, Zwischenstrekke sich ausweitenden Stadtgebiete Margelan annektirt werden wird, Schlagend bewiesen dasselbe die zahlreichen Feldflikke welche sich hier, wie anderwärts, vereinzelt gleich Landzungen in die glitzernde Salzsteppe hineinschieben, oder auch umge- kehrt einzelne, oft nur um einen oder zwei Fuss höher gelegene und deshalb vom Wasser nicht genugsam ausgesüsste unfruchtbare Bodenerhebungen. Solche ziehen sich mitten zwischen die üppigsten Felder hinein, dicht bedekkt mit Salzausblühungen oder Krusten, so dass kein Erdboden mehr durchscheint, obgleich freilich, in der Nähe besehen, die lokkere Kruste kaum ein paar Linien dikk ist. Einzelne stachliche Salzpflanzen gukken hie und da hervor, das Todte, Unfruchtbare der Gegend mehr hervorhebend, als ihren Anblikk belebend. Meist sind es Luzernpflanzungen welche sich voran in die Salzwüste hineinwagen, aber auch der Maulbeerbaum fehlt als Umrandung nicht, und ich sah ihn bis 9 Zoll Dikke in weissbepudertem, widrig bitter schmekkendem Boden stehen‘). Er ist das Gegenstükk zu der gleichfalls im salzhaltigen Boden gedeinenden Dattelpalme?). Durch ein helles Saftgrün zeichnete sich solche Luzerne aus, und schaute man näher darein so ging diese Farbe bei vielen Pflanzen in ein bleichsüchtiges Gelb über. Abgesehen von mangelhafter Wasserzufuhr verschuldete dann die mangelhafte Tiefe der Abwässerung solchen Misswachs. Wo die Abwässerung richtig ausgeführt war, da°) stand vielverspre- chender Weizen, nicht nur in die Salzwüste hineingeschoben, sondern sogar in Pflugfurchen auf deren aufgeworfenen Rändern Salz auswitterte. Obgleich ich der Sache nicht auf den Grund kommen konnte, so scheint mir das Vorwalten von Gips in diesen Ausblühungen, an manchen Stellen die Kultur zu erleich- tern. Die Sarten behaupteten offenbar mit vollem Rechte dass jegliches Land «belebt werden könne», wenn nur Wasser genug vorhanden. Zwei gut benutzte Winter genügten jedenfalls zum Auslaugen, doch im dritten Jahre verbessere sich die Erndte. In einem der örtlichen 1) Schon in der nächsten Umgebung von Alt-Marge- | gehen muss wenn ihr Regenwasser zu viel Salz zusammen lan bis Alty-Aryk bietet sich vielfach Gelegenheit sol- | führen, welches von ihnen im Vorüberfliessen dem ge- ches Vorrükken der Kultur in die Salzwüste in Augen- | schwängerten Boden entnommen worden. schein zu nehmen. | 3) Zwischen Tyrtyr und Rischtan. 2) Uebrigens ist auch von Шт bekannt, dass sie aus- | 134 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Berichte finde ich die Mittheilung dass Ssur im Sartischen «kräftigen, unerschôpften, nicht morastigen» Boden bezeichne. Ich stehe nicht an, unter diesem Ssur ein Synonym von Schur zu verstehen, den Ausdrukk für Salzboden; wodurch die Bedeutung welche der Sarte den Salzen in Bezug auf die Fruchtbarkeit zuweist, schlagend erwiesen würde. Nehmen wir an dass das Wasser gegen 30% seines Gewichtes von den Salzen aufzu- lösen vermag welche den Kulturpflanzen schädlich sind, so gewinnen wir den, für die Be- rechnung der zum Auslaugen nöthigen Wassermengen, nöthigen festen Boden. Die Zuversichtlichkeit mit der die Sarten der Salzwüste zu Leibe gehen öffnet dem staunenden Europäer die Augen über das was Alles sich aus vielen als unbrauchbar verschrienen Salzstrekken Russlands machen liesse, wenn man den Wüsten mindestens so nachdrükklich zu Leibe ginge wie es die Orientalen mit ausserordentlich primitiven Mitteln gethan. Dem gegenüber stehen dem europäisch organisirten Staate unendlich grössere Mittel, stehen ihm die verfeinerten Verfahrungsweisen unserer Wissenschaftlichkeit zu Gebote. Aber ernst- liches Wollen, schwere Arbeit und Ausdauer in dem für ein ganzes Jahrhundert im Voraus vorzuzeichnenden Unternehmen wäre freilich unerlässliche Hauptsache. In der Camargue ging der Erfolg von einigen geglükkten Versuchen aus, an welche Privatbesitzer sich wagten. Ich möchte den überaus geringen Salzgehalt des Löss den Bodenprobe №19 in 4’ Tiefe unter dem alten Kulturboden der Dörfer aufweist, welche man expropriirte um Neu-Mar- gelan gründen zu können, allerdings dem Aussüssen des Bodens durch die seit undenklichen Zeiten geübte Bewässerung zuschreiben, denn das Wasser kommt hier als klarer Gebirgsbach heran. Wäre dem so, dann gewänne die Praxis des überreichen Mergelns mit salzigem Kurgan-Löss noch deutlicher den Karakter einer unerlässlichen Nöthigung. Jedenfalls ist nie zu vergessen dass je wärmer der Boden, je länger der Weg den das Wasser zurükkgelegt hat, desto melir die auslaugende Eigenschaft des Wassers sich geltend machen kann, desto mehr Salze aber auch schon unterweges dasselbe schwängern können wenn es durch Salzboden geflossen ist. Im salzgesättigten Lössboden ist es leicht möglich dass durch das ursprünglich süsse Wasser am Ende seines Laufes mehr Salze zu- als abgeführt werden. Je nachdem kann das wohl oft sehr viel nützen, behindert aber jedenfalls das Aussüssen des Bodens, dort wo es hierauf ankommt. Welches dürfte nun wohl das zuträgliche Maass an Salzen im Boden sein? Schon vor bald zwei Jahrzehnden wies ich darauf hin!) dass man im Bereiche der Mög- lichkeit ruhiger Untersuchungen an Ort und Stelle, in der Camargue, der Delta-Insel des Rhone-Stromes, sich davon überzeugt habe dass Gramineen noch bei 2,6%, Salzgehalt im Boden, zwischen Salicornien-Hümpeln, zu gedeihen anfingen, dass jedoch der höchste zulässige Salzgehalt im kultivirten Lande nicht mehr als 1,22%, betrug. Jene gründlichen Studien Gasparin’s sind neuerdings in derselben Camargue dahin 1) Sibirische Reise, IV, 1, р. 743, und Anhang № IV, р. XXXI. ÄKKERKRUME. 135 erweitert worden!) dass man ermittelt hat, ein Salzgehalt von 2,2 bis 2,5%, könne noch Erndten geben; dagegen der Boden der 4°, seines Gewichtes Salz enthalte absolut unfruchtbar sei, denn das Salz blühe hervor und dabei könnten kaum einige elende Salzkräuter ihr Leben fristen. Diese nachträgliche Erweiterung der zulässigen Salzmenge stimmt schon recht nahe mit unseren in Ferghanä gewonnenen Resultaten überein (vergl. Anhang II), indessen befreit uns das keinesweges von mancherlei Rükksichten, welche hiebei in Betracht kommen. In diesem Gebiete hat die Zukunft unserer Wissenschaft noch bedeutende Lükken zu füllen. Schon in Bezug auf die Bodenbeschaffenheit hat sich ein verschiedenes Verhalten gegen das Kochsalz praktisch herausgestellt, indem dasselbe aufschwerem Thonboden besonders schäd- lich wirkt. Eben so sind Unterschiede verzeichnet worden in dem Verhalten verschiedener Kulturpflanzen gegen das Salz, so dass z. B. Gerste und Kartoffeln auf einem vom Meere zeitweilig überschwemmt gewesenen Akkerboden besser gediehen als das übrige Getreide?). Noch viel mehr dürfte es aber darauf ankommen welche Salze es sind, die den Boden schwängern. Das Chlornatrium, also unser Kochsalz anlangend, das bekanntlich dem Keimen hin- derlich ist, Kartoffeln stärkearm macht, u. $, w., so ist davon im Akkerboden Ferghanäs nur gar wenig vorhanden: höchstens im Sekundär-Löss \,Y/, bis ,% (№7, 8, 18); aber im Primär-Löss für gewöhnlich viel weniger ja sogar keine Spur (№ 10). Nur eine der von mir in der Nähe von Gipsstöükken gesammelten Ausblühungen (№ 6) verstieg sich bis zu 2,7%; offenbar unter dem Einflusse von Soolquellen, und wie gesagt als Ausblühung. Dabei steigerte sich der Chlorgehalt bis zu 1,7%. In diesem Boden käme schwerlich eine Kulturpflanze fort, da für diese schon '/,%/, Chlor die äusserste Gränze abgiebt; er könnte höchstens zur Vertilgung der Kleeseide aufgeführt werden. Ein Glükk dass das Natrium so leicht und rasch aus dem Boden schwindet, das schädliche Chlor mit sich fortnehmend. Leichtlöslich wie sie es sind wandern die Chlorverbindungen alle dem Meere zu, nachdem sie zuvor zur Verbreitbarkeit der Phosphate im Boden beigetragen, durch Umsetzung des phosphorsauren Kalkes. Das, wie erwähnt, der Pflanze gegenüber als veutral anzusehende Natrium sucht sich im Löss einen fruchtbringenderen Verbündeten, nämlich die Schwefelsäure. In der That ist das, sowohl an Häufigkeit als auch an Menge, in der Salzwüste vorwaltende Salz jedenfalls das Natriumsulfat, das Glaubersalz. Dessen Betrag geht bis zu 7, der Gesammtmasse einer Bodenprobe (M 5) welche einem mit Ausblühungen bedekkten Flekke der Salzwüste abge- schürft wurde. So vielem Glaubersalz entspricht fast '/, davon an Schwefelsäure. Damit ist aber der Vorrath an Schwefelsäure im Boden noch nicht besänftigt, sondern deren ist so viel vorhanden dass überdies ein Quantum Schwefelsäure von (nahe '/, Gewichtstheil der Gesammtprobe) sich mit Kalk, und nur ('/,,) mit Magnesia zusammenthut. 1) Journal d'Agriculture pratique, 1878, р. 772. | 2) Bei Havre (Biedermann Centralblatt 1880, р. 313). 136 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Zugleich ist keine Spur von Kochsalz (№ 5), oder bis 2,7%, davon vorhanden (№ 6). Das ist nun freilich der äusserste Fall und häufiger ist die Ausblühung mit mehr Löss durchsetzt (№ 6) der etwa nur \, Glaubersalz beigemischt enthält und im Ganzen etwa eben so viel Schwefelsäure. In Bodenprobe № 9 sehen wir ausser 9'/,°/, Glaubersalz und 10%, Gips, auch noch 7%, Bittersalz die Ausblühung zusammensetzen. Von diesem Letz- teren und sogar vom Chlormagnesium haben die Wasserkulturen erwiesen dass sie den Pflanzen unschädlich werden wenn neben ihnen reichliche Mengen anderer Salze vorkom- men, wie das hier der Fall ist. Die schädliche Wirkung des Magnesiasalzes wird eben durch Kali-, Kalk- oder Ammoniak-Salze verhindert. Reichliche Kalkdüngung vermag also in solchen Fällen Wunder zu leisten. Ja, obgleich für sich allein in grösserer Menge den Pflanzen ein Gift, kann die schwe- felsaure Magnesia, wenn in geringer Menge vorhanden, die Wirkungen des Gips ersetzen. Auch verhalten sich die verschiedenen Kulturpflanzen darin verschieden genug um genau vom Landmanne in ihren Launen beachtet zu werden. So z. B. verträgt der Mais Magne- sia-Salze weit besser als andere Kulturpflanzen, während die Bohnen in dieser Hinsicht aus- serordentlich empfindlich sind. Trotz allem Anscheine einer öden Salzwüste galt das schneebestreut aussehende Land № 9, mit seinen vereinzelt hervorgukkenden gebräunten Stengelchen von Salzkräutern, als Viehweide, und Luzernflikke die hineinschnitten bewiesen dass es nur an Wasser fehle um auch dieses Salzmeer zu «beleben». Aber freilich begegnen wir auch hier unter den Salzen dem Chlorkalium (0,22%). Dass aber nicht nur die leichtlöslichen Salze, sondern auch der Gips wesentlichen Antheil am sichtbaren Ausblühen nimmt beweist Bodenprobe N 16. Der Kurgan dem ich dieselbe entnahm erschien über und über grauweis und den- noch erweist die Analyse dass nach Abzug des Gipses, der Löss dieses Kurgan nur 0,6%, leichtlöslicher Salze enthielt. AE So gross sind also die Salzmengen welche das Aussüssen für den Feldbau zu bezwingen hat. Es fragt sich also nun um so mehr, bis zu welchem Betrage solches Aussüssen statt- finden muss, da in der Masse des Löss selbst die Menge der leichtlöslichen Salze insgesammt häufig nur 1'/,Y,, die des Glaubersalzes nur '/, bis /,,%, beträgt (№ 14, 15, 16, 17). In den Boden-Analysen ist der schwerer lösliche Gips unter die in Wasser löslichen Salze aufgenommen worden. Lassen wir denselben unberükksichtigt, so finden wir dass grosse Fruchtbarkeit des Ferghanä-Löss mit einem Gehalte von 2 Prozent im Wasser leicht löslicher Salze zusammenfallen kann (№ 13). Im gegebenen Falle macht sogar eine Chlor- verbindung, das übrigens als Kunstdünger in Europa verwendete Chlorkalium, reichlich die Hälfte der Salze aus. Obgleich dadurch das Chlor bis über '/, Prozent des Bodengewichtes hinangestiegen ist, so wird doch seine pflanzenfeindliche Wirkung durch das pflanzenfreund- liche Kalium gebändigt. Diesem hilft reichliche ('/,°%) Phosphorsäure nach. In dem für Dün- gungszwekke angestochenen Kurgan № 16 sehen wir den Löss durch eine andere Verbin- dung mit Kali reichlicher versehen, nämlich durch Kaliumsulfat (0,24%). MINERALDUNG. 137 Für gewöhnlich sind nicht mehr als !, bis 1Y,%, an leicht löslichen Salzen im frucht- baren Löss enthalten (№ 8, 18, 34). Auffallender Weise fiel beim fruchtbarsten Löss der mir vorkam (№ 10) der Gehalt an leichtlöslichen Salzen bis auf fast '/,Y, (0,13) hinab. Diese Verringerung betraf sowohl das Kalium als auch die Phosphor- und die Schwefelsäure. Wie sollte ich mir hier den überaus üppigen Stand des ungedüngten Weizengrases erklären? Dürfen wir vielleicht voraussetzen dass die ausgiebige Wässerung, mit ihrer reich- lichen Lösung, vielleicht auch Dungtheile mit sich führte, und in diesem Falle das ersetzte was wir an Salzmengen vermissen? Unbeachtet darf nicht bleiben dass gerade dieser Löss bei reichlichem Kalk (?, der Gesammtmasse) und Silikaten nebst Quarzsand ('/,), nur '/,, der Gesammtmasse an Thonerde enthielt. Es liegt auf der Hand dass die entscheidende Antwort auf die vorstehend berührten Fragen nur durch in Zukunft von Fachmännern anzustellende Kulturversuche wird gewonnen werden können. Diese werden nicht nur auf den natürlichen Salzböden sondern auch in Bo- denproben anzustellen sein denen verschiedene Salzgemenge beizugeben sind. Mineraldung. Im Verfolge der vorliegenden Betrachtungen ist die einstimmig bezeugte unerschöpf- liche Fruchtbarkeit des mittelasiatischen Lössbodens wiederholt betont worden. Wir haben ein volles Recht dazu gehabt. Gegenüber den allseitigen Klagen über Bodenerschöpfung; gegenüber dem schon eröffneten Bankerotte der üppigen Schwarzerde, sei es in dem abge- lebten Europa, sei es in dem jugendlichen Amerika, sei es in Sibirien das noch in den Windeln des Akkerbaues liegt!), sehen wir, historisch nachweisbar, auf dem Lössboden Mittelasiens, viertausendjährigen Akkerbau unveränderlich auf demselben Flekke bis heute erfolgreich fortsetzen. Eine so arge Uebervölkerung, dass sie grausiger Weise das Aussetzen und Tödten der Kinder hervorgerufen, ja Solches gesetzlich hat zulassen müssen, nährt sich fort und fort von den Früchten des Bodens. Widerspricht das etwa den Verkündigungen unseres grossen Meisters, vom Untergange der alten Kulturgegenden am Mittelmeere durch Raubbau? Thut das etwa der Grundlehre des heutigen Akkerbaues Abbruch, derjenigen von der Unumgänglichkeit des Ersatzes des Genommenen, welchen die Erde gebieterisch verlangt? Nicht im Mindesten. Jedenfalls wird die vielberufene Schwarzerde früher erschöpft als der Löss. Wenn wir von Unerschöpflichkeit gesprochen, so konnte das nur bedingungs- weise verstanden sein. Ueberlassen wir den örtlichen Forschern es zum Austrag zu bringen, 1) Binnen 200 Jahren wurde dort die Schwarzerde erschöpft. Vergl. meine «Baraba» und «Sibirische Reise», Mémoires de [’Аса4. Imp. des sciences. VIIme Série. 18 138 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANAÄ. ob der Polderboden, von dem ich oben (р. 131) gesprochen wirklich gar keiner Düngung bedürfe. Möglich ist es, da er den Ozean als unerschöpfliches Vorrathsmagazin im Hinter- und Untergrunde hat. Dasselbe Emporsikkern von Meersalzen erschwert ja in der Camar- gue die Kulturversuche so ungemein. Ich glaube an diese Möglichkeit, und halte sie für den einzigen Fall der Art. Man pflügt allerdings nach einer langen Reihe von Jahren auch die Polderweiden auf, man pflügt gar wohl auch in den Polderfeldern ein Mal eine Grün- düngung unter, doch nur um die übermässige Sakkung des Bodens zu lüften, um des Un- krautes Herr zu werden. Beim Lössboden verhält sich das anders: er verlangt zum Wenigsten unmerkliche Düngung. Der Gründe weshalb er ausserordentlich lange vorhält gibt es aber nicht einen, sondern viele. Bleiben wir etwas bei ihnen stehen. Voran wollen wir bemerken dass der Löss in Mittelasien die ausserordentliche Mäch- tigkeit vieler Hunderte, ja Tausende von Fuss erreicht. Wir haben also dort nicht, wie in vielen Gegenden Europa’s bis zu denen sich seine Ausläufer erstrekken, nur eine Lössdekke vor uns. Obergrund und Untergrund fliessen in eins zusammen, ja dieser Untergrund ist weder Grund- noch Fluthschutt, er ist nicht aus der Zersetzung des im Grunde liegenden Gesteines entstanden. Von einem Obergrunde der Akkerkrume kann nur in sofern die Rede sein als entweder gewisse Salzlösungen mit den Tagewassern in die Tiefe versinken, oder umgekehrt andere durch die Verdampfung zur Oberfläche emporgesogen werden, sich dort zu Ausblühungen sammelnd. Oder aber die Rükkstände angebauter Pflanzen mit ihrem Wurzelreichthume, thierischer Dung und angewehter Staub versetzen die oberflächlichsten Schichten zu einer etwas veränderten Lösskrume. Jedenfalls können tiefwurzelnde Pflanzen im Löss bis zu den äussersten Gränzen der Entwikkelung ihrer Wurzeln dem Nahrungsbedürfnisse nachgehen. In der That kann man in Ferghanä an den Lössabstürzen die Wurzeln, zumal der Luzerne, mehre Klafter tief hinabgehen sehen, und wohl auch deshalb ist dieser Boden nicht minder als für den Weizen, auch für Obst- und Weinbau berufen, wie kaum ein anderer. Es mag von der Oberfläche des angebauten Landes noch so viel abgeblasen oder abgeschwemmt werden; immer bleibt es dasselbe fruchtbare Lössfeld'). Nach Altmeister Thaer ist diese Eigenschaft so hoch zu schätzen dass jedem Zolle über Y,’ Tiefe der Akkerkrume eine Wertherhöhung des Bodens um 8 Prozent entspricht?). Es kann das nur ein fast beliebiger Ausdrukk für den Werth sein den man auf die Tiefe der Akkerkrume legt. Wir rühren hier geflissentlich die vielseitige Bedeutung des Unter- grundes in seiner Rükkwirkung auf die Akkerkrume nicht mehr auf. Zweitens ist der mineralische Nahrungsvorrath im Löss ein ausserordentlich grosser 1) Ich sah Gruben aus denen ?/,’ tief Lehm zu Ziegeln 2) Irre ich nicht so gilt im preussischen Kadaster noch gestochen war, ebenen, theilweise verschütten, bis ”/, | heute der Satz: II. Klasse, 12” tief, 135 Sgr.; I. Klasse Tiefe im Grunde lokkern, um sogleich Mais zu säen. 15—24" tief, 180 Бот. MINERALDUNG, 139 und zeolitischer, seine Zusammensetzung hinsichtlich der physikalischen Eigenschaften eine ausserordentlich zwekkmässige. Abgesehen von der ursprünglichen Textur, bietet das Skelett des Ganzen im Sande die nöthige Lokkerung welche Luft und Wasser, mit allen von ihnen aufgenommenen Lösungen frei zirkuliren, die Wurzelzäserchen sich frei entwikkeln und eindringen lassen, die Absorbtion befördern u. d. m. Durch Thon, dem es nie an dem so nöthigen Kali gebricht, der selbst in die Pflanze nicht übergeht und dennoch ein so hervorragend wichtiger Bestandtheil der Akkererde ist, wird der Löss zu dem richtigen Zusammenhange gebakken. Der grosse Ge- halt an Kalk lokkert den Thon wiederum, da ersterer beim Anfeuchten mehr Wasser fasst und festhält als der Thon, und somit durch anderartige Volumveränderung als dieser und der passive Sand, in der scheinbar regungslosen Erdmasse Bewegung erhält. Dabei vermehrt der Kalk die Menge der in Lösung tretenden wasserhaltigen Silikate, der Zeolithe, verstärkt im Boden den Umsatz des Nährkapitals. Das Skelett des Lössbodens ist also gehörig lok- ker und durchlässig, somit vor übermässigem Aufquellen und Zusammensikkern gesichert, Dieselben Mineralstoffe, jedoch bis zu äusserster staubiger oder auch schlammiger Feinheit zertheilt und von Salzlösungen überreich durchtränkt (vergl. p. 135 u. ff.) befinden sich in gedeihlichster Mischung inmitten der Maschen besagten etwas gröblicher gepulverten ° Erdskelettes. Jene Feinerde macht etwa die Hälfte, ja bis *, der ganzen Masse aus. Was kann die Pflanze, und sei es die anspruchvollste Kulturpflanze, noch wünschen? Nur Wasser, Licht und Wärme. Licht und Wärme, diese ausserordentlich wichtigen Faktore, deren Bedeutung die Wasserkulturen erst in volles Licht gesetzt, sind dort im Uebermaasse geboten. Ob die grosse Differenz zwischen der Temperatur in der sich die oberirdischen Theile der Pflanzen einerseits, und deren Wurzeln andererseits befinden, und die ich (р. 109, 110) für Ferghanä nachgewiesen, gleichfalls bedeutend anregend auf den Säftezufluss beim Wachsthum mitwirkt, mögen künftige Beobachter entscheiden. Im höchsten Norden Sibiriens, wo am entgegengesetzten Ende der Wärmeskala ähnliche Abstände von mir notirt wurden, musste dieser Differenz eine grosse Mitwirkung bei der Beschleunigung des dort so zauberhaften Hervorspriessens zugesprochen werden. Das letzte Moment, das Wasser, wird aber der Pflanze im Oriente wo irgend möglich, in so reichlichem Maasse durch menschliches Hinzuthun zugeführt, dass wir sagen dürfen wir haben dort eine Wasserkultur vor uns. Nennt doch der Orientale ganz richtig sein Land: «den Boden des Durstes». Wer wüsste heutzutage nichts von den schönen Erfolgen welche Europa’s Laboratorien in wässrigen Lösungen grösster Verdünnung erzielt; für das Auge des Laien in gewöhn- lichem Wasser. 4 Theile salpetersaurer Kalk, je ein Theil salpetersaures Kali, Bittersalz, phosphorsaures Kali nebst einem Minimum phosphorsauren Eisenoxyds, in Wasser in kaum merklicher Menge gelöst, genügen um Landpflanzen aller Art: Getreide wie Gemüse, Wein- stôkke, Rosskastanien und Eichen gross zu ziehen. So minim die Mengen dieser Substanzen auch sind so liefern sie doch gerade den festesten Beweis für die Mineraltheorie. Diesem Allen gemäss haben wir den Akkerbau im Löss zu beurtheilen, finden also 18* 140 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. auch hier die mineralische Gelberde in vollem Gegensatze zu der humusreichen Schwarz- erde. Beide auf verschiedenen Wegen zur erstaunlichsten Fruchtbarkeit führend, beiden gemeinsam die aufschlämmbar feinerdige Beschaffenheit, das Bakken, und die Zeolithe. Dem Löss ist nachgesagt dass, so weit ersich auch erstrekke, er überall den Menschen mit seinen Ansiedlungen und seiner Kultur nach sich gezogen habe, da er ohne jeglichen Dung wohl hundert Jahre nach einander sein Korn tragen kann. Da nun Ersatz für die dem Boden entnommenen Bestandtheile unumgänglich nöthig ist so werden wir darauf hinge- wiesen dass der atmosphärische Staub (vgl. р. 87 u. ff.) sehr wesentlich mitwirken dürfte. Es wird das nach Johnson von den Bewohnern Khotan’s in dem Grade anerkannt dass sie den Staub für einen befruchtenden Dung erklären, ohne den keine Vegetazion gedeihen würde. Bei Margelan, in Karakaltak, erklärte mir der Ortsälteste ohne sich zu bedenken dass die /,/ dikke Lage Löss (Bodenprobe № 11) die ich bei Abwesenheit jeglicher Anzeichen von Schwemmung über eine dünne Schicht Dammerde gelagert fand, vom Winde angestiemt worden. Vergl. p. 90. An anderen Stellen bläst der Wind die ausgesogene Oberfläche ab, und frischer Grund kommt unter den Pflug. Immerhin könnte das nur für beschränktere Oertlichkeiten Geltung finden. Von viel durchgreifenderem Einflusse dürften die Wässerungen sein, zumal der Löss am wenigsten der Nachhilfe!) für den Reisbau bedarf, der bekanntlich dort die Hauptnah- rung ist. Als Wasserpflanze bedarf der Reis der grössten Wassermenge. Nun schlämmt aber der Löss so stark auf, dass, wie weltbekannt ist, der Gelbe Fluss von dem in ihm fort- gewälzten Löss seinen Namen führt, ja, dieselbe Farbe und denselben Namen auch dem Meere zugeführt hat?). Ganz eben so verhält es sich aber mit unseren Zwillingsströmen Ssyr und Amu’) welche ihren Lauf nachweisbar schon weit in den Aralsee hinein verlängert haben. Der Amu führt während der Hochwasserperiode !/,, der Wassermasse die in ihm hinabströmt, 1) Aber auch diese wurde mir, soll der Reis trefflich gedeihen, mit dem Quantum-Dünger das bei uns als das normale (2400 Pud pro Dess.) angenommen ist, näher be- zeichnet. Auf 3 bis 4 Jahre soll das reichen. 2) Prezewalskij fand (Mouroxia и страна Тангу- товъ, 1, 1875, стр. 129) im Wasser des Khuan-Khe 1,3%, Niederschlag. Die Ufer werden fortwährend unterwaschen. 3) Diese Verhältnisse finden wir auf das Gründlichste in der Arbeit: Wassermenge und Suspensionsschlamm des Amu-Darja, in seinem Unterlaufe, von Prof. Dr. Carl Schmidtund F.Dohrandt1877—dargelegt. DieStrekke Landes welche an der Amu-Mündung im Laufe eines Jahr- hunderts durch den abgesetzten Suspensionsschlamm er- zeugt, über die Wasserfläche hervortaucht, wird dort (p. 33) auf mehr als 80 Quadratwerst bestimmt. Die Menge des Lössschlammes der den Rhein hinabge- führt wird ist eine unvergleichlich geringere (vergl. Leon- hard und Bronn, Neues Jahrbuch f. Mineralogie, 1836, р. 82, und dennoch schätzt der Landwirth die ausserhalb der Deiche gelegenen Ländereien bedeutend niedriger, wohl halb so fruchtbar als das überschlikkte Vorland. Mit ° Recht protestiren häufig die Landbesitzer gegen den Schutz durch Deiche. Es genügt daran zu erinnern dass in den 10 Millionen Kubikmeter Schlamm welche die Durance jährlich hinab- führt, laut Analysen, mehr Stikkstoff davongeht, als der Gesammtimport an Guano dem Akkerbaue Frankreichs an Stikkstoff zuführt. MINERALDUNG. 141 d. 1. 4 Mal so viel Schlamm als der Missisipi und dennoch übertrifft der Ganges!) den Amu so sehr, dass er während der 4 Regenmonate die 5fache Menge des Amu-Schlammes mit sich fort zu seiner Tiefebene reisst. Der Schlamm des Ganges dürfte auch organische Stoffe enthalten, die dem Amu wie auch den Ferghanä-Gewässern abgehen. Was den Ssyr anlangt, so habe ich schon (p. 15) darauf hingewiesen dass er Klärbekken durchströmt, was denn auch in den Wasser-Untersuchungen Prof. Schmidt’s (p. 35) seine Bestätigung gefunden hat durch die geringe Menge Suspensions-Schlamm die er bei Kasalinsk vorbeiführt; näm- lich nur etwa ”/, Tausendtheile. Nichtsdestoweniger enthält der Ssyr ein Vielfaches des Salzgehaltes europäischer Ströme. Ganz anders verhält es sich am Oberlaufe des Ssyr, zumal oberhalb seiner drei Klär- bekken, im Naryn. Eben so reissen die Bewässerungskanäle beim Schwellen der Wässer dikke Schlammmassen mit sich welche sie dem Löss ihrer Betten entreissen und welche dann bis zu dem bedeutenden Quantum Y,, ihrer Wassermenge Schlamm enthalten (vergl. Wasser-Unt. р. 28)°). Bei fallender Geschwindigkeit des Wasserlaufes nimmt der Schlamm rasch ab, das Wasser klärt sich in den dem Gebirge ‚näheren Kanälen bedeutend und bis auf minimen Schlammgehalt 25°). Wie grosse Mengen an Salzen zugleich mit dem Schlamme den bewässerten Flächen zugeführt werden ergibt sich aus den Untersuchungen der von mir mitgebrachten Proben nach zwei Richtungen hin. Voran aus der Ermittelung der direkten Zufuhr. Wir erfahren dass lediglich der zufällige Umstand eines Kirgisenlagers einen sonst nicht im Bewässerungs- wasser vorhandenen, vom Landwirthe besonders werth gehaltenen Stoff, wie das Ammoniak, in der enormen Menge von mehr als '/, Loth in jedem Wedro solchen Wassers den Feldern zuführen kann‘). Durch solchen Nachweis werden wir der Berechnung zugänglich dass der Amu (und wohl auch die meisten Aryk in Ferghanä) vermittelst seiner Schlammwässerung im Jahre auf jede Dessätine Feid nicht weniger als 4 Рид Calciumphosphat und 20 Pud Kalı absetzt. Ein Ersatz sonder gleichen und namentlich zeigt sich auch deutlich (Unters. d. Wässer p. 36) um wie viel Kalium ärmer das Abflusswasser fortfliesst, Kalium, welches von den bewässerten Pflanzen verbraucht worden. Die vorwaltende Menge von Hornblende im Sande des Flusses Ssoch (Bodenprobe N 1) erinnert an die ähnlicher Weise, von den Katarakten her, im Nil fortgeführten Horn- blendebestandtheile und wenn Knop im Nilschlamme unter allen Feinerden die höchste Absorbtion und die grösste Menge aufgeschlossener Silikatbasen, bei nur ausserordentlich 1) Er soll bei niedrigem Wasserstande 1/,609 im Win- ter l/000 während der Regenzeit aber оо seines Wasser- quantums an Schlamm hinabwälzen; der Indus Ygoo- 2) Man hat versucht (Die landw. Versuchsstationen, XXII, Heft 5, р. 384) die Strömungsgeschwindigkeit zu bestimmen bei welcher der Mineralstaub des Löss auf- geschlämmt wird und dieselbe auf 2 millim. pro Sekunde festgestellt. Früher schon galt die Skale dass feiner Schlamm bei 3" Geschwindigkeit, feiner Sand bei 6”, grober, ekkiger Sand bei 8", abgerundete Kiesel von 1” Durchmesser bei 2’, und ekkige eigrosse Kiesel bei 3’ Geschwindigkeit in Bewegung gesetzt werden. 3) Bis auf 3/0000 in dem Aryss-Aryk (Schmidt Unter- suchungen der Wässer p. 26). 4) ebendas p. 28, 30. 142 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. wenig organischen Stoffen vorfand, so finden wir dasselbe mit anderen Worten von Prof. Schmidt in dem Ausspruche ausgedrükkt, dass der Suspensionsschlamm des Amu einen wahren Normalboden bildet, der alle Bedingungen üppigster Kultur in sich trägt. Etwas Humus hinzu, sage ich, und er trüge noch mehr. Bei den am selben Flekke geschweige denn in grösserem Umkreise zu verschiedenen Zeiten ganz ausserordentlich wechselnden Zuständen der Ab- und Aufschlämmung können wir hier nur bezwekken einige schwankende Haltpunkte für unsere Vorstellung über die Bedeutung dieser Vorgänge zu gewinnen. Dass nun die im Sonnenbrande ganz unerlässliche Tränkung des Bodens, zugleich düngt, also zwei Verrichtungen mit einem Male versieht, hat denn auch gewiss mächtigen Einfluss darauf gehabt, dem Orientalen den gewässerten Akkerbau zur zweiten Natur, zur gleichsam angeborenen Kunstfertigkeit, zum Naturell einzuimpfen. An gutem Beispiele hat es ihm gleichfalls seit altersher nicht gefehlt da in China und Japan die Landbauer es für selbstverständlich halten dass sie den Wässerungen der Felder gepulverte Mineraldünger hinzuschütten. Im Abschnitte der über die Bewässerungen handelt, werden wir der Ueberschlämmung erwähnen, als einer der künstlichsten Düngungsmethoden, die ich von Kirgisen ausüben sah, welche, sich sonnend, ihrer Nomadenträgheit fröhnten. Den wässernden Völkern liegt diese Methode im Lössgebiete gar nahe, denn zu Schlammwolken aufgerührt trübt sich das Wasser bei stärkerem Andrange (vergl. p.74). Aus dem Felsgebirge stürzt es allerdings — wenn nicht Verderben bringende Geröll- und Sand-Massen wälzend — hell und klar über das Pflaster seines Bettes hervor, deshalb werden solche Wasser, so wie die aus Sikkerwassern entsprin- genden Quellen, die sogenannten Schwarzwasser (Kara-ssu), vorzugsweise für den Haushalt in Anspruch genommen. Dennoch rühmte man letzteren grosse Fruchtbarkeit nach. Erst in seinem weiteren Verlaufe in Lössbetten eingezwängt, reisst das Wasser deren feine, zu Lössschlamm angerührten Theile mit sich fort; aber so oft ich auch nachschaute fand ich die Ablagerungen die das Irrigationswasser beim alltäglichen Bewässern hinterliess nur ganz dünne Schichten bildend und ausnahmsweise, an besonders geeigneten Stellen höchstens bis zur zehnfachen 4. В. bis zur Zolldikke anwachsend. Es stimmt das vollkommen zu den Er- gebnissen der Berechnung im Grossen und Ganzen, welche die jährliche Erhebung des Niveau’s der Felder unter günstigen Verhältnissen auf 0,8 Millim., also kaum '/, Linie an- setzt, obgleich 1000 Pud Schlamm im Jahre durch das Amu-Wasser auf jede Dessätine Feld die er bewässert abgesetzt werden. Die Erhöhung der Feldflächen durch den Wasser- schlamm, wie er selbst bei dikk getrübtem Aussehen des Wassers in demselben enthalten ist, bleibt unmerklich. Der Schlamm übt, ausser seiner düngenden, hauptsächlich eine bloss nivellirende Wirkung, denn auf ein möglichst gleichmässiges Ueberrieseln wird sorglich ge- achtet. Dass aber im Verlaufe der Jahrhunderte dennoch eine Erhöhung des Bodens durch den Schlikk den das Wasser mit sich führt, vor sich gehen muss, ist einleuchtend, denn die abzehrenden, abschwemmenden und abwehenden Wirkungen können sich mit den auf- schlämmenden weder in regelmässiger noch auch weitumfassender Wirksamkeit messen. MINERALDUNG. 143 Die Lôssbetten durch welche die Aryk führen, können wir füglich als unerschöpfliche Dungstätten ansehen, aus welchen die Bewässerungswasser, welche zugleich das billigste Transportmittel für diesen Mineraldung bieten, eben Jahrtausende lang die befruchtenden Stoffe zu den Feldern führen, ohne dass von Erschöpfung des Bodens die Rede sein kann. Es bedürfte nicht ein Mal des Schlammes, sondern nur der im Wasser gelösten Salze, Hier tritt also für ausgesüssten Boden auch die Dungkraft des Salz aufnehmenden Wassers der Aryk in Betracht, auf welche ich (p. 134) hingewiesen habe. Es lag nun gar nahe die beim Räumen der Wässerungskanäle ausgeworfene Erde, die überdies mit Vegetazion, mit Auswurfstoffen der Städte und Dörfer oft reichlich versetzt ist zum Düngen zu benutzen. Als gingen sie darauf aus mich nicht im Ungewissen darüber zu lassen dass auch die feinsten unserer landwirthschaftlichen Finessen uns aus dem Orient, und nicht aus dem Laboratorium überkommen sind, beeilten sich aber sogleich die Orien- talen, auf meine Schlammfrage zu bemerken: regelrecht müsse der Schlammauswurf einen bis zwei Winter an der Luft liegen bleiben, bevor man ihn auf das Feld bringt. Den entscheidensten Beweis dafür dass die Eingeborenen die allmälige Abnahme der Fruchtbarkeit der Lösskrume schon längst beobachtet liefern die ausserordentlichen An- strengungen mit denen sie das Mergeln ausführen, das bei ihnen oft die Dimension der Auf- führung einer erneuten Akkerkrume annimmt. Obgleich es ein Mergel ist der aufgefahren wird, so ist der Ausdrukk «mergeln» genau genommen hier nicht mehr am Platze, denn nicht gilt es hier den Humus in grössere Thätigkeit zu versetzen, sondern bei minimem Humusgehalte neue Mineralsalze zuzuführen. Im Februar und im März sah man die Leute überall in Bewegung. Bald war es reiner Lössmergel, bald waren es Bulten, Erdschollen, Erdkrume mit Wurzelwerk untermischt u. d. m. die unter dem Namen Turpak geplaggt und auf die Felder gefahren wurden. Ge- wöhnlich sah ich eine Schicht von etwa einen Fuss Tiefe angreifen. Die Erfahrung hatte den Praktikern das schon längst klar gelegt, was unsere Landwirthschafts- Wissenschaft uns erst in neuerer Zeit bewiesen, dass nämlich die äussersten Schichten der Akkerkrume, nach oben wie nach unten, an befruchtenden Stoffen am reichsten sind, wie das die Bulten unserer More auch am schlagendsten zeigen. So stechen denn die Orientalen am liebsten nur die oberste Schicht ab, die ihnen ausser grösserem Reichthume an Salzen zugleich Humus, in den organischen Rükkständen des Pflanzenwachsthumes bietet. Nur salzreiche Kurgane werden in ihrer ganzer Masse bis auf den Grund abgegraben. Wo nur einer jener Kurgan-Hügel, die ich auf Seite 75 beschrieben, sich erhob, da fand ich ihn auch, wenn nicht die schützende Fahne eines einsiedlerischen Heiligen auf ihm wehte, in Angriff genommen, mehr oder weniger, oder gar schon bis auf die letzten ver- schwindenden Reste abgegraben und abgeführt. Solches Beerden und Mergeln wird hie und da mit der Gründlichkeit ausgeführt dass die eine Karrenladung neben die andere gestürzt da liegt; Haufe an Haufe. Offenbar schleppen die Pferde an so beladenen Karren ungleich schwerer als am Dünger: bisweilen wobl zu 30 bis 40 Pud, so dass wir annehmen dürfen dass 144 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. auf den Tanap (4. 1. '/, Dessätine) wohl 3000 Pud in jenem Falle aufgeführt wurden der meine Bewunderung erregte'). Sei es noch um die Zufuhr von humoser Erde; aber dass auf den Lössmergel-Boden noch derselbe Mergel, obwohl freilich von bisher unangegriffener Stelle, mit so grossem Arbeits- aufwarde aufgeführt wurde das war mir auffällig und bestärkt mich in meiner Ansicht über die bedeutende Wirksamkeit der Salze mit denen der Boden Mittelasiens getränkt ist. Alle jene Kurgan-Hügel witterten wie gesagt in hohem Grade Salze aus; an der Oberfläche wie auch an den senkrecht angestochenen Wänden. «Hundert Arba (Karrenladungen) auf den Tanap und das Feld ist reich gedüngt» rief mir ein Graukopf zu, dem ich nachsah. Je nach der Herkunft des Löss mussten in jedem Thälchen seine Bestandtheile, so wie diejenigen seiner Salze sich anders gestalten. Ob dieses Abweichende der Bestandtheile auch von den Eingeborenen beachtet, ob die verschiedenen Mergelarten nach verschiedenen Orten, je nachdem sie hierhin oder dorthin mehr passen abgeführt werden, habe ich nicht in Erfahrnng gebracht. Wäre das nicht der Fall so könnte und müsste die Wissenschaft ihnen darin zu Hilfe kommen, denn die Eingeborenen scheuen keinen Aufwand an ener- gischster Arbeitskraft, sobald sie den Nutzen einzusehen gelernt. Uebrigens hat die tausend- jährige Erfahrung, haben die Gerbereien und andere technische Gewerbe in Ferghanä schon seit undenklichen Zeiten zur richtigen Benutzung und Mischung der ausblühenden Salze des Bodens ganz bestimmter — und nicht anderer?) — Oertlichkeiten geführt. Bei Durchsicht der Analysen Prof. Schmidts und unseres Anhanges II der sie dem Laien verdeutlicht, ergibt sich auf den ersten Blikk, wie intensive, weit verführbare Kunst- dünger durch einfaches Abschlämmen in Ferghanä gewonnen werden könnten. So #. В. durch Schlämmen des Gryphaea-Lehmes № 11 über 4 Prozent Kaligehalt. Dieses Schläm- men überlassen die Sarten den Aryk-Wassern. Doch nahe eben so viel enthält im Natur- zustande das Bruchstükk eines Kalksteines den ich aus dem Lösshügel bei Spon (№ 37) 1) Unser Kaukasus bietet uns in den Gegenden wo der Mist als Brennmaterial verbraucht wird, einen schla- genden Beweis dafür wie hoch der Orientale die Wirkung der Mineraldünger anschlägt. Der thierische Dünger wird wohl verbrannt, aber Bauschutt, Asche u. 4 m. wer- den sorgfältig auf das Feld geführt. Die Chinesen überrieseln mit pulverisirtem Mineral- dünger. Wie hoch sie den Menschendung schätzen ist weltbekannt. Im verwahrlosten Persien, in Ispahan, bil- det Düngerfabrikazion einen nicht unbedeutenden Indu- striezweig: thierische Abfälle, Laub, Sand, Gips, Kalk, Asche u. s. w. werden nach gewissen Recepten gemischt, geformt, und als Spezialdünger — nicht für diese oder jene Anbaupflanze, sondern für diesen oder jenen Boden — benutzt. Gemeinden legen dort Thürme für die Anhäufung von Taubenmist an, der dann unter die Glieder vertheilt wird; unbeschadet des Rechtes jedes Einzelnen, sich ei’ nen Privat-Thurm dieser Art zu errichten. Dort also holten sich die Römer das Vorbild zu ihren Columbarien, die jetzt da man den Taubenmist zu nutzen begonnen hat in Russlands Kirchthürmen ein ganz zufälliges Analogon finden. Kurz, wir europäischen Landwirthe dürfen gar nicht stolz thun; so gelebrt wir auch sein mögen. Taubenmist ist bei uns nur in Holland speziell kultivirt worden und zwar— als beste Hefe für das Aufgehen des feinsten Weisbrodes. 2) Es sei z. В. auf den unter № 41 und 42 analysirten Alaunschiefer in Verbindung mit dem gerb- und gallus- sauren Taran № 43 hingewiesen. So auch auf die von meinem Sohne über brennenden Kohlenflötzen gefundenen Sublimirungen. MINERALDUNG. 145 hervorholte, der auch richtig von den Eingeborenen schon fast bis auf den Grund abgeführt war nachdem man einen zweiten Hügel nebenan vorher bis auf die Neige fortgeschafft hatte. Dieses Bruchstükk, scharfkantig und ganz unabgerieben, wies daraufhin dass es nicht schwer sein müsste seine Ursprungsstätte im zunächst liegenden Felsberge aufzufinden. Das lohnte um so mehr als er zugleich die beträchtliche Menge von 0,2 Phosphorsäure namentlich aber Kaliumnitrat enthält. Aber auch der bei Woadilj auf dem Eisenkiesel ruhende Sandstein (№ 51) und der bei seiner Verwitterung fein zersplitternde Thonschiefer neben Woadilj (№ 25) enthalten so wie sie da sind bis 3'/,%, Kali. Uebrigens haben auch nach dieser Richtung die Sarten sich das Nöthige zu verschaffen gewusst, denn der Kurgan (№ 16) der mir auffiel weil man ihn als Mineraldünger abgrub erweist sich mit 0,24%, Kaliumsulfat durchtränkt, bei mehr als 0,4%, Calciumphosphat. Unter allen analysirten Proben können wir den wakkeren orientalischen Praktikern nur eine einzige neu in Angriff zu nehmende Stelle nachweisen welche Kaliumsulfat, und zwar in derselben Menge bieten kann; es ist dies Vorkommen un- mittelbar am rechten Ufer des Narynflusses (№ 42). Gehen wir der Phosphorsäure nach, so finden wir dass die Eingeborenen sehr guten Grund gehabt den ganzen Kurgan bei Spon (№ 13) auszurauben, da seine Masse 0,6% Cal- ciumphosphat enthielt. Durch Abschlämmen liesse sich die Feinerde sondern und ihr Gehalt, an Phosphorsäure bis auf 0,3, somit aber zugleich ihre Transportfähigkeit erhöhen. Meinerseits bin ich jetzt im Stande Ferghanä eine noch bessere Quelle für Phosphor- säure nachzuweisen in der Kittmasse des Konglomerates der an dem Absturze Teschik- Tasch den Löss unterlagert. Die Feinerde derselben enthält 0,8 Calciumphosphat. Allerdings lässt der Phosphorit den ich von der Steppe zwischen Kasalinsk und Fort II gebracht, bei einem Gehalte von 15,2%, Phosphorsäure, die obigen Mengen (bis 0,3) dieser Säure zu nichtigem Gehalte zusammenschrumpfen. Es ist ein durch Infiltration, gleich dem Kursker, entstandener Phosphorit, und kein Koprolit. Mir scheint nicht unwahrscheinlich dass auch in Ferghanä Phosphoritlager gefunden werden dürften, da sie im europäischen Russland in engster Beziehung zur Kreideformazion stehen. Das Aral-kaspische Bekken aber muss sehr reiche Lager enthalten '), denen jedenfalls in Zukunft von den betriebsamen Orientalen ein besseres Schikksal bereitet werden wird, als dasselbe dem kurzlebigen Uko- lovski-Betriebe von unseren Landwirthen des europäischen Russlands zu Theil ward. Der Widerstand den die Schwächen des Menschen dem Fortschritte bieten ist schlimmer als die Gesammtheit aller übrigen Hemmnisse, daher mich Niemand der Schwärmerei zeihe, wenn ich mich darin gefalle Sarten und fabrikmässige Phosphoritenausbeutung zusammenzu- bringen. Den Einwurf muss ich mir aber wohl gefallen lassen dass der Löss sich nicht so leicht 1) Vergl. Anhang II. Mémoires de l’Acad. Imp des sciences, УПте Série, 19 146 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANÀ. an Phosphorsäure erschôpft, und das Bedürfniss für dieselbe im Allgemeinen doch noch lange auf sich wird warten lassen. Sind wir zufrieden wenn wir in der Feinerde unserer Akkerkrumen alter Kultur einen Vorrath von 0,03 Phosphorsäure nachweisen können, ent- hält die vielberufene Schwarzerde der weizengebenden Steppe meist weniger als das, so fällt bei Durchmusterung unserer Analysen der doppelte und dreifach so grosse Gehalt an die- sem geldwerthen Stoffe sehr beruhigend ins Bewusstsein. Der Ferghanä-Löss erinnert an den hohen Gehalt an Phosphorsäure in den fruchtbaren vulkanischen Erden. Enttäuscht bin ich worden durch den verhältnissmässig recht armen Gehalt an Phos- phorsäure in der Gryphaea-Schicht bei Mojan № 11. Kaum 0,08%. Wissend dass der Gryphitenkalk in Europa von den Praktikern als vorzüglicher Kulturboden anerkannt wird, was man dem aussergewöhnlich reichen Gehalte desselben an Phosphorsäure zuschreibt, und mit Hinsicht auf den lokkeren Zusammenhang, den Jugendzustand der Muscheln, und die lehmige Beschaffenheit dieser Schicht, hatte ich ganz Anderes erwartet. Ich hatte gehofft die reichliche Düngung der Felder müsse ihre lösende Wirkung bewähren und werde bei Zufuhr der Gryphaeen ausserordentlichen Reichthum an Körnern entwikkeln. Fruchtlose Voraus- setzung, welche auch die riesige, als Petrefakt so hervorragende, Gryphaea, die Roma- novskij General von Kaufmann zu Ehren getauft hat, im Auge des Landwirthes ent- werthen muss, Schade; da Ferghanä sehr reich ist an Muschellagern jener Periode. Humus, Nachdem wir klargelegt wie trefflich der physikalische Zustand, so wie auch der chemische der mineralischen Nährstoffe im Löss das Pflanzenwachsthum begünstigt, fragen wir nach dem Humus dessen fortdauernde Verwesung im Boden, doch nicht entmisst wer- den kann. Wir haben auf Seite 99 davon Kenntniss genommen dass Humus, sagen wir Dammerde, im Naturboden Ferghanäs in nur untergeordneter Weise und in grösserer Menge nur auf gewisse Oertlichkeiten beschränkt vorhanden ist. Sie stellt sich uns dort in zweierlei Art vor. Hauptsächlich scheint sie als das Produkt der Fäulniss von Vegetationsresten schilfiger Niederungen entstanden zu sein, also subaquatisch. Man liest die Entstehungsgeschichte derselben am augenscheinlichsten an den Rändern von Morastlachen in welche sich hie und da die Ueberschüsse der kleineren Zuleiter verlaufen '). Inmitten der Morastlache fühlen sich Kiebitze und Strandläufer aller Art so recht in ihrem Elemente. Sie nisten dort und erfüllen “ 1) So 2, В. beim Роге Dshujda oder Dshujdam, in unmittelbarer Nähe von Neu-Margelan. Номо$. 147 die Luft mit ihrem Lärmen. Am Rande derselben weidet das Vieh, zumal Pferde. In diesen Rand hinein schneiden an günstigeren Stellen Feldflikke') auf welchen versucht wird, eine bräunliche, offenbar torfige Vegetabilien-Erde durch Entwässerung,bewässerndes Auslaugen, Lokkern und Durchwettern schliesslich so weit vorzubereiten, dass sie, unter Tiefergreifen in den Mergel-Untergrund den der Löss bietet, sich entsäuert, mit mineralischen Bestandtheilen hinlänglich versorgt, und durch die neugewonnenen physikalischen, wie chemischen Ei- genschaften den Anforderungen eines von Jahr zu Jahr ergiebigeren Akkerbaues genügt. Den üppigsten, schilfähnlich wuchernden Weizen sah ich auf so geschaffenem Boden °). So finden wir denn auch hier, im Gebiete welches die Mineraltheorie auf praktischem Felde so mustergiltig bethätigt, dennoch wiederum die alte Erfahrung bestätigt, dass die Feldkultur überall auf solchen Flächen beginnen musste und begann, welche bereits vorher eine reichliche Menge Humus aufgenommen hatten. Am raschesten wird der Humus durch eine unbesonnene Akkerkultur erschöpft. Mineralstoffe und Humus sind dem Landmanne Zwil- lingsbrüder die nimmer getrennt werden dürfen. Der letztere als Vermittler organischen Ursprungs, zwischen den mineralischen Nährstoffen und dem Pflanzengewebe in das jene em- zudringen haben. Unseren heimischen Grünlandsmooren steht der in dieser Weise in Angriff genommene Schilftorf nahe, unterscheidet sich aber doch wesentlich durch das völlige Zurükktreten des Moses, während ausser den Schilfresten, Riedgräsern, Irisarten, Konferven und anderen Wasserkräutern die uns Smirnov näher kennen lehren wird, und dadurch dass dem rohen Humus auch von Hause aus nicht wenig mineralische Bestandtheile zumal aber kohlensaurer Kalk, der sich an manchen Wasserpflanzen äusserlich niederschlägt, Gips und andere schwefelsaure Salze im Ueberfluss beigemengt sind. Es ist also nicht zu erwarten dass sich hier, trotz höchster Intensität der Zersetzungsprozesse, so wie der Ausscheidung von Kohlensäure, jene Verarmung an Alkalien, zumal an Kalkerde einstelien dürfte, welche Prof. Schmidt für die Akkerkrume der Schwarzerde so deutlich ins Licht gesetzt hat, durch welche hindurch jene Alkalien in den Untergrund hinabgeführt werden. Der an sich unlösliche humussaure Kalk gibt bei Berührung mit alkalischen Salzen zur Bildung von Doppel- salzen Veranlassung welche leichtlöslich sind. Hierdurch wird das im nordischen Klima fast unumgängliche Brennen der Erde behufs Entsäuerung des Humus ersetzt. Man hat die Flora unserer Moor-Wüsten als diejenige der Weichwassergebiete unterschieden; durch meist übermässigen Gehalt an Salzen und Erden haben wir es in den Morastlachen Ferghanä’s mit entschiedenen und dankbaren Hartwassern zu thun?). Die allgegenwärtige Nähe eines so unübertrefflich günstigen Untergrundes wie der Löss, nebst der hohen Sommerwärme, bildet den unvergleichlichen Vorzug den die Bildner der Dammerde Ferghanä’s vor unserem 1) Namentlich bei Spon, wo aber das Abtragen des | nennen ? obenbesprochenen reichhaltigen Lösshügels (pag. 144) 3) An die mit absorbirten Nährstoffen versehenen überdies zu Hilfe geholt war. Torfkulturen unserer Versuchsstationen und den üppigen 2) Sind es solche welche die Eingeborenen Sajkesch | Wuchs derselben erinnernd. 192 148 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. sauren Humus voraushaben. Die Bodenprobe № 20 beweist dass nicht genug Thonerde und Kali in solchem Boden vorkommen, während hinlängliche Phosphorsäure vorhanden ist. Der Analogie mit europäischen humusreichen Mergeln gemäss dürfte solcher Boden reich an Stikkstoff sein'). Der schöne Boden des Kreises Kokan der sich durch seine in jenem Lössgebiete ganz ungewöhnlich schwarze Färbung hervorthut, ist offenbar in oben geschil- derter Weise, durch hundertjährige Kultur, am Rande der Salzwüste Ha-Derwisch ent- standen. Hier jedoch unter Mitwirkung eines besonderen Umstandes. Als ich von Jany- Kurgan nach Kokan ritt fiel mir auf, dasshier, am Rande der Sandwüste, trotz reichlicher Beimischung von Sand, besonders üppige Weizengräser und prachtvolle Luzernstükke stan- den. Der Auswurf tieferer Gräben brachte Löss empor, aber die Akkerkrume wurde immer schwärzer, so dass sie, freilich bei Regenwetter, mit der Farbe der schönsten Schwarzerde wetteiferte. Bei Kosch-Tegerman, wo der Krume noch mehr Sand beigemischt war als ich es früher bemerkt, überzeugte ich mich davon, dass der Sand vorwaltend aus Hornblende- partikelchen bestand von denen oben (p. 141) die Rede gewesen. Die Hornblende war es, welche hier in Sandform unter Beihilfe von Magnetkies den Boden schwärzte, und ihm zu- gleich mehr Lokkerheit, aber auch fruchtbare Bestandtheile verlieh. Die zweite Art der Dammerde ist kein subaquatisches Gebilde und findet sich nicht im Grunde der Ferghanä-Mulde, sondern am Rande derselben”). Die höhere Lage über der Meeresfläche — beispielsweise von 3000’ an aufwärts — hat wohl durch die hier kühlere Temperatur und grössere Luftfeuchtigkeit dem «Verbrennen» der Dammerde auf der Löss-Unterlage gewehrt. Noch mehr aber dürfte dazu die im Untergrunde überall sik- kernde Wassermenge mitgewirkt haben, welche die Wurzeln in solchem Grade beständig wässert, dass der Europäer erstaunt ist, sich plötzlich von unabsehbaren Wiesen umgeben zu sehen°) die er bis dahin schmerzlich vermisst hat. Er befindet sich auf der Vorstufe zu den Alpenmatten. Hier gedeiht Rasen, und die durch ihn, unter Mitwirkung der Auswürfe zahlloser weidender Heerden gebildete Dammerde mag noch durch solche verstärkt werden welche aus grösseren Höhen abwärts geschwemmt wird. Diese Wiesen zeigen sich von Flekken subaquatisch entstandener Dammerde inselartig durchsetzt; wahrscheinlich sind es Reste vorzeitlicher grösserer Wasserbekken. Zum «Gahrmachen» der oben angeführten, wassergeborenen, Dammerde bietenden Ge- genden ist nun der Reis wie geschaffen. Kann dieser Wasserpflanze nur Wasser genug zu- geführt werden, — zumal lössschlammiges Wasser — so gedeiht sie jahraus jahrein auf 1) Biedermann, Centralblatt, 1878, II, p. 9. man in N 2. О von Osch zum Dorfe Aim kommt. Ich 2) Sind es solche Oertlichkeiten welche den Namen | ritt aus Assake nach Osten und schliesslich in fast ent- Säng führen? Oder die Vorhöhen des Löss, welche ent- | schiedener S-N Richtung auf Aim los. Diese Flächen blösst von jeglicher Humusdekke auf das Dichteste mit | sind offenbar im Laufe der Zeiten mit Hilfe der tiefen der so karakteristischen Trigonella grandiflora be- | und weiten Betten— sowohl älterer als auch neuester wachsen sind? Zeit— die sich der Kara-Darja eingerissen, entwässert 3) Als Typus führe ich die Flächen an über welche | worden. Номо$. 149 demselben Flekke vortrefflich und bedarf des Düngers entweder gar nicht, oder nur in geringer Menge sogar dort wo der Löss nicht sichtlich mit Dammerde untermischt ist. Im Allgemeinen, so versicherten mich die Sarten, sei dieDammerde, dort wosie vor- komme, geringerer Wassermengen bedürftig, als der Lössmergel, was mit unseren euro- päischen Erfahrungen vollkommen übereinstimmt, da Humus das Doppelte und Dreifache von dem an sich zieht, was die Thonerde aus dem Wasserdampfe atmosphärischer Luft ein- zusaugen vermag. Auch durch die Analyse der Bodenprobe N 20 wird das für Ferghanä vollkommen bestätigt, da sie nächst dem reinen Gips 50, und dem Gips unter der Schwarz- erde № 21, die einzige ist, welche die beträchtliche Menge von 9%, Wasser beim Trokknen in 120° Temperatur entweichen liess. Als wesentliche und auch der Oberfläche des dürrsten Lösses nicht ganz abgehende Humusquellen dürfen schliesslich die reichen Wurzel- und Stengel-Rükkstände nicht uner- wähnt bleiben, welche zumal bei hinlänglicher Wasserzufuhr aus dem so üppigen Wachs- thume der Pflanzen aller Art, insbesondere aber der Kulturpflanzen hervorgehen. Offenbar ist es der ausserordentliche Reichthum an Wurzelmassen der wesentlich dazu beigetragen hat die Luzerne im gesammten Oriente stärker einzubürgern als irgendwo in Europa. Nach Luzerne, so hiess es überall wie aus einem Munde, gedeiht Jegliches gut. Diesem unge- schmälerten Lobe gegenüber müssen wir uns der Versuchung enthalten Luzerne und Weizen als hintereinander zu bauende Wechselfrüchte zu empfehlen, die sich gegenseitig ergänzen würden, da die Luzerne im Boden Kalk und Schwefelsäure sucht, der Weizen dagegen Kali, Magnesia und Kieselsäure verbraucht. Noch hat die Akkerkrume Ferghanä’s Ueber- fluss an Mineralsalzen; aber Humus könnte sie fort und fort brauchen. Deshalb ist das durch die Noth an Heizmaterial bedingte Verbrennen der Stengel der Kulturpflanzen eben so zu bedauern wie das Mistbrennen, das bei den Nomaden im Schwunge ist, oder gar das Anfertigen von Mistziegeln bei den Ansässigen. Humus ist ja nichts Anderes als der in or- ganischen Verbindungen vorhandene Kohlenstoff. Wieder sind wir von ganz anderer Seite als früher bei der brennenden Frage der äussersten Nothwendigkeit raschester Eröffnung der Steinkohlengruben angelangt. Die Bin- dung des Dünensandes, der Humusbedarf der Aekker, die Noth an Heizmaterial für Haus und Gewerbe, alle zusammen heischen es dringend. Wie lange will man noch taub sein? wie lange noch warten? Hängt die Höhe der Erndte entschieden von dem Nährstoffe ab, der im Boden in ver- hältnissmässig geringster Menge, im Minimum, vorhanden ist, so haben wir uns in Ferg- hanä im Allgemeinen vorzugsweise der Beschaffung von Humus zu befleissigen. Fördern wir mineralische Kohlen zu Tage, und der Humusbeschaffung ist bedeutend geholfen. So viel Karrenladungen Stengel und Wurzel in Zukunft jährlich weniger verbrannt werden, so viel Karrenladungen -Humus werden den Feldern erhalten '). 1) Havenstein fand in der alten geplagten Akkerkrume von Poppelsdorf an der Oberfläche 3,37%, Glüh- 150 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. So ungünstig für die Kultur der Pflanzen ет an Humus überreicher Boden sich auch zeigt, zumal schon wegen seiner ungünstigen physikalischen Eigenschaften, so wünschen wir uns doch im Durchschnitte nicht weniger als 5 bis 15% desselben im Akkerboden. Ja im schweren Thonboden, in dem er so langsam verwest auch doppelt so viel. Die Humuserde ist uns nöthig — so lehren die Chemiker — für die Absorbtion von Stikkstoff und Kali, für die Ausscheidung von Kohlensäure und Entwikkelung wasserhal- tiger Silikate, die auch einen hohen Grad von Absorbtion vermitteln, für Löslichmachen der Kieselsäure, der phosphorsauren Salze, der Magnesia, des Eisenoxyds, für Entwikkelung von Salpetersäure. Der höher als zu Humussäure oxydirte Theil des Humus geht in Kohlen- säure über, welche sich mit der Kieselsäure in Wettstreit um die Besitznahme der Alkalien einlässt. Da der Kalk, (theilweise auch der Gips) in fast allen diesen Wirkungen es mit dem Humus aufnehmen kann, zumal unter Zustrom atmosphärischer Luft die Umsetzung der Ammoniakverbindungen in Nitrate bewirkt, so kann er eines Theiles den Humus in seinen Leistungen ersetzen, anderen Theiles ist er es gerade der die Zersetzung, die Oxydation, die Verbrennung des Humus beschleunigt; den Humus verzehrt'). Deshalb sind alle kalkreiche Böden, wie der Löss, so gar humusarm; deshalb ist der Löss im Sonnenbrande ganz nakkt, oder auch im luftfeuchteren Mittelasien nur spärlich mit Humus bedekkt; deshalb, je mehr Kalk im Boden, desto eifriger muss Humus beschafft werden. Dünger, Die starke Beigabe an salpetersauren Salzen welche die Wasserkulturen unserer che- mischen Laboratorien als wesentliche, unumgängliche Pflanzennahrung erwiesen haben, giebt den landbauenden Praktikern welche den Stikkstoff des animalischen Dunges so überaus hoch schätzen, unbedingt Recht. Humus, Dünger, Ammoniak, sind und bleiben die Losungs- worte des Landmannes, und zwar das Ammoniak als Bildner der Salpetersäure. Die Bildung der Salpetersäure wird allerdings auch einigen natürlichen Vorgängen m Luftmeere zugeschrieben, und wir dürfen nicht übersehen dass neuerdings Ascherson’) verlust; in 175 Cm. Tiefe nur halb so viel und noch tie- | karakteristischen Vegetazion. fer schwand der Humusgehalt des Löss vollkommen Ganz so wie es in Mittelasien der Fall ist, fand auch (Landw. Jahrbücher, 1878, р. 301). 1) Auch im Trans-Ili-Gebiete (Akmolinsk) wo doch etwas Schwarzerde den Löss bedekkt, erreicht sie, in na- türlicher, ursprünglicher Lage nicht über einen Zoll Dikke (Труды Ими. В. Эконом. Общ,, 1880, IV, стр. 493). Noch ein paar Grade nördlicher, im Ili-Thale, bei Kuldshä, sah Choroschchin (сборникъ статей, 1876, стр. 366) schon tiefe Schwarzerde, mit der für dieselbe Boussingault, derselben Ursachen wegen und trotz des üppigen Wachsthumes der Pflanzenwelt, sogar inmit- ten von Urwäldern der Tropen, den Mergelboden nakkt und ungefärbt. Auch kornmt es dort gleich wie auch in we- niger extremen Verhältnissen nie zur Torfbildung. 2) Biedermann, Centralblatt, 1878, р. 321. Aehnlich wieinmitten der Wälder Mittel-Europa’sschreibt er diesen vermehrten Ozongehalt der starken Thaubildung zu. Dünger. 151 den Ozongehalt der Luft in der Iybischen Wüste besonders stark fand. Durch Verbindung des Ozons mit dem freien Stikkstoffe der Luft erzeugt jeder Blitzschlag Salpetersäure, gleich wie dasselbe statt hat beim Verbrennen von Holz und Kohlen, bei starker Verdunstung von Wasser in Gegenwart atmosphärischer Luft, und deshalb auch bei manchen Nebelbil- dungen die sich reich an Ammoniak erwiesen haben'). | Künftigen Forschungen bleibe die Entscheidung dessen überlassen ob das Mitwirken der eben erwähnten Vorgänge in Ferghanä irgend eine praktische Bedeutung für den Feld- bau habe. Allerdings sah ich im Frühjahre alltägliches Blitzen und Wetterleuchten; auch das Wasser wird dort durch die Bewässerungen zu dünner Schicht vertheilt, über die Erde ausgegossen, der atmosphärischen Luft ausgesetzt und zu reichlichster Verdampfung ge- bracht. Aus den brennenden Kohlenlagern sublimirt Salmiak hervor. Lauter günstige Umstände. Dass der Löss an sich, humusfrei wie er gewöhnlich ist (vergl. Seite 3), kräftiger Düngung mit Viehmist bedarf, das haben die Orientalen seit jeher schon ermittelt. Er- staunen musste ich aber über die Düngermengen die ich erkundete, und darnach, weil sie mir unwahrscheinlich vorkamen, mittelst Abmessen und Wägen bestätigt fand. Dazu fühlte ich mich um so mehr verpflichtet als die maassgebendste Persönlichkeit der bonitirenden Organisazions-Kommission nicht anstand mir ins Gesicht zu sagen: das habe ich mir weiss- machen lassen. Der wakkere Obrist führte eben den Säbel an der Seite; der ersetzte ihm Maass, Zahl und Gewicht, und sein ebenbürtiger Kollege war es der mich versicherte: Mergel gebe es in ganz Ferghanä nirgends. Die von Herrn Teich (vergl. Anhang № II) ausgeführte Analyse, mit ihren 15 — 18°, Hydratwasser und organische Substanz in einer wohlge- düngten, für Melonen und Dshugara-Hirse fertig zugerichteten Akkerkrume Ferghanä’s liefern den besten Beweis dafür wie viel Dungkraft die Sarten ihren Feldern zu geben für nöthig halten. Es ist das 5- und 6-fache von dem Prozent an organischen Substanzen welche die Reihe der in dieser Abhandlung mitgetheilten Bodenanalysen aufzuweisen hat. Sogar die einzig dastehende Bodenprobe № 20 bleibt hinter solcher Düngungszufuhr zurükk, ob- gleich wir (р. 146) deren eigenthümliche Entstehungsweise klargestellt haben °). Eine mittlere Düngung gab, wie ich mich davon überzeugte 3 bis 4000 Pud Dung auf die Dessätine?). Die Leute versicherten mich auch, mehr als die doppelte Menge‘) sei nicht zu viel, lasse sich nur nicht erschwingen. Dabei käme es auf die Frucht dieman bauen wolle nicht an: freilich dünge man gern unter Gartengewächse, namentlich Melonen, am 1) Ebendaselbst, 1878, III, p. 172. Bekanntlich ver- Nämlich 20 bis 30 Arba-Karrenladungen pro Ta- schlukkt kaltes Wasser mehr Ammoniak als warmes. nap=!/, Dessät. gross. — An Lasten laden die Arba- 2) Uebrigens hatte schon Schuyler (Turkistan, I, | Karren bis 40 Pud. Meine Wägungen ergaben dass das p. 290) berichtet dass die Tanap mit je 40—50 Karren | mittlere Gewicht einer mit Dünger beladenen Arba 25 Dünger befahren werde. Auch im fettesten Nilschlamme | Pud schwer anzunehmen ist. wird zu Handelsgewächsen gedüngt. 4) 60 Arba-Ladungen auf den Tanap.° 3) Also 900 bis 1200 Zollzentner auf die Hectare. 152 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. stärksten, und auch unter Luzerne; aber auch das gemeine Korn der Dshugara зе! dank- bar wenn gut bedacht. In der That traf ich alte Luzerne bis handhoch, wenn auch lokker, auf den Kopf gedüngt, nach zuvor zwischen den Stökken behakkter Erde. Ein zu Melonen bestimmtes Feld sah ich mit 20 Arba-Karren Dung pro Tanap (also 3000 Pud pro Dess.) beführt. Das oben angegebene Quantum war auf 3, höchstens 4 Jahre, bei Besäen mit Wech- selfrüchten berechnet und doch nur ein böser Nothbehelf. Man wies mir aber auch Böden theils noch roher Natur, theils mit sichtbar grösserem Kalksandgehalte welche nach Ver- sicherung der Leute alljährlich oder wenigstens jedes zweite Jahr gedüngt sein wollen und zwar jährlich gern mit 27, bis 3 Tausend Pud, wenn es lohnen soll sie bearbeitet zu haben. Wie günstig der Dünger auch auf ungewässertem Löss wirkt bemerkt der Reisende schon unterwegs an der dichten und dunkelgrünen Vegetazion welche neben den Stazionen Platz nimmt. Offenbar gibt sich die Wirkung des starkgewässerten Lössmergels so zu erkennen dass 1) überhaupt sehr kräftig gedüngt werden muss und eine häufige schwache Düngung nicht genügt; 2) nie zu viel gedüngt werden kann, und 3) auch frischer Dung nicht schadet. Bei näherer Untersuchung fand es sich dass vorwaltend Pferdedung benutzt wurde, aber man hätte ihn am liebsten aus Pferde- und Rindsdung zur Hälfte gemischt gehabt. Er war stets stark verrottet und kam folglich in konzentrirterem Zustande auf das Feld. Wo konnte man aber wohl den Dung hernehmen? in einem Lande voll Gärten und Kleinwirtschaften, ohne alle Wiesen und mit den jämmerlichsten Weiden. In der That war die Kopfzahl des gehaltenen Viehes-offenbar zu gering und das dem Orientalen unent- behrliche Pferd waltete in seinem Viehstande vor. Als ich danach fragte wie viel Köpfe wohl den Dung hergeben müssten um einen Tanap der überall beliebten Dshugara zu bedüngen, gaben mir die Leute die zutreffende Antwort: ein Pferd und ein Rind möchten hinreichen und beide an 40 Arba Dung oder mehr geben. Erwägt man den Verlust auf der lange anhaltenden Weide und die kärgliche Ernährung des Hornviehes im Winter, so führt das wieder zu den angestrebten 2°, Tausend Pud hin. Wie richtig die Orientalen von der Nothwendigkeit Hochkultur zu üben durch- drungen sind, leuchtet aus der Antwort hervor die sie mir gaben, dass man bei nicht aus- reichendem Dünger minder anspruchsvolle Akkerfrüchte wähle, zu denen sie sogar den Weizen rechneten, aber besser thue den Zukurzschuss durch Nichtbesäen des betreffenden Akkerstükkes auszugleichen. Die Brache ist, wie man sieht, dort schon zu einem Nothbe- helf geworden; prinzipiell ist sie abgeschafft. Man müsste, so sagten diese bewährten Prak- tiker, eigentlich zu jeder Frucht und zwar stark düngen; dann bedürfe der Boden nimmer der Ruhe, ja man könne sogar dieselbe Frucht, namentlich die Dshugarä-Hirse wohl zehn Jahre hinter einander bauen. Wo sollte aber nun so viel Dünger als nöthig herkommen? da wir sehen werden wie schlecht es um die Viehzucht in Ferghanä steht. Auch bei dem reichsten Landbesitzer traf DÜNGER. 153 ich nicht mehr als 1 Pferd, höchstens 2; ferner 1 bis 2 Paar Ochsen und 3 bis 4 Köpfe Kühe, das Jungvieh darin eingeschlossen. Von solchen Thürmen zur Anhäufung von Taubenmist, wie ich deren oben erwähnt (p. 144, Anm. 1) habe ich nichts gesehen. Der verhältnissmässig sehr niedrige Preis des Düngers, trotz des hohen Werthes den man auf ihn legte, führte mich bald zu der Einsicht dass die vielen, so überaus volkreichen Städte in denen zahlreiche Pferde auf dem Stalle stehen, einestheils aushelfen; andererseits das untermischte Vorkommen von Oertlichkeiten welche des Düngers wenig bedürftig sind, und endlich hilft auch die Wüste und erleichtert die Noth. Käuflich ist der Dünger im Allgemeinen nicht zu haben, denn die meisten Städter treiben zugleich Akker- oder wenigstens Garten-Bau. Indessen hatte sich doch der Mittel- preis von 20 bis 25 Kopeken für die Arba festgestellt; was nicht ausschliesst dass dieser oder jener Beamte, der den Dünger brauchte schon zu meiner Zeit 50 Kop. gezahlt hatte In dem Dorfe Aim, dessen ich oben erwähnt, stiess ich auf einen solcher Orte die des Düngers so wenig achten, dass mein Drängen einen Preis anzugeben mit der indirekten Ant- wort niedergeschlagen wurde: ja, für 2 Kopeken könne man die Arba haben. Das brachte der auf Neuländereien vorschreitende Reisbau, bei gleichzeitig vorhandener Dammerde mit sich. Man düngte dort den Reis wenig oder gar nicht. Wahrscheinlich ist auch die grosse Ausdehnung der reichen Weiden nebenan, die ich mit Heerden der Kirgisen und Zigeuner stark besetzt sah, sehr in Betracht zu ziehen, denn die scheinbar nakkte Salzwüste Ha- Derwisch belehrte mich in dieser Hinsicht. Ich fand dieselbe hie und da mit Schafdung wie bestreut. Hier hatten die von den Kirgisen herangetriebenen Verkaufsheerden wohl ge- standen. Hie und da schrapte ein Sarte sich mit seinem Allerwelts-Ketmen diesen Dünger zusammen. An anderem Orte der Wüste und zwar bei einem der die Hauptstadt umgür- tenden Dörfer sah ich Pyramiden solchen Schafdunges zusammengehäuft. Dort hatten einige Zelte der «Turk» gewintert, waren von den Sarten des Dorfes mit Futterstroh ver- sehen worden und hatten dafür den Dünger zusammengehalten zum Besten der Akkerbauer. Bei Mojan stiess ich auf eine durch eine Mauer abgedämmte Gebirgsschlucht, in welcher die Heerden der Nomaden zur Winterzeit, nachts eingetrieben worden waren. Der fusshoch angesammelte Dung wurde vor meinen Augen abgefahren. Kirgisenweiber sah ich auf der Strasse von Assake mit Handkörben um die Pferde der Kosaken ämsig beschäftigt. Sollte das als Dung oder als Brennmaterial verwerthet werden? denn an Dung fehlt es dem Kir- gisen nicht leicht, bei seinem beschränkten Feldbau, dem grosse Heerden zur Seite stehen. So durchsetzen sich in diesem merkwürdigen Lande die Getriebe des primitivsten Nomadenlebens und der entschiedensten landwirthschaftlichen Hochkultur, gleich wie auch übervölkerten städtischen Treibens. Buntschekkig greifen antipode Elemente hier inein- ander. Ganz analog wie das in China der Fall ist, wo die fast ausschliesslich mit Gemüse sich nährenden Bewohner, von Hirtenvölkern, dicht austossend, umgeben sind, welche den Bedarf an thierischer Nahrung liefern. Die Städter kaufen den Nomaden die Schaafe zu Mémoires de l’Acad. Гир. des sciences. VIIme Série. 20 154 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Hunderten ab, mästen sie trotz jedem englischen Farmer: bald auf Luzernestükken sie fett- gräsend, sogar tüdernd, bald sie im Stalle mit Luzerne, Oelkuchen und Hirsekorn fütternd, bis sie so hochfett geworden, dass man — hier, inmitten der vorzugsweise Schaafe auf- ziehenden Nomaden — dem Städter das für 2'/, Rubel gekaufte Thier mit 10 — 12 Rubel, und sogar bis 20 Rubel bezahlt. Den dadurch intensiv gemachten Dünger verbraucht der Sarte für seinen Gemüse-, Obst- und Luzerne-Garten, seinen Aufwand an Kraftfuttermitteln vollends durch den Dungwerth derselben ausbeutend. Aber es kommt dennoch als Ausnahme vor, dass nebenan eine Badstube mit Düngerkuchen geheizt wird. «Mutton», Londons und «Kisak» neben einander in Friede und Freundschaft! Vergessen wir nicht, dass derselbe Städter oder Landmann seinen Hauptdünger der Luzerne gibt und wenn diese nach Jahren umgepflügt wird noch vielmehr auf die düngenden Wurzelrükkstände und den Gründung gibt die er von ihr gewinnt als auf die vorangegan- genen reichen Heuerndten. Lassen wir auch das nicht unbemerkt dass der Sarte mit grosser Sorgfalt seinen Dung- haufen durch Zusammenfegen von allem Dienlichen mehrt; es nicht scheut gefallenen Dung von der Strasse zusammenzukehren; dass er in Person für den Dunghaufen beizutragen nicht unterlässt und im gegebenen Falle ekelhaften Unreinlichkeiten ') durch Umhüllen mit Löss- staub, dürrer Erde, Kaffstaub u. 4. m. ein unverfängliches Aeusseres zu geben weiss, — 50. summirt sich zum Beginne des neuen Jahres eine ganz erklekliche Menge von Dünger. Doch dabei lassen es die tüchtigen Männer keineswegs bewenden. Als höchsten Aus- drukk des Kulturgipfels den wir erklommen, verehren wir die Lehre von der Unumgänglich- keit des «Eirsatzes» der dem Boden geraubten Nahrungstheile, verehren wir Liebig der uns diese Lehre in chemisches Wissen übersetzt hat. Und wie viele Landwirthe in unserem Westen sind es denn, welche diesem ersten Gebote der Landwirthschaft praktisch genügen? wie sehr beschämt uns nicht darin der vollkommen unwissende Orientale! ja, nicht nur der dem düngerverehrenden Chinesen näherstehende ansässige sartische Akkerbauer. Die mit Salzausblühungen sich bedekkenden Kurgane, welche der Europäer als offen- bar unfruchtbaren Boden entschieden vermeiden würde, werden vom Sarten vorzugsweise abgestochen. Der Maasstab in dem solcher Ersatz geboten wird übertrifft Alles was derart in Europa geleistet wird, bei Weitem. Was ich oben vom Dunghaufen gesagt, lässt schon durchblikken dass sogar in jener Gestalt es häufig ein werdender Komposthaufen ist. Jedenfalls ist das nicht unser Stroh- dung, sondern der für das heisse Klima zu «hitzige» Pferde- nnd Schaatdünger wird durch Einstäuben von Kehricht auseinandergehalten. An Material fehlt es nicht, denn wir befinden 1) Allerdings noch lange nicht mit der Raffgier ge- | lichen Figur des mit seinem Handkorbe geduldig bei sucht, mit der bekanntlich in China jeder Auswurf auf- den Kameelen harrenden und in zuvorkommendster gefangen wird, und die uns neuerdings Prezewalskij | Weise ihren Anstalten entgegenkommenden Chinesen, (I, стр. 29) in der weniger widerwärtigen, aber lächer- | vor Augen führt, Dünger. 155 uns im Lande des staubenden Lösses. Bei der Enge der meisten Strassen wäre es oft für zwei sich begegnende Arba-Karren unmöglich einander auszuweichen, wenn nicht von Zeit zu Zeit einspringende Winkel des Gemäuers vorhanden wären. Sind sie des Ausweichens wegen so gebaut? oder ist ihre Hauptbestimmung: als Platz für den Komposthaufen zu dienen der hier regelmässig zu finden ist? Er baut sich aus dem Strassenkehrichte auf, und dass ausser dem Unrathe nicht wenig Löss mitgeht, beweist die oft 2 und mehre Fuss tief zu einem Hohlwege gestaltete Mittelrinne des Fahrweges. Abgebrökkelte Patzen alten Ge- mäuers, Abraum von Schutthalden habe ich sorglich diesem Kompost hinzugefügt gefunden, aber mit unserem Haupt-Meliorationsmittel, mit der Asche, scheinen oft böse Erfahrungen gemacht zu sein, so dass man mich bedeutete, die gehöre nicht zum Gesammt-Kompost, sie könne in der Dürre ätzend wirken und schaden; besonders sorglich zu Kompost verarbeitet thue sie zumal der Luzerne wohl, doch nur unter Beachtung dessen dass sogleich gewässert werde. So wären wir also in Ferghanä zu dem bei uns so langsam Boden gewinnenden Kom- postiren, ja, sogar zu einem Spezial-Kompost gelangt '). Wie richtig aber die Orientalen durch ihre praktischen Versuche geleitet werden, lernen wir bei Betrachtung der Bestandtheile der Bodenprobe № 37 bewundern. Diese Probe entnahm ich einem Kurgan (Lösshügel) der auf das Eifrigste als Dungmittel abgegraben wurde und von ausserordentlich schön bestandenen Feldern umgeben war, welche deutliche Anzeichen dessen an sich trugen dass die dem Liössboden beigemengte Dammerde vor Kurzem aus den Residuen eines Schilfmorastes gar gearbeitet worden war. Die Kalkstein- fragmente dieses dem Grundschutte des Gebirges nahe gelegenen Kurgan enthielten — sei es aus welcher Quelle es wolle — ganze 2,4%, Kaliumnitrat, also den würdigeren Bruder des in Europa so gesuchten Chilisalpeters mit einem Gehalt von fast 1,3% Salpetersäure. Das war das einzige Vorkommen von Salpetersäure das mir in Ferghanä aufstiess, und zwar unterstützt durch '/,°% Phosphorsäure, so wie auch hinreichende Schwefelsäure. В. Die Bewässerungen. Diriger l’eau partout, et ne la laisser nulle part. So hoch auch der Schutz anzuschlagen ist den die mächtigen Gebirgsmauern Ferg- hanä gewährt haben, indem sie es, alsimmerhin stilles Thal, vor feindlichen Ueberfluthungen schirmten, so muss diese Wohlthat doch gering genannt werden, gegenüber derjenigen mit em 1) So wird auch in Khiwa ein Kompost bereitet der | besteht (Petermanu Mittheilungen, 1874, ХХ, IX, р. 232 zur Hälfte aus Pferdedung, zur Hälfte aus Wegestaub | und wo möglich alljährlich aufgeführt wird. 20* 156 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANÀ. welcher die wolkensaugenden Gipfel und Kämme dieser himmelanstrebenden Massen, unser Thalbekken zu hoher Fruchtbarkeit segnen. Auf der im Farbendrukke ausgeführten zwölfblättrigen Karte des Gebietes Turkestan, sehen wir Ferghanä von einem weissen, nur hie und da durchbrochenen Ringe fast um- schlossen. Das sind die Strekken unvergänglicher Schneemassen welche, den Gebirgszinnen auflagernd, sich ringförmig an mächtige Glätscher reihen. Diesen entspringt das köstliche Nass, das unserem Thale fortlaufend, bisweilen sogar in überschwänglichem Maasse zu Theil wird. : Trotz der himmelhohen Wehren welchesich als Himmälaya und Hinduku vorlegen, streichen die Dünste welche die Südwinde von der ungeheuer ausgedehnten Oberfläche des Indischen Ozeans aufsaugen, über jene, wärmeren Breiten angehörigen, Gebirgsketten fort, bis zur Doppelkette des Trans-Alai und Alai. Aber auch das Wassergas das sich hier abermals zu mächtigen Glätscher-, Firn- und Schnee-Massen ablagert, haben die immer weiter eilenden feuchten Lüfte, haben die Wolken nicht erschöpft. Dort wo die Ketten des Thiën-Schan sie von neuem aufhalten vermag die über Sibirien entgegenströmende nor- dische Kälte ihnen nochmals reichliche Niederschläge zu entziehen. Neue Glätschermassen werden niedergeschlagen. Alle bedeutenderen Gebirgsflüsse, ringsum in Ferghanä, werden von Glätschern ge- speist. Es sind das die «Weisswasser» (ak-ssu) welche den Glätschern milchig entströmen, dagegen der Zentral-Asiate auch das klarste Quellwasser «Schwarzwasser» (kara-ssu) nennt. Unerschöpflich sind diese Wassermengen. Nicht nur spenden sie während der kalten Jahreshälfte mehr als nöthig, nicht nur schwellen ausnahmsweise auch wohl mitten im Winter ihre Adern, so oft südliche Warmwinde über die Höhen wehen; nicht nur rinnt es unter dem Schmelzen der Frühjahrssonne, schon vom Februar an, aus allen Schluchten hervor, sondern namentlich dann gerade wann mit dem Vorrükken einer tropischen Sommerhitze die letzten Wasservorräthe der Vorberge und ihrer Schneeschluchten, während des April, Mai und sogar Juni, sich immer mehr verlaufen haben, der Boden des Thalgrundes im Sonnenbrande erglüht, so dass jegliche Vegetazion verdorren müsste, dann gerade, im Hoch- und Spät-Sommer unterliegen endlich auch die Glätscher der äussersten Höhenlagen den hellen Strahlen, und die milchig-trüben Flüsse deren höchste Quellen dem Glätscher-Eise entströmen, schwellen noch stärker an, als zu Anfang des Jahres; jeglicher Pflanzenkultur willig zu Diensten'). 1) Dort wo die Wasser zum Ssyr sich sammeln, äus- sert sich dieses stufenweise Aufthauen der im Winter niedergeschlagenen und im gefrorenen Zustande aufge- speicherten Vorräthe durch ein, drei bis vier Mal im dekke. In 8 bis 14 Tagen ist Alles vorüber und der Was- serspiegel sinkt. Die Eingeborenen Ferghanä’s lassen dieses Hochwasser mit dem Blühen des Apfelbaumes zu- sammenfallen. Laufe des Sommers wiederholtes Schwellen des Stromes: 1.im Februar oder März, das durch die Schnee- schmelze bewirkte Heben und Fortschwemmen der Eis- 2. gegen den Mai, bald früher bald später. bewirkt das lebhafte plötzlichere Abthauen der Schneereste im Gebirge, unter dem Einflusse der schon brennenden Sonne BEWÄSSERUNGEN. 157 Hier ein in Sonnengluth zur festen Steinmasse zusammenbakkender Mergel, in den kein Grabscheit eingestossen zu werden vermag, auf dessen öder Oberfläche, in dessen zahl- reichen Zerklüftungen nicht ein Würzelchen zu haften vermag, — nebenan, weil hinreichend gefeuchtet, derselbe Mergel als fruchtbarster Lössboden, hundertfältige Erndten bietend. Da konnte freilich der nothleidende Ur-Mensch nicht umhin, sich harter Arbeit zu unter- ziehen. Schon in ihrem frühesten Kindheitszustande griff die Menschheit zu, unterwarf sich das dienstwillige Wasser, wehrte, wo es nur irgend anging, seinem Hange zusammenzuthun; für möglichst gleichmässige Vertheilung der köstlichen Gottesgabe Sorge tragend. Jahr- tausende sind jene Bewässerungen alt; auch die grossartigsten. Schlagen wir in den Berichten der Araber nach: ihre genaue Beschreibung lehrt uns dass es vor einem Jahrtausend mit den Kanälen in Soghd schon genau eben so bestellt war wie heutzutage'). Es ist daher lange nicht zu weit, sondern im Gegentheil viel zu kurz gegriffen, wenn die Eingeborenen alte grossartige Kanalbauten darauf zurükkführen, dass Timur sie habe ausführen lassen). Was Timur’s Thaten voranging das wurde durch die grausigen Schrekken die sie brachten aus dem Gedächtnisse der Mitwelt gemerzt. Nicht den Jahrhunderten nach Christo, sondern den Jahrtausenden vorher gehört die Einführung der grossartigsten Bewässerungs- bauten Asiens au; geschweige denn der Uranfang des Bewässerns im Kleinen. 7 Wer erinnert sich nicht der Kunstwerke im alten Babylon? der durch Hebewerke gespeisten hängenden Gärten der Semiramis?, wer nicht dessen dass schon lange vorher ein zweites Steigen des Wassers, das sowohl von der wechselnden Schneemenge des betreffenden Jahrganges, _ als auch von den Frühjahrs-Gewittern im Gebirge beein- flusst wird, und wenig beständig ist. 3. Nun, im Juni, rükkt von dem Glätscherfirne die grösste Wassermenge hinab, und schwellt den Strom am Mächtigsten. 4. Im Spätherbste lässt sich seltner ein Schwellen durch die Herbstregen die im Gebirge fallen, beobach- ten, das sich jedoch weiter unterhalb (zumal am Amu) nicht selten im December noch merklich macht. So etwa am mittleren Ssyr. Je höher aufwärts desto früher, und umgekehrt. Gleich wie es beim Amu der Fall ist, scheint auch der Ssyr Ende März seinen tiefsten Stand einzunehmen. Es ist selbstverständlich dass solches Fallen und Steigen auch im Laufe der 24 Stunden sich kundgibt. Schuyler (Turkistan, I, р. 51) gibt für den oberen Ssyr die Morgenstunde zwischen 10 und 11 Uhr als diejenige der grössten Strömungsgeschwindigkeit (8/ in der Se- kunde bei Hochwasser) an; bis 2 Uhr soll dieselbe ab- nehmen und dann wieder steigen. Bei Chodshent wurde die Strömung zu 3,3 in der Sekunde bestimmt (Турк. ВЪд. 1875, № 18). 1) Ibn Haukal und Jaqut berichten: «der Fluss von «hin, der Fluss gelangt zum Orte Waräghsar, der be- «reits zu Samarkand gehört: hier ist ein Damm aufge- «führt, dessen Erhaltung den Bewohnern obliegt, was «ihnen als Aequivalent der Kopfsteuer (Kharag) ange- rechnet wird; hier theilen sich die Gewässer in zahl- «reiche Kanäle, um sich hinter Samarkand zu einem «Hauptflusse wieder zu vereinigen.... Hinter Bukhära «und Baikand, in der Steppe verlieren sich die Gewässer «in einem Wasserbekken» (Tomaschek 1. c. p. 16). Es ist als sei die Beschreibung heutzutage angefer- tigt. Dieser Damm bei Tschupan-ata, von dem Bu- chara’s Wohl und Wehe abhängt hat noch neuerdings zu einem politischen Akte internazionaler Feststellung der Wassermenge geboten, um festzusetzen wie viel Was- ser des Särafschan hüben, wie viel drüben vermittelst des Kara-darja ausgenutzt werden darf. Ebenso beschreibt auch Istarcha, der Chiwa in der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts besuchte alle die grossen Kanäle daselbst genau (Веселовский, Очеркъ историко-геограх. свЪд. о Хивинскомъ ХанствЪ, 1877, стр. 35). 2) So nach Choroschchin (Сборникъ статей, 1876, стр. 144) der Kanal Mirsa in Ssamarkand, dessen Ufer so «unbesteigbar steil» sein sollen, wie die Kanäle spä- terer Zeit es nie sind «auch nicht sein können». Was Sughd (der Särafschan) entspringt gegen Ferghanä | mag damit gemeint sein? 158 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. die Chaldäer es waren von denen die Kanalbauten ursprünglich herrührten, deren in Ruinen liegende Ueberreste als zusammenhängendes Netzwerk aus dem Boden der jetzt verödeten Thäler des Euphrat und Tigris hervorgukken. Jämmerliche Ueberreste der uralten Anlagen sind es, die noch jetzt dort hie und da benutzt werden. Nachweislich nehmen diese Flikk- chen der alten Kulturfäche kaum den 70sten Theil der früheren Oberfläche ein und auch dieser Bruchtheil wird in ungleich primitiverer Weise bewirthschaftet als dazumal. Es be- rechnet sich aus der Erstrekkung der uralten Wasserbauten, der Reste längst verschwun- dener Städte, dass aus jenen einst so gesegneten Thälern eine Bevölkerung von weit über 10 Millionen Menschen spurlos verschwunden ist. In gleicher Weise folgen am unteren Ssyr die jetzigen Kanäle nur den Spuren alter Bewässerungen. Doch kehren wir zur Gegenwart, wie sie ist, zurükk. Pflanzen, Vieh, Menschen — alles Leben — droht zu verdursten, zu verdorren, im fürchterlichen Sonnenbrande; es tritt das Wasser hinzu, und mit einer schwellenden Ueppig- keit welche Europa kaum kennt, ergiesst sich ein überschwängliches Wachsthum über das Land, entspriesst dem Boden ein so dichter Schatten üppigsten Laubes, dass der Mensch aus dessen Kühlung kaum hervortreten möchte. Konnte es anders sein als dass dort der Herr der Schöpfung nur an sprudelnden Gebirgsadern lagerte, die er zu baumumgebenen Teichen sammelt, in denen er täglich, je öfter desto Gott gefälliger, sich badend erfrischt? Konnte dort eine andere Religion festen Fuss fassen als eine solche die alltägliche, häufig wiederholte Waschungen dem Menschen zur Pflicht macht? und ist nicht dieselbe Religion dort fratzenhaft entstellt, wosie, zu den Bewohnern der dürren Sandsteppen hinübergetragen, — so 2. В. zu den Kirgisen — diesen gestattet, statt des erfrischenden anfeuchtenden Was- sers, sich des glühenden Sandes für die gebotene Waschung zu bedienen. So bildeten sich denn die Bewässerungen heran, welche Mittel-Asien umkreisen, und denen wir unsere hohe Bewunderung nicht versagen können. Wir bewundern diese staunens- werth mühsamen Arbeiten um so mehr, je mehr wir uns davon überzeugen dass der Mensch welcher derart sommerheisse Gebiete bewohnt, durch das Klima zu kaum abzuweisender Trägheit erschlafft wird. Aber freilich winkte hier, am Wasser, die erdenklichste Fülle an jeglichen Gaben, dort, in der Dürre, Noth und Tod. Aus dem Muss unerlässlicher Noth- wendigkeit also, aus dem Muss Wasserleitungen zu schaffen, die nicht anders als durch das Zusammenwirken von Tausenden ins Werk gesetzt werden konnten, aus diesem unausweich- lichem Muss haben wir es also herzuleiten dass der bequeme Mensch der Warmländer zu so ausserordentlichen Kraftäusserungen sich aufraffte. Er musste sich zusammenthun, er musste einem einzigen, das Ganze der Arbeit tyrannisch leitenden Willen sich unterwerfen. Dieser aber, das lag in der Natur der Dinge, unterliess nicht, seinerseits zu dem Grade von Willkühr emporzuwuchern dass Hunderttausende Geknechteter am Baue von brodlosen mo- numentalen Werken, Pyramiden und anderen Wundern der Art, verschmachten mochten. Geschah es doch den Göttern zu Gefallen. Montesquieu’s Ausspruch: les pays sont cul- tivés en raison de leur libertés, plutôt qu’en raison de leur fertilité findet hier keine Geltung. BEWÄSSERUNGEN. 159 Die ursprüngliche Zuleitung vereinzelter Wasser-Aederchen, unmittelbar dem Haupt- gewässer entnommen, zu jeder einzelnen Behausung und zu deren Gartenkultur geführt, musste sich bald als ungenügend herausstellen. Ungenügend um so früher je rascher die Volksvermehrung unter so günstigem Himmel, und je kleiner dagegen diejenigen Oasenflekke inmitten der endlosen Wüste welche so niedrig liegen dass das Wasser aus unmittelbarer Nähe zu ihnen geleitet werden kann. Die Natur des Löss bot aber grösserem Unternehmungsgeiste in seltener Weise die Hand. Völlig steinfrei erhärtet dieser Kalklehm im Sonnenbrande zur Festigkeit einer Stein- masse, die es möglich macht dass man 20’ breite Kanäle, bis an den Rand gefüllt, zwischen 4 Fuss hohen Seitendämmen die nur 3 Fuss Breite haben, vor einem Durchbruche sicher, über die Fläche geleitet trifft. Der Löss gestattet nicht nur fast senkrecht abstürzende Wände der Eindämmungen, sondern ich sah ihn sogar steilen Hängen gleichsam angeklebt, zur Herstellung der einen Hälfte der Rinne eines 5’ breiten Zuleiters. Er ist so gleichmässig bildsam dass ich in ihn einen scharf einschneidenden Falz eingehauen sah, in welchen sich ein Fensterrahmen auf- und abschob. Angefeuchtet saugt er sich an, zu einer so zähen Masse dass sie, fest haftend nicht minder zuverlässigen Widerstand leistet als im getrokkneten Zustande, jedoch sich bequem mit dem Universalinstrumente, der Haue, bearbeiten lässt. Diese innige Zähigkeit verdankt die Lössmasse offenbar der Feinheit ihrer Bestandtheilchen, welche das leichte Aufschlämmen bedingt, so dass die Lössmasse, obgleich steinfest als Mauer und Umfriedigung, einem irgend starken Gefälle des Wassers nicht widerstehen kann, sondern zu wolkigem Schlamme auf- gerührt im Wasser davonschwebt, und sogar bei einer Geschwindigkeit von nur einem Paar Zollen in der Sekunde sich schwebend erhält. Diese Eigenschaft des Löss mochte es sein welche die Bewohner Mittel- und Ost-Asiens in der vortrefflichen Ausführungsweise ihrer Kanäle bestärkte, welche ihr Wasser mit mög- lichst geringem Gefälle führen. У PIS ‘о Gefälle ist die herrschende Norm, zumal für die grösseren Leitungen, und darauf beruht die vorzügliche Zwekkmässigkeit des Systemes im Leiten des Wassers, das die Asiaten befolgen. Die verhältnissmässig leichte Ausführung begünstigte also so grosse Wasserführungen wie solche der Feldzug nach Chiwa uns neuerdings ins Gedächtniss gerufen, als wir von 20 Meilen langen, 15 Klafter breiten und dabei 2 bis 3 Klafter tiefen, beschiffbaren Haupt- kanälen lasen'). So in der ebenen lösslehmigen Niederung. Sie erinnert uns an die Riesen- werke derselben Art im Lössgebiete des Reiches der Mitte?). 1) So der Zuleiter Schach-Aböd und der ihm nahe hommende Palwan-atä. 2) Der Kaiserkanal, der den Hoangho mit dem Jang- tse-Kiang verbindet ist 1000 Werst lang bei 250 bis 1000’ Breite und die Dämme die ihn einzwängen errei- chen bis 70’ Höhe, bei nahe halb so grosser Kronen- breite. Solcher Zwerge wie die grössten Kanäle in Khiwa zählt China nach Tausenden. Allerdings dienen diese alle vorzugsweise der Beschiffung. 160 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Schon ganz anders gestalten sich die Zuleiter in der anderartigen orographischen Be- schaffenheit der Gebirgslandschaft. Unwillkührlich drängt sich uns hier noch grössere Be- wunderung der Bewässerungsanlagen auf. Wir staunen wenn wir sehen dass solch’ technisch unentwikkeltes Volk in schwierigem Gebirgslande auf 15 Meilen weit, an Bergen und Thälern vorbei, sein Wasser herbeizuführen verstanden; wir staunen noch mehr wenn wir erfahren dass dies ohne alle Kenntniss des Nivellirens, ohne irgend ein Instrument dafür, ausgeführt worden; wir staunen wenn wir die Massen von glätschergeborenen Schotter- gebilden — unberechenbar mächtigen Kubikgehaltes — vor uns sehen, welche die Berg- ströme hinab ins Thal rollen, Alles verderbend, und die dennoch stets von Neuem vorweg geräumt werden; wir staunen wenn wir die Kanäle kleineren Kalibers steilzum Thale herab- stürzende Felswände entlang, auf halber Höhe derselben, in die feste Steinmasse hinein- gehauen sehen '), wenn wir das Wasser durch Tunnel weiter geführt finden), oder auf dem Kamme von Werste langen Aufschüttungen zu Mühlen geleitet antreffen. Wir bewundern die Zwekkmässigkeit mit der die Wasser aus ganz verschiedenen Flusssystemen zusammen- wirken um einen und denseiben Ort zu versorgen; wir müssen anerkennen wie zwekkmässig es in seinen letzten Verzweigungen sich zu einem systematisch eingerichteten Netzwerk ge- staltet, das von Feldabtheilung, zu Feldabtheilung, von einem Wässerungsquadratlein, zum benachbarten, von einem Hause, von einem Hofe zum anderen nach Bedürfniss gehorsam dahinfliesst. Immer wieder erblikkt man dass die Wasserläufe sich kreuzen, und ist über- rascht zu sehen wie eine aus Weidenruthen geflochtene fadenbreite Rinne, einfach durch 1) Mein Reisegefährte Herr Smirnov, sah einen solchen zwischen Woadilj und Schachi-Mardan in die senkrechte Felswand auf eine Strekke von etwa 100 Faden Länge hineingearbeiteten Zuleiter. 2) Fedtschenko (Путешестве въ Туркестанъ, I, 2, 1875, стр. 65) sah einen solchen Tunnel an dem Is- fara-Flusse, bei den Ruinen einer Feste Simwrasch, und erwähnt anderer im Kreise Chodshent und bei Pändshikent. Vergl. auch Маевъ, Матер. для Стат. Турк. края, ГУ, стр. 270. Турк. ВЪдом. 1875, № 21. Dieser scheint besondere Beachtung ха verdienen. Er kam durch Sammlung von 800 Rub. zu Stande (Ma- евъ, матер. для стат. Турк. кр. II, 1873, стр. 141) welche die Dorfbewohner zusammenbrachten, um ver- ödete Strekken durch Bewässerung zu befruchten, welche alten Spuren zu folgen hatte. Der Tunnel geht etwa 3 Werst weit unterirdisch, und bis 13 Faden tief unter der Oberfläche fort, im Konglomerat. Aeusserlich deutet eine Reihe von Hügeln (Halden) seinen Verlauf an. Diese von zwanzig zu zwanzig Faden sich wiederholenden Hü- gel, sind die Auswurfsschachte durch welche das in dem horizontalen Stollen losgearbeitete Material hinausge- schafft wurde. Nachdem die Regierung mit 1000 Rub. den erschöpf- | ten Mitteln zu Hilfe kam, wurde das Unternehmen glükk- lich zu Ende geführt. Auch bei Ura-Tübä soll in der Schlucht Bas- manda, an 1000 Fuss hoch über dem Flusse ein beach- tenswerther Tunnel dieser Art sich befinden. Solche Tunnel (weit und breit denselben Namen Ка- ryss führend) kommen bekanntlich in Persien und in der Turkmenen-Steppe nicht selten vor. Gar alt ist der Ur- sprung mancher. Brachen doch schon die Assyrer in ihrem felsigen Lande Tunnel durch die Gebirge. Bei Shir-Abad hat einer 17 Werst Länge (Маевъ, мат. для стат. Type. края, У, стр. 310) und führt 11}, bis 7 Faden tief unter der Oberfiäche, bis er endlich hervor- tritt und sich vertheilt, in verschiedene Aryk. Abgesehen von der Horizontalleitung haben solche Karyss häufig den Zwekk den fliessenden Grundwassern in den tieferen Bodenschichten nachzugehen um so Quel- len, und stärkere Wasserläufe abzufangen und hervorzu- leiten. In der flachen Turkmenen - Steppe sind verdekkte Aryk beliebt, da in ihnen das Wasser sich kühler er-. hält, weniger verdunstet und auch nicht so leicht durch den Feind abgeleitet wird. BEWÄSSERUNGEN. 161 Rasen und Lehm gedichtet, ein breites Wasser über einen kreuzenden Kanal fortleitet, oder wie eine geringe, aus dem Stamme einer Pappel gefertigte Rinne, hinreicht um eine aus- gedehnte Fläche quer über ein anderes Wasser fort zu bewässern, und doch noch eine Mühle zu treiben. Wir gewinnen einen neuen, ökonomischeren Blikk dafür, wie viel sich mit scheinbar ganz ungenügender Wassermenge leisten lässt welche beispielsweise durch eine nur 1', ja sogar nur Y, breite Rinne dahin fliesst zu einer dem vollen Sonnenbrande ausgesetzten Fläche von zwei Tanap') Grösse. In den engen Gebirgsschluchten führen solche Rinnen das Wasser hoch über dem Flusse des Thales oft wiederholt auf das entgegengesetzte Steil- ufer, und wiederum zurükk. Gewohnt, das Wasser, je weiter von den Quellen entfernt, zu desto mächtigerer desto mehr zerschmelzender Ader zusammenströmen zu sehen, sind wir schier verblüfft wenn wir dort dessen Lauf flussabwärts verfolgend bedeutende Gewässer sich schliesslich in Zer- ästelungen vollkommen verlieren sehen, ähnlich denen die wir daheim nur dann vor uns haben, wenn wir flussaufwärts gegen die Strömung emporsteigen. Je weiter abwärts desto mehr verschmälern sich auch rationeller Weise die Hauptkanäle. Wen eine nähere Einsicht in die Vertheilungsweise der Kanäle Ferghanä’s interessirt, den ersuche ich im An- hange IV Einsicht in dieselbe zu nehmen. Die Ueberschlämmung — gewöhnlich Colmation genannt — ist ein Glanzpunkt land- wirthschaftlicher Meliorations-Arbeit für welche wir uns ein Fremdwort haben aneignen müssen, dessen Gegenstand aber nichtsdestoweniger noch der Mehrzahl der gebildeten eu- ropäischen Landwirthe fremd ist. Als ich beim Dorfe Nanaj, am äussersten Nordrande der Ferghanä-Mulde umherschweifte, um mir die Feldarbeiten anzusehen, und mich dabei einer jener merkwürdigen Lösshügel anzog, die ich auf Seite 75 u. ff. g. geschildert, er- blikkte ich zwei im Sonnenscheine hingestrekkte Kirgisen die, gewohnter Weise, es den Lazzaroni im Faullenzen zuvorzuthun suchten. Sie leisteten damals unvergleichlich mehr als ich, der ich — unbegreiflich für solches Volk «das auf Pferden wohnt» — mich schweiss- triefenden Angesichtes zu Fuss abarbeitete. Sie hatten aus einem gefüllten Kanale ein Kanälchen abgezweigt das, aus höheren Vor- bergen kommend, bis auf die halbe Höhe des Lösshügels hinaufreichte. Ein paar Felsplatten bildeten gleichsam das Endmundstück dieses Kanälchens dessen Wasser plötzlich abwärts stürzte, in seinem stürmischen Laufe den vorliegenden Löss zu einem Schlamme erweichend, der vom Wasser hinab auf das Feld der Kirgisen geführt wurde, dasselbe mit dem mine- ralischen Lössdung befruchtend: eine Colmation nach allen Regeln. Nach langem trägen Angaffen der Thätigkeit des Wassers wurde von Zeit zu Zeit das besagte Mundstükk verlegt 1) Zwei Tanap = У, Dessätine = 1 НУ. Loofstelle. | ner als 1 engl. Acre. Nur wenig grösser als 1 franz. Arpent; nur wenig klei- Mémoires de l'Acad. Imp. des sciences, VIIme Série. 21 162 А. т. MIDDENDORFF, FERGHANA. und die Ueberschlämmung weiter geführt, bis abermals die Schlammdekke ein paar Zoll Höhe erreicht hatte. So ging es weiter und weiter. Sarten sah ich an anderen Stellen Löss hervorgraben und zu gleichem Zwekke in das rasch fliessende Wasser ihres Bewässerungskanales hineinwerfen. Die Einfachheit dieser, der Natur abgelauschten Operationen der Asiaten, fesselte meine volle Aufmerksamkeit. Es gilt z. В. das nicht ebene Feld durch Dämme in lauter kleine Horizontalflächen abzutheilen. Der Sarte zögert nicht, dicht nebenan wo er die Dämm- lein aufwirft den Löss hervorzuholen, trotz der Gruben durch die er sein Feld verunstaltet. Diese ebnet ihm nächstens, ohne besonderes Zuthun, das gründlich schlämmende Wässern aus. Oder er hat einen Damm aufgeworfen auf dessen Rükken das Wasser fliessen soll. Trotzdem der Löss des Dammes gestampft worden, bilden sich in dieser neugeschaffenen Grabensohle kleine Trichter durch welche das Wasser sich verliert. Doch ehe wir uns dessen versehen hat der Sarte die Stelle dadurch gedichtet, dass er nicht ablässt Lössklos auf Löss- klos dem Trichter aufzusetzen bis das Wasser selbst sich seinen Schlupfwinkel zugegurgelt hat. In dieser Art gelten hundert kleine Vortheile. Dringen wir tiefer in den Gegenstand ein 4. 1. in den Sinn den die Nothwendigkeit erzeugt hat dem Wasser andere Wege zu lehren als die Natur ihm vorschrieb, so tauchen nach einer anderen Seite gleichfalls die beachtenswerthesten Umstände vor uns auf. Der Tyrann den das Volk sich hat geben müssen um einheitlich, als Gesammtmasse, sich der übermächtigen Natur entgegenstemmen zu können, muss sich derselben Nothwendigkeit beugen die ihn auf den Thron gesetzt. So willkürlich er auch über Leib und Gut seiner Unterthanen verfügen mag, so kaltblütig er zu Zeiten Hunderte und Tausende seiner Unterthanen hinmorden mag, so sehr er auch in Sinnenlüsten seiner Harem-Paläste auf- gehen, seine Herrscherpflichten ausser Acht lassen mag, er muss — wie wir das aus Khiwa her wissen — vor dem Volke erscheinen, um die jährlichen Verdämmungs- und Räumungs- Arbeiten wenigstens des Hauptkanales persönlich zu leiten. Es wird diese Arbeit zu Ende Februar oder Anfang März in 6 bis 7 Tagen beendet; nachdem vorher schon die kleinen Zuleiter besorgt worden. Wir sehen darin, freilich in der Form einer thatkräftigeren Leistung, denselben Brauch vor uns der den Beherrscher des Himmlischen Reiches in jedem Früh- jahr dazu zwingt, die erste Pflugfurche zu ziehen. Man belächelt das wohl, es ist aber zu bedauern dass die europäischen Gewalthaber welche das Schikksal als Gebieter in den Orient führt, schon durch die vermeintlichen An- forderungen ihres Kriegergewandes davon abgehalten werden, in den tieferen Sinn solcher Nöthigungen und ihrer Entstehungsgeschichte, wie der Volksgeist sie vorschrieb, einzu- dringen: ihnen nachzuleben. Ist es denn etwa nur höchst merkwürdig, und nicht auch in Bezug auf richtiges Ad- ministriren höchst wichtig, und praktisch verwerthbar, dass jene unerhörte Tyrannei der sich der Orientale so unbedingt unterwirft, auf das Engste mit demokratischer Verfassung und freier Wahl Hand in Hand geht? BEWÄSSERUNGEN. 163 Sehen wir uns doch näher an, wie sich die Verwaltung der Bewässerungs-Angelegen- heiten in Ferghanä gestaltet hat. Aehnlich finden wir es im sämmtlichen Orient, ja überall wo das Wasser als wichtiger Machthaber auftritt, sei es in den Wässerungs-Anlagen Spa- niens und Italiens, sei es in den Deichhauptmannschaften!) der Küstenländer Norddeutsch- lands. Immer wieder derselbe unbedingte jedoch schon durch Gesetze umgränzte Gehorsam gegen die befehlenden Häupter, immer wieder dasselbe Hervorgehen dieser Häupter aus eigener Mitte durch freie Wahl eines an seine althergebrachten Einrichtungen mit beson- derer Zähigkeit festhaltenden Volkes, wess Stammes es auch sein möge: orientalischen, frie- sischen, oder sei es welcher es wolle. Als Beispiel dafür wie man es in Ferghanä zu den Zeiten der Khane gehalten und wie es fürs Erste auch beibehalten worden ist, wollen wir die näheren Nachrichten über den Kreis Osch hervorheben, die mir zugekommen sind. Vergl. Anhang ТУ. В. Die Administration des Wassers steht unter den Befehlen von Aeltesten (Aryk-Aks- зака], 4. 1. Aryk-Graubärten) welche, gleich den übrigen Gemeinde-Beamten, das Volk selbst sich wählt. Sie werden Kok-Baschi?) und Mirab-Baschi genannt. Die aus einem und demselben Aryk ihr Wasser beziehenden Landbauer wählen je zwei örtliche Hauptleute, die Kok-Baschi: den einen aus der Zahl der Sarten, den anderen aus der der Kirgisen. Dem Kok-Baschi, der in den Bedürfnissen seines örtlichen Revieres ganz zu Hause ist, liegt ob, das Wasser, sowohl für den täglichen Gebrauch als auch namentlich behufs Wäs- serung der Ländereien vermittelst der Kanälchen letzter Ordnung, gleichmässig für die einzelnen Gärten und Felder zu vertheilen, den Aryk (hier als Kanal zweiter und dritter Ordnung zu verstehen) im Stande halten zu lassen und im Falle von Beschädigungen des- selben, ihn entweder selbstthätig mit Hilfe der an Ort und Stelle ansässigen Kräfte auszu- bessern, oder mit Hilfe von Arbeitern die durch die Mirab-Baschi aus weiterem Kreise aufzubieten sind, grösseren Beschädigungen abzuhelfen. Denn aus der Zahl der Kok-Baschi mehrer aneinanderstossender Kanäle, wählte — wiederum die Gesammtheit der Interessenten — einen den übrigen, unter dem Namen Mirab-Baschi, Vorzusetzenden. Dieser hat die Verpflichtung die in regelmässigen Perioden wiederkehrende noth- 1) In diesen, so scheint es, ist die aus dem 13. Jahr- hundert stammende Deichordnung für das friesische Humsterland, die älteste gewesen. Wie unumgänglich, und naturgemäss dergleichen strenge Verbandbestimmungen sind leuchtet aus den neuesten französischen Berichten in so warnender Weise hervor, dass alle liberalisirenden Stimmen, an welchem schwächlichen Modeartikel unglükklicher Weise Russ- land so reich ist, werden verstummen müssen. Es heisst im offlziellen Berichte (Journ. prat. d’Agriculture, 1878, №23, р. 776) La dépopulation du département des Basses- Alpes, s’accroit avec ейгауаще rapidité, à cause des dé- gats... Les lois anciennes et modernes sont insuffi- santes; elles doivent être complétées par des moyens coercitifs plus énergiques, afin que l’incurie, le mau- vais vouloir, ou le manque de moyens de quelques-uns des intéressés ne puisse, comme cela ce voit aujourd’hui paralyser un ensemble de travaux. . .. Le concours de l’état est absolument indispensable. . .. La subven- tion de l’état sera desormais à fixer à ?/, de la dépense. 2) Basch, das Haupt. 21* 164 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. wendige Reinigung und Instandhaltung der Напр кап Ме besorgen zu lassen, die richtige Vertheilung des Wassers in die verschiedenen Kanäle zweiter Ordnung zu veranstalten, und Arbeiter aus weiterem Kreise aufzubieten, wenn es gilt schwerere Beschädigungen an den Kanälen erster und zweiter Ordnung in Stand zu setzen. Nichtsdestoweniger hat dieser Mirab-Baschi falls sein Gebiet kein allzu weites ist, seinem örtlichen Amte als Kok-Baschi gleichfalls zu genügen. Als solcher ist er sein eigener Untergebener. Alle Fragen über richtige Vertheilung des Wassers werden von den genannten Baschi inappellabel entschieden. Interessant ist nun, in welcher Weise diese gewählten, und zwar unter Berükksich- tigung beider Parteien, der Sarten wieauch der Kirgisen, gewählten Vorgesetzten, denen jeder einzelne Theilnehmer unbedingten Gehorsam schuldet, unter die Kontrolle des Volkes gesetzt worden sind. Diese Gemeindebeamten beziehen nämlich kein festes Gehalt, sondern einen Antheil am geerndteten Korne, dessen Grösse in das Belieben der Geber gestellt ist — welche ihre grössere oder geringere Zufriedenheit mit der Verwaltung durch grössere oder geringere Körnergaben äussern, und sich dadurch zu Herren des Eifers und Gerech- tigkeitssinnes ihres Vorgesetzten machen. Primitiv, aber praktisch genug, zumal der Orien- tale von Ehrgeiz durchdrungen ist und schliesslich, im Falle unlösbarer Misshelligkeiten, es immer wieder die Volksversammlung ist, die in letzter Instanz aburtheilt. Die lokalen russischen Administrativ-Behörden fanden alle, ohne Ausnahme, diese Einrichtungen so wirksam, zwekkentsprechend und eingewurzelt, dass sie sich dessen erwehrten, in den ersten Jahren an ihnen zu rühren. Einer der Kreishauptleute zeigte sogar so viel bürgerlichen Muth, in seiner Meinungsäusserung rund heraus zu berichten: dass wenn der Staat an Stelle der aus der Volkswahl hervorgegangenen Mirab, von ihm selbst zu besoldende und einzusetzende Beamte einsetzen wolle, so werde deren Bestreben nur darauf hinauslaufen, ihren Vorgesetzten viel mehr als dem Volkswohle zu dienen. Solcher Freimuth inmitten militärisch disziplinirter Willfährigkeit lässt sich nicht hoch genug anschlagen. Es wurde auch, wegen des einmüthigen Widerstandes der Lokalbehörden, im Rathe der Zentralbehörden beschlossen, einstweilen alle Aenderungs-Gelüste aufzugeben; es wurde beschlossen, sich in dieser wichtigen Angelegenheit noch genauer umzusehen, den Kreis-Vorgesetzten einstweilen für vorkommende Fälle freie Hand zu lassen, und das Zu- sammenstellen von allgemeinen Verhaltungsmaassregeln in der Zentralbehörde, der Zukunft zu überlassen. Dieser Enthaltsamkeit welche die russischen Gewalthaber von unberechen- baren Verwikkelungen befreite, schreibe ich dem General Skobelev, der damals Ferghanä verwaltete, als besonderes Verdienst an, da das leidige Reglementiren die uns verderbende Schwachheit ist, und es einem Krieger doppelt schwer fallen muss sich davon frei zu halten. Auffallen muss es aber in den Akten zu finden dass festgestellt wurde, die durch die Ad- ministrativbehörden für ein später zu entwerfendes Reglement einzusammelnden Materialien, der schon damals in Aussicht genommenen «Organisazions-Commission» gänzlich vorzuent- BEWÄSSERUNGEN. 165 halten. Das deutet auf inneren Krieg, wie er sich noch deutlicher aus einer im Jahre 1878 vorgebrachten Eingabe des Kreishauptmannes von Margelan herauslesen lässt. Auch zur Zeit meiner Anwesenheit wucherten noch manche Ausläufer dieser bei uns beliebten Ver- waltungsweise, deren Losung «Staat im Staate» heisst. Gewiss hatte kein Einziger unter den in dieser Angelegenheit Entscheidenden eine Ahnung davon, an welcher altehrwürdigen Institution man zu rütteln im Begriffe war, und dass die assyrischen Keilschriften uns überliefert haben wie schon im alten Babylon es «Wasseraufseher» gab. Offenbar war es die Einstimmigkeit aller, ganz unabhängig von einander eingelaufener Antworten der Lokalkenner, der Kreishauptleute, welche dieses Mal Ferghanä vor unbe- sonnenen Beglükkungen rettete. Einstimmig versicherten dieselben dass weder an der Zahl der Wässerungs-Beamten, noch an ihrer Remuneration, noch auch an ihrem Hervorgehen aus der freien Wahl der Interessenten irgend etwas zu ändern sei. Statt zu verbessern werde man Alles verderben. Es war dadurch das beste Zeugniss für die geordnete Zwekkmässig- keit geboten, zu welcher sich der scheinbar schwerfällige Mechanismus der Aufsicht über die Bewässerungen im Laufe der Jahrtausende herausgearbeitet hatte. So viel ich mir die Sache habe klar machen können hatten dieses Mal zwei Gelegen- heitsursachen dazu den Anstoss gegeben dass auch hier unsere zentralisirenden Unifizirungs- gelüste zur Geltung kommen sollten, welche uns doch schon bisher an allen Enden unseres Reiches Unheil genug gebracht. Man hatte, bevor diese Angelegenheit genugsam erforscht war, verkündigt, dass nur die früheren Haupt-Steuern in Zukunft vom Volke erhoben werden sollten. Bald ergab sich freilich dass man dieses Versprechen nicht halten konnte, aber im ersten Anlaufe sollten doch alle Nebenleistungen aufgehoben werden, also auch die sogenannte Mirab-ana oder Mirab-MIk die zu Zeiten der Khane geleistet wurde. Obgleich als Lohn der Mirab aufer- legt, kamen in letzter Zeit diese Steuern den Mirab nie zu gut, sondern den Dshigitten der Beg (dem Häschergefolge der Kreishauptleute). Beschönigt wurde das durch Vorgeben dass diese Dshigit den Mirab zu helfen, oder auch sie in der Ausübung ihres Berufes zu überwachen hatten. Der sogenannte Kipssenj, war nun aber die freiwillige Spende in Naturalien, mit welcher das Volk seine Mirab für Zeitverlust und Mühe lohnte. Auch dieser Kipssenj wurde nun von der russischen Verwaltung verboten indem man von der Ansicht ausging die Wässerungen durch vom Staate besoldete Leute beaufsichtigen zu lassen. Man hatte, nach Einführung der russischen W olostj gehofft sogar der Dorfes- Aeltesten, der Akssa- kal (Graubärte), um die sich in Ferghanä die ganze Gemeindeverwaltung in treflich wohl- geordneter Weise dreht, entrathen zu können. Man wollte den sseljsskij starschina des europäischen Russlands, der meist mehreren Dörfern vorsteht, einführen. In Kokan wurde schon der Versuch dazu gemacht, man sah sich jedoch gezwungen sogleich davon abzu- stehen, denn das Volk wurde laut, da dort gerade die früheren Akssakal zugleich die Auf- 166 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. sicht über das Wasser zu versehen hatten und, nicht gewillt unentgeltlich sich abzumühen das Wasser sich selbst überliessen. Es musste Alles beim Alten gelassen werden, und trat der merkwürdige Fall ein dass das Volk ganz devotest bat, man möchte ihm doch um Gottes Willen gnädigst gestatten, dass es, gleich wie früher — zahle. Noch undurchführbarer war die projektirte Verminderung der Anzahl der Mirab, auf je einen bei jeder Wolostverwaltung. Dieser Idee hatte wieder die Hoffnung unifiziren zu kön- nen zu Gevatter gestanden. In dem Taschkent zunächst gelegenen Kreise Kurama!) hatte man es wohl so einzurichten vermocht, aber es steht damit ganz andersin Ferghanä, wo die grosse Länge der Flüsse und Zuleiter, dieMenge der 15 hauptsächlichsten aus dem Gebirge hervorbrechenden Flüsse, die nicht selten grosse Entfernung der Zuleiter-Ursprünge von dem Orte der Verwendung des Wassers u. d. m. die Sache ganz anders gestalten. Das Alles über denselben Leisten schlagen zu wollen, kann nur dem Bewohner eines anderen Planeten einfallen, wie z. B. ein Tischvorsteher oder Abtheilungsvorsteher in St. Petersburg ein solcher ist. Diese Angelegenheit verhält sich nämlich in der Natur folgendermaassen. Nur dort wo die Wässerungsverhältnisse möglichst einfach sind, wie z. B. wo das Wasser vereinzelten Quellen entspringt, bedarf es keiner besonderen Bewässerungs-Aufsicht und kommen denn . auch solche Einzel- Bewässerungen vor, ja sogar kleine Dörflein, die gar keinen Mirab haben. Das sind jedoch sehr seltene Ausnahme-Fälle. Je unmittelbarer das Wasser aus dem Gebirgs-Flusse kommt, je mächtiger der Kanal, je weiter ab die Ursprungsstellen des Zu- leiters von der Verbrauchsstelle des Wassers, desto komplizirter muss die Beaufsichtigung des Wassers gestaltet werden, so dass die Anzahl der Mirab in einem Dorfe von der Durch- schnittszahl zwei, im grössten Dorfe (Kuwa) bis auf 18 steigt, weil wenigstens die Hälfte der Mirab-Baschi weit ab, bis 30 Werst und mehr, mit der Zuleitung beschäftigt ist, und ‘ dort die grössten Gefahren, Nachhilfen, Ausbesserungen, Reinigungen, Verstärkungen u. $. w. ausgeführt werden müssen. Eine gesteigerte Aufmerksamkeit verlangen überdiess die Dämme, und namentlich die Beaufsichtigungen der periodischen Wasservertheilung, welche ganz ver- schiedenen Umkreisen zu gut kommt, so dass je spärlicher das Wasser, desto zahlreicher die Aufsicht sein muss, daman nach jedem Tropfen des Wassers geizt, das nur in bestimmter Reihenfolge bald hierher bald dorthin gelenkt wird, aber Keinen genügend zufrieden zu stellen vermag. In der Menge der örtlichen Mirab wird sich offenbar nichts Wesentliches ändern lassen, und da ihre Anzahl 2. В. im Kreise Kokan allein sich auf etwa 600, in ganz Ferg- hanä auf Tausende beläuft, so bedarf es keinen weiteren Eingehens auf diese Angelegenheit. Höchstens werden sich noch manche Akssaksal- und Mirab-Baschi-Aemter mit noch einigen Kok-Baschi-Verrichtungen verschmelzen lassen; doch nur dort wo die Bevölkerung selbst damit ganz einverstanden ist. 1) Mir scheint dass dort diese Wolostj-Mirab «Turgantschi» genannt werden. u $ BEWÄSSERUNGEN. 167 Aber auch die Mirab-Baschi durch eine ähnliche Einrichtung wie die Turgantschi (Damm-Aufseher) Kurama’s ersetzen zu wollen, von denen je einer jedem Wolostj-Ver- walter zugetheilt ist, auch das will sich den örtlichen Bedürfnissen nicht fügen. Einen Mirab-Baschi jedem Kreishauptmann als einen Gehilfen für diese Partie seiner Obliegen- heiten beizugeben scheint erspriesslich; die übrigen werden den verschiedenen Ursprungs- stellen der bedeutenderen Zuleiter, und allerdings auch den Dämmen, insbesondere wenn in Zukunft die Zahl der Dämme und Schleusen wachsen wird, zugetheilt werden müssen. Hier bietet sich uns in grösster Klarheit ein Fall der beweist wie unthunlich es ist, selbst höchst ähnliche Zustände über denselben Leisten schlagen zu wollen, denn im Kreise Kurama, in dem Taschkent liegt, scheint dagegen die Vereinfachung der Wasserverwal- tung durch die russische Administration mit Erfolg eingeführt worden zu sein’). Aus obigen Auseinandersetzungen stellt sich also deutlich heraus welch’ reich be- setzten Verwaltungs-Mechanismus die Bewässerungs-Angelegenheiten im Laufe der Zeiten hervorgerufen, dort wo eben in der Bewässerung der Haupthebel alles Wohlseins sitzt. Er war bei den Orientalen nicht schwächer besetzt als die sonstige Administration und Polizei. Beispielsweise wollen wir erwähnen dass im Jahre 1876 für die Stadt Kokan allein es einen Haupt-Miraba gab, dem 7 andere (Kok-Baschi?) untergeben waren; ausserdem fungirten dort aber noch zwei vom Gouverneur bestätigte Aryk-Akssakal. Vielleicht des- halb weil der Haupt-Miraba weit ab, auf 32 Werst Entfernung in Ssary-Kurgan resi- dirte wo die Aryk welche die Stadt Kokan versorgen, ihren Anfang aus dem Ssoch-Flusse nehmen. Dort ist die Vertheilung des Wassers zu reguliren, dort auch hat die Stadt Be- schädigungen in Stand zu setzen. Die zahllosen Miraba des flachen Ländes vertheilten sich auf die Dörfer. In gleicher Weise gab es damalsin der Stadt Namangan 6 Mirab-Baschi, welche jedoch, wie es scheint zugleich auch die Oberverwaltung der Bewässerungen des flachen Landes führten. Im Margelan-Kreise gab es keine Aryk-Akssakal, sondern nur 7 Mirab-Baschi. von denen einer mir als der gewichtigste vorgestellt wurde. Dieser Sarte hatte schwerlich irgend welche Spezialbildung in seinem Fache. Leider war er für mich ungeniessbar, woran das Ungenügende meines Dolmetschers einen Theil der Schuld getragen haben mag. Ueberdiess war er fast immer in Amtsreisen abwesend. Mit einem der übrigen Miraba der Stadt Alt-Margelan verkehrte ich, und beritt auch mit ihm einige im Gange befindliche Arbeiten. So weit ich Einsicht gewann gab es für diese Leute weder technische noch Rechts-Vorschriften. Von einem Karten-Entwurfe konnte nicht die Rede sein, da der Mirab sich nicht ein Mal in der Skizze zurecht zu finden ver- stand die ich mir verschafft hatte. 1) Ich lese nämlich in den Матерлалы для статистики | die Bewässerungen auf dem Mirab ruhte. In Folge des- Туркестанскаго края, II, 1873, стр. 130, dass in Kurama | sen wurden dort die Aemter der Aryk-Akssakale ganz die Aryk-Akssakale früher auch vorhanden waren, aber | aufgehoben, wodurch man zugleich eine jährliche Er- nichts thaten, sondern die ganze Last der Aufsicht über | sparniss von 14 Tausend Rubel erzielte. 168 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Praxis und Usus herrschten; aber dennoch andererseits daneben die europäische Do- kumenten-Wirtbschaft. Im Allgemeinen hatte nämlich der, offenbar erst im Laufe langer Zeiträume geklärte, Streit um das köstliche, über Wohlleben oder Verzweiflungsnoth ent- scheidende Wasser, dort wo es überhaupt oder zu Zeiten spärlich war, zu billigen Ver- gleichen geführt denen zufolge das Wasser tagweise, bald in diese bald in jene Abzweigungen der Wässerungskanäle hineingelassen wurde. So z.B. wechselten von 8 zu 8 Tagen die Stadt Kokan einerseits, und die oberhalb derselben gelegenen Dörfer andererseits, mit ihrem An- rechte an das Gebirgswasser, während aus dem Boden hervorsprudelnde Quellen gleich- sam als Privat-Eigenthum und Zugabe angesehen wurden, welche in den Sperrzeiten küm- merlich aushelfen mussten: als Trink- und Badewasser kaum ausreichend. Der Kreis Mar- gelan entnahm dem Schachi-Mardan 8 Tage lang das Wasser, und musste darauf 10 Tage lang die Benutzung desselben durch anderweitig dazu Berechtigte, abwarten. Zu Zeiten der Hochfluthen hörte dann das ängstliche Abwägen auf und Alles schwelgte im Ueberflusse. An anderen Orten bestand das Anrecht der einen Hälfte der Nutzungsgenossenschaft in 10 Tagen, das der zweiten in 6 Tagen; oder in Perioden von je 5 Tagen ging das Wasser bei 7, 8 Dörfern die Reihe herum u. d. m. Je reichlicher das Wasser vorhanden, desto weniger Mirab sind nöthig. Die Schwie- rigkeiten der Verwaltungen wachsen, je genauer jeder Tropfen abgewogen werden muss; zumal wenn es gilt Wechselwässerungen sparsam zu vertheilen. Wie es der Usus wollte so stand es jedoch überall felsenfest. Aber sei es nun dass ursprüngliche Abmachungen welche der Besiedelung vorangingen, vorgelegen, sei es dass Vergünstigungen später erworben, erschlichen oder erkauft wurden — wie das bei der Willkühr und Habgier mancher Khane nicht selten vorkam — viele Ortschaften Ferghanä’s haben Khanische Dokumente vorzuweisen welche ihnen Privilegien zusichern. So z. B. beruft sich die Stadt Osch auf eine Urkunde, derzufolge sie in wasser- ärmeren Zeiten Alles verbraucht, was der Ak-Bura-Fluss bietet, so dass die am selben Flusse weiter unterhalb gelegenen Ortschaften darauf angewiesen sind zu darben und zu warten bis sich Ueberschuss ausbeuten lässt. Es kommen, wie oben erwähnt (р. 156 Anm.) im Frühsommer Zeiten vor während welcher in manchen Jahren den beregten Ortschaften gar kein Wasser zufliesst, während mit Beginn der Schneeschmelze im Hochgebirge für Alle Wasser vollauf vorhanden ist. Gleich wie sich die Besiedelung der Städte offenbar durch peripherisches Agglomeriren, ringsum, gleichsam durch regelloses Ankleksen an einen gebotenen Kern gestaltet, so auch mit ihr eng verschmolzen das Abzweigen der letzten Bewässerungs-Kanälchen. Alles hat sich wirre durcheinander geschoben, wie es das augenblikkliche Gutdünken des neuhinzu- gekommenen Ansiedlers wollte; nirgends blikkt das Walten eines ursprünglich allgemeineren Planes durch. Ja sogar so weit ich Einsicht zu gewinnen vermochte, dekken sich die ad- ministrativen Polizeibezirke in den Städten nicht mit den Bezirken der Wasserverwaltung. So gross und mächtig ist der Apparat, welcher der Wasserverwaltung dient. BEWÄSSERUNGEN. 169 Auf das Höchstmögliche ist die heikle juridische Seite der Angelegenheit vereinfacht. Wenn man bedenkt dass das Wasser in Mittel-Asien das grösste Gut ist, der entschiedenste Reichthumspender, so mag man der Versicherung kaum Glauben schenken dass der Spruch des Miraba es ist, der über alle die Zwistigkeiten endgiltig entscheidet die in diesem so ausserordentlich verzwikkten Interessen-Gebiete täglich ja stündlich auftauchen müssen. Es wäre schier unverständlich dass administrative und richterliche Gewalt in so inappellabler Weise in derselben ungebildeten Hand liegen dürfe, wenn nicht hinter dieser Unzahl bäuer- licher Autokraten die freie Wahl durch die Interessenten selbst, deren stete, gespannte Controlle und die Oeffentlichkeit der ganzen Angelegenheit, als höhere und höchste Instanz durchschimmerte. Im äussersten Falle entscheidet eben ein Richterspruch des souveränen Volkes selbst. Man wird daran erinnert dass in analoger Weise in Spanien noch heutzu- tage die Wasserstreitigkeiten auf offenem Markte, und bei mündlichem Verfahren, abge- urtheilt werden. Rascher Endscheid; nur keine Verschleppung. Das war und ist vor Allem Hauptsache. Gewiss würde es zu den interessantesten Arbeiten gehören, die Entwikkelung dieser Rechtsbräuche durch alle Zeiten hindurch zu verfolgen, und geschichtlich festzustellen, wel- chen Antheil die Natur der Dinge selbst, welchen die Chinesen als ältestes Kulturvolk, welchen die Araber als verbindendes Glied, dassowohl über Ferghanä als auch über Spanien herrschte, an der Entwikkelungsrichtung dieser Fragen genommen !). Bedenken wir dass es vollkommen an jeglichen festen, technischen Anhaltspunkten fehlt, dass die Zuleitungen oft aus weitester Ferne das Wasser nehmen, oft aus benachbarten Flusssystemen zu demselben Orte in verwikkeltester Weise ineinandergeflochten sind; dass, mit Ausnahme der letzten Endpunkte, stets höher oben, so wie weiter unten am Wasser Sitzende, Durstige, in Betracht zu ziehen sind; dass von irgend welchen festen, regelmässigen und geregelten Beobachtungen über die im Ganzen zu Gebote stehenden Wassermengen keine Rede sein kann, ja dass von irgend welchen Pegeln, Feststellungen der erlaubten Tiefen verschiedener Kanäle, oder überhaupt der Durchschnitte derselben oder der Damm- höhen nicht die Spur zu entdekken ist — so erscheint es selbstverständlich dass der Europäer der plötzlich aus römischen Rechtsverhältnissen in jene Welt hinein verschlagen worden, über die Einfachheit des dortigen prozessualischen Verfahrens in staunende Verwirrung geräth. Tausende von Menschen, heissblütige Orientalen mit stechendem Auge und dem entsprechender ungebändigter Leidenschaftlichkeit, strömen, zu verschiedenen Zeiten, mehre Mal jährlich, an weit entfernten Punkten der Wildniss unbeobachtet zusammen, werfen beliebig Dämme nach rechts und links auf, sie räumen die Kanäle aus, d. h. sie vertiefen, verbreitern, erneuern dieselben, in denen flüssiges Gold fliesst, nach jedesmaligem Belieben, in Abwesenheit ihrer Nebenbuhler — und dennoch ist Ruhe im Lande. Kaum glaublich 1) Bekanntlich waren schon zu der Römer Zeiten | den. Wie wurden sie verwaltet? grossartige Wasserleitungen in Spanien ausgeführt wor- Mémoires de l'Acad. Imp. des sciences, VIIme Série. 22 170 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANÄ. und dennoch thatsächlich so. Den schlagendsten Beweis dafür dass eben die Eingeborenen in ihrem Wasser das bare Gold erkennen sehe ich in dem interessanten Beispiele das uns eine Mittheilung aus der Gegend des wasserarmen Dshisak!) vor Augen führt. Die Ge- meinden beschlossen dort die Staatssteuer welche ihnen als Gesammtsteuer auferlegt wor- den keinesweges, wie wohl gebräuchlich, auf die Höfe gleichmässig zu vertheilen, sondern ohne alle Rükksicht auf die Zahl der Höfe, die Steuer nach der Wassermenge welche abge- zweigt wird, anzurechnen. Unfraglich eine höhere Kulturstufe. Die alte Kultur, die allmächtige Sitte, welche dem Orientalen jene ruhige Würde in der äusseren Erscheinung eingeimpft hat um die ihn der Europäer beneidet, zumal wenn er in Stambul Türken neben Armeniern und Griechen vor sich gesehen, verleugnet ihre Gewalt auch im vorliegenden Falle nicht. Willig glaubte ich es aber meinem Dolmetscher als er mir mittheilte, bei den Kanälen komme es wohl bis zum Messer. In der That berichtet man kürzlich dass im Ssyr-Kreise während der 10 letzten Jahre 12 Tödtungen bei Strei- tigkeiten um das Wasser vor Gericht abgeurtheilt worden?). Auch habe ich nur ein Mal während meines ganzen Aufenthaltes in Ferghanä eine Standesperson, wie der Wolostj- Regierer es ist), voll schlecht verbissenen Ingrimmes das würdevoll unterwürfige Decorum durch wiederholte Ausbrüche verletzen gesehen, als in feierlicher Empfangssitzung, in Ge- senwart des Richters (Kadi) so wie des gelehrten Schreibers zu dessen Füssen, in Gegen- wart der versammelten Aeltesten, man mir, dem hohen Staatsbeamten, trotz aller meiner Abwehrkünste, die übliche Huldigung darbrachte. Wüthig war jener eingeborene Autokrat über vermeintliche Wasserschädigungen, ganz oben am Zuleiter, in Ssary-Kurgan; wüthig war er, auseinandersetzend dass jene oben Sitzenden nicht in richtigem Maasse absperrten, dass sie viel zu wenig an der Instandsetzung des Zuleiters mitarbeiteten, dass der Miraba fruchtlos deshalb bei dem Kreishauptmanne geklagt; dass dessen Gehilfe endlich herbeige- kommen — aber wiederum fruchtlos sich den Thatbestand angeschaut. Hier richtig zu schlichten seien, so polterte er, die Eingeborenen unfähig, das müssten die hochregierenden Russen thun u. s. w. Ein Unzufriedener — auch hier in der Wüste — der aber offenbar den in höchster Instanz beruhigenden Gewaltspruch des Khan’s, der alten guten Zeit, schmerzlich vermisste. Deutlicher als in diesem Falle konnte sich die Nothwendigkeit dessen dass die Staatsverwaltung sich stets und überall das Beaufsichtigungsrecht über alle Wasser- Anlagen gesetzlich wahren muss, nicht aussprechen. Darin hatte man es allerdings, im Ge- fühle dass man auf solchem Gebiete unbewandert war, anfangs versehen. Noch zu meiner Zeit wehrte man, meinem Hinweise gegenüber, das Eingehen in die Wässerungsverhältnisse ängstlich von sich ab. Interessant ist es jedenfalls, zu beachten wie unumgänglich also eine Ober-Appella- tions-Instanz auch den Einsichtsvolleren unter dem Volke dort zu sein scheint, wo es gilt 1) Турк. ВЪд., 1880, № 20. 3) Wolostnoj-Prawitelj, der Vorgesetzte über mehrere, 2) Ebendaselbst. gewöhnlich 6—8, Dörfer. 4 we ur BEWÄSSERUNGEN. 171 ‘zwischen grösseren Körperschaften zu schlichten. Die Abgeschlossenheit jeder Oase für sich, als kleines republikanisch gestaltetes, aber als Glied des Khanates tyrannisch regiertes Ganzes ist unverkennbar. Zeichnet sie sich doch schon in der bei so kleinem Gebiete über- mässigen Mannigfaltigkeit der Bezeichnungen: U-Aksakal; U-Amin; Arbab; Kok-Mirab, oder Mirab-Baschi, Dshatak-Mirab, für ein und dasselbe Amt. Die Abgeschiedenheit der Wässerungseinheiten zeichnet sich auch darin dass hier vorzugsweise angesehene, vor- nehme Dorfsleute zu solchem einflussreichen Amte gewählt werden; dort im Gegentheil demokratischer Weise gerade eine Versorgung der Aermsten damit verbunden ist, welche plötzlich den Kommandostab übernehmen, um nach kurzer Frist einem zweiten Bettler zu weichen. Dasselbe Verlangen nach Gewaltsprüchen ist mir übrigens während meines kurzen Aufenthaltes wiederholt begegnet, und erklärt ‘sich leicht aus dem Umstande dass in der ersten Zeit nach Besetzung des Landes durch unsere Truppen, man alle Hände voll zu thun hatte, und sich weder Zeit noch Leute fanden um sogleich die frühere Administration allen Ernstes zu übernehmen. Es blieb bei der Absicht dieselbe allmälig in ein besseres Gleis hin- lenken. Die Zustände die man vorfand, waren eben zu fremdartig; es bedurfte vieler Zeit um sich hineinzuarbeiten. Unterdessen, und es ist ja nur von etwa 3 Jahrgängen die Rede, bemächtigten sich die Unternehmenderen des flüssigen Goldes, des Wassers, in so weit es nicht dessen Vertheilung innerhalb derselben Gemeinde, sondern vielmehr dessen Verab- folgung in ferngelegene Dörfer, oder gar Kreise betraf. Solche Eingeborene benutzten die Interimswirren und zapften bald bier bald dort an, ohne das Recht dazu zu haben; sie nah- men ungescheut das Wasser am Ursprunge fort, ohne dass die, in einem ganz anderen Ver- waltungskreise, fernab unten Sitzenden, zu ergründen vermochten, weshalb ihneu das Wasser kärger als früher zufliesse. Bald hatte in wasserreichem Jahre Dieser oder Jener sich Wasser auf früher unbebautes Land (Adyr) geleitet und suchte nun sich dieselbe Zuleitung auch in anderen Jahren fliessend zu erhalten; bald hatte sich ein Wasseraufseher bestechen lassen, bald ein Dorfesgewaltiger seine Macht zu eigennützigen Annektirungen ausgenutzt, bald ein Anderer nachts dem Zuleiter des Nachbaren ein Hemmniss vorgelegt, um sich stärkeren Zufluss zu verschaffen u. d. m. Zu meiner Zeit wurden die Klagen um so lauter als die Administrazion sich in allem Uebrigen ziemlich geregelt hatte, die Wasserfrage aber noch so kitzlich erschien dass maass- gebende Beamte mir auf meine Bemerkung «es sei höcshste Zeit sich drein zu legen», fast mit Leidenschaftlichkeit opponirten: daran dürfe man nicht rühren. Bei dem völligen Mangel ап Irrigationskarten und Irrigations-Beschreibungen war das übrigens erklärlich. Man über- sah jedoch dass der Haupthebel für die Landeswohlfahrt auf dem Spiele stand und dass sogar zu Zeiten der Khane die Verwaltung sich gezwungen gesehen hatte, genaue Verzeich- nisse aller Aryk und ihrer Verzweigungen aufnehmen zu lassen, um Einsicht in diese Haupt- angelegenheit des Staates zu gewinnen. Besonders stark machten sich mir gegenüber Klagen dort geltend wo ein mächtiges 22* 172 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. von Khudojar-Khan erst kürzlich angelegtes Dorf, von dem weiter unten die Rede sein wird, durch Wasser-Usurpazionen ganz verödete. Die vielen in früherer Zeit durch Dienst- oder Geld-Leistungen jeglicher Art von den Khanen erkauften Wasserprivilegien einzelner Städte, Ortschaften oder Personen — an die alten Privilegien jeglicher Art und jeglicher Stände in Europa stark erinnernd — er- schwerten die Sache um so mehr, als durch dieselben Dokumenten-Studien geheischt wurden, Nachdem die russische Administrazion sich daran gewagt'), die Dokumente zu beprüfen, mussten bald nur solche für vollgiltig erklärt werden welche in der früheren Behörde des Khan’s, lege artis, kontrasignirt worden waren. Theils hatte nämlich der Khan, so scheint es, noch in aller Eile, aber schon im letzten unerlaubten Momente, sich persönlich eine Ein- nahme zu machen gewusst aus der Ertheilung ähnlicher Privilegien; theils hatten sich die pfiffigen Orientalen darauf gelegt, das Zutrauen der unkundigen russischen Administrativ- behörden durch Falsifikate zu täuschen. Es hiess dass namentlich sartische Frauenzimmer grosser Virtuosität im «Auslekken» einzelner Zeichen, aus den mit Tusche auf Glanzpapier geschriebenen Dokumenten überwiesen worden seien. An Stelle des Ausgelekkten hatte man, was nöthig schien eingetragen. Unterschrift und Siegel waren ächt geblieben. Schon zu meiner Zeit waren, wie mir ein Glied der Kommission mittheilte an 200 solcher Beweis- mittel als gefälscht nachgewiesen worden. In welchem Grade die Wasserfrage zu den täglich einschneidenden gehört, lässt sich schon daraus ersehen dass der Gouverneur Ferghanä’s zu wiederholten Malen seinen Kreishauptmännern den Paragraphen 204 des Verwaltungs-Regulativ’s in Erinnerung ge- bracht, demzufolge «in keinem einzigen Falle und Niemandem» gestattet werden dürfe, weder aus dem Hauptstrome Ssyr — einem Gewässer von der Breite einer Werst — noch aus dessen oberer Hälfte Kara-Darja, noch aus den Gebirgsflüssen, noch irgend woher neue Bewässerungskanäle abzuleiten, ohne besondere, für jeden einzelnen Fall von Neuem einzu- holende Erlaubniss des Gouverneurs. Ferner geht es noch einschneidender aus dem Umstande hervor dass der Gouverneur nach einer Rundreise im Juli 1877 den Kreishauptmännern vorschrieb, nur in dem Umfange Reisbau zu gestatten, wie derselbe während der Regierung des Khan’s betrieben worden sei. Jede Vergrösserung des Reisbaues sei «ohne Ausrede» zu verbieten und den Leuten zu eröffnen, dass das Wasser genau in früherer Weise vertheilt werden solle, daher auch neu- angelegte Reisfelder keineswegs ein Anrecht an mehr Wasser als vor Zeiten zugelassen worden, gewähren könnten. Hervorgerufen wurde diese Verfügung dadurch dass an den Anfängen grosser Zulei- tungskanäle die Eingeborenen, ohne irgend welche gesetzliche Berechtigung dazu, ihren Reisbau erweitert hatten. Das war in dem Grade geschehen dass die weiter abwärts liegen- 1) Ich traf einen grauhaarigen Kriegsmann, dem der- | mit Hilfe eines sogenannten «schriftlichen Dolmetschers» gleichen früher wohl nicht im Traume eingefallen wäre, | ganz in das Studium solcher Besitztitel versunken, BEWÄSSERUNGEN. 173 den Akkerbauer nicht nur zu wenig Wasser erhielten, sondern auch gar 2 bis 3 Wochen ganz im Trokkenen blieben. Es wurde also nicht nur die Anlegung neuer Felder untersagt, es wurden die, während der Uebergangszeit aus der Regierung des Khan zu geregelterem Walten der Russen, in aller Eile neueröffneten Feldflächen, und der eingeschmuggelte stärkere Reisbau, dem Regierungs-Schutze entzogen und somit dem Verderben preisgegeben. Man musste den Fortschritt hemmen, um den alten Anrechten an das Wasser gerecht zu werden. Das war ganz im Sinne der Bevölkerung, denn immer wieder, wenn ich bei dem grossen Mangel an Boden auf ein des Akkerns würdiges Landstükk wies und fragte: warum denn z. B. dieses nicht gewässert, nicht unter Kultur gesetzt werde? erhielt ich dieselbe Ant- wort: «das würden wir Alle ihm bald legen». Auch stiess ich auf Stellen die augenscheinlich machten, dass manchem kühnen Unternehmer sein Beginnen gewehrt worden war. Die Eifersucht mit der darüber gewacht wird dass sich kein Neuer eindränge in den geschlosse- nen Kreis der rechtmässig befugten Nutzniesser des besetzten Wassers, hat landesthümliche Ansichten entwikkelt welche den Reisenden vor den Kopf stossen der zufälliger Weise ein so wasserreiches Jahr getroffen hat dass überall überflüssiges Wasser unbenutzt dahinfliesst. Bald lebt man sich aber in das richtige. Verständniss dieses egoistischen Zurükkstossens ein, das gewaltsam die Kolonisazion in weitere Fernen drängt. Nur Derjenige der unmittel- bar aus dem Ssyr schöpfen möchte, oder ganz unten, als Letzter, sich mit unnütz abflies- senden Wassern zu begnügen die Absicht hat. darf es wagen auf unbebauter Wüste sein Heil ungestört in einer Niederlassung zu gründen. Um die in Rede stehende Angelegenheit noch eindringlicher zu erklären, führe ich noch folgenden Fall an. Im August 1877 beklagten sich die Einwohner von Scharichana, das im Margelan- Kreise liegt, beim Gouverneur darüber dass die Saatfelder von Scharichana unbewässert blieben weil die Dörfer Karassu, Mamur-Abat, Dshawal-Kuduk und Ssufi-Kisch- lak, welche früher der Stadt Scharichana zugezählt waren, theilweise dem Andidshan- Kreise theilweise dem Osch-Kreise zugetheilt worden seien, und seitdem das Wasser für sich zurükkbehielten. Die Bitte der Scharichaner ging nun dahin, dass besagte Dörfer wiederum Scha- richana zugezählt werden möchten. Der Gouverneur der sich persönlich davon überzeugt hatte dass ein zu stark ausge- breiteter Reisbau am Oberlaufe des Kanales im Andidshan-Kreise, den Margelanern das Wasser des Scharichan-Ssaj abschnitt, so dass ihre Felder wochenlang, und länger, schmachteten, erliess an den Hauptmann des Andidshan-Kreises den strengen Befehl, Maass- regeln für Leitung des Wassers in früherer Weise nach Scharichana zu ergreifen, ohne ir- gend welche Rükksichten zu nehmen auf die, ohne irgend welches Recht darauf, noch Er- laubniss, neu hinzugekommenen Reisfelder. Ein Gleiches wurde dem Hauptmanne von Osch vorgeschrieben; namentlich sollte er alle aus dem Scharichan-Ssaj abgeleitete Wässerungs-Kanäle auf eine Woche vollkommen 174 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. schliessen. Was auch unverzüglich ausgeführt wurde. Im Andidshan-Kreise wurden alle aus dem Scharichan-Ssaj zu Reisfeldern führenden Kanäle unter strengster Ueberwachung auf 20 Tage abgeschlossen. Die Untersuchung ergab dass das Ausbleiben des Wassers durch Abwesenheit des Mirab-Bashi vonScharichana verursacht war, der zugleich Steuer- einnehmer (Sserker, als Einnehmer des Cheradsh) war. Es wurde Gegenklage geführt, von den Bewohnern der Dörfer Ssultan-Ababa, Kara-ssu, und Maschur dass die Scharichaner während des ganzen Sommers nur drei Mal Arbeiter (Merdeker) und Ma- terial zum Verdämmen und für die Uferbefestigungen des Scharichan-Ssaj gestellt hätten, und gebeten dass alle Dörfer die aus ihm ihr Wasser bezögen, an der Instandsetzung des Kanales Theil nehmen möchten. Ueberdiess wurde nachgewiesen dass oberhalb des Dorfes Chodsheabad in den Scharichan-Ssaj, linkerseits, ein altes Bette münde, das vor Zeiten aus dem Osch-Ssaj Wasser hergeleitet habe, jetzt aber kein Wasser führe. Man bat um Befehle behufs Eröff- nung dieses früheren Zuflusses. Die Komplikazionen wurden grösser und grösser. Weit davon entfernt zu den uns aus dem europäischen Vaterlande zum Ueberfluss bekannten Auswüchsen eines schädlichen Reglementirens zu gehören, müssen wir die vor- stehenden Verfügungen, welche den Anschein desselben haben, nicht nur als sachgemäss und nothwendig anerkennen, sondern als ersten Anfang thatkräftigen Eingreifens in die Wässerungs-Angelegenheiten freudig begrüssen. Wie Manches nachzuholen ist, an dem was während der Uebergangszeit versäumt worden, mag durch folgendes Beispiel erläutert werden. Aus Jas-Awan ostwärts wandernd ritt ich auf Scharichana los. Von Kara-Tepe an, das seine Wasser als letzte Ausläufer aus dem Issfajram erhält, führte der Weg durch eine mit Ausblühungen bedekkte Salzwüste, welche sich nordwärts bis in die Nähe des Ssyr zu erstrekken scheint. Ich war erstaunt an diesem Wege ein ausserordentlich grosses Dorf sich hinziehen zu sehen, dessen Gebäude kein Ende nehmen wollten, aber leer und verlassen dastanden. Der Höfe waren so viele dass sie sich der Zählung entzogen, aber nur einzelne kleine Luzernflekke grünten inmitten der öden Salzfläche, die von grösseren und kleineren, aber trokken stehenden Aryk durchzogen war. Hie und da suchten noch verkümmernde Reste junger Bäumchen die man gepflanzt hatte ihr Leben zu fristen, doch die Dürre, das Salz, Ziegen und Vieh waren zu übermächtige Feinde. Halbweges holte mich ein sartischer Kaufmann ein, der Schulden einzutreiben nach Scharichana ritt. Er belehrte mich dass dieser breite, gerade, von zehnfüssigen Gräben eingefasste, hochaufgeworfene Weg, dieses 600 (?) Höfe umfassende Dorf, namens Jangi- Tschek (Neudorf), in letzter Zeit vom enttrohnten Khudojar-Khan angelegt worden waren. Etwa 5 Jahre lebten die zusammengetriebenen Ansiedler in demselben, doch hätten die Russen ihrer nicht geachtet; da bemächtigten sich denn die Andidshaner ihres Wassers, leiteten es auf ihre Felder, so dass die Bewohner Jangi-Tschek’s, im Trokkenen gelassen und versalzt, auseinandergelaufen seien; zumal im vorigen und in diesem Jahre. Er wies BEWÄSSERUNGEN. 175 mir die hervorragend sich erhebende Wohnung des früheren Aksakal, und die Urda, (das Verwaltungs-Gebäude). Ein trauriger Haufe unbewohnter Mauern. Nur eine Wassermühle grösster Art, mit 4 Mahlgängen welche das ganze Jahr in Bewegung sein sollen, hatte, an günstiger Wasserader gelegen, sich noch erhalten, umgeben von ihren gewässerten Feldern. Mein neuer Bekannter wies darauf hin, wie schlimm es sei dass die neuen Herren des Landes nicht dem Uebel gesteuert hätten, denn ein so böses Ende habe es mit dem Dorfe genommen, weil die Andidshaner welche auf das Wasser des Scharichan-Ssaj ange- wiesen seien, das Wasser des Ulugnar-Kanales, den, etwa 70 Mühlen-Einheiten stark, der Khan eigens für jene neue Ansiedlung Jangi-Tschek habe graben lassen, zu sich ablei- teten. Der Ulugnar hatte nämlich eine Anzahl Zuleiter aus dem Scharichan-Ssaj durch- schnitten und der Khan darauf strenge Acht haben lassen, dass diese Zuleiter, an 35 Mühlen- Einheiten stark, in Rinnen über den Ulugnar fort, gleich wie früher das Land wässerten. Während der Uebergangszeit hatten nun die oberhalb sitzenden, zum Andidshan-Kreise gehörigen Landleute diese Rinnen eingehen lassen, den Ulugnar angezapft') und ihren Reisbau mit dessen Hilfe möglichst erweitert. Auseinander war, wie gesagt, die Bevölkerung dieses Dorfes gestoben: abgesehen vom Ruin der Leute und des guten Rufes der neuen Beherrscher des Landes, ist der Schade deshalb besonders gross weil unsere Prinzipien es nicht gestatten die Leute so gewaltsam überzusiedeln wie es Brauch war zu Zeiten der Khane. Eine geringe Einsicht in die Schwierigkeiten mit welchen die Gründung neuer An- siedlungen verknüpft ist möge der Anhang У bieten. Das Unterbringen der Ural-Kosaken, dieses aufsässigen Elementes, in noch sehr unzuverlässigem Lande, unterblieb ganz, und schwerlich ist das neugegründete Dörflein «Generaladjutant von Kaufmann» auch bis heute zu blühendem Zustande gediehen. Der so sehr entwikkelten Regelung der wirthschaftlichen Seite der Wasserfrage steht, wie wir gesehen, ein ausserordentlich ausgedehnter administrativ-polizeilicher Apparat zu Diensten. Der absoluten Gewalt dieses Apparates entspricht ein höchst einfaches gleichfalls absolutes richterliches Verfahren. Dem Allem steht endlich eine äusserst primitive, ja, eine kindliche Technik zur Seite. Zwischen dieser und jenen ist der Abstand kaum glaublich gross. Wenn wir vorausschikken dass den muselmännischen Wasserwerken jegliche Schleusen fehlen, so ist damit Alles gesagt. Mit den primitivsten Hilfsmitteln, mit möglichst geringen Kosten alle diese hochwichtigen Bewässerungen herzustellen, das ist was der muselmännische Graubart (Aksakal) stets als Hauptsache betrachtet hat. Solche kaum beschreibliche Ver- geudung an Arbeitskraft erscheint uns Grauköpfen als das Abbild jener Zustände die wir in den selbstzufriedenen Zeiten der Frohne durchgemacht, erinnert an die Kraftverschwen- 1) Nach H. Shilin’s Bestimmung mit 19 Aryk und 240 Kubikfuss Wasser in der Sekunde. 176 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. dung der Zeiten des Baues der Pyramiden; aber leider nicht wenig auch an deren Unzer- störbarkeit. Betrachten wir uns den Hergang der Prozedur. Fruchtlos erkundigte ich mich nach irgend welchen nivellirenden Vorarbeiten, die ich vorauszusetzen um so mehr berechtigt war, als die Russen bei Besetzung Ferghanä’s eine ganze Sippe von Feldmessern (Tanapkesch) vorfanden und sich der Beihilfe derselben sogar für ihre Kadastirung bedient haben. Meine wiederholte Rundfrage: ob ein aus Rohrstükken angefertigtes Instrument (eine Art Wasserwage) bekannt sei und angewendet werde, wurde stets mit «nein» beantwortet. Die einzige positive Antwort die ich erhielt war für die kindliche Stufe ihrer Technik sehr karakteristisch. Der Mann lege sich — so hiess es — auf die ebene Erde rükklings nieder, den Kopf dahin gerichtet wohin er Wasser zu leiten gedenkt. Dorthin wo er in dieser Lage über seine Stirne hinüber den Boden noch zur Noth zu sehen vermag, ist das Wasser zu führen. Beim ersten Anlaufe erscheint dieses Auskunftsmittel geradezu nur lächerlich, doch wenn wir uns die Ergebnisse der physiologischen Untersuchungen über die Winkelgrössen des Wirkungskreises der den Augapfel bewegenden Muskeln ins Gedächtniss rufen, so ist ein Versuch diese Methode zu prüfen nicht gar so unsinnig. Immerhin setzt dieselbe eine völlige Ebene und eine jeglicher Pflanzdekke bare Oberfläche voraus wie die Steppe allein sie bietet, und hat ferner die empor- und etwas zurükkgebogene Lage des Hauptes zur Vor- aussetzung, welche wir annehmen müssen, wenn wir uns mit Rükken und Hinterhaupt an eine Wand dicht hinanstellen. Kurz die Meisterleute bei sogar den grössten Kanal-Anlagen sind — so ergab es sich — nur in diesem Handwerk geübtere Landleute gewesen, und haben nichts als ihren praktischen ВИКК'), und höchstens das wassergefüllte längliche Geschirr oder die Versuchs- Hakenfurche zu Führern gehabt, von denen ich in meiner «Sibirischen Reise»?) berichtet. Es ist 1) Diesem praktischen Blikke ist, abgesehen von einer Menge täuschender Umstände, in Gegenden mit so ab- normer Strahlenbrechung wie das Kontinentalklima solche bietet noch weniger als anderswo zu trauen. Ich erinnere mich dass Ermann vor Krasnojarsk auf der grossen sibirischen Heerstrasse, trotz längerer Beobachtung, sich des Eindrukkes nicht erwehren konnte als senke sich die Strasse sowohl vor als hinter seinem dahinbrausenden Dreigespanne. Ganz ebenso erging es mir, und auch meinem Reise- begleiter H. Perrou. Ungeachtet vieler Uebung im Ab- schätzen von Gefällen, vermochten wir uns im Laufe der ersten Station von Chodshent gen Kokand des Ein- drukkes nicht zu erwehren, als senke sich die ebene Steppe südwärts, gegen das Gebirge hin. Dieser Anschein behauptete sich, trotz dessen dass wir Spuren des im Frühjahr zum Ssyr nordwärts geflossenen Schneewassers, ja sogar den Ssyr vor uns sahen. In derselben Weise, aber nicht sowohl von Strahlen- brechung als von den Verhältnissen anderer den Hori- zont begränzenden Linien abhängig konnten wir nicht umhin eine Linie für ansteigend zu halten welche eine offenbar horizontale Anschüttung begränzte. Darüber dass sie horizontal war liess der Wasserlauf keinen Zweifel, aber trotz zahlreicher Versuche durch Abzeich- nen dieselbe Täuschung auf dem Papiere wiederzugeben, wollte es uns nicht gelingen. Dennoch war es derselbe Fall der in Hunderten von Fällen Un- und Halbgebildete bei der Behauptung verharren lässt, das Wasser könne bergan geleitet werden. 2) Band IV, Theil 1, Anhang IV, p. XXXV. BEWÄSSERUNGEN. 177 selbstverständlich wie theuer das den guten Leuten zu stehen gekommen, an vollkommen misslungenen und deshalb aufgegebenen Versuchen, auf welche man hie und da stösst; oder an falsch gerichteten und deshalb unnützer Weise die kostspieligsten Erdarbeiten ver- ursachenden Kanalbauten; an Auffüllungen; an Fehlern der Wassermengen u. $. w., п. 3. М. Beim Graben der Kanäle ist wieder das Universal-Instrument, die Haue (Ketmen) das einzige Werkzeug. So weit nicht der zweirädrige Karren, oder sehr leichte und zwekk- mässige, mit Weidenruthen durchflochtene Tragbahren, zu Diensten stehen, wird das heraus- zuschaffende Erdreich im, zu diesem Behufe aufgeschürzten Gewande, d. i. in Schlafrökken, fortgetragen. Der Eifer mit dem gearbeitet wird muss alles Uebrige was an Vortheilen geboten werden könnte ersetzen. Da die Kanäle nun weder an Breite, noch Tiefe, noch Geschwindigkeit der Wasser- Masse die hierher oder dorthin geleitet werden soll, dem Bedürfniss entsprechen können, so sind Verdämmungen überall um so mehr nöthig als die Wassermenge in den Gebirgs- flüssen ausserordentlich wechselt. Solche Dämme bestehen in den meisten Fällen nur aus Weidengeflechten die durch Stroh aller Art, durch angelegte Rasen und angeworfenen Löss- lehm gedichtet werden. Wo das Wasser stärker drängt werden diese Dämme durch in den Grund getriebene Pfähle gefestigt, wird das Material zwischen eine Doppelwand von Wei- dengeflechten eingestampft. Nur ausnahmsweise kommen die hier so theuren Balken zu Hilfe, und nur ein einziger Damm ist mir aufgestossen der an Schleusen primitivster Art erinnern mochte!). Diese allgemeiner einzuführen ist der russischen Verwaltung vorbe- halten gewesen. Wo man sich im Gebiete des Konglomerates befindet werden dessen Rundblökke zum Aufwerfen von Dämmen benutzt. Solche Nothdämme, die jedes Hochwasser zerstört, sind die einzigen Regulatoren, welche die richtige Vertheilung des Wassers ermöglichen. Nicht besser ist es mit den Uferbefestigungen bestellt, welche aber durch die hier auf das Ueppigste wuchernden Weiden und Pappeln grösstentheils genugsam ersetzt werden. 1) Dieser Damm stand auf einem Kanale unweit Rischtan, nach Ssary-Kurgan hin. Ein Kastenwerk, aus Unter der jetzigen Verwaltung werden sich wohl bald Schleusenwerke einbürgern. So traf ich schon an der dreifacher Reihe von Balken gebildet, durch Quer-Balken aneinandergezapft, war mit Steinen gefüllt. Doch auch dieser Bau war so schlecht gedichtet dass Dshugara-Sten- gel die man mit Löss überschüttet hatte dem Durch- dringen des Wassers wehren mussten. Beachtenswerth war eben nur, dass ein dikker Pappelstamm das Werk krönte, aus dem man neben einander fünf Durchlässe, bis zu 11/,' Tiefe herausgesägt, und so 5 Eingänge zu 5 ver- schiedenen Kanälen zweiter Ordnung gewonnen hatte, zu welchen sich der Hauptkanal auseinanderzweigte. Beim Beginne trennte nur eine je 2’ breite Scheidewand die aneinanderstossenden Kanäle zweiter Ordnung von einander. Mémoires de l’Acad. Пир. des sciences, VIIme Série, Abzweigung des Jangi-Ssaj bei Alt-Margelan einen mit Hilfe von Strauch, Geröllen, Stroh, Lehm und schliess- lich sogar einen Balken-Ramen gedichteten Damm im Baue vor, der auf 2 Schleusendurchlässe berechnet war. Im Jahre 1376 hatte nämlich die Hochfluth bis dicht vor Margelan die Felder theils ausgerissen, theils mit Schot- terlagern bedekkt. Ebenso zwang im Jahre 1878 die Furcht, Neu-Mar- gelan dürfte überschwemmt werden können, zu einem Dammbaue mit Schleusen bei Woadilj; denn die Wasser- leitung zu dieser neuen Hauptstadt hatte ein paar Fuss mehr Fall, als die Abzweigung desselben Schachi-Mar- dän-Flusses welche Rischtan und Alt’-aryk speiste. 23 178 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Doch erwähnt Fedtschenko!) einer Art von Buhnen (Charak) die aus Geröll und Pfählen aufgeführt waren; offenbar durch die bei der Brükke über den Isfara -Fluss verstärkte Strömung hervorgerufen. Bei der Nothwendigkeit das Wasser bald hierher, bald dorthin zu leiten, müssen die Dämme bald geöffnet, bald erhöht werden, müssen die Kanäle zweiter Ordnung in bestimm- ten Perioden gereinigt oder gar vertieft werden. Da zeigt sich dann die ungeheure Arbeits- verschwendung an diesen primitivsten aller Einrichtungen, welche aber durch ihre Schwer- fälligkeit zu Zeiten die kostspieligsten Schädigungen anstiften. Steigen die Gebirgsfluthen zu tosenden Wildwassern an, so ist keine Möglichkeit vorhanden, die Verdämmungen in aller Geschwindigkeit wegzuräumen, und wildbrausend stürzt sich das Wasser über die Dämme und schwächeren Uferstellen, reisst Alles nieder was den Weg verlegt, überschüttet weit und breit die Felder mit Schlamm, Sand und Geröllen, wäscht Brükken, Mauern, Häuser nieder, Stadt wie Land ins Elend stürzend. Der Anhang IV C mag einzelne Fälle der Art erläutern. Solche Vorfälle scheinen, wie man sieht, nicht gerade selten zu überraschen. Die Wildwasser brausen so rasch heran, dass, wie die Eingeborenen sich ausdrükkten, ein rasches Pferd nöthig ist, um dem Herantosen zu entfliehen. Nach jeder Katastrophe dieser Art, auch wenn sie unbedeutender war, findet man überdies die Ebene welche der Ausmündung des aus den Gebirgsklüften hervorbrechenden Flusses vorliegt, mit bedeutenden Schottermassen überdekkt. So sah ich es z. B.am Ssoch- Flusse, bei Ssary-Kurgan, und die beiliegende Skizze (Taf. IV) mag dazu dienen diesen Hergang, gleich wie auch das Kanalwesen überhaupt, (das jedoch sich nach den Ortsver- hältnissen verschieden gestaltet) fasslicher vor Augen zu führen. Von Rischtan?) westwärts reitend folgte ich dem Nordrande einer horizontalen Kon- glomeratbank welche hier die Thalmulde überragt. Ein an 60’ hoher isolirter Lösskegel, derselbe den ich auf Seite 77 beschrieben, tauchte endlich vor mir auf. Das war der Ssary-Kurgan der auf seiner Glatze vor Zeiten eine Feste trug, deren Stelle jetzt eine Stangenpyramide, als Signal für die Triangulation des Landes, einnahm. Bevor der Löss- hügel erreicht werden konnte musste man durch ein jämmerliches Nest und über drei Brükken hinüber, welche dicht hinter einander über drei Kanäle leiteten die durch eine Ekke der Konglomeratbank hindurch zwischen 15 und 20° tief hineingearbeit waren. Dann ging es, dicht am Fusse des Lösskegels vorbei, steil hinab zu einer etwa eine Werst breiten, mit Geröllen verschiedenster Grösse überdekkten Fläche: einem Flussbette das von einem halben Hundert kleiner Rinnsale durchfurcht war. Dieses Flussbette stellte den Ssoch-Fluss bei niedrigem Wasserstande vor, denn wir schrieben den 10. März. | Links, also im Süden, sah man auf beispielsweise eine Meile Entfernung den Fluss aus einer Felsenkluft des Gebirges hervorbrechen. Vor uns zersplitterte er in jene Rinnsale welche sich bei näherer Betrachtung als Kanal- Anfänge darstellten die dadurch gewonnen 1) Путеш. въ Туркест. I, 2, 1875, р. 68. | 2) Südwestlich von Margelan. BEWÄSSERUNGEN. 179 worden waren, dass Menschenhände die Gerölle, welche den Boden der Thalfläche bildeten, reihenweise zu Uferwällen aufgeworfen hatten. Die Breite der so gewonnenen Kanäle war eine verschiedene, wie das die Tafel IV ersichtlich macht. Bald sollte ich auch die Arbeit im Werden sehen, denn zu Gruppen von Hunderten vereint sammelten sich die Eingeborenen, aus bis 6 Meilen weit abgelegenen Dörfer herbei- reitend. Mit der grössten Aemsigkeit arbeiteten diese Gruppen der Wasser-Interessenten, an der Instandsetzung der durch Schottermassen verlegten grabenartigen Rinnsale. Bei den winterlichen Hochfluthen, bei dem Eisrutschen im Frühjahre, bei aussergewöhnlichen Güssen im Gebirge, hatten die Felsklüfte Unmassen von Schotter in die Thalfläche geschoben, meistentheils gerollt, so dass die Anfänge der Kanäle auf weite Strekken bis zur Unkennt- lichkeit ausgeglichen worden waren. Grösstentheils mit unbewaffneter Hand die Gerölle hervorziehend arbeiteten die Leute neue Betten in das Gerölllager hinein, warfen rechts und links Uferwälle auf, und suchte jede Partie das Wasser ihrem Kanale zuzuleiten. Nur ein Theil der Arbeiter half mit der Hakke nach, dort wo die Gerölle sich mit feinerem Materiale und zumal mit dem Magnet- eisen-Sande zu festeren Lagern zusammengeschoben hatten. Immerhin war es ein eigen- thümlicher Anblikk, das Wasser in solche völlig zusammenhangslos übereinandergeworfene Massen gebettet und eingezwängt zu sehen. Die Thalebene, oder das der Art von einem halben Hundert S-N verlaufender Kanäle gefurchte Bette des Ssoch, hatte wie gesagt etwa eine Werst Breite, und war man durch alle diese Kanäle quer hinüber, zum linken Ufer des Flussbettes gelangt, so fand man es, gleich wie das rechte, ein bis zwei Klafter hoch; hier aber waren die auch dieses Hochufer durchfurchenden, weiter von oben herabgeleiteten Kanäle mit leichterer Mühe in den Boden eingesenkt, denn sie verliefen minder hoch über dem Thalbette und nicht mehr in der Kon- glomeratbank, sondern im Löss. Von diesen ihren Anfängen aus, nehmen die Kanäle nun nach allen Seiten hin ihren Anlauf, der auf manchen Umwegen sich den Unebenheiten der Vorberge anzuschliessen, dieselben in Horizontallinien zu verfolgen hat, bis endlich die zentrale Mulde des Ferghanä- Thales erreicht ist, und hier auf ebenem Boden die Kanäle regelmässig verlaufen um end- lich, fächerförmig verzweigt, sich in ein dünnes, enges und immer engeres Wässerungsnetz aufzulösen. Dass bei so mangelhafter technischer Vorbereitung wie wir nachgewiesen, die Zulei- tung des Wassers durch misslungene Unternehmungen oft sehr theuer erkauft werden muss, ist selbstverständlich und stösst man allerorts auf warnende Beispiele!). Wer sich die Mühe nehmen will unseren Anhang IV nachzuschlagen wird sich an der Entwikkelungs- 1) Unter diesen Unternehmungen geringeren Umfanges | Gebirge ritt. Es war etwa 10 Jahre vorher auf Khudo- dürfte das Netzwerk von Kanälen besondere Erwähnung | jar-Khan’s Befehle angefertigt worden, misslang aber, verdienen, über das ich im Angesichte von Utsch-Kur- | und blieb trokken. gan auf der rechten flachen Uferstufe des Naryn zum 180 А. у. MIDDENDORFF, КЕВСНАКА. geschichte des grössten Kanales neuester Zeit, des Ulugnar, ein ins Gewicht fallendes Beispiel dafür entnehmen. Ein zweites kühner angelegtes Werk, das sich nicht ein Mal zurechtstellen lassen wird, hatte ich Gelegenheit bei Assake näher in Augenschein zu nehmen, Es war das der trokken stehende Khudojar-Khan-Aryk. Von Scharichana kommend durchzogen wir Assake auf der Strasse nach Usgent und erblikkten am Ende des Ortes, tief unter uns, ein weites, liebliches Thal, das rechterseits vom steilen Abfalle einer Konglomeratbank begränzt wurde. Dieser Abfall war so steil dass es nur mit grosser Anstrengung gelingen mochte hinanzuklimmen, und dennoch fand sich, an 60° über dem Flussbette im Thale, auf halber Höhe dieses Abfalles, als Stufe in ihn hineingearbeitet ein trokken stehendes Kanalbette. So zieht es sich Werste weit hin, hie und da von drohenden Höhen überragt. Gleich dem Ulugnar, so hiess es, habe auch dieses Unternehmen dem Khan Tausende gekostet, weil hier wie dort Tausende von Arbeitern an ihm gearbeitet. Man wies mir die Stelle an der, durch Nachsturz von oben, 180 Menschen verschüttet wurden. Voll Grimmes hatte der Khan befohlen, nur immer weiter vorzudringen; als aber das mit Gewalt zusammenge- triebene Volk wieder an die Arbeit ging, und alsbald wieder 8 Mann verschüttet wurden, da kam die Erlaubniss, die Arbeit aufzugeben !). Nachdem wir in Vorstehendem einen Ueberblikk dessen zu gewinnen gesucht was in Ferghanä in Bezug auf die Bewässerung des Landes vorgefunden wurde, als das Thal unter russische Botmässigkeit kam, wollen wir nachstehend in Erwägung ziehen, was etwa in diesem wichtigsten Zweige der Landeswohlfahrt sich unternehmen liesse. Die Noth, jene wolkenlose Zeit in welcher die Sonnenhitze Alles zu vernichten droht, lehrte den Orientalen gleich wie den Ur-Amerikaner *) die Kanalbauten und das Bewässern. Wie aus Allem was ich oben (р. 160 u. ff.) angeführt hervorgeht, haben wir im Ganzen nur bei ihm in die Schule zu gehen und uns glükklich zu schätzen dass die Lehren der Noth uns noch nicht direkt getroffen, dass sie in so bequemer, vermittelter Weise uns zu Statten kommen; denn gesetzmässig ist es, dass aller Kulturfortschritt erst durch die Nothwendig- keit bebingt, oder mindestens gefördert werde. Wer anders denkt, und meine Auffassung, dass wir vor Allem uns als Schüler fühlen müssen, die vor den Errungenschaften tausendjähriger erprobter Praxis stehen, wer, sage ich, solch eine Auffassung für eine zu bescheidene hält, der erinnere sich doch dessen dass auch in den Steppen des europäischen Russlands Bewässerungen möglich und ausserordent- 1) Im Artikel «Pflanzenkultur im Hochgebirge» р. 8 | mit sich dass sie aufgegeben wurden? erwähnt Nägeli, dass man in Graubündten, auf alte, 2) Auch in Peru und Mexico fanden die Spanier gross- jetzt unbenutzte Bewässerungs-Kanäle stosse, die man | artige Wasserleitungen und Bewässerungs-Anlagen vor, viele Stunden weit verfolgen könne, Waren diese auch | welche noch heute im Betriebe sein sollen, in der Aulage verfehlt, oder brachten Zeitverhältnisse es | BEWÄSSERUNGEN. 181 lich nutzbringend wären, aber bis heute gar nicht vorhanden sind, oder höchstens nur in einem Paar embryonaler Versuche'); der erinnere sich dessen dass sogar auch der Kaukasus noch immer auf unsere Leistungen wartet. Aber unsere Mission: Kultur nach Mittel-Asien zu tragen? Nun ja, die muss uns eine heilige Aufgabe bleiben, und bietet uns unsere, durch die Wissenschaft vermittelte, Zivili- sazion die kräftigsten Handhaben für guten Erfolg. Doch nur ja keine fixfertige Selbst- überhebung; zumal am Kanzellei-Tische. Vor Allem komme ich immer darauf zurükk, dass die Hauptsache, das Hauptfunda- ment, für die weiteren Vervollkommnungen, uns von den Eingeborenen aufgebaut worden. Ich habe mit diesem Ausspruche keinesweges so sehr die wahrlich schon ausserordentlich weit durchgeführten Wasserbauten der Eingeborenen im Auge, als das viel wesentlichere, und schwieriger aufzustellende Fundament, welches darin sitzt dass die gesammte, sehr dichte, Bevölkerung von der grössten Liebe, von dem grössten Eifer, und dem grössten Ver- ständniss für Nutzen und Anwendungsweise der Bewässerungen durchdrungen, in der prak- tischen Verwendungsweise des Wassers vollkommen zu Hause ist ?). Für jeden Fortschritt der zum Allgemeingut werden soll, ist die Schwierigkeit des Durchdringens, des Beseelens der Massen, mit Liebe und Verständniss für die Sache, das Haupthemmniss. Bevor dergleichen Betriebe ins praktische Volksleben einzudringen ver- mögen vergehen Jahrhunderte. Hundertfältige Anläufe misslingen, ohne dass die Vorwärts- dränger eine Schuld trifft. Es pakkt eben nicht. Unendlich viele Mühe und Zeit wären beispielsweise dazu nöthig, um dem Kleinrussen die Liebe zum Bewässern einzuimpfen. Mögen wir an diesem, fast Verzweifeln wekkenden Vergleichsgegenstande, unsere besonderen Verpflichtungen gegenüber dem willfährigen Mittelasiaten erkennen, der uns, bei beispiels- voller Genügsamkeit, Liebe zur Sache, unermüdlichen Fleiss und arbeitsame Ausdauer, mit grosser Aufgewekktheit vereint, entgegenträgt. Was könnten die bedeutenden Auslagen welche die Vorrichtungen für Bewässerungen verlangen, was könnten sie nützen, wenn nicht jeder einzelne Akkerbauer das Verständniss für die gehörige Verwerthung derselben mit sich brächte, wodurch erst die vortheilhafte Verrentung der ausgelegten Kapitalien zur 1) Mir ist nur bekannt, dass Myschenkov im Gouv. Jekaterinoslav auf Kosten des Staates misslungene (wie es heisst) Versuche gemacht haben soll, und dass im Gouv. Cherson neben einem misslungenen Versuche, ein gelungener zu verzeichnen ist, der beweist dass, wenn nur Wasser genug den Pflanzen gegeben werden kann, auch in Europa die Steppe 35-fältige Erndten zu bieten vermag (Землед. Газ. 1880, № VIII, стр. 127). 2) Allerdings darf dabei nicht übersehen werden dass Obiges nur zu Stande kommen konnte bei einer bestimm- ten, bedeutenden Dichtigkeit der Bevölkerung, welche den wachsenden Ansprüchen an Arbeitskraft gewachsen sein muss. Im Hinblikke auf die Leistungen in der maassgebenden Lombardei scheinen nicht weniger als 20—25 arbeitstüchtige Familien auf die Quadratwerst wirthschaftlich ausnutzbarer Bodenfläche dazu zu gehören, um eine Bewässerungs-Kultur erfolgreich durchzuführen. Mir ist nicht bekannt ob schon, nach der anderen Seite hin, die höchste Dichtigkeit feststeht, welche von gut be- wässertem Boden unter so günstigen Verhältnissen wie Ferghanä sie bietet, ernährt zu werden vermag, bei der Annahme dass die Bevölkerung sich in ihrem höchst- möglichen Maximum dem gartenmässigen Akkerbau hin- gibt. Sind es etwa die 400 Köpfe auf die Quadratwerst, in manchen Provinzen China’s? 182 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Môglichkeit erhoben wird. Dass die Mittelasiaten uns schier überlegen sind, darf uns nicht lähmen: je weiter sie schon vorgeschritten, desto weiter können wir, weil mit den Kennt- nissen der Neuzeit ausgerüstet, die wohlvorbereiteten Massen der höchsten Vollkommenheit entgegenführen. So kommt es denn zuerst darauf an auszuschauen wie weit denn in den Hauptsachen Europa unsere Einsicht nach dieser Seite hin geklärt hat. Vor Allem tritt uns die Reakzion entgegen welche in diesem Augenblikke die Kultur- Technik, gegen die Schule der Hydro-Technik, in Bewegung setzt. Während die letztge- nannte im Wasser den grössten Feind des Menschengeschlechts sah, und mit ihren gross- artigen Bauten nur darauf hinarbeitete durch Regulirungen, durch Dämme und Buhnen, Durchstiche und Baggern den unwiderstehlich überfluthenden und zerstörenden Feind auf dem allerkürzesten Wege fort und ins Meer zu schaffen, während in unserem, an kalter Nässe leidenden Norden der Landmann es Jenen im Kleinen nachmachte und in der Ausführung des Gedankens aufging, sich aus dem Sumpfe herauszuarbeiten - kämpften die Kultur- Techniker für das diametral Entgegengesetzte. Des alten Dichters Pindar exstatischen Ausruf schreiben sie auf ihre Fahne. «Das Edelste aber ist das Wasser» diesen Ruf haben sie zu ihrem Feldgeschrei erhoben, — und sie haben Recht. Ihnen kommen die Naturforscher zu Hilfe welche die Hauptaufgabe des Wassers darin sehen, unter Mitwirkung der Sonnenwärme und des Lichtes das organische Leben zu ermöglichen und zu fördern. Wasser ist das Lebenselement. Ohne Wasser, — viel Wasser, bis 90%, Wasser, — kein Stoffwechsel, kein Organismus. Auch die Versuchs- stationen rükken heran und weisen nach, dass im ersten Stadium des Wachsthums der Ge- treidepflanzen, sollen dieselben trefflich gedeihen, der Boden mit Wasser, womöglich nicht unter 25 Prozent seines eigenen Gewichtes, durchtränkt werden muss. Ja, nachdem sie sich homöopathisch zu nennende Lösungen der bewussten 11,ja nur 9 chemischen Stoffe angelegt, erziehen sie uns in scheinbar klarem Wasser Getreide und Bäume, Stroh und Körner. In denselben Versuchsstationen wird uns nachgewiesen dass der Produkzion eines einzigen Pfundes Gersten- oder Weizenkörner der Verbrauch von 5 — 700 Pfund Wasser vorangehen muss, von denen der weitaus grösste Theil, nachdem er der Lösung von Nährsalzen im Boden gedient, mittelst Transpirazion während der Vegetazionszeit in die Luft schwindet. Bedürfen wir danach noch dess Trosses der mittelasiatischen Tadshik, der Perser, der Inder, der Chinesen, die dasselbe Wasser seit Jahrtausenden als Hauptelement für den Aufbau von Nahrungsstoffen erprobt haben? welche durch kolossale Erndten, die sie zu gewinnen verstehen, die unwiderlegliche praktische Lehre uns beibringen, dass die richtige Beherrschung, Verthei- lung und Ausnutzung des Wassersim Landbau die Hauptsache ist. Denn der Landbau ist bemüht das köstliche Wasser im Boden und in dessen Produkten zurükkzuhalten, während die In- dustrie das Wasser fortschafft. Und so folgt denn der Annahme des Ausspruches «das Edelste aber ist das Wasser» die Ucberzeugung auf dem Fusse, dass überhaupt, zumal aber dort wo die erschrekklichen BEWÄSSERUNGEN, 183 Dürren drohen, alles Wasser in erster Reihe zur Hervorbringung von Nahrungs- mitteln verwendet werden soll. Nur der dazu unbrauchbare Ueberfluss mag der Technik, mag dem Fortschaffen des auf obige Weise Erzeugten dienen; denn die Dürre ist des Akker- bauers grösster Feind. Auch in Europa bleibt man jetzt bei dem Satze stehen, dass reissende Gewässer ausschliesslich dem Bewässern und als Triebkraft zu dienen haben, nicht aber dem Transport. Allerdings scheint es dass darin in Indien von dem den Kolonien gegenüber einseitig vorwaltenden Erwerbs- und Geschäftsgeiste der Engländer es stark versehen worden ist. Vorzugsweise nur den lebhaften Verkehr, Absatz und Handel im Auge hat dort seit den letzten 35 Jahren die rege Unternehmungslust unseres Inselvolkes Merkwürdiges geleistet, hat aber bei den Tausenden Wersten die dort gegraben worden — darunter die drei Ganges- Kanäle im Doab, welche bis 130’ Breite bei 10’ Tiefe erreichen und so auch grossen Dampfern zur Fahrstrasse dienen — eseben zu sehr auf die Belebung des Verkehrs abgesehen, dem Handel die Mittel zugewendet, ausgedehnte Eisenbahnen gebaut, statt vor Allem die Bewässerung der Akkerländereien zu vervollständigen, so dass von Jahr zu Jahr drohender das Gespenst der Hungersnoth sein Haupt erhebt, wenn in trokkeneren Sommern es an Wasser gebricht !). 1) Vor Alters bezwekkten in Indien die Wasserbau- ten nur die Bewässerung, so wie das Ansammeln und Speichern des Wassers. In letzter Zeit haben sich in Indien die Jahrgänge schrekklicher Hungersnoth.. alle drei bis fünf Jahre wie- derholt. Das entsetzliche Sterben im Jahre 1877, das eine halbe Million Menschen hingerafit haben soll ist in Aller Gedächtnissnoch zu lebendig. Bietet esetwa Trost im Leiden dass wir in China seitdem (1878) schon eine schwä- chere Wiederholung der Schrekknisse des Jahres 1875 erlebt, das 7 Millionen Menschen vertilgt haben soll oder dass ebenso auch in Persien, in Armenien u. $. w. (vergl. Arzruni, die Hungersnoth in Türkisch-Armenien, Ti- flis, 1880) während ich dieses schreibe der Hunger wüthet. Darf unter solchem Damokles-Schwerte ein europäi- scher Staat, der sich zur Kultur-Mission hinzugedrängt hat, oder dazu gedrängt wurde, sich bei dem offiziellen Berichte beruhigen: «Das Schikksal des Landes hänge vom April- oder Mai-Regen ab? Diese Betrachtungen mögen uns als Warnung dienen, aber die etwa 5000 Werst von den Engländern gegra- benen Kanäle, von denen etwa 1000 schiffbar sind, so wie die an 100000 Sammelteiche welche Bengalens Tief- ebene besitzen soll müssen uns zum Nacheifern an- spornen. Im Vorübergehen mag hier dessen erwähnt sein, dass trotz der nun bald vor 30 (1853; schon 1848 baute Butakov den ersten Schooner auf dem Aral) Jahren durch den Staat auf dem Ssyr eröffneten Dampfschiff- fahrt, sein Wasserspiegel völlig unbelebt ist. Die Dampf- schiffe (wegen der vielen Windungen, wegen der wech- selnden Untiefen, wegen der bei schwellendem Strome schwierigen Strömung, die den Lauf der Schiffe bis zu 4 oder 5 Werst in der Stunde herabdrükkt) führen zu ganz unbestimmten Terminen, nur Ladungen der Re- gierung, und auch diese nur vom Mai bis zum Oktober. Erst oberhalb Dshulek sind die Ufer des Ssyr geak- kert; weiter abwärts sind sie völlig unbewohnt. Nur ein einziges Fischerboot kam mir auf der ganzen Reise zu Gesicht, das Einem der verschikkten Ural-Kosaken ge- hörte. Nicht ein Mal eines der merkwürdigen Schilfflösse (Ssalami) oder aufgeblasene Lederschläuche (T. B. 1875, № 15) der als vorzügliche Schwimmer berufenen Kirgisen, gelang es mir aus eigener Anschauung kennen zu lernen. Man hat es also hier nicht etwa mit jener, das Wasser verabscheuenden ja fürchtenden Bevölkerung zu thun, wie es die Steppen-Mongolen sind. Nichtsdesto- weniger stellte sich mir die Wasserfläche des Ssyr noch unvergleichlich öder dar als die wüste Steppe, und das 30 Jahre nach Eröffnung der Dampfschiffahrt auf diesem Flusse! und ohne dass hier ungewöhnliche Hindernisse zu bewältigen wären, denn auch die Schwierigkeiten der Beschaffung der Steinkohlen dürfen nicht als ganz aus- serordentlich bezeichnet werden. Von Ausdehnung der Schiffahrt bis über die Stromschnellen von Begowat (unterhalb Chodshent) hinaus, ist überhaupt noch die 184 А. т. MIDDENDORFF, ЕЕВСНАМА. In Ferghanä, wo freilich der Ssyr nur Uebersatzfähren, Flachböte von 4 bis 7 Faden ‚ Länge, und flussab geflösstes Holz trägt, im Uebrigen aber nicht ein Mal einen Fischerkahn, hat es allerdings mit Bevorzugung der Schifffahrt keine Noth. Jedoch weiter flussabwärts, am mittleren Ssyr, und am unteren, bis in die Umgegenden von Kasalinsk hinab ist das Wasser dieses Flusses schon an vielen Stellen für den Getreidebau in Angriff genommen worden, und steht dort den Bewässerungen noch eine grosse Zukunft bevor'). Einen Anlauf dazu sehen wir in dem grossen von der Regierung unternommenen Kanale welcher die Hungersteppe deren Dürre den Weg von Taschkent nach Ssarmarkand auf dem linken Ufer des Ssyr verlegt, zu beleben beabsichtigt). Schon in den Jahren 1869 und 1870 wurde die Gegend von russischen Ingenieuren nivellirt ?), die Ursprungsstelle des Kanales festgestellt. Im Jahre 1873 schritt man an das Werk, und beabsichtigte durch einen Kanal von 100 Einiges über solche Spuren in der Osthälfte der Ki- syl-Kum-Steppe findet man in Маевъ, Матер. для стат. Турк. Kp., II, 1873, стр. 102. Sogar in der Nähe von Taschkent, zwischen Pskent und Uraljskoje wur- Rede nicht gewesen. | Ich kann nicht umhin das fernsichtige Auge der Phantasie jener Unternehmungslustigen zu bewundern, welche bei so bewandten Umständen das Wasser des Amu schon am Usboj fruchtbare Kultur hervorzaubern, | den zur Zeit meiner Durchreise weite Leitungen gezo- den Usboj selbst von Dampfschiffen aus dem Kaspischen | gen, indem man alten Arykspuren nachging. Und wer Meere belebt sehen, und welche durch ihn hindurch, den | hat die einst gegraben? fragte ich. «Selbstverständlich Amu aufwärts schiffend, bis in das Herz Inner-Asiens | Asien» lautete die Antwort. hinein den Waarenverkehr zwischen Europa uud Afgha- Bekanntlich ist die Hungersteppe nur spärlich nistan zu einem Welthandel anwachsen lassen. durch jene landesüblichen Zisternen (Ssardaba) mit Was- 1) Ueber solche Arbeiten im Kasalinsk-Kreise | ser versehen, das durch hohe Gewölbekuppeln kühl er- vergl. die Mittheilung in den Турк. ВЪд. 1879, № 22. Es | halten wird. Für Truppen-Durchmärsche, auf diesem ist da von einem 11 Werst langen Kanale die Rede. Um | geradesten Wege nach Ssamarkand reicht das Wasser Kasalinsk herum traf ich schon zu Anfang Februar die | lange nicht hin. Kirgisen in voller Arbeit an den Dämmen und Zuleitern. Im Jahre 1875 wurde eine Kommission zur Berathung Besonders reich an Spuren früherer Wasserleitungen | dieser Bewässerungs-Unternehmung ernannt (Турк. B&ı. fand ich die niedere Gegend in welcher zwischen Fort | 1875, стр. 4, № 8 und № 18, стр. 94). Es wurde fest- № 11 und Fort Perovskij die Poststrasse in weitem Bogen | gesetzt die Arbeit durch die Landschaft ausführen zu nordwärts drängt. Bei Station Ssemenovskaja zeigten | lassen, 6000 Arbeiter auf 14 Tage aufzubieten und aus sich verlassene Kanäle und Ländereien welche mir als | der Staatskasse zu 5 Kop. pro Kopf an Diäten zu verab- «ausgepflügte» d. h. ausgesogene bezeichnet wurden. | folgen. Das Land sollte in nicht grössere Einheiten als Bei Fort Perovsk arbeiteten gemiethete Kirgisen für | 5 Dess. getheilt und sowohl örtlichen Proletariern als einen Tagelohn von 40 Kop. Bei Mescheuli gab es | russischen Einwanderern verliehen werden (T. B. 1875, wieder viele theils verlassene, theils misslungene Aryk. | № 12, стр. 47). Man ging mit dem Plane um, Verschikkte Bei Jany-Kurgan, Tjumen-Aryk, Dshalpak-Tal | zu diesen Arbeiten zu verwenden (Турк. B&ı. 1875, arbeiteten die Kirgisen an den Aryk, aber hier mussten | стр. 112). schon meist Schöpfräder mitwirken. Die schräge gestell- | Im Jahre 1876 sollen 18,000 Arbeiter an diesem Ka- ten 5/, tiefen Schöpfbecher waren mit Pferdehaar-Strik- | nale gegraben haben (T. В. 1876, стр. 175). ken an dünne Stangen gebunden und gossen ihren In- Das Jahr darauf wurden die Arbeiten am 7. Oktober halt in Holzrinnen aus. Tief in Gruben, welche mit Wei- | aufgenommen und täglich arbeiteten 6!/, bis 9 Tausend den- oder Elaeagnus-Geflecht ausgekleidet waren, arbei- | Arbeiter am Kanale unter Aufsicht von 108 Aufsehern teten die durch Augenkapseln geblendeten Ochsen. Es | und Konduktören. Eine Strekke von 11 Werst wurde ist also falsch dass Schuyler den Unteren Ssyr für | gleichzeitig in Angriff genommen (Землед. Газета, 1878, untauglich zu Bewässerungen erklärt. № 2, стр. 25). 2) Auch dieses Unternehmen folgt Spuren von Be- 3) Маевъ, Матер. для статист. Турк. кр. 1873, Il, wässerungen welche dort in ältester Zeit vorhanden | стр. 270. waren. BEWÄSSERUNGEN. 185 Werst Länge in der Richtung von Tschinas auf Dshisak an 120 Tausend Dessätinen zu bewässern. Die Berechnung stellte die Kosten auf nur 700 Tausend Rubel, bei Ableitung von 1000 Kubikfuss Wasser in der Sekunde. Also keine grössere Auslage als 6 Rub. für die Dessätine verlangte diese Veranschlagung. Gern sind wir bereit zuzugeben, das Projekt habe zu niedrig gegriffen. Und sei es auch das Fünffache so wäre es dennoch ein zu Wucher- zinsen angelegtes Kapital, da die unbewässerbare Steppe um nichts besser wie Unland ist. Im Kaukasus rechnet man im Grossen und Ganzen 100 Rubel Ausgaben für die Dessätine wenn man es unternimmt eine Bewässerung neu zu schaffen. Die Bewässerung des March- feldes aus der Donau ist auf 225 Rub. die Dessätine veranschlagt worden"). Die Bewässerung der Hungersteppe aber ist offenbar gar nicht schwierig. In der Gegend des so wasserarmen Dshisak führen Spuren eingegangener alter Bewässserungen auf Mursa-Rabat los, das mitten in der Hungersteppe liegt. Das Wasser kam ausdem Särafschan-Thale?). Aber auch vom Ssyr zogen sich vor Zeiten Bewässerungen in die Hungersteppe hinein’). Dass die Durchführung dieses Unternehmens in der Hungersteppe so lange auf sich warten lässt ist um so mehr zu bedauern als die in Italien am Cavour-Kanale und in Spanien am Chenares-Kanale, gemachten Erfahrungen genugsam bewiesen haben, dass nur das System des stükkweisen Vorrükkens, wobei sogleich Jahr für Jahr neue Strekken ungesäumt der Akkerung eingeräumt werden, sich ökonomisch gerechtfertigt hat. Die Unternehmer des Chenares-Kanales wurden ruinirt; der vom Staate garantirte Cavour- Kanal trägt bis heute seine Zinsen noch bei Weitem nicht, und das in der blühenden Lom- bardei; wobei aber allerdings nicht zu übersehen ist dass der Kanal nicht unterlassen hat seinen Gründern drei Millionen abzuwerfen. Zieht. sich gleich wie dort die Kultivirung des fertiggestellten bewässerbaren Landes in die Länge so laufen die Anlagezinsen zu hoch auf. In Spanien machte sich der Mangel an Vertrautheit mit den Bedingungen der neu einzu- führenden Wasserwirthschaft, an willigen Kolonen, an Unternehmungsgeist verderblich geltend. In Turkestan ist solch’ ein Uebelstand nicht zu befürchten, die in Europa Unsummen verschlingenden Expropriazionen kommen dort nicht vor, und da die sichere Aussicht, neue Belebung todter Wüsten vermittelst Anbau, Handel und Wandel zu gewinnen, durch den Hin- blikk auf neue Steuerzahler, auf politische Rükksichten, doppeltes Gewicht erlangt, so ist es sicher noch weit hin bis unser Unternehmungsgeist nach dieser Richtung durch ängstliche Erwägungen wird im Zaume gehalten werden müssen. Je rascher wir zu Werke gehen desto leichter kämen wir der schlimmen Betrachtung entgegen, ob nicht der ganze Zuschnitt der neueingerichteten Entrichtungsweise der Abgaben, das unverhältniss 1) Davon wurden allerdings SO Gulden für die Pla- | 5) Schuyler, Turkistan, I, p. 227, 286. Ob der Ssyr nirungs-Arbeiten, 265 Gulden für die Hauptanlage ge- | selbst vor Zeiten hier ein südlicher gelegenes Bette ein- rechnet (Fühling, Landw. Zeit. 1878, ПТ, р. 204). | nahm, wie Wood (р. 93) meint, scheint mir bis auf wei- 2) Туркест. ВЪд., 1880. | tere Nachrichten doch fraglich. Mémoires de l'Acad. Пар. des scionces, VIIme Série. 24 186 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. mässige Steigen des üblich gewordenen Tagelohnes auf 40 und 50 Kopeken, (bei immerhin geringerer Arbeitsleistung, wie solche zur Uebergangszeit von Natural- und Geldwirthschaft überall der Fall ist) ob nicht das Alles Bewässerungs-Arbeiten solcher Art durch freie Ar- beiter ins Werk zu setzen bald unausführbar maçhen wird. Ist die Bewässerung erst da, so kann das in der Lombardei übliche Kolonatsystem auch am Ssyr nicht fehlschlagen. An Ort und Stelle ist in Turkestan bewässerbares Land ausserordentlich gesucht, und überdies wusste man sich schon zu meiner Zeit des Zudran- ges von losen Leuten aus den barbarischen südlichen Khanaten nicht zu erwehren. Da man beim Anzapfen des Ssyr mit der Wassermenge nicht zu geizen braucht, an alteingeses- senen Orten dagegen auf die frühere Wassermenge eine im Laufe der Zeiten bedeutend angewachsene Bevölkerung angewiesen ist und deshalb überall in der Niederung das Was- ser knapp geworden, so kann nur ein Zustrom in die Hungersteppe vorausgesetzt werden der sich dem Zusammenlaufen zu den Goldminen der letzten Jahrzehnde an die Seite setzen dürfte. Was stünde wohldem entgegen dass es — bei einiger Erleichterung und Bezahlung — jetzt eben so gehalten würde wie zu Zeiten der Khane? Wie kam denn eine der jüngsten Schöpfungen, der Jangi-Aryk im Namangan-Kreise zu Stande? Aus jedem Hofe wurde ein Arbeiter aufgeboten'), der mit seinem Ketmen bewaffnet, und ausgerüstet mit eigener Kost, 15 Tage bei der Bewässerungs-Anlage die Arbeit zu leisten hatte. Nach 3 Jahren war ein schwächerer Zufluss hergestellt, den man im Laufe von 10 Jahren erweiterte und vertiefte. Zu den Landeskultur-Arbeiten ist der Eingeborene gewohnt die Frohnarbeit zu leisten, denn überall in den Khanaten geht es seit undenklichen Zeiten so her?): es ist eine selbstverständliche, der örtlichen Natur der Dinge entsprossene Verpflichtung, in welche die Eingeborenen hineingewachsen sind, die ohnehin, von der Militärpflichtigkeit, von der nicht die Rede ist, befreit, dieser gegenüber willig die Last der Kanalarbeit tragen würden. Dergleichen Angelegenheiten dürfen nicht nach europäischem Zuschnitte eingerichtet werden, sondern man bedenke dass schon Herodot von 360,000 Menschen berichtet welche zum Bau eines unnützen Pallastes zusammengetrieben worden waren, man bedenke dass es, ап 2'/, Tausend Jahre vor Lesseps, schon einen Suez-Kanal gab, den «Тг1гетез» beschifiten. Das sind Maassstäbe wie sie den Orientalen seit jeher vor Augen geschwebt; es sind dieselben die dem Suez-Kanal zur Durchführung geholfen. Nicht ein Mal die Sarten allein habe ich im Auge, wenn ich von Arbeitern spreche welche geeignet wären zu grossartigen staatswirthschaftlichen Unternehmungen zusammen- zuwirken. 1) Турк. ВБд. 1880, № 24. Werke sind. Die Beaufsichtiger beziehen einen Tagelohn 2) In Chiwa werden noch heutzutage je 40,000 Men- | von 20 Kop. täglich. schen alljährlich wiederholt zu den Räumungen der Ka- Sogar die Truchmenen, welche keine Arbeiter stellen, näle aufgeboten, und auf Kosten einer besonderen Auf- | bekennen sich zu solcher Verpflichtung durch eine Geld- lage (2 Tenga pro Arbeiter) unterhalten welche die Da- | zahlung (Т. В. 1875, стр. 91). heinigebliebenen so lange zahlen als die Arbeitenden am BEWÄSSERUNGEN. 187 An verschiedenen Stellen des mittleren und unteren Ssyr sah ich Kirgisen im Schweisse ihres Angesichts Dorngestrüppe — von denen in der Hungersteppe nichts vor- kommt — zu Neuland roden, dieselben durch Feuer vernichten, die so gewonnene Steppen- fläche akkern und mit Zuleitern versehen welche mit Hilfe von Schöpfrädern gefüllt wurden. Auch hier folgte man den Spuren alter Bewässerungen, die bis über 30 Fuss Breite hatten und aus dem Ssyr ihr Wasser entnahmen. Auch in der Gegenwart waren es Unterneh- mungen in denen sogar ein Stamm dem anderen zu Hilfe kam. Noch mehr als dieses Zu- sammenwirken fällt aber dabei dem Europäer das Amalgam hochintensiven gewässerten Akkerbaues, mit der Blüthe der Nomadenwirthschaft auf. Denn nur bis zur Beendigung der Saaten hält der grösste Theil dieser Theilhaber Stich; dann aber ziehen die reichen, Unternehmer mit ihren Heerden wohl 10 Breitengrade nordwärts und rükken erst im Herbste wieder zurükk. Nur die Aermsten, durch die Noth geknechtet, bleiben bei den Feldern zurükk, gleich Zugvögeln denen ein böses Geschikk die Schwingen gelähmt. Ob- gleich durchdrungen von Nomadenthum, haben sich die Kirgisen theils durch die Vortheile welche die sesshaften Orientalen aus dem Boden ziehen, theils durch die periodischen Viehsterben in ihren Heerden, durch Seuchen und Glatteis-Hungertyphus zu einem Bes- seren bekehrt. Aber ihr Inneres ist der Bodenstetigkeit so abhold wie jemals, und wer möchte es ihnen verdenken? Welcher freie Rittersmann möchte auch Kopist in einer von Akten erdrükkten Kanzellei werden ')? Das wovon wir ausgegangen sind, die prinzipielle Feststellung dass alles Wasser vor- zugsweise dem Akkerbau zugewendet werden soll, findet seinen Abschluss in dem Hinweise auf den in gewisser Beziehung glükklichen Umstand, noch vollkommen freistehender Ver- fügung über den Oberen Ssyr. Bis zum heutigen Tage dient er zu gar nichts und Niemand macht au ihn Ansprüche geltend. Angenommen nun dass die Wasser des Kara-Darja, nebst den übrigen östlichen An- fängen des Ssyr, einst ökonomisch vollständig verwerthet sein werden, so führen doch die Reste derselben nach ihrer Vereinigung mit dem Naryn eine höchst respektable, einen ganz bedeutenden Fluss vorstellende Wassermasse thalwärts. Es wird die Zeit kommen wo auch diese dem Anbau dienstbar gemacht werden muss. Hier von Beschiffungs-Gedanken ausgehen zu wollen, wäre entschieden falsch. Nur der Ueberfluss kommt der Schifffarth zu. Nachdem wir diesen Standpunkt gewonnen, kommt es nun darauf an zu bestimmen, 1) Um so weniger darf ich den Kirgisen das hoch- ehrenhafte Zeugniss versagen das ihnen mein russischer Postknecht hoch vom Bokke herab spendete: «und dieses «Asien, sagte er, das hier zu so schwerer Arbeit zusam- «mengetrieben wird, wie fleissig arbeitet es! während bei «uns daheim, so wie es Gemeindeleistungen betrifft, bald «dieser seine Pfeife langsam stopft, bald jener zu Busch «geht». Dieses stelle ich Fedtschenko (Путешестве въ Туркестанъ, I, 2, стр. 90) entgegen, mit dem ich aller- dings darin ohne Widerrede übereinstimme dass die Tadshik mehr Anlage zu «Kultur-Eigenschaften» haben als die Kirgisen. — Aber steht nicht, obigem Ausspruche gemäss der Kirgise dem russischen Bauer bedeutend un- verderbter gegenüber ? Jedenfalls lässt sich mit dem Naturvolke Vieles an- fangen, 24* 188 А. у. MIDDENDORFF, КЕВСНАКА. wie gross die dem Landbaue in Ferghanä nöthige Wassermenge wohl sein dürfte und ob das vorhandene Wasser genügt oder nicht. 3 Es ist ein ganz eigenes Ding um das Kennenlernen der Wassermengen die an ver- schiedenen Orten dem Ferghanä-Thale zu Gebote stehen; dazu würde nichtnur ein längerer Aufenthalt, dazu würden eigens für diesen Zwekk behufs des Vergleiches zu unternehmende rasche Ortsveränderungen unerlässlich sein, so lange es noch an Pegeln und regelmässigen Aufzeichnungen des Wasserstandes, an Aufnahmen der Flussbette mangelt, mit einem Worte: an ständigen Beobachtungen welche allein Klarheit bringen können. Der Anblikk des Geröll- bettes, in welchem das fliessende Wasser zu Zeiten niederen Standes oft nur ein minimes Rinnsaal einnimmt, erlaubt jedenfalls nur sehr gewagte Schlüsse; zumal wenn uns die Häu- figkeit und Andauer der Hochfluthen nicht bekannt ist. Als ich im Februar zum ersten Male den Ssyr bei Chodshent sah, den Fedt- schenko!') dort für bedeutender erklärt als der Rhein es ist, erschien mir der Ssyr ein wenig bedeutender Bergstrom der, über Sandbänke und Geröllwehren sprudelnd, nur ge- ringe Wassermengen führte. Weit oberhalb, ich sage oberhalb, an der Fährstelle auf dem Richtwege von Namangan nach Kokan sah ich ihn aber wohl eine Werst breit, maje- stätisch, als rasches aber offenbar tiefes Wasser dahin fliessen, sein Bette bis an die Steil- ufer vollkommen füllend. Es war eben unterdessen der Mai herangerükkt. Noch schlagender zeigte sich mir die Veränderung der Physiognomie eines und des- selben Thales auf dem Wege von Taschkent nach Chodshent. Auf dem Hinwege be- schrieb ich in meinem Tagebuche zu Ende Februar ein vorzeitliches mächtiges Flussbette, dessen rechtes gewundenes Ufer sich mit viele Klafter hohen Steilabstürzen so weit hinzog als das Auge reichte. Das Bette schien ein paar Werste breit zu sein, und zeigte zwei deutliche Uferterrassen, von denen die eine sich nur wenige Fuss über die Sohle erhob. Wasser floss nirgends, aber baar daliegende Gerölle bewiesen dass solches zu Zeiten auch jetzt noch vom Gebirge hinabströme. Als wir, am 9. Mai zurükkehrend, dieselbe Stelle kreuzten fanden wir die Gegend weit und breit überschwemmt und mussten schliesslich unsere Postwagen im Stiche lassen, indem nur auf hohen Arba-Karren, von zahlreichen Reitern unterstützt, bei genauer vor- läufig ermittelter Kenntniss im Zikkzak führender Furthen der Uebergang über das breite, tiefe und reissende Gewässer sich erzwingen liess. Wir überschritten nämlich den Angren, der als nahmhafter Fluss auf jeder Karte verzeichnet steht: sein Bette hatte ich für eines der Vorzeit gehalten, weil ich es wasserleer fand. Allerdings floss hier aber in der Vorzeit unvergleichlich mehr Wasser hinab, und sogar zu Zeiten ärgster Hochfluth wird gegen- wärtig ein nichtiger Theil des früher vom Wasser gehöhlten Bettes gefüllt. Die Höhen- verhältnisse von Berg und Thal haben sich seitdem verändert; Hebungen und Senkungen der Oberfläche, Verlegungen und Durchspülungen sind vor sich gegangen welche dem Was- ser andere Richtungen gewiesen. Il. с: р. 27. u Fa be 2 BEWÄSSERUNGEN. 189 Noch ein zweites Beispiel aus meiner nur wenige Wochen Aufenthaltes umfassenden Erfahrung. Von Jasawan kommend, konnte ich damals — es war erst Anfang April — nicht recht erfassen, wie es möglich sei dass das frühere Dorf in der Wüste wegen Wassermangel verödete, während ich doch, bevorich noch Scharichana erreicht, über mächtig fliessende Adern hinübergekommen war: so über den an 30 Fuss breiten Dshugar den man mir einen Arm des Ulugnar nannte; dann über den Nassyrdin-Beg, der aus dem Schari- chan-Ssaj sich abzweigte und schliesslich über den mächtigen Scharichan-Ssaj, der aus dem Kara-Darja, beim Dorfe desselben Namens, entspringen soll und bei Kulä sowie bei Assake vorbei fliesst. Bei der Brükke die bei Scharichana mich über den Ulugnar führte fand ich den Wasserspiegel dieses Kanales etwa 40’ breit, und mindestens fusstief stürmte in ihm ein dikkschlammiges, bräunliches Lösswasser in reissendem Gefälle zur Salzwüste. Für gewöhnlich, so erläuterte man mir den Fall, gehe man, zumal im Sommer, trokkenen Fusses unter dieser Brükke durch !). Trifft man ein in so seltener Weise wasserreiches Jahr wie es mit mir der Fall war, so meint man überall Wasserverschwendung vor sich zu sehen und hegt die besten Ной- nungen für die Möglichkeit bedeutender Erweiterungen der urbaren Ländereien. Nachdem ich aber in Erfahrung brachte dass dort wo ich Ueberfluss vor mir sah, wo nach allen Seiten hin gleichzeitig Wasser im Uebermaasse sich verbreitete, dass eben dort für gewöhnlich über grosse Wassernoth geklagt wird, stimmte ich meine Hoffnungen bedeutend herab. Es ergab sich dass in anderen Jahren an derselben Stelle eine bestimmte Reihenfolge mit aller Strenge aufrecht erhalten werde, so dass manche Felder wohl zwei Wochen und mehr dürsten müs- sen, bis ihnen spärliches Wasser zukomnt. Es ist demnach ein zu kühnes Unternehmen, die Wassermengen welche Ferghanä zu Gebote stehen, schon nach einmaliger Ansicht oder auch einmaliger Messung — sei sie auch noch so genau — feststellen zu wollen. Was will das sagen wenn andererseits nicht zu läugnen ist, dass die Wassermengen welche die Hochfiuthen wälzen, das Zehnfache, und mehr noch, von dem betragen was im wasserarmen Jahre gewöhnlich dahinfliesst °). Was durch die Leitungsweise des Wassers an Wässerung gewonnen werden kann, das ist in Ferghanä wohl geleistet. Die vieltausendjährige Praxis in dem für jene Gegenden höchst wichtigen Geschäfte der Wasserleitung hat den Leuten allerdings die Hauptregel jeglicher Bewässerung — diejenige dass der Zuleiter stets den höchstmöglichen Punkten des Bewässerungsgebietes zu folgen habe eingeimpft und in der That bietet Ferghanä’s Es = 1) Ein vom Irrigator H. Shilin näher bestimmter | bikfuss Wasser in der Sekunde unbenutzt zum Ssyr Fall ergab an einem Orte dass dort wo wegen steten Was- | flossen, den für gewöhnlich nicht ein Tropfen desselben sermangels lästige Reihenfolgen der Wasserbenutzung | Systemes erreicht. feststanden, im wasserreichen Sommer 1878 nicht nur 2) Danach sind also die Bestimmungen der Wasser- Jedermann sich so viel Wasser zuleitete als ihm beliebte, | mengen zu beurtheilen welche ich nicht unterlassen sondern überdiess an diesem einen Punkte über 400 Ku- | habe im Anhange IV mitzutheilen. 190 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Bodengestaltung fast überall Gelegenheit auch die höchsten Lössmassen anzufeuchten ’). Aber den eingehenderen Bedingungen für diese Hauptregel, welche verlangen, dass der Plan für das Bewässerungs-System jedes Flusses von Hause aus ein möglichst weites Gebiet umfassen solle, dass er mit Berükksichtigung der anstossenden Bewässerungsgebiete ange- fertigt werde, und nicht Anlagekosten so wie Wasserverbrauch durch zersplittertes Vor- gehen jedes Dorfes, jeder Bewässerungs-Genossenschaft für sich?), unmässig erhöhe — diesen Bedingungen hat im Oriente gar nicht genügt werden können, da man auf Schritt und Tritt erkennt dass jedes einzelne Dorf, ja häufig jeder vereinzelte Landbauer, für sich, an ihre Unternehmungen geschritten sind. Man hat lauter zusammenhangslos nebeneinander- gehängte Wässerungen vor sich”). Obgleich sogar an vielen Oertlichkeiten ein Flusssystem dem anderen zu Hilfe herbeigezogen wurde, so sind das doch nur nachträgliche, nothdürf- tige, obgleich immerhin recht grossartige, Nachbesserungen gewesen. Man versuche es an Ferghanä den für Europa gebräuchlichen Veranschlagungs-Maasstab anzulegen, der auf eine Quadratwerst Bewässerungsgebiet, etwa eine Werst Länge des Hauptleitungsgrabens voraussetzt, und die Abweichungen davon, gen zu viel und zu wenig, werden sich schlagend hervorheben. Bei den Eigenthümlichkeiten der politischen Staatengestaltung in Mittel-Asien konnte das nicht anders ausfallen: im Ferghanä-Thale konnte das nicht anders sein, so lange das dortige vielgestaltige Terrain nicht durch eine Flusskarte des ganzen Thales klar gelegt wurde. Dass eine solche zur Zeit meiner Anwesenheit noch nicht in Angriff genommen war, trotz ungewöhnlicher auf Vermessung gerichteter Mühen und Kosten, dass sie auch bis zu- letzt den örtlichen Behörden nicht vorlag, halte ich für den Hauptfehler der in Ferghanä begangen worden. Der Einwurf den man mir gemacht: «die Flusskarte werde sich nach Beendigung aller Arbeiten «von selbst ergeben», weist gerade aufden schwachen Punkt hin. Statt schnurstrakks auf die Hauptsache loszusteuern, in den Wasseradern das Ferg- hanä überreich nährende flüssige Gold zu erkennen, nichtsdestoweniger aber sowohl im momentanen Wassermangel, als auch in des Wassers momentan überfluthenden Ueber- schüssen den ärgsten Feind des Thales zu erkennen, und nun mit gesammelten Kräften, ohne Zeitverlust ihm zu Leibe zu gehen, und ausdauernd daran festzuhalten, hat man Geld und Kräfte in hunderterlei Richtungen zweiter Wichtigkeit zersplittert, in der Hauptsache aber Allzugeringes nur geleistet. Freilich ein Verfahren das uns von Hause aus nicht un- bekannt ist? so dass unser europäisches Russland Ferghanä nichts vorwerfen darf. Von dem Schaden den die Ueberfluthungen anstiften gibt Anhang IV C einen kleinen 1) Hocheben gelegene Flächen die sich wohl zum | serordentlich verlängert worden (Маевъ, Мат. для стат. Akkerbaue eignen, jedoch vom Wasser nicht erreicht | Турк. края, IV, стр. 24). werden können, scheinen den Namen «Tschul» zu 3) BeiMamaj kam der übrigens in Ferghanä seltne führen. Fall vor, dass ein mäandrisch sich schlängelnder Zuleiter 2) Auch sogar in Chiwa sind fast alle Kanäle anfangs | den ursprünglichen und beibehaltenen natürlichen Was- kurz angelegt gewesen und erst im Laufe der Zeiten aus- | serlauf verrieth. | BEWÄSSERUNGEN. 191 Begriff, und andererseits ist es selbstverständlich dass unter der Sonne Ferghanä’s das Wässerungswasser ungleich höher geschätzt werden muss als in der Lombardei wo jeder Liter Wasserzufluss in der Sekunde mit einem jährlichen Wasserzinse von 3 bis 5 Gulden bezahlt wird, wo sich das Anlagekapital für Bewässerungen im Grossen bis zur Höhe von 20%, Zinsen hat im günstigen Falle bezahlt machen können. Auch die wenigen in Angriff genommenen vereinzelten Nivellements sind eben solche verlorene Posten. Nicht Flikkwerk ist in Ferghanä am Platze. Es handelt sich um Hori- zontalkurven die vor Allem aufgenommen und in die Flusskarte grösseren Maasstabes ein- getragen werden müssten. Nur dann erst nach gewonner fester Grundlage würde es mög- lich werden, einen festen Plan für die Berichtigung der bisherigen Wasserbauten der Ein- geborenen festzustellen, um stükkweise, mit dem Wichtigsten voran, zuversichtlich an die Ausführung schreiten zu können. Diese Projekte entwerfen zu lassen, Beobachtungen der atmosphärischen Niederschläge, Pegel- und Limnigraphen-Pluviometer-Evaporimeter-Grund- wasser-Beobachtungen, Messungen der Abfluss-Geschwindigkeiten der Versikkerung, mit einem Worte alle nöthigen hydrologischen Hilfsarbeiten einzurichten; das sind entschieden die Aufgaben für den Kulturstaat der in Ferghanä eingerükkt ist!). In Vielem wird die Thalsohle sich ganz anders als das Gebiet der Vorberge verhalten. Der Ausführung richtig entworfener Pläne, zu augenscheinlichen Erfolg in Aussicht stellenden Unternehmungen sich zu unterziehen werden die Eingeborenen die grösste Bereitwilligkeit zeigen, zumal wenn das so beliebte französische System befolgt würde, indem zu jedem Unternehmen der Art, zu welchem die Interessenten mit '/, der Auslagen sich zusammenfinden, das zweite Viertel vom Bezirk, und die beiden letzten Viertel vom Staate beigetragen werden. Sich auf die in Europa gemachten vorbereitenden Beobachtungen verlassen und auf die aus diesen gezogenen Formeln und Schlüsse Unternehmungen in Ferghanä bauen zu wollen wäre gewiss unstatthaft. Die Mengen der Niederschläge, die Grössen des Ab- und Anschwellens der Gewässer, die Abfluss-Versikkerungs- und Verdunstungs-Mengen derselben, kurz alle hydrographischen Verhältnisse müssen an Ort und Stelle festgesetzt werden, will man nicht weiterhin zum Gespötte der Eingeborenen Veranlassung bieten; denn diese Grössen sind uns noch ganz unbekannt. Die Gefälle der Flusssohlen verlaufen oft sehr abweichend vom Gefälle der Oberfläche des Wassers; die mit Regenmessern ermittelten Be- träge des Regenwassers mitten im Ferghanä-Thale und auf den Rändern der Mulde werden die unglaublichsten Verschiedenheiten dicht neben einander ergeben. Nichtsdestoweniger kann, trotz reichlicher Niederschläge, noch auf Höhen die weit über den Rand dieser Mulde sich 1) Als Mitglied der Akademie der Wissenschaften | geworden. weis ich dass in derselben, im Januar 1877 eine Kom- Es ist am Platze hier zu bemerken dass zugleich mit mission ernannt wurde, welche auf Veranlassung des Ge- | denEvaporimeter-Beobachtungen, Untersuchungen der Ну- neralgouverneurs von Kaufmann eine Instrukzion für | groskopizität des Lössbodens jedenfalls anzustellen sind, Pegelbeobachtungen in Turkestan zu entwerfen hatte. da die Verdunstungsmengen in wesentlicher Abhängig- Seitdem ist mir jedoch darüber nichts mehr bekannt | keit von dieser Bodeneigenschaft sich befinden. 192 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. emporheben der Regen dem Akkerbau zu Zeiten fühlbar fehlen; wie die Bewässerungs- kanälchen beweisen, die noch bei mehr als 8000’ Höhe über dem Meere, hie und da an- getroffen werden '). In Bezug auf die Einwirkungsweise des Frostes hat sich schon eine beachtenswerthe Andeutung hören lassen ?). Abgesehen von dem Hinweise auf die Abwesenheit von Seen oder Sammelteichen welche die Fluthen in der Lombardei mildern, ist dort die Rede von der Verlangsamung der Abflussgeschwindigkeit des Wassers durch die Trägheit welche sich vor dessen völligem Gefrieren einzustellen pflege und Veranlassung zur Bildung von Eiswehren gibt. Mir scheint in diesem Falle von denselben Grundeisbildungen die Rede zu sein welche ich in Sibirien beobachtet, und in meinem Reisewerke eingehend beschrieben habe *). Mit solehen Erscheinungen hat die Praxis der Hydrotechnik ganz wesentlich zu rech- nen. Sie müssen daher sorgfältig studirt werden, und ist es eine der wesentlichsten An- forderungen an die örtliche Verwaltung, derartige Beobachtungen in gründlichster und um- fassendster Weise ungesäumt einzuleiten. Vervielfältigte aber als Theile einer Gesammtunternehmung, eines Generalnivellements, ausgeführte Nivellements werden an unzähligen Stellen die Möglichkeit nachweisen, über- schüssiges Wasser des einen Flusssystemes dem benachbarten zu Hilfe zu schikken, wie das denn auch schon so vielfach von den Eingeborenen mit Erfolg ausgeführt worden, und einen trefflichen Beleg in dem beiliegenden Wässerungs-Kärtchen des Namangan-Kreises findet. Wir sehen auf demselben den Kassanfluss durch den Aryk Kukumbaj nach Sarkend hin sein Wasser erstrekken, obgleich dieses am Flussysteme der Potsch-Ata liegt. Diese Potsch-Ata selbst, sehen wir fingerartig in fünf Wasserläufe gespalten, fächer- förmig ihr Wasser verbreiten, wobei sie durch unzählige Quellen und Quellbäche unter- stützt wird. Nichtsdestoweniger reicht ihr Wasser nicht aus, und da legt sich denn, vom Naryn selbst kommend, der mächtige Jangi-Kanal quer vor, und rettet die Gegend so wie die Stadt Namangan selbst vor Wassermangel. Nichtsdestoweniger heisst es in einem Be- richte dass die ganz unten in der Nähe des rechten Ssyr-Ufers, im Süden von Namangan, liegenden Dörfer *) während des ganzen Sommers, nur 4 oder gar nur 2 Tage lang Wasser von oben erhalten. Nichtsdestoweniger mussten wir gerade bei dem einen dieser Dörfer (Kyrgys-Kurgan) wohl Hundert Schritte weit, uns unseren Furth suchen, und lobte unser Arbakesch (Fuhrmann) Allah in kräftigem Stossgebet als er, durch Stolpern des Pferdes aus dem Sattel geschleudert wohlbehalten aus dem reissenden Wasser hinauf auf seinen Thron klettern konnte. 1) So oberhalb Woruch, vergl. Fedtschenko | шестве на СЪверъ и Востокъ Сибири, I, 1860, стр. 428. (Путешестве въ Туркестанъь, I, 2, 1875, стр. 70). | Ледъ на днЪ рЪкъ. 2) Uljanov in den Турк. B&ı. 1879, № 7. | 4) Kijat, Tasch-Bulak, Tübä-Kurgan, Kyrgys-Kurgan. 3) Sibirische Reise, ГУ, 1, Klima, 1861, р. 454. Путе- | BEWÄSSERUNGEN. 193 Zu Zeiten ist also, wie uns die verwüstenden Ueberfluthungen lehren auch sogar an diesen verschmachtenden Plätzen Wasser im Ueberflusse vorhanden. Könnte es daran über- haupt jemals mangeln da der Naryn, trotzdem dass er den Jangi-Kanal abgegeben, scheinbar ungeschwächt in voller Wasserstärke weiter eilt? Geben wir nur einen einzigen Fuss dem Jangi an Breite zu, und die schmachtenden Dörfer sind versorgt. Wem das übertrieben erscheinen sollte, den muss ich dessen belehren dass eine ein- zige Mühlen-Einheit Wasser dazu genügen kann, um ein ganzes Dutzend Landstellen mit ihren Höfen und Wohnstätten zu beschikken. Schon habe ich oben (p. 161) auf die Gering- fügigkeit mancher Rinnsale aufmerksam gemacht die den Bewässerungen dienen und welche in so grellem Gegensatze zu den exorbitanten Ansprüchen stehen, welche der Schwarzerde unserer südrussischen Steppen eingeräumt wurden, als die Bewässerungsfrage auf der Tages- ordnung der in Odessa versammelten südrussischen Landwirthe stand. Eine Kruschke Wasser, bis zwei, pro Sekunde auf die Dessätine werden zur Noth gewiss genügen ') da man in Italien und Frankreich mit so viel auskommt. Besorgen doch Brunnen mit Hilfe von Schöpfrädern die Bewässerung sämmtlicher Gärten in Karschi, während der Fluss voll- kommen austrokknet?) 4. 1. im Untergrunde fortsikkert. Bei der grossen Gleichmässigkeit des Löss wird man in Ferghanä sehr bald zu fester Bestimmung der nöthigen Wassermengen gelangen können, ja man wird bald zu einer Prä- zision in dieser Angelegenheit gelangen, die wir auf den wechselvollen Bodenarten Europa’s bis heute fruchtlos anstreben. | Die bisherigen Zuleiter in Ferghanà sind, wie wir aus dem bisher Mitgetheilten er- sehen konnten, in vielfacher Hinsicht unrationell angelegt gewesen; das konnte jaauch nicht anders sein, da in Ermangelung des Nivellirens jegliche allgemeine Uebersicht abgehen musste. Auch sind die Kanäle entschieden nicht nach einheitlichem, das Gesammte umfas- senden Plane angelegt worden, sondern haben sich im Laufe der Zeiten aus mehr oder we- niger kürzeren Stummeln bis zu weitem Fernlaufe gerekkt. Daher wird ein über das ganze Ferghanä auszudehnendes General-Nivellement allem Uebrigen vorangehen müssen, nachdem das Nöthigste am Flikkwerke alter Uehel abgethan sein wird. Aus solchem General-Nivellement werden unfraglich Projekte für grosse Umge- staltungen und eine rationellere Benutzung und Vertheilung des Wassers hervorgehen; es werden die zerstörenden Fluthen abgeschwächt werden, da man dann erst im Stande sein wird die Wässerungsnetze verschiedener Flüsse zusammenzuführen: viele Hochwasser be- schränkten sich nur auf einzelne Flussthäler, welche von Wolkenbrüchen heimgesucht wor- den, während das Nachbarthal unbehelligt blieb. 1) Sogar für die Flugsandfläche des Marchfeldes, an | darf unvergleichlich grösser und steigt über 2 Wedro der Donau, wurde !/,, Wedro pro Sekunde genügend be- | 4. 1. his zu einem Kubikfuss. funden. In Norddeutschland wo es gilt den Wiesenflächen 2) Schuyler II, p. 77. mit dem Wasser auch Düngstoffe zuzuführen ist der Be- Mémoires de l'Acad. Imp. des sciences. VIIme Serie. 25 194 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Bisher sind die Kreise Andidshan, Osch, Tschimion und Tschust diejenigen aus denen die geringsten Klagen über Wassermangel hervorgingen. Dagegen haben Namangan, Kokan und Margelan die meisten Klagen geführt. Ersteres muss, da ihm der an Wasser eben so wie an Gefälle reiche Naryn zu Gebote ist, bald anders dastehen. Der Kreis Kokan ist reich an Quellen, die gleichzeitig auf einen höheren Stand des Grundwassers hinweisen. Am meisten ist der Kreis Margelan einer Nachhilfe benöthigt, dessen Wasser meist so weit her sind dass sie aus anderen Kreisen hinzufliessen. Doch schon der Ulugnar wird . Vielem abhelfen. Der Umfassungsring Ferghanä’s ist versorgt. Ueberall leiden vor allen Andern die in der grössten Entfernung von den Gebirgs- wänden, also in der Niederung welche der Ssyr durchschneidet, und in unmittelbarer Nähe desselben gelegenen Ortschaften. Diesen allen wird eine haushälterischere Ausnutzung des Gefälles in Zukunft zu Hilfe kommen. Am entgegengesetzten Ende, d. h. dort wo die Gebirgswasser aus den Felsschluchten hervorbrechen wird sich gleichfalls an vielen Orten das Wasser höher als bisher abfangen lassen, um manche bis jetzt dem Zufalle eines Regens überlassene hochebener gelegene Fläche unter regelmässige Wässerung zu bringen. Im Namangan-Kreise, in Jany-Kurgan wurde ich durch derartige unerwartete Zuleitung zur hoch über dem Thale stehenden Urda!) überrascht. Das was ich oben über die Aus- tritts-Stelle des Ssoch-Flusses in die Ebene berichtet, hat ohne Zweifel in jedem Leser die Ueberzeugung gewekkt, in diesem rohen Naturzustande könne und dürfe das nicht lange mehr bleiben. Nachdem man die oben bezeichneten wissenschaftlichen Grundlagen gelegt, fertig aus- gearbeitete Pläne zu Unternehmungen angefertigt, werden, daran ist nicht zu zweifeln, bei den von der europäischen Technik gebotenen Mitteln, und bei dem Sinne den die Einge- borenen für die bestmöglichste Ausnützung des Wassers haben, in Zukunft noch weite Strekken in Ferghanä unter Kultur genommen werden. Es werden sich Wässerungsver- bände bilden, auf Grundlage der den Interessenten unentgeltlich zur Verfügung zu stellenden Projekte. Noch tost der Naryn mit reissendem Falle — und folglich zu weiter Fortleitung seiner Wassermenge geeignet — nur wenig benutzt, hinab zum Ssyr. Eben so der minder wasserreiche, aber immerhin ansehnliche Kara-Darja. Hier oben, d. i. weitab, bevor diese Wasser sich vereinigen um durch dieses Zusammenfliessen dem Ssyr seinen Ursprung zu geben, der ja weder befischt noch beschifft wird, hier oben muss das Wasser aufgefangen und vermittelst grossartigerer Kanäle als die bisherigen es sind weitab fortgeleitet werden. Dann wird man Wasser genug haben um die fruchtbaren Strekken Ferghanä’s zu ver- doppeln. 1) Feste oder früherer Lustort des Khans. Gegenwärtig vom Wolostj-Aeltesten eingenommen. BEWÄSSERUNGEN. 195 Oberhalb des Jangi sind vor Zeiten dem Naryn rechterseits Zuleiter entnommen ‚ worden, die ich, aller Wahrscheinlichkeit nach von einer Hochfluth durchwaschen, zerstört vorfand. Hier wäre eine Erneuerung der Wässerung gewiss möglich. Links sendet der Naryn erst unterhalb Utsch-Kurgan, drei mächtigere Zuleiter ab'). Sollte sich nicht dem Naryn linkerseits auch höher aufwärts Wasser entnehmen lassen? denn der Majli-Fluss den ich, von Kokan-Kischlak kommend, recht wasserreich traf, soll im Sommer bis- weilen versagen. | Der Kara-Darja, der durch zahlreiche Zutlüsse verstärkt wird, die überdiess nicht zugleich, sondern im Laufe des Sommers von Ende April bis Ende Juni nacheinander schwellen sollen?), wird sicherlich besser ausgenutzt werden können als bisher; sei es durch Ableitungen am rechten”) so wie am linken Ufer. Stammen doch solche Epoche machende Zuleitungen wie der Jangi im Namangan- Kreise, der Ulugnar im Andidshan und Margelan-Kreise, erst aus der Neuzeit. Sobald das was bei Errichtung derselben versehen worden, in den nächsten Jahren verbessert und zu Ende geführt sein wird, steht eine Menge unerlässlicher neuer Unternehmungen vor der Thür. Es wird aber jedenfalls der Verwaltung Ehre machen, dass sie es vorgezogen, zuerst in den Fusstapfen der Khane weiter zu schreiten, das Begonnene zu vollenden, statt mit Neuem glänzen zu wollen, gemäss der Sucht die uns daheim nicht ganz fremd ist. Wir haben noch einer Menge von Spuren der Bewässerungen alter Zeit zu folgen, denn wo man auch nur im südlicheren Asien hingeht, stösst man auf uralte verfallene Wässerungswerke, welche der Gegenwart vorwerfen wie weit sie noch hinter dem zurück ist was einst gross- artig gedieh.‘) An Fingerzeigen für zu unternehmende Erweiterung des Bewässerungsnetzes kann es bei so wasserkundigen und wassergierigen Leuten wie die Eingeborenen Ferghana’s nicht fehlen. Kaum hatte ich mich am Fusse des Hochgebirges aufgemacht um auf den an- liegenden Lösshöhen etwa 4 Werst ostwärts von der Potsch-Ata die Gegenden der wildwachsenden Fruchtbäume mir anzusehen, als auch schon mein kirgisischer Führer mich zu einem Abhang geleitete, um mich von der Höhe die im Angesichte der steilen Kalkwand 1) Sie sollen die Dörfer Kaukö, Tugda und Mar- | leitet werden. gisar wässern. Etwa !/, Werst unterbalb der südlichsten Häuser Utsch-Kurgan’s entspringend hatten sie an 30’ Breite. 2) Ich finde bei mir notirt, dass der Jassy zu Ende April; der Kurschab in der ersten Hälfte des Mai; der Tar zu Anfang Juni, und der Karakuldsha zu Ende Juni gewöhnlich stärkeren Zufluss geben soll. H. Shi- lin selbst meint dass der Kara-Guna mit Leichtigkeit durch Wasser des Kara-Darja verstärkt werden könnte. Durch Erweiterung und Vertiefung des Aryk Kara- basch, der durch das Dorf Buta-Kara geht, könnte das Wasser des Kara-Guna in den Khan-Aryk se- 3) Auf diesem fand ich von Aim bis Kokan-Kisch- lak viel überschüssiges Wasser um die Mitte des April vor. Es floss unbenutzt in den Ssyr ab. 4) Man vergleiche was wir über Bewässerungsspuren in Trausbaikalien (p.1, Anm.1) am Mittel- und Unterlaufe des Ssyr (р. 184, Anm. 1) gesagt; man gedenke der Spuren an den alten Betten des Abflusses den der Oxus (Amu) zum Kaspi hatte. Ja, sogar die im Kaukasus neuesten Datums projektirten Zuleiter zur Mil-Steppe, sollen alten Spu- ren folgen, um 230 Tausend Dess. zwischen dem Araxes und der Kura der Baumwollenkultur zu Gebote zu stel- len (Землед. Газета 1880, № 40, стр. 663). 25* 196 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANÀ. aus zahlreichen, fächerförmig auseinandergezweigten Löss-Schluchten hervorbrechenden Quellzuflüsse des Flüsschens Itakar') sehen zu lassen, das, wie er meinte, vom Karassu ab, und der wasserarmen Potsch-Ata zugeleitet werden müsse. Ihm selbt, der gar keinen Getreidebau übte musste es gleichgültig sein ob das Wasser des Potsch-Ata weitab unter- halb genüge oder nicht; aber Inner-Asien vermag nur an Bewässerung zu denken. Eine fernere Möglichkeit, mit dem vorhandenen Wasser besser auszukommen, würde in der Aufspeicherung des zu Zeiten im Uebermaasse heranfluthenden Wassers zu suchen sein. Noch hat man nicht ein Mal begonnen, dort wo das Wasser zu Zeiten ausbleibt, übri- gens aber kein Wassermangel herrscht, Schluchten die zeitweilig viel Wasser führen, mit Dämmen abzusperren, um in ihnen Wasservorräthe für die dürre Zeit aufzusparen. Die Eingeborenen zeigen allerdings eine besondere Vorliebe für kleine Teiche inmitten ihrer Höfe (Chous), behufs Verrichtung der von der Religion ihnen vorgeschriebenen Waschun- ji ii) INN |! | IN in Ein mit seltener Sorgfalt eingefasster Hausteich, gen. Eben so gehört es zu den Bedürfnissen eines nennenswerthen Dorfes, dass es ausser fliessendem Wasser auch einen dichtbeschatteten Weiher vor seiner Haupt-Moschee sich 1) Ein anderes Mal klang es: Isstogar. BEWÄSSERUNGEN. 197 anlege. Auch lassen Städte und Dörfer es sich angelegen sein hie und da grössere Teiche zu füllen welche, während der Wasserpausen ihrer Reihenfolge, über die Schwierigkeit des zum Hausgebrauche nöthigen Wassers nothdürftig hinüberhelfen. Ja, es gestatteten solche Teiche der Stadt Namangan, nachdem der Wasserzufluss ihr abgeschnitten worden war, sich dennoch gegen unsere Truppen zu halten!). Das ist aber etwas ganz Anderes als solche mächtige Sammelteiche, Reservoire, auf welche ich anspiele und welche, als Monumente des Zusammenvwirkens unzähliger Menschenkräfte, auch ihre fruchtbringende Wirkung auf ent- sprechend grosse Flächen erstrekken können. Nach dieser Richtung bleibt in Ferghanä noch Alles zu thun übrig. Weisen wir beispielsweise auf die Aufstauung des Kuhrad-Flusses (Bend-eh-Kurud) in Persien hin, welche zu Ende des 16. Jahrhunderts vermittelst einer 140’ hohen, 100’ breiten und 30’ dikken Thalsperre ausgeführt wurde; weisen wir auf den jedem Schulknaben bekannten See Möris hin, dessen 30’ hohe und 180’ breite Eindämmung sich noch heutzutage sehen lässt. Weisen wir, als auf grossartige Beispiele dieser Art auf die neuerdings mitgetheilten Nachrichten über Bewässerungsbaue auf Ceylon welche lange vor unserer Aera (wahrscheinlich 275 J. v. Chr.) errichtet, durch Kriege der Verwüstung übergeben wurden’). Da ist der Ка]амема-Зее, 30 englische Meilen im Umfange und durch Aufstauen zweier Flüsse vermittelst eines 12 Meilen langen Dammes gewonnen; da der Padawya, der, laut, wohl übertriebenem Anschlag, 1 Million Menschen, während 10 bis 15 Jahre beschäftigt haben dürfte; denn der Damm ist bei 11 Meilen Länge an seiner Basis 160 Fuss dikk und 70’ hoch. Das Bette ist jetzt mit mächtigem Walde bewachsen und ringsum keine Spur von Menschen. Dass der Damm aber schon ein Mal vom König Parakrama-Bahu I. restaurirt worden, lehrt ein Stein-Obelisk, der die Inschrift trägt: «in der Hoffnung in dieser sowohl als in jener Welt Glükkseligkeit zu erlangen.» Hoffnungen dieser Art sind leider schon längst veraltet; kehren wir also zu unseren hoffnungslosen lilli- putanischen Wünschen und Betrachtungen zurükk, unterlassen jedoch nicht daran zu erin- nern dass auch in neuerer Zeit die Franzosen und Belgier sich durch Bauten ähnlicher Art hervorgethan?). Der Klüfte welche zu kleineren Thalsperren in Ferghanä geeignet wären gibt es eine zahllose Menge. Sammelteiche kleiner und kleinster Art müssten über ganz Ferghanä mög- lichst vervielfältigt werden. Sind ‘doch die Eingeborenen geübt genug in der Anfertigung niederer Dämme in Gestalt von Flechtzäunen, hinter denen mit Hilfe von Verdichtungen aus Dshugara-Stengeln, Löss und Steinen, das Wasser mit leichter Mühe gestaut wird. 1) Type. ВЪд. № 44, стр. 183. Wassergehalte von mehr als eine Billion Eimern, eine 2) Report of the 47 meeting of the British Associa- | 60 Dessät. grosse Wasserfläche einnimmt. Der Ueber- tion for Advancement of science, 1878, p. 117. schuss stürzt, nachdem er als Wasserkraft verbraucht 3) In Algier durch einen 90 Fuss hohen Wasserbe- | worden durch Felseinschnitte zu beiden Seiten des Dam- hälter, der den Hebra-Fluss staut; in Belgien durch das | mes hinab. Bassin bei Gileppe, das bei 160 Fuss Höhe, mit seinem 198 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Oft wird es genügen durch eine Absperrung einer geeigneten Thalmündung den Sammmel- teich wenn auch nur wenige Fuss hoch zu stauen. Der Konglomerat- und Lössboden eignet sich ganz vorzüglich zu solchen geringeren Abdämmungen von Niederungen, Bekken, Schluchten wie ich sie im Gebiete der europäisch- russischen Schwarzerde seit 18 Jahren mit Erfolg zur Anwendung gebracht. Das Wesent- liche der Sache beruht darauf dass das Wasser nie und nimmer über den Damm sich er- giessen könne; wobei Durchrisse unvermeidlich wären. Hat man, an passender Stelle, den Damm bis zu der Höhe errichtet die man für nöthig und thunlich erachtet, so muss für einen seitlichen hinlänglich breiten Abfluss gesorgt worden sein, dessen Fläche ein paar Fuss niedriger gelegt wird als die Dammkrone, und so geebnet wird dass das Wasser beim Ueberfliessen, die Fläche ziemlich gleichmässig hoch überdekkt, aber dabei etwas gegen die seitlich stehende Höhenwandung des Thalufers drängt, also im unglükklichsten Falle dort, weitab vom Damme, einreisst. Es hängt von den örtlichen Umständen ab wie weit die Ab- flussebene fortzusetzen ist, bevor dem Wasser das Hinabströmen in die Thalsohle gestattet werden kann. Das Material der Höhenwand das behufs Darstellung der Abflussebene seitlich vom Damme abgegraben wird, dient zum Auffüllen des Dammes. CS N ac die eine Wand der Schlucht. ef Abgrabung in gleicher Flucht mit d. Dammkrone. cd Thalsohle. Jg schwach nach g hin geneigte Abfluss-Ebene. de die gegenüberstehende Wand der Schlucht. kg Steilwand der Schlucht, durch Abgraben von efgh bede aufgeworfener Damm; gefüllt durch entstanden. efgh die abgegrabene Wand der Schlucht. Durch solche einfache, wenig kostspielige Dämme lassen sich weite schwach geneigte Ebenen in zeitweilige flache Seebekken verwandeln, welche, wenn zahlreich und ausgedehnt, für einige Zeit die dörrende Lufttrokkenheit mildern können. Wir schlagen die Menge nöthigen Zuflusses immer zu hoch an. Sikkert hie oder da nur ein fingerdikker Wasserfaden LCR Pur LR : u #1 4 7 À к \ BEWÄSSERUNGEN. 199 hinzu so genügt er oft ein ziemliches Bekken, unter Beihilfe der Tagewasser gefüllt zu erhalten. Denken wir uns, als ein zweites Beispiel, das etwa eine Werst breite, beiderseits von erhobenen Ufern begränzte Geröllmeer bei Ssary-Kurgan (vergl. p. 178, Taf. IV) durch einen Querwall von der Höhe nur einiger Fusse abgedämmt, — sei es durch eine Steinbaute, sei es unter Zuhilfenahme eingerammter Balken — so würde sich hinter diesem Damme eine Wasserfläche von vielen Quadratwersten aufstauen, welche nicht nur als Wasserbehälter nützlich sein könnte, sondern namentlich als Sammelteich durch lange Jahrzehnde hindurch alle die Geschiebemassen aufnehmen könnte welche hier der Ssoch-Fluss hervorspeit. Denn die Wucht des Vorschreitens der Geschiebe nimmt ab im quadratischen Verhältnisse der Verlangsamung des Wasserlaufes. Allerdings müsste der Querwall gleich derart herge- richtet werden, .dass wenn die hinter ihm liegende Fläche einst gefüllt sein wird, er auf der alten Grundlage auch wieder erhöht werden könnte. Wenn man gesehen hat wie Hunderte von Arbeitern zu jedem der 50 in die Geröll- lager hineingewühlten Wasservertheiler für Tage zusammengetrieben werden; wenn man erfährt dass Solches meist mehrmals jährlich, nach jedem Fluthschwalle des Ssoch, sich wiederholt, kann man nicht umhin zu bedauern dass solcher Arbeitsverschwendung, zu oft heissester Arbeitszeit, nicht durch Errichtung eines vorbedachten einheitlich, gemeinsam und gleichzeitig ausgeführten Werkes aller dabei interessirten Dörfer, vorgebaut wird. Durch solchen Damm liessen sich die Köpfe der 50 Zuleiter, und der relative Wasserzulass durch dieselben ein für alle Male feststellen. An beregter Stelle des Ssochflusses sehen wir eines von den ausgedehnten Geröll- betten vor uns, wie sie jeder Wildbach vor sich her zu wälzen die Bestimmung hat. Denn hoch oben an den Firsten der Erdkruste zu nagen, dort die Einschnitte zu vertiefen, das Abgerissene unten anzuschwemmen und, die Feintheile von den groben Brokken sondernd, die Ungleichheiten der Thalfläche auszugleichen ist das Wesen des Getriebes der Wasser- wirthschaft im natürlichen Zustande. In demselben Maasse wie in Ferghanä der Absturz von den himmelhohen Gebirgen jäher in’s Thal hinunterschiesst als in den schroffsten Theilen der Schweiz'), in demselben Maasse geht auch die Zertrümmerung durch die mächtigen Werkstätten der Glätscher, und das Hinabschleifen der Gebirgswälle, im Ferghanä-Thale mächtiger vor sich. Dem Vorbauen gegen Schädigungen ist jedoch in diesem Thale das besonders günstig, dass die betreffenden Ränder der Ferghanä-Mulde bis jetzt vom Fleisse der Menschen ungleich 1) Eine treffliche Parallele zwischen dem Himmälaja | schen Glätscher, dann der «schwertblaue» Himmel und und den Alpen hat in dieser Beziehung Wilson (The | die tropische Vegetazionsfülle welche in die allgemeine abode of snow, 1875) hingestellt. Das Grossartige der Ver- | Gebirgswüste eingesprengt vorkommt, sind dort, im Ge- wüstungen, die öde Einförmigkeit, die Waldlosigkeit, die | gensatze zu unseren Alpen, entscheidend hervorgehoben. Abwesenheit von Seen, die verschütteten, fast unterirdi- 200 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. weniger ausgearbeitet worden sind als ап den entsprechenden Oertlichkeiten Europa’s. Weite Gebiete liegen noch unbenutzt, gleichsam neutral da, und können ohne Expropriazion und ohne Jemanden zu beeinträchtigen den Zwekken allgemeiner Wohlfahrt eingeräumt werden, indem man sie zu Sammelbekken für das verwüstende Geschotter bestimmt. Es liegt auf der Hand dass das eine in der Schweiz kunstvoll angewendete Mittel, sich der übermächtigen Geschiebemassen zu erwehren, in Ferghanä vollkommen unthunlich ist, nämlich die Pflasterung der zu konkaven Rinnen umgelegten, gerade gerichteten Betten der Wildbäche, um, gleich wie auf Rutschbahnen, die Gerölle raschen Ganges thalwärts in die Strombetten der Tiefländer gelangen zu lassen. Daher sind dort wohl solche Sammelthäler angezeigt, wie ich solche einzurichten vorschlage. Sperren derart würden aber noch eine andere Bedeutung gewinnen können. Bei der Betrachtung des Wassers das dem Ferghanä-Thale zu Gebote steht,.lehrt uns ein Blikk auf die Karte dass ausser dem Naryn der als mächtiger Gebirgsfluss, nach weitem ausserhalb Ferghanä gelegenem Laufe, aus dem Hochgebirge hervorbrechend, seinen Namen dem Ssyr zum Opfer bringt, noch eine grössere Anzahl nicht unbedeutender Gewässer dem Ssyr zuströmt. So z. В. die Kara-Darja, die mit ihren verschiedenen aus dem Ost- winkel Ferghanä’s entspringenden Zuflüssen wiederholt als der eigentliche Ursprung des Ssyr-Darja angesehen worden; ferner die Flüsse Kara-Bura, Kurschab, Isfajram, Schachi-Mardam, Ssoch, Isfära, Kassan und noch ein Dutzend unbedeutenderer. In der That haben wir es ja auch mit alle dem Wasser zu thun das von einer Oberfläche herab- rinnt die über hunderttausend Quadratwerst bedekken dürfte; ungerechnet die wirren Fal- tungen zu denen das himmelhohe Gebirge sich gerunzelt hat. Nichtsdestoweniger erreichen in gewöhnlichen Jahren von allen diesen tosenden und oft Verderben speienden Ströme nur 4 den Hauptabfluss, den Ssyr; denn alle die übrigen werden in habgierigster Weise so lange zu einem endlosen Netzwerke von Aryk auseinan- dergezerrt, bis sie im Boden durch Aufsaugung, in der Luft durch Verdunstung, spurlos verschwinden.?) Grosse Zuleiter sieht man wochenlang trokken dastehen, weil einstweilen das Wasser nach anderer Seite beansprucht wird. Höchstens rinnt im Grunde des weiten, mühsam ausgeworfenen Bettes ein jämmerliches Rinnsaal (Itschkilik-ssu) dessen dünner Faden die Bestimmung hat, nothdürftig Trinkwasser?) zu gewähren. Wir müssen uns indessen dieses Schwinden des Wassers nicht durch des Menschen verästelndes Zuthun allein bewirkt denken. Mächtige Geröllager sind es, über welche die Gebirgswasser dahinbrausen. Schon in diesen versinkt eine beträchtliche Wassermenge in 1) Nach Choroschchin (Сборн. crar., 1876, р. 158) | darin nicht beistimmen wenn er im Allgemeinen beson- haben die Orientalen eine besondere Benennung für | dere kleine Gräben für das Trinkwasser herstellen Solche versiegende Gewässer, und zwar «Ssab». möchte. In den allermeisten Fällen wird nichts dem im 2) Dass in dieser Weise viel Wasser verdunstet ist | Wege stehen dass man in den Grund des grossen Zulei- wiss, doch kann ich Nalivkin (Турк. ВЪд. 1880) | ters ein Trinkwassergräbchen einschneidet. BEWÄSSERUNGEN. 201 grössere Tiefen. Der Rest stösst, dort wo er die anstehenden Felswände durchbricht auf die mächtigen Lössmassen welche die Umrandungen der Thalmulde bilden, und hier zeigt sich jene Eigenthümlichkeit in ihrer vollen Gewalt, welche Richthofen als ein allgemeines Merkmal des Landlöss so schön karakterisirt hat. Die im Schwammgebilde des Löss vor- handenen Poren werden vom Wasser erweitert; von der Oberfläche verschwindend bricht es sich Bahn in die Tiefe, wo es auf undurchlassenden Schichten sich seine, oft sehr weitab führenden Wege sucht, bis es schliesslich im Thale, in Gestalt von mächtigen Quellen her- vorbricht. Das sind aber nicht etwa sprudelnde Wasseräderchen wie Europa sie für gewöhn- lich kennt, sondern den Bächen gleichen sie, welche als Schwinden im zerklüfteten Kalk- gebirge plötzlich versinken, um am anderen Orte, eben so gross wie vorhin, aus der Erde wieder hervorzubrechen. Eine zahllose Anzahl solcher Quellen findet sich rings um das Ferghanä- Thal herum. Sie scheinen an der Uebergangszone des Primärlöss in den Sekundärlöss durchzubrechen!) und manche von ihnen erscheinen schon bei ihrem Ursprunge 4 Mühlen stark. Die Einwohner fassen sie unter der Benennung Kara-ssu (Schwarzwasser) zusammen, welche aber auch auf den weiteren Verlauf eines aus solchen Quellen entstandenen Gewässers übergeht, so dass es eine Unzahl von Kara-ssu in Ferghanä gibt. Sogar verschiedene un- brauchbare, weil salzige, Wässerchen die in der Kokan-Margelan Salzwüste meine Wege kreuzten, und vereinigt in den Ssyr sich ergiessen sollen, führen gleichfalls den Namen Kara-ssu. Unter Bulak ist sicher die Quelle selbst gemeint. Offenbar sind es diese Quellstellen gewesen die der sich ansiedelnde Landbauer ап- fänglich vorzugsweise ausgesucht, gleich wie sie jetzt noch vorzugsweise den Winterlagern der Nomaden als Sammelplätze dienen. Als gutartige Privatwässerchen, die keiner ver- wüstenden Bosheit fähig sind, haben sie den Vorzug, mit geringen Leitungskünsten und Nachreinigungen fürlieb zu nehmen. Vollkommen gleichmässig fliessen sie aber auch nicht, sondern sie schwinden oder wachsen je nach dem Fallen und Steigen der Gewässer denen sie ihren Ursprung verdanken. Ueberdies werden manche Quellen?) hergezählt welche in letzter Zeit versiegt sein sollen, und in dieser Beziehung lässt sich nicht leugnen dass die Verwüstung der Wälder einen grossen Theil der Schuld daran tragen muss. Wo Quellen?) zu Dörfern oder Städten führen die Mangel an Wasser haben, da dienen sie häufig als Aushilfe, um dem täglichen Gebrauche zu genügen, so lange das Wasser der Zuleiter, den festgesetzten Reihenfolgen gemäss, Anderen zuströmt. Der in Rede stehende Zuleiter steht eben nicht selten wochenlang trokken. An vielen Orten brechen die Quellen in solcher Menge und Mächtigkeit hervor dass sie für sich allein jahraus jahrein allen Anforderungen des Landbaues genügen. Eine der 1) Ihr Ursprung aus Flussschwinden soll im Kreise 3) Ausser der Benennung «Bulak», kommt noch Chodshent sich besonders deutlich zeigen. eine zweite «Tschaschmä» vor. Bezieht sich diese etwa 2) So 2. В. Ischkara, Bulak-Baschi, Naukent | vorzugweise auf Hochgebirgsquellen? (Type. ВЪд. 1880, № 24). Mémoires de l’Acad. Imp. des sciences, УПше Série. 96 202 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. quellreichsten Gegenden dieser Art durchzog ich, über Chodshawat (bei Osch) zum Dorfe Aim reitend, hinter welchem wir den vermeintlichen Beginn des Ssyr durchwateten. Wir durchschnitten auf dem Wege zum Dorfe eine unabsehbar sich ausdehnende Gras- ebene, die theilweise morastig, theilweise — es war Mitte April — mit Lachen bedekkt war. Grosse Strekken, jetzt von den Heerden der Kirgisen nnd Zigeuner beweidet, trugen auf das Deutlichste die Anzeichen dessen dass stehende Wasser vor Zeiten hier ein noch grösseres Feld bedekkt. Wir erreichten Aim, und vor uns eröffnete sich ein vom Flusse längst ver- lassener Arm, auf dessen alten Ufer, das frühere Lustschloss des Khanes die vielfach zer- rissene Gegend beherrschte. Mehre Klafter tief steil abfallend, senkte sich dieses Ufer zu dem morastigen, theilweise schilfbewachsenen Grunde des alten Bettes. Aus der Uferwand hervor sprudelten aber unzählige arm- und schenkeldikke Quellen, die theilweise so nahe der Oberfläche herangeflossen kommen, dass wo man auch in der oben erwähnten Gras- ebene einen Aryk zu graben unternimmt, derselbe sich schon aus den Quellen füllt welche seine Wandungen abgeschnitten haben. Wasser ist dort vorhanden, mehr als nöthig für jeden beliebigen Reisbau. Man wird mit mir jetzt das riehtige Verständniss für die im Anhang nahmhaft ge- machten Quellengebiete gewonnen haben). Obgleich also ein ganz wesentlicher Theil der Sikkerwasser in Gestalt dieser Quellen wiederum nutzbar wird, so lässt sich doch daran nicht zweifeln dass viel Sikkerwasser dem Ssyr unterirdisch zuschleicht. Wenn man, im Grossen und Ganzen sich den Vorgang des Verbleibes alles von den Höhen hinabrinnenden Wassers schon in Europa so zu denken hat, dass etwa nur die eine Hälfte der Wassermenge dazu gelangt, dem Meere in einer Stromrinne zuzufliessen, dagegen die zweite Hälfte versikkert und verdunstet, so dürften auf die letztgenannten Verluste in Ferghanä nicht unter °/, gerechnet werden müssen ?). Durch Aufsuchen der Sikkerwasser *) am Fusse der umwallenden Gebirge, dort wo sie in die Tiefe versinken wäre ein Abfangen vermittelst undurchlassender Querdämme möglich welche man bis auf den undurchlassenden Untergrund hineinsenkt. Solche Querdämme trei- ben das Wasser an das Tageslicht empor und soll das nicht nur in Europan sonder auch in 1) Auch das grosse Dorf Ssoch in dem ich nur eine Es wird sich damit wohl eben so wie mit ähnlichen Nacht verbrachte, und zwar bei strömendem Regen, soll | Pflanzen die in Europa im Schwange sind, verhalten. lediglich durch Quellen gespeist werden. Die aufmerksame Beobachtung der Schichtenlagerungen 2) In Europa rechnet man etwa 10—150/, auf die Ver- | im Boden, ihrer Neigungen, und des Verhältens der dunstung. durchlassenden zu den undurchlassenden Lagen gewährt 3) Schuyler (Turkistan, I, p. 69), hat sich mittheilen | den Haupthalt. lassen, dass die Kirgisen sich an die bekannte Farbe- Wo der Löss den Konglomeratbänken auf- und an- pflanze Peganum harmala halten, wenn es gilt zu ermit- | lagert, scheint in Ferghanä das meiste Seihewasser sich teln wo Wasser in der Tiefe zu erwarten ist, und wo man | zu sammeln, zumal zwischen beiden sehr durchlässige erfolgreich Brunnen graben kann. Geröllschichten nicht selten sind. BEWÄSSERUNGEN. 203 Buchara geleistet worden sein. In Persien geht man bekanntlich vermittelst Stollen dem Abfangen solcher Sikkerwasser nach, und bei Ispahan soll ein derartiger Stollen sogar nicht weniger als 400 jener Schachte tragen, wie wir sie auf Seite 160, Anm. 2 kennen gelernt. Die Menge der in grösserer Bodentiefe fliessenden Grundwasser wird gewöhnlich sehr unterschätzt; zumal im Winter gewinnt sie oft Bedeutung. Wir müssen es dahingestellt sein lassen ob nicht artesische Brunnen in Ferghanä be- sonders angezeigt wären. Mit Hilfe solcher sind in der östlichen Sahara allein binnen 5 Jah - ren 50 Wasserquellen hervorgezaubert worden, welche fast 3000 Wedro Wasser in der Minute darbieten. Ich, meinestheils, setze in der Tiefe des Ferghanä-Thales Süsswasser voraus. Salzwasser allein lässt den Erfolg des Bohrens fraglich erscheinen, denn an Wasser kann es sicher nicht fehlen. Wo ein Abfangen des Wassers in höheren Lagen nicht thunlich ist, da werden Hebe- werke zu Hilfe kommen müssen, von denen das durch seine glükkliche Gestaltuug ver- wöhnte Ferghanä bisher so gut wie gar keinen Gebrauch gemacht hat. Für solche steht ein gar weites Feld offen, da der Naryn so wie der Ssyr grosse Wassermassen hinabfüh- ren und deren Ufer zum grösseren Theile unangebaut sind. Wasser, mehr als nöthig. Selbstverständlich ist es dass ich hier weder die an hohem Dreifusse aufgehängten Schöpfschaufeln, noch die an anderen Orten des Orients gebräuchlichen primitiven Leder- schläuche im Sinne habe, welche, von einem an einer Welle hin und zurükk gehenden Zug- thiere in Bewegung gesetzt, Wasser emporschaffen. Auch sind die Schöpfräder in Ferghanä bekannt, obgleich nicht gebräuchlich. Das einzige Hebewerk das ich in Ferghanä gesehen stand im Namagan-Kreise, im Jangi-Ssaj, am Wege von Utsch-Kurgan nach Jany-Kurgan!). Es waren zwei Schöpf: reder von 14’?) Durchmesser welche durch die Wasserströmung in dem 30’ breiten Ka- nale in Bewegung gesetzt wurden, so dass sie selbstthätig durch Tag und Nacht wirkten. Aus den Verwaltungs-Akten entnahm ich, dass im Kreise Kokan, ein Dorfbewoh- ner?) am Ssyr selbst ein Schöpfrad errichtet hatte‘). Seinem Beispiele folgten rasch Be- wohner anliegender Dörfer’). Fünf Schöpfräder waren aufgestellt worden, doch hatte nur dasjenige des ersten Erbauers etwa 5 mit Dshugara bestellte Tanap gewässert. Da sank der Wasserspiegel des Flusses, der Apparat hörte auf zu wirken, und die Dshugara ver- dorrte. Die übrigen 4 versagten den Dienst ganz. Ein jedes Schöpfrad war gegen 15 Tilla (an 57 Rubel) zu stehen gekommen. An Unternehmungsgeist fehlt es, wie man sieht, diesen Leutchen nicht; aber wohl an Unterweisung. Diese muss beschafft werden, und ist das doch 1) Vor dem Dorfe Tschartak. 3) des Dorfes Ultarma, namens Ibabulla Rach- 2) Am Euphrat soll es solche selbstthätige Schöpf- | matullin. räder geben welche über 8 Klafter Durchmesser er- 4) in der Nähe des Dorfes Mirsa-Aral. reichen. 5) Kilätschi und Tabaj. 26* 204 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. so leicht, da am Unteren Ssyr gleich wie am Amu alle Frühwässerung nur auf Schöpfrä- dern beruht. Die europäischen Pumpwerke jeglicher Art, zumal die Centrifugalpumpen sind es welche eingeführt werden müssen. Es ist eine unerlässliche Pflicht der Verwaltung durch Aufstellung von Musterpumpwerken, durch Beförderung ihrer Anfertigung an Ort und Stelle, durch Betheiligung an Unternehmung ganzer Gemeinden oder einzelner Persönlich- keiten den Fortschritt europäischen Wissens und Könnens zu beschleunigen. Die amerika- nischen Windmühlenpumpen neuester, billiger Konstrukzion würden fürs Erste dort wohl mehr am Platze sein als der Dampfbetrieb, der bis zur Beschaffung von Steinkohlen zu hoch zu stehen käme. Dass auch diesem eine grosse Zukunft bevorsteht beweisen die Dampf- pumpen, mit deren Hilfe bei Bagdad der Wüste ausgebreitete Kulturfelder abgewonnen worden sind. Die Auslagen sollen sich im Laufe von fünf Jahren bezahlt gemacht ‚haben. Dass eine bessere Ausnützung der zur Winterzeit nur schlecht ausgebeuteten Wässer, vielen Nutzen verspricht, ist augenscheinlich. Weite Salzflächen könnten ausgesüsst, Sand- flächen gefestigt werden, und geht uns die Sologne darin mit vorzüglichem Beispiele voran, da die Winterwässerungen auf den dortigen sandigen Ländereien Wunder leisten. Selbst bei niedrigem winterlichen Wasserstande steht immer noch viel Wasser zu Gebote, da, wegen der ausserordentlich wechselnden Wasserhöhe, die Aryk Ferghanäs auf sehr niedriges Was- ser berechnet sind, und deshalb im Ganzen zu viel Wasser aufnehmen. Eine rationelle Inangrifnahme der Wässerungen wird aber die grösste aller Wohltha- ten durch die Verhüthung der bisher so verderblichen Ueberfluthungen erweisen können, welche ich durch die aktenmässigen Mittheilungen im Anhange IV. С. zu illustriren bemühtge- wesen bin. Unfraglich hat am unerhörten Schwellen der Hochwasser die fortdauernde, reissende Vernichtung der Waldungen im ohnehin spärlich beschatteten Gebirge, einen we- sentlichen Antheil; doch fragt es sich ob ihr bald Einhalt gethan werden wird. Jedenfalts aber ist hierin nur mit der Zeit Abhilfe möglich. Der Fall den ich im Anhange № ГУ vorgebracht, erweist wie leicht, wie billig den zerstörenden Missständen in den meisten Fällen abgeholfen werden kann). Wir haben gesehen dass die einzelnen Zuleiter Ferghanäs regulär, mit einem gerin- geu möglichst gleichmässigen Gefälle von Уи bis ‘4% ursprünglich fortgeführt worden sind. Mithin führen sie keinesweges in einigermaassen gerader Richtung auf den Ssyr los, sondern verästeln sich in breit — bis 50 Werst weit — auseinandertretende Fächerfiguren. Dabei greifen die Verzweigungen der benachbarten Flusssysteme häufig ineinander, und ist das überall benutzt worden, um hier oder dort einem Wassermangel zu Hilfe zu kommen, denn die äussersten Randausläufer jener Fächer müssen natürlicher Weise am wenigsten Wasser 1) Wir haben übrigens leider Leidensgefährten. Da- | thum England, im Allahabad 772 Dörfer durch Fluthen mit unseren Rivalen der Kamm nicht unnöthig schwelle, | zerstört wurden (Barral, Journ. d’Agric. pratique 1878, weise ich hier darauf hin dass noch kürzlich im Kaiser- ! N 24, p. 818). BEWÄSSERUNGEN. 205 erhalten. Da nun die Meeres-Höhe in der die Flüsse aus ihren Gebirgsklüften hervorbre- chen eine sehr verschiedene ist, so sind Sprünge des Gefälles unvermeidlich gewesen. Theils um diese Sprünge zu bewältigen, theils um die Wassermengen, welche hierher oder dorthin zugewendet werden sollen, richtig zu vertheilen sind nun jene Dämme nöthig gewesen von denen schon mehrfach die Rede war. Diese Dämme, uud zwar fast ausschliess- lich solche primitive, theilweise temporäre, wie wir sie oben beschrieben, waren bisher die einzigen Mittel der Ausgleichung; Schleusenwerke fehlten ganz. So billig das war so setzte es doch stete Wachsamkeit und fortwährende Verschwendung sehr bedeutender Arbeits- kräfte voraus. Der so einfache Bau dieser Dämme brachte es mit sich dass sie eben so oft die Ueber- fluthungen verschuldeten, als auch verhütheten. Es kam nur darauf an, an welcher Stelle sie durchrissen wurden, denn dem Andrange stärkerer Wasser widerstanden die meisten nicht. Ja, ich glaube, man erwartete von ihnen das Nachgeben; man baute sie in der Vor- aussetzung so füderlich auf. Hiermit war die eine grosse Ursache der Ueberfluthungen gegeben: nicht ein Mal das urspüngliche, natürliche Flussbette war für den Nothfall offen erhalten worden, wie das in Zukunft jedenfalls Schleusenwerke zu verrichten haben werden. Die ganze Hoffnung ungewöhnlich schweres Hochwasser loszuwerden, beruhte also auf der zersplitternden Vertheilung desselben welche ja so meisterhaft ausgenutzt wird dass bei gewöhnlicher Wassermenge die Zuflüsse den Hauptstrom gar nicht mehr erreichen, Diese Vertheilung allein genügt aber im Nothfalle keinesweges. Indessen ist sie gewiss von grösstem Belange, denn die über ganz Europa in diesem Jahre verbreiteten Nothstände in Folge von Ueberfluthungen haben es auch Blinden sichtbar gemacht dass ungewöhnliche Wassermassen in den auf Durchschnitts - Hochstände eingerichteten Flussbetten — auch den regulirten — nicht Raum genug finden. Entweder müssen grossartige Bekken beschafft werden in denen das Zuviel der augenblikklichen Wassermengen Platz fände, ohne Scha- den anzurichten, oder man verzweigt den Lauf der Wässer schon so hoch am Ursprunge als irgend möglich, und lässt es nun weiter abwärts über weite Wiesengründe, respective Steppen-Niederungen, in wenig schädigender Weise sich vertheilen. Da wo im Januar und Februar der Aryss mich, und den Postenlauf einen Monat lang aufhielt, die Brükke fortriss, den zur Aushilfe gezimmerten Floss sogleich wieder zerstörte und alles mögliche Unheil auf der Steppe anrichtete, konnten wir bei meiner Rükkreise mit den niedrigen Rädern des Tarantass durch das Bette fahren, obgleich zur selben Zeit der Ssyr, weit und breit austretend, uns den Weg verlegte. Wie kommt das? fragte ich, obgleich der Wasser- stand im Ssyr für den Aryss nicht massgebend sein kann: Es war aber eine sehr wasser- reiche Zeit auch für den Aryss. «Man hat das Wasser in die Aryk auseinander geleitet»') war die treffende Antwort. 1) «Воду по арыкамъ разобрали». 206 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Denken wir uns die Gegend in Zukunft noch besser gewässert, das Wasser noch viel mehr «auseinandergeleitet» durch ein verdoppeltes Maschenwerk von Kanälen im Bewässerungs- netze; denken wir uns, dass man an Stelle der grösseren vereinzelten Brükken, zahlreiche kleinere setzte, unter denen das Wasser in geringeren Betten die wehrende Poststrasse durcheilen Könnte, so würden auch hier die Hemmungen durch aussergewöhnliche Fluthen aufhören. . In Ferghanä lassen sich die Vertheilungsmaassregeln überall mit Vortheil ausnutzen, zumal unter Hinzuziehung weiter zeitweilig oder immer unbestellter Felder und Flächen, die man unter Wasser setzt, so dass das Wasser sich auf ihnen verziehen kann. Kommen Sammelteiche von Bedeutung zu Stande so werden sie gleichfalls einen an- sehnlichen Theil des Ueberflusses aufnehmen können. Schliesslich wird es aber doch nicht ohne Schleusenwerke abgehen können, und wird unter deren Hinzuziehung die europäische Technik, den bisherigen Bewässerungen eine ganz neue Richtung zu geben vermögen, zumal aber da nachhelfen können wo für die Aryk von Hause aus ein falches Niveau gewählt worden. Von grösster Wichtigkeit müssen auch die Schleusenwerke dadurch werden dass durch sie eine genaue Regulirung des Wasserstandes ermöglicht werden wird. Ferner lässt sich an vielen Orten die Colmation ins Werk setzen, welche nicht nur schwächeren Eindämmungen durch Erhöhung des Hinterlandes einen besseren Halt gäbe, sondern auch ausgerissene Geröllager und ähnliche unfruchtbare Niederungen in reiches Kulturland umwandeln würde. In Savoien, in Italien, in Frankreich sind Dutzende von Tausenden Hektare, durch dieses Mittel der Kultur zugänglich gemacht worden. Bald lässt man das Schlammwasser fortwäh- rend überrieseln, und hält es nur an gewissen gefährdeteren Stellen durch kleine aufge- worfene Wälle zurück; bald ist es auf Abstehen des Wassers abgesehen und die zu fül- lende Strekke wird dann ringsum eingedämmt. Die zurückhaltenden Wällchen und Dämm- lein werden allgemach erhöht. In den europäischen Kulturgebieten wagt man es nicht, an eine Bewässerung zu ge- hen bevor nicht entwässert, bevor nicht hinreichende Vorfluth gesichert worden. Dort wo, gleich wie in Ferghanä, nur Oasen inmitten weiter Wüstenflächen zu schaffen sind, hat man sich wenig darum gekümmert, wie und wohin das überschüssige Wasser in die umge- bende Wüste abfliesst. Wenn wir in der Vernachlässigung der Vorfluth einen Hauptgrund der verheerenden Ueberfluthungen sehen müssen, so ist damit auch zugleich ausgespro- chen wo nachgeholfen werden muss. Ausser den einzurichtenden Schleusenwerken, welche, wie gesagt, den Eingeborenen ganz fehlten, und, nebst den oben (p. 205) erwähnten Vorbauungsweisen, doch die besten Mittel bieten um den durch häufige Wolkenbrüche, Regenschauer und Hagelwetter verur- sachten Ueberfluthungen unschädliche Wege zu weisen, ist den Strombetten im Thale eine viel grössere Berükksichtigang zu gewähren. Ueberall ist die Frage zu stellen: wo wird, wo soll das übermässige Wasser hin? bei seinem Drängen zum Hauptstrome hin, sobald die BEWASSERUNGEN. 207 Verästelungen in die es sich gewöhnlich auflöst, es nicht mehr zu fassen vermögen. Die in diesem Sinne zu eröffnende Vorfluth muss dem Wasser stets auf kürzestem Wege sei- nen Abfluss zum Hauptstrome ermöglichen. Da’ die den Gewittern entspringenden Wol- kenbrüche lokale Erscheinungen sind, so verlangt jedes grössere Gebirgswasser ein Ab- tlussbette für sich. Wir erkennen in dem Systeme das bei den Eingeborenen obgewaltet hat, eine ausser- ordentlich richtige Methode. Die Bewässerungskanäle zweigen sich von den natürlichen Flussbetten in solcher Weise ab dass bei stürmenden Wassermengen die Hauptgewalt das Geschiebe im ursprünglichen Flussbette mit sich fortreisst, während die Bewässerungs- kanäle darauf eingerichtet . sind, auch bei niedrigerem Wasserstande ihr Wasser dem Flusse mit möglichst geringem Gefälle zu entnehmen, so dass ausser den früher genannten Zwekken solcher Kanalführungsweise, auch das Aufreissen der Ufer, das Versanden und Verschlämmen der Kanäle verhüthet wird'); Geschiebe gar nicht hineindringen. Bei so schwachem Gefälle, bei welchem allein es möglich geworden war die theuren Schleusenwerke vollkommen zu vermeiden, sanken die Unterhaltungskosten auf ihr gering- stes Maass. Schliesslich aber gelangt das Wasser zu einem Punkte an dem durch einen plötzlichen Sturz der hohe Stand desselben über dem Hauptniveau der örtlichen Ebene ausgeglichen werden muss. Diesen Punkt hat der Orientale in die letzten Verzweigungen zu verlegen gewusst, und dort ist auch gleich eine technische Verwendung der in dieser Weise herbeigeführten Wasserkraft zur Hand, welche diesen durch Vervielfachung und Vertheilung des Wassers unschädlich gemachten Sturz vermittelst eines sorgfältiger be- handelten Gerinnes in Zaum hält. Diese Kombinirung zwischengeschobener technischer Ausnutzungen , zwischen das für Bewässerungszwecke geeignetste geringe Gefälle ist eine höchst zwekkmässige. Das Vorwalten des Bewässerungsbedürfnisses so wie das ver- einzelte Vorgehen der Unternehmer, mit nichtigen Anlage-Kapitalien, hat es mit sich ge- bracht dass alle diese Mahl-, Stampf- und Oel-Mühlen an erstaunenerregend kleine Wäs- serungskanäle, nämlich an die Endläufe der für Bewässerung schon ausgenutzten Kanäle versetzt sind”). Man nutzt gleichsam abgebrauchten Dampf aus. Friedlich neben einander wirken Landwirthschaft und Industrie in der Ausnutzung eines und desselben Wassers neben einander. 1) Im Flachlande Chiwa wird Letzterem dadurch be- gegnet dass, sobald die Felder für dieses Jahr der Be- wässerungen nicht mehr bedürfen, man den Kopf des Hauptkanales, da wo derselbe aus dem Amu seinen Ur- sprung nimmt, für alle Wintermonate ganz zudämmt, damit man mit dem Räumen der Verschlämmungen, welche ohnehin viel zu schaffen machen weniger Arbeit habe. Nichtsdestoweniger häuft sich stellenweise der Schlikk 3 bis 4 Fuss tief auf und werden je 40 Tausend Mann auf2 Wochen aufgeboten um das Reinigen auszuführen. Da es aber in drei Aufgeboten geschieht, so werden thatsächlich bis 120 Tausend Mann alljährlich zu diesem Räumen der Hauptkanäle allein aufgeboten. Die kleine- ren Zuleiter werden dorfweise besorgt (vergl. Маевъ, Матер. для стат. Туркест. края, II, 1873). 2) Auf solche kleine Mühlen — Tigermän genannt — stösst man überall, und sollen zur Betreibung eines Müh- lensteines (Tasch, 4. В. Stein, genannt) etwa 5 Kubik- fuss Wasser pro Sekunde nöthig sein. Der Tasch wird bei den Eingeborenen zugleich als Einheit des Maasses für die Wasserstärke eines Zuleiters benutzt; eine Aus- drukksweise, die wir, unter derselben Benennung auch in Persien wiedertinden. 208 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Schon die Wahl der billigsten Ausführungsweise hat es verlangt dass in den Kanä- len Ferghanä’s das Wasser selten zwischen aufgeworfenen Dämmen, über die Umge- genderhoben, dahin fliest. Die Kanäle sind entweder ganz in den Boden eingeschnitten oder zur Hälfte, so dass ein Theil des Wassers von den ausgeworfenen Erdwällen getragen wird; den Eindämmungen unserer Ströme bei Hochwasser entsprechend. Indessen kommt, wie aus den oben skizzirten Schilderungen ersichtlich ist, kein solches Anwachsen der Flussbetten vor wie in Europa durch Auffüllung ihrer Sohlen mit Geschieben. Trotz tausendjährigen Be- stehens lässt sich in Ferghanä nicht eine einzige Wässerung ausfindig machen welche auch nur an den Fall in der Lombardei erinnerte, wo, bei Ferrara, das Wasser schon hoch über den Dächern des Ortes fliesst; in Folge des falschen Systemes des immer höheren und höheren Emporbauens der Eindämmungen, je höher das Bette des Flusses durch stets nachrückende Geschiebe anwächst. Abgesehen von unbedeutenden kleinen Gräben, verfolgen nur einige wenige Ka- näle steile Abhänge, in welche sie hineingegraben sind, bei vermittelst des Auswurfs ver- stärkter Aussenwand. Die in solchen Fällen vorkommende, heutzutage anderweitig so stark angefeindete Sikkerung, ist aber in Ferghanä kaum merklich. Sumpflandschaften welche dieser Sikke- rung zuzuschreiben wären, habe ich nicht gesehen. Nichtsdestoweniger müsste solchen Oertlichkeiten überall nachgespürt werden welche im Stande wären bedeutende Wasser- massen in Zeiten der Noth durch Hochfluthen, in unschädlicher Weise aufzunehmen. Wenn man die Höhe der die Zuleiter einschliessenden Längsdämme so berechnete und ausführte, dass dort wo diese Zuleiter durch hochgelegene aber ebene Flächen führen, die Hochwas- ser frei über dieselben austreten könnten, so würde gleichzeitig ein Aufschlikken der nebenan liegenden Ländereien zum Nebenzwekke erhoben werden. Den Jangi-Aryk des Naryn-Flusses sah ich zu solcher Behandlungsweise die vortheilhafteste Gelegenheit in der Gegend des Dorfes Tschartak bieten. Es fehlt übrigens, wie 5. 209, Anm. 2 gezeigt, nicht an Versumpfungen, welche, so wenig ausgedehnt sie auch sein mögen, doch zahlreich im Thale zerstreut liegen, wodurch die Sumpffieber die sie erzeugen, an die Maremmen, die Campagna und uns zumal an die gefährlichen Gegenden des Kaukasus im Araxes- und Kura-Thale erinnern. Auch im Ferghanä-Thale sind der Oertlizhkeiten nicht wenige an denen Chinin zu den am dankbarsten entgegengenommenen Geschenken gehört '). Ein solcher Stein soll bis 42 Pud Getreide am Tage vermahlen können. Da man die Pferdekraft des Wassers für jeden Stein mit einem jährlichen Pachtwerthe von mindestens 10 bis 15 5.-В. veranschlagen kann, so ergibt sich die grosse produktive Bedeutung der Unmasse solcher Mühlen in Ferghanä. So viel mir bekannt, werden 100 Liter Wasser, bei einem Gefälle von einem Meter in Frankreich einer Pferdekraft gleich gerechnet, und wird dort eine solche Pferdekraft mit wohl 200 Fres. jährlicher Pacht bezahlt. 1) Wie sehr in Turkestan nach allem Neuen gegriffen wird mag der Umstand lehren, dass man dort schon ver- sucht hat, den Sumpfmiasmen durch Anpflanzen von Eu- calyptus globulus entgegenzutreten, der sich in Tages- blättern zum modischen Retter aufgeschwungen hatte, und auch in den Giftgegenden des Kaukasus (Poti, Ssu- chum) versucht wurde. Wie zu erwarten war vernich- tete ihn die Winterstrenge Zentral-Asiens (Type. В$д. 1875) Arcana machen es eben nicht. Er Bet. BEWÄSSERUNGEN. 209 Mir hat geschienen als wäre dem grössten Theile dieser gesundheitsschädlichen Lachen und Seen durch Entwässerung leicht abzuhelfen, indem ich ihr Entstehen auf Unbeachtung der Vorfluthen zurückführe. Freilich tritt aber in dieser Frage der so entschieden gesund- heitswidrige Reisbau in Konkurrenz, der überall Versumpfungen heischt '). Es scheint jedoch dass die Eingeborenen vereinzelte Versuche solcher Abwässerungen schon begonnen haben. Wilkins erwähnt dessen als einer Unternehmung zum Zwekke mehr Akkerfläche zu gewinnen die hinreichenden Humus darbietet. Der grösste solcher Seen welche die Abflusswasser Ferghanä’s aufnehmen ist der mehre Quadratmeilen einnehmende Balyktschi, der die Gegend des Zusammenflusses des Naryn mit dem Kara-Darja, also den Beginn des Ssyr umgibt. Es ist das das erste der drei Klärbekken des Ssyr, deren wir oben (p. 15) erwähnt haben. Selbstverständlich ist es dass die Natur desselben nicht zu verändern sein wird. Bei den kleineren Morast-Seen”) dieser Art fragt es sich immer nur, ob in ihnen das Wasser nicht salzig ist. Bekanntlich fliessen, wie uns der treffliche Fedtschenko gelehrt hat, salzige Wasser sogar auf der Hochsteppe des Alaj, im Süden Ferghanä’s. Ich selbst fand auf dem rechten Ufer des Naryn, im Gebirge, auf 3000 Fuss, und eben so auf den Höhen des Südrandes der Ferghanä-Mulde den Löss von Salz durchdrungen und von Salz- wasser-führenden Quellchen durchfurcht; tiefer abwärts rings in der Umrandung des Fer ghanä-Thales zeigt sich Salz, zeigen sich Soolquellen, und gehen wir noch tiefer hinab so stossen wir auf die ausgedehnte Kokan-Margelan-Salzwüste welche alle Anzeichen eines abgeflossenen Salzsees an sich trägt. Die in dieser letztgenannten Salzwüste dahinschleichen- den Abflussarme Kara-ssu, fand ich in der Südhälfte der Salzwüste?) brakisch, also zum Bewässern nicht tauglich und umgeben von brakischen Lachen, an deren Uferniederungen Salz ausblühte. Diese Arme sammeln sich zu einem gemeinsamen Abflusse Ssary-ssu‘) den ich an dem Westrande der Salzwüste durch flott in die Wüste strömendes Wasser voll- kommen süssgeworden antraf?). Es war zu Ende März, und die Landleute belehrten mich dass schon im kommenden Monate, wenn man die Felder zu bewässern anfange dieselben Jedenfalls sind die gesundheitsschädlichen Wässe- rungslachen in der Nähe bevölkerter Ortschaften nicht zu dulden. Man lese doch zu was für unerträglichen Fie- bernestern die uralten früheren Kultursitze Balch, Khulum, Kundus u.s. w. geworden sind, und das le- diglich durch Vernachlässigung der Abzüge für das her- angeleitete Wasser. Je fruchtbarer die Gegend desto tödtlicher. 1) Auch ist'der Reisbau schon aus den näheren Um- gebungen von Taschkent weiter abwärts an den Tschir- tschik nach Pskent hin, verbannt worden. 2) Kleine Moräste dieser Art gab es sogar in den un- mittelbaren Umgebungen von Alt-Margelan. Auf einen anderen stiess ich, von Woadilj kommend, dicht bei Neu- Mémoires de 1`Асаё Imp. des sciences, VIIme Série. Margelan, am Dörflein Dshujdam. Jedenfalls sind sie, weil entschieden gesundheitsschädlich, in der Nähe be- völkerter Ortschaften nicht zu dulden. Man lese doch nach was für unerträgliche Fiebernester aus so uralten Wohnsitzen wie Balch, Chulum, Kundus u. s. w. ge- worden sind, lediglich durch Vernachlässigung der Ab- züge für das herangeleitete Wasser. Je fruchtbarer desto tödtlicher. | 3) In dem zwischen Kokan, Margelan und Risch- tan belegenen Dreiekke. 4) Bei 10’ Breite traf ich sein Wasser 3’ tief an. 5) War das etwa der See Dam-Kul? der in NO von Begowat verzeichnet ist? 27 210 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Abflüsse stark salzig würden. Auch auf dem gegenüberliegenden östlichen Rande der Salz- wüste!) floss Süsswasser in sie hinein, und verstärkt durch zwei bedeutendere Aryk?) sam- melte sich in dieser Art, bei rascher Strömung eine weit und breit die Nordspitze der Salzwüste überfluthende Wassermenge, welche theils weite Schilfdikkichte unter Wasser setzte theils sich in den hier angewehten Sandbergen verlor, unter denen fortschleichend es sich von Neuem sammelt, die Gegend auf unübersehbare Strekken überschwemmend?), um in den Ssyr sich zu ergiessen. Indessen soll nur im Winter, oder bei ausserordentlichen Hochfluthen der Erguss dieses Wassers in den Ssyr sichtbar sein. Es sind das Wasser die von gar Weitem herstammen. Sie nehmen ihren Urprung aus den Glätscherquellen des Isfajram und Schachi-Mardam; aber gleichfalls aus der Kara-Darja, vermittelst des Ulugnar. Mag es immerhin ein ungewöhnlich wasserreiches Jahr gewesen sein in welchem ich diese Gegenden sah, so war doch, das versicherten die Dorfbewohner, 2 Jahre vorher (1876) das Wasser nicht weniger stark geflossen. Unfraglich ist den ganzen Winter über, und bis hoch in das Frühjahr hinein hier alljährlich eine unbenutzte Wassermasse in Bewegung, welche, wenn sie durch ein grossmaschiges Netzwerk von Aryk über die Fläche der Salz- wüste ausgebreitet würde, dreifachen Nutzen gewähren könnte, indem das Salz aus dem Boden der Wüste ausgelaugt würde, der über dieselbe stürmende Sand durch das Wasser Halt gewänne und endlich auch die Möglichkeit einträte die unabsehbar weite Morastfläche durch ein tieferes Gerinne trokken zu legen und als fruchtbarsten Akker zu benutzen. Bauen doch im Angesichte der Sandberge mitten im Sommer die Kirgisen dort ihre Me- lonen wo wir, bis zum halben Leibe im Wasser watend, zu ihrer Freude den Wildschweinen nachstellten die ihre Pflanzungen plündern. Und was sind denn auch die meisten Reisfelder Anderes als künstlich unterhaltene Moräste? aber freilich unter die Beherrschung des Menschen gestellt. Bei einigen der höher gelegenen Moräste genannter Art muss allerdings bevor man daran schreitet sie abzulassen, in Erwägung gezogen werden, ob ihre Sikkerwasser nicht unterirdisch Quellen speisen, welche irgendwo abwärts zu Täge gehen. Der vielverdiente Fedtschenko*) weist uns sogar einen durch Quellenhöhlen spontan abgeflossenen Sec nach, 1) Bei Kara-Kaltak. 2) Den 1. überschritten wir, von Margelan nordwärts reitend vor Jas-Awan; er war 8’ breit und hiessKara- ssu. Den 2. erreichten wir ungefähr 10 Werst weit von Jas-Awan, in NO-Richtung. Dieser war dort wo ich ihn durchwatete 16’ breit bei 31/5’ Tiefe und wurde wiederum Ssary-ssu genannt. 3) Nach seinem Durchsikkern durch die Sandmassen, im Norden von Jas-Awan, sah ich im Westen davon, bei Ssary-Mamym das Wasser (als Ssary-ssu in 6 bis 7 Armen, deren breiteste 18’ maassen) noch am 4. Mai starkströmende Wassermassen gen NW führen, durch einen unter Wasser stehenden mit schilfigen Gräsern be- | Standenen Sumpf. Die völlige Süsse des Wassers bestand ihre Probe in der Theekanne. Solche Versikkerungen entsprechen offenbar im Klei- nen vollkommen denjenigen mit welchen der Tschu und der Kuragaty sich verlaufen um den Ssaumal-Kul zu füllen, der wiederum seinerseits aller Wahrschein- lichkeit nach einst in der Gegend vom Fort Perovskij sich in den Ssyr eutleerte. 4). 2.197198; BEWÄSSERUNGEN. 211 zwischen Ssoch und Schachi-Mardan, dessen Boden gegenwärtig von Kirgisen bearbeitet wird, und Getreide trägt. Ich kann diesen Gegenstand nicht verlassen ohne eine Frage aufzuwerfen welche die in der Lombardei «Marcite» genannten Wiesen in den Mund legen. Es sind das Wiesen welche in der Winterhälfte des Jahres unter einer schützenden Dekke rieselnden Wassers gehalten werden; zumal um sie gegen strenge Nachtfröste zu schützen. Ist diese Methode in Ferghanä im Gebrauche? warum nicht? während doch die Temperatursprünge des Kontine:talklima sie empfehlenswerth erscheinen lassen, obgleich sie besondere Aufmerk- samkeit heischt. Nur flüchtig wollen wir zum Schlusse dessen erwähnen dass die Wasserfrage vom Standpunkte der Gesundheitspflege, ausser dem oben berührten Umstande der Malarien, noch eine hschwichtige Bedeutung für die Diätetik der übervölkerten Städte gewinnt. Das Trinkwasser ist über alle Beschreibung verunreinigt durch Auswurfstoffe jeglicher Art. Es ist im hohen Grade gesundheitsschädlich, so dass jedenfalls ungerathen wäre dasselbe anders als im gekochten Zustande zu verwenden. Hieraus dürfte denn schon die Nöthigung ersicht- _ lich sein, weshalb der Thee, abgesehen von allen seinen unvergleichlichen Eigenschaften, im Orient zu so allgemeiner Herrschaft gekommen. In solchem Falle empfiehlt der Europäer ohne sich zu bedenken, dass überall Brunnen anzulegen sind. Das war auch mein Begehren als ich in Kokan den Schmutzpfuhl vor mir hatte, aus dem für mich Wasser geschöpft werden sollte. Aber die Brunnen die man dort anlegte haben nur Salzwasser hergegeben, Bohrlöcher würden, denke ich, in grösserer Tiefe auf süsse Sikkerwasser stossen können. In der Administrazion der Bewässerungen radikale Umänderungen vorzunehmen wäre gewiss nicht gerathen. Die althergebrachte Maschinerie arbeitet nicht übel und Alles hat sich in die gewohnte Ordnung eingelebt. Es wäre unbedacht an solchen alten Einrichtungen zu rüt- teln welche ich vielmehr als unerwartetes Beispiel dessen hinstellen möchte wie ein unter der unumschränktesten Tirannei aufwachsendes Volk nichtsdestoweniger fähig ist im Berei- che seines engeren bürgerlichen Wirkungskreises treffliche Selbstverwaltung zu üben. Desto mehr wird unsere Administrazion sich selbst und dem Ländchen in der technischen Partie der Bewässerungen von unabsehbarem Nutzen sein können. Hierher ist die Haupt-Auf- merksamkeit zu richten und halte ich mit meiner Ansicht nicht zurükk, dass in dieser Richtung Unterlassungssünden gut zu machen sind. Die Ausrede dass es an Mitteln gemangelt kann ich nicht annebmen: es hat jedenfalls an gehöriger Konzentrazion aller Mittel, voran auf diesen wichtigsten Punkt der Verwaltung gefehlt. Wir sind eben ein Theil des Reiches das schon anderthalb Jahrhunderte lang eine Akademie der Wissenschaften ziert, während die Volksschulen desselben erst heute ihre Windeln erhalten. Den Nachweis in wiefern an dieser eigenthümlichen Färbung des Gesammtstaates auch Turkestan in den übrigen Ver- waltungsgebieten zu partieipiren schon Gelegenheit gefunden hat, will ich Solchen überlassen welche dieses Gränzgebiet gut genug, aus längerer Anschauung an Ort und Stelle, kennen. 27* 212 А. v. MIDDENDORFF, FERGHANA. Wenn es nicht die Folge bestimmter Absichten war, so mussich es einen sehr unglükk- lichen Zufall nennen, dass, trotz meiner ausdrükklichen Erkundigungen ich, so lange ich mich in Ferghanä aufhielt, nichts vom Vorhandensein oder bevorstehenden Eintreffen eines besonderen Wässerungs-Technikers erfuhr, auf dessen unumgängliche Nothwendigkeit ich wiederholt zurükkkam. Esist,ich freue mich das jetzt nachträglich zu erfahren, diesem Be- dürfnisse abgeholfen. Schon im Juli 1876 wurde, auf Verordnung des Generalgouverneur’s die Stellung eines «Irrigators» für Turkestan Etat-mässig hingestellt und mit gegen 5000 Rub. dotirt, einschliesslich die Ausgaben für Instrumente, Dolmetscher, Dshigitten, Gefährte und Zeichnungen. Ein Jahr später sind in der Turkestan-Zeitung die einstweiligen Verhaltungs- vorschriften für die Angelegenheit der Bewässerungen Turkestan’s und insbesondere der Stadt Taschkent so wie des Kreises Kurama veröffentlicht worden !). Abermals ein Jahr spä- ter, im Juli 1878 wurde der Capt. Shilin vom Topographen-Korps als Irrigator für Ferg- hanä angestellt und entwarf, auf Verlangen des Gouverneurs einen Kostenanschlag für diese Partie. Zu den Posten die in Taschkent bestätigt worden waren, wurde die Zugabe eines Landmessers nebst 2 Konduktören für die Ausführung der Nivellir-Arbeiten vorausgesetzt, wodurch sich der Anschlag auf fast das Doppelte der obigen Summe, auf nahe 10,000 Rub. erhöhte. Mit grösster Zuvorkommenheit würde ich diesem Anschlage zustimmen, und ihn durch die reichlichste Bewilligung für sofortige Ausführung verschiedener Arbeiten ins Werk tre- ten lassen. Denn viel Gefahr liegt im Verzuge, wie aus den weiter unten im Anhange № IV mitzutheilenden Umständen erhellen soll. Nur Solchen welche mit unseren Zuständen wenig bekannt sind darf es auffallen dass keineswegs ein Mann der Spezial-Schule und der einschläglichen Ministerien als erster Irri- gator in Ferghanä aufgetreten ist, sondern ein Militär-Topograph. Wenn es nun ein Mal kein Zivil-Ingenieur sein durfte so würde ich selbst aus alter Erfahrung nur einen solchen empfohlen haben, mit dem Hinweise darauf, wie unumgänglich es wäre, wie unumgäng- licher es mit jedem Tage wird, dass so gut in Taschkent, wie in Tiflis, ein praktisch-ausge- bildeter Kultur-Techniker Liebe und Verständniss für Agrikultur-Hydrotechnik durch Vor- träge wekkte welche sich an die örtliche Praxis anzulehnen hätten. Auf Kosten des Staates angestellt hätte ein solcher die Projekte zu den lobnendsten Unternehmungen zu entwerfen. Das Weitere würde die unvergleichliche Rentabilität solcher Unternehmungen besorgen. Leider scheint der uns gemachte Vorwurf begründet genug zu sein, dass die Bewässerungen in den kaukasischen Ländern, seit sie uns unterworfen sind, jedenfalls keine Fortschritte ge- macht, ja die Anlagen im Araxes-Thale in vieler Hinsicht fehlerhaft eingerichtet worden. Nachdem ich mir in den Berichten die gewissenhafte Weise angesehen, mit welcher der erste Irrigator Ferghanä’s an seine Aufgabe geschritten, während er doch erst im Be- 1) Im Juni 1877 wurde der Major Uljanov, als er- | 1878, M 7). ег Irrigator für Turkestan angestellt (Турк. ВЪдом. | BEWÄSSERUNGEN. 215 griffe war sich in ein neues Fach einzuarbeiten, nachdem ich seinen praktischen Blikk, die Zwekkmässigkeit und Billigkeit seiner Voranschläge erkannt, hätte ich nur das Beste davon hoffen dürfen dass gerade diese Wahl getroffen worden, wenn man mich nicht versicherte dass zeitweilig, schwankende Zustände der Arbeit hinderlich in den Weg treten sollen. Es gilt vor Allem, sich den örtlichen Verhältnissen richtig anzupassen, auf die althergebrachten Erfahrungen der Eingeborenen Rükksicht zu nehmen, sie zu benutzen und Alles möglichst haushälterisch, wie ein hydrotechnisch vorgebildeter tüchtiger praktischer Landwirth es in seinen Privatbesitzungen machen würde, einzurichten. Wer diesen Gesichtspunkt festhält, wird nicht mehr fragen warum die Männer unserer Spezialschule für Wasserbauten einstweilen in Turkestan nicht am Platze sind; ja er wird sich nicht wundern dass schon bei der Erwähnung derselben, die maassgebenden Persön- lichkeiten in Aufregung gerathen. Man darf nur des mit so vielen Hoffnungen begonnenen Zu- leiters zu Taschkent. gedenken, dessen todt geborene Ruinen uns bei der Einfahrt in diese Stadt empfangen '); nur der Geschichte des Baues der Brükke über den Tschirtschik sich erinnern wollen, um jene Aufregungen erklärlich zu finden °). С. Das Wässern. Lälmi und Bogär*) sind zwei gleichbedeutende Worte die man in Ferghanä oft mit verächtlicher Betonung aussprechen hört. Das erstgenannte soll persisch, das zweite sar- tisch sein; sie bedeuten dasselbe was wir Feld nennen, d. h. unbewässerbaren Acker. Solchen treffen wir in Ferghanä im Gebirge, gewöhnlich Kirgisen gehörig und meist, wenn nicht ausschliesslich auf nach Norden gekehrten, vor dem Sonnenbrande sicheren Abhän- gen. Kaum sind die Fröste vorüber so wird gesäet (zwischen Ende Februar und Ende März) um die Winterfeuchtigkeit im Boden und die Frühlingsregen auszunutzen. Es ist fast ohne Ausnahme Sommerweizen, den die Winterstrenge nichts angeht. Es kommen 70fache Erndten im freilich stets undichter gesäeten Bogär vor, und dennoch macht uns etwas entschieden wegwerfendes im Tone des Sarten stutzen. Im An- gesichte der üppigen Gärten und Felder mit denen ein Dorf sich an das andere schliesst, so dass die ganze Gegend zu einer Perlenschnur herrlicher Fruchtgärten zusammenfliesst, wenden sich unsere Gedanken heimwärts und mehr als jemals geben wir dem steppengebo- renen ungarischen Sprüchworte Recht, das die europäischen Wirthschaftsverhältnisse zusam- 1) Vergl. Typkecranckia вБдомости 1875, № 1, стр. 4 | sert, von denen der eine in 30 Werst Entfernung seinen und Schuyler I, p. 103, 324. Ursprung nimmt. 2) Bekanntlich steht Taschkent an keinem natürlichen 3) «Uschri» und «Bus» sollen gleichfalls Synonyme Flussbette. Der nicht bedeutende Ssalar steht ein paar | dieser Wörter sein (Маевъ, Marepiaası, ТУ, стр. 260 Werste ab. Die Stadt wird durch 3 Hauptzuleiter gewäs- | und Brodovskij L. с.). 214 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANÄ. menfasst in dem Ausrufe: «Das Wetter ist der Landwirth». Та wohl sind wir Фе jammer- vollen Knechte des Wetters, und seit Urbeginn an diese Sklavenkette geschmiedet, so dass wir sie als unvermeidlich zu betrachten gewohnt sind. Schliesslich hat auch die Wis- senschaft ihren Segen dazu gegeben und in der Theorie der Landwirthschaft festgestellt dass die Höhe unserer Erndten viel mehr durch die Menge und Vertheilung des Regens als durch irgend einen anderen Umstand beeinflusst wird. In sofern sind also die nimmer versiegenden Wetterklagen des Landwirthes berechtigt. Ein völlig anderer Gedankengang ist es, in den sich der orientalische Akkerbauer hineingelebt hat. Er sieht in den natürlichen Bedingungen seiner Erndten nur beständige Grössen vor sich, mit denen man rechnen kann. Wie der Boden unter dem Pfluge unver- änderlich stets der Löss ist, so bleiben sich auch Licht und Wärme von Jahr zu Jahr gleich und auch die Dürre. Von guten oder schlechten Jahren im Sinne der Redensarten des europäischen Landwirthes ist weniger die Rede, denn alle übrigen Momente sind dem Anbaue günstig und das einzige verderbliche, die Dürre, liegt im Belieben des Land- mannes. Wasser auf das Feld zu schaffen, so viel und so oft als nöthig, ist nicht Sache des Himmels, sondern des Akkersmannes. So denkt er jetzt; so dachte er schon vor ein paar Tausend Jahren, als Herodot zu berichten wusste dass im Euphrat-Thale Weizen und Gerste mit 200fältiger Erndte lohnten. Ein Feld zu dem kein Wasser zugeleitet wor- den, ist nach orientalischer Ansicht vielmehr dem grünen Tische des Hasardspielers zu vergleichen, aber keinesweges der richtige Akker den der Orientale «Obi» auch «Tugaj» nennt. Aus solcher Gedankenfolge und den Erndten welche sich an selbige knüpfen hat sich denn die Thatsache entwickelt dass die meisten Landinhaber nicht mehr als '/, bis °/, Dess. inne haben. Der Besitzer einer einzigen oder gar zweier Dessätinen Landes «Obi» ist schon ein reicher Mann und wer 15 Dess. sein nennen könnte, der dünkte sich so reich wie der Khan selbst'). Unsere Gedanken werden bei dieser Bemerkung wiederum heimwärts gerichtet, zur unvergleichlich fruchtbringenden, und dennoch mit Ferghanä nicht zu ver- gleichenden auch in Kleinwirthschaften zerfallenden Lombardei. Man nehme ihr die Wässe- rungen und sie verbleicht zum gewöhnlichen Alltagsbilde. Wenn nun aber im Durchschnitte die bewässerbaren Ländereien Südeuropa’s den dreifachen Werth der unbewässerbaren haben, bei dungkräftigem Wasser den vier- bis fünffachen, so steigert sich dieser Unterschied in Ferghanä bis zum Fünfzehn- und Zwan- zigfachen. Hier beispielsweise das vier- bis fünffache Korn ?), dort das vierzig- und fünf- zigfache. 1) So auch in Khiwa (Petermann’s Mittheilungen, | ter Treffer. So gab der Bogar-Winterweizen im Jahre 1874, XX, IX, p. 232. 1878, das in Gussar besonders günstig ausfiel, das Dreis- 2) Es widerspricht das keinesweges der Möglichkeit | sigfache (Маевъ, marepiausı, У, стр. 325), ja im selben vorzüglicher, von rechtzeitigen Gewitterregen begünstig- | unerhört günstigen Jahre am andern Orte das 70-fache Le NV ARE the |; 4 Уре KEN Das WÄssERnN. 215 Was ist denn das aber für ein jämmerlicher Boden, der unbewässert so wenig trägt, fragt man die Leute. Und siehe da es ist derselbe prachtvolle 1,033 um den wir jenes Land beneiden — aber das Wasser geht ihm ab. Immerhin säet der Orientale seinen Bogär ganz unter denselben Bedingungen wie wir; sein Bogärfeld ist eben nichts Anderes als unser Akker: der das liebe Nass vom Himmel erfleht. In der dürren Thalebene wo die nätürliche Vegetazion in der Hitze einen Sommer- schlaf hält, wo nur tiefwurzelnde Pflanzen sich zu halten vermögen und von Rasenbildung keine Rede sein kann, da ist allerdings ein bedeutend grösseres Risico vorhanden, als bei uns. Auch tritt deshalb die sonderbare Eigenthümlichkeit ein, dass so wie der Lauf des Winters einen wasserreichen Sommer verspricht die Akkerflächen im Lande rasch wohl um '/; an Ausdehnung steigen. Jedermann rechnet darauf, sich ein Fädchen Wasser für ausge- streutes Sommerkorn erübrigen zu können. Die Bogärfelder steigen dann, im Gebirge beginnend tief in das Thal abwärts, auf die sonst unbebauten Hochebenen des Löss (Adyr). Die meisten Bogärfelder aber werden auf der Umrandung des Thales, in den Vor- bergen oder im Gebirge selbst angelegt, wo dieselben Bedingungen, dieselben Aussichten auf Thau und Regen obwalten wie bei uns daheim. Man baut jedoch lediglich Sommerfrüchte im Bogär, namentlich Sommerweizen, Sommergerste und die beiden Hirsearten. Der Ge- gensatz, der Unsicherheit hier in der Gebirgskühle, dort der Sicherheit im sonnenheissen, reich gewässerten Boden, bedingt den ungeheuren Unterschied, und daraus entspringt wie- derum die Eigenthümlichkeit dass die Landesverwaltung nicht etwa ihr Hauptaugenmerk auf die Basis des Ganzen auf die bewässerbaren Ländereien, sondern gerade auf die Bo- gärfelder zu richten hat. Mit gespannter Voraussichtigkeit hat sie in wasserarmen Jahren und wasserarmer Gegend die von den Bogärfeldern zu erwartende Erndte wohi zu erwä- gen: schlägt diese arg fehl, so tritt Noth ein, und man wolle eine Hungersnoth im Oriente, mit ihrem ganzen Gefolge von unruhigem Wallen und Aufsässigkeit im Volke, von entsetz- lichem Elend, von fürchterlichen Hunger- und Typhussterben '), nicht damit, vergleichen was in Europa gleichfalls Hungersnoth genannt wird. Die Bedeutung welche somit dem Bogar zukommt, ist der sicherste Beweis dafür dass Uebervölkerung im Anzuge ist; was man mir eifrig zu bestreiten gesucht hat. Uebervöl- kerung, sage ich, welche rasche Maassregeln heischt für Erweiterung der bewässerbaren Kulturländereien. Im Kreise Ssamarkand scheint der Bogär-Akker eine um so einschnei- dendere Bedeutung zu gewinnen als der Wasservorrath der dort vorhanden ist offenbar nur zur Wässerung der Leibstükke an Gemüse und Fruchtgärten, Luzernstükken u. d. m. aus- reicht, während andererseits das Gebirge dort sowohl Winterfeuchtigkeit im Boden als auch (Турк. ВЪд., 1880, № 20). Es kommt in Bezug auf die | Ostwinkels vom Andidshan-Kreise eines besonders gün- Bogar-Erndten, ausserordentlich viel auf die Oertlichkeit | stigen Bufes; namentlich die Wolostj Ssu-luan-abat. an. So z. B erfreuten sich die Bogarfelder des äussersten 1) Vergl. p. 183, Anm. 1. 216 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Frühsommer-Régen bietet. Das meiste Getreide wird dort deshalb Bogär gebaut'.) Die örtlichen Feuchtigkeitsverhältnisse in den verschiedenen Gebirgsthälern sind in dieser Be- ziehung von hervorragendster Bedeutung. Wasser, und immer noch Wasser ist für den Orient, für diese Länder «des Durstes» das beständige Losungswort. Ausser der Tränke die es der Pflanzenwelt unmittelbar bietet, und der Dungkraft von der auf Seite 142 die Rede gewesen übt das Wässern noch andere wichtige Nebenwirkungen aus. Die Luft wird feuchter, und das will viel bedeuten: das kommt fast der Wirkung einer Bewaldung der Gegend gleich. Wo stark gewässert wird da sind auch die ausdörren- den, Extreme hervorrufenden Folgen der Entwaldung für das Klima von geringerer Bedeu- tung”). Bei der ausserordentlich hohen Verdunstung welche die Masse der Niederschläge im Sommer bedeutend übertrifft, liefert das die Landschaft bedekkende Netzwerk der Bewässerungen eine unberechenbar grosse Dunstmenge an die Luft ab. Auch dürfen wir voraussetzen dass an den Rändern der Ferghanä-Mulde ein wesentlicher Theil der Thau- bildung die ich dort erlebte, seinen Ursprung aus jenen Wasserdämpfen nahm von denen wir oben sprachen. Sie werden hier, bei ihrer Begegnung mit den kaltem vom Gebirge sich herabsenkenden Luftströmen niedergeschlagen. Auch die im Erdreich vor sich gehende innere Thaubildung?), die Kondensirung von Wasserdampf im Boden und in der Akker- krume muss hier eine besonders kräftige sein, und verdient näher untersucht zu werden. Die bedeutende Ausgleichung der Temperatur welche ein dichtes Wässerungsnetz mit sich bringt ist jedoch nicht allein auf die grössere Luftfeuchtigkeit zurükkzuführen. Das Wasser braucht bekanntlich unter allen Körpern die grösste Menge Wärme um von einem Temperaturgrade bis zum anderen erwärmt zu werden, und diese Wärmekapazität ist sogar fünfmal grösser als diejenige aller Gesteine und Böden. So wird denn die Erhit- zung durch die Sonnengluth gemildert und Wärmevorrath wird angehäuft der dem Pflan- zenleben, gegenüber kontinentaler Nachtkälte, zu gut kommt. Das ist von grossem Belange, da plötzliche Abkühlung des erhitzten Bodens den Kulturpflanzen schädlich ist, worauf ja die alte Hauptregel der Gärtnerei beruht, dass nicht mit kälterem Wasser begossen werden darf, als die Bodenwärme beträgt. In den Zuleitern Margelans sah ich die Wassergewächse freudig grünen als am Rande derselben, im Trokkenen, noch Alles von den scheidenden Winterfolgen gefangen gehalten wurde. Eine anderartige aber in wärmeren fruchtbaren Gegenden ausserordentlich hoch an- zuschlagende Nebenwirkung der Wässerungen ist die Ertränkung der schädlichen Erdgrä- ber und Insekten. Zieles, Hamster, Mäuse, Heuschrekken, Getreidekäfer und Getreideflie- gen, Kornwürmer aller Arten plagen das gewässerte Gebiet Mittelasiens nur als heranwan- 1) Vergl. Маевъ, Marep., У, стр. 281. stellt haben (Wood, the shores of lake Aral; 1876, 2) Am Suez-Kanal, wo es früher zu einzelnen Frösten | p. 322). kam, soll die lindernde Wirkung sich schon herausge- 3) Vergl. р. 43. У: Fr > с 1 Das WÂSSERN. 217 dernde Schadenbringer, welche sich aber nicht festsetzen, noch weniger aber einnisten können. Wie gross diese Wohlthat ist lehrt uns ein Vergleich mit den Leiden der südrus- sischen Steppen in Europa, lehrt uns ein Blikk auf die Gegenden Südfrankreichs in denen die verderbliche Reblaus (Phvlloxera) durch Ueberschwemmung der Weinstökke während einiger Wochen im Winter vernichtet worden ist. In den Ebenen am Unterlaufe der grossen Ströme ist die gleichmässige Vertheilung des aufgelassenen Wassers eine sehr bequeme; das Wasser wird aufgestaut und erhält sich willig in gleicher Höhe, so dass es genügt Abtheilungen des Feldes von 80 Schritten im Durchmesser, und mehr, mit einer gemeinsamen Umwallung zu umgeben und nichts desto - weniger die Umwallung nicht höher als 1’, ja °,’ hoch erhoben zu werden braucht. Auch der Nutzungswerth des Wassers am Unterlaufe des Ssyr ist gross genug: sein Wasser bleibt reich an Basen und Säuren, zumal an Schwefelsäure'), sogar nachdem es das dritte Klärbekken’?) passirt hat. Aber an suspendirt bleibenden Sinkstoffen geht nur der aller- feinste Schlamm mit, so dass Colmation mit diesem Wasser am Unterlaufe des Ssyr nur da möglich ist, wo es dazu an örtlichem Materiale nicht fehlt. In weniger ebenen Bodenlagen, wie solche in Ferghanä häufig vorkommen, gilt es, die Bewässerungseinrichtungen den Unebenheiten des Bodens so vortheilhaft, d. h. mit so we- nig Kraftaufwand als irgend möglich anzupassen. Dafür haben die Orientalen einen siche- ren, praktischen Blikk gewonnén. Wo die Unebenheiten des Bodens es verlangen ziehen sich die umwallten Feldflikke (Pal) bis zu unregelmässig begränzten Polygonen von der Grösse nur weniger Quadratklafter zusammen, und das Wasser wird von einer Feldabthei- lung auf die folgende gelassen, da wir kaum merkliche Terrassen vor uns haben die sich hinter einander reihen. Um nun aber auch regelmässig genug wässern, d. h. das Wasser von der einen Feldabtheilung auf die andere lassen zu können müssen diese unter einander gleich gross gemacht werden. Die Umwallungen sind °/, bis 1’ hoch und an der Basis etwa eben so breit. Innerhalb jeder Umwallung aber lassen sich zweierlei Methoden der Wässerungs- weise unterscheiden, indem entweder die ganze Krume insgesammt unter Wasser gesetzt wird, oder Bete aufgeworfen worden sind zwischen denen das Wasser netzend zirkulirt, ohne jedoch die Stengel oder Halme der Pflanzungen unmittelbar zu nässen, wie das einige Pflanzen, z. В. die Baumwolle, mögen. Ist Luzerne gesäet und eingeschleift worden, so werden, fast fussdicht, Längsfurchen gezogen, in denen nur ganz dünne Wasserfäden abwärts rieseln dürfen damit die zarten Keimlinge nicht fortgeschlämmt werden. Durch ihre tausendjährige Praxis sind die Orientalen zu der richtigen Erkenntniss ge- führt worden, dass nur die rechtzeitige Zuführung des Wassers während jedes einzelnen 1) Vergl.dieWasseruntersuchungen von Prof. Schmidt 2) Vergl. p. 209. im betreffenden Theile dieser Abhandlung. Mémoires de l'Acad. Imp. des sciences. VIIme Serie. 28 218 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Wachsthums- und Vegetazions-Abschnittes der Pflanze, im Stande ist den hôchsten Ertrag zu gewähren. So wie beim Erzuge des Jungviehes gleicht ein späterer überreicher Ersatz den genommenen Schaden nicht aus. Einige Tage, aber kaum eine Woche, vermag die Pflanze bei jener Luftdürre zu dursten ohne Schaden zu nehmen, sei es nun zur Zeit des Keimens, des Schossens oder des Blühens. Somit hält sich der Orientale wo es ihm frei steht, an fest eingehaltenes periodisches Tränken seiner Pflanzen, zu bestimmten Epochen der Vegetazion, nicht aber an sche- matisch festgesetzte Intervalle die nach Tagen gezählt werden. Gern glauben wir es ihm wenn er sagt: am liebsten wässerte er mindestens ein paar Male wöchentlich — doch wer ist so reich. So wie es nun ein Mal knapp steht mit der Gottesgabe bei der Menschenmenge welche auf sie angewiesen ist, wird das Wässern folgendermassen ausgeführt. Zuerst wird im Frühjahr der Boden tüchtig eingeweicht, so dass der Mensch wenn er ihn betritt bis zum Knöchel einsinkt. Dadurch wird die Bearbeitung der erhärteten Krume überhaupt erst möglich. Darauf wird das Spriessen des Keimlings durch Wasserzuschuss befördert. Dann kommt es darauf an, dem Schossen freien Lauf zu geben. Ich sah ein Feld wo gerade zu dieser Zeit das Wasser gefehlt hatte. Der Weizen war im Stroh kaum zwei Span- nen hoch, aber die rechtzeitig gegebene folgende Wässerung hatte die schönsten spannen- langen Aehren zu treiben vermocht. Endlich ist es unerlässlich den Zuschuss der Nahrungssäfte zur Blüthe möglichst zu befördern, jedoch nicht zu Anfang, sondern zur Zeit wann das Getreidekorn milchig vorge- bildet wird. Diese vier Epochen sind es, welche unerlässlich mit Wasserzuguss bedacht sein wollen. Erlaubt die gebotene Wassermenge ein Mehres zu thun, so wird nach Bedürfniss der durst- leidenden Pflanzen verfahren, jedenfalls aber das Reifen der Frucht in einem späteren Sta- dium durch Wasserzufuhr nicht gestört. Die Eingeborenen haben sich im Wässern das richtige Urtheil erworben das wir an unseren Gärtnern zu bewundern Gelegenheit finden. Wenn auch im Allgemeinen reichliches Wässern nur grösseren Vortheil bringt, zumal reiche Wurzelbildung befördert, die voran Noth thut, so giebt es doch der Fälle genug in denen des Guten zu viel werden kann. So z. B. mag die Baumwollstaude weder das unmittelbare, noch das zu viele Wässern. Ueberdiess geht sie zu sehr in Holz und Laub wenn man ihren Schuss durch Wässerung befördert. Dann setzt es wenig Blüthen'). Ist es aber mit dem Wäs- sern dennoch versehen worden, was sich durch ein Gelblichwerden des Laubes und geileWas- sertriebe zu erkennen giebt, so greift der Landmann um so entschiedener zu dem mit Mais, 1) Bardovskij verlangt zwar 175 Blüthen von jeder | man jetzt auszugehen hat um durch eine vollkommnere Staude, doch scheint in Ferghanä selten mehr als die | Behandlung der Pflanzen zu höherem Ertrage emporzu- Hälfte von dieser Anzahl erreicht zu werden, und !/, | steigen. davon dürfte der richtige Durchschnitt sein, von dem Das УАззЕвм. 219 Dshugara, Tabak, üblichen Mittel, und verbricht den Gipfeltrieb, so dass der Saftzufluss sich in die Seitenäste vertheilt, der Längenwuchs aufhört und Blüthenansatz hervorgerufen wird. In diesem Zeitraume lässt man die Pflanzen lieber bis zum beginnenden Welken der Blätter dursten. Dahingegen ist ausnahmsweise der Wasserguss unerlässlich wenn an der Baum- wollstaude das Blühen beginnt, um den Ansatz längerer geschmeidiger Faser hervorzurufen. Die Kunst des Wässerns will gar genau studirt sein; die Pflanzen haben ihre Launen. Schnupftabak z. B. wird stark gewässert; Rauchtabak wenig: so soll es die zu erzielende Güte verlangen. Luzerne will nach jedem Schnitte stark gewässert sein. Melonen verlangen bei Wasser im Untergrunde wenig oder gar keine Wässerung bis die Früchte eigross ge- worden, dann aber nur so häufig wiederholt als ein schwaches Welkwerden der Blätter es anzeigt. Mais, Gerste und Linsen brauchen wenig Wasser, deshalb säet man sie an die äusser- sten Erstrekkungen der Kanälchen (Schak) und begnügt sich, wenn nöthig, mit einmali- ger Wässerung zu der Zeit in welcher die Pflanze in Schuss zu kommen beginnt. Nachfrüchte bekommen überhaupt selten mehr als zwei Mal Wasser, ausgenommen die Möhren welche man vier bis fünf Mal wässert. Vom Reis der fast seine ganze Vegetazionszeit unter Wasser gesetzt durchmacht, wird das Wasser zwischendurch, wenn er giibt, auf ein paar Tage abgelassen, um, wie es wohl irrig heisst, dem Boden die Möglichkeit zu bieten dass er sich erwärme. Mit besonderer Vorsicht wird gewässert bei Aussaat des leichten Luzernsamens der in den Schlamm der abziehenden Wässerung gestreut wird und nachdem er zu keimen be- gonnen noch eine Wochenfrist erhält um sich festzusetzen. Dann erst folgen sich alle 10—14 Tage fortgesetzte Wässerungen. Noch sind unsere Herren Irrigatore zu jung in ihren Aemtern, um uns die genauen Angaben in so festen Zahlen bieten zu können, wie das nicht lange auf sich warten lassen darf. Mit Dank wollen wir den Anfang begrüssen den uns, schon nach meiner Anwesenheit, ein Artikel der Turkestaner Zeitung gebracht hat'). Für das Wirthschaftsjahr 18% ergab sich, an einem bestimmten Orte der Hauptverbrauch des Wassers im Mai, und als mittlerer Bedarf stellte sich im Ganzen heraus: Für das Sommer-und Winterkorn 28, für Gemüse- (Gärten und Felder) 15, für Luzern- stükke, Fruchtbäume und Baumpflanzungen 15, also im Ganzen 58 Wässerungstage. Der Reis aber wurde während der 120 Tage seiner Vegetazionszeit fortwährend unter Wasser gehalten (?). Doch diese letztere Angabe ist offenbar nicht so aufzufassen als brauche das Reisfeld doppelt so viel Wasser wie der übrige Feldbau. In der Lombardei wird das Verhältniss des Wasserverbrauches stets der Proporzion 3:5 gleichgesetzt. 1) Der Irrigatorgehilfe Abramov, in den Турк. ВЪд. 1879 стр, 107. 28* 220 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Gehen wir nun weiter und suchen die Wassermenge näher zu bestimmen welche her- beigeschafft werden muss wenn danach wie oben festgestellt, hinreichend gewässert werden soll, so verläuft sich unser Wissen rasch in einen unzugänglichen Sumpf. Bei Unkenntniss der Wassermengen welche verdunsten und versikkern ist jedwede genauere Berechnung ab- geschnitten. In Bezug auf die Verdunstung wird Ferghanä in еше Menge konzentrischer Zonen zerfällt werden müssen welche untereinander ausserordentliche Verschiedenheiten ergeben werden. Viel gleichmässiger muss das Versikkern ausfallen, da überall derselbe Lössboden den Untergrund bildet, und von den Verschiedenheiten der Wasserkapazität des Bodens, wie sie sich von der verschiedenen Lagerungsweise derselben Bodenbestandtheile abhängig gezeigt haben, hier auch nicht die Rede sein kann. Mit grossen Zahlen rechnend kommen Dohrandt und Schmidt!) zudem Ergebnisse einer Höhe von 0,65 Meter Berieselungswasser für die ganze Kulturfläche Khiwa’s im Ver- laufe eines Jahres. Nach den in Europa auf lehmigen Böden gemachten Erfahrungen dürften 90 bis 100 Wedro pro Minute und Dessätine zu einmaliger Anfeuchtung des Bodens und Erfrischung der auf derselben wachsenden Pflanzen genügen *). Sandiger Boden verlangt !/, mehr, durchlassen- der Sand aber wohl das Zehnfache an Wasser, wenn der Untergrund gleichfalls durchlässig ist. Am anderen Orte wurden, nach einer meiner Notizen, behufs Aufbringung auf die Des- sätine einer 4 Werschok hohen, Wasserschicht von der etwa '/, versikkerte, über 200 Kubiksashen, also über 160,000 Wedro Wasser, und zwar ein Zufluss von nahe 1°, Wedro pro Sekunde, erforderlich befunden. Das wäre also unter gewissen Umständen die für Ueberstauung nöthige Wassermenge. Thatsächlich genügt zum Berieseln wie es scheint eine 10 bis 15 Mal geringere Was- sermenge, also vielleicht Zufluss von 2 bis sogar eine Kruschke pro Sekunde. Wohlverstan- den, bei Kleinkultur. Erwarten wir von unseren Herren Irrigatoren eine recht baldige Erklärung solcher va- ger Annahmen durch Mittelzahlen aus praktischen Fällen, unter genauester Verzeichnung der Verdunstungs- und Versikkerungs Umstände. Wie sich die Eingeborenen bei zu geringen Wassermengen zu helfen wissen haben wir im Abschnitte «Bewässerungen » vielfach kennen gelernt. Arendarenko°) fügt ein interres- santes Beispiel hinzu, aus dem nordwestlichen Theile des Kreises Tschimkent. Weil im dortigen Kara-tau-Gebirge nur 80 Kosch an dem köstlichen Nass theilnehmen können, so geht die Wässerung jahrgangsweise in den Gemeindefeldern herum. Eine Art Sechsfeld- Wirthschaft, mit durch Wassermangel erzwungenen Brachfeldern. 1) Wassermenge und Suspensionsschlamm des Amu- | Hektar und Sekunde genügend befunden (Fühling, Darja, 1877, p. 26. landw. Zeitung, 1878, III, p. 204). 2) Zur Bewässorung der Marchfeldfläche aus der Do- 3) Маевъ, матералы, II, 1873, стр. 43. nau wurde 1 Liter, für Flugsandflächen 1,2 Liter per BODENBEARBEITUNG. 221 D. Die Bodenhearbeitung. Am Schlusse des Februar sah ich den ersten Pflug, vüllig vereinzelt, sich an Neuland versuchen. Während des Märzmonates schien es mir kaum begreiflich wie die Landleute mit ihren Arbeiten rechtzeitig fertig werden wollten. Obgleich es nachts noch empfindlich kalt schien so beruhte das doch mehr auf dem Gegensatze der Temperaturen, welche zwischen 4,5 und 21,5° schwankten. Die Sonne wirkte schon so sehr dass auf einen Fuss Tiefe das in den Boden gesenkte Thermometer nicht mehr unter acht Grad Wärme sank. (Vergl. р. 109). Aber auf offenem Felde der Strahlung zum klaren Himmel ausgesetzt fiel das auf die Oberfläche des Bodens gelegte Thermometer das um Mittag in der Sonne sich bis zu 31° erwärmte, nichts destoweniger am 17. März bis auf 0°; obgleich es beschirmt nicht unter 1,6° hinabging. Man sah nur hie und da, bisweilen eine Werst von einander abstehend ein Paar Och- sen vor dem Pfluge in Bewegung, oder ein kleines Landflikkchen unter Wasser gesetzt. Dass eben Einzelne es thaten, die grosse Menge aber nicht, das beängstigt den Nord- länder der gewohnt ist bei der ersten Möglichkeit des Beakkerns alle Pflüge zu gleicher Zeit hinaus aufs Feld rükken zu sehen. | Ob die Leute zu der Zeit anderweitig beschäftigt waren, oder aus Trägheit feierten, konnte ich nicht ermitteln; jetzt aber vermuthe ich dass die alten Praktiker Recht haben mö- gen wenn sie eine beständigere Temperatur der Luft, eine bedeutendere Erwärmung des Bodens abwarten. Unsere Temperaturen sind eben dabei nicht maassgebend. Gleich wie ich im Ferghanä-Thale die Bäume so ausnehmend spät Blätter treiben sah'), so scheinen dort auch Kraut und Unkraut bei bedeutend höheren Temperaturen als bei uns zu keimen und zu grünen. Es kommt aber wesentlich darauf an dass der Boden hinreichend erwärmt sei und die Lufttemperatur nicht mehr grosse Sprünge mache. Die Pflanzen entwikkeln sich um so üppiger und kräftiger je rascher sie die erste Entwikkelungszeit durchlaufen, ohne durch Ungunst der Temperatur zwischendurch zurükkgesetzt worden zu sein. Zu Anfang April waren viele Dshugara-Felder noch nicht einmal gepflügt, doch hatte allerdings das nasse Frühjahr alle Feldarbeiten verspätet. Den April hindurch stellte sich überall die vollste Thätigkeit ein, ging indessen so gemach vorwärts, dass ich zu Ende die- ses Monates am Nordrande des Ferghanä-Thales?) die Pflugarbeit noch im besten Gange traf. Das landwirthschaftliche Getriebe war aber ein so reges geworden, dass sogar vier- jährige Kinder nach Kräften mithalfen die vorjährigen Stengel nebst Wurzeln hervorzuziehen. Nach Abklopfen des anhängenden Erdreichs wurden diese an den Feldrand getragen und ge- 1) Vergl. S. 238. | 2) Bei Мапа). 222 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. stapelt. Da nach dem ersten den Boden vorbereitenden Wässern 8 Tage lang, bei ищег- dessen gefallenem Regen wohl 14 Tage lang abgewartet werden muss bis der Boden sich zum Pflügen eignet, so wäre es angezeigt rüher an das Wässern zu schreiten wenn nicht eine höhere Temperatur des Wassers noch länger als die des Bodens abgewartet sein wollte Der in Ferghanä gebräuchliche Hakenpflug (Omatsch) ist einer der primitivsten Wühler der wo möglich aus dem festen Aprikosenholze gefertigt wird, indem sich das hakenförmig gekrümmte Knie des Hakenkörpers bei diesem harten Holze leicht nach Wunsch finden lässt. Oben ist eine kleine Handhabe angesetzt. Die Befestigung der Deichsel im Haken ist ganz razionell so niedrig als möglich angesetzt, um noch ein Pflügen bis zu anderthalb Fuss Tiefe zu gestatten. Flacheres oder tieferes Pflügen wird mit Hilfe der 3 Löcher am Vorderende der Deichsel eingestellt. Das Uebrige erläutern die beigesetzten Maasse zur Genüge. ча x Die Schaar wird, weil das Theuerste am Ganzen, abgenommen und jedes Mal heim- getragen. Sie ist das einzige Eisenstükk am ganzen Geräth. Nachdem sie abgezogen wor- 1) Petzold, Umschau im Russ. Turkestan, 1877, | abgebildete Haken zeigen eine den Hakenkôrper mit der р. 32 und 46 gibt die Abbildung desselben Hakens, | Deichsel festigende Zwinge. In Ferghanä fehlte auch jedoch ohne des Joches zu erwähnen. Beide bei Petzold ! diese. BODENBEARBEITUNG. 293 den wird der Haken, soll er heimgeschleift werden über den Jochbalken gelegt und das Vor- derende der Deichsel schleppt hinter den Thieren her. Eben so primitiv ist der Jochbalken der durch seine Länge, welche 8 Fuss übertrifft, besonders auffällt. Auf meine Frage warum die beiden Ochsen so breit nämlich fast 6’ aus- einander gehalten werden, konnte ich keine befriedigende Antwort erhalten. Es sei nun ein Mal so Sitte, hiess es Vielleicht geschieht es um der Verwundung der Hinterfüsse durch das Eisen zu entgehen. Uebrigens werden sowohl Ochsen, als auch, obgleich seltner Pferde vor den Pflug ge- spannt. Die Pferde sah ich nicht anders als mit je einem Leitseil das durch die Hand des vor der Deichsel einhergehenden Führers geleitet wird, gängeln. Am Sonderbarsten macht es sich wenn ein Pferd neben einem Kameel in’s Joch ge- spannt ist, das regelmässig nicht unterlässt durch herzzerreissenden Altweiber -Geschrei seine grosse Unzufriedenheit kundzugeben. Als Tagewerk (Künläk) sah ich bei 7” Tiefe '/, Dess. pflügen, was jedoch schon in der ersten Tageshälfte zu Ende geführt wird. Mehr muthet man den Ochsen täglich nicht zu; sei es der Hitze, sei es der schweren Arbeit wegen, da das plumpe Geräth viele Zugkraft erfordert. Auf gewässertem Felde wirft dieser Haken mächtige Klösse auf, da der Tadshik ge- nau den richtigen Zeitpunkt beobachtet wann der austrokkende Boden zu zerplatzen begon- nen hat. Dieses Schrumpfen des Löss erspart den Thieren einen bedeutenden Theil der Zug- kraft: die aufgeworfenen Klösse sind schon vorgebildet und durch die breiteren Klüftungen gelöst. Man wartet bis der gewässerte Boden weissliche Flekke zu zeigen beginnt 4. 1. krus- tet, und die Ochsen, so wie auch Pferde nur wenig einsinken. So wird es den Leuten möglich mitihrem Haken, der zugleich einen rohen Untergrund- pflug vorstellt, auch tiefer zu greifen, ja bis 1V, tief hineinzufahren. Für gewöhnlich wird die grösste gewünschte Tiefe jedoch durch Wiederholung des Akkerns erreicht. Uebrigens fand ich, das je weiter vom Grunde des Thales zu dem Rande desselben, desto mehr auch die Tiefe abnahm bis zu der man zu akkern für nöthig hielt. So waren z. B. in Nanaj die Tadshik auch schon von ihren Genossen den Kirgisen angestekkt und wenn sie es diesen nicht ganz nachmachten mit einer Furchentiefe von nur 4” selten 5”, so näherten sie sich ihnen doch schon sehr. Mit eigenen Augen sah ich nur einen Fuss tief pflügen, schenke aber den Versiche- rungen gern meinen Glauben dass zu Wurzelfrüchten der Boden bis 1Y// Tiefe gelokkert wird. Häufig ist es gar nicht auf Tiefe abgesehen und dann maass ich nur 3Y, bis 5” Tiefe der Pflugfurche. Bei so oberflächlichem Pflügen nahm die Furche 10” Breite ein, bei mitteltiefem und zuvor gelokkertem Boden maass ich bis 1Y,) Breite der Pflug- furche. Der Tadshik zieht es jedoch vor, die ungenügende Bearbeitung des Bodens durch eine 224 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. in nordischen Ländern unerhört häufige Wiederholung der Arbeit zurechtzustellen. Nicht nur sucht er in dieser Weise allmälig tiefer und tiefer zu dringen, sondern wenn es auch immer nur dieselbe Erdschicht ist, so versichert er sich doch durch Wechseln der Richtung, durch Kreuzpflügen und Diagonalpflügen, dessen dass die sämmtliche Bodenfläche sorgsam gerührt ist. Man wird ganz misstrauisch gegen die Aussage der Leute wenn sie bisweilen von fünf- zehnmaligem Pflügen zur Bestellung der Dshugara oder des Tabaks sprechen; und doch kommt das vor. Zehn Mal leistet es jeder tüchtige Akkersmann, und zwar nicht nur für die Dshugara, sondern wo nöthig auch für Winterkorn und als Brachbestellung überhaupt. Sogar für den Reis wird nachdem man im Herbste den Akker gestürzt und ihn später noch- mals gerührt, im Frühjahre wohl bis 8 Male der Haken in Gang gesetzt. Auch der Dünger wird, nachdem man ihn untergebracht, durch 2, 3, bis 5 hal nach- folgendes Pflügen mit dem Boden auf das Innigste gemischt. Unter fünfmaligem Pflügen geht es überhaupt nicht leicht ab, doch kommt es sehr da- rauf an wie sorglich die Bearbeitung der Vorfrucht gewesen. Wurde dieselbe behakkt, ge: jätet, und gar gehäufelt, so begnügen sich die gewöhnlicheren Feldfrüchte mit einmaligem oder zweimaligem Pflügen, wonach die Saat eingeeggt wird. Indessen verlangen die Wur- zel- und Melonenfrüchte ungeachtet so vieler Bearbeitungen für die vorangegangene Frucht, dennoch erneute Lokkerung des Bodens durch eine Menge von Pflugfurchen. Das häufige Pflügen und Eggen das mir schon in Sibirien als Nothwendigkeit vor Au- gen trat'), wird in Ferghanä durch die noch grössere Triebsamkeit des südlichen Himmels geheischt. Es gilt des Unkrautes Herr zu werden, und auch dem Krusten und Bakken des Löss entgegenzuarbeiten. Eine geringere Anzahl noch so tiefer, gründlicher Bodenumwürfe vermag die grössere Anzahl der Eingriffe keineswegs zu ersetzen. So urprimitiv der Haken des Orientalen auch ist, so verstehen die Tadshik es doch mit ihm die geeignetesten Kulturarbeiten trefflich zu leisten, und die nicht seltenen Lamen- tazionen russischer Berichterstatter über das unbrauchbare Geräth und die allzuseichte Bo- denbearbeitung können wir nicht als stichhaltig anerkennen. Der Hakenpflug Omatsch ist ein Wühler der zu den Untergrundpflügen hinüberführt. Er dürfte als solcher, indem er, wenn tief gehend, den Untergrund lüftet, den wesentlichen Vortheil vor dem Wendepfluge voraushaben dass der Boden, nachdem er bearbeitet worden, im Sonnenbrande nicht so übermässig ausgedörrt wird. Es ist wahr dass, wenn er bei seichtem Gange als Maulwurf durch das Land fährt, sein Fehler, der unstäte Gang besonders hervortritt; zumal im Neulande dessen Narbe er roh zerreisst wird er rukkweise hin und hergeworfen. Es fragt sich aber dennoch ob der ihm ganz neuerdings nachgebildete für Indien und Aegyppten bestimmte Pflug aus der Fabrik 1) Baraba, p. 13. BODENBEARBEITUNG. 295 von Ransom, Sims und Head}, der hauptsächlich eine längere Sohle und daher unfrag- lich einen stäten Gang bietet, nicht durch diese Sohle mehr schadet als nützt. Sie dürfte im feuchten bakkenden Löss eine Tenne schmieren, und dadurch sehr schaden. Es läge derselbe Fall vor den ich in Livland’s lehmigen Böden dort wo kein Untergrundpflug im Gebrauche ist, nur zu oft zu beobachten Gelegenheit gehabt. Man ist mit Unrecht ausschliesslich auf den Wendepflug übergegangen, statt mit der angestammten verachteten Zoche dann und wann die Tenne zu brechen. Wenn nun gar der neue Indisch-Acgypptische Pflug nur 3 bis 5 Zolltiefeinzudringen bestimmt ist, wie ihm nachgesagt wird, so wird der Tadshik Denjenigen der ihn mit sol- chem Geräthe beglükken wollte, mit gerechter Verachtung von sich weisen. Damit will ich denn auch nichts weiter gesagt haben als dass die Firma Ransom, Sims und Head in Betreff der Bedürfnisse und Leistungen Turkestans, diese Abhandlung beherzigen möge. Dann wird sie, daran darf ich nicht im Geringsten zweifeln, bald genug ein Geräth herstellen, das dem Bedürfnisse des Tiefpflügens, Untergrundpflügens, des An- und Abhäufelns, des Lokkerns und Jätens u. s. w. im Löss sehr vollkomen genügt. Sind dergleichen Geräthe aber nicht schon längst da? Mir scheint es allerdings so, und was den Pflug anlangt so spreche ich mich, wo der Löss gewendet werden soll und darf, entschie- den für die Ruchadloform des Streichbrettes aus. | Bei der mehr als hinreichenden Arbeitskraft die in Ferghanä so schr geübt zu Gebote steht, und bei dem Vorwalten des Kleinbesitzes, so dass eben 15 Dess. schon gewöhnlich den Grossakkerer sonder gleichen, bezeichnen, lässt sich trotz der bisherigen äussersten Pri- -mitivität der Geräthe, mit unseren Vollkommenheiten viel weniger in Ferghanä aufstellen als auf den ersten Blikk vorausgesetzt werden müsste. Die Ausführung der Eggen-Arbeit mit demselben seitlich niedergelegten Hakenpfluge ist freilich die roheste Weise, welche bezwekkt, mit einer Schleife die Klösse zu zerklei- nern’). Auch hier besorgt offenbar die Eigenschaft des Löss, sich beim Austrokknen zusam- menzuziehen und nicht nur im Grossen durchklüftet, sondern auch von einem Netzwerke feinster Spältchen und Risse durchzogen zu sein, die feinere Vorarbeit. 1) Wir verdanken Hrn. Tschernäjev die Mitthei- lung dieser Novität, und die Abbildung derselben in der Землед. Газета 1880, № 18, стр. 293. Seine Eigenschaft bei Anwendung eines breiteren Streichbrettes häufeln zu können, verleiht ihm allerdings eine Wirkungsweise, deren man im Oriente sehr badarf, und deshalb em- phiehlt ihn H. Tschernäjev mit Recht für Trans- kaukasien und Turkestan; zumal der Preis (etwa 22 Rub.) ein mässiger ist. Da H. Tschernäjev die allgemeine Verachtung theilt, mit welcher auf die orientalische Pflanzenkultur hinabgeschaut wird so hoffe ich, der Sinn in dem die vor- liegende Abhandlung diese Pflanzenkultur auffasst werde Mémoires de l'Acad. Пар. des sciences, УПше Serie, ihn bewegen, sich dieselbe an Ort und Stelle näher an- zusehen, Transkaukasien kenne ich nicht, aber auch dort ist im Araxesthale von nur 31 Zoll, ja weiter in Kur- distan nur von 2 Zoll Tiefe bis zu denen der Boden auf- gekratzt wird die Rede, bei dennoch zwanzig- und dreis- sigfachen Erndten. Ist dem wirklich so? 2) Dabei wird ein Strikk von der Handhabe zum Joch- ende des einen Ochsen, der zweite Strikk von einem der Löcher im Vorende der Deichsel zum Jochende des an- deren Ochsen geführt — und siehe da, die Eggenschleife (Malla) ist fertig. 29 226 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Diese Schleife wirkt theils als solche, theils als Walze. Ein Theil der Klösse zerfällt zu Pulver, während der andere in die feine Staubmasse hineingedrükkt wird. Nachdem der Tadshik ein paar Male über sein Feld geschleift, nöthigenfalls seine improvisirte Schleife dadurch beschwert hat, dass er sich auf sie stellt, kehrt er seinen Haken wieder um, und pflügt von Neuem. Durch abermaliges Schleifen über das geakkerte Feld zertrümmert er die letzten bakkenden Reste und es gelingt ihm das Herstellen einer nicht nur feingeeggten Krume, sondern auch einer so eben geschleiften Fläche, dass sie einer Diele gleichkommt. In diese wird in derselben Weise die Saat eingeschleift; gewöhnlich nach vorangegangenem Einpflügen. Indessen sah ich den Winterweizen nicht nur in schmale Beete gefurcht, sondern sogar zu Hahnenkämmen eingepflügt. Offenbar stand das Untergrundwasser an solchen Stellen zu hoch. Hie und da wird ein besonderes Brett als Schleife benutzt. Kultivatore thäten Noth. Offenbar kommt es bei den Operazionen mit Haken und Schleife auf genaues Abpassen des richtigen Grades zu welchem die Lösskrume schwindet wesentlich an. Der Wichtigkeit dieses Umstandes ist es denn auch zuzuschreiben dass der Tadshik nicht, wie wir, etwa stetig beim Pflügen bleibt und dann erst das Eggen vornimmt. Er pflügt ein kleines Flekk- chen und ehe wir uns dessen versehen ist der Pflug umgeworfen und arbeitet als Schleife weiter, um wieder ganz unversehens als Wühler zu akkern. Der Akkerer folgt eben mit gespannter Aufmerksamkeit dem Feuchtigkeitszustande des Löss und arbeitet das genehme Stükk tadellos fertig, bevor er auf das einstweilen noch zu feuchte nebenanliegende Land- stükk übergeht. Die Schleife erwirkt nur dann die richtige Pulverung wenn der richtige Schwund des Löss die richtige Anlage zur Rissigkeit desselben hervorgerufen hat. Etwas dürrer und der anfangs klebrige Kloss ist zu hartem Steine geworden. Uebrigens sah ich auch fertig bestellte, gahr erscheinende Felder die voll Klösse stekk- ten welche bis zur Grösse eines Kindskopfes hinanreichten und denen man nachrühmte dass sie vortreffliche Erndten geben dürften. Das geschah mit solcher Zuversicht, dass es allerdings den Anschein trug, als seien diese Klösse geflissentlich so in halbrauhe Furche gestellt worden, um gleichsam als künstliche Steine zu dienen, welche im Winter eine stär- kere Schneedekke sammeln, beim Sonnenbrande den Boden länger feucht halten und das Krusten der Krume abzuhalten helfen. Ueber Dergleichen lässt sich nicht so kurzweg ab- sprechen wie das von oberflächlichen Kennern der landwirthschaftlichen Praxis so oft ge- schieht. Die richtigste, feinste Beobachtung und ein darauf gestützter praktischer Kunstgriff, können das Ansehen grosser Nachlässigkeit und argen Versehens annehmen. Beliebige wohl- bestallte Magister der Landwirthschaft würden über die Preisaufgabe stutzen: ein Land soll so gepflügt werden dass in klargepflügter Krume auf jedem Quadratfusse Fläche ein faust- grosser Kloss liege. Der Tadshik gewinnt ihnen ohne Fehl sowohl den Preis vorweg, als auch den Gedanken der die Preisaufgabe hervorgerufen. Obgleich Alles in Allem ist der Haken doch nicht das karakteristisch vorwaltende Geräth des Akkerbauers im Lössboden. Diesem gehört vielmehr die Hakke, Ketmen, eigen- BODENBEARBEITUNG. DO thümlich an. Ihr allgemeiner Gebrauch beruht auf der gleichmässig feingepulverten, stein- freien Beschaffenheit des Löss. Wegen dieser Bodenbeschaffenheit ersetzt nicht nur der ЕЕ Ketmen, den die vorstehende Abbildung!) hinlänglich karakterisirt, im Löss die Schaufel vollkommen, sondern übertrifft sie an Zwekkmässigkeit. In vielen Fällen ersetzt der Ket- men dem Kleinakkerer auch den Pflug. Ist der Löss erhärtet so widersteht er der Schaufel, doch mit dem Ketmen wird hoch ausgeholt, bis seinem Stiele nur etwa 10° an der senk- rechten Stellung fehlen, dann entsteht ein Stillstand in seiner Bewegung, eine Pause, und unter beschleunigter Geschwindigkeit wird er nun mit voller Wucht in den Boden getrie- ben, worauf der etwas seitwärts gezogene Stiel die abgetrennte Scholle aus ihrem Verbande löst. Ist der Löss aber feucht so würde allerdings die Schaufel, gleich wie im Lehme un- vergleichlich besser fördern. Mit ihrem Hauptinstrumente Ketmen gehen die Sarten-sehr geschikkt um: es dient nicht nur zum Lokkern des Bodens: bald werden mit ihm die Wässerungs-Umwallungen zusammengezogen, platt geschlagen und geglättet, bald beim Wässern Zuflüsse eröffnet, andere verdämmt, wobei die Ketmen-Scheibe, nebst den Füssen des Arbeiters zwischen- durch als Schleusen dienen; bald wird mit dem Ketmen Dünger auf die Arba geworfen wozu drei Tempi gehören; bald wird mit ihm der Dünger auf dem Felde gleichmässig aus- gestreut, auseinandergekratzt; bald scharrt er mit grossem Erfolge den Hokker und die Gleisen der Landstrassen zurecht; bald arbeitet der, für steinigen Boden unbrauchbare, Ket- шеп die Schuttmassen lüftend mit welchen die Zuleiter in der Nähe des Gebirges verschüttet worden, holt die grossen Gerölle hervor, u. s. w. Der Ketmen hat die Aryk gegraben die wir bewundern. Endlich sieht man den Ketmen ins Wasser gesenkt auch als flache Schaale gebraucht, welche mit Hilfe des hinteren vorstehenden Randes hinreichend Wasser empor- holt um den bei der heissen Arbeit nicht fehlenden Durst zu stillen. Das Universalinstrument Ketmen und Löss gehören so unzertrennlich zusammen, dass es sich auch beim Militär rasch eingebürgert hat, wo es Sappeurarbeiten und Bauten auszuführen gilt. > 1) Er wog 7!/, bis 8 Pfund und kostete etwa 11/; Rbl. | р. 48) der Ketmen nur aus der Erinnerung sehr roh ab- Da bei Petzoldt (Umschau im Russ. Turkestan, 1877, | gebildet ist, so theile ich diesen Holzschnitt hier mit. °g* 228 A.v. MIDDENDORFF, FERGHANA. _ Seine Hauptaufgabe beim Akkerbaue besteht, abgesehen von der Verrichtung des Wässerns, im Zurechtsetzen der Beete die der Hakenpflug vorgemerkt, im Behakken der Lösskrusten und Unkrautvertilgen, im An- und Abhäufeln, je nach trokkenerer oder feuch- terer Witterung und Art der Pflanze. Das Wässern verursacht leicht Krusten. Dieses fürch- ten die Tadshik besonders bis zu dem Aufgehen der Saat, und suchen deshalb mit ihrer Saatzeit Regenfällen auszuweichen. Offenbar wird das Krusten durch die staubfeine aber bakkende Beschaffenheit des Löss sehr befördert: Der Ketmen rettet in der Noth. Die Wurzel- und Melonenfrüchte, die Dshugara, der Tabak, die Baumwolle, sie wollen alle fort und fort behakkt und behäufelt sein, und zwar um so öfter je langsamer sie in ihrer ersten Entwikkelungszeit wachsen, wie beispielsweise die Baumwolle. Bei dieser hat sogar das Durchpflügen kein Ende, bevor der Laubbestand sich geschlossen hat. Zählen wir des Beispieles wegen die Arbeiten hinter einander her welche nicht unter- lassen werden dürfen, wenn es gilt eine möglichst gute Baumwollenerndte zu gewinnen. Wir wählen diese Pflanze nicht etwa weil sie ausserordentlicher Wartung bedarf, sondern als beliebigen Repräsentanten der grösseren Abtheilung der Kulturpflanzen Ferghanä’s, welche eine sorgliche Behandlung heischen, und reichlicher lohnen als die geselliger und fast rasenbildend wachsenden Getreidepflanzen. 1) Stürzen. 2) Tiefpflügen. 3) Rühren; im Herbste. Danach im Frühjahre: 4) Wässern 5) Flachpflügen. 6) Querschleifen. 7) Furchen und Beetpflügen. 8) Säen. 9) Dekken der Saat auf 2 Zoll Tiefe. 10) Jäten. 11) Ausziehen der Schwächlinge und Ueberschüssigen. 12) Lokkern mit der Hakke (oder Anspanngeräthen). 13) Wässern. 14) Häufeln. 15) Aus- ziehen bis auf etwa 2’ Abstand. 16) Lokkern und Häufeln. 17) Wässern. 18) Lokkern und Häufeln. 19) Wässern (wenn nöthig). 20) Verbrechen der Gipfeltriebe. 21, 22, 93) Ab- pflükken der Kapseln in drei verschiedenen Abschnitten, bis tief in den Herbst hinein. Man wird bemerken dass in Vorstehendem von einer der Hauptarbeiten die von Zeit zu Zeit unerlässlich ist, vom Aufführen des Mineraldunges eben so wenig die Rede gewesen ist, wie von den Vorarbeiten welche ein Neuland in Akker umzugestalten haben. Unter solchen bin ich unerwarteter Weise dem Steinelesen als einer ganz ansehnlichen Leistung begegnet. Theils dort wo man die Kieswüste selbst in Angriff genommen hatte, theils dort wo der Löss in dieselbe auslief fand ich viele Arbeit an Steinelesen verwendet, wobei die Gewohnheit es mit dem steinfreien Löss zu thun zu haben, sogar dazu geführt hatte auch Geröllchen welche ein Hühnerei an Grösse nicht übertrafen, aufzusammeln'). 1) Auch im Särafschan-Thale sah Choroschchin (l. с. р. 399) grosse Steinhaufen aufgestapelt. KULTURPFLANZEN. 229 Е. Die Kulturpflanzen Ferghana’s. Seit ältester Zeit und nachweisbar schon fast 3000 Jahre vor Christo gab esin China fünferlei Feldfrüchte, nämlich: 2, wohl auch drei Arten Hirse, Weizen, Reis und hoch im Gebirge Hafer. Auch verschiedenes Gemüse wurde gebaut, wie Gurken, Bohnen, Petersilien. Ueberdiess sind die Melone, die Wassermelone, die Zwiebel, so wie der Rettig und die Möhre in Mittel-Asien so sehr zu Hause dass man nicht umhin kann sie für alteingebürgert und deshalb mit dem Haushalte der Eingeborenen verwachsen zu halten. Dass die Linse, welche schon in der Bibel als verlokkender Hochgenuss auftritt, zu den Gaben vorindogermanischer Kultur gehört, hat die Sprachforschung erwiesen. Die Benennung Keton (coton, cotton) welche in allen semitischen Sprachen durchklingt weist auf ihren uralten Ursprung, der in der That durch die Nachricht beglaubigt wird, dass phönizische Schiffe Baumwollengewebe unter dem Namen Kitonet oder Ketonet nach griechischen Häfen brachten, wo sie (уифу oder x3wv) benannt wurden. Mit der Baum- wolle ging auch die Anfertigung des baumwollenen Papiers aus China über Samarkand, den Arabern folgend nach Spanien. In Kokan arbeiteten zu meiner Zeit zwei Papierfabriken. Von der Baumwollenpflanze selbst aber hatte man in Griechenland so wenig Kunde dass Herodot, gleich wie er vom Scythen-Lande erzählt, es fielen dort (zur Winterzeit) Federn vom Himmel, so.auch vom Chiton-Lande zu berichten hatte: das Pelzwerk wachse dort wunderbarer Weise auf Bäumen. ‚Und mit dieser Gespinnstpflanze war das Repertorium noch nicht erschöpft denn gleich wie ih Nordasien die Nessel seit Urzeiten den Pelzkleidern zu Hilfe gekommen ist, so kannte auch schon Herodot den Hanfbau bei den medopersischen Scythen. Uralt ist also der Anbau vieler Feldfrüchte und der wesentlichten Gespinnstpflanzen in Mittelasien. Nichtsdestoweniger hat sich auch dort im Laufe der Zeiten die Zahl der kul- tivirten Pflanzenarten vervielfacht, und ist jedenfalls Mittelasien die Mutterstätte der mei- sten Novitäten und Anbauweisen Europa’s gewesen. Während wir — ich hebe geflissentlich ein grelles Beispielhervor—in Schubarth von Kleefeld den Begründer einer neuen Аега der Landwithschaft für Mittel-Europa begrüssen, während bis zum heutigen Tage viel und oft fruchtlos dafür gekämpft wird, die Segnungen des Kleebaues in der Masse des Bauern- volkes oder auch nur in den Grosswirthschaften Russlands einzubürgern, war der Prototyp dieses in Europa neuen Systems der Wirthschaft und Bodenbereicherung durch Kleebau, in Vorder- und Mittelasien schon vor Beginn unserer Aera auch beim Kleinakkerer heimisch, und ging von ihnen zu den Griechen und Römern hinüber. Daher auch das Kraut Mediens (Herba medica, auch medicago) genannt, denn es ist der Klee der Südländer, die Luzerne, für welche der Russe in Turkestan keinen anderen Namen kennt als «Klee». 1) Richthofen, р. 375, Anım., р. 420, 495. 230 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Als die berühmten «himmlischen Tawanpferde»,, von denen im Kapitel Viehzucht die Rede sein wird, in den Jahren 120 bis 107 v. Chr. die Begehrlichkeit des Herrschers von China reizten und einen Krieg mit der Gegend unseres Ferghanä hervorriefen, ging schliess- lich mit den Pferden auch das von ihrer Güte unzertrennliche Futterkraut hinüber nach Osten. Mo-So') bennanten die Chinesen die zu ihnen übertragene Luzerne, deren Anbau dem geringsten Kleinbauer in Ferghanä seit undenklichen Zeiten, bis heute, eben so uner- lässlich erscheint, als es für ihn selbstverständlich ist dass er ihr sein bestes, kräftigstes, wo möglich in nächster Nähe seiner Behausung gelegenes Landstükk einräumt. Als grosse Neu- igkeit Mu-ssju genannt, kam in ihrem Rundlaufe dieselbe Saat vor wenigen Jahren aus China über Russland westwärts herangerükkt, und stürmte durch die Versuchswirth- schaften vorüber, zu den vielen Versuchen sich ablagernd welche schon nach wenigen Jahren wiederum vergessen sind. Die Winterkälte welche der Mu-ssju daheim ohne Scha- den zu nehmen überdauert, verhilft ihm nicht über unseren zu kurzen und kühlen Sommer. Nur weil die Luzerne bei uns nicht genug stengel- und wurzelreif wird, bringt ihr unser Winter Schaden. Zugleich mit der Luzerne nahmen die Chinesen den Weinstokk aus Ferghanä; offenbar nicht als neues Geschenk sondern um sich die besseren Sorten anzueignen aus denen jenes Tawan seinen gerühmten Wein bereitete. Eher schon mochten damals Granatäpfel und Se- sam die auch genannt werden zum ersten Male ostwärts wandern. Die Dshugara — scheint erst spät in Mittelasien aufzutreten. Jenkinson trafsie übri- gens um die Mitte des 16-ten Jahrhunderts in Khiwa an. Noch später, zu Ende der Ming-Dynastie, also um die Mitte des 17-ten Jahrhunderts fand sich der Mais in China ein, den die Venezianer schon über ein Jahrhundert früher zu den vorderasiatischen Gestaden gebracht hatten. Mit der Russenherrschaft dürfte nun ein neuer Zustrom von Kulturgewäschen statt- finden. Kartoffeln, Kohl und Blumkobl sind offenbar mit den Russen in die Gärten der spe- kulativen Sarten eingewandert. Die Kartoffeln begegnen auch hier dem Misstrauen mit dem sie in der ganzen Welt anfänglich empfangen worden. Im Gebirge wird diesen «Teufelsknol- len» eine grosse Zukunft erwachsen. Nur Geduld; wir erleben doch am Mais wie langsam er in Ferghanä Boden gewinnt, während die unedlere Dshugara, welche dieselbe Wartung heischt, alles Uebrige verdrängt. Die Möglichkeit beinahe subtropische einjährige Pflanzen im sommerheissen Thalgrunde Ferghanä’s durchzubringen ist augenscheinlich; sie hat jedoch die aus minder günstigen Breiten eingewanderten jetzigen Herren des Landes mit ihren Hoffnungen weit über das Ziel hinaus schiessen lassen. Man vergisst dass was nur mit Noth möglich ist, in ökonomischer Hinsicht keinesweges vortheilhaft sein kann. Gleich wie man einerseits von bleibenden Han- 1) Ritter, Asien, УП, р. 637. Richthofen, р. 459, 2) Турк. ВЖд. 1876, стр. 199. Anmerk. KULTURPFLANZEN, 2 delswegen Sibiriens durch das Eismeer schwärmt, so hat man, am anderen Ende des Rei- ches es sich sogar nicht verdriessen lassen einen Versuch mit Anbau von Zukkerrohr zu machen, das begreiflicher Weise nicht zur Reife gekommen ist und nur 14%, Zukker ergab'). Dagegen hat man es leider unterlassen den Anbau einer dortschon heimischen rothen Run- kelrübe fortzusetzen, zu vervollkommnen und zu erweitern, welche einen Gehalt von 10 bis 16%, Zukker erwies. Das reicht freilich noch bei Weitem nicht an die 18 bis 22%, Zukker anderer Art hinan die sich in der mittelasiatischen kleinen kernelosen Rosine Kischmysch vorfinden: Zukker ist aber ein in Mittelasien und in Sibirien sehr begehrter Artikel, den man mit grossem Vortheil an Ort und Stelle gewinnen könnte und in Zukunft gewinnen wird. Doch nicht unter den Gewächsen der Warmländer werden wir den Zuwachs an neuen Kulturpflanzen zu suchen haben, der Ferghanä bevorsteht. Mit vielen der dort eingebür- gerten Gewächse sieht es ohnehin nicht selten misslich aus, und tragen sie nur zu deutlich den Karakter an sich, dass sie aus günstigeren Klimaten zu denen die Einwohner in alther- gebrachten Beziehungen standen, halbweges gewaltsam in dieses Thal, das von kalten Ge- birgen beherrscht ist hineingetragen worden, Der unerhörte Winter der meinem Besuche vorangegangen war bewies auf das Schlagendste wie viele eines besseren Himmels gewohnte Einwanderer Ferghanä zieren. Ganze Pflanzungen von Weinstökken die Schenkeldikke er- reicht hatten, von Feigen- und Granat-Bäumen, waren erfroren und gerade im Grunde des Thales erfroren, weil man zu sicher ging. Man hätte sie eben, als zarte Fremdlinge sorgfäl- tig mit Laub und Erde dekken sollen, wie das unabweichlich an den Rändern der Thalmulde geschieht wo man den Frösten nicht traut, und wo sogar in diesem heillosen Jahre dieselben Weinstökke, Feigen- und Granat-Bäume ungeschädigt unter ihrer Bedekkung hervortraten. Es sind vielmehr Kulturpflanzen härterer Art mit denen Russland die Vorberge und Gebirgsinäler Ferghanä’s zu beglükken hat. Schauen wir nämlich zurükk auf die Eigenthümlichkeit des Klima’s, so wie wir sie auf Seite 100 — 124 karakterisirt haben, so erkennen wir dass die Verschiedenartigkeit, Ge- gensätzlichkeit und Veränderlichkeit welche das Ferghanä-Thal karakterisiren, dem warın- ländischen Pflanzenwuchse im Ganzen feindlich gegenüber stehen. Wir dürfen annehmen dass im Thalgrunde Ferghana’s die mittleren Temperaturen der Sommermonate um ein paar Grade höher stehen als in Taschkent. Die zweite Hälfte des März ist wohl im Ganzen schon frostfrei, indessen trotz der 13° mittlerer Temperatur im Märzmonate sank sie um die Mitte dieses Monates bis 1,6 ja bis 15 so dass erst nach dem 20-sten März der Thalgrund als möglichts frostsicher zu erachten ist”). Demnach können wir dort im Durchschnitte nicht über 7'/, bis 8 Monate als vollkommen frostsicher erachten. 1) Type. B&ı. 1876, № VII. gegen im Frühjahre 1878 daselbst zwischen dem 3. und 2) Ich sage «möglichst», und nicht «völlig», da ich | 6. Mai Frost eintrat. Immer wieder die kontinentale irgendwo gelesen dass zwar im Frühjahr 1877 der Apri- | Tükke. cosenbaum iu Taschkent schon am 20. März blühte, da- 232 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Für Pflanzen des 40-sten Breitengrades, nach europäischem Maasstabe gemessen ungenügend genug. Erinnern wir uns dessen wie ganz anders West-Europa in dieser Hinsicht dasteht. Die in Ostpreussen den landwirthschaftlichen Arbeiten zu Gebote stehenden 5 Sommermo- nate, erweitern sich in der Rheingegend schon auf die doppelte Zeitdauer. Wie bedeutend die Temperatur ist welche die wärmebedürftigeren unter den Kultur- pflanzen Ferghanä’s verlangen, können wir meinen auf Seite 119, 120 angeführten Messun- gen entnehmen welche ich 4 Breitengrade nördlicher anstellte. Sie bestätigen das was uns Basiner als Maxime der erfahrenen Akkerbauer in Khiwä übermittelt hat: Nur der Mai ist als die Einleitung eines fruchtbaren Sommers zu erachten, in welchem es gelingt drei Mal hintereinander an einem und demselben Tage im besonnten Lande Eier gar zu bakken, was nach meinen Versuchen einer Temperatur von 85° Cels. während etwa einer Stunde entspricht. Das wären allerdings um 16° mehr als ich unter fast 45° n. Br. beobachtete (p. 120), indessen andererseits auch ein Postulat das, dem 41° Breitengrade zugemuthet, sowohl Khiwa als auch Ferghanä entspricht. Diesem Postulate könnte so scheint mir der Zentralraum Ferghanä’s doch auch nur in ganz besonders günstigen Sommern nachkommen. So wie wir uns aber dem Rande des Ferghanä-Thales nähern, oder gar an ihm hinan- steigen so vermindert sich rasch die Frühjahrswärme, so vermehrt sich rasch die Gefahr der Früh- und Spätfröste, so verkürzt sich die Vegetazionszeit um Wochen, um Monate. Jedenfalls ist also die Aussicht Pflanzen wärmerer Klimate einzubürgern auf einen kleinen zentralen Raum beschränkt und dennoch von klimatischen Unbillen bedroht. Dage- gen wird es wohl gerathen sein aus Mittel- und Nord-Europa, und zumal aus Nord-Ame- rika versuchsweise neue Arten und Spielarten einzubürgern. Nachstehend will ich die von mir während meines Rundrittes angemerkten Vegetazions - zeiten (nach neuem Styl) und Verhältnisse der Vegetazion zum Klima hervorheben. Es geschieht hauptsächlich um Beobachtungen der Art und Mittheilungen derselben zu wekken. In Margelan. Das Weizengras nur 2'/,” lang, und nicht kräftiger als inLivland 6. März. Luzerne beginnt sich zu zeigen. An Grabenrändern sah ich das erste Gras spriessen am . .......... 81415 Nach gelindem Regen kam das Gras fingerlang, in raschen Schuss am.. 14. » Pappeln begannen ihre Kätzchen zu öffnen, Weiden die ersten Blatt- spitzen zu zeigen. Die Knospen der Ulme verdikkten sich. Gräser haben zolllange Triebe; Luzerne 2 Zoll lange ........... 21.538 Aprikosen beginnen zu-blühene wa 2. See ee 25. 8 Winterweizengras fängt an sich zu rühren. Erste Schwellung der Knospen eines Maulbeerbaumes ............ 4. April. Apricosen haben abgeblüht. Mandelbäume blühen. KULTURPFLANZEN. 233 Aepfelbäume treten in Blüthe. Weizengras und Luzerne zwei Spannen hoch. Die meisten Maulbeerbäume verharren in der Winterruhe. Silberpappel beginnt auszuschlagen. Ulme mit halbwüchsigen Blätterquirlen dicht besetzt. In der Salzwüste beginnt das erste Grün sich zu zeigen ........... 5. April. Der Maulbeerbaum beginnt die Blattspitzen aus der Knospe hervorzu- о NE onde A ee 8. » Aim. Die Maulbeerbäume haben kaum geschwellte Knospen. Namangan-Utsch-Kurgan. Silberpappel entfaltet ihre Knospen .......... 15. » Maulbeerbäume verharren noch in Winterruhe. Junge Apricosenbäume in voller Blüthe. Aepfelbäume blühen an minder sonniger Stelle. Мапа}. Der Winterweizen wenig bestokkt, ist nur 4 bis 8” hoch. ,....... PE № Jany-Kurgan. Der Weizen 23—36” hoch, schosst, Aehren andeutend ..... 3. Mai. Мапа]. Apricosen- und Aepfelbäume beginnen aufzublühen, . ........... т. ® An den Maulbeerbäumen (die schon selten geworden) beginnen die ersten Knospen zu schwellen, Вне ое zother Aepfel blüht’noch’ =. „.22... 22. ма. Mitte Juni. Flachs blüht eben auf. À Weizen. blüht. Mais ist 2°, Fuss hoch und wird behäufelt. Kirse spriesst hervor. Iskowat. Weizen wird geschnitten. Apricosen sind vollwüchsig aber unreif. Namangan. Weizen ist überall geschnitten. Melonen werden nordwärts verführt. Die Unterschiede in den Vegetazionszeiten welche die nördlichere Lage bedingt, und welche wir gewohnt sind mit etwa 3 bis 4 Tagen für jeden Breitengrad anzuschlagen, wachsen also, wenn wir vom Thalgrunde (Margelan) nordwärts (nach Nanaj) gehen, bis etwa einen ganzen Monat an, d. 1. auf das Zehnfache, obgleich wir dabei um noch nicht 3000’ höher gestiegen sind. Gleichzeitig wenn in Nanaj der Weizen eben erst in das Schossen tritt, gilben die Halme schon in Iskowat, und beginnt die Erndte in Namangan. Am Süd- rande des Ferghanä-Thales ist das selbstverständlicher Weise minder grell, indessen berichtet 1) Diese Angaben füge ich nach Nalivkin (Турк. | (1. с. р. 111 u. a. а. 0.) finden sich auch manche Angaben. B#&1. 1880) zu meinen eigenen hinzu. Bei Fedtschenko Mémoires de l’Acad. lp, dos scioncos, VIlino Serie, 30 234 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANÀ. schon Fedtschenko!) dass er, von seinem Eintritte in das Ferghanä-Thal an, den Südrand desselben ostwärts verfolgend, über zwei Monate lang fortlaufend Getreide einerndten sah. Wir können also diese Verschiedenartigkeit nicht genug betonen. Nahe von einander gelegene Oertlichkeiten Ferghanä’s verhalten sich in klimatischer Beziehung wesentlich anders. Das Ländchen lässt sich, das mag den Herren Kadasterbeamten stets vor Augen stehen, nicht über einen und denselben Kamm scheeren. Um so mehr Aufmerksamkeit wer- den die Vertreter der Landwirthschaft der Einführung frühreifer Sorten ?) zu widmen haben. Diese werden nicht nur den Umfassungszonen unseres Thales zu gut kommen, sondern viel- leicht auch dem Thalgrunde, wenn es möglich sein wird Früchte zu zeitigen bevor die Dürre des Hochsommers verderblich hereinbricht. Auch die Pflanzen selbst scheinen sich in Ferghanä gegen die Wärme anders zu ver- halten als bei uns. Es mag das in Bezug auf Weizen, Gerste, Linsen, Flachs u. $. w., 4. 1. in Bezug auf diejenigen Arten der Kulturpflanzen welche Ferghanä mit Europa gemein hat näher untersucht werden. Auffallen muss uns schon jetzt dass die Pappeln, Weiden, Ulmen, welche unseren Arten derselben Geschlechter so nahe stehen, trotz 12° und mehr, auf einen Fuss Tiefe im Boden, und trotz dessen dass die Luft im Schatten schon über 20° steigt, die Oberfläche des Bodens sich über 30° erhitzt, — dass sage ich, diese Bäume doch so äusserst träge ihre Knospen entfalten. Am Auffallendsten ist das freilich bei den Maulbeerbäumen, deren Laub ich gar nicht abwarten konnte. Aber freilich ist das nach Plinius Ausspruch «der Weiseste der Bäume» (sapientissima arborum) der sich nicht eher herauswagt als wenn kein Frost mehr z fürchten ist. Uebrigens liessen die alten Bäume deren Wurzeln durch vorstehende Mauern vor,der Sonne geschützt standen am längsten auf sich warten, während Wurzelschosse derselben Individuen früher Blätter trieben. Mein Aufenthalt in Ferghanä beschränkte sich auf das Frühjahr; die Feldfrüchte habe ich nur keimen und schossen aber nicht reifen gesehen. Somit gedenke ich nur ganz flüchtig die hauptsächlichsten Kulturpflanzen aufzuzählen welche der Landmann dort baut, und ver- weise auf den zu erwartenden Bericht meines Reisegefährten, Smirnov. Die Mannichfaltigkeit ist keine unbedeutende, obgleich ich geflissentlich einige Ge- werbs-, Farbe- und Arzneipflanzen übergehe, 1) Weizen. Er ist das Hauptgetreide. Sowohl Sommer- als Winterweizen werden an- 1) 1. с. р. 111. Sollen doch (Type. By. 1875, № 21) 2) Der Baumwolle, der Soja des Bergreis, des Tiroler die Vogelkirschen in Chodshent zu Anfang Aprilschon | Mais u. d. m. reifen. KULTURPFLANZEN. 235 gebaut, und zwar hatten die Sarten vorzugsweise Winterweizen gesäet, während die Kir- gisen fast ausschliesslich Sommerweizen bauten. Dem Weizen wird gedüngtes Land, nachdem es eine vollständige Brachbearbeitung durchgemacht, eingeräumt; woraus ich ersah dass auch in jenem Klima es wesentlich darauf ankommt, ihn von Unkraut frei zu halten, bis er zu Kräften kommt. Die Weizensorten verdienen besondere Beachtung. Herr Smirnov schreibt mir dass dort wo die Vögel den Weizen stark bedrohen eine Abart gesäet wird, welche den Namen Tüjä-tschi-Bugdaj (Kameel-Zahn-Weizen) führt und vom Sperlinge gar nicht berührt werden soll. Sie muss sehr harte Spelzen haben, da über den schweren Drusch Klage geführt wird. Auch soll sie viel Wasser verlangen. Stammt, wie es scheint aus nördlicherer Gegend (Aulie-ata). Die zweite Abart heisst Lütschak-Bugdaj, hat weiche Grannen, drischt sich leicht und gibt ein besonders weisses Mehl, kann jedoch nur auf Flächen die fern von den Wohnun- gen sich befinden angebaut werden, da die Sperlinge ihr sehr nachstellen. Nach Nalivkin soll diese Sorte grannenlos sein und zimmtbraune Aehren haben. Wir finden dass schon bald nach der Besetzung Turkestans mehrer Weizensorten Erwähnung geschieht. So 2. В. unter den Namen 1) Kajraka, eines Gebirgsweizens, von felsigem Boden. 2) Lälime am Fusse der Gebirge angebaut. 5) Bogara sowohl weisser als rother Sommerweizen, und 4) Taramogi, Winterweizen, sowohl weiss wie гот). Dieser wird im Namangan-Kreise Kusgi genannt. № 1 verdient volle Aufmerksamkeit, könnte aber doch mit Lälmi zusammenfallen und nur einem Missverständnisse seine Existenz verdanken. № 2 und 3 sollten wohl den unbe- wässart gewachsenen Weizen bezeichnen, es fragt sich aber dennoch ob hier nicht auch ein Missverständniss obwaltete, oder ob in der That die Bogar- Weizen sich von den Uschri die Nalivkin im Namangan-Kreise Ssulyk nennt, am Korn unterscheiden lassen. Im Kisyl-Budaj?) erkennen wir einen rothen Sommer- oder Winterweizen wieder; er soll der vorzüglichere sein, sich durch dünnere und längere Körner mit grünlichen Spitzen auszeichnen. Ak-Budaj, also eine weisse Sorte soll mit unseren europäischen Weizenarten mehr übereinstimmen. Kara-Ssüllü (schwarzährig) ist ein dünnes dunkel- braunes Korn, das wenig geschätzt und hauptsächlich an die Pferde verfüttert wird. Lizilik (Sommerfrucht) hat eine sehr kurze Vegetazionszeit, und ist sehr leicht. Die beiden letzt- genannten sollen auch wildwachsend vorkommen. Die Nichtkenner verrathen sich in diesen Berichten zur Genüge, so dass unser Gegenstand der Aufklärung sehr bedarf. Im südlichen und mittleren Theile des Namangan-Kreises wird der Winterweizen ge- wöhnlich zu Anfang Oktober gesäet, aber in günstigen Wintern (z. B. 1877/78) verschieben Einige das Einsäen bis zu Ende November, ja sogar wird über einen Fall von Aussaat im 1) Приложевня къ Ill-my выпуску Русс. Турке- 2) Костенко, Средняя Asia, 1871. станъ. 30* 236 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Januar berichtet. So späte Saaten können nicht vor dem Frühjahre keimen und haben wir es also dann mit einem Mittelgliede zwischen Winter- und Sommerweizen zu thun. Dass überhaupt spät gesäet wird ist theils den sich verschleppenden Erndtearbeiten zur Last zu legen, so wie der Furcht vor Dürre im September und zu wüchsigem Weizen- grase vor Winter, da das die Erndte an Körnern verringert. 2) Arpä, die Gerste. Als kräftigstes Pferdefutter, das überdies nur geringer Be- wässerung bedarf und deshalb seinen Platz im Felde leicht findet, darf die Gerste nicht fehlen. Sie kommt auch als Wintergerste vor. Der Löss behagt ihr sehr. Sowohl Roggen als Hafer werden in Turkestan nur an der äussersten Nordgränze der Bezirke Ssemiretschje und Kasalinsk angebaut!). Gleich wie auf den Höhen des Kau- kasus werden beide Getreidearten sich in Zukunft wobl im höheren Gebirge welches Fer- ghanä umschliesst, einst auch einfinden. 3) Taryk, Hirse. Es gibt in Ferghanä zweierlei Arten Hirse: Taryk 4. 1. Panicum miliaceum und Kunak oder Bor, Panic. italicum mit viel feinerem Korn und deshalb um etwa 10%, billiger im Preise. Die Hirse geht wegen ihrer kürzeren Vegetazionszeit bedeutend weiter zu den Vor- bergen hinan als die Dshugarä und dient daher als Ersatz für diese. Die Hirse traf ich noch zwei Meilen nördlich von Nanaj, wo die Kirgisen sie säeten. Es ist ihre Lieblingsfrucht. Am mittleren Ssyr bei der Station Ak-kum traf ich die Kir- gisen am 23. Mai in vollster harter Arbeit: Grosse Dorngestrüppe wurden fortgehakkt und _ entweder als wallartige undurchdringliche Umzäumungen nach aussen vorgeschoben, oder zu Haufen gethürmt und verbrannt. Die Hirse wurde auf den rohen Boden ausgesäet und nun erst mit 4 bis höchstens 5” tiefen Furchen des Hakens eingepflügt. = Zugleich mit den Hekken wurden niedrige Bewässerungswälle aufgeworfen, welche kleine Feldflikkchen von nur je 4 bis 5 Quadratklafter Oberfläche umschlossen, ‘und nach der Richtung des Falles hin einen Zuleiter von nicht mehr als einem Fuss lichter Breite zwischen sich fassten. Die Hirse wird im Thalgrunde nicht selten als Nachfrucht, nach Aberndtung des Win- terweizens oder der Gerste gesäet. In den peripherischen Zonen früher im Jahre und selbst- ständig. In diesem Falle wird sie in kälteren Lagen etwa zu Ende April oder Anfang Mai, entweder sogleich nach dem Weizen gesäet, oder bei rauher Witterung wird diese noch ab- gewartet. Sie reift Ende Juli oder im August; bei verspäteter Aussaat erst im September. Man unterscheidet die Sorten: Ak weiss Kysyl, roth, und Tschokau, d.i. eine Sorte welche ergiebiger und frühreifer sein soll. Die Hirse wird gemälzt und liefert dann ein zwischen Bier und fusligem Brandwein die Mitte haltendes, mit argem Nachjammer berauschendes Getränk, das unter dem Namen 1) Прилож. къ Ш-му выпуску Русск. Туркестанъ, стр. 29, 38. НИ и Cu) Ft к, K 14 \ \ KULTURPFLANZEN. 237 Виза bei den mongolischen Hirtenvölkern im grossen Rufe steht; als Surrogat des Brand- weins den der Koran ihnen verbietet'). 4) Dshugara-Hirse (Sorghum cernuum). Sie lohnt am reichsten (vergl. Anhang V) verlangt aber tüchtige Düngung; dann wächst sie aber auch fast zur Höhe und Stärke der geringeren Maissorten heran. Die kugligen Rispentrauben wiegen 2—3 Pfund. Da jedoch die Arten des Sorgho gleich denen des Mais sich sehr leicht unter einander kreuzen, so verdienen gerade diese Kulturpflanzen besonders beachtet zu werden, damit die besten Sor- ten Verbreitung finden. So z. В. berichtet uns Choroschchin”), dieser aufmerksame Ве- obachter, dass bei Kuldsha die Rispentrauben der Dshugara (eben so wie in Ferghanä) 2—3 Pfund schwer, dagegen im Särafschan-Kreise 5 Pfund schwer wiegen. Sollte das nur am Klima liegen? Die bisherige Verfeindung der zerstükkelten Reiche Mittelasiens lässt voraussetzen dass die künftige Durchführung aufmerksamer Vergleiche der verschie- denen Sorten von Kulturpflanzen, zu manchen wichtigen Vervollkommnungen führen dürften. Däs, die gemeine Hirse an Grösse um das Doppelte übertreffende Korn der Dshugara, des wohlbekannten Nahrungsmittels Durrha der ausgesogenen Fellah Aegyptens, ist ge- rade kein Lekkerbissen. Es sättigt die Armen und wird in Ferghanä auch als Pferdefutter benutzt, wegen seines Zukkergehaltes von den Füllen gern gefressen und daher ihnen gern statt der Gerste vorgelegt welche so leicht entzündliche Uebel hervorruft. Pferden in Ar- beit wird '/, mehr Dshugara, als Gerste, vorgelegt. Sie verlangt entschieden weniger Wärme als der Reis da sie im Gouv. Cherson reift und sogar vorzügliche Erndten gegeben hat?). Sie bedarf aber mindestens 7 bis 9 Monate um zu reifen, so dass sie in Turkestan erst im September (in Cherson sogar zu Anfang Okteber) schnittreif wird. Deshalb gedieh sie schon in Nanaj*) nicht mehr, obgleich der Reis nahe hinangeht. Die Nachtfröste geben nicht immer so viel Zeit als nöthig. Nicht sel- ten überrascht sie im Herbste der Frost. Dann werden die Rispentrauben ungedroschen aufbewahrt und man findet dieDshugara sogar in dieser Gestalt unter dem Namen Basch- Dshugara in den Steuerlisten, als besondere Abtheilung. Ohnehin schon leicht schimmelnd, ist sie als Basch-Dshugara besonders schwierig zu konserviren. Wie sie in Turkestan behandelt, gesäet, gejätet, gehäufelt, gewässert, gelichtet, ver- brochen wird ist dem landwirthschaftlichen Publicum ausführlich bekannt gegeben wor- деп?). Da sie so lange auf dem Felde steht, so spielen die zukkerhutförmigen Postamente für die Vogelverscheucher in Bezug auf die Dshugara eine hervorragende Rolle. Ist sie im April oder zu Anfang Mai gesäet worden so reift sie erst im September 1) Ueber Bereitungsweise der Виза vergl. Choro- | (Землед. Газ. 1880, № 1, cıp. 6). -schchin, сборникъ статей 1876, стр. 108. 4) Auch im Kreise Kurama (bei Taschkent) der mit 2) Сборникъ статей, 1876, стр. 347. Мапа] unter derselben Breite liegt, gedeiht die Dshu- 3) Землед. Газ. 1877, № 11, стр. 172. Neuerdings ist | сага, nicht mehr. nichts mehr von jenen Versuchen zu hören, vielmehr 5) Землед. Газ. 1878, стр. 139, wird sie dem Sorgh. vulgare ganz au die Seite gesetzt 238 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. oder Oktober. Da Brodovskij angibt dass es in Buchara eine Abart gebe welche in 3 Mo naten (2) reifen soll, so verlangt das besondere Berükksichtigung. Nach der Behäufelung wird sie zum ersten Male gewässert. Interessant ist das Futtergemenge das durch Aussaat von Dshugara, Setaria ita- Пса und Soja, im Gemische (im Verhältnisse von 1", Pud Dshugara, *, Ра Setaria und %, P. Soja, pro Dessät.), gewonnen wird. Bei etwa 3'/, Fuss Höhe des Krautes wird es ge- mäht und getrokknet oder im grünen Zustande (Aläfi-Gau) als Häkksel verfüttert. Die Orientalen berechnen den Ertrag einer einzigen Dessätin als hinreichend um 10 Ochsen während unserer 7 Wintermonate gut durchzufüttern. 5) Mäkkä-Dshugara. Der aus Amerika stammende und bekanntlich durch die Ve- nezianer im Oriente verbreitete Mais vermag, wahrscheinlich der Schwierigkeit wegen welche er der Vermahlung entgegensetzt, nicht aufzukommen. Eigentlich wird er nur als Lekker- bissen betrachtet, indem man die Körner im Kessel röstet und warm verspeist. Weil er nur in sehr geringer Menge, man kann sagen ausnahmsweise in Ferghanä gebaut wird so steht ihm auf den schwierig oder gar nicht bewässerbaren Lösshöhen eine grosse Zukunft bevor; aber allerdings in Lagen welche vor den verwüstenden Windstössen ge- schützt sind. Da er im Kaukasus 4000’ Höhe!) erreicht, so bleibt ihm zumal dem Tiroler Bergmais, in Ferghanä ein weiter Umkreis Landes zu Gebote. Es könnte gerathen sein die Soja als Zwischenfrucht zwischen dem Mais zu bauen. Der Mais selbst wird in der Fruchtfolge gewöhnlich zwischen Melonen und Möhren gestellt; 6. Schala Der Reis. Der schon im Kaukasus in Schwung gekommene Reisbau, ist in Ferghanä besonders beliebt; ist er doch die Basis zu dem Hauptgerichte der Orientalen, dem Plov, und ist in der That bei seinen 85°, Stärkegehalt, in Verbindung mit dem obli- gaten Schaaf- oder mindestens Hühner-Fleisch und Fett oder auch Fisch, ein ausserordent- lich razionelles Essen. In Ermangelung dieser Zuthaten kocht der Orientale eben so razionell seinen Reis mit der proteinreichen aber zugleich fettreichen Hülsenfrucht, der Soja-Bohne. Leider soll er aber in Ferghanä, nicht ein Mal ohne das vom wohlgesinnten Monarchen gewünschte Huhn im Topfe, allgemeine Volksnahrung sein. Dazu ist er nicht durchgängig genug angebaut, ist er zu theuer, und die Dshugara muss der Armuth aushelfen. Dennoch ist der Reis ein alteingebürgertes Korn, da Alexander der Mazedonier ihn schon in Bak- trien vorfand. Der Reis ist dasjenige Korn mit dem die Kultur der Morast- und Schilfniederungen beginnt, bedarf allerdings sehr vielen Wassers, ist aber dafür bei ausserordentlicher Frucht- barkeit, genügsamer als alle anderen Kulturgewächse in Betreff der Düngung. In niederen Kesseln die sich nicht entwässern lassen ist er das einzige mögliche Getreide?). 1) Труды С.-Петербургск. Общ. естеств. 1874, У, 2) So im Dorfe Mangut des Kreises Kokan. стр. CLXX VII. KULTURPFLANZEN. 239 Da der Reis 4 Monate lang einer hohen Temperatur bedarf und erst im September reift so kann er sich nicht über die Thalmulde hinaus wagen. Im Ganzen machen die Baum- wolle und der Reis ziemlich dieselben Ansprüche an die Temperatur. Ich war überrascht ihn im Namangan-Kreise weit über Jany-Kurgan hinaus stark vorwaltend zu finden. Eben so auch im Osten des Ferghanä-Thales. Immer wieder ist es nur die Menge des zu Gebote stehenden Wassers die seinen Anbau vorzugsweise bedingt. Die Saat wird eingeweicht und in Haufen angekeimt, wie in Europa das Malz, und zu Anfang April gesäet. Man unterscheidet eine beliebtere röthliche, von einer grobkörnigeren weissen Abart so wie auch begrannten und unbegrannten Reis. Der Reis wird gleich nach dem Weizen gesäet und eben so dicht wie dieser. Er reift meist zu Anfang Oktober. Besondere wohlberechtigte Aufmerksamkeit ist der Einführung des Bergreis zuge- wendet worden, der auch schon im Kaukasus angebaut wird. Er verlangt weniger Wasser und ist dennoch fruchtbringend. Die Saaten wurden aus Frankreich verschrieben; er erreichte nicht die Höhe des einheimischen gab aber schöneres Korn und lohnte 22-fach, nämlich 40 Pud vom Tanap, am Särafschan und im Kreise Chodshent!). Im Gebirge wurde er von ungewöhnlichem, im August gefallenen Schnee vernichtet?). Ein paar Jahre darauf?) gab er nach Gründüngung das 83-ste Korn (beim Kleinversuch); ohne Dung das 44-ste. Es soll im Namangan-Kreise frühreifen Reis geben der schon im Juli reift‘). Ist das Berg- reis? Es wäre sehr wichtig die so frühreife Sorte zu kultiviren. Der Reis artet, wie die Eingeborenen es nennen zu einem nur als Viehfutter brauch- baren Korne «kurmak» oder «kurmek» aus, was nach Hrn. Smirnov’s brieflicher Mittheilung Panicum erus galli sein soll. Bekanntlich gehört es zu den grössten Schwierigkeiten den Reis vom Unkraute (Leersia oryzoides) zu befreien; daher wird das Reisbette wiederholt ge- eggt und zwar mit einem an Kultivatore erinnernden primitiven Instrumente. Schliesslich wird der Schlamm mit einer umgestürzten Egge im Wasser aufgerührt, damit er die Saat um so inniger aufnehme. Nichtsdestoweniger ist Jäten unerlässlich. 7) Masch Die Soja-Bohne (Soja hispida). Sie verbindet mit der Nahrhaftigkeit einer proteinhaltigen Leguminosenfrucht, einen sehr starken Oelgehalt. Da sie in 3 Monaten reift, auch nicht mehr als ein Mal gewässert zu werden braucht, so gehört sie zu den beliebten Früchten welche nach Aberndtung des Winterweizens noch im selben Sommer eine zweite Ernte von demselben Felde zu geben vermögen. Nächst dem Weizen ist es die beliebteste Speise. Gewöhnlich als Zuthat beigemischt. Sie kann hier um so mehr übergangen werden als sie Südeuropa nicht mehr unbekannt 1) Type. ВЪд. 1876, № 42, 43. 3) Турк. ВЪд. 1879, № 3. 2) Ebendas. № 50. 4) Nach Nalivkin, Туркест. ВЪд. 1880. 240 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. ist. In Ungarn!) gab sie bis 63-fachen Ertrag, und der grösste Theil der Versuche ist dort günstig ausgefallen, indem man ihre gegen Kälte und Dürre wenig empfindliche Natur anerkennt. Es soll eine lichtgelbe Varietät geben welche beträchtlich frühreifer ist als die braune. Insekten und Mäuse sollen dieser Pflanze aber sehr nachgehen. Auch in Südfrankreich hat man sie zu versuchen begonnen’). Unsere russische landwirthschaftliche Zeitung lenkte schon im Jahre 1877 wiederholt die Aufmerksamkeit ihrer Leser auf dieses Gewächs?), und dessen Kultur in Turkestan. Die ersten Versuche in unseren europäischen Steppen, im Gouv. Cherson‘) gaben 30 bis 40 Pud Körner von der Dessätin. Leider reifte die Soja sehr ungleich, nämlich von Ende Juli bis zum September ; was wohl ein Hinweis auf grösseres Wärmebedürfniss sein dürfte. Indessen darf dieser Missstand noch nicht entmuthigen da ausser der Вы die Soja als Grünfutter vielversprechend ist. 8) Kunshut, Sesam. (Sesamum indicum; var: indivisum). Wegen des treff- lichen, wohlschmekkenden Oels, von dem die Samen bis 75° enthalten sollen, sehr beliebt, wird jedoch nicht viel angebaut°). Gedeiht auch zur Noth im Chersonschen Gouvernement‘), scheint aber dort sich nicht bis zu hohem Oelgehalt ausbilden zu können. Er wird in Turkestan halbreif geerndtet, weil die Schoten allzuleicht aufspringen. Aus den Samen gewinnt man 3/, bis %, (? nach Brodovskij) ihres Gewichtes Oel. Das feinere Speiseöl steht in recht hohem Preise, da es 20 Kop. für das Pfund erzielt, pudweise zu 3,60 bis 7,20 verkauft wird. | Die Oelkuchen, Kundshalä, werden als Viehfutter allen übrigen Oelkuchen vorgezogen. Die Stengel werden meist als Brennmaterial verbraucht. Е Ricinus, der im Kaukasus allerwärts zu treffen ist, scheint in Ferghanä nicht gebaut zu werden. 9) Kugnar, Mohn. Im Jahre 1873 gab es noch in Ssamarkand 12 Kugnar- Khana, d. h. Kneipen für Mohn- und Haschisch-Liebhaber. Seitdem sind sie verboten wor- den. In Ferghanä wo diese Betäubungsfreuden auch im Schwange gewesen waren, hatten sie sich zu meiner Zeit wegen des Verbotes ins Unsichtbare zurükkgezogen. Der Anbau des;Mohnes hat somit fast ganz aufgehört; er scheint übrigens nie zur Opium- Gewinnung verwendet worden zu sein. Opium wurde aus China importirt. Obgleich es richtig ist dass alle die betäubenden Mittel in heisseren Klimaten kräftiger ausfallen, so hat uns doch die Wiener Ausstellung darüber belehrt dass in Deutschland sogar Opium mit 17%, 1) Biedermann Centralblatt, 1878, р. 594. Versuch auf pag. 834 der № 51. 2) Journal d’agric. pratique, 1880, p. 479. 5) Noch seltner der Safflor (Machssar; Carthamus 3) Землед. Газ., 1878, № 9, стр. 140. tinctorius), dessen Oel über das Sesam-Oel gestellt wird. 4) Ebendas. 1880, № 1, und der sorgfältig eingeleitete 6) Землед. Газ. 1880, № 1, стр. 5. KULTURPFLANZEN, 241 Morphium gewonnen werden kann, während der Beste im Handel unter dem Namen des «türkischen» vorkommende nur 6— 10°, enthält. 10) Sygyr, Flachs. Gleich wie überall im Süden wird er auch in Ferghanä nicht als Gespinnstpflanze sondern als Oelfrucht gebaut. Er gehört der Uebergangszone zum Gebirge!) an und fand ich ihn bei Мапа} so wie auch oberhalb dieses Dorfes bei den Kirgisen vor, welche die Saat Aufkäufern die sich aus Namangan einstellen zu 60—72 Кор. das Pud verkauften. Er wird oft in die Weizenstoppel gesäet, oder früh im Jahre vor dem Sommerweizen. Die Saat wird ohne Weiteres in die Stoppel geworfen und darauf eingepflügt. Er reift zu Ende Juli, und weiter nördlich zu Ende August. Es sollen nach Nalivkin 3 verschiedene Sorten, schwarze, gelbe und rothe Saat, ja sogar ein Winterflachs soll vorkommen. Das Oel galt in Мапа] 10 Кор. für das Pfund. 10) Kendyrj, Hanf. Er wird bekanntlich gleichfalls nicht als Gespinnstpflanze, son- dern zu Oel und als ein gleich dem Opium betäubendes Mittel angebaut. Er ist zu diesem Zwekke seit uralten Zeiten im Gebrauche, da Herodot der ihn als neu beschreibt von den Scythen zu erzählen weiss dass sie bei Bestattung ihrer Todten sich mit dem Qualme von Hanfsaat die auf glühende Steine geworfen wurde, berauschten und zugleich reinigten. Man stampft heutzutage die Blüthenspitzen, und übergiesst sie mit Hanföl?) (Naschi) um auf diese Weise ein eingedikktes Extrakt, Beng, zu gewinnen das in Europa unter dem Namen Haschisch bekannt ist Beng ist zugleich ein Synonym für Hanf, so wie Naschi eines für das betäubende Extrakt. Auch das Wort Ssausan ist mir für Hanf vorgekommen. Im Särafschangebiete standen im Jahre 1873 an 1000 Dess. unter Hanf). Mir ist eine offizielle Eingabe zu Gesicht gekommen welche hier ihren Platz finden möge. In Folge der Einfuhr grösserer Partien «Anascha» (Haschisch) aus Kaschgar fragte der Kreishauptmann von Osch an wie es mit diesem betäubenden Mittel zu halten sei und ob dasselbe konfiszirt werden solle. In Berükksichtigung der grossen Verbreitung dieses der Gesundheit schädlichen Mit- tels, insbesondere unter der ärmeren Arbeiterklasse (Bajgusch) erschien es unthunlich direkt gegen den Genuss desselben einzuschreiten, wurde aber dafür gehalten dass es ganz unter die Verordnung falle welche die Einfuhr des Opiums nach Sibirien und Orenburg mit Strafe belege. Opium sei doch wenigstens als Medikament nothwendig und werde auch für die Apotheken aus den Buden der Eingeborenen gekauft; Anascha aber werde nur als Berau- schungsmittel benutzt. Es wurde daher vorgeschlagen bei der Zollerhebung an den Gränzen darüber zu wachen dass nicht grössere Mengen dieses Hanf-Extraktes eingeführt würden, 1) Ebenso bei Pendshekent angebaut (Русск. Typ- | Oriente annehmen. кестанъ, 1872, II, стр. 71. 3) Маевъ, Матер. 1873, II, стр. 450. 2) Dasselbe soll auch betäubende Eigenschaften im Mémoires de l'Acad. Imp. des sciences, УПше Serie. 31 242 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. und auch Acht auf die Thechäuser zu haben die in dem Verdachte stünden dieses Berau- schungsmittel zu verabfolgen, das nicht geduldet werden, auch in den Buden nicht feil ge- halten werden dürfe. Man setzte jedoch die Unmöglichkeit voraus dem Schmuggel mit dieser Substanz zu begegnen. In demselben Sinne hat sich neuerdings ein Beamter öffentlich ausgesprochen!'). Er beruft sich darauf dass das im Jahre 1878 erlassene Verbot im Gebiete Turkestans Koknar und Haschisch zu bereiten zu nichts weiter geführt habe als diese Betäubungs- genüsse aus den Khany d. h. den Kneipen in die Privathäuser und Verstekke zurükkzu- drängen, während die Preise der verbotenen Waare auf das Dreissigfache?) gestiegen seien. Schon zu Zeiten der Khane seien grosse Strafen auf den Verkauf dieser Berauschungsmittel, gesetzt gewesen, welche von Häschern, den Markt-Aufsehern (Raiss) verfolgt wurden, doch ohne dass es genützt habe. Es wurden nicht nur sehr hohe Geldstrafen erhoben, sondern die ergriffenen Verkäufer mit einem um den Hals gehängten Тор (Behälter) in der Stadt zur Schau geführt. | Dazu hätte ich nur in der Erinnerung der Erlasser von Verordnungen aufzufrischen dass in Europa die berauschenden Genussmittel welche die orientalische Narcotica ersetzen nur einige Jahrhunderte alt, und dennoch unausrottbar tief eingewurzelt sind. Wir werden zugleich in die verschiedenen im Gebrauche befindlichen Präparate eingeweiht: 1) Opium, aus Buchara und China eingeführt. 2) Koknar, ein Aufguss auf Mohnköpfe, welcher gestampft, und durch Leinwand ge- presst wird. Е 3) Bartsch, ein Gemenge von Opium und Pfeffer. 4) Anascha oder Haschisch, das aus Kaschgar eingeführt wird. Es wird geraucht und tief in die Lungen eingezogen. Die indischen Hanfblüthen sollen unvergleichlich stärker wirken, als die in Ferghanä erzeugten. Es gab früher besondere Naschi-Khany. 5) Khab oder Khaf. Gemisch von Opium und Haschisch in Pillenform. Tarjak (erinnert an Theriak das früher offizinell war) ist eine Haschisch-Marmelade, welche mit warmem Thee hinabgespült wird. Kaltes Wasser danach zu trinken soll sehr schädlich sein. Gulkand. Kandirter oder mit Honig präparirter Haschisch. Ein schwaches Präparat. Der Hirse- oder Dshugarä-Brandwein Busa schliesst den Reigen. Er scheint sehr alter Herkunft zu sein, da er bei den Arabern genau unter demselben Namen angetroffen wird. Es ist ein dem Biere jedenfalls näher als dem Brandwein stehendes Getränk, das un- destillirt dem Gerstensafte verwandt ist den ja schon Xenophon bei seinen Zügen in Asien vorfand. Das Busa-Getränk wird auch wohl aus Reis gewonnen. 1) Type. ВЪд. 1880, № 27, стр. 106. | 2) Von 1 Rbl. 80 Kop. das Pud, auf 50 Rub. KULTURPFLANZEN. 243 Der Name des Hanfes fällt mit dem einer ganz anderen Pflanze (Asclepias syriaca) zusammen, die auch Kendyr genannt wird, und wahrscheinlich dem Gebirgsaste Kendyr- Tau, der in NW das Ferghanä-Thal abschliesst, den Namen gab. Dieser Kendyr eignet sich vorzüglich zu Gespinnsten von grosser Festigkeit, wie ich aus Proben ersehe die der Hr. Inspektor der Kommerzschule Sellheim mir zuzuschikken die Freundlichkeit gehabt hat. _ 13) Baumwolle (Gusä). Diese seit vorhistorischen Zeiten in Indien benutzte Pflanze soll erst um den Beginn unserer Zeitrechnung Persien und Aegypten erreicht haben. Sie hat für Mittelasien einen besonderen Werth da sie gleich der Seide eine Menge von Händen beschäftigt, obzwar es nirgends grössere Werkstätten oder gar Fabriken gibt. Als einen den Anreisenden fremden Gegenstand, der aber stets als Grundlage aller Hoffnungen auf eine glükkliche finanzielle Zukunft hat herhalten müssen, werde ich die Baumwolle etwas eingehender behandeln. Man hat grosse Erwartungen auf die Möglichkeit der Einführung einer der beiden Hauptsorten Amerika’s gesetzt, der Sea-Island-Baumwolle (Gossypium arboreum s. album) welche Turkestan bisher fehlte. In der That zeichnet sie sich durch eine fast doppelt so lange (2”), sich leichter aus den weit aufspringenden Kapseln lösende, weichere seidigere Faser, welche ihr einen fast doppelt so hohen Marktpreis verschafft hat, vor der gewöhnlichen Sorte, der Upland (Goss. barbadoense) Amerika’s aus. Nehmen wir die erstere als die durch ein mildfeuchtes See-Klima erzeugte mildfasrige Abart an, so steht ihr die letztgenannte als die kurze straffere Faser gegenüber, welche dem Einflusse des Kontinentalklima ihre Natur verdankt. Noch etwas weiter ab als diese, steht von der Sea-Island, wie mir scheint, die in Mittel- asien heimische Abart (Goss. herbaceum s. indicum). Sie ist dort wo sie keiner Bewässerung geniesst, das Produkt des ausgesprochensten kontinentalen Standortes: klimatisch härter; in der Faser kurz schroff') und die Fasern lösen sich schwer aus der nur wenig aufsprin- genden Kapsel. Ob sie den ihr gemachten Vorwurf der geringeren Haltbarkeit verdient, und ob derselbe nicht einer sorgloseren Behandlung zur Last gelegt werden muss, wollen wir hier dahingestellt sein lassen. | In das Kulturgebiet dieser kontinentalen Abart die Sea-Island einführen zu wollen ‘ würde in ähnlichster Weise an das unsinnige Unternehmen mit Pinus maritima?) erinnern, welche ja auch ihren Meereskarakter warnend im Namenschilde führt, wenn nicht der wich- tige Umstand hinzuträte dass in Amerika die Baumwolle unbewässert, in Turkestan dagegen mit Hilfe von Bewässerung angebaut wird. Hier tritt also der auf Seite 124 und 216 be- trachtete Fall ein und es gilt durch Versuche zu ermitteln, in wie weit die der Sea-Island nöthige Luftfeuchtigkeit durch das engvertheilte Bewässerungsnetz beschafft werden kann. ——- 1) Es ist das ет Umstand der das Herausarbeiten der | von drei Menschen. Faser aus den Kapseln sehr vertheuert. Man rechnet in. 2) Vergl. p. 59. Turkestan dazu auf 4 Pud Rohmaterial das Tagewerk | 31* 244 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANÀ. Die Hoffnung des Gelingens wird dadurch bestärkt dass im freilich luftfeuchten Masanderan, im Kreise Lenkoran eine derSea-Island nahe kommende Abart mit Erfolg angebaut wird. Ich würde von den dem Gebirge nächsten Lagen daselbst, Saamen nach Turkestan zu be- ziehen rathen, gleich wie auch aus Khiwa. Auch die ächte Sea-Island so wie deren nächste Verwandte, die Aegyptische Baumwolle, hat sich im Kaukasus eingefunden !). Was aber Khiwa anlangt so müssen wir der Nähe des Aral-Sees, so wie den grossen Wasserflächen der dortigen Kanäle es zuschreiben dass die dortige Baumwolle sich durch besondere Länge ihrer Faser auszeichnet?). Da wir nun andererseits der turkestanischen Sea-Island-Faser nachsagen hören dass sie wenig haltbar sei, so liegt es nahe dem Periodischen des Wässerns die Schuld daran zuzuschieben. Gleich wie sich an den Schafwollen welche von Fliessen herstammen deren Thiere unregelmässig gefüttert wurden der Absatz sich zeigt, an dessen Stelle der Faden reisst, so mag es auch der Baumwollenfaser ergehen, der bald Vegetazionsflüssigkeit im Uebermaasse zugeführt, bald durch dürren Sonnenbrand die Möglichkeit lange Zellen vorzustrekken genommen wird. Der ökonomische Vortheil der sich durch die Sea-Island-Sorte gewinnen liesse ist jedenfalls jeglicher Versuche werth, und liegt hier einer der Fälle vor, in welchen die Welt- stellung der neuen Herrschaft in Turkestan, den Eingeborenen zu ausserordentlichem Nutzen ausschlagen könnte. Da die Baumwolle eine Pflanze ist welche nur geringer Feuchtigkeit bedarf, über- mässige Bodenfeuchtigkeit entschieden schent, daher stark mit Sand durchsetzte Lokkerheit des Bodens sucht, sogar Drainage gern mag — so lässt sich voraussagen dass wenn die Sea-Island gedeihen kann, sie in Turkestan auf ungewöhnlich hoch aufgesetzten Beeten, bei besonders häufigem, aber geringem Wässern und jedesmaligem nur niedrigem Wasser- stande in den Furchen zwischen den Beeten, am besten gelingen wird. Sollte dennoch Aus- artung sich rasch einstellen so wäre wohl durch häufige Saamenerneuerung aus Khiwa dem Gedeihen Vorschub zu leisten. Das aber würde wiederum eine Beeinflussung der Baumwol- lenkultur Khiwa’s bedingen, um dort die ächte Sea-Island, oder wenigstens die Aegyp- tische Sorte zu grösserer Vollkommenheit zu entwikkeln. Für den ersten Anfang ist es der Sea-Island im Särafschan-Gebiete bei Pendshi- kent schlecht gegangen; sie ist sogar am 1. Mai und zu Ende September vom Froste ver- nichtet worden). Nichtsdestoweniger hat sie vier Generazionen dort erlebt, und da dieses Un- ternehmen eine wissenschaftlich zu rechtfertigende Basis hat, so darf von weiteren, razioneller angestellten Versuchen jedenfalls nicht Abstand genommen werden. Ist doch, wie angegeben wird, die Baumwollenpflanze im Särafschan-Gebiete überhaupt erst seit 30—-40 Jahren 1) Petzholdt, Der Kaukasus, 1868, II, p. 94. 3) Vergl. Турк. B&ı. 1876, № 48, стр. 194; ebendas. 2) Vergl. Kostenko, Средняя Asia, 1871, стр. 214. | № 50, стр. 198; ebendas № XXXVI. KULTURPFLANZEN. 245 eingebürgert worden’). In Ferghanä, das um einen Breitengrad minder vortheilhaft gele- gen ist, werden die Versuche sich auf den Mittelgrund des Thales, in die Nähe des Ssyr begeben und auf ihn beschränken müssen’). Uebrigens begann schon im Jahre 1871 die Aufmerksamkeit sich auf die Vorzüge der amerikanischen Sorten zu lenken?), und erhellt aus den aufgezählten Eigenschaften, dass man schon damals die Sea-Island-Sorte im Auge hatte. Nachdem nun aber die Herren Bro- dovskij und Ssamolevskij von der Regierung damit beauftragt worden waren in Texas die Behandlung der Baumwollenpflanze und ihrer Produkte sich anzueignen, haben im ge- eignetsten Theile Turkestan’s, im Särafschan-Gebiete diese Herren sich ihrer Spezialität hingegeben. Hrn. Ssamolevskij fand ich aber im Jahre 1878 noch immer erst mit der Herrichtung des allerersten Anfanges einer kleinen Musterferme für Baumwollenkultur be- schäftigt. Derselben ist die Anlage einer anderen im Särafschan-Gebiete vorangegangen, von der schon im Jahre 1875 Baumwolle verkauft wurde‘). Dass diese Herren in Amerika ihrem Berufe nachgekommen, beweisen zwei Abhand- lungen derselben über Baumwollenpflanzung, unter denen die des Hrn. Brodovski) schon einige Mittheilungen über turkestanische Ergebnisse hat hineinziehen können’). Die besagten Herren hatten die amerikanischen Geräthe und Maschinen mitgebracht, doch zierten dieselben einstweilen nur die Scheunen. Abgesehen von den mehr oder minder angezeigten Pflügen, sind bekanntlich zweierlei Maschinen ungesäumt in Gang zu setzen. Erstens der vielberufene Dshin der Amerikaner, der die Baumwollenfaser von den Saamen trennt, und die Presse, behufs Erleichterung des Transportes. Der Dshin gewährt so viel Zeitgewinn, und liefert zugleich um so viel bessere Waare _däss er sich rasch bezahlt macht. 25 bis 50 Pud Faser können mit ihm in einem Arbeits- tage von den Saamen getrennt und gereinigt werden. Ein Hauptvorwurf den man der Tur- 1) Маевъ, матералы, II, 1873, стр. 450. 4) Type. ВЪд. 1875, № 8, стр. 32. 2) Mithin halte ich die in Ssemiretschensk ange- stellten Versuche (Турк. ВЪд. 1876, стр. ХХХ) für ganz ungerechtfertigt. Im Kaukasus reicht die Baumwolle nach Ruprecht auch nicht über 2000’ Meereshöhe (Petzoldt, 1. с. I, p. 151, II, р. 194). In Turkestan erreicht sie ihre Nordgränze im Thale des Aryss, bei Tschimkent, und im Ili-Thale, also unter 43° und sogar 44° п. Br. (Macs, матер. II, 1873, стр. 507). Mir scheint dass es doch nur Versuchskulturen dort gewesen sein können. Wilkins fand Gelegenheit sich davon zu überzeugen dass die nach Buchara geschikkten Saaten der Sea- Island ausgesäet worden waren, und obgleich der grösste Theil nicht gekeimt hatte, dennoch zu fortgesetzten Ver- suchen benutzt werden sollten. 3) Vergl. Костенко, Средняя Asia, 1871. 5) Nur dadurch dass Herr Ssamolevskij seine Ab- handlung im ministeriellen Monatsblatte: Сельское Хо- зайство и ЛЪсоводство, 1875, Ноябрь und auch selbst- ständig hat erscheinen lassen ist es zu erklären dass neuerdings die Землед. Газ. diese Abhandlung als die einzige, treffliche hingestellt hat. Ich habe die in Drukk gegebenen Vorträge des H. 3rodovskij (Чтене о хлопчатникЪ, С.-Петербургъ, 1876 г.) in Händen gehabt, und finde dass es sehr ge- rathen wäre beide Abhandlungen verschmelzen und ver- vollständigen zu lassen, unter Hinzuziehung der vielen im Kaukasus so wie in Aleier gemachten Erfahrungen. In den Турк. ВЪд. 1879, № 2. hat H.Ssamolevskij noch einige Nachträge geliefert. 246 А. у. MIDDENDORFF, КЕВСНАМА. kestanischen Baumwolle macht, ist aber der dass sie so stark verunreinigt ist!). Wenn nun aber sogar für Buchara die richtigen Dshin verschrieben worden waren, jedoch unbenutzt stehen blieben weil es unmöglich war für die bessere Waare auch bessere Preise zu errin- gen, so weist uns das wiederum auf jene Unzuträglichkeiten zurükk welche schon vom Kau- kasus her wohlbekannt sind, übrigens in der Flachsfrage des Nordens ihre ebenbürtigen Analoga finden. Nicht nur bringt die sorgfältigere Reinigung dem Beflissenen Schaden, durch grösseren Abgang bei gleichbleibendem Preise, sondern der Handel setzt seinerseits der unsauberen, ja oft absichtlich mit Sand, Feuchtigkeit u. d. m. versetzten Waare eine allzugrosse Preiserniedrigung gegenüber. In der That sollen in Moskau einzelne Fälle von 20%, Unreinigkeiten in der mittelasiatischen Baumwolle erlebt worden sein. Solchem Unfug kann nur auf zweierlei Weise gesteuert werden: entweder durch be- sonders geschärfte Strafen bei Nachweis betrügerischer Manipulazionen, was jedoch der unsauberen Reinigung nicht abzuhelfen vermag; oder durch die Einführung einer offiziellen Wrake, wie sie überall die ersten Entwikkelungszustände eines zu eröffnenden Welthandels begleitet hat, um erst in einem späteren Stadium der vollständigen Handelsfreiheit mit frag- lichem Erfolge zu weichen. Durch eine Wrake würde auch der Vorwurf des argen Durch- einander der Sorten hinfällig werden. Die bessere Reinigung und Vorbereitung der Baum- wolle ist übrigens den Eingeborenen keineswegs fremd, denn für ihre eigenen Gespinnste sah ich sie die Baumwolle mit dünnen Ruthen sorgfältig kardätschen. Somit wären wir denn zugleich bei der Verpakkung angelangt, nämlich beim Pressen der Baumwolle. Obgleich die Vortheile der Verringerung des Volums der unförmlichen Ballen mit denen die Kameele beladen werden augenscheinlich sind, obgleich die ungepresste Baumwolle durch das Dorngestrüpp hervorgezaust wird, die Ballen sich zolltief mit einer Rinde von Schmutz und Staub aller Art tränken, so will das Pressen dennoch eben so wenig wie der Dshin in Gang kommen. Anders wird es auch damit nicht gehen als so wie schon begonnen worden. Man wird nicht nur beiderlei Maschinen auf Staatskosten anschaffen, sondern auch in der ersten Zeit unentgeltlich arbeiten lassen müssen, um dann allmälig eine immer höher steigende Bezahlung für den Gebrauch der Maschinen entrichten zu lassen, bis das Reinigen auf Maschinen, so wie das Pressen sich als Brauch eingebürgert?) haben, und der Privatspeculation anheimgefallen sein wird. Durch das Pressen lässt sich jeder der beiden Ballen von 7, Ри mit welchen das Kameel beladen wird auf fast '/, des früheren Umfanges, auf nahe еше Kubikarschin zu- sammendrükken. Wenn man bedenkt dass diese Ballen, deren Fracht bis Moskau 2°, ВЫ. 1) Маевъ, матер. Ш, 1874, стр. 424. Auch der vom | der Ferme in Taschkent die Baumwolle der Eingebo- Chodsha Junussov verschriebene Dshin (Костенко, | renen gratis gepresst wurde; und in № 36 desselben Jahr- Средн. Asia, 1871, стр. 225) war verschollen als ich mich | ganges erfahren wir dass die Sarten sich schon zum nach ihm erkundigte. Dshin drängen, obgleich ihnen eine Zahlung von 10 bis 2) Im Турк. ВЪ$отн. 1879, стр. 23, lesen wir dass auf | 15 Kopeken pro Pud auferlegt worden. KULTURPFLANZEN. 247 pro Pud beträgt jährlich gegen 100,000 Pud Schmutz in sich mitnehmen so bedarf es keiner Worte um der besseren Reinigung und Verpakkung das Wort zu reden. Bekanntlich stieg während des Krieges der amerikanischen Nord- mit den Süd-Staaten der Preis der Baumwolle bis auf das Sechsfache: Von 3 bis 4 Rubel ging das Pud sogar im Kaukasus im Jahre 1862 bis auf 23 ВЫ. hinauf. Die Production von Baumwolle wurde fieberhaft aufgenommen, und vervielfachte sich schon nach 2 Jahren im selben Verhältnisse wie der Preis. Es darf als Nachwirkung dieses Fiebers angesehen werden dass man über Erträge fabelte die nie zu erreichen sind. So stellte man im Jahre 1873 in Taschkent neben einer ohnehin sehr reichlichen Reineinnahme von 95 ВЫ., bei einem Preise von 6 ВЫ. pro Pud, pro Dess., eine Zweite auf, die sich bis zu 265 ВЫ. verstieg!). So überspannten Erwartungen musste Enttäuschung folgen, so dass ich die in Bordov- skij’s Vortrag angekündigte Mittelasiatische Baumwollenbetrieb-Compagnie, Janov et Cie., welcher nicht weniger als 30,000 Dess. Land für Baumwollenkultur eingeräumt werden sollten, schon im Jahre 1878 nicht mehr vorfand. Sie hatte mit einem Kapitale von 300,000 Rubeln und mit der Arbeitskraft von Theilhabern am Gewinne ins Werk gesetzt werden sollen. Ueber einige Bauten hinaus soll das so gross und zugleich im Geiste der Zeit ange- kündigte Unternehmen nicht gekommen sein. So viel mir bekannt sank allerdings der Preis in Turkestan damals, d. 1. im Jahre 1875 auf seinen niedrigsten Stand, da die dort gezogene amerikanische Baumwolle zu 3 ВЫ. 20 Кор. das Pud verkauft wurde; zugleich die geschichtete Watte zu 8 ВЫ. Zwischen dieser niedrigsten Ebbe und 7 Rbl. scheint der Preis unter gewöhnlichen Umständen zu schwanken. Bei dem häufig auf 4", bis 5 ВЫ. hinabgehenden Marktpreise ist der Vortheil om Baumwollenbau in Turkestan schon recht fraglich, und wenden sich viele Eingeborene in richtiger Berechnung von ihm ab, da die Weizenpreise sich in den letzten Jahren auf bedeutender Höhe erhalten haben?). Es scheint dass die Durchschnitts-Einnahme von einer richtig und nach allen Regeln behandelten Dessätine bei einem Preise von 6 Rbl. pro Pud Baumwolle auf brutto 150 bis 180 Rbl. anzuschlagen ist, von denen in Turkestan nahezu die kleinere Hälfte auf die Kosten des pfleglichen Anbaues zu rechnen wäre. Dieser Anschlag setzt eine Erndte von 25 bis 30 Pud Baumwollenfaser voraus, die in Turkestan sich schwer erreichen lässt. Im Särafschan-Kreise ist man, nach Bro ovskij einstweilen mit 20 Pud zufrieden. Das Verhältniss zum gepflükkten Rohmateriale stellt sich durchschnittlich so heraus dass die Kapseln, Stiele und Blätter '/, bis У, wiegen; die reine Baumwollenfaser (Pachty) etwas weniger als "|, die Saaten um eben so viel mehr als М, und bis ‘.. 1) Маевъ, матер. I, 1873, стр. 507. Diese gründete | nicht unterlasse mitzutheilen dass im Namangan-Kreise, sich auf die wenigstens doppelt zu hohe Voraussetzung | im Sommer 1879, laut Steuer-Nachweis 8766 Tanap ишел von 160 Pud Rohmaterial, die eine Dess. liefern sollte. | Baumwolle standen. 2) Vielleicht kann es Jemandem nützen wenn ich 248 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Endlich hätte ich noch zu erwähnen dass die Dessätine etwa 70 bis 90 Pud Heizma- terial liefert; wodurch aber allerdings das Bedürfniss nach Düngung des Feldes um so grösser wird. In Amerika ist dagegen eine Messerwalze im Gebrauche welche die Stengel auf dem Felde seibst zerstükkelt, so dass sie als den Boden lokkernder Dung untergepflügt werden können. | Die Angaben schwanken ausserordentlich und spielen dabei offenbar alle möglichen Umstände mit. Voran ein durchlassender lokkerer Boden. Da Kalkgehalt desselben noth- wendig zu sein scheint so eignet sich der Löss, zumal wo er sandhaltig ist, sehr für die Baumwolle. Die Thalmulde Ferghanä liegt schon etwas zu nördlich um dasjenige Klima zu haben das die vorzüglichsten Baumwollenerndten verspricht, indessen hilft die Thalschwüle diesem Mangel nach'). Schlimmer steht es wie oben berührt mit der Luftfeuchtigkeit. Auch die nöthige lange Vegetazionsdauer von 8 ja 9 frostfreien Monaten ist in der Thalmulde selbst nur nothdürftig gegeben. Gewöhnlich säet man erst in der ersten Hälfte des April, doch sah ich dicht bei Alt-Margelan”) die Baumwolle schon am 22. März а. St. aussäen. Das war auch nur in so zentraler Lage gerathen, um im Herbste mehr Spielrauu zu gewin- nen, da bekanntlich vom August an die Kapseln reifen und das drei Monate lang fortsetzen. In den Akten der Regulirungskommission fand ich die auffallende Mittheilung dass in der Wolostj Bisch-Aryk des Kreises Kokan die Kapseln nur ein Mal gesammelt wurden, und zwar am Termin der Reife der zuletzt reifenden Kapseln. Es hänge das, so hiess es dort, mit dem sandigen Boden und dem Wassermangel zusammen, doch sei die Erndte eine sehr reiche gewesen. Das verdient näher in Augenschein genommen zu werden, aber schwerlich Nach- ahmung, da es dem amerikanischen Verfahren diametral entgegengesetzt ist, demgemäss man, um Schimmel und Braunwerden zu vermeiden, die reifen Kapseln fortlaufend abpflükkt und nicht in den in Mittelasien gebräuchlichen minder sorglichen drei Erndteterminen: August, September und Oktober wobei es ohne einzelne minder reif gepflükkte Kapseln nicht abgeht, so dass sich die Faser schlecht löst und die unreifen Saaten, weil zerquetscht, die Faser schmieren. Im besagten Falle Bisch-Aryk muss doch wenigstens der Fehler des Festsitzens der Faser in den Kapseln ungewöhnlich stark obgewaltet haben. Fast allen Oelsaaten wird in den Mühlen Baumwollensaat (Tschigit), bis zu '/, der 1) Da die Bearbeitungsweise so wie die primitiven Maschinen dieselben sind, so kann ich nicht umhin auf Rechnung des Klima’s zu setzen, dass die Reihenfolge der Güte verschiedener mittelasiatischen Baumwollen, so wie der Handel sie festgestellt hat mit der zunehmen- den geographischen Breite der Bezugsquelle im umge- kehrten Verhältnisse zusammenfällt. Kostenko (Средн. Asia, 1871, стр. 214) gibt an die beste sei die von Bu- charä, darauf die von Khiwa, auf diese folge die aus Ferghanä (Kokan) und die schlechteste sei die Tasch- kentische. — Wilkins versichert dagegen die Khiwa- Baumwolle sei besser als die Buchara-Baumwolle. 2) Bei Kara-Kaltak, und das in sehr salzhaltigem Boden, den die Baumwollpflanze nicht mag, dem das Jahr aber genugsam Wasser zuführte. Der Sarte säete breit- würfig und bildete Reihen durch Einpflügen der Saat mit seinem Haken. KULTURPFLANZEN. 249 Gesammtmenge zugelegt, vorgeblich wegen der dadurch vermittelten grösseren Lokkerheit der Oelkuchen durch die Baumwollenfasern. Die feineren Oele erhalten durch diese Bei- mengung einen unangenehmen Geschmakk. Zumal widerlich ist das Gemisch von Lein- und Baumwollen-Oel. Die Saaten enthalten an 30% Oel, das zu etwa 30 Кор. das Pud verkauft wird. Die Oelkuchen sind als Viehfutter beliebt. 14) Tabak. Fr ist offenbar seit lange im Gebrauche. Der Tabak von Karschi hatte in Mittelasien den grössten Ruf!) Ihm zunächst der von Buchara. Dem Ferghanä-Tabak machte man seine gelbe Farbe zum Vorwurf?). Schon im Jahre 1876 wurde ein des Tabaksbaues Kundiger aus der Türkei nach Tur- kestan geholt?), doch hörte ich zwei Jahre später nichts mehr von ihm. Dass die beliebtesten türkischen, europäischen und amerikanischen Sorten in Ferghanä trefflich gedeihen können ist selbstverständlich und auch schon praktisch erprobt*). Im Taschkenter Boden bedarf der Tabak schon sehr starker Düngung’), und über- zeugte ich mich dort persönlich von der sichtlichen Wirkung eines Aschendunges. Man hat wiederholt beliebt eine Rein-Einnahme von 1400 S. R. der mit Tabak be- stellten Dessätin in Turkestan herauszuziffern. Es thut’s ein geringerer Vortheil auch, und schaden dergleichen Uebertreibungen der guten Sache. Rechnen wir mit Brodovskij 96 —120 Pud Blätter pro Dess.°) und bis 2 ВЫ. pro Pud, als örtlichen Marktpreis. Er möge nun aber auch doppelt so theuer angerechnet werden, so sind doch jedenfalls seine Kultur- und Verarbeitungskosten sehr bedeutend. Der Schnupftabak (Kök d. i. grüner) wird im Orient viel seltener in die Nase gescho- ben, als hinter die Zähne. Er wird ausserordentlich viel bewässert, so lange er auf dem Stengel steht. Die Blüthenstengel werden verbrochen. 15) (Dshenuschka) Die Luzerne. Auch Jonuska genannt. Im getrokkneten Zu- stande heisst sie Bidä. Dass die Luzerne zu der Ehrenstelle im Landbau gelangt ist, deren wir oben (p. 229) erwähnt haben muss eben so sehr dem Boden als der Stellung zugeschrieben werden welche das Pferd im Orient einnimmt. Der Löss könnte in einer Bodenklassifikazion welche den geeignetsten Hauptfrüchten folgt, als spezifischer Luzernboden bezeichnet werden. Kalkgehalt, Gleichartigkeit, Tiefe, trokkener, warmer Untergrund, treten in dieser Hinsicht aus der übrigen Reihe der frucht- baren Eigenschaften des Löss hervor. 1) Type. ВЪд. 1875, № 5( By. 1870, № 12. 2) Костенко, Средняя Азия, стр. 181. 5) Землед. Газ. 1878, № 5, стр. 72. 3) Турк. ВЪд. 1876. 6) Das stimmt zu der Angabe von 3 bucharischen 4) Землед. Газ. 1878, №7, стр. 108. Die hier als Rein- | Batman pro Tanap, in guten Jahren (Vergl. Русск. Typ- einnahme herausgerechneten 1400 Rub. von der Dessä- | кест. IT, 1872, стр. 74). tine sind nicht original, sondern stammen aus den Турк. Mémoires de l'Acad. Imp. des sciences, VIIme Série. 32 250 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Nichtsdestoweniger und trotz der sorgfältigen Kopfdüngung welche nach vorheriger Lokkerung der Zwischenräume mit der Hakke, schon vom dritten Jahre an mindestens in jedem zweiten Jahre gegeben wird, soll auch in diesem unübertrefflichen Klima und Boden die Luzerne im zwölften Jahre schon recht altersschwach sein und so lange nur in dem Falle lohnen wenn man den undichter werdenden Stand durch Nachsäen vervollständigt hat- Neun Jahre dauert sie gewöhnlich. Sie erreicht im dritten Jahre ihren reichlichsten Ertrag der durchschnittlich 300 aber auch bis 1200 Pud Heu pro Dessätin steigen soll; indem 4 Mal im Sommer gemäht, und dazwischen ein bis zwei Mal, im Ganzen also womöglich 8 Mal im Sommer gewässert wird. Näher zum Rande der Mulde, wie z. B. beim Dorfe Nanaj verkürzt sich die Jahreszeit so sehr dass die Luzerne nur zwei Mal gemäht werden kann. An Saat erndtet man 35 —50 Pud von der Dessätine. Sie gehört zu den Erstlingen des Frühjahrs. Schon am 8. März sah ich zweijährige Luzerne bei Margelan, 1” lang aus der Kopfdüngung hervorschauen. Die Stökke standen eine kleine Spanne weit von einander ab. Einjährige Luzerne war am 25. April handhoch. Von dann an geht es zusehends mit dem Wuchse vorwärts. Durch die neuen Zustände, die Kavallerie und den regen Postenlauf ist der Luzernbau offenbar in viel höheren Schwung gekommen, als es ohnehin schon früher der Fall gewesen. Vor Ankunft der Russen hatte das Hundert Luzernheu-Bündel in Ferghanä 1 В. 60 Ko- peken gekostet (in Taschkent sogar 1 R. 20 Kop.). Ich musste im April 3 bis 4 Rbl. zah- len, ja der Preis stieg in Margelan doppelt so hoch, und bis 10 Rbl. als es ein paar Tage geregnet hatte. Unterdessen war in Kokan der Preis viel niedriger. Die Spekulation be- mächtigte sich dieses Umstandes, man holte lange Reihen von Karrenladungen herüber und der Preis ging rasch zurükk. Im Herbste scheint 2 Rbl. dort der gegenwärtige Durch- schnittspreis zu sein!). Am Verlaufe des ganzen mittleren Ssyr wurde zu meiner Zeit überall viel Luzerne gebaut. Die gesicherte Abnahme auf den Poststationen forderte dazu auf. Der Preis des Heu’s hielt sich auf 1 Rbl. 80 K., doch sah ich den Bund grünen Futters ohne Widerrede mit 6 Kop. bezahlen. In den Städten wiegen die Bünde nur 6 bis 7 Pfund; aus erster Hand in den Dörfern gegen 10 Pfund. Frisch gemäht wird das Grünfutter halb so theuer als das Heu gerechnet, was allerdings dem Verhältnisse des Futterwerthes schlecht entspricht; doch werden die Bünde des Grünfutters wohl um die Hälfte schwerer gebunden, was die Unrichtigkeit etwas ausgleicht. Es ist eine Lust zu sehen wie grün das Heu in jenem Klima geborgen wird. Gewöhn- lich ist es auf dem flachen Dache in Sicherheit gebracht, oder auch auf den Gabelästen der Bäume und mit Stroh oder Schilf überdekkt. Das Werben wird den Leuten leicht genug. 1) Auch in Ssamarkand steigt das Luzernheu bis zu | Herbste, im Frühjahre zu der doppelten Höhe (Проток 12 Rub. In Taschent steigt der Preis von 21/, Rub. im | ЗасЪд. Туркест. Общ. люб. естествозн.). KULTURPFLANZEN. 251 An manchen Stellen durchsetzte jedoch viel Kleeseide das Heu und wies darauf hin wie nôthig auch wegen dieses Schmarotzers das Behakken der Zwischenräume ist. Die Luzerne wird übrigens nicht nur gesichelt, sondern zu Ende März sah ich an vielen Orten Pferde und andere im Winter heruntergekommene Hausthiere auf Luzernstükken weiden, gleich wie auch feiste Schaafe zur Vollendung der Mast neben ihnen. Diese werden fettgegräst unter Zugabe von Oelkuchen. Man säet die Luzerne gewöhnlich im Frühjahr, zu gleicher Zeit mit dem Flachs, sobald die Frühlingsfröste nicht mehr dräuen. Im ersten Jahre mäht man sie nicht über drei Mal (im Juni, Juli und August), in den folgenden 4 bis 5 Mal und gewinnt noch einen schwachen Herbstschnitt an Grünfutter. Zur Saat bleibt dreijährige Luzerne stehen welche 36—-38 Pud pro Dess. lohnen soll. Der Klee. Er wird nirgends angebaut. Da ich jedoch zwischen Nanaj und dem Heraus- bruche der Potsch-atä aus dem Gebirge, ihn nebst trefflichen Süssgräsern im wilden Zu- stande vorzüglich gedeihen sah, dort wo in den Vorbergen das Klima für Luzerne zu rauh wird, so liegt darin die Zukunft der Landwirthschaft des Gürtels der aus der Thalmulde zum Gebirge hinaufführt. Kaun. Die Melone. Es werden zwei Hauptgruppen Melonen unterschieden: frühreife (Gandaläk) kleine, kuglige, und spätreife (Kaun) gross, länglich und härter im Fleische. Hr. Smirnov hat den zahlreichen Sorten besondere Studien gewidmet, deren Veröffent- lichung wir entgegensehen. Die frühreifen werden bei Namangan frühestens zu Anfang März gesäet!), die ande- ren 17, bis 2 Wochen später gewöhnlich jedoch zu Anfang April. Erstere reifen um die Mitte des Mai, die anderen zu Ende Juni und die spätesten zu Ende August und Anfang September. Unter mittleren Breiten des Namangan-Kreises gedeihen nur noch gewisse Sorten, weiter nordwärts also in Mämaj und Nanaj keine mehr, daher sie dorthin verführt werden. Es können 9 Tausend Melonen auf der Dessätine gedeihen. Die aus Indien stammenden Melonen gehören zu den wichtigsten Lebensbedürfnissen der sesshaften Bewohner Mittelasiens, welche, mit kaum glaublicher Genügsamkeit den Sommer als Vegetarianer existiren und fast ausschliesslich von Brodfladen mit Aprikosen oder mit Melonen sich nähren. Wie dürfte es zusammenhängen dass gerade im Polnischen die Benennung «Kawon» den orientalischen Namen für die Melone so unverändert wiedergibt? Bei der grossen Menge verschiedener Kulturpflanzen welche sich im Feldbaue des Orients eingebürgert haben, und deren Hauptsächlichste wir vorstehend aufgezählt, lag es nahe eine gewisse unbewusst geübte Wechselwirthschaft vorauszusetzen. Hr. Bro- 1) Nalivkin in Турк. B&ı. 1880, № 21, стр. 83. 32% 252 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANÄ. dovskij hat das Verdienst darauf hingewiesen zu haben dass solches nicht statt hat. Von einem systematischen Wechsel zwischen Blatt- und Halmfrüchten kann bei den Sarten die Rede nicht sein. Daran hat es jedoch nicht fehlen können dass so aufmerksame Landbauer wie die Kleinbesitzer in den Oasen es nothgedrungen sein müssen, bei Erfahrungsregeln stehen ge- blieben sind, an die sie sich bei Bestimmung der Aufeinanderfolge der Kulturpflanzen hal- ten. Die herrschende freie Fruchtfolge ist also nur bedingungsweise frei. Dass auf den ungewässerten Lälmi-Feldern der peripherischen Zone Ferghanä’s wir der freiesten Steppenwirthschaft begegnen welche, je nach Bequemlichkeit, Gutdünken und Abnahme der Fruchtbarkeit, jetzt hier, das nächste Jahr wiederum hier, oder aber auch an beliebigem anderen Orte ihr Heil im Säen versucht, ist um so natürlicher, als Platz genug vorhanden ist, und es vorzugsweise Steppensöhne, Kirgisen, sind, welche als Halb- nomaden zum Kornbaue übergehen. Diese mögen weder mit der unablässigen Sorgfalt und Nachhilfe zu thun haben, welche das Bewässern verlangt noch sind sie zu der höheren Stufe der Voraussorge emporgestiegen welche der Anbau von Wintergetreide voraussetzt Sie bauen ausschliesslich Sommerkorn und meist nur zu eigenem Lebensbedarf, 4. 1. Weizen, Gerste und Hirse. Interessant ist es aber, die Hochkultur der Sarten auch mit der zweiten unter den Uebergangsformen der Feldwirthschaft behaftet zu sehen: mit der Dreifelderwirthschaft. So sehr sich auch die Zähigkeit bewährt hat, mit der sie sich auch dort in Europa unver- drängbar erhält, wo sie gar nicht am Platze ist, so will das doch nichts bedeuten im Ver- gleiche mit den Umständen unter denen die Dreifelderwirthschaft sich in Mittelasien be- hauptet, und zwar lediglich in der Wirthschaftsweise des Grossgrundbesitzes. Um diesen Umstand richtig aufzufassen wollen wir jedoch mit der Betrachtung des Akkerbaues der Kleinakkerer (Possirekör, Pässreker) beginnen d. i. mit raschem Sprunge mitten in die Hochkultur der Oase uns versetzen, bei der wir die Spatenkultur — bier durch die Hakke besorgt — mit dem Pfluge im edlen Wettstreite begriffen finden. Bleiben wir bei dem, selbstverständlicher Weise ganz willkührlichen, Maasse stehen, dass wir Den- jenigen der weniger als eine Dessätine Landes bebaut zu den Kleinakkerern rechnen, wobei das was wir auf Seite 214 gesagt haben doch noch seine Giltigkeit behält. Die Geringfügig- keit der landesüblichen Einheit des Feldmaasses, des Tanap weist schon auf die vorwal- tende Rolle hin welche dem Kleinakkerer in Ferghanä zukommt. Auch der Kleinakkerer Ferghanä’s vermag der Brache (Schüdgar) nicht ganz zu entrathen; sie erhält sich unter dem Schutze des alten Axiomes: der Boden müsse zwischen- durch ausruhen. Es ist mir nicht gelungen mir eine klare Einsicht darin zu ver- schaffen, ob es nicht möglich wäre vollkommen ohne Brache auszukommen, wie solches bei der Länge des Sommers, bei dem viel gebräuchlichen Wechsel zwischen Getreide- und Hakkfrüchten, bei so schönem Boden, und zwar bewässerbaren Boden sich voraussetzen liesse. Im Angesichte des allgemeinen Mangels an bestellbaren Lande einerseits, so wie an- KULTURPFLANZEN. 253 dererseits der oft fast unzählige Male wiederholten Pflugarbeiten müssen wir uns wohl dessen bescheiden dass eben bisweilen es nicht gelingen will ohne Brache sowohl des Un- krautes Herr zu werden, als auch die richtige Gahre zu erreichen. Wenn aber Brodovskij geglaubt hat eine vom Kleinakkerer allgemein eingehaltene regelmässig alle fünf Jahre!) wiederkehrende Brache erkennen zu dürfen, so scheint mir das ein Irrthum zu sein. Bevor wir das annehmen, müsste eine herrschende Eintheilung des Feldareales in fünf Theile nachgewiesen werden; woran ich zweifle. Mir hat geschienen als kämen die Akkerer dort wo das Land hoch im Werthe ist und hinreichend Wasser zur Verfügung steht auch ohne Brache aus, wobei jedoch — da Beides vorzugsweise in unmittelbarer Umgebung der Städte zusammentrifft — der Feldbau fast ganz in Gemüse- und Gartenbau aufzugehen pflegt. Fruchtbäume, Weinreben, Melonen, Ge- müse aller Art mit Einschluss der Tomaten, des türkischen Pfeffers und der neuerdings zum Verkaufe an die Russen gebauten Kartoffel, Blumenkohl u. d. m. verwerthen den Boden hier am vortheilhaftesten; auch einzelne Luzernstükke werden gepflegt. An Dünger man- gelt es nicht. Brachliegende Flächen trifft man jedoch in Menge an. Zumeist sind es Gemeindelän- dereien oder wenigstens Aussenfelder (Kakyr ?) welche beweisen dass es an Land nicht ge- bricht, aber wohl an Wasser. "Theile solcher Flächen werden gewöhnlich ein bis zwei Mal schon im Herbste gepflügt, mit Weizen besäet und darauf für 5— 8 Jahre dem Beweiden überlassen. Das scheint ausser dem Wassermangel auch auf Düngermangel zu weisen. Die ächte Brache scheint aber gleichfalls wegen Düngermangel, nach Brodovskij’s Mittheilungen, wohl bei den Grossgrundbesitzern (Dichkan) im Gebrauche und an eine Dreifelderwirthschaft gebunden zu sein, wobei mitunter eine Halbbrache der besseren Aus- nutzung des Bodens unter die Arme greift. Die Sojabohne füllt meist die Halbbrache aus. Bevor wir auf die Fruchtfolge insbesondere eingehen, müssen wir vorerst von dem Feldkomplexe (Dalä), das hinter dem Hause belegene Gartenland (Khajat oder Tschar- wäk) ausscheiden das stets mit einer Lehmmauer umfriedigt ist und Majdän genannt wird wenn es mit Fruchtbäumen besetzt ist. Es scheint diese Umfriedigung so ziemlich das Erste zu sein womit die Niederlassung beginnt, denn ich fand Umfriedigungen an öder Stätte vor, und auf meine Frage: was diese Verödung bedeute? hiess es: wahrscheinlich habe das Wasser nicht hinkommen wollen. Ausser den Fruchtbäumen und Weinstökken ist im Garten der Sitz des Gemüsebaues; aber auch Mais, Hanf, Tabak und Luzerne trifft man hier an. Weit ab im Felde stösst man wohl dann und wann auf eine solche Umfriedigung; sie ist jedes Mal der Luzerne wegen vorhanden. Weil durch ein Jahrzehnd ohne Wechsel den Boden einnehmend gehört die Luzerne nicht zum eigentlichen Feldbau; es wird für sie ein besonders gutes Ekkchen, wo möglich aber zunächst am Hause eingeräumt. 1) Im Kreise Ssamarkand, 254 А. у. MIDDENDORFF, ЕЕВОНАМА. In Bezug auf die Luzerne wird einhellig festgehalten dass sie nicht vor Ablauf von mindestens vier Jahren auf sich selbst folgen darf. Allgemein ist anerkannt dass nach Lu- zerne Jegliches gut geräth. Man lässt gewöhnlich die so viel Dungkraft beanspruchende aber mit ausserordentlichen Massen lohnende Dshugara auf die Luzerne folgen, baut dann wohl Melonen und lässt nun erst Weizen, und auf diesen wiederum Weizen folgen, für den die Reste der Luzerndüngungen und der gestürzten Luzernstoppeln im Boden, noch hin- zureichen pflegen. | Das Getreide anlangend werden Weizen und Gerste als edleres «Weisskorn» (Ak-Gallä), dem Schwarzkorne (Karä-Gallä) gegenübergestellt das die verschiedenen Hirsen, Oel- früchte u. s. w. umfasst. Die Winterfrüchte (Teramoi) werden alle gewässert, während die Sommergetreide, obgleich nur in der Umrandungszone des Thales, auch ungewässert angebaut werden, so dass der Ausdrukk Bogär bald Sommerfrüchte, bald ungewässerte Früchte zu bezeich- nen scheint. Unter den Winterfrüchten sollen wiederum Winterweizen, Wintergerste, Flachs, Lin- sen, Kichern (Nachod) als «Weisse» (Ak) in sofern unterschieden werden, als ihr Stroh schon früh im Jahre bleicht, (daher weisse) und sie das Feld früh räumen d. i. im Mai oder spätestens zu Anfang Juni, während alle übrigen Kulturpflanzen, einer. längeren Vegeta- zionszeit bedürftig noch grün sind, und deshalb unter der Bezeichnung Kök zusammen- gefasst werden!). Diese Unterscheidung hatte zur Zeit als die Abgaben von den Feldfrüchten in natura erhoben wurden eine besondere Bedeutung welche jetzt verloren geht. Man erhob den Zehnten von den Ak-Früchten im Mai, von den Kök im August und später. Endlich haben wir noch dessen zu erwähnen dass bisweilen in Ferghanà durch eine ungewöhnliche Spätsaat im Herbste, oder besser im Herbstwinter, das Sommerkorn in eine Mittelstellung zwischen Sommer- und Wintergetreide gebracht wird, unter der Bezeichnung «Dunachta». Je nachdem sich der Winter gestaltet keimt solche Saat entweder erst im Frühjahre und gibt dann ein frühes Sommerkorn, oder sie geht auch schon im alten Jahre auf, bleibt auf der ersten Stufe der Grasbildung stehen, und wartet die Frühjahrswärme ab. Ueberdiess ist auch das Fallkorn in Ferghanä nicht unbekannt. In Folge plötzlicher Luftdürre rieselt es und säet sich aus, als «Chudra». Auch in zweiter Generazion kommt das Fallkorn vor und heisst dann «Mudra». Fallkorn gibt das Wintergetreide allein, und weil es geneigt ist zu schossen, so muss das Gras geschnitten oder beweidet werden. 1) Da bald türkische bald altpersische Ausdrükke ge- | metsch. Was Buslaj-Tuslaj im Feldbaue bedeute, braucht werden, mein Dolmetscher aber ein Tatare war | konnte er mir nicht angeben, behauptete aber in gewöhn- der kein persisch kannte, so war es nicht möglich Klar- | licher Redeweise heisse das: es verdarb, ist aber wieder heit in diese Terminologien zu bringen. «Tramoj» be- | in Ordnung. deute den verflossenen Monat, behauptete mein Dol- KULTURPFLANZEN. 255 Die Fruchtwahl anlangend scheint man sich in Ferghanä an folgende durch die Ur- praxis ermittelte Regeln zu halten. Sie werden beherrscht durch die Rükksicht auf Dünger- und Wasserbedarf, so wie auch Vegetazionsdauer der Pflanze und Marktbedarf. Auf gedüngte Brache wird gewöhnlich Winterweizen, Mais oder Hirse gebracht. Baum- wolle mag frischgedüngten Boden nicht. Soil Baumwolle auf Baumwolle folgen, was ganz gut angeht, so muss Mineraldung, d. i. Kurgan-Löss aufgeführt werden. Gleich der Baumwolle verträgt auch die Dshugara dass sie auf sich selbst folge; da sie aber eines sehr kräftigen Bodens bedarf so muss zur zweiten Frucht stark gedüngt wer- den. Endlich ist der Reis auch eine Frucht die häufig immer wieder auf derselben Stelle gebaut wird, weil das Wasser nicht überall hinreicht. Er ist aber genügsam und bedarf seltener und geringer Düngung; wo möglich einer Gründüngung. Durch die Dshugara wird der Akker so mitgenommen, aber zugleich so frei von Un- kraut dass man auf sie gewöhnlich Flachs folgen lässt; wenn nicht Baumwolle, für welche jedoch der Boden schon häufig zu kraftlos ist. Abgesehen von dem Reis der eine Wasserpflanze ist, haben Möhren und Melonen einen im Untergrunde von Wasser angefrischten Boden gern. Beide bedürfen einer in guter und alter Dungkraft stehenden Akkerkrume und erstere werden als Nachfrucht nach Wei- zen bis zum Oktober bedeutend grösser als wenn man sie im Frühjahre säet. Am wenigsten Wasser bedürfen Mais und Gerste, daher diese gewählt wird um die von dem Wasserzuflusse entferntesten Feldflikke auszunutzen. Auch die Sojabohne, die Linse, die Hirse, der Mohn und der Sesam verlangen nicht viel Wasser und begnügen sich im Nothfalle mit einmaliger Wässerung, Abgesehen vom Wasser machen Reis und Baumwolle dieselben Ansprüche an die Bo- denart und Bodenkraft und die Temperatur, so dass es von der zu Gebote stehenden Wasser- menge abhängt ob ein Landmann einen grösseren oder kleineren Theil seines Akkers unter Reis oder aber unter Baumwolle stellt. Auf Baumwolle lässt man gern Soja folgen. Sehr wesentlich bestimmt die Vegetazionsdauer die Aufeinanderfolge der Früchte da es darauf ankommt den Boden so viel als möglich auszunutzen. Schon die Thatsache dass die Luzerne 5 Mal im Sommer unter die Sichel kommt weist darauf hin dass der Anbau einer einzigen Feldfrucht die Vegetazionsdauer eines Sommers auszufüllen nicht hinreicht. Der Hauptfrucht geht also entweder eine Vorfrucht voran, oder es folgt ihr eine Nach- frucht. Ueberdiess sind zumal im Garten Zwischenfrüchte beliebt, so dass also Mais, Do- lichos (Lubia) Kürbisse auf den Rändern der Melonen-Beete stehen, oder der Mais mit Le- guminosen unterbaut wird. Hierher gehört denn auch die Baumfeldwirthschaft, zu welcher insbesondere die schattenlosen, entasteten und entlaubten Maulbeerbäume Veranlassung bieten. Unerwähnt darf hier auch nicht bleiben dass eine so sehr langer Vegetazionszeit be- dürftige Pflanze wie die Dshugara dennoch nach dem Aberndten des Wintergetreides hie und da ausgesäet wird, nämlich zu Grünfutter, wie das auf Seite 238 berührt worden ist. 256 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANÀ. Abgesehen von diesem Zwekke sind ‘als Nachfrüchte nach Aberndtung des Winterge- treides alle gebräuchlichen Oelpflanzen, Bohnen, Erbsen (Burtschak), Kichern (Nachot), Linsen so wie namentlich auch Hakkfrüchte als: Möhren, Runkeln, Rüben, Rettig, Zwiebeln und die Melonen nebst Anverwandten aufzuzählen. Bisweilen lässt man sogar den Reis als Nachfrucht auf die Wintergerste folgen. Dem Gesagten zufolge ist es also der gewöhnliche Fall dass man in einem Jahre der- selben Bodenfläche zwei Erndten entnimmt. Ich habe keine dreifache Erndte ermitteln können; abgesehen von dem fünfmaligen Schnitte der Luzerne. Dessen wohlbewusst dass der Herbst diejenige Jahreszeit ist, welche von Jahr zu Jahr sich am meisten gleichbleibt warten die Eingeborenen im Frühjahre alle Sprünge der- Wit- terung ab. Dadurch geräth aber die zweite Frucht nicht selten in das Gedränge des ein- setzenden Winters, zumal wenn durch zu üppige Düngung die Pflanzen besonders spät reifen (z. B. die Dshugara). Daher wird es verständlich welchen besonderen Werth man in Ferghan& — so südlich es auch liegt — auf frühreife Sorten zu legen hat und welchen Werth der Eingeborene, und zwar nicht nur der Akkerbauer der Umrandungszone auf eine möglichst vollständige Insolazion, auf die Sonnenseite (Kungess) legt. Die Dshugara scheint im Grunde des Thales den grössten Flächenraum einzunehmen; ihr zunächst der Weizen und der Reis. Im Allgemeinen scheinen Winter- und Sommer- früchte ziemlich zu gleichen Theilen die Akkerflächen in Beschlag zu nehmen. Kulturschädliche Einflüsse. Die wasserspendenden Gebirge welche im Ferghanä-Bekken die Wüste zu paradiesischer Fruchtbarkeit treiben, welche den Vorhöhen ihre prächtigen Weidegründe verleihen, sind nicht ohne Tükken. Abgesehen von den vernichtenden Ueberfluthungen (vergl. p. 178, 204 und Anhang ТУ. С.) senden sie auch von den eisigen Höhen kalte Luftströmungen in die Tiefe hinab, die dem Landmanne Verderben bringen. Meine Reise folgte freilich auf einen ungewöhnlich strengen und schneereichen Win- ter, aber mich erschrekkte doch der Zustand in dem sich weite Strekken der Gräser des Winterweizens befanden. Frost und Wasser im Vereine hatten in der Weise gewirkt, dass es das Aussehen hatte als seien die Felder von Schlamm-Vulkanen lilliputanischer Dimensionen durchsetzt. Offenbar war auf eine vollständige Verwässerung des Lehmmergels eine Frostkruste gefolgt. Bei nachfolgender plötzlicher Froststrenge durchbrach die breiige Masse diese Kruste an ihren schwächsten Stellen. Die Weizen-Gräser sahen hoffnungslos aus. Allerdings nahm die Auswinterung offenbar vorzugsweise salzhaltige Felder und zumal deren niedriger gelegenen Stellen ein, nichtsdestoweniger versicherte mich der Wolostj- Pc. PNR CE FU ть KULTURSCHÄDLICHE EINFLÜSSE. 257 Verwalter von Alt-Aryk der mich begleitete dass er mit Hilfe der Aksakale der ihm unter- gebenen 8 Dörfer die mit Winterweizen besäeten und hoffnungslosen Felder überzählt und dreizehntausend Tanap zusammengerechnet, auch schon darüber berichtet habe. Gegen solches Auswintern dürfte nur ein stärkeres Auslaugen des Bodens, ein besseres Abwässern desselben und eine frühere Saat helfen können. Die Frühsaaten fand ich alle in besserem Zustande. Wie schwer, wenn nicht unmöglich es ist durch unmittelbare Ent- wässerung, und sei es auch durch Dräniren, in solchem Boden etwas zu leisten, bewies die Poststrasse die in der Nähe durchführte. Trotz der breiten und tiefen Gräben welche sie einfassten, und trotz der Höhe zu welcher die Strasse durch den Auswurf erhoben worden war, so wie trotz starker seitlicher Böschung, war sie von fusstiefen Gleisen durchfurcht. Vom Beetpflügen und von Hahnenkämmen ist schon oben (p. 217) die Rede gewesen. In Folge derselben Winterstrenge waren die in Mieten verwahrten Vorräthe') an Wurzeln und Obst aller Art, waren in den wärmsten Oertlichkeiten Ferghanä’s, inmitten der Thalmulde, die Weinstökke überall erfroren. Es war ein Jammer zu sehen wie arın- und schenkel-dikke Stämme), deren Gezweige die durch Gestelle gestützten, in Ferghanä sehr beliebten Laubengänge überflochten hatte, vom Froste getödtet dastanden. Nur ein- zelne Reben gaben schwache Hoffnung für ein Durchkränkeln; fast alle mussten dicht über der Erde abgeschnitten und die ganze Hoffnung musste auf Wurzeltriebe gesetzt werden?). Die Weinstökke hatten sich nur in der rauhen peripherischen Zone Ferghanä’s er- halten, da man in derselben gewohnt ist, die empfindlicheren Fruchtsorten, zumal den Wein zum Winter alljährlich niederzulegen und zu bedekken. Obgleich nun freilich eine ungewöhnliche Winterstrenge dieser Schädigungen des Akker- und Obst-Baues angeschuldigt wurde, so scheinen doch ähnliche Vorkommnisse nicht so ganz aussergewöhnlich zu sein da wir davon Nachricht haben dass um die Mitte des Oktober 1876 in Taschent 3’/, Zoll, in Pendshakent sogar 10 Zoll tiefer Schnee fiel, der um so mehr schädigte als er auf einen jener südlichen Heisswinde «Harmssel» folgte, den regelmässig ein starkes Sinken der Temperatur ablöst. Dieses Mal folgten kalte Winde 1) Sogar so zarte Früchte wie Birnen verstehen die Eingeborenen in Mieten (Silös) trefflich aufzubewahren. 2)So im Garten des früheren Sommerpallastes des Khan in Alt-Aryk. 3) So konnte es denn nicht fehlen dass eine Bitte nach der anderen um Erlass der Steuern sich folgten. Der Hauptmann des Margelan-Kreises berichtete dass an eine volle Einnahme von den Weingärten nicht gedacht werden könne. Der Hauptmann des Kokan-Kreises bat, gleichzeitig mit seinem Berichte über die Schäden in den Weingärten Privater, um die Erlaubniss im Kronsgarten zu Kokan, der durch öffentliche Versteigerung in Pacht vergehen war, die Weinbäume an ihre Wurzel zu kap- pen, damit auf Schosse gerechnet werden könne; so auch Mémoires de l'Acad. Imp. des sciences, VIIme Serie. im zweiten Kronsgarten Awgan-Bek der nicht ver- pachtet war; aber die edelsten Sorten enthielt. Zum Mindesten um Erlass der Hälfte der Steuer wurde ge- beten. Der Kreis Tschimion suchte um völligen Erlass der Steuer an. Ein Drittheil aller Saaten, die Weinstökke und sogar Wallnussbäume waren erfroren. So sehr sich auch die Zentralverwaltung gegen Erlassen der Steuer sträubte, und die Steuer unnachsichtlich zu verlangen heischte, musste sie sich doch auf Einrichtung von Ko- missionen einlassen, welche den Schaden spezialisirt ab- zuschätzen hatten. 4) In Rischtan. 33 258 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. und Frost. Man hatte eben erst die Erndte der Baumwolle, der Dshugara-Hirse und des Mais begonnen; der Reis stand noch unberührt. Gerste, Luzerne und Arbusen litten vom Schnee und Froste. Trauben hingen unabgepflükkt bei 3 Graden unter Null. Sehr wurden die noch vollbelaubten Bäume!) mitgenommen. Früh- und Spätfröste lassen die aus Amerika hinübergeführten Sorten der Baumwoll- staude überhaupt nicht aufkommen?). Hagelschläge sind auch nicht ganz ausserordentliche Erscheinungen und erlebte die Russische Herrschaft schon Körner, bis zur Grösse eines Tauben-Eies?). Bei solchen Unwettern kommt es vor dass grosse Heerden die glükklich den Todes- nöthen des Winters entgangen, vorzugsweise Pferde, in Panik gerathen und voll Schrekken dahinstürmend, zu vielen Hunderten unaufhaltsam in Abgründe stürzen; wofür die russische Volkssprache sogar einen besonderen Kunstausdrukk sich geschaffen hat‘). Aber auch abgesehen von den Gewitterstürmen in der peripherischen Zone Ferghanä’s sind die auch die Thalmulde durchtobenden häufigen Windstösse den Erfolgen des Land- wirthen hinderlich und schädlich. 1) Труды Импер. Вольн. Экон. Общ, 1876, Декабрь, стр. 469. — Турк. ВЪд. 1876, стр. 162. 2) Турк. ВЪд. 1876, № XLII. 3) Турк. ВЪд. 1875, стр. 72, 88. 1876, стр. 32. Die Gärten wurden geschädigt, Lämmer erschlagen, bei Pen- dshakent. Der Kreishauptmann von Namangan berichtet im Mai 1878 über die argen Unglükksfälle in seinem Gebiete. Der harte Winter habe die Weinreben und Frucht- Bäume der Sarten und das Vieh der Kirgisen getödtet; danach hätten die Ssilä (Ungewitter, Wolkenbrüche) seit dem 17. April fast kontinuirlich angehalten und die Thä- ler Posch-ata, Ssultan-Wojss, Isfaran und Ganda-Bussak seien zu Grunde gerichtet. Schliesslich habe auf einer Strekke von 56 Werst ein heftiger Hagelschauer alle Felder völlig vernichtet. Die Lage der Bewohner sei eine verzweifelte, so dass Viele schon hungerten. Haufenweise irren sie von einem Dorfe zum anderen und Viele sind in weitere Ferne gewandert. Es gähre schon und Hilfe der Regierung sei unerlässlich. Die örtlichen Mittel seien unzureichend. Der Gouverneur erbat sich deshalb eine Anweisung von 10 Tausend Ru- bel, um wenigstens augenblikklich den am meisten Ge- schädigten mit je 25 bis 100 ВЫ. pro Familie zu Hilfe zu kommen. Diese werden beschafft und ein Civil-Inge- nieur hingeschikkt um die Herstellung der Beschädigun- gen zu leiten, nachdem die im Anhange ТУ. С. erwähnten wiederholten Ueberschwemmungen die Einwohner völlig zu Grunde gerichtet und noch drei Hagelwetter das letzte verschont gebliebene fast reife Korn vernichtet hatten. Der erste Hagelschlag fand um Mittag des 4. Juni statt und erstrekkte sich über 51/, Quadratwerst. Ihm folgte der zweite am 10. Juni der eine noch grössere Strekke und 7 Dörfer umfasste und endlich fiel am 19. Juni Hagel von Haselnussgrösse, der auf dem Wege hie und da 7 Zoll hoch lag, kleinere Aryk bis an den Rand füllte, dem Wasser des Kara-ssu den Weg versperrte und dadurch wieder eine Ueberschwemmung hervorrief. Der neuerdings verursachte Schade summirte sich auf 11,300 Rubel ohne die zerstörten Brükken, unter denen gleich anfangs die von Türä-Kurgan über den Kas- sanfluss nach Tschust führende zerstört worden, der beim letzten Hagelwetter auch Beschädigungen der alle Anerkennung verdienenden über den Narynfluss selbst bei Utsch-Kurgan geschlagenen Brükke gefolgt waren. Gleich wie in diesen Fällen die Hagelmassen das Wasser zum Austreten brachten, so auch zerstören die Wolkenbrüche und Gewitterregen an sich nicht selten die zwekkmässigsten Zuleiter. Man ist überrascht fern vom Gebirge nachdem sich die Ströme schon vollkommen verzweigt auf arge Zerstörungen durch unbändiges Was- ser zu stossen. In unmittelbarer Nähe von Margelan (Bisch-Alisch) stiess ich auf Feldstükke die mit Schot- ter überschüttet und dadurch verödet waren. Vereinzelt stehende Bäume, leerstehende mit Mauern umgebene Plätze und Spuren der früheren Zuleiter zeigten nur an dass die frühere Ansiedlung hatte. aufgegeben werden müssen, und der Mensch vor der Gewalt der Elemente gewichen war. 4) «Табунъ шарахвулся» Турк. ВЪдом. 1876, wo ein Fall beschrieben ist in welchem 507 Pferde umkamen, und 19 verunstaltet wurden. KULTURSCHÄDLICHE EINFLÜSSE.. 259 Ist es gelungen eine vorübergehende Stille abzupassen nm die Saaten glükklich in die Erde bringen zu können, so folgt nicht selten ein Brausewind der die schon bestatteten Saa- men, oder die sie dekkende Erde verweht. Im Frühsommer werden die Pflanzen geknikkt '), wird das Blühen derselben beeinträchtigt; im Hochsommer werden die Körner aus den Aeh- ren gepeitscht. Insbesondere hört man über den Schaden Klage führen den die gefürchteten aus Südwesten kommenden Fieberwinde Harmssel und Tebbad anrichten, indem sie durch ihre ausserordentliche Trokkenheit entweder die Blüthen taub werden lassen oder auch die milchigen Körner zum Verschrumpfen oder endlich das richtig gereifte Korn zum plötzli- chen Rieseln bringen. Wenden wir uns zu den schadenbringenden lebenden Organismen, so fehlt es, wie be- greiflich auch an solchen in dem lebensvollen Klima nichts. Schon zu Anfange des Sommers war es sichtbar wie arg der Krieg ist, den man gegen die Unkräuter aller Art, zu führen hat, denn um die Mitte des April fand ich Lälmi-Falder so verunkrautet, dass man zu spät jätete. Viele Kreuzblüther erhoben sich, ja der Hederich (Indau) soll (als ausgespro- chene Kalipflanze) so sehr seine Rechnung im Löss finden, dass man seine Saamen zu Oel presst?). Aerger als unsere Ouekke wucherte das Osäryg’); die Schungaja (eine Oro- banche) schmarotzte hie und da. Ich sah sie anf Tabakpflanzen wuchern. Ebenso soll dieser Parasit Melonen und Luzerne angreifen, sich jedoch nie an Dshugara oder Mais zeigen. Das gäbe also ein Mittel an die Hand ihn niederzuhalten, Ausserdem müssen zur Blüthezeit die Orobanche-Pflanzen sorglich abgestreift werden. Ein zweiter Parasit, die Kleeseide (Cuscuta) war in Ferghanä sehr zu Hause, und war ich besonders überrascht sogar auf ein Dikkicht junger, bis 18° hoher Weiden zu stossen, das von der Kleeseide vollkommen getödtet worden war. Die Kleeseide greift vozugsweise die Luzerne an, und wird im Gemisch mit derselben von den Pferden gern gefressen. Ge- gen dieselbe wäre das in Europa gebräuchliche Mittel des Umstechens der ergriffenen Stel- len anzuwenden. Diese werden dann mit Stroh und Stengeln dikk überschüttet welche man verbrennt, oder auch einige Zeit so liegen lässt, bis die Kleeseide abstirbt. Mächtige Blattpflanzen wucherten, die Kulturgräser mit ihrem Schatten unterdrük- kend. Auf den Neuländereien der Kirgisen trieben gewaltsam Strauchschösslinge hervor. Auch das Oidium Tuckeri verschont die Weinrebe nicht), und es ist um so dan- kenswerther dass man Maassregeln gegen die Uebersiedelung auch der Phylloxera recht- zeitig ergriffen hat, die in die Weingärten unserer Krimm schon eingefallen ist. Das Wäs- sern würde freilich ihre Vertilgung in Ferghanä sehr erleichtern. Dass unter solchen Verhältnissen die im Süden so besonders gedeihende Insektenwelt nicht ermangelt dort zu erndten wo sie nicht gesäet hat, ist selbstverständlich. 1) Zumal der Tabak. 3) Zuweilen wie asherék klingend. Den Namen 2) Im Gebrauche als schärferes Einreibemittel gegen | haben wir von H. Smirnov zu erwarten. die Räude der Pferde 4) Туркестанск!я вфдомости 1875, № 35. 33* 260 А. У. MIDDENDORFF, FERGHANA. In Utsch-Kurgan, аш Naryn, und in (Namangan) Jany-Kurgan waren ungeflügelte Heuschrekkenlarven zu meiner Zeit in vollster Bewegung. Freilich zogen mir auch mäch- tige Züge von Rosenstaaren dahinwärts entgegen, aber von besonderen Veranstaltungen zu ihrer Jagd oder dass sie gegessen würden liess sich nichts hören'). Auch eine Menge anderer dem Landmanne schädlicher Insekten scheint es in Ferghanä zu geben, welche uns eine nähere Bekanntschaft mit dem Lande, gleichfalls kennen lehren wird. Indessen dürften die Bewässerungen ausserordentlich mitwirken zur Vernichtung al- ler ihren Larvenzustand im Boden durchmachender Schmarotzer. Bisher ist nur von einer Mylabris die Rede gewesen. Ich selbst fand die Saaten in den überwinterten Schooten der Kalligonen von einem Kä- fer zerstört, der ausgeflogen war. Sogar aus den höheren Klassen des Thierreichs erwachsen dem Schaffen des Akkerbau- ers gefährliche Feinde. Die Vögel treiben es so arg dass gegen ihr Unwesen man inmitten der Felder jene sonderbaren Lösspyramiden erbaut sieht, welche dem Fremdlinge auf- fallen, und von deren Gipfeln aus die lebendigen Vogelscheuchen, hauptsächlich vermit- tels Werfen von Lössklössen den Plünderungen Einhalt zu thun haben. Ja, es hat die Vernichtung der weichsamigen, grannenlosen Weizensorten durch die Sperlinge, den Ein- geborenen dazu bewogen solche Sorten nur auf.offenem Felde zu säen. Dagegen hat man verstanden sich eine Weizensorte zu verschaffen welche auch inmitten der Dörfer gesäet werden kann, weil ihre Körner so fest in der überdiess scharfbegrannten Aehre sitzen dass den Spatzen ihr Handwerk verleidet ist. Um so schwerer lässt sich diese Sorte auch vom Menschen ausdreschen. Da auch im europäischen Russland die ersten Anfänge der Maiskultur durch die fre- chen Anfälle der Saatkrähen in Frage gestellt werden, so fühle ich mich um so mehr veran- lasst hier darauf hinzuweisen dass man in Frankreich das gegen den Brand des Weizens so entschieden wirksame Vitriolisiren der Saat mit dem besten Erfolge, auch gegen den Krähenschaden anzuwenden begonnen hat ?). Endlich lassen sogar die Säugethiere der Wildniss die mühevollen Arbeiten des Land- mannes nicht ungestört. Die Kirgisen sahen es mit Freuden dass wir auf Wildschweine in den Schilfdikkichten bei Jasawan Jagd machten, denn sie vernichten in unverschämtester Weise ihre Melonenpflanzungen, trotz aller Wachen, und alte Eber jagten diese Herren sogar in die Flucht. 1) Goldsmid (Telegraph and Travel, 1874, p. 609) | Pferde in engen Kreis zusammengetrieben, welche die der in Angelegenheit der Kabellegung durch den Persi- | Larven zertraten (Турк. Btı. 1875, № 23). schen Golf, reiste, beschreibt die Heuschrekkenjagd zu Ferghanä ist eben von Heuschrekkennöthen um- der alt und jung in Beludshistan aufgeboten werden, | ringt. So am Nor-Saissan (Type. ВЪд. 1876, стр. 156). um die Thiere gekocht und eingesalzen, gleich wie bei | So im Jahre 1874 in der Aral-Senkung (Wood, The den Arabern als Speise zuzurichten. schores of the lake Aral, p. 191). Sehr praktisch wurden im Kreise Tokmak 2300 2) Vergl. Journ. d’agriculture pratique 1879, p. 763. KULTURSCHÄDLICHE EINFLÜSSE. 261 Alle diese den Ertrag der Erndten schmälernden Einflüsse sammeln sich in der Erin- nerung der Eingeborenen zu Schrekkbildern mit der Aussicht auf die Möglichkeit einer jener Katastrophen welche Hunger und unsägliches Elend von Zeit zu Zeit über Mittelasien gebracht. Auch während unserer kurzen Herrschaft in Ferghanä tauchte das Gespenst schon auf. Im Jahre 1878 berichtete der Kreishauptmann von Kokan dass hauptsächlich für Ssamarkand im Grossen Getreide aufgekauft werde. Die Sarten Kokans seien in Bewe- gung und bäten um ein Verbot der Ausfuhr, weil sich sonst Mangel einstellen werde. Der Weizen der bisher 65 Kop., das Weizenmehl das bisher 75 Kop. die Dshugara die bisher 25 Kop. das Pud gekostet, seien schon auf den doppelten Preis gestiegen. Aufgekauft werde weil im Jahre 1877 die Erndte in Afghanistan eine ungenügende gewesen und die anfäng- lich aus Buchara eingeleitete Zufuhr dahin verboten worden sei. Der Bedarf werde also aus dem Ssamarkand Kreise geholt, da jedoch in demselben die Wintersaaten vom Froste mit- genommen gewesen, so habe sich der Getreidehandel auf Dshisak, Ura-Tübä und Chod- shent, schliesslich nun gar die Spekulazion der Handelsleute dieser Städte auch auf Fer- ghanä geworfen, weil auch dieser letzte Winter dem Wintergetreide ungünstig gewesen. Nach Mittheilungen der Eingeborenen hiess es, dass täglich 800 mit Weizen beladene Kameele und Karren Machram passirten, dass dergleichen schon früher vorgekommen!) und schlimme Zustände nach sich gezogen, bis unter dem Khan Khudojar in letzter Zeit ein Ausfuhr-Verbot unter ähnlichen Ausfuhr-Verhältnissen dem Uebel steuerte. Als der Gouverneur noch immer zögerte ein Ausfuhr-Verbot zu erlassen, wies der Kreishauptmann auf das Drängen der Eingeborenen hin, so wie auf die früher stattgehab- ten und zu befürchtenden Gewaltthätigkeiten an den Getreidevorräthen Privater. Es scheint nichtsdestoweniger sich Alles ohne Ausfuhrverbot gegeben zu haben, nach- dem darauf geachtet wurde dass kein Getreide zu Spekulazions-Zwekken aufgekauft werde ?). Somit hätte es den Anschein als wäre Alles nur ein blinder Lärm gewesen, und doch dürfen wir den Erscheinungen dieser Art eine ernste Aufmerksamkeit nicht entziehen. Bellew *) hat uns in neuester Zeit ein schrekkliches Bild aufgerollt, indem er die schau- rigen Zustände schildert, welche er im Jahre 1872 in Persien als Augenzeuge durchgemacht. «Wir Europäer — schreibt er— können uns keine Idee davon machen was das heisst: eine «Hungersnoth in jenen Gegenden. In Teheran starben täglich 200 Menschen; in der ein- «zigen Provinz Chorassan starben am Hungertode 120,000 Menschen, im gesammten Ge- 1) Wohl 15 Jahre zurükk, unter Alimkul. 5l/, Pud, Grütze zu Tschetwertj von 8 Pud. 2) Bei dieser Gelegenheit wird ersichtlich dass auf Marktpreise in Ferghanä; März 1878, nach plötz- den Märkten Ferghanä’s: Der Weizen zu achtpudigen | lich erhöhter Ausfuhr kostete das Pud: Tschetwertj-Maassen verkauft wurde; das Weizenmehl zu Kul-Maassen von 9 Рай Gewicht und zu Tschetwert;j von 7!/, Pud Gewicht. Die Gerste zu Tschetwertj von 3) A Narrative of a Journey to Kashgar. (S. umstehende Tabelle.) 262 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. «biete Persiens jedenfalls nicht weniger als 1'/, Millionen. Auf dem ganzen Wege liessen «sich fast keine Kinder sehen: sie waren Hungers gestorben». Wenn nun solche Zustände in so gesegneten Ländern, wie Persien, China und sogar in dem seit einem Jahrhunderte unter der Vorsorge der Briten stehenden Indien sich wie- derholen, wie sollte man das sich nicht eine ernste Warnung sein lassen? Gleich am Beginne der Britischen Herrschaft, im Jahre 1770 starben von 25 Millionen Bengalesen, 10 Millio- nen eines jämmerlichen Hungertodes. Hat diese fürchterliche Lehre etwa ausgereicht um den Greuelszenen vorzubeugen welche uns von dort in jüngster Zeit berichtet worden)? War etwa die gewährte Lernzeit zu kurz? Sind wir auch der Ansicht dass jedenfalls die wohlthätigen Gebirge in deren Schutze Ferghanä eingebettet ist vor so gänzlichen Misserndten sichern werden wie die oben be- rührten; schauen wir auch mit grosser Zuversicht auf die Aushilfe welche im schlimmen Falle Ssemiretschje und Südsibirien gewähren würden, so ist doch nicht zu leugnen dass auch im gesegneten Ferghanä eine Unmasse von schädlichen Einflüssen Gewalt übt, und bei unglükklichem Zusammentreffen mehrer derselben eine Noth einbrechen kann. Jedenfalls liegen dort auch in dieser Angelegenheit die kontinentalen Extreme nebeneinander. : Fr: Höchster Preis in: Mittlerer Preis in: Niedrigster Preis in: as Е 3 г : Е Sm +4 : | } | 2 По © nm a = $ в < о Е & 5 я < CES s < 5 1-а ы | 3 A = x ‚Я 50 | 5 2 = 4 En ЕЯ 0 | | m = 4 = & © ES REA аа [а 19 ера Sn LE À | 4 = À |< я z|@|<| Е Es | sr Weizen”... .n..ein 90| 801100! 75 75 80| 63 110| 72| 59| 60| 67| 70| 50 240 Weizenmehl, unges.. 106 | 92 94| 82/115| 81| 87 70| 72 » gesiebt.| 100 116 | 104 84 106 | 93 68 82| 84 Grütze, Reis u. Mais] 120 135 105 | 95| 120 105 | 90 93 » Hirse....... 106 94 75 250 » Buchweizen. 110 107 104 » Manna..... 175 162 150 Ве ео 50 35 20 200 » (Dshugara)...| 50 40 41 30 52 32 20 200 Grerstess tes. ..| 60 55| 82 55 45| 66 40 28| 51 200 Brot- Lepeschka J fladen W/,Pfd.). 1 » (Y’sPfd.) 3}, Mohn ra 125 115 105 Indaum ne ner 70 60 50 Ву de esse 110 90 70 128 Кора неее 36 27 20 200 Masche rer ee 75 60 50 120 1) Vergl. d. W. p. 183, Anm. 1. grossen Mangel litt). Dre Угениоснт. 263 ТУ. Die Viehzucht. Wenn schon in Betreff des Akkerbaues das wirre Ineinandergreifen der sesshaften und der nomadischen Bevölkerung Ferghanä’s sich zu einem höchst merkwürdigen Karakterbilde gestaltet, wie das weiter unten vielfach hervorgehoben werden soll, so gilt das in fast noch höherem Grade von der Viehzucht. Blikkt man tiefer in das Getriebe hinein das wir auf Seite 153 schon angedeutet, so steht eigentlich der ideale Akkerbaustaat des geistreichen Thünen leibhaftig vor uns. Aber die vom Akkerbau getrennte Viehzucht verlässt im Winter ihre Umfassungs-Zone und schiebt sich theilweise in die wüsten Lükken hinein welche die Oasen inmitten des Ferghanä- Thales zwischen sich lassen: statt der ringförmigen Kreisfiguren Thünens liegen dann auf der Karte Innen- und Aussengebiete vor uns, welche mit sternförmig gestalteten, ineinander- geschlungenen Fortsätzen zwischen einander hineingreifen. Der stets nur Feldbau treibende Tadshik, steht aber als Akkerbauer immer dem Viehzucht treibenden Nomaden türkischen Stammes gegenüber, und dennoch hat eine von höherem Gesichtspunkte dareinschauende Staatswirthschaft diese beiden Gegensätze nur als zwei, zwar sehr heterogene aber nichts- destoweniger sich mit unumgänglicher Nothwendigkeit ergänzende, Bestandtheile derselben Einheit, des Landwirthschaftsbetriebes jener Gegenden aufzufassen. China, Japan, Persien, der Kaukasus, Italien, kurz alle durch Bewässerungen sich hervorthuende Gegenden bieten uns übrigens dieselbe Eigenthümlichkeit dar; denn sie ist durch die natürlichen Verhältnisse bedingt: Zentrale Depecorazion und zentrale Vegetarianer umgeben von Hirten die fast aus- schliesslich Fleischnahrung verzehren. Dabei ist es interessant zu sehen wie das Schaaf in der menschenleeren Steppe zuerst als Fleischthier auftritt, und erst bei hochgetriebener landwirthschaftlicher Kultur auf Wolle, schliesslich aber, bei noch mehr zunehmender Populazion, dennoch wiederum auf Fleisch gezüchtet wird: sei es in Europa, sei es in Asien. Sehr bezeichnend für die Ausschliesslichkeit mit welcher der Tadshik nur Akkerbauer ist, und seine Ergänzung im Nomaden sucht und findet, ist der Umstand, dass ich es nur als Sage anführen kann, es gäbe irgendwo einen Tadshik der Heerden weide, wobei aber sogleich hinzugefügt wurde dass seine Viehzucht, gleichsam selbstverständlich, sich auf Schaafe beschränke. Der Erwerb des Akkerbauers ist eben dort ein unvergleichlich sicherer als der des Hirten, der in Jahren da es Glatteis giebt!) noch unvergleichlich Schlimmeres erlebt als ihm jemals die erschrekklichen Geisseln der Rinderpest und der Beulenseuche’) verursachen. Heute Krösus, morgen Bettler und verhungernd. 1) Vergl. 2. В. Труды Ими. Вольн. Экон. Общ., 1878, | «bösen Fliege» (Tscha-Churda) zugeschrieben. Wie- Сентябрь, стр. 106, und 1880, IL, стр. 256. .derum die in еше «furia infernalis Linn e’s» travestirten 2) Auch dort wird die Entstehung derselben einer ! impfenden Stechfliegen. 264 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Auch auf dem Gebiete der Viehzucht treten uns also die extremsten Gegensätze ent- gegen: hier Massen-Hungertod, dort Hochmast unter Benutzung technischer Abfälle. Unter diesen sind die Oelkuchen verschiedenster Art obenan. Reisschlauen dagegen werden oft verschenkt, fortgeworfen oder gar verbrannt. A. Das Pferd. Bereits im Alterthume waren die an Ferghanä in West und Süd anstossenden Ge- genden, wahrscheinlich mit Inbegriff Ferghanä’s selbst, für ihre vorzüglichen Pferde berufen. Schon 360 v.Chr. wird von Kuttal, wo die durch Alexander von Makedonien an der Ostgränze seines Vordringens angelegte Stadt Iskander lag’), berichtet: «der fruchtbare «Boden erzeugt viele Hausthiere, besonders Pferde vorzüglicher Rasse; ihresgleichen gibt «es in keinem Lande der Welt: wilde, sehr schnelle, cochenillefarbige, weisse, regenbogen- «farbige, morgenrothfarbige, buntfarbige Pferden». Entscheidender als diese buntfarbige Nachricht ist jedoch dass Alexander von Make- donien, als es galt die wider ihn ausgebrochenen Aufstände zu erdrükken, in Sogdiana seine Kavallerie wiederum auf 4000 Pferde bringen konnte, wo es eine ausgezeichnete Rasse von Reitpferden gab ?). Auch Darwaz*) wurde in den indischen Schriftwerken als das pferdereiche nordische Land bezeichnet. Noch näher an Ferghanä hinan führen uns die chinesischen Quellen. Zu den Einwohnern von Kangkiu (Ssamarkand) kamen viele Barbaren — so berichten die chinesischen Quellen, — um Pferde zu handeln. Im zweiten Jahrhundert vor Chr. lag am Eingange zum Ferghanä-Thale das Land das die Chinesen Tawan nannten), schon damals berufen für seine vortrefflichen Pferde, welche an einem besonderen Orte im Gebirge gezogen wurden. Den Herrscher des Himm- lischen Reiches, das dort Handelsniederlassungen gegründet hatte, gelüstete es etliche jener kostbaren Tawan-Pferde zu besitzen. Er schikkte 1000 Goldstücke und ein goldenes Pferdchen an den König des Landes Tawan, dieser aber zog es vor die Gesandten zu tödten; worauf es zu einem Kriege kam. Vor der Absendung der Gesandten war ein Gelehrter um Auskunft gefragt. worden und gab die tiefsinnige Antwort: «Die göttlichen Pferde müssen von Nordwesten kommen. 1) Tomaschek, I. c. p. 45. der Griechen, Tomaschek, I. с. р. 49. 2) Daselbst p. 118. 4) Ritter, Asien, VII, p. 661. 3) Vanayuja, oder Vanayn und Rusnan; das Roxanake 5) Um das jetzige Ura-tepe herum lag dasselbe. VIEHZUCHT. 265 «Die der Ussun heissen himmlische Pferde; aber die Tawan. die Blut schwitzen, sind weit robusterer Art. Nennt künftig die Pferde von Usen: Vollkommenheit des Ocei- dents; aber die Tawan: Himmelspferde»'). Zu Ende des XIII. Jahrh. n. Chr. schrieb Marco Polo über Badakschan: «Es ist kalt, nährt aber vortreffliche ungemein flüchtige Pferde, deren Hufe so hart sind, dass man sie nicht zu beschlagen braucht. Sie gallopiren die steilsten Berge hinan. wo kein anderes Vieh zu laufen wagen würde. Auch noch vor Kurzem soll es Fohlen von der Rasse des Bucephalus des Alexanders gegeben haben, die ein Mahl an der Stirn gehabt. Nur der Oheim des Königs war im Besitz dieser Rasse. Da er seinem Neffen keine davon abtreten wollte ward er hingerichtet, worauf seine Wittwe aus Rache die ganze Rasse ver- nichten liess ?). Auch von Bakui wird zu Anfang des XV. Jahrhunderts berichtet das es dort Kletter- pferde gebe. Noch am Schlusse des XV. Jahrhunderts hatte der alte Ruf seine Geltung, denn der Sultan Baber erhielt vom Fürsten des Landes Fan, am Oberlaufe des Seraf- schan gelegen, Pferde bester Rasse zum Geschenk’). Noch in unserem Jahrhundert (1814) fiel es dem russischen Gesandten Nasarof auf dass in Ferghanä, bei Osch, dem Pferde eines Soldaten das beste Zimmer, seinem Weibe dagegen das schlehteste eingeräumt wurde. Die Leibgarde des Herrschers von Kokand ritt auf prächtigen Turkestanischen Tiegerpferden *). Aus den oben zusammengestellten Nachrichten ergibt sich also dass schon vor mehr als 2000 Jahren die Gegend von Ferghanä für ihre vortrefflichen Pferde berufen war, und dass dieser Ruf sich nachweislich bis in die letzten Jahrhunderte erhielt. Die Chinesen, deren sommerheisse übervölkerte Länder allerdings der Pferdezucht seit jeher kein günstiges Feld boten, erkannten sogar in diesen vielberufenen Pferden nicht nur «die Vollkommen- heit des Occidents» sondern sogar etwas «Himmlisches». Die Gegenstände des Vergleiches fehlten ihnen aber keineswegs, denn mehr als ihnen lieb war kannten sie die bewährten Pferde der mongolischen Völkerschaften; ihrer Nachbaren im Norden. Wir würden jedoch den Chinesen unverdiente Ehre anthun wenn wir solche Verherrlichung des edlen Thieres als ihrem nüchternen Sinne entsprungen denken wollten. Offenbar hatte der befragte Weise seine Gelehrsamkeit aus indischen Quellen geschöpft, in denen das Ross durch die Hymnen der Rig-Veda lange vor dem bekannten semitischen Lobgesange Hiobs, in göttlicher Ver- herrlichung *) gepriesen wurde. Indischen Quellen entsprang auch die oben gegebene Nach- 1) Ritter, Asien, УП, р. 634, 638; nach chinesischen | 1790 in Peking herausgegeben worden (Schlieben, Die Quellen. Pferde des Alterthums, 1867, p. 20) in der Beschreibung 2) Daselbst p. 789. von Kokand erwähnt. Wilkins (Журн. Конноз. 1875, 3) Tomaschek, p. 17. №4, стр. 112) gibt an dass Tigerpferde aus dem Chine- 4) Ritter, a.a.0. р. 763. Was diese Tiegerpferde an- | sischen, über Kuldsha nach Taschkent kommen. langt, von denenmir keineszu Gesichte gekommen, so wer- 5) Pietrement, Les origines du cheval domestique, den sie schon in der chinesischen Reichsgeographie welche | 1870, р. 117. Mémoires de l’Acad. Гор. des sciences, УПше Série. 34 266 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. richt von den regenbogenfarbigen und ähnlich gefärbten Pferden, sowie auch die von den Blutschwitzern !). Gleich wie die alten Inder und Chinesen himmlisch schöne, werthvolle und flüchtige Pferde aus den Quellgegenden des Amu (Oxus) bezogen, so wiesen wiederum auch von der entgegengesetzten Seite die Westländer gleichfalls auf dieselben Gegenden zurükk, wenn es galt den Sitz der besten Pferde der Welt nachzuweisen. Die unübertrefflichen Nisäischen Pferde stammten, einstimmigen Angaben zufolge aus irgend einem Gebiete derselben Län- der”). Als Vororte derselben lieferten nach Herodot Medien und Armenien aus der niäsi- schen weiten Ebene grosse Pferde, von denen der Satrap von Medien dem Perser-Könige jährlich zwanzig Tausend junge Thiere zum Mithrasfeste stellte. Meine Erwartungen durften also wohl sehr gespannt sein, obgleich ein neuer, kennt- nissreich abgefasster Bericht von Н. A. Wilkins über die Pferde Turkestans *) im Grunde genommen alle Aussichten auf etwas Besonderes ausschloss, jedoch allerdings zu einer Zeit als uns Ferghanà noch verschlossen, und nur ein verstohlener Blikk in dasselbe gegönnt war, Aber Bucharä und namentlich Ssamarkand waren damals schon wohlbekannte Ge- biete, und dennoch weiss Wilkins nur mitzutheilen, dass in einer Gegend das Serafschan- Thales, dem fruchtbaren Miankale, ein vorzüglicher Pferdestamm gezüchtet werde, der die örtlichen Usbek-Pferde (also Kirgis-Thiere) zur Grundlage gehabt, welche durch Turkmen-Hengste veredelt worden ®). Der Bau dieses Pferdes, — das wir den Miankale- Stamm (der Argamak) nennen wollen, führt Wilkins dazu, auszusprechen dass die Ver- edler namentlich zur Jomud-Rasse gehört haben müssen. Es ist ein wenig zahlreicher Stamm, dieser Miankale, der sich jedoch zu festem Typus gestaltet hat, als Paradepferd hoch im Preise steht und vom Emir von Buchara gleich den Argamak als Zeichen beson- derer Gunst verehrt wurde. Es wird vom Augenzeugen Wilkins mit allen Kennzeichen arabischen Blutes geschildert, als einer der besten Typen Turan’s hingestellt, und soll sich durch Kraft, Feuer und bedeutende Schnelligkeit auszeichnen. Auch bei ihm wird auf 1) Schlieben, Die Pferde des Alterthums, 1867, p.16. In Bezug auf diese sonderbaren Farbenbezeichnun- gen erinnert Schlieben mit Recht an die: Pfirsichblü- then-, Fliegen-, Forellen-, Tiger- und andere Schimmel, unserer Sprache. 2) Zwischen Susiana und Baktrien, zwischen Merw und Balkh gab es ein Nisäa (Hehn, Kultur- pflanzen und Hausthiere, 1874, p. 35). Es wird nach Me- dien, nach dem jetzigen Khorassan versetzt. Nach Pto- lemäus gab es in Margiana ein Nisaia. Wie sollte man dabei nicht an das alte Marghinan (Margelan) Ferghanä’s erinnert werden? 3) ЗКурналъ Коннозаводства, 1875, № 4. 4) Dass diess nur Luxuspferde sind, während die Masse der Pferde auch dort dem Transporte der Waaren dient und daher ganz anders zu beurtheilen ist geht aus Arendarenko’s genauen Mittheilungen hervor (Ma- евъ, Матер. для стат. Туркест. края, У). Denselben zufolge kostet im Serafschan-Thale ein Pferd 12—40 Rub., ein Esel 3—10 Rub. Der Unterhalt des ersteren 24 Rub,, der des letzteren 7 Rub. jährlich. Auf eine Strekke von 36 Werst wird ein Pferd für 50—60 Kop., der Esel für 20 Кор. vermiethet. » » » » 60 » » » » » 160 » » » р 60 » » VIEHZUCHT. 267 die nicht genug entwikkelte Hinterhand hingewiesen, also auf einen Mangel der den Turk- menen eigen ist!). Das wäre also wohl der Ueberrest des «himmlischen» des «Himmelspferdes» der alten Chinesen und gross wäre gewiss die Schande vor den Bewohnern des «himmlischen Rei- ches» und auch vor denen irdischer Reiche, wenn Russland diesen so alten Stamm verkom- men liesse, der seinen Stammbaum in der Seitenlinie bis auf den historischen Bucephalus zurükkzuführen vermag. Breitstirnig war dieser (weil ochsenstirnig) und folglich entschie- den ein Araber. Stammen die Miankale von Jomud-Hengsten ab, so müssen sie wüchsig sein. Lei- der lässt uns Wilkins über ihre Grösse im Zweifel. Die Jomud-Pferde kennen wir als sehr edle Abzweigungen der Araber, von ungewöhnlicher Höhe (mindestens 2, gewöhnlich 4 aber auch bis 6 Werschok), deren Hauptfehler in diesem hohen Wuchse liegt, da derselbe durch lange Beine verursacht wird, und im Zusammenhange damit das flachrippige Thier, sowohl vorn als hinten zu schmal ist. Die Hinterhand unentwikkelt, dabei die Schulter sehr frei. Die Hinterfüsse arm in den Schenkeln und etwas kuhhessig gestellt, was jedoch im Laufe sich ausgleicht. Die zahlreich aus Khiwa nach Taschkent geführten Thiere verloren bald ihren Werth, obgleich alle rasch im Gallop waren, gut horizontal setzten und einige sogar nicht übel trabten. Ein als Beschläger aus dem Stalle des Khan von Khiwa nach Taschkent geführter Hengst hatte ausser den besagten Fehlern auch überlastete Schultern, wegen klo- bigen Halsansatzes und ein etwas abschüssiges Kreuz, bei ärmlich erscheinender Hinter- hand. Wider Erwarten ging er einen tüchtigen Schub, aber selbstverständlich hob er die Vorderfüsse nicht hoch genug, sondern streifte mit ihnen über den Boden hin. Die Kreuzung eines solchen Jomud-Hengstes mit einer Kirgis-Stute, die ich sah, zeichnete sich durch lange Unterschenkel und Vorarme aus, so dass die Hinterfüsse unter- gestellt gerichtet waren. Bei vorzüglich elastischem Schube weit ausgreifend, lief dieses Thier einen bemerkenswerthen Trab. Man sieht hieraus was sich mit dem gegebenen Ma- teriale erreichen liesse, zumal bei gehöriger Auswahl der Stuten und unter Hinzuziehung des ausgleichenden Einflusses des zweiten Typus der Turkmen-Pferde, des Teke-Heng- stes?), der dem Original-Araber zunächst steht an weniger mächtiger Grösse, an Ebenmäs- sigkeit der Formen, Gedrungenheit, kräftigen Nieren, mehr entwikkelter Hinterhand, und horizontalerem Kreuz?). Den Widerrüst sah ich ausgesprochener als beim Araber, und den Kopf schmäler, d. 1. die Stirn vom Auge aufwärts sich verengend?). 1) Identisch mitihnen dürften die vorzüglichen Pferde sein welche die Ming-Usbeken besitzen sollen (Русск. Турк. Il, 1872, стр. 76), 2) Ich sah theilweise struppirte Thiere dieses Schla- ges im Besitze des Obristlieutenant Dshura-Beg, des früheren Befehlshabers von Schährisäbs, der diese Stadt gegen die Russen vertheidigte, als sie dieselbe dem Emir von Buchara zurükkeroberten. 3) Ein vorzügliches Teke-Pferd das Wilkins be- schreibt, machte den Uebergang zum englischen Vollblut. 34* 268 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Jedenfalls ein ganz genügendes Material um «Himmelspferde» zu züchten 4. 1. edlen arabischen Blutes, zu dem vor Zeiten offenbar gleich wie heutzutage das veredelnde Ele- ment von den benachbarten Turkmenen bezogen wurde. Seit Urzeiten bis heute führten die südöstlichen Stämme der Turkmenen, ein den Arabern gleiches beutelustiges Leben, und beider Hauptgut, das Ross ist fast dasselbe gewesen und geblieben. Nicht nur kamen die Araber, den Islam verbreitend, über das Land der Turkmenen, sondern überdiess soll, nach Wilkins Angabe, Tamerlan 5000 arabische Stuten unter verschiedene Turkmenen-Stämme und auch Nadir-Schah 600 Stuten unter die Teke vertheilt haben. Doch genug; die schnellen Reitpferde, die «Himmelspferde» haben wir abgethan, aber der Miankale sind nur wenige. Was war denn die Masse der Pferde welche der weise Ge- lehrte «die Vollkommenheit des Occidents» nannte? Offenbar waren es dieselben welche in allen Regenbogenfarben spielten; das Schwarz fehlte ihnen vollkommen. Darauf hin dürfen wir zuversichtlich annehmen es sei eine Mischlingsrasse gewesen. Glükklicher Weise fügt besagter gelehrte Kenner hinzu: sie sind robusterer Art und schwitzen Blut. Das Blutschwitzen d. h. das Vorkommen von Blutaderknoten welche die Pferde an sich selbst aufbeissen ist bekanntlich eine Eigenthümlichkeit der Steppenpferde, und wohl als eine Frucht der Blutstokkung in der Haut unter dem Einflusse der ausserordentlich durchdringenden Winterstürme zu betrachten, denen die bedauernswerthen Steppenthiere Mittelasiens preisgegeben sind. Mit dem Nachlassen der Winterstrenge und beginnendem Hären treten sie hervor. Da schon in ältester Zeit man die wüchsigen Thiere besonders bevorzugte, auch den Nisäischen Pferden nachgerühmt wurde sie seien gross, so dürfen wir wohl voraussetzen, dass unter der «Vollkommenheit des Occidents» minder edle, schwerere Thiere verstanden wurden, welche derselben Mischung entsprangen wie die Miankale, jedoch weniger edel ausgefallen waren. Der ganze Südosten Asiens hat bis heute nur kleine und unedle Pferde; er sehnt sich seit jeher nach dem besseren aus Nordost ihm zugeführten Materiale. Sehen wir uns nunmehr in Ferghanä danach um, was es dort für Pferde giebt. Ich sah drei verschiedene Typen. Der kenntlichste unter diesen war der Gebirgsklepper welcher den Hochsteppen des zentralasiatischen Gebirgskuotens eigen ist, und im Ferghanä den Namen Kaschgar-Pferd führt, weil er als Lastthier über die hohen Gebirgsscheiden Ost-Turkestans vorzugsweise im Gebrauche ist!). Es sind das Klepper von höchstens 2 Ar- schin Höhe; gewöhnlich noch kleiner; meist von brauner Farbe, mit allen Kennzeichen ed- 1) Etwa unmittelbarer Nachkomme des Ед. Przewalskij Poläkov? von dem ich nur die Anzeige kenne. VIEHZUCHT. 269 ler Gebirgsthiere an feinknochigem Bau, an trokkenen gestählt-ausdauernden Muskeln, wel- che von tüchtiger Unverdrossenheit, kekker Willigkeit und grosser Uebung so wie Gewand- heit im Ueberwinden der Terrain-Schwierigkeiten ausserordentlich schroffer Gebirge gelei- tet werden; der Hufe u. d. m. nicht zu gedenken. Man würde jedoch ganz fehlgehen, wollte man sich darunter Thiere denken wie sie uns als die Reitrosse der Kaukasischen Bergbe- wohner wohlbekannt sind. Im Kaschgar— ich würde lieber Karakorum-Gaul’)sagen — ha- ben wir es mit einem Pferdchen zu thun das, wie gesagt, nicht auf Schnelligkeit Anspruch macht, sondern vorzugsweise als Lastträger gebraucht wird. Danach hat sich sein Typus gemodelt, und obgleich es keinesweges unschön ist, vielmehr auf den ersten Blikk viel Еа- les verräth, so können dem Kenner doch die Anklänge an die Körperverhältnisse des Haupt- lastthieres, des Esels,; nicht entgehen ?). Wie aus den unten’) gebotenen Maassen und Winkelstellungen ersichtlich, ist, von der 1) Wilkin’s erwähnt desselben als des Tibet-Pony, welches Tutti genannt werde. Englische Reisende hör- ten die Benennung Tangun. Schon Aelian berichtet über Pony’s der alten Inder die nicht grösser als grosse Bökke waren. Dem kleinsten Kaschgar den ich maass fehlten 41/, Werschok an 2 Arschin. Im Jahre 1819 war man in Petersburg noch so wenig Kaschmir-Wolle, 9000 Rub. mitgab, für den Ankauf von 6 vorzüglichen Turkmen-Hengsten (Маевъ, Матер. для статистики, 1876, IV, стр. 98). 2) Der kleine Klepper trägt ausser dem Reiter noch einen Schnappsakk munter fort. — Der Pakksattel allein wos 23 Pfund. 8) Maasse in Werschok. Die Winkel mit meinem orientirt, dass man dem aus Ssemipalatinsk nach Tibet | Hippogonyometer gemessen. geschikkten Anwerber der Meister in der Bearbeitung der А В. С. HO HE ee а, en ee his 30,3 30 32 Brusttiefe (senkrechter Abstand des Widerrüsts vom Brustbein) . .. 13,2 13,7 14 Schulterlänge (vom Widerrüst zum Schultergelenk gemessen). ... 10,5 12 12 Bonsiumiansi(imiSatteleurt) ee a a recenser 35 SR 2 Brustlänge (vom Schultergelenk bis zur Senkrechten vom Widerrüst) 6 6.5 Rükkenlänge (vom Widerrüst bis zum Kreuzbein-Anfang)......... 15,5 14 14 Kreuzlänge (vom Kreuzbein-Anfang zur Senkrechten der Sitzbeine Horizontallsemessen)e.. ee col ож о 4,7 5,2 5 се аз О DE ATNS ER Re ее neue ый es 4,5 4,5 5 » Мета Se eee ae ae nee ee Werden 9 11 9 Stellung des Schulterblattes (beim Normalstande des Thieres)...... 25° 29—33° 25—27° » » » (bei möglichst vorgebeugtem Körper).. 27° » » » (bei vom Boden fressenden Кор) .... 30° 102215908 » » Oberarmes (bei möglichst vorgebeugtem Körper)...... 47° 37° 47° » » » (bei vom Boden fressenden Kopfe).. ..... 50— 52° 42° 58° » DE Oberschenkels Wen ee ee er PO 27—80° 31—399 26—37° » » Unterschenkels (Mittelfuss senkrecht gestellt)........ 25° 25° 28° » » » ( » bei natürl. Stell, а. Thieres) 328 3le 29° р » Mittelfusses (4. В. des hinteren Schienbeins).......... 8° 8° 10° » der Hüfte (von der Hüfte zur Gelenkpfanne des Schenkel- KnoGhens FeMESS EN) т.п Зоо ные une sans 53° ’ 598 68° 3° Hakke EL r > Jsenkr.unterd, о в » DERKTEUZ INTER Per Courbes 56—59 } Sitzknorren. 68° Hakke zu- { 59—62° rükkgestellt 270 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Seite beerachtet, der Mittelrumpf (Rükkenlänge) so lang dass sogar die Brustlänge und die Kreuzlänge zusammen noch um У, bis °/, der Rükkenlänge hinter derselben zurükkbleiben. Diese Länge des Mittelrumpfes wird grossentheils vom Brustkorbe ausgefüllt und berükk- sichtigen wir zugleich den bedeutenden Umfang im Sattelgurt, so sind die trefflichen Lun- gen des alpinen Thieres gekennzeichnet. Die Kürze der Vorhand wird durch die steile Lage des nichtsdestoweniger sehr beweglichen Schulterblattes bedingt. Noch ungleich kürzer ist das Kreuz, obgleich diese Kürze durch das Vortreten der Hüften in der Seitenansicht ge- mildert erscheint; sie beruht aber auf starker Abdachung des Kreuzes (Kreuzlinie). Der Oberschenkel steht dem Schulterblatte parallel sobald die Hinterfüsse in Normallage, 4. В. mit dem Mittelfusse senkrecht gestellt werden; die ungezwungene Gewohnheitsstellung des Thieres giebt aber dem Mittelfuss (Schienbein) 8° Neigung gegen die Senkrechte, vermehrt zugleich die Neigung des Unterschenkels um einige Grade, so dass das Kreuz dann um so abschüssiger erscheint. Die Winkelstellungen aller Knochen zu einander, in den Gelenken sind sehr beweglich, durchgeübte Gewandheit verrathend, Im Ganzen haben die Thiere viel Typus, wie die Gleichartigkeit in den Maassen es zeigt, unter denen mir A die karakteristischsten Formen zu haben schien, während das grössere Pferd C, ausser seinem grösseren Wuchse auch noch einen klobigen Kopf hatte, der Mischung verrieth. In der That war es der schnellste Gänger. Alle aber zeichneten sich durch den Eilschritt (Chodä der Russen; Ajan der Orientalen) aus, der es den klei- nen Thieren ermöglichte es mit dem Schritte der besten langbeinigen Pferde siegreich auf- zunehmen '). Auch die vielen weissen Abzeichen, bis zum Laternengesicht, verrathen dass man, gleich wie in Europa, oft versucht hat, dem so nützlichen Klepper mehr Masse zu ge- 1) Eilschritt nenne ich diese im Orient den Pferden vorzugsweise angeübte Gangart, welche die strenge Schule einen «übereilten Schritt» nennt. Es ist die bequemste Gangweise für den Reiter, da der Schwerpunkt des Thie- res fast unverrükkt in horizontaler Richtung vorwärts geschoben wird. Das Tempo der Füsse hält die Mitte zwischen dem Schritt und dem Pass, darf aber beim rich- tigen Eilschritt nicht in den Halbpass oder Dreischlag übergehen, sondern muss vier Hufschläge bieten. Die physikalische Pendelschwingung des Beines wird zu An- fang wie zu Ende der Schwingung durch Eingreifen der Strekkmuskeln des Fusses unterbrochen und beschleu- nigt. Es ist wunderbar wie unermüdlich diese Thiere diesen Eilschritt fortsetzen können, während er doch un- fraglich auf Kosten der Muskelanstrengung ausgeführt wird. Auch der sogenannte «Antritt» und der «fliegende Pass» sind vom «Eilschritt» wohl zu unterscheiden. Fälschlich wird diese Gangart welche den Alten wohl bekannt war, von unseren Schriftstellern (auch vom Hip- pologen Schlieben р. 99) als «trippelnder Gang» karak- terisirt. Wäre das richtig so wäre die Gaugart unbequem, während Xenophon (vielmehr Athenaeus) äusserst treffend sagt: «die Perser sorgen mehr dafür bequem als gut zu reiten». Der Eilschritt könnte aber sehr be- zeichnend eine «schwimmende» Gangart genannt werden. Auf kleinen Gäulen fördert er 10 bis 11 Werst in der Stunde, während der schnellste Schritt eines grossen Pferdes den ich gemessen andauernd nur 9 Werst zu- rükklegte. Auf dem Markte in Taschkent sah ich einen Eilschritt den ich auf 13 bis 14 Werst schätzen musste; auch ver- langte der glükkliche Inhaber des Gauls 300 Rub. für ihn. In Südamerika, namentlich in Peru treffen wir wieder ausser Passgängern (Paso portante)—und fast alle Pferde gehen dort vonNatur diesen Schritt,—auch den Eilschritt (Paso Llano). Ueberdiess werden aber in Peru noch der «Paso gateado» und der «Sobrepaso» als Abarten des Eilschrittes unterschieden, und ist den Hippologen in Mittel-Asien anzuempfehlen dass sie sich mit diesen, des Vergleiches wegen, näher bekannt machen. VIEHZUCHT. 271 ben. Bekanntlich für die Pferdezucht eins der schwierigsten Probleme. Zumal beim häufigen Kreuzen der Bergströme wäre allerdings ein grösserer Wuchs wünschenswerth. Die Pferde der Kara-Kirgisen machen den Uebergang vom Gebirgs-Pony zum Steppenpferde. Mein Reitgaul «schwitzte Blut» und zwar in höchstem Grade, denn das Jukken der Blutaderknoten plagte ihn entsetzlich, und zwang ihn zum Aufbeissen. Da der Kaschgar- Саи] aber gewiss nicht robust genannt werden darf, so müssen wir uns nach der «Vollkom- menheit des Occidents» weiter umsehen. Den zweiten Typus den man in Ferghanä zu Gesicht bekommt, hat man als ein Mi- schungsthier anzusprechen das dem mehr oder weniger reinblütigen Turkmen-Hengste und den besseren unter den Kirgis-Stuten entsprungen ist. Es ist das der Karabair das Luxus- und Parade-Reitthier der Reichen wenn ausgezeichnet durch ansprechende For- men; der Wettrenner der Liehaber, wenn hervorragend in seinen Leistungen !). Solche Kreu- zungsthiere sind wie begreiflich sehr verschiedenen Kalibers. 1) Es war beim Wolostj-Aeltesten in (Namangan) Ja- ny-Kurgan der, als ächter Sportsmen, einen hübschen Rennstall von 5 Pferden und einen Kirgisen als Jockey und Groom aufzuweisen hatte, wo ich die besten Thiere sah. Ein wüchsiger Jomud-Hengst wich darin vom oben beschriebenen Typus ab, dass er einen unverhält- nissmässig grossen Kopf und sehr grosse Ohren hatte (solche sollen jedoch auch bei den Jomuden vorkommen). Trotz seiner scheinbar so armen Hinterband hatte dieses Thier seinem Herrn vor Kurzem den Hauptpreis von 100 Goldstükken (Tilla), 10 Pferden und 50 Schaafen ein- gebracht. Das Wettrennen hatte auf schlimmem, hüge- ligem Boden, einen Kreis von 64 Werst Länge umfasst. Obgleich 15 Preise ausgesetzt waren hatten sich nur 24 Thiere gemeldet, von denen zwei im Rennen fielen. Der Gewinner war dem zweiten Pferde um 11/, Werst voraus als er siegte. Es ist in der That ein trauriger Anblikk, die armen bis zum Aeussersten erschöpften Thiere sich im Schritte bis zum Ziele schleppen zu sehen, aber ihrem Zwekke entsprechen diese nach der anderen Seite hin übertrie- benen Entfernungen der Rennen doch mehr, als unsere Sekundenzählungen. Auf seinen mitgenommenen Gewinner nicht mehr rechnend hatte derselbe Aelteste sich für 70 Goldstükke neuerdings ein Pferd gekauft, das nebst einem zweiten dazu bestimmt war nach Aulie-Ata zu gehen. Dort war zum Todtenfeste eines reichen Wolostj-Aeltesten, wie es wohl auch bei hervorragender Leute Hochzeiten ge- schieht, wiederum ein Wettrennen angesagt. Im selben Stalle stand ein mit 20 Goldstükken gern bezahlter Halbjährling, weil die beiderseitigen Eltern sich auf Wettrennen ausgezeichnet. Einen dritten Wettrenner sah ich inScharichana. Er war seines Alters wegen für nur 90 Rub. in Ura- Tepe gekauft, wurde aber doch für ein vorzüglich schö- nes und tüchtiges Thier gehalten, so dass er den Mian- kale schon nahe stehen mochte. Dem Orte der Herkunft nach zu urtheilen war das so recht ein Tawan-Pferd. Es war der Haut nach ein hochedles Thier, dem zumal die Wangen, von Blutadern gezeichnet erschienen; dabei dennoch 3%/, Werschok messend. Bei verhältnissmässig etwas schmalem Rumpfe, sowohl in der Brust als im Kreuze (doch betrug der Abstand der Vorderfüsse, von vorn betrachtet, fast !/, Fuss), zeichnete sich dieses Thier durch die dort seltene Eigenschaft aus, dass die Schenkel und Hosen besonders kräftig entwickelte Muskeln auf- wiesen. Das Kreuz war gelinde abschüssig; der Rükken etwas emporgekrümmt; der Hals kurz, zu spekkig; der Kopf gross, Trotz seiner struppirten Beine wurde das Thier für seinen schaffenden Pass gelobt. Die wegen langer Unter- schenkel unter den Leib gestellten Hinterfüsse, mit etwas auswärts gestellten Fesseln wiesen auf Schnellkraft im Setzen. Als Vorübungen zu den Wettrennen müssen die so- genannten Kokburi hier Erwähnung finden. Es sind das die edlen Wettkämpfe der Kirgisen und Usbeken die auf Seite 278 Erwähnung finden. 272 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Solcher Thiere giebt es überhaupt nur wenige. Blutschwitzer habe ich unter ihnen nicht gesehen, robust könnte man sie schon allenfalls nennen. Die Hauptmasse der Pferde Ferghanä’s das Karrenpferd der Fuhr- und Land-Leute, das robust ist, und mitunter auch «Blut schwitzt», wie es den steppengeborenen Thieren eigen ist, wäre immerhin auch würdig von den Chinesen «Voll- kommenheit des Occidents» genannt zu werden. Man muss nicht vergessen, dass die Pferde der heissen Tiefländer in hohem Grade degeneriren. Die Engländer sehen sich gezwungen ihre Pferde aus Afghanistan und Arabien nach Indien zu holen; ihre Thiere Indiens konn- ten nicht fort, so oft sie in die Hochgebirge emporstiegen. Auch die Chinesen sehnen sich nach den unvergleichlich kräftigeren Thieren Westasiens und zumal nach Anspannpferden. Wie dem nun auch sei, in Ferghanä haben wir es vorzugsweise mit dem Anspann- pferde zu thun, und lernen das Steppenthier der Kirgisen zum immerhin noch kleinwüchsi- gen aber kräftigen, zuverlässigen Schlepper abgeändert, hochachten. Ueber unebene Wege fort, durch steilufrige Wassergräben hindurch, schafft er unbeirrt seine Last von 25 bis 30- 40- ja bis 60 Pud mannhaft fort, und hält dabei so arge seitliche Rukke der Karrengabel aus, dass die Last des zusammengehokkten Arbakesch der sich noch auf das Pferd setzt, eher die Stetigkeit des Ganzen zu ermöglichen und zu erleichtern, als das Pferd zu belasten scheint, Nicht nur muss das brave Thier die Last bergab zurükkhalten, sondern auch seine Arba-Karre häufig rükkwärts stossen. Es ist ein trefflicher Pony-Schlepper. Holen wir weiter aus, um das richtiger zu verstehen. In meiner «Baraba» '} hob ich hervor, dass gleich wie die Baschkiren augenscheinlich ein Mischvolk seien, so auch ihre Pferde: und zwar aus den heterogenen Elementen des norduralischen Finnenkleppers (Obwinka) und des Steppenpferdes der Kirgisen; ohne die VIEHZUCHT. 273 Wahrscheinlichkeit eines noch dritten, fremden Elementes auszuschliessen, dem vorzugs- weise der grosse Wuchs gewisser Baschkirpferde zuzuschreiben sei. Es müsse entschieden als Anspannpferd angesprochen werden. Das Auffallende lag vorzugsweise in der bedeutenden Breite des Kreuzes und der Brust, an Pferden welche durch Krummpukkel und Rammsnase, so wie durch die mongolische Höhe des unförmlichen Kopfes im Unterkieferwinkel, sich zweifelsohne als vom Kirgis Reitschlage entsprungen, dokumentirten. Damals blieb ich nämlich für das Kirgis-Pferd bei demjeni- gen Steppentypus stehen der im Westen als solcher anerkannt ist, und ausser den obigen Kennzeichen sich durch sein schmales, zugleich abgedachtes Kreuz, seinen schmalen durch flache Rippen gestützten Brustkorb, durch emporgekrümmten Rükken und Hirschhals bei schräggestelltem Schulterblatte, ja durch die hageren Schenkel und die die Hinterbakken ent- lang hinablaufende Rinne zwischen dem Semitendinosus und Semimembranosus, kennzeichnet. Wo hatte dieses Reitthier seine Breite hergenommen, die es zum Anspanne tauglich machte? Wie gesagt ich schrieb es der Mischung mit den Obwinki des Nord-Ural zu. In dieser Annahme wurde ich noch mehr bestärkt als ich am Oberen Uralflusse Kosakenpferden begegnete welche den Obwinki noch näher standen und als ich dieselbe kleine Rasse in Taschkent unter den Kosaken der «sswodnaja ssotnja» wiederfand. Sie haben weder den Pukkel noch den Rammskopf der Kirgis. So niedrig wie diese Pferde auf den Beinen ste- hen, und so breit wie ihre Brust ist ?), war dieser Ural-Schlag von mir, trotz kleinen Wuch- ses?), als brauchbar für Bergartillerie und zur Züchtung von Artilleriepferden bezeichnet worden “). Auf der Strekke zwischen Orenburg und Orsk und weiter, werden dem Reisenden nun solche Uralpferde, grösstentheils im Gemisch mit Baschkir und nur selten mit Kirgis- Blute, vorgespannt. р Weiterhin zwischen Orsk und Kasalinsk liess sich nun wieder der oben bezeichnete Steppentypus erwarten aber statt dessen walteten breitrumpfige Pferde vor, ohne Karpfen- rükken, mit wenig abschüssigem Kreuz und ohne mongolische Physiognomie des Kopfes. Kräftige Thiere, zuverlässige Schlepper mit breiter Brust und starken Schenkelmuskeln, stei- len Fesseln und recht gut trabend. Manche darunter lehmfarbig mit schwarzem Rükken- streif (Aalstrich) wie die Wätka-Pferde. Es waren Thiere der sibirischen Akkerbauer. 1) Бараба, Приложене къ XIX тому записокъ | aufführen zu können: The Ural Cossaks, schreibt er, Имп. Акад. Наукъ, № 2, 1871, стр. 90. — Erweitert be- | are mounted on stout roodsters, standing about 141}, sprochen in meiner Schrift: «Das Landesgestüt zu Tor- | hands high, and shaped rather for carrying weight over gel» Mittheilung der Kais. Livländischen gemeinnützigen | long distances, than for speed. These horses are bred in und ökonomischen Societät, 1872, № 3, р. 55. the Orenburg and Ural-countries. 2)Von vorn betrachtend sieht man 4—6” Abstand Solche Pferde hatte ich angegeben: der ausdrükklich zwischen den Vorderarmen. dazu beauftragte Obrist des Reichsgestütswesen berich- 3) Stets unter 2 Arschin. tete «nicht vorhanden». Es ist mir Genugthuung auch in 4) Da man im Reichsgestütwesen sich darüber ge- | den Type. By. (1875, № 25) zu lesen: «Уральцы, на wundert hat, so freut es mich einen Gewährsmann in | своихь широкогрудыхъ, подобравшихся коняхъ, Capt. Wood (The shores of the lake Aral, 1876, р. 86) | прЁхали въ Самаркандъ». Mémoires de l’Acad. Гар. des sciences. УПше Serie. 35 274 А. v. MIDDENDORFF, FERGHANAÄ. Mit Ausnahme der Gegend von Kasalinsk wo wieder einige ächte Typen von Kir- gis-Reitpferden') zwischendurch auftraten, ging es in dieser Weise den Ssyr aufwärts fort, bis schliesslich von der Gegend der Stadt Turkestan an noch breitere, auch grössere ?), stark- knochige, grossköpfige, plumpfüssigere Pferde mit straffem Haarwuchse auftraten, welche so- gleich verriethen dass sie aus den Niederungen Südsibiriens herstammten. Sie ziehen brav bergauf und halten zuverlässig bergab. Aus Allem was ich angeführt mag nun entnommen werden dass am gesammten Ssyr und nördlich vom Aral nicht der Kirgis-Reittypus, sondern ein mehr oder weniger ausge- sprochener Fahrschlag vorwaltet, und das nimmt Einen um so weniger Wunder wenn man heimkehrend, zwischen Orsk und Orenburg den Zügen von Tausend und aber Tausenden Fuhren der Auswanderer begegnet ist, welche aus dem europäischen Russland der Sonne entgegen ziehen. Sie haben offenbar ihre besondere Aufmerksamkeit darauf gerichtet für die weite Reise die tüchtigsten Schlepper ihrer verlassenen Heimat vor ihre schwerbeladenen Wagen zu spannen, Schon Wilkins erwähnt, dass aus Orenburg und Samara ein zahlrei- ches Kontingent an Pferden in Turkestan einwandert. Es ist also unausbleiblich gewesen dass in Innerasien mehr und mehr das Anspannpferd den Reittypus verdrängte. Wäre das etwa eine vollkommene Neuerung? Keinesweges. Wenngleich nach den Ei- nen das Pferd mit dem Arier ursprünglich vom Rükken des alten Welttheils hinabstieg, nach den Anderen das Thal des Oxus die Urheimath der leichten Pferde des orientalischen Reittypus gewesen sein mag, wenn es auch fast selbstverständlich ist dass der erste Bezäh- mer des flüchtigen Rosses, gleich wie heute der Kirgise, damit anfing sein Kind auf das Füllen zu setzen und das erwachsene Thier selbst zu besteigen, so lassen doch die aus den verschiedensten Quellen gleichlautenden Nachrichten darüber keinen Zweifel aufkommen, dass der Wagen zu den Erfindungen gehört welche wir in den ältesten schriftlichen Ueber- lieferungen vorfinden. Schon im dritten Jahrtausend vor Christo fanden sich sowohl Pferd wie Wagen als Bilder in der Zeichenschrift der Chinesen ein. Die ältesten indischen Nach- richten überliefern uns das Wagenlenken als göttliche Verrichtung. Kein Gott erscheint zu Pferde sitzend, kein Krieger tritt reitend auf, sondern den Streitwagen lenkend. Etwa 1800 v. Chr. tritt das Pferd auf den Denkmälern Aegyptens auf, aber nicht anders als vor den Streitwagen gespannt. Die Gemälde und Skulpturen der ausgegrabenen Assyrischen Denk- mäler, zeigen 1200 Jahre vor Chr. keinen Reiter, dagegen lehren sie uns den Anspaan bis ins Einzelne kennen. Auch bei den Hebräern trat das Pferd zwar spät, aber als Anspann- thier auf. Homer der das göttliche Thier in engste Beziehung zu Neptun, Boreas, Helios und 1) Es ist eine Freude den Capt. Wood (l. c. p. 319) | by confidently recommended». — Im Khiwa-Feldzuge die Vorzüge dieses «coarse pony», mit seinen «wonderful | bewährten sich bekanntlich die Kirgispferde trefflich. powers of endurance» rühmen zu sehen, mit dem Schlusse: 2) Bis zwei Werschok. «for British prejudices, a ride across the Kizylkoom may VIEHZUCHT. 275 anderen Gottheiten setzt, kannte nur Anspannpferde. Die Streitwagen, die Wettrennen zu Wagen standen zur Zeit der Trojanischen Helden auf hoher praktischer Entwikkelungsstufe, die durch die olympischen Spiele sich zu einem geistigen Kultus gestaltete, zu einer patrio- tischen That, in der die Glorie des Einzelnen aufging. Homer kennt nur Anspannpferde, denn es gab nicht nur Streitrosse, sondern auch Reisen, (s. z. B. durch den gebirgigen Theil von Lacedämon) wurden zu Wagen zurükkgelegt und die Geschikklichkeit steile Berghänge zu befahren spielte eine Rolle. Auf das Genaueste werden von Homer die Kampfesweisen spezialisirt, aber den Reiter sucht man vergebens. Die Reiternazion der Araber machte das Aufgebot zu Xerxes Heere auf Kameelen streitend mit, und sie, die Pflegerinn des herrlichsten Reitpferdes der Welt scheint um die Zeit der Geburt Christi das Pferd nur aus der Ferne gekannt zu haben. Zur Zeitdes Darius fuhren die Perserkönige aufdem Wagen stehend nicht nur in den Krieg sondern auch auf die Jagd und unter den unzähligen Skulpturen die in Persepolis auf- gedekkt worden sind, kommt nicht eine einzige Reiterfigur vor. Xenophon sagt ausdrükklich dass in Persien die Reiterei bis auf Cyrus ganz unbe- kannt war, aber auf dieses Herrschers Beispiel und Geheiss so rasch in Aufnahme kam dass jeder Vornehme und Gebildete — genau so wie heutzutage im gesammten Orient — es ver- schmähte zu Fuss zu gehen. Die bald vielberühmten nisäischen Pferde wurden dem höch- sten Gotte geweiht. !) Hiemit mag es genug sein an Zeugnissen dafür das in allen Zungen und Weisen dar- gethan wird, das Pferd des Alterthums sei dort wo es zu dem göttlichen Ruhme seiner gei- stigen wie körperlichen Spannkraft gedieh, ein Anspann - und nicht ein Reit-Pferd gewesen. Diese Uebereinstimmung der Thatsachen bekräftigt um so entschiedener das unfrag- liche Resultat welches uns die Sprachforschung geboten, indem sie ermittelt hat, Pferd, Wagen und Pflug seien Errungenschaften gewesen welche das indogermanische Urvolk schon besass bevor es aus Mittelasien hinabstieg und sich in alle Welt vertheilte, zu der Vielzün- gigkeit der Völkerschaften die uns schon im Alterthume entgegentreten °). 1) Ritter, Asien, VII, p. 637. 2) Diese Wagen sind nun jedenfalls zweirädrige Kar- ren gewesen, wie sie neben dem Urpfiuge, dem Haken, bis heute in Turkestan allgemein im Gebrauche sind. Es ist von vielem Interesse diese Karren, Arbä, in der ursprünglichsten Weise auf freier Strasse entstehen zu sehen. Am Wässerungsgraben im Dorfe sieht man sechs Menschen einen schlankgewachsenen frischgefäll- ten Stamm, zwischen dicht an einander gepflanzte Pap- peln oder Maulbeerbäume hineinzwängen und um etwas weiter abstehende Bäume gewaltsam herumbiegen. Sie sind im Begriffe für eine Arba die Radfelgen zu krüm- men, die sich seltener zu einem vollen Kreise — wie das bräuchlich — gestalten, meistentheils aber, so wie in nachstehender Abbildung nur 1/, des Radumfanges um- fassen, und aneinander gestikkt werden. Auch hier ist der unbefangene Europäer überrascht durch die Einfachheit der Mittel mit denen die Primitiv- technik unerwartet Zwekkmässiges leistet, ihre vieltau- sendjährige Erfahrung bekundend. Ich habe schon in meiner sibirischen Reise (Bd. IV, p.-1417) mich darüber ausgelassen. Dort wo die Felgendrittheile durch schräge Schnitte aneinandergepfropft sind, werden sie durch besondere, zur Peripherie hin gabelförmig auseinandergespaltene Extra-Speichen , gegen seitliches Auseinanderweichen in den Steppen des europäischen Russland bis heute ge- ! der Felgenenden gesichert. Ein Ring verhindert das wei- 35* 276 А. у. MIDDENDORFF, КЕВСНАМА. Die Pferde also welche das Alterthum im Südwesten Asiens pflegte waren ganz ent- schieden ein Fahrschlag, wurden als solche über ein Jahrtausend gebraucht und zu bedeu- tenderer Grösse als die Steppenthiere herangezogen; daraus folgt dass bei dem dazu un- umgänglichen mastigeren Futter und bei der Arbeitsleistung die von den Pferden damals verlangt wurde, der Rumpf derselben, zumal in der Vorhand, zu grösserer Masse und na- mentlich zu grösserer Breite sich entwikkeln musste. Man bedenke nur die Deichselstösse der schweren zweirädrigen Wagen, die, mit nur zwei Pferden bespannt, auf ungeebnetem Boden dahinflogen, mindestens zwei, zu Zeiten bis vier schwerbewaffnete Krieger tragend. Das Anspannpferd in seiner leichteren Form herangezüchtet zu haben bleibt das Ver- dienst SW - Asiens, und nur das schwere Anspannpferd ist ein Gebilde das von’den Nie- derungen West-Europa’s ausging. Es beruht also auf Irrthum wenn vorgebracht worden ist, die Denkmäler Assyriens lieferten den Beweis dass schon damals das arabische Pferd dieselben Formen wie heute besass, oder wenn vorsichtiger wiederholt wird: «es besass damals schon den Karakter des ara- — tere Aufspalten der Extra-Speiche, gleich wie ein ham- | ben, sich zwischen 2 Speichen klemmend die Extra- merförmiger Ansatz am entgegengesetzten Ende dersel- | Speiche zur Peripherie des Rades drängt. Eben so beachtenswerth ist, wie der Karrenboden — | nach Möglichkeit und die grosse Breite (71/, Fuss Spur- durch leiterähnliche Sprossen gebildet, welche die Gabel- | breite) sichert vor Umstürzen. So geht denn dieses Fuhr- stangen verbinden — vermittelst elastischer unter der | werk auf wegelosen Pfaden mit Sicherheit und bringt Axe durchgehender Stäbe, an die Axe angeklemmt wird. | über Wässerungskanäle und reissende Ströme seine Last Die 61/. Fuss hohen Räder erleichtern die Zugkraft | trokken hinüber. VIEHZUCHT. DTA bischen Reinbluts» *). Das Richtige hieran ist, dass die seitlichen Profile allerdings ein edeles, ja stolzes Thier, mit hoch gewölbtem Halse und muthigem Aussehen darstellen, das dem ara- bischen Typus bedeutend näher stand als dem gemeinen Reitgaul der Steppen des nördli- cheren West-Asiens. Neben dem vorwaltenden Fahrpferde bildete sich aber um die Zeit des Beginnes unse- rer Aera herum der edle Reitschlag heran, der uns als Vorbild gedient. Ob nun den Ariern, ob den nördlicher als sie herzuleitenden Mongolen die Ehre ge- bührt, das Pferd zuerst gezähmt zu haben, ob es ursprünglich bei beiden Völkerschaften ein und dasselbe Thier war, das gezähmt wurde und nach verschiedenen Richtungen sich ausbildete, oder ob vielleicht der Nordsteppen-Gaul aus einem Thiere der Steppenwildniss, das Thier der SW-Asiaten aus einem zweiten hervorging das im wilden Zustande ein Ge- birgsthier war, oder aber ob das spätere Araber- und Turkmen-Pferd zum Gebirgs-Pony degenerirte — das sind Fragen deren Beantwortung für uns in der Finsterniss der Urzeit verborgen bleibt. Jedenfalls sprechen alle zoologisch-geographischen Gründe dafür, dass das Pferd ursprünglich ein entschiedenes Steppenthier gewesen sein muss, und dass die «wilden Pferde» West-Europa’s lediglich verwilderte Asiaten gewesen. Hier kann uns nur daran liegen den Gegensatz geltend zu machen der ursprünglich zwischen den Gäulen der Mongolen in den Nordsteppen und der Iraner SW-Asiens seit je- her obwaltete und der neuerdings durch die Rükkfluth welche Anspannpferde aus Europa Die Last wird sehr genau und etwas nach hinten | arbeiteten sich mit angestrengtem Rudern ab, um unsere überwichtig geladen, denn der Fuhrmann (Arbakesch) | schwere Fähre zum jenseitigen Ufer zu buchsiren. Noch hokkt auf dem Pferde, die Füsse auf die Stangen gestützt, | ging ich im Bedauern dieser armen Thiere auf, als das die Knie hoch. Geht es bergauf so steigt der Arbakesch | prächtige Schauspiel meine Aufmerksamkeit wekkte. keineswegs ab, sondern erhebt sich nur im Sattel, dadurch | Sechs Fuhrleute die ihre Lasten auf unsere Fähre abge- sein volles Gegengewicht auf die Gabel verlegend. Bergab | legt, standen mit weit auseinandergespreizten Beinen hält nur der Sattelgurt das Fuhrwerk zurükk. Es musste | aufrecht auf ihren Karren. Die Leinen hoch haltend trie- eben ein tüchtiger Fahrgaul sich aus diesen Pferden ent- | ben sie ihre Pferde in das Wasser, und an die Rosselen- wikkeln, denn die Seitenstösse und Rukke der Gabel auf | ker der Alten erinnernd, kutschten sie ihre sechs Arba, dem unebenen Boden sind gar bedeutend, und verhilft ! welche ihnen nun als Nachen dienten, lustig hinüber, dabei die Last des reitenden Fuhrmannes offenbar zu | über den gewaltigen Strom; uns weit überholend. Die grösserer Stetigkeit. Karren erleichterten offenbar den muthvoil und hoch An dem ganzen Fuhrwerk, das sich mit 40 Pud Last | getragenen Thieren, das Schimmen. Nur das Pferd des (60 bei Kameel-Vorspann) nicht selten seitwärts über | Einen, das brustleidend sein mochte, arbeitete schwer in neigt und dennoch aushält, ist nicht das geringste Stükk | der Strömung; sogleich glitt der Fuhrmann, die Gabel Eisen. Dadurch wird es möglich dass es zugleich als | entlang zum Kopfe des Thieres. Selbst schwimmend er- Prahm dient. Es war ein überraschend schönes Schau- | leichterte und lenkte er seinen Ernährer. spiel als ich diese Verwendung zum ersten Male sah. Es ist eine Lust zu sehen wie der Zentralasiate Wohl eine Werst breit wälzte der gewaltig geschwol- | sein Lastpferd sorgfältig pflegt, es reinigt und wäscht, lene Ssyr sein Wasser majestätisch dahin. Das 25 Schritt | gegen die Tageshitze durch Ueberdekken mit Teppichen lange Flachboot, die Fähre, war mit Lasten aller Art, | es schützt, in der Nacht es von seinen Hüllen befreit, es und mit unseren Pferden schwer beladen. 12 Kameele | sanft behandelt und reichlich füttert. hatte man in zwei Reihen dicht nebeneinander zum Nie- Der Slave ist offenbar durch den Mongolen in seiner derknien gebracht. Wir stiessen ab. Zwei Pferde, vermit- | barbarischen Behandlung der Nutzthiere bestärkt wor- telst ihrer Mähnen an die Spitze des Fahrzeuges so kurz | den. befestigt dass ihr Rükken unter dessen Boden schwamm, 1) Bietrement, 11 с. р. 129. 278 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. nach Mittelasien bringt, verstärkt wird. Dieser Gegensatz kann dem Laien nicht deutlicher vergegenwärtigt werden als durch beispielweise Heranziehung des afrikanisch-asiatischen einbukkligen romedars, Dgegenüber dem unedlen Zweibukkel das den Kirgisen bis an die Nordgränze seines Vorkommens begleitet. Die Absatzverhältnisse werden die Kirgisen immer entschiedener zum Aufziehen von Anspannpferden drängen und bald werden sie, das Reitervolk der Skythen, die trefflichen Bogenschützen der Zeiten Herodots, die, wie es hiess, sogar auf ihren Reitgäulen schliefen, — aber ihr Hab und Gut auf Wagen luden, vor welche sie nicht Pferde sondern Ochsen und Kameele spannten, —- bald werden die Kirgisen ein anderes Pferd besitzen als den ursprüng- lichen, zwergigen, schmächtigen, schmalen, karpfenrükkigen Reitgaul den wir noch in sei- ner typischen Glorie gekannt haben. Auch jetzt schon sah ich den Kara-Kirgisen nicht sel- ten, trotz vieler vorhandener Pferde, auf Ochsen reiten. In wie weit nun die Karrengäule Ferghanä’s als zu grob ausgefallene Mischungsthiere ähnlichen Ursprunges wie die Karabair anzusehen sind, wollen wir Anderen zur Entschei- dung überlassen. Jedenfalls werden wenige Füllen von den Sarten aufgezogen, und manche ihrer Pferde von den Kirgisen bezogen. Da die Kirgisen die Mehrzahl ihrer Hengste ver- schneiden, die Sarten dagegen nur Hengste reiten, so mag dadurch ein Obwalten breiterer Thiere befördert werden. Ueber die Ungleichheiten im Вале der Kirgis und Usbek-Pferde, die sich von einander nicht unterscheiden lassen, hat sich Wilkins schon ausgesprochen, und zugleich auf mehr typische Pferde in Aulie-Ata hingewiesen, von wo bekanntlich nach Ferghanä alljährlich grosse Schaafherden getrieben werden; also mit ihnen auch Pferde von dort in unser Thal gelangen. Bevor wir nun die Rassenfrage abschliessen, wollen wir doch noch erwähnen dass die Akten darüber noch nicht ganz abgeschlossen sind, ob nicht das Reitpferd Südwest-Asiens aus Nordafrika her seinen Ursprung genommen. Der Vorfechter dieser Ansicht, der vielbe- rufene Professor Sanson glaubt in der Fünfzahl der Lendenwirbel des Berber-Pferdes einen durchgreifenden Unterschied zwischen dem Afrikanischen und asiatisch-eurspäischen Pferde, das beständig 6 Lendenwirbel hat, zu erkennen. Es lohnte sich wohl der Mühe diese Ansicht in Turkestan und zumal bei den Turkmen-Rossen zum Austrag zu bringen. Das breite Thier konnte sich nicht ohne Zuthun entsprechenden Futters entwikkeln. Die Füllen kamen in Ferghanä schon Ende März; gleichzeitig mit dem Spriessen üppi- gen Grünes. Aber auch zu minder saftiger Zeit wird das Pferd des Sarten gut gehalten, fast nie geweidet, stets mit Grünfutter oder Heu der Luzerne (Dshenuschka; Bidä im getrokkne- ten Zustande) gefüttert‘). Man rechnet etwa drei bis vier Bündel Luzernheu, jedes 6 bis 7 Pfund schwer, als Tages-Ration. Dazu ‚werden, wenn keine besondere Anstrengungen mehr for- 1) Nur am Rande der Salzwüste Ha-Derwisch sah | hervorholen, “um durch sie in der Noth des ersten Früh- ich Kinder ganz verarmter Leute die Wurzeln eines der | jahrs die noch zögernde Luzerne zu ersetzen. Quekke ähnlichen Krautes, das sie Oasjäryg nannten ! VIEHZUCHT. 279 dern 6?, Pfund!) Gerste?) gegeben, oder anstatt derselben um die Hälfte mehr Dshugarä- Hirse. Zuwider unserer Regel wird dem Pferde auf dem Marsche nachdem es sich eine Stunde erholt die Gerste vorgesetzt, und erst viel später, oder auch am Morgen des fol- genden Tages Luzernheu. In der Thalmulde ist deshalb der Unterhalt eines Pferdes theuer; oder vielmehr seit Heranzug der Russen theuer geworden. Der Dshiggit rechnete mir vor dass bei recht- zeitigem wirthschaftlichem Einkaufe des Futters im Herbste, der jährliche Unterhalt eines Pferdes (abgesehen von Auslagen für Beschlag, Dekken u. s. w.) nicht unter 40 Rubel zu stellen sei. Versäumt man die Zeit so steigt die Ausgabe leicht bis auf ein Mehrfaches; eben so auf der Reise. An den Kaschgar-Kleppern fiel mir etwas auf, was schon in Island meine Aufmerk- samkeit erregte und dort wahrscheinlich zu der Sitte des häufigen Haltens für nur höchs- tenszehn Minuten geführt hat. Beim Grasen geschieht das Scheeren des Rasens in ungemein rascher, hastiger Aufeinanderfolge. Zugleich vorschreitend und kauend lassen sie nach Ver- lauf jeder Sekunde einen Biss dem anderen folgen, so dass sogar satte Thiere in der Mi- nute 60 Mal zugreifen. Sowohl die überaus grossen Abstände zwischen den Temperaturen der Jahres - wie der Tageszeiten und die Heftigkeit der Winde, als auch andererseits der Bezug edlerer Pferde südlicher Herkunft haben es mit sich gebracht dass man im Ferghanä-Thale nicht nur die Pferde der Sarten, sondern auch der Kirgisen in dikke Filzdekken eingehüllt sieht. Wie sollte das auch anders sein da wir sehen werden dass nicht nur das Kameel, sondern auch die dikkbepelzten Schaafe eingenäht werden. In den Schilfniederungen des Aral kommt noch eine dritte Ursache für solche Sorgfalt hinzu, das sind die Mükken- und Moskito-Schwärme welche den Thieren sonst das Garaus machen würden. Bei heissestem Sonnenbrande sieht man Pferde, sogar unter dem Sattel, von doppelten schweren Dekken umhüllt und erinnert sich des dem Xenophon von Athenaeus in den Mund gelegten Ausspruches: «die Perser haben mehr Dekken auf den Pferden als in den - Betten». Allerdings wird die Trokkenheit der für Rennen bestimmten Thiere durch das Schwit- zen befördert, wie wir in England sehen, wo der Gegensatz der kontinentalklimatischen Verhältnisse, die übergrosse Luftfeuchtigkeit, dazu geführt hat durch dasselbe Mittel eine trokkene Konstituzion zu erzwingen. Indem ich es den Pferdeliebhabern überlasse, sich in der wiederholt erwähnten Ab- handlung des H-rn Wilkins über das Einzelne der Pferdehaltung und Pferdewartung in Turkestan zu unterrichten, schliesse ich mich vollkommen seiner Aeusserung an, dass man 1) Ein Tschajryk oder Tscharäk. Dshugara-Hirse ist halb so theuer: von 25 bis 65 Kop 2) Агра. Das Pud Gerste wechselt im Preise zwi- | das Pud, Oelkuchen wurden mit 20 Кор. die И, Tschak- schen etwa 2 Rub. 40 Kop. und das Doppelte davon, für | ssa bezahlt. den Tschwarak der etwa 5 Pud gleichkommt. Die Е 2 о ОО Е Pa MS С аа : >> 2 re x RE с. 280 А. У. MIDDENDORFF, КЕВСНАМА. nicht umhin kann bald zu erkennen woher uns Europäern der ganze den Wettrennen eigen- thümliche Apparat überkommen ist. Dem Zwischenstromlande karakteristisch eigenthümlich bleibt jedoch die Krone aller Wettrennen mit Hindernissen, das vielberufene Kok-buri, ohne welches keine grössere Fest- lichkeit der Usbeken, so auch der Kirgisen, Kiptschaken und Kara-Kirgisen vor sich ge- hen kann. Aber auch jede beliebige Anregung vermag im Augenblikke ein Kok-buri zu Stande zu bringen, da die Leidenschaft für dieses waghalsige Reiterspiel stets zum Aufflam- men bereit ist, und die Fahne — der Ziegenbokk den irgend ein kühner Patron herbeischafft — überall zu haben ist. Diesen dem Inhaber zu entreissen — durch Geschikklichkeit und Gewand- heit des Renners so wie Kraft des Reiters — geht es über Mauern, Klüfte, Wasserleitungen, - ja schwimmend durch reissende Ströme, wie der Serafschan, in wilder Hatz, welche wie begreiflich nicht ohne Knochenbrüche und Verrenkungen abgeht. Der glükklicha Sieger tritt an die Stelle des Verfolgten. Man sollte doch denken dass Völker deren ganzes ее im Sattel zugebracht wird, deren Wohl und Wehe vom Reiten abhängt, im Laute der Jahrtausende dazu gelangt sein müssten, es sich auf dem Pferderükken recht bequem einzurichten. Man ist erstaunt zu fin- den dass davon nicht die Rede sein kann, obgleich allerdings dafür gesorgt worden Ist dass der Rükken des Pferdes nicht geschädigt werde. Der oft ganz roh gefertigte Holzbokk des Kirgisen ist so klein, namentlich so kurz, dass nur ein europäisches Kind auf ihm Platz findet; ich habe nur meinen Schenkel in ihn hineinklemmen dürfen, bei seitlich überhängendem Gesäss. So sieht man übrigens auch den Kirgisen nicht selten schlendern, obgleich es sein beliebter Renn- und Reise -Sattel ist. Grossen Rufes geniessen die Ssamarkand-Sättel. Essind die allgemein in Ferghanä gebräuchlichen, und auch dieselben von denen es bei Ritter!) heisst, dass die Bewohner von Hissar sich einer eigenthümlichen Art von Sättel bedienen sollen, nämlich auffallend durch den langen Dorn vor dem Sitze, der in den unabänderlich geschnörkelten Kopf aus- läuft. So gefährlich er dem Reiter werden kann, so bequem ist er, um das Pferd durch das Hinüberwerfen der Zügel zum ruhigen Stehen zu veranlassen wenn man abgesprungen ist; so auch für das Anhängen beliebigen Reisegeräthes. Für gewöhnlich ist der Sitz gleichfalls zu kurz um einem Europäer genügenden Raum zu geben. Obgleich die gebräuchlichen dikken Sattelkissen das Kreuzbein der Reiter über den Hinterrand des Sattels heben, so fühlt man doch leicht die Stösse. Das gewöhn- liche Maass des Sarten - Sattels in der Linie des Sitzes beträgt 11 Zoil. Der Hissar-Sattel der mir bequem ist, misst in derselben Linie 13”, und hat dem entsprechend längere (16”) Bretter zu Unterlagen. Ungemein künstlich ist die Umrandung des ganzen Sattels mit Knochen. Auch ist die grellrothe Firnissfarbe mit Farbenvergoldung umbrämt, Noch besser als der Firniss der Oberseite dasselbe leistet, wird die Unterseite des Sattels durch Ueber- 1) Asien, p. 819. VIEHZUCHT, 281 kleben mit Birkenrinde vor Feuchtwerden durch den Schweiss geschützt, damit der Bokk sich nicht werfe!), Vielen Gegenden Europa’s, zumal den von dem finnischen Volksstamme bewohnten Gegenden wäre das bei den Kirgisen übliche Koppeln anzuempfehlen, das ja durch unsere Kosakken bekannt genug ist. Die beiden Vorderfüsse werden höher oben am Mittelfuss ziemlich beweglich gefesselt; zugleich führt die Fessel zu einem der Hinterfüsse hin- über, um dort den Mittelfuss über dem Fesselgelenke, oder gar den Unterschenkel über dem Sprunggelenke zu umfassen. Mühelos kann das Thier grasen und doch nicht entkommen. Zwangsgestelle für das Beschlagen der Pferde zuerst eingeführt?) zu haben ist das beschämende Verdienst der russischen Reiterei; bis dahin half Bremsen nöthigenfalls aus. Wir dürfen eine Ursache tödtlichen Erkrankens der Pferde um so weniger übergehen als dieselbe auch der Viehsterben angeschuldigt wird’). Es sollen nämlich, so heisst est), Pferde welche das von Heuschrekken (kleinerer Art als die Wanderheuschrekke, welche die Sarten Malach Tschigertke nennen) angefressene Gras beweiden, von einer Drehkrankheit befallen werden und umkommen. Die Dörfer Naugandy und Kurket, bei Ura-tübe, leiden daran fast alljährlich. Obgleich diese Erklärungsart wenig Wahrscheinlichkeit für sich hat, so verdient sie doch alle Beachtung, da sie von scharf beobachtenden Naturmenschen aus- geht. Die von Wilkins in Buchara gesehenen weissen Esel, welche an Wuchs und Eigen- schaften denen von Poitou gleichzukommen scheinen, verdienen alle Berükksichtigung. Sie sollen in der Stadt Buchara zu Ausritten an heilige Stätten vermiethet werden, 7 bis 7'/, Pud tragen, raschen Trab, ja sogar Galopp haben und bis 64 Rubel kosten, während die gemeinen Pakkesel 5 bis 20 Rubel gelten. B. Das Rind. Bogdanov, Radde und Andere haben uns neuerdings darüber belehrt dass in Khiwa, das Hornvieh, gleich wie bei den übrigen Turkmenen und in Persien, dem indischen Typus, also dem Zebugeschlechte und Mischlingen mit demselben angehöre. Wilkins bezeugt dasselbe auch für Buchara. Ein Kenner der Sache schrieb mir in diesem Sinne nach Turkestan, auch dort solches Hornvieh voraussetzend. Das bestätigte sich aber keines- weges sondern vom Anfang bis zum Ende meiner Reise hatte ich es mit der Kirgis-Rasse 1) Der Preis eines Sattels steigt von 3 bis 5 Rub. Mein | stung für den Reiter auf gegen zwanzig Rub. Hissar-Sattel kostete 7 Rub. Mit allem Riemenzeug, Fil- 2) Русск. Турк., 1872, III. zen, Dekken u. s. у. mittlerer, wir wollen sagen bürger- 5) Vergl, Seite 288. licher Ausstattung, beläuft sich der Preis einer Ausrü- 4) Choroschchin, Сборн. стат, 1876, стр 107. Mémoires de l'Acad, Пар. des sciences, VIlme Serie, 36 282 А. У. MIDDENDORFF, FERGHANÀ. zu thun. Diese ist allerdings bisher паг schwach karakterisirt gewesen, aber dennoch hat Kuleschov in seiner vorläufigen Notiz') einen dankenswerthen Anlauf zu besserer Fest- stellung unserer drei Steppen-Rassen genommen, welche er als drei völlig selbstständige Arten ansieht. Es ist ganz richtig dass jeder dieser Rassen ein karakterisches Kleid zukommt, näm- lich 1) ein graues dem kleinrussischen (Ukräner); 2) ein rothes oder rothbuntes dem Kal- mükk — und 3) ein schwarzes dem Kirgis — (sibirischen) Vieh. Kuleschov hat sich bemüht an den Schädeln dieser Rassen den Unterschied tiefer zu begründen, und weist darauf hin, dass das Kalmükk-Vieh Eigenthümlichkeiten zeige welche zur Annahme zwingen dass Bos Sondaicus (also der oben angezogene indische Typus) und Etruscus an der Bildung dieser Rasse Theil genommen haben. Wenn nun die früheren Schikksale des Kalmükk-Volkes auch eine solche Annahme nicht ausschliessen, so muss ich doch aussprechen dass, so wie es jetzt steht, das Vorkom- men des Kirgis-Viehes sich zwischen beide genannter Formen schiebt, und sie von einan- der vollkommen trennt?). Im Orenburger Gouvernement, also im Süd-Ural wiederholte sich der Mischlings- Typus den ich, im Zusammenhange mit den ethnographischen Merkmalen schon in Bezug auf die Pferde der Baschkiren, in meiner «Baraba» hervorgehoben habe. Einzelne graue Thiere, mit dem unverkennbaren Bau und den Hörnern des kleinrussischen Grau-Viehes, bewiesen dass die, zumal nach Viehseuchen und Viehsterben unberechenbaren Richtungen des Viehhandels, dann und wann ausnahmsweise auch gegen den Strom, von W nach O, ihren Weg nahmen. Stark hat diese Beimischung von grauem Blute nicht sein können, denn bei gen Ost entschieden zunehmendem Typus einer auf niedriges Beinwerk gestellten Niede- rungsrasse — die ziemlich langgestekkt und schwer erschien — wiesen die im Fluge gesehenen Kühe Anzeichen trefflicher Milchergiebigkeit auf. Die Segnungen der saft- und futterrei- chen Weiden der Ausläufer der Gebirge waren unverkennbar. Je weiter desto entschiedener kennzeichnete sich das Kirgis-Vieh. So ganz einfarbig schwarz war es nun freilich nicht, denn es kam auch braunrothes oder gar Gürtel-Vieh, mit Weiss geschekkt, vor; nämlich bei weissem Leibe, Kopf und Kreuz schwarz*). Nichts- destoweniger unterlag keinem Zweifel dass eben so wie das Gelbraun die Urfarbe der Kirgis- Schaafe ist, auch das Schwarz dem Kirgis-Vieh karakteristisch angehört. Gewöhnlich war diese Grundfarbe von einem rostrothen Rückenstreif, und rôthlichen Haaren an der Ober- stirn, auch im Inneren so wie an den Rändern der Ohren, und endlich auch von einem röth- 1) Землед. Газ. 1877, № 20, стр. 307. Die Arbeit selbst | kent, Das müssen von Süden herbeigetriebene Thiere ge- lässt leider immer noch auf sich warten. wesen sein. 2) Vollkommen unstatthaft ist dass Kostenko (Средн. 3) Solches Gürtelvieh ist nach Wilkins merkwürdi- Asia, 1871, стр. 193) schreibt: ничфмъ не отличается | ger Weise in Buchara auch zu sehen, obgleich dort das OTB малоросейской (черкаской) породы. Wilkins sah | indische Rind vorherrscht. einzelne Exemplare des indischen Typus auch bei Tasch- RL Pi D à D NET ЗИ at Lise bd Et Ve £ be + > = VIEHZUCHT, 283 lich gefärbten Maule begleitet. Das scheint mir normal und typisch. Aber auch bräunlich getigerte oder geflammte Schwarze kamen vor, was. nach meinen Erfahrungen auf Vermi- schung schwarzer und brauner Thiere hinweist. Nicht ein einziges Stükk hatte auch nur Anzeichen der grauen Farbe des Steppenviehes und des Zebu. Der Kopf, nicht so gross wie bei unserem Niederungsvieh, kurz, so dass die Augen- Linie ihn in zwei fast oder ganz gleich grosse Hälften, den Stirn- und den Schnauzentheil zerfällt. Der Kopf war also entschieden brachycephal, bei gelinde gewölbter Stirn und Abstufung zur Schnauze in der Augenlinie (Glabella). Hörner seitlich gestellt und gerichtet; dick und kurz. Die Thiere waren niedrig gestellt, auf tadellose, nicht kuhhessige Beine. Die Rücken- linie gerade, der Hals unten kurz, aber dennoch fehlte oben nicht viel daran dass das wenig sich erhebende Widerrüst halbweges zwischen Stirn und Kreuz-Anfang gestellt gewesen wäre; so schön gedrungen waren die Тшеге. Kreuz ziemlich breit; die etwas mageren Schen- kel hinten mit senkrechtem Profil-Umrisse von den Sitzknorren abfallend. Der Vorder- körper überwiegend. So die Ochsen, welche 43” bis 45” Höhe hatten‘). Einer, der eine etwas gewölbte Rükkenlinie, ein mehr abfallendes Kreuz zeigte und vorn höher stand als hinten, schien auf Kreuzung zu weisen. Die Kühe waren etwas kleiner?); machten aber gleichfalls den Eindruck lang gestrekk- ter, niedrig gestellter Thiere; der Kopf war weniger brachycephal. Die Dimension von der Augenlinie zur Schnauzenspitze übertraf die Stirnhöhe um fast '/, des Maasses. Hals eben so kurz und breit wie beim Ochsen, mit ziemlicher Wamme. Das Kreuz könnte länger und breiter sein. Der Vorderkörper überwiegt. Bei Einzelnen das Kreuzbein sehr kurz, doch gleicht sich das scheinbare Längenmaas des Kreuzes durch flügelförmig nach vorn gerich- tete Hüftfortsätze aus. Euter fleischig, Striche sehr kurz; kaum 1'/,” lang. Je näher zu Taschkent desto edler wurden die Thiere. Die Gestalt der ausgezeichneteren Thiere entsprach also den Anforderungen an eine Fleischrasse. Eben so sehr durch die Gestalt, wie durch die Färbung erinnerte das Kirgis- Vieh ganz unerwarteter Weise an eine Gebirgsrasse, und zwar insbesondere an die Monta- funer. Dabei sehe ich von dem auch in der Schweiz nunmehr verschwindenden hohen An- 1) Bei Ak-Kum, zwischen Dshulek nnd Turke- | zweite (am Bügünj) 40”. stan. 3) Die Maasse ergaben: 2) Eine der Besseren maass 38” (am Aryss); eine HoterimaVyaddernüstn ee one SD Vom Kreuz-Anfang bis zum Sitzknorren ..... 121% und#zwarzRumpthöhee en seen 1 16 Kreuz-Breiten. а een een 102 Hönesder MÜSSE. eee ее, 1 6 HAN CITES ER ODICS ВБ ое соо re Ce. 1 4 Schräg gemessener Umfang in der Schulter Breite in der Augenlinie.....,............. 7 (zwischen den Vorderfüssen durch) ...... 4 5 Ange deriSchnäuze u meer eek: f) Von der Stirn bis zum Widderrüst ......... 2 3 D'OR Чет ea ee 7 Vom Widderrüst bis zum Kreuz-Anfang .... 2 284 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. satz des Schwanzes ab, den ich viel mehr für das Erzeugniss einer Mode halte, als für eine durch die Gebirgsnatur bedingte Form. In Ferghanä fand ich nun einestheils genau dasselbe Vieh vor, und das war nicht zu verwundern bei dem Durcheinander der Kirgisen- und Sarten - Wirthschaft. Tüchtiger Pflugochsen bedürftig beziehen die Sarten, denen es ja ganz an Weiden mangelt, ihren Be- darf von den Kirgisen durch Ankauf. Dagegen war, offenbar durch jämmerliche Haltung, das Milchvieh im Ferghanä- Thale an Gewicht in kaum glaublichem Maasse zusammengeschrumpft. Statt jener, auf 8 bis 900 Pfund zu schätzenden Kühe, waren hier nur Thiere von halb so grossem Ge- wichte zu sehen; höchstens 500 Pfund schwer. Dabei hatte die Höhe nur wenig abgenom- men, aber die Knochen waren dünner geworden, sogar die Hörner verkümmert, wenn sie nicht, dünn und weisslich, sich halbmondförmig seitwärts emporrichteten. Der Schnauzen- theil des Kopfes hatte sich verhältnissmässig verlängert (bis zu 1, und 1'} Stirnhöhe!)) und zugespitzt, der Körper war minder tief und minder tonnenrippig, das Widerrüst lag der Stirn ansehnlich näher als dem Kreuz-Anfang, das Thier stand höher auf den Beinen, war schmal und leicht geworden; die Muskeln zumal der Hinterbakken waren geschwunden, Habe ich die Thiere oben mit den Montafunern vergleichen müssen, so sind die eben beschriebenen Kummerthiere dem unterdessen wohl ganz verschwundenen, ursprünglichen Hasli-Schlage der Schweiz, den ich selbst gezüchtet habe, ununterscheidbar ähnlich?); je- doch noch kleiner. In Bezug auf die Haarfärbung gilt dasselbe was oben gesagt wurde, nur hatte sich hier die Zahl der rothen Thiere vermehrt. Im Ganzen waren etwa *, aller Thiere schwarz, mit jenen rostrothen Verbrämungen deren wir erwähnt, und das übrige Drittheil bestand vor- zugsweise aus rothen Thieren denen einige Weissbunte beigemischt waren. Dem Ursprunge solcher muss nachgespürt werden. Auch sah ich mitten im Thale einen besonders niedrig gestellten Ochsen den ich auf 1100 bis 1200 Pfund Lebendgewicht schätzen musste, der bei auffallend kurzem Schnauzentheile des Kopfes ungewöhnlich lange Hörner?) trug, die zwar an der Basis auch dikk angesetzt erschienen, aber fast leierförmig in die Höhe standen, dem Thiere ein wildes Ansehen verleihend. Die Hörner waren so lang wie der Kopf. Vielleicht wird sich daran, und an der weissen Haarfarbe einst die Herkunft der Kreuzungseinflüsse erkennen lassen. Auf keinen Fall lässt sich zugeben dass das Ferghanä- Vieh einer andern Rasse zu- gehöre; es ist jedenfalls dieselbe Kirgis-Rasse, die sich nur anders entwickelt, je nach den Futterverhältnissen. An Mittelformen fehlt es nicht. 1) Nicht selten nahm der Schnauzentheil des Kopfes, | Jahrgang II, 1845, Oberländer Viehrasse im Kantou bis zur Augenlinie gemessen, ?/, der gesammten Kopf- | Bern. länge ein. 3) Bei dem ächten Kirgis-Vieh erreichten sie nicht 2) Vergl. Rychner, Zeitschrift für Rindviehkunde, | über ®/,’ Länge. a а ЗИ PS БУ ИУ VIEHZUCHT. 285 Die grössere Wahrscheinlichkeit spricht dafür dass das Ferghanä- Vieh ein durch Hunger degenerirtes Kirgis- Vieh ist. Das typische Kirgis-Vieh nähert sich unseren Alpen- Rassen, stammt wahrscheinlich aus den an die zentralasiatischen Gebirgshöhen anstossen- den treflichen Weiden der Kirgisensteppen. Hätten die Sarten als sie in der Vorzeit von Südosten einwanderten ihr eigenes Vieh mit sich geführt und dasselbe sich erhalten, so müssten sich Thiere vom Zebugeschlechte in Ferghanä erkennen lassen. Davon sah ich keine Spur. Das Hornvieh ist also ursprünglich entweder aus der Steppe Inner-Asiens südwärts ins Gebirge gekommen, oder von den Gebirgen auf die Steppe übergegangen; was mir unwahrscheinlich erscheint. Hat man im Frühsommer die Kirgisen ihre unzählbaren Viehheerden auf den Löss-Weiden der Vorberge — Dshajlau — entfalten gesehen, so liegt es gar nahe, in ihnen nur die Hirten der Gesammtbevölkerung zu erblikken. Gelangt man im März nach Ferghanä so drängt sich die Annahme der Entartung in Folge überkarger Haltung Jedem von selbst auf. Der Zustand des Viehes — Haut und Knochen — spottet aller Beschreibung. Die Pferde, der Hauptgegenstand der Aufmerk- samkeit der Orientalen, sind auf das theure Luzernheu angewiesen. Die Ochsen müssen gut gehalten werden, weil auf ihrer Grösse und Kraft die gründliche Bearbeitung des Bodens beruht; da es nun gar kein Wiesenheu giebt, so fallen die besten Stengel-Abfälle der Erndten, Kaff und Stroh, den Ochsen zu, weil es keine so lange winterliche Ruhezeit wie in nördlichen Gegenden giebt, welche etwa gestatten könnte, die Ochsen einige Monate lang auf kärgliches Erhaltungsfutter zu setzen. Ist der April da und der Arbeitsochse in schlechtem Stande so soll man ihm mit lauen Aufgüssen des Brakes unter den getrockne- ten Aprikosen aufhelfen. Nach Beendigung der’ Pflugzeit schickt man ihn ins Gebirge, da- mit er gleich nach der Erndte zum Dreschen bereit sei, wobei schon der Zweijährige helfen muss. Demnach wird der Ochse bei gutem Futter gehalten, so dass man in Ferghanä die Strohwänste an den Ochsen nicht sieht, wie wohl in nördlichen Gegenden Europa’s. Wo möglich lässt man auch dem Ochsen 4, 5 bis 6 Jahre Zeit, um sein Wachsthum zu vollenden. Dann erst spannt man ihn vor den Pflug. Ein Kalb sah ich sogar im Luzern- stükke tüdern. Maisstroh kommt den Ochsen nicht selten zu gut. Als halbjährige oder Jährlinge werden die jungen Thiere entmannt. Für die Kuh bleibt in Ferghanä, wie im Kaukasus, nur übrig dass sie als Kummer- vieh irgendwie durchgehungert werde. Auch war das Erste was wir von der Kuh Ferghanä’s erfahren haben, dass sie sich von Pferdemist парте"). Es ist eine interessante Thatsache dass unter so entgegengesetzten Nahrungsverhältnissen die oben angeführten Unterschiede zwischen den Kühen und Ochsen derselben Rasse, nicht nur in der Grösse und Schwere eintreten, sondern auch die Körperverhältnisse, die Proportionen der einzelnen Theile, sich anders gestalten. Uebrigens soll solches Kummervich auch bei den Kara- 1)Choroschchin (Аборникъ статей, 1876, стр. 36). 286 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Kirgisen vorwalten, wozu beitragen mag dass sie zwischendurch als Last- und Reit-Thiere dienen müssen!). Vor völligem Verhungern sind die Thiere durch den Pferdemist, und dadurch ge- sichert dass das Heizmaterial zugleich Nothfutter bietet, so namentlich die mit ihren Wur- zeln hervorgehakkten Stoppeln der Dshugara-Hirse. Die Rinde gefällter Weiden und Pappeln, zumal der Kopfweiden stellt zu solcher Zeit Kraftfutter vor. Es ist merkwürdig wie rasch, sogar schon im März, die Thiere sich auf scheinbar völlig nakkten Brachfeldern und zumal auf der Steppe die mit weissen Salzausblühungen gleich wie mit einer Schneedekke zusammenhängend überdekkt ist, erholen. Man sieht dürre Hälmchen diese Dekke nur ganz vereinzelt durchbrechen und müsste voraussetzen dass jetzt erst das Verhungern beginne. Ferghanä bietet in jeder Hinsicht die grössten Gegensätze neben einander. Auf den Vorbergen eröffnet sich ein ganz anderes Leben als im Thalgrunde. Im April fand ich die- selben mit unzähligen Heerden bedeckt; hier Kameele und Schaafe, dort Rinder, dort Pferde. Fett spriessen die Kräuter, die Gräser hervor, doch nicht selten erscheinen die Berghänge kahl genug. Sie sind mit Vieh übersetzt. Dennoch — kaum begreiflicher Weise — beweiden die städtischen und Dorfes-Heerden der Sarten, mit denen der Kirgisen gemeinsame Gründe, in grösster Eintracht. Im Mai ziehen die Kirgisen fort, zu den Alpen und über dieseiben hinaus. Die Kirgis-Kuh ist keineswegs nur Fleischvieh. Der Kirgise der Stuten, Ziegen und Schaafe milcht, hat in seiner Hornvieh-Rasse die milchgebende Eigenschaft beachtet. Die grösseren Kühe, von denen ich oben gesprochen geben, wie man mich in Kasalinsk versicherte, bis über einen halben Eimer Milch täglich. Wenn gut genährt scheint die Kummerkuh Ferghanä’s, welche gewöhnlich kaum ein Drittheil davon zu geben vermag, dasselbe Maass leisten zu können, also im Verhältniss zu ihrem Körpergewichte noch be- deutend milchreicher zu sein als jene, und um so milchreicher als das heisse dürre Klima der Milchergiebigkeit entgegensteht”). Die Alpen haben dazu mitwirken müssen. Die Milch der Kummerkuh fand ich so fett dass ich das Perinaeum untersuchte, und fand ich dasselbe, so wie den Milchspiegel, die Seiten der Schenkelspalte und die Hinter- wand des Euters von safrangelber Farbe. Das alte Kennzeichen bewährt sich also auch in Mittel-Asien. 1) Ausserhalb von Ferghanä sah ich in der Nähe der Stadt Turkestan, bei der alten Feste Ssauran sol- ches Kummervieh. Dass es kümmert ist wahrhaftig nicht unverständlich. Nachdem ich um die Mitte des Februar n. St. zwi- schen der Stadt Turkestan und Tschimkent schon Cro- cus blühend angetroffen, mich dann in Taschkent auf- gehalten und nun über die. Ausläufer des Kurama-Ge- birges nach Ferghanä eilte, überfielen mich bei der Sta- tion Uralskaja Schneeschlakken, handhoher Schnee » und 6 Grade Frost. Es war der 3. März п. St. Die Schaaf- Rinder- und Pferdeheerden standen hungernd in zusam- mengedrängten Haufen; gleichsam verzweifelnd. Ich hielt bei dem Kahlfrost und Glatteise die Thiere für ver- loren. Doch schon um 10 Uhr wirkte die Insolation so stark dass der Boden aufzuthauen begann. Oft aber kommen die Heerden um. 2) Wilkins schreibt den Kühen der Stadt Tasch- kent für gewöhnlich nur 2 bis 3 Kruschken Milch zu; doch sah er eine welche sogar einen Eimer füllte, a = EEE Auer Kar Ai L я ба реа в Ч VIEHZUCHT. 287 Am gesammten Verlaufe des Ssyr schwankte der Preis einer Kuh von 10 bis 18 Rubel. Eine Milchkuh bester Art war in Ferghanä mit 20 Rub. bezahlt worden'). Der Milchpreis berechnete sich in Margelan auf 75 Кор. für den Eimer?). ‘Als ich bei Sonnenaufgang in Kokan hineinfuhr, überholte ich schon eine Meile vor der Stadt eine lange Reihe von Milch- verkäufern, welche genau so wie die Darstellungen chinesischer Zustände es zeigen Schalen trugen die von beiden Enden einer über die Schulter gelegten Tragestange, an je 3 -Schnüren herabhingen. In Margelan schien die Michprodukzion geringer zu sein. Vor dem Роге Кага -Dshida sah ich die Heerden der Stadt Margelan zum Weiden in die Salzwüste ziehen. Die fünf Abtheilungen ergaben zusammen gegen 600 Köpfe Horn- vieh nebst etwa 50 Schaafen und Ziegen. Der Hüther übernimmt die Haltung der nöthigen Anzahl Stiere, streicht über Sommer 20 Кор. für jede Kuh ein, und bedarf eines Gehilfen auf je 60 Haupt. Zur Zeit der Theuerung des Getreides die im Frühjahr 1878 durch starke Aufkäufe hervorgerufen war stiegen auch die Fleischpreise. Dabei mochte eine Verabredung der Fleischer mitwirken, denn das Fleisch blieb vom Markte zu Margelan fort. Sokam es denn zu genauen Erörterungen welche uns einige willkommene Einblikke gewähren. Gemästetes Vieh, also solches welches der Abgabe «Burdaki-Säket» unterlag, stand, je nach der Qualität, im Preise von 18 bis 40 Rub.; das Jahr vorher zwischer 15 bis 30 Rub. Diese theure Waare welche dem Fleischer mehr Vortheil bringt war selten. Solch’ eines Ochsen Fell wurde zu 4'/, bis 5 Rub. verkauft; Fleisch gab das Thier nicht weniger als 11 Pud und 7 Pud Fett — was also auf ein Lebendgewicht von 1300 Pfund schliessen lässt. Der Ochs der nur 18 Rub. kostet gibt 6 Pud Fleisch minder theurer Güte und etwa 2, Pud Fett, bei höchstens 3 Rub. für das Fell. Er hat also wohl etwa 700 Pfund Lebend- gewicht. Die genauere Untersuchung erwies dass wegen des langen und schneereichen Winters 1877|78 wenig Weidegang möglich war, während die Preise auf die Futtermittel in Folge dessen unmässig stiegen, so z. B. 1877 1878 kostete Luzernheu bis 4!,; bis 10 Rub. das Hundert (jeder Bund zu 8 Pfund) Stroh kostete 40; 80 bis 90 Kopeken. Viel Vieh stürzte aus Futtermangel und vor Frost, nicht nur bei den Nomaden, son- dern auch bei den ärmeren Landleuten. Das Rindfleisch erhob sich im Preise; es kostete 1 Rub. 60 Кор. bis 2 Rub. 40 Kop.; 1) In Kasalinsk mit 25 Rub. — Der Preis für Rind- | schaft kostete Milch fast doppelt so viel und 120 bis fleisch dagegen, das in Kasalinsk mit 5 Кор. bezahlt | 140 Кор. zahlte man für den Eimer (10 Кор. für die wurde, stand in Margelan und durchschnittlich in Fer- | Flasche). Dagegen war dort die Butter billig, 5 Rub. das ghanä nicht unter 6 Kop. Pud. 2) In Kasalinsk, der Russenstadt ohne Landwirth- 288 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. das Fett 3 Rub. 20 Kop. bis 4 Rub. 20 Кор. das Pud, so dass es damals seine grösste Preiserhöhung erreicht hat, Der Yak-Ochse erreicht im Alai seine Westgränze!). Offenbar hindert das winter- liche Hinabwandern der Kirgisen in das zu tief gelegene, warme Ferghanä - Thal die Ein- bürgerung dieses nützlichen Thieres. Durch Einführung des Büffels, der sich in den Schilfniederungen der Naryn-Mündung, bei Balyktschi, Jasawan, Ssary-Kamysch u. s. w. so recht zu Hause fühlen würde, könnte dem Ferghanä- Thale ein nützliches Geschenk gemacht werden. In dieser Be- ziehung wäre aber daran zu erinnern dass wo er in der Krimm und im Kaukasus mit dem Rinde zugleich gehalten mird, man ihm bekanntlich eine sorgfältigere Pflege als dem Rinde gewährt. Die kurze Zeit der strengen Winterkälte heischt um so nachdrücklicher warme Behausungen, als der Büffel sich erst in Beludshistan so ganz zu Hause fühlt. Ist. man in Ferghanä so kommt es Einem nicht so leicht in den Sinn die fürchter- lichste aller Seuchen, die Rinderpest von dort herleiten zu wollen. Sie zeigt sich dort über- haupt gar selten. Die im Jahre 1872 nach Orenburg, Südsibirien und Turkestan entsendete Expedition um die Rinderpest an ihrer Ursprungsstelle aufzusuchen, kehrte mit dem Be scheide heim: «man könne es nunmehr als eine feste Thatsache ansehen, dass die Rinder- «pest, wenn sie in der Kirgisensteppe sich zeige (wobei sie nie heftig auftrete), aus dem «europäischen Russland dahin eingeschleppt werde. Für die Annahme spontaner Entstehung «derselben in den asiatischen Steppen gebe es nicht den geringsten Grund.» Auch in der Baraba suchte ich ihren Ursprung fruchtlos, und alle Nachrichten wiesen auf ihr Hinkom- men aus SW ?). Eine besondere Ursache für verderbliche Viehsterben geben im Ferghanä - Thale die Staubstürme ab. Der sehr verständige Wolostj-Aelteste in (Namangan) Utsch-Kurgan beschrieb mir, wie im Herbste 1877 ein mehre Tage anhaltender gar heftiger Sturm aus NO Alles mit Staub dikk bedekkt gehabt habe, und in Folge dessen ein Sterben über die grasenden Thiere kam so dass '/, aller Pferde, die Hälfte aller Schaafe und gar ?, alles Rindviehes umkamen. Solche Fälle bedürfen der sorgfältigsten Aufzeichnung aller stattha- benden Erscheinungen. | Auch einer zweiten angeblichen Ursache zu Seuchen muss ich erwähnen. Es werden tödtliche diphteritische Erscheinungen am Vieh gemeldet’), welche sich zur Seuche ent- wikkelten und im Zusammenhange zu stehen schienen mit den Auswürfen und dem Schleime welche eine Invasion von ungeflügelten Heuschrecken hinterliess. Sie waren an den Schilf- schossen emporgeklettert waren, die dem Vieh zur Nahrung dienten. 1) Fedtschenko, Путеш. въ Typ. I, 2, р. 159. 3) Турк. ВЪд. 1876, стр. 168. — Das Jahr vorher 2) Bapa6a, Приложене къ XIX тому Записокъ Имп. | (Т. B. 1875, № 35, стр. 112) gab es dort (im Kuldsha- Акад. Наукъ, №2, 1871, стр. 69. Gebiete) ein Kameelsterben. VIEHZUCHT, i 289 С. Das Schaaf, Das Schaaf ist der wesentlichste Gegenstand der Viehzucht der Nomaden Inner-Asiens. Gleichwie das Kameel auf die Dornkräuter und Dornsträucher der Salz- unb Sand-Wüsten angewiesen ist, so das Schaaf, auf die unscheinbaren Grashalme, auf die Salzkräuter, die Artemisien und das Blattwerk des minder bewaffneten Krüppelgestrüppes. Im Benagen von Aesten und Rinden sah ich dasselbe den Ziegen es gleichthun. Im Ganzen wundert man sich und könnte es kaum begreifen wie sich das Thier in der (beispielsweise öden Karakum-)Wüste nährt, und gar fett wird, wenn nicht überall das Salz sichtbar würde. Ohne Salz keine Schaafzucht, keine Viehzucht irgend welcher Art! Wenn unsere Staatsmänner das doch endlich beachten wollten. Die mittelasiatischen Kulturoasen kennen kaum ein anderes Fleisch als das Schaaf- fleisch, daher bieten sie den beständig heisshungrigen Markt für die unzähligen Tausende von Thieren welche von allen Seiten her, aus den Wüsten ihnen zugetrieben werden. Um Absatz ist der Nomade nie verlegen. In jedem Dorfe giebt es Fleischerbuden. Wir haben kennen gelernt (Seite 251) mit welcher Kennerschaft die Schaafe in den Städten mit Oelkuchen u. d. m. gemästet werden; auch sieht man stets kleinere Häuflein auf Luzernstükken fett- gräsen. Das Fett ist um so unentbehrlicher als es die ganz fehlende Butter auch zu erset- zen hat. Die Felle bilden die Grundlage für die Thätigkeit der unzähligen Gerbereien durch welche sich Mittelasien auszeichnet. Dem Ferghanä-Thale werden die Schaafe grösstentheils von Norden her, über das Ge- birge durch den Kreis Namangan (vergl. p. 19, Anm. 2) zugetrieben, und greift der Bezug dieses kleinen Thales sogar weit nach Ssemiretschje hinein, von wo ein Theil der Verkaufs- heerden jedoch bei Ferghanä vorbei bis nach Kaschgarien sich begiebt. Diese nördlichen und westlichen Heerden genügen nicht ein Mal um Buchara zu versorgen das seine Schaafe von südlichen Ländern und sogar aus Hissar bezieht'). Allerdings zieht auch Europa Keinen geringen Theil der Schaafe Westasiens in seinen unersättlichen Strudel. Am Ssyr wurde ich durch das Zusammentreffen mit russischen Auf- käufern überrascht, welche mit der Post heranfahrend und von Standort zu Standort der Kirgisen reitend, mit ihren Aufkäufen bis oberhalb Fort Perovskij hinaufreichten. Sie kauften im Auftrage von Orenburger Händlern und hatten die Thiere mit 4 bis 41, Rubel bezahlt, obgleich ich in Kasalinsk auf dem Markte nicht über 4 Rub. bezahlen sah. Sie wollten 45 Tausend Häupter zusammengekauft haben. Die neugewonnene Sicherheit in den Steppen hatte offenbar diesen Handel hierher gelenkt. Es war Februar; unzählbare Heerden wurden uns entgegengetrieben, nach Samara 1) Type. ВЪд., 1875, № 2. Mémoires de l’Acad. Imp. des sciences, VIIme Serie, © = 290 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. wandernd, wo das Fleisch gesalzen, die Hauptsache aber, der Hammeltalg für den auslän- dischen Handel geschmolzen wird. In Ferghanä ging der Preis der aus erster Hand gekauften Schaafe zur Zeit des Herantreibens der Verkaufsheerden nicht über 21/ bis 3 Rub. hinaus’). Zur theuersten Zeit, zu Anfang Mai galt ein Jährling 3 bis 4, Rub., ein zweijähriges 5 bis 7 Rub. Auf der ganzen Wege-Strekke sah ich nur Fettschwanz-Schaafe, welche auch um die Mitte des Mai an ihrem Anhängsel schon schwer zu tragen hatten. Die braune Farbe, offenbar die primitive, herrschte allerdings vor und es zeichneten sich unter solchen viele die die echte gelbbraune Färbung der Rasse hatten, durch einen schwarzen Kopf aus. Indessen wiesen zahlreiche untermengte Thiere aller Farben, wie #. В. schwarz, weiss und geschekkt, auf stattgehabte Mischungen hin. Je mehr ich mich Taschkent näherte desto zahlreicher wurden Fettsteiss-Schaafe, ganz weisse Thiere. Hier auch sah ich als einzige Ausnahme einen Bokk mit freilich sehr schwachen Hörnern. Auf welche Mischung mochte das deuten? In Ferghanä weideten die Kirgisen noch während des April ihre Schaafe in den Vor- bergen. Zum Sommer ziehen sie auf die Weiden des Hochgebirges fort. Bei der sorglosen Haltung der Schaafe die sich nicht weiter als bis zum Aufsuchen eines Windschutzes hinter Barchan-Dünen, am unteren Ssyr höchstens bis zur Einhegung mit Schilfwänden versteigt, macht es einen sonderbaren Eindrukk einzelne Schaafe mit warmen Kleidungsstücken umhüllt zu sehen. So, in wollene und Filzlumpen aller Art ein- genäht, gab es nicht selten welche, inmitten grosser Heerden. Freilich war es zu Ende Januar, in der strengsten Winterzeit. War es nur vorsichtige Berükksichtigung welche ärmere Kirgisen ihrem Eins und Alles zukommen liessen? So glaubte ich den Hüter ver- stehen zu müssen. Waren diese Individuen etwa zu spät im Jahre geschoren worden? Oder wurde mit dem Felle etwas Besonderes beabsichtigt? Denn für Ausstellungen werden ja auch in Europa die Thiere in derselben Weise gehätschelt. | : Mit grösstem Rechte legt Kostenko?) besonderen Nachdruck darauf, dass in der Ver- besserung der Schaafzucht der Nomaden sich der Einfluss Russlands am segensreichsten äussern könnte. Man bedenke die Millionen Köpfe denen ein doppelt so guter und doppelt so reichlicher Wollpelz angezüchtet werden könnte, denn vor zehn Jahren wurde das Pud Wolle nur mit einem Rubel, das von Jungschaafen um '/, mehr in Taschkent bezahlt. Nicht mehr als 2°, Pfund soll ein erwachsenes Thier im Frühjahr, noch halb so viel Wolle bei der zweiten Schur geben. Nur ein paar Jahre später hatte die Wolle des Turkmenen -Schaafes, das doch gleichen Unbillen ausgesetzt wird, einen Preis von 3%, Rub.’), weil zarter und reiner, so dass sie in die sibirischen Tuchfabriken verlangt wird. 1) Man rechnete den Preis des Felles etwa einem | 9 Rub. zu haben; bessere und feiner gearbeitete, mit Zehntheile des Gesammtpreises gleich. Halbpelze wie sie | schwarzem Vorstosse wurden mit 12 Rub. bezahlt. der Soldat trägt wurden zu 5 Rub. ‚geliefert; bessere 2) Средняя Asia, 1871, стр. 186, 235. kosteten 8!/, bis 9 Rub. Gewöhnliche grosse Ueberwurf- 3) Туркест. B&ı. 1875, № 24. pelze wie die Postknechte sie brauchen waren nicht unter VIEHZUCHT. 291 D. Die Ziege. Ich habe weiter unten (p. 301) gelegentlich erwähnt, dass ich in Ferghanä Gelegenheit fand Ziegen hoch in den Aesten eines schief gewachsenen Baumes zu sehen, die Rinde meisterhaft abschabend. Diese Vernichterin des Baumwuchses kann von den baumpflanzen- den Sarten nicht geduldet werden. Indessen traf ich sie doch auf dem Basar von Margelan, wo eine Ziege sammt ihrem zweiwöchentlichen Zikkel für 2'/, Rub. feilgeboten wurde. Die Milchmenge von drei bis vier Ziegen wurde derjenigen einer Kuh gleichgeschätzt. Etliche Ziegen befanden sich in der städtischen Heerde Margelans. Auf den das Thal umgebenden Höhen waren in den Heerden schon mehr Ziegen zu sehen, zumal als Führer der Schaafheerden. An ihnen zeigte sich nichts Besonderes, namentlich nichts von jener Gestalt, welche verrathen hätte dass die Ziege südostwärts, im anstossenden Ost-Turkestan als Lastthier benutzt wird. Sie waren vorwaltend von grau- röthlicher Farbe. Einer Notiz schreibe ich nach, dass sie bei einmaliger Schur im Frühjahr etwa 17, Pfund Wollhaar geben sollen, die im Haushalte verbraucht wird, und wohl !}, Pfund Pflaum- wolle die zu 5 Rub. das Pud verkauft wird. Sie dient zur Anfertigung jener Spinneweben- Tücher mit denen jede der zu Orsk näher liegenden Stationen lem Reisenden aufwartet der aus Orenburg kommt. Einzelne Ziegen schienen einer veredelteren Kreuzung anzugehören, denn bei Woadilj sah ich welche bei denen sich in Folge des Regens das Haar auf der Mittellinie des Rükkens so stark gescheitelt hatte dass die Mittellinie vollkommen nakkt erschien. Dadurch werden wir daran erinnert dass Ferghanä im Angesichte jener Ziegen liegt, welche die köstlich feine Kaschmir-Wolle und Kaschmir-Felle liefern. Forsyth hat uns darüber belehrt, dass diese Ziegen keineswegs im Himmälaya sondern an den Nord- hängen der hochebenen Gebirge zu Hause sind, welche das an Ferghanä stossende Tarym- bekken südlich begränzen. Die Wolle wird nur nach Kaschmir geliefert und dort ver- arbeitet. Zweifellos lässt sich voraussetzen dass diese Ziege eben so gut auf den Pamir- und Alaj-Höhen gedeihen müsste. Dort, fern von stämmigem Baumwuchse könnte jene Abart mit unberechenbarem Vortheile gezüchtet werden, während aus dem Ferghanä- Thale überhaupt jegliche Ziege, geschweige denn die gemeine, verbannt bleiben sollte. Höchst lehrreich ist aber die von Majev') aufgefrischte Geschichte der versuchten Verpflanzung der Kaschmir-Ziegen in die Gebirge SW-Sibiriens, in den Altai, an die Buch- tarma; lehrreich, denn sie hebt einen der vielen Fälle vor, die sich bei uns immer von Neuem wiederholen, dass an sich treffliche Projekte, nur Glücksrittern als Folie dienen 1) Матералы для статистики Туркестанскаго Края, 1876, IV, стр. 90. 292 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. müssen für ihre eigensüchtigen Absichten, und damit auch die Sache selbst todt gemacht wird. Dieses Mal verhielt es sich folgendermaassen. Im Jahre 1817 verlautete eine von der französischen Regierung unternommene Ein- führung der Kaschmirziege, deren Ausführung von der tausendzüngigen Fama so weit auf- gebauscht wurde, dass es hiess, es seien schon 1300 solcher Thiere nach Mariupolj her- angetrieben, um von dort aus nach Frankreich verschifft zu werden. Als Gegenstükk dazu wurde im Jahre 1819 unter grossartiger Ausrüstung, mit reichen Mitteln versehen, aber in geheimnissvolles Gebahren verhüllt, ein hoffnungsvoller Dr. Sal- vatori, mit einem Sprunge aus einem Nichts zum Collegienrath ernannt, mit einem Se- cretär begabt und gen Semipalatinsk gerichtet. Er gelangte bis Buchtarminsk, erfuhr dort dass Schaafe mit weicher gewellter Wolle, aus dem an China stammenden Kreise Bijsk herstammend, die man nach dem ähnlich gelegenen Smeinogorsk überzuführen versucht hatte, alsbald ausgeartet waren!) — und kehrte nach Petersburg zurükk. Nun machten sich örtliche Kaufleute anheischig mit einer Karavane nach Tibet zu gehen, aber der für die Reise Erwählte wies nach, dass auch der Herrscher von Kabul, Temur-Schah zu Ende des 18. Jahrhunderts diese Akklimatisirung versucht habe, aber sowohl dort als in Kaschmir selbst sei der Versuch missglükkt und schon in 3 Jahren sei die Wolle der Thiere ausgeartet ; sie seien krank geworden und krepirt. Dagegen unterlegte Derselbe dem Finanzminister (Gurjev) ein Projekt, не Wolle aus Tibet zu beziehen und in Petersburg еше Fabrik zur Verarbeitung derselben auf Kosten des Staates zu errichten, zu der die Meisterleute, Mustergeräthe begleitend aus Kaschmir angeworben werden sollten. Wiederum wurde der Mann sprungweise zum Hof- rath ernannt, wurden ihm 100 Dukaten für jedes Pud Wolle, 1000 Dukaten für jeden Weber zuerkannt den er bringen würde, wurden ihm 2001 Rubel zum Ankauf turkmenischer Hengste (!) mitgegeben. Er reiste ab, aber erst 1822 erfuhr man, er sei drei Tagereisen vor Kaschmir gestorben. Seine Baarschaften waren spurlos verschwunden. Wie ganz anders liegen die Umstände jetzt; wie leicht wäre es jetzt, sich solche Thiere zu verschaffen. Doch die Zucht zu leiten bleibt so schwierig wie früher. Unter einsichtsvoller Einleitung und Ueberwachung könnte sie offenbar nur von einem Kara-Kirgisen nebst Frau Liebsten (vergl. Taf. VII) zu glükklichem Erfolge geführt werden. Gar viele Dukaten wären dazu nicht nöthig, und des Versuches werth wäre es gewiss. 1) Herr Majev geht. entschieden fehl wenn er das als | weisen. Schade dass man nicht den Versuch anders ge- eine sehr beachtenswerthe Thatsache ansieht. Entweder | macht. Der Korb musste höher hängen und versprochen waren Fehler bei der Haltung begangen worden (wie werden: das Kollegienraths-Patent sei von dem Horn etwa Einstallung der Thiere), oder die Mittheilung wurde | einer Kaschmir-Ziege herabzuholen. geschmiedet um die Unnöthigkeit der Weiterreise zu be- à VIEHZUCHT. 293 Е. Das Kameel. Schon am Aral-See kommt der Reisende mit dem Kameel zusammen, das ihm in den Sandpartien als legale Aushülfe für die abgematteten Pferde angeboten wird. Es ist ein son- derbares Ding um solch ein Dreigespann dieser vorweltlichen Gestalten, mit ihren klugen aufmerksamen Augen, die aber nichtsdestoweniger mit so ächt orientaler Apathie stieren können; mit ihrem Schwappen des Kopfes und Halses um sich in den Schwung schnellerer Gangart zu setzen: mit ihren unsäglich hässlichen dürren Schenkeln, die mit geziertem Trippeln dem begegnenden Räderfuhrwerke seitwärtstretend auszuweichen beflissen sind; mit ihren dikken über Rükken und Kreuz als Frostschutz gedekkten Filzlagen, die der Po- stillion jedes Mal aufheben muss um dem Thiere einen Gehörigen mit der Plette beibringen zu können. Drei Pferde leisten die Fahrt wohl doppelt so rasch — aber sicherer ist es mit dem Kameel, will man nicht stekken bleiben. Entsetzlich ist die Disharmonie der kreischen den, gurgelnden Jammertöne mit denen es ohne alle Noth sich zu unterhalten beliebt. Es ist eben ein spukkendes gespenstisches Thier dessen Gebahren nicht in die Jetzt- welt hineinpasst. Der Kirgise hat es noch mehr zu verunstalten gewusst indem er vom lin- ken Nasenloch aus, schräg nach rechts empor durch die Nasenscheidewand ein Loch stösst durch das er das Leitseil zieht das über dem rechten Nasenloche dikk zusammengeknotet ist. Wohl hat man dann Mitleid mit dem armen Thiere wenn es schreiend ächtzt. Blut und Eiter am zerrenden Leitseile verrathen wie argen Schmerz esleidet. Hier an der Nordgränze. seines Vorkommens, im Sommer bis nach Omsk hinaufrükkend — sehen wir das zweibukk- lige Thier in seiner verkommensten Rasse. Soll nun nicht ein Jeder — und sei es auch der Freisinnigste, dafür stimmen dass ein Machtwort das Durchbohren der Nase verbiete? In Kurzem wird der frühere barbarische Brauch dann vergessen, die Behandlung gemildert sein. Bekanntlich sieht man weiter südlich die schönsten Thiere. Khiwa und Buchara sind für solche berufen. Es sind jene mächtig grossen einbukkligen Dromedare, mit langem Mäh- nenschopfe am unteren Halsansatze, welche durch ihren Wuchs imponiren. Putz und Ge- gensatz thuen dabei das ihrige. Glokkengeläute ertönt in der Wüste. Es ist eine grosse Karavane die aus Buchara nach Orenburg geht. Voran den Zug führend ein zwergiges Eselein'), so klein dass der wohlgewachsene, in wilden Schaafpelz gehüllte Buchare der auf ihm reitet die Knie so hoch in die Höhe he- ben muss dass sie den Bart stützen. Dennoch muss der Zwerg auch zwei Quersäkke tragen, über welche der Kerl sich gesetzt hat, dennoch muss er, vorantrippelnd die Gangart der 1) Nur 36 bis 38” hoch. 8 Pud gleich wie einem Last- | muss die Hälfte davon ihm abgenommen werden. pferde werden ihm zugemuthet; auf weiten Reisen aber | 294 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANÄ. Karawane bestimmen. Hinter ihm her schreitet gravitätisch das riesige Leitthier, am Half- ter mit vielem Buntwerk tanzender, vielfarbiger Troddeln geschmükkt; am Halse aber eine fusslange Glokke, die im tiefsten Bass den Takt schlägt. Hinterdrein die unzählige Reihe von tausend und mehr, im Gänsegange daherschreitenden Kameelen, mit geringerem Half- ter und kleineren Glokken. Hoch oben wanken im Sattel die Treiber, breit spreitzen sich die oft bis fast an die Erde reichenden Bailen. Die Halfter genügen, nicht ein Nasenloch ist durchbohrt. Sieht man nun mit welcher Sorgfalt nicht паг zivilisirte Bucharen, sondern auch Kir- gisen die gegen die Winterkälte zumal aber Schlakkwetter empfindlichen Dromedare in dikke Filze einnähen, aus deren Schlitze nur der Fettpolster des Hökkers hervorgukkt; sieht man wie das, gleich dem Distelfresser, dem Esel, sonst auf Dorngestrüpp angewiesene Kameel gelegentlich auch mit Oelkuchen ') traktirt wird; sieht man die Sorgfalt mit der die Lagerstelle des Kameels bis auf den Boden von Schnee gesäubert wird, damit sie nicht nässe — so gewinnt man die Ueberzeugung dass es nicht schwer wäre diesen sorglosen No- maden in einen fast zärtlich besorgten Viehzüchter umzuwandeln. Besondere Aufmerksam- keit wird dem Kameelkalbe gewidmet, das ich nicht nur in Bekleidung eingenäht, sondern überdiess in das Zelt hineingenommen antraf. Hier drängt sich mir die Frage auf ob das richtig sein dürfte was Wilkins aus Buchara berichtet: dass das Kalb welches einer Kreu- zung zwischen beiden Kameel-Arten entspriesst stets nur einbukklig ausfallen soll. Nicht so sehr die 40 bis 60 Rub. die das Kameel kostet scheinen die Sorgfalt des Kir- gisen zu wekken, nicht so sehr der Gedanke an den Verlust der Wolle die das Thier giebt, und die das ganze auf Filze aller Art begründete häussliche Getriebe des Kirgisen beherrscht — als der Gedanke an den möglichen Verlust des höchsten Gutes das ег kennt: der Wan- derfreiheit. Nur so lange ihm der Dromedar zur Seite steht kann der Ferghanä-Nomade seinen Haushalt auf den schwierigen Pfaden des Felsgebirges hinauf zu den Alpen-Matten, zu den Hochebenen schaffen, auf denen allein er frei athmet, auf denen allein er sich glükk- lich fühlt, gleich dem europäischen Aelpler. Der Tag des Aufbruches ist der höchste Fest- tag im Jahre, den der Kirgise im höchsten Schmukke seiner selbst, seiner Familie und seiner Lastthiere antritt. Alles jubelt. Nicht nur das Kleinvieh, sondern auch das riesige Kameel flüchtet für die 3 bis 4 Som- mermonate hinaufins Gebirge, vor dem stechenden Insektengeflügel, unter dem wohl das klein- ste «Tschimyn» genannt, wohl das schlimmste sein soll. Wahrscheinlich dieselben Moski- to’s die sogar im Herbste meinen armen Rennthieren in den Gebirgen am Ochotskischen Meere so arg zusetzten. Vor dem Pfluge habe ich das Kameel nicht allein angespannt gesehen. Es könnte mit 1) Zu 1 Кор. das Pfund in Margelan. lau genannt: 2) In Ferghanä, gleich wie in der Krimm Dshaj- Das Ноги. 295 bestem Nutzen zur Bearbeitung der Felder benutzt werden, da man es doch schon im europäischen Russland dazu!) verwendet hat. V. Раз Holz. я Gleich wie die Befriedigung des Nahrungsbedürfnisses den sesshaft gewordenen Orien- talen zur Herstellung seiner Bewunderung erregenden Bewässerungen drängte, so lehrteihn ‚auch das Schmachten nach Schatten und Luftfeuchtigkeit den Baum heilig halten: der Baum weiht den Todtenakker, die Medresse. Unter jener brennenden Sonne, in jener kontinenta- len, so dürren Luft dass die sengenden Strahlen von keinen Dunstbläschen gemildert wer- den, mit einem Worte, unter jenem Himmel dessen Luft nicht nur quälenden Durst erregt, sondern selbst dürstet, gehört der Schatten dichtbelaubter Bäume nicht mehr zu den Ge- nüssen des Luxus ; jeder Bettler macht Ansprüche an ihn. Wie sollte der Orientale den Baum auch nicht heilig halten da er doch auch im sonnesuchenden Norden mit dem Kultus und der Poesie des Heidenthums im engsten Zusammenhange gestanden hat. Sogar der sich ansässig niederlassende Usbek beginnt in Ferghanä Bäume zu pflan- zen und zu pflegen. Nur der noch nomadisch wandernde Theil seiner Stammesgenossen tür- kischen Ursprungs missachtet, plündert die Baumwelt. Je heisser die Sonne brennt, desto behaglicher strekken sich die trägen Glieder eines solchen Nomaden. Ziehen viele ihres Stammes zum Sommer höher hinauf zu den Alpenmatten, so geschieht das dem Vieh zu Liebe das in der Steppendürre verhungert. Die völlige Baumlosigkeit der Thalmulde Ferghanä selbst, im Angesichte kühler Ge- birgswaldungen; das Bedürfniss nach Bau- und Nutzholz, und Brennmaterial; die Leichtigkeit mit der, bei gegebenem Wasser, die Bäume, zumal aus Stekklingen, einwurzeln; die augen- ansehnliche Raschwüchsigkeit, haben es im Verlaufe der Zeiten dazu gebracht dass im Oriente dort wo der ermüdete Wanderer in der unbegrenzten Steppenniederung endlich hocherfreut der Waldungen ansichtig wird, er darauf rechnen kann dass es nur der Schirm der Kultur-Oase ist den er erspäht hat. Ein Dorf oder eine Stadt betten sich unter diesem Laubschutze. Hier umpflanzt sich der Mensch im dichtesten Stadtgewühle mit Wald, wäh- rend der Nordländer, gleich dem Bewohner heisser, aber luftfeuchter Klimate, Mühe hat unter Beihilfe seiner Bundesgenossen, der Axt und des Feuers, Herr zu werden der spon- tanen Waldwüchsigkeit des Bodens. Konnte es da anders ausfallen als dass der nordische Sieger da er nach Turkestan vordrang, in dem heiligen Baume des Südens doch nur den 1) Землед. Газ. 1876, № 9. о en BE Е ЛА НАТ ня ar ae 5 ЕЕ, + 2 3 ” FE 296 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. alten heimischen Feind vor sich sah? Er verwüstete, gleich wie er es daheim gewohnt ge- wesen. Schon manche Stimme hat, ächzend und Unheil rufend, uns das im Drukke verkün- det'). Mit den schlimmsten Befürchtungen reiste ich aus. Grosse Befriedigung gewährt es mir Besseres melden zu können als zu befürchten war. Sehen wir ab von der Zeit des stets bösen Kriegsgewühles, so haben sich die Russen in Turkestan, bezüglich des Holzes rasch ernüchtert. Die Noth der Theuerung ist auch hier die eindringlichste Lehrmeisterin gewesen. Geflissentlich wird wohl nichts mehr unnützer Weise vernichtet, aber allerdings verzehrt das Feuer das die leichtsinnige verschwenderische Gewohnheit anfacht, noch vielfältig Holzmassen, mit denen der Eingeborene zu geizen ge- wohnt ist, Schmerzerfüllt ruft ein Berichterstatter aus?), dass die Garnison in der Zitadelle zu Ssamarkand für sich mehr Holz verbrauche als die ganze, so volkreiche Stadt. Dieses und Aehnliches ist nur zu wahr; es verlangt die gespannteste Beachtung, zu- mal der unvermeidliche Verbrauch an Bau- und Nutzholz, dessen der höhere Kulturzustand eines Staates bedarf, ein vielfach grösserer ist als früher genügend erschien. Nichtsdestowe- niger steht es nicht so schlimm wie nicht selten sentimental berichtet wird. Des Beispieles wegen, um zu zeigen wie ich das verstanden haben will, erwähne ich nur des Vergnügungs- wäldcheus Min-Aryk in der Hauptstadt Taschkent selbst. Wörtlich übersetzt sind das die «Tausend Aprikosenbäume». Riesen ihres Geschlechtes sind es, und welcher Lärm würde sich nicht darüber erheben wenn man diese, bis 2’ und mehr dikken, hoch in die Lüfte ra- senden, bisher fast heilig erachteten Greise ihrer Art über Nacht niederschlüge. Nichts- destoweniger hätte ich, der Waldfreund, nichts dagegen, denn sie sind überständig, manche: schon verdorrt, ап vielen stehen hässliche trokkene Astspiesse hervor; sie tragen keine Früchte mehr, mit einem Worte sie sind abgelebt. Sie müssten allgemach weichen; an ihren Verbrauch würde ich aber allerdings die Bedingung des Ersatzes durch Anpflanzung einer zehnfach so grossen Anzahl knüpfen. Man stosse sich eben, mit seinen europäischen Begrif- fen, nicht an dem Gedanken, das Holz edler Obstbäume für den Ofen zu bestimmen. In Taschkent nimmt das zum Verbrennen bestimmte Aprikosenholz eine wesentliche Stellung auf dem Markte ein. Das ist völlig in der Ordnung. Ferghanä ist in der glükklichen Lage nicht allein auf die gepflanzten Bäume ange- wiesen zu sein; natürliche Gebirgswaldungen umgeben das Thal ringsum; mit alleiniger Aus- nahme seines Eingangsthores. Doch betrachten wir uns die gepflanzten Bäume zuerst. Diese empfangen uns zur Zeit der Entlaubung mit dem widerwärtigsten Eindrukke, in so weit durch sie der Karakter der Landschaft bestimmt wird. Die Wege, die Begränzungen der Aussengärten sind, die Wässerungskanälchen entlang 1) Schuyler, Turkistan, 1876, I, р. 102. — Choro- | стр. 177). schchin 1. c. р. 79. — Kostenko (Средняя Asia, 1871 2) Турк. ВЪд. 1876, № 4, стр. XLI. Das Ноги. 297 in einförmiger Geradlinigkeit zu quadratischen Land-Flikkchen umstellt, überall mit Maul- beerbäumen bestekkt. Was solch ein stets von Neuem geköpfter Maulbeerbaum sagen will dem man immer wieder von Neuem die Blätter abgestreift hat, um sie den Seidenraupen zu verfüttern welche die Industrie des Landes beherrschen, das mag ein Blikk auf nachste- henden Holzschnitt lehren. Welche Rolle aber diese traurigen Gestalten im östlichen Asien spielen, erläutert die Unthat jenes chinesichen Rebellen der das Land nicht schlimmer zu strafen wusste als durch das Umhauen aller Maulbeerbäume. Maulbeerbäume im März. Mit solchen Krüppeln ist wie gesagt die Umgebung der Ortschaften besetzt; sie leihen der Landschaft ihren Karakter. Immer und immer wieder derselbe Anblikk von Baumge- rippen, welche den Landmann an Heugabeln erinnern mussten, so dassim ganzen Lande das Grünfutter, zumal die Maisstengel hoch in diesem Geäste zu Schobern aufgestapelt wird; häufig um es vor den Wildschweinen zu sichern. Sogar unseren alten Bekannten, die Baum-Weide verunstaltet das andere Motiv, die Holznoth ganz in derselben Weise. Das nachstehende Bildchen mag es zeigen, dessen Ori- ginal vereinzelt gegen die Wüste Vorposten stand. Auch die darauffolgende Weide ehrwürdigen Alters war dem Schikksale der Verstüm- melung nicht entgangen, obgleich sie mitten im Hofe des ansehnlichsten Hauses im Dorfe stand. Bei 2” Durchmesser des Stammes war dieser nur 8Y/, hoch, schikkte aber den 35’ langen horizontal verlaufenden Ast über die Mauer des Gehöftes hinaus. Saftige Schosse besetzten die Oberseite dieses Astes; wie das hier dargestellt ist. Mémoires de l'Acad. Пир. des sciences УПше Série. 38 298 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Und der gerühmte Schatten, wird man fragen, wo ist der zu suchen? Geköpfte Weide am Rande in der Wüste Ha-Derwisch. Auch der, wir wollen es rasch eingestehen, entspricht in seiner Gesammtmasse keines- weges unseren Begriffen von landschaftlicher Schönheit, denn der Karakter des in den Dör- Weide im Dorfe gegenüber Ssary-Kurgan. fern gepflanzten Nutzholzes das sich aus weiter Ferne als Wald gibt, stellt in Bezug auf den Wuchs der Bäume im Grossen das dar, was die emporstrebenden Schosse auf dem Rükken der zuletzt dargestellten Weide andeuten: es sind schlank und wüchsig, gerade in die Höhe Gi a En LU 5 Das Нот. 299 sich rekkende Gestalten, beispielsweise an unsere Espen und Birken erinnernd die als Stan- genholz in dichtestem Schlusse emporwuchsen. Eine Espenpappel die ich maass, war bei der Dikke von nur 6 Zoll, fast 60. Fuss hoch. Noch einsichtlicher mag das durch die hier mit- getheilte Photographie vor Augen geführt werden. Die Ursache so unschönen Wuchses der nur durch untermischtes Nadelhoiz gehoben werden könnte das aber völlig fehlt, liegt eben sowohl in der geilen Wüchsigkeit der, gleich Pilzen, emporschiessenden Pappeln und Weiden, als auch in der von Natur pyramidalen Form der hier heimischen Arten, zumal aber der durch ihre tiefeingeschnittenen schönen Blätter vor allen anderen Arten im Laube imponirenden Silberpappel, die nicht mit der unsrigen verwechselt werden darf. Und da wir nun ein Mal dabei sind auch etwas lobenswerthes über diese Bäume sagen 38* 300 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. zu können, so wollen wir noch hinzufügen dass sie vor unserer Baumvegetation sich durch die ausserordentliche Reinheit ihrer Rinde auszeichnen. Die Dürre lässt kein Moos zu. Die Espenpappel die der eingewanderte Russe mit unserer in Ferghanä nicht vorkommenden Espe verwechselt, hat überdiess eine so hell glänzende Rinde, dass ich oft habe in die Höhe schauen müssen, um mich davon zu überzeugen dass ich keine Birke vor mir hatte, zumal ihr unterstes Stammende im Alter ebenfalls Borken ansetzt. Es dürfte hier am Platze sein, bei einer gleichfalls in die Augen fallenden Eigenthüm- lichkeit dieser Pappeln stehen zu bleiben: es ist das die wellig hin und her geschwungene Form der Gipfeltriebe und Aeste, welche nur an dikkeren Stämmen sich ausgleicht. Unsere Photographie, die wir H-rn. Smirnov verdanken weist dieselbe in schlagender Weise auf. Dieses Geschwungene schrieb ich dem raschen Wachsthume unter dem Einflusse der Winde zu. H-r Smirnov hat aber, bei Gelegenheit eines dreitägigen Sturmes in Kokan (August, 1878) Gelegenheit gefunden zu beobachten dass es eine komplexe Erscheinung ist, bedingt durch verschiedene Wiederstandsfähigkeit der noch krautartigen frischen Schüsse und an- dererseits der schon im Verholzen begriffenen Asttheile. Diese werden durch den Wind ge- beugt und hält der Wind als Sturm an, so verholzt unterdessen die Stelle der Hauptbeu- gung, während der krautartige Gipfleltrieb durch seine vollkomenere Elastizität, bei gerin- serer Belaubungsfläche, seine gerade Strekkung beibehält. Da aber dieser Gipfeltrieb nun durch jene verholzende Beugung in schräge Stellung gerathen ist und beim Weiterwachsen bestrebt ist senkrecht in die Höhe zu gehen, so bildet sich die in Rede stehende geschwun- gene Form aus. Am liebsten werden die Stekklinge, diejenigen der Maulbeerbäume nicht ausgenommen, als fingerdikke, nur fingerlang aus der Erde hervorgukkende Setzlinge in den Boden gesetzt; ist aber die Wässerung ausreichend, und damit sie es sei werden die Stekklinge gern in den Grund kleiner Gräben hineingepflanzt, so hat man es gar nicht zu scheuen 2—3 bis 5 Zoll und mehr, dikke Stangen, 3 Faden und mehr lang einzupflanzen. Die Vorsicht mit der ich in Kasalinsk das obere Ende des Stummels mit einem Heubündel und einem Lappen über- bunden sah, scheint sogar unnöthig zu sein. Die Stangen bewurzeln sich kaum glaublich rasch. Ich sah auf meiner Hinreise 10° hohe, Zolldikke Stangen in die Erde stekken, und als ich 9 Wochen später zurükkehrte hatten sie nicht nur arschinlange Aeste getrieben, sondern diese waren schon so dicht belaubt, dass sie mir Schatten boten. Jährlich wächst der Stamm von Hause aus um 1 bis 2 Zoll Dikke. Der Löss ist dem Baumwuchse so günstig dass Pappeln in zehn Jahren fast eben so viele Zoll dikk und halb so viele Faden hoch wer- den. Nur die Maulbeerbäume !) bedenken sich lange; dann aber schiessen sie mächtig. Man lasse aber nicht ausser Acht dass sie auf Feldrändern stehen, wo ihnen Dungtheile zu gut kommen, wie das dieser Baum besonders gern mag. 1) Nach Schuyler (I, р. 195) werden 4 Varietäten | (1876, р. XXXT) belehrt uns dass es deren 10 giebt. desselben unterschieden. Ein Artikel in den Typ. ВЪд. Das Ноги. 301 Ich untersuchte die Sägefläche mehrer Maulbeerbaum-Stummel, die frischgefällt eine gelbliche oder bis zu Braun dunkelnde Farbe haben, und fand die Jahresringe meist etwa °, aber auch bis 2” breit. Dieser glükkliche Stamm, der als Fruchtbaum dem Entblättern entgangen zu sein schien, hatte in 46 Jahren die respektable Stärke von fast vollen 3 Fuss im Durchmesser erreicht. Einem dikkeren bin ich nicht begegnet. Ein zweiter 2° 1” dikker Stamm hatte offenbar in seiner Jugend den Seidenwürmern opfern müssen, denn im Inne- ren fand sich eine 2” weite Höhlung, von gegen 10 sehr schmalen Jahresringen umgeben; danach erreichten die Ringe bis У.” Breite, aber der Wuchs nahm nach dem 45-sten Jahre schon wieder ab. Im Ganzen hatte dieser gemisshandelte Rivale des vorigen, 77 Jahre ge- lebt und doch nur 7, der Stärke desselben erreicht. Der Stammdurchschnitt einer 3 dikken Pappel hatte auch nicht breitere Anwachs- ringe aufzuweisen, aber in nur 22 Jahren doch 2!// Durchmesser erlangt. Im Ganzen war er 60 Jahre alt. Bei einem Alter von 40 Jahren verlangsamte sich das Wachsthum bedeu- tend. Sogar an einem Aprikosenbaume зай ich Jahresringe bis zu '/,” breit. Wir Europäer die wir gewohnt sind die Bäume des Pappelgeschlechtes, die Espen, die Weiden, als Forstunkräuter zu verachten, lernen im Orient ihnen unsere Voreingenommen- heit abzubitten und uns dessen bewusst zu werdeu, wie viel wir dort vergeben, wo wir es unterlassen Waldblössen, mit den so leich fortzubringenden Stekklingen dieser weichen Holz- arten rasch auszufüllen, so lange wir uns ausser Stande schen dieselben mit edleren Arten su besetzen. Es war eine Freude zu sehen wie die Strassen der erstehenden Haupstadt Neu-Mar- gelan mit kräftigen Stangen bestekkt wurden, wohl zu Dutzenden von Tausenden. Im Schat- ten vorangegangener Pflanzungen der Art in der Russenstadt Taschkent hatten wir die Wohlthat schätzen gelernt'). Nicht zu übersehen ist allerdings der besondere Nutzen den die Ruthen der als Kopf- holz behandelten Weiden dem Orientalen gewähren. Ihr Pflechtgewebe festigt nicht nur Mauern, sondern bildet namentlich die Grundlage der Lagen und Dächer seiner Behausungen. Am schwierigsten haben es die Baumpflanzungen dort wo, ringsum das Thal herum, der Nomade beginnt sesshaft zu werden. Ich wurde an die Ansiedlungen des sibirischen Nordens erinnert, wo die Anspannhunde weder die Schafzucht noch die Geflügelzucht aufkommen lassen. Unvorsichtiger Weise hatte ich meinen wohlgenährten Gebirgsklepper an einen fuss- dikken Maulbeerbaum gebunden, unterdessen ich steile Anhänge erklomm. Als ich zurükk- kehrte waren nicht etwa nur die Schösslinge und Aeste vernichtet, sondern der Baum, so weit irgend erreichbar entrindet, ja der Splint abgeschabt: ein schwaches Bild dessen was 1) In einem offiziellen Berichte (пояснительная за- | senden der Art bei Tschimkent gepflanzten Stekklingen писка, Kb проекту, стр. 12) ist von vielen Hunderttau- | die Rede. Einem Unternehmen das gelungen sein soll, 302 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. das Hornvieh, die Schaafe und nun саг die Ziegen dort leisten. In den Kronen einer uralten gekrümmten Weide sah ich zwei Ziegen verwüstend umherklettern. Durch Umbinden der Stämme die ausserhalb der Mauern stehen, mit Stachelkräutern und Schilfbündeln, suchen sich die Sarten einigermaassen gegen diese Gelüste zu schützen. Ob das aber auch den Kirgisen selbst gegenüber immer gelingt weis ich nicht zu sagen. Freilich ist der Nomade grundehrlich: ritterlichen Sinnes raubt er wohl, er stiehlt jedoch nicht. Aber in aller Gemüthsruhe habe ich wohi den Kirgisen, aus Faulheit, seinen Holzbe- darf dem hohlgewordenen Inneren einer alten Weide absplittern gesehen bis auf den Splint und die Rinde, die schwerlich genügen konnten die Krone bei einem heftigem Windstoss aufrecht zu erhalten. Was ich über das herrliche üppige Laub, die prachtvollen Kronen, die wunderbare Schattenkühle vereinzelt stehender altehrwürdiger Stämme oder zusammenschliessender Laub- gewölbe ganzer Baumgruppen zu sagen habe, möge die nachstehende Photographie einleiten. Hofraum ; im Hintergrunde die Galerie. Wie der Orientale es sich wünscht ist das Laubdach auf diesem Hofe doch so vollkommen _ dass auch nicht der geringste Sonnenstrahl durchzudringen vermag. «Gesegnet sei wer den Baum pflanzt, und ihn heilig hält, jede Gefahr von ihm abwehrend» notirte ich in mein Taschenbuch als ich auf dem rechten Ufer des Kara-Darja, nach einem Ritte bei drük- kendem Sonnenbrande, in dem Schutze des von Nachtigallen ertönenden dichtbesetzten Das Ноги. 303 Наше; im Dorfe Kaschgar'), die unaussprechlich wohlthätige Kühlung genoss. Wir hat- ten solche Schattenkühle längere Zeit vermisst, denn bis dahin waren wir durch jüngere Pflanzungen, also wohl auch jüngere Dörfer gezogen. Die prachtvolle Ulme (Kajragatsch), bietet den vollkommensten Schatten. Bekannt- lich werden zwei Abarten derselben unterschieden die in ihren äussersten Typen sehr ent- schieden von einander abweichen, jedoch durch so viele Uebergänge mit einander verschwim- men, dass ich mich bei jedem Ritte damit belustigt habe die Unterschiede die mir mein Dolmetscher als beständige stets wieder von Neuem vorbrachte, wiederum als nichtzutref- fend nachzuweisen. Ich verliess Ferghanä zu früh im Jahre um erproben zu können ob auch die Unterschiede der Früchte beider Abarten, in Mengen verglichen, eben so wenig stich- haltig sein dürften. Von der typischen Form der Ulme°) die wir in Europa als solche ken- nen, unterscheidet sich die Ssadä durch nicht nach allen Seiten vorgestrekkte Aeste wie beim Kajragatsch, sondern fächerartig vertheilt ist ihre in die Höhe strebende Astbildung, bei der man oben den Hauptstamm vermisst, so dass es bisweilen den Anschein hat, als wäre in jüngeren Jahren diese Astbildung durch Kappen des Hauptgipfels erzeugt worden. Die fächerartig gestellte Astvertheilung wird nun durch die dichteste Belaubung, welche fast in der Weise eines Trauerbaumes überhängt, zu einer Art Kuppel gestaltet, welche geignet ist sogar dem Regen den Durchgang zu wehren. Gleichsam geschoren ruft sie die Pinienform der Baumkrone ins Gedächtniss, und fällt äusserst karakteristisch ins Auge. Wer länger im Lande weilt, mag darüber entscheiden ob die Unterschiede dass das Holz der Ssadä unbrauchbar sei, und dass sie später ausschlage, eben so wenig stichhaltig sind wie die Unterschiede in der Blattform und Blattgrösse, die bei der Ssadä als geringer angegeben wird u. d. m. Ob es derselbe Baum ist, welcher, angeblich aus dem Nordhange des Kaukasus stammend, sich auf der Schwarzerde der Steppen des europäischen Russlands so vortrefflich bewährt, müsste auch entschieden werden °). Die Ulme ist fast der einzige Baum der in besagter Weise als Schattengeber gepflegt wird. Er soll bis 9° im Durchmesser erreichen. Ее und da kommen ihm auch mächtige Weiden und Silberpappeln zur Gesellschaft, deren ich welche von 6 Fuss Durchmesser in (der asiatischen Stadt) Alt-Margelan antraf, fussdikke Wurzeln hie und da entblössend. Ganz vereinzelt, ist auch wohl ein Maulbeerbaum der allgemeinen Plünderung entgangen und an dessen Fusse ist im Halbkreise an dem Stamme eine Lehmbank aufgeworfen, welche zur schattigen Ruhe einladet°). « 1) Vor Kokan-Kischlak. der Oberseite rauh anzufühlende Blätter sollen diese Art 2) Fedtschenko, p. 29, führt für sie die Benennung | kennzeichnen. Die Ferghanä-Ulme, Kajragatsch , «Büdshim» an. Mir nannte man sie stets nicht anders als | könnte wohl schwerlich das Klima der europäischen «Kajragatsch». Steppen Russlands ertragen, da sie schon in Nanaj, das 3) Vergl. Ssojmonov in Землед. Газ. 1878, № 19, | nur 4'/, Tausend Fuss hoch liegt nicht recht gedeihen стр. 291. Der Name Ulmus раша kann unmöglich | mag. richtig sein. — Eine sehr borkigo Rinde, kleinere, auf 4) Ueber Maulbeerbäume bei Chodshent vergl. 304 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA Ferner hätte ich noch einer mächtigen Thuja (Biota orientalis), $ saur genannt, zu er- wähnen, welche auf einem Todtenakker in Alt-Margelan stand und bei 10’ Dikke an 60’ Höhe erreichte. Sie schien die Stelle der westlicher heimischen Cypresse, als Trauerbaum vertreten zu sollen '). Solchen Riesen wie jene Platane, Gemeinbesitz eines ganzen Dorfes im Ssamarkand- Kreise, von mehr als 40° im Umkreise, deren Aeste drei bis vier Männer umspannen müssen, deren Höhlung eine Schule von 10 Schritt im Quadrat beherbergt?), kommt, mei- nes Wissens nicht ein Baum irgend nahe. So tödtlich wirken, scheint es die winterlichen Hochgebirgs-Lüfte in Ferghanä. Bevor ich die Baumpflanzungen verlasse, sei noch des überraschenden Eindrukkes er- wähnt, den es macht wenn man von Orsk aus, nach einer Fahrt von über 700 Werst (100 Meilen), durch wüste baumleere Steppen in Kasalinsk zum ersten Male Bäumen begegnet die dort, auf Geheiss, die Zeilen der Häuser entlang, und die Plätze umgebend, angepflanzt worden. Zusammengebunden sind die Aeste um sie wenigstens im Winter vor den argen Schneestürmen zu retten, aber nichtsdestoweniger gedeihen die Bäume, denn im Unter- grunde ist das Wasser nicht fern. Die leichte Kommunikazion den Fluss abwärts benutzend nahmen die ersten Pflänzlingeflussabwärts ihren Weg, daran erinnernd dass es nur des guten Wil- lens und einiger Sorgfalt bedarf, um in der Steppe Schatten zu schaffen 3). Der vielleicht als Pflanzschule beabsichtigte städtische Garten trug leider den uns wohlbekannten Stempel ge- ringer Ausdauer an sich. Er war vollkommen verwildert “, obgleich unter den Augen aller Durchreisenden so beschämend dastehend. Die nächste Stazion in der es flussaufwärts am Ssyr wieder Bäume gab war Fort Pe- rofski das seine Altersrechte als russischer Besitz durch eine Anzahl vereinzelt stehender Pyramidalpappeln geltend machte, die bis °// im Durchmesser und an 40’ Höhe maassen. Doch wo wir auch auf der Poststrasse zwischen Kasalinsk und Taschkent uns unmitel- bar am Ssyr befanden da zeigte sich Unterholz, an den Ufern. Hauptsächlich war es immer die Dshida (Elaeagnus) welche, anderweitig niedrig, hier im fetten vom Fluss ange- schwemmten Lande bis 18° hoch wurde, und mit 3—4 Zoll langen Stacheln besetzt war. Type. B&ı. 1875, № 21. — Weit südlicher, zwischen Kischab und Schaar wurden mächtige hundertjährige Maulbeerbäume bewundert (Турк. B'B1. 1875, № 2). auf dem Todtenakker in Taschkent gleichfalls eine Thuja und zwar von 31, Fuss Durchmesser; jedoch schon ab- gestorben. 1) Kuschakewitsch und Ssewerzov führen diese Thuja als in den südlich an Ferghanä gränzenden Ge- birgen vorkommend auf, was Fedtschenko (Путеш. въ Туркестанъ, Г, 2, р. 27) nicht wahr haben will, da er ihr nirgends naturwüchsig begegnete, obgleich wohl in 3000’ Höhe am Isfara, an heiliger Stätte angepflanzt. Die Liebhaberei der Sarten bringt allerdings oft Bäume aus weiter Ferne heran. So erwähnt Regel (Турк: By. 1876, № XXXIII) dass er in Taschkent, eine vor einem Sartenhause gepflanzte Kiefer angetroffen. Er sah 2) Vergl. Турк. ВЪл. 1876, № III. Ist es dieselbe deren mein Sohn, in der Gegend von Pendshekent, als der Wohnstube eines Priesters erwähnt hat? (Bulle- tin des Natur. de Moscou, 1878 № 3, р. 230.) 3) Auch in Krasnowodsk soll das Baumpflanzen gelungen sein (Турк. ВЪд. 1875, стр. 80). 4) Um so erfreulicher ist des beispielgebenden Falles zu erwähnen dass Dohrandt (р. XXXI) in Petro-Alexan- drovsk den analogen Garten als wohlgepflegt und gedei- hend schildert. Er, ат N 7) EE > . = 7 AY 4, Là à N + De ÿ PS Das Hozz. 305 Aber auch dieser genügsame Strauch trug an den Schossen des letzten Sommers noch die Blätter, zum Beweise dass der üppige Wuchs durch den Winter überrascht worden war bevor das Holz der Aeste zu gehöriger Reife hatte gedeihen können. In wunderbar schönen, an tropische Ansichten erinnernden Gewölben, aus dürren dicht verschlungenen gewundenen Stengeln bestehend, überzogen Ranken der üppig wuchernden Clematis auch die höchsten Kro- nen der hier nur niedrigen Baumarten. In lieblichen Guirlanden schaukelten diese Lianen von oben herab: trotz der todten winterlichen Jahreszeit, in der Steppe eine Pracht zu schauen. Ueber die Sträucher, Stauden und Kräuter welche den Orientalen als Ersatzmittel des Holzes für Feuerung dienen, ist schon auf Seite 45 ausführlich die Rede gewesen. Naturwüchsigen Wald sah ich in Ferghanä nur dort wo ich, vom letzten Dorfe Nanaj, den Potsch-ata-Fluss aufwärts verfolgend, in die Nähe der anstehenden Felsen und in die sie durchsetzenden Gebirgsklüfte vordrang. Schon wenige Werste oberhalb Nanaj begrüss- ten mich baumartige bis 30° hohe Crataegus, wohl bis % im Durchmesser haltend, aber stets nur niedrigen Wuchses. Zugleich traten einige Birken auf, nebst dem Allerwelts- baume, dem Artscha, der in aller Munde ist. Es ist das ein Wacholder (Juniperus pseu- dosabina) der schon gleich in den Vorbergen 2°, Fuss dikk und über 20 Fuss hoch auf- trat. Der Stamm war aber selten kreisrund, sondern zeigte oft wulstigen Anwuchs der Holzmasse. Hie und da standen Stummel älterer vernichteter Birken, von einem Fuss Durchmesser, die aber offenbar schon ungesund gewesen waren, gleich wie überhaupt die Birke, krummgewachsen, niedrig und mit schelvernder Rinde, den freudigen Wuchs unserer schlanken Landsmännin vermissen liess. Wohler fühlte sich unser Vogelbeerbaum. Allmälig mischten sich auch kleine Grenen unter das Laubholz, aber erst tiefer im Gebirge fühlten sie sich heimisch und besetzten nicht selten mit himmelan strebenden Kro- nen unzugängliche Absätze der Felsen. Ich schätzte sie 80’ hoch, und bei gefällten Balken von 3 Faden Länge, die bereit lagen hinab nach Namangan geflösst zu werden maass ich die respectable Dikke von 1’ am Topp-Ende. Von geschlossenem Walde konnte nicht die Rede sein, denn dafür ist das Gebirge zu wild und zerrissen. Häufig waren Dikkichte, vorzugsweise aus dornigem Gesträuch be- stehend: Crataegus, der fast baumartig auftritt, Rosen, unter denen kleinblättrige den Pimpinellen ähnliche, Berberitzen; an manchen Stellen Loniceren und Mandeln, Himbeer- und Johannisbeer-Sträucher; hie und da bedeckte eine mannshohe Staude (bis 4” dikk) einer in weissen Aehren blühenden Spiraea, ganze Felder. Uebrigens verliehen die gleichfalls vorkommenden Birken, Vogelbeerbäume, Himbeeren, Erdbeeren, Vergissmeinnicht, Veil- chen, Trollius, dem Gebüsche einen ganz europäischen Anstrich. Aber die Iris in der Nähe des Flusses und ganze Felder eines riesigen Lauches, so wie hie und da eine Tulpe, mahnten an die Nähe wilder Fruchtbäume. Dieses selbe Gestrüpp fand ich wiederum vor, als ich von der Potsch-ata ostwärts reitend, in den Vorbergen welche sich an die schroffen Kalkberge anlehnen einen Abstecher zu den Obstwaldungen machte, von denen mir die Kara-Kirgisen erzählt hatten. Aus dem Mémoires de l’Acad. Imp. des sciences, VlIme Série. . 39 306 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Strauchwerk hervor hoben sich Mandel-, Aprikosen-, Aepfel- und Birnbäume, Als wir еше steile Wand erreicht hatten wiesen mir meine Führer tief unten im Thale zum Naryn hin, Gruppen, welche mir als Wallnuss- und Pistazien-Bäume bezeichnet wurden, Weiterhin, so hiess es, kämen dieselben in zusammenhängenderen Gehegen vor. Stelle ich das was ich selbst in aller Flüchtigkeit gesehen und was die im Anhange VI gegebenen Berichte melden zusammen, so werden wir zu folgenden Verallgemeinerungen geführt. Die Reviere der Fruchtbäume sind in Ferghanä stets abgesondert von den eigent- lichen Waldpartien. Sie dringen nirgends in das eigentliche Felsgebirge vor, sondern stehen ausschliesslich aufLöss, dort wo er in der höheren Lage von etwa 4 bis5000’Mee- reshöhe den Konglomeraten aufliegt, welche unmittelbar an die Kalkfelsen sich anlehnen. Sie kommen ausschliesslich auf der Nordhälfte und Osthälfte des Ferghanä-Thales vor, in Südost, wie es scheint, den Ak-Bura-Fluss kaum erreichend. Die Obstwälder gehören also vorzugsweise den Vorbergen des Thien-Schan-Systemes ап"). Am Nordabhange des Alaj dürften Fruchtbäume erst dort vereinzelt auftreten wo, im Westen vom Isfara wahr- scheinlich in der entsprechenden Meereshöhe wiederum Löss ansteht. Wallnüsse und Pista- zien werden dort namhaft gemacht. Im Nordwesten des Ssyr beginnen die Fruchtbäume in Ferghanä mit Nussbäumen, welche dem Flussgebiete des Kassan noch zu fehlen scheinen. Zu ihnen gesellt sich am Unterlaufe des Kara-ssu eine Oase wilder Weinreben welche im ganzen Ferghanä-Thale der einzige Fundort für dieselben zu sein, und unter 2 Tausend Fuss De dem Meere zu liegen scheint. Sie sind reich mit Trauben behängt. Zu den dort vorwaltenden Nussbäumen gesellen sich weiter ostwärts die von mir da- selbst gesehenen Obstbäume (vergl. oben) hinzu, ausser welchen noch Pflaumenbäume nahmhaft gemacht werden. Auf dem rechten Naryn-Ufer haben zusammenhängende Pista- zien-Waldungen Platz genommen. Begeben wir uns nun über den Naryn ostwärts so setzt sich auch hier offenbar der von mir gesehene und oben angegebene Karakter fort, indem die Obst- zumal die Apriko- sen-Bäume vorwalten, während die Nussbäume nur ortweise vorkommen und die Pistazien hin und wieder ganze Strekken besetzen, ohne sich jedoch überall vorzufinden. Diese Fruchtwälder waren zu Zeiten der Khane schon verpachtet und im Andidshan- Kreise auch zur Zeit meiner Anwesenheit. Mir erzählte man, ein unternehmender Kirgise habe die Pacht in diesem Kreise für 2'/, Tausend Rubel übernommen. Gehen wir nun zur Betrachtung der Walduugen über, so stossen wir zuerst, im Westen 1) Ueber ihr Vorkommen auf dessen Ost- und Nord- | Hop, 1877, стр. 5). Hängen liegen die zahlreichsten Nachrichten vor. Am Am Kara-Tau ist eine Zwergpflaume häufig; gleich- Kungess lobtPrzewalskij den Ueberfluss an (vorzugs- | falls in 4—5000’ Höhe (Type. By. 1876, XXX). weise) Aprikosen- und Aepfelbäumen (Путеш. на Лобъ- Das Hozz. 307 von Kokan aber auf dem rechten Ufer des Ssyr, also schon im Kreise Tschust, auf jenen originellen Steppenwald, dessen wir in seinen Bezichungen zur Festigung der Sandschollen auf Seite 65 erwähnt. Unsere daselbst vorgebrachten Gründe für die Wahrscheinlichkeit dass der Saxaul in der Ha-Derwisch-Wüste Ferghanä’s ausgerottet worden sei, gewin- nen durch die im Anhange VI auf Seite XLIV mitgetheilten karakteristischen Erlebnisse einer extemporisirten Forstwache ihre unzweifelhafte Bestätigung. Dort ist ein Saxaul-Gehege vorhanden das ungeschmälert eine Jahrespacht von 50 Goldstükken tragen konnte, und in späterer Zeit, als man es aus den Augen gelassen hatte, an einem einzigen Tage zum Ет- tappen von gegen 150 Karren, die Holzfrevlern gehörten, Gelegenheit bot. Die Ladung dieses einen Tages wurde gerichtlich auf 180 Rbl. Werth abgeschätzt. Nehmen wir nun die zwölfblättrige chromolithographische Karte des Turkestanischen Gebietes zur Hand, so sehen wir dass gerade an diesem Platze Khodsha-Elane die Salz- wüste Ha-Derwisch sich mit einem kleinen Ausläufer auf das rechte Ufer des Ssyr hin- über!) erstrekkt. Dort auch gab es vor Zeiten Stämme der Pappel Turanga; dort auch, wir können es fast mit Gewissheit verkünden, muss es jetzt noch Tamarisken geben. Die Umgegend jenes Anhängsels unserer zentralen Salzwüste ist schwach bevölkert, die holzbietenden Gebirgsausläufer stossen nahe daran, und dadurch, so wie durch undurch- dringliche Stachelsträucher die es dort geben soll und endlich auch durch die vom Khan verlangte Abgabe wurde das Saxaulgehölze vor dem Schikksale bewahrt das in den übrigen Theilen dieser Salzwüste den Saxaul ganz, die Tamariske fast ganz, und die Stachelsträucher bis auf zerstreut stehende schwache Jahressprösslinge ausrottete. Erst als die vom Khan verlangte Abgabe unbeachtet blieb, dazu durch den Einzug und die Niederlassung der Russen das Bedürfniss nach Holz in nie dagewesenem Maasse stieg, wurde der Erwerbstrieb der westlich an die Stadt Kokan stossenden bevölkerten Ortschaften in dem Maasse angeregt, dass sie das letzte Hinderniss das bisher den Chodsha- Elane-Saxaul geschützt und von mir oben nicht aufgezählt wurde überstiegen — die Ueberfahrt über den reissenden Ssyr. Mehr als das Gesagte ist mir von diesem Saxaul nicht zu Ohren gekommen, es ist das aber eine so eigenthümlich die Aralkaspische Steppe karakterisirende Holzart dass es mir gestattet sei, von ihr noch Einiges mittzutheilen was ich auf der Poststrasse im Fluge der Durchreise gesehen. Am Nordostufer des Aral, wo die Tamariske in der Karakum-Steppe noch mitunter zu mannshohem Gesträuche heranwuchs liess sich nur hie und da ein aus dem Schnee her- vorschauendes Büschlein sehen, das mit Mühe als Saxaul zu erkennen war. Und so ging es fort über Kasalinsk, den Ssyr aufwärts, bis zum Frt. № П und bei demselben vorbei. Hier endlich?) wurde meine Neugier gestillt, und wir traten in die Region der sogenannten 1) Auf einer Lokal-Karte sah ich den nordöstlichen | lichsten den Namen Dshuty-Tübä führen, Theil dieser Wüste den Namen Kajrak-Kum, den west- 2) Station Wladimirskaja. 39* 308 А. у. MIDDENDORFF, КЕВСНАМА. Saxaul-Waldung hinein. Dikke nicht selten zum Boden zurükk, und wieder empor gewun- dene, knorrige, gleichsam aus mehren untereinander verwachsenen Individuen zusammen- ges chmolzene Stämme erreichten die Dikke von einem, ja von °/, Fuss Durchmesser. Von jedem Aste laufen hervortretende Wülste des Holzansatzes den Stamm entlang abwärts, durch eingetiefte Riefen von einander geschieden. Wo Frühjahrsfluthen oder die heftigen Stürme die Wurzeln entblösst hatten, da salı man einen mächtigen, den Stamm nicht selten an Stärke übertreffenden Wurzelstokk in eine dikke Pfahlwurzel auslaufen. Der lokkenden Holzmasse dieses Wurzelstokkes so wie die grössere Weichheit desselben als diejenige des steinharten Holzes, war nicht selten die gierige Hakke des Kirgisen gefolgt, den Baum in seiner Pfahlwurzel tödtlich vernichtend. Längst schon wären die so gar langsam wachsen den Saxaule vernichtet kämen ihnen nicht ihre peitschenartigen fadenlang unter der Boden- fläche dahinkriechenden Seitenwurzeln zu Hilfe, welche im hohen Grade die Eigenschaft zu besitzen scheinen Schosse zu treiben. Wo die frischen Wurzelschosse von Kameelen abge- weidet wurden da schien mir diese Eigenschaft sich bis zn dem Grade zu steigern dass ich sie mit dem Schossen der Wurzeln unserer Espen und Pappeln zu vergleichen versucht war. Was ich hievon sah war gewöhnlich halb von Schnee und gefrorenem Sande verhüllt, ich erwähne dieser unsicheren Angabe nur um zu gründlichen Beobachtungen solcher für die Bepflanzung der sandigen Salz-Wüsten unschätzbarer Eigenschaften anzuregen!'). Bis zur Höhe von 16 bis 18° wuchsen die grössten Stämme empor. Die, hier und da aus Ast- und Stamm -Stummeln hervorbrechenden zweigähnlichen Blätter, an sich zierlich schlank, hängen, wirre über und herab, als schattenlose Krone, etwa an die Form junger Napoleonweiden erinnernd. Die genauere Bekanntschaft mit den betreffenden Gegenden mag erst künftig den Schlüssel dazu bieten weshalb gewisse Steppen-Partien vollständig nakkt, andere dagegen mit Gestrüpp und sogenannten Saxaul-Waldungen besetzt sind. Es fällt dem Durchreisen- den das auf dass der Saxaul in seinem Vorkommen so eigenwillig ist. Während Ssewer- zov”’) am Amu den Saxaul vermisste stiess Bogdanov an den dem Aral-See zunächst ge- legenen, man sollte meinen jüngst aus dem Wasser hervorgetauchten Steppenflächen, am Kuwan-Darja auf dichte Saxaul-Gebüsche, am Dshany-Darja auf wahrhafte Saxaul- Waldung*). Haben wir diese uns im Zusammenhange mit den auf das rechte Ufer des Ssyr hinübertretenden bewachsenen Steppen zu denken? welche den die Poststrasse entlang Rei- senden aus der Gegend von Frt. Perovskij flussaufwärts begleiten, zwischen Dshulek und Jany-Kurgan‘) sich am entwikkeltesten zeigen, weiter aufwärts aber rasch an kräftiger 1) Auch in Bezug auf das Aushöhlen der Schosse | nicht anzukommen. Zwischen Fort № П und Perovskij durch Gänge von Bohrwürmern, scheint sich der Saxaul | führt die Poststrasse über hohes Ufer das alle Anzeichen den Espen analog zu verhalten (vergl. Smirnov, in | eines grösseren Alters an sich trägt, und doch erscheint Труды С.-Петерб. Общ. естествоиспытателей, УП, | hier die Steppe besonders kahl. 1876, erp. CLXXV). 4) Zumal um Tjumen-Aryk und Dshalpak-Tal 2) Cabanis, Journ. f. Ornithol. 1875, р. 76. und flussaufwärts noeh bis Ak-Kum sich erstrekkend. 3) Auf das Alter der Bodenunterlage scheint es eben Das Horz. 309 Entwikkelung abnehmen, an der Gränze der Saxaulwaldung sich als Kameelweide und ver- zweiflungsvoll aus der Erde hervorbrechende Saxaul-Schösslinge darstellen und schon bei der alten Feste Ssauran in еше Stipa-Steppe') und endlich gar in eine kahle Salzwüste übergehen’). Jedenfalls muss ich nach meinem flüchtigen Einblikke darauf aufmerksam machen dass sogar der Saxaul mir dem Ueberschwemmungsgebiete des Ssyr — dem früheren, oder auch jetzigen, in Fällen ganz besonderer Hochwasser — nicht fremd zu sein schien. Man trifft ihn auch mit einzelnen Schilfrohren, oder mit Schilfgebüschen untermengt welche mich um meine ganze Höhe noch überragten. Ueberall leiten sich die Saxaulwaldungen durch niedere Dorngebüsche ein, zu denen sich dann die Tamariske gesellt und dann strauchförmiger, endlich baumartiger Saxaul. Dieser, überall licht stehend, bildet den Typus der spezifischen Steppenwaldung, und ist der Saxaul-Häher (Podoces) den uns Bogdanov so eingehend kennen gelehrt, sein Attribut, gleich wie die Fasane und Zwerghasen von denen es wim- melt die Dornsträucher, die Antilope (A. subgutturosa) die Tamariske begleiten. Der karakteristische Wald der Steppe, bald undurchdringlich wirr, bald licht, jeden- falls schattenlos, und vom Europäer nur als Gestrüppe anzusprechen ist also nicht im Ge- ringsten irgend einer unserer Waldungen an die Seite zu stellen. Der ihn überragende Dshida-Strauch (Elaeagnus) tritt auch nur auf dem entschiedenen fetten Ueberschwem- mungsgebiete des Ssyr auf, nach westeuropäischer Ansicht kaum als Unterholz anzu- sprechen. Ausser ihm tritt nur ganz ausnahmsweise in den Steppengebieten an den Gränzen derselben die hässliche Pappel Turangä auf, von der oben die Rede gewesen (ф. 307). Ich sah sie, ап 40’ hoch auf die Gegend von Dshulek beschränkt. Die sehr dunkel erscheinen- den Stämme standen auf dem Rükken eines Barchan, und waren im Angesichte der Station wie es schien durch Verachtung ihrem Untergange entgangen. «Ein zu nichts nutziges Holz» hiess es°). Die als Vorbote des Saxaul auftretende Tamariske scheint jedenfalls unvergleichlich gefügiger in klimatische und Bodenverhältnisse zu sein als der Saxaul. Trotz seiner ganz ausserordentlichen Härte die es bedingt dass auch das völlig trokkene Holz im Wasser untersinkt‘), ist das eben so brüchige als harte Holz des Saxaul wegen der Widersinnigkeit seiner Fasern unbrauchbar als Nutzholz. Um so beliebter war es auf der ganzen Strekke von Kasalinsk bis Turkestan, als Brennholz und konnte man auf den Sta- tionen nicht genug rühmen wie viel Hitze das Holz gebe und wie lange sich die Kohlen 1) Am ausgesprochensten bei Tasch-Suat. ghanä Orte gebe an denen einige Turanga auf Sandboden 2) Zwischen Turkestan und Tschimkent in der | behufs Benutzung für Korbflechten gestekkt werden. Gegend von Ak-molla und Nogaj-Kurgan schien 4) Petzoldt, Umschau im Russ. Turkestan, 1877, strauchiger Saxaul in seinen letzten Zügen der Alhaghi- | p. 112 bestimmte sein spec. Gewicht zu 1,064. Die Asche Weide der Kameele untermischt vorzukommen; doch bin | ist ausserordentlich reich an Kalk (28%,), Kali (11,9% ,) ich dessen nicht sicher. und Chlor (11,5%). Auch Schwefelsäure (6,79) und Na- 3) Herr Smirnov schreibt mir aber, dass es in Fer- | trum (6,0%,) enthält sie in ungewöhnlicher Menge, =. 310 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. über Tag und Nacht glühend erhielten!). Ja sogar der Wohlgeruch des Rauches hatte seinen Lobredner. Die Asche müsste wegen ihres grossen Kalk- Kali und Schwefelsäure-Gehaltes als Dungmittel ganz ausserordentlich wirken. Zu ungeheuren Holzwällen fand ich die Vorräthe an Saxaulholz auf allen Haltepunkten der Dampfschiffe, so wie in Kasalinsk selbst, aufgestapelt, wo sich die Reparaturwerkstätten für diese Schiffe finden. Der Verbrauch ist trotz der völligen Nichtigkeit der Schifffahrt ein so kolossaler dass bei dem langsamen Wachsthume dieses Holzes und der Schwierigkeit mit der sich die ebenso stürmische als dürre, dabei übersalzene und extrem-winterkalte Steppe nach Vernichtung der Holzgewächse von Neuem mit ihnen bedekkt, man nicht laut genug daran mahnen kann, es sei die höchste Zeit endlich ein Mal mit vollem Ernste den Kohlenschätzen im Gebiete des Oberlaufes vom Ssyr ernstlich nachzugehen. Die Jahresringe fand ich sehr deutlich ausgesprochen '/, höchstens 1 Millimeter breit, so dass nicht genug darauf aufmerksam gemacht werden kann, es seien eben hundertjährige Wachsthumsniederlagen die sich in diesen Krüppelstämmen abgelagert. Da ich die Jahres- ringe um so breiter fand je mehr äusserlich, und nur bei sehr alten Stämmen bis zu 1 Mm. Breite zunehmend, so ergibt sich daraus dass das Wachsthum des Saxaul in früherer Jugend ausserordentlich langsam vor sich geht und das Verbrennen nur arm- bis schenkeldikker Stämme einer ganz besonderen Holzverschwendung gleichkommt. Die Verwüstung sucht den Saxaul aber noch von anderen Seiten heim. In der Gegend von Dshulek?) wo wir der ausgetretenen Wasser wegen einen Umweg nehmen mussten ge- riethen wir in die trostlosen Oeden unübersehbarer abgebrannter Flächen, welche abermals auf das Dringendste daran mahnten, wie auch in dieser Hinsicht die Kirgisen auf das Strengste angeleitet werden müssten’). Nur wenig gelinder nehmen jedoch die Kirgisenla- ger in der Umgebung der stärker besuchten Halte- und Handelsplätze den Holzwuchs mit. Was das Kameel, dieses so nützliche als ungeschlachte Ungeheuer nicht abreisst und ab- frisst, das zertrampelt es zu Splittern. Ist es da zu verwundern dass Jaqüt das Holz in Khoarizm (Khiwa) sehr theuer fand, obgleich doch drei Jahrhunderte vorher Ibn Fadhlan dessen Billigkeit rühmte“)?. 1) 11/, Pud Saxaulholz täglich d. 1. 45 P. monatlich sollen zur Erheizung eines Stubenofens gleich !/, Kubik- faden Birkenholz zu genügen; gleich auch einem Kubikfa- den Schilf. Vom ganz rohen Saxaulholz trokknen an Ge- wicht 12%, ein; von gestapeltem 9 bis 10%, (Приложе- ня къ ПТ-му выпуску: Руссюй Туркестанъ, стр. 73). Die Schilfgarbe galt zu meiner Zeit in Kasalinsk !/, Ko- peken. 2) Zwischen Dshalpak-Tal und Mescheuli. 3) Ueber die Vernichtung der Wälder an den Grän- zen der Kirgisen-Steppe wird auch in Маевъ, Marep: для статист. Турк. kp. II, 1873, стр. 555, berichtet. 4) Lerch, Khiwa, 1873, p. 35. Um für die Zukunft festere Ausgangspunkte zu bieten erwähne ich hier dass: 1) zwischen Fort № II und Fort Perovskij auf der Sta- tion Wladimirskaja zur Zeit meiner Durchreise das Saxaulholz, das von 12 Werst Entfernung herbeigeholt wurde mit 3 Kop. für das Pud bezahlt wurde. 2) Auf Ak- Dshar, halbweges zwischen Kasalinsk und Fort II dagegen kostete es 6 Kop. weil das nicht stärker als arm- dikke Holz schon auf 50 Werst gesucht werden musste, So erkundete ich es. Das Ноги. 3m Von der so eigenthümlichen Bewaldung der Steppe wenden wir uns nun dem Gebirge zu und knüpfen an das oben Mitgetheilte die Bemerkung dass dem Europäer auch sogar in den Gebirgen Mittelasiens derselbe lichte Bestand der Waldungen in die Augen fällt. Die Bäume stehen in grösseren Abständen von einander sehr undicht. Um so undurchdringlicher ist das Unterholz, zumal wo es aus stachlichem Dorngestrüppe besteht. Die unserer Grene ähnliche Picea Schrenckiana der Nordgebirge Ferghanä’s scheint auf das Südgebirge nicht hinüberzugehen, obgleich noch bei Gultscha (Kreis Osch) ein schöner Bauwald mit vielen Tausend Stämmen steht!). Im Südgebirge wird das Nadelholz durch den Wacholder ersetzt, der zwar auch im Nordgebirge vorkommt, aber offenbar sich erst südlich im Hochgebirge zu vollster Kraft erwächst, da ihn Fedtschenko dort über 3’ im Durchmesser stark sah?). Er liefert das beste Bauholz und fühlt sich auf den Höhen zwischen 6,000 und 10,000’ so recht zu Hause. Ihn begleitet und durchsetzt ein dichter, kriechender Strauchwacholder; wahrscheinlich eine andere Art. Dieser wird wohl auch hie und da durch eine Caragana vertreten?). Dass diese Wacholderarten die unzugänglichsten Felsvorsprünge und Klippen vorzugsweise besetzen, möchte ich nicht nur der kugelrunden Form ihrer Beeren (wie Fedtschenko‘), sondern der Analogie gemäss wie ich es an der Strauch-Arve in Sibirien sah, dem Aussäen durch Vögel — dort waren es die Nusshäher — zuschreiben. Als Nutzholz ist vor allen anderen das, bis 1'/, im Durchmesser dikk von mir gesehene Nuss- und nächst ihm das Aprikosenholz geschätzt. Der Ahorn (Ac. Lobelii) gehört zu den kleinwüchsigen Arten, Ausser den genannten haben wir noch der Birken, Pappeln, Espenpappeln, und Faul- bäume zu erwähnen, welche im Südgebirge höher in das Gebirge hinaufzusteigen scheinen; ja die Birke soll sogar an gewissen Oertlichkeiten bis zur Höhengränze des Baumwuchses überhaupt ansteigen. Das Bauholz wird nicht nur in Ferghanä verbraucht, sondern wurde den Ssyr hinab sogar bis Kasalinsk geflösst, das in seiner ersten Zeit vom Südende des Ural her, zu Lande, nothdürftig versorgt wurde. Das Absatzgebiet wäre auf diese Weise ein ausserordentlich weites. Das Holzgeschäft, das anfangs vollkommen frei gegeben war und verarmten Kirgisen ' Derjenige den diese Frage näher interessirt findet ziemlich übereinstimmende Angaben im Русск Турке- станъ, ПГ, 1872, стр. 71 und wir erfahren dort auch dass das Saxaulholz im NO von Kasalinsk schon 1872 stark ausgerottet und nicht näher als 80 Werst von der Stadt anzutreffen war. In SW und SO derselben standen auf 100 und 120 Werst Entfernung noch grössere Wal- dungen dieses Baumes. Auf Seite 74 sind daselbst überdiess die Preise für Stachelsträucher und Schilf zu finden. 1) Es ist wohl derselbe Baum den Przewalski (Пу- rem. на Лопъ-норъ, 1877, стр. 5) weiter ostwärts noch in 8000’ Höhe sah. Nicht auffallend ist das, da sie in den Quellgegenden des Naryn beinahe 11,000’ über das Meer emporsteigt, und somit dem Wacholder nur wenig nachsteht. 2) Путешестве въ Туркестанъ, I, 2, стр. 136. Am oberen Isfajram. 3) Ebendaselbst p. 69. 4) Ebendaselbst p. 70. О ео а а О а: 312 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANÀ. als Notherwerb diente, wurde in den letzten Jahren der Khane mit einer Marktsteuer be- legt. Nur im Kreise Tschust, scheint das Holz im Walde selbst besteuert worden und letz- terer entschiedener als Staats-Eigenthum betrachtet worden zu sein. Als nun mit dem Ein- zuge der Russen die frühere Steuer fortfiel wurde ein paar Jahre lang ärger als vorher in den Wäldern gehaust, so dass, um bis auf Weiteres den Wald so viel möglich zu schützen, die früheren Steuern in damals gewohnter Weise zu erheben verordnet wurde. Bei der Schwierigkeit das stärkere Bauholz fortzuschaffen ist es noch glükklicher Weise nicht in dem Maasse verbraucht worden als man erwarten müsste. Die Theuerung hat als mächtiger Schutz gedient!), da sie die Eingeborenen gelehrt sich mit ihren gepflanz- ten Weichhölzern zu begnügen, wenn Gehölz für ihre Gebäude nöthig ist. Aber freilich ist die Konstrukzion der Dächer bei den Eingeborenen eine so mangelhafte dass alle 10 bis 15 Jahre die Dachlatten von Neuem ersetzt werden müssen, und deshalb sogar das Prozent der Anzahl der Zimmerleute ein bedeutenderes sein soll als es sonst der Fall wäre. Von unvergleichlich grösserem Belange als der Balken- und Bretter-Handel ist der Vertrieb von Kohlen, den beliebtesten Wärme-Erzeugern, sei es zu technischen Betrieben, sei es zu den Wärme-Bekken welche die Oefen ersetzen, sei es für die unvermeidliche Thee- maschine. In den Waldungen des Kreises Margelan allein, wurde (vergl. Anhang) der jährliche Kohlenbetrieb auf 17 Tausend Kameellasten, also auf weit über 200 Tausend Pud ge- schätzt °). 1) Um für die Zukunft Vergleichspunkte zu liefern habe ich es mir augelegen sein lassen einige Preisnoti- rungen hier zusammenzubringen. Wie viel die Holzpreise in Taschkent im Jahre 1875 be- trugen findet man im selben Jahrgange der Турк. ВЪд. стр, 110. Wobei sich die erfreuliche Thatsache herausstellt dass nach den von mir eingezogenen Erkundigungen der Preis eines Fadens Aprikosenholz (von 1'/' Länge) der im Jahre 1871 vierzehn Rubel betrug, im Jahre 1878 nicht höber als 7 Rubel stand; das Weichholz halb so theuer. In der That gibt Regel (Турк. ВЪд. 1876, № XXXIII) an, dass der Preis im Jahre 1876 schon zwi- schen 12 und 8 Rubel schwankte. In Margelan standen zu meiner Zeit die Preise um die Mitte des März auf 6'/, Rub. für Aprikosen, und 4!/, Rub. für Weichholz. Auf dem Markte wurden Bün- delchen von Reisig, abgestorbenen Aesten und gespal- tenen Wurzeln welche ein Durchschnittsgewicht von 11 Pfund hatten, zu 5 Kop. verkauft. Ein daselbst in meiner Gegenwart behufs Anfertigung einer Wässerungs- Rinne gekaufter Pappelstamm von 31’ Länge bei 12” und 8’ Durchmesser wurde mit 41/; Rubel bezahlt. Für Wasserbauten die bei Namangan ausgeführt werden sollten wurden folgende Preise veranschlagt: 1 Sashen langer Balken-Abhieb grösster Stärke, Nadelholz ..... 1 Rub. 20 Kop. 2 .» » » » 1’ Durchmesser, DA HAS In АИ» 27 u » "schwache Artscha-Pfosten . .. ..... 2... 4... 58 » bis 31 Kop. 3-5 м рарре! = Ва еее. HORS NOTE 8» — » » 3/Rub.75 /Kop: И » А Tee er OBERST 125») 1225 "y Hierher, als Parallele, gehörige Preisangaben von Saamin (südwestlich vom Eingange zum Ferghanä-Thale) für Artscha- (Juniperus-) Holz, welche Max Midden- dorff mittheilt (Bulletin des Natural. de Moscou 1878, р. 227). Schon im Jahre 1870 wurde im Särafschan-Thale das Hinabflossen des Holzes nach Buchara verboten (Турк. ВЪд. 1875, стр. 88). 2) Im Namangan-Kreise begegnete ich wiederholt den aus dem Gebirge die Kohlen thalwärts befördernden Das Ноги. 913 Ausser diesem den Wald vertilgenden Schaffen des Menschen, und wohl in noch hö- herem Grade ist das absichtliche Niederbrennen von Grenenjungholz, das ganze Gehege nie- derstrekkt, besonderer Rükksicht werth. Der Kreishauptmann von Namangan ist freilich der Einzige der darüber berichtet, doch unterliegt keinem Zweifel dass die Kirgisen auch anderweitig es eben so treiben um ihre Weideflächen im Gebirge zu vergrössern. Wird doch im Kreise Tschust besonderer Nachdrukk auf die Bedeutung dieser Weiden für den Durchtrieb der Schaafherden *) gelegt, welche aus Aulie-Ata und Kurama für den Be- darf von Ferghanä, bis Osch und darüber hinaus, herbeigeführt werden. Betrachten wir uns nun den Stand der Dinge vom Gesichtspunkte möglicher Abhilfe, so müssen wir uns voran den ganzen Ernst der Lage vergegenwärtigen. Es handelt sich eben viel weniger um die Zukunft des Bauens, der Beheizung oder Obstnutzung, als um die Weiter- Existenz so fruchtbarer Oasen wie diejenigen welchen Ferghanä seinen wohlbegründeten Ruf verdankt; es handelt sich um das Alpha und Omega jener Gegenden: um das Wasser. Von einschneidenster Wichtigkeit ist, dass dasselbe nicht zu stürmisch und zerstörend heran- stürme, nicht zu rasch und deshalb unbenutzt davonfliesse. Warnend hält uns die Weltge- schichte das Beispiel der alten Kulturländer an der Wiege der Menschheit vor Augen. Die Euphrat-Thäler, unsere kaukasischen Hochebenen, Persien, Griechenland, die Hochebenen Spaniens gingen an der Entwaldung zu Grunde. Verödet stehen die Ruinen der uralten Be- wässerungskanäle da, weil das Wasser aufgehört hat ihnen zuzufliessen. Mit dem Wasser musste die dichte Bevölkerung der einst blühenden Stätten weichen, der dürre Sand stürzte lavinenartig über die Flächen und verödete sie vollends. Schon Herodot klagte über Entwaldung. Hat es irgend gefruchtet? Die Quellen versiegten. Die Wissenschaft lehrt uns dass mit der Erhebung über die Meeresfläche die Bedeu- tung des Waldes hinsichtlich seines Einflusses auf Regenmenge zunimmt, dass namentlich die Verdampfung der geringfügigen Wasseräderchen und Bächlein durch den Wald einge- schränkt wird. In Bezug auf eine gleichmässigere nachhaltigere Abgabe der Gebirgswasser ist die Bedeutung der Gebirgswälder für die Niederungen eine unbestrittene. Als Schutz gegen zu rasche Schneeschmelzung kommt insbesondere der immergrüne Nadelwald nebst dem Unterholze der Nadelsträucher in Betracht. Wir haben gelernt in den Waldungen die Haupt-Reservoire für unsere Wasserquellen zu erkennen. DieWissenschaft hat nachgewiesen in welchem Grade die Dürre in den hochge- legenen Tafelländern mit der Entwaldung wächst, und dass im selben Verhältnisse in dem auf jenen Höhen der Wassermangel, im selben Verhältnisse auch in den Niederungen die plötzliche Ueberfluthung steigt. Dichter Wald und kahlgelegter Stein oder Erdboden stehen im grössten klimatischen Gegensatze zu einander. Kirgisen. Jedes Pferd trug jederseits einen Sakk, und | auf das Doppelte und zugleich musste der Käufer sich den dritten als Rükkenlast. Solch eine Pferdelast kostete | damit begnügen nur zwei Säkke als еше Pferdelast an- in dem, dem Gebirge zunächst liegenden Dorfe Nanaj | zuerkennen. nur 40 Kopeken. Bis Namangan erhob sich der Preis 2) Durch die Thalschlucht Tschonatsch. Mémoires -de l'Acad. Imp. des sciences, УПше Série. 40 314 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Seit die Entwaldungen der Gebirgshänge vorschreiten, nehmen die Verheerungen durch plötzliche Ueberfluthungen so sehr Ueberhand dass uns in den letzten Jahren die Zei- tungen immer häufiger über solche Verheerungen berichten. Zugleich wächst nämlich der Abstand zwischen der Ebbe niedrigsten Wasserstandes und der Hochfluth immer riesiger; der Unterschied der Wassermasse welche beide führen, hat schon Grössen erreicht die man früher nie gekannt !). Da die Wälder nebst dem Wasser ganz wesentlich die Extreme der Temperatur ab- stumpfen, so mag in dieser Beziehung das ohnehin an Extremen leidende Klima Zentral- Asiens sich im Laufe der Zeiten schon wesentlich verschlimmert haben. Haben sich auch in Ferghanä die Zustände schon merklich verschlimmert? wer vermöchte darauf eine sichere Antwort zu geben? aber dass sie sich bei der im vollsten Gange befindlichen Misswirthschaft in den Waldungen arg verschlimmern müssen, dass es zu spät für eine Umkehr sein wird wenn man die allzugrosse Deutlichkeit überwältigender Naturschrekknisse abwarten wollte, das ist mathematisch sicher, oder es müsste denn in Europa keine Gebirge, keine Alpen geben, an denen schon Jahrhunderte lang das Wissen des aufgeklärten Menschen, dem Staatshaushalte und der Noth der Völkerschaften hat zu Hilfe kommen können. Das Wieder-Aufforsten der Gebirgswälder, die Wiederbewaldung der Höhen hat sich zu einer der wichtigsten Fragen aufgeworfen. Schutz- und Bann-Waldungen sind zu Fragen der Tagesordnungen geworden, sei es auch nur dort wo es nichts Weiteres silt, als das Rutschen der Gebirgstrümmer und des Gebirgsschuttes zurükkzuhalten. Beachten wir die von mir in Anhang ТУ. С. den Akten nach berichteten verheerenden Fluthen in Ferghanä und stellen wir sie mit dem religiösen Aberglauben der Eingeborenen zusammen, der darauf hinauslief dass man wiederholt betonte: erst seit dem Auftreten der (ketzerischen) Russen seien solche Fröste, solche Verheerungen vom Himmel geschikkt wor- den, so darf man doch die Möglichkeit nicht ausschliessen, es sei in der That schon schlim- mer geworden als früher. Ja, ein Wasser- Aeltester sagte mir sogar rund heraus: «DasWas- ser sei so verderblich geworden, seit N. N. als Kreishauptmann eingesetzt wurde». Die vervielfachte Zerstörung der Waldungen, (wie wir gesehen haben bis zu den Heiz- sträuchern und Heizkräutern hinab), seit Russenwirthschaft und die Anforderungen an warme, ja heisse Wohnungen, Kasernen, Regierungsgebäude aller Art, an Schulen u. s. w.; an Prachtbauten — wenigstens in orientalischem Sinne — an technische Betriebe, wie z. B. Ziegeleien, u. $. w., u.s. w. sich eingestellt, lässt sich ja keinen Augenblikk verkennen. Sie hat in wenigen Jahren einen ungeheuren, plötzlichen Fortschritt genommen. Die höchsten Höhen der Gebirge Ferghanä’s sind mit Glätschern gesegnet; diese 1) Das Rheinthal wird in letzter Zeit, bald hier, bald | Jahr 1872 fielen. Allerdings ist das eben so sehr durch dort heimgesucht. Der Po-Fluss verursachte im 18. Jahr- | die fortschreitende Erhebung der Flusssohle und Dämme, hunderte 41 Deichbrüche, im 19. Jahrhunderte bisher | als durch zunehmende Hochwasser bedingt. schon nahe 1!/, Hundert, von denen 36 allein auf das Das Ног. 315 geben die letzten Fluthen im Hochsommer her, und zwar unabhängig vom Walde. Unzäh- lige Millionen Kubikklafter von Wasser werden zur Winterzeit auf ihnen verdichtet und abgelagert. Schottermassen stürzen über sie, die Sonnenwirkung verlangsamend. Die Glät- scher liegen ausserhalb der Gewalt menschlichen Einflusses. Weiter abwärts liegt die für die Wassermengen der ersten Hälfte des Sommers maass, gebende Waldregion, welche ihre Wasservorräthe gleichfalls vorzugsweise im Winter, in Form von Schneemassen, speichert. Je tiefer abwärts, desto mehr Einfluss üben diese Schnee- vorräthe auf die Saatzeit des Landmannes, auf die Vorbereitungen zu derselben und die ersten Bewässerungen. Je schneereicher, je weniger durch Thauwetter unterbrochen der Winter, desto weniger fürchtet der Eingeborene die Möglichkeit der Dürre für den folgenden Som- mer. Hier die gefallene Schneemenge so langsam als möglich zum Schmelzen zu bringen, den Schneefall womöglich zu vermehren, das Hinabrollen der Felstrümmer aufzuhalten — das ist die grosse Aufgabe die nichts Anderes als ein vernünftiger Waldschutz zu lösen ver- mag. (Genauer betrachtet ist dieser keinesweges unausführbar. Bei der ungeheuren Ausdehnung der, Holz jeglicher Art, liefernden Oberflächenstrek- ken Ferghanä’s dürfen wir sagen dass dieselben die Kulturfläche des Thales wohl um das Zwanzigfache übertreffen‘). Nach europäischem Maasstabe ein unerhört günstiges Verhält- niss, denn wenn wir auch gern zugeben wollen dass die Gebirgswaldungen Ferghanä’s nicht mit europäischen verglichen werden können, so hält dem doch das heisse Klima des Thales, die Wüchsigkeit der Weich-Hölzer, die rege Baumpflanzung im Thale, die Aner- kennung von Dornsträuchern, Stoppeln und Unkräutern *) als genügendes Heizmaterial u. d. m. reichlich die Waage. Man beginne doch damit die einzelnen wirklich gefährdeten Waldkomplexe der freien Benutzung zu entziehen und erlasse nicht von vorn herein ein allgemeines Verbot. Allmäh- lig vorschreitend in der Bevormundung des Waldes würde man sicher zu der Einsicht ge- langen, dass er im grössten Theile seiner Ausdehnung oder Nutzung freigegeben werden kann; — ja, muss. Worin sitzt denn der Hauptverbrauch? Offenbar in der Köhlerei, die in der altherge- brachten Gewohnheit der Kohlenbenutzung wurzelt. Da tritt uns aber die angenehme Ent- dekkung entgegen dass es schon bisher gleichfalls in der Gewohnheit gelegen, nur ganz schwaches Holz zu verkohlen. Abgesehen von den Märkten, musterte ich im Kreise Na- mangan die vom Gebirge herabsteigenden Pferde und fand zu meiner Verwunderung das stärkste verkohlte Rundholz kaum über 2 Zoll im Durchmesser haltend. Freilich glaube ich jetzt nachträglich errathen zu können wie das zusammenhing: es waren wohl die insbeson- 1) Rechnen wir beispielsweise dass die Kulturoasen | um das Fünffache übertrifft nicht mehr als !/, des Thales besetzen, Letzteres aber 2) Зо #. В. wesentlich die Wermuthpflanzen (Schnak). von einem Gebirgsgürtel umgeben ist, der die Thalgrösse 40% 316 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. gesuchten, vorzüglichen Kohlen aus Pistazienholz, das eben nicht stärkere Knüppel geboten hatte !). : Die Pachten von den Fruchtbäumen im Auge wird man allerdings dieser alten Wirth- schaft wehren müssen, aber immerhin liegt überall so viel zur Verkohlung taugliches La- gerholz darnieder, stekkt Alles so voll nichtsnutzig an den Stämmen vertrokknender Spiesse, dass man an vielen Orten sogar noch eine gute Reihe von Jahren ausschliesslich die Ver- kohlung der Fruchtbäume wird zulassen können, ja, befördern müssen. Verbietend einzu- greifen wäre grundfalsch. Es käme nur auf eine leitende Beaufsichtigung an. Dann würden ausser dem Lagerholze abgelebte, abständige, fehlerhafte Bäume vom Stamme gehauen, das junge Holz von der Unterdrükkung befreit, der Wald zu rascherem Heranwachsen verjüngt; was Alles im höchsten Grade Noth thut, denn überall starren uns dort verdorrte Spiesse entgegen. Die (Gegenwart gewänne so viel Brennmaterial als nöthig, die Kirgisen gewännen Arbeit und Einnahmen, der Wald käme in forstliche Ordnung, und der Holzbedarf der Zu- kunft wäre unvergleichlich mehr gesichert als wenn man den Forstbann ausspräche. Von Schlag zu Schlag würde man vorschreiten. Die Erhaltung des kriechenden Wacholdergestrüppes, der Rosen, Caraganen, Loniceren, Ephedren u. 3. w., und der Schirm eines sie mit dichtem Laubdache überragenden Ощет- holzes ist in Betreff der Schneeschmelze von hervorragender Wichtigkeit. Es soll die Köhlerei vom Jahre 1880 den Kirgisen verboten worden sein. Das würde ich nicht nur für einen ökonomischen, sondern auch für einen politischen Fehler halten. Das Gesindel muss beschäftigt, nicht brach gelegt werden. Die plötzliche Theurung des Brennmaterials muss die ärmliche Bevölkerung die in den Städten sitzt in grosse Aufregung versetzen. Der Kern der Waldfrage liegt jedenfalls ausserhalb der Waldreviere, in den reichen Steinkohlenlagern mit welchen Ferghanä gesegnet ist. Dass für die Anbahnung der Ausbeu- tung der Kohlen nicht gesorgt worden, ist jedenfalls ein Hauptvorwurf der die Verwaltung des Landes trifft. So viel ich weiss ist nach meiner Anwesenheit in Ferghanä die Ausbeutung der Koh- lenschätze, welche bis dahin Harpagos bewachte, Allen und Jeglichen freigegeben worden. Ist damit genug geschehen? Mit nichten. Die Wege zu den Kohlen müssen vor Allem hergestellt werden, sonst bleiben diese Hauptschätze unerreichbar. Es scheint ganz praktikabel was H. Nalivkin vorschlägt, näm- lich an geeigneter Stelle eine Brükke über den Naryn. Damit wären alle Schwierigkeiten beseitigt, denn es gilt doch hauptsächlich, bis zum schiffbaren Wasser zu kommen. Und einer solchen Lumperei wegen sollte Alles im alten Zustande bleiben? Das wäre zu viel der Schande, 1) Teich untersuchte die Heizkraft der Pistazien- | gleichkommend (Турк. ВЪд. 1879, № 81). Kohle und fand sie 6000 bis 6188 Wärme-Einheiten . АС" ee - Le" dy чт: ONU ON TR. Das Hozz. 317 denn die Brükke flussabwärts am Nargan bei Utsch-Kurgan, hat ein sartischer Privat- mann dem allgemeinen Besten als Opfer dargebracht. So erzählte man mir. Bei dem Nadelholze kommt der Bedarf an Balken und Brettern für die Bauten des Kulturstaates in Betracht, und in solchen Revieren der Grenen so wie der Artscha käme es allerdings auf Schonung und revierweises völliges Abschliessen der Waldnutzung an. In entwaldeten Gebirgen wachsen bekanntlich die Sämlinge stämmiger Nadelhölzer nicht leicht anders als im Schutze niederer Gestrüppe empor, andererseits ist aber glükklicher Weise in den Gebirgswaldungen Ferghanä’s durch die Natur dafür gesorgt dass es an Saatbäumen nicht fehlen kann, da man die mächtigsten Stämme häufig von den unzugänglichsten Stellen und Felsabsätzen ihre Saaten auch dort herabsenden sieht, wo im Uebrigen der Mensch schon aufgeräumt hat. Gegen das theils ausgeführte theils vorgeschlagene Verbot der Benutzung der Birken- rinde wäre ich gleichfalls. Wahrscheinlich wird sie im Frühling mit der Borke geschält, und das hat seine guten Gründe, bedingt aber zugleich das beklagte Ausgehen der Bäume. In diesem Falle kann Alles zum Besten gewendet werden, wenn zugleich mit dem völlig frei zu gebenden Entrinden das Fällen des Baumes und das unberührte Liegenlassen desselben über Frühsommer angeordnet würde. Das an dem gefällten Baume hervortreibende und schliesslich abtrokkende Laub giebt über Sommer dem Stamme die geschätztesten Eigen- schaften als Nutzholz, die Aeste würden verkohlt werden, und der Stokkausschlag ersetzte die Bäume ungemein rasch. Auch das Wühlen der Kirgisen nach der Gerbewurzel Scharana, würde nur neben dem Wühlen der in den Obstwaldungen so zahlreichen Wildschweine den Boden für die Aufnahme der Baumsaaten besser befähigen, und könnte also ruhig geduldet werden. Die Techuik der Holznutzung anlangend so ist die Besorgung von Sägen an die Kir- gisen das schreiendste Bedürfniss. Die Holzverzettelung die durch die Axt, bei saurer Mühe ‚und Arbeit, verübt wird ist entsetzlich. Wollen wir auch das Niederstrekken der Stämme mit der Axt unbeachtet lassen, so ist das barbarische Zurichten der Klötze mit Hilfe be- sagten Universal-Instrumentes himmelschreiend. Anmerkung. Während des Drukkes des vorliegenden Abschnittes kommt mir eine dankenswerthe Mittheilung des Herrn Nalivkin vor Augen, welche er in den Type. ВЪд. 1880, №7 und 8, veröffentlicht hat. Da derselbe (vergl. weiter unten) an Ort undStelle, d.h im Namangan- Kreise inmitten des Landvolkes lebt, so gewinnt das was er sagt besondere Bedeutung und ich freue mich, meine Ansicht bestätigt zu finden. Er belehrt uns darüber dass noch kaum ein Viertel- jahrhundert zurükk die Gebirgswaldung bis zu dem von mir besuchten Dorfe Мапа} reichte und dass noch jetzt in diesem Dorfe Häuser stehen, zu denen das Holz un- mittelbar am Dorfe gefällt wurde. Noch zu den Zeiten Khudojär-Khans, des Vorgängers der Besetzung des Landes durch die Russen, gab es auf dem Platze Dshaik am Ufer der von mir vielfach erwähnten Potsch -atä einen Markt für Bau- und Brennholz. Jetzt stiess ich erst drei Meilen aufwärts vom Dorfe, an diesem Gebirgs- bache auf die Vorposten verkümmerten Holzwuchses, denn die Bevölkerung war hier in letzter Zeit in auffal- lender Weise gewachsen. Besonderer Aufmerksamkeit empfiehlt H. Nalivkin die Beheizungsfrage, welche dort im Verbrauche von Wermuthstengeln — Schuak genannt — gipfeln soll Sehr eindringlich ist H. Nalivkins geflügeltes Wort, dass nicht der Mangel an Heizmaterial das Schlimmste 318 А. у. MIDDENDORFF, КЕВСНАМА. Beim Verkohlen könnte für’s Erste Alles in üblicher Weise fortgesetzt werden. Im Bereiche der Lössgebirge fand ich die in senkrecht abfallende Stufen derselben, von der Absturzseite her, seitlich in den Löss hineingearbeiteten kleinen, improvisirten Kohlenöfen, aus denen eine oder mehre Oeffnungen, als Zuglöcher sich gerade nach oben öffneten, zwekk- entsprechend genug. Besser lassen sich wohl die gegebenen örtlichen Verhältnisse nicht ausnutzen, als durch so einfaches Verfahren. Dafür dass ich mich nicht durch theoretische Anschauungen habe hinreissen lassen Unaus- führbarem das Wort zu reden, möge der Anhang VI Zeugniss ablegen, in welchem der auf- geklärte und von unermüdlichem Eifer beseelte Kreishauptmann von Namangan seinen Entwurf für die systematische Durchführung einer Forstwache auseinander gesetzt hat. Ich theile auch die Ansicht dass die Ausgaben für eine solche Organisation durch die Verpach- tungen gedekkt und ein Ueberschuss behufs Anlegung einer Forstkasse erzielt werden könnte, denke mir aber die Einrichtung so dass man das Schwergewicht darauf legte, die Verpachtungen nur an solche Individuen zu vergeben welche sich in den Regeln, nach wel- chen fortan die Forstnutzung zu handhaben wäre, praktisch unterweisen liessen, und zu- gleich die Verantwortung für die richtige Ausführung übernehmen würden. Das setzt dann allerdings einen Forstkundigen voraus, der zugleich die Unterweisung, wie auch Ueber- wachung mit Hilfe ihm untergebener berittener Forstwächter zu leiten hätte. Haben doch sogar die Chinesen Forstwachen anzustellen für nöthig befunden'); nur dürften wir nicht auch ihren verrotteten Zuständen, in der Ausführung des Unternommenen nachhinken wollen. Ich bin der Ansicht dass es sogar möglich wäre mit Erfolg das Zerstören der Wurzel- stökke des Saxaul, das Abbrennen von Grenendikkichten zu verhüten, das Befolgen einer gewissen Wechselwirthschaft im Beweiden durchzusetzen: an gewissen Oertlichkeiten an dasselbe reissend ab. : nat — durchschnittlich — bestreiten. Gegenüber den Er gränzt genau die Wermuth-Region ab, welche | 80 Kopeken die sich der fleissige Mata- Weber wöchent- zwischen der Niederung des Ssyr-Thales und dem Ge- } lich verdient, ergibt sich die höchste Sparsamkeit mit birge, die Vorhöhen, auf etwa 2400’ bis 4000’ Höhe be- ! dem Brennmateriale, als zwingende Nothwendigkeit. setzt, und eine Oberfläche von 4 bis 51/, Hundert Qua- Eine Hauptursache der reissenden Abnahme der Wer- dratwerst, die sich einiger Sommerregen erfreut, ein- ; muthstauden liegt in dem Abhauen derselben dicht unter nimmt. der Erdoberfläche um die Abzweigungen im Zusammen- Trotz dieser weitenBezugsfläche ist schon ein schwer | halte zu gewinnen. Dringt der Ketmen dabei um ein Ge- drükkender Mangel an diesem Heizmateriale eingetreten, | ringes zu tief ein, so greift seine Schneide unter den obgleich demselben abgestorbene Fruchtbäume, Wein- | Wurzelknoten, und die Pflanze stirbt ab; zumal bei dür- reben, das Gesträuch der Baumwollstauden, das Stroh | rem Frühjahre. der Dshugara-Hirse, des Kunshut, Melonenstengel und In grösserer Nähe der Behausungen kommt es daher Dungfladen zu Hilfe genommen werden. schon zu schlimmen Streitigkeiten wegen des Wermuth, Der Preis einer Arba (Karrenladung) ist schon bis auf | dessen Mangel um so fühlbarer wird, da er’zugleich als 1 Rub. bis 1!/, Rub. gestiegen. Eine solche Karrenladung | wesentlichste Nahrung der Kameel- und Schaaf-Heerden, fasst 50 bis 60 Bund Wermuthpflanzen, und trotz der | wenn dieselben durch Schneefall oder Glatteis im Winter ausserordentlichen Sparsamkeit mit der die Eingeborenen | von den Höhen hinabzusteigen gezwungen sind, dient. mit dem Heizmateriale umgehen, lässt sich eine Wirth- 1) Prezewaljskij, Ilyremeergie I, стр. 114. sei, aber wohl die Thatsache: von Jahr zu Jahr nehme schaft kaum mit weniger als einer Karrenladung im Mo- у ее И, ts À че К Аа ÉLIRE. des > 1 В > TOR Das Нови. 319 denen es wirklich von hohem Belange, und nur an solchen. Obgleich mein Leben lang Zeuge und Feind des leidigen leeren Papierwesens gewesen das Russland trotz der besten Vor- schriften verderbt, weil dieselben nicht erfüllt werden, wage ich doch Obiges auszusprechen da ich die Gewissenhaftigkeit kenne mit der die Nomaden jeglichen Namens das ausführen was angeordnet ist. Aber richtig muss man es angreifen, So abenteuerlich es auf den Stutz klingen mag, so halte ich es doch keineswegs für unleistbar, in den sogenannten Waldungen der Steppe, von gewissen Partien an denen gele- gen sein dürfte, sogar das Weidevieh abzuhalten. Habe ich doch die Kirgisen vor meinen Augen, unter Zuhilfenahme einzelner undurchdringlicher, von der Natur gegebener Dor- nengestrüppe, weite Flächen mit niedergestrekkten Dornsträuchern so unübersteigbar ein- hegen gesehen, dass ich lange suchen musste bis es mir gelang den offen gelassenen Ein- gang zu finden. Im Schutze der todten Dornwälle schiessen dann auch lebende Dornhekken bald empor. Hier mag es am Platze sein zu erwähnen dass man nicht vergessen möge wie nahe oft Schätze an Brennmaterial ganz anderer Art als die genannten, der holzlosen Steppe sind. Es ist der Schilf dessen Heizkraft wir oben (p. 310 Anm. 1) berührt. Bis drei Faden Höhe erreichend bietet er bekanntlich den Nomaden nicht nur das Feuerungs- und auch Bau- material, sondern auch ebenso kräftigen ja besseren Schutz gegen Stürme und Frost, als der Wald, und zu alledem noch in seinen jungen Schossen Nahrung für das Vieh. Was die Holzpflanzung in den kultivirten Gegenden betrifft, so haben die Eroberer doch wohl von den Bezwungenen zu lernen, und mit Freuden sei es berichtet, auch schon viel gelernt. Man vergleiche was auf Seite 301 (nebst Nachtrag) gesagt ist. Die grosse Nach- frage nach Holz aller Arthat auch das Ihrige geleistet und ich war nicht wenig erstaunt als ich über eine Meile vor Taschkent schon sonderbar dicht stehende Stekklinge und Stangen die Nähe der Ansiedlungen einrahmen sah. Man bedeutete mich es seien unternehmende Sarten, welche mit bedeutendem Vortheile in der Stadt die grosse Nachfrage nach Setzlingen von Weichhölzern und Fruchtbäumen befriedigten. Bei meiner Rükkreise steigerte sich meine Verwunderung zur Bewunderung, als ich von Taschkent aus') durch baumleere Steppe fah- rend, in 60 Werst Entfernung von der Hauptstadt nicht nur ein kirgisisches Dorf?) ziemlich bepflanzt antraf, sondern bei einem Kirgisen desselben gleichfalls eine Baumschule für den Verkauf. Das will aber gar viel sagen, denn von Hause aus ist der Kirgise ein Waldver- nichter, obgleich steppengeboren. Dort wo kirgisische und sartische Ansiedlungen aneinan- der stossen, erkennt man die ersteren fast ausnahmlos an ihrer Baumlosigkeit, denn auch auf Obstgärten verstehen sie sich nicht. Mit Aufmunterungen, Belohnungen und Vorschriften dürfte bei den Kirgisen Manches für die Baumpflanzungen gewonnen werden können. Die Aufgabe ist nicht leicht, darf aber 1) Von Kaplan-Beg an, das 18!/, Werst von Tasch- 2) Scharapchana. kent liegt, begann die Baumlosigkeit. 320 À. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. um so weniger hoffnungslos bei Seite gelegt werden, als doch in beispielsvoller Weise, die Chinesen es zuwege gebracht hatten dass auf dem Wege nach Kuldsha beiderseits auf 10 Werst Erstrekkung von innen ein herrlicher Wald angepflanzt worden war '). Um zu zeigen dass man auf dem besten Wege ist in der Holzfrage den richtigen Weg zu verfolgen kann ich es mir nicht versagen nachfolgenden Auszug aus den Akten hier mit- zutheilen. Der Gouverneur des Bezirkes Ssemiretschje hatte ein Projekt eingereicht, das «Vor- schriften für Holzanpflanzung» enthielt. Diese hatte der Generalgouverneur von Turkestan im Jahre 1876 in die Hauptstadt eingeschikkt, wo sie vom «Speciellen Comité für Wald- angelegenheiten» im Ministerium der Domänen begutachtet wurden. Dieses Gutachten ge- langte auch nach Ferghanä, dessen Gouverneur es seinen Kreishauptleuten zur Nachach- tung zuschikkte, mit dem Bedeuten dass die Sarten wohl kaum, die Usbeken aber um so mehr in dieser Angelegenheit berükksichtigt werden müssten. Bei dieser Gelegenheit rich- tet Generalgouverneur v. Kaufmann, die Aufmerksamkeit des Gouverneurs Abramov, da- rauf, wie nöthig es sei den schlimmen Folgen der Waldverwüstung bei Zeiten zu steuern und erinnert ihn an die Waldverwüstung in den Gebirgen des Särafschan-Gebietes, wo der starke Kohlenbrand schon seinen schädlichen Einfluss auf die Fruchtbarkeit der Gegend zu äussern beginne. Daran knüpft der Generalgouverneur den Wunsch, in möglichst kurzer Frist Winke darüber zu erhalten wie der Wald erhalten werden könnte. Die nöthigen Nach- richten über die vorhandenen Wälder Ferghanä’s sollen eingezogen und vorgestellt wer- den, um späteren Verfügungen als Grundlage zu dienen ?). | Jene Vorschriften hatten es vorzugsweise auf Belehrung der Kosaken und Bauern in Ssemiretschje abgesehen, und beabsichtigten an solchen Orten den Anfang mit Anpflan- zungen zu machen, wo der Holzmangel sich am fühlbarsten zeigte. Man schlug vor, das An- pflanzen von Bäumen schnellwachsender Art an den Oertlichkeiten an denen es die Kreis- hauptleute für gut finden würden, zu einer Verpflichtung aller Hausinhaber zu erheben. Dagegen sollte das Anlegen von Fruchtgärten nur für diejenigen Hausinhaber verpflichtend sein, welche sich völlig freiwillig dazu bereit erklären wollten. Es war keinesweges die Anpflanzung von Waldparzellen beabsichtigt sondern nur das Um- und Bepflanzen der Häuser, der Gärten, Felder, Kirchen, Todtenäkker, Plätze, Wege u. 4. m., mit Stekklingen von Weiden und Pappeln, und zwar nicht weniger als 15 Stükk jährlich, durch jeden Hauswirth. Die Kreishauptleute, Stanizen-Atamane und Dorfs-Aëlte- 1) Choroschchin, Сборникъ статей 1876, стр. 316. | werden, und zwar nicht weniger als 100 Bäume auf je Турк. ВЪд. 1876, стр. 132. 2500—3000 Quadratfaden der bebauten Flächen. Das 2) In den Турк. ВЪд. des Jahres 1879, № 18 lese ich | kontrastirt in sonderbarer Weise zu dem Aufrufe in № 10 einen Befehl des Generalgouverneurs, welcher _ dieser | desselben Jahrganges, wo, im selben Blatte für den An- Angelegenheit weitere Folge gibt. An den Quellen des | didshan-Kreis Ferghanä’s Pächter gesucht werden: für Särafschan soll das Holzfällen eingestellt, und im Säraf- | die Waldesfrüchte, Färbewurzeln und für das Kohlen- schan-Kreise und am Amu-Darja sollen Bäume gepflanzt ! brennen. В. te ed Das Ноги. . 321 sten sollten die Aufsicht über die vorschriftmässige Ausführung führen. Ohne es auszu- sprechen lag im Projekte die Absicht vor, alle Hausbesitzer, wess Standes sie auch seien, ja nicht nur die Städter, sondern sogar die ansässigen Kirgisen zu solchen Anpflanzungen, durch Ueberzeugung von deren Nützlichkeit heranzuziehen, Zu diesem Behufe waren dem Projekte Anleitungen für das Behandeln der Schösslinge, Stekklinge und der Ansaaten bei- gelegt, welche man in russischer Sprache sowohl als in den Sprachen der Eingeborenen zu veröffentlichen und überallhin zuzusenden beabsichtigte. Es erfolgte nachstehendes Gutachten des Comite, in Bezug auf die technischen Vor- schriften jenes Projektes. Der Comité, fand das Unternehmen der vollsten Theilnahme werth und keinesweges unausführbar. Auf diesem Wege liessen sich in verhältnissmässig kurzer Zeit, bei beharrlichem Verfahren treffliche Resultate erzielen und die örtliche Bevölkerung vermittelst des Augenscheines von dem grossen Nutzen solcher Anpflanzungen überzeugen. Die Entwikkelung des Obstbaues werde vielleicht noch rascher den materiellen Vortheilen das Wort reden, welche der Obstbau gewährt. Weiter dürfe man nicht gehen, keine Pflanzung von Wäldern vornehmen wollen, da viel Geld, Zeit und Arbeitskraft dazu erforderlich sei, um dort Wälder zu erzeugen wo über- haupt keine gewesen, oder wo sie ausgerottet worden. Wäre das nicht so schwierig, so fän- den sich im europäischen Russland, dort wo ausserordentlicher Holzmangel fühlbar sei, schon weite Länderstrekken mit Wald bedekkt; denn die Regierung habe es von ihrer Seite an nichts fehlen lassen, und unvergleichlich reichlichere Hilfsmittel zu Gebote gestellt, als solche der Administrazion von Ssemiretschje zu Diensten wären. Somit begnügte sich der Comité damit, dem Unternehmen allen Erfolg in der Gegen- wart so wie in der Zukunft zu wünschen und empfahl: sich anfänglich auf die Bepflanzung der nächsten Umgebungen solcher besiedelten Punkte zu beschränken, welche leicht beauf- sichtigt werden könnten. Solche Aufsicht sei gar nöthig, da eine Zwangsmaasregel beabsichtigt sei, und die Dorfes-Aeltesten, so wie Consorten, sich den technischen Schwierigkeiten selten gewachsen zeigten, welche durch lebendige Beispiele beizubringen seien. Deshalb dürfte das Anleiten der Bauerjugend in den vorhandenen Garten-Anstalten, zur Behandlung der Gar- ten- und Waldpflanzungen mehr Erfolg versprechen. Das sei ernst anzugreifen. Die vorge- stellten für den Drukk bestimmten Anleitungen wurden vollkommen zwekkentsprechend be- funden. Also auch für diese technische Angelegenheit hatten sich an Ort und Stelle befä- higte Vertreter finden lassen. - Und dass das kein «leerer, thörichter Schall» war, wollen wir zuversichtlich hoffen. Der jugendliche Besitz Russlands, Ssemiretschje, geht den später in Mittel-Asien erwor- benen Ländern mit vielem guten Beispiele voran, Schon von 1864 an wurde ein Versuchs- garten angelegt, unter Leitung eines europäischen Gärtners gestellt, wurde es mit Obst- bäumen aus dem Westen, zumal mit Propfen ihrer Reiser auf Wildlinge des Landes, mit Reben aus der Krimm versucht u. в. w.'). Nicht nur in Wernoje, sogar bei einer unbedeu- 1) Type. B&ı. 1876. Mémoires de l'Acad, Imp. des sciences VIIme Série. 41 322 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. tenden Gränzfeste gegen China, wurde ет «Kronsgarten» angelegt der den Gartenbauern des Umkreises von Kuldsha als Vorbild dienen sollte!). Man erfährt nur zu wenig was da- raus geworden ist, und doch würden gerade periodisch alljährlich abzustattende Berichte die Aufmersamkeit wach halten, Ueber Misserfolge?) Nachricht zu erhalten ist besonders lehrreich; denke ich. Wir wissen dass in dieser Hinsicht Taschkent das in grösserem Maasstabe fortgesetzt hat?) was dort begonnen war. Im Jahre 1876 gab es schon einen russischen Handels- gärtner; im Auftrage des Generalgouverneurs wurden Akklimatisazions-Versuche angestellt. Im Jahre 1878 wurden aus dem städtischen Garten des Generalgouverneurs 1900 Stükk Pflänzlinge vertheilt‘) u. s. w. Die Leistungen wachsen mit jedem Jahre in erstaunlicher Weise. VI. Die Akkerbzauer. Seit einer Reihe von Jahren bleibt die Annahme geltend dass das frühere Khanat Ko- kan, unser jetziges Ferghanä, eine Oberfläche von 1330 Quadratmeilen einnehmen °) dürfte. Die Bevölkerung wurde anfänglich angenähert auf 800,000 Menschen geschätzt, neu- erdings mit scheinbar grösserer Wahrscheinlichkeit höher, und zwar auf 960,000 Seelen angeschlagen. Bleiben wir bei der mässigsten unter den gebotenen Zahlen, bei einer Bevöl- kerung von 720,000 Köpfen stehen, so kommen etwa 540 Köpfe auf die Quadratmeile; da- bei ist man theilweise der chinesischen Methode gefolgt welche auf jede Familie durch- schnittlich fünf «Mäuler» rechnet. Allerdings viel praktischer als unsere «Köpfe» oder gar «Seelen» 5). Ziehen wir jedoch einen der sieben Verwaltungskreise Ferghanä’s, den Namangan- Kreis, insbesondere in Betracht, so ergiebt sich nach dem mir zugänglichen Materiale für ihn eine doppelt so grosse, 1000 Köpfe auf die Quadratmeile übersteigende, Dichtigkeit der 1)Choroschschin, Сборникъ статей, 1876, стр. 313. | № ХХХШ und XXXIV, und im Bullet. des Natural. de In Borochudsir. Moscou, 1879, I, p. 126. 2) So meldet Kostenko (Сред. Asia, 1871, р. 185) 4) Турк. B&ı. 1878, стр. 28. dass einige Jahre bevor er schrieb 500 Rub. für Baum- 5) Petermann Geogr. Mittheilungen, Ergänzungs- saaten und Werke verausgabt wurden. Man beabsichtigte | heft 1874, № 35, р. У. Brehm und Wagner, Ueber die Frts. am Ssyr mit Forsten zu beschenken. «Пока | die Bevölkerung der Erde. - ровно ничего не вышло» Sagt er mit Recht. Nichts- Ebenso 1875, Ней 41, IX. destoweniger soll in Ferghanä sich schon Aehnliches 6) Nach Arendarenko’s (Маевъ, матер1алы У) wiederholt haben. Das ist deun schon viel schlimmer, und | genauen Zahlenangaben kommen in dem nur 35 Werst muss sehr falsch angegriffen worden sein. von Ssamarkand abstehenden Urgut fast 6 Köpfe auf 3) Vergl. Regel’s Bericht in Турк. ВЪд., 1876, | jedes Haus. Die AKKERBAUER. 329 Bevülkerung '), welche diesen Kreis in beregter Hinsicht neben Livland und Kurland stellen würde; was kaum glaublich scheint. Wenn aber diese Angaben auch sicher wären, so könnten sie uns doch eben so wenig Halt für fernere aus den Bevölkerungsverhältnissen zu ziehende Schlüsse gewähren als die im Ganzen hingeworfene Angabe dass Turkestan 24 Menschen, die Baltischen Provinzen aber deren 36 auf die Quadratwerst haben; denn Ferghanä ist ein Oasenland das nach Ab- zug seiner Salz,- Sand- und Felswüsten nicht über '/, angebauten Landes aufzuweisen haben dürfte. Gegenwärtig da die in Angriff genommenen genauesten Aufnahmen, des Landes sowohl als der männlichen Bevölkerung schon ihrer Beendigung nahe sein dürften, wäre es müssig sich in annähernde Schätzungen zu verlieren, wenn mir nicht daran liegen müsste meinen Lesern den Eindrukk einer fast übermässigen Dichtigkeit der Bevölkerung mancher Oert- lichkeiten Ferghanä’s glaubwürdig darzustellen. Ich beschränke mich also auf den Hin- weis dass wenn meine Annahme jenes einen Fünftheiles einigermaassen dem Thatbestande nahe kommen sollte, die bodenstete Bevölkerung der Oasen Ferghanä’s an 5 Tausend Personen auf die Quadratmeile ausmachen würde; eine Anzahl welche im europäischen Russland anderweitig nirgends ihres Gleichen findet. Gehen wir aber davon aus dass nach europäischen Verhältnissen die Dichtigkeit der landwirthschaftlichen Bevölkerung bis auf 80 Köpfe pro Quadraswerst anwachsen muss, wenn so durchgreifende Bewässerungen wie Ferghanä sie geniesst mit Erfolg beschikkt sein wollen, so ist unsere obige Annahme des Verhältnisses zwischen Bevölkerung und Kultur- land, eine voraussichtlich irrige. Verlassen wir also dieses unfruchtbare Feld des Spieles mit unbekannten Grössen um so entschiedener, als die topographische Aufnahme der Kulturflächen Ferghanä’s schon be- endet sein dürfte, die Volkszählung begonnen hat und deren Veröffentlichung offenbar näch- stens bevorsteht. Petermann’s geogr. Mittheilungen, Ergänzungs- heft № 49, 1876, р. 21. Nach Kuhn’s Schätzungen, auf Grundlage der Nachweise welche sich aus den Verwal- tungspapieren der letzten Khane entnehmen liessen. Je- gaben für jedes einzelne Dorf. die mir aus der Oberver- waltung Ferghanä’s amtlich zugestellt worden sind, für alle Kreise im Ganzen nicht mehr als 144,000 Feuer- heerde zusammenzählen, und das ungeheure Defizit von des Haus, so wie Zelt, wurde von 5 Personen bewohnt angenommen; und ergab sich obige Summe auf 132,000 Feuerheerden Ansässiger, nebst 60,000 Zelten der No- maden. Vergl. auch Buniakovskij in Маевъ, Еже- годникъ, 1872. Schuyler (Turkistan, 1876, II, р. 302) glaubt frei- lich dass die Annahme von 600,000 schon zu viel thue, das steht aber in Widerspruch mit seiner Annahme dass in Taschkent mehr als 5 Personen auf jedes Haus kom- men und dass statt 60, man 120,000 Einwohner in Tasch- kent annehmen müsse (daselbst I, p. 104). Nichtsdestoweniger lassen sich aus namentlichen Auf- | 48,000 Feuerstellen, gegenüber den Angaben Kuhn’s, bleibt mir unerklärlich, scheint jedoch vorzugsweise auf den nomadischen Theil der Bevölkerung zu fallen. Schade dass Schuyler die Quelle für seine Annahme nicht angibt. Nach den von mir benutzten Angaben kommen durch- schnittlich gegen 17 Dörfer auf jede Wolostj. 1) Nach Stebnitzky nimmt der Namangan-Kreis 7766 Quadratwerst, gleich 160,, Quadratmeilen, oder 8838,, Quadratkilometer ein, und zählt 190,000 Einwoh- ner (vergl. Peterm. 1. c.). 41* 324 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Dass unsere im Vorstehenden versuchten Ueberschläge auf sehr annehmbarer Grund- lage beruhen lehrt uns Ferghanä auf Schritt und Tritt. Sowohl zur Bestellungszeit der Aekker im freien Felde, als auch auf den belebten Strassen der Städte und Dörfer gewinnt man den Eindrukk dass die Bevölkerung welche sich auf die Oasen konzentrirt eine sehr ge- drängte ist. Dieser Eindrukk wird dadurch verstärkt dass man fast ausschliesslich nur Männer sieht zu denen sich noch zahlreiche Schaaren von überall sich tummelnden, oder in den Zuleitern umherplätschernder Kindern gesellen, so dass man unwillkührlich zu der An- nahme geführt wird, die Bevölkerungszahl sei im raschen Anwachsen begriffen. Wenn im Ganzen der Zuwachs der Bevölkerung Russlands ein Prozent nur wenig über- steigt, so möchte ich für Ferghanä das Doppelte und Dreifache davon zulässig finden. Dazu die Menge der Gaffer und Schwätzer. Wo Einer im Felde arbeitet da finden sich bei der geringsten Veranlassung 5, ja bis 10 Сайег ein. Kaum fragt man den einen Akke- rer nach Diesem oder Jenem, so finden sich auch schon 3 bis 4 ungebetene Zeugen hinzu, welche ihre Arbeit im Stiche lassen. Als eifrigen Landwirth, aus Gegenden kommend in de- nen die Kürze des Sommers die Frühjahr-Arbeiten über die Maassen drängt und jede Mi- nute ausgenutzt sein will, erfüllte mich ingrimmige Verbissenheit gegenüber dem so unbe- fangenen Gebahren der Faullenzer. Bald lernte ich aber die gemüthlichen Leutchen gelin- der beurtheilen, als ich Einsicht darin gewann dass ich Orientalen vor mir hatte, dass es der Hände mehr als nöthig dort giebt, dass die Arbeiten sich nicht so drängen wie bei uns, dass es dort keine Heuzeiten, geschweige denn mit ihnen zusammenfallende Regenzeiten giebt, dass dort insbesondere die erste Hälfte des Sommers mehr Zeit lässt als die zweite, dass die Wässerungen das ruhige Abwarten zur Pflicht machen, indem sie nur in bestimm- ten Reihenfolgen, den Einen, nach dem Anderen zur Nutzung zulassen u. d. m. Als ich später, im Mai und Juni, dieselben Faullenzer im fürchterlichsten Sonnenbrande trotz entnervender Hitze von 70° Cels., bei völlig entblösstem Oberkörper in Schweiss ge- badet, mannhaft den Ketmen schwingen sah, ging mir vollends die Stimmung aus, sie zu verdammen, und hat es mich ausserordentlich gefreut dass, der allgemeinen Klage gegen- über, das Endurtheil zu dem ich gelangte unterdessen einen tüchtigen und unparteischen Fürsprecher — Arendarenko — gefunden hat'!). Er weist nach dass man die Lebensver- hältnisse der Orientalen näher kennen lernen müsse um einzusehen wie es unter ihnen nur wenig Müssiggang gebe. Wenn es, unfraglicher Weise eine Vorbedingung für das Blühen intensiver Landwirth- schaft ist dass die Bevölkerung dicht auf einander sitze, es nie an Händen mangele, so ist diese Vorbedingung in genügender Weise durch die inselartige Oase geboten. Ist nun aber von der Verwendung dieser Menschenmenge als Arbeitskraft zu Gunsten des Akkerbaues die Rede, so stellt sich im gegebenen Falle sogleich die Frage in den Vor- 1) Маевъ, marepiarpt У, 1879. DIE AKKERBAUER. 325 dergrund, ob man die eine Hälfte der Bevölkerung Ferghanä’s, diejenige der mongolischen Bewohner des Landes überhaupt in Rechnung ziehen dürfe. Fast einstimmig lautet die allgemeine Meinung dagegen. Dieses Urtheil das in frühe- ren Zuständen seine Begründung findet welche eben erst im Beginne ihrer Umgestaltung begriffen sind, bedingt derart folgenschwere Maasregeln von Seiten der Staatsbehörde dass mir unumgänglich scheint mich bei diesem Gegenstande etwas aufzuhalten. Im Vorübergehen haben wir vorstehend wiederholt berührt!) dass die Nomaden Mit- telasiens keinesweges den Mühen des Akkerbaues so fremd sind als man gewöhnlich behaup- tet. Schon in meiner «Barabä» hob ich Manches hervor was geignet war Nachdenken zu wekken in Betreff der landwirthschaftlichen Arbeitsfähigkeit der Nordasiaten mongolischen Stammes. Es ist übrigens unnütz darüber im Allgemeinen noch ein Wort verlieren zu wol- len, da, was den Anbau des Bodens betrifft, China’s und Japan’s typisch-mongolische Bevöl- kerung uns Europäern unfraglich weit voraus ist, wie das längst anerkannt und neuerdings von Liebig glänzend in den Vordergrund gehoben worden. Stände dieses Beispiel das China und Japan uns bieten nicht so grell vor uns, so könnte man es zulässig finden, dass an der Befähigung der mongolischen Nomaden für den Akkerbau, als an einer Rassen-Anlage ge- zweifelt werden dürfe. So wie es aber ist, unmöglich. Wollen wir jedoch unparteiisch sein, so entgeht uns nicht, dass Alles was wir in Eng- land, in Belgien, in Frankreich, in der Lombardei als Gipfel der Hochkultur des Bodens be- wundern, ursprünglich über Kleinasien, Griechenland und Rom aus dem Orient uns zuge- kommen ist, in Europa aber dennoch so lange stagnirte, bis nach überstandenem Mittelal- ter, die neueröffneten Seewege wiederum das vorgeschrittene Beispiel das uns der Orient mit seinen Mongolen zu bieten hatte, vor unseren Augen auffrischte und Nacheiferung wekkte, welche bald die europäische wissenschaftliche Gestaltung annahm, und nunmehr den verstei- nerten Alten Kontinent unvergleichbar überflügelte. Jedenfalls ist es nichtsdestoweniger hohe Zeit anders von den Mongolen zu sprechen, als wie es die Völkerstürme mit denen diese Rasse einst Europa verheerte zur natürlichen Folge gehabt. Der Staatswirth darf sich nicht hinreissen lassen, durch die Schilderung der «bestialischen Rassen ?) — mit brutalem Aeusseren, — die bis dahin am Altai und von da wei- «ter аш Baikalsee und auf der fürchterlichen Hochfläche im Herzen des Welttheils sich ver- «borgen gehalten».... eine niedere Menschenrasse von abstossender Gesichtsbildung und un- «fläthigen Sitten....... die «ganz Asien allmälig durchritten, verheert, verbrannt, geplün- «dert und die Einwohner gemordet oder in die Gefangenschaft abgeführt».. .Was diese Rasse «gelber schiefblikkender Schakale aus der Wüste Gobi auf orientalischem Boden verübt hat, lässt sich mit Worten gar nicht schildern.... die mongolischen Horden trieb nur der Instinkt «der Zerstörung und des Mordes». Es sind eben Nachklänge der Nachrichten und Urtheile edler Eiferer für humane Ge- 1) 2. В. Seite 187, Anm. р. 12,13: 2) V.Hehn, Kulturpflanzen und Hausthiere, 1874, | 326 А. v. MIDDENDORFF, FERGHANA. sittung, über jene grausige Begebenheiten einer barbarischen Vorzeit, Eiferer welche bis heute den Nomadenvölkern mongolischen Stammes die Fähigkeit zu sesshaftem, mühsamen Akkerbau absprechen, sie als niedere Menschenrasse auffasend, die von der Vorsehung dazu verurtheilt ist vom Erdboden zu verschwinden. Heben wir unter unzähligen wohlmeinenden Aussprüchen dieser Richtung nur das nüchterne Urtheil als Beispiel hervor das Lerch'), ein so gebildeter als wohlwollender Berichterstatter, am Schlusse seiner Abhandlung über Khiwa folgenderweise zusammenfasst. «Der Nomade türkischen Blutes ist nicht geschaffen «zum Leben in kultivirten Ländern, denn er ist weder anhaltender Arbeit, noch der Herr- «schaft fähig. Das Herrschen wird er wohl niemals lernen; das Arbeiten und Produziren «vielleicht erst unter einer strengen Regierung. Ohne die eingeborenen Sarten, ohne be- «ständige Zufuhr von persischen Sklaven, wäre die Oase von Kharezm (Khiwa) wohl längst «schon untergegangen». Soll das heissen dass der Nomade mongolischen Blutes dem Untergange geweiht ist, so vermag ich das nicht zuzugeben. Die alte Masse ist ein brauchbares Element, aber aller- dings bedarf sie auffrischender Hefe. So richtig einerseits jene auf die bisherige Vergangenheit fussende Beurtheilung auch sein mag, so schliesst sie doch das Auge für das was sich als Uebergang zu einer ganz neuen Gestaltung der Dinge gegenwärtig vollzieht. Allerdings haben wir die ebenbürtigen Nach- kommen jener «auf Pferden wohnenden» Leute vor uns, welche nicht im Stande waren (und sind) den «Fuss fest auf den Boden zu heften sondern bei jedem Schritte stolperten». Eben deshalb ist es wider die Natur der Dinge zu verlangen: der freie Nomade solle freiwillig von seiner Lebensart lassen. Dazu ist er eben zu lebenskräftig und wohlgemuth, und wäre es dasselbe als wollte man einem tüchtigen Akker- oder Forstmanne zumuthen, er möge ohne äusserste Noth sich an den ihm grausigen Kanzleitisch schmieden lassen. Im Käfig muss der Vogel aus dem Ei kriechen, dessen Dasein sich zu einem zufriedenen Käfigleben gestalten soll. Gleich den raublustigen Rittern unserer Vorzeit hat der mongolische Nomade seine Gelüste zu bezwingen, und sich der neuen Staatsordnung zu fügen gelernt. Das ist aber nicht Alles. Der Hunger einerseits und dicht nebenan die Möglichkeit der Mutter Erde Nah- rung im Ueberflusse abzulokken, haben schon eine ganz bedeutende Anzahl der mongolischen Nomaden Innerasiens in Halbnomaden, ja sogar in sesshafte Akkerbauer umgewandelt. Solche zählen, — und das ist schlagend, — schon nach Hunderttausenden. Eine Schule unter den Lenkern der Geschikke unserer Nomaden vom Beamtentische aus, hat sich zum Wahlspruche erkoren: der Staat lasse die Nomaden, Nomaden sein; sie sind zu nichts Anderem tauglich und als Nomadenvolk dem Reiche nützlicher denn als schlechte Landbauer. 1) Khiwa, 1873. Отв AKKERBAUER. 327 Das ist nicht richtig. Man lasse allerdings den Nomaden gewähren; doch des Staates Pflicht ist es unbedingt, überall wo sich nur die ersten Anklänge an Sesshaftigkeis bei den Nomaden spontan zeigen, diese zu stützen und zu fördern; d. i. den natürlichen Hergang der Entwikkelung geregelter staatlicher Verhältnisse zu zeitigen. Nur dort wo die natürlichen Verhältnisse, wo Boden, Wasser und Sonne, sich der Art gestalten dass voraussichtlich erst nach langen Jahrhunderten der Akkerbau wird Fuss fas- sen können, richte man sich einstweilen zu bleibender nomadischer Viehzucht ein. Doch die Strekken dieser Art sind weit, weit, enger zu umgränzen, als man bisher annimmt. Es ist ganz merkwürdig wie gewaltig die Einflüsse drängen welche den Naturmenschen zur Sesshaftigkeit zwingen. Gleich auf der ersten Seite dieser Abhandlung habe ich darauf hin- gewiesen dass die sogenannten «Mongolen-Kanäle» im Hochlande unter sogar 50° n. Br. schon Tschingis-Khan’s Räuberzügen vorangegangen waren. Die angewachsene Bevölke- rung hatte es also nicht an saurer Arbeit fehlen lassen, um sich ehrlich nähren zu können, bevor sie den Ausweg wählte lieber da zu erndten, wo sie nicht gesäet hatte. Doch nicht nur dort, sondern rings um die zentrale Hochfläche Mittelasiens herum hatte man zu gleicher schwerer Arbeit seine Zuflucht genommen: das ganze jetzige russi- sche Turkestan ist durchfurcht von Spuren alter Bewässerungen und die Kultur der aus Europa und Sibirien nachrükkenden Ansiedler folgt — wie wir schon wiederholt nachgewie- sen — bisher noch immer ausschliesslich dem Vortritte uralter mongolischer Werke. Bis jetzt ist von den europäischen Kulturträgern nicht ein einziges, noch so unbedeutendes neues Wässerungssystem den alten mongolischen Werken hinzugefügt worden. Diese Vorarbeiten auszunutzen lag so nahe, dass auch vor Besetzung des Landes durch die Russen die ganz nomadischen Völkerschaften des nördlichen Turkestans hie und da stets etwas Kornbau trieben, jedoch bei dem geringen Bedarfe dieser Hirten an Getreide, nur winzige Flächen und nur die vielversprechendsten Oertlichkeiten ausbeuteten; bald hier bald dort den Boden probend und wieder sich selbst überlassend. Es darf aber nicht vergessen werden dass bei Besetzung Nord-Turkestans durch die Russen sich der ganze Landstrich von Akkerbau den die Kirgisen trieben durchsetzt fand !). Am Durchgreifendsten wurden aber die mongolischen Nomaden dort von der Neigung zur Sesshaftigkeit erfasst, wo sie sich theils als Eroberer, theils als Theilhaber an den vie- len Verschiebungen der verschiedenen Völkerschaften, zwischen die richtigen Akkerbauer iranischen Stammes hineingekeilt fanden. So in Ferghanä, so auch weiter südwärts. Eine der interessantesten Erscheinungen in Ferghanä bietet die sonderbare Ineinan- derzwikkung der intensivsten Kultur und des Primitivzustandes nomadischen Zelt- und Hirten-Lebens. Hat man daheim an der Hand der Geschichte den Gang der Geschikke satt- sam verfolgt, und in Erfahrung gebracht wie, seit langen Jahrhunderten, mongolisch-tür- 1) Nicht minder die Landstriche des räuberischen | môglicher Bewässerungen liegen. Man weise ihnen ak- Nomadenvolkes der Turkmenen, die im Bereiche irgend | kerfähige Ländereien, und sie werden nicht rauben. 328 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. kische Völkerschaften in steter Aufeinanderfolge die iranischen Tadshik unterjocht; wie in letzter Instanz die indolenten aber raublustigen Usbeken, kirgisischer Herkunft, ihr Joch den betriebsamen Iranen (Tadshik und Sarten) aufgezwängt und sie bis zur letzten Stunde gebrandschatzt, so vermag man es anfangs kaum zu fassen dass die Schaaren früherer Herr- scher mit einem Schlage in Nichtigkeit dahingesunken sind, und man nur zweierlei himmel- weit von einander abstehendes Entwikkelungszustände des Hauswesens in kaum glaublicher Weise in und durch einander verschlungen vor sich sieht. Und das Merkwürdigste ist, dass der frühere Herrscher in entschieden untergeordneter Stellung neben seinem früheren Skla- ven, dem Iraner, erscheint. Den Ausdrukk, Sklave, mag man vielleicht an diesem Orte unpassend finden; er dürfte es aber wohl nur in sofern sein als die wirkliche Sklaverei, mit Einschluss des Sklavenver- kaufes auf offenem Markte, in Mittelasien mit dem Einzuge der Russen aufhörte'). Beach- ten wir aber dass es ein nur zu wahresW ort ist, es rege sich mit den Anfängen der Sesshaf- tigkeit und des Akkerbaues auch das Verlangen nach Sklaven-Arbeit, welche in ihrem Ge- folge stets Willkührherrschaft nach sich ziehe, so bleibt es Thatsache dass die Iraner Fer- ghanä’s, fort und fort aus einer Hand in die andere übergehend, im Schweisse ihres An- gesichts Kanäle gegraben, Felder bebaut, hunderterlei Künste geübt, um ihren Ueberwin- dern nach deren Belieben den Löwen-Antheil zu zollen. Diese setzten wohl Herrscher nebst Trabanten über die Ueberwundenen hin, aber das waren nur Einzelne welche im Vollge- fühle ihrer unbeschränkten Gewalt den Schwelgereien und Sinnengelüsten sich ergaben, während die Masse der siegreichen Nomaden dem gewohnten Treiben nicht zu entsagen ver- mochte. Unwiderstehlich zog sie der Drang der angeborenen Gewohnheiten zu der freien Luft der Alpenmatten, der hochebenen Steppen hinauf, sobald die Boten des Frühjahrs sich einstellten. Ja, nur ein Theil der Nomaden kehrte zum Winter in die Umgebungen der un- terworfenen besiedelten Orte zurükk. So blieben denn die Iraner in ihrem inneren bürgerlichen Treiben, das auf uralter Kultur festen Fuss gefasst hatte, im Ganzen fast unberührt. Es war ein eigenthümlich gestal- tetes tributäres Verhältniss eingetreten, in welchem das unterjochte Volk, neben seinen Be- wältigern in gleichem Maasse unter derselben Willkührherrschaft, des aus der Zahl der letz- teren eingesetzten Tvrannen, ächzte. Doch nicht so unumschränkt war die Gewalt des Mon- golen über den Iraner, als es scheinen möchte. Nicht nur die höhere Kultur, die fest einge- 1) Nach den Турк. By. 1876, № XIX gab es in Fer- | Beispiel das ich als Anhang VIII beilege, mag zur Erläu- ghanä Sklaven westchinesischer Herkunft: Kalmüken, | terung dienen. Dunganen, Solonen, Chinesen. — Dieselben werden auch Meldeten sich hier vielleicht als treue Unterthanen für Kaschgar als Sklaven aufgeführt. Турк. ВЪд. 1875, | dieselben über die Gränze gegangenen Kirgisen zu deren стр. 110. Einfangen, als Räuber, 40 Kosaken abgeschikkt wurden, 2) In Europa vermag man sich kaum richtige Begriffe | unter Aufruf von Freiwilligen (Kirgisen), mit Versprechen von dem Reize des Nomadenlebens, so wie davon zu | von Belohnung durch das zu erbeutende Vieh? (Type. machen, wie durchgreifend es die ganze, sogar die politi- | ВЪд. 1875, № 21, стр. 82). sche Seite der Existenz des Nomaden beherrscht. Ein Die AKKERBAUER. 329 bürgerte staatliche Ordnnng unterordnete den Mongolen in Vielem, zog ihn zu ihrem Be- reiche heran, sondern der allgewaltige Koran Mohammeds, mit seinen staatlichen Gesetz- gebungen (Scharihat) blieb in der Hand der Iraner, der studirten Kasi (Richter). Gelehrte Priester, sonderbare Heilige, die Korankundigen Molla’s und Khodsha’s behielten ihre Herrschaft neben dem Khan, und entwikkelten sie, Fanatismus impfend. Ihnen zur Seite stellte sich der allmächtige Brauch (Adet) verbindlich aushelfend wo der Scharihat nicht aus- reicht. Als letztes Hemmniss der tyrannischen Gewalt des Khan’s standen schliesslich die Pronunziamento’s da: hauste der Herrscher mit zu arger Bedrükkung, so lauerte darauf . schon lange im gierigen Mongolen die Lust nach Umsturz der Dinge und reicher Beute; an abendtheuernden Führern fehlte es nie — man wechselte Herrscher und wurden die Iraner in ruhigen Zeiten nur von Einem nebst seinen Trabanten geplündert, so thaten es in sol- cher Uebergangszeit aber und aber Tausende. In Nachstehendem sei es versucht anzudeuten wie sich der mongolische Nomade, der Sieger, zum Akkerbau Ferghanä’s verhalten hat und verhält. Als ein Unglükk fühlt es der Sohn der freien Natur, der nomadische Mongole, wenn er im Schweisse seines Angesichts den Boden bearbeiten soll. So lange kein Unheil über seine Heerden vernichtend hinweggeschritten ergiebt er sich nicht in das schrekkliche Schikk- sal das der Prophet geächtet mit den Worten: «wo nur dieses Werkzeug (der Pflug) hin- drang, hat es stets Knechtschaft und Schande mit sich geführt». Doch die leidige Noth erzwingt Alles, und so hat sich denn auch in der freien Steppe eben so wenig als irgendwo anders die Gemeinschaft der Güter und die Gleichheit des Be- sitzes erhalten können. Die Wechelfälle welchen vor allen anderen Gewerben das lebende Kapital des Hirten, zumal unter dem Einflusse kontinentaler klimatischer Gegensätze un- terworfen ist, und die Sorglosigkeit mit welcher der Urmensch dem Augenblikke lebt, nicht sich, nicht seinem Vieh Vorräthe sammelt, wandeln über Nacht den Reichen zum Bettler um, der, wegen der Unmöglichkeit ohne zahlreiches Lastvieh die weite Wanderung in die leicht verderbliche Steppe anzutreten, sich an den Boden gefesselt findet. Für die Rennthier- Hirten des Hochnordens, seien es Samojeden oder Tungusen, habe ich solche Fälle in mei- ner «Sibirischen Reise» nahmhaft gemacht. Genau so hat es auch im Süden statt. Die Vorstellung von einer umhervagirenden Wanderung, wie sie gewöhnlich aufgefasst wird, und im Verwaltungs-Mechanismus Sibiriens unter dem Namen der «brodjätschige», im Gegensatze zu den «kotschujuschtschije», den nomadischen Hirten, festgesetzt worden, ist durchaus unrichtig. Nicht einmal der Urjäger passt in die Kategorie der vagirenden, denn selbst das Wild auf das er angewiesen ist irrt nicht bewusstlos in der Urnatur umher, sondern kennt seine bestimmten Reviere, legt innerhalb derselben seinen feststehenden Kreis- lauf zurükk den ihm der Wechsel der Tages- und Jahreszeiten anweist; wandert wohl über unermessliche Strekken hin und zurükk, jedoch immer wieder, hüben wie drüben, zu den althergebrachten Standörtern strebend. Genau eben so der nomadische Hirte. Der europäische Landwirth darf dessen Treiben Mémoires de l'Acad. Imp. des sciences, УПше Serie 42 330 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANÀ. nicht anders als eine regelmässige Wechselwirthschaft betrachten, eine Wechselwirthschaft welche sich über unermessliche Wanderungsfelder erstrekkt. Die Kirgisen welche ich zu Ende des Winters am Aral, am unteren Ssyr traf, wo ihre Heerden beispielsweise um Fort Perovskij herum den Boden förmlich niedergetrampelt (vergl. p. 56) hatten, fand ich bei mei- ner Rükkreise nicht mehr vor. Alles war öde; menschen- und thierleer. Die misshandelte Natur suchte sich zu erholen, hie und da Pflanzen ansiedelnd, oder aus alten Wurzelstökken Schösse treibend. Wo war das frühere Gewimmel geblieben? Das tummelte sich 10 Brei- tengrade, sage 10 Breitengrade nördlicher, in den Steppen von Troitsk und Omsk, brachte Monate zu auf dem Gange dahin; Monate vergehen auf dem Gange zurükk. Selten weilt das Zelt über zwei Wochen auf demselben Flekke. Zu jeder Jahreszeit will, im Durchwandern, derselbe seit Urzeiten her bezogene Weidegrund aufgesucht sein. Sorgsam werden für den Winter besondereWeidegründe zu Scharrfutter (Tebenjovka) unberührt erhalten. Nur grosse politische Erschütterungen reissen Lükken ein, drängen fort aus dem gewohnten Gleise oder eröffnen Leeren in welche hineingerükkt werden kann. So leer es oft auch aussieht, die Gegend ist besetzt; nur zu anderer Zeit besucht. Etwa unserem Brach-Akker ist sie zu vergleichen. Wenn die einzelne Jägerfamilie des Nordens, um leben zu können viele Quadratwerste umfassen muss, so gehört in der Steppenwüste wohl auch eine Quadratwerst zur Lieferung des Jahresbedarfs für jedes Haupt Vieh, denn im glühenden Sommer ver- dorrt rasch alle Vegetation. Besser nährt der Winter, wenn es nicht Glatteis setzt. Wie in den Steppen der Aralkaspischen Senkung, so auch verhält es sich mit den Kirgisen Ferghanä’s, nur dass diese ausser der horizontalen Verschiebung sich auch noch um 10,000 Fuss erheben oder senken. Diese haben den Vortheil dicht beraster Vorberge, immergrüner saftiger Alpenmatten (hier gleich wie in der Krimm «Jajlau» genannt), und endloser Hochsteppen für sich. Die bleibend nahrhafte Weide gestattet ihnen aber gedräng- ter zu leben. Auch darin sind die südlichen Gebirgskirgisen im Vortheile dass ihre Winter- sitze sich mehr vertheilen, denn die Einen ziehen zum Winter thalwärts, dem Schnee, in die Vorberge und endlich in die Schilfdikkichte und Salzwüste weichend; unterdessen die anderen hinaufrükken, in den schneearmen Hochebenen des «hükkens der Welt» das bes- sere Winterfutter suchend, dort wo die massige Erhebung des Erdgerüstes die mächtigsten Grate Mittelasiens Karakorum, Himmalaya und Thien-Schan zusammen geschmiedet hat. Oder sie ziehen zu den Steppen des Alaj-Thales hinauf wo in 81, Tausend Fuss ausgedehnter Akkerhau von ihnen betrieben wird; hoch über den letzten Ansiedlungen welche auf 4”, Tausend Fuss stehen bleiben. Im Frühjahr suchen sie in den schrofferen Gebirgsketten die steilen sonnenbeschienenen Felsgehänge auf, zumal Thonschieferwände welche sich am frühe- sten von Schnee entblössen; das Vieh vor dem Hungertode errettend !). _ 1) Dabei fällt mirein, wie wünschenswerth es wäre wenn | Weltausstellung, 1873, 1874, р. 541) hätten. Diesen zufolge wir aus den Gebirgshöhen Mittelasiens Parallelbeobach- | stieg der Proteingehalt des Heues mit steigender Meeres- tungen zu den schönen Untersuchungen in den Salzbur- | höhe folgendergestalt: ger Alpen (Lorenz, Die Bodenkultur auf der Wiener Dre AKKERBAURR. 331 Greifen wir zu dem Gange meiner Reise zurükk, um die geringe Kirgisenbevölkerung die sich dem Akkerbaue ergeben hat richtig zu schätzen. Wir kommen nach Kasalinsk, dem auf dem Scheidewege nach Taschkent und Khiwa rasch emporblühenden Rastorte, in der Mündungsnähe des Ssyr. Gleich wie unterweges im einsamen Posten Irgis') stossen wir auch hier, unerwarteter Weise auf Sarten. Aus Taschkent hat sich das betriebsame Volk, Vortheil witternd, schon hierhergezogen. Nicht weniger als 32 Häuser hatten sie sich schon in Kasalinsk erbaut. Handel treibend, Gärten und Gemüsebau anlegend, hatten sie sich der Lieferung des Materials bemächtigt dessen der rasch wachsende Ort am meisten bedurfte, des Baumaterials. Dorngestrüpp als Feue- rung benutzend, strichen und brannten sie — als Unternehmer — Ziegel, die ich vortrefflich fand. Aus Sekundär-Löss gefertigt zeigten sie trotz des Streichens und Trokknens unter freiem Himmel, trotz heller Farbe und dennoch hellen Klanges, gar keine Risse. Die Ar- beiter in der Stadt und in diesen Ziegeleien waren aber keinesweges Sarten; es waren Kir- gisen ?). Man lobte sie: Fähigkeiten und Fleiss konnten ihnen von Niemandem abgesprochen werden, aber ins Blut war den Leuten ein tagaus tagein gleichmässiges Arbeiten, war Arbeit- samkeit noch nicht gedrungen: schwer, ja unmöglich war es ihnen unausgesetzt zu schaf- fen. Noch rollte der edle, freie Wandertrieb in ihren Adern. Den Ssyr aufwärts verfolgend wurde ich in der Steppenöde, 100 Werst von Kasa- linsk®) durch ein Haus überrascht, das am Ufer des Stromes stand. Die Bauart desseiben so wie ein vernachlässigter Fruchtgarten mit Bäumen, Elaeagnus u. d. m. besetzt, und durch eine Lehmmauer vor dem Vieh geschützt wies auf europäische oder mindestens sar- tische Begründer dieser ganz isolirt dastehenden Niederlassung hin. Doch was fand ich vor? Fünf Kirgisen, nebst 4 Weibern labten sich an Sauergrütze; ein Sechster klimperte seelen- vergnügt auf 2 Seiten einer jämmerlichen Balalajka. Nebenbei lagen Würfel, den noch immer zum Wetten und Wagen bereiten Sinn verrathend. Es war der Knechtsbestand einer ausgedehnten kirgisischen Feldwirthschaft, zu der einige Kameele und Pferde gehörten. Weder zu Fisch, noch zu Milch hatte man es gebracht. Der Herr und Wirth war mit sei- nen Heerden auf tausend Werst nach Norden gezogen. Weiter aufwärts am Ssyr überraschte mich eine Brükke in der baum- und hauslosen Ое4е*). Wer hat diesen mächtigen Zuleiter gegraben? fragte ich. Wer anders als «Asien» antwortete mir der Postknecht, ein Russe. An den Abzweigungen des Zuleiters machten sich Kirgisen zu schaffen. 10,49/, bei 8,000’ Höhe quadratische (10), an die des Alterthums erinnernd dop- 106 › 3,500 » pelt so theuer, und theurer noch. Auch bei Frt, № IT und 14,6 » 4,000 » weiter aufwärts traf ich denselben Betrieb. Leider hatte 14,9 » 5,500 » sich noch kein einheitliches Maass festgestellt: bald 15,3 » 6,500 » 14—6/— 31/,/'; bald 10”—5”—5”; bald 9” quadrat. bei 13/,/ Dikke. 1) Dort gab es eine Reihe von 12 Kramladen; alle 3) Drei Werst von Ak-Dshar. von Sarten besetzt. 4) Bei der Stazion Wladimirskaja, zwischen Frt. 2) Sie wurden mit 6 bis 8 Rub., das Tausend, bezahlt; | № IT und Frt. Perovskij. 42* = 332 A.v. MiDDENDORFF, FERGHANA. Noch weiter flussaufwärts, aber nahe davon!), überraschten mich im Juni ringsum lodernde, tiefrothe Feuer. Es qualmte; Rauchsäulen stiegen.empor. Fort, nach Norden wa- ren die Heerden der Nomaden gezogen, aber doch waren es Kirgisen die hier in der er- schlaffendsten Sonnenhitze Neuland durch Brennkultur zu Akker vorbereiteten, an den Rän- dern der gelichteten Fläche die gehakkten wirren Dornsträucher, mit Holzgabeln zu Wällen zusammenschiebend, bis sie als undurchdringliche Einfriedigungen genügten. Theils über- theils unter-irdische Schuppen gewährten den Ochsen Schutz die im Göpelwerk die Schöpf- räder in Bewegung setzten, welche das belebende Wasser des Ssyr über das hochliegende Ufer ergossen ?). Ostwärts liegende Flächen hatte das den Boden angreifende Verfahren er- schöpft; die Leute rükkten weiter westwärts vor. Weiter stromaufwärts wiederholte sich das Schauspiel: mit nakktem Oberleibe hakkten in drükkender Sonnenhitze die Kirgisen wakker darauf los, um den vom Vieh tennenartig zusammengekneteten L,össboden zu lokkern. Eine gar schwere Arbeit; sie wird hier aber nicht zum ersten Male geübt denn unabsehbar erstrekkten sich bewässerte Saaten, den Kir- gisen gehörig’). Weizen, Hirse und Flachs sah ich: Es war das uralter Kulturboden. Hier standen die berufenen Städte der Vorzeit. Zwischen der alten Feste Ssauran und der Stadt Turkestan führte die Poststrasse durch Salzwüsten. Mit ihnen treten sogleich Heerden von Schaafen und Ziegen auf. Ver- einzelt, hie und da ein Kameel. Endlich ist die Stadt Turkestan im Rükken geblieben und hier im Angesichte des was- serspendenden Hochgebirges erblikkt das Auge ringsum über die Gegend zerstreute Akker- bau-Niederlassungen. Was sind das für Leute? Selbstverständlich Kirgisen *), lautete die Antwort. In der baumlosen schwachgewellten Steppe steht hie und da eine Umfassungs- Mauer von Lehm. Innerhalb derselben bemerkt man einige Abtheilungen für das Vieh, gleichfalls aus Lehm errichtet und ein oder zwei Filzzelte. Der von Viehzucht zum Feld- bau übergehende Kirgise°) braucht Spielraum um sich herum. Er mag nicht mit seiner Be- hausung sich dorfweise an Andere anreihen. Bauerhöfe ferner Zukunft deuten sich in die- sen «Kurgantschi» an. Man glaube aber nicht, nun gehe es so weiter fort, und je näher zu den Städten, desto dichter dränge sich die Bevölkerung. Allerdings sind je näher zu Tschimkent desto öfter einzelne Niederlassungen von Tadshiks‘) zwischen die Kirgisischen eingesprengt, aber wo 1) Bei der Stazion Ssemenovskaja, und um Frt. | 5) Igentschi genannt. Perovskij herum. : 2) Auch am Issyk-Kul gruben sich die Kirgisen Be- wässerungskanäle (СЪверцовъ, Путешестве по Typ- кестанскому краю, 1873, стр. 175. 3) So zwischen den Stazionen Aleksandrovskaja und Ssemenovskaja; so bei Ber-Kosan, der zweiten Stazion von Frt. Perovskij и. 3. w. 4) So zwischen Nogaj-Kurgan und Ak-Molla. 6) Aber auch bis nahe vor die Stadt Turkestan reichen Niederlassungen sartischen Blutes. So das grössere Dorf Ikan, und vereinzelte Höfe in dieser Gegend. Man er- kennt sogleich an den Baumpflanzungen dass nicht Kir- gisen dort hausen. Uebrigens versicherte mich mein Rosselenker dass Kosch-Misgil von Sarten besetzt sei, obgleich es noch baumlos war. Die AKKERBAUER. 33 [2 das Wasser nicht hinreicht da verschwindet wieder jegliche Spur menschlicher Sitze; zu Zeiten ist es öde, zu Zeiten bedekkt sich solches Land mit herangewanderten- Filzzelten. Nur wenig über hundert Werst ist Tschimkent von der Hauptstadt Taschkent entfernt, und dennoch fährt man auf dieser Strekke grösstentheils zwischen welligen Oedländern die nur zu Zeiten stark beweidet werden. Ganz vereinzelt zeigen sich unbedeutende Feldtlikke: hier ein Luzernstükkchen, dort Weizen'). Unabsehbare Flächen sind im Juni mit Stengeln dürrer Kräuter bedekkt, welche sorgfältig zu Kameelfutter für die durchziehenden Karava- nen gesammelt und zu Haufen gestapelt werden. Nur allein bei der Stazion Ak-mullah gab es dichten rasigen Graswuchs auf im Frühjahr unter Wasser stehendem Boden, bei of- fenbar hochstehendem Grundwasser. So nimmt sich vom Postwagen hinab gesehen die beginnende Niederlassung des No- maden in feste akkerbautreibende Wohnsitze aus. Das kirgisische Mischvolk des für seine Gehäbigkeit vielberufenen Kreises Kurama, innerhalb dessen die Stadt Taschkent liegt, haben wir hinter uns gelassen; wir dringen in Ferghanä ein. Hier wiederholt sich dasselbe was wir bisher kennen gelernt, nur in zusam- mengedrängtester Weise; das aber bleibt ein für alle Mal richtig dass nicht nur der Kir- gise, sondern auch der weiter südlich hausende vornehmere Usbek?) sieh durch fleissige Arbeitsamkeit beim Landbaue hervorthut. Ja, nicht nur beim Landbaue, sondern gleich wie ich sie in den Ozokeritgruben mannhaft sich anstrengen sah, so rühmte man auch die Kir- gisen welche in den Gruben bei Chodshent (Favitskij) die Kohlen förderten und 20 bis 28 Pud Kohlen täglich hervorschafften. Von der Hauptstadt, Alt-Margelan, gleich wie von jeder der Kreisstädte durfte ich nur wenige Meilen mich exzentrisch entfernen um auf solche Kirgisen-Niederlassungen zu stossen wie ich sie oben erwähnt. Wenn ich aber glaubte die dichtgesäeten Sarten-Dörfer schon ganz hinter mir gelassen zu haben, so fand es sich gewöhnlich dass hinter solchen vereinzelten Vorposten stehenden Kirgisen-Ansiedlungen, näher zum Fusse des Gebirges hinan wiederum Sarten-Dörfer auftraten, welche, zumal im Süden, das Ferghanä-Thal fast kranzähnlich umzingeln und deren Thäler, hinter Vorbergen d. i. quer vorliegender Höhenfaltungen verstekkt lagen. Waren die Kirgisen-Ansiedlungen auch hie und da ganz nach dem Muster der Sartenhäuser gebaut, man erkannte sie schon aus der Ferne, abgese- hen von ihrem vereinzelten Stande, an ihrer Baumlosigkeit. Ganz ausnahmsweise fing wohl eine kleine Pflanzung verstohlen an, sich hervorzuthun, doch sogar die dikk um die Stämme gebundenen Dorn- und Rosensträucher vermochten die Bäume nur mit Noth vor den Zäh- nen des Viehes zu schützen. Baumpflanzung bleibt ein Kriterium uralter Kultur; ja sogar dem Gartenbaue geht längere Zeit der Feldbau voran. Nich nur solche Ansiedlungen, sondern auch weite Grasweiden schoben sich auf den 1) So am Ке| 633; bei Ak-Dshar. Am Beträchtlich- | sten noch zwischen Dsheri und Scharip-Khana. | 2) Русск. Туркест. Ш, 1872, стр. 72, 74, 97. 334 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Vorhöhen in Gestalt konzentrisch gestellter Thäler zwischen die Sarten-Dörfer und Städte hinein. Sie waren dann wie mit Kirgisen-Zelten bestreut, zwischen welche sich hin und wieder wohl ein Häuflein weisser Zelte der Zigeuner hineinklemmte’). Unabsehbar bedekkten Heer- den solche nahrhafte Flächen, welche vorzugsweise auf NOhängen durch ihren schönen dichten Rasen, mit wohlbekannten für mich heimischen Süssgräsern und Kleepflanzen, be- standen, schon zu Ende April mähreif gewesen wären. Am Nordfusse der Gebirge, wo ich die Potsch-ata aufwärts verfolgend, am weites- ten in den Gebirgsgürtel eindrang, und auch im Westen des Naryn, liessen sich, tiefin den Vorbergen verstekkt, hie und da noch Lehmhäuser der Kirgisen sehen: sie standen in Klüf- ten, entfernt von einzelnen unbewässerten Feldstükken, die zu ihnen gehörten. Es war das die erste Stufe des Uebergangszustandes vom Nomaden zum Akkerer. Zu einer festen Win- terbehausung (Kstau) hat das Gebirge mit seinem Materiale zwar verholfen, aber das Haus gehört einstweilen zur Heerde, und nicht umgekehrt; die Felder dagegen sind, gleichsam verstohlen, abseits vom lüsternen kulturfeindlichen. Viehe angelegt?). Uebrigens fehlte es nicht ganz an Uebergängen. Noch zwei Meilen aufwärts vom letzten Sarten-Dorfe Мапа], gab es unbedeutende Luzernstükke der Kirgisen, durch Dornwälle vor dem Viehe geschützt. In diesen Vorbergen, so weit die L.össhöhen reichen, weideten noch zu Anfang des Mai zahlreiche Heerden, die ganze Gegend bedekkend. Zu vier bis zwölf an der Zahl stan- den die Filzzelte der Kirgisen beisammen, und von einem Punkte aus überschaute ich deren nicht weniger als 106. Es waren wandelnde Dörfer. Noch ein paar Wochen später, und es mussten die Gebirgspässe von ihren Schneemassen befreit sein. Alsbald zerstiebt dann das bunte Gewirre nach allen vier Winden, leer ist die kahl geweidete Gegend, und wer das Getriebe nicht kennt, hält unermessliche Strekken für frei zu beliebigem Niessbrauch 3). Eben so leer traf ich die zentrale Salzwüste welche Kokan von Margelan trennt. Wie sollte sie auch nicht leer sein, dachte ich bei mir, da sie theils von Salzausblühungen, theils von Flugsand bedekkt ist, an ihren Rändern die Heerden der zahlreich sie umschlies- senden Dörfer und der Städte kümmerliche Weide finden, und überdiess die gesammte Wüste nach Brennmaterial (vergl. p. 45) auf das Unbarmherzigste durchwühlt wird. Bald musste ich eines Anderen belehrt werden als ich erfuhr dass im Angesichte von Marge- lan‘), nördlich von der Stadt Nomaden, ”) die erste Hälfte desWinters zugebracht und nun schon aufgebrochen seien, um nach Süden, auf die Alaj-Höhen zu ziehen. Im zweiten Win- kel derselben Salzwüste°) traf ich tief verstekkt hinter den Unterwind-Abstürzen der Dü- 1) 2. В. Beim Dorfe Aim, vom Kulä-Dorfe an und im 3) Ganz analog sind diese Verhältnisse am Südrande Thale des linken Ufers vom Kara-Darja. Auf dem rechten | des Ferghanä-Thales. Wir finden uns unter denselben Ufer desselben aber, in der Wolostj Kokan des Andi- | Umständen wieder wenn wir Fedtschenko von Kara- dshan-Kreises, waren die Vorhöhen wie ausgestorben. Bulak nach Ssoch folgen (l. c. p. 89, 91). 2) So entstanden wohl ursprünglich die Dörfer der Sar- 4) Beim Dorfe Kara-Kaltak. ten, denn ihre Benennung «Kischlak» soll ursprünglich 5) Dem Stamme « Turk» angehörig. auch nur «Winterwohnung» bedeuten, 6) Beim Dorfe Jas-Awan. $ АД: - $ DIE AKKERBAUER, 335 nentypen doch noch Kirgisenzelte deren Vieh sich an sprossenden Schilftrieben kräftigte, in Erwartung der bevorstehenden Wanderung zu den Alpen. Aber einzelne Genossen dieser Zelte bleiben zurükk, warten das Schwinden der hier sich verlaufenden Abwässerungen ab, und bauen auf dem frischen Boden Melonen. So greift denn also das Getriebe der Tadshik welche, nicht anders als von dichtbesetzten Dörfern und Städten aus den Akkerbau betreiben, eng hinein in dasjenige ihrer einsiedle- risch sich absondernden Genossen, der sesshaft gewordenen Nomaden, die stets in vereinzel- ten Höfen sich über das Land ausstreuen, wie auch der Halbnomaden, welche meist unbe- wässerte Felder in der Höhenregion der Regengüsse behauen, und endlich der Ganznoma- den die es überhaupt noch verschmähen den Akker zu bestellen. Welche kaum auszusöhnende Gegensätze! Man denke sich eine wilde Kirgisenwirth- schaft plötzlich zwischen die Aekker englischer Farmen hineingeschoben! Wirre durcheinander, obgleich als Heerden geschieden, sieht man das Vieh, hier das der Kirgisen, dort das der Sarten weiden, sieht wie verhungert die Kühe der Sarten sind, fragt hier, fragt dort nach, und beiderseits erhält man nur dieselbe Antwort: Alles gehe friedlich und ganz ohne Streit ab. Aber wenn nun die sartischen Dörfer ihr Vieh in die Berge treiben? fragte ich. Auch das ist gewährt, erhielt ich zur Antwort, mit dem bekräf- tigenden Nachsatze dass ja auch den Heerden der Zigeuner (Ljuli) Niemand wehre. Auch sei die Kopfzahl Vieh die Jeder halten wolle eine ganz beliebige, und sogar das so karge Brennmaterial rupfe und grabe ein Jeder nach freiem Belieben. Unbegreiflich wie das ist für Europäer daheim, ist es noch unbegreiflicher im Angesichte von Völkerschaften mit ungebändigtem orientalischen Blute, deren eine, dem Namen nach die herrschende, in deren Reihen eine grosse Zahl fahrender Ritter von Habenichts, füglich unserem Proletariate an die Seite gestellt werden könnte, aber der Natur der Verhältnisse nach von der zweiten, begüterten, wohllebenden obgleich besiegten, thatsächlich gegängelt ja, ausgebeutet wird. In seiner Art ein Spiegelbild der Geschichte des Judenvolkes. Ist es nicht karakteristisch genug dass der unterworfene Stamm ausschliesslich die gewässerten Felder in seinem Be- sitze behalten hat; der siegreiche sich hauptsächlich nur mit unbewässerten begnügt! Ja, es verdient wohl alle Beachtung dass lediglich dort wo öde Sterilität des Bodens sich in den Thalgrund Ferghanä’s hineinschiebt, der Nomade wintert. Die fruchtbarsten Bezirke schlies- sen die Zeltbewohner vollkommen aus, und bei allem diesem Neben- und Durcheinander von Besitzthum, Interessenkampf, Rassengegensatz, Rohheit, eine Eintracht die dem Euro- päer ganz unfasslich sein muss. Als ein, nähere Einsicht in das Durcheinander der Bevölke- rung gewährendes Beweisstükk füge ich hier die Beschwerdeschrift einer Abtheilung der Kirgisen im Anhange IX bei. Nichtsdestoweniger verdrängt in aller Stille Einer den Anderen; doch welcher? Fed- tschenko') glaubt voraussetzen zu müssen dass die Tadshik vor Zeiten die Winterhütten 1) Пут. въ Туркестанъ, 1875, I, 2, стр. 78. ес ММ ‹ м ыы №... va 7, Г a u RE ARTS 336 À. т. MIDDENDORFF, FERGHANA. in den Gebirgen aufgebaut und einst von den Kirgisen zurükkgedrängt worden seien. Aus- gemacht ist das nicht, aber möglich. Steht dem Thalbewohner die Alpenmatte zu Gebote, ist sie noch nicht besetzt, so liegt nichts näher als dass er zum Sommer mit seinem Viehe der dumpfen Hitze des Kesselthales entflieht. Im Thalgrunde selbst ist es aber jetzt ganz entschieden der Akkerbau der das Noma- denleben verdrängt. Bei dem fühlbaren Mangel an Land kann das nicht anders sein, und die alten Gewohnheitsgesetze des Orients beförderten das Ueberhandnehmen der Kultur durch selbstverständlichen Uebergang jeglichen Wüst-Landes in den Besitz dessen der es einhegt, es bebaut, es wässert. Dieselbe Berechtigung galt auch früher in Europa. Im Dorfe Aim versicherte mich der Wolostj-Aelteste, vor Jahren habe es unter seiner Verwaltung vorzugsweise Kirgisen gegeben; jetzt sei es allgemach für sie immer enger und enger ge- worden, und von der Terrasse wies er mir die weiten Strekken die früher unter Weide ge- wesen, nunmehr aber von Sarten angekauft und bei überreich vorhandenem Wasser, unter Reis gebracht worden seien. Das ist auch die natürlichste Lösung, die der Staat auf jegliche Weise zu befördern hat; ihm liegt nur ob, zu verhüthen dass der Uebergang der Nomaden-Ländereien in den Besitz der Akkerbauer nicht auf frevelhafteWeise, wie unter Beihilfe der Benebelung durch Brandwein, durch gefälschte Dokumente u. d. m. geschehe. Dass dergleichen vorgekommen will ich schon glauben, denn die Betriebsamkeit der Sarten, und ihr Streben nach Land- besitz sind so gross wie die guthmüthige Einfalt der Kirgisen. Wohl muss es dem Menschen- freunde weh thun wenn er die gutgearteten Kinder der Natur überall unterliegen sieht im Ueberhandnehmen der listigen Händlerkünste des verderbteren Kulturmenschen. Doch die Staatsraison darf sich vom Gemüthe nicht überwältigen lassen; sie ist befriedigt wenn die Gesetzlichkeit gewahrt worden. Hier wird der Mongole vom sesshaften Arier verdrängt; am gegenüberstehenden Ran- de der Hochsteppe Gobi verdrängt in derselben friedlichen Weise ein Mongolenstamm den anderen. Die Chinesen dringen in die Mongolei, den Mongolen ihre Ländereien abkaufend; auch pachtend'). Kolonisazion. Das friedliche Verhalten, von dem ich oben gesprochen, scheint vor Augen gelegen zu haben als ein zeitweiliger Erlass?) den Kirgisen im nördlichen Theile Turkestans gestattete, auf den frei und unbebaut stehenden Stükken der den russischen Ansiedlungen zugetheilten 1) Przcewalskijl. c. I, p. 94. der Agrarverhältnisse Turkestans betreffend (Турк. ВЪд. 2) In Erwartung fester Bestimmungen die Ordnung | 1875, № 39). Dre AKKERBAUER. KOLONISAZION. 337 Ländereien, nach Belieben ihren Sommer- und Winter-Aufenthalt zu nehmen, aul ihnen zu nomadisiren, ohne jedoch dabei Felder oder Heuschläge zu schädigen. Auch die Stoppeln im Winter, nach Entfernung der Feldfrüchte, zu beweiden wurde ihnen freigegeben. Wahrlich ein gefährliches Experiment, das zweien, vielleicht vielen Bewerbern einen und denselben Grund und Boden zur Nutzung abtrat. Wohl nicht zum Besten mag solches auf unverkennbar kommunistischem Hintergrunde angestelltes Experiment abgelaufen sein, aber unbestreitbar dokumentirt es wiesehr man auf das Wohlverhalten der Nomaden zu rech- nen sich berechtigt geglaubt. Als Nebenstükk dazu lesen wir') dass der Generalgouverneur 15,000 Bienenstökke aus Wernoje in dem Kreise Issyk-Kul vertheilen liess, und den russischen Anzüglern gestattet wurde auf den Ländereien der Kirgisen Bienengärten anzu- legen, jedoch befohlen wurde sich dabei der Errichtung von Baulichkeiten zu enthalten. Was beweisen im Grund genommen solche Erlasse? Doch wohl dass man Russischen Kolonen Ländereien eingemessen hatte welche unbesetzt zu sein den Anschein gehabt, in- dessen, wie ich es oben gezeigt, zu Zeiten nicht nur von den Kirgisen benutzt worden, son- dern ihnen wenn nicht unumgänglich so doch röthig waren. In dieser Beziehung ist es nicht leicht die richtige Mitte zu treffen, und von der grössten Wichtigkeit dass die Organisazion der Kolonisirung von der genauesten Bekannt- schaft ınit der Natur des Landes und mit den Bedürfnissen der alteingesessenen Nomaden, wie der neuen Zuwanderer geleitet, und mit der grössten Umsicht und Ruhe ins Werk ge- setzt werde. Es ist Ferghanä eine grosse Schwierigkeit dadurch erspart dass dort für eine russi- sche landwirthschaftliche Kolonisazion die der Rede werth wäre, kein Raum vorhanden ist, wie das durch den Anhang У schlagend bewiesen wird”). Als ich einzelne Feldflikke zumal Luzernstükke an den Rändern der zentralen Salz- wüste tief in den weissglitzernden Salzboden hineinschneiden sah?) glaubte ich in ihnen die Vorläufer der den Wüstenboden allmälig zur Kultur überführenden Unternehmungen zu sehen. Ich wurde jedoch bedeutet dass so lange man sich besinnen könne — seit 30 und 40 Jahren — kein Neuland in die Wüste vorgedrungen sei. Hauptsächlich eine Folge der wachsamen Eifersucht mit welcher jeder neue Anspruch an den vorhandenen Wasserschatz entschieden zurükkgewiesen wird (vergl. Seite 171). Dieses soll aber dennoch nicht so ver- standen werden als habe sich die Kultur in Ferghanä im Laufe dieses Jahrhunderts nicht bedeutend ausgebreitet. Schon Fedtschenko') hob hervor dass seit Nasarov in den Jah- >. ren 1813 und 1814 das Land beschrieb, sich der Feldbau ausserordentlich ausgebreitet habe. Er theilt auch mit?) dass Khanawat 2. В. wenige Jahre nach Nasarov’s Anwesen- heit gegründet worden sei. 1) Турк. By. 1876 u. № 38. eingerichtet, und Nachzügler angerufen. 2) Mir ist nicht bekannt worauf die Nachricht beruhen 3) So z. B. bei Alty-Aryk. dürfte (Новое время, 1879, in der Nummer des 20. Mai) 4) 1. с. стр. 39. dass die nach Ferghanä übergesiedelten Bauern sich gut 5) p. 64. Mémoires de l'Acad. Imp. des sciences. УПте Série. 43 338 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. So viel ich habe ermitteln können konnten solche neue Ansiedlungen nur dort ent- stehen wo ein ganz neuer Kanal aus dem bis dahin unbenutzten Hauptflusse abgeleitet wor- den, wie 7. В. der Jangi-Aryk (vergl. Anh. IV., А. р. XXVII, oder wo im Bereiche der Frühjahrsüberfluthungen Abwässerungen möglich wurden. Das scheint in der Gegend des obersten Klärbekkens des Ssyr bei Balyktschi der Fall gewesen zu sein!). Wie lebhaft der Begehr nach Land an einzelnen Oertlichkeiten Ferghanäs ist, lehrte mich nicht nur das was auf Seite 228 über das Steinelesen im Allgemeinen angeführt wor- den, sondern insbesondere ein Plätzchen von nicht mehr als etwa 8 Quadratklaftern das im Angesichte von Woadilj, auf dem rechten Ufer des Flusses, im Grunde einer schroffen Kluft sich befand, welche in die neben der Stadt vorspringende Felsspitze einschneidet. Mächtige Blökke fand ich hier zu einer Umzäunung aus dem Wege geräumt, um innerhalb derselben, Luzerne anzubauen, der zu Zeiten ein auf den Höhen sich schlängelnder kleiner Zuleiter sein Wasser gab. Die Abstürze ausserhalb der Mauer waren mit Pappeln und Wei- den bestekkt gegen deren Stämme grosse Bomben des zerfallenden Konglomerates ver- wüstend hinabstürmten. Dennoch war das dieselbe Gegend’) in der zu Fedtschenko’s Verwunderung vieles akkerbare Land — wie er vermuthete wegen zu geringer Bevölke- rung — unbebaut war, und erst begann durch Einwanderung aus Karategin besiedelt zu werden; obgleich Utsch-Kurgan’s Anlage einer alten Zeit und den Kalmüken zugeschrie- ben wird. Auch ohne Hinzutreten neuer Bevölkerungs-Elemente wird es nicht ganz leicht sein die vorhandenen Gegensätze durch Ausgleichung zu verschmelzen. Wo das ursprüngliche Nomadenleben so schroff an eine Hochkultur des Bodens stösst wie sie in Ferghanä vor- handen ist, da muss diese welche den Boden zehn- ja hundertfältig besser ausnutzt als die Nomadenwirthschaft, diese letztere verdrängen. Nirgends weniger als hier wäre Levschin’s Ausspruch?) am Platze: «der Kirgisen eigener Vortheil, gleich wie derjenige Russlands ver- «langt dass sie ihren Zustand als reiches Hirtenvolk nicht gegen denjenigen armer Land- «bauer vertauschen.» Dieser Satz konnte nur unter der Voraussetzung und mit Hinsicht auf solche Landstrekken ausgesprochen werden dass sich weder der Akkerbau der Ansässi- gen, noch auch die Weiden des Nomaden einander störend beengen. Nach dem Aufhören der asiatischen Ausrottungs-Kriege, gegen welche unsere europäischen Metzeleien nur Kin- 1) Herr Smirnov erkundete dass dort 6 neue An- | III, стр. 30. siedlungen entstanden seien, und zwar: Kujgam-Ku- Ich finde dass in der «Пояснительная записка къ prük vor 9 Jahren; Ssaraj, vor 30 Jahren; Tis-A bat, | проекту no1okeHin объ управлен!и въ Областяхъ Тур- vor 15 Jahren; Nasreddin Abat, nach dem Sohne des | кестанскаго Генералъ-Губернаторства (стр. 80) auf den letzten Khan Khudojar so genannt; Ssaid-Alikhan, | ausserordentlich unzulänglichen Akkerbau der Kirgisen vor J5 Jahren, und Bustan vor 16 Jahren. Die Früh- | im Ssemiretschje hingewiesen wird. Nichtsdestoweni- ahrsfluthen reichen dort bis Schur-Tübä. ger sollen sie doch schon an 150,000 Tschetwert Weizen 2) Zwischen Woadilj und Utsch-Kurgan, Фед- | jährlich produziren; etwa einer Feldfläche von 15 bis 20 ченко, Путеш. въ Турк. стр. 125. | Tausend Dessätinen entsprechend. 3) Ouucanie Киргизъ-Кайсацкихъ ордъ и степей, ! DIE AKKERBAUER. KOLONISAZION. 339 derspiele sind, muss die in den Oasen bisher schon unverkennbar sich drängende Bevölke- rung riesig wachsen. Wozu es darin kommen kann lehrt uns das mongolische Nachbarland China. Um so mehr Grund die fernere Zukunft unseres jüngst erworbenen Ländchens recht- zeitig ins Auge zu fassen. Die unerlässlichste Vorbedingung für eine höhere Kultur, für höhere gesellschaftliche Zustände, eine gedrängte Bevölkerung, hat sich in Ferghanä durch die schon eingetretenen Folgen dieser Vorbedingung bewährt, Die Bevölkerung musste von den Wüsten aus zu den Oasen hin sich stauen, gleich wie das an den Meeresküsten überall der Fall ist. Wir haben in Ferghanä einen Kern, eine Mehrzahl der Bevölkerung welche mit dem Boden so innig verwachsen ist, wie — bedauernswerther Weise — noch lange nicht im ausserfinnischen europäischen Russland. Daneben finden wir den Urzustand den alle Völker der Erde einst durchzumachen gehabt, d. i. ein Volk dessen Wanderbedürfniss noch so gross wie beim Zugvogel ist: er reisst sich los oder schlägt sich den Schädel am Käfig ein, — wenn nicht für Umgebung mit weichem Netzwerk gesorgt ist. Versucht es rohe Gewalt anzuwenden und der Vogel stirbt. In dieser Weise sind an sich begabte Urrassen allerorts zu Grunde gegangen, ausgestorben, von der Oberfläche der Erde verschwunden. So in Amerika, so in Sibirien. Der russische Staat hat als solcher das ausgesprochene Bedürfniss die russische Kolo- nisazion in seinen Grenzländern zu befördern. Soll er etwa seine nazionalen lässigen Akker- bauer zwischen die eingeborenen Sarten schieben, die es weit besser zu machen verstehen, und auch auszuführen die Arbeitswilligkeit haben? Ganz vortrefflich hat nach dieser Richtung hin Ssewerzov') wiederholt betont, dass die Ansiedelung russischer Bauern nur in solehen Gebieten gedeihen könne wo ihnen die gewohnten landwirthschaftlichen Bedingungen geboten werden, namentlich Wald und Re- gen; weil sie dort wo Beides nicht in genügender Menge vorhanden ist, nur die letzten Waldreste vertilgen, und die schon vorgefundenen Bewässerungen in Verfall gerathen lassen, so dass es damit endet dass sie auf Anweisung frischer Ländereien Anspruch machen; hin- ter sich Wüsteneien zurükklassend. Im Vergleiche zu Solchen wirthschaften die Kirgisen intensiv; und sind den Fiebern besser gewachsen welche das Bewässern erzeugt. Es ist ein entschiedenes Unrecht darin begangen worden dass man solche Ländereien den russischen Kolonen eingeräumt zu denen Wässerungskanäle führen die im Laufe der letzten Zeit von Kirgisen benutzt wurden. Ob diese Kanäle nun von ihnen selbst, von ihren Vorfahren, von verdrängten Völkerschaften gegraben sind, bleibt sich gleich; die Leute sehen dieselben als ihr Eigenthum an. Nicht nur die Gerechtigkeit, die Ruhe des Landes’) 1) Путешестве по Туркестанскому краю, 1373, | den damals allgewaltigen Mali-Khan den Sarten ver- стр. 93. geben. Das liess sich nicht lange halten: Alles musste 2) Unter Khudojar-Khan wurde den Kiptschaken | zurükkgegeben werden (Турк. ВЪд. 1880, № 24). ein grosser Theil ihrer Ländereien abgenommen und durch 43* 340 А. у. MIDDENDORFF, КЕВСНАМА sondern auch das ökonomische Interesse!) des Staates verlangen Berükksichtigung jener Eigenthums-Vorstellung. Wohl aber ist dem Orientalen der Begriff geläufig dass auf dem Grundstükke die Verpflichtung ruht dasselbe auszunutzen, widrigenfalls nach wenigen Jah- ren schon die Anrechte hinfällig werden. Die russischen Auswanderer die ich, zwischen Orenburg und Orsk mit Tausenden von Fuhren im Juni ostwärts mir entgegenziehen sah?), wanderten grossentheils aus den frucht- baren Gebieten der Schwarzerde, aus den Gouvernements Pensa, Ssaratov, Tambov, Woronesh, Ssamara, wo es ringsum noch unendlich viel Raum für fleissige Akkerbauer gibt; sie schlenderten müssig daher, zu einer Zeit wo der Tagelohn für Arbeiter, beim Ein- heimsen von Heu und Getreide, im europäischen Steppengebiete auf das Doppelte, das Drei-, Vier-, und Fünffache des ohnehin reichlichen Durchschnitts-Tagelohnes steigt. Wes- halb ziehen sie es vor, statt reichlichem Verdienste nachzugehen der sich um sie reissend bewarb’), dem Müssiggang zu fröhnen, aus der Leere (an Bevölkerung nämlich) in die Wüste zu ziehen? Der Wandertrieb sitzt ihnen weit stärker in den Knochen, als den Kir- gisen die ich am Ssyr Neuländereien roden sah. Auch blikkte die sesshafte Bevölkerung (zwischen Orenburg und Orsk) mit Verachtung auf sie: «O die kennen wir — hiess es — «denn so geht es Jahr für Jahr. Im Herbste kehren sie wieder zurükk, und fressen die «Wegbreite kahl.» So ist es. Unverzeihlich ist also die Agitazion die gegenwärtig in einigen Zeitschriften geführt wird um die Regierung zu bewegen, den russischen Bauern und den deutschen Kolonisten an der Wolga durch Organisirung und reichliche Ausstattung einer erleichterten Auswanderung auf die Beine zu helfen. Mir kommt das vor als wollte Jemand vorschlagen: nun, da er trinkt so halte man ihn frei an Brandwein, damit er ihn über- drüssig werde. Halten diese Herren in allem Ernste das europäische Russland für über- völkert, für zu intensiv bebaut? So blind, so unwissend können sie nicht sein; also... Recht haben sie nur darin, dass es nicht unbedeutender Mittel bedarf wenn Auswanderun- gen gelingen sollen. Sogar unter den vielen Tagelöhnern die aus Deutschland vor zwei Jahrzehnden in die Ostseeprovinzen mittellos einwanderten, bestand die Hälfte aus faulen Taugenichtsen. Das dritte Viertheil mochte brauchbare Arbeiter liefern, aber es waren unruhige Köpfe, die nirgends aushalten. Nach Verlauf von etwa zehn Jahren war auch das letzte Viertel nicht mehr da, das man gern zurükkbehalten hätte. 1) Man erinnere sich doch dessen was daraus gewor- den ist dass man die schönen Weiden des Süd-Ural den Baschkiren abgenommen und den faulen Kosaken zuge- theilt. Wie bei Jenen, so auch bei den Kirgisen ist die Viehzucht in sichtlichen Verfall gerathen. (Vergl. Труды И. В. Экон. Общества, 1878, Сентябрь, стр. 106 und Wenjukov, Poccia и Востоктъ, 1877, стр. 141. 2) Und war das etwa die einzige Strasse für diese Zugvögel? Бай ich sie nicht schon 9 Jahre vorher aus denselben Gouvernements durch die Baraba ziehen (Vergl. meine «Вагафа» р. 12). 3) Davon, von den unvermeidlichen Anzahlungen auf zukünftige Arbeiten, von denen ein grosses Prozent ganz verloren geht, von den gerichtlichen Hudeleien und Schreibereien dabei, wissen die Grosswirthschaften und Gerichtshöfe der Schwarzerde etwas zu erzählen. Dre AKKERBAUER. KOLONISAZION. 341 . Im fernen Osten bleibt nun wohl die grössere Hälfte der Eingewanderten kleben, doch was ist das zum Meisten für ein Volk, und was für Ansprüche macht es? Die Eingebore- nen sind ihnen, «verdammte Unchristen» nicht besser als Hunde, denen von rechtswegen die fettesten Plätze abgenommen werden müssen. Der gutmüthige Nomade weicht willig und dennoch läuft ein Theil der Gekommenen ins Weite'); der Zurükkgebliebene legt sich auf das Ausbeuten der einfältigen nomadischen Eingeborenen, und führt zugleich stete Klage über Bedrängtwerden durch dieselben’). Die Schlimmsten und Faulsten sind aber die an- gesiedelten Kosaken. Nur freiwillige Kolonen können gedeihen. Dort am Ssyr, wo, wie ich gezeigt (р. 187) die Kirgisen sich mit Macht eines erfolgreichen Akkerbaues befleissigten, misslangen die Versuche russische Bauern einzubürgern; sei es bei Kasalinsk, und bei Frt. Perovskij, oder zwischen Dshulek und Turkestan. Sie vermoch- ten nicht der Bewässerungen Herr zu werden, welche bald ausblieben, bald überfluthend Alles vernichteten. Andererseits soll der Kirgisen- Aufstand des Jahres 1856, unter Dshan- Khodsha hauptsächlich durch die Vergebung ihrer Aekker an russische Kolonen, von de- nen jetzt keine Spur nach ist, hervorgerufen gewesen sein. Als höchst beachtenste Warnung lese man doch die gedrängte Geschichte der am un- teren Ssyr versuchten Kolonisazion 3). Nachdem bei Kasalinsk es mit der Ansiedelung von Kosaken, welche gleich wie am Kubanj als Grenzler dienen sollten, sich nieht machen liess, wurden Bauern als Kolonen angesiedelt, denen man Land einwies und 50 Rub. auf die Fa- milie als Unterstützung ausreichte. Es waren das Ländereien welche ursprünglich von den Karakalpaken bewässert worden waren; diese hatten sich jedoch, um den Räubereien zu ent- gehen, an die Mündung des Amu zurükkgezogen, worauf die Kirgisen hineinrükkten. Auf diesen Ländereien gediehen die Bauern, obgleich sie dieselben durch besondere Delegirte hatten besichtigen und gut heissen lassen '), garnicht. Sie konnten sich in die fer- tigen Bewässerungen nicht hineinfinden: bald trat ihnen der Ssyr nicht genug aus, bald er- tränkte er ihre Saaten, bald erklärten sie das Land durch ihren tiefgreifenden Pflug (ssabän) für ausgepflügt, d. h. erschöpft. Kurz es endete damit dass sie schliesslich ihr Vieh verkauf- ten und sich auf Krämerei legten, nachdem es nur Einzelnen als Fuhrbauern glükken wollte, während Andere in den an der Mündung in den Aral eröffneten Fischereien sich verliefen. Karakteristisch ist dass man im Jahre 1872 von Seiten der Regierung so vollkommen unorientirt war, ihnen nur 3 Dess. für jede männliche, und 2 für jede weibliche als Kigen- Фиш einzuweisen, 1) Турк. B&ı. 1875, № 30, стр. 112, №№ 33, 34. Ko- стенко, Средняя Asia, 1871, стр. 357; Ssewerzovin Маевъ малералы, IV, стр. 101 etc, und Ilyremecrgie по Туркест. краю, 1873, стр. 114, 117, 165, 337, 390. Die Kosaken plünderten in Ssewerzov’s Gegenwart die friedlichen Zelte und musste er ihnen den Raub selbst gewaltsam abnehmen. In den Труды И. В Эк. Общ. 1880, Il, стр. 146 heisst es: die Kosaken sind ihrer Natur nach, nicht im Geringsten Landbauer. 2) Als ich bei №16. Perovskij fragte warum die Russen die Ländereien nicht bearbeiteten, zeigten mir die Leute mit der grössen Entrüstung, man habe ihnen das in Sicht stehende von den Kirgisen bewässerte Land nicht ein- | weisen wollen. 3) Type. ВЪд. 1880, стр. 161. 4) Ходоки посылались облюбливать земли. 342 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Jenen verunglükkten Kolonen gegenüber, spricht eine Mittheilung, die ich soeben lese!), in günstigster Weise, den von mir in Schutz genommenen Mongolen, das Wort. Im Gouv. Ssamara haben Kirgisen 2600 Dess. Steppe durch Abdämmung in üppige Wiesen verwan- delt und die Bauern beginnen es ihnen abzulernen..... statt, wie im ferneren Osten, es ihnen abnehmen zu wollen. Wir haben gesehen wie viel die Verhältnisse dazu gethan haben um die Kirgisen schon dem Akkerbaue zuzuwenden. In Ferghanä gilt es nur, der Ausdehnung des Landbaues Vorrechte einzuräumen’); die Hauptkanäle vom Staate aus razioneller einzurichten; deren Netze zu erweitern; dem allerdings streng zu überwachenden Uebergange kirgisischer Län- dereien in die Hände der Sarten, durch Verkauf, Vorschub zu leisten; den Neuland-Unter- nehmern Freijahre u. 4. m. zu gewähren — und Alles wird sich von selbst gestalten). Un- erlässliche Bedingung ist aber, dass auf kirgisischen Ländereien, den Kirgisen unter sonst gleichen Bedingungen das Vorrecht eingeräumt werde. Wie ungerathen es ist, mehr thun zu wollen mag der Anhang IX lehren, in welchem doch nur zu erweisende Wohlthaten und nichtssagende Zuzählungen beabsichtigt waren. Ein bedeutender Theil der Kara-Kir- gisen die ich besuchte ist bisher offenbar durch zeitweilige Nothstände auf Plünderungen angewiesen gewesen; er verfällt künftig, in Folge der Ordnung die Russland nach Mit- telasien getragen dem Akkerbaue—urd das gleichfalls aus Noth‘?). Der immerhin schwie- 1) Землед. Газ., 1880, стр. 757. 2) Wie man darin nicht das Richtige ergrifien, hat Kostenko (Средняя Asia, 1871, стр. 165) auseinander- gesetzt. 3) Fedtschenko (Путеш. въ Турк. 1875, I, 2, стр. 90. beurtheilt die Kirgisen zu streng, obgleich er sie im Südgebirge Ferghanä’s in entwikkelteren Zu- ständen zu beobachten Gelegenheit hatte, als ich. So lange noch halbnomadische Lebensart und Gewohnheiten sie beherrschen, sind sie selbstverständlich lässige Land- wirthe. Zieht doch Fedtschenko selbst das Verfahren gewisser russischer Gutsbesitzer in der Bewirthschaftung ihres Grundbesitzes zum Vergleiche heran. Viele Ehre für den Kirgisen, oder viele...... Selbstverständlich ist es dass ich auch nicht daran denke den Kirgisen dem Tadshik (Sarten) irgend an die Seite stellen zu wollen; ich gebe ihn nur nicht auf: es kann aus ihm noch was werden auf dem neuen Felde seiner Thätigkeit, gleich wie er auf dem alten, als Hirte, Beachtenswerthes bisher geleistet hat. Auch Ssewerzov (1. с. стр. 169) stellt die im Ili-Thale intensiv-wirthschaftenden Sarten und Kir- gisen den russischen aussaugenden Kolonen gegenüber. Eine ganz andere Frage ist die von Radloff ange- regte, gegen die Fedtschenko polemisirt. Dieselbe finde ich auch von Kostenko (Средняя Asia, 1871, -стр. 54) in derselben Weise vertreten. Er betont dass die ansässige muselmännische Bevölkerung, als fest gestal- tete und überdiess religiöse Körperschaft, der europäi- schen Zivilisazion mehr Schwierigkeiten bieten wird, als die Nomaden welche noch als unorganisirtes Rohmaterial sich jeder Umgestaltung zugänglicher erweisen müssen. In sofern ist das gewiss richtig als es bei den Ansäs- sigen viel mehr auf geduldiges Zuwarten ankommen muss, während bei den im Uebergangszustande zu den ganz neuen Akkerbauverhältnissen begriffenen Kirgisen die Bildsamkeit eine grössere ist. Hier lassen sich ein- leitende positive Eingriffe kühner wagen. Schon in meiner Baraba habe ich die Urbergänge der Kirgisen zur herr- schenden Populazion nachgewiesen. Jedenfalls ist es eine falsche Auffassung von Fed- tschenko wenn er meint die Sarten hätten sich fast. keines bürgerlichen Lebens zu erfreuen gehabt. Vergl. was ich darüber auf Seite 162 gesagt habe. Von politi- schem Leben kann bei einem durch Nomaden bezwun= genen und von rohen Tyrannen fremden Blutes beherrsch- ten Volke freilich nicht die Rede sein. 4) Der Hauptmann des Namangan-Kreises hat im Jahre 1877 eine statistische Erhebung der Bevölkerungs- stärke so wie auch des Viehstandes zweier Geschlechter der Kara-Kirgisen versucht, welche, so preliminär sie auch sein mag, doch in schlagender Weise meine Auf- fassung bestätigt. Nachträglich kommt mir noch die Ver- sicherung zu, das höchstens einige Zelte verschwiegen worden sein könnten, die übrigen Angaben aber wohl keinen Zweifel an deren Richtigkeit gestatten. Es handelt sich um die Aufnahme des Geschlechtes Dre AKKERBAUER. KOLONISAZION. 343 rige Uebergang muss jedoch von oben her begünstigt und unterstützt werden. Er beginnt begreiflicher Weise, fast ausnahmslos, so dass reiche Gewalthaber unter den Kirgisen selbst (Manäp) den Boden durch vollkommen Verarmte (Igentschi) fast für das liebe Brod allein bearbeiten lassen. Anfangs folgen diese aber doch noch den nomadischen Wanderungen ih- rer heerdenbesitzenden Prinzipale und kehren nur zu bestimmten Jahreszeiten zu den Fel- dern zurükk. Auch geht man anfangs fort und fort frischen Urländereien nach, so wie die Fruchtbarkeit nachlässt. Die reichgedüngte Erde welche die Winterlager bieten ladet auch zu Versuchen mit Neuländereien ein. Gewinnt er nicht mehr als das 20-ste Korn, so sieht der urakkernde Kirgise schon scheel drein und schaut nach dankbareren Gründen aus, ohne im Geringsten seine jämmerliche Akkerbestellung zu bessern. Viel später tritt volle Sess- haftigkeit an die Stelle des Wechselns. Der Drang der Noth allein vermag den freien No- maden an die Scholle zu fesseln; so lautet das unerbitliche Gesets des natürlichen Fortschrit- tes. Es wird ein besonderes Interesse gewähren die Umwandlung der Bedeutung des Wortes «Igentschi» zu rerfolgen, das bisher sowohl «armer Schlukker» als auch zugleich «Akkers- mann» heissen will. Wie lange wird es wohl dauern bis dieser zu Ehren kommt? weil der «Igentschi» der Reiche sein wird. Wo der Gewinn nach anderer Seite lokkt unterlässt er nicht, der früheren nomadi- schen Wirthschaftsweise ihr Ende zu bereiten. Während Sarten russischer Botmässigkeit den Handel mit den Kirgisen fast ausschliesslich an sich gerissen haben, finden sich nicht Ktaj (auch Kutaj oder Khytaj genannt), das an der | Potsch-Ata und am Tschapatsch nomadisirt und unter einem Bij (Dshuma-Baj-Bij) stehend, 75 Zelte stark war, und ferner um die Aufnahme des Geschlechtes Kutlük-Sseid, das im Quellgebiete des Kassan-ssu, am Ssumssar und Tschatkal nomadisirt. Dieses steht unter 7 Bij, und zwar: 1) Chodshi-Bij mit 71 Zelten; 2) Tair-Bij mit 88 Zelten; 3) Isslam-Bek-Bij mit 96 Zelten; 4) Nar- Buta-Bij mit 50 Zelten; 5) Bek-Mirsa-Bij mit 69 Zelten; 6) Ak-Buta-Bij mit 49 Zelten und 7) Nar- Buta-Bij (Khudaj-Kul?) mit 93 Zelten. Insgesammt kamen auf diese 591 Zelte beider Ge- schlechter nur 1862 Köpfe; mit Einschluss der Weiber und Kinder, was nur 5,15 Köpfe auf jedes Zelt ergibt. Eine so geringe Anzahl lässt sich durch Verheimlichung oder ungenaue Aufgabe allein nicht erklären, weil jeder Zeltbesitzer namentlich aufgeführt worden ist. Da die Aufnahme nach Altersrubriken, von 10 zu 10 Lebensjahren stattgefunden hat, so dürfte die Bemerkung nicht müssig sein, dass in den Alters-Kategorien zwischen 15 bis 40 Jahren die Anzahl der Weiber diejenige der Männer bedeutend übertrifft, was ich nicht anders zu er- klären weis als durch die grosse Anzahl der bei Bewäl- tigung des Aufstandes im Jahre 1875 gefallenen kriegs- tüchtigen Kara-Kirgisen. Ueber 60 Jahre alt sind 71 Männer und nur 6 Weiber angegeben; über 70 Jahre 21 Männer und kein einziges Weib; so dass die Lebensdauer der Weiber ganz ent- schieden eine kürzere zu sein scheint als diejenige der Männer. Was nun den Viehstand anlangt, so kommt auf jedes 7. Zelt erst 1 Kameel; und auch an Pferden auf jedes Zelt nicht mehr als 3,1 Köpfe, an Hornvieh 1,8, an Schaafen 19,8. Da nun bei solchem Durchschnitts-Stande einzelne Zelte 2, bis höchstens 3 Kamecle besitzen, auf einzelne Zelte bis 36 Pferde, bis 12 Stükk Hornvieh und bis 360 Stükk Schaafe kommen, so liegt es auf der Hand dass es mit der Nomadenwirthschaft der Meisten ent- schieden zu Ende geht. Viele Zeltbesitzer haben nur je ein Pferd, Viele gar kein Hornvieh, ja Manche kein ein- ziges Schaaf, ohne an Pferden oder Hornvieh dafür enl- sprechenden Ersatz aufzuweisen. Sogar eine doppelt so grosse Anzahl von Vieh liesse die Fortsetzung des Hirtenlebens sehr fraglich erschei- uen. Ks geht damit zur Neige. Auch sind 3/; der Zelte als solche verzeichnet, welche es mit Akkerbau in den Vorbergen versuchen. Ein be- deutender Wink, was der Verwaltung zu thun obliegt. 344 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. nur aus Karategin, Hissar und anderen südlichen Nachbarstaaten (Buchara, Badakschan, Darvas), sondern auch aus Kaschgar Tadshiks d. h. akkerbautreibende Sarten, als Tage- löhner Merdeker genannt, sowohl in Ferghanä als auch in Wernoje, Karakul, Tokmak sich ein. Die Ursache liegt auf der Hand: in Kaschgarien wird der Arbeitsknecht monat- lich mit 3 Rub. 80 Кор. gelöhnt; an besagten Orten dagegen doppelt so hoch'). Auch aus China drängen Arbeitskräfte über Kuldsha nach Turkestan heran und es wäre ein Leich- tes den Auswanderungsstrom der so arbeitsamen als genügsamen Chinesen westwärts zu lenken, der bisher über den Ozean der Sonne entgegenzieht. Die Erfahrungen aber die Amerika gemacht hat, geben Manches zu bedenken; doch beherzigenswerth ist jedenfalls der Ausspruch Ssewerzov’s’): dort wo 100 Russen 1000 Kirgisen vom Akker verdrän- gen, um sich an ihre Stelle zu setzen, dort schieben sich 100 Chinesen noch ganz unbe- merkt zwischen die Uebrigen hinein. Wie dem nun auch sei, uns braucht jedenfalls nicht bange dafür zu sein dass es an Arbeitskräften in Turkestan mangeln könne. Der Tagelohn ist augenblikklich zu unnatür- licher Höhe gestiegen, das ist wahr, doch hat das schon begonnen sich durch rasche Ent- werthung unseres Papiergeldes ins Gleichgewicht zu stellen. Vor Einzug der Russen betrug m Ferghanä der Tagelohn 5 bis höchstens 15 Kope- ken); zu meiner Zeit war er schon auf das Doppelte, Dreifache und noch mehr gestiegen‘); der unverschämten Lohnforderungen nicht zu gedenken welche bei ähnlichen Uebergangs- zuständen alles vernünftige Maass zu überschreiten pflegen. Uebrigens ist der Tagelohn des Arbeitsmarktes nicht der richtige Maassstab für die Gestehungskosten des Akkerbaues. Deshalb ergreife ich mit grösster Genugthuung den Halt den uns Arendarenko nach dieser Seite hin für das Ssamarkand-Gebiet eröffnet hat. Zwar spricht er auch von 20 bis 40 Кор. Tagelohn für 12 Stunden Arbeit, und 80 bis 200 Ruh. (Alles in Allem) Jahreslohn im Dienste der Russen, aber bei nicht mehr als 60 Feiertagen im Jahre. Doch fügt er erläuternd hinzu dass der Inder — also der Grosshänd- ler und Wucherer orientalischer Abkunft — den Jahresknecht für 60 Rub. hat; dass der Sömmerling, der vom Februar an auf 8 Monate eintritt 12 bis 20 Rubel bei freier Kost, der Tagelöhner des Eingeborenen 8 bis 12 Kop. täglich bei freier Kost beansprucht. Diese Angaben haben besonderen Werth, da in Ferghanä sich bei einem flüchtigen Besuche nichts Festes ermitteln liess; so viel ich auch forschte. Sogar in den Akten der 1) Турк. BBy. 1876, № XV. Uebrigens waren schon | стр. 269 und Турк. ВЪд. 1879, № 50). Ein dort ansässi- zu Zeiten der Khane die «Galtscha» Karategin’s | ger Tabaksfabrikant beklagte sich darüber dass die Kir- gewohnt in Ferghanä Arbeit zu suchen und erreichten | gisen nicht gern das Behakken übernähmen. Indessen, sogar Taschkent wo sie für ausdauernden Fleiss wohlbe- | sie rükkten doch mit ihrem Zelte an die Plantage hinan: rufen waren. (Fedtschenkol. с. р. 95.) die ältere Jugend häufelte für einen Tagelohn von 2) Путеш. по Турк. Краю, 1875, стр. 94. 20 bis 27 Kopeken und die Weiber fädelten die Blätter 3) Костенко, Средняя Asia, 1871, стр. 331. auf. 4) Ebenso in Taschkent (Маевъ, матер1алы, ТУ, 1876, = Отв AKKERBAUER. LOHN. 345 Organisazionskommission suchte ich fruchtlos nach Winken für die Höhe der Bearbeitungs- kosten. Diese Schwierigkeit rührte daher dass Geldlöhnuug für Feldarbeit fast gar nicht vorkam'). Ausnahmsweise wurde ein Jahresknecht bei freier Kost mit 2 Satz vollständiger Bekleidung und 4 bis 5 Goldstükken gelöhnt. Der sinkende Geldwerth hat die Arbeiter jetzt mehr als jemals der Naturallöhnung zugedrängt. Antheilswirthschaft war und ist im Lande durchgängig im Gebrauche, so dass der Arbeiter einen bestimmten Antheil an den Erndten bezieht, im Uebrigen aber nicht eigentlich höriger Knecht ist, sondern die selbst- ständige Stellung eines Antheilspächters (Koschtschi)?) einnimmt. Es ist das die bekannte «métayage» Frankreichs und der Lombardei. Vorab wird von der Erndte die Staatssteuer in natura erhoben, die zu Zeiten der Khane meist '/ der Gesammterndte beanspruchte. Je nach der Frucht die angebaut wird fällt nun dem Bearbeitenden ein Antheil verschiedener Grösse zu. Der Landbesitzer gibt bei dessen eigenem Inventar an Geräth und Arbeitsvieh, für Dshugara-Hirse wohl auch die halbe Saat her und theilt nun, nach erhobener Steuer, den Erndte-Ertrag mit dem Partner zu gleichen Antheilen. Bisweilen muss dieser Hälftner die Arbeitsochsen selbst beschaffen. Wird Weizen ausgesäet, so gab in dem einen Falle der mir vorlag der Besitzer auch die ganze Saat, theilte aber dem Pächter nur \,, in einem zweiten Falle nur '/, des Ertrages zu. 3 Gibt der Besitzer Alles — also ausser dem Lande das sämmtliche Inventar, mit Ein- schluss der Saat her, und beköstigt überdiess den Arbeiter, so beträgt der Lohn dieses Knechtes, nach Abzug des Steuerquantum’s !/, bis '/, des Erndte-Ertrages. Mir wurde beim Dorfe Kokan Land gewiesen das zum Anbau vergeben war, aber trotz meiner Bemühungen liess sich nicht ermitteln dass der Besitzer sich Vergütung irgend einer Art vorbehielt. Der Nutzniesser war jenem auch nicht verwandt. Sollte das etwa auch die Bedeutung einer Stiftung gehabt haben? Das Behakken sah ich in grosser Gesellschaft ausführen, die sich der betreffende Landinhaber zum Gastmahle eingeladen. Auch das Aberndten wird häufig durch Tagelöh- ner beschleunigt. In solchen Fällen wird dem «Koschtschi» nur etwa '/, der geerndteten Dshugara, Baumwolle, Flachs, Hirse, und Melonen abgetheilt, und nur У, bis '/, der Ger- sten- oder Weizenerndte. 1) Ein Wakf-Stükk das unter Melonen vergeben war, zahlte 4 Rub. 80 Kop. Pacht für den Tanap. Fast überall erkundigte ich mich fruchtlos nach den Pachtpreisen; die Verpachtung (wie es schien «Scherr» genannt) von Ländereien schien selten vorzukommen. Nur 5 Werst von Taschkent besichtigte ich eine Ta- bak-Pflanzung. Dort hatte sich schon ein Pachtschilling eingebürgert. Die Dessätine wurde mit jährlich 21 Rub. bezahlt. 20 Werst von Taschkent (Kaplan-Beg) waren Mémoires de 1`Аса4. Imp. des sciences УПте Série. Ländereien unter Baumwollenkultur verpachtet zur Hälfte jenes Preises. Das Alles sind Minima, wenn mit den Prei- sen in der Lombardei verglichen, wo die Hektare 100 Gulden Pacht zahlt wenn sie gut bewässert werden kann. 2) Offenbar ist das die schon seit dem grauen Alter- thume beliebteste Form der Verpachtung in Mittelasien, da sie schon auf den in Niniveh ausgegrabenen Thonta- feln ausdrükklich verzeichnet ist, und folglich ‘schon 2000 Jahre v. Chr. geübt wurde, 44 346 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Für das Aberndten der Luzerne soll der Antheil eines Drittheiles der Jahreserndten im Gebrauche sein. Uebrigens richtet sich die Grösse des Antheils nicht nur nach der Grösse des Bei- trages, der Arbeitsleistung, nach der Art der Frucht, sondern überdiess nach der Zone des Thales, und zwar so dass!) im Norden des Namangan-Kreises der Antheil bis auf У, hinab- sinkt, während er in der Mittelzone desselben '/, beträgt, in der Südzone desselben Kreises bis auf die Hälfte anwächst. Das sind so bedeutende Unterschiede, dass man eifrigst be- müht sein muss sie alle auf das Genaueste zu präzisiren ?). So gross nun auch dieses Streben des Orientalen sein mag, sich als Antheilspächter und nicht als Jahresknecht hinzustellen 3), so fehlt es doch nicht an solchen Arbeitern wel- che wir Sömmerlinge nennen, und an Tagelöhnern. Ausser den oben (р. 344) von uns erwähn- ten heranwandernden Kräften müssen wir noch der landwirthschaftlichen Specialisten er- wähnen, wie beispielweise die «Sichler» (Uraktschi) es sind”), welche sich zur Kornerndte melden, und fortlaufend in derselben Weise Beschäftigung finden, da sie dem Reifen des Kornes nord- und gebirgwärts nachrükken. Wir werden dabei an Fedtschenko erinnert der während seiner Reise ununterbrochen zwei Monate lang immer wieder die Erndtezeit mitmachte. Diese Sichler sollen, bei freier Kost, mit der Hälfte der Aussaat dessen was sie eingeerndtet, und mit einer Zugabe von je einer oder zwei Garben gelöhnt werden. Ihnen hat der Feldbesitzer scharf auf die Finger zu sehen, sonst bleibt unverantwortlich viel für die Aehrensammler (Maschaktschi) liegen welche sich als Proletarier einstellen, um Nach- lese zu halten. Dabei fällt mir der vor ein paar Jahren in Frankreich vorgekommene Fall eines offenen Aufruhrs solcher Aehrenleser ein, welche ein vervollkommnetes Nachlese-Ge- räth des Landbesitzers nicht zuliessen und von der örtlichen Behörde in ihrem altherge- brachten Rechte (wenigstens vorläufig) in Schutz genommen wurden. Nicht ein Mal bis zur Anwendung der Sense ist der Orient gekommen; Alles wird ge- sichelt. So günstig steht es also um die menschliche Arbeitskraft in Ferghanä, und diese ist es auf die es hier mehr als irgendwo ankommt. Denn durch die allgemein verbreitete Zersplitterung in Kleinbetrieb, hat dort das Zugvieh eine geringere Bedeutung als bei uns. Die vervollkommneten Geräthe europäisch -amerikanischer Erfindung, und nun gar die Dampf- pflüge, welche doch schon in Aegypten eine Rolle spielen, dürfen also erst für die neuzuer- öffnenden Kulturländereien ins Auge gefasst werden. | Obgleich voraussetzend dass meine auf Seite 162 hingeworfene Meinungsäusserung, von mehr als einem Wichtigthuer wird mitleidsvoll belächelt worden sein, und Кеш besserer Eindrukk sich davon erwarten lässt dass ich nachtrage, sogar der grosse Eroberer und 1) Nach Nalivkin. 3) In dem von Arendarenko angeführten Falle 2) Wodurch unterscheidet sich der «Scherik», der | (Маевъ, Матер. 1879) gab es fast 25%, männliche und «Tink-Scherik», der Tink-urtak vom «Kosch- | nahe doppelt so viele weibliche Dienstverpflichtete. tschi»? 4) Турк. BBx. 1880. Die AKKERBAURR. RESSAILJI. 347 Volksbeglükker Abdullah-Khan habe es für unerlässlich gehalten sich persönlich an land- wirthschaftlicher Arbeit zu betheiligen, halte ich es für erspriesslich, hier zum Schlusse auf diese Angelegenheit zurükkzukommen. Auf das Deutlichste thut sich in dem ganzen Ver- halten des Orientes hervor dass dort alle Welt, sowohl grosse Eroberer und Herrscher, als auch die Gelehrten, Priester, Heilige und sogar der Prophet selbst, einheitlich darauf hin- gewirkt haben, die bei uns vielfach missachtete Arbeit des Landbaues als eine ehrenvolle, hehre und beseeligende hinzustellen. Veranlassung bietet mir gegenwärtigein kleines Duodezbüchelchen, ein Manuskript das mir H. Smirnov unter dem übersetzten Titel «Rissola für die Landbauer» aus Fer- ghanä nachgesendet hat. Richtiger (oder dialektisch verschieden?) soll es «Ressailj»') heis- 1) Die Uebersetzung desselben hat der beim asiati- schen Departement angestellte Mullah М. Junussev mir angefertigt. Derselbe erwähnt eines «Rissälej- Chejwanat» das von der Viehzucht handele, die Rechte aber auch die Beschränkungen unter denen es dem Men- schen gestattet sei seine Gewalt über die Thiere auszu- üben in Betracht ziehe, und eine humane Behandlung derselben anempfehle. Als das interessanteste Schrift- stükk dieser Art soll es Rathschläge für die Behandlung verschiedener Viehkrankheiten bieten, die Kurarten und Medikamente angeben, so wie auch «Besprechungen» nach verschiedenen Formeln mittheilen. So praktischer Art ist nun freilich dies vorliegende Ressailj für die Landbauer, nicht, immerhin aber in der oben betonten Rükksicht ungemein interessant, da in ihm die erdenklichsten Sprungfedern in Bewegung gesetzt werden um den Akkerbau zu fördern. Wir lassen die Verheissungen des Ressailj nunmehr folgen. «Wenn ein gottgefälliger Rechtgläubiger mühevoll Korn säet oder Bäume pflanzt, und die Früchte seiner Bemühungen von Menschen, von Land- und Wasser- oder von Luftthieren verzehrt werden, so wird er von Gott so viel zurükkerhalten als ihm zukäme wenn er dieselben mit eigenen Händen vertheilt hätte. Der Pro- phet hat gesagt dass wenn auch die Sünden des Land- bauers den Sandwogen gleichkämen, sie ihm dennoch wegen der Gebete der Befiederten vergeben werden wür- den. Der Landbauer dem die Früchte seiner Mühen von Dieben geraubt werden wird hoch belohnt werden. Nach den Schilderungen der Herrlichkeiten des Pa- radieses fragten die Jünger den Propheten, wem denn dieses Köstliche beschieden sei, und der Prophet sagte: Denen welche heiligen (Glaubens-)Krieg (Gasat) führen und die Nächte schlaflos im Gebete zubringen. Denen aber die den Akker bestellen und Bäume pflanzen werden die Tage und Nächte so angerechnet als hätten sie obiges gethan. Ehrliche Arbeit steht so viel höher als fasten und beten, dass Sünden welche hierdurch nicht getilgt werden können, ihre Sühne in der Arbeit behufs Ernährung der Familie finden; denn wer für eine gute That arbeitet kommt nicht in die Hölle. Der Hauch eines Menschen der gefastet hat, der Schweiss eines Akkerers und Baumpflanzers und das Blut eines Märtyrers haben gleiches Verdienst vor Gott. Gott hat den Landbauer nicht nur dem Schriftgelehrten, dem Krieger und dem Anbeter der heiligen Stätten gleichgestellt; er hat ihn über sie gestellt, denn ohne den Landbauer könnten Jene weder der Schrift sich wei- hen, noch Krieg führen, noch auch nach Mekka wandern. Ibni Abbas und Dürär haben es gesagt: Gleich- zeitig mit Dem der einen Baum pflanzt und dessen Acht hat dass-er nicht austrokkne, pflanzt der Herrgott im Paradiese einen Baum des Wurzeln gediegen Silber, des- sen Stamm reines Gold und dessen Blätter wunderbar schön sind. Die Früchte dieses Baumes Tubä wird der Landbauer essen; sie sind süsser als Honig, weicher als Flaum und weisser als Schnee. Wer von diesen Früch- ten schmekkt, in dessen Munde weilt der Geschmakk tausend Jahre lang. Der wahrhaftige grosse Gott wird in das Schuldbuch für jedes gesäete Korn dem Landbauer 10 seiner Sünden streichen, 10 Belohnungen eintragen und seine Stellung im Paradiese um 10 Stufen erhöhen. Geht das Korn auf und grünt, so ist es als habe der Landbauer einen Gläu- bigen auferstehen lassen; das Grünende bittet Gott um Vergebung der Sünden des Säers. Wenn das Getreide reift und der Landbauer sichelt es, so ist es als sichele er seine hochgewachsenen Sünden. Führt der Landbauer das Getreide nach Hause, und die Seinigen frohlokken, so wird der Lohn so gross sein als wenn der Landbauer 40 Tage im Gebet und im Fasten zugebracht hätte. Wenn aber das Weib, die Kinder und die Anverwandten das Brod essen werden, so wird der Landbauer sündenfrei, | gleich als sei er eben auf die Welt Gottes gekommen, 44* A SE ER > Sic ne je A 348 A. v. MIDDENDORFF, FERGHANA. sen. Das Ressaillj ist offenbar ein Mittelding zwischen Gebetbuch und Verhaltungsregel; etwa ein Katechismus, der im 14-ten Jahrhunderte entstanden sein soll. Jegliches Gewerbe besitzt seine eigene Richtschnur in einem besonderen Katechismus dieser Art, und steht unter der Aegide eines besonderen Schutzpatrones (Pir), bei dessen Namen der zum betref- fenden Gewerbe Gehörige seine Schwüre leistet. Der Katechismus beginnt: im Namen des allgütigen, barmherzigen Gottes. Der Schutzpatron des Landbaues ist nun niemand anderes als Adam, der, laut Ver- kündigung dieses Ressailj, und laut Autorität von Ischam Dshafar Ssadyk, der Spitz- führer der vier grössten Landbauer seit Erschaffung der Welt ist, indem auf ihn Noah, Abra- ham und Mohamed, dann aber noch 14 andere namentlich Genannte, folgen, welche un- ter sich die hauptsächlichsten Landstriche getheilt zu haben scheinen '). Um nun aber aller der Ueberschwänglichkeiten theilhaftig zu werden (von denen ich die hauptsächlichsten in der Anmerkung wiedergegeben) muss der Landbauer «Dechkam» (d. i. Akkermann, Gärtner und Baumwirth) «Aschraf» d. 1. vollbürtig werden und zu die- sem Behufe die Geschichte seines Patrones Adam kennen, der den Befehl erhielt: «Kül min näddi jaminike» 4. 1. im Schweisse deines Angesichtes sollst Du Dein Brod essen. Er aber wählte sich den Landbau, als das edelste und höchste aller Gewerbe, von dem der Prophet gesagt: Gott theilte seine Gaben in 10 Theile; 9 davon schenkte er dem Land- baue, und den zehnten allen übrigen Gewerben. Es gäbe Welche die da behaupteten eigentlich müsste der Erzengel Gabriel der Pa- tron des Landbauers sein, da er es war, der aus dem Paradiese die Geräthe, den Ochsen, die Weizen- und Melonensaat hergab, das Bewässern, Pflügen u. s. w. lehrte. Der Melonen- saft sei eben das Wasser aus dem Teiche (Käwsser) im Paradiese, daher die Melone zu- gleich Nahrung, Getränk und Frucht. — Des Erzengels Michael wird nur gelegentlich er- wähnt als dessen der aus der göttlichen Vorrathskammer den Regen spendet. Die Regeln welehe das Ressailj vorschreibt gruppiren sich zu zwei Abtheilungen: In die Arbeit soll der Landbauer 1) reinlich gehen, 2) soller wahr sein, 3) wohlgesinnt, 4) Gott preisen, 5) den Vorschriften Gottes gehorsam leben. Ferner: 1) Ein bestimmtes Gebet sagen, 2) der durch das Gesetz gebotenen Pflichten eingedenk sein 3) Das Korn in die rechte Hand nehmen, 4) den Ochsen nicht schimpfen, 5) Reines Herzens sein. Jede einzelne seiner landwirthschaftlichen Arbeiten, ja sogar jede Pflugwende soll er mit Ibni Abbas sagt, nach Worten des Propheten, dass | demjenigen Menschen zu gut gerechnet werden der sich der hochzupreisende Thron Gottes umgeben ist von 6000 | abmüht seine Familie zu ernähren. Engeln, welche, umherwandelnd Sein Lob und Seine 1) Dieses scheint nach Indien zurükkzuführen, denn Ehre singen. Jeder von ihnen hat 7000 Köpfe, Gesichter | «Djamshid» wird für die indischen, wie für die irani- und Zungen, jeder 70,000 Flügel und Hände. Jede Hand | schen Asier als der Erfinder des Akkerbaues angegeben, hat eben so viele Finger, welche als Federn dienen mit | der sein Volk nach Bactrien führte und es zum paradisi- denen die Engel gottgefällige Thaten schreiben, welche | schen Garten umschuf., ee > Ая SE Dre AKKERBAUER. RESSAILJI. 349 besonders nahmhaft gemachten Koransprüchen begleiten, und es werden sogar den Ochsen, dem Joch, dem Riemen, dem Pfluge, dem auszusäenden Weizen, so wie Hirse, Mais, Flachs, der Zwiebel, jedem ein besonderer Lobspruch Gottes zugeschrieben, die der Landbauer ih- nen nachbeten soll. Endlich, nachdem die in der Anmerkung hier unten im Auszuge gegebenen Herrlich- keiten aufgezählt worden, mit welchen der Landbauer begnadigt ist vor allen anderen Ge- werbetreibenden, wird ihm angedroht, dass wenn er obigen Verpflichtungen nicht nachkom- me, sein Gesicht vor dem Jüngsten Gerichte sich schwärzen werde, er werde der Schande preisgegeben sein und weder der Erzengel Gabriel, noch Adam, noch der Prophet würden dann für ihn eintreten. Gott würde ihm seine Sünden nicht vergeben. Wer aber an diesem Sendschreiben (dem Katechismus) zweifeln wollte, der sei ein Ungläubiger, in Folge dessen Gott widerwärtig und sein Weib geistig von ihm geschieden. Das Ressailj ist also ein Taschenbüchlein das dem Landbauer Lehren der Moral und heilsame Gedenksprüche aus den heiligen Schriften im Gedächtnisse auffrischen soll; es soll ihn erheben und kräftigen durch die Versicherung dessen dass er beim Säen seiner Saat, beim Pflanzen eines Baumes, bei der Pflege eines Hausthieres nicht lediglich seinem eige- nen irdischen Nutzen lebt, sondern auch die Anerkennung eines gütigen Weltregierers sich erwirbt. Jetzt übersehen wir wie mächtig die Hebel gewesen sind welche angesetzt wurden um ein an sich zum Akkerbaue hinneigendes, durch die Noth zu intensivem Akkerbaue gedräng- tes Volk, in dem schon betretenen Gleise zu erhalten. Nur unter solchen Beihilfen mochte es bei einem barbarischen Volke so weit kommen dass der Turkestaner jetzt aufglüht in der Gefühlsäusserung: «dieser Weinstokk, dieser Maulbeerbaum, die ich gepflanzt, sie sind mei- «nem Herzen theuer gleich Söhnen. Es ist als rührte derjenige mich selbst an, der sie an- «rührt». Die ganze Bedeutung dieser Umstände wird uns erst klar wenn wir dem wie es seit mindestens dem XIV-ten Jahrhunderte in Mittel-Asien gehalten worden '), das gegenüberhal- ten was in demselben Zeitraume dem Bauer Europa’s gewährt, welche Stellung ihm ange- - wiesen worden. Ja, wir dürfen nicht verkennen dass der grosse Prophet selbst, geschweige denn seine Jünger und Nachfolger, sich gezwungen gefühlt haben gegen Ende ihrer Lehren zu ganz ent- gegengesetzten Lehren sich zu bekennen als zu Anfang. Denn der ursprüngliche nomadische Karavanenplünderer, der Raubritter, auf dessen Kopf der Preis von 100 Kameelen und tau- send Unzen Silber gesetzt war, und schliessliche Schwertritter des Glaubens, Mohamed, be- gann seine Lehre mit einer Verfluchung des servilen Pfluges. | Bei der in solcher Weise gewonnenen Einsicht in die Bedeutung der Religion für das bürgerliche Leben, mag es am Platze sein, an diesem Orte bei der Betrachtung der religiösen 1) Auch China’s Rangordnung setzt den Akkersmann über den Gewerbetreibenden und den Kaufmann. 350 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Geistesrichtung in Turkestan etwas stille zu halten, da wir vor dem allerschwierigsten Рго- bleme stehen, das der künftigen Verwaltung unser neuerworbenen Landstriche und der Ver- schmelzung derselben mit dem Reiche, den Weg verlegen wird. Wir haben gesehen und werden es weiter unten noch mehr bestätigt finden wie hoch- merkwürdig es ist dass der iranische Tadshik sich in seinem Landbaue so wie in seinen Existenzbedingungen, in der Art und Weise seines Lebens und Waltens, unverändert er- halten. Mit der Sprache ist das schon anders gewesen. Hat das altpersische Idiom sich auch nicht aus dem Heiligthume der inneren bürgerlichen und Familien-Beziehungen verdrängen lassen, so hat sich doch die Sprache der Sieger, das Türkische, neben der Sartensprache, als allgemeinere Umgangssprache ihren Platz erobert. Nur in den unzugänglichsten, ab- geschlossenen Gebirgsthälern hat sich das Altpersiche unbeeinflusst und alleinherrschend zu erhalten vermocht. Um so interessanter ist es zu betrachten, wie die religiösen Ansichten in noch höherem Grade als die Sprache wandelbar, und überdiess nicht allgemach sondern fast rukkweise wandelbar gewesen sind. Im Orient hat seit jeher die grösste Empfänglichkeit für religiöse Richtungen ge- herrscht und ist auch kaum irgend ein anderes Land in dem Grade als das am Oberlaufe der Zwillingsströme gelegene Land Ssogd, der Tummelplatz der verschiedenartigsten Glau- benslehren gewesen. Die ältesten Nachrichten weisen auf den Parsismus hin, aber auch etliche Fetische soll die chinesische Gemahlin eines Machthabers in Turkestan (Sekedschket) als Aus- steuer mit sich gebracht haben; zur Zeit als in Bochara selbst bisweilen Götzenmärkte abgehalten wurden'). Die mazedonisch-griechische Herrschaft hinterliess auf der Grundlage des ursprüng- lichen Parsismus keine jetzt nachweisbaren Spuren, obgleich vorausgesetzt werden muss dass die Kultureindrükke des hellenischen Lebens an den Tadshik nicht spurlos vorüber- gegangen sein können’). Von den Geschichtsforschern ist als ausgemachte Thatsache nur erwiesen dass in den ersten Jahrhunderten n. Chr. der budhistische Kultureinfluss sehr stark war und den Par- sismus überwog. Seit der Gründung des indo-skythischen Reiches entfaltete sich der Bud- hismus mit Macht. Budhistische Pilger durchstreiften zahlreich die Quellgebiete unserer Zwillingsströme, stifteten und besuchten hier eine Menge Klöster und fertigten treffliche Beschreibungen der von ihnen besuchten Reiche an, die auch bis auf uns gekommen sind?). 1) Vambéry, Geschichte Bocharäs, I, р. 2, 16. sprungs, aus den Zeiten des Mazedoniers, anerkannt 2) Mein Reisegefährte H. Smirnov erstand in den | wurden. Buden Kokans Kameen, kleine Köpfe darstellend, welche 3) Ritter, VII, p. 755. in Moskau von Kennern als unbedingt griechischen Ur- Dre AKKERBAUER. CHRISTLICHER KULTUS. 351 Im zweiten Jahrhundert п. Chr. waren in Khotan fast alle Einwohner Budhisten, und es wurden dort über zehntausend Mönche gezählt. Darauf, um die Mitte des IV. Jahrhunderts n. Chr. sehen wir sogar die christliche Mission in den von uns betrachteten Gebieten als neues Agens in die Schranken treten. Nicht nur in Mesopotamien und Persien werden Bischofsitze errichtet, sondern sogar Merw'), das jetzige Raubnest inmitten der Turkmenenstämme, und Tuss”) werden zu Metropolitan- sitzen erhoben. Die christliche Lehre fasst dort so festen Fuss dass noch 150 Jahre später?) von den Nestorianern ein Patriarchat in Ssamarkand selbst gestiftet wird; ein Patriarchat derselben Lehre, welche, weil sie den asiatischen Auffassungen sich anschliessend, es vor- zog die heilige Jungfrau «Mutter Christi» statt «Mutter Gottes» zu nennen, in feierlichem Konzil der rechtgläubigen Kirche durch den Papst verflucht und verdammt wurde‘). Da kann es denn nur auffallen dass es so lange dauerte bis ein Mohammed auftrat. Die Nesto- rianer gingen aber allerdings unter, Nichtsdestoweniger traf Marco-Polo, ein Jahrtausend später, noch in Kaschgar, Jarkend, und Khotan, deren Bevölkerung in kürzester Frist Budha gegen Mohamed vertauscht hatte, Nestorianische Gemeinden. In vielen Städten besassen sie Kirchen, und zumal deren drei grössere in der Hauptstadt von Tangut, Kuan-Tscho. Sogar am Nordufer des Issyk-Kul hatten die Nestorianer noch im 14. Jahrhundert ein Kloster, gleich wie sie auch zur selben Zeit einen Bischofsitz in Kasch- gar innehatten. Bedeutung aber, vermochte die neue Lehre der Christen nicht zu gewinnen. Da kam das flammende Schwert des Mohamedanismus, das blutigen Einzug in Turke- kestan hielt und mit reissender Schnelligkeit die neue Glaubenslehre verbreitete. Diese Lehre war der glühenden Phantasie des Orientalen angepasst; sie predigte gewaltsame Be- kehrung oder Vernichtung; liess keinen anderen Ausweg. Was nicht für mich ist, ist wider mich, war auf die Fahne dieser Lehre geschrieben; sie rief die Brüder im Glauben Moha- med’s gegen die unbekehrten Glieder desselben Volkes, derselben Familie unter die Waffen unersättlicher Vernichtung. Das seit jeher eine tyrannische Handhabung der Gewalt ge- wohnte Volk fiel überall der neuen Lehre zu, und mit zauberhafter Schnelligkeit eroberte sich der Mohamedanisnus ein unermessliches Gebiet und machte sich mit reissender Schnel- ligkeit im Laufe von 80 Jahren mehr Länder unterthan als die welterobernden Römer in 800. Er bleibt den Christen bis heute an Zahl der Gläubigen weit überlegen. Primos in orbe deos fecit timor ! 1) Wohl das Mouru der Zend-Avesta, die es neben Ssoght und Bakhdi (Baktrien) als Schöpfung des Guten Geistes hinstellt; Margiana der Züge Ale- xanders, Freilich blühend zur Zeit der Arsakiden, und Hauptprägeort der parthischen Münzen. 2) 334 п. Chr. Ob wohl das in Ferghanä, westlich von Namangän gelegene Tuss? 3) 505 n. Chr. 4) Zu köstlich ist der von Richthofen (nach Mos- heim im du Halde) zitirte Passus, als dass ich es mir versagen könnte ihn hier aufzunehmen. Er heisst: «die Jesuiten in China nahmen diesen Befehl des Pabstes mit Ehrfurcht an, und legten ihn mit Verachtung bei Seite». In der That folgte dem ersten Dekrete später ein ent- gsegengesetztes, uud endlich ein drittes das — je nach Umständen sowohl die eine wie die andere Benennung gestattete. 352 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANÀ. Doch die Zahl, wie die weltliche Macht gilt wenig па Gebiete des Glaubens. Die Wucht der Ueberzeugung entscheidet. Seit die Usbeken, ihrer ursprünglichen Natur untreu geworden, unter den von ihnen beherrschten Tadshik, an Sitten und Lebensweise den Tadshik ähnlich wurden, seit ihre Genossen, die vielfach durch Beimischung iranischen, semitischen und slavischen Blutes gefälschten Osmanen (ursprünglich Seldshuken) mehr und mehr europäischem Einflusse zugänglich wurden und unterlagen; seitdem erhoben sich die Länder an dem Oberlaufe der Zwillingsströme immer entschiedener, immer gegensätz- licher zu der Höhe eines selbstbewussten Hortes der reinen Lehre des Propheten. Stam- bul wurde dem Orientalen zum Sinnbilde der weltlichen, Bochara zum Sinnbilde der geistlichen Macht des Mohamedanismus. Der von zelotischen Mullahs, von umherirrenden Derwischen, und von hochgehaltenen Khodshä angefachte Heiligkeitsdrang nährte den Fanatismus zu solcher Glaubenshitze heran dass die Khane sich berufen hielten eigends zu solchem Zwekke Polizeigewalten hin- zustellen deren Pflicht es war unter Fuchtelhieben die säumigen Gläubigen zu den vorgeschrie- benen Malen täglich, in die Moscheen zu treiben. Noch im Jahre 1834!) ging ein Mohtesib in der Stadt Kokan umher und ertheilte Jedem die Bastonade, den er am Freitag beim Tabakrauchen antraf. In Buchara wurden Leute öffentlich gepeitscht weil sie während der Gebetszeit geschlafen, und auch der neuerdings so mächtige, weil kluge und politisch ent- wikkelte Emir Jakub trieb noch die Heerde der Gläubigen mit der Peitsche zur Andacht. Solchem Gebahren entsprechend und dadurch ermuntert dass die Khane, theils im Glaubenseifer, theils aus politischen Motiven, auf das Rükksichtsloseste und Grausamste mit europäischen Reisenden umsprangen?), welche sich bis in die Länder am Oberlaufe der Zwillingsströme hineinwagten, kam es so weit dass sich noch jüngst kein Christ in jenen Landen in europäischer Kleidung öffentlich zeigen durfte ohne verspottet, angegriffen, ange- spien und mit Steinwürfen bedroht zu werden”). Dort hatte sich der sunnitische Fanatis- mus, der sogar das Brudervolk der persischen Schiiten aus religiöser Ueberzeugung tödt- lich hasste, bis zur höchsten Höhe entwikkelt und war dem Volke, allem Anscheine nach, vollkommen in das Geblüt übergegangen. Die eindringliche Gewalt dieser Glaubenslehre hatte höchst merkwürdiger Weise ihre Vollkraft dadurch bewährt dass alle die türkischen, mongolischen und tatarischen Völkerschaften welche die Länder Mittelasiens im Laufe der Jahrhunderte als Sieger unterjochten sich freiwillig zur Religion des Islam bekannten. Um so neugieriger war ich, mir diesen Fanatismus auf dem linken Ufer des Ssyr näher zu betrachten, das erst drei Jahre vor meiner Anwesenheit in Ferghanä, zu Russ- land geschlagen worden war. Meinen Aufenthalt hatte ich aber in jenem Margelan genom- 1) Ritter, Asien VII, p. 780. Nach Burnes. 3) Schuyler (Turkistan, ‚1876, р. 12) war noch im 2) Es bedarf wohl kaum der Erinnerung an Adolph | Jahre 1873 in Kokan Beschimpfungen ausgesetzt, trotz Schlagintweit (1857), Conolly (1842), Stoddart, | des damals schon vielsagenden russischen Schutzes. und viele Andere. | Dre AKKERBAUER. FANATISMUS. 353 men, von dessen Bewohnern Sultan Baber aussagt: «Dieses Volk gibt gute Boxer; sie sind «unruhige Zänker und in ganz Mawar-al-nahar (vergl. weiter unten) durch ihre unge- stümen «Schlägereien und ihre Händel berüchtigt. Die besten Faustkämpfer in Ssamar- kand und «Bokhara sind stets von Margelan (Marghinan)'). Und was fand ich dort vor? die grosse Menge des Volkes dachte an nichts weniger als an Aeusserungen ihres Fanatismus, der gar nicht mehr vorhanden zu sein schien. Mit der Macht der, die Mollah durch Polizeigewalt stützenden, Khane, war auch der Einfluss dieser Mollah gewichen. Die Hälfte der Bevölkerung entpuppte sich offen als lau im Glau- ben; ein Theil der Gläubigen, folgte gewissenhaft den Vorschriften des Propheten, doch ohne durch die Gegenwart der Christen sich im Geringsten beengt zu fühlen, und nur einem geringen Theile dieser Gläubigen sah man es bei der Begegnung auf der Strasse an, dass er, den bösen Einfluss des sich nähernden verdammten ungläubigen Christenhundes verab- scheute. Solche spien aus, um sich vor dem gefährlichen Hauche zu schützen. Ging ich nun schnurstrakks auf einen Solchen zu, und erkundigte mich nach Weg oder Richtung. so er- hielt ich dennoch stets Antwort in recht williger Weise. Auf meinem Rundritte aber wurde ich überrascht durch die freundliche Zuvorkom- menheit mit der, in Ermangelung eines anderen sich eignenden Unterkommens, ich mit meinen Gefährten im Vorraume zur Moschee, inmitten der für die Waschungen bestimmten Teiche und Zuleiter untergebracht wurde. Unmittelbar vor uns rief der Priester die Gläu- bigen, welche täglich drei Mal durch unser unter freiem Himmel aufgeschlagenes Lager hindurch, zum Gebet gingen und heimkehrten, ohne Anstoss zu nehmen. Was ich sage ist gleich anfangs richtig erkannt worden?) und wird neuerdings durch die Eröffnung des Beamten H. Warskij vollkommen bestätigt, der in seinem Vortrage zu Moskau öffentlich erklärte?): «während seiner zehnjährigen Dienstzeit habe er nicht eine «einzige Aeusserung des Fanatismus in Ssamarkand erlebt; obwohl er danach gesucht ». Hat doch Vambéry (Zentral-Asien 1870) betont dass es ein Tadshik-Mollah war, der in dem üblichen Freitagsgebete, neben dem ersten Khalifen des Islam, dem orthodox-christ- lichen Kaiser Alexander ein langes Leben erflehte. Der Fanatismus ist also wie fortgezaubert, Zugleich mit der Staatspolizei der theo- kratischen Khane fand er sich an die Luft gesetzt, seit die Russische Regierung freies reli- tes zu wetten und zu wagen, die Leidenschaft und Ge- winnsucht des geborenen Spielers, eine wesentliche Rolle 1) So schlimm wie das klingt ist nun die Sache im Grunde nie aufzufassen gewesen. Das im klassischen Al- terthume heimische Kämpfen und Ringen, dürfte aus Zentralasien abzuleiten sein, wo es bei den mongolischen Völkerschaften zur Verherrlichung jedes Festes gehört. Gleich den Wettrennen, den Kok-buri, gleich den auch jetzt noch in jedem Dörflein Turkestans zahlreich gehal- tenen Kampfwachteln (Bildergin) und Kampffeldhähnen (Kaklik), spielt die Leidenschaft des orientalischen Blu- Mémoires de l'Acad. Гор. des sciences, УПше Serie. dabei. In den Type. ВЪд. 1875, стр. 11 ist ein Faustkampf in Katty-Kurgan beschrieben. 2) Русск. Туркест, 1872, стр. 13. Der Fanatismus löst sich in Erwerbsspekulazion auf. 3) Антроп. Выставка 1879 г. подъ редакщею Bor- данова, III, 1, стр. 223. 45 354 A. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. giöses Walten dekretirt hatte'), und es bestätigte sich in glänzender Weise die Versiche- rung Fedtschenko’s?), der, und zwar noch zu ungetrübt mohamedanischen Zeiten, zu Zeiten Khudojar-Khan’s, die grösste Toleranz in Ferghanä erlebte. Sogar von dem Ausbunde des gottgefälligen muselmännischen Fanatismus, von Bettelmönchen, erhielt Fedtschenko, unter Gebetgesängen das Geleit für eine wohlbehaltene Reise). Das Volk wusste eben dass der auf Russland bauende Khan dem Reisenden wohlwollte, und ver- schwunden war das fanatische, offenbar künstlich aufgebauschte Gebahren. Wir lernen daraus dass die Landesverwaltung in aller Zukunft dem fern bleiben möge dort durch christliche Eiferer und Missionäre den Fanatismus zu wekken, zu dem das Volk immerhin leicht entflammt werden könnte, da der besondere Einfluss den die religiösen Orden seit jeher ausgeübt nicht übersehen werden darf. Noch zu meiner Zeit wehten auf vielen Kurganen die Fahnen überall verbreiteter Heiligen und Eremiten; denn wohl hat Choroschchin‘) vollkommen Recht wenn er ausruft: die Canonisazion macht sich in Mittelasien noch leichter als bei den Katholiken. Im neuerschienenen Werke Hartmann’s (Les peuples de l’Afrique, 1880) lesen wir (р. 112) dass gerade gegenwärtig eine Art «Renaissance» des Islam vor sich geht, das alte Feuer wieder auflakkert. Buchara- oder Ssamarkand-Missionäre haben sich insbeson- dere auf Afrika geworfen, Als politisch-religiöses System das im Sturmesfluge durch die unbarmherzigste Ge- walt des Schwertes begründet worden, steht die Lehre des Islam jedem christlichen Staats- verbande feindlich gegenüber. Nur einem mohamedanischen Herrscher schuldet der Gläu- bige Gehorsam; nur zeitweilig kann er sich gezwungen sehen der übermächtigen Gewalt des Christenhundes dienstbar zu werden, den er auszurotten die heilige Verpflichtung hat. So steht es augenblikklich, aber nicht darf vergessen werden dass die eine Hälfte der Be- völkerung, das Weib, mit der Religion nichts zu thun hat, da es bisher mit geringen Aus- nahmen ohne Unterricht und religiöse Unterweisung aufwächst. Man hat als hauptsächlichsten Hemmschuh der Weiterentwikkelung des Mohameda- 1) Dank sei es der Einsicht unserer leitenden Staats- männer dass für den Anfang jegliches Missions-Treiben der christlichen Kirchen von Turkestan fern gehalten wurde. Wir stossen bei Taylor (Anfänge der Kultur, 1873, Гр. 22) auf eine bedeutsame Hindeutung, die analogen Verhältnisse in den anstossenden Gebieten englischer Herrschaft berührend. Es ist höchst interessant, sagt er, ein Tagebuch eines Missionärs mit Max Müllers «Es- «Says» zu vergleichen und den unduldsamen Hass und Spott, mit welchem enger, feindseliger Eifer den Brah- manismus, Budhismus und Zoroastrismus überhäuft , neben die freisinnige Sympathie zu stellen, mit der tief und umfassend gebildete Leute jene alten und erhabenen Phasen des religiösen Bewusstseins des Menschen be- trachten. О DE: 3) Nach dem Catalogue de la Section du Turkestan, der Exposition universelle de Vienne, 1873, p. 85, sind diese Duwana bereit jedem Ungläubigen solche Gebete zuzusingen, wenn sich eine Gabe erwarten lässt. Daraus wird ersichtlich wie das aufzufassen ist was Petzholdt (Umschau im Russischen Turkestan, 1877, р. 107) mit- theilt. 4) |. с. р. 197. РАСТ J'Avtec zu ale er Зав ll Zu dla Li a =: г’ x x Die AKKERBAUER. FANATISMUS. 355 nismus die Lehre von der Vorherbestimmung des Schikksales jedes Menschen durch Allah, und die völlige Verneinung menschlicher Willensfreiheit bezeichnet. Das soll sich jeglichem selbstständigen Vorwärtsstreben unüberwindlich entgegenstemmen. So wahr in philosophischer Hinsicht dieser Ausspruch auch ist, so betrifft er, denke ich, doch eigentlich nur die Theorie dieser Angelegenheit. Von praktischem Gesichtspunkte möchte ich hervorheben dass gerade in dem Um- stande die sicherste Handhabe für eine ganz unmerkliche, allmälige Assimilirung der Mo- hamedaner Turkestans liegt, dass eben ihre heiligen Schriften religiöse, moralische und bürgerliche Vorschriften durcheinander mengen, dass sie zugleich Bibel und juridischer Kodex sind. Je mehr mit der Umgestaltung der bürgerlichen Verhältnisse, mit dem Vorschreiten der Kultur, die früheren juridischen Grundlagen praktisch unhaltbar werden, und durch eine neue Gesetzgebung ersetzt werden müssen, je mehr das neue bürgerliche Leben nicht umhin kann die alten Lehren der Moral auf konsequentere mit der Vorherbestimmung un- vereinbare Wege zu leiten, desto mehr wird der ohnehin von der Mehrzahl lau behandelte, zu veraltern beginnende, religiöse Formalismus in sich selbst verfallen. Man darf nur ein Mal gesehen haben wie der zentralasiatische Muselmann, seine vorgeschriebene Waschung ausführend, in dasselbe Wasser das dem Nachbarn dicht-an zufliesst, speit, und Unrath hineinwirft, oder wie er dem schon längst getödteten Wilde, laut Mohamed’s Vorschrift das Blut abzulassen, die Gurgel einschneidet — um zu überschauen was es mit diesem ganzen Formalismus für eine Bewandniss hat. Der Koran ist mit vollstem Rechte eine Um- prägung jüdischer und christlicher Gedanken genannt worden. Zutreffend wie sie ist, weist diese Auffassung auf die Rükkprägung hin, auf welche ich hier anspiele, denn auch für die Massenreligionen bleibt in Kraft dass die Lebenserfahrungen jedes Einzelnen ihn seinen Gott finden oder verlieren lassen. Es gilt also vor Allem, sich mit Anfängen von praktisch gerichteten Handwerks- Ge- werbe- und Realschulen, Lehrer-Seminarien und Feldscheer-Klassen') in das schon so aus- gedehnt vorhandene nazionale Schulsystem hineinzuschleichen. Trotz vieler, durch grosse Geduld und Langmuth zu überwindender Schwierigkeiten, würde ein solches systemati- sches Vorgehen seinen mächtigsten Verbündeten in der grossen Erwerbsgier und Erwerbs- befähigung der eingeborenen Bevölkerung finden. Haben doch dieselben Anlagen schon nicht wenige Unterthanen China’s in Ssemiretschje zur Bekennung des Christenthums geführt?). Die Tadshik zeigen aber in Ssamarkand immer mehr Neigung dazu, die russischen 1) Ich spreche von allmäligem, zeitgemässem Ver- | Gelder der Moscheen und Kollegien legen wollte. (Vam- schieben der bisher in so umfassender Weise der Volks- | béry, Centralasien 1875, р. 69.) bildung Mittelasiens zu Gebote gestellten Mittel. Selbst 2) Vergl. Ssewerzov (Путеш. no Туркест. Краю, der Emir von Bochara wurde sogleich als Abtrünniger | 1873, стр. 94.) und Ungläubiger verschrieen als er seine Hand an die 356 А. у. MIDDENDORFF, КЕВСНАКА. Schulen zu besuchen'). Da schon jetzt in Ferghanä die gesammte ansässige Bevölkerung den Schriftgelehrten blind glaubt, auch des Lesens und Schreibens kundig ist, so würde ein geschikkt redigirtes volksthümlich und didaktisch gehaltenes Handels- und Gewerbe- Blatt dem Eingange europäischer Zustutzung in der Schulbildung Thür und Thor öffnen. Viele Sarten äusserten mir gegenüber den Wunsch es möchten solche Schulen beschafft werden. Im Karakter des Sarten stände uns jedenfalls ein mächtiger Bundesgenosse zur Seite. Fedtschenko konnte nicht umhin?) schon zu Zeiten der Khane auf den «äusserst fried- lichen Karakter» der Bevölkerung, ja sogar der Häscher des Khans von Ferghanä hinzu- weisen. Ganz abgesehen von der entschiedenen Feigheit der Sarten welche heutzutage viel- leicht noch mehr geneigt wäre sich Gewaltstreichen zu fügen als damals da die Araber ihnen den Koran einimpften, ist die uralte städtische Kultur von so mächtig ordnendem Einflusse auf das Volk gewesen, dass dieser Einfluss sich auf Schritt und Tritt nicht ver- kennen lässt. Es ist schwer sich einen richtigen Begriff von der hohen Achtung zu machen welche die ansässigen Eingeborenen Turkestans der Ordnung und den Gewalthabern zollen. Man dürfte Aehnliches höchstens in den zivilisirtesten Ländern antreffen, ruft Kostenko?) aus. In der That, das barbarische Taschkent, mit seinen hunderttausend für ihre Rohheit, Unbändigkeit und für ihren glühenden Fanatismus verschrieenen Insassen wird von den Christenhunden unter Tschernäjew erstürmt — und binnen einer Woche ist Alles zur vollständigsten Ordnung zurükkgekehrt, ohne dass die Eroberer sich das als ihr Verdienst zuschreiben konnten; wie uns das ausdrükklich versichert wird. Wenn also Schuyler‘) versichert dass in allen Städten Buchara’s welche auch nur einen Tag von den Russen besetzt gewesen waren, er, statt gleich wie anderwärts insultirt zu werden mit Achtung behandelt wurde, so dürfen wir darin wiederum nichts Anderes als nur die Befreiung der Massen von dem bösen Einflusse des Pseudo-Fanatismus erkennen, den die Staats- und Polizei-Gewalt unter Anleitung der Priester, Derwisch-Mönche und gelehrten Halb- oder Ganz-Heiligen (Khodsha) tyrannisch heraufbeschwor. Machen wir es uns zur Aufgabe dem Grundkarakter des oft genug heftig bescholtenen °) Sarten unparteiisch gerecht zu werden so finden wir bald, dass treffliche Anlagen zum Gu- ten, und nicht unbedeutende Geistesgaben, von unverkennbaren Anzeichen einer poetischen Milde der Gesinnungsart getragen werden. Ich will ja grosse Mängel und Laster keines- weges in Abrede stellen, sie schwinden aber winzig zusammen wenn wir beachten unter 1) Warskij, Антроп. Выст. 1879 года, подъ редак- 2) 1. с. стр. 10, 59. шею Богданова, стр. 223 и проч. In den Турк. By. 3) Средняя Asia, 1871, стр. 155. 1879, № 30 wird berichtet dass es im Ssyr-Darja-Kreise 4) 1. c. I, р. 98. schon 63 Sart- und Kirgis-Kinder in den Schulen gab. 5) Selbstsüchtig, geizig, grausam, heuchlerisch, feig. A Ч м re Отв AKKERBAUER, SARTEN. 357 welchen Umständen sich das erhielt was an gediegenem Kerne geblieben ist. Die seit Jahr- hunderten durch Barbaren rohester Art geknechtete Lage; das seit Jahrhunderten sich fortsetzende grausame Spiel des Ueberganges aus einer hochtyrannischen Hand in die an- dere; die Zusammenhäufung in dichtbevölkerten Grossstädten welche an Bevölkerungszahl mit den Grossstädten Europa’s wetteifern; der ganz barbarische Zuschnitt aller bürgerli- chen und Familien-Verhältnisse — das Alles sind Einwirkungen welche mich nur haben bewundern lassen wie unter solchen Umständen sich noch die, nicht zu verkennende, bil- dende Rükkwirkung auf die knechtende barbarische Gewalt auf die Turkstämme, zur Gel- tung zu kommen vermocht hat. Unser Erstaunen wächst wenn wir bedenken dass, wie ge- sagt, die Sieger mongolisch-türkischen Blutes sich freiwillig zur Religion der Besiegten be- kannt haben. Die grundgute Gemüthsart des Sarten verräth sich durch nichts so deutlich als durch die unschuldige Freude welche er an den Blumen hat: die Rose, die steppengeborene Tulpe, welche dem Turban (persisch: dulbend) als Muster gesessen hat und den Sultan Baber') entzükkte, steht beim Sarten in hohen Ehren. Blumenzucht ist allgemein beliebt, ein Blu- menstükk schmükkt den Hofraum des begüterten Sarten. Selbst der ungebildetste Bauer im Dorfe pflanzt einige Blumen, und man erkennt an ihnen die Sartenbehausung, während Wälder von Unkräutern die Wohnungen der halbnomadischen Usbek umgeben. Ja, der un- gebildetste Sart ergiesst sich in schwärmerisch-poetischen Redensarten wenn er mit beleb- tem Gesichte vom Aroma spricht das seine Fruchtbäume zur Blüthezeit aushauchen. Ver- wundert sah ich den scheinbar stumpfen Tagelöhner, den ärmsten Fuhrbauer oder Wasser- träger, ja den Bettler sich ein Blümchen suchen, um es unter seinem Käppchen, hinter seinen Ohren und wenn es doch nicht festsitzen wollte, gar an seinem Nasenloche anzubrin- gen. Gerührt hat es mich wenn ich, das Gerben mir ansehend, den Burschen dem elende Fetzen die Kleider ersetzten, der im Schweisse seines Angesichts als Stösser auf den ein- geweichten Fellen umhersprang so dass die pestilenzialisch stinkende Jauche hoch auf- spritzte — mit einer Rose geziert sah. Auch verläugnet sich dieselbe Milde den Thieren gegenüber nicht. Der Sarte hat seine Freude an den Vögeln des Himmels: mit liebevoller Geduld lässt er die Schwalbe ge- währen die sich mit ihrem Neste in seine Behausung drängt, sie verunreinigt. Er schont die südländische Turteltaube welche ihn als ihren Beschützer erkannt und ihm, obwohl zögernd in seine Wohnräume folgt. Es ist so wohlthuend, wenn man, ganz anders als in Europa, den Menschen friedlich umgeben findet von den «Gefiederten der Lüfte» wenn auch es oft des Lärmens zu viel wird vor lauter Girren der Tauben, vor dreitheiligen Unkrufen der Wie- dehopfe, vor durch die ganze Nacht ihre heiseren Dactylen schlagenden Wachteln, Fels?)- und Hochgebirgs-Hühnern?). Der Thierschutz ist in den Innungs-Vorschriften zu einer Gott ge- fälligen That erhoben. 1) Vergl. р. 15, Anm. 1. 3) Ular (Megaloperdix Nigelii). Da dieses Riesenfeld- 2) Kaklik( Perdix chukar). huhn der Hochgebirge bei Fedtschenko (1. с. стр. 79) 358 A. v. MIDDENDORFF, FERGHANA. Ja, es ist ein milde angelegtes, bei aller Prosa seines Erwerbstriebes ein poetisch an- gehauchtes Volk, dem auf vielerlei Weise anzukommen sein wird. Nur der Himmel der Musik ist ihm bisher vollkommen verschlossen. Wohl lebt in ihm das Bedürfniss nach Gesang, wohl hört man die Sarten bei jeder Gelegenheit anstimmen — aber der Mensch versuche die Götter nicht!). Unfraglich werden die türkisch-mongolischen Landsleute der Sarten ganz anders zu demselben Ziele geführt werden müssen wie die Sarten selbst. Ich theile ganz die Ansicht welche Wood mit grosser Entschiedenheit ausgesprochen, dass der Mohamedanismus der turkestanischen Kirgisen nicht die geringsten Schwierigkeiten Russland entgegensetzen werde. Diese Kirgisen seien, so fährt er fort so wenig fanatisch und darin so verschieden von den indischen Mongolen (englischer Herrschaft) dass es für gar nicht unwahrscheinlich zu erachten sei, die griechisch-orthodoxe Religion werde in nicht ferner Zukunft, an Stelle des Mohamedanismus, bei ihnen Platz nehmen. Bisher hat freilich das christliche Missions- wesen bei den Kirgisen noch nicht ein Mal den Versuch gemacht etwas zu leisten, sondern das Lehr- und Priesterthum im Geiste des Islam übten und üben bei ihnen ohne Neben- buhler die in den Zelten zugleich des Handels sich bemächtigenden Sarten und kasanischen Tataren. Allerdings konnte der Mohamedanismus in den Zelten, zumal der Westhälfte Mittel- asiens, noch keine ächten Wurzel schlagen. Nicht wenige formale Glaubensartikel des Mo- hamedanismus sind dem Nomaden Zentralasiens widrig. Des Sandes der unmotivirt an die Stelle der fünf Mal täglich gebotenen Waschungen treten soll, werden wir weiter unten er- wähnen. Das auf den ersten Blikk zu überschauende Zeltinnere des Nomaden vermag sich dem tiefverborgenen Familienleben des ächten mohamedanischen Gläubigen nicht anzu- passen. Versucht es auch der gehäbige Nomade seinen Glaubenseifer dadurch zu bewähren offenbar nach einem ausgestopften Exemplare in unna- | in Scharichana zwei Jahre in völliger Ungebundenheit türlicher Stellung dargestellt worden, so gebe ich hier | lebte. seine richtige Gestalt nach einem gezähmten Thiere das 1) Die Kirgisen hatten offenbar ein besseres Gehör als | gen eines Kessels und einer Pfanne begleitet wurde, die Sarten. Diese konnten sich bei den ganzen falschen | köstlich vergnügen. Tönen einer Hohoe, die statt-der Pauken durch Anschla- 2) The shores of the lake Aral, p. 350. dr 2 ENTE РЕВ Dre AKKERBAUER. BEHAUSUNG. Е 359 dass er den Weibern ein besonderes Zelt aufschlägt, so vermag er doch nicht, ihnen das Ge- sicht mit Haargeweben (dem Tschaschban, auch Tschimmet) zu verhängen: denn das Weib des Hirten ist des Mannes bester Gehilfe. Frei muss das Angesicht bleiben, um der Dienste willen, die es zu leisten hat. Und so stehen wir denn plötzlich vor einer der schwerwiegendsten Schwierigkeiten der Veredelung des Sarten, der das Gesicht seines Weibes mit undurchdringlicher Finsterniss verhängt, seine Lebensgefährtin einsperrt. Mit der Lüftung des Schleiers hätte die Zu- rechtstellung des Familienlebens zu beginnen, sie ist aber unmöglich geworden, indem mit den Russen die europäische Prostituzion in das Land seinen Einzug gehalten, und das un- verhüllte Gesicht zu ihrem Aushängeschilde gemacht hat. Was ehrbar ist, hüllt sich um so dichter ein. Die Vernünftigsten im Volke die mir gegenüber ohne Rükkhalt die Wohlthaten aner- kannten, welche bei ihnen mit der europäischen Ordnung der Dinge Platz genommen, be- schwerten sich dennoch bitter über zweierlei gegenwärtig gleichsam unter Schutz der Re- sierung genommene Unwesen, die früher unbekannt waren: den Diebstahl und die Prosti- tuzion, die zugleich mit unseren Truppen Einzug gehalten, während die früheren Tyrannen diese Uebel durch barbarische Strafen ausrotteten, da dem Diebe die Hand abgehauen, die leichtfertige Frau mit dem Tode bestraft wurde. In der That hatten unsere Krankenhäu- ser es, nächst den endemischen Wechselfiebern, am häufigsten mit Syphilis zu thun. Erleich- tern wir diesen Fluch, mit dem die Zivilisazion in aller Welt bei ihrem ersten Einrükken behaftet ist, durch die Gegenbemerkung dass durch das Verbot der berüchtigten Batscha, und der Gasthäuser welche mit ihnen Spekulazionsgeschäfte trieben!) in Ferghanä dem ab- scheulichen Laster des Orientes, oder wenigstens seiner öffentlichen Huldigung Einhalt ge- than worden ist. Ein kleines Bild des Einflusses den das Absperren der Frauen auf den ganzen Haus- halt und insbesondere die Architektur Ferghanä’s ausübt, mögen die beiden auf Taf. III wiedergegebenen Grundrisse bieten. Um Platz zu sparen ist auf unserer Tafel das Bauer- gehöft, in den Gartenraum des Jagdschlosses hineingetragen worden. Die Pläne sind ohne Beschreibung verständlich wenn man voran die Zweitheilung in männliche und weibliche Abtheilung berükksichtigt, ferner die durch das Klima gebotenen offenen Hallen (Ajwan) beachtet, so wie endlich die beiden hakenförmig vor jede Eingangsthür zum Frauenhofe (Itschkari) des Jagdschlosses errichteten Mauern. Solche hakenförmige Vorbaue wehren in den Städten überall dem Blikke in das Innere, obgleich schon die Thüren selbst von klein- ster Dimension, ja bisweilen sogar in der Höhe für die Schulter des Eintretenden breiter gestaltet sind als am Fusstheile. Man vergegenwärtige sich das ekkige Flikkwerk der vielen winzigen Wohnungs-Ab- theilungen, zu deren jeder einzelnen wo möglich eine besondere Aussenthür aus dem Hof- 1) Arendarenko in Маевъ, матер. У, und Турк. ВЪд 1875, р. 111. 360 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANÀ. raume führt; dazu denke man sich die ой verschiedentlich unterspülten und abbrökkelnden Umfassungs-Mauern, die krummen und schiefen Laubholzstangen welche als Gerüste der aus Löss zusammengeschmierten Hausmauern hervorschauen; den unordentlichen Anblikk des flachen, über Geflechte unregelmässig hervorstechender Weidenruthen und Schilflagen geschmierten Lössdaches — und das Unerquikkliche solcher Architektur wird Jedem um so mehr einleuchten, je lebendiger er sich die engen, krummen, winkligen, hier mit knietiefen Lachen und Koth, dort mit Staubwolken und widrigen Ausdünstungen erfüllten Strassen vorzustellen vermag, zu denen sich diese Mauern und Baulichkeiten aneinanderreihen. Auf Seite 159 haben wir die Eigenschaften des Löss hervorgehoben welche die Be- wässerungsarbeiten begünstigen, ja sie gleichsam hervorgerufen haben, und überdiess das System der Wasserleitung mit möglichst geringem Gefälle zwingend vorschreiben. Dem in Europa herrschenden Systeme der Eröffnung möglichst raschen Abflusses des Wassers zum Meere — vermittelst der Durchstiche, Eindämmungen, Buhnen u. d. m. — ist das im Löss- gebiete obwaltende Prinzip diametral entgegengesetzt, aber von unberechenbarem Nutzen gewesen. Hat nun in dieser Weise der 1,635 dieser Hauptgrundlage der ganzen Existenz des Orientalen seinen Karakter aufgedrükkt, so findet Dasselbe auch eben so sehr noch im ganzen Hauswesen des Mittelasiaten statt. Bevor wir noch in ein Dorf hineingeritten sind empfangen uns Mauern, welche beiderseits den Weg einschliessen. Sie haben gewöhnlich nur 3, wo sie Hofräume umschliessen 6 bis 7 Fuss Höhe; doch wer sich den Luxus erlauben kann dass auch ein Reiter, hoch zu Ross, nicht hinüberzuschauen vermöge, der wahrt _ sich die einsiedlerische Ruhe des Gartens durch 10 und noch mehr Fuss hohe Ummaue- rungen. Als Lehmschlag (Pachssa) wird der mit Stroh durchknetete Löss zu einer bei uns so- genannten Wellerwand aufgerichtet. Lehmpatzen sind mir nicht vorgekommen, aber mitun- ter ziehen die Leute es vor, Lehmkugeln von Kopfgrösse welche im Sonnenbrande gedörrt worden, in horizontalen Schichten nebeneinander aufzureihen und durch Lehmbrei, der den Mörtel vertritt, zu verbinden. Ich sah diese, mit Wellerschlag abwechselnde Schichten ein- nehmende, Bauart vorzugsweise dort angewendet wo Auswaschungen drohten. Wahrschein- lich wird die Reparatur der ausgewaschenen Strekken so erleichtert. Aus denselben Wellerwänden werden auch die Häuser errichtet wenn nicht, wie gesagt in minder holzarmen Bezirken, gleich wie zu den vornehmeren Bauten-Fachwerk (Tschub- Kari) beliebt worden, das gleichfalls mit Lösslehm verschmiert wird. Sogar das flache Dach, das zugleich die Lage des Gebäudes vorstellt, ist nichts Ande- res als eine Lösstenne welche in dikker Lage über ein Flechtwerk gestrichen wird, das Stangen zur Grundlage hat welche auf den Sparren ruhen. Die Ritzen welche sich durch das Platzen dieser Tenne im Sonnenbrande bilden werden fleissig mit Lössbrei vergossen bis sich eine wasserdichte Lage gebildet hat, welche zuverlässig bleibt weil die wesentlich- ste Bedingung des Nichtberstens dadurch geboten ist, dass das zur Grundlage dienende Die AKKERBAUER. BEHAUSUNG. 361 Flechtwerk dem Löss nachgiebt wenn er bald ausdorrt, bald feucht geworden sich auswei- tet. Die Dachtenne trokknet schliesslich zu einer ebenso untadelhaften Diele zusammen wie es die Dreschtennen (Chirman) sind, welche man durch begiessen des dortigen Erdbodens und stampfen der so gewonnenen Lehmfläche gewinnt. Also ganz abgesehen von den vielberufenen Lösshöhlen oder Höhlenpallästen in den Nordprovinzen China’s, welche Millionen Einwohner beherbergen, ist der Löss auch an der Peripherie seinerVerbreitung gleichfalls das Alpha und Omega aller Behausung; er umwallt die Städte Ferghanä’s gleich wie Pekin selbst; er schützt die auf unersteiglichen Lösshü- geln und Lössabstürzen errichteten Festen, durch vor Kurzem noch für uneinnehmbar be- rufene Mauern; er gestaltet sich zu strategisch wichtigen Engpässen, er ist zugleich Bau- grund wie auch so feuersichere Bedachung dass die Rauchfänge nur als missgestaltete Stum- mel über die Dächer hervorgukken; er wird zu Pfeilern, Grabmonumenten, Ruhebänken, Sauftrögen, Krippen, Vogelscheuchthürmehen, Meilensteinen u. d. m. bearbeitet, zu riesi- gen Töpfen und Ofeneinsätzen gebrannt. Er ist zugleich Baustein, Mörtel, Tünche und Dün- ger. Das Pferd hat einen vom Satteldrukk wunden Rükken: Lössschmiere wird darüber ge- strichen. Ein Grübchen in den Boden eingetieft stellt das Trinkgeschirr für die Hühner, eine grössere Grube den Ententeich, oder auch den Behälter zum Einseifen des Bau- nnd Zie- gellehmes vor. Er selbst, derselbe Löss, ist auch der zu Bakksteinen zu brennende Ziegel- lehm, der nebenan, auf beliebiger Stelle gestochen wird. An einigen baufälligen Gebäuden giebt es irgend etwas zu bessern. Dasieht man den Besitzer mit seinem unzertrennlichen Gefährten dem Ketmen herankommen; auf der Strasse scharrt er sich eine Vertiefung, als Lehmgrube, giesst Wasser hinein, rührt den Löss zu Mörtel an, hebt diesen mit demselben Ketmen, als Löffel, in den Rokkschooss seines Schlafrokkes, und sogleich geht es lustig an ein Bakken und Schmieren. Bald ist das Haus hergestellt, als wenn es ein Schwalbennest wäre. Kurz, es kann keine zutreffendere Bemerkung geben als die dass der Löss wie keine andere Bodenart den Karakter der Landschaft, und das ganze menschliche Getriebe beein- flusst. Als offenbare Eindringlinge aus einer anderen Welt ragen, vollkommen unvermittelt, die erhabenen Bauwerke hehrer Gottesgedanken aus dem Wuste der beschriebenen zwergi- gen Behausungen empor: die herrliche Hasret-Moschee in der Stadt Turkestan, die Pracht- bauten Ssamarkands. Als offenbare Fremdlinge stehen sie da. Darauf ausgehend eine klarere Einsicht in die Elemente der Bevölkerung zu gewinnen, mit der wir es in Ferghanä zu haben, bemerken wir bald, dass zwar zwei einander gegen- Mémoires de l'Acad. Imp. des sciences VIlme Serie, 46 362 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANÀ. überstehence Menschentypen unverkennbar sind, in noch vorwaltenderem Maasse jedoch Mischlinge verschiedenster Art uns entgegentreten. Um diese richtig aufzufassen können wir nicht umhin, einen übersichtlichen Rükk- blikk auf die Geschikke unseres Ländchens uns zu eröffnen. Verbirgt sich auch die ältere Geschichte Ferghanä’s im Dunkel des Quellenmangels, so ist es doch nicht unmöglich sich aus den vorhandenen Ueberlieferungen der Ereignisse in den dasselbe umgebenden Land- strichen') die Schikksale zusammenzustellen, denen unser kleines Thal im Laufe der Zeiten die Gestaltung seiner jetzigen Zustände und insbesondere seine buntschekkigen Bevölke- rungs-Elemente verdankt. Gen SO von dem an Ferghanä gränzenden Kaschgar, noch über Jarkend ostwärts hinaus, im Tarymbekken, dessenWasser zu dem seit Marco-Polo bis auf Przewaljskij verschollenen Lop-See fliessen, liegt Khotan. Dorthin, wo von Zeit zu Zeit Städte aus weiter wandernden Flugsandverschüttungen hervortauchen, fruchtbare Oasen längst vergangener Zeiten andeutend, weiche verödet und ver- schollen sind, dorthin scheinen nach den ältesten chinesischen Quellen die Ursitze dieses, so weit sich nachweisen lässt, ältesten Kulturvolkes unserer Erde, des chinesichen, versetzt werden zu müssen. Von dort ausgehend scheint dieses Volk ostwärts gedrängt zu haben, bis es die fruchtbaren Thäler der mächtigen Ströme des jetzigen China erreichte, in deren Gebiete festen Fuss fasste und es im Laufe der Jahrhunderte übervölkerte. Somit blieb das zwar benachbarte aber durch unzugängliche Hochgebirge geschiedene Ferghanä, im Rükken der ostwärts strebenden Chinesen und ihrer ältesten schriftlichen Ueberlieferungen über die Urgeschichte Mittelasiens. Ein Blikk in das Gesicht der Bewoh- ner Ferghanä’s beweist uns dass die Geschichtsquellen China’s die Wahrheit gesprochen. Ferghanä’s Gesichter sind andere als die der Chinesen. Die Abgeschiedenheit unseres, so tief eingebetteten Thales, das mit dem Osten nur in schwachem Zusammenhange stehen konnte, brachte es mit sich, dass seine älteste Geschichte im Dunkel gehüllt bleiben musste. Dieselbe taucht nur gelegentlich aus dem Gewirre der Nachrichten über die Ur-Vorgänge in Mittelasien hervor. Unser Thal scheint eben im Schutze seiner natürlichen, himmelhohen Mauern, lange Zeit eines verhältnissmässig ruhigen Daseins sich erfreut zu haben. Schon damals, wie auch heute, hatte man von glükklichen Staaten gleich wie von tüchtigen Hausfrauen am wenigsten zu reden. 1) Ritter’s, so bewunderungswürdig reiche Sammlung | 1877, hat die Soghd-Frage monographisch in so gründ- aller Nachrichten über Zentral-Asien, obgleich schon ein | licher Weise und in so geistvoller Auffassung beleuchtet, halbes Jahrhundert alt (Bd. VII, 1837, Bd. IX) lässt | dass ich es empfindlich fühle wie viel mir dadurch ab- auch heute kaum eine Quelle vermissen. geht dass die weiteren Forsetzungen seiner Arbeit mir Richthofen (China, 1878) hebt dieses Material ge- | noch nicht zu Gebote stehen. ordneter und durch einige nähere Ausführungen der Bretschneider, Notices on the mediaeval Geogra- chinesischen Angaben bereichert, hervor. phy and History of Central and Western Asia, 1876, bie- Tomaschek (Centralasiatische Studien, I, Sogdiana, | tet auch einige Einzelnheiten von Belang. Отв AKKERBAUER. HISTORISCHES. 363 Indessen lassen die mehr und mehr im Laufe der Zeiten sich hervorarbeitenden allsei- tigen Nachrichten über die ersten Anfänge des Seidenhandels, aus Ost- und Mittel-Asien, nach Europa hin, unzweifelhaft erkennen dass, trotz aller Unzugänglichkeit, unser Fer- shanä’s schon in frühester Zeit zu einem der wesentlichsten Glieder in der Kette dieses Transithandels werden musste, der uns durch den ungeheuren Abstand seiner Endglieder in höchstes Erstaunen versetzen muss. Dort in Ostasien die Küstenstriche des Grossen Ozeans, hier Rom! Welche Phantasie des kühnsten Romanschreibers hätte es jemals wagen dürfen, einen solchen Handel erfindend zu erdenken? Dennoch ist er Thatsache gewesen, durch Jahrhunderte hindurch. Chinesische Dokumente, zumal die Tributrollen des Minister Yü, beweisen dass schon länger als 2000 Jahre v. Chr. in China Seide gewonnen wurde. Man pflanzte Maulbeerbäume und lieferte von verschiedenen Seiten die Seide als Tribut ein; gleich den Metallen. Ob nun die Seidenzucht ursprünglich in China zu Hause gewesen, und, wie die Chinesen ausführlich erzählen, schon in ältester Zeit aus China nach Khotan eingeführt worden, oder ob dieses ein falsches Selbstlob und umgekehrt zu verstehen sei, das wird sich wohl schwerlich ermitteln lassen ); obgleich mir scheint, der Ursprung dieser Beschäftigung müsse an die in fruchtbaren Oasen so leicht eintretende Uebervölkerung geknüpft werden. Der Natur der Dinge gemäss müsste das so sein. Genug, das steht fest dass auch von entgegengesetzter Seite her die Griechen schon vor Herodot und bis 800 Jahre v. Chr. hinauf von diesem köstlichen Stoffe, von der Seide des Ostlandes Nachricht hatten. Als Issedon serica?), als der «Serer» Seide spendendes Land, war Ost-Turkestan damals berufen, und nach Khotan, von dem hier zu Anfang die Rede war, weisen die Nachrichten hin. Dort hausten nach griechischen Quellen die Isse- dones. In der Bibel aber erwähnt der Prophet Hesequil bereits der Seidengewänder, die- ser «versponnenen Maulbeerblätter» welche bei den Römern mit Gold aufgewogen wurden. Heutzutage wird es dem Reisenden schwer, im Angesichte der vulgären Schlafrökke Fer- ghanä’s, welche freilich bis heute dort als Ehrengewänder dargebracht werden, sich jener exaltirten Bewunderung dieser «medischen Gewänder» des Alterthums hineinzupassen. Eine grosse Lükke welche von nun an in chinesischen Nachrichten einschneidet helfen darauf die historischen Ueberlieferungen des Westens ausfüllen. Neben den schriftlichen Dokumenten, treten von Tag zu Tag klarer die Enthüllungen an das Tageslicht welche wir der Entzifferung der Inschriften monumentaler Prachtbauten im Westen Asiens verdanken. Schon gehörten diese, gleich Petrefakten jüngster Zeit, den Erdschichten an, unter denen sie zwei Jahrtausende lang begraben gelegen, bis der wissenschaftliche Bergbau unseres Jahrhunderts sie aufgedekkt, und in ihren Keil-Inschriften auch diese Versteinerungen über 1) Ueberlieferungen betreffend die Einführung der 2) Später als Scythia extra Imaum bekannt, dagegen Seidenzucht in Ferghanä findet man in der trefflichen | Scythia intra Imaum, d.h. West-Turkeston auch Trans- Monographie: Петровск1й, Шелководство BB Сред- | oxiana genannt wurde; das Mawaralnahar zur Zeit ней Азии, 1874, стр. 3 etc. der Timuriden, 46” 364 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANÀ. die Vorgänge einer längstverschollenen Vorzeit zum Reden gebracht. Die Felsgebäude der Pyramiden mit ihren Hieroglyphen haben im Vergleiche zu diesen neueren Errungenschaf- ten unseres Jahrhunderts fast in den Hintergrund treten müssen. Schon die Assyrische Herrschaft umfasste, — wiederum handelt es sich um ein paar Tau- send Jahre vor Christo — das im Alterthume hochberühmte Baktrien, dessen Hauptstadt, Bäktris oder Baktra, ganz unzweifelhaft das jetzige, südlich vom Oberen-Amu gele- gene Balkh war, das also mit Recht seinen ehrwürdigen Namen «die Mutter der Städte» führt. Semiramis — mag es immerhin eine mythische Person sein — rühmte sich schon, gegen Norden das Gebiet der Ssoghdier und Saken als Reichsgränze festgesetzt zu haben. Der Name Ssoghd, in den Keil-Inschriften, so wie in der Zend-Avestaals Ssugh- dha auftretend *), soll, hieratisch aufgefasst, das Gebiet bezeichnen, worin Licht und Rein- heit herrscht; von dem alles Finstere, alles Feindliche und Schädliche verbannt und ausge- schlossen ist. Die Lehre Zoroasters, von einem doppelten Urwesen, von einem Lichtgott und einem Geiste der Finsterniss, fand, wie darauf hindeutende chinesische Quellen es ver- muthen lassen in Ssoghd ihre älteste Kulturstätte. Dieses «reingeschaffene» d. 1. heilige Land des Ostens strahlte also seine Kultur auf die übrige Welt aus, zumal durch die Zend-Avesta, die älteste Urkunde Indoeuropäi- schen Geisteslebens. Das Volk aber das diese Kultur über den südwestlichen Theil Asiens verbreitete, gehörte — im Gegensatze zu den Chinesen — demselben Gesammt-Typus wie wir Europäer an, denn es war der Iranische Völkerstamm, der bald im Perser-Reiche zu ausserordentlicher Machtentfaltung gelangen, und durch die lauttönenden Namen seiner Führer — Kyrus?), Kambyses, Darius), Xerxes — nach weit über zwei Jahrtausenden je- dem Schulkinde bekannt werden sollte. Auch unser Thal nahm offenbar an der Grösse des Perserreiches Theil, denn schon der Erste unter den Obengenannten — Kyrus — erstrekkte seine Herrschaft bis zum Mittellaufe, ja, wohl auch bis zum Quellgebiete des Ssyr. Das erweisen aber die Ueberlieferungen dass dieses so rasch zu grossem Ruhme ge- langte Volk, westwärts wandernd, aus dem Lande der sieben Ströme (Sapta-Sindhu) wel- che durch ihren Zusammenfluss den Indus bilden, herstammte. Rükkbleibsel dieser Alt-Per- ser sind es also, welche wir unter dem Namen der Tadshik überall noch heute, nicht nur am gesammten Verlaufe des Amu, sondern auch in den Gebirgslanden antreffen, welche 1) Auch Ssuguda, und in der abgekürzten Form | Alexander entging . ... wenigstens kennt Ptolemaeus Ssugda und Ssughd; wird von ssuk (cuc) leuchten, strah- | einen Ort Kyreschata, dessen Lage er so genau be- len, glänzen, abgeleitet. schreibt, dass wir darin die Position des heutigen Us- Die Chinesen gaben diese Benennung durch Tsao | gent erkennen müssen: «hier vereinigen sich die Jaxar- wieder. tes-Quellen» heisst es bei Ptolemaeus, wie bei den 2) Als Denkmal seiner Siegesthaten errichtete er | Arabern. (So Tomaschek 1. c. p. 58.) gegen die nordischen Barbaren am mittleren Ssyr die Namangans Lage entspräche — so scheint mir — starke Feste Kyra oder Kyropolis. Vielleicht gab es | der genannten Angabe besser. À am Ssyr noch eine zweite Gründung des Kyrus . ... die 3) Im УГ. Jahrh. у. Chr, wegen ihrer weiten Entfernung der Zerstörung durch Die AKKERBAUER. HISTORISCHES. 365 sich nordwärts von jenem Ursitze derselben erstrekken: so in den Ländern Kabul, Kundus, Badakschan, Ssamarkand, Ferghanä, Kaschgar, ja sogar bis Khotan und nordwärts bis Tur- fan bilden sie einen wo nicht vorherrschenden, doch mindestens wesentlichen Bestandtheil der Bevölkerung. Die neuesten Forschungen scheinen sogar klarzustellen dass auch die alten Saken'), am oberen Amu, dem ostiranischen Stamme angehörten. Jedenfalls steht das also fest dass wir es in Ferghanä hauptsächlich mit Alt-Persern zu thun haben. Doch kehren wir nun zur Betrachtung von Ssoghd zurükk, das auf den erwähnten Denkmälern sich stets an das südlich daran stossende Baktrien ?) anschliesst. Die Provinz Ssoghd ist als die 18-te auf der Grabinschrift des Darius genannt’). In der That tritt der Name Ssoghd in den westlichen Quellen zuerst bei Herodot') auf, als Steuerbezirk den Darius eingerichtet, und als eine der Völkerschaften (Ssoghdoj) welche des Darius Nachfolger, Хегхез befehligte, als er sein Heer auf dem Zuge nach Hellas einer Musterung unterwarf. Die Ssoghdier werden neben den Khorasmiern (den Bewohnern Khiwa’s) aufgeführt, welche schon damals wie heute den Unterlauf des Amu’) inne hatten. Der Begriff Ssoghd mag nun im Laufe der Zeiten bald in grösserem bald in ge- ringerem Umfange verstanden worden sein; jedenfalls lehnte er sich aber stets an den Ssoghd-Fluss‘) an, den jetzigen Särafschan, der bei den Griechen und Makedoniern den Namen des Polymetes, des vielgeschätzten, hochgeehrten, verehrungswürdigen, führte. Sicherlich war, wie Tomaschek bemerkt, diese Ueberschwänglichkeit nur die getreue Ue- bersetzung einer einheimischen, iranischen Bezeichnung. Somit war also jedenfalls Ssamar- kand?) der Mittelpunkt von Ssoghd, das sich vorzugsweise den Fluss abwärts über Katta-Kurghan‘) bis Bokhara’) erstrekkte. Wie weit Ssoghd’s Gränzen nach Nord und Ost fortgesetzt gedacht wurden, lässt sich wohl nicht bestimmen, jedenfalls sind der Zend-Avesta die Quellengebiete des Amu als die Schöpfungen des bösen Geistes bekannt «wo durch zehn Monate Winter herrscht und nur durch zwei Monate Sommer». Unvergleichlich später jedoch gestaltet sich diese Kunde von solchem rauhen Teufels- gebilde, vom gespenstischen Gebirgsskelette zu einer geographischen Erkenntniss. Erst im 1) Der Perser und Inder. Wohl die Massageten des | Chr. — Von den persischen Schriftstellern, zumal dem klassischen Alterthumes. Geschichtsschreiber Timurs, und von Sultan Baber 2) Bakhtris. Kuhik, äb-i-Kühik genannt. So auch bis in die Neuzeit. 3) Zu Ende des У. Jahrh, у. Chr. 7) Maracanda der Alten. Khang der Chinesen; 4) Also im IV. Jahrh. у. Chr. daher Khangkiu gleichbedeutend mit Soghdiana. Spä- 5) In der Zend-Avesta trägt er den Namen Veh, | ter: Ssa-mo-kien; auch Ssa-ma-eulh-han. Vehrud. Es ist Quei der Chinesen, der Oxus der alten 8) Gava oder Gau der Zend-Avesta. Ribat-i-Ssoghd Griechen und Römer. der Araber. 6) Na-mi der Chinesen im VI, und УП. Jahrh, п. 9) Pu-ho der Chinesen. 366 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANÀ. II-ten Jahrh nach Chr. ist dem Ptolemaeus das Gebirgsland der Komedon!), ein ausge- dehntes Berggebiet, aus dem der Ssyr”) und dessen zahlreiche Zuflüsse hervorgehen, so wie auch der Säräfschan. Daher auch wurde dasselbe Land als Ssogdisches Gebirge bezeichnet?). Ja Ptolemaens kannte die «Kasischen» (Kaschgarischen) Berge und die Handels- strasse über dieselbe, zu den Serern. Nun erst ist also direkt auf die Ferghanä umzingelnden Gebirge hingewiesen; ja es scheinen sogar einige Theile derselben unterschieden worden zu sein“). Die Seiden-Karava- nen welche nach «Serina» über diese Gebirgsstökke zogen und schon damals aus Ost- nach West-Turkestan zumal Bokhara, bald die südlichere Strasse im Gebiete der Amu-Quellen, über Pamir und Badakschan, bald die nördlichere, im Gebiete der Ssyr-Quellen, durch Ferghanä wählten, beförderten diese genaueren Nachrichten bis Europa. Allmälig hatten sich also friedliche Handelsbeziehungen zwischen dem Tarym-Bekken und Ferghanä gestaltet. Der Uebergang über das, diese beiden Nachbargebiete, und zu- gleich Ost-Turkestan von West-Turkestan, scheidende Ferghanä-Gebirge war immerhin noch der bequemere, und des Terek-Dawän Passes über dasselbe wird in der That schon im I-sten Jahrhundert v. Chr. ausdrükklich erwähnt. Die Eroberungszüge Alexanders des Grossen, deren wir hier nur erwähnen wollen, fanden zu Anfang des IV-ten Jahrhunderts у. Chr.) ihre Gränze an den mächtigen Gebirgs- wällen, so dass weder er selbst noch auch seine Feldherren in Ferghanä hineingedrungen zu sein scheinen. In Ssoghd einrükkend ging Alexander geraden Wegs auf Ssamarkand los, wo er seinen Hauptsitz aufschlug, wohin er auch wiederholt zurükkkehrte, und an dem er schliess- lich, nach wiederholten Aufständen der erbitterten Ssogdianer, sein Müthchen durch Niedermetzeln, Plündern und Zerstören kühlte. Wir wollen uns auf dem allbekannten Felde der Alexander-Thaten nicht aufhalten °) sondern nur im Fluge berühren dass Alexander bis Dshisak und Ura-Tepe rekognoszirte”), unterhalb Chodshent an den Ufern des Ssyr eine Schutzwehr gegen die nordischen Bar- 1) Wohl die Saken; im jetzigen Darwaz. 2) Als Jaxartes; auch wchl unter dem Namen Or- xanthes, Oxuartes und Tanais vorkommend. Es ist der Sihun der Chinesen. 3) Bei den Arabern unter dem Namen Buttam zu weiter Erstrekkung zusammengefasst. Bei Sultan Baber als Küh-i-tan, oder Küh-tan auftretend. 4) Tomaschek glaubt das Volk der Aristeis, wel- ches Ptolemaeus an die Ssyr-Zuflüsse setzt, mit dem Orte Ristan (zwischen Margelan und Kokan) in Zusam- menhang bringen zu dürfen; gleich wie er im Namen Ssudak in der Krimm eine Verwandschaft mit der Be- nennung Ssogd nachzuweisen bemüht ist. Die von den Arabern erwähnte Feste Al-Rast, sucht er im Gebirge das Ferghanä von Karategin scheidet. 5) 328 у. Chr. 6) Indessen môge es gestattet sein hier an eine That- sache zu erinnern die wenig bekannt ist, und dennoch für die raffinirte Weise in der in jenen Zeiten die Kriegs- heere ausgestattet wurden bezeichnend ist. Die unersteig- liche ssogdianische Felsburg wurde von 300 Kletterern mit Hilfe von Steigeisen, erstürmt, und 1382 führte auch Timur ein Corps von Felskletterern aus Badakschan mit sich, das Wunder leistete. 7) Tomaschek (p. 56) glaubt sogar nachweisen zu können dass Ptolemaeus schon den Salzsee bei Dshi- sak gekannt hat. Dre AKKERBAUER. HISTORISCHES. 367 baren zu gründen beabsichtigte, welche seinen Namen führen sollte; dass er aber, sich süd- wärts Indien zuwendend, in das Ferghanä-Thal selbst wie gesagt, nicht eingedrungen zu sein scheint. Sogar im Särafschan-Thale scheint Alexander mit seinem Gefolge im Gebirge nicht über den Iskander-See d. i. Alexander-See, hinaus gekommen zu sein, dessen Name noch bis heute, die vor zwei Tausend Jahren geschehene Begebenheit bezeugt. Noch lebendiger lebt aber das Andenken an Alexander den Mazedonier in unzähligen Sagen der Anwohner des Quellgebietes der Zwillings-Ströme, sogar in Ferghanä, zumal aber am Amu. Die Tradizio- nen sind dort bis heutzutage seines Ruhmes voll; man weis dass es dort war wo Alexander sich mit der schönen Baktrierin «Roxane», «der Rose des Orientes» vermählte, und die Herrschergeschlechter daselbst kennen keinen grösseren Ehrgeiz als die Herkunft ihrer Tadshik-Geschlechter auf Alexander selbst, oder mindestens auf seine makedonischen Heerführer zurükkzuführen. Sogar die Eitelkeit, den Nachweis einer Abstammung von Mo- hamed selbst führen zu wollen hat die älteren Erinnerungen an die hellenisch-baktrischen Dynastien nur wenig zurükkzudrängen vermocht. In Margelan, wo ich den längsten Auf- enthalt nahm ist in einem offenen Bethause eine Fahne von rother Seide zu sehen welche dem Padischah Iskander (Alexander) gehört haben soll; u. 4. m.'). Die Gebirgsumwallungen hatten im Alterthume eben so wenig als es jetzt noch der Fall ist den friedlichen Handels-Verkehr Ferghana’s mit Ost-Turkestan zu hemmen ver- mocht. Wohl aber durften die öden und schwierigen Gebirgspfade sichern vor einer Ueber- fluthung durch stürmisch heranfliegende zahllose Heerscharen der Reitervölker Zentral- Asiens, deren Lebenselement die unübersehbaren Steppenebenen waren. Die Wohlthat dieser abgeschlossenen Lage hat sich von jeher für Ferghanä geltend gemacht. Gleich wie sich vor den Gebirgen Ferghanä’s die Eroberungszüge eines Kyrus, eines Alexander brachen, so auch in späterer Zeit dieselben der Sassaniden und Khalifen. So offen auch der Eingang von Westen her blossliegt, so fehlt diesem weitabliegenden, in sich abgeschlossenen Erdenwinkel doch jeglicher Durch- und Ausgang. Die hineingebro- chenen Schaaren prallten wieder zurükk. Als endlich Ferghanä von seinem Schikksal er- reicht werden sollte, in den Zeiten des Wogens und Drängens, des welterobernden Stürmens der Völkermassen welche Zentral-Asien immer wieder von Neuem in die Welt schikkte, damals sogar drangen die nächsten östlichen Nachbaren des Ferghanä-Thales keinesweges auf dem kürzesten Wege gen SW aus dem Tarym-Bekken in dasselbe hinein. Durch die Dsungarei und das Ili-Thal regelmässig, weil durch eine von der Natur der Gegenden 1)In Bannu, dem 10. von 32 Distrikten des engli- | graben werden (Thorburn, Bannüu, or our Afghanistan schen Punjab, findet man bis-heute eine Menge Anzei- | frontier 1876). chen der Anwesenheit des Mazedoniers, dessen Name als Auch in Ferghanä waltete noch lange nach Alexander Sikander-Badschah im Munde der Einwohner fort- | der griechische Einfluss; Reste desselben sollen sich lebt. Aller Art Denkmäler, Ruinen mit griechischen | vorzugsweise in Usgent zeigen. Skulpturen sollen dort unter 20 bis 30’ Sand hervorge- 568 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. vorgeschriebene Strasse, gen NW hinausbrechend, umgingen sie, auf bequemeren Wegen Ferghanä in weitabstehendem Kreisbogen und suchten es stets nicht anders als auf diesem einen Wege heim; auf demselben welchem in letzter Zeit auch die russische Heeresmacht folgte, von NW und N heranrükkend. In dem Maasse als der griechisch-makedonische Einfluss unter den Nachfolgern Ale- xanders erblasste'), rükkten wiederum die Chinesen in den Vordergrund, und so erhalten wir, vom Il-ten Jahrhundert у. Chr. an, aus dieser Quelle abermals die maassgebenden Nachrichten über Ferghanä. Diesen zufolge hatten die Yue-tschi?), wohl ein leichtbewegliches, mongolisches Volk, zu der Zeit Khotan inne. Neben ihnen hatten auch die Ussun dort ihren Ursitz, und wa- ren schon damals mit den Yue-tschi sowohl als mit den Sze gemischt; noch mehr aber spä- ter, als ein Theil der letztgenannten Völkerstämme daselbst zurükkblieb; wie denn die chine- sischen Quellen das ausdrükklich betonen. Von den gleichfalls mongolischen Hiongnu ge- drängt, welche sich mit dem indogermanischen Stamme der blondhaarigen und blauäugigen Ussun’) vereinigt hatten, wanderten die Yue-tschi®) durch die Dsungarei zum Mittleren Ssyr, ein anderes Reitervolk, das der Sze°), vom Balchasch-See an, vor sich hindrängend, das bis nach Ferghanä hineingetrieben, sich dort niederliess‘), als die Yue-tschi sich Ssyr-aufwärts begaben, aber nach Transoxiana, Ssogd und nach Baktrien südost- wärts einlenkten. Sie fanden dort schon die Leute mit grossen Augen und vorspringenden Nasen vor. In diesen Ländern machten die Yue-tschi der Herrschaft der Griechen ein Ende; das Reich der Geten oder Indoskythen stiftend. Aber ihre Feinde die Hiongnu so wie auch die Ussun folgten den Fusstapfen der vor ihnen weichenden Yue-tschi. Erstere waren offenbar die ältesten Stammväter der Turk- geschlechter welche viele Jahrhunderte später eine so grosse Rolle in West-Asien spielen sollten. Die Ussun aber, diese merkwürdigen blonden und blauäugigen Indo-Germanen, de- ren es sogar ein halbes Dutzend von Stämmen gab, weilten zwar nördlicher als die Yue- tschi im Zwischengebiete der Zwillings-Strôme?), vermischten sich aber schliesslich wesen- tlich mitden Sze, Yue-tschi und Hiongnu, und Theile dieses seine Herrschaft ausdehnen- 1) Ein Jahrhundert nach Alexander fiel ein Statthal- | heute unter den Kirghis-Kaissaken fort, deren Grosse ter von Baktrien (Diodotus) von Syrien ab und errichtete pHorde sich Ueisün nennt. Nach andererer Version ein Erbkönigreich, das unter seinem Nachfolger gegen | waren sie schon früher als die Yue-tschi von den Hion- Tausend Städte zählte, sich bis zum Tarym bekken er- strekkend. Höchst wahrscheinlich war Ferghanä mit inbegrif- fen. 2) Auch Yue-ti, Geten; wahrscheinlich ein jünge- res Glied der Massageten. 3) Auch U-siün, oder Usün; in späterer Zeit Hieou- siun der Chinesen. Nach Radloff lebt der Name bis gnu verdrängt worden, und wurden von den Erstge- nannten im Ili-Thale vorgefunden. 4) 157 v. Chr. 5) Szu oder Sai genannt. Saken des Ptolemaeus. 6) 128 v. Chr. 7) Vielleicht um 120 п. Chr. als die Yuetschi, wie es ‚ scheint nach vollbrachtem Rundlaufe wiederum in Kasch- gar einzogen, dasselbe eroberten. Dre AKKERBAUER. HISTORISCHES. 369 den Völkergemisches verliefen sich zu Zeiten auch in Ferghanä, gleich wie sie andererseits sich bis nach Indien verbreiteten. Dass die Yue-tschi eine Weile auch Ferghanä besetzten, geht aus der Nachricht hervor, es sei ihnen ein Mal diese Landschaft von den Ussun entrissen worden; seitdem wurde die Benennung Fei-ha-na bei den Chinesen mitunter in Hieousiun umgeändert. Höchst interessant ist die aus der chinesischen Geschichte der nordischen Höfe, des Ver- fassers Gän-Sin entnommene Nachricht welche in den Турк. ВЪд. (1879 № 12, стр. 46) mitgetheilt wird. Es hatten die Bewohner des Staates Yue-tschi erklärt dass sie es ver- stünden ausSteinen farbige Gläser zu schmelzen. Da es sich nun ergab, dass dieses ihnen vorzüglich gelang, so wurden im V-ten Jahrh. n. Chr. 100 Lehrlinge zu ihnen in die Schule geschikkt. Seitdem waren solche Gläser im Reiche der Mitte sehr billig. Es ist schwerlich anzunehmen, dass eine solche Kunst bei einem nomadischen Volke entwikkelt worden. Aller Wahrscheinlichkeit nach müssen es Sarten gewesen sein, welche so kunstfertig waren, denn der chinesische Reisende Dshan-Kän schrieb 105 т. Chr. dass die grössere Hälfte der Nomaden Yue-tschi, von den Hunnen geschlagen durch Ferghanä in das’Gebiet der Dachä (Bucharen)') zogen, wo die Alteingesessenen die sie vorfanden, wohl eine Million an Zahl, Städte gleich wie in Dawan (Ferghanä nebst Ssamarkand) inne hatten, und sich mit Handel beschäftigten. Durch die Karakteristik, dass sie «eingefallene Augen und dichte Bärte» hatten, werden wir ethnographisch vollkommen zurecht gewiesen. Um dieselbe Zeit kamen die Chinesen im Westen ihres Reiches, im Tarym-Bekken, zur Macht, und entfalteten einen lebendigen Verkehr mit den westlich gelegenen Ländern, zumal Persien; ja sogar bis zu den Römern hin gingen von Hand zu Hand ihre Waaren, denn bei diesen, — Li-kien, später aber Ta-tsin von den Chinesen geheissen, — standen die luxuriösen «Medischen Gewänder» in grossem Ansehen, und immer war es wiederum die Seide welche dem Handel zum Grunde lag. Diese Machtstellung der Chinesen bezeichnet das glükkliche Regiment der Dynastie Han welche durch drei ein halb Jahrhunderte hindurch ihren Einfluss auf die Westländer ungestört zu entfalten ?) vermochte. Die Strasse welche die Chinesen damals, so wie später benutzten, war eben die oben erwähnte über den Terek-Pass, den die Chinesen Tsungling nannten. Sobald sie densel- ben überschritten hatten befanden sie sich im Lande der Tahsia (die jetzigen Tadshik) dessen Hauptstadt Usi, im Hintergrunde des Ferghanä-Thales lag). Ein vom Kaiser entsendeter chinesischer Beamte, Tschang-Kiën, besuchte um die Mitte des II-ten Jahrh. v. Chr. Ferghanä und schreibt: man baut Getreide und Reis, be- 1) Ihrer geschieht schon im Kriegszuge Alexanders | Chinesen. Schon kenntlicher nennen es chinesische Rei- von Mazedonien Erwähnung. sende zu Anfang des VII. Jahrhunderts n. Chr. Fei-han 2) 163 v. Chr. bis 196 n. Chr. oder Fa-han. 3) Po-han-na, Pho-han, auch Ning-yuan, der Mémoires de l’Acad. Imp. des sciences VIlme Série. 47 370 А. у. MIDDENDORFF, РЕВСНАКА. reitet Wein aus der Rebe (damals in China noch ganz unbekannt) und zieht ausgezeichnete Pferde. Die Bewohner, die Tahsia'), (die jetzigen Tadshik) sind ein sesshaftes Volk, das Häuser baut und in Städten wohnt. Ihre Sitten sind ähnlich denen der Tawan, aber ihre Soldaten sind schwach und furchtsam, daher hatten die Yue-tschi leichte Mühe, ihnen einen Theil ihres Landes wegzunehmen. Die Tahsia sind ausgezeichnete Handelsleute, und in ihrer Hauptstadt findet man reiche Bazare. Etwas später?) wird aber Ferghanä das Reich der Hiu-siun genannt, deren Fürst in die Stadt Kho-se westwärts übersiedelte. Jenseit dieser Tahsia, also am Eingange zum Ferghanä-Thale lag das Land Ta- wan, berufen für seine vortrefflichen Pferde, welche an einem besonderen Orte im Gebirge gezogen wurden. Die Hauptstadt dieses Landes Kwei-schan-Tschöng scheint das jetzige Ura-tubä?) gewesen zu sein. Die Gränzen dieses Reichs scheinen sich zu Zeiten sehr er- weitert zu haben und umfassten eine Weile auch Ferghanä. Andererseits verfiel wiederum Tawan selbst auch in Abhängigkeit von Ssamarkand. Die Chinesen gründeten nun Handelsniederlassungen in Ferghanä, und die nähere Bekanntschaft mit den Erzeugnissen der Gegend wekkte bald den Wunsch des Beherrschers des himmlischen Reiches, etliche jener kostbaren Tawan-Pferde zu besitzen. Er schikkte 1000 Goldstükke und ein goldenes Pferdchen an den König des Landes, der aber den Ge- sandten tödten liess. Eine Armee die nun ausgeschikkt wurde erlag den natürlichen Hinder- nissen durch welche Ferghanä geschützt ist; die zweite *) ging einen Vergleich ein. In der That waren diese Misshelligkeiten so wenig im Stande den in Schwung gekommenen Handel zu unterbrechen, dass schon im darauf folgenden Jahre 10 Karawanen aus China in Fer- ghanä eintrafen, Durch das ganze I-ste Jahrh. у. Chr. währte dieser Handelsverkehr Chi- na’s mit den Völkern an den Zwillingsströmen Amu und Ssyr. Indessen scheinen die chine- sischen Kaufleute selbst, nicht über Ssamarkand hinausgegangen zu sein, Dort wurde die Seide von den Parthern’°) übernommen, welche den Handel nach SW vermittelten, wäh- rend die Tadshik (Tahsia) den Vertrieb der Seidenwaaren über Baktrien nach Indien ver- mittelten. Ein dritter Handelsweg lenkte schon damals zu den Mündungen derWolga ab, wo die Aorsi den Handel mit den Seidenstoffen betrieben. Die Parther legten so grosses Gewicht auf diesen Handel, dass ihr König, der ersten Karawane der Chinesen die so weit westwärts ging, persönlich bis zur fernen Ostgränze mit 1) In Bezug auf ihre Nationalität von den Chinesen auch Pas-se, 4. 1. Perser, genannt. 2) 117 v. Chr. 3) Ura-Tepe; wohl identisch mit dem alten berufe- nen Osrushna, Osrusina, Sutrushna, und, im УП. Jahrh. n. Chr. Sa-tu-si-ni, Sutulisena, Sutui- schana, Tu-su-sa-na auch Tsau, Tong-thsau östliches Tsao) oder Tsao, was aber genauer genom- men gleichbedeutend mit Ssoghd sein sollte. Die nörd- lichere Handelsstrasse führte, wie gesagt, durch Fer- ghanä über Ura-tepe nach Ssamarkand. Die arabi- schen Geographen betonen dass es eine Landschaft sei, und führen schon damals die jetzigen Ortschaften Sa- min und Dshisak als die wesentlichsten Plätze dieser Landschaft auf. 4) 104 --98 у. Chr. 5) 76 п. Chr. 6) A nsi auch Asi der Chinesen. Dre AKKERBAUER, HISTORISCHES. 371 20,000 Pferden entgegenzog'!). Auch zählte jede der Karawanen in späterer Zeit bis 2000 Kameele °). Nun wurden die Handelsbeziehungen China’s durch Aufstände in Mittel-Asien, wäh- rend 56 Jahre unterbrochen, bis endlich in der zweiten Hälfte des I-sten Jahrh. п. Chr. China wiederum Besitz vom Tarymbekken nahm, und dadurch seinen westlichen Nachbaren so bedrohlich erschien, dass dasselbe Tawan von dessen geringer Willfährigkeit wir oben berichtet, zuvorkommender Weise einen Tribut an Pferden nach China schikkte. Dieser Tribut wiederholte sich auch später noch 3 andere Male, war auch wohl angebracht, denn China unterjochte nun nicht nur die Yue-tschi in Baktrien, sondern dehnte zuletzt seine Macht bis an den Kaspi-See aus, so dass um die Mitte des II-ten Jahrh. п. Chr.*) sogar еше Gesandschaft aus Rom *) in China eintraf. In dieser Blüthezeit fanden die zentralasia- tischen Waaren des pontischen Handels und der Krimm, ihren Weg bis zum Baltischen Meere. Aus Novgorod ging Pelzwerk zurükk. Es waren das die Zeiten von denen die Be- richte sagen dass 300 verschiedene Sprachen (Dialekte) in den pontischen Handelsstädten zusammenkamen, so dass die Römer dort 130 Dolmetscher unterhalten mussten. Es waren zu der Zeit beide unermesslichen Reiche sich näher als jemals getreten. Von nun an begann jedoch die Gewalt China’s im Westen, von Jahr zu Jahr zu sinken, und es war vielmehr nur ein Nachklang früheren Ruhmes, als um ein Jahrhundert später), noch Geschenke vom mittleren Ssyr und aus Ssoghd in China eintrafen, und Ssoghd’s Be- herrscher zum ersten Male chinesische Titel annahmen°). Während nun Persien unter den Sassaniden an Macht und Ausbreitung gewann, scheint nunmehr ein paar Jahrhunderte lang Europa zum hauptsächlichsten Augenmerke der Mongolen geworden zu sein, bis, etwa 70 Jahre nach Attila, abermals Nomaden mongolicher Herkunft in unser Zwischenstrom- land einfallen und unter dem Namen Yeta ein mächtiges Reich’) stiften, dass aber schon dreissig Jahre später den Tukiu (Türken) zufällt; wiederum mongolischen Stammes’). Die Tukiu befestigten sich immer mehr in ihrer Herrschaft, und zu Ende des VI-ten Jahrhunderts entsendet der Tukiu Fürst sogar eine Gesandschaft nach Byzanz an den Hof Justinians II, um Handelsbeziehungen anzuknüpfen. Die Perser verweigerten nämlich den Händlern der Tukiu und des mit ihnen verbündeten Ssogd den Durchzug. Es galt andere, neue Wege zu eröffnen, denn von China aus war bis zu dieser Zeit der alte Weg über Fer- 1) 107 v. Chr. terer Zeit Fo-lin. 2) Die Karawane der sich Nasarov zu Anfang unse- 5) 265 n. Chr. res Jahrhunderts anschloss, als er endlich seiner Fest- 6) Etwa 280 n. Chr. haltung in Ferghanä entging zählte z. B. anderthalb 7) 519 п. Chr. Tausend Kameele. Sie ging nach Ssemipalatinsk. 8) 550 п. Chr. 3) 166 п. Chr. Ein Jahrhundert später, 284 п. Chr. 9) Es bleibt fraglich ob es dasselbe Volk ist, das erschienen sogar abermals zwei Römische Gesandte in | unter dem Namen Tukhära oder Tokhari in den west- China. lichen Nachrichten, und Tu-ho-lo der Chinesen den 4) Die Römer wurden, wie wir oben p. 369 gezeigt, von | Yue-tschi folgt und indem es allen ferneren Nachrich- den Chinesen Ta-tsin genannt; die Byzantiner in spä- | ten entschwindet, wahrscheinlich mit diesen verschmilzt. 47* 372 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. ghanä, Bokhara und Merw unverändert derselbe geblieben wie vor Jahrhunderten !) (vergl. p. 369). Schon im folgenden Jahre wurde die Gesandschaft von Byzanz aus erwiedert ?). Zu Anfang des VII-ten Jahrh. n. Chr.?) wurden die Chinesen wieder ein Mal ihrer unruhigen westlichen Nachbaren Herr. Sie eroberten von Neuem das ganze Tarym-Bekken, unterwarfen sich alle türkischen Oststämme, schlugen auch die Tukiu und nahmen wieder nicht nur von Ssoghd Besitz*), sondern auch von den weiter abwärts gelegenen Ländern der Zwillingsströme. Sie beherrschten den Ssyr um so sicherer als sie zugleich das Ili- Thal im Norden an sich brachten?). Bald darauf schikkte Ferghanä°) das bis dahin seine eigenen Fürsten gehabt hatte eine Gesandschaft nach China die ein Schutzbündniss bezwekkte, da die Sarazenen in Per- sien eingefallen waren, und um sich her Schrekken verbreiteten. Noch eine zweite Gesand- schaft ging hin, als die Gefahr immer drohender heranrükkte’). Die Chinesen, im Inneren bei sich vollauf beschäftigt wagten es nicht, sich auf that- sächliche Hilfe einzulassen, und von nun an beginnt ihr Einfluss im Westen zu sinken. Zwar dauerte es noch bis zur Mitte des VIII-ten Jahrhunderts, dass Tribut und Gesandschaften aus dem Westen nach China gingen*), aber die Chinesen zogen sich sogar aus dem Tarymbek- ken zurükk. Alle Westländer °) fielen von China ab; unter ihnen auch Ferghanä. Es dauerte aber doch bis an den Anfang des VIII-ten Jahrh. !°) bevor die Araber, die Ta-si der Chinesen, bleibenderen Besitz von den Ländern am Mittellaufe der Zwillingsströme zu nehmen vermochten. Obgleich nämlich die Araber ihre Feldzüge bis Taschkent!!) und Kaschgar ausdehnten und folglich auch in Ferghanä einfielen, so ist doch nur von Chod- shent, und Kassan die Rede, also nur von den am Eingange gelegenen Theilen Fergha- n&ä’s'?). Dieses wurde damals in dem Grade als ein integrirender Theil von China angese- Sie sassen seit den ältesten Zeiten an den Quellen des Amu. 1) Es war das die sogenannte mittlere Strasse, durch das Uigurenland (Kao-iang), über Kaschgar (Su-le), den Tsong-ling-Pass, Ferghanä (Fo-han), Khang (Ssa- markand), Gross- und К]ет-А п nach Merw (Mu) und so nach Persien (Po-sse). 2) 568 п. Chr. 3) 634 п. Chr. 4) Das Land Schach (Taschkent) zahlte 618 bis 649 n. Chr. den Chinesen Tribut. Der Herrscher von Ssoghd wurde 650—655 n. Chr. mit dem Titel eines chinesischen Gouverneurs helehnt. Noch 713 zahlte er Tribut in Eisenwaaren, Kürassen, Schlössern, Strausseneiern u. d. m. 656—660 n. Chr. wurde der Fürst der Alan zu Chodsh ent unter die Va- sallen China’saufgenomen. 661 wurdein Kunduz chine- sisches Regiment eingerichtet. 5) 657 n. Chr. 6) 638 n. Chr. 7) 656 n. Chr. 8) Noch 731 bis 741 schikkte Ssamarkand seinen Tribut. 754 Ferghanà desgleichen, zum letzten Male, 756 kamen die letzten Gesandtschaften aus dem Westen. 9) Siyu der Chinesen. 10) 713 n. Chr. 11) Shash. 12) Chodshent nennen sie Hu-djan. Der Feldherr Qotaiba drang in Ferghanä bis Kassan, das auf dem rechten Ssyr-Ufer, in NW von Namangän liegt: an dem Oberlaufe des Akhsi-Flusses. Ferner soll Qo- taiba bis Urast daselbst gekommen sein (713 und 715). Indessen kannten die Araber doch Uz-kand (Usgent) als äussersten Ort in Ferghanä. War dieses Urast etwa die Gränzfeste gegen Kaschgar Al-Rast? Dre AKKERBAUER. HISTORISCHES. 3713 hen, dass der arabische Feldherr der in Ferghanä sein Ende fand, und dessen Grab bei den Gläubigen in ruhmvollem Angedenken geblieben ist, als «in China» verstorben angege- ben wird. Trotz des durch den Islam entflammten stürmischen Fanatismus, wurden zwischen- durch die Araber wiederum bis Taschkent zurükkgedrängt. Auch wird z. B. berichtet, dass die Tübeter gleichfalls ihre Einfälle ') bis in Ferghanä hinein erstrekkten, dessen Fürst damals eine chinesische Prinzessin zur Gemahlin hatte, d. h. im Vasallenverhältniss zu China stand. : Da auch die Araber nicht vermochten den Chinesen auf dem Fusse zu folgen die sich allmälig aus den Westländern zurükkzogen, so schoben sich türkische Völker zwischen die Araber und Chinesen hinein. Sie unterbrachen, wie es scheint, für drei Jahrhunderte den Verkehr China’s mit dem Westen, wenn auch nicht ganz, so doch in dem Maase dass die regelmässigen Beziehungen unterbrochen wurden. Es folgt nun die Blüthezeit der am Unterlaufe der Zwillingsströme gelegenen Land- striche, welche heutzutage kaum Ruinen aufzuweisen haben, die von dem daselbst erlosche- nen staatlichen Leben zu uns sprechen könnten. Die jetzige Wüste an den alten zum Kaspi führenden Armen des Amu, am Usboj, den allzukühne Unternehmungen neu zu beleben beabsichtigen, war eine blühende Gegend in der die Hauptstadt Wesir sich befand. Glei- cher Weise erfreuten sich am mittleren Ssyr manche Städte eines weitreichenden Rufes. Die Gründung des mächtigen Gasvaninden - Reiches”) in Persien trug Kultur sogar bis zum Ssyr, an dem, in geringerer Entfernung westlich von der jetzigen Stadt Turkestan, eine der grössten Städte jener Zeit zu erwachsen begann: Otrar, später vielberufen durch das Grab Timur’s°), Als augenscheinlichster Maasstab des damaligen Kulturzustandes dürfen wir hervorhe- ben dass authentischen Nachweisen zufolge Persien im engeren Sinne, und in seiner heuti- gen Begränzung, zu jener Zeit eine fünffach grössere Bodenfläche als heutzutage aufzuwei- sen hatte die künstlich bewässert wurde. Dennoch wiederholte sich das stets wiederkehrende Wechselspiel dem dieses unglükk- liche West-Asien ausgesetzt gewesen. Schon ein halbes Jahrhundert nach‘) der Machtent- faltung der Gasvaniden begannen mongolische Völker, die Hwei-hu°) die Gasvaniden vom oberen Laufe der Zwillingsflüsse zu verdrängen, und noch ein halbes Jahrhundert spä- 1) 715 п. Chr. Der Fall scheint sich wiederholt zu 3) Otrar, auch Oltrare, oder Yangi wurde schon haben da auch im Jahre 744 dem König von Ferghanä | 1219 von Tschingis-Khan erobert. Im Jahre 1340 be- eine Kaiserliche Prinzessin zur Gemahlin übersandt | suchte Pegolotti diese Stadt. Timur starb in ihr 1405 wurde. Noch 754 wurde der Prinz von Ferghanä an den | п. Chr. Chinesischen Hof geschikkt um Etikette zu erlernen und 4) 950 n. Chr. ward zum General der Linken erhoben. 5) Auch Taghazgnas genannt. 2) 901 n. Chr. 374 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. ter!) waren auch die Gasvaniden wieder auf Balkh beschränkt?) Unterdessen hatten die Seldshuken ihre Macht entfaltet und in dem heutzutage wieder Bedeutung gewinnenden auf der ältesten Strasse orientalischen Handels liegenden Merv ihren Hauptsitz aufgeschlagen. Das alte Spiel ermangelte nicht, auch die Hwéi-hu bald abtreten zu lassen, denn die Steppen Inner-Asiens hatten schon wieder andere Schaaren in Bereitschaft. Dieses Mal tra- ten die Khitan auf: ursprünglich in der Mandshurei zu Hause und den Chinesen schon seit dem V-ten Jahrh. n. Chr. als unbedeutender Volksstamm bekannt. Während die Gas- vaniden sich bis zum Ssyr ausbreiteten, hatten die Khitan sich des ganzen Tarym-Bek- kens bemächtigt, und erstrekkten endlich ihre Herrschaft, unter dem Namen der Kara- Khitan, über Kharazm (Chiwa), Bokhara, Ssamarkand, bis nach Ferghanä hinein’). Ferghanä hatte unterdessen schon die heutigen Grundzüge seiner staatlichen Gestal- tung gewonnen. Ausser der Stadt Osch von der schon oben die Rede gewesen, taucht in der Nähe derselben Usgent*) schon um 1000 п. Chr. als bedeutendere Stadt auf. Usgent hatte also seit der Zeit griechischen Einflusses sich zu erhalten vermocht. In Akhsi oder Aksiketh (р. 372, Anm. 12) war der Sitz des Fürsten. Margelan°) wurde zu Zeiten der Turkestanischen Ilek-Khane zur Hauptstadt erkoren 5). So traf, im XII-ten Jahrh.”) der Araber Edrisi Ferghanä an, der die Lebendigkeit des Handels von dort nach Thibet, rühmt. Nach ihm begann das Land Al-Tork (Turkestan) erst an den äussersten Enden von Ferghanä. Bei ihm geschieht zum ersten Male der Khil- giz — der jetzigen Kirgisen — Erwähnung, deren Wohnsitze schon damals in den zwischen Balchasch und Aral-See sich hinziehenden Steppen gelegen zu haben scheinen. Auch die Kiptschak (Khiftschak) und Bulgharen zählt er auf, unter den Nomaden die Ferghanä umgeben. Unser abgelegenes Thal vermochte, bei der wachsenden Bewegung unter den Horden Mittelasiens sich den Welthändeln von Tag zu Tage weniger zu entziehen. Es wurde in den Strudel hineingezogen, da mit dem Eintritte des XIII-ten Jahrhunderts Temutschin, in 1) 1000 n. Chr. 2) Der letzte Sassaniden-König Jezdedjerd, begab sich flüchtend nach Ferghanä, als er aus Chorassan vertrieben worden war. 3) 1125 n. Chr. 4) Siehe oben p. 372, Anm. 12 als Uz-kand. Auch Urkend oder Aderkend, Awerkend genannt. Ilek- Khan eroberte die Stadt im Jahre 999 auf seinem Zuge von Kaschgar nach Bokhara und entsendete Abdal- melek den letzten Samaniden-Sultan nach Urkend. Hier erschien der Beherrscher von Kaschgar, um zu huldigen. — Edrisi rühmte im XII. Jahrh. die Tapfer- keit der Gebirgsbewohner auf dem Wege von Aderkent nach Kaschgar — also der Kara-Kirgisen. 5) Auch Margilan und Marghinan genannt. Das Ma-r-i-nang der Chinesen. Schon im X. Jahrh. von Ebn Haukal erwähnt. 6) Die Пеке regierten zwischen 990—1212 п. Chr. in Kaschgar, Choten etc. bis nach China hin, und nach dem Sturze der Ssamaniden im Jahre 999 in ganz Turkestan, mit Einschluss von Buchara, Ssamarkand, Ferghanä etc. Um das Jahr 1000 regierten zwei Brüder (vergl Dorn, im Bullet. de l’Acad. Imp. 4. Sc. de St.-Petersb. XXVI, 3, p. 542. Auf Seite 568 ist die Liste der Khane ge- geben. 7) 1140 n.Chr. Die ersten eingehenderen arabischen Nachrichten von Ferghanä gab Ebn-Haukal schon im X. Jahrh. От AKKERBAUER. HISTORISCHES. 375 der Baikalgegend zur Welt gekommen, als Oberbefehlshaber 4. 1. Tschingis-Khan, über alle vereinten türkischen und mongolischen Stämme Mittelasiens ausgerufen worden war'), und nun den Ssyr aufwärts losbrach, das damals in höchstem Glanze bis Indien und Per- sien gebietende Khiwa niederwarf, und mit barbarischer Wuth, die Stätten jeglicher Kultur, die Prachtbauten und Denkmäler des Alterthums vernichtete. Ssamarkand wurde auf das Härteste mitgenommen; Chodshent bewältigt?). Das dadurch bloss stehende Ferghanä litt in geringerem Grade als die offeneren Gegenden, und scheint überhaupt auch da- durch weniger die Beutelust der Feinde gewekkt zu haben dass dort die Gehäbigkeit des Volkes über das flache Land vertheilt war, keine Stadt durch Pracht oder Schätze besonderen Ruf hatte. Als gewerb- und handelthätiges Durchgangsgebiet wurde es in ge- ringerem Grade zum Tummelplatze kriegerischer Leidenschaften, und entwikkelte seinen stillen Akkerbau zu immer höherer Bedeutung. Der eine Bestandtheil, der unter Tschingis-Khan die Perser, so wie die Griechen, . bewältigenden Horden — die Türken — gründete, nach Kleinasien und Europa sich wendend, das Reich der Ottomanen, das westliche Turkestan aber wurde zum Mittelpunkte des Rei- ches Dshaggataj”). Noch näher rükkten die Geschikke der Welt an Ferghanä hinan, als am Schlusse des XIV-ten Jahrhunderts Timur, der tatarischer Abkunft gewesen sein soll, sich zuerst zum Haupte seines Geburtslandes — dieses unseres Ferghanä-Thales — emporschwang, und von hier aus seine Eroberungszüge einerseits bis zum Ganges, und nördlich bis nach Khotan, und andererseits bis Kleinasien erstrekkte, wo er, angeblich mit 800,000 Streitern, die Ottomanischen Türken schlug‘), und sein Weltreich gründete. Er zerstörte Astrachan und Asov, und unterbrach somit die altgewohnte Handelsstrasse. Seinen Hauptsitz schlug er bekanntlich in Ssamarkand auf, das doch so nahe zu Ferghanä gelegen ist. Nichtsdestoweniger, und obgleich zahlreiche Gesandschaften, sogar aus Westeuropa, Ssamarkand besuchten, schweigen die Quellen dieser Zeit über Ferghanä, bis auf die Angabe dass Timur, der mit seinem Heere in Yulduz stand, seinen Sohn nach Andidshan schikkte°). Dass es mit dem Verdrängen der chinesischen Herrschaft vom Gebiete des Westhan- ges von Zentralasien, mit dem Handelsverkehre nach- und von China, der nach wie vor hauptsächlich über Ferghanä ging, nimmer völlig ein Ende nahm, beweisen uns zwei Mit- theilungen die auf uns gekommen sind. Timurs Sohn selbst schikkte aus Persien eine Ge- sandschaft nach China, deren einer Theil über den Terek-Pass, Andidshan und Ssa- markand heimkehrte‘), während der andere den geraderen aber schwierigerenWeg wählte, den schon Ptolemaeus beschrieben: er führte über Badakschan nach Balkh. Um diese 1) 1206 n. Chr. Er starb 1227. 5) Wohin er über Couzan (Kutscha?) und Utsch- 2) Trotz der tapferen Gegenwehr des Timur-Melik. | Ferman gelangte. 3) 1277. 6) 1419 n. Chr. 4) 1402 п. Chr 376 А. т. MIDDENDORFF, FERGHANAÀ. Zeit scheint die Benennung Sart zuerst im Munde der Usbeken aufzutauchen, während dieselben als Tadshik iu den Tahsia und Tiaotschi der Chinesen schon einige Jahrhunderte vor Chr. unverkennbar sind. Nach Grigorjew ist das Vandabanda des Ptolemäus un- ser Ferghanä'). | Ein zweiter Zeuge, ein Europäer namens Barbaro, der?) am Schlusse desselben Jahr- hunderts als Gesandter nach Persien ging berichtet, dass auch damals alle «Cini, Macini et Cathaienses mercatores» auf ihrem Hin- wie auch Rükkwege Ssamarkand berühren mussten. Um die Mitte des 15-ten Jahrhunderts tritt der Volksstamm der Usbeken zuerst in der Kirgisen-Steppe auf, zur selben Zeit als dessen nächste Stammesgenossen die Osmanen Konstantinopel erobern. Nach dem Untergange der Königsfamilie der Timuriden zerfiel des ganze Gebiet der am oberen Amu gelegenen Länder in 27 gesonderte Fürstenthümer, die mehr oder weni- . ger unter der Suprematie der türkischen Khane standen welche am Flusse Tschu (Sui, и), im Norden von Ferghanä ihren Sitz hatten. Obgleich in wechselnder Gestalt haben sich diese getrennten Fürstenthümer grössten Theiles bis heute als solche erhalten. Mit dem Schlusse des XV-ten Jahrhunderts gewinnt Ferghanä plötzlich eine selbst- ständige Bedeutung in der Geographie West-Asiens, durch seinen Herrscher Baber, aus dem Hause der Timuriden, der aus diesem seinem angestammten Reiche flüchtend’°) sich in Kabul emporschwang und von dort aus, als Sultan, sich Indien unterthan machte. Dass er eben nach Kabul ging bestätigt nur mehr, wie lebhaft der Karavanenhandel, aus Ferghanä dahin, war, den Baber selbst beschreibt. Sultan Baber, der als zwölfjähriger Knabe auf den Thron zu Ferghanä gesetzt wurde *) behielt seine Heimath auch unter den glänzenden Verhältnissen in südlicheren Him- melsstrichen °) in so treuem Angedenken dass er es monographisch und mit offenbarer Vor- liebe beschrieb. Es hatte schon damals wie heute, obgleich es in Abhängigkeit von Ssamar- Кап gerieth, und obgleich Taschkent schon dem Vater von Baber verloren gegangen war, noch 7 Distrikte; von diesen waren: Andidshan‘), Margelan, Osch, Namangan (Akhsi), dieselben wie heutzutage. Kassan trat an die Stelle des jetzigen Tuss?), aber Khod- shent so wie Asferah, die jetzt zu Ssamarkand gehören, gaben Ferghanä eine grössere Bedeutung als jetzt, und auch als vorher, denn im X-ten Jahrhunderte fand Ebn Haukal nur 6 Distrikte vor, die aber mit Ausnahme von Merghenkan (Marghilan) sich mit den gegenwärtigen nicht identifiziren lassen. 1) Lerch, Khiwa, 1873, р. 48. Der Sultan Baber 3) 1506 n. Chr. spricht schon von Sarten. Sart und Jaxartes sollen unter 4) 1494 n. Chr. einander im Zusammenhange stehen. 5) In Delhi residirend. Zu р. 362, Anm. 1, ist nachzutragen dass die im Jahre 6) Zur Zeit die Hauptstadt. 1873 von der K.R. Geogr. Ges. herausgegebenen Vervoll- 7) Baber’s Vater hatte diese, nächst Andidjan da- ständigungen Ritter’s durch Grigorjew von besonderer | mals bedeutendste Stadt, wegen der besonderen Stärke Bedeutung sind. der am Ssyr, in einigem Abstande von der Stadt gele- 2) 1480 n. Chr. genen Festung zur Residenzstadt erhoben. Dre AKKERBAUER. HISTORISCHES 377 Andidshan, obgleich nicht mehr Sitz des Regenten hatte doch im vorigen Jahrhun- dert und bis in neuere Zeit solchen Ruf, dass die Chinesen alle von West mit ihnen in Ver- kehr tretenden Handelsleute Andidshaner nannten und wohl auch noch nennen. Die Usbeken waren es durch die Baber vertrieben wurde. Sie hatten das Zwischen- land der Zwillingsströme in Besitz genommen und rükkten, gleich allen ihren Vorgängern stromaufwärts?) vor, Ssamarkand und endlich auch Ferghanä besetzend. Dieser Stamm der Ost-Turken behauptete bis zu den neuesten Ereignissen die Throne der an unseren Zwillingsströmen gelegenen Länderstrekken, bis Ferghanä und Kunduz hinauf; aber nicht weiter nach Osten. So z. B. erreichten die Usbeken Badakschan nicht. Indessen hatte je- der einzelne der Bezirke Ferghanä’s so wie sie zu Baber’s Zeit bestanden, noch bis zur Mitte des XVII-ten Jahrhunderts seine unabhängigen Fürsten welche einander häufig be- fehdeten, aber nachdem China im Jahre 1758 sich wiederum Taschkents bemächtigt hatte, alle die Oberhoheit China’s anerkannten. Das dauerte jedoch nur kurze Zeit, denn ein aus der Wolga-Gegend herangezogener Usbeken-Häuptling?) gründete das dem früheren Fer- ghanä entsprechende Khanat Kokan, indem er seinen Sitz in dem Orte Kukan*) an 20 Werst im Westen des jetzigen Kokan, aufschlug. Fast am schwächsten ist es mit unserer Kenntniss der Vorgänge in West-Turkestan im XVIII-ten Jahrhundert bestellt. Wir wissen nur dass die Karawanen nach wie vor über Ferghanä gingen, und dorthin Silber als Metall, Porzellangeschirre, Thee, ein-, dagegen allerlei Zeuge ausführten °). Um die Mitte des XVIII-ten Jahrhunderts soll Ferghanä auch in die muselmännischen Rebellionkriege der Ost-Turkestaner (Kalmükken) gegen China verwikkelt gewesen sein; in- dessen nahm der Khan von Khokan zur Zeit als die Ortsbestimmungen in Ferghanä ausge- führt wurden, die chinesischen Officiere und den Pater®) gut auf’), worauf sogar zwei Jahre nacheinander Gesandte nach China geschikkt wurden. Das hinderte aber freilich die Insassen Ferghanä’s nicht, schon 3 Jahre später °) im Norden von Kaschgar einen Ueberfall zu ver- suchen, der aber vom chinesischen Befehlshaber zurükkgewiesen wurde. Die feindliche Hal- tung gegenüber China dauerte aber fort und wir sehen das zu Anfange des XIX-ten Jahr- hunderts°®) über Taschkent und bis Ak-Mesched (Frt. Perovskij) erweiterte Kokan, schon im zweiten Viertel dieses Jahrhunderts!®) flüchtige mohamedanische Rebellen bei sich be- herbergen, und ihre die Chinesen für kurze Zeit bewältigenden Ausfälle nach Jarkend und Khotan unterstützen. Nachdem sie Ost-Turkestan geplündert, kehrten die Kirghisen Es ist das Tschusch des Mahsum Khodja im 5) So namentlich 1735 und 1778. Jahre 1829, das Ritter (West-Asien, VII, p. 772, nicht 6) Felix d’Arocha. 7) 8) zu identifiziren wusste. 1759. 2) Unter Scheibani-Khan, der zuvor Taschkent 1763. erobert hatte; 1502 n. Chr. 9) 1805. 3) Schah-Rokh-Besg. 10) 1827. Moorcroft hielt sich 1822 am Hofe Omar- 4) Wahrscheinlich das Khuakend, bei Ebn-Haukal. | Khan’s von Kokand auf. Mémoires de l’Acad. Imp. des sciences. VIIme Serie. 48 378 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. und sogenannten «Andidshaner» Khokan’s schwerbeladen mit Beute, ihr Khan mit dem Titel eines Glaubenshelden (Ghazie) geziert, wieder heim. Kurz, wir sehen dass seit der Mitte des XVII-ten Jahrhunderts Ferghanä seinen al- ten Namen einbüsste, der sich in Kokan umwandelte, Seitdem war Kokan der Schauplatz einer ununterbrochenen Reihe von Gewaltthätig- keiten. Bald musste es seinen gewaltigen, in den südwestlichen Oasen, in Khiwa und Bu- chara sitzenden Nachbaren weichen, und wurde gar auf eine Spanne Zeit von Buchara ero- bert, bald dehnte es seine Macht über ganz West-Turkestan, ja sogar bis zum Aral-See aus. Im Inneren aber herrschte eine der ausgeprägtesten Perioden orientalisch-barbarischen Getriebes. Usurpazionen, Vergiftungen, Ermordungen ganzer dynastischer Geschlechter durch die nächsten Verwandten, Ueberrumpelungen im Schlaf, Ersäufungen, Spiessen auf den Pfahl früherer Herrscher bei lebendigem Leibe, Stehlen jugendlicher Prinzen behufs Legitimirung von Empörungen, Prätendentschaften und Regentschaften u. s. w. lösen ein- ander ohne Unterlass ab. Der letzte Khan Kudojar, der nach längerer Bevormundung durch einen ehrgeizigen aber ihm wohlwollenden und dennoch von ihm später hingerichteten Regenten, im Jahre 1850 mündig an die Herrschaft gelangte, wurde in seiner Nichtswürdigkeit zum Spielballe der beiden Hauptparteien im Lande. Bald gelangten die Sarten, bald wieder die Usbeken nebst den Kiptschaken in seiner Umgebung zur Macht. Einen Maasstab für die Greuel wel- che vorfielen gibt uns die schon im dritten Jahre nach seinem Regierungsantritte angeord- nete Ermordung von, wie es heisst, 20,000 seiner eigenen Unterthanen, des Kiptschak- - Stammes. Das war nur eine Wiederholung einer Unthat die vorangegangen war und von der es hiess dass eine Pyramide von gleichfalls 20,000 Köpfen aufgeschichtet wurde. Drei Mal floh er auf das Feigste aus seinem Lande nach Buchara und Russland, weil seine Unterthanen die Erpressungen seines Geldgeizes nicht mehr zu ertragen im Stande waren |). Nachdem schon im Jahre 1799 Kokan sich Taschkents zu bemächtigen bemüht, nahm es diese Stadt mit Hilfe der Kara-Kirgisen im Jahre 1810, musste jedoch noch in den funf- ziger Jahren die aufsässige Stadt wiederholt mit grosser Truppenmacht belagern. Die Ausdehnung seiner Herrschaft war der Vorläufer von Kokan’s Falle. Es stiess dadurch mit seinem übermächtigen nordischen Nachbar zusammen. Nachdem die Russen im Jahre 1852 von der starken Gränzfeste Ak-Mesched, dem jetzigen Frt. Perovskij, Be- sitz genommen, traten sie durch die Einnahme der Stadt Turkestan im Jahre 1864 °), und der Städte Taschkent und Chodshent in den beiden folgenden Jahren, zum ersten Male in 1) Wer nähere Einsicht in dieses Gewirre von Greueln 2) In demselben Jahre in welchem das an Ferghanä nehmen möchte, der findet bei Schuyler (Turkistan, | anstossende Kaschgar durch den 9 Jahre später vom 1876, Appendix I, р. 337) Eingehenderes, und namentlich | Sultan zum Emir erhobenen Jacub, von China auf kurze die Angabe der hierher einschläglichen Literatur russi- | Zeit losgerissen wurde, scher Orientalisten. Dre AKKERBAUER. ETHNOLOGISCHES. 379 das Verbreitungsgebiet der Iraner (Sarten) ein, nachdem sie Jahrhunderte hindurch es nur mit verschiedenen Zweigen der mongolischen und ugrischfinnischen Völkerstämme zu thun gehabt. Der Ueberblikk den wirim Vorangehenden über die Geschikke gewonnen die Ferghanä im Laufe der Zeiten erduldet, schneidet uns durchaus jede Aussicht auf einheitliche Kör- perbeschäffenheit der Bewohner dieses Landes ab. Eine Unzahl verschiedener Typen wurde hier im Uebermaasse durcheinander gemischt. Theils als Durchgangsstrasse für einen seit den ältesten Zeiten lebendigen Handels- verkehr, aus dem fernsten Osten Asiens zum Westen Europa’s; theils als Spielball von Eroberern, der wiederholt im Laufe eines jeden Jahrhunderts aus Hand in Hand ging, wurde, wie wir gesehen, unser Ländchen von den verschiedenartigsten Völkerstämmen gestreift, durchzogen, geplündert, besetzt; die Bewohner wurden wiederholt niedergemetzelt; mit ei- nem Worte die Horden der zügellosesten, unerbittlichsten Welteroberer welche die Ge- schichte kennt, haben in dem immerhin scheinbar stillen Thale in selten unterbrochener Reihenfolge gehaust. Aber auch die inneren Fehden gaben den Stürmen der Aussenwelt an Vernichtungswuth kaum nach. Es mag allerdings nicht unberükksichtigt bleiben dass die immer und immer wieder von Neuem aus Zentral- Asien hervorbrechenden Schaaren, unter einander nahe verwandt gewesen sein mögen, dass es sogar scheint als hätte bisweilen nur ein Namenwechsel statt- gefunden, indem wieder andere Gruppen desselben Völkerstammes zum anderen Male in den Vordergrund traten, der erneuten Invasion ihren Namen leihend. Nichtsdestoweniger ist die zahllose Menge der stets von Neuem herandrängenden Schaaren staunenswerth, und da keine derselben zurükkehrt, sondern weiter und weiter vorrükkend in den besetzten Oertlichkeiten sich verläuft, so zeigt sich darin eine schlagende Analogie mit der dem Eu- ropäer seltsam klingenden Erscheinung, die wir in Sultan Baber’s Beschreibung der Stadt Andidshan folgendermaassen ausgedrükkt finden: «Es ziehen neun fliessende Gebirgswässer, die Mühlen treiben, in die Stadt; keines derselben fliesst wieder hinaus» So bündig, als im höchsten Grade karakteristisch. Der Ausdrukk «das völkergebärende Mittelasien» ist wahr- haftig nicht eine Hyperbel gewesen und das daraus wiederholt entsprungene «Völkerge- dränge» findet seines Gleichen im gesammten Thierreiche nur etwa an den Wanderratten, an den Lemmingen, die in ähnlicher Weise plötzlich überfluthen, ohne dass man ahnen mochte sie könnten vorhanden sein. Bei dieser Thatsache verweilend sehen wir die Frage auftauchen: warum sich in neuerer Zeit diese Völkerstürme Zentral- Asiens nicht wiederho- len? ob wir des gewärtig sein müssen deren ähnliche zu erleben? Doch davon später. Halten wir an dieser Stelle Heerschau über die von uns auf den vorhergehenden Sei- ten nahmhaft gemachten Völker, die im Laufe der Zeiten verschiedentlich von Ferghanä Besitz nahmen, oder auch dahin verschlagen wurden, 380 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Г. I. Indo-Europäer. Turk-Mongolen. 1.) Alt Perser (Iraner). 8.) Sse (Ssaken). 2.) Neu Perser (Irani). 9.) Yue-tschi. 3.) Ussun. 10.) Hiongnu. 4.) Makedonische Griechen. 11.) Tukiu. 5.) Russische Slaven') und Finnen. 12.) Hwei-hu. Semiten. 13.) Khitan. 6.) Araber. 14.) des Tschingis-Khan Horden. 7.) Hebräer. 15.) Khirgis. 16.) Kiptschak. 17.) Bulgar. 18.) Usbek. 19.) Моса] ?). Mongolen. 20.) Chinesen. Dazu noch in untergeordneter Weise beigemischt: Wolga-Tataren, Karakalpaken, Turkme- пеп 3), Zigeuner, Inder. Die Anzahl dieser Völker ist also grösser als die der Schachsteine auf jeder Seite des Brettes, deren unerschöpfliche Kombinazionsweise unsere Bewunderung herausfordert. Die unendliche Manigfaltigkeit der Kombinazionen welche auf die Kreuzungsprodukte der leib- lichen Vermischung beider Geschlechter dieses Völkergewirres durch die Vererbung über- gehen müssen, ist augenscheinlich. Nun bedenke man aber die tief eingreifenden Momente welche diese Mischungen be- förderten, auch ausserhalb der Kriegsläufe, von denen doch allein wesentlich die Rede oben gewesen, Man bedenke die barbarische Weise der Kriegführung im Oriente, wo die Make- donier, die mongolisch-türkischen Völker, die Chinesen, die Araber stets darin gewetteifert haben , ausser den Opfern des Schlachtengetümmels eine möglichst grosse Zahl der schon überwundenen, wehrlosen Bezwungenen niederzumachen, zu Zebn- und Hunderttausenden zu morden, auszurotten. Alle übten das aus Barbarei, jedoch getrieben von verschiedenen Motiven: Alexander aus Rache‘), die muselmännischen Mongolo-Türken und Araber aus 1) Die Beimischung slavischen Blutes ist über Tau- send Jahre alt und beginnt nicht erst jetzt. Schon Ista- chri berichtete im 10-ten Jahrh. n. Chr. dass viele Rus- sen und Chosaren als Sklaven nach Khiwa gebracht wur- den. Jenkinson brachte im Jahre 1559 aus Buchara 25 russische Sklaven zurükk. Als Schach Nadir 1740 Khiwa nahm, befreite er und entliess nach Russland alle Skla- ven die er vorfand und man fand deren in der Stadt allein 4000. (Веселовский, Очеркъ Историко-Геогра- Фическихъ СвЪдЪы о Хивинскомъ ХанствЪ, 1877, стр. 146, 195). 2) Vergl. Ritter Asien, УП, р. 779 nach den Aussa- gen der Kokan-Pilger die nach Mekka gingen, und die sich auch bestätigt haben. Dieselben unter dem Namen Maag ebendas. p. 754. 3) Русск. Туркестанъ, П, 1872, стр. 94, 105. 4) Auch Alexander der Mazedonier der doch durch sein Organisiren und den Kultur-Einfluss ein so bleiben- * = se Dre AKKERBAUER. ETHNOLOGISCHES. 381 Glaubensfanatismus; die Chinesen in Befolgung politischer Grundsätze, gestützt durch die, aus Uebervölkerung entsprungene völlige Nichtachtung von Menschenleben. Ja, wäre das Ausrotten in der That möglich, oder überhaupt systematisch beabsichtigt gewesen, dann allerdings hätten wir das durchgreifendste Mittel vor uns gehabt, die Vielgestaltigkeit der Mischungen wieder auf die einfachsten und reinsten Völkertypen zurükkzuführen. Aber all- gemein ist es Gebrauch gewesen, die Weiber und den Anwuchs zu schonen, um sich ihrer zu bedienen und sklavische Hausgenossen zu gewinnen). Die Mischung der Nationalitäten wurde dadurch so wie durch den Sklavenhandel der bis heute allgemein im Schwange war, durch die Vielweiberei und die Leichtigkeit der Trennungen und Ehescheidungen auf das Mächtigste befördert. Zu den oben genannten Vernichtungs-Ursachen von kompakt zusammenhaltenden Völ- kertypen traten noch von Zeit zu Zeit fürchterliche Erdbeben hinzu?), Cholera?) u. d. m., und der Sklavenhandel beförderte das im Osten von den Tyrannen und auch von den Chi- nesen in grossem Maasstabe geübte, auf Sklaverei begründete Prinzip der Ueberführung ganzer Völkerschaften auf anderen Boden, häufig sogar in ungesunde Gegenden, was theils abermals die Mischungen beförderte, theils ungeheures Sterben und dadurch vereinzelte Elemente für unwillkührliche Durcheinandermischungen nach sich führte. des Andenken im Oriente sich errungen, plünderte und | «gegeben werden. Alles musste über die Klinge sprin- zerstörte die Städte und Dörfer der blühenden Ssogd- Landschaft und liess 120 Tausend Einwohner nieder- hauen, um für die Aufstände der Ueberwundenen Rache zu nehmen. Es heisst der Fluss sei vom Ssogdianer- Blute gefärbt worden. Der chinesische Priester Tschang-Tschun, der als weiser Rathgeber zu Tschingis-Khan berufen wurde, sagt nach eigener Anschauung (1221 n. Chr.) dass die Be- völkerung von Ssamarkand, die vor der Besiegung des Sultan von Khowarezm (Chiva) mehr als 100,000 Fami- lien betrug, nach der Besitznahme durch die Mongolen nur noch den vierten Theil davon zählte. Als Dshingiskhan in demselben Jahre 1221 gegen die blühende volkreiche Stadt Balksch, das altberühmte Bactria, die etwa 1200 Moscheen, und 200 öffentliche Bäder besass, drohend heranzog, gingen ihm Abgesandte mit Geschenken und Lebensmitteln entgegen, um Scho- nung flehend: der Khan war scheinbar begütigt, zog in die Stadt ein und liess dann sämmtliche Einwohner, un- ter dem Vorwand sie zählen zu wollen, in einzelnen Ab- theilungen auf’s Feld hinausführen und sie dort ab- schlachten, die Stadt selbst aber schleifen — die noch gegenwärtig ein unabsehbares Ruinenfeld bildet. У. Hehn, Kulturpflanzen und Hausthiere, 1874, p. 12. Timur liess die ganze Geten-Population (Yue-tschi) im Thiön-Schan auf 5 verschiedenen Wegen umzingeln und «methodisch ausrotten». «Nirgends sollte Pardon ge. «gen; der Befehl wurde ausgeführt. Zu Millionen soll die Bevölkerung des Gesammtgebietes das er eroberte ver- nichtet worden sein. 1757 sollen die Chinesen gleichfalls eine Million Kal- mükken vernichtet haben. Mit den Dungaen wiederholte sich dasselbe in neuester Zeit u.s.w., u. s. w. Was in die- sen Fällen weit verbreitet geschah, das wiederholte sich an beschränkter Oertlichkeit bei jeder Fehde, bei jeder Einnahme einer Stadt, oder Besetzung eines Landes. 1) Jäqüt berichtet (etwa um das Jahr 1200) dass vier Hundert Männer aus Khiwa verschikkt wurden. Später wurden ihnen 400 türkische Sklavinnen zu Frauen geschikkt und der Schriftsteller fügt hinzu: «daher ist «die dortige Bevölkerung in ihren Gesichtszügen den «Türken ähnlich, und ihr Naturell weist Anlagen der « Türken auf». — Sehr karakteristisch. 2) Burnes traf 1833 Badakschan, dieses schöne Land, ganz verödet. Schon seit 1821 war es durch die Usbeken verwüstet. Im Januar 1832 kam noch jenes schrekkliche Erdbeben hinzu das so viele Menschen tödtete und Dörfer zerstörte. Fast jede Familie zählte ihre Todten. (Ritter, VII, p. 816 und p. 783). 3) Noch im Jahre 1873 soll die Cholera an 20,000 Menschen in Ferghanä getödtet haben. Ich begegne der Zahl 20,000 bei ähnlichen Vernichtungsangaben so oft, dass es die stehende Zahl zu sein scheint mit welcher die Sarten sehr viele Tausende bezeichnen. 382 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Schon Alexander von Mazedonien zog nicht nur aus anderen asiatischen Reichen, son- dern sogar aus Hellas Kolonien nach Ssamarkand. Die Chinesen waren seit jeher vorzugs- weise darauf bedacht friedliche Beziehungen des Handels und Wandels zu eröffnen; gleich wie heutzutage im Westen Amerika’s gründeten sie schon dazumal bedeutende Kolonien an dem Oberlaufe der Zwillingsströme, und nun gar dort wo ihre Politik es zwischendurch für nöthig fand den gefahrdrohenden Theil der eingesessenen Bevölkerung zu vernichten, dort setzten sich die Chinesen als friedliche Akkerbauer an Stelle der Untergegangenen fest, und gewannen bald den Vorrang vor den Ueberresten der Alteingesessenen durch ihre höhere Kultur, gestützt auf ausgezeichnete Arbeitsamkeit, so wie unerreichbare Genügsamkeit !). Die sich daraus entwikkelnden Verhältnisse zwischen den Eindringlingen und den ur- sprünglichen Insassen werden vortrefflich durch einige wenige Worte des chinesischen Priesters Tschang-Tschu karakterisirt den Tschingis-Khan als Rathgeber zu sich be- rufen hatte?); er sagt von den Ländern am Oberlaufe der Zwillingsströme: «Die meisten «Felder und Gärten gehören den Mohamedanern, doch haben sie keine freie Verfügung da- «rüber, sondern müssen ihr Eigenthum zusammen mit den Khitan, Chinesen und Leu- «ten von Ho-hsi (dem westlichen Khansu), bewirthschaften. Chinesische Arbeiter leben «überall». Gar deutlich, und in keinerWeise misszuverstehen, erläutern diese wenigenWorte auch die gegenwärtigen Zustände des Landes, von denen wir weiter unten sprechen werden. Sollten wir nun nicht entschieden voraussetzen, dass das mongolische Element, sei es unter welchem Völkerschaftsnamen es wolle, jeglichen anderen Typus verschlungen haben müsse? Wir reisen hin, und finden es ganz anders. Betrachten wir uns was sich jetzt noch aus diesem Mischvolke sonder Gleichen als Kern herausschälen liesse. Die neueren Reisen in Ferghanä”), so wie die Beschreibungen dieser Provinz zählen in der That ein buntes Gewirre noch heutzutage unterschiedener verschiedenartiger Völ- kerschaften auf. Neben und durcheinander werden da, ausser den Russen, Kirghis-Kaisa- ken, Karakirghisen, Kiptschaken, Usbeken, Tadshiks und Sarten, Karakalpaken, Turkmenen, Juden, Afghanen, Hindu, Zigeuner nahmhaft gemacht und beschrieben. In der That hat die Verwaltung allen diesen Völkerschaften, als eben so vielen mehr oder weniger kompakten Kernen der Landesbevölkerung, Rechnung zu tragen. Ja, wenn man sich darauf einlässt, die Benennungen der Dörfer, so wie die sich an dieselben knüpfenden Tradizionen zu Rathe zu ziehen, so vergrössert sich die obige Liste noch durch Kalmüken, Nogajer u. s. w. 1) Bei den chinesischen Historikern sollen sich zahl- , Dr. Schlieman chinesische Inschriften bei seinen Aus- reiche Nachrichten über solche Kolonien vorfinden. So | grabungen vorgefunden hat. wird ausdrükklich einer Kolonie von 300 chinesischen 2) 1221 п. Chr. Familien erwähnt welche die Tukiu in den gebirgigeren 3) Nennen wir, absehend von zahlreichen Russisch Nordosten Ferghanäü’s versetzt hatten. Ja, es scheint geschriebenen Quellen, hier nur #, В. Petzoldt, Umschau dass schon zur Zeit des Trojanischen Krieges zwischen | im Russischen Turkestan, 1877. dem Mittelmeer und China Beziehungen stattfanden, da у Отв AKKERBAUER. ETHNOLOGISCHES. 383 Bei dem Versuche die genannten verschiedenen Völkerbrokken auch im Getümmel des Strassenverkehres, nach ihren körperlichen Kennzeichen richtig auseinanderzuhalten gehen wir aber gar oft fehl. Nach Ausscheidung der oben zuletzt hergezählten sechs Typen, von denen die letzten vier zum Akkerbau in keiner Beziehung stehen, werden wir gut thun zwei Gegensätze wel- che Jedem auf den ersten Blikk in die Augen springen, festzuhalten. Es sind dieselben wel- che gleich zu Anfang unserer geschichtlichen Uebersicht sich scharf sonderten. Wenn Rabbi Benjamin von Tudela als er Leute mongolischen Stammes kennen ge- lernt hatte kurzweg schrieb: «sie haben keine Nasen, sondern athmen durch zwei kleine Löcher» so ist das freilich alles Mögliche an Bündigkeit. Er sah, wie ihm schien, ächte Af- fengesichter vor sich. Wir werden aber doch wohl besser thun, unserem semitischen Bru- der untreu, uns an die nur wenig mehr ausgeführte, dafür aber vortreffliche Auffassung der Gegenpartei zu halten. Es bleibt nicht für den gerinsten Zweifel Raum übrig, wenn die chinesischen Reisenden schon ein paar Jahrhunderte v. Chr., im Gegensatze zu ihrer eige- nen werthgeschätzten Physiognomie, von den Menschen «mit langen Pferdegesichtern», «mit tiefliegenden Augen, bei vorspringenden Nasen» und mit «starken Vollbärten», wohl auch «mit Schnurrbärten», berichten. Trefflich, das muss man gestehen, haben diese präzisen Herren uns Indoeuropäer zumal unsere iranischen Stammesgenossen, im Gegensatze zu sich selbst karakterisirt. Das Bild wird vollständig wenn wir dieWahrzeichen hoher Kultur hin- zufügen, die ein chinesischer Reisender viel späterer und dennoch längstvergangener Zei- ten !) in folgenden Worten hinzufügt: In Khotan herrschen Anstand und Gerechtigkeit; die Bewohner haben sanfte Sitten. Sie lieben dieWissenschaft und zeichnen sich durch Geschikk- lichkeit und Fleiss aus. Sie leben im Wohlstand und Vergnügen und sind glükklich in ihrem Loos»... Wie treffend erkennt der Chinese durch diese Worte an, dass die «Pferdegesichter» ihm an Kultur gleichkommen; wie wahrheitsgetreu wird im Gegensatze dazu über die tür- kisch- mongolischen Stammesgenossen berichtet: «sie kennen weder Höflichkeit noch Ge- rechtigkeit» oder «die Bewohner von Kaschgar sind roh und ungebildet, obgleich sie viele Klöster haben». Eine dritte Kategorie nicht minder unverkennbarer Typen Zentralasiens wurde gleich- falls schon zu derselben, seit über zwei Tausend Jahren dahingeschwundenen Zeit unver- kennbar karakterisirt: es waren das die unseren germanischen Landsleuten gleichenden «blondhaarigen und blauäugigen » Ussun, welche im Osten und Nordosten von Ferghanä ihre Ursitze hatten. Es waren gleichfalls «Pferdegesichter»: es waren Arier. Lassen wir je- doch diesen Typus, der mir in Ferghanä nicht zu Gesicht gekommen ist, einstweilen auf sich beruhen. 1) Hsüen-Tsang, 629 — 645 п. Chr. Richthofen China р. 545. 384 À. у. MIDDENDORFF, FERGHANÄ. Bevor ich aber weiter schreite mag eine Entschuldigung dessen Platz nehmen dass ich, der ich nur kurze drei Monate mich in Ferghanä zu ganz anderen Zwekken aufhielt, es doch für nöthig erachte auf die ethnographischen Eigenthümlichkeiten des Landes näher einzugehen. Sollte ich mich nicht lieber darauf beschränken, für diese Seite der Landesei- genthümlichkeiten den wissbegierigen Leser kurzweg auf den vielberufenen Gelehrten Uj- falvy zu verweisen dessen Werk mir in letzter Stunde des Drukkes zu Gesicht kommt? der Ferghanä als ethnographischer Spezialist bereist und seine ethnographischen Beobachtungen in nicht weniger als sechs Bänden veröffentlich hat!) Daheim mit den Rathschlägen der besten Autoritäten ausgerüstet, durch Zeitmangel nicht bedrängt; ganz seiner speziellen Aufgabe geweiht; gestützt durch die wissenschaftliche Hingebung seiner Gemahlin welche die Ermittelung der ethnographischer Merkmale des weiblichen Geschlechtes der sonst unzu- gänglichen Islamiten ermöglichte; mit ungewöhnlicher Lieberalität unterstützt, sei es von Hause aus, sei es durch den Generalgouverneur von Kaufman, der ihm einen fachlich ge- bildeten Begleiter (Wilkins) zwei Schullehrer und einen tüchtigen Photographen (Koslovskij) beigesellte, vermochte Ujfalvy einen Schatz von Körpermessungen an 300 Individuen heim- zubringen, und demselben nicht weniger als 70 Tafeln Photographien erläuternd hinzuzufügen, Doch gerade diese Ueberfülle an Material könnte mich schon veranlassen, ungeachtet dessen dass den Zeitungen zufolge Herr Ujfalvy von einer zweiten Reise nach Russisch- Asien so eben zurükkgekehrt ist, meinen Lesern einen selbstständigen Einblikk in die ethno- graphischen Verhältnisse Ferghanä’s zu bieten. Denn, es ist das Werk des Hrn. Ujfalvy durch Mangel an Konzentrirung und durch mannichfache Wiederholungen, welche die Auf- fassung erschweren, zu seinem starken Volumen angeschwollen, so wie dadurch dass Hr. Uj- falvy die Mittheilungen zahlreicher russischer Beamten aufgenommen welche sich sogleich nach Besetzung des Landes angelegen sein liessen ethnographisch-statistische Ermittelun- gen zu sammeln. Hat man sich aber durch alle diese Einzelnheiten durchgearbeitet so vermisst man schmerzlich, trotz des hübschen etnographischen Kärtchens von Zentralasien und von Fer- ghanä insbesondere, ein scharfes Zusammenfassen der Endresultate, und sogar Derjenige RCE Пури м 1) Expédition scientifique française en Russie, en Si- bérie et dans le Turkestan, par Ch. de Ujfalvy de Mezô- Kövesd, 1878—1880. 2) Schon vor Jahren ist der K. R. Geographischen Gesellschaft so wie der Akademie der Wissenschaften zu St. Petersburg durch die Gewogenheit des Beförderers alles Wissenschaftlichen in Turkestan, des Hrn. Gene- ral-Gouverneurs von Kaufmann eine Mappe mit pho- tographischen Portraits der verschiedenen Völkerschaf- ten zugekommen, welche Turkestan in buntem Gemische bewohnen. Diese vom Photographen Koslowskij ange- fertigte Sammlung war insbesondere für den internazio- nalen Orientalisten-Kongress, der 1876 in St. Petersburg stattfand zusammengestellt. Sie wurde für den zu Mos- kau zwei Jahre später abgehaltenen ethnographischen Kongress bedeutend erweitert. Zu diesem wurde sogar ein Beamte aus Turkestan, Hr. Wilkins, ein Fachmann in Ethnographie, der Hrn. Ujfalvy begleitet hatte, de- legirt, in Begleitung lebendiger Repräsentanten der Af- ghaner, Badakschaner, Zigeuner ‚Turkestans; ja sogar eines Abessyniers den die Geschikke gleichfalls dahin verschlagen hatten. Welche Verwendung diese unschätzbare Gelegenheit gefunden ist mir unbekannt. Dre AKKERBAUER. ETHNOLOGISCHES. 385 der an Ort und Stelle gewesen, vermag sich kein deutliches Bild von den ethnographischen Verhältnissen Ferghanä’s zu machen. Ich übersehe dabei keineswegs die sehr deutliche Uebersicht über die geographische Verbreitung der Völkerschaften Zentralasiens welche (II, p. 159) als Erklärung des verbesserten Kärtchens auftritt, und empfehle sie jedem In- teressenten, allein sie ist ausser allem Zusammenhange mit den Spezial-Messungen und Photographien des Verfassers. Zweitens aber steht ein viel schlimmerer Umstand vor uns. Hrn. Ujfalvy’s Angaben sind nicht nur unpräzis, sondern widersprechen sich nicht selten, und namentlich die so ausserordentlich zahlreichen Photographien widersprechen grösstentheils der jedesmaligen Karakteristik der Völkerschaft welche sie uns vor Augen führen sollen. Hr. Ujfalvy hat sich aber nicht die Mühe genommen diese Dissonanzen bemerken zu wollen, geschweige denn den Versuch unternommen sie zu lösen'). 1) Ich befinde mich in der unbehaglichen Lage diese | sen (Taf. VII) neben meine Tafel V zu halten und zu Missstände wohl aufdekken zu können, aber vielleicht auch nicht das Richtige zu treffen. Doch ist es meine Plicht die Grundlagen zur Ermöglichung einer Berich- tigung meiner Ansicht, gleich wie der Angaben Ujfal- vy’s zu bieten. Gleich wie Ujfalvy’s Portraits Photographien sind, so auch diejenigen die ich beiliegend gebe. Darin sind wir beide gleich glaubwürdig. Hr. Ujfalvy hat den grossen Vorzug dass er nicht nur die Nazionalität sondern auch den Namen, Geburtsort, das Alter u. 4. ш. seiner Abgebildeten angegeben hat, und den dass er sich die Individuen selbst wählen konnte. Mit mir stand es viel schlimmer, da ich, durch Tasch- kend heimkehrend mir mit Hilfe Hrn. Perrou’s, aus dem grossen Vorrathe des Hrn. Koslowskij, diejenigen Ge- sichter heraussuchte, welche bestimmten Persönlichkei- ten denen wir in Ferghanä begegnet waren und die ich in meinem Tagebuche beschrieben, am nächsten kamen. Zwei der von mir gewählten Portrait’s finde ich im Atlas des Hrn. Ujfalvy wieder; es ist meine Doppelfi- gur Taf. VI oben, identisch mit seinen Portrait’s Fig. 7. Wir treffen darin zusammen dass wir diesen als Tadshik geben. Doch halte ich ihn für eine Abweichung vom Typus, ja für eine Mischung (vergl. weiter unten). Ferner ist meine Doppelfigur Taf. V unten, identisch mit Ujfalvy’s Fig. 24. Hier gehen wir aber mit unserer Deutung ganz auseinander. Ujfalvy 'gibt diesen Mann als einen Kiptschak-Typus, und beglaubigt das durch Angabe seines Namens, Geburtsortes, Alters u. s. w. Auf diese Angabe kann ich leider nichts geben, wegen der absichtlichen und unabsichtlichen Konfusion die in Fer- ghanä bezüglich der Abstammung der Nazionalitäten herrscht. Nun bitte ich doch den Leser meinen Kara-Kirgi- Mémoires de l'Acad. Imp. des sciences VIlmo Serie. staunen darüber, wie himmelweit die beiden Abbildun- gen von einander verschieden sind, uud sich dessen erin- nern zu wollen dass die Kiptschak den Kara-Kirgisen zunächst stehen, ja, als Abzweigung derselben gelten, bei Ujfalvy sogar verschmolzen betrachtet werden (I, p. 65), und nichtsdestoweniger seine Beschreibung des typischen Kara-Kirgisen mit meiner Abbildung überein- stimmt; jedoch nicht mit der seinigen. Dieser Kiptschak (Photographie) Ujfalvy’s ist nach meiner Ansicht ein Repräsentant des entgegenge- setzten Poles, desIran-Typus. Stirn, Scheitel, Nase, Bart- wuchs — Alles spricht dafür. Ob des ächten Tadshik? das mögen unsere Nachfolger entscheiden. Auch Fig. 23 hat zwar einige Hinneigung zum Kip- tschak (Scheitel, Bakken, Augen), aber doch mehr zum Iran-Typus. Das sehr längliche Gesicht Fig. 25 verräth gleichfalls starke Iran-Beimischung. In Betreff der Kiptschak-Typen haben wir also mit Ujfalvy diametral entgegengesetzte Ansichten. Wie steht es nun mit den Kara-Kirgisen? Fig. 9 mit meinem Jagdgefährten auf Taf. УП verglichen, stimmt leidlich, aber der Abstand der inneren Augenwinkel von einander ist nicht mongolisch, stimmt also nicht zum Text (III, p. 18, 19). Meine Abbildung ist in jeder Hin- sicht bedeutend typischer. Fig. 10 ist ein entschiedener Sart (Tadshik?)-Jüngling, von sogar ausgeprägter Fami- lienähnlichkeit mit einem Diener der mich 4 Wochen lang bediente. Fig. 11 wolle man mit meiner Taf. VII vergleichen um sich davon zu überzeugen dass hier wohl auch eine Mischung vorliegt. Gehen wir zu den Usbek. Während Fig.1 die Mischung deutlich vor Augen führt, nähert sich Fig 2 in Kopf- und Gesichtsform und Bartwuchs so sehr dem Iran-Ty- pus dass er Fig. 24 nahe steht. Ujfalvy versichert (I, p. 49 386 A. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Drittens leite ich obige Inkongruenzen aus der eingeschlagenen Methode her, die ich für unhaltbar erachte: nämlich der Methode welche wähnt, sich ohne Weiteres auf diesem Felde mathematisch-ethnometrische Durchschnittsgrössen verschaffen zu können. Was es für eine Bewandniss mit so gewonnenen Durchschnittszahlen hat, lehren uns die Versuche Mittelwerthe von Schädel- und Gewichtsumrissen, durch das Uebereinanderzeichnen dersel- ben auf demselben Blatte zu verdeutlichen. Es geht nicht; weil das nur für ganz extreme Formen zulässig. Eine solche Methode ganz mechanisch zu gewinnender Mittelwerthe ist deshalb uner- ` 62) dass die Augenspalten der Usbek stets schräg ge- schlitzt sind; davon ist auf keiner seiner Photographien etwas zu sehen; auch die kurze gerade Nase nebst den aufgeworfenen Lippen welche als allgemeine Karakte- ristik angegeben werden, sind nur auf Fig. 3 vorhan- den. Die Turk, eine Abzweigung der Usbek sind durch Fig. 15 und 16 wiedergegeben. Fig. 16 kommt dem rei- nen Iran-Typus so nahe dass er als rein angesehen wer- den dürfte. Unter den Sarten — als Mischlinge verstanden — halte ich die Weiber Fig. 31, 34 am entsprechendsten, so weit mir nach den drei Dutzenden zu urtheilen erlaubt ist die ich in zwei Syphilis-Hospitälern zu sehen Gelegen- heit hatte. Den Jüngling Fig. 29 würde ich a priori für einen Mischling zwischen Indoeuropäischem und Iran- Typus halten. Es ist auffallend wie der Sart Fig. 35 mit dem Tadshik Fig. 8 übereinstimmt. Der Hauptunter- schied liegt in dem allerdings im Profil vorspringenden Jochbogen des Sart, so wie in der Hinterhaupt-Scheitel- Partie und starken Brustbehaarung des Tadshik. Sollte dessen Schädel durch die Wiege entstellt sein (Vergl. p. 338, Anm. 2)? Schliesslich kommen wir zu der Hauptschwierigkeit zu dem Tadshik-Typus. Fig. 7 haben wir oben bespro- chen; ferner so eben erklärt mit Fig. 8 allenfalls über- einstimmen zu können. Auch Fig. 5 lässt sich nirgends anders unterbringen. Dagegen hat Fig. 4 hervorstehende Jochbogen und ein zum Kinne hinab sich zuspitzendes Gesicht das mir fremd ist. Das Stutznäslein Fig. 6 ist wohl schwerlich karakteristisch. Meine Tafel VIII halte ich für typischer. Jedenfalls sind die von Ujfalvy gebo- tenen Tadshik-Photographien weit davon entfernt, in die Augen springende Kennzeichen der Iraner zu bieten, die Khanikoff so klar hingestellt hat und Ujfalvy selbst (IT, р. 149, Anm. 1) zitirt. Ja, er selbst hebt doch hervor (III, p. 16) dass die Zentralasiaten zwar weniger geräu- mige aber bedeutend höhere Schädel haben; er selbst war erstaunt (I, p. 14) über den schönen Typus im obe- ren Särafschan-Thale, dessen Bewohner er den Bauern der italienischen Romagna täuschend ähnlich fand. Ujfalvy stellt zwar die Tadshik der Fläche denen des Gebirges gegenüber (I, p. 67), unterscheidet auch un- ter ihnen 2 verschiedene persische Typen, und spezificirt ihre Wohnorte; in Bezug auf ihre Unterscheidungskarak- tere lässt er uns aber im Stiche. Sehr auffallend ist dass alle Tadshik Ujfalvy’s we- nig starken Bartwuchs zeigen. Wo kommen denn die stolzen Bärte her? die nicht nur meine, sondern auch einige von Ujfalvy’s Mischlingen aufzuweisen haben. Doch gewiss nicht von den bartlosen Turko-Mongolen. Sagt doch Ujfalvy selbst (II, p. 148) dass mit nur selte- nen Ausnahmen die Tadshik sehr stark bärtig sind, ja er bespricht den «Patriarchen-Bart» eines Galtscha-Greises (2.21). In gleicher Weise lässt sich auch nicht annehmen dass die Augenspalte der Tadshik «in sehr seltenen Fäl- len nach aussen und oben verzogen ist». Begegnete Uj- falvy ein Fall der Art, so lag es doch nahe, eine mongo- lische Beimischung vorauszusetzen, gleich wie bei dem schiefäugigen Galtscha (p. 150) es sich herausstellte dass die Mutter eine Usbek war. Wo sollten sonst die auch bei Mischlingen vorwaltenden horizontalen Augenspalten herstammen, wenn nicht von den Iranern. Doch nicht von den schiefäugigen Turko-Mongolen ? Es ist ausserordentlich zu bedauern dass kein ein- ziger Galtscha — der Wichtigste von Allen — bei Hrn. Ujfalvy vorkommt, und ist es unbegreiflich dass kein einziger typischer Turk-Mongolen-Kopf in seinem Werke dargestellt ist, obwohl er die Usbeken Ssamarkands als karakteristische Mongolen beschreibt (I, p. 62), gleich wie auch die Kaschgarer, die überdiess Kalmükkenblut beigemischt enthalten sollen. (I, p. 64, 65). Die Physionomien der Zigeuner und Juden, zumal Fig. 20, 21 finde ich sehr karakteristisch, aber bei der Kurzköpfigkeit der Zigeuner-Profile in den Photogra- phien fragt sich, wie denn dieselben (laut III, p. 12) eine Ausnahme von der Brachycephalie machen sollen. Zwischen den Beschreibungen, den Messungen und den Photographien ist nirgends ein Zusammenhang zu finden; sie stehen für sich isolirt oder widerspruchsvoll da. Dre AKKERBAUER. ETHNOLOGISCHES. 387 spriesslich weil man nur sehr wenige Individuen misst oder photographirt. Wie viele hat denn z. B. Hr. Ujfalvy, bei seiner überreichen Ausstattung photographirt? Doch nur 2 bis 6 Individuen von jeder Völkerschaft, und von den 6 sind nur 3 Männer, die übrigen Frauen. Pösche!) hat einen Ausspruch gethan der beherzigt zu werden verdient. Seit Jahr- tausenden — sagt er — gibt es mehr keine durch und durch homogenen Völker; wohl aber genug Individuen welche den Rassenkarakter ihres Volkes rein darstellen. Das ist es. Man sieht Hunderte und Tausende von Menschen sich an. Aus dieser Menge abstrahirt sich der Kenner die Durchschnittsphysionomien, und von solchen misst und photographirt er sich nur wenige. Solche Abstrakzion welche das Individuelle in den Hintergrund zu schieben die Aufgabe hat, ist unumgänglich nöthig. Unvergleichlich mehr auf die Richtigkeit solcher Abstrakzion kommt es an, als auf die Menge der Gemessenen und Photographirten. Zur Verdeutlichung des Unstatthaften der mechanisch-ethnometrischen Methode möchte ich an die mittleren Jahrestemperaturen der Klimatologie erinnern, und ihre Unbrauchbarkeit für die Beantwortung von Spezialfragen des Pflanzenwachsthums und der Pflanzenkultur. Man wird mir nicht zumuthen ich wolle mit dem Gesagten in irgend einer Weise in Abrede stellen dass nur durch die Feststellung von Maassverhältnissen die Unterschiede der Menschenrassen und Völkerschaften sicher karakterisirt werden können. Ich zolle im Gegentheil den Messungen Hrn. Ujfalvy’s (Band II, p. 9 u. ff.) alle Anerkennung. Als alter Viehzüchter aber, der sich zur Aufgabe machte mit Kreuzungen zu operiren und in den einzelnen Körpertheilen der auf solchem Wege erzielten Kreuzungsthiere die Eigen- thümlichkeiten — hier des Vaters, hier der Mutter; hier des Grossvaters, hier der Gross- mutter — wiederzuerkennen, sehe ich für die Mischungsrassen der Ethnographie das Heil auch nur in der Forschung nach den Typen der ursprünglichen Mischungselemente. Möge mir in dem Folgendem, das doch auch nur einen waghalsigen Versuch bedeuten will, das Richtige gelungen sein. Mein Wunsch ist, die Sachlage klar vor den Augen je- des geeigneten Forschers zu entfalten, der, nach Ferghanä z. B. etwa als Beamter ver- schlagen, sich die Mühe nehmen will mit gesundem, unbefangenen Blikke Umschau zu hal- ten. Mein Versuch wird ihm Richtung geben, damit er uns, seine Vorgänger, berichtigen könne. : Wir haben damit zu beginnen dass wir die «Pferdegesichter» der iranischen Tadshik (Taf. V, VI und IX) und die Mongolengesichter (Taf. VII) gegen einander halten. Die karakteristischen Kennzeichen dieser Typen lassen sich wie folgt einander gegen- überstellen. 1) Die Arier, 1878, p. 43. 49* 388 I. Tadshik. А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. II. Kara-Kirgise. Beiden gemeinsam ist der von vorn nach hinten kurze Schädel (so brachyophal dass der Breitendurchmesser dem Längendurchmesser fast gleich), dunkles Haar nebst dunkler Iris, und sehr hagere Waden!), nebst kleinen Füssen und Händen. Schädel2)mer. Mes ner geräumig hoch И ee а ааа а höher 3), rund gewölbt Gesichtsumriss 4) ......... oval SÉIEIL SR eee er edel, hoch und breit Augenbraunbogen........ vortretend, stark und bogig behaart Abstand der inneren Au- genwinkel von einander. schmäler 5) als die Augenliedspalte grösser im Breitenumfange, aber niedri- ger (platycephal und chamaecepbal) niedriger, beiderseits abgedacht rundlich-vierekkig niedrig, zurükkweichend flach, schwach und horizontal behaart breiter als dieselbe Glabellan. msn mers erhaben flach Nasensattel.............- abgestuft flach Augen AMEN Tee Rte europäisch mongolisch enggeschlitzt (wohl auch, aber schwach schief nach auswärts emporge- zogen) (feurig-beweglich) 6) Ме ere nee stark, hoch-hervortretend, gekrümmt”) ander Wurzel flach und breit und nicht (jüdisch) selten gestutzt und kurz Jochbogen .............. europäisch angedrükkt (kryptozyge) breit und grobknochig seitwärts vorste- hend (phanerozyge) (seitlich betrachtet senkrecht gestellt (or- vorgezogen (prognath) thognath) Kauwerkzeuge........... < von vorn betrachtet oval im Umrisse so breit in den Kieferwinkeln, dass da- | durch das Quadratische der Gesichtsform { bedingt wird Œippen er remet europäisch gewulstet Ha ane ee ЕЕ braunschwarz, gewellt 3) schwarz, schlicht Вага sehr stark (auf den Wangen, der Umran- bartlos (oder nur Spuren) (insbesondere dung des Mundes und dem Kinn) die Bakkenbartgegend und die der Mund- winkel haarlos) Nakken еее. mittel-kräftig stark und kurz Gestalter eos wüchsig 9) kurz, untergesetzt 10), breitschultrig Füsse und Hände ........ mässig 01035 klein Bekken re rede een europäisch mongolisch Sowohl die iranischen als auch die mongolischen Völker zeigen aber, wenn man sich 1) Wegen dieser mageren Waden wiederholte sich in Turkestan die Unmöglichkeit für uns die Stiefel der Ein- geborenen zu benutzen, gleich wie es mir, in Bezug darauf, früher im Samojeden- und Tungusenlande ergangen war. 2) Es soll bei den Sarten eine Abplattung des Hinter- kopfes vorkommen welche der eigenthümlichen Wiege zugeschrieben wird (Catalogue du Turkestan, Exposition univer. de Vienne p. 98). Das verdient näher untersucht zu werden. 8) Ich verstehe Ujfalvy (1. с. Ш, р. 16) nicht, der sich darin undeutlich ausdrükkt, dass die Köpfe der Iraner Persiens weniger hoch sind als die der Tadshik. 4) In der Jugend rundlich; scheint sich oft erst mit dem Durchbruche der Weisheitszähne zu verlängern. 5) Ausserordentlich schmal bei einem Galtscha (Uj- falvy, Exped. scientif. I, 1878, p. 25). 6) Alle Beachtung verdient die Angabe Ujfalvy’s dass er im Nordwestwinkel Ferghanä’s (in Tuss oder Tschust) Usbeken sah deren Augenspalte statt nach aussen, nach innen aufwärts gerichtet war. Diese Usbek waren stark behaart und sollen aus Hissar stammen. 7) Es scheint dass beim weiblichen Geschlechte eine zu starke, namentlich verdikkte (und nicht fein geschnit- tene) Nase zur Regel gehört. 8) Auch kastanienbraun oder roth. Unverständlich ist mir wie Ujfalvy (Exp. sc. Ш, 1880, р. 33) im neue- sten Bande seiner Werke sagen kann: dass alle Iraner kastanienbraune Haare haben. 9) Mit Ausnahme der Galtscha. 10) Mit Ausnahme der hochgewachsenen Karakirgi- sen, nach Ujfalvy. Ich, meines Theiles hatte es auch mit kurzgewachsenen Karakirgisen zu thun. Die AKKERBAUER. ETHNOLOGISCHES. 389 unter ihnen umsieht, innerhalb ihres Gebietes ganz bedeutend von einander abstechende Ab- arten der Typen. Allem Anscheine nach unvermischte Tadshik!), so wie auch reine Mongo- len, weichen häufig in ihren ethnographischen Kennzeichen unter einander ab. Es wird also darauf ankommen diese Verschiedenheiten in Zukunft hervorzuschälen. Wir haben zuerst des leidigen Doppelsinnes in den Ausdrükken Tadshik und Sart zu erwähnen. Beide Benennungen sind auch in dieser Abhandlung vielfach als gleichbedeutend gebraucht worden, indem der Landbauer vorzugsweise Tadshik; der Städtebewohner, der wohl vorwaltend andere Geschäfte betreibt, aber gleichfalls durchweg zum Wenigsten Gar- ten- und Gemüse- wenn nicht Akker-Bau betreibt, Sart genannt wird. Da der Städter vor- nehmer erscheint als der Bauer, die Beschäftigungen nicht streng geschieden sind, Dorf und Stadt in einander übergehen, so nennt sich der Tadshik selbst, dem Europäer gegen- über, nicht selten Sart. Wie es die Stadt so leicht mit sich bringt, vermischen sich die Be- völkerungs-Elemente in ihr leichter, und wir finden daher unter Sart meist einen Misch- Typus mit mongolischem Blute verstanden. Das ist das Richtige?). Oben (p. 370, 376) haben wir gesehen wie weit sich beide Benennungen historisch ver- folgen lassen. In Buchara soll die Benennung Sart nicht mehr vorkommen’). Jedenfalls klärt sich von Tag zu Tage deutlicher auf dass je mehr von Tag zu Tage sich die Benennung Sart im obigen Sinne verbreitet, desto entschiedener die Benennung Tadshik zum ausschliessli- chen ethnographischen Synonym mit «Iraner Turkestans» werden muss. Sollte die Benennung Sart, wie von Einigen behauptet wird ursprünglich ein Scheltwort gewesen sein, so konnte das doch nur vor Zeiten gelten, als der nomadische Räuber mit Verachtung zum Sesshaften, zumal aber zum sesshaft Gewordenen hinabsah. Als Grundtypus des Tadshik sind mir die Doppelfiguren auf Taf. У und Taf. IX er- schienen. Die untere Doppelfigur auf Taf. VI zeigt eines der langgezogeneren Gesichter. Ich muss es dahingestellt sein lassen, ob es zum neupersischen Typus hinüberführt. Voran wäre nämlich der Tadshik-Typus von dem der jetzigen Perser scharf zu sondern‘). Khany- kov hat zwar die Unterschiede festzustellen gesucht, die bei Nebeneinanderstellung dieser beiden Abarten eines und desselben Typus recht grell in die Augen fallen sollen, doch steht 1) Schon Grebenkin, (Русск. Туркестанъ, 1872, II) hat das richtig erkannt und formulirt es so: dass jede Stadt ihre eigenen Tadshik habe, und auch verschiedene sprachliche Dialekte vorkommen. Ujfalvy fand (Bd. ПТ) dass die Tadshik Ssamarkands an Umfang und Höhe ge- räumigere Schädel hatten; die Ferghanä’s geringere an Umfang aber verhältnissmässig höhere; die in Hissar, we- niger umfangreiche und dabei niedrige Schädel. 2) Ujfalvy (p. 156) ist, indem er die Schriftsteller zurechtweist welche Tadshik und Sart für ein und das- selbe halten, selbst in eine falsche Fährte gefallen, in- dem er die ersteren durch die persische, die zweiten durch die osttürkische Sprache karakterisiren will. Vergl. was p. 350, 397 über diese Sprachen-Angelegenheit ge sagt ist. Noch weniger kann ich Helwald’s Aussprache (Сеп- tralasien, 1875, р. 348. Mir nur als Notiz vorliegend) zu- stimmen: «Alle Tadshik sind Sarten, aber nicht alle Sar- ten Tadshik. Die sesshaften Usbeken sind — obwohl ta- tarischen Blutes — eben so gut Sarten als die iranischen Tadshik ». 3) Костенко, Средняя Asia, 1871, стр. 79. Dage- gen spricht ein Auszug in Ritter’s Asien (p. 724). 4) Ujfalvy (Voy. se. I) glaubt in Kokan, Rischtan, Margelan, Scharichana, persische Kolonen erkennen zu müssen. 390 А. у. MIDDENDORFF, РЕВСНАМА. mir darüber keine eigene Erfahrung sondern nur die Notiz zu Gebote: dass bei den Tadshik das Gesicht länger, das Auge grösser, der Mund kleiner sein soll. Diesem zufolge würde unsere zu den Hebräern hinüberführende untere Doppelfigur auf Taf. VI, dem ächten Tadshik-Typus näher stehen als die Köpfe auf Taf. V. Choroschchin belehrt uns!) dass die Neuperser Turkestans, dort mit dem Namen Irani belegt werden. Es sollen vorzugsweise Nachkommen der zu Ende des 18. Jahr- hunderts aus Merw durch den Emir von Buchara übergeführten 500 persischen Sklaven ?) sein, welche durch Nachzügler aus Persien (Herat und Kandahar), durch den bis in die neuesten Zeiten fortgesetzten Sklavenhandel, und durch Vermischung mit Tadshiks zu einer mitunter von den Tadshik deutlich zu unterscheidenden Gruppe herangewachsen sind, so dass ihrer in Ssamarkand gegen 2000, in Buchara gegen 8000 Köpfe gezählt werden. Als frühere Bedienstete bei Hofe, unter denen Einzelne sich bis zu hohen Stellungen emporschwangen, und als ketzerische Schiiten erweisen sich diese, gleich den von den Russen emanzipirten Hebräern, uns sehr ergeben und zuverlässig bei Einführung des neuen Re- gimentes. Die obere Doppelfigur auf Taf. VI stellt eine Abweichung dar, welche mir bei meiner Durchreise durch Namangan auffiel. Es waren schmälere, länglich eiförmige Gesichter, die sich nicht selten zum Kinn hin noch stärker zuspitzten als die Abbildung es zeigt. Die Stirn auffallend senkrecht. Da der Abgebildete nach Ujfalvy schon 27 Jahre alt war, und den- noch so schwachen Bartwuchıs zeigt, da ferner diese Tadshik die ich in Namangan sah zu- gleich statt kohlschwarz im Haare, halbblond erschienen, auch bisweilen blaue Augen hatten 3), so stellt sich die Frage ein, ob wir hier nicht eine Mischform mit jenen urblonden Ussun und Konsorten (Ariern), vor uns haben? deren auf Seite 368 Erwähnung geschehen. Da solche blonde Beimischungen bei den Tadshik häufig angetroffen werden sollen, so wäre es vielleicht möglich durch aufmerksame Verfolgung und Zusammenfassung der sich damit ver- gesellschaftenden Eigenthümlichkeiten der Formen, sich jene längstentschwundenen Ussun zu rekonstruiren. «Pferdegesichter» und starke Behaarung scheinen sie allerdings gehabt zu haben; also eines Stammes mit den Indo-Europäern gewesen zu sein. Ujfalvy‘) sah in der Gebirgszone im Südosten des Ferghanä-Thales häufig blonde Tadshik, so dass in Naukat die Hälfte der Bevölkerung blond und blauäugig war, ja die Kastanienfarbe des Haares bei diesen Tadshik vorwaltete. Das führt uns hinüber zu einer der typischen Varietäten der Tadshik, zu den Galtscha, oder Gebirgs-Tadshik, welche wir bis in die unzugänglichsten Gebirgs- thäler im Süden vom Ferghanä-Thale vorfinden. 1) Сборникъ статей 1876, стр. 507. falvy in Kokan photographirten jungen Mannes (Vergl. 2) Nach anderer Lesart 4 bis 12 Tausend Familien | Atlas, IV: Chätain elair). (Русск. Type. Il, 1872, стр. 110). 4) Voy. sc. I, p. 95. 3) Eben so verhielt es sich mit der Iris des von Uj- DIE AKKERBAUER. ETHNOLOGISCHES. 391 Da dieses Gebirgsvolk unzweifelhaft iranischer Herkunft ist, altpersisch spricht ohne türkisch zu verstehen, so dass also auch hierin seine Reinheit sich bekundet; da es obgleich Hochgebirge bewohnend dunkelfarbiger als die Tadshik ist, so lag es nahe in diesen Gal- tscha die reinsten Typen der altiranischen Autochthonen zu vermuthen, welche vor den türkisch-mongolischen Steppenhorden in den unzugänglichen Gebirgshöhen bis Kohistan hin Zuflucht gesucht. Sie fielen gleich anfangs durch ihre finstere, gedrükkte Haltung auf’), welche der einsiedlerischen zurükkgezogenen Lebensweise entsprungen sein mag. Die Gal- tscha sollen sich von den Tadshik der Niederungen grell unterscheiden ?); aber Ujfalvy scheint von seiner früheren Ansicht?) dass es «absolut falsch sei sie als Tadshik der Berge zu bezeichnen» ganz zurükkgekommen zu sein‘). Indessen theilt er uns doch nur ein festes Kennzeichen mit, dass nämlich die Galtscha, gedrungeneren Körperbaues bei grösseren Füssen und Händen, noch kurzköpfiger (von vorn nach hinten) seien als die Tadshik °), ja, sogar weit kurzköpfiger als die Turko-Mongolen Turkestans®). Die an Kräftigkeit den eu- ropäischen gleichkommenden Waden dürften beim Gebirgsvolke nicht auffallen. Die Kurz- köpfigkeit fällt mit dem zusammen was wir oben von den Blonden in Namangan gesagt und fordert um so mehr dazu auf, die Galtscha auf blonde Beimischung die bei ihnen nicht selten sein soll insbesondere ins Auge zu fassen’). Hr. Ujfalvy sah unter den Galtscha häufig kastanienbraune *), blonde, viel häufiger als unter den Tadshik, mitunter rothhaarige und sogar Flachsköpfe”). Auch die Nase soll feiner geschnitten sein als bei den Tadshik. Wäre das etwa auch ein Anklang an die Arier? Durch das fast vorwaltende Vorkommen Blonder unter den Galtscha, nebst deren übrigen Unterschieden von den Tadshik, wird die Annahme dass wir in den Galtscha den reinsten Typus der Alt-Iraner vor uns sehen wesentlich erschüttert und tritt vielmehr die . Ahnung in den Vordergrund, dass wir in ihnen eine Mischung — fast halb und halb — von Alt-Iranern mit blonden Ariern erkennen müssten. 1) Type. ВЪд. 1875, № 1. | 5) Voyag. scientif. III, 1880, р. 11. Hr. Ujfalvy möge 2) Type. ВЪд. 1876, № XLI. Leider steht mir nur der Hinweis auf diese monographische Beschreibung, nicht aber der genauere Vergleich zu Gebote. 3) Petermann, Mittheilungen 1877, p. 359. 4) Vergl. Expédition scientifique francoise, II, in der er dreierlei Tadshik unterscheidet: 1) die Gebirgs-Tad- shik, welche er «les proches des Galtscha» nennt, 2) die persischen Kolonen die er in Kokan, Rischtan, Margelan und Scharichana sah und 3) die Abkömmlinge persischer Sklaven. Alle drei Gruppen sollen sich durch bedeutende physische Verschiedenheiten von einander unterschei- den, die Tadshik Ferghanä’s sollen den Galtscha viel näher stehen, als die Ssamarkands (Exp. sc. I, 1878, p. 25). Schon Fedtschenko (1. с. р. 66) fand dass die Be- wohner von Woruch den Galtscha ähnlich sahen. uns darüber belehren wie das sich mit seinem am anderen Orte (Voyage scientif. ПТ, р. 43) vorgebrachten Aus- spruche zusammenreimt, wo er sagt, dass: je mehr die Iranier Zentral-Asiens reinen Blutes sind, desto brachy- cephaler, desto weniger blond; so dass die Urblonden vielleicht eine dolichocephale Kopfform hatten. 6) Пр. 11. 7) Choroschchin (Сборникъ статей, 1876, стр. 398) erklärt die Bevölkerung bei Farisch für Galtscha, weil es dort viele Blonde mit röthlichen Bärten gibt. Da im Kreise Kokan ein Dorf Galtscha-Kischlak vorhanden ist, so könnte dort sich vielleicht Manches deutlich herausstellen. 8) Voy. scient. II, p. 147. 9) Voy. sc. I, 1878. p. 25. 392 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Die Blonden unter den Tadshik sind dann theils durch unmittelbare Mischung mit den Urblonden, theils durch Mischung zweiter Potenz, mit blonden Galtscha zu erklären. Dass wirklich bei Mischungen das hellere Kolorit das stärkere ist und allmälig Ueber- hand nimmt, wie Pösche!) es hinstellt, scheint mir nach Analogie der thierischen Kreu- zungen wahrscheinlich; zumal wenn es so wie von ihm ausgedrükkt wird, dass nämlich im Ganzen auch diese Färbung oder vielmehr Entfärbung, dem Blute ziemlich proporzional sich vererbe, dass jedoch im Falle von Ausnahmen diese vorzugsweise den Blonden zu gut ausfallen. Fast mehr noch als obige Blonde verdienen die blonden Volkssplitter eine besondere Beachtung welche dabei den Mongolentypus beibehalten haben. So wird z. B. von den Durmen im Särafschan-Kreise, einem Zweige der Usbek, berichtet, dass sie kirgisische Züge hätten, dabei aber helles Haar mit röthlichem Schimmer. Wie dem Allem nun auch sein möge, so haben wir doch in den Tadshik einen ent- schieden feststehenden Körpertypus vor uns, und ich kann es nicht zulässig finden dass ge- sagt und wiederholt worden ist°): die Tadshik (sei es der Thäler überhaupt, oder seien es die von Ssamarkand insbesondere) seien ein Gemisch von persischem, arabischem, usbekischem, hebräischem und sogar kirgisischem Blute, und je vornehmer und reicher der Tadshik, desto mehr stekke in ihm persisches und hebräisches Blut. Höchstens wollen wir das im Allge- meinen von den Sarten gelten lassen; der Tadshik bleibe uns aber prinzipiell der feste iranische Ausgangstypus. Thatsächlich wird es allerdings oft recht schwer halten den spe- zifischen Tadshik-Typus von dessen persischer Abart, ja sogar vom zentralasiatischen he- bräischen Semiten sicher zu scheiden, aber wir müssen uns diesen Ekkstein für unser eth- nographisches Gebäude zu sichern suchen. Ein Ekkstein aber ist es, denn er steht an dem einen äussersten Ende der in Zentralasien vorhandenen Typen. Dass auch der blonde Antheil’ als von aussen, wenn auch in ältester Zeit, beigemischt anzusehen ist, dafür spricht die Ab- wesenheit desselben bei den Persern der Jetztzeit?). Wir werden also nur die dunkelhaari- gen unter den Tadshik als typisch anerkennen können. Nun noch einige Streiflichter auf die geistigen Eigenschaften der Tadshik.' Trotz dem und alledem was der geschichtliche Ueberblikk uns gezeigt, bilden die Tadshik, von denen man erwarten müsste dass sie von Gottes Erdboden weggefegt seien, die feste Grundlage des staatlichen Getriebes in Ferghanä gleichwie in Turkestan überhaupt. Sie und ihre 1) Die Arier, 1878, p. 47, 56. Pösche führt zu Ende seines Werkes (p. 226) Radloff als gewichtigen Zeugen dafür an dass auch in Sibirien das blonde Haar der Arier über das schwarze der Mongolen in der Mischung siege, während die breiten Gesichter und Köpfe der letzteren, die ovalen der Russen verdrängen. 2) Турк. ВЪд. 1876, № XLI; Warskij in Антропо- логическая выставка, 1879 года, подъ редакшею Бог- данова, Ш, 1, стр. 146, 228. 3) Kanikof (Mémoire sur l’ethnographie de la Perse, р. 62) sagt dass sogar Albinos in Persien eben во selten als in Afghanistan zu finden sind. Ujfalvy behauptet (Voy. sc. I) dass unter den Abkömmlingen der persischen Sklaven Turkestans gar keine blonde und blauäugige, vorkommen. Ра Die AKKERBAUER. ETHNOLOGISCHES. 393 Mischlinge die sich mit ihnen verschmelzen, bebauen das flache Land, sie auch füllen die Städte, Handwerke, Gewerbe und Handel aller Art betreibend. Ich wüsste nicht, dass es auf unserem Erdenrunde ein zweites Beispiel so unwandelbar sich Bahn brechender Existenz, trotz so arger durch Jahrtausende sich fortziehender An- fechtungen, giebt, wie die Tadshik es sind. Gleich wie ihre Kopfbildung eine hochedle, intelligente ist, so sind es auch ihre angeborenen geistigen Eigenschaften, jedoch unerwarteter Weise gerade mit völliger Ausnahme eines kraftvollen, widerstandsvoll auftretenden Karak- ters. Nur weil es ein völlig unkriegerisches fügsames Volk ist, hat es im Laufe der Jahr- tausende eine stete Reihenfolge von Unterjochungen überlebt. «Schwach und furchtsam» nannte sie der alte chinesische Berichterstatter, und ein zweiter sagt dasselbe mit den Worten: «sie haben einen Abscheu vor Blutvergiessen». Wir unsererseits müsseu heutzutage, nachdem der im Blutvergiessen schwelgende Mohamedanis- mus ihnen ein Jahrtausend lang eingeimpft worden, solches Urtheil noch steigern; dieses tüchtige Volk erliegt einer angeborenen Feigheit. Es ist nicht etwa der die religiöse Ueber- zeugung der Mennoniten!) ausdrükkende Abscheu vor Blutvergiessen, sondern dasselbe an- geborene Angstgefühl das die Perser bei Anblikk eines Turkmenen befällt, oder unsere Hebräer wenn es gilt eingereiht zu werden. Aber eigentliche Todesfurcht ist es auch nicht. Gleich wie der in der Schlacht feige Mongole mit der grössten passiven Todesverachtung die Schnur entgegennimmt mit der er sich selbst zu erdrosseln, den Doleh mit dem er sich selbst den Bauch aufzuschlitzen hat, so liessen sich auch bisher die Tadshiks mit tadelloser passiver Hingebung und vollem Gleichmuth, von ihren tyrannischen Herrschern im wahren Sinne des Wortes heerdenweise abgurgeln. Nichtsdestoweniger ist es wohl zu stark aufge- tragen wenn ein neuer Beobachter”) ausruft: «Nie ergreift der Tadshik die Waffen zu seiner Vertheidigung; er hat nie für seine Heimath gefochten». Wenn nun die Geschichte von einer «Iranischen Fluth» berichtet, welche gleichzeitig mit dem Einbruche der Indo-Europäer nach Europa stattfand, wenn die Iranier ursprüng- lich als «räuberisch, verwüstend oder wegschleppend» geschildert werden, wenn «Bogen- schützen Iranischen Stammes aus den Jaxartes-Gegenden» unter dem Seleucidenreiche, — also zu ganz anderer, späterer Zeit, als Parther bis an den Euphrat hin sich festsetzten °); wenn Herodot uns überliefert dass «die Sogdier und Sogdianer des Lebens so wenig ach- teten, dass sie freudig und stürmisch in den Tod gingen», — so können darin sicherlich nicht Tadshiks, sondern nur Turkmenen erkannt werden. Dass trotz aller Völkerstürme die feigen Tadshik die Oberhand behalten erinnert un- 1) Wilson (The abode of snow in the Himmalaya) | Lamaismus zu erklären. sucht die geringe Karakterfestigkeit und mangelnde Frei- 2) Baron Meyendorff. heitsliebe die ihm bei den Gebirgsvölkern des Himma- 3) Vergl. Victor Hehn. laja але], sich durch den Einfluss des Budhismus und Mémoiros de l'Acad. Imp. des sciences VIIme Serie. . 50 394 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. willkührlich an die alte Fabel vom wohlerhaltenen biegsamen Schilfrohre neben den ent- wurzelten Eichen. Wollen wir uns einen raschen Ueberblikk über die geistigen Eigenschaften des Tad- shik verschaffen so mögen wir den ihm so nahestehenden Hebräer uns ins Gedächtniss ru- fen: mit seiner grossen Genügsamkeit und Wirthschaftlichkeit, mit seinem regen Erwerbs- _ triebe und Handelsgeiste, mit seiner unermüdlichen, fieberhaften Rührigkeit, mit seiner Aneignungsfähigkeit und Findsamkeit, mit seiner Begabung für geistiges Streben, für Kün- ste und Wissenschaften. Noch mehr als der ihm in Vielem so nahe stehende Hebräer ist der Tadshik in Hand- werken so wie Gewerbfleiss aller Art geschikkt, zu Hause und zu Vervollkommnungen ge- neigt; aber das worin er hoch über dem Hebräer steht, ist seine vorzügliche Anlage zum Akker- und Gartenbau, sind seine eminenten Leistungen darin, durch welche er in Inner- Asien inmitten der entschiedensten Nomaden, zum Lehrmeister und Hort dieser Grundlage alles geregelten staatlichen Wohlseins geworden. Wenn von kompetenter Seite!) gesagt worden ist dass der Tadshik nur als Unternehmer (entrepreneur) Akkerban treibe, so ist damit sein Unternehmungsgeist richtig, aber seine Bedeutung als Akkerbauer falsch beur- theilt worden, und folgt auch gleich der Beweis dafür in den Worten: «nichtsdestoweniger «sind die Aekker der Tadshik immer besser im Stande als die der Usbeken». Die zum Ak- kerbaue nöthige geistige wie körperliche Ausdauer ist es auch welche ihn zugleich für sol- che Gewerbe befähigt hat bei denen es gilt mit ämsiger Ausdauer das Fädchen zum Fäd- chen zu reihen, bis endlich ein Gewebe daraus wird, oder mit Aufwand aller Kräfte den gewichtigsten Hammer zu führen. Immerhin verleugnet sich bei solchem inneren Geschäftigkeitstriebe das Gefühl der Trägheit nicht welche das Klima heraufbeschwört, so wie das Bedürfniss nach häufigeren Pausen der Ruhe, welchem Mohameds Religion zuvorzukommen gewusst hat. In der That feiert der Unermüdlichste unter ihnen, nach schwerer Wochenarbeit, von Donnerstag Mittag bis Freitag Abend: sei es dass er zur Hauptkirche geht den religiösen Vorschriften zu ge- nügen, sei es dass er umherschlendernd die Zeit vertändelt, oder in seiner höchst unästheti- schen niedergehokkten Stellung vor sich hinstiert, oder Thee trinkend und rauchend der Zunge allein freien Lauf giebt. Freilich oft von vorschriftmässigen strengen Fasten stark erschöpft. Vergnüglicher schieben sich im Laufe des Jahres die «Tomascha» dazwischen ?), diese Volks- und Jahresfeste, deren Konflux an unsere Jahrmärkte erinnert, aber nur dem Ver- gnügen und Genusse gilt, während die Handelsgeschäfte den Wochenmärkten, Basar, zu- fallen. Die Ruhe, ja man könnte sagen der Karakter der Würde der solche «Tomascha» 1) Petrovskij (Шелководство... въ Средней Азии, | zeit der Aprikosen fallende» Tomascha 6 bis 8 Wochen 1874, cıp. 6) nach Grebenkin, dem er Recht gibt. lang, alle Mittewoche fort. 2) In Margelan dauerte freilich der «auf die Blüthe- Dre AKKERBAUER. ETHNOLOGISCHES. 395 ungebildeter Barbaren beherrscht zwingt dem Europäer alle Achtung ab. Tausende drängen sich friedlich durcheinander; von Polizei ist nicht die Rede. Ich sah ein Fruchtbrett um- stürzen und die ganze Ladung zwischen die Füsse der gedrängten Volksmenge weit ausein- ander rollen. Statt zu plündern waren Alle eifrigst bemüht dem Verunglükkten Alles zu- zustellen. Nach dem Gegebenen sind wir jetzt im Stande die übrigen dem Tadshik nachgesagten, oft im vollen Widerspruche zu einander nachgesagten, Eigenschaften zu beurtheilen. Die Tyrannei hat ihn unterwürfig, kriechend, verschlossen, verstekkt, misstrauisch, verlogen, betrügerisch, rachsüchtig, hat ihn zum Prahler, Schmeichler und falschen Zeugen gemacht; als Müller fälscht er Mehle und Oele, als Seidenzüchter verkauft er Sandkörner für Seiden- raupeneier, als Schriftgelehrter fälscht er bei seiner Geschikklichkeit und Habsucht Doku- mente und Münzen. Nimmt er einen höheren Posten ein so ist er mehr als jeder europäische Diplomat, Meister in Trug und Lug, in allen Verstellungskünsten und Listen. Als Gross- städter läuft er den Lasterhöhlen Europa’s den Rang in Gemeinheiten aller Art ab. Das Alles ist wahr, aber ergibt sich selbstverständlich aus den Umständen, und giebt uns zugleich den Schlüssel dazu wie ein und derselbe begabte und treue Beobachter !), hier behaupten kann: «die Iraner zeichnen sich durch Sittenreinheit aus» °), und nach Aufzählung verschiedener Laster, nur wenige Seiten weiter: «Alle, einstimmig, sprechen den Tadshik gute Neigungen ab». Hier sollte thatsächlich der hauptstädtische Lüderling zum patriarcha- lisch lebenden Landmanne in Gegensatz gestellt werden. Gleicher Weise begegnen wir, der allgemeinen Klage gegenüber dass den Tadshik niemals zu trauen sei, dem Ausspruche eines bewährten Kenners und Arztes?) «dass, ob- gleich das beim Kirgisen unmöglich sei, man doch unter den Tadshik, unbedingt ehrliche Leute treffe». Ebenso verhält es sich mit der Grausamkeit seines Karakters, die auch Ujfalvy festhält, dagegen ich mich entschieden für einen milden Grundkarakter ausgesprochen der nur durch Tyrannei und Pfaffenthum gefälscht worden. Es sind eben Männer von Karakter und Einsicht, die unter tüchtiger europäischer Verwaltung sich binnen Kurzem anders geben werden als bisher. Geht man das oben gegebene Verzeichniss der Untugenden der Tadshik durch, so möchte man mit Abscheu zurükkfahren, aber der Teufel ist nicht so schwarz wie man ihn malt. Es bleibt dabei dass die Tadshik jene hochbegabten Menschen sind wie ich sie gleich beim Eingange geschildert, und jede nähere, wenn auch nur durch wenige Stunden ver- mittelte Privatbekanntschaft — denn nicht ein Anflug von Beamtenthum darf mit dabei sein — entpuppt überdies die feurige, aber gutmüthig-gemüthliche Natur des Tadshik. Als solche lernte ich sie kennen, wie auch das schon oben (p. 356) vorangeschikkt. 1) Choroschchin (Сборникъ статей, 1876, стр. 212 | höher als den Kirgisen. до 226.) 3) Vergl. Schalygin, in Stieda, Berichte aus der 2) Gleicher Weise stellt auch Schalygin (vergl. das | russ. Literatur über Anthrop., Ethnol. u. Arch. für das folgende Zitat) den Tadhik in moralischer Hinsicht | Jahr 1878, р. 32. 50* 396 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Einzig und allein durch seine Suprematie in geistiger Beziehung und ‚in jeglicher Le- benspraxis vermochte der Tadshik seine ethnographische Selbstständigkeit zu wahren. Die Arbeitskraft, die mühevolle Kunst welche es verstanden durch saures Mühen die Natur zu bezwingen, unwirthliche Oeden in paradisische Oasen umzuwandeln, bildete in diesen Men- schen eine Zähigkeit der Eigenart aus, der das Uebergehen von Hand zu Hand, von einem Tyrannen zum anderen, nur immer grössere Elastizität hinzufügte. Trotz der fortlaufenden Unterjochungen, trotz aller der gleichsam auf Vernichtung jeglicher typischer Karaktere, so gut auf physischem wie auf psychischem Gebiete, gerichteten geschichtlichen Ereignisse, trotz der Isolirung von der Hauptmasse der westiranischen Stammesgenossen, der Perser, von denen seit der ältesten Trennung beider Gruppen auch nicht eine einzige auffrischende ge- schichtliche Welle bis zu den Tadshik zurükkprallte, trotz aller dieser gewaltigen Einflüsse erhielt sich die Eigenart, so dass der klassische Spruch: Gracia victa ferum victorem cepit, viel mehr auf die Tadshik als auf die Griechen gemünzt erscheint. Bald waren es barbarisch-nomadische Horden, bald in der Kultur überlegene Völker, Kulturträger wie die Chinesen, die mazedonischen Griechen '), welche anprallten, aber auch alle wieder abschwin- den, mindestens ganz in den Hintergrund treten mussten. So geschah es denn dass die geplünderten und unterjochten Tadshik durch ihre geistige Ueberlegenheit immer wieder ans Ruder gelangten und aus ihren Reihen auf dem flachen Lande gleich wie in den Städten die den Befehl führenden Graubärte, die Steuererheber, die Lehrer, Schriftgelehrten, Mönche und Priester, ja die gewichtig entscheidenden Kasi 4. 1. Richter und Gesetzgeber hervorgingen. Sie repräsentirten also die höheren Stände. Zu Zeiten gewannen sie in der Umgebung ihrer Tyrannen die Oberhand, ja sie schwangen sich sogar zu Herrschern empor ?). Nicht genug dass sie sich unter der neuen Russenherrschaft in dominirenden Stellungen erhalten, z. B. trotz manches Misstrauens sich sogar bis zu Wolostgebietern emporgeschwun- sen haben; sie haben sich schon in kurzer Zeit auch als Landmesser, als Einsammler sta- tistischer Angaben, als Feldscheere, als meteorologische Beobachter nützlich zu machen gewusst °). Was in weiterer Zukunft von diesem akkernden Krämervolke sich erwarten lässt, das‘) schon zu Zeiten der alten Chinesenherrschaft durch seine Begabung für Handel und Speku- lazion den Vorrang an sich riss, darauf mögen die Thatsachen hinweisen, dass gleich wie in Wernoje und bei den Kirgisen, so auch am Ssyr, die Sarten im Handel den Russen den 1) Die Araber nenne ich geflissentlich nicht. 3) Laut Arendarenko in Маевъ матер., У, 1879. 2) Der Beispiele dürfte es viele geben. An den Sultan | Choroschchin, Сборникъ статей, стр. 217. Type. By. Baber erinnernd, gedenken wir hier insbesondere des | 1876, № XLI. vielberufenen, später kaschgarischen Emir Jakub Bey, 4) Unter der Benennung «Andidshaner», gleich der aus dem an der Gebirgsstrasse nach Ferghanä lie- | wie noch heutzutage von «Majmatschinern» die Rede genden Dorfe Pskent gebürtig, seine Laufbahn als | ist (Type. ВЪд. 1875, стр. 55). Schreiber begann. Die AKKERBAUER. ETHNOLOGISCHES. 397 Rang abzulaufen beginnen '); dass ich in Kasalinsk, wo doch ausser den Russen schon zen- tralasiatische Juden schacherten, schon 35 sartische Häuser antraf, weiter aufwärts am Flusse nicht selten auf sartische Fuhrleute stiess, ja sogar eine Poststazion unter dem Be- fehle eines Sarten stand, obgleich das Amt eines solchen Starosta vorzugsweise von verab- schiedeten Untermilitärs gesucht war. Bisher ist der Tadshik als Handwerker, durchgängig Unternehmer, Arbeiter und Ver- käufer in einer Person. Die Theilung der Arbeit, das Maschinen- und Fabrik- Wesen sind ihm noch durchaus fremd. Nach dieser Richtung wird sich ihm eine neue Welt er- öffnen. Nur in einem einzigen geistigen Gebiete, in dem das wohl öfter vorkommt, aber in unserem Falle besonders merkwürdig erscheint, verliert der Tadshik von Tag zu Tage mehr an seiner ursprünglichen Eigenart. Es ist das der Sprache. Bis auf Tschingis-Khan war die persische Sprache, «die Sprache von Ssogd» die allgemeine Umgangssprache. Auch noch zu des Sultan Baber Zeiten war sie in den Städten die gebräuchliche; und zwar eine sehr reine persische, aber reich mit Altpersischem durchsetzt?). Das war jedoch schon nicht allgemein, denn Baber selbst führt an dass man in Andidshan, weder in der Stadt noch auf dem Basar schwerlich Jemanden treffen würde der nicht türkisch spreche. Sogar die Schrift- sprache sei dieselbe. Jetzt ist die mongolisch-türkische Sprache der Tukiu, der Usbeken und Kirgisen, als allgemein herrschende Umgangssprache bis Buchara hin landläufig geworden und seit dem Einrükken der Russen, welche sich vorzugsweise Kasaner- und Ufa-Tataren zu Dolmetschern gewählt, ja zu Steuereinnehmern und Wolostj-Verwaltern erhoben, zu noch mehr Geltung gekommen). Nur in den entlegensten Winkeln der Südostseite des Ferghana- Thales durfte es zu meiner Zeit Eingeborene geben die des Türkischen nicht mächtig waren‘); wohl aber sagten sich die Tadshik auch in den Städten Vieles in ihrer Muttersprache, um meinem Dolmetscher taube Ohren anzusetzen. Die Ursache zu diesem auffallenden Tausche muss jedenfalls eine rein linguistische sein, und würde der genaue Nachweis der Vortheile welche das Türkische im Alltagsge- 1) Wenjukov, Poccia и Востокъ, 1877, стр. 150. 2) Khanikoff, Mémoire sur la partie méridionale de l’Asie centrale, 1861, р. 133. 3) Die lebhafte Verbindung mit kasanischen Tataren muss schon lange vorher bestanden haben, da Mittel- asien von Kasan aus mit Koranbüchern versorgt wurde. Nach Grebenkin (Русск. Турк. 1872, II) soll das Dorf Nogaj-Kurgan in der Nähe von Taschkent grössten- theils von Tataren die von der Wolga kamen besetzt sein. 4) Grebenkin (Маевъ, матер. III, 1874 стр. 314, 317) lässt auf dem rechten Ufer des Oberen Ssyr die Tadshik tadshikisch (also altpersisch) sprechen, während im Thalgrunde beide Sprachen Platz fanden. Choroschchin (Сборникъ статей, 1876, стр. 227) lest Gewicht auf die Untermengung !/, persischer Wör- ter in die türkische Rede. Im Jahre 1876 (Type. ВЪл. № III) wurde in Der- bent (südlich im Meridiane von Ssamarkand) das Tür- kisch noch von «keinem einzigen Bewohner» verstan- den. | Wie vorsichtig man aber bei Benutzung solcher An- gaben sein muss geht daraus hervor dass zur selben Zeit es vom selben Orte heisst (Маевъ, матер. У, стр. 267): Derbent ist nur von Tadshik bevölkert, unter de- nen Viele nicht ein Wort Usbekisch verstehen. 598 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. brauche als Umgangssprache voraushaben muss ') einen dankenswerthen, für die Ethnologie hochwichtigen Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchung abgeben. Sollte die Feindseligkeit mit der die sunnitischen Mohamedaner den schiitischen gegenüberstehen auch hier wesent- lich mitwirken *)? Wir lassen jetzt einige Worte über den, dem Tadshiktypus diametral entgegengesetzten, gleichsam den anderen Pol darstellenden Mongolen-Typus folgen. Auch dieser ist, wie ge- sagt nicht gleichförmig, sondern dürfte noch mehr Abarten aufzuweisen haben als jener. Die eine wesentlich typische Grundart, die der Chinesen und Mongolen im engeren Sinne des Wortes, ist merkwürdiger Weise, trotz Chinesenherschaft, trotz chinesischer Kolonien und chinesischen Urhandels in Ferghanä so unmerklich vertreten dass ich ihrer nirgends er- wähnt finde, und mir selbst auch nur ein einziges Individuum solcher Art aufstiess. Es war der Sohn des Akssakal zu Ssoch, eines Usbeken. Ein unverkennbarer Chinese, scheinbar reiner Rasse. Der Akssakal gab mir Recht: «er habe eben eine solche Frau gehabt». Die erste Abart, die kalmükische, kam mir in Ferghanä, trotz dessen dass die Ge- schichte des Landes eine zeitweilige Kalmükenherrschaft angibt, gar nicht zu Gesicht?). Ich halte mich also an die zweite Abart, die auch nicht wenig Typisches an sich hat. Es ist das das Volk der Kara-Kirgisen die ich an der Potsch-ata, am Platze Dshaik‘) antraf, wo sie weilten, die Schneeschmelze auf den Gebirgspässen abwartend. Dieser Typus ist keineswegs so gleichartig, unverwischt, unter den Kara-Kirgisen vorhan- den”) wie die Portraits Taf. VII. das wiedergeben. Zufällig sprach er sich so deutlich bei 1) Derselbe Grund hat es offenbar mit sich gebracht dass im Jakutskischen die Russen so leicht ihre Mutter- sprache gegen das Jakutische vertauschen. Vergl. Band ГУ, 2, meiner sibirischen Reise. 2) Es liegt eine feine Bedeutung darin wenn Pösche (die Arier, p. 145) sagt: die Sarten haben die Sprache ihrer Turkmütter angenommen. Mir scheint aber, es müssten die Sartmütter vorwaltend sein; bei Turkvätern. 3) Es soll aber in Ferghanä, gleich wie in Bochara ein Geschlecht Kalmak geben (Маевъ, матер. III, 1874, Unser Jagdgenosse. стр. 313). Radlof erklärt die Kalmüken zum grössten Theil für Turk-Mongolen. So richtig das in linguistischer Be- ziehung sein mag, bleibt es doch noch festzustellen ob überhaupt der körperliche turk-mongolische Typus bei ihnen vorkommt. 4) Vergl. d. W. р. 19, Anm. 2, und p. 305. 5) Hier der Vergleich des auf Taf. VII Dargestellten, mit seinem Vetter. Dessen Vetter (Taf. УП.) (Uebergang zum Tadshik) _ Wuchs...... klein hoch Schädel..... gewölbt, niedrig - höher Gesicht ..... so breit als hoch länglich, zum Kinn zugespitzt Jochbogen .. В еее Augenbrauen Augenspalte . Glabella .... Nasen о Schnauzbart stark nach vorn und seitlich vortretend sehr breit (so dass nur im Halbprofil von hinten die Jochbögen sichtbar vorspringen) nach aussen sich etwas erhebend nach aussen verzogen und überhängend breiter als ein Augenspalt kürzer, flacher, weniger sich hervorhebend gar keiner sehr schwach beides schwach gleich breit wie das Gesicht zwischen den Joch- bögen horizontal eng geschlitzt aber nicht verzogen von der Breite des Augenspaltes lang, mit erhabenem scharfen Rükken französischer Ziegenbart; jedoch die Seiten des Kinnes und die Mundwinkel ganz frei ziemlich dicht und gleichmässig bewachsen RR. Die AKKERBAUER. BEHAUSUNG. 399 unserem Jagdgenossen aus, mit dem wir auf Steinbökke ausgingen, und habe ich ihn um so lieber an das Tageslicht gezogen um Ши zu verewigen. Fassen wir nun die beiden auf Taf. VII dargestellten Gesichter genauer ins Auge, so finden wir dass im Vergleiche mit ächt prototypischen Mongolengesichtern beide wenig schief — nach aussen und aufwärts — geschlitzte Augenspalten haben, dass ihre Glabella wenig tief liegt, die Nase sich mehr emporhebt, zumal beim Manne, die Jochbogen mässig zur Seite hervortreten. Besonders entwikkelt fallen aber in die Augen: a) der breite Ab- stand der Kieferwinkel von einander, nebst dem breiten Kinne — was die quadratische Gesichtsform bedingt, und b) noch mehr als das die im Profile vortretenden Kauwerkzeuge, die Prognatie, in deren Gefolge die aufgeworfenen Lippen. Und nun bitte ich den Leser die Taf. XIII meines sibirischen Reisewerkes (Band IV, 2, Lief. 3) vergleichend neben die hier beiliegende Taf. VII zu halten. Erschien es schon früher merkwürdig genug dass so ausgesprochen mongolische Züge wie Taf. XIII sie wieder- : ‘giebt gerade in den äussersten Nordwesten des europäischen Russlands verschlagen werden konnten, so werden wir jetzt um so mehr durch die entschiedene Familienähnlichkeit, zu- mal der weiblichen Profile überrascht. Dem Ethnologen bleibt kein Zweifel übrig: jene Timan-Samojeden sind Kara-Kirgisen die — der Himmel mag wissen wie — bis an das Weisse Meer verschlagen wurden und ihre Sprache gegen die herrschende Samojedische vertauschten. Sowohl Augen als Nasen dieser Samojeden sind aber weit prototypischer als - die der übrigen Samojeden und auch der Kara-Kirgisen der Jetztzeit geblieben'). Analysiren wir aber die auf der vorigen Seite in der Anmerkung gegebenen Varia- zionen welche sich mir bei den Kara-Kirgisen beim Zusammentreffen mit nur Wenigen?) dieses Volkes hervorthaten, so ist es unbezweifelbar, dass auch dieser Zweig des mongolisch- türkischen Stammes, der, weil östlicher hausend, für den reinsten gelten musste, im Laufe der Zeiten starken Mischungen unterlag. Dazu bot freilich sein Aelpler-Leben, das ihn von den zentralen Steppenflächen, durch Hochgebirge in das tiefe Thal und wieder zurükk führte, Gelegenheit genug. Ein dritter Kara-Kirgise hatte so stark seitlich vor- | vollkommen. springende Jochbogen dass sich das Gesicht, von diesen sowohl auf- als abwärts verjüngte, so wie das die Jakutin vom Utschur auf Taf. XII meiner «Sibirischen Reise», IV,2 Lief. 3, zeigt. Es ist das ein Typus der karakteristisch für die östlichen Tungusen ist, aber auch an Kalmükken erinnert, wenn mehr in die Breite gezogen. Ein Vierter, und zwar der Bij, zeigte die mongoli- schen Eigenthümlichkeiten nicht schärfer ausgeprägt als Ngegyrmi, auf Taf. V, derselben Lief. meiner «Sibir. Reise». Obgleich Ujfalvy (Ш, 17) die Kara-Kirgisen als schöngewachsene , grosse Menschen und Ausnahme unter den Turko - Mongolen hinstellt widersprach dem meines Jagdgenossen sehr untergesetzter Wuchs Leider steht mir die Einsicht in die Photographien der Kirgisen Pachpu, die ich gern verglichen hätte nicht zu Gebote, welche im Report of misssion to Yar- kend, under command of Sir Forsyth, Calcutta, 1875, enthalten sein sollen. 1) Dem Viehzüchter müssen dabei die Devons des vorigen Jahrhunderts einfallen, welche in die südrussi- schen Steppen (Karlovka’s) importirt, sich so typisch er- halten haben, dass der jetzige Devon-Züchter Englands sie nicht für aie Ahnen seiner dem Shorthorntypus näher geführten Thiere anerkennen möchte. 2) Der Hauptsitz der Kara-Kirgisen in Ferghanä ist um Osch herum. 400 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Um wie viel mehr hat sich folglich der Typus der Kirgis-Kajsaken abändern müssen, Den Ssyr entlang, von Kasalinsk ап fand ich bei ihnen die Entwikkelung dar Kauwerkzeuge (mit geringer Prognathie verbunden), die eng, aber nur horizontal geschlitzte Augenspalte fast bei Allen. Einige hatten bedeutend mehr Bart als dem Mongolen zukommt, aber stets war der Uebergangsraum vom Barte zum Schnauzbarte vollkommen haarlos. Das scheint ein sehr beständiges Kennzeichen zu sein. Am wenigsten mongolisch war bei diesen Türk- Mongolen oft die Nase; nämlich: hoch erhaben, scharfrükkig und oft mit schöner Doppel- krümmung des Firstes, im Profile‘). Einige unter diesen Kirgisen stimmten mithin mit dem Dolganen Mani (also Jakuten) auf Taf. X meines sibirischen Reisewerkes überein. Nimmt man nun hinzu dass ich — als der Dolmetscher zurükkgeblieben war — mit meinem Kara- Kirgisen mich nothdürftig verständigen konnte wenn mir das benöthigte jakutische Wort einfiel, so wird man es verstehen wie ich ausser der NW-Diagonale zu jenen Timan-Samo- jeden, geneigt war gleicherweise von den Kirgisen eine NO-Diagonale aus Zentralasien zu den Jakuten bis zum Eismeere an der Kolyma-Mündung zu ziehen?). Für eine solche Her- kunft sprechen ja auch die Ueberlieferungen?), und hatte es mich auch schon früher nicht wenig angeheimelt als ich in Fedtschenko*) las dass die überall in Zentral-Asien Tasch, Basch etc. klingenden Wörter, bei den Kara-Kirgisen (genau so wie bei den Jakuten) Tass, Bass ete. ausgesprochen werden, dass die Turkestan-Kirgisen (gleich den Jakuten) die Wasserscheiden mit Opferlappen behängen”) u. 4. m. m. Wie sehr ganz zufällige Umstände in Bezug auf das Vorwalten des einen oder des andern körperlichen Kennzeichens bei einem Volke ihren Einfluss ausüben können lehrt uns die Nachricht dass unter den vornehmen Geschlechtern — den Leuten vom weissen Knochen — der Kirgisen, zum aristokratischen Gebahren gehörte, Kalmükkinnen zu Weibern zu gewinnen, Die bunt wechselnden Mischungen der einzelnen karakterischen Kennzeichen der Turko-Mongolen-Völkerschaften, die sich bei verschiedenen Individuen in verschiedenster Weise zu einander gesellen, weisen entschieden auf verschiedene ursprüngliche Abarten des Mongolen-Typus hin, die sich nur durch die eingehendsten Untersuchungen rekonstruiren lassen würden. Es ist eben Alles seit jeher beispiellos durcheinandergewürfelt worden‘). 1) Wood 1. с. р. 330 sagt ausdrükklich dass das Kir- gisen-Haupt Nasr-Khan eher einem Tadshik ähnlich sah, als einem Turk-Mongolen. Schuyler aber dem man nicht absprechen darf dass er seine Portraits der Natur getreu wiedergegeben, stellt uns (Turkistan, Г, р. 42) ei- nen Kirgisen vom Unteren Ssyr dar, dessen Nase jedem | Jakuten sagt dass sich für sie keine Wanderung nach- weisen lasse, und sie vielleicht ihre Ursitze inne haben. AS ©. стр AT. 5) Type. By. 1875, № 1. 6) Diese Beweglichkeit der Kirgisen ist zwar im Er- löschen, doch mögen einige Hinweise auf Vorgänge jüng- Naso Ehre machen würde. 2) Vergl. meine «Sibirische Reise» ТУ, 2. Lief. 3, р. 1542, Anm. 1 u ff. Achnliche Ueberlieferungen, mehr historischen Inhaltes sind in den ältesten Nachrichten über die Jakuten verzeichnet. 3) Richthofen (l. с. р. 50) irrt sehr wenn er von den ster Zeit beweisen wie wenig bodenstet solche Nomaden | sind. Nach dem Aufstande der Sarten in Kokan, um die Mitte des 18. Jahrhunderts siedelten zahlreiche Usbek- tsämme und Kirgisen von den Wolgagenden nach Tasch- kent und Kokan über. Im Jahre 1873 rükkten aus der Dre AKKERBAUER. ETHNOLOGISCHES. 401 Wir besitzen keine Angaben welche es uns möglich machen würden, die leiblichen Unterschiede zwischen Usbeken und Kirgis-Kajsaken und Kara -Kirgisen oder Kiptschaken präzise festzustellen. Was Ujfalvy') uns in dieser Hinsicht bietet hält die Kritik nicht aus, denn er stellt nur die vom Tadshik-Typus abweichenden Kennzeichen der Usbeken, jenem gegenüber, ergeht sich also nur in Beschreibungen eines Mongolen im Allgemeinen, oder bietet sogar zu der irrthümlichen Auffassung Veranlassung (p. 385, Anm.) als gäbe es Usbek mit Tadshik-Typus. Den Angaben (nicht aber Photographien) Ujfalvy’s, gleich wie denen seiner Vorgänger können wir nur entnehmen dass es Usbeken gibt welche in jeder Hinsicht ausgesprochenen Mongolen-Typus haben. Wenn Ujfalvy an einer Stelle als Kennzeichen der Usbeken an- gibt dass die Augenbraunbogen «sehr stark ausgeprägt» sind, an der anderen dass sie «schwach ausgeprägt» sind, so lässt das für den erstgenannten Fall iranische Beimischung voraussetzen, wobei wahrscheinlich der sonst bei solcher Beimischung erscheinende und stark in die Augen springende reiche Haarwuchs, fehlte. Die Usbeken sind jedenfalls ein nicht weniger, wenn nicht mehr, als die übrigen Turko-Mongolen gemischtes Volk?). Es scheint fast als hätte sich nur die historisch - politische Bedeutung der Unter- scheidung dieser verschiedenen Turko-Mongolen erhalten und als seien die Usbeken, Kirgis- Kajsaken, Kara-Kirgisen und Kiptschaken in ein unentwirrbares Gemisch?) zusammenge- flossen. Man hat den Turko-Mongolen, gleich wie den reinen Mongolen überhaupt die höhere Orenburgischen Steppe '300 Zelte Kirgisen nach Turke- stan vor, und in die Plätze ein welche durch Abzug ihrer Stammesgenossen nach Badakschan frei geworden waren. In dem östlich von Hissar gelegenen Distrikte von Baldshuan wanderten zu unserer Zeit 500 Zelte Kir- gisen, die man in Baldshuan bis dahin nur dem Namen nach gekannt hatte, aus der Gegend des fernen Nurata kommend ein. 300 hatten sich schon niedergelassen, und 200 machten noch bei Hissar Halt (Маевъ, матер. У, erp. 222). Von anderer Seite her wandern ihnen Turk- menen entgegen, gleichfalls zu den Quellgegenden des Amu (ebendas. стр. 268). Und den Wirwar voll zu machen dürfen wir nur noch weit mehr südwärts vor- greifen um inmitten von Iranern auf die Hazareh (Aïmaq) zu stossen, welche typisch mongolisch, also seit undenklichen Zeiten dahin eingewandert sind. Eben so sitzen im Thale des Oberen Kafırnagan jetzt Usbeken welche erst im Jahre 1866 hierher wanderten, den Russen ausweichend welche damals Ura-tepe und Dshisak nahmen (Mae, матер. У, стр. 267). Aber auch diese waren nicht seit altersher ansässig, sondern sind oft auseinandergesprengt gewesen (vergl. Grebenkin, in Русск. Туркест. II, 1872). Mémoires de l'Acad. Пир. des sciences. VIIme Série, Werden sie etwa von den Gebirgsgegenden angezo- gen? Keineswegs. Versetzen wir uns an die Mündung des Amu, auf dessen linkes Ufer, und auch dort stossen wir bei Urgendsh auf ein versprengtes Kirgisen-Völklein (Маевъ, матер , ГУ, стр. 247). 1) 1. с. Bd. I und II. Er hätte wohl besser gethan, gleich damit herauszurükken, dass Kirgis-Kajsaken und Kara-Kirgisen «Nahverwandte wenn nicht ein und das- selbe Volk» sind, wie er das Bd. III, р. 49 zugibt. 2) Vergl. Grebenkin in Русск. Туркест. II, 1872, стр. 51. 3) So зо es nach Ujfalvy bei den Baschkiren Kip- tschak geben; so gibt es am Amu in Khiwa Kiptschaken welche eine Abzweigung der Usbeken sein sollen (Маевъ, матер. ТУ, стр. 223), und wiederum in Ssamarkand Ein- gewanderte nach Khiwa welche deshalb Urgendschi heissen (Русск. Туркест. II, 1872, стр. 109). So trifft man nicht nur Einwanderer aus Kaschgar zwischen Osch und Andidshan so gut wie in einem be- sonderen Stadttheile von Taschkent, ja sogar ein Dorf Awgan-Kischlak, bei Kokan, ist in der That von Af- ghanen bewohnt. Vor etwa 200 Jahren sollen 32 Fami- lien aus Kaschgar nach Namangan übergesiedelt worden sein (Турк. ВЪд. 1880, № 24). 51 402 A. v. MIDDENDORFF, FERGHANA. Entwikkelungsfähigkeit absprechen wollen und die osmanischen Türken, welche doch euro- päische Luft lange genug geathmet, sprechen einer solchen Annahme das Wort. Hier wollen wir uns jedoch nicht bei den Fragen geistiger Hochkultur aufhalten. Wir wollen nur fest- stellen dass auch in Ferghanä aller geistige und staatliche Fortschritt vom Tadshik ge- tragen, von ihm auf die Turko-Mongolen übertragen worden; insbesondere aber Alles was den Akkerbau anbelangt. In der That, gäbe es keine Chinesen oder Japanesen, so könnte man in diesem Punkte irre werden, statt einzusehen dass an allem Zurükkstehen der mongolischen Völkerschaften Ferghanäs, gegenüber den Tadshik, ihr Nomadenthum schuld ist. In Asien steht die Kultur der Chinesen unfraglich derjenigen der Iraner voraus; auch wollen wir nur andeuten dass — gleich wie an den West- und ebenso an den Ostküsten, auch auf den Inseln des Grossen Ozeans — der Chinese als nüchterner, genügsamer, fleissiger, aus- dauernd kräftiger, verständiger und insbesondere assoziazionsverständiger Arbeiter sich volle Anerkennung erzwungen und zur Schande der Europäer sogar neidische antichinesische Befürchtungen gewekkt hat, welche an die antisemitischen Agitazionen der Neuzeit mahnen — dass in gleicher Weise der Chinese sich auch im Ilithale Russlands bewährt, den Kon- kurrenten den Rang abgewinnt. So unbestreitbar es ist dass in Mittelasien der Akkerbau von den Iranern ausgegangen ist, so fest steht es auch dass wir unter allen turko-mongolischen Zweigen thatsächliche Be- weise dessen vor uns sehen, dass sie des intensiven Akkerbaues vollkommen fähig sind. Auch die übrigen Unterschiede die man im Charakter und Wesen zwischen den Tadshik und den Turko-Mongolen hervorgerufen hat lassen sich ohne den geringsten Zwang aus dem freien Nomadenleben herleiten: diese, gegen die gemessenen widrig süssen Schmeichelworte des Tadshik so abstechende, offene Rede, der Freimuth des redlichen Sinnes, die kindliche Schwatzhaftigkeit und Neugier, die Ehrlichkeit auf die man sich des Leichtsinnes wegen doch nicht unbedingt verlassen darf, die Leichtgläubigkeit und Sorglosigkeit welche durch jedes prahlerische Gerücht das feudal-freiherrliche Gehaben dieser Leutchen zu Beutezügen entflammt, die grössere Sittenreinheit u. d. m. sind ganz unverkennbar nur unmittelbare Ausflüsse des Kindheitszustandes ihres nomadischen Lebens. Lassen wir nunmehr die Abarten der Turko-Mongolen unter sich ausser Spiele und betrachten uns die Mischungen derselben mit den Iranern. Da haben wir zuerst die zahl- reichste Abtheilung die Sart ins Reine zu setzen, welche, wie schon angeführt (p. 376, 389) bald als gleich- bedeutend mit Tadshik, bald als Mischlinge (mittelasiatische Mestizen), bald sogar als Mon- golen hingestellt werden. Zu dem was wir an jenem Orte angeführt ist nur noch hinzuzufügen dass in ethno- graphischem Sinne wir unter Sart einen meist dicht an den Tadshik-Typus hinantretenden Mischling mit Mongolenblut und zwar insbesondere mit Usbekenblut, verstehen müssen. Dieser ethnographische Begriff wird gleichsam gefälscht durch die nebenbeilaufende land- Dre AKKERBAUER. ETHNOLOGISCHES. 403 läufige Voraussetzung dass der Sart ein Ansässiger, ja vorzugsweise ein Städter sein müsse!). Sart ist aber eine leicht misszudeutende Bezeichnung und verdiente gleich dem so viel ge- missbrauchten «tatarische Völkerschaften» aus dem Wörterbuche der Ethnographie ge- strichen zu werden, und habe ich sie unter meinen Tafeln nur deshalb beibehalten, um einer späteren geklärteren Darstellung des reinsten Tadshik-Typus nicht vorzugreifen. Die meisten Sart gehen derart in den Tadshik-Typus über dass sie von diesem kaum unterscheidbar sind. Gewöhnlich will man dann die Mischung an dem einzigen, noch übrig- gebliebenen Kennzeichen mongolischer Zuthat, an den etwas stärker als beim Tadshik vor- springenden Bakkenknochen (Jochbogen) erkennen, Ob sich unter den Sarten ein Usbek-Sart vom Kirgis-Sart unterscheiden lassen könne müssen erst künftige Studien erweisen. Die Kiptschak-Sarten die ich in der Wolost Jany- Kurgan sah zeigten nichts Besonderes. Merkwürdig ist jedenfalls die grosse Präponderanz welche der Iran-Typus über den mongolischen gewinnt. Freilich ist das vorzugsweise der Karakter der Ferghanä-Sarten, während in weiterem Umkreise dagegen das Mongolische deutlicher hervortritt, weil ausserhalb Ferghanä’s im Nordwesten die kirgisische, im Süd- westen die usbekische Beimischung sich mehr kundgibt. Uebrigens fielen mir auch in der Stadt Kokan viele durch ihre breiten Gesichter, Plattnasen und kleinen Augen hervorstechende Physionomien auf, deren Hässlichkeit durch die dort herrschende kränkliche Missfarbe und Blässe verstärkt wird. Ist etwa in Ferghanä die Mischung durch das Alter dieses Vor- ganges eine mehr konsolidirte? Die ausgesprochene Neigung der Usbeken zum Akkerbaue spricht wohl dafür, und wird auch behauptet dass die ursprüngliche Bedeutung des Wortes Usbek die eines «ansässigen» Menschen sein soll, mithin im Geiste des ächten Nomaden ein Scheltwort. Man weis nicht wie man das verstehen soll dass Ujfalvy den Sart-Typus sogar viel gleichartiger erklärt als den der Tadshik?),? und zwar so durchgreifend ähnlich erklärt dass sogar die erwachsenen Buben sich von den Mädchen nicht unterscheiden lassen. In dem- selben Bande (p. 163 und später Band III, p. 40) wird aber schon die grosse Ungleichartig- keit des Typus der Sart hervorgehoben. Ich bin der Meinung dass die Usbeken insbesondere geeignet sind bei der Vermischung mit dem Iranischen Typus in diesem aufzugehen, weil sie besonders aus verschiedenartigen Mischungselementen zusammengesetzt sind. Es ver- hält sich diese unstät gewordene Vererbungsfähigkeit zum anderen typusstäten Gliede der Mischung genau so wie es in der Viehzucht die Regel ist. Auch die Schiefköpfe (Plagio- cephalie) welche Ujfalvy bei den Ferghanä-Usbeken besonders häufig angetroffen hat?), dürfte auf dieselbe Ursache zurükkzuführen sein. Wir werden durch die Usbek lebhaft an die Osmanli erinnert deren Urtypus auch schon in der Vermischung mit griechischem, zir- kassischem, armenischem, slavischem u. s. w. Blute untergegangen ist. 1) Das geht so weit dass auch Ujfalvy (I, р. 39 u. ff.) | sich (also ohne Rassenmischung!) in Sarten um. anführt, die Kinder eines Kirgisen oder Usbek der sich 2) Voy. scientif. II, p. 36. ansässig zumal in der Stadt niedergelassen, wandelten ЗИ: © Ш: 35, 404 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANAÀ. Wenn Ujfalvy') sagt, dass die Usbek von Schachi-Mardan, von Naukat und viel- leicht sogar die von Woadilj ihrem Ursprunge nach offenbar (wieder an anderem Orte sagt ег «unabweislich») Tadshik sind», so hat er sich als Laie und nicht als Ethnograph aus- gedrükkt. Unfraglich will damit doch nur gesagt sein dass es Usbeken gibt, welche durch starke iranische Beimischung zu Sarten geworden, nichtsdestoweniger aber die Tradizion ihrer aristokratischen Herkunft so lebendig erhalten haben, dass sie nicht, wie gewöhnlich Sart, sondern Usbek genannt werden. Ebenso ist es entschieden falsch wenn Ujfalvy den Usbek nachsagt dass sie häufig stark behaarten Körper, und sehr reichlichen Bartwuchs haben sollen (I, p. 61). Solche sind unfraglich Mischlinge mit Iran-Typus gewesen. Wie verschiedenartig aber die einzelnen diametral entgegengesetzten Kennzeichen des iranischen und mongolischen Typus bei Mischlingen sich zusammenthun, sehen wir daraus dass Ujfalvy die Usbek Ferghanä’s schon ganz in Sarten übergehen lässt, nichtsdestoweni- ser aber ihnen kürzere Köpfe zuschreibt?) als den Usbek von Ssamarkand, obgleich diese übrigens sehr mongolischen Typus an sich tragen sollen. Dem Geschlechte der Usbek das in Ferghanä unter dem Namen der Türk vorkommt (vergl. р. 386, Anm.) hatte ich Gelegenheit beim Dorte Kulä ins Angesicht zu schauen. Theils waren sie von Kirgisen ununterscheidbar, theils stimmte ihr Aeusseres mitdem der Tadshik überein, doch war das Gesicht breiter, der Ausdrukk weniger edel, fast roh zu nennen; theils endlich gab es ausgesprochene Mischlinge mit starkem, dunklem Haarwuchs, bei vor- stehenden Jochbogen, grosser Augenhöhle und platter Nase. Ein Theil dieser «Türk» soll im ersten Viertel dieses Jahrhunderts aus den Gebirgen beiUra-Tübäin denen an 800 Zelte zurükkblieben in den Ssamarkand-Kreis eingewandert sein. Von diesen wanderten, den Russen ausweichend, an 100 Zelte der wohlhabendsten Türk wiederum nach Hissar aus?). Den früher so häufigen persischen Sklaven und Sklavinnen wird es zugeschrieben dass die Türk so oft von Iranern nicht zu unterscheiden sind. Als Söldlingen des Emir von Bu- chara bot sich ihnen die Gelegenheit zu solchen Sklaven jeder Zeit. Ein Untergeschlecht dieser Türk, die Bagrin, soll aus dem Kreise Margelan in den Ssamarkand-Kreis hinübergegangen sein. Eine gleichfalls in Ferghanä‘) vertretene Mischung des Tadshik-Typus mit dem Us- bekischen und Kirgisischen hat ausserhalb der Gränzen dieses Thales ihre Hauptverbrei- tung: es sind das die Kurama, als deren Hauptsitz die Gegend zwischen Taschkent und 1) 1. с. Bd. I, p. 85, 95, und II, р. 32. leren Ssyr, eingewandert sein, und besagtes Dorf ge- 2) 1. с. Bd. Ш. gründet haben. (Турк. BE. 1880, № 7, 8). Auch auf der 3) Русск. Турк. II, 1872, стр. 78, 90. Heerstrasse von Andidshan nach Namangan traf Uj- 4) So z. B. sollen die Einwohner von Nanaj wohl vor | falvy ein Dorf der Kurama. einem Jahrhundert aus der Cegend von Ssauran am mitt- Dre AKKERBAUER. ETHNOLOGISCHES. 405 Chodshent angenommen werden kann. Sie stellen ein Turko-mongolisches Volk vor das noch längerer Zeit bedarf ehe es mit dem Tadshik-Typus verschmelzen wird, mit dem es sich ver- mischt hat. Schliesslich müssen wir unsere Aufmerksamkeit noch einem Umstande zuwenden. Wir haben gesehen dass gleich wie die Linguisten die Turko-Mongolen von den typischen Mon- golen trennen, so auch körperliche Unterschiede zwischen ihnen vorhanden sind. Besonders auffallend war unter diesen die veränderte Form der Nase, so dass die ächte platyrhine Form, also das was der gelehrte Rabbi mit seinem: «sie haben keine Nasen, sondern ath- men durch zwei kleine Löcher» beschrieb, unter den Turko-Mongolen nirgends prägnant vorzukommen scheint ‘). Wir müssen an dieser Stelle auch noch der Hautfarbe erwähnen. Die typische gelbe Farbe der ächten Mongolen kommt bei den Turko-Mongolen auch nicht vor ?), sondern sie sind weiss, gleich den Iranern; wenn gleich dieses Weiss je nach Klima und anderen Um- ständen bei Diesen wie Jenen bis zu einem Tiefbraun sich verdunkeln kann, und nach Ujfalvy sogar bis zur Farbe angebrannten Holzes. Ausser der Hautfarbe fallen die bisweilen auftretenden blauen Augen auf. Woher sind nun diese letzteren Abweichungen vom Mongolen-Typus zu den Turko-Mon- golen gekommen? Sicher nicht von den Iranern, deren Mischungen mit den Mongolen sich anders gestalten und voran die starke Bartbehaarung übertragen?). Wir werden vielmehr auf denselben, auch in linguistischer Hinsicht sich hervorhebenden Typus hingewiesen dessen Beimischung zum Mongolenblut auch die nordsibirischen Völkerschaften abänderte, nämlich wiederum zu einer blonden Urrasse mit Indogermanischer Gesichtsbildung welche den Ural- Altaischen Völkern ihren Stempel aufdrükkte. Ob es nun dieselben Blonden waren deren wir oben (р. 368) erwähnt und welche, zu sechs Völkern vertheilt, nach Klaproth‘) sich bis in die Baikalgegenden und an den Jenissej erstrekkten, und ihr blondes Wesen dem finnischen Völkerstamme vererbten? Waren es dieselben so hat ihr Einfluss, sich, wie wir gesehen, unter den Alt-Iranern zersplittert und nur abgeartete Individuen dort im Süden zu erzeugen vermocht, während er alle die westwärts drängenden Ural-Altaischen Stämme und gleich ihnen auch die Turko- Mongolen durchdrang, so dass sich ganz neue Völkertypen bildeten, welche jedoch ihre Herkunft von dem mongolischen Stamme nirgends verleugnen. 1) Wie das z. B. im nicht gar fern gelegenen Tibet der Fall sein soll, bis zu dem Grade dass im Profile der Nasensattel (glabella) durch die Wölbung der Augäpfel verdekkt wird. 2) Ujfalvy dem wir verdanken dass er diesem Kenn- zeichen besondere Aufmerksamkeit schenkte, erwähnt nur ein Mal eines gelben Grundes auf der Haut des Us- beken-Weibes. Hier müssen wir Mischung mit chinesi- schem, mindestens kalmükischem Blute voraussetzen. 3) Interessant ist mir in dieser Hinsicht dass Preze- walskij (I, стр. 256) bei den Tanguten Tibets starken Bartwuchs und Schnauzen antraf. So sah ich es auch bei einem übrigens karakteristischen Kalmüken. 4) Vergl. die Znsammenstellungen von Poesche, die Arier, 1378, p. 27. 406 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Von meiner ursprünglichen Absicht abweichend habe ich mich hinreissen lassen die menschliche Arbeitskraft, von der ich ausgieng, weit in ihre anthropologischen Verhält- nisse hinein zu begleiten. Es ist des grossen Interesses wegen geschehen das sich uns hier bietet, aber mit der besonderen Absicht nachzuweisen dass unsere Verwaltungsbeamte die ihre statistischen Erhebungen aufgeklärter Weise auch auf dieses Gebiet ausgedehnt, uns höchst dankenswerthe Materialien geliefert, und auch in Zukunft zu liefern vermögen. Die Gesichtspunkte welche einzunehmen, die Lükken welche auszufüllen sind habe ich hervor- zuheben gesucht, und bleibe bei der Ansicht dass ein Laie gesunden Blikkes, der Zeit und Gelegenheit hat sich in seiner nächsten Umgebung Jahre lang umzuschauen, mehr leisten kann als ein flüchtig reisender Ethnograph. Was nun aber die Anforderungen der strengen Wissenschaft anbelangt so bin ich dar- auf ausgegangen nachzuweisen dass in Ferghana und Turkestan noch Alles zu leisten ist. Darum würde ich mich glükklich schätzen wenn diese meine Abhandlung dazu Veranlas- sung bieten könnte dass eine systematisch organisirte ethnographische Expedition nach Turkestan entsendet würde. Darunter verstehe ich die Vergesellschaftung eines Linguisten mit einem biologischen Ethnographen, etwa Jeder von einem Gehilfen unterstützt, der bei Letzterem zugleich Photograph ) sein müsste. Bei ausreichend gebotener Zeitdauer und Mitteln müsste eine solche Expedition voran ihr Augenmerk darauf richten die Ausgangs- Typen genau zu erfassen, sie müsste beispielsweise ihren Weg über Arabien und Persien, über die Quellgebiete des Indus, und des Oxus, des Tarym-Bekkens und des Naryn nehmen, Ost-Turkestan umkreisend, bevor das Zentrum in Angriff zu nehmen wäre. Man wolle nicht glauben dass ich dabei zu weit ausgeholt habe. Der sprachlich so abweichenden Semiten, der Araber z. B., ist in Vorstehendem gar nicht Erwähnung ge- schehen, und dennoch ist es unmöglich dass dieses dazumal einflussreiche Volk, das sogar Südeuropa arabisirte, auf ganz Mittelasien seine Religion übertrug, keine Anzeichen seiner Ein- und Beimischung hinterlassen, sondern gleich seinem Kaffee dem von Osten kommen- den Thee, der freilich wohl um ein Jahrtausend den Arabern zuvorgekommen war, spurlos das Feld überlassen habe. Nach Vambéry?) machen die Tadshik selbst in der That Ansprüche an arabischen Ursprung, und darf uns das um so weniger Wunder nehmen als bekanntlich im Särafschan-Thale (bei Katty-Kurgan) an 2000 Araber leben, von denen wir aber auch nicht mehr wissen, als dass es unter ihnen zwei Typen gibt, von denen der eine reiner und 1) Bei dieser Gelegenheit möchte ich daran erinnern dass es an der Zeit wäre sich für die ausschliessliche welchemitdem Artikel des H.Sograf «Ssamojedy» in der Антроп. Выст. 1879 года, II, стр. 61 u проч., als Zu- Benutzung von Photographien bei Darstellung anthropo- logischer Typen auszusprechen. Jedenfalls müssten un- sere anthropologischen Gesellschaften in dieser Richtung strengere Polizei üben. Wie ist es z. B. möglich noch heutzutage solche sein sollende Portraits zuzulassen, gabe zu genauesten Messungen aufgenommen worden sind. Oder was sollen die «Types ostiaques» im Werke von Ujfalvy (Bnd. III), oder das dort wiederholt auftre- tende Portrait de femme sarte? 2) Centralasien, 1873, p. 124, Anm, Dre AKKERBAUER. ETHNOLOGISCHES. 407 höchstens mit Iranern gemischt, der zweite aber durch mongolisches Blut verunstaltet erscheint '). Zum Schlusse darf ich den Wunsch nicht unterdrükken dass einer der Ethnographen auf seiner Expedition von seiner Gemahlin begleitet werden möge, um die Beachtung des weiblichen Theiles der muselmännischen Bevölkerung zu ermöglichen. Ist das doch in neuerer Zeit für Turkestan fast zur Regel geworden: Fedtschenko, Ssewerzov, Ujfalvy bieten uns hervorragende Beispiele dafür. VII. Die Organisazions- Kommission. Die Unfähigkeit der mittelasiatischen Staaten, der ersten Aufgabe eines Staatswesens zu genügen, welche Sicherung des Lebens und des Eigenthumsrechtes seiner Bürger ge- wahrt haben will, brachte es mit sich dass zugleich mit dem Einzuge der Russen in Turke- stan jenes erste Fundament für eine Regelung der Agrarfrage, Rechtssicherheit, ohne wei- teres Zuthun sich einstellte. Die Räubereien und Plünderungen nahmen hier ein Ende, gleich wie überall wo die neue kräftige und gebildete Staatsgewalt in Asien das Heft in die Hände genommen hatte. Aber Russland das in Mittelasien seit Jahrhunderten ausschliesslich nur mit nomadi- schen Völkerschaften zu thun gehabt, trat im Jahre 1864 zum ersten Male in Beziehungen zu den Stätten ansässiger althergebrachter Kultur, und waren die näheren Umstände der selben dem einziehenden Sieger in dem Maasse fremd dass noch drei Jahre später die Er- lasse welche die neuen Verhältnisse regelten, die Agrarfragen völlig unberücksichtigt liessen, obgleich der mit denselben innig verkettete Zehnte von den Früchten des Bodens als Steuer (Cheradsh und Tanap) festgesetzt worden war. Dieser Steuer fehlte einstweilen jegliche so- lide Grundlage und erwarb sich daher der das neugeschaffene Generalgouvernement antre- tende General von Kaufmann, ein ausserordentliches und für alle Zeiten bleibendes Ver- dienst durch die umsichtige Weise mit welcher die hochwichtige Agrarfrage von ihm auf- gefasst und zu Lösungen geführt wurde, die sich durch die bisher ungestörte Ruhe dieses in jeder Beziehung fremdartigsten Zuwachses unseres unermesslichen Reiches bewährt haben ?). Wir dürfen nicht vergessen welche Strömungen damals in unserer Hauptstadt gewaltig brandeten *). Die Kopfsteuer herrschte im Reiche. Eine ganze Literatur warf sich zu Gun- 1) Русск. Туркест., II, 1872, стр. 113. welchem 700 Kibitken Kirgisen ausgewandert, jedoch 2) Mit vollem Rechte wird hervorgehoben, dass seit | bald sich eines Besseren besonnen. der neuen Gestaltung der dortigen Südgränze unseres 3) Schuyler (Turkistan, I, p. 802) hat sich über jene Reiches, nur ein einziger Fall zu registriren gewesen in | Gefahr für Turkestan deutlich ausgesprochen. 408 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. sten des kommunistischen Gemeinbesitzes, als einer urslavischen, die sozialen Wirren des vermoderten Westens lösenden Panazee ins Geschirr. Diese Literatur wird für alle Zeiten als Gedenkstein der die Lehren der Geschichte missachtenden ethnisch-patriotischen Ver- irrungen stehen bleiben. Andererseits stand es theoretisch fest dass auch die Lehren des Mo- hamedanismus die eroberten Ländereien dem Eroberer als Eigenthum zusprechen !); daraus wurde gefolgert dass man mit ihnen nach Belieben schalten, sich mit ihnen nach Wunsch einrichten könne. Thatsächlich hat sich jedoch in allen mohamedanischen Ländern das Be- sitzrecht so gestaltet dass der Gesammtheit des Volksstammes, dem Staate, der Boden ge- hört, an dem jeder einzelne Staatsbürger, ja sogar der Fremdling durch Kulturarbeiten sich Eigenthumsrech te erwirbt. Da war es denn in der That ein grosses Verdienst dass für Turkestan als Axiom vo- ran hingestellt wurde: ein Jeder hafte persönlich; der individuelle Besitz sei der allein wünschenswerthe, in ökonomischer wie in politischer Hinsicht, da es fromme das, jeglichen Widerstand splitternde, Privat-, nicht aber das Gesammt-Interesse in der fremdartigen Be- völkerung zu kräftigen, und der Privatbesitz sich schon weit vortheilhafter entwickelt habe als der Gemeinbesitz. Nur dort wurde der Gemeinbesitz für zulässig erklärt, wo er schon bisher bestehe. Ihren festen Halt fand diese Anschauung in der Erklärung dass allerdings der Gesammtzuschnitt des ganzen Reiches nicht aus den Augen verloren werden dürfe, je- doch Alles bestmöglichst den örtlichen Zuständen anzupassen sei, in welche die Bevölkerung sich zu ihrer vollkommenen Zufriedenheit seit jeher eingelebt?). Unzufriedenheit herrsche nur über die unmässige Belastung des Bodens mit Steuern. Wiestand es nun mit der Agrarfrage unter der theokratischen mohamedanischen Herr- schaft? Das Anhängsel des Koran, der Schariat”), regelt auch nach dieser Seite hin Alles, zumal in Bezug auf die Besitztitel bis auf viele Einzelnheiten hinab. In dieser Beziehung gal- ten also einheitliche, unverbrüchlich-heilige Vorschriften. Nichtsdestoweniger hat es, zu- mal bei der Zerstükkelung, dennoch aber zugleich ungeheuren Ausdehnung, der dem Mo- hamedanismus zugefallenen Länder, nicht an mancherlei durch die Willkür der Gewaltha- ber herbeigeführte Abänderungen gefehlt, von denen manche durch ihren langjährigen Usus zu Gewohnheitsrechten herangewachsen sind, und um so mehr Geltung gewinnen mussten je geringer die Zahl der in die Schriften des Schariat eingeweihten Gelehrten war, je abso- luter ihnen gegenüber die tyrannische Gewalt. 1) Eine Parelle aus Khiwa bestätigt diess, giebt uns aber zugleich den Schlüssel wie Allodialbesitz und Lehen | ursprünglich entstanden sind. In der Russischen Revue (1874, p. 67) wird uns mit- getheilt dass die Ländereien welche seit undenklichen Zeiten das Khanat bilden, erbliches Eigenthum der Be- sitzer sind, die durch Waffengewalt eroberten aber dem | Khane gehören, der sie in Arende gibt, gegen die Hälfte | oder !/, der Erndte. 2) Auch stellte die Organisazions-Kommission bald | fest dass sie in Ferghanä «den Karakter des erblichen, | persönlichen Landbesitzes» vorgefunden habe. 3) Nebst der Sunnä, welche gleich dem Adat der Nomaden, die herkömmlichen und rechtsgewohnheitli- chen Vorschriften enthält. Dre ORGANISAZIONS-KOMMISSION, 409 Der Status quo welchen die Russen in Turkestan vor sich fanden dürfte sich etwa so zusammenfassen lassen !): Der Boden überhaupt war entweder: A. Oedland, d. i. zum Landbaue untauglich und gehörte dann Niemandem zu eigen; weder Privaten, Körperschaften, noch dem Staate?), sondern wurde als aller Welt zur Nutzung (durch Beweiden, Sammeln von Heiz- Bau- Dung-Material u. d. m.) offen stehend angesehen 3), oder es war: B. Kulturfähiges Land. a) Unangebaut stand es zur Verfügung des Staates; b) Angebaut wurde es genutzt wie weiter unten auseinander gesetzt wird. Welcher Art dieses kulturfähige Land aber auch sein mochte, wem es auch gehören mochte, es kam Niemandem — selbst der Staatsgewalt nicht — als unumschränktes Eigen- thum zu, denn das Eigenthums- und Nutzungsrecht war jedenfalls an die Bedingung ge- knüpft dass der Boden auch angebaut bleibe. Steht ein akkerfähiges Landstück drei Jahre lang unkultivirt so verliert der Eigen- thümer sein Besitzrecht, es verfällt der Kategorie B.a. ohne irgend welche Ansprüche an Entschädigung, aber die Staatsgewalt vergibt es Demjenigen der die Verpflichtung über- nimmt dasselbe anzubauen und die betreffende Steuer zu entrichten. Das soll sogar in dem Falle zur Geltung kommen wenn ein Neuland meliorirt, z. B. von Steinen gereinigt worden, der Unternehmer jedoch noch nicht Zeit gefunden sein Haus zu errichten. So unzulässig eine solche Einschränkung des Besitzrechtes Privater nach europäischen Begriffen ist, so selbst- verständlich erscheint sie in den Augen des Mittelasiaten. Neben dieses sozialistische Gesetz haben wir das andere, auf dem Shariat begründete zu setzen welches Demjenigen der ein Landstück «belebt», 4,1. der Neuland in Kultur setzt, dasselbe zu eigen gibt (MIk)*). Auch diese Bestimmung entsprang unmittelbar aus der Na- tur der Oasen. Unter «belebt» ist nichts Anderes ursprünglich verstanden als die unerläss- liche Heranziehung des belebenden Prinzipes, des Wassers, die nur mit grossen Opfern ge- leistet werden kann, und mindestens Eigenthumsrechte bedingt‘). Vorausgesetzt ist dabei Land Denjenigen welche Bewässerungen zu Stande brach- ten, dafür, bis auf die 5. Generazion verliehen. 5) Wohl auch die Stiftungen zu Gunsten öffentlicher Badstuben, auf die man nicht selten stösst. 6) Diese Weise Eigenthumsrecht zu gewinnen ist of- 1) Vorzugsweise nach der «Пояснительная записка къ проекту положен!я объ управленш въ областяхъ Туркестанскаго Генералъ-Губернаторства». Vergl. auch Choroschchin, (1. с. р. 147, 167) und Arendarenko (Маевъ, матер. П, 1873). 2) Erinnert an Grusien, wo das Gesetz von 1723 lau- tet: Drei Dinge gehören Niemand, sondern Allen und Jedermann, oder vielmehr dem Herrscher des Reichs dem Zar: Wasser, Holz, Gras (Haxthausen I, p. 212), 3) Solches soll Metruke heissen (Schuyler I. с. I, р 298) wenn zu Weiden tauglich, oder unter Wegen, Strassen u. 3. м. befindlich; Mewad dagegen wenn Oed- land im engeren Sinne dieses Wortes. 4) Nach Polybius wurde bei den alten Persern das Mémoires de l’Acad. Гир. des sciences, VIIme Série. fenbar die ursprünglichste, und ging aus dem Begriffe der Okkupazion einer herrenlosen Sache hervor. In der That gaben auch noch die Römer Jedem Land in den er- oberten Provinzen, der es zu bebauen übernahm. Im mo- dernen Staate Europa’s sehen wir in dieser Weise Län- dereien der Schweiz, welche bis dahin ganz unter Wasser standen den Unternehmergesellschaftenzu sprechen welche dieselben trokken legen. Der Besitz des früheren Oedlan des fällt der Gesellschaft als Unternehmergewinn zu: Die 52 410 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. allerdings die Genehmigung der Regierung welche die entsprechenden Naturalleistungen von dem neuerstandenen Lande zu beanspruchen nicht unterlässt; indessen ist es auch hierin zum Brauche geworden, diese Genehmigung erst nächträglich durch die Steuerzahlung selbst, und so viel ich erfahren wiederum durch Vermittelung der Priester, einzuholen. Aber eine Schwierigkeit ist dabei zu überwinden, dass nicht Wasserrechte Anderer geschmälert wer- den. Bisweilen wird z. B. das Wasser nur mit Ausschluss des wasserverschwendenden Reis- baues gestattet. Das Innehaben von Land (MIk) ist nun aber verschiedener Art, indem das Eigenthums- recht stets vom Benutzungsrechte scharf untertschieden wird. Der Milk Churra Chalis (rein) ist völlig steuerfreies Allodium '), und meist durch einen Kapitalabtrag an die Staats- gewalt (den Herrscher) oder vom Privaten durch Abtretung eines Theiles seines ursprüng- lichen Landbesitzes an den Staat, erworben. Es gibt darüber genaue Dokumente, mit An- gabe der Gränzen, der Bewässerungen u. s. w., bei Unterschrift und Siegel des Khan oder Emir und der Kasien. Jeder neue Herrscher drükkt sein Siegel auf die Urkunde. Geht sie verloren so findet sich das Duplikat im Archive (Defteri-Timur; weil schon von Timur an- geordnet) des Emir. | Ein grosser Theil der Widmen (Stiftgüter, Wakf) welche der Kirche, den Klöstern, den Schulen oder den Armen vermacht worden, gehört begreiflicher Weise in diesen theo- kratischen Staaten zu den von jeglicher Abgabe befreiten Ländereien ?). Sie werden von besonders dazu eingesetzten Personen (Mutewal) nach genauer Vorschrift für die Verwen- dung der Einkünfte verwaltet, und fast ausnahmslos von Jahr zu Jahr verpachtet. Es sind das die Wakf Dachäk. Dagegen soll es eine zweite Art Wakf Auläd, geben, welche un- seren Familien-Fideikomissen zu entsprechen scheint, und von der ich voraussetzen muss dass ihre Pfründner der Staatssteuer nicht entgehen’). 1) Trotz dieser für eine spätere Entstehungsgeschichte der Allodialgüter immerhin zutreffenden Erklärung möchte ich diese Allodialgüter doch für die ursprüngli- Ländereien an sich nimmt, wo nöthig vermittelst Expro- | chere Form als die Lehen halten. Mit der Baumpflan- priazion. Ein Beispiel aus neuester Zeit hat dafür Eng- | zung, mit dem Maulbeerbaum und der Weinrebe schied Campine, der Zuydersee, weisen Aehnliches auf, A land, durch Russels, im Jahre 1847 eingebrachte Bill der bleibende, persönliche Besitz aus dem gemeinsam be- Gebiete des Genossenschaftswesens. Richtiger ist es freilich wenn der Staat die unurbaren geboten, welcher zufolge in Irland alle Grundstükke | nutzten Lande aus. Gleich wie weiter südlich und in deren Ertrag unter 21/, Shilling pro Acre betrug vom | Afrika mit der Dattelpalme. So viel mir bekannt sind Staate exproprürt, geurbart, und darauf zu geschlossenen | die beiderseits mit Keilschrift bedekkten, und danach Abtheilungen von 20—25 Acres verkauft oder verpachtet | erst gebrannten Thontafeln, welche wohlerhalten in Ni- wurden. — niveh hervorgegraben worden die ältesten Schriften — Auch für die nachträgliche Legitimazion bietet Eng- | etwa 2000 v. Chr. — in denen schon von Ländereien die land noch heutzutage in sofern ein analoges Beispiel, als | Rede ist die verkauft, verpfändet und verpachtet wurden. der Pächter der ohne Genehmigung des Eigenthümers 2) Da die herrschende Klasse sich überall Steuerfrei- dränirt hat, beim Ablaufe der Pacht in seinen Ansprü- | heit zu erwerben verstanden, so ist es auffallend dass die chen auf Ersatz gesichert ist; ja sogar im Zweifelfalle | Ferghana beherrschenden Volksstämme (Usbeken) sich zu Gunsten dessen der dränirt hat geurtheilt wird. nicht gleichfalls solcher Privilegien bemächtigt. Es lohnte So wie es den Menshcen zu eng im Staate wird ge- | die Mühe diesen Umstand näher zu erforschen. nügen eben die für gewöhnlich üblichen Steuererlasse 3) Eine Abart dieser dürfte, gleich wie in der Türkei, zu Gunsten Meliorirender nicht mehr. nur der grösseren Sicherheit wegen an die Kirche über- Отв ORGANISAZIONS-KOMMISSION. 411 Ausser besagten beiden Arten des abgabefreien Besitzes gibt es noch zweierlei Besitz derselben Natur, nämlich mit dem Rechte ausgestattet: getheilt, verer bt, verkauft, verpfän- det, verschenkt oder als Stiftung vergeben zu werden; diese sind jedoch dabei abgaben- pflichtig. Solches Land ist entweder: a.) MIk Uschri, das durch Eroberung gewonnen und von den Machthabern für ge- leistete Dienste verliehen wurde. Dieses zahlt den Zehnten der geerndteten Früchte an den Staat, oder auch an eine Stiftung; doch dient nicht das Land selbst, sondern nur die Erndte von demselben, dem Staate als Hypothek '). b.) Mik Cheradsh, das nach der Eroberung den Ansässigen belassene Land das entweder als «.) (Cheradsh Muwasef)?) einen unveränderlichen Grundzins zahlt, oder 8.) (Cheradsh Mekosim) einen aliquoten Theil der Erndte abgibt. Alle bisher aufgezählten Besitzthümer können auch in den Besitz einer Erbmasse (als Mik Muschi) übergehen und beliebig lange ungetheilt bleiben; oder auf Verlangen eines Vormundes (Wassi) der Unmündigen, oder des majorenn gewordenen Erben, durch den Kasi getheilt werden. Alle übrigen Ländereien, also die meisten, sind als Lehen (Mamlekat?), auch Am- läk genannt) zu betrachten, da sie nur das Nutzungsrecht gewähren, weder getheilt, ver- erbt, verkauft noch verschenkt werden dürfen, ja an den Staat zurückfallend, nicht ein Mal tragen sein; zumal von Beamten welche das Erbrecht der Staatsgewalt an ihr Lehen zu umgehen suchten. Man hat das neue Verhältniss als eine Art Erbpacht ansehen wollen, doch dürfte es richtiger sein es als ein erbliches Afterlehen unter Lehnsherrschaft der Kirche zu betrach- ten, ausgenommen die in Aegypten häufigen Fälle in welchen bei der Uebertragung des Besitzes hohe Gebüh- ren bezahlt werden müssen. 1) Diese Uschri sind in sofern interessant als sie be- zeugen dass nicht immer das Lehnsverhältniss bei Verlei- hungen für geleistete Dienste eingetreten ist. Ich muss es für ein Missverständniss halten dass Kostenko (1. с. стр. 65) die mit Brunnen und Quellen gewässerten Län- dereien Uschri nennen lässt. In der Türkei soll diese Benennung das Zehnt-Land bezeichnen. Einen hierher bezüglichen Fall der die weiteren Ent- wikkelungsstufen solcher Landverleihungen illustrirt theilt uns Kuhn aus Khiwa mit (Маевъ, матер., IV, p. 238, 254). Ein Vezir hatte 30 Jahre vorher Ländereien zum Ge- schenk erhalten. Er führte aus dem Amu einen Kanal hin, und berief freiwillige Kolonisten, gegen Zahlung eines Antheiles der Erndte. Es bildeten sich Pachthöfe (Uram) über hundert an der Zahl, aus zusammengelau- fenem Volk aller Farben: Usbeken, Kirgisen, Sarten, Karakalpaken und Turkmenen. Unter dem Namen Hälftner (Jarymtschi) entstanden hier also Theilbauern der Art wie sie in Europa mit der Zeit in Hörige umgewandelt wurden. Dieser Fall ist um so interessanter als er die aller- gewöhnlichste Weise zu illustriren scheint, wie insbeson- dere in Khiwa die Umgebung des Khans für ihre Ver- dienste abgefunden wurde. Land wird statt des Gehaltes verliehen (Веселовск1й, Очеркъ истор. геогр. свЪд. о Хивинскомъ ХанствЪ, 1877, стр. 294). 2) In den Турк. B&ı. 1876, № III ist dieser «Mua- saf» wohl irrthümlich als «rükkstandslos einlaufender» bezeichnet. 3) Es sind das die Mirieh Aegyptens, welche als un- zweifelhafte Lehen einst Heerfolge zu leisten hatten. Als Staatsbesitz und von der Staatsgewalt zu Lehen vergebener Besitz, scheint das Mamlekat das Beiwort М1 nicht zu gestatten, sondern zu demselben im Gegen- satze zu stehen, in sofern die Einnahmen von diesen Lehen ausschliesslich der Staatsgewalt zufielen. Nach Schuylers (l. c. I, p. 298) Quellen trägt das Domänen- land des Staates den Namen Mirie. Wir finden das Wort MIk, in der Bedeutung des Privateigenthumes auch über Nord-Afrika verbreitet (Lavelye, das Ureigenthum, herausg. von Bücher, 1879, p. 271). 52* 3 412 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. nothwendiger Weise lebenslänglich verliehen, also widerruflich sind. Nichtsdestoweniger gehen sie wohl auf den Sohn), jedoch nie auf die Tochter über. Auf die Amläk war vor- zugsweise der Unterhalt der Beg, (Kreishauptleute) und Kriegsleute angewiesen; mit ihnen wurden Günstlinge belohnt. Obgleich der Schariat bestimmt präzisirt dass diese Lehen nur von der Staatsregierung verliehen werden, so ist es doch Brauch geworden dass sie aus Hand in Hand übergehen, olıne dass sich irgend Jemand darum kümmert. Der Neueintretende zahlt dem früheren Insassen, gewöhnlich in Gegenwart dreier Zeugen, eine Summe —- also eine Abfindungs-Summe — laut Abmachung, und die Uebergabe wird durch einen Schmaus besiegelt, oder auch man verfügt sich zum Kasi, der oft nur den Schein darüber ausstellt dass so und so viel gezahlt worden; nicht ein Mal einen Lehnbrief oder eine Erneuerung eines solchen. Nichtsdestoweniger sind solche Ländereien als Staats-Domänen zu betrachten. Diese Lehen zahlen (als Cheradsh und Tanap) je nachdem '/, bis !/ der Erndte an die Staatsgewalt. Hierher sind wie es scheint auch diejenigen Stiftsgüter zu rechnen welche ihren Dokumenten (Wakf-Name) zufolge einen Theil der Erträge der Stiftung, den anderen der Staatskasse, als Abgabe, einliefern. Dieser letztere Theil beträgt bald nur '/; oder °/, bald */, oder auch sogar ”/,, des Gesammtertrages’), Auf solchen Wakf-Lehen sitzen oft kleine Leute ja ganze Gemeinden die das Land in After-Lehen genommen. Auf Grundlage der vorstehend auseinandergesetzten Bestimmungen welche unter mu- selmännischer Herrschaft gegolten, wurde nach Einverleibung Ferghanä’s zum Bestandtheil des Russischen Reiches der dringenden Nothwendigkeit genügt, die Eigenthumsverhält- nisse zu regeln, und eine Gestaltung des Landbesitzes festgestellt die beabsichtigte allen Individuen wie auch Gemeinden das Land zu belassen welches sie in Nutzniessung hatten, und welche ich nach dem noch nicht endgültig bestätigten Projecte folgendergestalt zu - sammenfasse: A. Als volles Eigenthum wird der Landbesitz zuerkannt: 1) Denen welche ihn inne haben auf Grundlage von Kaufbriefen und denselben gleichwer- thigen, durch russische Behörden ausgefertigten Dokumenten. 2) Den Städten, das ihnen als Gemeinbesitz zugewiesene Land. 3) Den MIk- und Wakf- Besitzern ihre Ländereien. Wo aber auf den Wakf- Besitzungen 1) Alle Lehen haben den Keim des Dranges zur Erb- lichkeit in sich getragen. In Europa kam es bekanntlich schon im XI. Jahrhundert zu gesetzlicher Anerkennung solcher Erblichkeit, und zugleich zur Feststellung des Verkaufsrechts. Gleich wie in Europa die Lehne sich dann zu «Mannlehen» gestalteten, so auch in Mittelasien. Es erinnert das an das ursprünglich rein persönliche Verhältniss der gegenseitigen Hilfleistung, an den Kriegs- dienst des Vasallen u. $. w. 2) Manche Einzelnheiten in diesen Besitzverhältnis- sen sind offenbar noch nicht genug aufgeklärt, auch theilweise missverstanden worden. Es thäte Noth, nach genauester Kenntnissnahme der genügend bekannten Zu- stände in der Türkei (z. B. den Artikel des Economiste françois, 1873, Septembre, in der Hand) diesen Gegen- stand in Turkestan neuen Studien zu unterwerfen. Zumal die vielen Beschränkungen in der Benutzung der Wakf- Ländereien verdienen Beachtung. Dre ORGANISAZIONS. KOMMISSION. 413 fremde Persönlichkeiten oder Gemeinden sich ansässig vorfanden, wird das von ihnen eingenommene Land, diesen zugetheilt, unter Entschädigung der Wakf-Besitzer durch jährliche Auszahlung des Antheiles an Einnahmen der ihnen früher zufloss, aus der Staatskasse. Hier findet also gezwungene Ablösung, Enteignung (Expropriazion) statt. 4) Das von den Baulichkeiten und Baumpflanzungen der Eingeborenen eingenommene Land. B. Als (nach örtlichem Brauche) erbliches Familien-Lehen behufs beständiger Nutz- niessung, wird der Landbesitz verliehen 1) Den unter 3 erwähnten Persönlichkeiten oder Gemeinden, welche auf Wakf-Ländereien ansässig waren. 2) Allen ansässigen Eingeborenen, das thatsächlich in Nutzung gehaltene Land, mit Be- schränkung der Sand- Torf- Lehm- Baustein- und Steinkohlen-Gewinnung auf den eigenen Hausgebrauch. 3) Den Personen unter den Nomaden welche innerhalb des Wanderbezirkes ihres Stammes Ländereien akkern oder mähen, diese Landstükke. 4) Den aus anderen Theilen des Reiches hereingewanderten Kolonen, die ihnen für den Akkerbau angewiesenen Ländereien. 5) Den Nomaden ihre Winterlager und Sommersitze (mit Aussnahme der laut Punkt 3 per- sönlich vergebenen Landstükke) zur Nutzniessung nach örtlichem Brauche. C. Als Gemeinländereien werden nur solche beibehalten welche bis dahin gemein- schaftlich benutzt worden, und zwar 1) Das unter A2 aufgeführte Eigenthum der Städte, 2) Alles übrige im Besitze der Dörfer befindliche Gemeinland, bei Gestattung solches in ge- trennte Höfe abzutheilen sobald die Majorität der Gemeindeversammlung es beschlos- sen, der Bestätigung des Generalgouverneurs unterlegt und die Bewilligung erhalten hat !). 3) Auch die Wakf-Ländereien welche Medresseen oder Metscheten gehörten jedoch keine Khan-Dokumente darüber vorstellig machen konnten, wurden für Gemeinbesitz der be- treffenden Dörfer erklärt, falls nicht im Privatbesitze befindlich. Die weiter unten angezogenen Haine wären also auch hierher zu rechnen. 4) Zum Gemeingebrauche für die Gesammtbevölkerung werden eingeräumt die zu а rungen und für Abtrieb der Heerden eingeräumten Strecken. D. Der Staat behält sich vor: a. als Eigenthum: 1) Alles Wasser; und gestattet nur die Nutzniessung desselben durch die Bevölkerung zu 1) Es wäre das eine starke Beschränkung des alten | Luzernstükk anlegte, wozu nach dortigen Begriffen die Brauches der Muselmänner dass Derjenige der auf un- | Umfriedigung selbstverständlich gehört, sich dadurch das benutzt stehendem Gemeinlande auf seinem Tschak | volle Besitz- (Bigenthums-?) Recht an diesen Tschak (vergl. р. 417) sich anbaute, und einen Garten oder ein | erwarb. (Kostenko ‚1. стр. р. 171). 414 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Bewässerungen nach eingebürgertem Brauche. Nur mit Bewilligung des Staates ist das Eröffnen neuer Kanäle zu Neuländereien gestattet. 2) Alles in Zukunft auf Grundlage der im Kaukasus geltenden Bestimmungen zu Wegen, Kanälen und unter Baulichkeiten des Staates zu expropriirende Land. b. zur Verfügung 3) Alle Ländereien welche nach den Zutheilungen A, В, С übrig geblieben), wobei die ört- liche Bevölkerung das Recht der Beweidung und der Gewinnung von Heizmaterial aus denjenigen dieser Ländereien beibehält welche weder in Arende vergeben, noch mit Verbot belegt worden. 4) Das Recht den mit reichlichen Gemeinländereien ausgestatteten Gemeinden landlose Per- sonen zuzuzählen. 5) Das Recht aus den Resten der für die abgenommenen Wakf-Ländereien zu zahlenden Entschädigungen, Krankenhäuser und Wohlthätigkeits-Anstalten für die Eingeborenen zu gründen. Neue Wakf-Gründungen unterliegen der Gestattung durch den Generalgouverneur. Wenn die Abgaben von den Lehen ‘in den staatswirthschaftlichen Lehrbüchern vor- zugsweise aus der Ablösung ursprünglicher Verpflichtungen zu persönlichen Dienstleistun- gen hergeleitet werden, so mag das in Betreff Asiens doch nur für die nomadisch-kriegeri- schen Völkerschaften, bei denen sich feudal-aristokratische Zuschnitte nicht verläugnen, Geltung haben. Im gesammten akkerbauenden Oriente ist die Abgabe eines aliquoten Theiles der Erndte in natura, — also das was so im Grossen und Ganzen unter dem «Zehnten» ver- standen wird — die althergebrachte, wohl die älteste Steuer. Diese Grundsteuer die offen- bar aus demselben Grunde, dem ihrer Fassbarkeit, so frühzeitig in Anspruch genommen wurde, aus dem sie bis heute eine so bedeutende Rolle spielt, diese Grundsteuer ist es welche sich zu einer Art Naturnothwendigkeit in der Ansicht der geknechteten Menschheit gestaltet hat. Mit dem Gedanken an Grund und Boden ist dort der eines Grundzinses nicht 1) An Einnahmen von solchen Ländereien bin ich bloss bei Namangan-Jany-Kurgan auf eine ungemein aus- gedehnte Weide gestossen welche der Wolostj- Aelteste für 250 Rub. gepachtet hatte. Da der Weg der Viehhänd- ler welche aus der mittelasiatischen Hochebene über das Gebirge ihr Vieh in das Ferghanä-Thal treiben dort durchführte so machte sich dieser Pächter für seine Aus- lagen bezahlt. Auch bei Jas-awan sah ich inmitten der durch den Ssary-ssu überschwemmten Dünengegend, lehmige Flekke, welche im Sommer, nach Abfluss des Wassers den Kirgisen gegen eine Zahlung von 1 Rub. für den Tanap zu Melonen überlassen wurden. Im Andidshan-Kreise wurden die Frucht- und insbe- sondere die Pistazien-Wälder der Vorberge gleichfalls in Pacht vergeben. Отв ORGANISAZIONS-KOMMISSION. 415 minder unzertrennlich verknüpft, als in Europa die Einsicht dass die staatlichen Einrich- tungen vieler Mittel bedürfen, welche durch Auflagen gesichert sein wollen. Es handelt sich also, in Bezug auf die Zufriedenheit der asiatischen Bevölkerung nur um die Höhe dieses so genannten «Zehnten» (Cheradsh). Da finden wir denn dass er in der That dem zehnten Theile der Erndte in den meisten Fällen entspricht, offenbar ursprünglich nichts Anderes als der wirkliche Zehnte landläufig gewesen und als solcher in den Religionsvorschriften bestätigt worden. Eben so allgemein hat aber auch der Gebrauch Platz gegriffen die einträglicheren Gartenstükke, und somit zugleich auch den gesammten Zwerg- und Kleinbesitz, der ja in der ganzen Welt verhält- nissmässig höhere Zinsen trägt und höhere Kaufpreise erzielt, mit der doppelten Abgabe, 4. 1. eines Fünftels (Tanap), zu besteuern !). Bei der unumschränkten Willkührherrschaft und der Habgier asiatischer Despoten konnte es jedoch nicht fehlen dass die Steuern wo es irgend anging bald auch diese Gränze überschritten. Die beste Handhabe boten nun die Lehen, so dass in Buchara zur Steuer, nicht nur in dem ihm abgenommenen Ssamarkand-Kreise sondern allgemein, der Fünfte hergegeben werden musste. Wie versichert wird, muss unter gewissen Umständen sogar die Hälfte?) herhalten. Diese wahrscheinlich nicht so wohl als Steuer, sondern als Pachtrente der dem Khan (beispielsweise durch Eroberung) zugefallenen Lehne. Jedenfalls hat es seine Richtigkeit dass im Särafschan-Thale von einem Theile der Ländereien durch den Emir von Buchara die Hälfte der Erndte in natura erhoben wurde ; was sich auch im ersten Jahre nach der Eroberung des Landes durch die Russen fortsetzte. Ebenso war der Cheradsh aus dem Betrage des Zehnten, zu einem vollen Fünften im Ko- kan-Kreise angewachsen. So hoch solche Abgaben auch sein mochten so waren es doch fast geringeren Theiles 1) Dieser Maasstab ging ja auch auf die römische Re- publik über welche in den Provinzen den Zehnten vom Getreide, vom Wein und den Baumfrüchten aber den Fünften heischte. Es wurde der Zehnte vom besäeten, der Fünfte vom bepflanzten Lande erhoben. 2) Es ist das vielleicht nicht ein Mal so exorbitant hoch wie es klingt, da schon Sesostris begonnen haben soll die Kriegerkaste — später auch die Priesterkaste — mit dem Dritten, als Abgabe für die Nutzung des Bodens zu belegen. In Khiwa scheint der Cheradsh sich auf den Zehnten zu beschränken. Ich unterlasse nicht, auf einen Reisebe- richt des H. Wilkins über Buchara aufmerksam zu machen, den ich leider nur flüchtig habe exzerpiren kön- nen. Es ist dort von Staatsländereien (Milke-dajak) die Rede welche die Steuer mit einem Zehntel der Erndte zahlen, überdiess aber eine aus öffentlicher Versteige- rung hervorgehende Pacht von 6—8,, Rub. die Dess. Andere Staatsländereien — fast !/, des Territoriums — werden in Antheilswirthschaft, und zwar auf 4/,, der Erndte zu Gunsten des Staates vergeben (Amluk ge- nannt;. also Lehen). Wird etwa bei der Besteuerung das Alter der Be- wässerungskanäle auch bisweilen in Betracht gezogen? Woher hat Kostenko (l.c. стр. 65) Kanäle die von den Arabern angefertigt worden, dem Cheradsh entge- gengestellt? In der persischen Provinz Bagdad beträgt die Boden- steuer von der Erndte an Winterkorn !/,, von der Erndte an Sommerkorn !/,, hat aber der Staat das Saatkorn ge- geben ?/,, und von unbewässertem Lande !/,o. Ueberdiess erhält der Beaufsichtigende !/,,. Indess wechseln die Be- dingungen an verschiedenen Orten (Vergl. Гамазовъ Описане путешеств!я по Турецко- Персидской границ 1877, стр. 124). 416 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANÀ. diese welche die Klagen des Volkes über unerträglichen Drukk ihrer Tyrannen hervorrie- fen, sondern mehr noch war es die Vervielfältigung der Steuern welche unter der gränzen- losen Habsucht des letzten Khan’s Khudojar der sich mit einem Privatvermögen von 7 Mil- lionen Rubeln unter Russischen Schutz zurükkgezogen haben soll, ihre grösste Höhe er- reichte. Mir stehen die Mittel nicht zu Gebote alle jene Nebensteuern hier nachzuweisen, doch wollen wir einige derselben zusammenstellen die mir bekannt sind. Bekanntlich wurde von allen Waaren ein Eingangszoll, der Säket hiess, erhoben, der 2/0") betrug. Von diesem belastete der Zoll auf das Vieh, auch die Marktabgabe für das gemästete Vieh?), den Landbau fühlbarer als der übrige, da die Viehzucht der Nomaden gleichsam als ein vom Akkerbau Ferghanä’s abgetrennter Theil der Landwirthschaft dieses Thales ange- sehen werden muss. Noch schwerer lastete die Salzsteuer auf dem Volke°). Allen nachfolgenden Abgaben von der Erndte ging stets die Khak-Ulla voran, d. i. der Antheil des Priesters (Imam) der örtlichen Metschet. Darauf folgte der Antheil des Staates. Ausser dem Zehnten und Fünften, Cheradsh und Tanap, von denen oben die Rede ge- wesen (p. 415) gab es noch eine Art Grundsteuer, Kosch-Pul genannt. Es heimelt den Landwirth der Baltischen Gestade so gemüthlich an, wenn er, im In- neren des Alten Kontinentes den primitiven Zuständen des Landbaues nachspürend, wie- derum auf denselben indoeuropäischen Gebrauch stösst, den er daheim unter der Bezeich- nung «Haken» (Landes) liebgewonnen. Dasselbe unter verschiedenen anderen Namen ver- stekkt, begegnet uns bekanntlich auch in anderen europäischen Ländern. «Kosch» bedeutet nämlich in Mittelasien die Einheit des akkerwirthschaftlichen Be- triebes. Es ist die Fläche Landes welche der uralte Hakenpflug, von einem Paar Ochsen gezogen, und unterstützt von der Nacharbeit des unvermeidlichen «Ketmen» (Hakke) zu bezwingen, und unter Frucht zu bringen vermag. Selbstverständlich wird zugleich der ent- sprechende Antheil an der Instandhaltung der Bewässerungen übernommen. Handelt es sich darum Land das im Gemeindebesitze befindlich ist, zur Nutzniessung zu vertheilen, so muss ein Jeglicher der Land eingeräumt haben will, sich mit besagtem Kosch-Zubehöre steilen und dadurch seine Besitzfähigkeit dokumentiren. Ist mehr Land vorhanden als beansprucht wird, so mag, wer es kann, mit einer Mehrzahl von «Kosch» sich einstellen und demgemäss grössere Strekken einnehmen. Arme Schlukker thun sich 1) Christen mussten das Doppelte zahlen: eine um so | den (Vergl. das Ausführliche bei Choroschchin 1. с. herbere Massregel als nach dem Schariat der Säket, | crp. 294). ausser der Unterhaltung der Kirchen, Schulen und Grä- 2) Vergl. р. 287. ber der Heiligen, die Bestimmung hatte für die Krieg- 3) Wegen der Wegelosigkeit ist das Salz ohnehin führung gegen die Ungläubigen erhoben zu wer- | theuer. Vergl. p. 130, Anm. 1. ее: % PONS © м Die ORGANISAZIONS-KOMMISSION. 417 zusammen, rüsten mit gemeinschaftlichen Mitteln den Zubehör für einen einzigen Kosch aus, und benutzen den derart beanspruchten Landflekken gemeinsam. Ueberwiegt die Bevölkerung über die Landmenge, so wird das vorhandene unzu- reichende Land in so viele gleiche Theile getheilt als sich dazu «Kosch» gemeldet; man loost und jedem Bewerber fällt je nach der Zahl der von ihm aufgestellten «Kosch», die entsprechende Anzahl solcher Theile (Akker-Loose, Tschak) zu. Das Ochsengespann ist der Normalanspann, kara-kosch genannt'); aber auch Pferde kommen vor, d. 1. at-kosch. Im Nothfalle wird auch gemischter Anspann gebraucht, еше Kuh zum Ochsen, ein ungestaltes Kameel, ein winziger Esel mit einem Ochsen oder Pferde vor den Pflug gespannt. Diese gelten jedoch nur einen halben Kosch, da mit ihnen nur die halbe Arbeit geleistet werden könne; so hiess es. Man muthet aber einem wohlbespannten Hakenpfluge die Bearbeitung von 3 bis 7 Dess. zu”). Das stimmt nun freilich schlecht zur Mittheilung dass der «Kosch» als Flächenmaass die allein gebräuchliche Einheit für weite Strekken sein und 40 bis 50 Tanap, also etwa 7 oder 8 Dessätin gross sein solle. Danach scheint also das Wort «Kosch» bald eine ge- wisse, ziemlich unbestimmte Flächengrösse zu bezeichnen, bald — wie wir oben gesehen — einen Boden-Antheil von gleichfalls unbestimmter Grösse. Die Steuer «Kosch-Pul» entspricht wie es scheint der Steuer «Tanap» darin dass beide sich auf ein bestimmtes Oberflächenmaass beziehen. «Tanap» hiess die Steuer wenn sie vom (umfriedigten?) Gartenlande erhoben wurde, dagegen «Kosch-Pul» wenn Feldflächen be- steuert wurden, in so weit sie unter Gemüse und Gurkenfrüchten (Gurken, Melonen, Arbu- sen und Kürbisse) standen. Nach anderer Version?) wurde diese Steuer von je 50 Tanap Land erhoben ohne Rükksicht darauf ob dieses Land geakkert war oder nicht. Je- denfalls war es eine Steuer des 18. Jahrhunderts welche insbesondere für die Instandhal- tung der Bewässerungskanäle auferlegt wurde. Nichtsdestoweniger blieb diese Instandhal- tung eine Frohn der Gemeinden und dennoch wuchs diese Steuer im Laufe eines Jahrhun- derts auf das Neunfache ihres ursprünglichen Betrages an‘). Ferner war der Grund und Boden unmittelbar belastet mit dem Mirab-ana, von dem schon auf Seite 165 die Rede gewesen ist. Da diese Steuer ihrer ursprünglichen Bestimmung abspenstig gemacht worden war so trat an ihre Stelle der Kipssenj?) (vergl. р. 165); aber auch dieser gerieth auf Irrwege und wurde vor- geschützt er müsse zur Besoldung der Steuereinnehmer verwendet werden, so dass aber- 1) Русск. Type. II, 1872, стр. 107; Маевъ, матер. IV, 3) Nach Русск. Type. II, 1872, стр. 96. 1876, стр. 271. 4) Schuyler 1. с. I, р. 305. 2) Русск. Туркест. II, 1872, стр. 107: Genau зо ver- 5) Noch zu Anfang 1877 führte die Erhebung des hält es sich auch in Algerien, wo jedoch, dem Paar Ochsen | Kipssenj viele Unzuträglichkeiten mit sich. Die Angele- mehr, d. 1. 8—11 Dess. zur Bearbeitung zugewiesen wer- | genheit gestaltete sich um so verwirrter als es sich er- den. gab dass es zu des Khans Zeiten in den verschiedenen Mémoires de I'Acad. Imp. des sciences. VIIme Serie, 53 z 418 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. mals die Bevölkerung von sich aus die Bewässerungs-Beaufsichtigung durch einen unmittel- baren Antheil an der Erndte zu löhnen hatte, Die Fruchtbäume der Gebirgswaldungen waren verpachtet, das Bau- und Brennholz, sowie die Kohlen welche zu Markt kamen zahlten ihre Steuer, Tarikane, Nikachane, Takdshan genannt!). Waage-Gelder wurden auf den Wochenmärkten in Kokan erhoben’); die Einkünfte von den Bazar-Verkäufern waren sehr bedeutend’). Bei allen diesen Steuern fiel es dennoch den Marktinhabern zu, die unumgängliche Polizei von sich aus zu unterhalten *). Zur selben Zeit wurden jedoch im Kreise Osch ausser den Steuern Cheradsh, Ta- nap und Säket noch zwei Steuern erhoben unter dem Namen Tarike und Nikogane. Noch einige Steuern lernen wir an dem Befreiungsakte von denselben kennen. Im Ja- nuar 1877 wurden in Ferghanä folgende drei Steuerzahlungen aufgehoben: 1. Ssaman- Puli, 2. Tol-Puli und 3. die Beitreibungen zum Besten der Dshigitten des Khan’); jedoch mit der Klausel, dass in denjenigen Städten in denen diese Steuern in Pacht verge- ben seien, dieselben erst nach Ablauf der Pachtzeit aufgehoben werden sollten. An den übri- sen Orten sollten diese Zahlungen vom 20. Oktober des verflossenen Jahres, als vom Tage der Abreise des Generalgouverneurs an, für Ferghanä als erloschen gelten. Als man das Land besetzte befand man sich also in Bezug auf die Steuern in ausser- ordentlich günstiger Stellung: das Land seufzte unter der Presse einer auf das Höchste an- gezogenen Steuerschraube. Leider wallte das grossmüthige Gefühl des Siegers in unbedach- ter Weise über. Statt gerechter, gelinder Erleichterungen wurde mit einem Schlage ein Er- lass von 50% der Hauptsteuern und ein Fallenlassen vieler Nebensteuern beliebt‘). Das Kreisen damit verschieden gehalten worden war. Im Ko- kan-Kreise war, trotzdem dass der Cheradsh einen Fünf- ten betrug auch der Kipssenj zu Gunsten des Khan er- hoben und deshalb auch später noch eingetrieben wor- den. Ebenso im Kreise Tschust und Margelan. Dagegen wurde zur selben Zeit, und schon unter Russischer Herr- schaft, weder im Kreise Andidshan, noch in den Krei- sen Osch und Namangan der Kipssenj und Mirab- ana als Steuer erhoben, sondern von der Bevölkerung an die Bewässerungs-Aufseher direkt verabfolgt, und zwar als freiwillige, nicht normirte Gabe. In Folge verschiedener Unterlegungen an den Gene- ralgouverneur, willigte dieser schliesslich in das Fallen- lassen dieser Abgabe ein welche sich auf 20,000 Rubel belaufen zu haben scheint. 1) Vergl. Anhang VI, p. XLV. 2) Vergl. das Genauere in Typx. ВЪд. 1876, № XIII. 3)’Schuyler,1l.c-Il,p. 14. 4) In Kokan fand ich die städtische Polizei organisirt vor, aber gleichzeitig mit meiner Ankunft petizionirte der Kreishauptmann um staatliche Besoldung der Kur- Baschi und Taugar in den Dörfern in welchen Bazare d. i. Wocheumärkte abgehalten wnrden. Bis dahin erho- ben diese Polizeipersonen ihren Lohn unmittelbar von den Buden, was begreiflicher Weise grosse Missbräuche mit sich brachte. 5) Also wohl eine andere als die Mirab-ana (р. 165) welche zu Gunsten der Dshigitten der Beg eingezogen worden war. 6) Antipin in Schuyler I. c. II, р. 241. Dre ORGANISAZIONS-KOMMISSION. 419 Schlimmste war dass man das Versprechen gab, es solle in Zukunft dabei bleiben, und dass, wie begreiflich, nach wenigen Jahren schon, unter den verschiedensten Benennungen eine Steuer nach der anderen heranwuchs. Leider wurde das jährliche Zuschlagen eines gewis- sen Prozentsatzes zur vorjährigen Steuer fast zum System erhoben. Schlimm war es dass nicht ein Mal der festgesetzte gar niedrige Steuersatz voll in den Staatssäkkel floss. Die Schwankungen!) welche daraus hervorgingen dass man zu rasch mit neuen Ver- fügungen vorschritt mussten das Volk irre und folglich unzufrieden machen, denn das Ver- trauen zur Zukunft gerieth ins Wanken. Es gaben selbstverständlicher Weise so unbestimmt erhobene Abgaben wie in Ferg- hanä der Mirab-ana und der Kipssenj zu fortlaufenden Klagen über die steuereintreiben- den Sserker (auch Amläkdar genannt) Veranlassung, bei welcher Gelegenheit es sich dann herausstellte dass etliche Sserker den Kipssenj doppelt eingetrieben hatten. Nach Abschaffung der unter der Herrschaft der Khane beliebten Steuer-Pächter ver- besserten sich die Staatseinnahmen nicht sogleich. Die Eingeborenen bestahlen die unabgetheilten und auch die dem Staate zugetheilten Erndte-Haufen (Chirman); die Steuer-Einnehmer betrogen ihrerseits auch nach Möglich- keit. Ueberall wo man das Einlaufen der Steuern durch besondere Kommissionen schärfer zu beaufsichtigen sich bemühte kamen unerhörte Betrügereien zum Vorscheine: bald war nur |, in die Staatskasse eingeflossen und die übrigen *, waren an den Händen der Steuerzah- lenden und der Steuereinnehmer kleben geblieben, bald waren bis 50 °/, aller Bauernhöfe der Steuerveranschlagung verheimlicht worden”), Die betreffenden Einnahmen der Staatskasse stiegen nach solchen Entdeckungen riesig. Nachdem man darauf die Steuereinnehmer abgeschafft und den örtlichen «Graubärten» unter Kontrolle Eingeborener und russischer Beamte das Eintreiben der Steuern anvertraut hatte stieg beispielsweise im Särafschan-Kreise die Einnahme von 600,000 im folgenden Jahre 1871 auf das Doppelte. Das waren also die Beispiele und Erfahrungen welche den Administrativbehörden Ferghanäs zu Nutzen kamen. 1) So hatten zu Zeiten der Khane die Wakf, die Steu- Als zu Anfang der Arbeiten der Organisazions-Kom- erfreiheit genossen, den Mirab-ana an den Staat wider- spruchslos gezahlt, da sie an dem Bewässerungs- Verbande theilnahmen, und diesem die Steuer nominell zukommen sollte. Das gab zu den Irrungen Anlass. Eben so hatten die Eingeborenen, trotz Verbotes, den altge- wohnten Theil als Mirab-ana gesammelt, der darauf vom Kreishauptmanne mit Beschlag belegt wurde. Sogar der Gouverneur Skobelev, liess auf das Gebot den Kip- ssenj fortzuzahlen bis der Ulpan festgesetzt sein werde, alsbald einen zweiten Befehl ergehen «der Kip- ssenj solle nicht beigetrieben, und nur sein früherer Be- trag festgestellt werden». mission es sich ergab dass von der zuerst gemessenen und eingeschätzten Wolostj ein um ein ganzes Viertel höheres Einkommen für den Staat sich zusammenfand tauchte erst die Frage auf, ob die Gemeinde-Abgaben inbegriffen seien oder nicht, und das nachdem Schuyler (I, р. 104) genugsam gewarnt hatte. 2) Vergl. Турк. ВЪд. 1880. Маевъ, матер. Il, 1873. Костенко, Средняя Азля, 1871, стр. 335 u. 3. w. Auch die Organisazions-Kommission fand eine beträchtliche Anzahl überschüssiger Höfe im Vergleiche mit den An- gaben vor, welche die Verwaltungsbehörden besaassen. 53* 420 А. у. MIDDENDORFF, КЕВСНАМА. Es galt nunmehr in Ferghanä die Steuer gleichmässig zu vertheilen und festzustellen, damit Jeder wisse was er schulde, und Missbrauch verhüthet werde Die Beziehungen zur neuen Herrschaft fanden ihren Knotenpunkt in der Agrarfrage. Diese musste richtig gelöst werden, wollte man auf Ruhe im Lande bauen dürfen. War Turkestan einerseits der heimischen Schwärmerei für Gemeinbesitz glükklich entgangen, so fiel es andererseits in Bezug auf die Steuer leider in das unpassende vom Reiche gebotene Beispiel hinein: Man beschloss die Steuer’ dem Rohertrage der Lände- reien anzupassen. Man hatte eben die Manipulazion im Gebiete des extensiven Akkerbaues des Reiches vor Augen, und übersah dass man es in Ferghanä — wie das überall in dieser Abhandlung hervorzuheben versucht worden — mit etwas ganz Anderem, mit einer ausge- zeichnet intensiven Hochkultur zu thun hatte. Man unterschätzte offenbar das neuerworbene Land; man übersah dass die drei Faktore der landwirthschaftlichen Kultur — Natur, Ka- pital und Arbeit — hoch gespannt vorhanden waren. Der so ganz von der heimischen Schwarzerde abweichende Boden wurde nicht gewürdigt; das in der Arbeit verstekkte Ka- pital nicht beachtet, die Arbeit selbst hinter dem Aushängeschilde der sich breitmachen- den Neigung des Orientalen zum Faullenzen nicht genugsam erkannt. Der Kindheitszu- stand aller Werkzeuge sowohl für mechanische Bearbeitung des Bodens als auch der Erndte- produkte, und die kaum entwirrbare Durcheinandermischung extensivster und intensivster Bodenkultur in jenen Gegenden, bot zu solchem Verkennen durch die, nach Maassgabe der leicht gewordenen Siege sich den Orientalen weit überlegen fühlenden Europäer, die verlokkendste Veranlassung. Durch die Nothwendigkeit Militärpersonen über Nacht in Kadasterbeamte umzutaufen und die Gewohnheit Spezialstudien durch Anstelligkeit ersetzen zu wollen, konnte es sich ereignen dass dem ganzen Gebäude das man zu errichten unternommen ein in keiner Weise passendes Fundament unterstellt wurde. Man hatte eben keine Ahnung von dem durch und durch von der Akkerbau-Praxis durchdrungenen philosophischen Ausspruche des Plinius, bene colere necessarium est; optime colere damnosum. Eine lange Reihe von Er- läuterungen der Neuzeit birgt sich in diesem kurzen Sinnspruche der darauf hinweist dass je höher die Kultur, je höher durch sie der Rohertrag gesteigert wird, desto überwältigen- der auch die Produkzionskosten steigen. Je intensiver die Wirthschaft, eine desto geringere Quote des Rohertrages wird rein gewonnen. Noch gemeinfasslicher ist dasselbe in der Form ausgedrückt worden, dass jeder neue Rubel der an die Vergrösserung der Produkzion ver- wandt wird, dieselbe weniger hebt, als der vorher geopferte Rubel es that. Rohertrag und Reinertrag steigen eben keineswegs parallel sondern der Rohertrag lässt sich häufig noch erhöhen, während der Reinertrag schon, und zwar rasch und immer rascher, sinkt. Deutlich springt das bei der Viehhaltung in die Augen, wenn man bei der Gränze Halt machen muss wo die Verabfolgung von Kraftfuttermitteln (beispielsweise von der Zugabe eines und noch eines Pfundes Mehl) sich durch die Produkte (Fleisch oder Milch) nicht mehr bezahlt macht. Theoretisch betrachtet hat also die Hochkultur, wenn sie razionell sein will, ihre Gränze Dre ORGANISAZIONS-KOMMISSION. 491 dort zu suchen wo es ihr einst gelingen könnte mit der Minimalausgabe an Nährstoffen — sei es für Pflanzen, sei es für Thiere — die Maximaleinnahme zu erzielen. Wir sind je- doch noch weit davon diese Gränzen voraus bestimmen und zweckentsprechend beherrschen zu können. So viel lässt sich nur sagen, dass je wärmer das Klima, desto höher auch die Intensität der Kultur getrieben werden dürfe. Bei der unabweislichen Richtigkeit des Gesagten!) ist es völlig ungerecht die Produkte intensitivster Hochkultur ohne Weiteres mit der Steuer des Zehnten vom Rohertrage zu belegen. Bei solcher Hochkultur müsste theoretisch genommen, von einem bestimmten Maximal-Reinertrage an, der höhere Rohertrag nach einer rasch abnehmenden Skala be- steuert werden; sie aber umgekehrt, mit einer dem Rohertrage voraneilenden, rascher als derselbe ansteigenden Steuern beschweren, heisst auf Vernichtung der Hochkultur hin- arbeiten. Der Rohertrag konnte zur Noth nur dort als Norm benutzt werden wo der Boden fast die einzige, unerschöpflich erachtete, Quelle der landwirthschaftlichen Produkzion abgibt, wo der Raubbau das bisher ökonomisch richtige Verfahren war, das aber, gedankenlos über seine zulässigen Gränzen geübt, zu der Situazion der gegenwärtigen landwirthschaftlichen Kalamität Russlands unausbleiblich führen musste. Das Särafschan - Thal hatte die Beweise dafür geliefert dass trotz seiner hohen Fruchtbarkeit die Roherträge derselben Produkte um das Doppelte, bis zum Vierfachen schwankten?). Man durfte sich also nicht den Erfahrungen des Westens entziehen, der unter ungleich weniger intensiven Akkerbauverhältnissen die Bonitätsklassen seiner Kadastrirungen nicht anders als nach den Reinertragswerthen normirt hat. Betragen beispielsweise, wie das bei hochintensiver Kultur in Europa wohl der Fall ist, die Produkzionskosten bis 80°, des Rohertrages, so repräsentiren 10%, vom Rohertrage leicht bis 50°, des Reinertrages, und wirken ertödtend auf die Intensität der Kultur zu- rükk. In Europa haben 6°, des Reinertrages hier und da schon zu argen Klagen wegen Uebersteuerung Veranlassung geboten. Allerdings im Vereine mit Nebensteuern. Sogar bei extensiver Kultur in Nordamerika (Chicago, Minnesota, Kansas), aber aller- dings bei sehr hohen Arbeitslöhnen, wird der Reinertrag der Weizenfelder durch die Pro- dukzionskosten, unter Einschluss des Pachtwerthes vom Lande, auf 50%, des Rohertrages, und mehr hinabgedrükkt°). Es müssen also alle beeinflussenden Momente wie: Preis des 1) In seiner trefflichen Abwehr des beabsichtigten Zolles auf die Einfuhr landwirthschaftlicher Maschinen glaubt der Leitartikel der Землед. Газета (1880, № 19, стр. 306) das Verhältmss des möglichen Unternehmerge- winnes, unter vortheilhaften Verhältnissen, bei intensiver Wirthschafisweise (also noch nicht Hochkultur) auf Ye, bei extensiver auf И, des Rohertrages annehmen zu dürfen. 2) Vergl. die Tabelle in der Поясн. Записка къ про- екту etc. стр. 61. 3) Vergl. Korn, der Landwirth, 1881, № 19, р. 91, wobei sich freilich die interessante Thatsache heraus- stellt dass die Produkzionskosten des Mais sich in Iowa um ein Drittheil billiger stellen als jene des Weizens: dort beispielsweise 60 Mark; gegen 99 Mark auf die Dess. Weizen. Dennoch mehr als doppelt so billig wie in Europa. 422 А. у. MIDDENDORFF, РЕВСНАКА. Grund und Bodens, зо wie der Produkte, Höhe des Arbeitslohnes und der Gespannar- beiten, Entfernung des Absatzortes u. s. w. sorglich erwogen werden bevor man den Akker- bau belastet. Unter den behufs Normirung zu wählenden Wegen, konnte in Ferghanä nur von dem allerzugänglichsten die Rede sein: von der präsumptiven Schätzung der dauernden Eigen- schaften und Vortheile des Bodens der Grundstükke, durch ortskundige landwirthschaft- liche Sachverständige, nach dem Gesammteindrukke, und ohne Rükksicht auf zufällige oder willkührliche, vielleicht augenblikkliche, Verminderung oder Steigerung des Werthes. Die Produkzionsmassen die sich erwarten lassen, kommen allerdings auch in Betracht, jedoch nur als einer der vielen Faktore welche in jenem Gesammteindrukke, dem Resultate sorg- licher Erwägungen gewiegter Praktiker, aufgehen. Man durfte also, nach meiner Ansicht, von allen theoretisch wissenschaftichen Voraus- setzungen absehen; man durfte sogar von chemischen Kenntnissen, von jeglicher physika- lisch-chemiser Bodenanalvse um so mehr abstrahiren, als das speziellere Eingehen auf dieselbe auch im vorgerükktesten Westen noch immer Sache einer Zukunftsbonitur bleibt. An dieser Stelle unterbreche ich mich selbst, um dem zu begegnen dass man mir nicht vorwerfe dem in diesem Werke gebotenen Luxus an Bodenanalyse, hierdurch das Urtheil gesprochen zu haben. Eine Einsicht in die Natur der Bodenbestandtheile kann nur die ge- wünschte zutreffende Einsicht stärken, ihr wichtige Anhaltspunkte bieten, den Ueberblikk berichtigen, wenn gleich es wahr bleibt dass wir bisher in der Analyse meistentheils keinen direkten Maasstab für die Fruchtbarkeit eines Bodens gewinnen, sondern gewöhnlicher nur einen Nachweis der Ursache der Unfruchtbarkeit eines Bodens. Haben wir nun aber zugegeben dass man in Ferghanä aus der Noth eine Tugend machen und wissenschaftlich nicht genügend vorbereitete wakkere Männer in Kadasterbe : amte umtaufen durfte, so können wir nicht umhin desto fester darauf zu bestehen dass es ortskundige landwirthschaftliche Sachverständige hätten sein müssen. Die orts- kundigen wahrhaft sachverständigen Kenner, die eingeborenen Akkerwirthe konnten leider nicht ein Mal als Rathgeber benutzt werden, denn ihre Aussagen waren höchst unzuver- lässig, meist absichtlich gefälscht und hätten mindestens durch europäische Meisterkenner gesichtet werden müssen. So weit ich die vorwaltend militärischen Mitglieder der Organi- sazions-Kommission Ferghanä’s kennen gelernt waren sie weder ortskundig noch sachver- ständig: kein einziger praktischer Landwirth, die Mehrzahl der Glieder hatte nur schwache allgemeine Vorbildung, fachliche Spezialbildung, so viel ich sehen konnte, gar nicht. Ich beeile mich eine Ausnahme zu konstatiren inH. Wilkins, der, obwohl zur letz- ten von mir so eben nahmhaft gemachten Kategorie gehörig, dennoch, eben auf Grundlage seiner Universitätsbildung sich in sein neues Fach einzuarbeiten vermocht hat. Noch im Herbste des Jahres in dessen erster Hälfte ich Ferghanä besuchte, entwarf er im Auftrage der Oberbehörde eine dankenswerthe, Richtung gebende, allgemein gehaltene Instrukzion Dre ORGANISAZIONS -KOMMISSION. / für die Bodenschätzungen in Ferghanä'). Dadurch wurde diesem Regimente doch wenigstens eine Fahne geboten, für einigermaassen einheitliches Vorgehen, das ich eben in den Akten der schon ein Jahr lang vor meiner Ankunft in Thätigkeit gewesenen Kommission zu mei- nem grossen Erstaunen vermisste. Alle Glieder übten sich, lernten die Anfangsgründe unterdess sie schor urtheilten und verfügten. Aber den Rohertrag festzustellen war nicht ein Mal so leicht als es scheinen könnte. Die Vorschrift gebot, sich dabei nach den Aussagen der Eingeborenen und guten Wirthe zu richten. Man hatte es aber mit pfiffigen, unter äusserstem Steuerdrucke und der Gewohn- heitslüge erwachsenen Orientalen zu thun, denen, abgesehen von irdischem Vortheile, himm- 1) Sie ist unter dem Titel: OGuxia указанйя касательно изслфдован1я почвъ Ферганской области. 1878 въ Ок- тябрЪ, gedrukkt, und mir zu spät zugekommen um an den betreffenden Orten dieser Abhandlung berükksichtigt worden zu sein. Wenn ich nicht voraussetzen müsste dass die Or- ganisazions-Kommission nunmehr mit ihrer Arbeit zu Ende sein dürfte, so würde ich in H. Wilkins diejenige Persönlichkeit bezeichnen unter deren Anleitung eine Kadastrirung in Turkestan, mit täglich wachsender Aus- _ sicht zu Vervollkommnung, gedeihen müsste. In besagter Schrift, bei welcher er gänzlich uneinge- weihte Kollegen im Auge gehabt, begrüssen wir mit Freu- den eine Anzahl lokalisirter Beobachtungen, bei nach- drükklichem Hinweis darauf wie komplex die Bedingun- gen der Fruchtbarkeit sind. Die Düngerfrage wird rich- tig gewürdigt; die Dammerde in denselben drei Abarten erkannt die ich in dieser Arbeit (p. 99, 146) nahmhaft ge- macht, der Hornblende-Sand (vergl. die Analyse unserer Sandprobe № 1) richtig gedeutet, der Einfluss des Was- serstandes im Untergrunde, so wie der wasserhaltenden Kraft gewisser Bodenvarietäten, und auch des bedenten- den Thaues hervorgehoben. Eben so macht H. Wilkins aufdas Ungenügende der Kartenaufnahmen aufmerksam; so wie auf die Wichtigkeit den Boden-Unterscheidungen der Eingeborenen alle Aufmerksamkeit zu widmen. Auffallen muss es jedoch dass der Löss bei H. Wil- kins so sehr in den Hintergrund, und diluviale wie alluviale Thonarten in den Vordergrund treten, welche «allerwärts» verbreitet sein sollen und in der Kom- mission als gute Erndten liefernd anerkannt wurden. Es ist möglich dass im Kreise Kokan in welchem die Orga- nisazions-Kommission schon ein Jahr lang vor meiner Ankunft gearbeitet hatte Tertiärlehme mehr hervortre- ten, als dort wo ich das Ferghanä-Thal untersuchte, in- dessen scheint bei näherer Einsicht in Wilkins kleine Schrift der grösste Theil der von ihm für Terziärlehme gehaltenen Bodenvarietäten, nichts Anderes als verkann- ter Löss zu sein. Spricht er doch selbst von graugelben Lehmen, von Thonarten mit Lösskarakter, von hellem, zartem Thonmergel, der wohl auch nichts weiter als Se- cundärlöss gewesen, den Wilkins gar nicht unterschie- den hat. Seine Alluvial-Lehme dürften eben Lössalluvio- nen sein. Ueberhaupt ist Wilkins die Bedeutung welche der Löss als treffliches Substrat, als Bodenskelett, für erfolg- reich nachhaltigen Akkerbau hat, nicht hinreichend zum Bewusstsein gekommen. Dagegen kaun ich nichts haben dass er, als Kadastrirender, den humuslosen Löss an die dritte Stelle setzt, 4. 1. zu den mittelmässig fruchtbaren Bodenarten rechnet; er übersieht aber dabei dass die Schwarzerde Ferghanä’s (Kara-Turpak; Kara-Upa nach Brodovski), und sei sie auch noch so humusreich (wie 2. В. № 20 unserer Analysen, aus Dshujda; (wohl das- selbe was nach Brodovskij von den Eingeborenen Tschartschiu oder Tscharych genannt wird?) doch nur höchstens 13 Prozent organische Substanz enthält während die übrigen 87 Prozent Löss sind; er übersieht dass der Löss ein bleibender, der Humus ein schwinden- der Bestandtheil des Bodens ist und dass die Steuern den unveränderlichen Werthen des Bodens vorzugsweise fol- gen sollen; er übersieht dass er selbst die düngende Wirkung des «Schlammes» hochschätzt, welchen das Wasser der Aryk mit sich führt. Was ist denn dieser Schlamm, wenn nicht Löss? Der Kara-Turpak den ich vom Hügel bei Span (vergl. Analyse \ 13) als Dungmit- tel auf das Feld führen sah war ein Löss der kaum 6°, organische Substanz enthielt, und das üppigste Weizen- gras das ich sah stand auf einem Löss der (vergl. Ana- lyse № 10) nicht ein Mal ein Prozent organischer Sub- stanz aufzuweisen gehabt hat. Sehr hat es mich freuen müssen dass H. Wilkins seine Kollegen davor warnt, schwachsalzigen Boden nicht zu missachten. Das bestätigt in entschiedener Weise meine Ansicht von der bedeutenden Rolle welche der Gegenwart dieser Salze zugeschrieben werden muss, dagegen die Organi- sazions-Kommission anfänglich, im Kokan - Kreise, die salzhaltigen zumal salzhaltig-sandigen Böden, an und für sich für die schlechtesten erklärt hatte. 424 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. lischer Lohn winkte, für Ueberlistung der Christenhunde. Die Aufgabe dort der Wahrheit auf die Spur zu kommen war nicht leicht; hiefür bietet den besten Beweis das Ungenügende meines Versuches (Anhang VII) aus den wenigen im Drukke vorhandenen Nachrichten das Richtige hervorzuziehen. Nur ganz allmälig tauchten also aus den Akten der Organisazions-Kommission glaub- würdigere Bestimmungen des Rohertrages hervor. Betrachten wir uns dieselben: Der Reis hebt sich als diejenige Frucht heraus welche die sich am meisten gleich- bleibende Fruchtbarkeit bietet!). Die Ursache liegt auf der Hand, denn er ist einerseits dasjenige Getreide das am wenigsten vom Dünger abhängig ist; um so mehr aber vom Was- ser; und eben ganz, und nicht halb versagt er wenn es an Wasser gebricht. Um so greller tritt an ihm die wirthschaftliche Bedeutung grosser Wassermengen hervor und wir werden an Herodots Ausspruch erinnert, dass nirgends in der Welt so sehr als in Unter-Aegypten die Erde dem Menschen die Akkerfrüchte so vielfältig und unter so wenig Mühewaltung gewähre. т Obgleich offenbar unabhängiger vom Dünger als alles andere Getreide, liefert der Reis den besten Beweis für die Bedeutung des Düngers, denn aus einer Notiz der Akten habe ich gerade herausrechnen können dass bei tüchtiger Düngung die Erndte an Reis um /; des mittleren Ertrages zu steigen vermag. Dieser mittlere Ertrag dürfte sich auf 120 Pud von der Dessätine festsetzen lassen. Da nun der Durchschnittspreis bisher 45 Kop. betragen hat, so berechnet sich der Roher- trag durchschnittlich auf 54 Rub. von der Dessät., bei grösserer Unabhängigkeit von der schwierigen Düngerbeschaffung, die sich überdies durch Einpflügen einer zu Gründung vorangesäeten Pflanze guten Theiles stellvertreten lässt. Es konnte ja auch nur richtig sein dass der Eingeborene, wo es irgend angeht nichts als Reis säet. Da das aber nicht überall angeht so istW eizen allgemeiner verbreitet. Meinestheils würde ich die Durchschnittserndte desselben nicht unter 100 Pud von der Dessät. ansetzen wollen; den Akten der Kommission folgend muss ich mich aber mit 65 Pud begnügen’). Beim 1) 120 Pud Ertrag von der Dess. ergaben sich als Mittel von 14 Ermittelungen. Dabei Schwankungsgränzen von 64 bis zu 174 Pud also bis zum Verhältnisse von 1:2,7, was dem Gleichbleiben der Fruchtbarkeit Ab- bruch thun würde, wenn man die Uuzuverlässigkeit der Angaben über Gebühr übersehen wollte. Aus 10 anderen Ermittelungen ging ein Mittelertrag von 124 Pud her- vor, bei Schwankungsgränzen von 96 bis 168 Pud, also bis zum Verhältnisse von 1 : 1,8. An noch anderer Stelle schien der Mittelertrag 140 Pud, von der Dess. zu betra- gen; aber nur bei reichlichst vorhandenem Wasser. Kommt das Gewicht der Körner in dem Maasse dem Strohgewichte gleich, wie von einem Kommissionsgliede angestellte Wägungen das vorgeben? Im Gegensatze zumReis scheint die Gerste als die un- sicherste Frucht angesehen werden zu müssen. Das mag theils daher rühren dass sie anspruchsvoll an gewisse Bodeneigenschaften ist, z. B. Salzgehalt nicht gut ver- trägt, in leichteren sandigeren Böden nicht lohnt (des- halb bei Ssary-Kurgan gar nicht gebaut); theils wird sie auch, da sie Dürre besser als andere Früchte ver- trägt in die fernsten Feldwinkel verstossen. Besagtes Verhalten des Reis und der Gerste wird durch Angaben auf р. 61 der пояснительная записка къ проекту положен1я объ управлен!и въ обл. Турк. Ге- нералъ - Губернаторства, bestätigt. — Der niedrigste Roh-Ertrag von der Dess. verhielt sich zur ergiebigsten _Erndte beim Reis wie 1 : 1,35; beim Weizen wie 1 : 1,85; bei der Dshugara wie 1 : 2,31; bei der Baumwolle wie 1 : 2,34; bei der Gerste wie 1 : 4,4. 2) Das Mittel von 11 Ermittelungen ergiebt 65 Pud, bei Schwankungsgränzen von 24 bis (häufig) 84 Pud, also Dre ORGANISAZIONS-KOMMISSION. 425 Durchschnittspreise von 60 Кор. berechnet sich also der Rohertrag von einer Dess. auf 39 Rub. Demnach wäre der Rohertrag vom Weizen um 20°, weniger vortheilhaft als der vom Reis; das widerspricht aber im höchsten Grade den im Särafschan-Thale gewonnenen Resultaten '). Wir lassen das immer mehr die Oberhand in der Ausbreitung gewinnende unedle Korn der Dshugarä folgen. Die Durchschnittserndte stellt sich auf 138 Pud von der Dess.?). Beim Durchschnittspreise von 30 Кор. berechnet sich also der Rohertrag auf 41'/, Rub. von der Dessätine. Was nun endlich die Baumwolle anbelangt so ergab sich für sie?) eine Mittelerndte von 39 Pud von der Dess. Diese dürfte etwa 9%, Pud Faser geben welche beim Durch- schnittspreise von 4'/, Rubel einem Rohertrage von etwa 41 Rub. gleichkämen. Diesen Bestimmungen zufolge würden also Weizen, Dshugara und Baumwolle durch- schnittlich einen gleichen Rohertrag von der Dessätine gewähren, der Reis aber einen um 1, höheren. Doch geht sowohl den ermittelten Erndteerträgen als den Preisen Vieles ab, was sie hinreichend glaubwürdig erscheinen lassen könnte. Aus der Höhe der Schwankungsgränzen der Erndteerfolge welche sich aus den vor- stehenden Betrachtungen ergeben haben, lassen sich übrigens mit Sicherheit zwei Vor- aussetzungen folgern: dass es nämlich bald an Wasser mangeln müsse, bald an hinreichend sorglicher und intensiver Wirthschaft. Die zumal für den Weizen so niedrig angegebenen Erndten werfen aber ein eben so schönes Licht auf den menschenfreundlichen Karakter der Glieder der Organisazionns-Kommission als sie entschiedenen Schatten auf die Richtigkeit ihrer amtlichen Ermittelungen werfen. Was ich in Aehren schiessen sah versprach bedeu- tend mehr. Um so entschiedener bedaure ich dass man die Vermessung nicht um ein Jahr der Kadastrirung vorangehen liess. Wäre das geschehen, dieVermessung genau ausgeführt, und einstweilen die Erhebung der Natural-Abgabe beibehalten worden, so besässen wir jetzt eine treffliche Feststellung des durchschnittlichen Rohertrages für jedes einzelne Produkt, über das ganze Ländchen. bis zum Verhältnisse von 1: 3,5. Dabei ist die obere Gränze ganz entschieden viel zu niedrig angegeben, wäh- rend ich die untere Gränze von 24 Pud bei Sandboden (und offenbar dazu zu rechnenden Wassermangel) gar nicht gelten lassen kann. Wie es sich mit diesem Mittel verhält, illustrirt Na- livkin’s Angabe (Type. ВЪд. 1880) dass im Namangan- kreise nach offiziellen Ermittelungen die Weizen-Erndte zwischen dem 5-ten und 20-sten Korn schwankt und im Mittel das 10-te Korn gerechnet werden dürfe. Ganz eben so ist das 10-te Korn als der Durchschnitt für die Ländereien der Terskischen Kosaken ermittelt worden (Труды Имн. Вольн, Экон. Общ, 1881, стр, 372). Mémoires de l'Acad. Imp. des sciences, УПше Serie. 1) Vergl. die Seite 61 der in der Anm. 1 der vorigen Seite angeführten «поясннтельн. записка ». 2) Das Mittel von 14 Ermittelungen ergiebt 138 Pud, bei Schwankungsgränzen von 80 bis 180 Pud, also bis zum Verhältnisse von 1:6; ja wollte ich die eine Aus- nahme, welche eine Erndte von 228 Pud angibt mitrech- nen so stiege die Schwankung zu dem Verhältnisse 1 : 7,6. Hier gibt sich der Einfluss einer intensiveren Bearbei- tung und Düngung hervorragend kund (vergl. p. 237). 3) Als Mittel von 14 Ermittelungen, bei Schwankungs- gränzen von 18 bis 60 Pud; mithin bis zum Verhältnisse von 1: 3,9. 426 А. т. MIDDENDORFF. FERGHANA. Doch betrachten wir uns die Prozedur so wie sie ausgeführt worden. Dem Reglement") zufolge wird die Steuer von den Ansässigen als Grundsteuer (Ulpan), von den Nomaden aber als Zeltauflage im Betrage von 2%, Rub.”) erhoben. Die Akkerbau treibenden Nomaden werden aber zur Grundsteuer herangezogen, falls dieselbe mehr beträgt als die (dann wegfallende) Zeltsteuer. Alle drei Jahre werden die Kibitken von Neuem ge- zählt, wobei ein Irrthum von 1, bis 2 °%, nicht geahndet wird. Die Versammlung des Stammes vertheilt die Steuer auf die Zeltinhaber und hat das Recht die Armen völlig von der Steuer zu befreien und deren Steuer auf die Gesammtheit zu vertheilen. Die Versamm- lung des Stammes haftet insgesammt für die genaue Entrichtung der Zeltsteuer, mit ihrem Viehstande und beweglichem Vermögen überhaupt. Die Grundsteuer der Ansässigen richtet sich nach dem Rohertrage vom akkerfähigen bewässerbaren Lande, und zwar nachstehenden 8 Kategorien entsprechend: I. Ländereien, welche von der Dessätine akkerfähigen Landes über 60 Rub. durchschnitt- lichen Rohertrag gewähren; solche zahlen 10 %, des Rohertrages, II. von 60—50 Rub. inclusive; » » 5 Rub. von der akkerfähigen Dessätine, Ш. » 50—40 » » » » 4» У » » ТУ. » 40—30 » » » » о ЖЕ » » У. » 30—25 ь » » » и) Der) » » УГ, » 25—20 » » » » Те» » » » » УП. weniger als 20 » » » » Wer » » » » VIII. unbewässerbare Aekker °) » DT RO D » » Der durchschnittliche Rohertrag wird als mittlerer für die gesammte Landeinheit welche jedes Individuum oder jede Gemeinde inne hat, berechnet. Für jede einzelne Kadaster- Ausfertigung wird nur eine gemeinsame Kategorie des Rohertrages zugelassen, wenn nicht unbewässerbare Aekker zum Komplex gehören, welche getrennt aufgenommen werden. Das Dreeschland des bewässebaren Landes wird so besteuert als wäre es besäet. Der Hof nebst Frucht-, Wein- und Gemüsegärten werden derselben Kategorie zuge- zählt, in welcher die Felder derselben Kadaster-Ausfertigung stehen. Dem Rohertrage wird eine Mittelerndte zu Grunde gelegt und diese vermittelst des fünfjährigen Durchschnittspreises der angebauten Produkte in Geldwerth ausgedrükkt. Ausgeschlossen von der Schätzung ist Oedland, das wegen natürlicher Unfruchtbarkeit des Bodens solches ist; ferner das zu Marktplätzen angewiesene, unter Wegen, Wasser, 1) Положене объ ynpasıcHin въ областяхъ Турке- | ganisazions-Kommission als VIII-te Kategorie diejenige станскаго Генералъ-Губернаторства. welche einen Rohertrag unter 15 Rub. gewährt, einge- 2) Zu denen noch 3/, Rub. hinzugekommen sind. reiht, und als IX-te diejenige der unbewässerbaren 3) Abweichend hievon fand ich in den Akten der Or- | Aekker. Dre ORGANISAZIONS- KOMMISSION. 497 Schluchten, Begräbnissplätzen, oder auch unter solchen Gärten und Lusthainen befindliche Land, welche zu Metschetkirchen gehören, und als Plätze für gemeinsame Gebete oder Festlichkeiten, oder auch als Ruheplätze für Wanderer benutzt werden. Solche Ländereien ‚sind Gemeindegut und werden den Dörfern zugeschrieben, in deren Gebiete sie liegen. Für die im Gemeinbesitze befindlichen Ländereien wird die Gesammtsteuer veran- schlagt und im Verhältniss der jedem Gemeindegliede zugetheilten Landquote repartirt. Die festgesetzte Steuer bleibt für jeden Bezirk (Oblastj, also das ganze Ferghanä) auf 12 Jahre unveränderlich. Jeder Landinhaber haftet persönlich für die pünktliche Einzahlung der auf ihn fallen- den Steuer: voran mit seinem beweglichen Vermögen in sofern es nicht für seine Wirth- schaftsführung äusserst nöthig ist; in zweiter Linie mit seinem Grundstükk, ausgenommen den Hofsitz (Ussadebnaja ossedlostj). Das Grundstükk wird nöthigenfalls anderen Glie- dern derselben Gemeinde zur Bewirthschaftung vergeben, dem Besitzer aber nach erfolg- ter Abtragung der Steuerschuld zurükkgegeben. In ausserordentlichen Fällen der Unmöglichkeit dass die Bevölkerung die Steuer ent- richten könne, unterlegt der Kreishauptmann darüber dem Generalgouverneur, der berechtigt ist die Stundung der Steuer zu verlängern. Zuvörderst that es Noth die dergestalt festgestellten Grundlagen in Anwendung zu bringen und mit einer Vermessung der Akkerländereien zu beginnen. Des tüchtigen Cho- roschchins Ausspruch'): «aber Allem zuvor ist eine landwirthschaftliche Aufnahme uner- lässlich» musste ausgeführt werden. Man schritt jedoch an die Ausführung ohne Kostenk o’s°) praktischen Wink zu beachten, der gerathen hatte die früher geleisteten Zahlungen zum Maasstabe zu nehmen. Man adoptirte nur den Theil seines Vorschlages der anrieth sich an die Dorfschaft als Steuereinheit, dem Staate gegenüber, zu halten, für diese eine Gesammt- zahlung festzustellen und der Bevölkerung die Vertheilung auf die einzelnen Steuerzahler zu überlassen. Der Organisazions-Kommission ?) wurde die Vermessung überwiesen und zur Hauptaufgabe gemacht die Besitztitel festzustellen und die Dokumente über dieselben den innehabern der Landstükke, in der Qualität anerkannter «bleibender Nutzniesser» auszu- fertigen. Es waren darunter nur ganze Gemeinden, als Kollektiv-Inhaber verstanden. Eben so hatte die Kommission den Grund und Boden als Steuerobjekt einzuschätzen so dass man «wenn auch nur in allgemeinen Zügen der Wahrheit nahe käme». Näher ein- gehende Instrukzionen setzten besonderen Nachdrukk darauf, dass die Kommission That- sachen sammeln müsse welche dienlich sein könnten als Hinweise für eine Klassifikazion der Bodenarten, damit die Steuer gleichmässig, und der Produktivität des Bodens so wie 1) Сборникъ статей, 1876, стр. 19. aber schon zu Ende Februar 1877 für reif erklärt und in 2) Средняя Asia, 1871, стр. 335. Bewegung gesetzt, nachdem sie im Oktober 1876 ihre 3) Ihre Einrichtung ist in den Турк. ВЪд. 1878 ver- | Berathungen begonnen hatte. öffentlicht. Ihr Etat datirt vom 5. Мм 1877; sie wurde 428 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANÄ. der landwirthschaftlichen Steuerkraft entsprechend vertheilt werden könne; die Glieder sollten die verschiedenen Fruchtgattungen welche vorwalteten, ihre Behandlungsweise, Aus- saatmenge u. 3, w. beachten. Man begann damit keineswegs unerhörte Neuerungen für Mittelasien. Nicht nur dass in chinesischem Gebiete der Landesaufnahme seit undenklichen Zeiten Kadastervermessungen der Akkerbaugegenden folgten '), sondern in Ferghanä selbst, hatte man werthvolle Dokumente über Vermessung der Gärten, über die während der letz- ten zehn Jahre eingelaufenen Naturalabgaben u. d. m. vorgefunden welche in den Archiven des Khans aufbewahrt lagen ?). Auch gab es im Lande keine geringe Anzahl eingeborener Landmesser (Muftij-Tanapkesch) deren Aufnahmen sich brauchbar erwiesen, jedoch einer Umrechnung des Flächeninhaltes der in reguläre Figuren zerfällten Landstükke heisch- ten”). Die Bevölkerung fand deshalb in der neubegonnenen Messung, ja sogar in der Auf- nahme der Gehöfte und der Anzahl der männlichen Bevölkerungselemente nichts Befremd- liches, sondern verhielt sich entgegenkommend, so dass die Vorsichts wegen bereit gehal- tenen Kosaken abbestellt werden konnten. Nachdem durch die Militärtopographen die Triangulazion Ferghanä’s und auch schon Spezialaufnahmen des Landes vorangegangen waren *), schritt die Organisazions-Kommission, mit Hilfe aus dem Reiche herangezogener Feldmesser gleichzeitig zur Vermessung, zu den landwirthschaftlichen Aufnahmen und zur Ausführung ihrer übrigen Verpflichtungen. Man begann mit dem Kreise Kokan und ging zur Zeit meiner Anwesenheit schon auf den Mar- gelan-Kreis über. Die Aufnahmen brachten die Ländereien von einem oder mehren Dörfern auf ein Blatt: anfangs nach dem Maasstabe von 250, später von 100 Sashen auf den Zoll. Ungeachtet dieses bedeutenden Spielraumes wurde summarisch nur so viel zu Papier ge- bracht als unumgänglich war die Dorfschaften von einander abzugränzen und innerhalb ihrer Gränzmarken ganz im Allgemeinen Oedland, Felder, wohl auch das Reisland und Wein- gärten durch Farben zu unterscheiden’). Während die russischen Feldmesser durch diese Arbeiten in Anspruch genommen wurden, nahm man die eingeborenen zu Hilfe um durch sie die Grösse der mit den einzelnen 1) Richthofen 1. с. р. 353, 389. Es sind dort drei Mal drei Klassen Felder und somit eeuen Kategorien von Abgaben festgestellt worden. 2) Турк. ВЪд. 1876, № I. Die Manuskriptrollen der sogenannten Defter. 3) Маевъ, матер. 1874, III, стр. 153. Der Tanap wird als quadratische Figur, deren Seite je 60Gäs (=°/, Arsch.) lang ist, angenommen. 3,84 Tanap gingen auf die Dess. im Särafschan-Gebiete. Probemessungen welche die Or- ganisazions-Kommission anstellen liess ergaben dass zur Zeit der Khan-Herrschaft es damit nicht so genau genom- men wurde und der Tanap wechselte thatsächlich von der Grösse !/, bis zu И, Dessätine. Man setzte sie für Fer- ghanä auf !/, Dess. = 3600 Gäs fest, wodurch die Gäs zur Länge einer Arschin verkürzt wurde. 4) Ich habe nicht in Erfahrung bringen können wes- speziell ausnehmende Aufnahmen der Militär-Topogra- phen, von denen eine Reihe auch sogar den Titel wirth- schaftlicher Messungen führte, als ganz unbrauchbar für die Benutzung zu Zwekken der Organisazions-Kommis- sion erachtet wurden. 5) Eine Versuchsaufnahme (des Dorfes Khaken), wel- che auch die Besitzparzellen aufgemessen und eingetra- gen hatte, liess man, weil zu langathmig, dabei ihr Be- 1 wenden haben. halb zahlreiche, sich auf dem Papiere ganz vorzüglich‘ Dre ORGANISAZIONS- KOMMISSION. 499 Korngattungen und mit Luzerne bestellten Feldchen und Gärtchen ausmessen zu lassen Is sowie auch die akkerfähigen aber unbestellt gebliebenen Flächen. Man bedurfte dessen un- erlässlich um den Rohertrag zu ermitteln, welcher durch die verschiedenen Preise der ver- schiedenen Feldfrüchte bedingt wurde. Wegen der Unzuverlässigkeit dieser Tanapkesche, und weil sie sich zum Messen der Strikke bedienten, wurde beschlossen sich mit Messungen zu begnügen, deren Fehler, nach Summirung der einzelnen Feldstükke, im Vergleich mit dem von den russischen Feldmessern gefundenen Gesammtmaasse, von diesem letzteren nicht mehr als bis zu 15 %, von dessen Betrage abwichen. War der Fehler grösser, so musste der betreffende Tanapkesch seine Arbeit von Neuem herstellen. Bei der unverschämter Bestechlichkeit dieser Tanapkesch und der völligen Straflosig- keit, indem höchstens Entlassung drohte, war es gar nicht zu verwundern dass in meiner Gegenwart ein Mitglied der Organisazions-Kommission in der Gesammtsitzung berichtete, er habe in einem gegebenen Falle den oben erwähnten Fehler nur 8 %, gross befunden, je- doch bei Nachmessung eines der in jenen 8 %, inbegriffenen Feldstükke einen Unterschied von 52 %,, gegenüber der Angabe des Tanapkesch. Nichtsdestoweniger wurde konsequenter Weise, der oben erwähnten Regel gemäss, kein Ummessen angeordnet. Das hatte aber un- mittelbaren Einfluss auf die Verzeichnisse der einzeln namhaft gemachten Akkerwirthe ?) und der jedem Einzelnen gehörigen Feldstükke. Selbstverständlich stimmten also die An- gaben der Steuerlisten nicht zu den Steuer-Karten, als ich mir die fruchtlose Mühe machte, die Angaben über ein Dorf näher durchnehmen zu wollen. So verhielt es sich also mit der Genauigkeit des mathematischen Theiles der Ka- dastrirung. Was nun manche Schwierigkeiten anlangt welche während der Arbeiten selbst auf- tauchten, so habe ich über dieselben und über deren Lösungen Folgendes mir aus den Akten ausgezogen. Hofbesitzer deren Landstükk weniger als /, Tanap gross war wurden als landlos be- trachtet; wo jedoch im Dorfe das einem Besitzer gehörige Land, beständig von anderen Personen, als Theilbauern bearbeitet worden, die schon lange Zeit nicht gewechselt hatten, da wurde ein Verzeichniss dieser Theilbauern aufgenommen, unter Verzeichnung der Be- dingungen und Fristen. Wo der Hofbesitz durch besonders schlechte Bodenbeschaffenheit, durch Wassermangel, oder anderer Ursachen wegen nicht beurbart war (Kurük), da wurde er unter Kategorie VIII eingeschätzt. 1) Die Vergütung stieg von anfänglich !/,, auf И. und | gegeben werden. endlich auf 1/, Кор. (4. 1. 1 Tschek) pro Tanap, wobei 2) Anfangs wurde die gleichzeitige Ermittelung der die verschiedenen Fruchtgattungen mit denen sie bestellt | Zahl der Familien und der männlichen Seelen angeord- waren, so wie die Wirthe, getrennt aufgegeben werden | net. Später liess man das fallen. mussten. Jedem Topographen sollten 7 Tanapkesch bei- 430 А. у. MIDDENDORFF, КЕВСНАМА. Zum Oedland rechneten die ansässigen Eingebornen unzugängliche Moräste, Geröll- betten, Flugsand und alles Land das keine Anrechte auf Bewässerung besass; solches durfte nur Gemeingut sein. = Als Oedland wurden auch die Landstriche angeschrieben welche zwischen den einge- schätzten Höfen lagen, einst bearbeitet gewesen, jedoch wegen Mangel an Wasser oder we- gen schlechter Bodenbeschaffenheit zur Zeit unbearbeitet lagen. War solches Oedland von den aufgenommenen Ländereien nicht umschlossen, so wurde es, gleich den Steppenlände- reien die als Gemeingut benutzt werden, nicht zur Karte gebracht. Alles Gartenland, sowie die Luzern- und Melonenstükke wurden, der zeitherigen Ab- gabe entsprechend, mit der Tanapsteuer eines Rubels belegt. Das geschah also im Wider- spruche zur ursprünglichen Bestimmung des Reglements. Die formelle Schwierigkeit dass die Ländereien häufig Personen gehörten welche weit- ab in verschiedenen Städten zu Hause waren, wurde durch Zuschreibung dieser Lände- reien je nach ihrer territorialen Zugehörigkeit zu einer Wolost, oder einem Dorfe, gelöst, wodurch freilich die angenommene einheitliche Anordnung der Steuerlisten auf Grundlage des Personalbesitzes, sich gestört fand. Es fanden sich Dörfer vor von deren äkkerfähigen Ländereien ein Fünftel brach lag, ja Dörfer deren akkerfähige unbebaute Ländereien die bestellten um ein Mehrfaches an Ausdehnung übertrafen. Es gab Privatbesitz von 100 und mehr Dessätinen, die noch nie beakkert worden waren und dem Reglement zufolge dennoch nach demselben Maassstabe besteuert werden sollten wie ein dazu gehöriger minimer, reichbestandener Antheil dessel- ben Landbesitzes. In solchen Fällen ergab es sich gar zu schlagend dass der reglementmässig gebotene Massstab im höchsten Grade falsch und ungerecht war, aber die Bestimmung des Reglements dass für ein und dasselbe Besitzstükk zwei oder mehre Taxwerthe unzulässig seien überwog in der vollen Versammlung der Organisazions-Kommission, die fast ganz aus gut disziplinir- ten höheren Militärpersonen bestand, und — so viel sich zwischen den Zeilen der Akten herauslesen lässt — das einsichtsvolle heftig protestirende Mitglied der Kommission — musste seine Stellung aufgeben. Ich habe nicht ermitteln können ob der ausgleichende Vorschlag Berücksichtigung fand dass man untersuchen möge ob dergleichen Ländereien nicht als Theil einer systema- lischen aber wilden Grasfeldwirthschaft angesehen werden müssten? ob es nicht unumgäng- lich sei derartige Ländereien welche die Dörfer weder zur Vertheilung noch unter Wald- bau haben wollten, trotz ihrer akkerfähigen Natur solchen Dörfern abgenommen und für Staatseigenthum erklärt werden sollten? Der Auftrag die gewonnenen Resultate durch Vergleiche mit den Steuer-Akten der Khan-Zeit (р. 410, 428) zu läutern konnte nicht ausgeführt werden, da es sich fand dass die betreffenden Akten entwendet worden. Der andere Auftrag, behufs gleichmässigerer Vertheilung der Steuern Hinweise für eine Dre ORGANISAZIONS-KOMMISSION. 431 Klassifikazion der Bodenarten zu sammeln, liess sich noch weniger fruchtbar verwerthen. Die razionelle Bonitur des Bodens kann nur als angewandte Bodenkunde Geltung ha- ben. Von einer solchen konnte bisher in Ferghanä noch nicht die Rede sein (vergl. р. 422). Die аш Schlusse des zweiten Arbeitsjahres von Wilkins!) angedeutete Vertheilung der Bodenverschiedenheiten Ferghanä’s in fünf Abtheilungen: I. dunkelste Dammerden, II. durch Beimischung von Dammerde ziemlich dunkle Böden, Ш. Lösse, und rosenfarbige Tertiär- lehme, IV. Kiesländereien (kakyrj; ausschliesslich für Weizen geeignet) und V. schwache Böden (salzhaltige, morastige, sandige) fügt sich abgeschen von meinen Einwürfen auf Seite 423 Anm. schon durch ihre Fünfzahl nicht in die 8 (oder 9?) Kategorien des Kadaster- Reglements (p. 426). Die vorstehend gebotenen Notizen die ich mir bei flüchtigster Durchsicht der Akten aufgezeichnet, mögen genügen um einen Blick in das Ungenügende der Ausführung der un- ternommenen Einschätzung zu gewähren. Ich halte es für ein nicht ungefährliches Experiment das man angestellt, indem man sich aus der Naturalwirthschaft an die indirekte Bonitirung der Fruchtbarkeit in offenbar übereilter Weise machte. Die Schwierigkeit wurde dadurch ausserordentlich verschärft dass in unmittelbarem Anschlusse an solchen Grundsteuer-Kadaster die Taxazion, d. В. die Veranschlagung in Geld beliebt wurde. Der Uebergang von der Naturalwirthschaft in Turkestan zur Geldwirthschaft, die Ab- lösung des Zehnten in Geld, welche freilich alt genug ist uud schon zu Moses Zeiten statt hatte, dürfte, ich wiederhole es, ein nicht nur übereiltes sondern auch gefährliches, Experi- ment gewesen sein. Mir scheint man habe sich von der allerdings unfraglichen Unhaltbar- keit der Erhebung des Naturalzehnten für längere Zeit, zu übermässiger Eilfertigkeit fort- reissen lassen. Hatte es denn damit wirklich so unabweisliche Eile, dass man wagen musste das ganze schöne Werk zu verderben? Es gab dabei doch mancherlei zu bedenken, und vor Augen zu haben dass sogar Europa Beispiele nothgedrungenen Rükkganges von Geld- zu Naturalabgaben, und zwar im Gebiete der Zwergwirthschaften aufgewiesen hat. Als natürliche Uebergangsstufe bietet sich in Mittelasien der Cheradsh-Muwasef, d. 1. die fest fixirte Naturalabgaben-Quote dar, welche den Leuten im Falle von Missjahren auch schon unerschwinglich erschien ?). Esist eben bei dem sorglosen Leben jener Völker der Uebelstand in höherem Grade zu befürchten der dem grössten Theile unseres Reiches so- gar in seinen europäischen Besitzungen anhaftet: die Krankheit der Steuerrückstände in un- günstigen Jahren und des Verfallens der Aermeren in die Gewalt der sogenannten Wohl- thäter d. i. Wucherer und ihrer «Kabalä». Dass zu ihrer Zeit die bedeutenden Kontribu- zionen so pünktlich (beispielsweise von den Andidshanern) einliefen beweist nichts, da uns die Steuerschrauben jener Zeit nicht dienstbar sind. 1) Обимя ykasanisı касательно изслЪдованйя почвъ | 2) Vergl. Antipin in Schuyler, II, p. 241. Ферганской Области, 1878, стр. 24. | 432 А. у. MIDDENDORFF. FERGHANA. Das unersetzlich Zwekkmässige des Ur-Zehnten ist eben die Wahrung des Gerechtig- keitsprinzipes durch ihn. So viel weniger der liebe Himmel in der Erndte bewilligt hat, so viel weniger nimmt auch der Staat. Hungert der Unterthan sich auch jämmerlich durch, so söhnt doch das Bewusstsein dass auch der Herrscher mit ihm zugleich leidet, die verzweif- lungsvolle Stimmung des Darbenden aus. Jedes Drängen dass er, der Nothleidende, trotz arger Misserndte, doch seine Durchschnittsabgabe hergeben soll fühlt er als himmelschrei- endes Unrecht; wenn auch seine eigene Unfähigkeit in fetten Jahren zu sparen die alleinige Schuld trägt). Ich meine eben dass in solchen Uebergangsfällen es der Staatskasse leichter sein müsste eine Weile hindurch — wie es der Ur-Zehnte mit sich bringt, wie jeder Landmann bei uns dasselbe vom lieben Himmel erduldet — sich sparsam auf eine Mittel-Einnahme ein- zurichten; dass es, sage ich, dem Staatssäkkel leichter als dem mittellosen Zwergakkerer sein muss sich darein zu finden. Dieser will allmälig an die neuen ökonomischen Zustände heran- geführt, an sie allmälig gewöhnt sein. Er ist bisher, sogar unter der Zuchtruthe habgie- riger Tyrannen dennoch zu sehr an Erlasse in Unglücksfällen gewohnt, als dass er nicht auf sie rechnen sollte. Solche unglükkliche Misserndten kommen aber auch in Ferghanä nicht so selten vor als man voraussetzen könnte. Auf Seite 256 findet der Leser einige Hinweise ?); insbesondere empfehle ich aber meinen Anhang ТУ. С. zur Beherzigung. Ein ganz bedenkliches Moment in Bezug auf so plötzliche Uebergänge von Natural- zu Geldwirthschaft ist nun ferner das noch ganz unausgeglichene Schwanken des Geldwer- thes, so wie der Preise, bisher gewesen. Gold und Silber waren im Lande beim Einzuge der Russen reichlich vorhanden. Das Metall ist jetzt fortgerollt, Papiergeld an seine Stelle getreten; mit ihm, in jenen Gränz- und Handelsgebieten zugleich die Kursschwankung, und 1) Wiederholt ist im Verlaufe dieser Abhandlung die Rede davon gewesen, wie oft solche wirthschaftliche Ka- lamitäten über Mittelasien hereinbrechen. Hier noch ei- nige Zitate von Berichten über solche Fälle: Ssewer- zov (l. c. p. 114) berichtete dass im Jahre 1860, */, des ganzen Viehstandes der Kosaken in Wernoje und Tok- mak umkamen. Schon im Jahre 1879—1880 fiel die Hälfte des Viehes in Turkestan, und im Bezirke Turgaj mehr als 80°, an Futtermangel. Pferde wurden zu 1 Rbl. ver- kauft. Ein Pud Roggen stieg bis zum Preise von 7—8 Rnbeln; in Ssemiretschje auf 90—105 Kop. (Труды Имп. Вольн. Экон. Общ. 1880, II, стр. 146, 256 und IV, стр. 493). 2) Denselben kann ich, nach meinen Zusammenstel- lungen — vorzugsweise aus den Akten der Organisazions- Kommission und aus Berichten der Kreishauptleute — noch folgende hinzufügen: 1) Unbezwingbares Wuchern der Unkräuter, zumal in Folge anhaltender, kalter Winde. Nalivkin (Турк. ВЪд. 1880) macht ein Schoten- gewächs, Atschik-mija, das so bitter wie Chinin sein soll, und die Spreu so verbittert dass nur Kameele sie fressen, und einen Wildhafer, Kara-Tschub, mit schwarzen, stark behaarten, leicht abfallenden Körnern nahmhaft, welche beide den Weizen im Namangan-Kreise verunreinigen sollen. Ferner habe ich aufzuzählen: 2) ausbleibende Früh- jahrsregen in der peripherischen Zone; 3) dürrer Heiss- wind zur Zeit der Milchbildung in den Körnern; 4) pa- rasitische, durch das Klima sehr beförderte Pilzgebilde, zumal auf den Rispen der Dshugara; 5) Nichtreifen der Dshugara bei Herbstkühle oder in Folge von Frühfrösten; 6) Raupen auf der Baumwollstaude; 7) Ein Insekt das die Baumwollkapseln anbohrt und dadurch die Erndte sehr schädigt; 8) Häufige Misserndten der Melonen. Da ist es denn ein schmerzhaft ableitender Trost wenn darauf hingewiesen wird (Турк. B&ı. 1875, № 10) dass das, im Sommer 1874, im Issyk-Kul-Kreise aufgetretene Insekt, eine Mylabris welche das Getreide vernichtete, und mit Schöpfkellen abgekehrt wurde, zur Anfertigung von Blasenpflastern gut sei. _ Dre ORGANISAZIONS-KOMMISSION. 433 deren Rükkwirkung auf die Marktpreise. Waren diese schon früher — wegen der Schwie- rigkeiten eines regen Verkehres — exorbitant schwankend, so sind sie es jetzt um so mehr. Wie das Unzufriedenheit erzeugt, wurde mir erst klar als mir ein Sarte den Steuerdrukk Khudojar-Khans in folgender Weise handgreiflich klar legte. Der Khan, so sagte er, drükkte uns besonders dadurch unerträglich, und bereicherte sich dadurch, dass er die Produkte monopolistisch speicherte und im Frühjahre die Preise künstlich in die Höhe trieb, als er- läuterndes Beispiel fügte er hinzu. «Sehen Sie, jetzt z. B. ist der Marktpreis für ein Pud Weizen — in Andidshan ein Rubel, — der Steuer-Einnehmer nahm meinen Weizen, und rechnete das Pud mir nur zu 60 Kopeken an.» Das war ein asiatisch-schlauer Wink und deutlich zugleich: der berechnende Sarte sah den Unterschied zwischen dem mehrjährigen Durchschnitts- und dem augenblicklichen Marktpreise als eine offenbare Uebervortheilung der Bevölkerung durch unsere Staatskasse an. Der kürzeste Durchschnitt der als Maassstab für Preisfestsetzungen zulässig ist, wird in Europa aus 12 Jahrgängen genommen, so dass, nach Ausschliessung des billigsten und auch des theuersten Jahrganges doch noch eine zehnjährige Durchschnittsberechnung zu Gebote steht. Wo irgend möglich hält man sich an eine doppelt so lange Frist. Ein fünf- jähriger Durchschnittspreis, einer so bewegten Zeit wie Ferghanä sie erlebt entnommen, ist ein zu grosses Wagestück. Den besten Beweis dafür mag die kleine Tabelle auf Seite 262 liefern welche aus Be- richten der Kreishauptleute zur Zeit meiner Anwesenheit zusammengestellt worden. Wenn schon irgend Geldwerthe in Betracht gezogen werden durften so war es viel- leicht in Bezug auf Pacht- und Kauf-Preise. Meine Versuche an denselben einige Orienti- rung über den wahrscheinlichen Reinertrag der Ländereien zu gewinnen, fielen aber auch sehr nichtssagend aus. Das was auf Seite 345 über die Pachtverhältnisse und das Vorwal- ten der Theilbauer gesagt worden weist nach, wie wenig Beihilfe wir von der Zuziehung der landläufigen Pachtpreise für die richtige Abschätzung des Einkommens der Landbe- sitzer Ferghanä’s erwarten können. Wenig besser steht es aber für uns auch mit den Kaufpreisen. Die Mobilisirung des Bodens begann überall erst mit der durchgreifenden Umwandlung der Lehen in Allodial- land. Nur wo reger Güterwechsel herrscht vermögen die Kauf- und Pachtpreise der Ka- dastrirung auszuhelfen; also in Ferghanä nur sehr wenig. Im Flachlande Mittel-Europa’s kommen nur ein paar Prozente auf das Oedland. In einem Lande dass zu vier Fünftheilen von Oedgründen und unbebauten Ländereien eingenommen ist, auf dessen Oasen sich dagegen Dörfer an Dörfer reihen, an Dichtigkeit ihrer Bevölkerung den zahlreichen übervölkerten Städten nacheifernd, in solchem Lande ist es unthunlich einen Durchschnittswerth für Grund und Boden ermitteln zu wollen; die Gegensätze sind zu gross, es muss der Fall jedes Mal spezialisirt werden. Aber auch darauf eingehend gelangt man bei flüchtiger Durchreise nicht leicht zu einer hinreichenden Anzahl von Angaben; zumal wenn der Landessprache nicht mächtig. Der Glükkliche der in der Mémoires de l'Acad. Imp. des sciences, УПше Série. 55 434 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. engen Oase ет Flikkchen Land sein nennen kann, lässt nicht so leicht davon: es ist ihm meist für keinen Preis verkäuflich; es bleibt in festen Händen. Im Kreise von Andidshan gibt es Dörfer!) in denen der Tanap?°) Landes an 20 Goldstükke mithin die Dessätine bis nahe 600 Rubel werth geschätzt wird, während in dem Städtchen Scharichanä desselben Kreises eine gleich grosse Fläche für 2 Goldstükke zu Kauf stand. Ob ergiebiges Wasser jederzeit zu haben ist spielt dabei wiederum die Hauptrolle. Kauft der Orientale Land, so ist seine erste Frage: wie viel Wasser bekommt es? Wie viel Wasser er zum Lande gekauft ist der Hauptpunkt im Dokumente (Wassik) das ihm den Besitz sichert. Der Nordeuropäer hat sich erst in den Werth den das Wasser in sommerheissen Ländern besitzt hineinzufinden, wenn er nicht zuvor die analogen Ver- hältnisse beispielsweise in der Lombardei, in Spanien, auf Teneriffa oder selbst in unserem Kaukasus sich angesehen bat 3). Kommt zu dem Wasserreichthume noch die günstige Lage dicht an einer volkreichen Stadt hinzu so wird man es wohl für übertrieben, aber nicht mehr für so ungeheuerlich halten wenn beim Generalgouverneur darüber Beschwerde geführt wurde dass eine expro- Priirte Dessätine nicht höher als 1000 Rub. geschätzt worden“). Wo es den Menschen so eng wird dass er sich den Quadratfaden zum Maasstab für Grund und Boden wählt da kann ER NE N о 2e M” A le 1) So das Dorf Kokana. Als der fruchtbarste Theil des Andidshan-Kreises gilt der zwischen den Flüssen Kara-Darja und dem Kurschab gelesene Landstrich der sich von der Gränze des Kreises Osch bis zu der des Margelan-Kreises hinzieht, und die Dörfer Awto- batschi, Dul-Kaima, Kokana u. s. w. umschliesst. Ausnehmend fruchtbar ist er, weil es ihm nie an reichlichem Wasser mangelt. Ausser den genannten bei- den Flüssen, von denen der Kara-Darja das meiste Was- ser hergibt, sprudeln auch zahlreiche Quellen hervor Baba-Gasa, Kara-Guna u. s. w.) welche sogar gegen 250 Kubikfuss beständigen Wasserzuflusses in der Se- kunde liefern sollen. Ueberdiess durchschneidet der mächtige Scharichan-Ssaj diesen Landstrich in be- quemster Weise. 2) 1; Dessätine. 3) In Spanien und Teneriffa erreicht der Preis der Dessätine gut gewässerten Landes die Höhe von 2500 Rub.; wie ich an Ort und Stelle erkundete; im Kaukasus kostet sie bis 1500 Rub. (Землед. Газета 1878, стр. 26); eben so viel in Südfrankreich, nach Anwendung von 200 bis 250 Rub. für die Dess. (Journ. d’Agric. pratique 1875. Avril). In Buchara nach Wilkins, in der Nähe der Hauptstadt bis 2400 Rub. d. i. das Zwänzigfache des Werthes unbewässerten, sandigen oder morastigen Lan- des. Bei Kadix ermittelte ich dass bewässerbares Land 11 Mal theurer als gleiches aber unbewässertes bezahlt wor- den war. Wie weit es darin gehen kann zeigt uns die Lom- bardei wo die Dessät. bester Wässerungswiese schon mit 4, ja bis 5 Tausend Rubeln bezahlt worden ist; freilich eine Winterwiese (Marcite) welche bei sechsmaligem Mähen im Jahre, als seltenstes Maximum bis 1600 Pud trokkenes Heu — also mehr als das beste dreijährige Luzernfeld in Ferghanä — geben soll. 4) Die Ländereien der Dörfer Tscharymgan und Ssom welche expropriirt wurden um die Stadt Neu- Margelan anlegen zu können, wurden im Durchschnitte mit 32 Rub. pro Tanap, also 192 Rub. die Dess. expro- prürt; wobei freilich die Baulichkeiten mit eingeschlossen waren. Mittelboden, fern von begünstigter Lage, galt in derselben Gegend nur 12 bis 15 Rub. (ohne Baulichkei- ten) und stieg in günstigerer Lage bis auf 60 Rub. Im Kokan-Kreise, in den Dorfsländereien von Kysyl- Kijak bestimmte die Organisazions - Kommission den Werth einer Dessätine Reislandes, nach den eingezoge- nen Erkundigungen auf 60 bis 72 Goldstükke; dagegen den Werth des übrigen Akkerlandes auf nur 48 bis 60 Goldstükke. Der Wolostj-Aelteste von Namangan-Jany-Kur- gan, ein spekulativer Mann, kaufte ein Gartengrund- stükk inmitten dieses Dorfes, das ich kaum 1!/, Dess. gross schätzte für 190 Rub. Ueberreich an Wasser war es allerdings, allein durch eine Fluth so stark von Racheln, mehre Faden tief durchrissen, dass die Oberfläche völlig Dre ORGANISAZIONS-KOMMISSION. 435 der Werth desselben auch nicht mehr nach dem Maasstabe der entsprechenden landläu - figen Erträge des Akker- und Garten-Baues abgeschätzt werden !). Im Allgemeinen lässt sich vergleichsweise aussprechen dass eine Dessätine gut bewäs- serten Akkerbodens in Ferghanä, etwa eben so viele Goldstükke werthgeschätzt wird, als die Dessätine unbewässerter Schwarzerde (beispielsweise des Gouvernements Poltava) Pa- pierrubel. Wir haben der Bedeutung des Wassers erwähnt; bleiben wir bei diesem Gegenstande erster Wichtigkeit etwas stehen. Von hohem Werthe ist jede Angabe welche uns hilft den Werth der dem Wasser von den Eingeborenen gegeben wird, genau zu präzisiren. In dieser Hinsicht ist mir nur die eine Mitttheilung Arendarenko’s zu Gesicht gekommen’) welche uns lehrt dass im Kreise Ura-Tübä eine Wasser-Einheit für den Preis von 500 Rubel in erblichen Besitz erstan- den wurde, Leider fehlt dabei die genaue Angabe wie der Käufer dieses Wasser zu nützen beabsichtigte? ob es nicht vielleicht für Akkerbau unbrauchbar, nur für eine Mühle an- wendbar war? п. 4. m. Es kann nicht fehlen das der Leser in den Abschnitten dieser Abhandlung welche über Bewässerungen und über das Wässern handeln die Ueberzeugung gewonnen hat, in dem Wasser sitze einer der Hauptfaktoren der Fruchtbarkeit Ferghanä’s. Auch hat mich gefreut in den Akten der Organisazions-Kommission gefunden zu haben, dass einer der Mitglieder derselben es rund ausgesprochen er sei zu der Ueberzeugung gekommen: «bei den klimati- schen Umständen Ferghanä’s habe die Verschiedenartigkeit des Bodens keine wesentliche Bedeutung für dessen Produktivität, sondern die Hauptsache leiste das Wasser; bei genügender Wassermenge werde im Kreise Kokan überall gleich viel geerndtet». Selbstverständlich freue ich mich lediglich der richtigen wenn auch einseitigen Wür- digung des Wassers in dieser Mittheilung, denn, kaum glaublicher Weise ist im Reglement vom Wasser, diesem Hauptfaktor der Produkzion in Ferghanä gar nicht die Rede. Man hatte also wohl angenommen es stehe überall hinreichend zu Gebote und wenn auch das nicht, so werde sich der Mangel daran im Rohertrage kennzeichnen. Indessen, man hatte doch ausdrükklich die Entscheidung von Streitigkeiten über An sprüche an das Wasser, der Organisazions-Kommission entzogen; dennoch aber sollte sie sich in der Arbeit des Kadastrirens nicht aufhalten lassen. So kam es denn in den Akten neu umgearbeitet werden musste. Schuyler (l. c. I, p. | kaufte man in der Umgegend die Dessätin Reisfeld für 297) gibt uns wichtige vergleichende Angaben aus-dlem | 112 bis 114 Rub., und weiter ab am Wege nach Chod- Särafschan-Thale, deren Ermittelungsweise uns aber lei- | shent für 40 bis 60 Rub. — Im Angesichte (etwa 12 der nicht mitgetheilt wird, welche jedoch dokumentiren | Werst) von Taschkent sah ich ein Stükk Reisland, dass man im Särafschan-Thale gründlichere Kadastral- | dessen höhere Partien für je 48 Rub., die niederen für je Studien gemacht als anderweitig in Turkestan. 100 Rub. die Dessätin gekauft waren. 1) In Taschkent bezahlte man 1876 den Quadratfaden Ueber Bodenpreise im Särafschan - Thale vergl. aus erster Hand mit 20 Kop., aus zweiter wohl mit 50 | Schuyler 1. с. I, р. 297. Kop.; also die Dessätin mit 1200 Rbl. — Zu gleicher Zeit 2) Type. ВЪд. 1880, стр. 126 u op. сл a ma 436 A.v. MIDDENDORFF, FERGHANA. zu der auffallenden Entscheidung dass «da jegliches persönliche Besitzthum jedenfalls An- recht an Wasser habe, alle solche Landstükke persönlichen Besitzes, welche Mangel an Wasser litten, als Gemeinländereien anzusehen seien welche widergesetzlich in Besitz ge- nommen worden». Solche Landstükke, — so wird erläuternd hinzugefügt — treffe man vor- zugsweise auf feuchten Bodenstrekken, welche mit Produkten bestellt werden die nicht starken Wässerns bedürftig sind, auch nicht alljährlich, sondern je nach dem Wasserreich- thum den der Winter verspricht bestellt werden. Solche Ländereien sollen als unbewässer- bare abgeschätzt und nicht anders als von Gemeinden im Gemeinbesitze benutzt (also den persönlichen Besitzern abgenommen?) werden. Im Gegensatze dazu stellten sich aber Ländereien heraus auf denen der Weizen nicht anders als nach Düngung gedieh oder wenigstens nach Brache, weil der Reis alles Wasser im Früh- sommer vorwegnahm, so dass für die Weizenfelder nichts übrig blieb '). Nichtsdestoweniger gab es dort um die Zeit der Reife des Weizens übermässig viel Gebirgswasser. Also auch der Zeitpunkt an dem es Wasser giebt ist von höchster Bedeutung. Im Särafschan-Gebiete das an Wasser-Mangel leidet ist deshalb der Reisbau nur dort gestattet wo das Wasser, nachdem es schon ausgenützt worden den Ableitungen zuströmt. Man hält sich also hier an die entgegengesetzten Prinzipien wie dort. Jedenfalls war es bei der grossen Bedeutung des Wässerns unthunlich dass das Regle- ment völlig unbeachtet liess, ob das Jahr in dem man kadastrirte ein mit Wasser gesegnetes war, oder nicht: ein Umstand von grösstem Einflusse auf den Rohertrag. Erst im Verlaufe der Arbeiten fand sich in den Abschätzungsregistern eine Kolumne für den Nachweis wo- her das Wasser komme. Das war doch etwas. Erst im Verlaufe der Arbeiten stellte sich heraus?) dass alle Dörfer welche dicht bei den Quellsprudeln (Kara-ssu) lagen, keines Ge- birgswassers bedurften und, im Wasser schwelgend, vorzugsweise Reis säeten*). Ferner, dass die weiter ab an denselben Wasseradern sitzenden Dörfer, obgleich sie wenig oder gar keinen Reis säeten, doch noch an dem Zustrome der Gebirgswasser (Ak-ssu) nicht genug hatten, sondern wassersparende Reihenfolgen der Wassernutzung hatten einführen müssen. Endlich litten die Dörfer welche an den äussersten Enden der Zuleiter заззеп“) arge Wassernoth und liessen deshalb einen grossen Theil ihrer Ländereien unbearbeitet. Da wird 1) Bei Gandschirowan, im Kreise Kokan. 2) Приложен!е къ акту № 6 Организ. Komncein. 3) In der Lombardei ist festgestellt worden dass dazu 1!/, bis 3 Mal mehr Wasser gehört als nöthig ist eine Wiese zu bewässern. Nicht nur die gleichmässige Wassermenge sondern auch die Gleichmässigkeit der Temperatur dieser Was- seradern gewährt den Quellsprudeln einen wesentlichen Vorzug, der sogar in der Lombardei höher geschätzt wird als ein Vorzug im Gehalte an organischen Stoffen. Auf Seite 117 habe ich darauf hingewiesen um wie viel geringer der Werth des kalten Gebirgswassers sein muss das die Akkerfelder der Randzone unseres Thales be- wässert; aber auch das in Anschlag zu bringen genügt noch immer nicht, wenn wir uns der auf Seite 211, 434, Anm. 3, angezogenen «Marcite» in der Lombardei er- innern wollen, welche so überaus hoch im Werthe stehen, weil sie 6—9 Mal jährlich gemäht werden können, d. i. den gewöhnlichen nur 3—4 Mal jährlich mähbaren Wäs- serungswiesen gegenüber, doppelten Ertrag gewähren. 4)So z. B. im Kokan-Kreise: Makian, Tomascha, Jangi-Tschek. Dre ORGANISAZIONS-KOMMISSION. 437 man doch ernstlich an die Lombardei erinnert wo bei bestimmten Durchmessern der Zu- flussröhren das Wasser stundenweise in Rechnung kommt, und daran gemahnt dass unter gleichen Verhältnissen die Fruchtbarkeit sich der zu Gebote stellenden Wassermenge fast direkt proporzional stellt. Aeusserst lehrreich ist daher eine Mittheilung von Arendarenko') derzufolge dem wasserbedürftigen Särafschan-Thale minime Wasserzuflüsse in Rechnung kommen (Bir-ssu, die Einheit, Jarym-ssu Halbwasser, Tscherik-ssu '/, Wasser, Nimtscha-ssu И. Wasser). Er erwähnt beispielsweise eines Dokumentes welches Anrecht auf eine Wassereinheit wäh- rend 24 Stunden, nach je 15 bis 20 Tagen gewährte. Wo aber überdies eine etwas dunstigere Luft, wo einige Frühsommer-Regen mehr, das Bewässerungswasser auch in der die Pflanze umgebenden Atmosphäre unterstützen, wo eine um einen ganzen oder auch nur halben Breitengrad günstigere Sonnenwirkung in dem- selben Ferghanä-Thale sich der Pflanze zu Gebote stellt, da fördert eine besondere Gunst der Verhältnisse die Erndte des Akkermannes, während andererseits es besonders durstige, wasserschlukkende leichte Mergel- und Sand-Böden gibt, die weit mehr Wasser verlangen, sollen sie dasselbe leisten wie andere Ländereien. Das Alles will ernstlich abgewogen sein, Das Brachfeld soll derselben Steuer unterliegen wie das bebaute. Das würde wohl unter Umständen ein treibendes Moment für Abschaffung der Brache sein können. In Ferghanä haben sich aber (vergl. p. 253) die Verhältnisse so gestaltet dass jeder Sarte sich wünscht der Brache entbehren zu dürfen, denn bei hinreichender Feuchtigkeit ver- quekkt der Boden und verunkrautet mit Pflanzen welche das Vieh nicht fressen mag, oder bei Dürre erhärtet er zu einer Tenne. Mangel an Dünger und an Wasser ist es eben, und nicht freie Wahl, welche den Sarten zum Brachen zwingt. Besondere Schwierigkeit musste es machen, die unbewässerten Aekker von denjenigen Ländereien zu scheiden welche nur etwa alle 5 bis 8 Jahre ein Mal mit Weizen besäet — auf denen also wilde Feldgraswirthschaft getrieben wird — oder gar von denen welche man zu besäen versucht aber wegen Täuschung der Hoffnungen völlig aufgegeben hatte. Da stand dem Gutdünken des Kadasterbeamten völlig freier Spielraum offen und der Beamte sah, je nach seiner Gemüthsart, bald den strengen Buchstaben der Vorschrift und die Zahlung von '/, Rub. von der Dess., bald nur Oedland vor sich, das höchstens zu Weide tauglich war ?). Der Meinungsverschiedenheit der Taxatoren war der grösstmögliche Spielraum geboten, während doch jede Besteuerung die Beamten-Willkühr ausschliessen soll. Zwar erklärten die Landleute hie und da dass sie solche Strekken behalten und die Steuer die für sie als Akkerländereien festgesetzt seien zahlen würden, aber nur um sie als 1) Type. ВЪд. 1880, стр. 126 и проч. gend verwerthen lassen. Worin unterscheidet sich z. B. 2) Nach dieser Richtung werden sich die feinen Un-| die hochdürre Steppe Tschul von Kajrak? terscheidungen der Eingeborenen noch sehr nutzbrin- | 438 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANAÄ. Weiden zu benutzen denn als solche seien sie ihnen unumgänglich. Aber die Weiden sollten doch steuerfrei bleiben !)! и Fast unlösbar wurden die Schwierigkeiten bei den Halbnomaden ?), welche weite Strekken akkerfähiger Ländereien inne halten, wohl auch hie und da ein Flikkchen unter den Pflug nehmen, aber den Buschländereien der alten livländischen Wirthschaften analog, die Akkerplätze wechseln. Dieselben Verhältnisse sind es also von denen Tacitus berich- tete: arva per annos mutant, et superest ager. Beim Dorfe Aim gab es nicht wenige Besitzer von wohl hundert Dessätin, von denen regelrecht die eine Hälfte jährlich im Wechsel brach lag. Da war es entschieden falsch, mit Bewusstsein?) dessen dass der Halbnomade meist nur '/, seines ihm eingewiesenen Landes jährlich besäet, ihn für die ganze Fläche bezahlen zu lassen, was leicht das Vierfache von der Steuer betragen kann. welche der unter Kategorie VII eingeschätzte Ansässige zu tragen hat. Gerade der Halbnomade hätte vor- züglicher Ermuthigung bedurft, und durfte nicht als die Hauptaussicht den Steuerertrag zu heben in Anspruch genommen werden. Schon während der wenigen Jahre deren die neuen Herren des Landes bedurften um sich einzuleben, hatten gerade die Halbnomaden bedeu- tende Schilfstrekken und Gestrüppe gleichsam verstohlen in urbares Land umzuwandeln vermocht °). Durfte man andererseits die Bogar-Ländereien des dürren Zentrums der Thalmulde denen der Ringzone gleichstellen wo reichlicher Thau fiel und Frühjahrsregen an der Tages- ordnung sind? : Durfte gerechter Weise der Weinbau an der Gränze seines Vorkommens, beispiels- weise im Dorfe Nanaj mit denselben zwei Rubeln (respektive einem Rubel) von der Tanap- fläche belegt werden wie im Mittelraume der Thalmulde? durfte die Luzernfläche in dem- selben Nanaj wo sie nur zwei Mal gemäht werden kann, gleich der fünf Mal gemähten in der Zentralmulde mit derselben Tanap-Steuer belegt werden ? Warum folgte man nicht vermittelst gewisser Berükksichtigungen dem Beispiele der Khane welche im Anlagejahre den Weingarten und das Luzernstükk, da sie noch nichts trugen nur zur Hälfte besteuerten? Wie war es zulässig die Entfernungen von den Absatzmärkten nicht in Betracht zu 1) Man wird an die ähnliche Situazion der Bauern des europäischen Russland erinnert: er kann die Weide diesen waltete eine gross- und dikkblättrige Pflanze vor, welche vom Vieh nicht berührt wurde. Trägt solche nicht entbehren, er muss sie pachten, unter welchen Bedingungen es auch sei. Bei Jany-Kurgan sah ich mir solch’ eine hochgele- gene Weide näher an: Obgleich dreitägiger Regen vor- angegangen war, bedekkten Risse die ganze Oberfläche, welche durch selbige in etwa И, Quadratfuss einneh- mende Abtheilungen zerfällt war. Auf jeden Quadratfuss kamen durchschnittlich kaum drei Pflanzen, und unter Weide die Steuer von 25 Kop.? 2) So z. B. den Usbeken. Auch bei Nanaj fand ich die Kara-Kirgisen im persönlichen Besitze abgetheilter Län- dereien, und, wie behauptet wurde, hatte das seit jeher so stattgefunden. 3) Vergl. Поясн. зап. къ проекту, стр. 61. 4) Новое время, 1879, №№ 1121, 1135 und auch im Texte dieser Abhandlung р. 172, 175. N ОА С Dre ORGANISAZIONS-KOMMISSION. 439 ziehen, wenn die Durchschnittspreise der Produkte nur den bedeutendsten Hauptpunkten entnommen werden ? Man hat die Brache in Ferghanä!) jetzt zu besteuern beliebt während doch in Oestreich schon vor mehr als hundert Jahren (1769) sogar die in der Brache gebauten Futterkräuter vom Zehnten befreit wurden. Die Luzerne gehört in Ferghanä zu den höchstbesteuerten Produkten. Man achtete darauf nicht dass sie und ihre Wurzelrükkstände als Gründung für die Erndten unumgänglich sind. Nach meiner vorläufigen Berechnung einzelner Dörfer nehmen die Hofräume nebst Gärten welche der Tanapsteuer unterliegen meist wohl nicht 1, der Gesammtländereien ein. Wie gross kann dann der in jenem einen Zehntheile inbe- griffene Luzernbau sein? Der Steuerertrag würde es gar nicht fühlen wenn die Luzerne nur halbe Steuer trüge, und diese eine Bedingung des Wohlstandes der Zwergwirthe würde sich entwikkeln statt einzugehen. Der Unternehmungsgeist hätte überhaupt durch Freijahre und andere Ermunterungen angefeuert werden sollen. Die Versuchsflikkchen mit denen der Halbnomade sich zur Sesshaftigkeit zu bekehren beginnt, mit denen der Ansässige in das Gemeinland, in die Gemeinweide, akkerbauend hineinrükkt, sind Keime der Privat- iniziative die sorglich gepflegt sein wollen. Man schritt an die Feststellung einer festen Norm für 12 Jahre voraus. Worauf aber gründete man sie? Auf die zufälligen Aussaatverhältnisse zur Zeit der Besichtigung durch die Kommission. Wenn die neue Grundsteuer in Ferghané nur entfernt der jedesmaligen Leistungs- fähigkeit d.h. an jedem Orte dem Durchschnitts-Ertrage einer Durchschnits-Dessätine ent- sprechen, nur entfernt dem Grundsatze einer Einkommensteuer nachkommen sollte, so thut sie es also nur im Widerspruche zu dem Vorgange ihrer Feststellungsweise, deren Grund- lage eine morsche gewesen. Auf eine solche wurde ein an sich wakkliger Bau gesetzt. Der gewählten Erhebungsweise ist grosse Milde und Originalität nicht abzusprechen; aber razionell ist sie sicherlich nicht; sicher keine Steuer-Regulirung. Bei aller Anerkennung der Unternehmung selbst, des grossen Vorzuges einer raschen Ausführung über das ganze Thal fort, und der gewissenhaften Thätigkeit der Glieder der Organisazions-Kommission, habe ich nicht unterlassen mögen, meine Einwände gegen die vorgeschriebene Ausführungsweise so ausführlich hinzustellen, damit sie bei der nächsten Steuerumlage berükksichtigt werden möchten. Ein Versuch praktischer Anwendung der neuen Steuereinschätzung scheint schon eingeleitet worden zu sein, gleich wie ich das auch befürwortet hatte?). Wurden aber schon früher bei Zahlung von 30%, des Rohertrages an die Wakf-Widmen keine Klagen laut, so ist es leicht möglich dass die oben bezeichneten 1) Die Kommission stiess auf Dörfer welche mehr als | müssen welche meldet dass am 6. Dezember 1879 die 1/, des Feldareales unter Brache (oder dreesch?) liegen | Kadastrirung des Kokan- und Margelan-Kreises beendet hatten. war, und die neue Steuer in einem Dorfe des Kokan- 2) So glaube ich eine Zeitungsnachricht verstehen zu | Kreises eingeführt worden. 440 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Uebelstände nicht so deutlich hervortreten dürften als sie es müssten, indem sie unsichtbar werden könnten hinter der Milde der jetzigen Steuerveranschlagung auf dem Hintergrunde der früheren Raubgier des Herrschers; unsichtbar hinter der liberalen Ansichtsweise und den Ausgleichungen auf eigene Gefahr der Kadasterbeamten und insbesondere unsichtbar hinter der Zersplitterung des jedesmalig Unpassenden durch die Vertheilung des Schadens auf die Hunderte von Bewohnern eines ganzen Dorfes. Da es dem Spruche der Gemeinde anheimgegeben ist, die ihr aufgelegte Gesammtsteuer «im Verhältnisse zur Grösse und Qua- lität» jedes Einzelbesitzes zu vertheilen, so wird Alles davon abhängen in wie weit es der Gemeinde möglich sein mag diese ihr zugeschobene Bestimmung der Grössen der Einzel- besitze richtig festzustellen, und deren Qualität unparteiisch abzuschätzen. Viele Kenntniss, Arbeitskraft, Gerechtigkeitsliebe, und die Ueberwindung der in aller Welt für hart berufe- nen Bauern-Aristokratie wäre dazu nöthig. Meinestheils zweifle ich an gutem Erfolge hierin. Von unberechenbarem Nutzen für die Beliebtheit der russischen Verwaltung ist aber das Abwälzen jedes «Odium» auf die eigenen Landsleute unter den eingeborenen ja selbstge- wählten Gewalthabern; das lässt sich nicht läugnen. Diese Aussicht darf aber um so weniger unsere Aufmerksamkeit auf die verborgenen Mängel einschläfern, denn an Appellazionen wird es nicht fehlen. за Rükkschau. Wenn wir bedenken wie Jung die neue Gestaltung der Dinge а russischen Turkestan ist, wenn wir uns in das Gedächtniss rufen dass Ssamarkand erst zehn Jahre vor meinem Besuche Ferghana’s in russische Hände kam!), das linke Ufer der Ssyr in Ferghana erst drei Jahre vorher, so müssen wir darüber erstaunen wie urplötzlich die bis dahin so barba- rischen Zustände gewichen sind, und zugleich mit den Russen eine Sicherheit des Besitzes so wie des Lebens eingetreten ist welche wir in so alteuropäischen Staaten wie Griechen- land, Spanien und insbesondere in dem unglükklichen Sicilien bis heute hoffnungslos ver- missen. Es ist selbstverständlich dass diese Sicherheit von so betriebsamen und erwerbslustigen Menschen wie die Sarten es sind, als grösste Wohlthat anerkannt und befördert wird; sie legt aber zugleich das beste Zeugniss für die Zuverlässigkeit dieser Leute ab, denn in dem mehr oder weniger nomadischen, türkisch- mongolischen Antheile der Bevölkerung können die Erinnerungen an die früher im Glanze von Heldenthaten verübten Ueberfälle der Heer- den (Barantä), Raub- Plünderungs- und Eroberungs-Züge doch nur in einer späteren Generation so verbleichen dass sie ihre anreizende Natur verlieren. Noch leben viele Hel- den jener Zeit (Batyr, 4. 1. der russische Bogatyr) unter ihnen, auf die mit Fingern weisen zu können der Kirgise sich brüstet. Das Alles wohlerwogen, dürften Bewohner der Ostseeprovinzen, die seit der neuen humanen Gestaltung des Strafverfahrens nicht wissen wie sich des Pferdediebstahls zu erwehren, das oben Gesagte für kaum glaublich halten, Diebstahl dort über Nacht ausge- 1) 1853 wurde Ak-Medsched (Frt. Perovskij) ge- 2) Central-Asien, 1873, р. 294. Vergl. auch Type. ВЪд. nommen; 1859 Dshulek; 1861 Jany-Kurgan; 1864 Turke- | 1875, № 41, стр. 162. Vergl. 4. W. р. 356. stan; 1865 Taschkent, 1866 Chodshent. Mémoires de l'Acad. Imp. des scionces, VIIme Série, 56 442 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. merzt; hier der Pferdediebstahl dagegen eingewandert und wuchernd. Dort aufhörend bei eingetretener grosser Milde, nachdem bisher zu der Araber Zeiten, und auch nach ihnen, der gemeine Diebstahl mit Hinrichtung, darauf zu Zeiten der Khane mit Abhauen der Hände oder wenigstens der Finger bestraft, nebenbei von Zeit zu Zeit Menschen zu Dutzenden gleich Schaafen und neben denselben auf offenem Markte abgeschlachtet wurden. Vambery hat geschildert wie neben strenger Gerechtigkeitsliebe und Freigebigkeit, drakonische Gesetze gegen Störer der öffentlichen Ruhe und Sicherheit, gegen Diebe, gegen Ueberschreiter der Religionsgesetze und gegen Ungehorsam, von Jakub, dem Nachbar Ferghanä’s in Kaschgar geübt wurden; wie in Ost-Turkestan die Galgen an den Haupt- thoren der Stadt schon lange nicht so thätig waren’ als unter diesem letzten mohamedanisch- nationalen Fürsten des Landes. Solchen Gewohnheiten, und dem gegenüber was Ferghanä bis nur drei Jahre vor meinem Besuche unter seinen Khanen erduldet, lässt sich kaum fassen wie die allzu linde Behandlung welche ihnen das Russenregiment bisher gewährt, die Eingeborenen nicht zum Missbrauche der Güte hingerissen hat. In meinen Augen wiegt die- ser Umstand sehr schwer, wenn man ihn als eine Erweiterung jener Erfahrung ansieht (vergl. p. 356) dass in einer Stadt von dreissig Tausend Einwohner wie Turkestan, ge- schweige denn in Taschkent, schon wenige Tage nachdem sie im Sturme genommen wor- den, Alle in vollster Ruhe ihren alltäglichen Beschäftigungen nachgingen'). Freilich war das im selben Grade auch ein ebenso vollgültiges Zeugniss für die treffliche Mannszucht und das treffliche Gemüth unserer Truppen. Merkwürdig ist diese Gefügigkeit der unzivilisirten Naturmenschen jedenfalls. Sie er- innert an die plötzliche Umwandlung des unbändigen Steppenpferdes zu vollem Gehorsam, nachdem es in verzweifeltem, unsinnigem Widerstreben seine Ohnmacht erkannt. Hier, beim Thiere, gleich wie beim Menschen, behält der übersinnliche Nimbus, das «Prestige» dieselbe _ Bedeutung, aber auch dieselbe flüchtige Natur dieses zarten und dennoch so mächtig wir- kenden Agens. Was nun aber das noch geistigere, zur Auflehnung treibende Prinzip, den Fanatismus betrifft, so ist Russland glükklich genug, es mit keinen Wehabi’szu thun zu haben, deren Lehre die Vertreibung der Briten aus Indien für nöthiger erklärt als Fasten, Beten und sonstige fromme Obliegenheiten. Ich will hoffen dass meine auf Seite 353 mitgetheilten Anschauun- gen richtig sind, obgleich ich mir wohl dessen bewusst bin dass noch vor Kurzem Kokan, nächst Bokhara der Mittelpunkt mohamedanischer fanatischer Gottesgelahrtheit war; dass Stod- dart hingerichtet wurde weil er, obgleich Ungläubiger, sich unterstanden hatte in Bochara zu reiten; dass noch drei Jahre vor mir unsere Kaufleute die bis Kokan drangen, sich asia- tisch kleiden mussten um nicht verhöhnt und gemisshandelt zu werden; dass zu derselben Zeit Autobatschi zu verlangen wagte, unsere Generale sollten mit ihren Truppen Moha- medaner werden, bei Strafe den heiligen Krieg zu erleiden. 1) Type. ВЪд. 1875, № 40. RÜKKSCHAU. 443 Im unbewachten Augenblikke entfährt sogar Vambery') der Ausruf: «die dreissig «Millionen starke mohamedanische Bevölkerung Indiens... die am meisten fanatische unter «allen Bekennern des Islam... ist von unaussprechlichem Hasse gegen die britische Herr- «schaft erfüllt». 2 Wie dem auch sei, heute waltet in Ferghanä eine kaum glaubliche Ruhe. Wir fragen uns also, was diese innerlich kräftigen, was sie erhalten könnte? abgesehen von dem Nim- bus des äusseren Druckes durch die in Bereitschaft gehaltene militärische Gewalt. Werfen wir einen Blick auf die vorstehenden Bogen zurück, so springt in die Augen dass es meine Absicht gewesen, denjenigen Reichsgenossen welche durch ihr Ge- schick nach Ferghanä als Staatsbeamte verschlagen werden dürften, es nachdrükklichst ans Herz zu legen, die dortigen Zustände, welche eben erstim Begriffe sind die Windeln ur- sprünglichster Staatengestaltung zu sprengen, nicht wo wegwerfend und von oben herab zu betrachten, wie das im Schwange ist. Abgesehen vom Zerfalle in schwache, barbarisch regierte, ohne Unterlass bis in das Herz der einzelnen Zwergstaaten befehdete Tyrannenreiche, werden wir in Mittelasien durch gar Vieles an China erinnert. Gleich wie man die Chinesen treffend Autodidakten genannt hat, sind es die Mittelasiaten auch, und aus derselben altehrwürdigen Schule vieltausend- jährigen — aber leider auf halbem Wege verknöchert stehen gebliebenen — staatlichen Lebens. Sind jenen Autodidakten gegenüber die Europäer die geistig erwekkten Schüler des klassischen Alterthums, so ist doch nicht zu leugnen dass auch dieses die Grundzüge seiner Zivilisazion aus Asien erbte”). Vorder- und Mittelasien selbst aber, die einst blühen- den Baktrischen, Assyrischen, Altpersischen Reiche mussten das Unglück haben durch die Barbarei der plündernd, mordend und verwüstend herandrängenden türkisch-mongolischen Schaaren in ihrer Fortentwickelung für ein paar Jahrtausende vüllig gehemmt zu werden. Nur durch Anstoss von aussen her, nur unter europäischer Zucht und Ordnung vermag Mittel- asien neu zu erstehen. Ebenso hat es aus dem Füllhorne der Fortschritte Europa’s in den Naturwissenschaften, in der Wissenschaft und Kunst des Landbaues wie der Technik ein überreiches Erbe anzutreten, und mit demselben zu wuchern. Nichtsdestoweniger haben die Jahrtausende vor, so wie nach dem Mongolen-Ein- bruche, ihren altehrwürdigen Stempel den Völkern und Ländern aufgedrückt, und, unter uns oft unverständlichen Formen einer dennoch vorhandenen Kultur, finden wir dort Zu- stände vor, welche gründlich erforscht und richtig erkannt sein wollen, bevor der Europäer sich berechtigt halten darf, fördernd eingreifen zu können. Mit unabweislicher Naturnoth- wendigkeit hat sich in jenen Verhältnissen die ihnen eigenthümliche Eigenart entwikkelt, 1) Centralasien p. 28. ständig im Westen erstanden; so z. B. das Mergeln der 2) Das unterliest keinem Zweifel. Sehr interessant | Felder welches die Römer bei den alten Britten vorfan wäre es aber wohl zu erfahren ob nicht einzelne Erschei- | den. Ist es autochton oder auch von Osten überkommen nungen hoher landwirthschaftlicher Kultur auch selbst- | gewesen? 56* 444 А. у. MIDDENDORFF, КЕВСНАКА. welche gepflegt sein will, gleich der Eigenart jedes Komplexes inmitten der zahllosen ande- ren Glieder unseres über die verschiedenartigsten Lokalkaraktere sich erstrekkenden uner- messlichen Reiches. Nur durch die richtige Beachtung jeder historisch — 4. В. naturnoth- wendig -— erwachsenen Eigenart, dem Resultate vieltausendjähriger Bestrebungen, vieltau- sendjährigen Tappens können unsere Reichsgenossen dem Ziele grösster Entwikkelungsvoll- kommenheit entgegengeführt werden. Formale Gleichförmigkeit ist wohl auf dem Papiere rasch hergestellt, aber wirkliche Erfolge erringt nur geduldige, ausdauernde, ehrliche Arbeit; und auch diese vermag die Geschikke eines Landes nur in so weit zu dessen Bestem zu beeinflussen, als sie durch hö- here Kultur und Zivilisazion so wie praktische Geistesrichtung getragen wird. Fehlt es an diesen so scheitern unbedingt alle Repressismaassregeln, hinter welchen sich doch nur Ue- berstürzung birgt; sie scheitern an der gewordenen zweiten Natur der Zustände. Solchem Gesichtspunkte für Ferghanä, durch Auseinandersetzung seiner Natur, das Wort zu reden ist der Zwekk der in den vorstehenden Bogen enthaltenen Untersuchungen gewesen. Mein Wunsch ist, jeden Beamten der in Ferghanä angestellt wird, voran daran zu erinnern dass er in die Vorhallen jener altehrwürdigen Kultur tritt, welche uns die auf Seite410,Anm.1lerwähntenlandwirthschaftlichen Thontafeln, welcheunsdas aus Babylon stam- mende Werk über die nabathäische Landwirthschaft überliefert hat, aus den Zeiten stammend als Europa noch im Kindheitszustande der Menschzeit lag. Gleich wie wir auf den Schultern asiatischer Kultur dieses Urland gränzenlos überflügelt, ist uns vielleicht be- schieden einst von dessen strebsamen und vielbegabten Völkern dennoch überholt zu wer- den. Ferghanà mit seinen Kohlenschätzen und Petroleumquellen, Salzlagern und Metall- adern, mit seinem hochentwikkelten Akkerbaue, seiner bewunderungswürdigen Hausfleiss- Industrie, seinen vielen Ansätzen zu Städten, Flekken und Dörfern, seiner starken Bevölke- rung mit tüchtigen, genügsamen, handels- und erwerbssüchtigen Elementen, erinnert mehr als jedes andere Land an Belgien, wie es im Mittelalter beschaffen war. Wer Belgien aus näherer Anschauung kennt, mit seinen Ardennen und seiner Cam- pine, nebst deren extensiver Wirthschaftsweise und Gemeinländereien, dichtanstossend an die intensivste Bodenkultur, dem muss die Analogie mit den von Oedgründen umfassten Oa- sen Ferghanä’s noch greller in die Augen springen. Die nachstehenden Bogen sollen Manches zusammenfassen, sollen Gelegenheiten bieten dem früher Gesagten einige Nachträge hinzuzufügen. Wallace nachdem er treffend vorausgeschikkt dass Völker welche das primitive Sys- tem des Akkerbaues betreiben stets die Neigung gehabt sich auszudehnen, und dass so lange es noch leicht ist diesem Ausschreiten über die alten Gränzen Raum zu geben intensive Kultur nicht leicht Platz findet — Wallace hat einen Ausspruch gethan'), der in freund- 1) Wallace, Russia, 1377, I, р. 426. RÜKKSCHAU. 445 licher Weise!) die Hauptschwierigkeit hervorhebt welche unseren Machthabern an den be- treffenden Oertlichkeiten unablässig vor Augen schweben müsste: «Russlands Expansions- kraft, sagt er, ist stets viel grösser gewesen als dessen Assimilisazionskraft in Bezug auf die annektirten Bevölkerungen». Und woher dürfte das rühren? Etwa daher dass man un- thätig gewesen, in fauler Ruhe nichts dafür gethan? Mit nichten! Betrachten wir uns mög- lichst unbefangen, welche Momente überhaupt als Assimilazionsstörungen anerkannt wer- den müssen. Es sind: Das Hineintreten in anderartige Zustände mit vorgefassten, auf von Grund aus verschiedenen Unterlagen gewonnenen Ansichten; der Mangel an Achtung für das was Jahrhunderte, Jahrtausende aufgebaut zu gesellschaftlichen wie staatlichen Bezieh- ungen und Einrichtungen, die immerhin augenblicklich verschroben scheinen oder sein mö- gen; der blinde Glaube an die Zauberkraft eines Befehles in Angelegenheiten der Entwikke- lung organischer Zustände, welche so langsamen als unbeirrbaren Ganges im Laufe von Jahr- zehnten vorbereitet und gezeitigt sein wollen. In diesen Richtungen vorgefasste Ansichten führen nothwendiger Weise zu fieberhaftem nicht genugsam durchdachten Hineingreifen in uralte Gewohnheiten und Instituzionen; zu unruhigem Modeln und wieder Ummodeln des eben erst Begonnenen; zumal zum Ummodeln, das mancher thatkräftige neueintretende Be- fehlshaber für eine Pflicht hält, so dass bald Niemand mehr weis was morgen Gesetz sein dürfte. Das Alles sind offenbar die Fehler vor denen man sich vorzugsweise zu hüthen hat, damit dort wo Verschmelzung beabsichtigt wird, und Noth thut, nicht vielmehr Widerstände oder Ausweichungen gewekkt und grossgezogen werden. Leibnitz behält für allen Zeiten Recht: la nature n’agit jamais par saut. Mit roher Gewalt wird ein schwächeres Volk wohl unterjocht und zum Verstummen gebracht, aber nicht gehalten, noch weniger aber verschmolzen. Es will zufrieden gestellt, d. i. es will nicht aus seinen zur zweiten Natur gewordenen Gewohnheiten gewaltsam her- ausgerissen sein, denn in diesem konservativen Verhalten sucht und findet es seine Freiheit. Ehre der Nazionalität die an ihren angestammten Eigenthümlichkeiten festhält, denn aus farblosen Nazionalitäten lässt sich eben so wenig Zuverlässigkeit entwickeln wie aus karak- terlosen Persönlichkeiten. Das mögen unsere nationalfeurigen Weltverbesserer ephemeren Fernblikkes wohl beherzigen, und es wird gut gehen. _ Ferghanä bietet den schlagendsten Beweis dafür dass weder Timur’s noch Dshingis- Khan’s Horden, mit ihrer ungezügelten Rohheit die Kultur der Iraner zu brechen ver- mochten. Nur den Fortschritt aufzuhalten war ihnen vorbehalten, dabei aber selbst unter- -zugehen, während die Menschheit in ihrer Gesammt-Entwikkelung unbeirrt weiter geschrit- ten ist. Dieser Fortschritt stellt sich jetzt auch dem Alt-Iraner zu Gebote. 1) Bitter und feindlich hat Vambéry (Centralasien, | auch dem Feinde Dank wissen dass er unsere schwachen 1873, p. 210) diesen selben Punkt ausführlich behandelt. | Seiten herauskehrt. An uns ist es nun den gehörigen So schlimm steht es nun freilich nicht, aber wir müssen | Nutzen daraus zu ziehen. 446 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Wer sich vom Tadshik, vom Sarten, diesen Kulturträgern jener Fernen eine Vorstell- ung machen will der schlage die Seite 356, 394 nach. In seinen vielen Anlagen steht er dem Juden zunächst, hat aber vor diesem die zähe ausdauernde Arbeitskraft des tüchtigen Akke- rers voraus. Weiter entwikkelt dürfte er mancher anderen Nazionalität in Allem — mit Ausnahme der Tapferkeit — es zuvorthun. Da in Ferghanä Jedermann des Lesens und wohl auch des Schreibens kundig ist, so wird der Fortschritt ein sonder gleichen rascher sein, sobald nur belehrende Bücher vorhanden sein werden. Man beschaffe unterrichtende Werke, man schaffe europäisch gestaltete Gewerbe- und Realschulen, man gründe kleine landwirthschaftliche so wie gewerbliche Musteranlagen — und überlasse das Volk seiner selbstthätigen Entwikkelung, dieselbe nur in ihren allgemeinen Richtungen überwachend. Rufen wir abermals den gesunden Beobachter Wallace an’). Er hat sich darüber aus- gelassen wie sehr der russische Bauer sich Glück zu wünschen habe dass er von einem russischen Autokraten und nicht vom englischen Parlamente emanizipirt worden sei. Das stehe fest, fährt er fort, dass in einigen annektirten Provinzen die niederen Völkerklassen sich solcher Vortheile erfreuen welche ihnen unter brittischem Regimente nicht zugekom- men wären. Darauf hebt Wallace den Gegensatz zwischen den feudalen Instituzionen der Engländer und den demokratischen Neigungen der Slaven hervor, um daraus den Schluss zu ziehen dass wenn das Geschick es wollte: in ein nach englischen Prinzipien organisirtes Land (Indien?!) Russland hinzuführen, dieses von der grossen Majorität der niederen Volks- klassen als ein Befreier begrüsst werden würde. Dieses vielsagende Wort das Wallace gelassen ausspricht, dürfen wir ohne uns zu täuschen für vollwichtig annehmen. Im Kerne der Bevölkerung Ferghanä’s gab es keine Aristokratie, keine höhere Volksklasse, im engeren Sinne dieser Bedeutung. Seit der Ein- führung der neuen Gemeinde-Ordnung welche nur Wahlbeamte kennt, hat dieser Umstand noch mehr an Bedeutung gewonnen und ist die volle Gewalt der Selbstverwaltung in die Hand der Volksversammlung gegeben. Auch bei den Kara-Kirgisen gab es keine bevorzugte Aristokratie. Wohl aber stand bei den Kirgisen das Volk unter der Leitung wie auch dem Drukke gebietender Adliger; der Leute «weisser Knochen». Die Russische Regierung hat auch bei Diesen Alles auf die demokratische Grundlage einer verfügenden Volksversammlung zurükkgeführt und sich dadurch das Volk nach kur- zem Schmollen gewonnen. Die ihrer Vorrechte enthobenen Priester und erblichen Standes- personen ?) aber sind durch lebenslängliche Emolumente entschädigt und zur Ruhe gebracht. In allem Uebrigen sind den sesshaften wie den nomadischen Eingeborenen ihre gewohnten Verhältnisse unangetastet geblieben, sie werden in den untersten Instanzen von ihren selbst- 1) Russia, 1877, p. 429, 430. Маевъ, матер. III, 1874, стр. 362. 2) Ueber deren Feilheit und Ungerechtigkeit vergl. Е Aro dd | АУ LA at RE г А вы и TR 3 и TA р ры: x № = а = RÜKKSCHAU. 447 gewählten Richtern, bei mündlichem so wie öffentlichen Verfahren nach altem Brauche — so weit solcher nicht den Grundlagen der Menschenliebe und der Staatsgesetze wider- spricht — gerichtet, sie sind freizügig und unterliegen nicht ein Mal der Aushebung für den Kriegsdienst. Die Administrazion ist vom Rechtsprechen völlig getrennt, die vollste religiöse Tole- ranz ist gewährt worden. Die Volksversammlung der Gemeinde verfügt über Beibehaltung der Gemeinländereien oder über Zerstükkelung derselben zur Zutheilung an die Höfe als Privatbesitz; ja sogar die Gemeinde ist es der im Todesfalle eines Hofbesitzers der keine Erbberechtigten hinter- lässt, das Besitzthum desselben zufällt. Und so können wir denn über die in hämischster Weise ausgeführte Frage Vambery’s!): «soll etwa die Regierungsform bei den asiatischen Völkern Neid erwekken?» in ruhigster Weise hinweggehen, ohne jedoch unsere von ihm nachgewiesenen Schwächen so wie auch den Hin- ’ weis zu übersehen dass in Indien die Bildung schon vielfach weit genug gediehen ist um das Zusammentreten von Gesellschaften zu veranlassen welche Beförderung des bildenden sozi- alen Umganges, Ausrottung mancher Vorurtheile so wie schädlicher Sitten und Gebräuche u. 4. m. zum Zwekke haben. Dem Allen wird unsere noch in den ersten Windeln liegende Ferghanä-Kolonie nachzueifern haben, gleich wie die Fehler zu vermeiden deren die Ver- waltung Indiens uns auch nicht unbeträchtliche warnend entgegenzuhalten hätte?). Betrachten wir uns die in Indien gemachten Erfahrungen so lässt sich nicht leugnen 1) Central-Asien, 1876, р. 48. 2) Ein ausserordentlich belehrendes Beispiel liegt uns in dem Berichte vor, der im Jahre 1879 in den Zeitungen die Runde machte. Der in Calcutta geachtete Juriskon- sult Lalmohum Ghose, seiner Herkunft nach ein Ein- geborener Indiens, trug einem Meeting der liberalen Partei, das unter Brights Vorsitze statt hatte, folgende Darlegung der Zustände in Indien vor, mit der im Na- men der aufgeklärten Eingeborenen vorgetragenen Bitte, den Inhalt dieser Darlegung zur Kenntniss des Parla- mentes zu bringen. Die Erziehung deren sie genössen, sagte er, sei eine europäische, nichtsdestoweniger seien sie faktisch fast völlig von höheren Zivilämtern ausgeschlossen, obgleich die Zulassung theoretisch zugegeben sei. Der Ausschluss von höheren Militärposten gelte noch. Obgleich Indien schon ein Jahrhundert unter Englands Botmässigkeit stehe, so sei der Nazion, die unter strenger Kontrolle stehe und entwaffnet worden, keine Stimme in den Lan- desangelegenheiten eingeräumt. Wenn man die Nazion be- fragt hätte, so wäre gegen den Krieg mit Afghanistan pro- testirt worden. Die Salzsteuer die um 40°/, erhöht worden; die neue Patentsteuer, welche sogar Einkünfte von nur 4 Shilling in der Woche belaste — jedoch alle Engländer unberührt lasse — seien für einen Fond eingeführt wor- den, welcher in Zukunft gegen Hungersnoth schützen sollte. Nach dem eigenen Geständnisse der Indischen Regierung sei aber von den so aufgebrachten anderthalb Millionen Pfund Sterling kaum der hundertste Theil sei- ner Bestimmung gemäss verwendet worden, sondern für den Krieg mit Afghanistan verbraucht. So möge denn England auch einen Theil der Kosten für denselben tra- gen, und nicht vergessen werden dass vor wenigen Jah- ren Lord Mayo ausgesprochen, seine Vorgänger hätten die Steuern bis auf die höchste Höhe getrieben. Die neuen Steuern belasten insbesondere die unteren Volksschichten, die ohnehin durch Hungersnoth getroffen sind. Dagegen habe man die englischen Baumwollen- Gewebe von der Steuer befreit, um in England Stimmen zu gewinnen. Die neuen Steuern seien ungerecht, da durch einen Vertrag der zwischen der englischen Regierung und Ben- galen zu Ende des vorigen Jahrhunderts für alle Zeiten beschworen worden, die Grund- und Boden-Steuer unab- änderlich festgestellt worden sei. Zu dem Drukke der Steuern trete noch derjenige hinzu den die Steuereinnehmer, die Zemindare, üben. 448 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANÀ. dass dort wo — wie im Pendshab seit Lord Lawrence — der Staat sich der Einmisch- ung in die innersten Angelegenheiten der Dorfgemeinden enthält, vielmehr dieselben auf der breiten republikanischen Grundlage unbehelligter Selbstverwaltung gewähren lässt, dort wo sogar das Verhältniss der Belastung jedes Einzelnen mit der Staatssteuer von den gewähl- ten Gemeinde-Aeltesten bestimmt wird, die glükklichsten Zustände, die bewährteste Treue, erzielt worden sind. Man hat allerdings darauf hingewiesen dass die Bauern aller mohamedanischer Län- der, da sie unter tyrannischer Willkürherrschaft stehen, keinen Begriff von Selbstverwaltung hätten, jedoch dabei die so vortrefflich organisirte Verwaltung der Wasserwirthschaft ausser Augen gelassen, welche ich auf Seite 162 u. ff. als ungetrübt demokratische Instituzion ins Licht gestellt. Der Ueberwachung wird der Fortgang des so wie oben dargestellt eingeleiteten Bür- gerwesens wenig bedürfen. Die Wohlfahrt des Volkes liegt in seinen eigenen Händen; die Unzufriedenheit muss sich gegen die aus eigener Mitte selbstgewählten Volksbeamten rich- ten. Damit wird hinfällig was unser Widersacher!) ausgesprochen: «Es wird dies der erste «Punkt sein, wo der unmittelbare Kultureinfluss beider europäischer Kollosse sich berührt... «weil das freiheitliche und der nationalen Entwikkelung unter die Arme greifende System «der Briten, den von Russland protegirten Asiaten keine besondere Liebe und Anhänglich- «keit für die Herrschaft des Zaren erwekken kann». Nirgends aber so wenig als gerade in diesen Gränzländern wäre ein passives Gewäh- renlassen, ein schwächlicher Liberalismus am Platze. Je freier die Regung in den unteren Regionen desto strenger muss in der höheren Appellazions- und leitenden Instanzen, welche im Geiste des Asiaten ganz mit dem Begriffe «Russland» zusammenzufallen haben, nicht nur gerechte und dabei strenge, ‚sondern auch prompte Justiz geübt werden, sonst könnte das Volk den Khan vermissen. Letzterer Umstand, die rasche ja augenblikkliche Justiz ist dem Asiaten ein unverhältnissmässig noch grösseres Bedürfniss als den Jahrhunderte lang au Verschleppung gewöhnten Europäern. Langdauernde Untersuchungshaft erscheint in den Augen der Eingeborenen als Folter und wekkt nur theilnehmdes Mitleid, so dass sogar ver- abscheute Uebelthäter vor dem Arme der Gerechtigkeit verborgen worden sind. Es ist nicht zu verkennen dass es die unerbittliche Schnelligkeit öffentlich verfahren- der Justiz gewesen, welche zu Zeiten in dem barbarischen wirren Raubgetriebe Mittelasiens mit einem Schlage die grösste Sicherheit des Eigenthums und Lebens hervorzuzaubern vermochte. Das-Räuberwesen ist eben keine staatliche Entwikkelungskrankheit, sondern ein Auswuchs der mit Feuer und Schwert fortgeschafft werden muss. Sicher war esin Khorezm (Khiwa) zu Jaquts Zeit vor dem Einfall der Mongolen ?); sicher zu den Zeiten Dshingis- Khans als das Reisen in seinem Reiche so zuverlässig war dass der Weg nach China bei 1) Vambery, Centralasien, 1873, p. 216. | 2) Lerch, L. с. RÜKKSCHAU. 449 seinem Throne vorbeiführte und zahlreiche Europäer ihn benutzten. Sicher wurde es in allerneuester Zeit, als Jakub, von Kaschgar aus, mitten in die unerhörtesten fanatischen Metzeleien Ordnung hineinbrachte. Ferghanä ist in der glükklichen Lage, es als eine Klugheitsmaassregel der Politik geniessen zu dürfen dass durch Ueberlassen der Wirthschafts-Polizei und Rechts-Pflege an die unteren nazionalen Instanzen es möglich gemacht werden könne, in die Region der euro- päischen Staatsbeamten Ferghanä’s, auserlesen zuverlässige, orientirte und verständige Elemente hinzustellen. Auch haben wir schon die Befriedigung erlebt dass unser kritikbereiter Beurtheiler Schuyler') die Ordnung welche er in Turkestan vorfand als merkwürdig gut anerkannt hat, so wie das freundliche Einvernehmen zwischen Russen und Eingeborenen und die von jeglicher Verachtung freie Herablassung des Herrschenden und Zivilisirteren gegenüber dem unterworfenen Volke?). Ja er konnte nicht umhin ganz richtig zu bemerken dass die Ein- geborenen den Russen gegenüber mehr Zurükkhaltung üben, als umgekehrt. Wenn er nun schliesslich wenigstens in einem Theile des Landes, im Särafschan-Thale, mit grosser Aner- kennung hervorhebt, die Beamten?) hätten ein Herz für die Wohlfahrt des Landes und er- fassten ihren Beruf mit Ernst — so schen wir alle möglichen Grundlagen für das Gedeihen jener äussersten Gränzmarken unseres unermesslichen Reiches geboten. Der Kern des vor- handenen Guten will nur in richtiger Weise gepflegt und grossgezogen sein. Auch ich muss bezeugen dass ich erstaunt gewesen bin über das wahre Interesse für des Landes Wohl und den bedeutenden Aufwand an Mühe und Arbeit welche sogar Beamte zweiter Ordnung in die Pflichten ihres Amtes hineinlegten. Eine Frische wie die Mechanik der Tretmühle fertig eingerichteter Staaten sie leider nicht kennen kann. Ferghanä scheint glükklicher Weise zur rechten Zeit in Russlands Besitz gekommen zu sein, nachdem der Schwarm gewissenloser Glükksritter, deren nicht Wenige aus höheren Ständen stammten und ihren Halt in manchen gewichtigeren Kreisen der Hauptstadt hatten, wiederum allmälig aus Turkestan heimgesandt worden. Doch genug hievon, denn nicht nur Berichte der Reisenden, sondern sogar litera- rische Erscheinungen unterhaltender Art haben das damalige Treiben in unseren neuerwor- benen Gränzländern genugsam an das Tageslicht gezogen und gegeisselt. Hier sei vielmehr auf das grosse Opfer hingewiesen das jeder tüchtige Mann bringt, wenn er sich dazu entschliesst seine Dienste unserem Staate in Mittelasien bleibend zu weihen. Dazu gehört immerhin eine Gewohnheitsrichtung die Westeuropa nicht so zu Gebote steht‘). Mir kam es unerwartet dass schon nach so kurzer Zeit des Besitzes und der Be- 1) 1. с. II, p. 233. als Folge des Ueberdrusses an dem Gekünstelten und 2) Daselbst II, p. 238. Verderbten in unseren gesellschaftlichen und staatlichen 3) Irre ich nicht so führte damals dort derselbe Mann | Verhältnissen, näher studiren zu können ist mir leider das Regiment, den ich als General Abramow an der | entgangen. Unterdessen ich aus Nanaj einen Abstecher Spitze der Verwaltung Ferghanä’s traf. | tiefer ins Gebirge machte, hatte mich ein früherer Ge- 4) Die äusserste Linke dieser Gewohnheitsrichtung, | hülfe des Kreishauptmanns — derselbe Hr. Nalivkin Mémoires de l'Acad, Imp. des sciences УШао Serie. 57 450 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. ruhigung des Landes ich Männer traf welche Mittelasien nicht als Stufenleiter betrachteten, um in wenigen Jahren rascher empor zu steigen als daheim, und dann zurükkzuspringen. Es ist das Verdienst der Oberverwaltung, еше stetigere Gedankenrichtung überhaupt er- möglicht zu haben durch Aufbesserung der Gehalte und Pensionen und namentlich durch Sorge um Anlage höherer Erziehungsanstalten für Kinder beiderlei Geschlechtes; denn den Bau zu solchen sah ich in Taschkent schon fast vollendet. Der Sorge der Anstellenden wird es also anheim gegeben sein, den tüchtigen Kräften, durch Emporsteigen in Stellungen und Gehalten das Bleiben lieb zu machen. Ich beneide die Kolonien der Engländer und Hollän- der nicht um das neue System des schnellen Wechsels der Beamten und Soldaten in ihren tropischen Besitzungen. Opfer an Menschenleben werden allerdings dadurch vermieden. Sogar in Algerin vermehren sich ja die Franzosen nur schwer; die Spanier und Mischlinge mit ihnen schon besser. Da dürfen wir doch unser Ferghanä hoch loben, das Jedem der sich in der Sommermitte des Thalbekkens angegriffen fühlt, gestattet in einem Tage die luftigen Berghöhen zu erreichen auf denen Jeder gesundet. Immerhin ist aber der Rath nicht in den Wind zu schlagen dass der Winter und das erste Frühjahr vorzugsweise zum Uebersiedeln gewählt werden möchten, da der Körper sich so leichter akklimatisirt, weil der Spätsommer die ungesundeste Jahreszeit ist, auf welche die grösste Sterblichkeit fällt. Es kommt nirgends so sehr als in der fernen Kolonie darauf an, dass bald ein Stamm von Verwaltungsbeamten sich heranbilde, welche von Jugend auf in jene anderartigen Ver- hältnisse hineingewachsen sein werden, so dass es keiner sprachlichen sowohl als gegen- ständlichen Dollmetscher mehr bedürfe, über deren Unumgänglichkeit ich noch viel mehr Klage zu führen hätte als Fedtschenko, der doch Jahre dort zubrachte, einen «schrift- lichen» Dollmetscher, statt des nur «mündlichen» den ich hatte, erhielt, und dennoch diese Dolmetscher das Unglükk Turkestans nennt. So weit mich dieser Schleier des Dolmetschens und die vorsichtige Zurükkhaltung der dessen Mittheilungen ich wiederholt zitirt habe — ver- fehlt, der Alles aufgegeben, um als freier Mensch, in der freien Natur, im kirgisischen Filzzelte zu leben, und in Allem ein Kirgisen-Leben zu führen. Dazu gehört eine gleichgesinnte Frau: — sie melkt selbst die Stuten, so versicherte man mich — obgleich eine sogenannte «Insti- tutka» d. h. in einer Staatsanstalt erzogen. Dieser Mann der eine grosse Neigung für den Akker- bau haben soll und sich nur daran stösst dass ihm, als Russen der Besitz von Grund und Boden in Ferghanä nicht gestattet ist, könnte mit seiner Entschiedenheit und seinen Neigungen die vorsorglichen Absichten der Regie- rung ausserordentlich fördern. In ihm sehe ich gerade die Persönlichkeit welche dazu bestimmt scheint, auf ei- nem ihm ausnahmsweise zu vollem Besitze gestatteten Grundstükke, eine vollkommenere Wirthschaft, als Muster für die Eingeborenen, einzuleiten. Diejenigen vervoll- kommneteren Geräthschaften welche als wünschenswerth erkannt würden, müssten ihm geliefert werden, unter Verpflichtung sie anzuwenden und den Eingeborenen ihre Vorzüge vor Augen zu führen. Man denke doch daran dass es uns an Leuten über- haupt und nun gar an Leuten solcher Art fehlt, und die Hauptkunst der Verwaltung gerade darin besteht Jedem, auch dem scheinbaren Sonderlinge, oder vielmehr gerade dem Sonderlinge die richtige Stelle im Staatshaushalte anzuweisen. Ein solcher Sonderling kann unter Umstän- den mehr leisten als zehn ehrsame Beamte. Nur mehr Leute solcher Art. Her mit ihnen. RÜKKSCHAU. 451 Eingeborenen hineinblikken liess, musste ich Ferghanä dazu beglükkwünschen dass es von Beamten weniger ausgebeutet werde als Sibirien, und gar viele Gegenden des europäischen Russlands. Ich spreche das unter Vorbehalt aus, hoffend dass der Passus: «provinciam quam pauper intraverat, dives pauperem reliquit» auf Ferghanä’s Gewalthaber nicht an- wendbar sein wird, kann aber nicht umhin dabei vergleichend zu erwähnen, dass ich in England von Stellungen in Indien nicht anders habe reden hören als von einem Mittel um nach 10 bis 15 Jahren als reicher Mann, der sein Glükk gemacht, wieder heimkehren zu können. In dieser Richtung ist in scheinbar kleinem Dinge ein grosses Versehen begangen worden, das baldigst ein für alle Mal abgeschnitten werden müsste: es ist die Zulassung des «Dostarchan». Man kann sich als Beamter nicht rühren ohne mit diesen Bescheerungen gastlich beehrt zu werden. Voran sind es Esswaaren und Lekkereien aller Art; das schliesst ‘aber daran sich knüpfende Darbringungen anderer Art nicht aus. Nur zu bald lernt man verstehen warum sich alles mögliche Gesindel zu Dorfbeamten jeglicher Art hinzudrängt um einem Staatsbeamten das Geleit zu geben, warum sie — man mag nun noch so unver- hoffte Richtungen einschlagen, es dennoch möglich machen die Dörfer zuvor zu alarmiren die man zu überraschen hoffte. Der Gefeierte nippt; aber das Gefolge macht reines Haus. Gehen nun gar Kosaken') oder auch nur ein mit Medaillen gezierter tatarischer Dolmetscher mit, so nimmt das den Anstrich von Requisition. Der feinfühlende Beamte kommt seiner- seits in die Lage sich mit Ehren-Schlafrökken u. d. m., als Gegengabe belasten zu müssen und über seine Mittel zu gehen. Die orientalische Sitte des Beschenkens war ein Attribut des Plünderungssystems und hätte mit diesem zugleich abbrechen müssen. Ebenso thut Noth dass dem orientalischen Gepränge bald ein Ende gemacht werde. Der Wolostj-Ael- teste — in Europa ein Bauer wie jeder andere — reitet nicht anders als säbelumgürtet, mit Gefolge, als grosser Herr, und lässt sich von 7 bis 8 Dshigitten die oft auch wieder Säbel tragen, bedienen; es stekkt eben noch immer der frühere Ming-Baschi, der musel- 1) Man vergesse nicht dass es, bei aller ihrer Kriegs- tüchtigkeit für Zentral-Asien, Genossen Derjenigen sind welche im Jahre 1874 sich auflehnten weil ihnen unter- sagt wurde Stellvertreter zur Ableistung ihres Militär- dienstes zu schikken. Kann man es solchen Leuten ver- denken wenn sie als die Sieger mehr Ansprüche an Faul- lenzen und Traktament machen als die Dshigitten, die in Kriegszeiten höchstens als Miliz, im Frieden als Poli- zeidiener zu betrachten sind. Dennoch nennt ein Bericht- sah. Ich wies ihn weit hinter mir zurükk. Während ich nun damit beschäftigt war die mir begegnenden, mit Heizmaterial beladenen Karren zu zählen, bemerkte ich eine nicht zu verkennende Aufregung der Fuhrleute, die sich beeilten auszuweichen, oder herabzuspringen. Mich umsehend entdekkte ich dass jener Geleitsmann, hoch zu Ross, nicht unterlassen konnte mit erhobener Plette zu signalisiren. Es gelang mir einige Male, in schlichtester Weise ab- erstatter nicht mit Unrecht die Dshigitten: Scheuchen (pugalo) des Volkes. Mit genauer Noth hatte ich mich bei einem Ausritte von den überall auftauchenden Geleitsmännern losge- macht, als ich nichtsdestoweniger, schon etwa in einer Meile Entfernung von der Hauptstadt Margelan einen dienstfertigen Dorfbeamten vor mir den Weg freimachen gelegene Dörfer zu besuchen, und ich, als Gastfreund (Tammar) konnte nicht genug, mich des freundlichen Verkehrs erfreuen. Ein Dshigit mit einem Briefe wurde mir nachgesendet. Fort war aller offener Umgang, Alle waren wie umgewandelt, und ich selbst zum (Türä) Vor- gesetzten geworden, vor dem man sich anders giebt. 57* 452 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. männische Befehlshaber über Tausend Mann in ihm. Je höher die Stellung desto grösser das Gefolge; so verlangt es die orientalische Sitte. Dergleichen Grossthun geht aber «nicht ohne» ab. Zu meiner nicht geringen Ueberraschung half es mir nichts als ich den ersten Dshigitten den man mir freundlichst zu Gebote stellte sogleich verabschiedete, weil er mir zu vornehm war, 4. 1. ein Hausbesitzer, der S Pferde hielt u. 4. m. Der zweite hatte doch auch wieder einen Diener der ihm die Nargileh-Pfeife zutragen, das Pferd abnehmen musste u. $. w. Gab ich ihm einen Auftrag so war, wie aus der Erde gestampft wieder allerhand Gesindel zur Hand dem er die Befehle weitergab. So blieb es auch unverbesser- lich bis ich diesen gleichfalls entliess. Zuvor aber hatte doch mein hoher Zorn so weit ge- wirkt dass ich ihn eines Morgens sein eigenes Pferd eigenhändig beschikken fand. Das war diejenige Konzession die der Hidalgo-Ritter für nicht unehrenhaft hielt. Uebrigens that sich ein grosser Abstand in beregter Hinsicht zwischen dem rechten und dem erst jüngst erworbenen linken Ssyr-Ufer kund. Auf dem rechten war der Wolostj- Aelteste nicht mehr eine Art Herrscher, sondern vorwaltend ein Wirthschaftsbeamter, so dass die Polizeiwürde mehr in den Hintergrund trat. Vorzugsweise mussten Ufa-Tataren, der beiderseitigen Sprachen und der Sitten des Landes kundig, auch derselben Religion angehörig wie die Eingeborenen, als Wolostj-Ver- walter aushelfen. Sie schienen mir zuverlässiger und minder pomphaft zu sein als die Sarten die in diesem Amte saassen. Die eingeführten Instituzionen sind, wie wir gesehen, den örtlichen Bedürfnissen best- möglichst angepasst; von denen die mit ihrer Ausführung betraut sein werden, dürfen wir das Beste erwarten. Es treten also nunmehr unter den die Zufriedenheit des Volkes be- dingenden Ursachen die Verhältnisse des Bodenbesitzes, so wie die Steuerfrage in den Vor- dergrund. Dem Gedankengange historischer Entwikkelung folgend haben wir auf Seite 411 das Vorhandensein der Lehen nachgewiesen. Diese, als solche, haben allerdings für Europa aus sich die Leibeigenschaft in bedaurenswertherste Weise hervorwachsen lassen. Nichtsdesto- weniger kann in Turkestans früheren Verhältnissen von einer solchen nicht die Rede sein, und wenn der Ausdrukk «Leibeigene» in den vielfach gesichteten Eingaben an unsere Staats- regierung dennoch figurirt, in Bezug auf die Leute welche im jährlich erneuten Pachtver- hältnisse auf den Wakf-Ländereien sitzen, so ist das ein arger Irrthum. Durch den expro- priirenden Gewaltstreich (p.412, A. 3) sind sie jedoch mit einem Schlage des Machtwortes besitzlich geworden. Allerdings eine weise Maassregel, die auch ruhig dahingenommen worden ist. Somit haben wir von nun an das Alles was wir oben Lehen genannt, nur in «Domänengut»'!) unzutaufen, und wir sind vollkommen orientirt, denn auch dieselbe Erb- 1) Ziehen wir die in ähnlicher Lage wie Russland | eingegangenen Verhältnissen zwischen Boden und Be- sich befindenden Staaten zum Vergleiche heran so sehen | völkerung, gerade diejenigen die gelungensten Resul- wir unter den fünf verschiedenen von England in Indien ' tate aufweisen in denen die Landbauer entweder als ; RÜKKSCHAU. 453 lichkeit des Besitzes ist den Domänenpächtern gewahrt, welche nachdem sie bei den Lehen zur Anerkennung gekommen war, auch in Europa den Anstoss zu ausserordentlichem Auf- schwunge der Land- und Volkswirthschaft gab'). Da nun ein Mal die Rede auf die Insassen der Wakf-Ländereien gekommen, so wollen wir hier abmachen was über sie zu sagen wäre. Wir staunen wenn wir in Erfahrung bringen wie ausserordentlich gross der Grund- besitz der Kirche im Mittelalter gewesen, wenn wir uns darüber belehren dass auf dem Festlande Europa’s schon im 9-ten Jahrhunderte '/, alles Landes, im 14-ten fast die Hälfte des Bodens von England, sich in den Händen der Geistlichkeit befand. In Ferghana lernen wir kennen dass wir im alten Asien noch weiter in der Geschichte zurükkzugehen haben wenn wir dem Ursprunge nachgehen wollen den dieses Missverhältniss genommen. Was die Messung in Ferghana nach dieser Richtung ergeben wird, lässt sich leicht voraussagen wenn wir bedenken dass im benachbarten Särafschan-Gebiete fast Y, aller wässerbaren Lände- reien dem Wakf-Besitze verfallen ist. So wohlfeil der Erwerb dieser Ländereien der Kirche zu stehen gekommen, so vor- theilhaft die egoistische Freigebigkeit der Sterbenden solche Ländereien gegen Sündenver- gebung einzutauschen gestattete, so gab sie doch zu ihrer Zeit der Priesterherrschaft die Mittel an die Hand jene Unmasse von Schulen aller Stufen zu gründen, welche wir in Mit- telasien staunend vor uns sehen. Es scheint jedoch nicht dass auch der landwirthschaftliche Fortschritt durch die Wakf-Besitzungen irgend gefördert worden, gleich wie das unter dem Krummstabe der Klöster Europa’s unfraglich statt fand. Vielmehr ist es den neuen Ekpropriazionen welche (p. 413) die russische Gesetzgebung eingeführt als besonderes Verdienst — staatswirth- schaftliches gleich wie auch politisches — anzurechnen dass sie mit einem Schlage der be- ginnenden «Hörigkeit» des Landbauers ein Ende gemacht, welche die Priester auf den kirchlichen Besitzlichkeiten auch hier wo es kein nachhaltiges feudalaristokratisches Ele- ment gab, einzurichten nicht unterlassen. Gleich wie in Europa wird es sich in Mittelasien von selbst gestalten dass mit dem Sinken der Kulturüberlegenheit der Priesterschaft, auch ihre Herrschaft unter dem-frem- vollberechtigte Eigenthümer des von ihnen bebauten Во- | da die Fellah’s die Grundsteuer unmittelbar an die dens anerkannt worden (wie im Pendshab), oder in festem Besitze desselben belassen worden, gegen Ent- “richtung einer alle 30 Jahre zu revidirenden Grund- steuer. Auch in Algerien ist das Land von den Franzosen den Eingeborenen als freies Eigenthum überlassen wor- den, und Mehemed-Ali der sich dasselbe dem Koran zu- folge in Aegypten anzueignen begann, hat es schliesslich doch den Fellah als bleibenden Besitz zurükkgegeben. Darauf konnte er unbeschadet seiner Einkünfte eingehen, Staatskasse abliefern, diese Steuer aber durch ihre Höhe offenbar zugleich die Pachtrente des Landes repräsen- tirt. 1) Wenjukov (Poccia u Востокъ, стр. 86) hat ein- dringlich hervorgehoben, wie lähmend das Nichtvorhan- densein festen Privatbesitzes auf die Entwikkelung Sibi- riens zurükkgewirkt; zumal dort wo es durch die Be- stimmung des ersatzlosen Rükkfalles des geurbarten Landes an den Staat, nach Verlauf von 40 Jahren, ver- schärft war. 454 А. у. MIDDENDORFF, ЕЕВСНАМА. den beaufsichtigenden Regimente ein Ende nehmen muss, und gesetzliche Hindernisse der todten Hand entgegentreten und Säkularisazionen sich einstellen werden Möge nur der Staat auch dabei bleiben die Unantastbarkeit dieser von himmelnden Seelen gestifteten Widmungen nimmer seinen unersättlichen Geldnöthen zu opfern; mögen diese Stiftungen der Schule, den Siechhäusern und den Wohlthätigkeits-Anstalten aller Art erhalten bleiben. Dann wird das von bigotter Dummheit entfesselte Land, mit Riesenschritten emporzu- blühen vermögen. Die Säkularisazion wird sich allmälig von selbst gestalten; hat doch Mehemed-Ali (freilich ein gläubiger Herrscher) in Aegypten es wagen dürfen sich der Wakf-Güter — mit Ausnahme der Gärten und Häuser — zu eigennützigen Zwekken zu bemächtigen. Es dürfte übrigens jetzt bei Zeiten, wo diese Angelegenbeit noch keinen praktischen Werth für Turkestan hat, das mohamedanische Gesetz, demzufolge Land durch Vererbung niemals auf nicht mohamedanische Verwandte übergehen kann, ausdrükklich aufgehoben werden müssen. Auch lässt sich in der That unter den gegebenen Verhältnissen nicht ganz ohne vereinzelte Zwangsmaassregeln, von oben herab, auskommen, und gebe ich zur Illustrazion dieser Noth- wendigkeit nachstehend den Inhalt eines Schreibens des Gouverneur’s von Ferghana an den Generalgouverneur von Turkestan, vom Juni 1877, wieder, das durch den kaum glaublichen Wucher und die Machinazionen der Inder hervorgerufen war, die in Turkestan, so viel mir bekannt, bis auf den letzten Mann nichts Anderes als Wuchergeschäfte betreiben. Es gehen — so heisst es in jenem Schreiben — Ländereien in die Hände von Indern über, in Folge der verschiedenartigsten Abmachungen und Verpflichtungen welche die Ein- geborenen ihnen gegenüber eingehen. Das ist widergesetzlich und schädlich. Das neue Projekt der Bestimmungen welche die Besitzrechte feststellen sollen ist noch nicht bestätigt auch nicht eingeführt und deshalb sitzen die Eingeborenen nur als Nutzniesser auf Staats- Ländereien, auf welchen gewisse Abgaben für das Nutzungsrecht ruhen. Daher muss die Verwaltung Acht haben dass diese Ländereien aus den Händen der Akkerbauer nicht in die Hände von Nicht-Landbauern übergehen, welche möglicher Weise Mittel und Wege finden werden diese Ländereien auf eine andere, dem Staate minder vortheilhafte Weise auszunutzen. Die Inder sind eindringende Fremdlinge, mit besonderer Anlage zum Ausbeuten der Bedrängten. Sie kaufen die Ländereien für geringe Schulden auf, mit welchen sie die ge- sammte Bevölkerung umstrikkt haben und werden sich schliesslich zu Grossgrundbesitzern aufwerfen, welche dann die Bevölkerung als leibeigene Arbeiter ausbeuten. Die Leichtigkeit des Gelderwerbes bei kaum glaublich hohem Zinse, und so sicherer Hypothek, vermehrt die Zahl dieses Raubgesindels in erschrekkender Weise. 7 Deshalb wäre es nöthig zu verbieten dass Ländereien an die Inder für Schuld oder kontraktmässig übertragen werden. Den Landleuten wäre zu eröffnen, dass sie bis auf Weiteres nicht das Recht haben auswärtigen Leuten ihre Länder zu vergeben. RÜKKSCHAU. 455 In Folge dessen sieht sich der Gencralgouverneur veranlasst im Oktober 1877 gegen den Wucher folgende Bestimmungen zu erlassen: 1) Es ist nicht gestattet den Indern Ländereien, sei es auch in zeitweiligen Besitz zu vergeben. 2) Jeder Grundbesitz der auf Inder durch Erbschaft, Geschenk oder auf andere Weise übergeht, muss binnen 6 Monaten verkauft sein. 3) Den Indern ist verboten solche Ländereien als Pfand oder in Pacht zu nehmen. 4) Aukzionsweiser Verkauf von Ländereien auf Ansuchen der Inder wird nicht ge- stattet. 5) Dagegen sollen laut $ 653 des Wechselrechtes die Schuldner durch Vermittelung der Polizei das erhaltene Darlehen aus den Einnahmen des verpfändeten unbeweglichen Vermögens wieder erstatten; jedoch darf nicht mehr als '/, der Reineinnahmen dazu ver- wendet werden. 6) Persönliche Haft der Eingeborenen ist, vor Abwikkelung solcher Abzahlungen nicht gestattet. 7) Ausdem beweglichen Vermögen können zum Verkaufe im Meistbot nicht zugelassen werden: Alltägliche Bekleidung, Hausgeräth, Akkergeräth, Saaten, Speise-Vorräthe welche zur Nahrung nöthig sind, Arbeits-Vieh und überhaupt das Vieh das zur Feldarbeit und zur Ernährung nöthig ist; falls nicht entschiedener Ueberfluss daran vorhanden ist. Dieser letzte Punkt muss nicht nur in Betreff der Forderungen der Inder, sondern auch jeglicher Forderung, gegenüber der Akkerbau-Bevölkerung des Landes, aufrecht er- halten werden. Zugleich soll den Uebergriffen der reichen Sarten welche dem Beispiele der Inder zu folgen und Wucher zu treiben beginnen, gleichfalls entgegengetreten werden, und deshalb wird auf die Landleute Turkestans das Benefiz der Reichsbauern (Domänen) ausgedehnt, dem zufolge Forderungen an dieselben anfänglich an die Einnahmen derselben und in zweite Reihe erst an die Liegenschaften Anspruch machen könne, so dass geringere Schulden nicht zur Versteigerung der Liegenschaften führen dürfen. Damit solches Verbot nicht umgangen werde wurde festgestellt dass auch die den Indern ausgestellten Wechsel, selbst wenn sie in andere Hände übergingen keine Versteige- rung des Landbesitzes bedingen durften. Häuserbesitz in den Städten wurde dagegen den Indern gestattet, zumal es in doppelter Hinsicht in Betracht kommen musste dass bis Jetzt in Ferghanä keine Miethwohnungen zu haben gewesen sind; was sehr karakteristisch ist. So gewaltsam besagte Verfügungen in die Zustände des Geldverkehrs und des Besitz- wechsels von Grund und Boden eingriffen, so wohlthätig schützen sie doch das Land vor unbe- rechenbar schwierigen Verwikkelungen. Auch ist von ihnen, so viel mir bekannt, weiter keine Rede gewesen. Viel böses Blut hat dagegen erregt das im Jahre 1871 für Turkestan erlassene Verbot der Korroberirung des Besitzwechsels von Land, das ausserhalb der Stadtmauern gelegen; sei es durch die einheimischen Каз, sei es durch die russischen Behörden. Dadurch 456 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANÀ wurde der Landkauf und die Kolonisazion auch für Russen unmöglich. Das hat viel böses Blut gemacht, und ist der lauge Interimstermin in welchem diese so wichtige Angelegenheit versunken, allerdings sehr zu bedauern. Nichtsdestoweniger lehrt uns der Allerhöchste Befehl vom 9. Mai 1878, der einen grossen Theil der Landkäufe von den Baschkiren rükkgängig macht, wie leicht es bei Uebereilung dazu kommen kann, dass den Agrarverhältnissen neue Wunden geschlagen werden müssen, um die alten zu heilen. Man hat sich in der Baschkirei zu spät eines Besseren besonnen. Diesen Zwangsmaassregeln wird und muss man ein baldiges Ende bereiten, durch Errichtung von Vorschussbanken für die Kleinakkerer, welche als ein dringendes Bedürfniss erscheinen. Mit Sparkassen vereint!) könnten sie die ärmere Bevölkerung durch das Er- zwingen eines erträglichen Zinsfusses aus ihrer verzweiflungsvollen Lage herausreissen. Das schleunig auszuführen ist um so mehr angezeigt, als ein guter Theil der Schulden eingegan- gen wird um die Steuern pünktlich zu leisten. Eine möglichst zahlreich vervielfältigte Errichtung solcher Darlehnskassen gehört zu den Bedingungen eines durchschlagenden Erfolges, zu dem es nicht bedeutender Mittel bedürfte. Bei Ferghanä’s hochintensiver Kultur dürften Landeskultur- und Meliorazions- Banken nicht verfrüht, dürften Raiffeisensche Kassen schon am Platze sein. i Wie gross das Uebel des Geldmangels ist, und dass es auch höhere Kreise in Mitlei- denschaft zieht, möge die nachstehende Mittheilung lehren. Während ich bei der Hinreise auf einer Stazion die Rükkehr von Pferden abwarten musste traf ich mit einem reisenden Sarten zusammen, der mir Dieses und Jenes aus den Lebensverhältnissen schilderte, die in der Nähe zu betrachten mir bevorstand. Unter An- derem rühmte er mir die glükklichen Verhältnisse eines gewissen Obristen, der beliebigen Kredit bei reichen Sarten habe, und daher im Stande sei die so vortheilhaften Lieferungen an die Krone zu übernehmen, an welche die Sarten selbst aus Mangel an Geschäftskenntniss und durch etliche unglükkliche Beispiele belehrt, sich nicht wagten. Es ergab sich dass der Herr Obrist das Geld zu sehr billigen und zwar zu 4 Prozenten erhielt. Als ich der Ursache so billiger Anleihen nachforschte so blieb ich verduzt vor der Entdekkung stehen, ich sei so einfältig gewesen meinen europäischen Maasstab anzulegen. Vier Prozent monatlich hatte mein Plauderer gemeint. Das war die Einleitung zu besserem Verständniss der dortigen Geldgeschäfte und erinnerte zugleich an Kronslieferun- gen in Europa. Nun erfuhr ich dass unter Bürgern fünf Prozent monatlich der gewöhnliche Satz sei, vier Prozent aber sei ein billiges Maass. | Später vervollkomnete sich meine Einsicht durch Fälle in denen ein Kirgise für einen geliehenen Rubel wöchentlich 20 Kopeken Zinsen zahlte; ein anderer Kirgise für ein Maass Sommergetreide das er im Frühsommer geliehen, im Herbste, also nach drei bis vier 1) Eine Sparkasse ist in Taschkent bei der dortigen | 1375, № 26). Abtheilung der Reichsbank schon im Gange (Турк. ВЪд. RÜKKSCHAU. 457 Monaten, drei Maass wiedererstatten musste. Als fester Satz beim Borgen galt zu meiner Zeit, dass dem Inder für je fünf gelichene Goldstükke wöchentlich ein Rubel bis 1 Rub. 20 Kop. gezahlt werden mussten. Solchen Wucher verpönt die Sitte nicht. Der Reiche speichert sein Korn in mit Stroh und Erde gedekkten Silo’s. Er schachert noch grosse Vorräthe zusammen. Bald ist beim Armen der Weizenvorrath zu Ende. Auf diesen folgen die schwerliegenden Brodfladen aus Mais und Dshugara; man sucht sich von dünnem Mehlbrei zu nähren; man hungert sich durch. Endlich geht es an das Nehmen von Anleihen. Der völlige Ruin ist dann sicher. Bei so intensiver Bodenkultur mit ihren separatistischen Tendenzen wie uns die Sar- ten in Ferghana sie bieten, zumal in so enger Verbindung mit regem Haus- und Gewerbs- fleiss, ist die Frage nach Kapital und Kredit von einschneidender Wichtigkeit. Bei den Halbnomaden und Nomaden tritt sie mehr in den Hintergrund. Der Naturzustand, das geschlossene Familienleben der Hirtenvölker und der patriar- chalische Zuschnitt ihrer ganzen Existenz haben überall und seit jeher bei ihnen das Gefühl für die ursprüngliche Zusammengehörigkeit wach gehalten. Man gehört zusammen, man hilft einander aus, wenn auch nicht ohne Eigennutz. Mit einer unverkennbaren Selbstüber- hebung, mit freudigem Stolze werden auch dort wo es bei den Nomaden an Schriftkundigen mangelt die mündlich überlieferten Stammtafeln sorglich fortgeführt. Der Gegensatz zu den sich rükksichtslos durcheinander mischenden akkerbauenden Städtern und Dörflern ist darin schlagend und wächst ausserordentlich an, dort wo die Horden, zugleich mit der Viehzucht, sich zwischendurch kekker Raubzüge erfreuen. Wie nichtssagend trotz ihrer Genauigkeit, diese feudalaristokratischen Stammtafeln der Kirgisen jeglichen Namens, so wie auch der Usbeken Turkestans in ethnographischer Beziehung sind, haben wir im vorigen Abschnitte kennen gelernt. Je geringer in ihrer historischen Bedeutung desto bedeutsamer für die jeweilige No- madenwirthschaft ist diese Theilung in Stämme und Geschlechter, so dass die Abtheilung des Landes zu Gemeinweiden welche denselben entsprechen eine unvermeidliche ist. Das Weiderevier ist Gesammt-Eigenthum des Stammes oder der Horde'). Eine solche Abthei- lung der unurbaren Ländereien zu Gemeingut, könnte unter den Verhältnissen in denen sich Ferghana befindet, wo der Begriff des individuellen Eigenthums auch dem Nomaden schroff vor Augen liegt, mit Ueberspringung der Uebergangsstufe welche die Feldgemein- schaft bei langsamen Entwikkelungsgange bildet, dereinst unmittelbar zur Einrichtung von Privatäkkern führen, ohne dass diesen der Hemmschuh des Flurzwanges vorangienge, der. bei uns in so verfehlter Weise als Rettungsanker slavischen Originalursprunges, als «ursla- vischer Volksgedanke, und neue Formel der Zivilisazion», gefeiert wird, während er doch nur ein Ausdrukk kommunistischen Primitivzustandes und einer gewissen Volksanlage ist. 1) Daher auch die solidarische Steuerhaft, aber auch Uranfängen einstellen. das Retraktrecht der Gemeinde sich zugleich mit jenen Mémoires de l'Acad. Imp. des sciences, VIImo Serie. 58 458 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Aber nicht nur bei den Halbnomaden und Nomaden finden wir das Land im Gemein- besitze vor. So zerstükkelt auch der Landbesitz im Bereiche der intensiven Bodenkultur Fergana’s ist, so haben dennoch auch so gedrängt sitzende Dorfgemeinden ihre Gemein- weiden, in den unvermittelt an die lachenden Oasen anstossenden Wüstländereien. Ohne dieselben wäre, bei der übermässigen Zersplitterung des Kleinbesitzes die Beschaffung des unumgänglichen Dunges, wäre die Viehhaltung — so jämmerlich sie auch sein mag — ganz unmöglich '). Somit enstanden hier, gleich wie in Europa, Markgenossenschaften, deren Gemeinländer sich tief zwischen die im Privatbesitze befindlichen ausserordentlich zersplit- terten Aekker hineinschieben. Welchen Werth solche wüste «Weideländer» einst überall wo der Regen hinreicht gewinnen können, sehen wir allerorts wo die Kultur eine intensivere geworden ist, aber wohl kaum irgendwo hervorspringender als in einigen Gegenden Belgiens. Die Nöthigung zu intensiver Wirthschaftsweise ist dort so unabweislich gewesen dass nicht nur die Weide- länder wie das überall geschieht in Aekker verwandelt sind, sondern da man die Natur des Gemeinlandes diesen Ländereien beliess, ist es im Laufe der Zeiten dazu gekommen, dass die anfänglich in wilder Grasfeldwirthschaft behandelten Weidegründe °), welche nur alle 18 Jahre unter den Pflug genommen wurden, allgemach nicht nur in kontinuirlich angelegte Aekker verwandelt worden sind, sondern zu unserer Zeit schliesslich sogar der Ruhe durch die Brache entrathen. So hohe Kultur ist nur durch die Einsicht der Gemeindeverwaltungen ins Werk gesetzt. Sie haben Verordnungen zu Stande gebracht welche die geringsten Mengen an Dungkalk und Dünger vorschreiben, die Jeder auf sein bleibendes Akkerloos der frühern Gemeinweide aufzubringen hat, widrigenfalls ihm das Recht an seinen Antheil genommen wird. Es ist das ein vielleicht einzig dastehendes Beispiel, das in Betreff der Gemeinlände- reien und der vernachlässigten Akkerwirthschaft der Bauern Russlands die grösste Beachtung verdiente. Wie leicht wäre es nicht, hie und da eine Gemeinde unter einigem Drukke zu analogen Beschlüssen zu veranlassen, dadurch Beispiele zu wekken und durch Einbürgerung solcher Sitte den Anstoss zu ausserordentlichen Fortschritten zu bieten. Es scheint mir dieser Ausweg der einzige erträgliche zu sein, der die Schwierigkeiten welche die Feldgemeinschaft bietet, abzumildern vermag. Der böse Flurzwang lässt sich jedoch auch so nicht vermeiden. Dass er auch in Turkestan nicht fehlen kann lehrt uns die Angelegenheit des «Kosch» (p. 416), welche überdies die Bedeutung des alten aus dem Oriente stammenden Bibelspruches «wer da hat dem wird gegeben» auf praktischem Gebiete verdeutlicht. Es fehlt eben nirgends wo es etwas zu theilen giebt, an Aristokraten. Die Behauptung‘) dass in Mittelasien Gemeinbesitz der Ländereien die vorwaltende, 1) Ich erinnere mich wohl gelesen zu haben dass es | rechnete wahrscheinlich die Gemeinweiden zu den Oed- im Särafschan-Gebiete gar keine Almenden geben solle, | gründen. muss jedoch voraussetzen dass darunter nur das Nicht- 2) Dort «Sarts» genannt. vorkommen von Feldgemeinschaft zu verstehen sei. Man 3) Kostenko, Средняя Asia, 1871, стр. 167. RÜKKSCHAU. 459 ja ausschliessliche Form des Bodenbesitzes sei, weil sie sich nothwendiger Weise aus der Unmöglichkeit für den einzelnen Menschen die Bewässerungen auszuführen, entwikkelte, ist also in doppelter Hinsicht unbegründet. Die Nomadenwirthschaft beginnt allerdings mit Gemeinländereien und gehen auf solchen auch einzelne Nomaden zum Akkerbaue über, sich für die Dauer ihres Getreidebaues vorübergehenden Privatbesitz anneigend. So wie es aber zur Ausführung genossenschaftlich ins Werk gesetzter Bewässerungen gekommen ist, beginnt auch zugleich das Zerfallen des gemeinsam errungenen Bewässerungsgebietes, in persönliche, intensiv zu bestellende Abtheilungen, d. i. in bleibenden Privatbesitz. Obgleich nicht überall auf den Oedländereien sich Neuwässerungen werden beschaffen lassen, so stellt sich doch klar heraus dass durch das allzureichliche Zutheilen derselben an die Gemeinden und Horden, wie das in Turkestan der Fall ist, der Staat Zukunftswerthe vergibt an denen ihm einst gelegen sein dürfte. Diese Oedländereien sind denen Europa’s nicht gleichwerthig su erachten, sondern ein guter Theil derselben wird in Zukunft unter Kultur genommen werden können. In dieser Beziehung sind sie also ein Erbgut kommender Zeiten, welches der Staat sich als sein Eigenthum vorbehalten müsste, um es, bis auf Weiteres, von sich aus zu beliebiger Nutzung nur vorläufig zu vergeben. Die Zeit wird nicht ausbleiben wo diese Gemeinweiden der Ausbreitung intensiven Feldbaues ein Haupt- hinderniss entgegenstellen werden. Der Uebelstand der überall das System der Gemeinländereien begleitet hat ist der, dass es sich als Haupthemmschuh des Ueberganges zu einer intensiveren Wirthschaftsweise ergiebt. Die gute Seite dieses Systems liegt darin dass in ihm ein Reservekapital an Boden bei Seite gelegt wird, das allerdings lange Zeit nichtssagende Zinsen trägt, aber schliesslich doch zu grossem Seegen für das Gemeinwesen gereichen kann. Diejenigen aber die da behaupten möchten, es komme doch auf eins und dasselbe hin- aus, ob besagte Reserve den einzelnen Gemeinden, oder der Gesammtgemeinde, dem Staate, zufielen, verfallen in einen wesentlichen Irrthum. Die Geschichte der Agrarverhältnisse aller Staaten lehrt uns, dass in bei Weitem vorwaltendem Maasse das Endschikksal der Gemein- ländereien die Auflösung derselben in Privateigenthum gewesen. Nur ein geringer Theil hat sich hie und da als Eigenthum der Gesammtheit erhalten, das vortreffliche Beihilfe für die Leistung der Gemeindeabgaben gewährt, jedoch meistentheils als Erbgut nur eines, 4.1. des alteingesessenen, Theiles der Bürgerschaft und ihrer Nachkommen anerkannt wird, von dessen Nutzniessung der neue Zuwachs ausgeschlossen bleibt. Wenn der nordamerikanische Staat seine unkultivirten Ländereien zu Schleuderpreisen verkauft'!), so wahrt er doch dabei die Gelegenheit sich ein Kapital zur Bestreitung der Ausgaben für die Instandsetzung der neugewonnenen Kulturgegenden zu sammeln, und zieht 1) Da dort vortrefflicher Boden, inmitten von Landkom- | Eigenthum vergeben wird, so ist der Ausdrukk «Schleu- plexen welche einer beschleunigten Entwikkelung entge- | derpreise» wohl nicht unerlaubt. gengehen noch gegenwärtig zu 5 Rub. die Dessätin als 58* 460 А. у. MIDDENDORFF, ЕЕВСНАМА zugleich die Arbeitskräfte 4. 1. die Steuerzahler heran an denen es voran Noth thut. Auch unser Staat würde gut dabei fahren wenn er in Sibirien dasselbe thäte. Anders steht es aber in Turkestan, wo die Agrarverhältnisse schon seit undenklichen Zeiten eine Wendung genommen welche nicht gestattet sämmtlichen Grund und Boden dem Staate als £igenthum vorzubehalten. Aber es ist ein grosses Glükk dass Russland in Tur- kestan kein Zwischenglied zwischen dem Staate und dem Landbauer zu dulden braucht; es ist ein grosses Glükk, sage ich, dass Russland so wohlbehalten über den unseligen Ver- such hinweggekommen ist, den die englische Regierung in Indien dort gemacht, wo sie die ständigen und erblichen Steuer-Einnehmer der alten Zeit, die Zemindare und Toluk- dare, nach englischen aristokratischen Prinzipien zu besitzlichem Adelsstande in den ent- sprechenden Kreisen gefestigt, um sich das Eintreiben der Steuern zu erleichtern. Das Volk seufzt unter dem Drukke dieser Schicht, die sich zwischen das Volk und die Staatsregierung geschoben. Meine Ansicht der Dinge geht noch viel weiter. Man hat für selbstverständlich erachtet, dass der mittelasiatische Grundsatz: nur die fortgesetzte Kultur eines Grundstükkes begründe für den Inhaber desselben ein ungestörtes Eigenthumsrecht —, im russischen Gesetzbuche nicht Platz finden dürfe. Ich halte das für eine Einseitigkeit welche schwinden muss sobald wir hinreichend beachten dass dieser Grundsatz sich vollkommen naturgemäss aus der Uebervölkerung der Oasen im Verhältnisse zum gegebenen kulturfähigen Lande herausgebildet hat. Wegen der rings umgebenden Wüsten und der dadurch gebotenen geringen Zugänglichkeit der Oasen, welche Ursachen von Zeit zu Zeit Hungerjahre nach sich ziehen, wurde diese Bestimmung nöthig. Deshalb hat auch diese uns vor den Kopf stossende Anschauung, auf einem ausserordentlich ausge- dehnten Gebiete Gesetzeskraft gewonnen. Nicht nur in Mittelasien, in dem Musterstaate ältester Kultur, in China!), auf den Philippinen ?), sondern auch auf einem ansehnlichen Theile von Afrika hat das Gesetz Geltung, dass Demjenigen der seinen Akker drei Jahre lang unbebaut lässt, derselbe vom Staate abgenommen wird um Andern vergeben zu werden; ja, sogar auch in Amerika galt es schon im Azteken-Reiche, wo sich in Peru dieselben Naturverhältnisse, dieselben Oedgründe, dieselben durch Bewässerungen bewirkten Umwand- lungen derselben in fruchtbare übervölkerte Oasenflekke vorfanden. | Die obige tief eingewurzelte Nazionalanschauung in Turkestan, welche theoretisch be- trachtet einen höheren Standpunkt einnimmt als das europäische unumschränkte Eigen- thumsrecht, hat entschiedenen Anspruch an einstweilige Belassung unter den Gesetzes- 1) Gleich wie dort seit ältester Zeit nur ent- und be- | nern dass es später abgeändert worden, und gewisse Län- wässerte Gebiete diesem Gesetze unterliegen, dürfte doch | dereien zu vollem Eigenthume, andere nur unter der Be- wohl in Ferghanä auch nur bewässerbares Land ihm | dingung der Arbeitsfähigkeit des Besitzers verliehen unterworfen gewesen sein. Es ist übrigens möglich dass | werden. auch ein solches Gesetz jetzt zur Geschichte des Eigen- 2) Auf diesen ist der Termin bis zu zwei Jahren ab- thums in China gehört, denn ich glaube mich zu erin- | gekürzt. RÜKKSCHAU. 461 Paragraphen welche die Besitzverhältnisse in Ferghanä, im Särafschan-Thale und in ana- logen Landstrichen zu ordnen bestimmt sind. Die Regierungen Mittelasiens halten an diesem Gesetze um so entschiedener fest, als der Zehnte von den betreffenden Landstükken im Nachsichtsfalle ausbliebe. Die unmittelbare Verpflichtung die Ausführung dieses Gesetzes zu überwachen soll der Priesterschaft obgelegen haben. Bei dem Mangel an hinreichenden Mitteln um so rasch als der Gegenstand es verlangt, den Landbau Ferghanä’s zu heben, wird eine wohlüberdachte Gesetzgebung das fortzusetzen haben was der Hauch des Orientes durch seine Ressailj in Schwung gebracht. So viel ist schon ersichtlich dass es darauf ankommen wird Maassregeln zu ergreifen um der weiteren Zerstükkelung des Besitzes Einhalt zu thun. Die Parzellen sind offenbar nicht selten zu klein um nur eine Familie, sogar mit der Spatenkultur, ganz zu beschäftigen, um ihr das Minimum ihres Unterhaltes zu gewähren. Es kommen viele Zwergwirthe vor, denen nothgedrungen das Grundstükk zur Nebensache werden muss; daher wimmelt es von ihnen auf den Wochenmärkten und die kostbare Zeit wird mit Kauf und Verkauf minimer Produktenmengen vertrödelt. Es wiederholt sich hier das Uebel das Südwest-Europa oft genug zu verwünschen gehabt hat. Ein Gesetz welches beispielsweise den Tanap Landes weiter zu parzelliren verhinderte würde unbedingt von Nutzen sein). Unfraglich muss Russland bemüht sein die Gestaltung eines bäuerlichen Grundbesitzes mittlerer Grösse durch seine Gesetzgebung zu befördern, so weit die Natur der Oase es zu- lässt. Zumal gilt das für die auf den Zukunftsländereien anzusiedelnden russischen Kolonen; denn mohammedanische wird eine richtige Politik zu befördern nicht geneigt sein. Es muss ein konservativer Bauerstand in den Oasen um so entschiedener gross gezogen werden, als der Grossgrundbesitz dort genau genommen fast ganz wegfällt. Die unübersehbaren Flächen welche den Nomaden eingeräumt worden, ihnen selbst aber viel zu eingeengt erscheinen, dürfen nicht als Grossgrundbesitz aufgefasst werden. Sie sind ganz anderer Natur. Ein wesentliches Mittel den übermässig vorhandenen Zwergwirthen ein Gegengewicht zu schaffen, werden Verkoppelungen, Zusammenlegungen und Arrondirungen der wirre durch- einander liegenden Ländereien bieten; diese werden zugleich mit der nächstfolgenden Ka- dastrirung ins Auge gefasst werden müssen. Die einsichtsvollen Sarten dürften bei gebotener Gelegenheit solche Meliorazionen mit grösster Bereitwilligkeit einzugehen bereit sein. Mei- nestheils würde ich in dieser Beziehung dem Hannoverschen Gesetze den Vorzug vor andern geben: es erklärt die einfache Majorität der stimmgebenden Interessenten für hinreichend um die gegen die Separirungen gleichwie Verkoppelungen Renitenten zu zwingen, falls 1) Giebt doch Sacharov zwei Dessätinen als dieje- Wenn im Särafschan-Thale ermittelt worden dass auf nige Landfläche an, welche in den bewässerbaren Gebie- | jeden Hof im Durchschnitte 2!/, Dess. Landes kommen ten China’s einer Familie von 5 Häuptern volle Beschäf- | sollen, so sind offenbar weite Weidestrekken hineinge- tıgung und volle Existenzmittel zu gewähren vermag. rechnet worden. 462 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. jene Majorität an Flächenraum und Steuerwerth mindestens über ”/, des gesammten in Rede stehenden Landes verfügt. : Die Anwendung dieses Modus würde auch die in Bezug auf die Entscheidung über Vertheilung der Gemeinländereien zu Einzelbesitz, bisher obwaltenden Meinungsverschie- denheiten inmitten der die Gesetzgebung berathenden Kommission befriedigend lösen. Die Erweiterung des Akkerbaues muss in jeder Hinsicht angestrengt werden. Es wa- ren nur vorübergehende Ursachen welche es mit sich brachten dass dieselbe anfänglich reissende Fortschritte machte'). Die Preise der Produkte des Akkerbaues stiegen durch die Bedürfnisse des Militärs um ein Vielfaches’); auch die neugegründeten Brandweinbren- nereien trugen dazu bei. Die als Staatseigenthum früher hoch besteuerten Neuländereien gingen in der ersten Uebergangszeit zur Russenherrschaft unbemerkt und frei durch. Von jetzt an verlangt sowohl die Extension als auch die Steigerung der Intensität des Landbaues sowohl aus ökonomischen als aus politischen Gründen nach Aufmunterung, denn die durch die neuen Zustände hervorgerufene Theuerung der Lebensmittel bietet die be- rechtigte Grundlage zu Aufständen und zu williger Ausbreitung derselben. Daher finde ich dass gleich wie der gewählte Kadaster-Kanon (vergl. p. 426) die In- tensität drükkt, auch die Besteuerungsweise der ersten Anfänge der Bodenkultur bei den Nomaden, keineswegs ermunternd wirken kann. Wiederholt sich hier nicht dasselbe was ich für Sibirien nachgewiesen, wo Erbeutung kostbaren Pelzwerkes, Goldgewinnung und Ge- treidebau an der Polargränze ihrer Möglichkeit, bald so hoch besteuert wurden, dass der entstandene Aufschwung immer wieder erlahmte. Der Nomade, auch der russische Kolone, muss nicht nur durch eine gewisse Steuerfreiheit oder Steuer-Erleichterung zum Akkerbau auf Neuländereien ermuntert werden, sondern diese Steuer-Erleichterung muss für eine Reihe von Jahren wachsen, je länger er denselben Flekk beakkert und zugleich neben ihm sich seinen festen Sitz errichtet, etwa so wie die Kurama es bei sich eingeführt haben. Der hochintensive Futterbau in der Oase, wie ein solcher in Europa nur dort vorhanden ist, wo er den höchsten Fleiss und Wohlstand der Bevölkerung karakterisirt, und die nichts- destoweniger unabweisliche Verstossung der Viehzucht aus dem Bereiche der Oase, dabei der empfindliche Düngermangel, der den zu eınem freien Systeme der Fruchtfolge und zur völligen Abschaffung der Brache hinneigenden Akkerbau wesentlich beeinträchtigt, verlan- gen es unerlässlich dass der Nomade mehr als bisher zu festen Wintersitzen in die nächste Nähe der Oasen herangezogen werde: an die Kulturgränzen der Steppenwüsteneien einer- seits, so wie der Alpenmatten andererseits. Wie gesagt können aber eben so wenig die Gesetze allein genügen, wie ihre Vorgän- ger die Ressailj: Die Zeit welche materielle Nachhilfe verlangt ist gekommen. 1) Vergl. Русск. Турк. 1872, ПТ, стр. 29, wo von Ur- 2) Anfangs war im Kreise Tokmak der Preis des Wei- barmachungen der Schilfdikkichte des Tschirtschik, und | zen 16 Кор. für das Pud (Маевъ, матер. II, 1873). vom Tunnel im Kreise Pendshikent die Rede ist, RÜKKSCHAU. 463 Betrachten wir uns die Verhältnisse unter denen das Land in Ferghanä bebaut wird, so finden wir dass unter den Produkzions-Faktoren die Naturkräfte an Bodengüte, Wasser und Klima Ausserordentliches bieten; dagegen aber auch der brauchbare Boden schon zu ungewöhnlich hohem Werthe gestiegen ist, gleich, wie das Kapital auch noch sehr theuer sich bietet. Die Arbeitskraft welche ausserhalb des Landbaues unverhältnissmässig theuer zu stehen kommt, wendet sich mit einer unverkennbaren Vorliebe dem Anbau des Bodens zu, und stellt sich ihm — so weit ich hineinblikken konnte — in Gestalt von Anverwand- ten der Grundbesitzer und Pächter unter ziemlich billigen Bedingungen zu Gebote, so dass eben sowohl die Pfluggärtnerei als die Spaten- (Ketmen-) Kultur und Behakkung Platz fin- den können. Es kann nicht fehlen dass bei der hohen Kulturstufe und sich drängenden Be- völkerung der Oasen die Quantität der geleisteten Arbeit, gleich wie die schon jetzt nicht zu verachtende Qualität derselben, von Tag zu Tage mindestens relativ а. 1. im Verhält- niss zur Leistung immer wohlfeiler werden wird. Schon gegenwärtig schaffen — so musste ich es schätzen — 2 Arbeiter in Ferghanä mit ihrer Arbeit nicht weniger Werthe, als 3 Ar- beiter im Gebiete unserer europäischen Schwarzerde. Diese Spatenkultur mit ihrem Anbaue von Gemüse und Handelsgewächsen ist in den Oasen so allgemein dass der Landbau schon fast aus dem Feldbaue heraustritt, und sich als Gewerbsthätigkeit an die in gleichem Maasse entwikkelten Leistungen der städtischen Ge- werbe, Handwerke und Arbeiten des Hausfleisses anschliesst. Vor uns liegt also schon zu voller Blüthe entwikkelt die höchste Leistung im Rohertrage, welche als der Ausdrukk in- tensivster Kultur, sobald diese Allgemeingut geworden den grösstmöglichsten Zuwachs der Bevölkerung, ihr bestes Wohlleben und die rasche Vermehrung der Kapitalien zu Wege bringt. Wir haben ferner der ausgesprochenen Liebe des Sarten zum Akkerbaue, seiner An- stelligkeit und Gelehrigkeit, seiner Arbeitsamkeit, Genügsamkeit und Sparsamkeit nur das beste Zeugniss ausstellen können; wir haben sogar den turko-mongolischen Nomaden als einen Menschen schildern dürfen der mannhaft in die Fusstapfen der ihm mit gutem Beispiele an die Hand gehenden geborenen Akkerbauer einzutreten beginnt. Es ist aber das ein grosses Glükk für die Zukunft der Menscheit, dass die Lehre von den «passiven Menschenstämmen» damit zusammenbricht, zumal die mongolischen Stämme ein Drittheil der gesammten Menschheit umfassen. Welche bessere Grundlagen als die angeführten, für ein segensreiches Wirken der Staatsgewalt dürften wir uns wünschen? Die so gebotenen günstigen Grundlagen schliessen deshalb aber doch nicht aus, dass nicht dem grössern Theile der Kleinakkerer, ihrer traurigen und höchst bedürftigten Lage wegen, um so aufmerksamer unter die Arme gegriffen werden müsste, als der vorwaltende Erwerbs- trieb, die Anlage zur Spekulazion, die reicheren Eingeborenen zu rükksichtsloser Ausbeu- tung ihrer ärmeren Genossen treibt. Der Leichtsinn aller in tyrannisirten Primitivzuständen erwachsenen Völkerschaften 464 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. ist in Mittelasien offenbar durch das mohamedanische Gottvertrauen und die demselben zum Grunde liegende Ueberzeugung von der Vorausbestimmung des Schikksals in eine schäd- liche Ergebung, gegenüber dem fälschlich als unvermeidlich Angesehenen hinübergelenkt worden. Diese Geistesrichtung, dieser Fatalismus soll sich, beispielsweise, sogar so weit ver- steigen dass der Eingeborene ruhig versichert: wenn der Himmel es wolle, so werde auch schlechtes Korn das er als Saat der Erde anvertraut schönes Getreide hervorbringen. Da- mit ist eine besondere Verpflichtung gegeben, der Schwierigkeit im Frühjahre überhaupt Sommerkorn-Saaten, namentlich aber gute, zu beschaffen, abzuhelfen. So sehr nun bei uns die Gemeinde-Magazine in Misskredit stehen, so darf doch nicht verkannt werden dass das eben deswegen statt hat weil bei uns der Bauer intelligenter ge- worden, die Kommunikazionen, der Getreidehandel entwikkelt worden sind, so dass jenes In- stitut bei uns im Begriffe ist sich überlebt zu haben. In Ferghanä wäre es noch vollkommen am Platze, wenn der Sorge der Gemeindeverwaltung übergeben, unter Oberaufsicht der W olostj-Verwalter und Kreishauptleute gestellt. Gleichzeitig unter dem Volke zu verbreitende belehrende Schriften würden seinem religiösen Aberglauben durch gemeinfassliche landwirth- schaftliche Abhandlungen rasch entgegenwirken. Gedrukkte Anleitungen und Ermahnungen, im orientalischen Style geschikkt gehalten, werden gewiss unvergleichlich mehr wirken als Ausstellungen, für die es nicht an der Zeit ist. Mehr würde ich von gehörigen Belohnungen halten welche für beispielsweise die zehn besten in das Magazin abgestellten Saatsäkke, verschiedener Eigenthümer, alljährlich aus- gereicht würden. Dabei könnte man solche Saaten wie die der Melonen, auch wohl der Dshugara, u. d. m. welche sich lange halten oder in geringerer Menge nöthig sind und auf dem Markte den besten Körnern unter denselben kaum Verkaufsvortheile bieten, von der Magazinlagerung ganz ausschliessen. Kleine Musterwirthschaften, der Art wie ich sie auf Seite 450, Anm. vorgeschlagen, über das Ländchen ausgestreut, würden in Bälde den Nothbehelf der Magazine überflüssig ma- chen. Schlicht und einfach müssen sie sein, und auf völlig selbstständigem Fusse stehen; als erwünschte Subvenzionen für tüchtige Praktiker!) auftreten. Nachdem die Seiden- und Baumwollenkultur in Taschkent wie im Särafschan-Thale mit Muster-Anstalten versorgt worden, dürfte eine nochmalige Herbeiziehung eines tüchti- gen Tabakbauers nützlich sein; eine Stellung die mit der Versuchs- und Zentralanstalt für 1) Die Indische Regierung hat es mit Musterfermen | Forstschule für die Eingeborenen noch immer erst pro- gewöhnlicher Art im Kreise Bombay versucht, jedoch | jektirt. Für Ausstellungen gedeiht das richtige Verständ- dieselben der Kosten wegen wieder aufgegeben, mit Aus- | niss noch nicht (Journ. d’Agric. pratique, 1878, № 24, р. nahme der Ferme für Tabakkultur in Posah. In Madras | 818). haben dieselben, so wie auch eine Akkerbauschule mit In Algerien sollen die fermes modeles sehr erfolgreich dreijährigem Kursus sich erhalten. Für andere Provin- | wirken. Man bedenke aber dass es dort gilt europäische zen sind Muster- und Versuchsfermen, gleich wie eine | Kolonen zu fördern. RÜKKSCHAU. 465 Gartenbau und Baumpflanzung, in Ferghanä zusammenfallen könnte. Daran hätte Ferghanä fürs Erste genug‘), denn ich komme immer wieder darauf zurükk dass dort schon seit tau- send Jahren jeder Bauer zu lesen versteht”). Es kommt also nur darauf an, diesem lernbe- gierigen, weil erwerbssüchtigen, Volke durch eine unermüdliche Presse Nahrung für gesunde Ansichten in Bezug auf gewerbliche Vervollkommnungen zu bieten. Zugleich würde man, wie gesagt, den Gewinn haben, durch Herabstimmung des fanatischen Aberglaubens sich die Bevölkerung zu assimiliren. Was die Schulen dem Orientalen bisher brachten, hat den mohamedanischen gelehrten Schriftkundigen zum Menschen beschränktester , verrannter Geistesbegabung gestempelt, so dass gesunder Menschenverstand nur beim Ungebildeten zu finden ist. Den bisherigen Volkslehrern durch Gewerbschulen eine tödtliche Konkurrenz zu bereiten wäre ausserordentlich leicht, da sie nur etwa °/, Kopeken für die Stunde beziehen sollen. In Jerusalem trifft man sogar die Kinder des Kadi in der dort errichteten französi- schen Gewerbeschule. Offenbar in Folge des Mangels an Land hat sich die Neigung und das besondere Ge- schikk der Sarten zu Gewerben und Handel entwikkelt, und in dieser Weise ganz naturge- mäss das unumgängliche Gleichgewicht zwischen Gewerbfleiss und Akkerbau hergestellt, ohne welches die intensive Wirthschaft nicht möglich ist. Beachten wir aber die Kleinkrä- merei wie sie in den Städten Ferghanä’s Platz gegriffen, so erstaunen wir darüber wie ge- ring das Betriebskapital ist das seinen Mann ernährt. Es ist wahr er verbindet meist das Handwerk zugleich mit dem Verkaufsgeschäfte, er ist dabei kaum glaublich genügsam. Immerhin, nährt er sich aber doch im Kleinhandel nicht selten von einem Besatze seiner Bude der kaum 15 bis 20 Rubel übertrifft). Daraus ist ersichtlich dass die Kapitalrente dort ungleich rentabler ist, ungleich höhere Zinsen trägt als die Grundrente. Dasselbe wird auch durch den liohen Zinsfuss be- wiesen der in Nothfällen den Akkerbau schwer belastet. Der kleine Grundbesitzer ist aber dort, durchgängig verschuldet. Daran mag nun theils das frühere orientalische Aussaugungs- system, das Vergeben der Steuererhebung an die Beg’s, so wie die Willkühr der Steuerer- heber die Hauptschuld tragen, indessen ist der sorglose, dem Augenblikke lebende Karak- ter der Eingeborenen dabei nicht ausser Acht zu lassen, denn ein ständiger hoher Markt- preis für die Produkte des Akkerbaues stellte sich mit dem Einzuge der Russen ein. Ueber die Höhe der Preise in so gesegnetem Lande, erstaunt man, bevor man tiefere Einsicht ge- wonnen. Diese aber sind nur geringen Antheiles den Akkerbauern zu gut gekommen, denn 1) Das zu Viel wäre entschieden des Guten Feind. Es | lisirenden zögern noch immer, den Schulbesuch im euro- ist erfreulich zu lesen, wie treffend H. Arendarenko, | päischen Russland obligatorisch werden zu lassen in diesen Hinsichten seine voreilig eifrigen und allzu 3) Dass das nicht nur vereinzelt statt hat geht aus fixfertigen Landsleute zurecht weist (Маевъ, матер. У, | der Verordnung hervor dass die Kramladen deren Inhalt 1879). an Gesammtwerth der Verkanfs’Artikel unter 40 Rubel 2) Schon im Jahre 851 n. Chr. wurde das dort von den | beträgt, steuerfrei ausgehen sollen. Arabern erzwungen, aber unsere schwächlichen Libera- Mémoires de l'Acad. Imp. des sciences. VIIme Serie. 59 466 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. der Getreidehandel blieb, gleich wie сз früher statt hatte, fast ausschliesslich in den Hän- den der monopolisirenden, wuchernden Inder'), welche die Produkte des Landbaues für Vorschüsse und Zinsen einstrichen (vergl. р. 454). Durch solche Zustände erklärt sich die grosse Divergenz der Ansichten der ich unter den örtlichen Beamten begegnete, in Betreff der Steuerfähigkeit der Bevölkerung. Die Ei- nen, welche in näherer Berührung mit dem Proletariate gestanden, das durch die Wuche- rer, die Erpressungen der Steuer-Einnehmer und Begs, und die Plünderungen und Kontri- buzionen der letzten Kriegsjahre jämmerlich ausgesogen erschien, sahen eine völlig er- schöpfte Bevölkerung vor sich. Die Anderen, denen der Hinweis Kostenko’s vorschwebte dass es doch unerträglich für das Reich sei, wenn in Turkestan nur je ein Rubel Steuer auf den Kopf entfalle, während im Inneren des Reiches derselbe Bauernstand mit dem sechs- fachen Betrage besteuert sei, versicherten, im Angesichte der reichen Erndten die der Bo- den biete: man fasse das Volk zu gelinde an. Meiner Ansicht nach hatten beide Theile Recht. Das Land bedarf der Erholung, des Kapitalsammelns, um aufblühen zu können, und die dazu erforderliche Nachsicht ist einst- weilen zu einer zwingenden Nothwendigkeit geworden. Gränzenlos war die Habgier Khudojar-Khans gewesen, aus dessen Händen Russ- land Ferghanä entgegennahm. Es gab kaum irgend einen Gegenstand den der habsüchtige Plünderer seiner Unterthanen nicht mit Steuer belegt hätte?), Ausserordentlich leicht wäre es gewesen die Nachfolge auf Khudojar, als Befreier und Wohlthäter anzutreten, ohne die Einnahme-Quellen zum Versiegen zu bringen. Natu- ralabgaben bis zu '/, und bis zur Hälfte der Erndte waren althergebracht und der Bevölke- rung genehm. Es galt die Plagen der kleinen Nebensteuern zu erlassen, die Steuererhebung von den willkührlichen Erpressungen der Beamten zu säubern. Statt dessen schäumte die Grossmuth des Siegers unbedacht über: es wurde nicht nur die Abschaffung aller Neben- steuern verkündet, nicht nur für alle Zukunft zugesagt, sondern sogar die Bodensteuer mit einem Schlage auf die Hälfte des früheren Betrages herabgesetzt?). Vereint mit der Um- legung der Naturalabgaben auf Zahlung in dem fort und fort sich entwerthenden Papier- gelde ist das ein allzukühnes Unterfangen gewesen. Die Reakzion hat nicht ausbleiben können und in immer dringenderer Weise meldet sich die Frage, ob denn ein in jeder Hinsicht gesegnetes Land wie Turkestan nicht bald aufhören werde unser, ohnehin im eigenen europäischen Daheim nach kapitalen Meliora- 1) Vergl. Arendarenko in Маевъ, матер. У, 1879. 3) Im Särafschan-Thale wurde dem Emir von Buchara Auch des Eisenhandels bemächtigten sich die Inder fast | — also nicht dem Erpresser Khudojar — der Fünfte monopolisch. der Erndte, als Naturalabgabe gezahlt. Ein Jahr lang 2) Vergl. den Vortrag von Kuhn, in der К. В. Geogr. | ging das auch nach Besetzung des Landes so fort, dann Gesellsch. zu St. Petersb., und die Anzeige desselben in | aber, im Jahre 1872 wurde die Steuer auf den wirklichen den Турк. BEı. 1876, № 6. Zehnten erniedrigt. RÜKKSCHAU. 467 zionsausgaben dürstendes, Land mit einem jährlichen Defizit von manchen Millionen zu be- lasten ? Es ist unfraglich dass die Zehntsteuer als Naturalabgabe, welche ja dort durch Jahr- tausende ihre Probe bestanden hat, eine leistbare, ja, eine milde ist, wenn von den Aus- wüchsen gesäubert, welche sich als Wurzelsprösslinge ihr beigesellt haben. Eben so unfrag- lich ist aber auch dass man den gegebenen Versprechungen nicht plötzlich untreu werden kann, obgleich darin schon in Manchem nothgedrungen gefehlt worden zu sein scheint; denn so erklärt sich das in Wanken gerathene Zutrauen der Eingeborenen in einfachster Weise. Für die Zukunft dürfte uns, bei vernünftiger Verwaltung nicht bange sein, denn die Steuerquellen welche das Land bietet sind ausnehmend reich. Man bedenke nur den Kapi- talwerth den der intensiv kultivirte Boden allein repräsentirt, den Gewerbfleiss, und nun gar die Schätze die noch unberührt im Gebirge ruhen. Bisher ist hier nur von der Steuer die Rede gewesen, weil ich dieselbe im engeren Sinne dieses Wortes im Auge gehabt. Sonderbarer Weise scheinen aber im ganzen Oriente die Begriffe Steuer und Pachtrente bis heute noch ineinander zu fliessen. Gleich wie in Indien von Steuern die Rede ist welche die Höhe eines Viertheils bis zu der der Hälfte des Roh- ertrages der Bodenprodukte erreichen, ist auch in Turkestan von Pachtrente, als Zahlung an den Staat, nicht die Rede. In jener Zahlung ist offenbar die Pachtrente mit einbegriffen und hat dann, an das Hälftnerwesen Europa’s erinnernd nichts Exorbitantes an sich. Bei solcher Durcheinandermengung zweier Begriffe welche sorgfältig auseinander ge- halten werden müssten, läuft man aber Gefahr auch den Unternehmergewinn als Steuer zu erheben. Steigt der Betrag der Grundsteuer so hoch, dass er den grösseren Theil des Rein- ertrages in sich begreift, so dass dem Landmanne kaum mehr übrig bleibt als zur Bestrei- tung seiner Lebensnothdurft unumgänglich ist, so wird aller Kulturfortschritt lahm gelegt. Der Administrazion müsste ganz besonders daran gelegen sein, beide Begriffe wohl getrennt von einander zu halten, in sofern die MIk-Besitze nur die Steuer allein, die Mamlekat dagegen überdiess auch die Pacht an den Staat zu leisten haben, und diese Mamlekat allein auf die Höhe des Cheradsh, wie er zu Zeiten der Khane bestand zurükkzuführen wären. Wo die Grundsteuer eine so bedeutende ist wie wir in Vorstehendem nachgewiesen, da erhebt sie zugleich einen geringeren oder grösseren Theil der Pachtrente vorweg. Somit ist der Unternehmergewinn theilweise mit Beschlag belegt, das Kapital wendet sich vom Landkaufe ab, und die Bodenpreise müssen um die Höhe der durch den Staat antizipirten Pachtrente — im kapitalisirtem Betrage dieser Rente — sinken. Deshalb setze ich voraus dass die auf Seite 434 angeführten hohen Kaufpreise sich nur auf MIk-Ländereien beziehen können. Da ich oben Indien zum Vergleiche herangezogen habe, so fühle ich mich bewogen im Vorübergehen zu bemerken dass allerdings der Zehnte auch in den indischen Besitzungen 59* _468 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Englands im Allgemeinen der Maasstab für die Steuer ist, wir uns jedoch davor hüthen müssen, Ferghanä, ohne Weiteres, beispielsweise auch nur mit Peschaver vergleichen zu wollen. Schon die Angabe dass dort die Weizen- und Gersten-Erndte auf den Anfang unseres Mai fällt, mag uns die Richtschnur bieten. In der That gehören dreifache im selben Som- mer hinter einander folgende Erndten dort zur Regel, und da die Gerste nicht selten, bevor man sie in Achren schiessen lässt, dort noch zwei Mal zu Pferdefutter geschnitten wird, so ist es in Peschaver möglich demselben Felde im Lanfe eines Jahres bis 5 Erndten abzu- nehmen. Unter solchen Verhältnissen stellt sich die Einnahme doch bedeutend vortheil- hafter als in Ferghanä, das, gleich wie das nördliche Afghanistan'), nur zweifach zu erndten vermag. Das Unternehmen der Kadastrirung Ferghanä’s ist nicht nur dem prinzipiellen Ge- rechtigkeitsbedürfnisse entsprungen. Die Ruhe des Landes verlangt eine möglichst gleich- mässige Vertheilung der Steuerlast auf alle bestehende Sonderwirthschaften. Nicht eine Ertragsteuer, wie die Besteuerung des Rohertrages eine ist, wird angestrebt, sondern die Entnahme eines Theiles vom wirklichen Einkommen. Sogar der Zehnte des Rohertrages kann unter Umständen als eine entschiedene Behinderung des intensiven Akkerbaues wirken, der vieler Mittel zu seiner Ausführung bedarf. Als unumgänglichste Grundlage für die nächste Kadaster-Revision ist also die Sammlung möglichst zahlreicher, vollständig zuverlässiger Nachrichten über die Reinerträge des Feld- baues aller Art in Ferghanä zu beschaffen. Auch abgesehen vom Gebäude- und Inventar- Kapitale ist der Ueberschuss des Rohertrages über die Bewirthschaftungskosten in Ferghanä — wie mir scheint — nicht so gross wie es anfangs Jeden bedünken will?). Wir müssen allerdings die oft durchblikkende Dürftigkeit der Zwergakkerer, welche ja überall so leicht dem Proletariate verfallen, der bislang obwaltenden prinzipiellen Will- kührherrschaft türkischer Art vorzugsweise zur Last legen. Diese lässt, wie in Europa so auch in Asien kein Wohlergehen aufkommen, da sie nicht Ruhe hat bis der arabische Spruch sich bewährt, dass tausend Reiter nicht genügen wenn es gilt einen Nakkten zu plündern. In einem Lande das seit undenklichen Zeiten, aus einer Hand in die andere überge- hend, sich an das Joch unumschränkter Tirannei so gewöhnt hat, dass Alle bereit sind jegli- cher Willkühr Vorschub zn leisten, ist die Gefahr der Rükkwirkung solcher Willfährigkeit auf die unter neuem Prinzipe eingetretenen Beamten keine geringe. Kommt nun noch die mit dem Militärwesen unzertrennlich verwachsene Disziplin hinzu, welche durch alle In 1) Thorburn, Bannu, or our Afghanistan frontier, | ordentlichen Rohertrag von fast 51 Rub. (bei einem Preise 1876, p. 137. von 50 Kop. für das Pud) und nur 14 Rub. Produkzions- 2) In ‘den Type. BByx. 1879, № 3 begegnen wir einer | kosten. Dieses als Vervollständigung des auf p. 421 Gesag- Angabe welche bei einem Preise von 3,60 Rub. für den | ten. Arendarenko schätzt den Reingewinn pro Dess. Batman Reis, fast 29 Rub. Rohertrag bei 18, Rub. Un- | im landwirthschaftlichen Betriebe auf höchstens 20—50 kosten herausrechnet. Nach Luzerne jedoch einen ausser- | Rub. О 2 : ER RÜKKSCHAU. 469 stanzen über alle anderen Rükksichten obzuwalten hat, so ist damit auf den Zeitpunkt hin- gewiesen mit welchem das privat- und staats-ökonomische Gedeihen Ferghanä’s eintreten kann. Die neuen Instituzionen werden sich vollkommen bewähren, sobald deren Ausführung durch die dazu unerlässliche Trennung der Administrazion von der Militärverwaltung ge- währleistet sein wird. Bis dahin wird volle Zuversicht auf den Bestand der Dinge, werden Wirthschaftlichkeit und Sparsamkeit nicht das Ganze beherrschen können, Wir besitzen einen vortrefflichen Vergleichsgegenstand an Algerien, das sein funfzig- jähriges Jubiläum europäischer Verwaltung feiert, und unser um so Vieles jüngeres Gränz- land hat sich wahrlich des Vergleiches nicht zu schämen. Das Resultat eines solchen Ver- gleiches gipfelt in der offenbaren Nothwendigkeit dass das was eine Militär-Verwaltung rühmlichst begonnen, von eine Zivilverwaltung abgelöst und zu staatsökonomischer Voll- kowmmenheit geführt werden muss. Die Kolonisazion kann bis dahin nicht in Schwung kom- men. Sie geräth nur unter dem «gouverneur en frac» der auf den «en épaulettes» folgt. In Algerien’s Territorium theilen sich bis heute die Militär- wie die Zivilverwaltung. In Ferghanä wird dieser Uebergangszustand viel rascher abgethan werden können. In Algerien währte die Militärverwaltung von 1830 bis 1848. Die Klagen gipfelten in den Bittgesuchen gegen den «régime arbitraire des décrets» und dem «abus des bureaux arabes de leur puissance sans bornes». Es ist nichts so natürlich als ein Missbrauch der absoluten Gewalt in entlegenen Landstrichen. Die neuesten Parlamentsverhandlungen beweisen zwar dass auch die Zivilverwaltung des Verschleppens der Fortschrittsmaassregeln angeklagt wird, aber dabei fragt sich ob denn auch der Bruder des Präsidenten der Republik wirklich die geeignetste Persönlichkeit ist eine solche Kolonie zur Blüthe zu führen, und ob nicht seine persönlichen Mängel, seine Zaudernatur und seine Beflissenheit Alles selbst machen zu wollen, wesentlich hemmen. Die Vorzüge der Persönlichkeiten nicht anzuerkennen welchen bisher Ferghanä seine zauberhafte Umwandlung verdankt wäre der Beweis arger Kurzsichtigkeit. Als einfacher Tourist, und nicht als vom Generalgouverneur selbst berufener Kritiker, hätte ich mit Aus- drükken vollster Anerkennung gewiss nicht gegeizt. Und mangelt es etwa an Titeln dafür? Was lässt sich nicht Alles an die Aushängeschilder knüpfen die in Turkestan uns winken: Gymnasium und zumal für Mädchen, Progymnasien, Lehrerseminarien in denen neben per- sischer und usbekischer Sprache Garten- und Gemüsebau gelehrt wird, Parochialschulen mit Unterricht in Handarbeiten, Kongresse der Lehrer, Einleitungen für obligatorischen Schulbesuch, Vorträge für die Untermilitärs und das Volk, sogar von Nebelbildern beglei- tet, sogar über so abstrakte Gegenstände wie die Willensfreiheit des Menschen, offenbar gegen die Anstekkung durch die Lehre des mohamedanischen Fatalismus gerichtet. Als Supplement zu solchen Vorträgen populär geschriebene Abhandlungen um die Untermili- tärs mit dem fremdartigen Lande bekannt zu machen das sie betreten. Oder, wen höhere Regionen der geistigen Sphäre interessiren, den könnten wir über den Kern zu Filialen der Naturforscher- so wie der Geographischen Gesellschaft, über den statistischen Komite u. d. m. 470 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. unterhalten. Nach anderer Richtung bietet sich uns die Einrichtung von Theeschänken für die Soldaten, die Kleidung derselben in örtlich zwekkmässigster Weise; wieder nach ande- rer Richtung bietet sich uns die Tschirtschik-Brükke, die Chaussée in Taschkent und Neu- Margelan ; wieder nach anderer die Konzerte und Lotterien--Allegri zu wohlthätigen Zwekken, die Wohlthätigkeits-Gesellschaft, die Gesellschaft zur Unterstützung der Lernen- den, die Abtheilung des Rothen Kreuzes und so Vieles noch, was mir eben nicht einfallen dürfte. Was wir aus den Verhandlungen über Algerien lernen, ist vor Allem die auch dort in den Vordergrund tretende Wichtigkeit der Agrarfrage und das Drängen: «de häter la con- stitution de la propriété individuelle chez les Arabes, le plus grand des moyens civili- sateurs». Ferner die Verabreichung der «credit spéciaux accordés auch communes pour les travaux d’amenagement des eaux». Zu beneiden haben wir Algerien um seinen billigen Zinsfuss nebst Kapitalüberfluss, und möglichst rasche Nacheiferung darin ist augenscheinlich geboten. Mittel thun vor Allem Noth, weil es mit den bisher verhandelten passiven Regierungs- maassregeln nicht abgethan ist. Es gilt die ausserordentlichen Schätze welche die das glükk- liche Thal umgebenden Gebirge bergen, zu heben, es gilt alle die Wohlstandsquellen welche meine vorstehende Arbeit berührt hat, in Fluss zu bringen. So schmerzlich es ist, so drängt sich uns doch die Thatsache auf, dass alle die Anläufe welche bisher genommen worden, sich im Sande des Misslingens verirrt haben. Alle die Erfolge welche Wenjukov') nur ein Jahr vor meinem Besuche Ferghanä’s glaubte mit Ве- friedigung hervorheben zu können, fand ich nicht vor; so die Vervollkomnung des Baum- wollen- und Seidenbetriebes, des Weinbaues, der Vieh- und Pferdezucht, die Erweiterung des Akkerbaues (zumal bei Kasalinsk und Perovskij durch russische Kolonen). Weder Bergbau auf edle oder unedle Metalle, auf Kohlen, Ozokerit und Naphta war in Gang gekommen, noch auch die grossen Arbeiten der Aufbesserung alter und Errichtung neuer Kanäle fand ich im Flusse, die doch schon auf der Wiener Ausstellung von sich reden machten ?); geschweige denn die 15 meteorologischen Stazionen, auf die ich nach deutschen Quellen?) rechnen 1) Poccia и Востокъ, 1877, стр. 146. Es ist in der That zum Verzweifeln wenn wir uns damit bekannt machen dass die in Chodshent mit einem Kapitale von 200 Tausend Rubeln gegründete Filatur mit Verlust von 4/, des Kapitales liquidirte, gleich wie 6 andere, welche vom Staate unterstützt wurden; wenn wir erfahren dass die Grosshändler des Mutterlandes welche sich in Fabrik- Unternehmungen in Turkestan einliessen, ohne Ausnahme mit grossen Verlusten abzogen, und dagegen wiederum nur die Spiritus-Brennerei es ist welche florirt. Wenn dann die Accise-Verwaltung auf festester "gesetzlicher Grundlage in Angelegenheiten des Einfuhr- und Fabri- kazions-Verbotes des abscheulichen Dshun-dshun, ge- gen die allerdings willkührlichen Maassregeln der Mili- tärgewalt, die ihre Untergebenen vor Fuselvergiftung zu schützen versuchte, kämpft, so kann man es dem Men- schenfreunde nicht verdenken dass er in solchem Falle der Willkühr zuzujauchzen bereit ist. 2) Exposition universelle de Vienne, Catalogue de la section du Turkestan, p. 48. 3) Vergl. dieses Werkes p. 113, Anm. 2. ‚бра Sr RÜKKSCHAU. 471 konnte. Nicht nur führte bei Chodshent keine Brükke mehr über den Ssyr, sondern der ge- regelte Postenlauf den ich bewundernd benutzte, gerieth seitdem in bleibendes Stokken'), und musste dem Umwege über Sibirien folgen. Herr Ujfalvi?) hat wohl nie etwas von Araktschejev’schen Ansiedelungen gehört, sonst würde er nicht gewagt haben einem so einsichtsvollen Manne wie General v. Kaufmann es ist, die leere sicherlich nichts Muster- dienliches enthaltende Schmeichelei zu bieten, mit seinem «Kichlak modèle . ... les maisons faites toutes d’äpres le шёше plan». Vor Allem thut es Noth gute Wege zu beschaffen, zumal zu den Fundstätten der Schätze welche die Gebirge bieten. Damit würden wir übrigens nichts mehr leisten als nur in die Fusstapfen der Chinesen zu treten, denn es heisst von ihnen?) schon im Jahre 657 п. Chr., dass, nachdem sie das ganze Ili- und Jaxartes-Gebiet ihrem Reiche einverleibt hatten: «ihre Heerführer Strassen öffneten und Wege errichteten, mit ordentlichen Posten bis An-si. Den Türken wurden ihre Stammesoberhäupter und Khane, den Vasallenstaaten ihre erblichen Vizekönige belassen. Als oberste Instanz stand der chinesische General- Kommandant da». Sind damit die Kunstwege und merkwürdigen «Balkone», so wie Brükken, gemeint welche der Europäer in den Ferghanä umgebenden Gebirgen erstaunend betritt? Jedenfalls handelt es sich jetzt um ganz andere Strassen, fürs Erste um Wege‘) zu den Kohlen-Lagern, den Ozokeritgruben *) und Petroleum-Quellen. Nur dadurch liesse sich die Verwüstung an Humus (p. 149) dessen dort die Landwirthschaft so sehr bedarf, die Wald- vernichtung, und das Entfesseln der überwehenden Sandmassen mit durchschlagendem Er- folge hemmen. Eine gleichfalls hierher gehörige Frage ist die der Verbindung dieses unseres so weit vorgeschobenen Besitzes mit dem Reiche, und ist in dieser Hinsicht schon viel über eine von Orenburg nach Taschkent zu führende Eisenbahn verhandelt worden. Bevor man an eine solche denkt, müssten sich die Kohlenlager welche sie nähren sollen bewährt haben. Wenn man aber überlegt dass diese Eisenbahn über zwei Tausend Werste weit durch öde Wüsten führen müsste, so zögert man gewiss nicht, dem Projekte einer Abzweigung nach Turkestan, von der südsibirischen, im Werden begriffenen Bahn, welche durch die beleb- testen Landstriche jener Gegenden führen würde, unbedingt den Vorzug zu geben. 1) So sehr dass sogar 5 Monate lang die Briefe aus- blieben (Турк. ВЪд. 1880, стр. 107). 2) 1.с. I, p. 104. Vergl. Anhang У 4. Werk. р. XXXVII. 3) Tomaschek, 1. с. р. 76. 4) Schon werden an Ort und Stelle Stimmen laut und treten Vorschläge hervor (Турк. ВЪд. 1880, № 8). 5) In Verbindung mit den schon vorhandenen alther- gebrachten Papierfabriken, die bedeutenden Aufschwung nehmen könnten, gäbe der Asphalt (resp. Dachzement) die Möglichkeit ausserordentlicher Ersparung an Holz und Arbeitskraft durch Gewährung fast unvergänglicher Dauer für die auf Seite 360 geschilderten allzuvergängli- chen Dächer. Habe ich doch solche flache Dächer wie der Orient sie heischt, mit einem fraglichen Surrogat- Materiale statt des Asphalt, in Livland mit Vortheil ein- bürgern können. Im Gegensatze zu dieser feuersicheren, kühlhaltenden Bauart bedenke man den bisher zu Neu- bauten von Bedeutung benutzten Transport der Eisen- platten über Tausende von Wersten, auf Kameelrükken, so wie die Unzwekkmässigkeit der im Sonnenbrande erglühenden Eisendächer. 472 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Nicht minder wichtig, vielleicht dringender noch als die rasche Beschaffung der Wege, wäre die Ausführung neuer Wasserleitungen und Wasserbchälter, nebst den dazu gehöri- gen Wasserkarten, Wasserrechten und Wasserbüchern Da diese Aufgaben für die örtliche Verwaltung so dringend sind, dass ihre ungesäumte Inangriffnahme mit grossen Kapitalien und mit. Aufgebot der ganzen Bevölkerung!) noch immer nicht genügend erscheint, so glaube ich, als Zivilist, die in Schweden beliebte Weise sich aus der Noth zu ziehen, empfehlen zu dürfen Die in Turkestan vorhandene Militärmacht bürdet unserem Reiche das unleidliche De- fizit auf, mit welchem es durch jenes Gränzland belastet wird. Verringert darf dieselbe einstweilen nicht werden. Der Militär-Bedürfnisse einer europäischen Streitkraft nicht zu gedenken beträgt aber die in jenen Gegenden vorhandene Truppenzahl ein Vielfaches von dem was, vernünftiger Weise Sultan Baber Ferghanä zumuthete, als er aussprach «ohne «das Land sehr zu drükken, kann man 3 bis 4 Tausend Mann Truppen unterhalten». Spe- zialisten mögen darüber aburtheilen, ob, wie Wenjukov meint?) durch Besetzung Turk- menies und Buchara’s Turkestan die Hälfte seiner Truppenmacht entbehren könnte. Dem jetzigen Uebelstande liesse sich nicht anders abhelfen, als durch periodische und abwech- selnd auszuführende Verwendung dieser zu Friedenszeiten lahm gelegten und dennoch zeh- renden Arbeitskräfte, zu produktiven Meliorazions-Arbeiten. Noch ist die Ueberlegenheit europäischer Taktik zu gross als dass eine solche Nebenbeschäftigung vom höheren Stand- punkte der Nützlichkeit für den Staat betrachtet, für absolut unzulässig erklärt werden dürfte. Da im Süden Europa’s die dort kostbaren Wiesen zu mindestens dreifacher Produkti- vität, d. 1. also zu dreifach höherem Kapitalwerthe als die Aekker durch Bewässerung ge- bracht werden, so liegt es auf der Hand wie grosse Werthe in Ferghanä sich neuschaffen lassen, durch Erwekkung des vollkommen todt liegenden, nicht ein Mal Weide bietenden Oedlandes, zu überaus fruchtbaren Aekkern. Die durch Uebermaass an Salzen wüsten Oed- gründe bieten ein überreiches Reservekapital an urbar zu machenden Ländereien (p. 129 bis 146), und bedarf es nur des Wassers um sie zu nachhaltigster Produkzion zu wekken, um zugleich auch die dräuenden Sandmassen zu bezwingen (р. 55, und Anhang IV A). Die | verheerenden Ueberfluthungen lassen sich auch nur durch Kanal-Arbeiten und Abdämmun- gen (p. 204) bezwingen. Es handelt sich hier aber nicht um die Fluss- und Kanalbauten behufs Schifibar- machung, welche alle Staaten zu ihren Verpflichtungen rechnen, nicht bloss um den schwie- rigeren Theil der Kanäle allein, gleich wie #. В. in Spanien die Regierung die Anlage der Zuleiter übernimmt welche in hohen Ufern zu verlaufen haben, sondern um alle, irgend mögliche neuzuschaffende Bewässerungen. 4) Vergl. p. 162, 163 Anm. 1, p. 186, 195. | 2) 1. с. cap. 281. RÜKKSCHAU. 473 Da unser Staat durch die von ihm erlassenen Verordnungen sich als Eigenthümer alles Wassers in Turkestan hingestellt hat; dieses Wasser zur Erzeugung von Nahrungs- mitteln verwendet werden muss; das Ueberlassen der Bewässerungs-Unternehmungen an Assoziazionsgesellschaften nicht möglich ist; die Ausführung derselben im leicht zu bear- beitenden akkerfähigen Löss so rentabel sich herausstellt wie kaum in irgend einem ande- ren Boden — so ist es unerlässliche Pflicht ungesäumt mit Macht ans Werk zu schreiten. Mémoires de 1’Acad. Imp. des sciences, УПте Serie 60 Nachträge. Zu p. 6. Diese Erschöpfung geht, wie die Neuzeit lehrt, viel rascher vor sich als man es sich vorzustellen gewohnt ist. Wie lange ist es her dass man im vielgerühmten Trans- Ili, in Ssemiretschje den Boden zu plündern begonnen hat? Obgleich man beim Weizen stehen blieb, so laufen doch schon jetzt Klagen darüber ein dass dieselben Felder welche vor höchstens 20 Jahren das 40. Korn gaben, nach 10 bis 15-jährigem Besäen, jetzt in sehr fruchtbaren Jahren nur noch das 12. bis 15., in schlechten das 5. bis 6. Korn ge- währen (Труды Имп. В. Эконом. Общ. 1880, VI, стр. 493). Mit dem Anbau des Tabaks geht solche Erschöpfung in Amerika weit rascher vor sich und darin liegt leider die bisher nicht beachtete Hauptstütze der Aussichten Russlands in seinem Konkurrenzkampfe mit Amerika auf dem Weltmarkte für Weizen. Am Kubanj sah ich türkische Unterthanen aus der Gegend von Batum für schweres Geld Ländereien zum Anbau von Tabak pachten. «Weshalb seid ihr hergekommen?» «Bei uns ist es aus damit; weder reichlich noch gut genug will nun der Tabak mehr gedeihen. An 5 Jahre dürfte es hier noch gehen, dann aber müssen wir wieder weiter» — so lautete die Antwort. Das sollte also das Schikksal des vom Staate seinen intelligentesten Beamten zum Lohne verliehenen Landes sein. Zu р. 37. Auch Majev behauptet (Type. B&ı. 1880, стр. 154) auffallender Weise dass der Absturz des Dünentypen auf der Seite sich befinde, von welcher der herrschende Wind bläst. Zu р. 37, 38. Majev (Турк. B&ı. 1880, стр. 154) fand auf dem Wege von Karschi nach Burdalyk (zum Amu hin) auf dem rechten Ufer des Stromes die früheren Kultur-Orte mit Sand überweht. 1: ttc кт о NACHTRÄGE. 475 Wo vor 300 Jahren Abdulla-Khan vortreffliche Zisternen erbaute traf Majev nur Verödung. Zu р. 44. Auch am oberen Аша traf Majev (T. В. 1880, стр. 154) viele Barchane welche eine überwältigende Vegetazion gefestigt hatte. Zu p. 46 Anm. Auch Helmersen (Mélanges physiques et chimiques de l’Académie Imp. d. Sc. de St. Pet. XI, 1. р. 109) gibt den Dünenreihen der Kara-kum-Wüste die Richtung NO-SW. Zu р. 53. Majev’s neuester Reisebericht (Т. В. 1880, стр. 154) bestätigt dass auch am oberen Amu der Sand von NO nach SW wandert, getrieben durch den daselbst 6 Monate lang ungewöhnlich heftig blasenden Wind. Deshalb soll der Strich Landes um so enger das Ufer des Amu einnehmen je weiter flussaufwärts, vom Aral-See bis Kerki. Zu p. 56. Vatone soll ein ausgezeichnetes Werk über den Sand der Sahara geschrie- ben haben. Es ist mir leider nicht zu Gesicht gekommen. Zu p. 58. In unmittelbarer Nähe von Petersburg (bei Sisterbek) drohen die Dünen einem Fabrikdorfe mit Ueberschüttung. Bei Gelegenheit der Untersuchung derselben, um über die gegen sie zu ergreifenden Mittel schlüssig zu werden, und eines Vortrages des H. Ssokolov darüber, äusserte sich Prof. Muschketov über die Sandmassen in Turkestan wo, wie ich jetzt erfahre, auch Ssewerzov die Dynentypen beobachtet und sie sichelförmige Dünen benannt, und in Reihendünen zusammenfliessend gefunden hat. Prof. Muschketov glaubt das Alter der Dünen schon nach der Farbe des Sandes unterscheiden zu können, und zwar unterscheidet er: 1) die weissen Meeresdünen des Aral, 2) den Sand der Flussdünen der stahlgrau sein, und aus einem gipshaltigen lehmigen Sande bestehen soll, der Bruchstükke von Land- und Süsswasser-Konchylien enthält, 3) Barchan- Sand, röthlich von Farbe, der sich aus Terziärsand gebildet hat und ausschliesslich ath- mosphärischer Bildung sein soll; ohne Zuthun von Wasserwirkung. Diese tragen die Dünentypen. Meinestheils kann ich nur der Karakteristik des Aral-Sandes beistimmen; in Betreff des Üebrigen bitte р. 97 und 98 Anm. 2, im Texte dieser Abhandlung zu vergleichen. Zu p. 59. Pinus maritima erfror sogar in den «Landes», und wegen solcher Unzu- verlässigkeit in ausnahmsweise schlimmen Wintern, beschliesst man ihre Anpflanzung dort aufzugeben (Journ. d’Agricult. pratique, 1880, p. 893, 896). Ich vermuthe dass Pinus austriaca erfolgreich an ihre Stelle treten könnte. Zu р. 70, Anm. 2. Milaschewitsch hat in dem Werke: Антропол. Выставка, подъ peaarniero Богданова, 1878, II, 3, стр. 151, ausführliche Mittheilungen über den Löss im Gouv. Orel gegeben. Er soll dort bis 7 Klafter stark vorkommen. Zu p. 75. Auch im Särafschan-Thale sollen sich ununterbrochene Reihenfolgen zahl- loser Kurgan-Gruppen hinziehen (Турк. Bby. 1880, стр. 126 и проч.). Sind sie derselben 60* 476 А. т. MIDDENDORFF. КЕВСНАМА. Natur? Es ist zugleich von Wasserdurchbrechungen die Rede. Das verdient die aufmerk- samste Untersuchung. Zu p. 120. Ueber diesen Wind, und sein plôtzliches Erlôschen nach Sonnenuntergang vergl. Majev (T. B. 1880, crp. 154). An sich ist er kein Fiebererzeuger, sondern nur in sofern er über Sümpfe gestrichen ist. Zu p. 122. Die im Anhang ТУ. С. beschriebenen Schlagregen scheinen im April fast regelrecht, wenn auch vielleicht minder heftig aufzutreten. Vier Jahre nach der Reihe wur- den sie dort erlebt (Т. В. 1880, стр. 145). Auch bei Neumond im August kamen die Regen unfehlbar. Dagegen waren dort der Oktober und November stets trokken. Zu p. 151 und p. 423. Es gewährt mir Befriedigung ein anderes, leider untergeord- netes Mitglied derselben Organisazions- Kommission gegen seinen Befehlshaber ins Feld führen zu können. Wilkins, der in Buchara Gelegenheit fand die Rolle welche die Be- düngung dort spielt, richtig aufzufassen, führt nicht nur den Spruch der Sarten an: «wie viel Karrenladungen Luzerne man vom Felde abführt, so viel Karrenladungen Dünger muss man auch wieder aufführen» — sondern er berechnet auch die Kosten der Bedüngung einer Dessätine mit 24 Rub. Ganz richtig nimmt er 240 Karrenladungen auf die Dessätine und den niedrigen Preis einer Karrenladung mit 10 Kopeken an (O6mia указаня касательно изслЪд. почвъ Ферганской области стр. 101). In den Турк. Bbı. 1879 № 3 finde ich die nöthige Düngermenge gar übertrieben mit 3000 Esellasten auf die Dess. angegeben, von denen das Tausend aber gleichfalls mit 5 bis 6 Rub. angeschlagen wird. Гир. 153. Ich habe an diesem Orte unterlassen deutlich genug auf die Wechsel- wirkung hinzuweisen, welche zwischen der Düngung angebauter Futtermittel und der Dün- gererzeugung statthat. In Schottland ist ermittelt worden dass das dort jetzt übliche System des Futterbaues und der Stallhaltung von derselben Fläche die zwölffache Menge an Dünger liefert im Vergleiche mit früher. Gleicher Weise hat sich in Frankreich herausgestellt dass eine bestimmte Flächeneinheit als wohlbestelltes Futterfeld das fünffache, eine gute Wiese das 1°/,fache Gewicht an Fleisch zu liefern vermag, als die wilde Weide gleicher Grösse. Gleich wie durch den Stikkstoff des Düngers sich in der Pflanze üppigeren Wuchses Zelle an Zelle reiht, eben so auch im Fleische des mit gedüngten Pflanzen gefütterten Thieres. So haben wir uns die Erkenntniss der Düngermengen die Ferghanä zu Gebote stehen zu vervollständigen, und dabei uns dessen zu erinnern dass im Innern Chiwa’s kaum glaub- licher Weise °/, der Landleute kein Vieh zu halten vermögen. Wie arge Düngerverschwen- der sind demnach wir! Zu p. 160, Anm. 2. Dieser Aryk bei Pendshikent scheint den Namen Monass zu führen (Type. By. 1880, стр. 126). Zu p.165. Es freut mich dass das hier Gesagte auch in einem so unbefangenen Be- NACHTRÄGE. 477 richterstatter wie Arendarenko es ist, seine Bestätigung gefunden. Vergl. Турк. By. 1880, стр. 126 и проч. Гир. 184. Der alte Kanal der vor Zeiten Wasser nach Dshisak führte soll Tüjä- Tartar, ein anderer in der Nähe desselben Mirsa-aryk heissen. Beide werden den Zeiten der Timuriden zugeschrieben (Турк. Вфд. 1880, стр. 126). Гир. 198. Höchst erfreulich ist es dass der Kreishauptmann Awerjanov (Турк. ВъЪд. 1880) schon in Betreff der Abdämmungen sich ins Geschirr legt. Ich finde jetzt dass sie im урн. Сельск. Хоз. и ЛФсов., 1877, стр. 280 schon empfohlen worden sind, Zu р. 201. Die Quelle bei Tschimkent reicht nicht nur hin die Stadt und alle ihre Gärten zu versorgen, sie treibt auch noch einige Mühlen (Ssewerzov, 1. с. р. 56). Zu р. 203, 204. Ein Schöpfrad soll in 24 Stunden bis 3000 Wedro Wasser liefern können. Zwei dergleichen, über einander gestellt reichen hoch hinauf (Турк. Ba. 1880, стр. 161). Allem Anscheine nach werden Pulsometer als Bewässerungsgeräth in Ferghanä noch mehr als die von mir empfohlenen Centrifugalpumpen am Platze sein, wegen vielfach ge- ringerer Anlage — und auch Betriebs-Kosten. Zu p. 204. Eine Fläche von einigen Dutzend Tausend Dessätinen im Särafschan-Thale, welche einst Dörfer trug, jetzt aber verödet dasteht, bietet grosses Interesse für eine ge- nauere Untersuchung derselben. Des Berichterstatters Andeutungen scheinen auf Ueber- fluthungen, als die Ursache der Vernichtung hinzudeuten. (Vergl. Турк. Ba. 1880, стр. 126 и проч.). Zu p. 206. Selbstverständlich ist es, dass die automatisch wirkendeu beweglichen Hilfs-Wehre für Ferghanä die grösste Bedeutung gewinnen müssen. Zu p. 208 und 209. Im Nachtrage zu p. 239 ist erwähnt wie durch Einrichtung der Möglichkeit das Wasser rasch abzulassen nicht nur an Gesundheit der Menschen sondern auch der Reispflanze gewonnen wird. Schon im 15. Jahrhundert wurden in Mailand und in der Lombardei die Reisfelder aus der Nähe der Städte verbannt. Seit dem 17. Jahrhundert folgte ein Edikt das die Ent- fernungen regelte, dem anderen. Gegenwärtig ist die geringste Entfernung von einem Dorfe аи, von Mailand auf 8 Werst festgestellt. Zu p. 212. Auch im Särafschan-Thale wirkt ein Irrigator (Type. ВЯ. 1880, стр. 155). Гир. 216. Vergl. Biedermann Centralblatt 1880 über die günstige Wirkung selbst kurze Zeit dauernder Berührung der Wurzeln mit destillirtem Wasser, auf die Absorbzion der Salze; so wie auch umgekehrt: einer Berührung mit einer Salzlösung auf die Aufnahme von Wasser. Zu p. 218. In Algerien wird die Baumwolle bedeutend häufiger als in Turkestan ge- wässert: nach dem Märzregen noch 10 bis 12 Mal; nämlich während der ersten beiden 478 А. у. MIDDENDORFF. FERGHANÀA. Monate je alle 10, dann alle 14 Tage ein Mal. Auch nach einem Sirocco muss sogar in der zweiten Hälfte des August noch gewässert werden; was sonst nicht geschieht. Zu р. 219. Vom Reis wird das Wasser zwischendurch ein Mal für ein paar Tage ab- gelassen wenn die Blätter einen Stich ins Gelbe anzunehmen beginnen. Sie erholen sich dann bald. Zu p. 220. In Algerien rechnet man, bei unmittelbarer Nähe der Zuleitung 80 bis 90 Wedro Wasser als unumgänglich für die Wässerung einer mit Baumwolle bepflanzten Dessätine bei 4’ weit von einander abstehenden Rinnsalen. Soll aber die ganze Fläche unter Wasser gesetzt werden, so steigt der Bedarf auf das Zehn- und Zwölffache. In Preussen ist für die Wiesenbewässerungen ein Bedarf von 1 Kubikfuss Wasser in der Sekunde für 10 bis 50 Dess. ermittelt worden. Zu p. 223. Ich stimme Nalivkin (Type. В$д., 1880, стр. 131) darin vollkommen bei dass das Seichtpflügen im Norden des Namangan-Kreises Vieles verschuldet, und auf den unbewässerbaren Aekkern das Lokkern des Untergrundes (jedoch mit dem Untergrund- und nicht mit dem Wende-Pfluge) viel dazu beitragen könnte den Boden frisch zu erhalten. Vergl. unseren Text, p. 43. Zu р. 235. Nalivkin der uns mittheilt (Type. By. 1880) dass im Namangan-Kreise an 10 verschiedene Weizen-Sorten unterschieden werden behauptet im Gegensatze zu Ko- stenko dass gerade der Kisyl-Bugdaj die billigste Sorte sein soll. Einige von jenen Ab- arten sollen nur im warmen Thalgrunde fortkommen, dagegen eine Abart Tüjä-Tschi kli- matische Unbillen am besten aushalten. Zu р. 236. Ssewerzov (l. с. р. 314) sah am mittleren Naryn Hirse noch in 6700’ Höhe angebaut. Zu p. 239. In der Lombardei hat sich der Bergreis nicht einbürgern können. Der sogenannte Rizo novarese wird aber als frühreife Abart gerühmt, und verdiente, vorzugs- weise vor den 4 übrigen dort beliebten begrannten wie unbegrannten Abarten, versucht zu werden. Die permanenten Reisfelder geben, wenn nur wenig oder gar nicht gedüngt, in der Lombardei nur mässige Erndten (15 Tschetwert von der Dess.), dagegen in der Wechsel- wirthschaft bis doppelt so viel. Gewöhnlich wechselt der Reis dann mit Weizen, Mais oder Hanf und kehrt nur alle 3 oder 4 Jahre wieder. Vorzüglich geräth er nach Gründung, wozu Raps oder Roggen (bis zum Schossen) stehen bleiben, oder auch Klee einjährig eingepflügt wird. Dadurch wird namentlich dem Unkraut gesteuert. Auf Böden die reich an organischen Stoffen sind, rostet der Reis leicht wenn nicht das Wasser in stetem Rieseln erhalten wird. Die weitesten Abtheilungen umfassen bis mehre Dess., wobei die Längsdämme bleibende sind, während die Querdämme durch die Akkerung zerstört werden. So grosse zusammenhängende Flächen gibt es aber nur dort wo vollkom- NACHTRÄGE. 479 mener Windschutz Wellenschlag verhüthet. Gilbt das Reisgras so wird es für ein paar Tage trokken gelegt. Wird das Feld so eingerichtet dass das Wasser in stetem Flusse ist, so wirkt der Reisbau auch bedeutend weniger gesundheitsschädlich: man setzt schliesslich die Fläche rasch trokken. Zu p. 240. Eine sehr ausführliche Abhandlung über Soja hispida von H. Orga- nov ist in den Труды Импер. В. Экономич. Общества 1881 I, 2, стр. 184, 304 neuerdings veröffentlicht worden. Zu р. 242. In den Турк. B&ı. 1880, стр. 138 ist über die Chaschisch-Raucher eine neuere Mittheilung veröffentlicht. Zu p. 243. In Algerien ist die Sea-Island-Baumwolle erfolgreich und ohne dass sie ausartet eingebürgert worden. Sie bedarf dort, weil vom April an der Regen ausbleibt sehr vieler Wässerung (vergl. Nachtrag zu p. 218) und das mag für das Gedeihen dieser Abart eine wesentliche Bedingung sein. Interessant ist dass dort die erwünschten Eigen- schaften der Sea-Island-Faser mit dem Vorhandensein reichlicher Salze im Boden, oder auch im Wasser, in Zusammenhang gebracht werden. Wegen der sich bildenden Kruste muss auf jedes Wässern das Behakken folgen. Der- selben Ursache wegen ist nicht selten eine sehr dichte Saat beliebt, welche, falls unterdes- sen ein Regen fällt, dennoch durch gemeinsame Kraft eine leichtere Kruste durchbricht. Sehr lehrreich ist dass man auf ausgesuchte Saaten hält, von den Kapseln welche die längsten und festesten Fasern liefern. Der Zeitverlust des Auslesens macht sich reich bezahlt. Auch wird reich gedüngt (etwa 5°, Tausend Pud pro Dess.) um im Durchschnitte über 80 Pud Kapseln von der Dess. zu gewinnen, welche !/, des Gewichtes an Fasern ge- ben. Man hat es auch mit Stehenlassen 2- und 3-jährigen Pflanzen versucht; die Faser verschlechtert sich aber immer mehr. Beachtenswerth ist, dass die seit nur 30 Jahren in Algerien entwikkelte Baumwollen- kultur dadurch in Schwung kam dass die Regierung sich verbindlich machte, die Kapseln für einen bestimmten Preis anzukaufen, der allmählich herabgesetzt wurde. Einer Assozia- zion wurden von der Regierung 600 Dess. für die Baumwollenkultur angewiesen. Ausser manchen Provinzialpreisen für die besten Pflanzungen, trug Napoleon III aus seinen Privat- mitteln hunderttausend Franks für denselben Zwekk bei. Zu p. 245. Anm. 1. Im Namangan-Kreise reicht sie nur bis Iskowat und Pscha- ran hinan, gewährt dort aber nur schwache Erndten. Man pflanzt auch Melonen und Ar- busen zwischen sie (Турк. B&ı. 1880), obgleich 100 Pfund Samen auf die Dessät. ausge- säet werden. Bei Tschimkent erreicht die Baumwolle am Badam ihre Nordgränze nach Ssewerzov 480 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. (1. с. р. 56). Sie ist aber dort noch schlechter als die von Taschkent, und wurde im Sep- tember vom Frost getroffen. Zu p. 248, Апш. 1. Auch nach der Mittheilung in der Russ. Revue, 1874, Ш, р. 67, ist die Khiwa-Baumwolle die beste. - Zu р. 251. Salzhaltige Böden, Sajkesch genannt, sollen im Namangan-Kreise gerade die feinsten Melonen produziren (Nalivkin, in Type. By. стр. 135). Zu р. 256. Einen für Ferghanä wichtigen Wink entnehme ich dem Journ. d’Agric. prat. (1880, p. 898), da es in jenem ungewöhnlich strengen Winter sich ergab dass die Winter-Gerste und der Winter-Hafer sich gegen die Kälte empfindlicher erwiesen als der Winterweizen. Zu p. 281. Maulthiere (Chatschir) soll es, obgleich selten, im Särafschan-Thale geben (Type. Вфд. 1880, стр. 134). — Wohl eine aus den Südost-Gebirgen sich dahin erstrek- kende Zucht, da Maulthiere im Punjab häufig sind. Zu p. 285. Wenn der Weizen nicht mit einer gepflochtenen dreiekkigen Schleife ge- droschen wird, so haben ihn die Ochsen auszutreten. Dabei soll ihnen das Maul so fest zugebunden werden dass die Athmung behindert wird. Das wirft Licht auf den bekannten Bibelspruch. Arendarenko (Type. ВЪд. 1880, стр. 150) bestätigt meine Schätzungen. Er fand das Gewicht eines guten Ochsen 1200, das einer Kuh des Särafschan-Thales 680 Pfund. Schlechte Milchkühe gaben 6 bis 7 Monate lang 10 Pfund Milch täglich. Ein 16 Jahre alter Ochse hatte 460 Pf. Fleisch, werth 23 Rubel. Der Kopf und die Füsse, werth 1 Rub., wogen 80 Pfund. Die Haut hatte einen Werth von 4 Rub., und so- mit das ganze Thier einen von 28 Rub. Zu p. 289. Im Catalogue de la sect. du Turkestan; Exposit. de Vienne, 1873, p. 57 wird berichtet dass die Schaafe durchschnittlich 2 Pud Fleisch und 20 Pfund Talg geben. Ueber die Bedeutung des Schaafhandels, als des bedeutendsten nächst dem mit land- wirthschaftlichen Produkten (vergl. Маевъ, матер. У). Nalivkin (Type. B&ı. 1880, стр. 162) giebt Nachrichten über den Schaafhandel im Namangan-Kreise. 1879 wurden dort 58 Tausend Köpfe angetrieben; fast lauter Hammel. Die Schaafe werden fast ausschliesslich im Tauschhandel gegen Gewebe abgesetzt. In un- günstigen Jahren stürzen in der Steppe mehr Schaafe als Pferde. Гир. 300 Anm. Petrovskij (Шелководство и шелкомотане въ Средней Азии, 1874, стр. 40) zählt 5 verschiedene Abarten des Maulbeerbaumes auf, welche die Eingeborenen unterscheiden. Die dort mitgetheilten Nachrichten über Pflanzung und Behandlung des Maulbeerbaumes, über den Werth der auf gute Fruchtsorten gelegt wird, über Lokkerung und Düngurg des Bodens, Behäufeln der Schösslinge, über Aussaat und Pfropfen, über Beachtung der Krankheiten denen die Maulbeerbäume so wie die Weinstökke unterworfen NACHTRÄGE. 481 sind, geben wieder einen Beweis dafür ab, mit welcher Sorgfalt und Verfeinerung die Ein- geborenen ihrem Landbaue obliegen. Vergl. auch Маевъ, матер. Il, 1873, стр. 507. Zu р. 301. Anm. Im Särafschan-Thale wurden sogar — wie es heisst (Турк. ВЪд. 1880, стр. 156) Millionen von Bäumen auf Befehl des Generalgouverneurs gepflanzt, wo- durch die gute Seite dieser Ueberbürdung der höchsten Instanz, welche Wenjukov (Poccia и Востокъ, стр. 166) gerügt hat, sich zu rechtfertigen vermag. Eine von einem Gärtner geleitete Schule liefert Pflänzlinge und ist bemüht Ulmen, Weisse Akazien, Gleditschien und Ailanthus auf unbewässerten Böden einzubürgern. Dazu kann ich nur sagen dass die Weisse Akazie nächst dem Maulbeerbaume Salzboden am besten verträgt. Auch in Margelan vertheilte die Pflanzschule des auf Staatskosten unterhaltenen Gar- tens Dutzende von Tausenden verschiedener Stekklinge (Type. В$д. 1880, стр. 141). Im selben Jahre wurden offenbar die Baumpflanzungen in ganz Turkestan mit Macht angegriffen, denn auch in Ssemiretschje wurden die Poststazionen und Dorfplätze neuer- dings mit Bäumen bepflanzt (Турк. B&ı. 1880, № 18). Die in Ssemiretschje von den Kosa- ken niedergehauenen Aprikosenwälder (Ssewerzov, p. 116) werden also gesühnt, und wenn man nur ein Jahrzehend lang nicht erschlafft so dürfte die Wohlthat der Schatten- kühle inmitten dürren Sonnenbrandes sogar im Kosaken Gefühle wekken können, wie sie in dem Tadshik leben, der den beschattenden Kajragatsch mit dem entschwundenen Beschir- mer, dem verblichenen Vater des Hauses vergleicht. Zu p. 340. Selbstverständlich ist es, dass ich damit nicht gemeint habe, es gebe in ‚ Russland nicht Oertlichkeiten deren Bewohnern das Auswandern erleichtert werden müsse. Hier fragt sich nur: wo ist der Hauptsitz des Uebels, und wäre Kolonisirung die Panazee dagegen? Zu p. 458. Ein mir in letzter Stunde zukommender Sonderabdruck (aus der Zeitschrift für die gesammte Staats-Wissenschaft) der Abhandlung: Georg Hanssen als Agrar-Histo- riker, vom rühmlichst anerkannten Berliner Professor August Meitzen verfasst, weist mir den Weg zu dem Verständnisse dafür, dass die genauere Ermittelung der Agrarverhält- nisse in Turkestan auch in wissenschaftlicher Hinsicht verwerthbar sein dürfte. In Meitzen’s Abhandlung erkennen wir die nächste Verwandtschaft, wenn nicht Identität der agraren Ureinrichtungen in Europa, mit denen in Mittelasien. Da stossen wir auf die Einheit der Akker-Loose (Tschak, p. 417), und auf die historischen Spuren dessen dass die Land- zumal Feld-Gemeinschaft nur eine Kulturstufe zwischen dem Nomadenthume und der festen Siedelung auf Privateigenthum ist. Da erfahren wir dass in den deutschen Volksrechten bis in späte Zeit das Haus (das Zelt des Nomaden) zu den beweglichen Sachen gerechnet wird. Da tauchen (gleich wie ausschliesslich bei den Nomaden) die Ein- zelnhöfe auf. Da stellen sich die Hausstellen und Hausgärten als Sondereigenthum, allen anderen Wildländereien gegenüber. Da sehen wir Jenen gegenüber die: «regellose, haufen- förmig zusammengedrängte Lage der Gehöfte, die in wirren Sakkgässchen kaum zugänglich Mémoires de l'Acad. Imp. des sciences, VIIme Serie. 61 482 А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. NACHTRÄGE. sind», als wären es die Oasendörfer der Iraner. Da wird uns klar dass nur in minder gün- stigem Klima der Kampf der Feldgraswirthschaft mit der Dreifelderwirthschaft unumgäng- lich zur Natur der Verhältnisse gehört (vergl. d. У. р. 253), dass allerdings die Dreifel- derwirthschaft nicht das älteste und ursprünglichste Feldsystem sei, und die vielberufene Stelle des Tacitus falsch aufgefasst wurde. Wir lernen erkennen dass die alte ursprüngliche Feldgraswirthschaft sich vor- zugsweise in den deutschen Gebirgsgegenden bis heute erhalten hat, und folglich unter gleichen Verhältnissen sich auch in Ferghanä erhalten wird. Wir sehen in Deutschland den Weizen, der sich im günstigen Klima seit undenklichen Zeiten zur Hauptfrucht aufgewor- fen, unter schwierigen Verhältnissen erst im Laufe vieler Jahrhunderte den Hafer und die Gerste verdrängen; wir erkennen im 6—9-jährigen, von Dreeschliegen unterbrochenem Roggenlande den Nachkommen des Primitivverfahrens in Mittelasien u. s. w. Zu р. 11 von Prof. Schmidt’s «Untersuchungen der Bodenbestandtheile». Der unter M 41 analysirte Alaunschiefer vom Naryn, dürfte identisch sein mit der von Romanovskij (Marepiausı для Геологш Typkecrasckaro края, 1878, стр. 38) angeführten Substanz «Atschek», welche beim Gerben eine wesentliche Rolle spielt. Zu Anhang II, р. XI. Virchow hat auch gefunden dass in den unfruchtbaren Bo- denarten des Kehdinger-Moor ein nicht unbedeutender Theil, im Darg-Maibott aber fast '/,, des Kalkes an Schwefelsäure gebunden ist. Das basische Thonerdesulphat gleich wie das basische Ferrisulphat werden dieser Unfruchtbarkeit (offenbar mit Recht) beschuldigt (Thiel, Landw. Jahrbücher, 1881, p. 1029). Auch Petzholdt (dessen Werk, Reise 1864, mir nicht zur Hand ist) soll Gips als den Verderber der unfruchtbaren Flekke denen man inmitten der Schwarzerde begegnet er- kannt haben. Die Mitwirkung des Eisens mag dabei die Hauptrolle spielen. Anhang 1. Vor mir liegen 2 Karten des Russischen Generalstabes, in denen die Höhenlage verschiedener Punkte Ferghanä’s und seiner Umgebungen, eingetragen worden. Die erste führt den Titel: Карта Сред- ней Asin 1863 г.; исправлена по 1878 годъ. Die zweite: Карта верховьевъ Аму-Дарьи; no новфйшимъь св дфнямъ; въ 1878 году. Auch Petermann hat in seine Karte «das Pamir-Plateau», die er dem 52-sten Ergänzungshefte seiner «Mittheilungen» beigegeben, Höhenangaben hineingetragen. Auf diesen 3 Karten finden sich folgende Höhenzahlen. Die von Petermann entlehnten sind durch das Zeichen * kenntlich gemacht. Ueberdiess habe ich einige Höhenlagen welche Herr Stelling nach unseren Beobachtungen be- rechnet hat hinzugefügt. CO en N ale Re re ee ee Bee eue do 836’ Dsham-Bulak (Station 90 Werst von Chodshent, gen Taschkent) ............... 890 Machram® (2. Station von Ghodshent, gen Kokän) ....:.....:..............:. 947 IRRE Bas EN OR a RE ER 1200 Tschil-Machram (Fähre über den Ssyr) ......... an BR 1230 | RR О EN A EN ON RE EE PT GA TO SE 1290 Me Ava errouvand Ste В а tree nein eve fe ine 1412 DA EN SEXE EN AE EN ER SP mrhteleere stehe 1480 Nach unseren Beobachtungen berechnet (von E. Stelling, vergl. Seite 104 4. W., liegt Margelan 1597’ hoch; also um mehr als 100’ höher. Namangan (nach Beobachtungen von Sawinov, berechnet von E. Stelling ...... 1492 Utsch-Kurgan am Naryn nach Perrou und Stelling ....,.................. 1561 Bisehtan.(Dersousund. Stelling)en.. ee ee 1591 AOL SILAN ER EN о a enden ee 1700% Häuschen der Steinkohlen-Arbeiter am Naryn (beobachtet von Max Middendorff, berechnet vons EIN SLENINO I р ООС PL ee sise 11909 Mursa Kabät (Station 54 Werst von Chodshent gen Taschkent).... ........... 2020 Ssay-Kurran(PerroueundStelline) wa: 2. see nennen 4.441009 0200 Mschimion. (BerrousundvEsSstellingspsRo7-d: МУ.) ее. weten anne 2178 Mémoires de l’Acad. Пар. des scionces, VIIme Série. ; 1 IT А. у. MIDDENDORFF. FERGHANA. Ssamarkand.. à" MEN ee Ne ET EN ACER OR RE 2190” Jany-Kurgan (im Namangan- Kreise, beobachtet von Perrou, berechnet von Е. Stelling pa 107.4, We: О ER ES. 2349 Urastepo.. nr NE RR SER U RE 2700 WORT ое AR MIO 2820. Не 2900 * Utsch-Kurgan- (am ааа) 75404 ми 2960 Woadilj (Perrouund в Stelling p% 10.720: War RER Re AR Ne Res 3071 Höchstes Sommerweizenfeld in NW von Utsch-Kurgan am Naryn (beobachtet von Мах Middendorff, berechnet von B. Stelling”.............0...... 3487 OSCAR PRE ee nase A RE D EN 3940 Nanaj (im Kreise Namangan; beobachtet von Perrou, berechnet von ЕВ. Stelling. 43401) Beljau-h/(Pass'in Südost, von’Gultscha).. ER me 2. N RCE CET 5530 Gultscha. (Ort im Kreise /Osch) un. 0 Su Ey EE A 5500 Kaplan-kul (See in der Gegend von Gultscha)...................,...... ale) Sufi-Kurgan (Platz'am mittleren Gultscha-Flusse) 8... LUE сны 6560 Sufi-Kurgan i(Gebirgspass) ее 6930 Fort: Naryn!... une Е И AR 7100 Karwan-kul (Gebirgspass in der Gegend von Gultscha) ...,................... 7380 Baltargan-Tau (Alai-Thal, am Knie des Kysyl-ssu) ......,2...........,.,. 27990 Serafschan-Quellen,; amiGlätscher nr nm ee OR ER en 8500 Ike-Ikesäk (Pass im Alai-Thale, an den Qnellen des Kok-ssu)........,....,.,.... 9500 L'ingér\(Platzsamioberentisfairam) PRE EREPT TER CR RO RENE CC PETER 9660 Arga-Bulak (Platz in der Mitte/des Alai- Thales)... nt nt cree 9960 даззу (Pass :6stlich von Usgent) u nu a ооо ие 10520 Gorund: (Разз ап den "Quellen des/Isfairam) PEN EME ER EN PEER ERREUR 10550 Schachriston (Pass. südöstlich yon’ Ura-Tüba). 0. se Ne 10700 Tsehitty. (Pass 6stlich{ von Uspent) RARE ее 11200 Tengil-bai (Pass an den Quellen \des/lsfairam) eee ee Re 11800 Artscha (Pass’an. den /Gulischa:Quellen) "Re er EE PER EE EC. 11900 Taldyk-Dayan (Pass an den/Gultscha-Quellen). „22... zer 2 or PRE PRE 11920 Талгат PASSE EN M RS NE RE оо о RR RE Te LE Cned 12000 * Schtschurovskij-Glätscher (Quellentdes Msfara) "RARE 0000 12000 Terek-Dawan (Pass auf der Hauptstrasse nach Kaschgar) ...............,...... 12230 Petröv. (Glätscher an den Quellen des /Naryn) u. 2... u RE u PP RER ERP 12620 Taldyk/(Pass des. Alaj,, ım®Meridianesvon Usgent) 2... res. ee E RES CR 13000 Jangi-Sabak (Pass an den Quellen des Dshety-Kuprjuk, auch Chodsha-Bakargan)... 13300 Kordun-Bel (Pass anyden 'Quellen’.des: Naukat) „о. че. ларь нии 13400 Tus-Ascha (Pass des Alai, im Meridiane von Osch).......... ............... 13800 Ssary-Mogol (Pass östlich vom Glätscher Gesart-Akart) ........ A Se 14000 Kisyl-Yart (Basstsüdlichsyom: Pik Kaufmann ey. 2. er ME PONT SPP RRNEEAE 14000 Gesart-Akart (Glätscher an den Naukat-Quellen). ...................,...... 16000 Tekali (Gipfel an den Quellen des Chodsha-Bakargan) ................... 2.117600 1) Angenähert auf derselben Höhe über dem Meere scheinen Jarkend und Kaschgar zu liegen. п, Zi a 6 2 MEERESHÖHEN. ORTSBESTIMMUNGEN. Im Murau; (Glätscher. an den Quellen des/Isfara)ı.. !)............su иены 18000 * Gipfel zwischen den Glätschern Schtschurovskij und Serafschan ................ 19000 Ор М ОТ хо Nachstenendenu rn mn ta р и leere ee ala ke 21700 Bik-Kaufmanapıms Irans- Alan .e. О ИЕ РО О ieheder diese Halbe 22500 Zwischen den Angaben der Russischen Karten und denen Petermanns finden einige unbedeu- tende Abweichungen statt. So z. В. ist die Ueberfahrt Tsehil-Machram mit 1300’, statt mit 1230’ be_ zeichnet; ferner Kokän mit 1540’, statt 1290’; Gultscha mit 5100’, statt mit 5530’. Die Ungleichheit dieser Differenzen und ihr Abweichen bald auf die positive, bald auf die negative Seite, weist schon darauf hin, dass wir es mit diesen Höhenbestimmungen nicht haarscharf zu nehmen haben. So finde ich denn auch in einer mir von Herrn Astronomen Schwarz zu Taschkent gefälligst‘ mitgetheilten Notiz folgende Höhen-Angaben: Woadilj (die Metschet auf dem Bazar)....... 28300’ Osch (das Festungsgebäude; Urda).......... 3000 Utsch-Kurgan (die Metschet auf dem Bazar) .. 3000 KISYIS RU ANR sense N orange 5500 О-В ee, ES RER 6600 GrossemKaramuk. Medal san er alu 7300 Dora Пао arena 8000 Artschi-Bulak 1 9 Darm ran: 10000 ЗУ Yarb mu sau о Е 11300 Fluss Usj-Bel-Bu ............ he eher 14400 $ Ortsbestimmungen. ich schalte hier die geographische Position von einigen Orten Ferghanä’s ein, so wie Herr Astro - nom Schwarz zu Taschkent sie mir mitzutheilen die Güte gehabt !): 1) Schon im Jahre 1759 bestimmte Felix d’Aroches die Lage einiger Orte in Ferghanä (Ritter, Asien, p. 543, 749) nachdem schon im 14. Jahrhunderte Nas- sir-Eddin, dann auch Abulfeda ihm vorangegangen Nassir-Eddin. waren. Diese Ortsbestimmungen wurden von der chine- sischen Regierung für den Kaiserlichen Staatskalender veranstaltet. Diese Astronomen fanden: Felix d’Aroches Abulfeda: (Länge von Paris). Chodshent......... 41° 15’ bei 100° 35’ 41° 95' bei 90° 35’ Ни ED N) Kassan an... 49 55 » 90 35 Ка ee 41° 23’ bei 68° 6’ Mareılan. ea 41 24 » 68 52 Andidshan ........ 4102987 79.269597 Urartepes rare. ATOS SD CCM? Namangan ........ 417,38 12168.22 Taschkent ........ 195 RD) 0620 Osch (Usch) ....... 434 20 102120 кепи 44 » 102 50 1* А. у. MIDDENDORFF. FERGHANA. Namen der Orte. Breite. Länge von Pulkowo. Namangan (Гавег).......... 402. 59/1387 4101751026" (а в 59 20 21 94 Каракасе. 538159 20 45 Andidshan (Lager) .......... 49° 49 58 38 » (Stadt). 22.0. ie 47 56 42 2012 PUDSAN ET. MEME er He 42 36 0.3347 Oschi(Feste) но ee 32 34 42127527 В о 5 31 38 ОЗ 18 У О ве 80, 54 41 8 26 Margelans re ое 27 "55 009 102) Соб ze 2 0 17 0 Я ЛЕ Machram ее а 15 43 49.15 Utsch-Kurgan ..........:... Ле 45 41 42 16 MORTE Е RER DRE 10.58 2223 Kisyl-Kurgan ......... SA US 10 49 ИВ О 5 Е В re ЭТО 39 2.39 Ssuñ=Kurgan als. er 190734 A 10 Artschi-Bulak®@ 12... une. 39, 54052059 ATS 58 Doraut-Kurgan a... 2. „u. 0% 33 16 417 250039 Ка na ME ne 32 6 42 9652 Grosser Karamuk ........... 29 4 41: 99 7 a Fluss Usj-Bel-Bu ........... 3840’ 20 43.9220), 15 Anhang IL Im Texte haben wir es zur Genüge hervorgehoben wie schwierig es ist, den so ganz unverkennbar erscheinenden Löss als solchen fest zu charakterisiren. Vor einigen Jahren hatte Prof. Schmidt die Gewogenheit Proben des Untergrundes der Schwarz- erde im Gouv. Poltawa zu analysiren, von dem ich auf Seite 5, Anm. 2 dieser Abhandlung gesprochen. Mustern wir die Analyse dieser Proben !), welche Prof. Schmidt als einen hellgelben Thon-Kalk-Mergel mit 33,5 pCt. fein vertheiltem kohlensauren Kalk anerkennt, und vergleichen wir seine Zusammensetzung mit derjenigen der untersuchten Lössproben Ferghana’s (wie namentlich № 8, 12, 13, 16, 18, 19 u. ff.) so ist die ungemeine Uebereinstimmung unverkennbar. Auch hat Prof, Schmidt erwähnt, der Po ltawa- Mergel enthalte den kohlensauren Kalk so fein vertheilt, dass er sich noch leichter aufschlämmt als der feinste Thon. Ich füge nur noch hinzu dass der gleichfalls feine aber unter den Fingern fühlbare Quarz- sand, unter dem Mikroskope sich ungerollt erwies, und dass die Probe des dem Löss allem Anscheine nach vollkommen gleichenden Mergels, auf ein bis zwei Klafter Tiefe entnommen war. Was nun aber die Textur anlangt, so zeigt sie sich nur in höheren Lagen durchgreifender entwikkelt, wo die Kalkinfiltra- zionen besonders deutlich sind. Statt der Lössmännchen fand ich nur die von mir im Texte angeführten Geoden, und was die Abstürze der ausgewaschenen Klüfte betrifft, so gestalten sie sich nie zu so unweg- samen Steilwänden wie sie Richthofen dargestellt. Alles wohlerwogen müssen wir uns dafür entscheiden dass uns im Boden des Gouv. Poltawa ein Löss vorliegt, der aber nicht ein Windgebilde sein dürfte, sondern wahrscheinlicher als schlammgeboren anzusprechen ist. Es liegt auf der Hand welchen Nutzen das Mergeln der Schwarzerde mit diesem so nahe zugänglichen Untergrunde bieten muss. Versuche die ich habe anstellen lassen geben gute Aussichten, Wenn irgendwo so wäre hier ein Dampfpflug am Platze. Abweichender vom typischen Löss, und dennoch, wie mir scheint, ein unverkennbarer Löss ist der Untergrund in der Barabaä. 1) Veröffentlicht in der Baltischen Wochenschrift für | 63 bis 78 meiner Abhandlung: «Die Barabä» in den Mé- Landwirthschaft, Gewerbfleiss und Handel, 1876, №24 u. | moires de !’Acad. Imper. des sciences, de St.-Petersbourg, 25.— Die Lokalität ist das Gut Karlovka im Konstan- | УП Serie, Tome XIV, №9. Diese Abhandlung ist auch im tinogradschen Kreise. Sonderabdrukke gleich wie in russischer Sprache er- Vergl. zumal die Seiten 8, 10, 16, 17, 23 bis 29, und | schienen. VI А. у. MIDDENDORFF, FERGHANÀ. Fassen wir die in meiner «Barabä» dargestellten Eigenthümlichkeiten des Bodens derselben hier übersichtlich zusammen: Ein ganz ausgezeichnet und nachhaltig fruchtbarer Boden, dessen 25- bis 50- fältige Fruchtbarkeit aber nicht der Dammerde zugeschrieben werden kann, da diese häufig kaum be- merkbar ist und auch die Analyse Mangel an organischen Stoffen nachwies. Somit hat die Fruchtbarkeit ihren Sitz in demselben röthlich-gelben kalkhaltigen Lehme, oder besser im fetten kleiähnlichen Lehm- mergel der in grösster Gleichmässigkeit seiner physikalischen gleich wie auch chemischen Eigenschaften von mir bis zur Tiefe von 12 Klaftern verfolgt werden konnte. Sinterkalk war vorhanden, jedoch die Abwesenheit von Steinen die auch nur die Grösse einer Kartoffel erreicht hätten auffallend; sogar solche abgerundete Steinchen liessen sich nur nach langem Suchen herausfinden. Der aus dem Tschany-See gefischte Sinterkalk findet sein vollständiges Analogon in demjenigen der zwischen Dshulek und Turke- stan bei der Station Tasch-Ssuat aus dem übrigens überall steinlosen Bette des Ssyr für mich her- vorgeholt wurde (vergl. Bodenprobe № 35). Kalk hat den Sand im Boden des Strombettes zu Steinen zusammengekittet welche die Form monströser Elenngeweihe nachäffen. Im Uebrigen ergab die genauere Untersuchung eine so vorzüglich feine Vertheilung des Kalkes im Lehmmergel der Barabä, dass er vom Thone sich mechanisch nicht trennen liess. Da nun schliesslich die Analyse gleichfalls eine Zusammensetzung nachgewiesen hat welche sich in den Rahmen der Lössbestandtheile gut fügt, so sind wir wohl zur Genüge berechtigt auszusprechen dass der Boden der Barabä ein Löss ist, der dort Krassik oder auch Krassnik genannt wird. Diesem Krassik ist eigenthümlich а) dass sein Thongehalt im Verhältnisse zum Kalkgehalt be- deutend vorwaltet; b) dass er nur halb so viel Karbonate und Phosphate enthält als der Ferghanä-Löss, und auch ärmer ist als dieser (sowohl, wie namentlich auch die Marschen) an Chlor- und Schwefelsäure und Phosphorsäure. Prof. Schmidt erkennt in ihm eine vorgeschrittene Kaolinisirung. Bei merklicher Auswaschung der Alkalien überwiegt doch die fortlaufende Aufnahme alkalischer Erden; die ausgewa- schenen Alkalien werden durch Kalk und Magnesia ersetzt und ein noch gegenwärtig fortschreitender Prozess dieser Art ist nachweisbar durch das Verhältniss von Thonerde zu Kalk und Natron; endlich с) lassen sich unter dem Mikroskope Glimmerblättchen in diesem Barabä-Löss unterscheiden, von denen das unbewaffnete Auge keine Spur sieht. Es fragt sich was von diesem Glimmer zu halten ist und ob er auch zu demjenigen gehört welcher stark mit Kalk gedüngt sein will um seine volle Fruchtbarkeit zu erweisen? | Bekanntlich beschrieb Lyell den Rhein-Löss als glimmerhaltig, Fallou!) aber entscheidet sich dafür dass der Glimmerlehm den Löss zunächst bedekkt, dort wo derselbe nicht offen zu Tage geht. Ob- gleich Löss und Glimmerstaub, welcher letztere sich durch lokkeres tuffartiges Gefüge zu erkennen giebt einander ausschliessen, gehen sie doch in einander über. Da ich, zur Barabä hinabsteigend, im Quellengebiete des Uralflusses, im Flussgebiete des Uj u. Tobol überall einen gelben Glimmerlehm befuhr, dessen Entstehung ich zerfallendem Beresite zuschrieb, so fragt sich wo die Gränze zwischen diesem Glimmerlehme und dem Löss hier zu zeichnen ist, und ob nicht, wenigstens theilweise, der Barabä-Löss selbst aus dem Zergehen jenes Glimmerschiefers entstanden sein mag. Wäre das der Fall so dürfte freilich ein bedeutender Theil des früheren Kali-Gehaltes schon aus- gelaugt sein. Von Tag zu Tage weiter dehnt sich das Gebiet das dem Löss zugesprochen wird. Auch darin scheint übrigens die Schwarzerde dem Löss nichts nachgeben zu wollen, denn wir verdanken unserem ausgezeichneten Meteorologen Wojejkov eine Zusammenstellung über das Vorkommen der Schwarzerde in Indien, welche uns durch die Allgegenwart der Schwarzerde daselbst überrascht. Wir dürfen voraus- 1) p. 50. GESTEIN- UND LÔSS-NALYSEN, SALZE, Gips, PHOSPHORIT. УП setzen dass das Erkennen der Schwarzerde nur ein Vörläufer von erweiterten Nachrichten über das Vor- kommen von Löss in Indien gewesen sein wird!). Es mag hier am Platze sein bevor wir nach Ferghanä zurükkehren behufs Vergleiches drei Analysen des europäischen Löss aufzunehmen. Nach Mohr ergaben sich im Löss zu: an der Mekken- Oberdollendort. Poppelsdorf. Renan Strange: Galeiumearbonat .......... А, TAC EPS ER 20,16 17,63 13,81 Magnesiumcarbonat ....... О : 4,21 3,02 0,58 В В ен ue Ma hear 58,97 62,13 62,30 оО Про ая nn ln ae ehe 9,97 7,51 7,96 HISENOX YA nie» И ооо PA feuert 4,25 5,14 7,89 Halles 0: 3 о N 0,02 0,00 0,00 Maenesia.. 1170 ei. LE ER REN RER AR 0,04 0,21 0,09 2 ee tee j175 2,31 Glühyerlust .. 2.2... 0. 2.0 ae N AN EIERN 1,37 2,31 5,11 Zieht man die kohlensauren Erden ab so steigt der Gehalt an Kieselsäure auf............. Вы 79,53 81,04 77,34 ündedersFhonerdesaufe au. ne 13,45 9,75 9,88 welches Verhältniss weit entfernt ist von reinem Thon und einen Ueberschuss von Kieselerde in Gestalt von Sand anzeigt. Der Sand häuft sich immer an. Gehen wir nun zu einer ausführlicheren Betrachtung des Ferghana-Löss und der zu ihm in Bezie- hung stehenden Bodenproben über. Ferghanä ist so glükklich gewesen, vermittelst der Gewogenheit einer solchen Autorität wie Prof. C. Schmidt es ist, diesen hervorragenden Chemiker an sich gezogen zu haben, der es nicht gescheut hat seine ausserordentliche Arbeitskraft monatelang den Untersuchungen der Bodenarten dieses hochmerk- 1) Was wir aus H. Wojejkov’s Auszügen der Kada- | stralbeschreibungen indischer Landschaften (settlement reports) (vergl. Труды Имп. В. Экономич. Обще- ства, 1880, III, стр. 21) erfahren, lässt sich folgender- weise zusammenfassen: In Indien nimmt eine, mit der Russischen identische Schwarzerde ausserordentlich grosse Strekken ein, unter dem Namen regar, regada oder black cotton soil. Sie enthält viel Thon, klebt so stark dass nach heftigem Regen sogar Fussgänger es aufgeben müssen durchzukommen. Sie hält viel Feuchtigkeit in sich zurükk, quillt dabei so stark auf, dass wenn sie aus- trokknet allseitig Risse entstehen die bis 3 oder 4’ tief reichen können; denn obgleich sie auf Felsenflächen nur 1 bis 2’ dikk liegt, so erreicht sie doch an anderen Stellen 10, ja 20’ Mächtigkeit. Sinterkalk kommt in ihr vor. Auf hocheben gelegenen Stellen und sogar auf Bergeshöhen kommt sie nicht nur vor, sondern scheint sogar ausge- prägter und fruchtbarer zu sein. Seit undenklichen Zei- ten betriebene Baumwollenkultur hat diesen Boden nicht zu erschöpfen vermocht, und in der Abschätzung folgt sie als M III auf die höchstbesteuerten Haus- und Gemüse- gärten. Sie steuert 21/, Mal so viel als gewöhnliche Feld- flächen. Ihrer mineralogischen Beschaffenheit nach ist sie sehr verschiedenartig, enthält aber wenig organische Bestandtheile. Von anderen schwarzen Erden unter- scheidet sie sich durch vollkommener zergangene Be- schaffenheit der Bestandtheile. Schwarzmoor, auf dem Grunde flacher Süsswasser- bekken abgelagert, scheint durch langdauernde Berüh- rung mit der Luft in Schwarzerde übergehen zu können. Sie wird von den Meisten für solchen Ursprunges gehalten. Andere lassen diese Schwarzerde aus Zersetzung basal- tischer Trappe hervorgehen, doch zeigt sie sich vom Un- tergrunde unabhängig und lagert auch auf Sandsteinen und Kreide. VIII A. v. MiDDENDORFF, FERGHANA. würdigen Thales zu weihen. Versuchen wir es die so gewonnenen langen Zahlenreihen vorzugsweise in Bezug auf die Klärung der Lössfrage hinsichtlich ihrer Beziehungen zum Akkerbaue zu verwerthen. Die von mir gesammelten Bodenproben sind je nach den verschiedenen Gesichtspunkten von denen aus ich sie wählte, zu folgenden Gruppen zusammenzustellen: a) Normaler Primär-Löss aus verschiedenen Oertlichkeiten und Tiefen. Hierher die Nummern: 8, 10, 12, 13, 15, 16, 17, 19 (eventuell 18). ® b) Secundär-Löss. №№ 18, 21, 32. c) Ausblühungen des Primär- und Secundär-Löss. №№ 5, 6, 7, 9. 4) Durch Wassergewächse mit Humus versetzter 1.658. № 20. е) Flugsand auf dem Löss. №№ 2, 3, 4. f) Gebirgsproben, behufs Ermittelung der Herkunft des Löss, gewählt. NN 1, 11, 14, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30, 31, 37, 46, 50, 51, 52, 53, 54, 55, 56, 58, 59, 60, 61. Ueberdies sind einige Proben die weder auf den Löss, noch auf den Akkerbau Bezug haben, ander- weitiger Interessen wegen mitgenommen worden, und zwar aus Ferghanä die №№ 41, 42, 43 und aus anderen Gegenden der Ufer des Ssyr die №№ 33, 34, 35, 36, 38, 39, 40, 41, 44, 45, 47, 48, 49. Den Analysen der Gruppe a haben wir noch diejenigen zweier Bodenproben hinzuzufügen welche der als ausgezeichnet gewissenhafter Forscher wohlbekannte Magister Teich, Vorstand des chemischen Laboratoriums zu Taschkent, auf Veranlassung des Vorsitzenden der Organisazions-Commission in Ferg- hanä, Obrist Nossowitsch, ausgeführt hat. Ich gebe sie nachstehend. Herr Teich folgert aus seinen Untersuchungen dass dieser Boden Ferghanä’s reich gedüngt gewesen und dass die zweite Probe einem fruchtbareren Boden entnommen sei als die erste. Als dritte Analyse theile ich diejenige Petzholdts mit der übersehen hat dass es Löss war, und ihn «schweren Lehmboden» nennt. GESTEIN- UND Lôss-ANALYSEN, SALZE, GIPs, PHOSPHORIT. Aschfarbige, mit Wasser behan- delt einen gelbröthlichen Auszug gebende Oberkrume. ве ото. 1) eines für Ме- lonen fertig zu- gerichteten 100 Theile der Erdmasse enthalten: Feldbeetes. schwach alkalisch. Hydratwasser + Organische Substanz In Wasser lösliche Salze, inbegriffen die ammoniakalischen und Stickstoff-Verbindungen und zwar: Chlorkalium Chlornatrium Natriumsulfat Magnesiumsulfat In Schwefelsäure und Salzsäure lösliche Bestandtheile.... und zwar: Calciumcarbonat Thonerde und Eisenoxyd Phosphorsäure Kieselsäure, Kalk und Natron Unlöslich in obigen Säuren und zwar: Thonerde Kieselsäure Die prozentische Zusammensetzung dieses Bodens ist: bei 125° C. entweichendes Wasser Chlorkalium О а el eleteter stehlen ietere . Natriumsulfat Magnesiumsulfat Calciumcarbonat Thonerde, Eisenoxyd und Phosphorsäure. Kieselsäure Kalk und Natron in Verbindung mit Kieselsäure, Thon- erde und organ. Substanz Organische Substanzen 2) eines für Dshugara- Hirse fertig zu- gerichteten Feldes. schwach sauer. IX. 3) Analyse von Petzholdt(Um- schau im Russi- schen Turkestan, 1877, p. 52). „ Kohlen- { or залге. 0,51 Кай 0,48 Natrum 1,20 Magnesia 10,82 (Kalkerde) (und Man- { 0 ganoxyd) Kiesel- { 2 säure зв Der Uebersichtlichkeit wegen werde ich in Folgendem die chemischen Analysen zu ganzen Zahlen abgerundet und mit Berükksichtigung nur der den Akkerbau vorzugsweise berührenden Bestandtheile, nach den von Prof. Schmidt uns mitgetheilten Bodenuntersuchungen, geordnet zusammenstellen. о der Probe. Fundort und Art. Silicate und Quarzsand. Phosphate u. Carbonate. Calcium - carbonat. A. Kalkstein. Teké. Kalksteinschicht Vor Nanaj, Gebirgsast. Kalksteinschicht Mojan. Konglomerat-Gerölle » Gryphaea-Schicht Vor Nanaj, Gebirgsast. Flysch?... gleichfalls Tekä. Kalksteinbreccie Mémoires de 1`Асаа. Пар. des sciences, VIlme Série, Thonerde. Phosphor- säure. Natrium- sulfat. Calcium - sulfat, Eisenoxyd. Il x А. у. MIDDENDORFF. FERGHANA, o der Probe. Fundort und Art. Silicate und Quarzsand. Phosphate u. Carbonate. Caleiumcar- bonat. Thonerde Natrium- sulfet. Calcium - sulfat. Eisenoxyd. B. Kalkthonschiefer, Konglomeratgerölle, Konglomeratsandstein, Konglomeratkitt. Woadilj. Konglomerat-Kitt Teké. Kalkthonschiefer Mojan. Konglomeratsandstein Teschik-Tasch. Konglomerat-Gerölle » » geschlämmter Konglomerat-Kitt.| 72 » » Kalkthonschiefer » » Woadilj. Thonschiefer gleichfalls Beklär-Beg. Diorit Feké РЕ о ола С. Sandstein. Unt. Ssyr. Phosphorit-Gerölle Spon. Schuttbruchstükke im Löss Woadilj. Auf Eisenkiesel lagernd Steppe am Unt. Ssyr. Gerölle Teké, Auf Thonschiefer lagernd D. Fluss- und Flug-Sand. Kokan-Jany-Kurgan. Grober Dünensand » » » Dünen-Feinsand ....... .| 61 Fluss Ssoch. Zwischen d. Geröllen d. Flussbettes! 87 E. Primär-Löss. Mojan/(truchtbarster)e. nu see ee т (und 4 Magnesia) » (geschlämmt) (und 10 Magnesia) Kara-Tepe Mojan (geschlämmt) Spon Kasalinsk Kokan-Jany-Kurgan Namangan-Jany-Kurgan SSAary-Kurgan. Е BE ODODDDDy,DDD > Е. Sekundär-Löss. Kara-Tübä Kokan-Jany-Kurgan Mojan Alty-Aryk Aus der Betrachtung dieser Tabelle ergibt sich das was wir im Texte ausgesprochen, sehr augen- scheinlich. Dem höchsten Gehalte an Salzen die in Wasser löslich sind folgend, wie ihn Prof. Schmidt (p. 15) uns mit Einschluss des Gipses bietet, reihen sich die analysirten Proben in nachstehender Aufeinander- GESTEIN- UND [.038-АмльузЕм, SALZE, Gips, PHOSPHORIT. XI folge: №5 mit 74%, M 7 mit 50%, № 9 mit 27%, №6, mit 22°/, Salzgehalt in lufttrokkenem Zustande. Bei Abzug des Gipsgehaltes reduzirt sich derselbe auf resp. 66, 17 und 15°/,. Die Oberfläche des Bodens möglichst leicht streifend, nahm ich nur diese Ausblühungen welche den Boden bedekkten. Bald erschienen sie gleich einem übergestreuten Pulver, bald in kristallisirten, glitzernden Blättchen, gleich Schnee- kristallen, bald inkrustirten sie verdorrte Stengel, zumal von Salzpflanzen, mit bräunlichrother Masse, und in dieser Hinsicht darf es auffallen dass diese letztere Form (№ 7) deren starke Färbung ich einem grös- seren Eisengehalte zuschreiben musste, der Analyse nach gerade zu den eisenärmeren Bodenproben gehörte. Beachtenswerth ist ferner dass № 3, bei einem Gehalte von 30°, an im Wasser löslichen Salzen, also einem beträchtlich grösseren als № 9 und № 6 enthielten, dennoch keine Salzausblühungen sehen liess. Abgesehen von Gipsgrant der in № 3 die besagten Salze fast vollständig repräsentirte möchte ich doch unter Hinweisung auf die Salze in № 1 und № 2 darauf aufmerksam machen dass die Beschaffen- heit der Krume, insbesondere aber deren Durchlässigkeit in Bezug auf das Ausblühen von besonderem Belange ist. Einen Finger dikk obenauf liegender Sand kann die Ausblühung verdekken. Die Gränze der Möglichkeit des Durchbringens der salzfreundlichsten Kulturgewächse ist in unseren Bodenproben mit 8,6°/, Salzgehalt (№ 20) geboten. In dem Felde dem ich die Probe entnahm fand sich zugleich ausnahmsweise ein ungewöhnlich hoher Gehalt an braunem, aus Wassergewächsen entstandenem Humus (durch 14°/, organischer Substanz angezeigt). Das Feld war erst im Jahre vorher in den Rand einer salzigen Morastlache hineingeschoben worden. Da wir nun aber fast 7°/, Gips von obigen 8,6°/, abzuziehen haben, so verliert das scheinbar Ungeheuerliche dieses Salzgehaltes seine Bedeutung ganz. Was überhaupt einem unserer in Europa am schwungvollsten gebrauchten Düngemittel, dem Gipse zu halten ist, wenn er in grösseren Mengen dem Akkerboden beigemischt sich findet, bedarf jedes Mal einer näheren ‘Untersuchung. Der Umstand ist nicht so unverfänglich als es scheinen mag. Aufmerksam gemacht durch die ihrer Unfruchtbarkeit wegen sogenannte «Gifterde», die gipshaltige «Wühlerde» in den Marschen, war ich nicht wenig betroffen als ich der Oberkrume eines inmitten fruchtbarster Felder gele- genen kleinen Flekkes Steppen-Feld, der wegen Unfruchtbarkeit nicht gepflügt wurde, zahlreiche, bis zoll- grosse Gipskristalle untermengt fand). Der Landbauer in den Steppen unterscheidet solche Flekke unter der Benennung Ssolonetz. Sind es wirklich die Mittelpunkte früher ausgedehnter und seit undenklichen Zeiten ausgesüster Salzlachen? obgleich gegenwärtig hocheben gelegen. Jedenfalls verspricht die einge- hende Untersuchung solcher, inmitten grosser Fruchtbarkeit auf kleine Flekke beschränkter entschiedener Unfruchtbarkeit, der Bodenkunde die deutlichsten Fingerzeige zu geben. Dokutschajev führt irgendwo die auch mir aufgestossene Meinung der Bauern an, solcher Ssolonetz werde durch Höhlengräber ver- ursacht. Dass dem mitunter so ist kann ich bestätigen. Das will aber doch nur sagen, dass aus dem Un- tergrunde ein dem Pflauzenwuchse schädlicher Stoff hervorgescharrt wird. Mit einiger Sicherheit darf vor- ausgesetzt werden dass der Gips der «Gifterde» Veranlassung zur Bildung von Eisenvitriol geboten. Doch unter welchen Umständen? und warum entsteht nicht dasselbe im Ferghanä-Lôss? obgleich ich im Kalk- gebirge allerdings ein Lager von Eisenvitriol (№ 41) traf, das zu technischen Zwekken ausgebeutet wurde. Dasselbe Eisenvitriol welches der europäische Landbauer ungescheut als bestes Desinfektionsmittel seiner für den Akker bestimmten Kloaken benutzt, dürfte schwerlich in Ferghanä zu demselben Zwekke herangezogen werden. Prof. Schmidt wirft die Frage auf, ob nicht Glaubersalz sich fortbilde durch Wechselzersetzung von dem in Ferghanä’s Boden so reichlich vorhandenen Gipse, bei zufliessendem Sodawasser, das aus den 1) GutRepjovka des Ssimbirskischen Gouvernements; Probe die aus dem Gouv. Poltawa stammte übergab ich beider Eisenbahnstation desselben Namens. — Eine zweite | der Untersuchung gleichfalls. * Il XII А. у. MIDDENDORFF. FERGHANA. Verwitterungsprodukten der Feldspathgesteine, wie Granit und Porphyr, unter der Einwirkung kohlen- saurer Tagewasser sich bilden dürfte. Er fand dass der Gips zur Konstituzion der Kalksteingebirge Ferg- hands gehöre. Gips ist rings um Ferghanä vertreten. Er war in der Nähe von Mojan in mächtigen Bänken bloss- gelegt und bot dort, wie überall, zu Ausspülungen und Erdstürzen Veranlassung, welche in meiner Gegen- wart einen Arbeitsmann begruben, denn zahlreiche Karrenladungen wurden nach Neu-Margelan zu den Bauten abgeführt. № 50 der Bodenproben ist die dort entnommene. Im Untergrunde von № 21 lagen 40°/, Gips unter Dammerde und Löss, in 1'/,' Tiefe, ohne der Fruchtbarkeit des Feldes zu schaden. Dort musste der Gips zusammengeschwemmt gewesen sein. Zwei Prozent Gips hat der fruchtbarste Löss den ich antraf in № 10. Noch mehr Gips enthält der Löss № 15, der einem Weizenfelde im unbewässerbaren Theile des 3500’ hohen Gebirges entnommen wurde. Vom Phosporite № 40 können wir mit Sicherheit voraussetzen dass er einem reicheren Lager ent- stammte, da er zahlreich über der Steppe zerstreut lag, in einer Gegend welche bisher, seit Meier, einer älteren Erdschicht zugetheilt wird, als ihre Umgebung. Fand doch Barbot gleichfalls ungeheure Lager von Phosphoriten am unteren Amu (Peterm. Mittheilungen 1875, XXI, p. 363). Auch in der Karakum- Sandwüste, die zum Gebiete des Ssyr gehört fand der Grossfürst Nikolai Konstantinowitsch Phosphorite (Helmersen, Bulletin de l’Académie Пир. des Sciences de St. Pétersb., XXV, 1879, р. 521). So viel ich sehen konnte gab es dort keine Coprolithen, welche einen willkommenen Beweis für das Herrühren von Meeresthieren hätten bieten können, sondern die Rollstükke konnten nur als Infiltrazionen gelöster fossiler Knochen in darunterliegende Sandschichten gelten. Die ausserordentliche Feinheit zu der die Partikeln des Löss gepulvert sind weisen die №№ 18 und 19 deutlich auf, da über 80°, der Gesammtmasse aus feinstem Schlamme und mittelfeinem Pulver bestehen. Die Hälfte der Masse kann im Durchschnitte als Feinerde staubförmiger Art angenommen werden!). Sogar ein ansehnlicher Theil des Sandes ist in Gestalt von Kieselstaub dem Löss beigemengt. 1) Fallou (p. 37) gibt an dass die Menge abschlämm- Die in den Турк. By. 1876, стр. 196 gebotene Unter- barer Theile im Löss des Rheinthales 76, ja bis 99%, | suchung einer Lössprobe Turkestans gibt 57 %, gröberen betrage. Kalksand, und 42%, feineren nebst Thonerde an. Anhang Ш, Hier einige erläuternde Notizen, nebst Nachträgen zu dem was im Abschnitte «Salzwüsten» auf Seite 26 Anm. 2 berührt worden. In der nächsten Umgebung von Taschkent fand ich Gelegenheit einen frisch eröffneten Brunnen zu betrachten der mir bewies dass die Stadt auf einem mächtigen Lössgrunde steht. 81, Sashen hatte man in reinstem Löss gegraben, der so schön und fest anstand als sei der Schacht ausgemauert worden. Sogar ein Erdbeben hatte kaum merkliche Spuren der Erschütterung hinterlassen. In 9 Sashen Tiefe stiess der Brunnen auf Lössmännchen und Gerölle; durch welche Wasser aus dem Grunde emporträt. 1. Scharapkhani. (Zwischen Taschkent und Tschimkent). Hier auf den Vorbergen ist der Löss kaum mehr als solcher zu erkennen. Vielleicht ist es auch nur ein röthlicher Lehm oder Lehmmergel, aus dem Zerfall unterlagernder Gesteine entstanden, denn ich fand Stükke ungerollten Gesteines, röthlich, wie auch grünlich, das ich von einzelnen Mergelschichten die im livländischen devonischen Sandsteine vor- kommen nicht zu unterscheiden gewusst hätte. Auch ein Stück grauen, sehr grobkörnigen Sandsteines kam zum Vorscheine. 2. Die Lüss-Abstürze am Bügünj waren deutlich geschichtet. Es zeigten sich eisenrostfarbene Streifen und Nester von Geröllsteinchen. 3. Von Ssauran bis an 100 Werst jenseits Fort Perovskij vermisste ich jede Spur von den Rollsteinchen kleinster Art welche in den Vorbergen diesseits Turkestan, und dann wieder flussabwärts von Fort № 2 den Weg nicht selten dicht bestreuten. Im Angesichte von Ssauran erhebt sich ein niedriger wohl 900 Schritt langer Hügel dessen sehr schwachgeneigte Abdachung, ich vollkommen vegetationsleer, nakkt, und wie mit einem zum Estrich ge- schlämmten Lössüberzuge bedekkt fand. Mir fehlte es an Zeit um der Ursache nachzugehen. 4. Zwischen Jany-Kurgan und Dshulek zeigten sich starke Ausspülungen im Löss; vielleicht Folgen von kurz andauernden Durchrissen der alten Bewässerungen. Es gab Rinnsale und Kessel mit fest- geschlämmter Lösstenne, deren Ufer bis 5’ höher standen. Rundliche Inseln, etwa 3’ hoch und eben so viel im Durchmesser messend verdankten ihr Dasein offenbar der festen Durchwurzelung mit Tamarisken und Saxaul. XIV : А. у. MIDDENDORFF. FERGHANÄ. 5. Ssemenovskaja. (Halbweges zwischen Fort Perovsk und № Il). Hier wo der frühere Zufluss des Ssaumal-Sees (vergl. 5. 29) zum Ssyr vorausgesetzt werden dürfte interessirte mich die Einsicht in tiefere Schichten. Leider war ein 9, Klafter tief fruchtlos nach Trinkwasser gegrabener Brunnen verschüttet worden undich traf nur Bruchstükke von fingerdikken Kalksteinplättchen vor, welche aus dem Grunde stammten, Ein Brunnen an dem man arbeitete zeigte 8’ Secundärlöss, 32 feinen Sand, mit Brokken eines grauen sehr lokkeren Sandsteines, 1°/, Secundärlöss, etwas dunkler als oben, 20’ scharfekkiger Bausand. 6. Iljtschibaj (Halbweges zwischen Fort № II und Kasalinsk). Auf den alten Kirgisengräbern waren Platten gehäuft, welche in dünnen Lagen brachen, aus einem Sandsteine bestehend, der ein Rogenstein war. Bodenprobe № 39. Man wusste mir den Fundort nicht anzugeben. War es derselbe dessen Evers- . mann erwähnt? 7. Sehr beachtenswerth ist die Strekke zwischen Fort № II und Majli-Basch. Meier (Киргизская степь Оренбургскаго BEAaoncrBa 1865 стр. 19) erklärt dass diese Gegend wegen der «grobkörnigen Beschaffenheit des Bodens, und der unter ihm gelagerten Formationen» älteren Ablagerungen zugezählt werden müsse. In der That sah ich zwischen den Stationen Ak-Dshar und Ak-Ssuat den Boden, einen Kalk- mergel der wohl Löss zu sein schien, mit einem Sande von der Grösse der Hirsekörner bedekkt. Rauhe Gerölle von Bohnen- und Kartoffelgrösse, richtiger braungraue knollige, Concremente zu nennen, lagen zerstreut umher und erwekkten dem Ansehen nach in mir den Verdacht, es müssten Koprolithen sein, was die Analyse vollkommen bestätigt hat. Dem Pflanzenwuchse nach hätte man diese Steppe für jünger halten müssen als die weiter flussauf- wärts gelegene, denn Saxaul wie Tamariske traten hier znrükk. Zumal fragt sich hier, wie sich zu dieser Strekke die Kisyl-kum -Wüste verhalten mag, die Fedt- schenko (Petermann, Mitth. 76. Ergänzungsheft № 49) für älter erklärt hat, als die umgebende Lehm- steppe, indem sie zu einer Zeit existirte als die benachbarten Flächen mit Wasser bedekkt waren. 8. Golovskaja. Hier im Bereiche der Gegend die ganz augenscheinlich noch vor Kurzem vom Aral-See bedekkt war interessirte mich die Einsicht in tiefere Schichten. Leider hatte man den vor 6 Jahren bis zu 19 Klafter Tiefe getriebenen Brunnen, der kein Wasser gab sondern nur eine bittere Salzlake ausschwitzte wieder verschüttet. Auf der Halde fand ich eine lehmige Masse von grauer Farbe vor. Sie bestärkte mich in der Annahme (Seite 28) dass die Grundlage der «Takyr» ein im Seegrunde niedergeschlagener Thon ist; vielleicht wohl aus Löss herausgeschlämmt. Ganz unten im Grunde war man auf fingerdikke Platten eines Thonschiefers (Bodenprobe № 32) gestossen, der mit dem von Prof. Schmidt nachgewiesenen und (p. 23) besonderer technischer Berükksichtigung anempfohlenen mangan- reichen Spatheisensteine zu wechsellagern scheint. 9. Zwischen Terekli und Irgis begegnete ich immer demselben unverkennbaren Lössboden zwischendurch gebräunt durch Salzflächen. Doch ist der Boden fast durchgängig leicht mit Sand über- weht. Die Vegetation ist spärlich und nur spannenhoch und schon im Juni verdorrt, daher wohl begreiflich dass die Kirgisen zum Sommer von hier gen Orsk und Trojzk fortwandern. Hier beginnen wieder Geröllchen sich zu zeigen, aber untermischt mit scharfkantigen Kalkstein- Stükkchen. ERLÄUTERNDE NOTIZEN ZU SEITE 26 DES TEXTES. XV Mit dem rechten, hohen Irgis-Ufer hat scheinbar der Löss sein Ende erreicht. 10. Kara-ssaj. Drei Fuss tief, steht hier im Boden derselbe Steppenlehm an. Ist es Löss? 11. Kum-ssaj. Wo die Steppe nicht gleichmässig mit Sand überstreut ist, tritt ein rothbrauner Boden hervor, der wohl als Verwitterungsschicht zu betrachten ist, entstanden aus dem hier von Strekke zu Strekke hervorbrechenden rostfarbenen Hornstein. Auch ein graulicher Kalkstein bricht hier durch. Von hier an, im Gebiete der Vorhöhen ändert sich die Physiognomie der Gegend völlig, obgleich es doch noch möglich wäre dass der Untergrund aus Löss besteht. Aber es hat sich Dammerde gebildet, die Stipa der Schwarzerde tritt stellweise auf, dichtes, kniehohes Gras bedekkt die Steppe, Klee zeigt sich Vor Orsk scheint der Boden eine stärkere Beimischung von Sand zu haben, aber es ist schöne schwarze Dammerde, auf einem Lehme ruhend der wohl Löss sein könnte, denn 12. am Absturze des Ural-Flusses bei der ersten Station unterhalb Orsk fand ich einen dunkel- braunen Lehm vor, der deutliche Löss-Struktur aufwies und Kalkkonkremente enthielt. Als ich aber mich Orenburg noch mehr genähert hatte, fand ich zwar bei Werchne-osernaja denselben Lehm und dieselben Kalkkonkremente vor; aber nachdem wir über denselben stark stäubenden Lehm gefahren waren, gelangten wir vor Girjalskaja zu einem künstlich durchbrochenen Berghange, der deutlich zeigte dass der dunkelbraune Lehm sich aus der Bindemasse eines Konglomerates gebildet hatte, aus welchem der № 9 schon erwähnte rostbraune eisenhaltige Hornstein anstehend hervorschaute. Somit war ich also in das Gebiet der «kastanienbraunen Schwarzerde» eingerükkt, von der auf Seite 86 die Rede war. Interressant ist dass in den von Wojejkov veröffentlichten Berichten der Kadasterbeamten Indiens häufig einer dunkelbraunen magern und weit verbreiteten Erde Erwähnung geschieht welche durch Zersetzung von Gneuss, eisenhaltigen Sandsteine oder auch Trappgestein entstanden und ungemein fruchtbar sein soll. Sie ist wohl der kastanienbraunen Schwarzerde Russlands nächstverwandt. Anhang IV. А. A. Einiges Speziellere über Wässerungs-Zuleiter in Ferghanä. Schon zu Anfang des Jahres 1876 verlangte die Zentralverwaltung Ferghanä’s von den Kreisver- waltungen nähere Nachrichten über die Bewässernngs-Angelegenheiten in jedem Kreise, um Grundlagen für den Entwurf allgemeiner Vorschriften gewinnen zu können. Wir wollen in Nachstehendem das was der Mittheilung werth zu sein scheint wiedergeben, mit dem was ich im Vorübergehen selbst bemerkt zusammenthun, und Auszüge aus den Berichten des Irrigator’s Capt. Shilin hinzuziehen. Beginnen wir mit dem I. Kreis Kokan. Er erhält sein Wasser fast ausschliesrlich aus den Ssaj (Bergflüssen) Issfar& und Ssoch. Wegen starker hochsommerlicher Wasserschwellungen des Issfarä-Ssaj der bei der Feste und dem Basar des Dorfes Issfara vorbeifliesst, sind dessen Ufer künstlich erhöht, und um Auswaschungen vorzubeugen auch mit Steinen verkleidet worden. Um die Brükken zu sichern, haben die Köpfe derselben Holzver- kleidungen erhalten. Die Stadt Kokan empfängt ihr Wasser aus dem Gewässer Ak-ssu, das bei dem Dorfe Ssary- Kurgan, an 4 Tasch (4.1. 32 Werst) von Kokan aus dem Gebirge hervortritt. Diesem Gewässer kom- men Quellen zu Hilfe welche in der Nähe des Dorfes Tuläsch, nur ein paar Werst von Kokan entfernt, unter der Benennung Kara-ssu, hervorbrechen. Der Ak-ssu vertheilt sich iu 5 Kanäle: 1) der Naubagör dringt zwischen dem Rischtan- und Katagan-Thore in die Stadt ein. Er wässert die Quartale des Amin-Bezirkes Rischtan, und zwar a) Kum-kischlak, b) Tukly-Mirgen-Ssorybatyr, und c) Mulla-ssabir-Achun. Darauf dringt er in den Amin-Bezirk Margelan und durchströmt dessen Quartal Taschlak; dringt nun in den Amin-Be- zirk Taglyk, dessen Quartal desselben Namens durchfliessend. Von hier gelangt er in den Amin-Bezirk Naubagor, das Quartal desselben Namens versorgend, und fliesst nun hinaus in die Dörfer. 2) Der Kanal Katagan dringt in der Nähe des Katagan-Thores in die Stadt, die Quartale dieses Amin-Bezirkes durchfliessend, und zwar: a) Bisch-Kobak-Raiss, b) Chal-Tschura, c) Mir-Ajup- bai, d) Utäm-Bakaul, e) Kasypl-Kusor, f) Kaschgar und g) Alatscha-Baf. Nun dringt er in WÄSSERUNGSZULEITER. XVII den Amin-Bezirk Margelan ein, durchströmt dessen Quartale a) Pochtä-Kasch, b) Tama, с) Digri- san, 4) Chakim-Türä, e) Andishailyk, f) Katmantschilik und g) Manwoilyk, endlich in den Kattä-Ssaj sich ergiessend. Es zweigt sich von diesem Kanale, oberhalb Bisch-Kobak, ein Arm ab, der sich in den Amin- Bezirk Rischtän hineinbegiebt, und dessen Quartale a) Atalyk, b) Tama, theilweise, und auch c) Di- grisan, theilweise versorgt. Nun dringt er in den Amin-Bezirk Taglyk, dessen Quartal Duktschilin durchfliessend er sich in den Kattä-Ssaj ergiesst. | 3) Der Kanal Gandshirawan dringt zwischen den Thoren Rischtän und Katagän in die Stadt, gleich wie der Naubagar-Kanal. Er wendet sich zum Amin-Bezirk Urgantschi und durchströmt dessen Quartal Sinbardar; tritt dann in den Amin-Bezirk Taglyk ein, dessen Quartal Bek-buta durchströmend; dann dringt er in den Amin-Bezirk Urgantschi ein und wässert dessen Quartale a) Rustembeg, - b) Ssasybai, c) Bagban, d) Kasak-Aim, e) Urgantschi, f) Tulubai-Mursa. Von hier fliesst er zum Dorfe Gandshirawan, und weiter. 4) Der Kanal Kitschik-Ssaj erhält einen Zuschuss an Wasser aus Quellen in der Nähe des Dortes Kara-tepe. Er dringt beim Thore Muj-Mubarak in die Stadt und indem er das Quartal Tschangas- lik des gleichnamigen Amin-Bezirkes durchfliesst, begiebt er sich in den Amin-Bezirk Galtschä- Kischläk, desselben Quartal Kalbag durchfliessend. Er dringt in den Amin-Bezirk Gasy-Iagalyk- Balä ein, und dessen Quartale a) Bachmal-Baf und b) Bisch-Aryk durchströmend, tritt er in den Amin-Bezirk Gasy-Iagalyk-Pojan hinein, dessen Quartale Ibni-Amin und Ryskuly er wässert. Ferner begiebt er sich in den Amin-Bezirk Kuduklyk, zu dessen Quartal Chakim-Chalfa, dann in den Amin-Bezirk Ssar-Masar und zwar ‘dessen Quartal Kutur-Kiptschak, zur Stadt hier hinaus- fliessend. Dieser Kanal zerfällt wiederum in drei andere, von denen der eine die Feste (Urdä) durchströmt dann in den Amin-Bezirk Gasy-Iagalyk-Pojan eintritt und dessen Quartal Berdy-Kujabek wässert, Nun tritt er in den Amin-Bezirk Kuduklyk, und zwar in dessen Quartal Tübä-Kurgan ein, geht in den Amin-Bezirk Ssar-Masar hinüber zu dessen Quartal Kutur-Kiptschak, in welchem diese Ab- zweigung wiederum in den Kanal Kitschik-Ssaj hinein sich ergiesst. Dieses Letztgenannten zweiter Arm tritt in den Amin-Bezirk Galtschä-Kischlak, fliesst durch dessen Quartal Dauran-Beg in den Amin-Bezirk Gasy-Iagalyk-Balä, in dem Quartale desselben Karnajtschi, bildet darauf die Gränze zwischen den Quartalen desselben Amin-Bezirkes Iläk-Bäf und Mir-Tagir, wendet sich nun zum Amin-Bezirk Gasy-Iagalik-Pojan, durchfliesst die Quartale Pangoly, Mulla- Muhamed-Scharif und Usta-Basar. Nun begiebt er sich in den Amin-Bezirk Kuduklyk, aus dessen Quartale Boba-Ushabaj hinaustretend er die Stadt verlässt. Der dritte Arm des Kitschik-Ssaj tritt in das Quartal Gasy-Iasylyk des Amin-Bezirks gleichen Namens, und fliesst im Quartal Usta-Basar des Amin-Bezirks Gasy-Jagalyk-Pojan die Stadtmauer entlang, vorzugsweise der Bewässerung der hier mit Dshugara, Weizen, Melonen, Arbusen und Luzerne, so wie Gemüse aller Art besäeten Landstükke dienend. 5) Der Kanal, Kattä-Ssaj theilt bis zur Stadt dasselbe Bette mit dem Gandshirowan, und theilt sich von diesem erst nach dessen Eintritt in die Stadt, in das Quartal Beg-Buta-Beg des Amin-Bezirks Taglyk, ab, und tritt in das Quartal Gur-Kon des Amin-Bezirks Naubagar. Nun geht er in die Quar- tale Mulla-Bitschora und Aliki-Dshigan, des Amin-Bezirks Urgantschi. Aus diesem fliesst er in den Amin-Bezirk Ssar-Masar und tritt durch dessen Quartal Büsruk-Chodsha zur Stadt hinaus. Die Menge der übrigen Quartale der Stadt Kokan bedient sich des Wassers der schon genannten Kanäle vermittelst der Kanälchen die aus ihnen beiderseits abgeleitet werden. Tritt Mangel an Wasser in der Stadt ein, so hängt das von unregelmässigem Zulassen desselben Mémoires de l’Acad. Imp. des scionces, УПше Série. III XVIII А. у. MIDDENDORFF. КЕВСНАМА. zu den Hauptkanälen ab. Zu Zeiten des Khudojar-Khan wurde еше regelmässige Reihenfolge der Art be- obachtet, dass je 8 Tage lang für die Dörfer, und darauf eben so lange für die Stadt Kokan der Zufluss zu den Kanälen geöffnet wurde. In der Zwischenzeit begnügten sich die Einwohner Kokan’s mit der ganz ungenügenden Wassermenge welche die Quellen boten, und mit dem in zahlreichen Teichen (Khaus) aufgespeicherten Wasservorrathe. Im Jahre 1876 wurde diese Weise der Wasservertheilung noch aufrecht erhalten und die Bevölkerung war dadurch befriedigt. IF, Kreis Margelan. Das Netzwerk von Zuleitungen welches den Kreis Margelan wässert, scheint aus drei Fluss- systemen und ausserdem noch aus Quellen sein Wasser zu beziehen, da mir von einem Kara-ssu (Quell- gewässer) erzählt wurde welcher Alt-Margelan zu gut kommen soll. Die drei Flüsse sind: der Schachi-Mardan, der Isfairam und der Naukat welche alle eine mehr oder weniger nordwestliche Richtung einschlagen. Nur die beiden erstgenannten habe ich besucht. Beginnen wir im Westen. A. Der Schachi-Mardan theilt sich bei seinem Austritte aus dem Gebirge, unterhalb Woadilj in zwei Hauptarme. 1) Der eine, linke richtet sich nach NW und zerfällt in zwei Hauptäste von denen der westlichere über Tschimion!) nach Alt’-aryk fliesst, der östlichere zu den Dörfern Sylka, Fajsabat, Ak-Bura u. s. w. welche an der Poststrasse von Margelan nach Kokan liegen *). 2) Der zweite, unter dem Namen Woadilj-Ssaj rechtseits sich abzweigende verläuft anfangs nordöstlich und biegt vom Dorfe Auwal unter rechtem Winkel nach Neu-Margelan ab, und bei demselben vorbei über die Margelan-Kokan-Poststrasse hinüber in die Salzwüste hinein nach Durman und Kara-Dshida welche auf dem Kokan-Richtwege liegen, der von Margelan über Duwanä führt. Etwa 4 Werst südlich vom obgenannten Alt’-Aryk sah ich das Wasser hoch, die Vorkette entlang, aus dem Schachi-Mardan abgeleitet. Der hier so reichliche Fall war dazu benutzt worden um auf beiden Seiten der engen Schlucht je 4 Mühlsteine durch jähen Sturz zu treiben. Dadurch gewann man so viel an Wasserkraft dass bei der einen Mühle beispielsweise ein Trog von nur 1'/,’ Breite für den Abfluss genügte. Das Hauptgewässer theilte sich in 3 Aryk, von denen 2 sich wiederum in drei Abzwei- gungen spalteten, daher der Name Alty-Aryk. Eine dieser Abzweigungen welche zum Dorfe Tyr-Tyr°®) führte maass ich und fand sie 16’ breit in den Konglomerat der Kiessteppe hineingearbeitet, deren Ebene hier die Gegend beherrschte. B. Der Isfairam toste, als ich ihn besuchte bei Utsch-Kurgan als wildbrausender Gebirgsstrom zwischen Konglomeratbänken ins Thal hinab, in welche er sich sein Bette 3 bis 5 Klafter tief bineinge- rissen hatte. Das Wässerungs-Gebiet des Isfairam scheint sich in folgender Weise zu gestalten. Der Fluss selbst nimmt im Thale unterhalb Utsch-Kurgan den Namen Utsch-Kurgan-Ssaj an. Aus diesem theilt sich zuerst nach rechts ein Kanal ab, der Kuwa-Aryk *), der nach links den Arssif-Aryk zum Dorfe desselben Namens schikkt, und einen zweiten Kanal nach Mujar und Ssufan-Walik. Darnach sendet der Utsch-Kurgan-Ssaj ein paar Kanäle links zu den Dörfern Korpion, zu Logan, Mojan und zum grossen Dorfe Auwal, und nun erst, wiederum links einen Kanal den Jangi- 1) Dicht vor Woadilj hatte eine Abzweigung dessel- 2) Bei Sylka geht wiederum ein Kanal westlich ab, ben drei Faden tief in den Konglomerat hineingearbeitet | der Utenbaj-Aryk heisst. werden müssen. Im Grunde war das Bette einen Faden 3) Dicht bei Alt’-Aryk, näher zu Margelan. breit, 4) Er versorgt Walik, Talmasar und Krewa. WÄSSERUNGSZULEITER. XIX Ssaj!), nach Neu-Margelan, das mithin (vergl. oben) trefilich gelegen, sein Wasser sowohl aus dem Schachi-Mardan als aus dem Isfairam bezieht. Jedoch theilte mir der Miraba mit, dieser Jangi- Ssaj führe nur in den drei Sommermonaten Wasser und sei daher hauptsächlich nur für Trinken und Baden, nicht aber für Bewässern bestimmt. Weiter fliessend erreicht der Utschkurgan-Ssaj, wohleine Meile östlich von Margelan, Bisch- Alisch, wo er in eine Menge (an zehn) Abzweigungen zerfällt. Unter diesen ist wohl eine der mittleren, der Aryk Kara-tepe, als die Hauptfortsetzung des Utsch-Kurgan-Ssaj anzusehen, da er noch über das Kara-Tepe hinaus reicht, das an der Strasse von Margelan nach Scharichana liest. Um ihm seinen Fernlauf zu erhalten, und sein Hochwasser von westlichem, verwüstenden, Ablenken zurükkhalten zu können wurde ein Schleusendamm nahe von Margelan, zu meiner Zeit errichtet welcher grossen Nutzen gewähren wird. Als ich ihn besichtigte fand ich den Eingang zum Karatepe so verschottert, dass schon Leute aufgeboten wurden, um ihn zu eröffnen, denn es genügte nicht dass an 100 Arbeiter einen halben Tag lang einen usuellen Damm aus Dshugara-Stengeln und Geröllen aufgeworfen hatten um das Wasser des Utsch-Kurgan-Ssaj hinreichend in den Kara-Tepe Aryk zu lenken. Diesen Damm fand ich bei 50’ Länge, an 2,” hoch, bei 4’ Sohlenbreite und 2Y/,’ breiter Krone. Die östlichste Abzweigung bei Bisch-Alisch nannte man mir Khan-Aryk; die nebenan Khush- Aryk. Die eine dieser Abzweigungen hiess wiederum Jangi-Ssaj, und zwar war es die westlichste bei Bisch-Alisch sich abzweigende Wasserader. Sie scheint dem Aryk Kara-Tepe an Bedeutung wenig nachzugeben, da sie, die Landstrassen Margelan-Assake und Margelan-Scharichana (bei Warsak) schneidend, sogar Scha-Mursa-tepe erreicht, das an der Landstrasse Margelan-Namangan, im Norden von Margelan liegt. Aber auch dieser Aryk füllt sich nur bei Hochfluthen, während der drei Sommermonate, so dass die Anwohner über Wassermangel bei mir Klage führten. Das Bette dieses Jangi- Ssaj fand ich an 40’ breit (bei Bisch-Alisch am 16. März) und bis 10’ tief in senkrechte Steil-Ufer hinein- gerissen. Das Wasser fehlte um so mehr als der Durchbruch gegen Margelan hin, der Felder in Schotter- flächen verwandelt hatte, noch nicht ganz verstopft war. Die bei Bisch-Alisch auseinandertretenden Abzweigungen wechseln von 5 zu 5 Tagen mit dem Bezuge des Wassers?) und nichtsdestoweniger wird bei mittlerem Wasserstande der ganze Ssaj, dessen Bette ich an 60’ breit fand, so verbraucht, dass alle übrigen Kanalbetten vollkommen trokken gelegt werden, so lange man den einen speist. Der den ich maass war aber nur 17’ breit bei kaum 2 Fuss Wassertiefe. Wir berühren im Fluge noch die Bewässerung der neuen Hauptstadt Ferghanä’s, Neu-Margelan. Die früheren Zuleiter zu den Dörfern Ssuma und Tscharymgan auf deren expropriirten Ländereien diese Russenstadt ersteht, haben begreiflicher Weise verschiedentlich abgeändert werden müssen, Die Wasserzufuhr fand und findet hieher aus zwei Flusssystemen statt 1) aus dem Issfajram, dessen Wasser, von Utsch-Kurgan kommend, durch einen besonderen Zuleiter, Jangi-Ssaj nordwest- wärts geführt worden. Nach jedesmaliger Pause von 10 Tagen wurde dieses Wasser des Issfajram 8 Tage lang vervollständigt 2) aus dem Schachi-Mardan *) durch den von Woadilj nordöstlich, über das grosse Dorf Auwal und Ak-Tepe dem Jangi-Ssaj entgegengeführten Zuleiter, der, so schien mir, bald Woadilj- bald Margelan-Ssaj genannt wurde. Beide, nebst reichen Quellen, vereinigten sich 7 Werst vor dem jetzigen Neu-Margelan zum so- genannten Kara-ssu, der den grossen Fehler besass dass er nur die Grösse des kleineren (Jangi-Ssaj) der in ihn fallenden beiden Zuleiter besass, folglich bei Hochwassern Ueberschwemmungen unvermeidlich 1) Dem Ursprunge des Jangi-Ssaj gegenüber, zweigt | der Miraba mir unter den wasserberechtigten Dörfern sich rechts ein Kanal nach Pakan ab. 3) Auch Asret-Scha-Mardan genannt. 2) Auch dieNamen Arssip und Kalgatscha nannte Ir“ хх А. у. MIDDENDORFF. FERGHANA. erfolgen mussten. Dazu kommt noch dass der Woadilj-Ssaj bei Woadilj, also bei seinem Ursprunge aus dem Schachi-Mardan ein um 1/, Sashen tieferes Bette als dieser Fluss hatte, so dass also hier ein aus Holzwerk gezimmerter Damm mit 4 Durchlässen aufgestellt werden musste, der gewöhnlich nur 130 Kubkf. Wasser in der Secunde durchlässt, welche dem weiter unterhalb liegenden sartischen Mar- gelan, der Altstadt, unumgänglich sind. Bei Hochwasser geht nicht mehr als die dreifache Wassermenge diesen Weg. Der Ueberschuss konnte also nordwestlich auf Alty-Aryk gewiesen werden, wohin ein zu- verlässiger Aryk führte, dessen Ufer jedoch auch an verschiedenen Orten Kräftigung erhielten. Auch der Jangi-Ssaj erhielt an seinem Ursprunge einen Damm, um überschüssiges Wasser ab- zuhalten. ; Es ergab sich die Möglichkeit mit geringerer Wassermenge in der Stadt Neu-Margelan auszu- kommen, als früher die beiden oben genannten Dörfer verbraucht hatten, nämlich mit 11'/, Kubikfuss in der Secunde, welche die Stadt durchströmend, sie in zwei Hälften trennen, deren jede durch einen besonderen Aryk versorgt wird. Der Südhälfte wurde im Zukunfts-Projecte ein Ausdehnungsraum von 5°/, Quadrat- werst eingeräumt, wobei 590 Hofteiche, jeder 2 Sashen im Quadrate gross miteingerechnet waren. C) Der Naukat-Fluss endlich, (auch Kyrgys-Ata genannt?) der zwar Osch näher liegt als allen anderen Städten muss gleichfalls zum Margelan-Kreise gerechnet werden, denn er wendet sich, sobald er : ins Thal getreten, von Osch ab, das von ihm kein Wasser erhält. Er schlägt eine entschieden nach NW ja sogar WNW neigende Richtung ein, indem er unter dem Namen Arawan-Ssaj sich in den Schari- chan-Ssaj bei Kulä ergiesst, Von ihm zweigen sich nur nach links Kanäle ab: der Kaschgar-Aryk, Tabshik-Aryk, Kusch- tschi-Aryk, und noch mehre andere. In dieser Gegend, unfern vom Wege der aus Ming-Tepe nach Assake führt, ist eine ungewöhn- jich wasserreiche Quelle anzumerken, an welcher sich die Nomaden zum Winterlager sammeln. Der Ort wird Jak-Basch genannt. Somit hat uns die Betrachtung der Bewässerungen in eine Gegend geführt welche, weitab vom Gebirge gelegen, ganz entschieden an Wassermangel leidet. Dem abzuhelfen hatte schon Khudojar- Khan, der letzte Vorgänger der Russischen Besitznahme Ferghanä’s eine Zuleitung aus dem Ssyr selbst, begonnen, welche Arbeit jedoch durch die darauf folgenden Wirren unterbrochen wurde. Merk- würdig ist jedenfalls dass man, ohne von den unumgänglichen Voruntersuchungen auch nur eine Idee zu haben, es wagte aus der tiefsten Thalfurche auf eine so grosse Entfernung Wasser hinleiten zu wollen; denn es galt nichts mehr und nichts weniger als die salzige Sandwüste zwischen Kokan und Margelan, bis Duwana hinan zu wässern, vermittelst eines Kanales der unter dem Namen Ulugnar in Ferghanä sehr berufen ist 1). Wir wollen dieses Unternehmen nach den Akten näher in Augenschein nehmen, denn zuerst zu Anfang d. J. 1877 trug General Skobelev, und 6 Wochen später der an seine Stelle getretene General Abramov dem späteren Irrigator Ferghanä’s, Capt. Shilin die Begutachtung dieses Unternehmens und darauf das Nivellement der fraglichen Strekken auf. Schon im Jahre 1853 hatte der Befehlshaber von Margelan, Ustambaj, aus Fajsabad, dem auf der Margelan-Kokaner Poststrasse gelegenen Dorfe, das — wie wir oben gesehen haben — aus dem Schachi-Mardan sein Wasser erhält, einen Kanal bis Duwana-Rabat (auf dem Richtwege nach Kokan) geführt und dort 300 Familien angesiedelt. Drei Jahre darauf starb er, und da die Fajsabader selbst nicht genug Wasser erhielten, so sperrten sie dasselbe ab und die Ansiedler in Duwana (die offenbar wider Willen in diese Sandbüchse verwiesen worden waren) verliefen sich; ihre Häuser im Stiche lassend. 1) So hörte ich ihn aussprechen. Eine Lesart behaup- | Es ist eine türkische Bezeichnung. tet nachdrükklich dass es Ulug-Nachr heissen müsse. WÄSSERUNGSZULEITER. XXI Im Jahre 1868 befahl nun Khudojar-Khan den östlich durch Balyktschi und Scharichana begränzten, nördlich von Jasawan und Kara-Tepe belegenen wüsten Landstrich zu bewässern, und zwar der Art dass die weit westlich und südwestlich gelegenen Alyn-Bulak, Duwana-Rabat, und der Platz Schaj-Mardan (der nördlich von Karaul-Tepe liegt) kulturfähig würden. Die Absicht war, den Kanal in die Südhälfte der Salz- und Sand-Wüste zn führen und durch denselben eine Fläche von mehr als 600 Quadratwersten zu befruchten, denn wenn auch an 100 Quadratwerst jeglicher Urbarmachung unzugänglich sein dürften, so würde in der Wasserversorgung einer eben so grossen Fläche in den wasser- losen an Jasawan, Gandymnan, Kara-Ityk und bis Kara-Dshida sich erstrekkenden Flächen (W von Margelan) Ersatz zu finden sein; ungerechnet die zu Duwana gehörigen Felder. Zu diesem Behufe wurde im August desselben Jahres mit einer Unzahl aus ganz Ferghanä zu- sammengetriebener Arbeiter am Platze Teschke-Tasch beim Dorfe Mir-Awatä der Anfang gemacht. Es galt das Wasser aus dem Kara-Darja zu entnehmen, d. h. aus dem Ssyr selbst, oberhalb seiner Vereinigung mit dem Naryn. Die Tiefe wurde 10 bis 11’ genommen, die Breite am Wasserspiegel 45’, dieselbe am Boden 25’. Täglich arbeiteten etwa über 4000 Menschen, je zwei Monate lang, während dreier Jahre. Im ersten Jahre wurden an 30 Werst zurückgelegt, denn man langte bis Scharichana. Im zweiten Jahre wurden die Arbeiten in der Richtung auf Kurgan-Taschmet fortgeführt, das 2 Werst südwestlich von Kara-Tepe liegt. Die Arbeit blieb drei Werst vor diesem Dorfe, in etwa 25 Werst Abstand von Margelan, stehen. Es fehlten nur 3 Werst daran, um den Thaleinschnitt des Jasawan-Ssaj zu erreichen. Das in den Ulugnar hineingelassene Wasser erreichte den Platz Dshuga; es fehlten also noch 5 Werst um bis Taschmet zu reichen. Deshalb sah man sich nun gezwungen im dritten Jahre von Dshuga aus die Richtung zu verändern und den Kanal auf Kara-Tepe zu führen. Man ging eine Meile bei diesem Dorfe vorbei und kreuzte hier, beim Dorfe Butkatschej, den Jasawan-Ssaj. Man liess wieder Wasser in den Kanal, doch floss es nur 21/, Werst weiter als beim ersten Versuche, so dass man mit einer Gesammtlänge des Grabens von 55 Werst, 46 Werst Wasserlaufes erreicht hatte, indem das Wasser 21/, Werst vor Kara-Tepe stokkte. Ueber 4000 Menschen hatten fortgefahren täglich zu arbeiten. Unterdessen hatte aber das Wasser am Platze Dshuga das rechte Ufer des neugegrabenen Aryk an zwei Stellen unterwaschen, und strömte im Bette des Issauljin-Aryk nordwärts dem Ssyr zu, die Landstrasse Margelan-Namangan beim Platze Kujuk durchbrechend, da wo gegenwärtig die Brükke Kujuk-Kuprük hinüberführt. Man war nämlich mit dem Kanale auf einen nordwärts geneigten Abhang gekommen, der bei so lokkerem, salzhaltigen Erdreiche nachgab. Fruchtlos hatte man die lekkgewordene Strekke stopfen wollen, und versuchte deshalb die schlimme Stelle südwärts zu umgehen. Es wurde ein neuer aber kleinerer Kanal!) fünf Werst (oberhalb der schadhaften Stelle?) begonnen, und 2 Werst unterhalb in den zuerst gegrabenen Kanal hineingeleitet. Also eine Umgehungs-Schlinge. Obgleich das Projekt kaum zur Hälfte ausgeführt war, blieb die Arbeit hiebei stehen. Zwischen Teschke-Tasch und Kara-Tepe erhoben sich alsbald neue Ansiedlungen (Tschek), und zwar habe ich durch meinen Reisebegleiter H. Smirnov von den nachstehenden Nachricht erhalten *): 1)Awtobatschi mit 350 Höfen, 2) Kiäk-Bai mit 200 Höfen, 3) Machmud-Khan-Türi mit 5 Höfen, 4) Mulla-Issa-Ulje mit 15 Höfen, 5) Urman-Beg mit 50 Höfen, 6) Khan-Nasar-Parmonatschi 1) Allerdings an 14’ tief, aber nur 30’ breit am Was- | aus reisend, an 20 Werst vor Scharichanä erstehen serspiegel und 14’ am Boden. sah. Er glaubte es sei am Mussulman-Aryk gewesen, 2) Unter diesen mögen die an 30 Höfe sich befinden, | der sich im See Kuion-Kuprük verlieren soll. welche mein Reisegefährte Perrou, von Balyktschi XXII А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. mit 30 Höfen, 7) Nasreddin-Beg mit 200 Höfen, 8) Ssali-Machmud mit 200 Höfen und 9) Ssultan- Murad-Beg mit 80 Höfen. Von diesen waren Machmud-Khan und Ssultan-Murad-Beg wieder verlassen worden. Ersteres wegen untauglichen Salzbodens; letzteres wegen Wassermangel, denn die Dörfer Dulan, Ssaraj-Kischlak, Ak-Tepe und andere, welche früher vom Scharichan-Ssaj bewässert worden waren, bemächtigten sich in dem Maasse des Ulugnar-Wassers, dass sie 1878 schon 9 neue Aryk im Andidshan-, und 8 andere im Margelan-Kreise aus dem Ulugnar abgeleitet hatten. Bevor es Kara-Tepe erreichen konnte wurde es aufgebraucht und ein Theil der neuen Kara-Tepe-Felder, so wie auch derjenigen des Dorfes Ssultan-Murad-Beg musste eingehen. So viel Wasser irgend übrig blieb ging nun nach Jas-awan und zur Durchbruchs-Stelle, so dass die neuen Ansiedlungen deren An- zahl unterdessen auf 2 im Andidshan- und 12 im Margelan-Kreise angewachsen war, in grosse Noth geriethen. Im Sommer 1878 wurde für den Augenblikk diesen Eigenmächtigkeiten abgeholfen, nachdem es sich in der That erwiesen hatte dass es Eigenmächtigkeiten waren, dass den das Wasser vorweg Nehmenden jegliche Dokumente fehlten die sie dazu berechtigten und dass Khudojar-Khan den Kanal in der Absicht unternommen um die Salzwüste bis Duwana zu kultiviren und dem Ueberwehen derselben mit Sand zu wehren. Als solche eigenmächtige Nutzniesser werden nun ausser den oben nahmhaft gemachten neuen An- siedlungen noch 3 andere, nämlich 10) Abdulla-Kasim, 11) Gusodar und 12) Ichan Dshan-Türi, im Margelan-Kreise liegend, aufgezählt und überdies 11 andere im Andidshan-Kreise entstandene; nament- lich werden aber nur 10 aufgeführt: 1) Karakalpak, 2) Ssussessin-Khussen, 3) Don-Kaima, 4) Tadshik-Tschek-Awtobatschi, 5) Ssaraj, 6) Ak-Tepe, 7) Ssupiskan-Karakalpak, 8) Bustan-Ak-Tepe, 9) Ak-Tepe-Kalän, 10) Kaschgar-Kischlak. Die Einwohner des Dorfes Hassan-Hussen und der neuen Ansiedlung Karakalpak, des Andid- shan-Kreises, hatten überdiess, um mehr Wasser in ihre neugegrabenen Kanäle hineinzuleiten, schon in der ersten Hälfte des Ulugnar einen Damm vorgezogen und dadurch den Zufluss zu den Ansiedlungen des Margelan-Kreises bedeutend vermindert. In Betracht des diesjährigen hohen Wasserstandes kam nun für den Sommer 1878 ein Vergleich zu Stande der einstweilen Alles beim Alten beliess, mit Ausnahme besagten Dammes, der zur Hälfte erniedrigt wurde. Für 1879 wurde jedoch festgestellt, dass wenn die besagten Eigenmächtigen das Wasser auch künftig benutzen wollten, so verpflichteten sie sich zuvor den Ulugnar zu reinigen, sein Bett zu vertiefen, dasselbe höher aufwärts abzudämmen. Widrigenfalls sollten im Frühjahre 1879 alle die unberechtigt ab- gezweisten Kanäle an ihren Mündungsstellen zugeworfen werden. In Bezug auf den Erfolg der von der Fortsetzung des Ulugnar zu erwarten wäre, stimmt Capitän Shilin der Ansicht der Erfahrenen unter den Anwohnern bei, dass die Umgehungs-Schlinge des Ulugnar um das Doppelte zu erweitern und das Ende des Ulugnar zu vertiefen sei. Die Voraussage dass wenn das geschähe auch Duwana-Rabat erreicht werden könne, findet Capit. Shilin um so richtiger, als von Kara-Tepe an das Land sich sichtlich abwärts neige und Margelan nebst Umgebungen, von Kara-Tepe aus, gleichsam in einer Vertiefung liegend erscheine. Eine Fortsetzung des in 2 Hälften zu spaltenden Ulugnar bis zum Dorfe Ischtarchan scheint erspriesslich. Er schlägt daher als unumgängliche Vorarbeit ein Nivellement vor, das von der Umgehungs-Schlinge bis Duwana auszuführen sein. Diese Arbeit veranschlagt er auf 3 Wochen. Die kleinen Morastflächen welche der zu bewässernde Landstrich aufweise verheissen einen undurchlassenden Untergrund und in Betreff des Bodens erklären die Anwohner dass wenn er auch nicht zu den fruchtbarsten gehören dürfte, sie ihn dennoch anzukaufen bereit wären, wenn nur erst Wasser vorhanden sein würde. Spuren längst verlassener Kanäle und Felder in der Wüste werden auf Mangel an Wasser zurükkgeführt. WÄSSERUNGSZULEITER. ххш Am 22. Mai 1878 werden auf Befehl des General-Gouverneurs genaue Untersuchungen des Ulugnar und Veranschlagungen der Kosten für seine Fortsetzung wieder aufgenommen. Das genaue Zusammen- treffen dieses Befehles mit meinem mündlich in Taschkent abgestatteten Berichte erlaubt mir vorauszu- setzen dass dabei meine Mittheilungen nicht ohne Einfluss blieben. à Schon am 24. Mai wird ein Kosten-Anschlag für das Nivellement der 44 Werst, mit nur 149 Rub. beziffert, eingereicht, wobei 15, mehr als je zwei Klafter tiefe, Untersuchungsschachte mit eingerechnet sind. Fünf Tage darauf bricht der Herr Ingenieur auf. Offenbar auf einen Vorschlag der Eingeborenen antwortend berichtet derselbe dass der Aryk Jultschi zu klein sei und es deshalb nicht lohnen werde vermittelst einer Rinne aus ihm Wasser herbei- zuleiten. Allerdings; es galt ja Reis zu bauen. Die von H. Shilin angestellte genaue Untersuchung der Sachlage ergab für den Wasserlauf des Ulugnar bis zum Platze Dshuga eine mittlere Geschwindigkeit von nahe 2’ in der Sekunde, welche 270 Kubikfuss Wasser in der Sekunde vorwärts leitete. Der Fall betrug 1,00 während der Boden sich im Ganzen mit Y,., Fall gegen Norden neigte. Daher der Durchbruch. Es lag nämlich eine verdämmende Höhenlage vor: Das Bett des südlichen Armes vom Ulugnar wurde dort wo es den Aryk Kara-Tübä kreuzte um ganze 5 Sashen; das Bett des nördlichen Armes bei der Kara-Tübä-Brükke um 2 Sashen höher befunden, als der Platz Dshuga. Da mussten freilich beide Kanäle trokken bleiben. Das Grundwasser befand sich in weniger als 2 Sashen Tiefe unter der Erdoberfläche. Das gelinde hocheben gelegene Kara-Tübä muss also entweder durchschnitten, oder umgangen werden, durch Verbreitern und Vertiefen des hierher gerichteten Jangi-Ssaj, bei gleichzeitigem Ver- legen des Durchbruches im Isski-Scharichan-Ssaj, vermittelst einer 15 Sashen langen Verdämmung. Es werden auch zwei andere Durchbrüche bei den Plätzen Kajnau-Sigasy und Kajnau-Oshuga nahmhaft gemacht, welche vermacht werden mussten. Nachdem Capit. Shilin sich die Gegenden genauer angesehen aus denen der Ulugnar sein Wasser beziehen soll, gelangt er zu der Ueberzeugung dass es am thunlichsten wäre, eine grössere Wassermasse in den Scharichan-Ssaj zu leiten, und zwar an 700 Kubikfuss in der Sekunde mehr, als bisher, welche dann dem Ulugnar zu gut kommen könnten. Das liesse sich durch Verbreiterung desselben erreichen, da sein linkes Ufer an die Steppe stosse. Nur bei dem Dorfe Kulä und bei Assake ginge das nicht an, und werde man also gezwungen sein, sich dort auf Vertiefen des Bettes, bei gleichzeitiger Erhöhung der Uferwälle, beschränken zu müssen. Aus dem Scharichan-Ssaj liesse sich das Wasser anfangs vermittelst des Aryk Kara-Tübä, der bisher 75 Müblen-Einheiten stark war, fortleiten, doch müsste dieser auf eine Strekke von 22 Werst um das Neunfache erweitert werden, und zwar zwischen Assake und dem Jangi, das 3 Werst nördlich von Kokan-Kischlak entfernt liegt. Von Jangi an, aber müsste ein ganz neuer Aryk 14 Werst weit durch die Steppe geführt werden, bis Kara-Tübä. Der in besagter Weise verstärkte Ulugnar, der bisher bei seinem Eintritte in den Kreis Margelan 140 Kubikfuss geführt, und somit seiner Aufgabe 25 Dörfer vermittelst 16 Aryk !) zu speisen nicht genügen könne, würde dann die dazu nöthigen 365 Kubikfuss reichlich zugeführt erhalten. Damit nun aber der Scharichan-Ssaj besagte 700 Kbkf. mehr führen könne genüge die oben angedeutete Verbreiterung desselben, so wie auch Vertiefung zwischen Khodshawat und Karassu nicht. Der Fluss Kara-Darja, aus dem der Scharichan-Ssaj seinen Ursprung nimmt, verändert sein 1) An einem anderen Orte ist von 28 Aryk und 33 | Rede. 12 Aryk und 8 Dörfer blieben demnach für den Dörfern mit einem Bedarfe von 560 Kubikf. Wasser die | Andidshan-Kreis. XXIV А. у. MIDDENDORFF. FERGHANA. Bette recht oft. Er wich z. В. im Sommer 1878 nach rechts aus und verlegte seine Strömung etwa 2 Werst vom Platze Skarlikan, so dass im Margelan-Kreise dadurch der fühlbarste Wassermangel eintrat und deshalb ein 2 bis 3 Werste langer Nothdamm errichtet wurde, bis zum Platze Useh-Tübä, wo der Fluss wieder in ein beständiges Bett einlenkt. Durch obiges Ausweichen des Flusses wurde der Beginn des Scharichan-Ssaj (bei Kara-Tasch) in Mitleidenschaft gezogen, ohne jedoch durch den eingetretenen niedrigen Wasserstand die Interessen des Ssultan-Abat und des Andidshan-Ssaj zu schädigen. Nach H. Shilin müsste hier der Scharichan-Ssaj um 420 Sashen bis zum Platze Ssürlükakan verlängert werden. Es berechnet sich dass das Wasser des Scharichan-Ssaj nach solchen Umgestaltungen zu an dem Kreise Osch, zu '/, dem Kreise Andidshan, un zu fast °/, dem Kreise Margelan dienstbar würde. Schliesslich scheinen aber doch die Arbeiten auf Palliativmaassregeln beschräukt worden zu sein, da H. Shilin am 21. Januar 1879 seine Vorschläge zur Abstellung der Uebelstände folgenderweise zu- sammenfasst. 1) Es müssen zwei Wehre errichtet werden: die eine am Beginne des Ulugnar, bei dem Platze Tohus-Tunssar, die zweite an der Kreuzungsstelle des Ulugnar mit dem Scharichan-Ssaj. 2) Zwischen dem Hassan-Ussain-Damme, und der Brükke des von Mai-Gir nach Tasch- Pschen führenden Weges, muss eine Strekke von 235 Saschen um 2,’ vertieft werden. Das ist eine Arbeit welche den Bewohnern von Hassan-Ussain obliegt, da diese durch ihren Damm solche Ver- schlemmung verschuldet. Desgleichen müssen die Bewohner von Dun-Kajnun (des Andidshan-Kreises) in ihrem Bereiche den Kanal auch vertiefen !) da sie den Auswurf zu ihrem örtlichen Bedarfe verbraucht haben. 3) Muss das rechte Ufer des Kanales vom Platze Tohus-Tunssar an, 1!/, Werst weit um fast 5’ (bei 12’ Basis) erhöht werden. 4) Müssen beide Ufer des Kanales zwischen den Ansiedlungen Don-Kaima und der Brükke über den Aryk des unteren Awtobatschi, auf 3 Werst 450 Faden weit, um 2,’ erhöht werden. 5) Müssen beide Ufer vom eben bezeichneten Endpunkte an abwärts 560 Faden weit um 2!/,” erhöht werden. 6) Muss bei der Einsenkung am Dorfe Tschumbagusch der Kanal vertieft, zugleich aber auf Kosten seines linken Ufers um zwei Faden Breite erweitert werden; auf einer Strekke von 25 Faden. 7) Bei der Awtobatschi-Ansiedlung muss der Kanal auf 30 Faden Länge vertieft werden. 8) Von der Ganshirowan-Brükke aufwärts, bis zum Beginne des Ergusses muss der Kanal ver- tieft, zugleich auf Kosten seines linken Ufers um 12’ Breite erweitert werden; und zwar 6 Werst 240 Faden weit. 9) Abwärts der Sokowat-Brükke muss der Kanal vertieft, müssen beide Ufer um 2!/,’ erhöht werden. Die Ausführung der Arbeiten 3 bis 9 fällt allen Dörfern und Ansiedlungen zu welche das Wasser des Ulugnar benutzen und zwar im Verhältnisse von 5,, Mann des Andidshan-Kreises, zu 7 des Margelan-Kreises, und da im Ganzen 35 Tausend Tages-Arbeiten nöthig sein werden, so entspricht das etwa einer Geldsumme von 11'/, Tausend Rubeln. Wenn jeder Hof einen Arbeiter stellt, so dürften täglich 1235 Mann am Platze sein. 10) Was aber die Abtragung des Dammes anlangt den die Bewohner von Hassan-Ussain und Karakalpak errichtet, so muss diese Frage noch genauer erörtert werden. 1) Soll wohl heissen: durch Vertiefen die Ufer erhöhen. W ÄSSERUNGSZULEITER. XXV Besagte Bewohner haben, wegen Wassermangel in ihrem Aryk Ultschi, aus dem Ulugnar zwei Aryk zu 6 Mühlen geführt und um das erreichen zu können einen Damm der bis 10'/,’ hoch reicht aufgeworfen, da der Kanal hier in hohen Ufern fliesst. Dadurch ist das Wasser bis zu 2’ Abstand vom Rande emporgestaut, so dass die überströmende Wassermenge dem Bedarfe der unterhalb gelegenen Län- dereien nicht mehr genügt. Bei einer mittleren Geschwindigkeit von 1,,’in einer Secunde und einem Querprofile von 122,, Quadratfuss, werden nur 232 Kubikfuss Wasser erzielt, die bei Hochwasser nicht über 345 Kubf. anwachsen können, dagegen der Bedarf um die Hälfte grösser ist. Trägt man den Damm ab so ist dem Wassermangel abgeholfen, dann muss aber für Hassan. Ussain und Karakalpak ein neuer Kanal, dem Ulugnar parallel geführt werden auf 650 Klafter, mit einem Gefälle von O,,, Sashen auf die Werst. Dort wo sich dieser Kanal zweiter Ordnung abzweigt muss dann im Ulugnar ein Damm von 0,, Faden Höhe aufgeworfen werden, denn er fliesst hier in 1!/, Faden hohen Ufern. Auf diese Grundzüge hin erbat der Capitän Shilin sich die Erlaubniss die Arbeit beginnen zu dürfen, was auch von dem Gouverneur, General Abramov, bewilligt worden ist. Der Ш, Kreis Osch, bezieht seine Bewässerungen hauptsächlich aus dem Gebirgsflüsschen Ak-Bura, dessen Wasser innerhalb des Kreises Osch aufgezehrt wird. Ausserdem benutzen einige Dörfer, so z. B. Chodshawat, ausschliesslich das Wasser aus dem Khan-Aryk, während die Dörfer Dshilä-Kuduk, Ssufa und Kapa-Kischlak ausser dem Khan- Aryk noch durch Quellen gespeist werden, so dass sie Wasser zur Genüge haben. Die Dörfer Najman, Bastan, Utsch-tübä, Bulak-Baschi und Mady werden einzig und allein durch Quellen be- wässert. Im Allgemeinen lässt sich sagen dass Wasser zur Genüge vorhanden ist. Nur etwa zu Ende des Frühlings, wenn das Thauen des Schnees im Gebirge auf sich warten lässt, die Hitze aber in den Dörfern des Unterlaufes des Ak-Bura schon gross ist, beklagen sich dieselben über Mangel an Wasser, weil dann die Stadt Osch alles zufliessende Wasser verbraucht, auf Grundlage eines Vorrechtes das sie sich von den Khanen hat dokumentiren lassen. Die Bewässerungen des IV. Kreis Namangan. gehören zu fünf Gebieten, welche unabhängiger als es in Ferghanä die Regel ist, da stehen. Sie wer- den gespeist durch die drei Flusssysteme 1) Kassan, 2) Potsch-ata, 3) Kara-ssu, und durch zwei aus dem Naryn (also Ssyr) selbst abgeleitete Kanäle: 4) Jangi-Aryk und 5) Khan-Aryk. (Vergl. das Kärtchen auf Taf. VIII.) Da diese letzteren an Wasser Ueberfluss haben so dienen sie vorzugsweise dem Reisbaue, im Ge- gensatze zu den übrigen, deren Quellen keine Glätscher zu Gebote zu stehen scheinen !). 1) Vergl. die Tabelle. Mémoires de l'Acad. Imp. des scionces, VIIme Serie, IV XXVI А. у. MIDDENDORFF. FERGHANA. 1. Das Kassan-Gebiet. Es ist neuerdings dem Tschust Kreise zugetheilt worden, dem bisher nur der Oberlauf dieses Flusses angehörte. Die unzureichende Wassermenge hat die Einwohner gezwungen zwei 12tägige Wechselnutzungen einzuführen: a) die obere oder Kassan-Gruppe '), und b) die untere oder Türä-Kurgan-Gruppe, beide nach den Haupt-Ortschaften so genannt, welche sie versorgen. Indessen erhält das Dorf Kukumbaj durch den Aryk desselben Namens, obgleich zur Kassan- Gruppe gehörig, während der 12 Tage dass das Wasser der Türä-Kurgan-Gruppe zufliesst, 9 Tage lang Wasser zum Hausbedarf. | Der Kassan Fluss dessen Wassermenge noch nicht genauer bestimmt worden, führt zu wenig Wasser um dem Bedarfe zu genügen. Obgleich er vermittelst 7 Hauptkanälen nach Schätzung der Alt- eingesesenen eine Wassermasse von 44'/, Mühlen führt, welche 25 Dörfer versorgt und von 18 Mirab beaufsichtigt wird, so erhalten doch einige Zuleiter während der ihnen zugetheilten 12tägigen Frist zu wenig Wasser, so dass man diese 12tägige Frist in drei 4tägige hat spalten müssen. Im Ganzen entnimmt der Kreis Namangan durch die Kassan-Gruppe dem Kassanflusse 7 Aryk, 18'/, Mühlen stark, 12 Dörfer versorgend und von 9 Mirab verwaltet. Die aus dem Kassan-ssu (Flusse) in den Namangan-Kreis abgeleiteten Aryk sind von anschnlicher Grösse und werden in ihrer ganzen Erstrekkung, von der Stadt Kassan bis zum Dorfe Akssy, das am Ssyr liegt vom Mirab-Baschi, unter Beihilfe von 27 gewählten Mirab, verwaltet. Am Beginne aller Haupt-Aryk werden kleine Dämme errichtet, welche das Wasser jährlich 2 bis 3 Mal fortreisst. Der Fluss Kassan?) selbst fliesst aber in Ufern welche ‘еше Ueberschwemmung unmög- lich machen. 2. Das Gebiet der Potsch-ata. erhält seinen Zufluss hauptsächlich aus dem Hochgebirge, und den Naukand-Quellen (7 Mühlen stark) welche um den Mittellauf dieses Flusses gelegen sind. Es bewässert die Wolostj 1) Bagysch, 2) Мапа), 3) Jangi-Kurgan, 4) Pischkaran, 5) Isskobat, 6) und den nördlichen Theil Namangan’s, und ist in 3 Reihenfolgen eingetheilt. Die 1-te umfasst das ganze Hochland bis zu den Ländereien des Dorfes Paraman vermittelst 10 Aryk, welche 17 Mühlen stark 6 Dörfer versorgen, unter Aufsicht von 7 Mirab. Die 2-te wird durch einen unmittelbar aus dem Flusse abgeleiteten Aryk versorgt, 41/, Mühlen stark, der 2 Dörfer wässert, unter 3 Mirab stehend. Ferner gehören hierher der Pischkaran-Ssaj mit 8 Aryk, 9 Mühlen stark 4 Dörfer versorgend und durch 5 Mirab ver- waltet; und der Iskobat-Ssaj mit 10 Aryk, 15 Mühlen stark, 6 Dörfer versorgend, unter Aufsicht von 8 Mirab. Die 3-te Reihenfolge, die unterste, gehört dem Baj-Aryk, der 31 Aryk abzweigt, 25'/, Mühlen tark, 5 Dörfer und die nördliche Hälfte der Stadt Namangan, bis zum Jangi-Aryk versorgend. Hier genügen 2 Mirab. 1) Hier vermisse ich die Angabe des Gebirgsflusses | gezählt, welche !/, Mühle stark Ländereien der Kip- «Achman», den ich an anderer Stelle genannt fand. tschak und einen Theil des Dorfes Gyrwan versieht. 2) Zu dieser Gruppe wird die Quelle Ganda-Bulak W ÄSSERUNGSZULEITER. XXVII Dieser Reihenfolge wird auch der Kara-ssu der Naukand-Schlucht zugezählt, 7 Mühlen stark, 3 Dörfer versorgend, welche 1 gemeinsamen Mirab haben. In dieser Art wird der Fluss Potsch-ata beim Dorfe Paraman so vollkommen auseinandergespal- ten, dass bei Niederwasser der Unterlauf dieses Flusses, der den Namen Tschartak-Ssaj führt, vollkommen trokken gelegt wird. Eben so der Unterlauf des Baj-Aryk bei der Stadt Namangan. Bei Hochwasser aber dringen aus der Potsch-ata — ungeachtet dessen dass sie schon die Haupt- menge ihres Wassers in den Tschartak-Ssaj und Pischkaran-Ssaj abgegeben — in den Isskobat- Ssaj noch 30 Mühlen, und in den Baj-Aryk 50 Mühlen Wasser. Starke Regengüsse (Ssilä) im Gebirge führen dem Iskobat auch aus der Schlucht Kaldijan Wasser zu. Dann gibt er seinen Ueberfluss dem Baj-Aryk ab, und zwar vermittelst zweier Betten: !/, beim Dorfe Jangi-Kurgan, die Thalschlucht!) der Naukand-Quellen hinab, und 3/, beim Dorfe Kara- Palwan. Zu diesen tritt noch in den Baj-Aryk das Regenwasser hinzu, das von den Hochebenen ver- mittelst der Einrisse Gaistan, Kysyl-Kijak, Türä-Ssaj, Chalamak, so wie bei den Dörfern Raut und Tajkambaj hinabströmt. Durch solchen Zufluss steigt das Wasser im Baj-Aryk um 3 Arschin höher, und tritt in der Stadt Namangan dort aus seinen Ufern, wo der Baj-Aryk auf den Jangi-Aryk stösst, denn wohl eine Werst aufwärts von dieser Stelle hat er selbst stellenweise nur 2 Arschin sich erhebende Ufer. Nach Durchkreuzung des Jangi ist das Bette des Baj innerhalb der Stadt Namangan tief in das rechte, hohe Ufer des Ssyr eingesenkt. Nachdem der Baj die Stadt verlassen ergiesst sich das Wasser des Baj in den Morast-See Aldynkul. Im Winter wird aus dem Baj-Aryk Wasser, vermittelst des Kurgan-Aryk den Feldern des Dorfes Ganshirowan zugeleitet, das zur I. Kassan-Gruppe gehört. Das geschieht behufs Durchfeuchtung des Bodens, denn dieses Dorf erhält zur Vegetazionszeit viel zu wenig Wasser, obgleich es so glükklich gelegen ist dass es von zwei Systemen, aus verschiedenen Thälern her sein Wasser bekommen könnte?). Das Wasser des Potsch-ata-Gebietes ist einem Mirab-Baschi unterstellt, der über 26 Mirab die Oberaufsicht führt. 3. Das Gebiet Kara-ssu. wird von Quellen gewässert welche den Tschartak-Ssaj (so wird der Mittellauf der Potsch-ata ge- nannt) umgeben. Mitunter fliesst auch Wasser aus dem Pischkaran-Ssaj herbei, der bei bedeutendem Hochwasser bis zu 30 Mühlen gross anschwillt. So mächtig wird er jedoch nur bis zum Dorfe Paraman, denn weiter abwärts schwinden seine Dimensionen auf die Hälfte zusammen. Die Quellen Bisch-Tal, Ssultan-Awatsch (Balyklyk-Majar), Präd-Bulak und Ssa-Ssaj. Bulak, aus denen 9 Aryk ihren Ursprung nehmen, wässern mit der Stärke von 7 Mühlen die Saaten der Dörfer Pischkaran und Kalisch, welche unter einander eine 7-tägige Reihenfolge eingeführt haben. Erst das von diesen Feldern abfliessende Wasser nimmt deu Namen Kara-ssu an, zu dem, zwischen den Dörfern Bigowat und Alichan noch 3 Quellen stossen, nachdem sie, zu 3 Zuleitern zusammenfliessend, 2!/, Mühlen stark, die Felder der ebengenannten Dörfer gewässert. 1) Welche beim Dorfe Isskobat beginnt. nach je 18 Tagen Wasser erhalten. Tschartak, Na- 2) Nach einer anderen offiziellen Mittheilung fehlt es | gora-Khana, Bisch-Kepe, Jasch-Ketschu, Be- 31 Dörfern, mit angenähert 2500 Höfen, welche südlich | gowat werden als Dörfer genannt in denen je 5 bis 8 von Türä-Kurgan liegen so sehr an Wasser dass sie, | Wirthschaften zu wenig Wasser erhalten um alles Land mit 12 höher oben gelegenen Dörfern wechselnd, nur | zu wässern das sie bebauen. DV XXVIIT A. у. MIDDENDORFF. FERGHANA. Unterhalb Pischkaran ergiesst sich der Kara-ssu in den Tschartak-Ssaj der eine Menge Quellen aufnimmt. Unter diesen ist der unterhalb des Dorfes Schurkanda hervorsprudelnde Kasan- Bulak, М, Mühle stark Pischkaran wässernd, zu nennen. Die übrigen sind noch unbedeutender, fliessen aber doch zu einer Wassermenge zusammen welche 8 Aryk, 5'/, Mühlen stark speist, und somit die Dör- fer Schurkand, Chawasan, Okschuwan und andere niedriger belegene wässert. Die Abflusswasser dieser Bewässerungen, verstärkt durch eine Unzahl kleiner Quellzuflüsse versorgen 14 Aryk, welche, 18 Mühlen stark 8 Dörfer wässern deren Ländereien sich bis zu denen des Dorfes Tschartak erstrekken. Diese letzteren besitzen ihre eigenen 11 Quellen, 31, Mühlen stark. Die Menge Wasser welche die Quellen geben ist unbeständig und hängt vom Wasserstande in der Potsch-ata ab, so dass bisweilen die an Tschartak gränzenden Dörfer Mangel an Wasser erleiden, und dann eine 3 bis (je nach Bedarf) 4-tägige Reihenfolge in Kraft gesetzt wird. Im Ganzen geben die Quellen des Kara-ssu 36, Mühlen Wasser, welche sich auf 46 Aryk ver- theilen, die von einem besonderen Mirab-Baschi verwaltet werden; unter Beihilfe von 4 Mirab, welche von den Zugehörigen der Wolostj Pischkaran und Tschartak gewählt werden. Im ganzen Bezirke des Kara-ssu gibt es nur 3 unbedeutende Dämme in den Aryk: Karaskan, Mutschum und Ajchran!). 4. Das Gebiet Jangy-Aryk. Zu Anfange dieses Jahrhunderts (1803)*) eröffnete Rasskul-Beg den Jangi-Aryk indem er das Wasser aus dem Naryn-Flusse zu den Ortschaften: 1) Tschagarachan; 2) Kys-Rabat; 3) Ujtschi, 4) Tschartak, 5) Mutagan, 6) Bass-tübä-Tschartaka-kim, 7) Masgura, 8) Tübä-Schagr- Namanganda, leitete, welche der gegenwärtigen Stadt Namangan, nebst den Wolostj Ujtschi, Tschar. tak und Chanabat entsprachen, Eine Reihenfolge wird nicht beobachtet, da auch im Sommer genug Wasser im Jangi vorhanden. Höchstens kommen Dörfer die unterhalb Khanowat liegen bisweilen auf ein paar Tage an Wasser zu kurz Vom Ursprunge des Jangi bis dahin wo er in die Ländereien der Stadt Namangan eintritt, zweigen sich aus ihm 55 Aryk ab, 47 Mühlen mächtig, 16 Dörfer und 36 Winterlager der Kiptschak versorgend. Die Leichtigkeit mit welcher sich der Jangi anzapfen lässt, gab den Anwohnenden die Möglichkeit ihre kleineren Zuleiter aus ihm direkt auf ihre Felder zu leiten, weshalb es auch auf der ganzen Steppe, von Anfang an bis zum Dorfe Khanabit, keine Mirab gibt. Derselbe Mirab-Baschi leitet die Vertheilung des Wassers, welcher auch die Dörfer die unterhalb Khanowat gelegen sind, versieht, dort stehen ihm jedoch 9 Mirab zu Gebote. In die Sartenstadt Namangan sind 15 Aryk hineingeleitet, 81/, Mühlen stark; in die Russenstadt Namangan 6 Aryk, 4!/, Mühlen stark, in die Khanowat-Wolostj zu 12 Dörfern 20 Aryk 16°/, Mühlen stark; — so dass also im Ganzen aus dem Jangi sich abzweigen 96 Aryk, 76 Mühlen stark, welche beiderlei Namangan, nebst 28 Dörfern und 39 Winterlagern versorgen. Ueberdies wurde vor 8 Jahren der Aryk Mutagan aus dem Jangi abgeleitet, für die Dörfer Sar- kent, Gyrwan, und andere abwärts gelegene. Seitdem wurde die Rinne welche zu obigem Behufe über- 1) Der Quellen gibt es eine so grosse Unzahl dass ich | aufgestossen sind. in den beigegebenen Tabellen trotz ihrer Reichhaltigkeit, 2) 1811 unter Omar-Khan nach Nalivkin, Турк. doch noch die Benennungen: Ak-Bulak, Baba-Ata, Ssul- | ВЪд. 1880, № 24, р. 94. tan Waiss, Til-Kara-Ain vermisse die mir anderweitig W ÄSSERUNGSZULEITER. XXIX den Baj-Aryk gelegt war beim Stürmen Namangans verbrannt, so dass das Wasser nicht mehr, wie früher bis zum Dorfe Sarkent reicht. Die Bedeutung des Aryk Mutagan ist gross, da die Dörfer Sarkent und Girwan, die sonst Mangel gelitten, aus ihm befriedigt werden, und er überdiess verlängert werden könnte zum Dorfe Türä-Kurgan; Ja, bei Erweiterung desselben liesse sich das anliegende Kassan-Gebiet durch ihn speisen. Indessen bietet er die Gefahr, dass er, weil die Stadt Namangan am Fusse der Höhen umkreisend, an den Stellen wo er über Tbaleinsenkungen fortgeführt ist, seine Wände bei heftigen Güssen durchbrechen und Ueberschwem- mungen verursachen dürfte. Solches ist um so mehr zu befürchten als seine Uferwände aus einem mit Ge- röllen durchkneteten sandigen Lehm bestehen. Die Ufer des Jangi, eines der wasserreichsten Kanäle, sind auf der Strekke vom Ursprunge dieses Kanales bis Tschartak-Ssaj nie durchbrochen worden, obgleich 12 Werst oberhalb der Einmündung des Tschartak-Ssaj, beim Dorfe Karatiken, nach Regengüssen Bergwasser durch die Schlucht Ssa- syk-Ssaj, sich in ihn ergiessen. Dort wo der Jangi vom Tschartak-Ssaj gekreuzt wird, ist quer über diesen Letzteren ein Damm von 24 Sashen Länge und 4, Sashen Höhe errichtet worden. Diesen Damm durchbricht das Hochwasser regelmässig, da durch den Tschartak-Ssaj, theils aus dem Potsch-Ata-Flusse, theils aus zahlreichen Bergschluchten und Quellen, bis 200 Mühlen Wasser noch zu den vom Jangi selbst geführten 50 Mühlen hinzuströmen. Ohne jedoch den Kulturländereien Schaden zu bringen, verlieren sich diese Wassermassen in den Morästen Jar-Kurgan; so dass der Jangi einen Wasserzuwachs von nur etwa 20 Mühlen erhält, Doch auch dieses Wasser könnte vom Jangi leicht abgehalten werden, durch Errichtung eines Dammes. Es wäre das in der That nicht zu unterlassen, da der Jangi zwischen dem Tschartak-Ssaj und dem Baj-Aryk, auf einer Strekke von 10 Werst, ohnehin schon alles Wasser der Hochebenen von Namangan aufnimmt und dadurch beträchtlich schwillt; was gerade hier Gefahr bringt. In der Stadt Namangan selbst schneidet der Jangi den Baj-Aryk ab, dessen Bette tiefer liegt als das des Jangi, so dass hier ein Damm, der vollen Breite des Baj-Aryk vorliegend, zugleich das linke Ufer des Jangi darstellt. Bei Hochwasser in beiden Zuflüssen vermag nun diese schwache Stelle dem Andringen der Fluthen nicht zu widerstehen. Vorzugsweise die Ufergegenden des wie gesagt tiefer liegenden Baj-Aryk werden auf 2'/, Werst weit überschwemmt. Doch liegen hier wüste Niede- rungen. Abwärts von besagtem Damme fliesst der Jangi zwar in künstlich aufgeworfenen klafterhohen Ufern, doch sind dieselben so fest dass trotz der argen Ueberschwemmungen in letzter Zeit, noch kein Beispiel eines Durchbruches vorgekommen ist; mit Ausnahme unbedeutender Beschädigungen des rechten Ufers, dort wo dasselbe durch Niederungen führt und wo die Eingeborenen Stege eintreten, da ihre Felder aller- dings durch Schöpfräder (Tschigir) gewässert werden, das Wasser für den Hausbedarf aber von ihnen ‚unmittelbar aus dem Jangi entnommen wird. Herr Shilin fand an 3 solchen Stellen das rechte Ufer durchwaschen: 1) in West der Russenstadt. Unbedeutend und unschädlich; 2) beim Dorfe Sarkent, dort wo das Wasser der Schlucht Ganda-Bulak vom Dorfe Kukumbaj herabfliesst. Diese Durchbruchsstelle ist gefährlicher, da sie die Dörfer Gyrwan und Sarkent bedroht, welche tief liegen. 3) Gleichfalls ein nicht geringer Durchbruch, welcher von Türä-Kurgan her, beim Dorfe Schaki den Jangi trifft, indessen unschädlich gewesen ist. Die Zerstörung der Staats-Ziegeleien in Namangan am linken Ufer des Jangi war durch einen auf- gegebenen alten Mühlgraben veranlasst worden, in den sich das Wasser des Jangi gestürzt. ххх А. у. MIDDENDORFF. КЕВСНАМА. 5. Das Gebiet des Khan-Aryk. besteht aus 6 Hauptzuleitern, welche dem Naryn ihr Wasser verdanken, 831/, Mühlen stark 23 Dörfer wässern, und nichtsdestoweniger weder von Mirab-Baschi noch von Mirab beaufsichtigt werden. Deren Amt führen die Akssakal (Graubärte; d. h. Dorf-Aeltesten). In der That ist die Aufsicht dadurch erleich- tert dass es, wegen des Wasserüberflusses keine Reihenfolgen zu beobachten gibt. Der Ssorbak, den der Naryn unterhalb des Khan-Aryk abzweigt, soll nur geringe Bedeutung haben. Im Ganzen brauchen nun: die Stadt Namangan nebst 129 Dörfern und 39 Winterlagern der No- maden gegen 337 Mühlenstärken Wasser; davon bleibt aber ein Theil aus, so dass nur etwa 276 zur Nutzung gelangen, während die ersten beiden Gebiete an etwa 61 Mühlenstärken Wasser zu kurz kommen. Dem Kassan-Gebiete liesse sich dadurch helfen dass man den Aryk Mutanga verlängerte und auf diese Weise Wasser aus dem Jangi dahin leitete. Ueberdiess hat der Kreishauptmann vorgeschlagen durch solche Verlängerung des Mutanga den Ueberschuss der Hochfluthen welche Namangan bedrohen in unschädlicher Weise fortzuleiten. Der Irrigator, Herr Shilin hält seine Meinung aufrecht die durch die Schluchten abwärts strömen- den Regenwasser schon in höherer Lage abzufangen, bevor sie, die Niederung erreichend sich weit und breit ergiessen. Solche Ableitungen schlägt er vor dort einzurichten wo er die schwachen Stellen gefun- den, und schätzt die Länge der zu grabenden Aryk auf höchstens 1'/, Werst. Dem Gebiete Potsch-Ata lässt sich aber kein grösserer Wasser-Reichthum zuführen, obgleich gerade hier das Bedürfniss viel grösser ist, da seine Wassermenge nur "/, des vollen Bedarfes entspricht. Sogar die Möglichkeit der Hinzuführung von Wasser aus dem Jangi-Aryk zugegeben, so wird sich doch der Kostenaufwand nicht bezahlt machen, weil das untere Thalende des Potsch-Ata-Gebietes, also des Baj-Aryk nur einen schmalen Saum bildet, der zum O-W gerichteten Jangi in senkrechter d. i. N-S ge- stellter Richtung gestellt ist. Ob sich dem, nicht gerade Noth leidenden Gebiete Kara-ssu wird Wasser zuleiten lassen muss eine genauere Untersuchung eines alten aufgegebenen Aryk lehren, der bei Utsch-Kurgan aus dem Naryn seinen Ursprung genommen. Es heisst im Volke dass er von den Zeiten der Kalmyken-Herrschaft stamme. Das Jangi so wie das Khan-Aryk-Gebiet sind reich genug an Wasser. Insgesammt | Anzahl der entsprechend aan Aryk. an Mühlstär- Dörfer. ken. Anzahl der Mirab-Baschi. Mirab. nn 1 I. Kassan { о. MU ter Ai 623, (1. Reihenf. 10 17 II Potsch Alta 2 > ..|3 (davon 2 552) ) 29 12 1 (Ssaj) 251/, BE ; Quellen 7 3 nebst Theil d. » 12 Aryk StadtNamangan 3 Ssaj 781), 26 u.Namangan Quellen Ш. Kara-Ssu (aus Quellen) ... 361/, 15 (28, Stadt Na- IV. Jangi-Aryk 76 mangan u. 5) [ Winterlager V.Khan-Aryk..... а. 831/, 23 WÄSSERUNGSZULEITER. XXI An die Frage hinantretend wie man die Mirab-Baschi gleichmässiger vertheilen könnte, setzen wir nachstehende tabellarische Uebersicht den Betrachtungen zu Grunde. Die Verwaltungsbezirke der Mirab-Baschi in den Gebieten Kassan und Potsch-Ata können un- verändert bleiben. Am Jangi häufen sich die Arbeiten vorzugsweise 1) am Ursprunge desselben, 2) 15 Werst abwärts an der Kreuzungsstelle mit dem Tschartak-Ssaj, und 3) wieder 10 Werst abwärts am Einflusse des Baj-Aryk und noch 5 Werst weiter, abwärts, gegenüber der Schlucht Ganda-Bulak. Da, sobald Re- genfluthen eintreten es an allen diesen Stellen gleichzeitig Arbeit gibt so kann ein einziger Mirab-Baschi dem Jangi-Gebiete nicht genügen. Es müssen zwei daselbst angestellt werden: der Eine für die obere, der Andere für die untere Hälfte dieses Aryk. Der Mirab-Baschi des Karassu-Gebietes ist zu entlassen, und haben seine Obliegenheiten an den- jenigen überzugehen der am Jangi die Tschartak-Mündung beaufsichtigen wird. Das um so mehr als nur 10 Werst aufwärts vom Tschartak-Damme überhaupt Aufsicht nöthig ist. Auch die aus dem Naryn unmittelbar hervorgehenden Zuleiter: Karasskan, Kum-Aryk, Sar- bach verfallen dann demselben Mirab-Baschi. Dem zweiten Mirab-Baschi des Jangi fielen dann die Aryk: Nasar-Uldy, Khan-Aryk, (Kum- Kurgan) und Dshida-Kopa zu, welche bisher kein Oberhaupt hatten. Bis zum Tschartak-Ssaj fanden im Jangi bisher selbst bei Hochwasser keine Ueberfluthungen statt; unterhalb desselben steigt das Wasser aber bedeutend, indem überdiess die Regenwasser der Hoch- ebenen die nordwärts anliegen, hinzutreten. Da, wie gesagt, der Tschartak-Ssaj bei Hochwasser zu den 50 Mühlenstärken des Jangi noch 200 hinzuführt, so muss dieser Zustrom in das Abflussbette des Tschartak-Ssaj abgelassen werden. Somit würde der weitere Verlauf des Jangi-Ssaj vom Zustrom des Wassers von aufwärts her entlastet werden, und könnte der Aufnahme der östlichen Regenwasser dienen. Dieser Aufgabe würde genügt durch Vervollständigung des an der Mündung des Tschartak-Ssaj befindlichen Dammes, und durch Errichtung auf dem rechten Ufer dieses Ssaj, dort wo er vom Jangi gekreuzt wird, einer 10 Sashen langen Wehr, um den Strom des Tschartak-Ssaj der hier dem Jangi parallel fliesst, von dem Anprallen besser abzulenken. H. Shilin schlägt Pfosten-Dämme, mit Balkenfächern vor: im Ganzen die Arbeit auf 2161 ВЫ: Alles in Allem veranschlagend. Weiter abwärts bis zum Baj-Aryk braucht der Jangi-Aryk keiner Vervollständigungen. Hier an der Kreuzungsstelle bedarf er aber wieder eines Dammes, und kommt es besonders auf die richtige Wahl der Stellen an welchen er zu errichten ist. : Der füglichste Platz für einen Damm wäre 3 — 4 Sashen unterhalb des bestehenden, weil hier die Rammpfosten in den naturwüchsigen Boden des Baj-Aryk eingetrieben werden, dagegen an der alten Stelle sie im angeschwemmten Boden des Jangi hineingestossen würden. Die Betten Jangi und Baj, so wie ihre Ufer liegen auf ganz gleicher Höhe. Da nur die Ufer des Baj innerhalb der Stadt bei Hochwasser unterwaschen werden, so müssen sie hier auf 10 Sashen Länge mit Rasen belegt und an niedrigeren Stellen erhöht werden, bis zu 2 Sashen Breite bei '/, Sashen Höhe d. 1. um so viel als ihre Höhe weniger denn 1'/, Sashen beträgt. Zwischen den beiden Dämmen ist das Bette des Baj-Aryk bedeutend tiefer als das des Jangi — der Uferwall muss hier erhöht und auf dem rechten Ufer welches das Wasser unterwäscht, durch Ramm- pfähle gefestigt werden; weiter unterhalb durch Rasen-Beleg bis zum Aryk Machowsor, da hier Häuser fast dicht am Aryk stehen; aber auch 13/, Werst weiter bis zur Mühle. XXXII А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. Im Ganzen sind die vorzunehmenden Arbeiten veransc hlagt: Wie oben angeführt Е и AD PES ES A RE CAE De io A st 2,161 ВЫ In das Bette hinein Weidenpfähle die anwachsend — den Grund hier festigen. ...... 74 » Der: Damm\im Ва) - Ау ее 1,904 » Beleg-mit Rasen:2 — 'Werst 44, Arsch. о RON 11,860 » » » 2.51 SA » 2 EEE AR ED TOT En AU AN CEE ere ler ee oe 5,920 » » я 5. WVerst;,Basen-Dämme т и 1,230 » Befestigen der Holzbekleidung und Aufschüttung zwischen Baj und Jangi-Aryk 120 Sa- Shen, Länge... о En ee Re 444 » Verstellen des Beginnes vom Mühlen-Aryk (Ziegelei). ........................ 37 » 23,630 ВЫ. В. Die Wasserversorgung der Städte Margelan und Andidshan im Jahre 1878. a. Die Stadt Margelan. Sie erhält ihr Wasser von drei verschiedenen Seiten, nämlich: 1) Der Kara-ssu-Ssaj bringt das Wasser von den Quellen welche bei Auwal entspringen, und unterhalb Jar-Masar abgezweigt werden. Dieses Wasser fliesst der Stadt beständig zu. 2) Der Utsch-Kurgan-Ssaj, aus dem Isfajram-Flusse entspringend hat während der heissen. Wässerungszeit, d. i. vom 1. Juni bis zum 1. September sein Wasser zu je 5 Tagen in der nachstehenden Reihenfolge den folgenden Ortschaften abzugeben: 1) der Stadt Margelan und den Dörfern: 2) Utsch- Kurgan; 3) Кама; 4) Bisch-Asset; so dass dieses Wasser immer nur nach je 15 Tagen Pause Маг gelan zukommt. 3) Der Woadilj-Ssaj aus dem Schachi-Mardan-Flusse kommend, ergiesst sich in den Zuleiter Kara-ssu (№ 1), jedoch nicht fortlaufend sondern nur je 8 Tage lang, worauf der Zuleiter für 10 Tage gehemmt und dem Dorfe Alty-Aryk für 10 Tage zugeleitet wird; wonach er wieder 8 Tage lang Mar- gelan versorgt, u. $. w. j Während dieser 8 Tage vertheilt sich das Wasser wiederum zu je 2 Tagen auf die verschiedenen Stadttheile, so dass nacheinander die Mittelstadt, die Westseite, die Nordseite, und die Südseite Zu- fluss erhalten!). 1) Die hierher gehörende Fortsetzung ist durch einen Unfall verbrannt. п EEE Anhang ТУ, С, In den wenigen Jahren der russisehen Oberhoheit über Ferghan ‘hat dasselbe schon eine Reihe von Verwüstungen durch die Fluthen zu registriren gehabt. Nachstehend die Mittheilung über einige der- selben die mir aus den Akten bekannt geworden. Am 28. Mai 1876 berichtete der Kreishauptmann von Margelan dass der Isfajram-Fluss ausge- treten war, den 20 Werst unterhalb Utsch-Kurgan befindlichen Damm fortgerissen und die Post-Strasse 4 Werst weit überschwemmt hatte. Viele Brükken waren fortgerissen und obgleich alle Aryk geöffnet wurden, überschwemmte das Wasser die Felder. Die Wege waren so ungangbar dass die zu ihren Som- mersitzen aufbrechenden Kirgisen einen 60 Werst weiten Umweg nehmen mussten. Um nur einen Monat später hatte der Kreishauptmann von Kokan darüber zu berichten dass der Ssaj von Isfara durch starke Gebirgsregen über sein Ufer getreten sei und mehrere Dörfer nebst deren Umgebungen überschwemmt, alle Brükken vernichtet, manches Geräth fortgeführt, namentlich aber die Felder und Gärten theils beschädigt, theils die Herbstfrüchte und Herbstsaaten völlig vernichtet habe. Darüber war am 9. August berichtet worden und schon am 16. folgte die Hiobspost desselben Kreis- hauptmannes dass auch der Ssochfluss in gleicher Weise, nur in unvergleichlich grösserem Maasstabe sein Wässerungsgebiet verwüstet habe. Der Aryk Gandshirowan, der 12 Dörfer versorgt, wurde in Folge von Durchrissen der Dämme in fünf oberhalb befindlichen Kanälen so überfüllt dass er seine aufgeworfenen Ufer durchbrach und sich über die Felder ergoss, so dass die Saaten auf einer Strekke von 16 Werst «völlig vernichtet» oder wenigstens verschlämmt wurden. Mit genauer Noth wurde man durch angestrengtestes Arbeiten des Wassers in 10 Tagen Herr. Die Verluste waren sehr gross. Am meisten litten die Wintersaaten und Gemüsegärten. Früher, heisst es, seien so starke Regenfälle im Gebirge in dem Grade selten gewesen, dass man keine Maassregeln dagegen ergriffen. Nur zu Zeiten des Malla-Khan erinnern sich die Einwohner einer ähnlichen Katastrophe. Sie bereiten sich dazu vor, im Spätherbst und zu Anfang des Frühjahrs die Aryk zu vertiefen und die Uferwälle auszubessern. Weiter abwärts bei Bisch-Aryk wurde die Gegend auch überschwemmt, es gelang jedoch grösseren Schaden zu verhüthen. Die Oberverwaltung drang auf Anfertigung dauerhafter Dämme, und bot die Beihilfe eines Ingenieurs an; welche jedoch vom Kreishauptmanne zurükkgewiesen wurde. Die Oberverwaltung empfahl, sich mit den Folgen bekannt zu machen welche frühere Ueberschwemmungen nach sich gezogen. Mémoires de l'Acad. imp. des sciences, VIIme Série, У XXXIV А. у. MIDDENDORFF. FERGHANÀ. Am 9. Juni und schon wieder am 27. Juli 1878 trat der Isfara beim Dorfe Rapachan aus seinen Ufern, wusch an 10 Dessätin Felder fort, durchbrach die Poststrasse, floss aber rasch durch die Aryk zweiter Ordnung ab. Gleichzeitig schwoll der Ssoch-Fluss so an, dass er sich in den Aryk Ssaurdshan ergoss, dadurch 15 Dörfer nebst an 500 Tanap Saatfelder verwüstete und einige Wohnstätten im Dorfe Najman vernichtete. Auch der Schachi-Mardan-Fluss, füllte plötzlich, unter anhaltendem und starken Regen im Tehimion-Kreise die trokkene Schlucht Ajrantschi, schwemmte einen Theil der Saaten fort, und überfluthete das Dorf Chalmion. Wie es scheint nahm die äusserste östliche Einbuchtung des Ferghanä-Thales an diesen Verhec- rungen im geringeren Grade Theil. Ich fand nur Andeutungen dessen vor, dass schon zu Anfang April 1878 das Wasser auch dort in den Gebirgsbächen zunahm, zu Ende April die doppelte Höhe erreichte und endlich im Juni der Fluss Kara-Darja um *, Sashen über seinen gewöhnlichen Wasserstand sich hob, eine achtmal grössere Wassermasse als durchschnittlich, hinabwälzte, und vermittelst des Andi- dshan-Ssaj einen Theil der Stadt Andidshan unter Wasser setzte. Das Uebel ging aber so rasch vor- über dass an diesem Orte wenig Gefahr zu sein scheint. War das etwa nur ein besonders unglükklicher Jahrgang in welchem ich das Missgeschikk hatte Ferghanä zu besuchen? Die Antwort auf eine solche Frage lesen wir schon in den Berichten des folgen- den Frühsommers!). In den Wolostj Aim und Mokin desselben Andidshan-Kreises fiel am 8. Mai, 1879 ein heftiger Regen mit Hagelschlag. Durch dieselben entstand eine Ueberfluthung welche 90 Höfe, 14 Mühlen und 212 Tanäp besäeter Ländereien zerstörte, so wie auch Vorräthe fortriss. Nur eine Woche später, fiel während der Nacht des 15. Mai im Kokan-Kreise (Wolostj Machräm und Kosstakos) ein Schlagregen welcher die Zuleiter überfüllte so dass Brükken fortgerissen, Häuser unterwaschen, 268 Тапар Weizen, 68 T. Luzerne, 164 T. Dshugara, 54 T. Flachs, und 33 T. Baumwolle vernichtet wurden. Wir wenden uns vom Alaj zu den Gebirgen des Thiën-Schan. Der Kreishauptmann von Naman- gan berichtet, dass am 18. April 1877, morgens um 4 Uhr, in Folge starken Regens der im Südthale von 9 Uhr abends bis zu 12 Uhr Mitternacht angehalten, im Mittel- und Nord-Thale aber noch stär- ker und andauernder gegossen hatte, eine Ueberschwemmung losgebrochen sei. Die Potsch-Ata trat aus ihren Ufern, durchbrach an mehren Stellen die Uferwälle des Jangi- Aryk, wusch fast sämmtlichen Lehmanwurf des Dammes fort, demselben völlige Vernichtung drohend. Es klärte sich jedoch danach das Wetter auf, aber schon gegen Abend zogen sich ringsum drohende Wolken zusammmen. Grosse Gefahr drohte, denn wenn auch fürs Erste die Schädigungen nicht von wesentlicher Bedeutung seien, so müssten doch augenblikklich die Durchbruchsstellen in den Uferwällen und im Damme des Jangi gebessert werden, weil sonst die Stadt völliger Unterspülung hätte unterliegen können, und der Jangi sich ein anderes Bette gewühlt haben würde, die Bewässerungen völlig im Trokkenen lassend. Mit dieser Auseinandersetzung ist der Kreishauptmann bemüht, das Hinzuziehen der Soldaten zur Arbeit, das Anmiethen von Arbeitern und das Zusammentreiben von Arba-Karren behufs Anfuhr von Stein- und Holz-Material, zu rechtfertigen. Während der Bericht aufgesetzt wurde fiel Hagel '/, Zoll im Durchmesser gross. Damit war jedoch das Missgeschikk nicht abgemacht. Um 8 Uhr abends kam es zu neuen Regen- güssen welche eine neue Fluth erzeugten, die sich von 11 bis 2 Uhr in der Nacht fortsetzte und nun die begonnenen Verwüstungen zu Ende führte. In einem späteren Berichte wird der erlittene Schaden in 1) Турк. By. 1879, № 32, стр. 128. URBERFLUTHUNGEN. XXXV folgender Weise beschrieben. Kanäle und Dämme sind an 18 Stellen geschädigt und vernichtet. Im Be- trage von etwa 61/, bis 7 Tausend Rubel. In Geld nicht beziffert sind: die Unterwaschung des Post- comptoirs, so dass das Haus zusammenstürzte und die Post verlegt werden musste; so wie die Vernich- tungen welche 51 Höfe erlitten. Unter diesen wird beispielsweise nahmbaft gemacht dass dem Einen eine Mauer von 15 Faden Länge, dem Anderen die halbe Bude fortgerissen worden u. 4. m. Einen Damm hatte der dabei interessirte Mühlenbesitzer herzurichten; die Herstellung des Kanales der den vom Staate verpachteten Garten wässerte, wurde auf Kosten des Staates übernommen. Schon im nächstfolgenden Jahre 1878 berichtete wiederum derselbe Kreishauptmann von Naman- gan dass in der Nacht vom 4. auf den 5. Mai, in Folge eines von 8 Uhr Abends anhaltenden Platzregens, bei heftigen Stosswinden, und Gewitter mit Blitzen, das Gebirgsflüsschen Potsch-ata-ssu austrat, den an der Kreuzungsstelle mit dem Jangi-Aryk angelegten Damm bis auf den Grund fortriss, mehrere Brükken und Verdämmungen vernichtete und sich in den Sarten-Stadttheil von Namangan stürzte, viele Ssakli (Wohnungen der Akkerbauer) zerstörte und über die Felder sich ergiessend, die Saat mit dikken Schich- ten Schlammes bedekkte. In der Russen-Stadt trat der Jangi-Aryk nicht aus, und richtete keinen solchen Schaden an, wie das im vorigen Jahre der Fall war. Einen gleich heftigen «Ssilä» erlebt zu haben erinnern sich die Alteingesessenen nicht. Gleichzeitig telegraphirt der Gouverneur von Ferghana dem Generalgouverneur dass an vielen Orten, wegen der Ssilä die Leute des Wassers nicht Herr werden können, jedoch bei den Arbeiten aus- harren obgleich 16 Arbeiter an einem Aryk verunglükkten. Derselbe Kreishauptmann von Namangan berichtet schon vier Wochen später dass in der Nacht vom 2. auf den 3. Juni abermals eine Ueberschwemmung fast den ganzen Kreis heimgesucht. An 40 Orten waren die Saatfelder von Melonen, Dshugara und Baumwollenstauden durch das Wasser verwüstet. Die ärmeren Bewohner, deren es eine Menge gebe, da Viele im Kriegsgetümmel Alles verloren, seien so arg betroffen dass sie ohne Hilfe nicht durchkommen könnten und wird um 1500 Rbl für die erste Aushilfe gebeten, welche der Hr. Generalgouverneur auch bewilligt. Die genauere Beschreibung unter welchen Umständen hier die Ueberschwemmung stattfand, ist lehrreich, daher ich sie gleichfalls aufnehme. (Vergl. das Kärtchen auf Taf. VII.) Der Potsch-Ata-Fluss strömt in einem von Nord nach Süd gerichteten Thale, das sich bei Na- mangan stark verengt. Hier, tief eingesenkt in ein schluchtartiges Thal, ergiesst sich die Potsch-Ata in den quer vorbeiströmenden Jangi-Aryk, setzt aber ihren Lauf die frühere Richtung beibehaltend in der Schlucht Tschukur-Kutscha, unter dem Namen Gasina-Aryk, fort. Der Boden dieses letzteren liegt um 10, Fuss niedriger als der Wasserspiegel des Jangi, wenn dieser sein volles Wasser führt, und deshalb liest der Damm vor. Das Wasser der Potsch-Ata hat aber keinen anderen Ausgang als den durch Ueberströmen über den Damm in den Gasina-Aryk. Der Wasserstand der Potsch-Ata, vereint mit dem Jangi, wechselt im Laufe des Jahres um 3 und ist abhängig 1) von dem Wasserstande im Naryn, aus dem der Jangi abgeleitet worden. 2) von der Höhe des Dammes der gewöhnlich am Naryn aufgeworfen wird, und 3) von der Grösse des Wasserzustromes aus der Potsch-Ata, welche bald durch Schneeschmelze, bald durch Regengüsse, bald dadurch schwillt dass die aus ihr abgeleiteten Kanäle für den Winter abge- sperrt werden, weil dann kein Wasser nöthig ist. Diese Umstände heben den Wasserspiegel in ausseror- dentlichen Fällen um 9 Fuss, und rufen dadurch die Ueberschwemmungen hervor. Letztere haben zur Folge dass entweder die Russische oder die Neu-Stadt Namangan nebst den niedriger gelegenen Feldern der Dörfer Raustan, Irbadal, Chanawat und Tasch-Bulak über- À у XXXVI À. v. MIDDENDORFF, FERGHANA. schwemmt werden, — oder der Damm wird durchbrochen und das Wasser des Jangi stürzt unaufhaltsam in die Schlucht Tschukur-Kutscha, und alle unterhalb am Jangi gelegenen Feldflächen verlieren ihr Wasser. Die mit 5, Mächtigkeit über den Damm fort sich hinabstürzende Wassermasse, unterwusch die- sen, vernichtete noch zwei andere weiter unterhalb (im Gasina) gelegene Dämme, richtete aber dort keine Ueberfluthungen an, wegen der Tiefe der Tschukur-Kutscha-Schlucht. Dagegen wurden die weiter abwärts am Jangi gelegenen Aryk überfüllt und diese Gegend, in Folge des starken Falles nach dieser Seite hin, überschwemmt. Die zu niedrig gelegten Brükken über den Jangi wirkten gleichfalls hemmend auf rascheren Abfluss. Die Beschädigungen am Damme bestanden in Folgendem. Aus den Balkenkasten wurde anfangs die Hälfte der hineingestampften Erdfüllung hinausgespült; beim zweiten Schwalle auch der Rest dieser Fül- lung, und nun wurden die Verbindungsstellen des Dammes mit dem Festufer vollkommen fortgespült. Erst nachdem sich der Anprall gegeben hatte gelang es einen Damm in Jar-Kurgan zu öffnen und dadurch das Wasser aus dem Jangi zu beseitigen. Durch solche Nothdämme wie sie bei den Einge- borenen gebräuchlich sind wurde nun der schon abgeleitete Wasserzufluss von der beschädigten Stelle abgehalten und darauf aus dem Grunde der Tschukur-Kutscha-Schlucht eine Brustwehr aus steinge- füllten Balkenkasten errichtet, die Seitenwände durch Aufbau von Mauern aus Steinplatten gefestigt, der Boden der Tschukur-Kutscha-Schlucht in Form einer flachen, sich allmälig senkenden Hohlrinne ge- pflastert: unter Verguss mit Gyps, und Belegung mit Steinplatten. Durch Aufbot der Arbeitskräfte des Kreises wurden 1500 Arba-Karren Steinplatten und 3030 Arba-Karren Geröllsteine in raschester Frist herbeigeschafft. 60 gleichfalls aufgebotene Fuss-Arbeiter wechselten täglich. Die nöthigen Balken zu Kasten und Rammelpfählen mussten gekauft, die Zimmerleute, Steinmetzer und Aufseher angemiethet werden. Es werden 116 Häuser, 18 Mühlen, 1 Oelmühle, 12 Dämme aufgezählt die das Wasser vernichtet so wie auch Felder die mit Weizen, Reis, Baumwolle, Gerste, Mohn, Dshugara besäet waren. Eine Kom- mission taxirt den angerichteten Schaden, dessen einzeln aufgegebenen Beträge sich bis zu 30,700 Rubel summiren. Anhang V. Wo der bebaubare Boden so gesucht ist, wie in Ferghanä, musste es mich sehr befremden, in nicht grosser Entfernung von den grossen Städten und Dörfern, dennoch auf Ansiedelungen zu stossen welche leer standen. Jetzt nachträglich scheint mir fast als dürften einige dieser Wohnstätten nur zeit- weilig verödet gewesen sein, und die Insassen mochten schon die Sommerwauderung begonnen haben. Es stellten sich jedoch verschiedene Ursachen des Aufgebens der Ländereien heraus. Von der Ver- sandung ist schon auf Seite 37, 38 des Textes die Rede gewesen. Oestlich von Ssary-Kurgan stiess ich auf 6 verlassene Wohnstätten. Weite, schön angelegte Um- friedigungen begannen zu zerfallen. Es hiess die Kirgisen hätten die Stelle verlassen weil das Wasser nicht ausgereicht habe. Man sieht nicht selten dass weite Ländereien die für gewöhnlich nicht unter Korn stehen, in ausnahmsweise wasserreichen Jahren, an der Schneemenge im Gebirge zum Voraus als solche erkannt, besäet werden. Andere unbebaute Felder, auf denen früher offenbar Getreide gebaut wurde '), und zu welchen das vormals zugeleitete Wasser leicht zufliessen konnte, lagen seit einer langen Reihe von Jahren brach, wegen Mangels an Dünger. Ihr Humus war erschöpft worden und Wasser gab es nicht. Im Dorfe Jangi-Tschek-Kalän waren in dem Winter 1876/77 12 Höfe verödet, deren 338 Dess. die Organisazions-Kommission als Oedland aufnahm. Auf dem Wege von Utsch-Kurgan nach Mojan war ein etwa 8 Werste breites Thal üppig mit Weizen bestanden. Anstossend daran, näher hinan zu den Abstürzen aus denen Gips gefördert wird, traf ich eine hübsche Niederlassung, von festen Mauern umgeben, innerhalb deren ein Teich und Fruchtbäume sesshafte Bewohner bezeugten. Sie war leer, und es hiess, sie habe Kirgisen gehört welche unzufrieden — wahrscheinlich kompromittirt — zur Zeit der Besetzung des Landes durch die Russen davongezogen seien. Endlich gab es auch solche Felder welche deshalb seit Jahren unangebaut blieben weil sie fernab von dem Dorfe lagen zu dem sie als Aussenländereien gehörten und dem Vieh der anstossenden Dörfer als Weide dienten. Andere kleinere Feldflikke schlechterer Art standen seit 3—4 Jahren unbebaut, weil, hiess es, deren Besitzer anderweitig vortheilhafter beschäftigt seien. Sogar dicht bei Kokan sah ien solche völlig verwilderte Feldstükke, und wurden der Abwesenheit der Erben, oder ihrer Uneinigkeit oder auch einer Vormundschaftsverwaltung solche Ungebührlichkeit zugeschrieben. 1) So z. В, auf der Konglomeratfläche und Kieswüste zwischen Utsch-Kurgan und Mojan. XXX VIII А. у. MIDDENDORFF. FERGHANÀ. Tagir-Scheich, im Särafschan-Thale, behielt von 100 Höfen kaum 10 im Jahre 1868 übrig, weil Unruhen die regelmässige Wasserzuleitung unterbrachen !). Noch einschneidender ist das gewesen was ich im Texte dieser Abhandlung auf Seite 174 aus Fer- ghanä berichtet. Schliesslich darf ich auch einen interessanten Fall nicht übergehen dessen Fedtschenko?) er- wähnt. Es ist das ein früheres Dorf oberhalb Schachi-Mardan, das in Folge eines, offenbar durch Un- terwaschung verursachten Erdsturzes in Ruinen daliegt. Die Einrichtung des Dorfes General-Adjutant von Kaufmann I, wurde am 14. Oktober 1876 als beendigt angemeldet. Es waren 26 Familien angesiedelt, für jede derselben 3 Lösshütten (Ssakli) erbaut, und ausserdem 2 Buden, 1 Metschet (für Sommer- wie auch Winter-Gottesdienst), und, dem Wohngebäude des Imam anhängend, war eine Dorfschule nebst Terrasse errichtet worden. Der Bericht fügte hinzu dass die Bewohner dieses Dorfes beschäftigt seien, auf ihren Antheilen die ausgesäeten Feldfrüchte, Mais und Hirse einzuerndten, so wie auch Winterweizen und Luzerne zu säen. Allerdings seien ihre Aussaaten von Sommergetreide unbeträchtlich gewesen, doch bewiesen dieselben dass die Angesiedelten sich allmälig am neuen Orte einleben. Das Einzige was noch zu thun übrig bleibe sei die Anpflanzung von Bäumen, sowohl im Dorfe selbst als am neugezogenen Kanale, behufs Befestigung seiner Ufer. Schon 6 Tage später läuft ein Bericht desselben Kreishauptmannes von Andidshan ein, der da meldet dass die Bewohner besagten Dorfes von Kaufmann, in äusserster Noth, der Wintersaaten bedürftig seien, zu deren Beschaffung um 150 Rbl. gebeten wird. Die Berechnung lautet: Die beste Weizensaat kostet 55 bis 60 Kop. das Pud, und man müsse 10 Pud auf jede Familie rechnen. Das Geld wurde vom Generalen Skobelev bewilligt und dem Kreishauptmann die unmittelbare Aufsicht darüber dass das Korn auch ausgesäet werde, aufgetragen. Schon am 10. November berichtet derselbe Kreishauptmann dass in Erwägung der besonderen Ar- muth der übergesiedelten Familien, dieselben besondere Berükksichtigung verdienten. Die 26 Familien zählen 36 erwachsene Männer, 26 Frauen und an Kindern 22 Knaben nebst 20 Mädchen. Diese Familien besassen ihr Heim an Gebäuden und Land in der Umgebung der Feste Gultüba und bei der Einnahme von Andidshan durch die russischen Truppen, wurden, beim Stürmen, ihre Häu- ser bis auf den Grund niedergebrannt, der Grund und Boden wurde aber zur Esplanade Gultüba ein- genommen. Deshalb sind die Bewohner des Dorfes von Kaufmann aller Mittel bar, welche für die Ein- richtung ihrer Wirthschaft unumgänglich. Die anfängliche Unterstützung mit 24 Pferden, 17 Kühen und 2 Schaafen konnte als solche gelten, so lange es Weide gab, jetzt, im Herbste, handle es sich darum diese Thiere durch den Winter zu füttern. Da nun diese Leute wegen Mangel an Mitteln keine Aussaa- ten ausführen konnten, so müssen sie vom 1. Nov. 1876 bis zum 1. Juli 1877, mithin durch 8 Monate hindurch ernährt werden. Dazu ist für jede erwachsene Person nöthig: 576 Pfund Mehl, 120 Pfd. Grütze und 160 Pfd. Fleich; für jedes Kind die Hälfte, und da der Marktpreis dieser Gegenstände 60 Кор., 80 Кор. und 1 В. 20 Кор. für das Pud ist, so beträgt die unumgängliche Summe 1214 ВЫ. 72 Kop., wozu noch auf jede Familie zu Salz, Zwiebeln, Pfeffer und Beleuchtung 7 Rbl. 20 Kop., also 187 R. 20 Kop. im Ganzen zu rechnen sind. Gleichfalls noch je 9 ВЫ. für jede Familie zu Brennholz. Um aber das oben erwähnte Vieh 8 Monate durchzufüttern, sind monatlich pro Pferd 5, Pud 1) Пояснительная записка къ проекту положения | ралъ-Губернаторетва, стр. 49. объ управлении въ областяхь Туркестанскаго Гене- 2) Путеш. въ Турк. I, 2, стр. 111. . KOLONISIRUNG. XXXIX Gerste zu rechnen nebst 100 Bund Luzernheu, pro Kuh 100 Bund, und pro Schaaf 30 Bund. Bei dem Marktpreise von 45 Кор. das Pud Gerste und 2 Rbl. 50 Кор. das Hundert Bünde Luzernheu. Im Ganzen ist also eine Unterstützungs-Summe von 3096 ВЫ. 12 Кор. nöthig. Ein über diesen Anschlag gefordertes Gutachten des älteren Gehilfen!) vom Andidshan-Kreishaupt- mann, beginnt damit dass die Angesiedelten volle Zeit gehabt ihre Sommersaaten zu bestellen, nicht nur auf dem niedrigeren sondern theilweise auch auf dem höheren, ihnen zugewiesenen Lande. Dass sie das nicht gethan, habe hauptsächlich an der Faulheit und Sorglosigkeit gelegen, welche sich an die Bedeu- tung des Namens knüpften, unter dessen Schutz sie gestellt worden. Unterstützung sei nunmehr allerdings unerlässlich, aber nicht in Gestalt von Maassregeln welche sie nur in ihrer Faulheit und Sorglosigkeit bestärken würden; diese aber müssten unabweislich zu Diebstäh- len, zu persönlichen wie zu korporativen Gewaltthätigkeiten führen, da die Eingeborenen so sehr zur Bildung kleiner Banden und Gasawate besonders geneigt seien. Hauptsorge der Administration müsse darauf gerichtet sein alle Hände zu beschäftigen. So lange das Bauen vor sich ging habe er ihnen 1", Monate lang zu 15 Kop. täglich verabfolgt darauf aber diese Unterstützung entzogen, da sie nicht nur nicht dafür Sorge getragen dass die doch für sie selbst bestimmten Baulichkeiten gut ausgeführt würden, sondern sichtlich bemüht waren, den Bau so lange wie möglich hinzuziehen. Nach des Berichterstatters Ansicht wäre es nöthig diesen Ansiedlern Gelegenheit zu bieten sich ihr Brod durch Arbeit zu verdienen. Da aus den Verzeichnissen, so wie Anmerkungen zu denselben sich ergebe dass einige Familien mehre arbeitsfähige Erwachsene zählen, so könnte man durch Vermittelung der Aeltesten dieselben als 1. Hauswärter, Dshigite, Arbeiter u. d. m. bei den Sarten anbringen. 3. Einige dieser Ansiedler seien in Handwerken geübt, und solchen müssten Instrumente, Webe- stühle und andere Geräthe beschafft werden. 3. Anderen müsse man Arba-Karren nebst Geschirr kaufen was etwa 12 Rbl. koste, und da sie Pferde besitzen, so könnten sie für sich und ihre Thiere den Unterhalt erwerben; vielleicht auch noch Einiges erübrigen. б 4. Allerdings könnte für die Frauen gleichfalls eine Erwerbsart gefunden werden, allein die Sitte erschwere das sehr, und deshab müssten ihnen so wie den kleinen Kindern Geldunterstützungen gegeben werden; jedoch nicht anders als monatweise auszuzahlen. 5. Denen die Kühe und Schaafe besässen sei Futter für 4 Monate abzulassen. 6. Geldunterstützungen seien gleichfalls zu geben dem Imam (Priester), Aksakal (Aeltesten) und dem Mirab, weil ihre Zeit in Angelegenheiten der Gemeinde aufgehe. 7. Vieh sei für diejenigen anzukaufen welche noch keines erhalten hätten. 8. Im Frühjahr müsse die Möglichkeit geboten werden Bäume zu pflanzen, woran diejenigen Wo- lostj Theil nehmen könnten welche durch Abstimmen zugesagt hätten mitzuhelfen bei der Bebauung die- ser Ansiedlung; ihrer Zusage aber nicht nachgekommen seien. 9. Im Frühjahr müssten die Saaten für das Sommergetreide hergegeben werden. Die nöthige Gesammt-Auslage wird demnach auf höchstens 1888'/, Rbl. berechnet; die monatlichen Auszahlungen sollen in Abhängigkeit von dem Gemeinde-Spruche gestellt, und diejenigen Ansiedler denen man Arba und Geschirr kauft der besonderen Aufsicht der Aksakal und des städtischen Karwan-Baschi unterstellt werden. Diese Vorschläge wurden vom Gouverneur, General Skobelev genehmigt. Es ergibt sich dass die Nothwendigkeit sich zeigte, die Auszahlungen allwöchentlich zu machen, mit Berükksichtigung des möglich gewesenen Erwerbes. Eine Unterstützung mit nur 4 Rubeln zum An- 1) Arwanitaki. Ar А. у. MIDDENDORFF. FERGHANA. kauf von Geräth und Knochen hatte den Drechsler Mulla-Niäs in den Stand gesetzt, durch Anfertigung von Schaalen wöchentlich 2 bis 2'/, Rubel zu verdienen. Durch Umsetzung ihrer nichtigen Waaren gegen Grütze, Dshugara, Weizen u. d. m. hatten sogar die Händler — besagte Nahrungsmittel in Geld berech- net, — gleichfalls bis 2 Rbl. wöchentlich erwerben können, was vollkommen genügte um eine arme Fa- milie zu unterhalten. Andere erwarben sich mehr: so der Händler Alatschej bis 3 Rbl., der Schuhmacher Abdulla Machssu nebst zwei Burschen 4 bis 5 Rbl. in der Woche. Drei Pferde waren für 38 Rbl. 80 Kop. ge- kauft worden. Die Einsaat von Winterweizen wurde unter persönlicher Ueberwachung seitens des Kreishaupt- mann-Gehilfen ausgeführt mit 182 Pud. Je 5—8 Pud auf jede Familie, im Verhältnisse zur Anzahl ihrer Glieder. | Es lief die Vorschrift ein, mit dem ersten Frühjahre die Gärten und zwar in grösserem Maassstabe anzulegen, mit Hilfe der durch Abstimmen erfolgten Gemeinde-Beschlüsse (auswärtiger Gemeinden). welche zugesagt, bei Einrichtung der Ansiedlung auszuhelfen. Geldmittel für Baumpflanzungen werden in Aus- sicht gestellt. Die Schlussrechnung ergab im September 1877 dass nur 1016 Rbl. 71 Kop. zur Unterstützung der Ansiedler des Dorfes von Kaufmann verausgabt worden waren. Im Frühjahr 1876, also gleichzeitig mit der Uebersiedelung von 1500 Mann an den Amu!) wur- den die Hauptmänner der Kreise aufgefordert, über die Möglichkeit einer Unterbringung der (wegen be- harrlicher Aufsässigkeit) zur Uebersiedelung verurtheilten Ural-Kosaken sich zu äussern. Es erfolgten darauf folgende Antworten. A. Kreis Andidshan. Der einzige geeignete Platz um die Kosaken anzusiedeln heisst Awgan- bek, ist 205 Tanap gross (34 Dess.), und schon vortrefflich bearbeiteter Boden (!). Er befindet sich zwischen den nach Assake und Scharichana führenden Wegen. Dieser Platz war im Privatbesitze des Khans’s und nach Besetzung des Landes ist er dem Staats- eigenthume zugezählt. Er eignet sich zu einer Niederlassung von 41 Höfen (nebst Gärten). In wirthschaftlicher Hinsicht eignet er sich für die Kosaken nicht, da keine Weide vorhanden ist. Zu Akkerländereien könnte man 2000 Tanap fruchtbaren Bodens anweisen, die auch früher dem Khan gehörten. Sie liegen am Karagan-Aryk, beim Dorfe Buta-Kara. Leider ist die Fläche dadurch unge- eignet dass sie von Awganbek 9 Werst absteht. Man könnte aber den Platz Awganbek verkaufen und dafür den Theil des Weichbildes der Stadt kaufen, der Kara-Dshar und Langar heisst, und sich auf dem Wege zum Dorfe Buta-Kara befindet. Dieser liegt nur 5 Werst ab, von jenen 2000 Tanap. Noch ein Landstükk lässt sich vorschlagen. Es liegt 4 Werst von Balyktschi, rechts vom Wege nach Margelan, und reicht bis zum Ssyr. Es heisst Kisil-Tal, gehörte früher gleichfalls dem Khan, und erstreckt sich 12 Werst in die Länge, und 4 Werst in die Breite. Auf diesem Stükke liegen einige unbedeutende Seen und weite Schilfdikkichte, von Wassergeflügel und Wildschweinen belebt. An extensive Wirthschaft gewöhnt, fänden die Kosaken hier freien Spielraum und könnten auch Jagd und Fischerei treiben. B. Kreis Namangan. Die dem Staate gehörigen Ländereien die ich vorschlagen kann liegen a) neben Schachanda, an 10 Dessätinen; vorzugsweise Reisland. 1) Турк. ВЪд. 1876, стр. 76. KOLONISIRUNG. XLI b) neben Akssa, an 3 Dess., für jegliches Korn geeignet; c) in der Gegend von Namangan, in 5—6 Werst Entfernung, Pachtaty-Kul genannt, an 15 Dess. mit Ausnahme von Reisbau für jegliches Korn geeignet; d) zwischen Schur-Kurgan und Risak an 5 Dess. Im Ganzen 33 Dess. welche also, nach Analogie des europäischen Russland für nur 4 bis 5 Fami- lien ausreichen könnten. Ueberdies gibt es 54 Dess. welche früher der Stadt gehörten. Sie sind ausschliesslich von Gärten eingenommen und für eine künftige Entwikkelung derselben nöthig. Auch in den Vorbergen gibt es Ländereien, die ich aber noch nicht kennen gelernt habe. Nach den besseren und bequemer gelegenen unter ihnen zu urtheilen (Schachanda, Akssy und Pachtaty- Kulä) werden auch diese für nicht mehr als 4 bis 5, höchstens 10 Familien Platz gewähren. Was ich von der Gegend weiss ist Folgendes. Die Bevölkerung wird von den Flüssen Naryn, Ssyr, Kassan, Posch-ata und dem Quell Ssultan-Kaissmä mit Wasser versorgt. Die Vorberge welche die Wasserscheiden bilden verlaufen SW-NO. Am Naryn und Ssyr zieht sich ein Streifen Landes von 70 Werst Länge und 8—9 Werst Breite, mit Einschluss der nicht bewässerbaren Ländereien also höchstens 65'/, Tausend Dess. gross. Die in dieses Längsthal senkrecht einmündenden N-S-Thäler erstrekken sich 61 Werst weit, bei einer mittleren Breite von 5 Werst. Zum Akkerbau tauglich sind etwa 313/, Tausend Dess. Auf besagten 97 Tausend Dess. stehen 103 Dörfer mit wenigstens 16 Taus. Höfen (nach Abzug der 5600 Häuser der Stadt, über 100 Höfe auf ein Dorf, was sehr schwach gerechnet ist). Nimmt man mit Bunjakowskij 7 Menschen für jeden Hof an, so ergibt die Rechnung eine Bevölkerung von 112 Tausend Köpfen; mithin weniger als eine Dessätine Landes auf das Haupt. Daraus ist ein entschiedener Mangel an Land ersichtlich), weshalb der Kreis mit seinem eigenen Getreide nicht auskommen kann, sondern einen Zuschuss von ausserhalb beziehen muss. Dieselbe Ursache hat zum Aufsuchen auswärtigen Erwerbes gedrängt. Im Gegensatze zu Herrn Aristov, der den Kreis zu wenig gekannt hat?) versichere ich dass der Kreis Namangan Produkte des Landbaues zukauft, das Gekaufte mit dem Erlös auswärtigen Erwerbes und mit dem Erlös für erzeugte «Ваз, Kaljäl, Ззатззат»3) und andere derartige Baumwollen-Gewebe bezahlend. Wenn ich nun hinzufüge dass ich fast täglich Streitigkeiten zwischen den Dörfern wegen des Was- sers zu schlichten habe; ferner dass an einigen Oertlichkeiten, wie z. В. in Karaskan, Tschartan und bei Kassan Vielfelderwirthschaft (8 Felder) wegen des Wassermangels bei verhältnissmässig reichliche- rem Landbesitze eingeführt worden ist — so glaube ich aussprechen zu müssen, dass zu wenig Land vorhanden ist, um die Kosaken ansiedeln zu können. C. Kreis Kokand. Staatsländereien sind vorhanden: 1) Innerhalb der Mauern der Feste Machram ungefähr 80 Tanap. Vor Besetzung Chodshent’s durch die Russen war der ganze Raum rings um die Festung, bis dicht an deren Mauern mit Baulich- keiten der Eingeborenen besetzt, denen der Grund und Boden gehörte. Seit hier eine Esplanade für 1) General Skobelev protestirt dagegen in einer 2) Ежегодникъ. Матер. для стат. Турк. кр., 1873 Marginalbemerkung. стр. 139, 140. 3) Bäs ist eine weisse Mata; die Arschin zu 6—6!/, Кор. in Taschkent verkauft. Kaläl ist eine gestreifte Mata; » » 5—5, » » » Eine in Kaschgar angefertigte breitere und dichte Bäs erreicht den Preis von 10 Кор. Mémoires de l'Acad. Imp. des scionces, VIIme Série. VI XLAIT А. у. MIDDENDORFF. FERGHANA. nöthig befunden worden, mussten die Einwohner ihre Baulichkeiten bis auf die Entfernung eines Flintenschusses abtragen; es ward denselben aber gestattet, auf dem derart frei gewordenen Grunde Ge- treide, zumal Reis zu bauen, um ringsum morastigen Boden zu schaffen. Für alle ihre Verluste wurden die Einwohner nicht entschädigt, da es sich um ein Bedürfniss des Staates handelte. Die Esplanade dürfte jetzt an 600 Tanap einnehmen. Wahrscheinlich wohl mehr. Die Gesammtzahl der (übrigen?) Staatsländereien im Kreise Kokand beträgt angeblich 985 Tanap. Bei einer Vermessung wird wohl viel mehr Land sich ergeben. т Die grosse Zerstükkelung und das Unzusammenhängende der meisten dieser Ländereien, lässt sie für еше Kosaken-Niederlassung wenig geeignet erscheinen. Indessen Machram und Isfara könnten wohl mit Ansiedlern besetzt werden, da es ihnen an Wasser nicht mangelt, wie wohl den übrigen Staatslän- dereien im Kreise. Aber Isfara bietet zu wenig Land und Weide. Setzten wir voraus dass die Ural-Kosaken, gleich wie daheim, nicht Alle sich dem Landbaue erge- ben, sondern auch Viehzucht, Fischerei, Gärtnerei, Gemüsebau и. d. m. treiben werden, so liessen sich bei Machram, wenn das Land den eingeborenen Besitzern abgekauft würde, 30 bis 40 Familien ansiedeln, indem wir 18—24 Tanap auf die Familie rechnen wollen. Die hiesigen bewässerten Ländereien geben ja einen unvergleichlich höheren Ertrag, als der Osten des europäischen Russlands. Als Weide könnte man die nächsten Vorberge der Kreise Tschust und Kurama anweisen. Weiter ab, im Hintergrunde des Kreises gibt es zwar Ländereien, so z. B. beim Dorfe Ultarma 400 Tanap, aber abgesehen von Mangel an beständig fliessendem Wasser, fehlt es an der für Viehzucht nöthigen Weide, und die Uraler sind gewohnt hauptsächlich Viehzucht zu betreiben. Ganz anders verhält es sich mit dem nördlichen Turkestan. Schon im Jahre 1864, beim ersten Ausmarsche aus Wernoje auf Aulie-ata wurde die Kolonisirung der vorliegenden Landstriche ins Auge gefasst, und erklärte sich General Tschernäjev zu Gunsten freier Kolonisazion um städtische Ele- mente zu gewinnen. Er war gegen eine landwirthschaftliche Kolonisirung eingenommen, weil das brauch- barste Land schon von den Eingeborenen besetzt sei und die Verhältnisse unter denen dort der Akker- bau betrieben werde ganz eigenartig und den russischen Landleuten vollkommen fremd seien. In voll- kommen gesunder Anschauung sprach er sich gegen jegliche erzwungene oder durch Freigebigkeit ange- lokkte Kolonisazion aus, welche nur das Zusammenlaufen schädlicher Elemente befördere. Im Meridiane von Kastek und Dshulek fanden sich jedoch, als man weiter vorgedrungen war viele zur Ansiedlung geeignete und freie Ländereien. Ssewerzov wies, in Folge eines besonderen Auf- trages!), auf eine Menge von Oertlichkeiten welche Kolonen erwarteten. Er unterschied den südwestli- chen, durch eine von den Aryss-Quellen südwärts gezogene Linie geschiedenen, Theil Turkestans, in dem es Akkerbau gab und derselbe sogar von Nomaden betrieben wurde, vom östlichen und nordöstlichen Gebiete, wo es mehr freies Land gab, obgleich flekkweise, durch das Land zerstreut überall Kirgisen den Boden akkerten. Ja sogar Winterbehausungen der Kirgisen gab es dort. Auch im Kessel des Issyk-kul trieben die Kirgisen viel Akkerbau. Die Kolonisirung geht in Nord-Turkestan allem Anscheine nach recht erfolgreich vor sich, und zwar von Sibirien aus. In Ferghana darf das geringe Prozent der russischen Bevölkerung wohl nicht in Aussicht nehmen 1) Маевъ, Матералы, IV, стр. 101. KOLONISIRUNG. XL sich mit den Eingeborenen sei es im Garten- und Landbaue, sei es im örtlichen und Kleinhandel messen zu wollen. Gleich wie bisher in Turkestan überhaupt, so ist noch für lange Platz genug in vermittelnden Stel- lungen wie solche der Wolostj-Aeltesten, Stazions-Verwalter u. d. m. Aber auch der freie Erwerb ist leicht und wir finden. daher die abgedankten Untermilitäre in Turkestan’s Städten als Unternehmer von Badstuben, Gast- und Speisehäusern, auch wohl als Tischler und Schneider wieder. Durch Verabfolgung von Baumaterial und einer geringen Geldunterstützung ist diese Bereitwillig- keit in Turkestan sich anzusiedeln unterstützt worden. Die Poststations-Verwalter boten ein merkwürdiges Gemisch, indem Repräsentanten fast aller Gou- vernements des europäischen Russland Platz genommen hatten. Sie waren auf 25 Rbl. monatlich, Alles in Allem, gestellt. Es fiel aber Manches nebenbei ihnen zu. Auch die Postknechte, so wurde es verlangt, mussten eigentlich alle russisch verstehen. Der russi- sche Postknecht erhielt 2 Pud Mehl und 9 Rbl. monatlich; wohl auch noch 7!/, Pfund Grütze dazu; der kirgisische 3 Pud Mehl und 7 Rbl., oder auch 12 Rbl. Alles in Allem. Wie nichtssagend gering die Anzahl der Russen war die abgerechnet von dem in Reihe und Glied stehenden Untermilitär zu Anfange des Jahres 1877 sich in Ferghanä befanden und auch wohl theilweise ganz festgesetzt hatten, mag das nachstehende Verzeichniss lehren. = Kaufleute, Bürger u. auf un- Offiziere und Beamte. bestimmte Zeit entlassene Soldaten Städte. Unter-Militär. EEE In Summa. mit Familie. Verheirathet. Ledig. Verheirathet. Ledig. 43 à 31 18, nebst | Kischlak, Kokan und Assake, Andidshan ; 13 Osch 2 8 Margelan 18 f42, darunter\| \ 3 Tataren. f { 1 Familie 2 7 Köpfe | stark. Tschust 15 Sang (Kischlak).... Machram Woadil; Summa.. у1* Anhang У], Die Sorglichkeit mit der mir Hr. Smirnov aus den Akten der Oberverwaltung Ferghanä's Ab- schriften derjenigen Papiere nachgesendet, welche auf die Waldungen Bezug hatten, legt mir die Ver- pflichtung auf, den Inhalt derselben zum Gemeingut zu machen. Im Kreise Tschust wird der Waldreichthum zweier Schluchten Alabucha und Tschonatsch, welche die Benennungen der gleichnamigen Bergflüsse führen, besonders hervorgehoben. Die steilen Fels- wände dieser Schluchten sollen auf eine Strekke von 40 Werst mit Grenen, Wacholdern (Artscha), Bir- ken, Vogelbeer-, Faul- und Nussbäumen und den verschiedensten Sträuchern besetzt sein. Die Bäume erreichen keinen gehörigen Wuchs zu Bauholz; wohl wegen ungenügender Erdkrume und felsiger Be- schaffenheit des Untergrundes. Die Stämme erreichen kaum eine grössere Stärke als 6—7” am Abhiebe. Weiter wachsen die Bäume nicht, sondern verkommen. Im Jahre 1878 wird das auf Seite 65 in der Anmerkung nachgewiesene Vorkommen eines Saxaul- Geheges im Kreise Tschust, durch eine Beschwerde erläutert und vollkommen zweifellos festgestellt, die ein Bewohner des Dorfes Kamysch-Kurgan führt der sich nach Chodsha-Elane begeben hatte um bei der Bewachung des dortigen Saxaul mitzuwirken. Er begegnete etwa 150 Karren (Arba), den Bewoh- nern der näher gelegenen Dörfer des Kokan-Kreises gehörig, meist aus der Wolostj Kana-Badaga. Nur Wenige unter den Leuten gehorchten der Aufforderung das Holz abzuwerfen, die Mehrzahl über- mannte den Forstwächter und 4 andere Sarten welche er zu Hilfe genommen hatte, misshandelten, banden sie und führten sie ab. Der Kläger entging mit Hilfe seines Pferdes. Die Gefangenen wurden vom Wo- lostj-Aeltesten in Kana-Badaga auf offenem Markte entkleidet und mit Pletten gezüchtigt, dafür dass sie den Dorfbewohnern Strikke und Aexte abgenommen hatten, und entgingen erst nach 9 Tagen dem Gefängnisse, als der Kreishauptmann von Kokan sich der Sache annahm. Eine erfolgte Abschätzung bestimmte den Werth der oben angeführten Karrenladungen auf 180 Rbl. Im Kreise Tschust wurde zu Zeiten der Khane die Holznutzung nicht anders als nach vorläufig beim Beg eingeholter Erlaubniss gestattet, und eine Abgabe im Walde erhoben welche 20 Kop. von jeder Pferdelast betrug, welche gewöhnlich aus 2 Balken, höchstens aber, bei geringeren Dimensionen, aus 4 Balken bestand. 3 ` Im Kreise Margelan gibt es keine Waldungen welche dem Staate Einnahmen gebracht oder brin- gen könnten. W ALDUNGEN. ху Im Gebirge wächst stellenweise der Wacholder, der von den Kirgisen verkohlt wird. Stämmig be- nutzt man ihn theils zu Wasserbauten theilweise zu gewissen Theilen der Sartenwohnungen. In früherer Zeit war weder Abgabe noch Erlaubniss für die Hölzung im Gebrauche, sondern erst während der beiden letzten Regierungsjahre des Khan Khudojar wurde zum Besten der städtischen Einnahmen und des Marktplatzes (als Tarikane und Nikachane 5 Кор. von der Arba, 2, Кор. vom Kameele, und 1 Kop. vom Pferde erhoben das mit Holz oder Kohlen beladen war. Nach Aussagen der Eingeborenen berichtet der Kreishauptmann von Tschimion dass der Wachol- der in seinem Kreise ausschliesslich benutzt werde und dass nur am Kara-Kasyk wenige Alpen-Birken, noch seltener andere Baumarten zwischen dem Wacholder sich eingesprengt finden. Am bedeutendsten sind die Wacholder-Gehege an den Quellzuflüssen des Schachi-Mardan auf den Plätzen Kara-Kasyk, Masch-Alän, Ak-ssy und auf dem Gebirgspasse Alaudin; an den Zuflüssen des Ssochflusses aber auf den Plätzen Raut, Lügman, und Urmasan. Geringere Holme, zugleich geringerer Stärke, gibt es auf den Plätzen Schewali, Gawion, Chura, Oratuk, Dora, Kittut, Kan, Ssellach, und Ssubaschi. Ueberhaupt wird das Holz immer stärker je tiefer man in das unzugängliche Gebirge vordringt. Das Holzgeschäft wird im Walde vorzugsweise von armen Kirgisen besorgt; sie versorgen alle Märkte der Kreise Margelan und Kokan mit Kohlen und Brettern. Die ärmsten unter ihnen sind Köhler; sie verkaufen die Kohlen an Stammesgenossen welche Kameele besitzen. Kirgisen des Geschlechtes Najgut, Jaukessek, Najman, Kanly liefern Kohlen von den Plätzen Kara-Kasyk, Masch-Amän, Ak-ssu, Schewali, Alaudin, Aratuk, Kischtut, Kan, Ssellik, Ssubaschi; Bretter von den Plätzen Raut und Lügman; im Ganzen an 6000 Kameelladungen Kohlen und 1200 solcher Ladungen Bretter. Kirgisen des Geschlechtes Buston liefern an 3000 Kameelladungen Kohlen von den Plätzen Scheweli, Gawion, Tschura und Oratuk. Einwohner von Ssoch, wohl Hundert an der Zahl, finden ihren Erwerb im Holztransport. Sie trei- ben selbst die Köhlerei nicht, sondern kaufen die,Kohlen auf den Plätzen Alaudan, Gawion, Oratuk, Dora, Kischtut auf, und befördern an 4000 Kameelladungen Kohlen, und etwa 500 Kameelladungen Bretter. Ausserdem transportiren auch die Einwohner von Schachi-Mardan etwa 1500 Karrenladungen. Im Ganzen werden etwa 1700 Kameelladungen Bretter, 1500 Karrenladungen und 14,000 Kameel- lasten Kohlen ausgeführt. Zu Zeiten der Khane wurde weder Erlaubniss noch Abgabe im Walde des Tschimion-Kreises verlangt, aber die Verkäufer zahlten auf den Märkten für Kohlen 5 Кор. vom Kameele, und 2!/, Кор. vom Pferde; für Holz 5 bis 7'/, Кор. von der Arba, 2 Кор. vom Kameele, und 1 Кор. vom Pferde. Der Kreis Kokan ist nur an seinen Südgränzen waldreich. Im Osten begränzt der in den Isfara sich ergiessende Karavschan dieses gebirgige Waldgebiet; im Norden begränzt eine gebrochene Linie den Wald, welche etwa 25 bis 40 Werst von den Ortschaften Karabulak, Köch, Woruch und Jajläk. absteht, und im Süden stossen die betreffenden Gebirgskämme an die Quellzuflüsse des Särafschan, bis 80 Werst, und mehr von der Stadt Kokan abstehend. Die beiden Gebirgs-Flüsse Isfara und Ssoch ent- strömen diesen Waldgebieten. Der Wacholder (Artscha) waltet vor; ausser ihm giebt es Nussbäume, Ulmen, Platanen, noch „besondere Wacholderarten, Pistazien, Berberitzen und and. Die niedrigeren Abhänge sind mit Sträuchern bewachsen, je weiter man aber südwärts vordringt desto stämmiger wird der Wald und erreicht auf den Höhen bedeutende Dimensionen. Nur das ärmste Gesindel unter den Kiptschak- und Kara-Kirgisen betreibt dort das Holzgeschäft. Starke Artscha-Stämme sind es vorzugsweise welche als Bauholz ins Thal gelangen, während das XLVI А. у. MIDDENDORFF FERGHANA. schwächere Wacholderholz und Gestrüppe verkohlt wird, um in dieser Gestalt in die Städte und Dörfer verkauft zu werden. Diese Verwerthungsweise ist die vorwaltende, wegen der durch Entfernung und Wege- losigkeit gebotenen Schwierigkeit das starke Bauholz fortzuschaffen, so dass es fast nur für Bauten des Khanes in Anwendung kam. Es werden fast ausschliesslich strauchartige Bäume verkohlt, weil das Stamm- holz grosse Transportschwierigkeiten bietet. Uebrigens wurde weder eine Erlaubniss eingeholt noch eine Abgabe gezahlt. Nur wenn das Holz auf den Markt kam, wurde es mit der Marktsteuer (Takdshan) belegt, welche sich vorzugsweise auf das Recht bezog, einen Platz auf dem Markte einzunehmen. Diese Marktsteuer betrug 20 Kop. für je 8, sei es mit Holz, sei es mit Kohlen beladene Kameele. Für manche Staatsbauten, wie z. B. der Urda in Ssoch, hatten die Nomaden eine Anzahl Artscha unentgeltlich zu stellen. Im Kreise Andidshan finden sich die Wälder im östlichen Theile desselben an den Flüssen Ssyr und Kara-Kuldsha; ferner in NW der Flüsse Jassy bis zum Kurschab, und im Gebirge bis zum Platze Un-Kurajrym; im NO-Winkel des Kreises am Flusse Kugart und am Südhange der Gebirge, welche an den Bezirk Ssemiretschje gränzen, so wie an den Naryn. Es sind theils Fruchtbäume: Pistazien, Nüsse, Aprikosen, Aepfel- und Mandelbäume. «Bojarki». Pistazien- und Nussbäume walten vor. Theils sind es Holzgewächse, wie: Ulmen, Birken, Ahorn, Wachol- der (Artscha) Pappeln, Weiden, Espen, Vogelbeeren, und Stachelsträucher, welche vorwalten. Am Ssyr kommen meistentheils Artscha und Birken vor; Aprikosen und Apfelbäume sind dort selten. Der Wald zieht sich am rechten Ufer des Ssyr als schmaler Streifen auf den Abhängen da- hin, etwa 40 Quadratwerst bedekkend. Die beiderseitigen Ufer des Kara-Kuldsha, an 130 Quadratwerst, so wie an 650 Quadratwerst im NW des Jassy bis zum Kurschab sind dagegen mit Nuss-, Aprikosen- und Pistazien-Bääumen be- wachsen. Andere Bäume kommen dort nur untergeordnet vor. Am Flusse Kugart sind etwa 30 Quadratwerst mit Birken, Pappeln und Espen bestanden. Auf dem Platze Bisch-Jangak (an 100 Quadr.-W.), zwischen den Gebirgszügen Karagyr und Mama, an den Gebirgsbächen welche in den Tschungurtschak fallen (an 500 Quadr.-W.), im Fluss- gebiete der Majli (gleichfalls wohl 500 Quadr.-W.) wachsen Aprikosen, Aepfel, Mandeln; in unter- geordneter Weise Pistazien und Nüsse, auch Birken, Espen und Pappeln, am häufigsten aber Stachel- sträucher. Beiderseits am Majli, vom Gebirge Mama, die Züge Kub-Psük entlang, ist dagegen Alles, auf etwa 400 Quadr.W. mit Pistazien bewachsen. An den Quellen des Flusses Kuru-Kilisch gibt es Artscha-Wald auf etwa 14 Quadr.-Werst. Im Kreise Andidshan war zu Zeiten der Khane das Holzgeschäft freigegeben, aber auf den Märk- ten wurde der Tadshaj von Kohlen, Bau- und Nutzholz, nicht minder von den in Gärten gewonnenen, als von den aus den Wäldern herangebrachten, erhoben. Die Arba Kohlen zahlte 20, das Kameel 10, das Pferd 5 Кор. Bau- und Brennholz bezahlte von der Arba 21/,, vom Kameel 1, vom Pferde !/, Kopeken. Nur die in den Wäldern wildwachsenden Fruchtbäume gewährten eine Einnahme, gleich wie die Wurzeln Scharana, deren man sich zum Gerben und Färben der Felle bedient. Diese Einnahmequelle welche im laufenden Jahre in Pacht vergeben war, brachte 3000 Rubel. Im Kreise Osch gibt es Grenenwald in der Wolostj Gultscha, im Thale Dshussaly, auf etwa 7000’ Höhe. Es dürften 6 bis 7000 Stämme vorhanden sein, von denen im Jahre 1877 für die Bauten der Feste Gultscha Balken bezogen wurden. > Vielen Artscha-Wald (Wacholder) gibt es an dem Flusse Biljäuli, an den Quellen des Mur- dasch, am Kyrkytschik und üherhaupt auf den Gebirgshöhen zwischen 8 bis 9000 Fuss; aber dieses О, СР! УГ: В WALDUNGEN. XLVII Artscha-Holz wird wegen schwerer Zugänglichkeit nicht ausgebeutet, und sogar die dort winternden Kir- gisen befassen sich so wenig mit Aexten, dass sie es vorziehen sich an Gesträuch zu halten. In den Vorbergen aber gibt es bis auf 50 ja 70 Werst Entfernung von den besiedelten Oertern gar keinen Wald; so dass im Osch-Kreise nur jener besagte, auf 20 Werst von Gultscha befindliche Grenenwald Schutz beansprucht, weil er sonst den Bedürfnissen der daselbst befindlichen Garnison geopfert würde. Deshalb bat der Kreishauptmann um Verbot des Fällens in jenem Walde; zumal zu Brennholz. Es erfolgte darauf die Anweisung von 15 Rub. monatlich für einen Wächter, dem überdiess !/,, der Strafgelder verheissen wurden. Dem Kreishauptmann wurde aufgegeben, nach den Stumpfen eine Auf- gabe der im vergangenen gleich wie im laufenden Jahre gefällten Grenen anzufertigen und einzuschikken. Es läuft schliesslich eine Mittheilung des örtlichen Militär Chefs ein, aus der ersichtlich wird dass die Grenen in Dshussaly von Sapeuren für Befestigungs-Arbeiten gefällt wurden: ungefähr 400 Balken. Uebrigens hatte auch zu Zeiten der Khane im Kreise Osch keine Abgabe bestanden, was durch die weite Entfernung der Wacholder-Wälder erklärt wird, welche die Zufuhr unmöglich macht. Im Kreise Namangan beginnt der Waldwuchs auf einer Höhe von 4—5000 Fuss, fast in allen engen Gebirgsthälern, und erstrekkt sich bis zu etwa 8—9000’ Höhe. Gegen ein halbes Hundert Baumarten kommen vor, es walten aber vor: Birken, Grenen, Nuss-, Birn-, Apfel-, Pistazien-Bäume und Weinreben, welche sich ziemlich scharf von einander absondern. Westlich, am Kassan-Flusse und an seinen Zuflüssen, in einer Erstrekkung von etwa 180 Werst trifft man ausschliesslich Birken, welche in schmalen, an 10 Faden breiten Streifen die Gewässer säumen, aber nicht mehr als 3'/, Quadr.-W. einnehmen dürften. Auf den Abhängen und Graten wachsen wenig zahlreiche Wacholder und Gesträuch. An den Qnellen der Alabucha stellen sich statt des Wacholders Grenen ein, während die Niede- rung mit Birken bewachsen ist. Die Hänge der Thäler Dshapa-Ssaldy, Tschanatsch und Posch-Ata sind ausschliesslich mit Grenen bewachsen, so wie auch der Oberlauf des Itakar, Ugutur, Aflätun, Ssara, Tschelek und Okunj, auf eine Strekke von etwa 200 Werst. Es handelt sich um eine Oberfläche von gegen 50 Qua- dratwerst. Weiter abwärts an den besagten Flüssen so wie auch am Chodshaat, Kara-ssu, Min-Bugu, Turduk, Manu-Baldy und Ak-Jul, etwa auf einer Strekke von 12 Werst wachsen in der Niederung der Thäler, auf etwa 2 Quadr.-W. Nussbäume. Am Unterlaufe des Kara-Ssu, auf dem Platze Tegenek wuchern Weinreben (etwa 18 Dess. einnehmend) auf einer Strekke von 7—10 Werst. An den Bächen Kuloma, Isch-Kaj, Ak-Ssaj, Utabekr und anderen welche in den Naryn fallen wachsen Birn- und Apfelbäume, etwa !/, Quadr.-W. einnehmend. Endlich wachsen auf verhältnissmässig nicht hohen Bergen im Westen des Naryn ausschliesslich Pistazien, an 20 Werst sich erstrekkend. Ausser den genannten Baumarten finden sich noch der Ahorn, die Esche und Pflaumenbäume. Nur die Pistazien- und Birken-Bäume werden von der örtlichen Bevölkerung ausgebeutet. Die vor- trefflichen Eigenschaften ihrer Kohlen, die für die Talgsiedereien gesucht sind, veranlassen die Kirgisen Köhlerei zu treiben. Ausser zu Kohlen wird die Birke auch zu Holzpantoffeln verarbeitet, und ihre Rinde wird zum Belegen der Sättel verwendet. In der Thalschlucht Tat-Atschu sah der Kreishauptmann auf einer Strekke von 15 Werst nur entrindete Birken, deren Blätter schon im Juni vergilbten und die wahrschemlich ihrem Tode entgegen- gingen, um das ohnehin im Uebermaasse vorhandene Lagerholz uoch zu vermehren. Grenen werden zwar auch, aber in geringerer Menge, zu Kohlen verbrannt. Die Kirgisen mögen sie nicht und vernichten gar ganze Gehege indem es genügt ein geringes Häufchen Reisig am Fusse einer XLVIIT А. у. MIDDENDORFF, FERGHANA. 10 bis 12 Sashen hohen Grene anzuzünden, um sie zu liefern. Hunderte von 20— 30-jährigen Grenen werden geopfert, um einige Dutzend Quadratfaden Weide zu gewinnen. Verhältnissmässig am besten erhalten sind die Nusswälder; sie verdanken das ihrer entlegenen Lage und der Unzugänglichkeit. Sich selbst überlassen fallen die Nüsse, und erzeugen beim Faulen eine Unmasse von Raupen. Man darf sagen dass der Obstwald der Schluchten welche in den Naryn münden sich in gedeihlichem Zustande befindet. Die äusserst schwierigen Wege, so wie die weite Entfernung bringen es mit sich dass man es sich am Lagerholze genügen lässt. Die ausserordentlich reichen Trauben werden zu Wein und Brandwein verarbeitet. Beinahe eine jede Jurte besitzt eine Destillir-Blase, und die Turssuk (Lederschläuche) füllt statt des Kumyss ein sehr schmakkhafter, obgleich garstig aussehender Wein. Es folgen die nachstehenden Betrachtungen über den einzurichtenden Waldschutz. Die Birke wurde, nachdem die Forstüberwachung, welche unter der Regierung der Khane bestand aufgehoben war, übermässig zu Kohlen verbrannt. Das rief ein Verbot hervor die Kohlen zum Markte von Taschkent zuzulassen; eine treffliche und wohlbegründete Maassregel. Es wäre erwünscht wenn auch die Einführung der Birkenrinde verboten würde. Eine solche Maassregel, bei gleichzeitiger Einsetzung einer Forstwache, würde die Birken erhalten welche zu den Lebensbedingungen der Bewohner von 4 Wolosti gehören, die am Kassan-Flusse und dessen Zuflüssen sitzen. Drei Forstwächter, unter der Auf- sicht eines vierten würden für das besagte Flussgebiet genügen. Zur Zeit Khudojar-Khan’s war die Waldnutzung im Kreise Namangan den Privaten untersagt. Der Wald war ein Regale. Nur mit ausdrükklicher Bewilligung des Beg durfte der Wald ausgebeutet werden, und zahlte die Arba-Ladung welche einem Werthe von 3'/, bis 4 Rubel entsprach (da man durchschnittlich 8 grosse, oder 16 kleine Balken lud) auf dem Marktplatze 20 Kop., die Pferdelast aber 10 Kop. da sie einer halben Arba-Ladung gleichgeschätzt wurde. Um die Grenen vor der Vernichtungs-Leidenschaft zu schützen müsste vorerst Dürrholz so wie das- [=] Lagerholz das die Brände vorzugsweise erzeugt, fortgeräumt 4. 1. zu dreischeitigem Brennholze geschla- gen werden, das hinabzuflössen wäre. Militär oder Tagelöhner könnten das ins Werk setzen. Darauf wäre der Wald durch 6 Wächter und zwei dieselben Beaufsichtigende zu schützen. Die Nuss-Holme müsste man in Pacht vergeben, zu 1 Rubel die Dessätine und einer aus 4 Mann nebst einem Aufseher bestehenden Forstwache unterordnen. Die Obstwaldungen könnten sich selbst überlassen werden, und würde eine einmalige in Sommer auszuführende Besichtigung derselben genügen. Die Pistazien müssten (zu je 10 Rbl.)!) durch Versteigerung in Pacht vergeben werden, und zwei Mann darüber wachen dass man sie nicht zur Köhlerei angreife. Auch die Weinreben müssten (gleichfalls zu 10 Rbl.) versteigert werden. Zur Forstwache (18 Gemeine und 5 Aufseher) müssten Russen angemiethet werden, zu 20 und 25 Rubel monatlich, da sie alle beritten sein müssen. Das nöthige Geld würden theils die Verpachtungen theils würde es das hinabgeflösste Holz beschaffen; ja es würde sich aus diesen Einnahme-Quellen ein Forstkapital zusammensparen lassen. 1) Die Dessätin? Anhang УП. Da die nachstehenden mir in den Wurf gekommenen Zusammenstellungen einiger Angaben über Erndte-Erträge in Ferghanä und etlichen vergleichsweise herangezogenen Ländereien Diesem oder Jenem nützlich sein könnten, so lasse ich sie nachstehend folgen, und schikke ihnen das Verzeichniss der Quel- len denen sie entlehnt sind voran. мн M id bd ei pm - NI OO Où BB YO ND - © очен . Aus den handschriftlichen: Приложеня къ актамъ повЪфрочной комисеш. . Приложения къ Ш-му выпуску counnenia: Руссай Туркестанъ. . Туркестанскля вЪфдомости, 1876, № XI. IE. и. № I, crp. 198. . Bericht des Hauptmannes vom Kreise Kokan. Aus den Akten. Nach Brodovskij, Sambrkx о земледЪми въ Самаркандскомъ paionb. Москва. . Pyccxiñ Туркестанъ, Ш, 1872. . Arendarenko, in Maess, матер1лалы, У, 1879. . In Indien, bei Europäern. . Petermann, Mittheilungen, 1874, XX, IX. p. 232. . In Spanien, nach neueren Angaben über den Ertag der bewässerten Ländereien. . Peschel, Völkerkunde, 1877, р. 529. . Вилькинсъ, НЪсколько словъ, стр. 5. . Akten der Organisations-Kommission. . Костенко, Средняя Asia, 1871. . Nalivkin, in Туркест. вЪдом. 1880, № 20. . Щербинскай, ЗемледЪльч. Газета, 1877, № 11, стр. 172. . Самолевсв!й, Журналь: Сельское Хозяйство и ЛЪфсоводство, 1845. 18. 19: Маевъ, матералы, 1873, II, стр. 507. Nach Aussagen der Sarten, die ich ausfragte. Mémoires de l’Acad. Imp. des sciences, VIIme Serie, УП А. у. MIDDENDORFF. FERGHANA. 1) Weizen — Bugdaj. Erndte von der Dessätin. © Aussaat. Das Preis pro Pud © Höohste. Mittlere. Niedrigste. & wievielte Korn. in Rubeln. In Рафеш pro Dessätin. 1 8,2 252 186 126 30—23—15 im Kreise Namangan 2 60—20 1 3 im Kreise Särafschan 15 19 im Margelan-Kreise 90—54 (bei ausgezeichneter Bestellung) 4 300 150 im Kokan-Kreise 5 12 240 200 im Serafschan-Thale 20—15 1—1,50 6 стр. 28 60—20 7 130 im Särafschan-Thale 8 200 in Indien 80 25—10 9 in Khiwa 20 10 in Spanien 39 11 in Unter-Aegypten 20—8 12 240 140 in, Buchara 0,55—2,50 2) Gerste — Arpa. 8 im Särafschan-Thale 26 5 bei Ssamarkand 240 20 0,60— 0,85 о 0,1228 11 in Unter-Aegypten 18—4 3) Hirse — Taryk (Panicum miliaceum). 1 1 196 96 60 196—96—60 im Namangan-Kr. 5 3 im Särafschan-Thale 100 30 14 bis 500 0,40—0,50 15 100 30 12 4 144 120 in Buchara 7 140 im Särafschan-Thale 4) Hirse — Dshugara (Sorghum cernuum). 1 1 475 380 250 475—380—250 im Namangan-Kr. 2 160 19 180 (bei ausgezeichneter Bestellung) 5 11/,—21/, 240 100 50—160 6 стр. 28 160 160 13 268 130—180 73 im Kreise Kokan 0,30 (Machram) 1 14—13 im Gouv. Cherson 272 (wie Mais behäufelt, gejätetu.s.w.) ре Ce" En PARK о I © м 13 12 [SL д Ei x Aussaat. 2 4 Garnitz 8,2 12 10 V2 7 НЕ N ERS > PAS DREI cz es N ERNDTE-ERTRÄGE. TE Erndte von der Dessätin. Das Preis pro Pud Höchste. Mittlere. Niedrigste. wievielte Korn. in Rubeln. In Puden pro Dessätin. ‚ 960—720 | 48—86 170 Tschetwertj 272 5) Mais — Mäkkä-Dshugara. 300 230—250 150 300—240—150 im Namangan-Kr. in Unter-Aegypten 20—14 6) Reis — Schala. 313 220—250 156 38—29—19 im Namangan-Kr. 16 im Särafschan-Thale 40 340 250 150—100 im Kreise Kokan 480 200 30 (16—40) 0,75 (Machram) стр. 28 - 16 190 (Die Körner betru-) 174 120 90 Igen die Hälfte des] 2Gew. vom Bunde.) 0,45 (Machram) Das Bund wog 21/,] bis 50, Pfund. } in Buchara 30—40 Das Mittel von 23 Ermittelungen 7) Soja-Bohnen — Masch (Soja hispida). 95 95 im Kr. Namangan 8) Sesam —- Kundshut (Sesamum indicum; var. indivisum). 60 48 30 120—96—60 im Särafschan-Kr. 36 1,50 (1,80—1,30) 9) Mohn — Kugnar (Papaver somniferum). 96 im Särafschan-Thale vır* LIT о 15 —1 А. у. MIDDENDORFF, ЕЕВСНАМА. 10) Flachs — Sygir. Erndte von der Dessätin. Aussaat. Das Preis pro Ра = Hôchste. Mittlere. Niedrigste. wievielte Korn. in Rubeln. In: Puden pro Dessätin. ER "a 46 46 = PRE 12 72 50 im Särafschan-Thale 1—2 в MES à 50 30 im Kreise Namangan НО F 11) Baumwolle — Gusä. | т Na 2 126 96 63 63—48—31 im Namangan-Kr. à 3-41), | Be sq 60 15 in Texas Е НЫ 100 им 8 dieselbe unrichtige Angabe über die Aussaat findet sich auch bei Kostenko p. 178 ER 4 2 57 421/, 261/, im Kreise Kokan bei 60—70 Tausend _ 44 я Kapseln $ à: 38 im Särafschan-Thale +: 80 u 4 72 36 x 2 с 7) 12) Luzern-Heu — Bida oder Dshenuschka. 800—600 I. Jahr 100 70 10—12 I. » 225 150 0,20 — 0,80 IH. » bis 1200 300 130 2 300 ; ! in Buchara 0,12—0,33 13) Weintrauben, 800 ERNDTE-ERTRÂGE. LI Der fünfte Theil der Gesammt-Erndte Ferghanä’s, der im Jahre 1876 als Steuer der Staatskasse zufiel. Benennungen der Produkte. (Was mit 523 u.25 gemeint gewesen und Ösch worinsie von 11 u. 12 sich unterschieden, à war nicht zu ermitteln.) Namangan. Kokan. Tschimion. | Margelan. | Im Ganzen. Tschust. | Andidshan. Pud. [pra Pud. | Pud. (Pi. Pud. | Pud. (Pia Риа. en Pud. [Ри] Pud. (Pr. M Weizen.............. .. rec 37,432 | 20 | 70,930 | 15 | 61,378 | 27 | 76,762 | 27 | 125,137 | 14 | 30,894| 2 | 21,721| — | 424,256 | 25 M2. Dshugara-Hirse ................. — — | 62,040 | 23 | 16,927| 2 | 96,600! — |231,457 | 20 | 10,313 | 17 — — | 417,338 | 22 _3. Basch-Dshugara (unreife Rispen) .. — — 4,439 | 31 1,756 | 26 — — | 63,5211 38 2,156 | 35 — — | 71,875 | 10 _ оО 1,000 | — | 14,515| 17 | 6,952| 6| 6,681| 38 | 36,668 | 39 503| 5| 3,267| — | 69,588| 25 7 NOÉ OR — — 6,149 | 32 1,709 | 33 | 27,678 | 35 143 | 15 — — 3,648| — | 39,329 | 35 erstehen essen nat 4,980 | — 1,8550 | 8 453 | 24 4,747 | 4 1,115 | 30 2,202| 7 1,214 | — | 16,562 | 33 ИИ Зо а-Вобпе .. :...........,..,... — — 2,753 | 15 206| 8 669 | 21 5,456 | 31 392| 7 398 | — 9,876| 2 DE Rauch=Tabak....,.........,.., — — 576| — — — 1,414 | 16 865 | — — — — — 2,346 | 16 о, 15,397 | 20 | 99,2871 1 367 | 32 | 328,736 | 20 | 94,974| 9 1,878 | 17 2,805 | — | 542,446 | 19 224 оо AU — — 388 | — — — 811| 37 64| 3 — ге 58| — 1,222 | 31 CES... SRE boss 24197, 140) 91046 A5 1861100 | 37250117 aaa) A eee Ts 869107 О ne орон 442 | 20 4\ 17 — — 255 | 28 — — — — — 702 | 25 15. Hirse ..... и. 54,440| — |- 6,327) 32 | 2781| 1 | 12784 | 24 | 2,169| 28| — || 2703| — | 81,206| — 14. Baumwolle........ DCS SE TOOL — — 1,123 | 33 308| 32 — — — = — — — 1,432 | 25 15. Nachud (-Bohne)................. — — 1| 10 _ — — — 159 | — — — — — 160 | 10 _16. Indau (Erucca sativa)............. — — 13 | 30 -- — — —- 32.023 — = == == 46| 13 | 17. Burtschak-Erbse (Pisum sativum) ..| — — 238| 2 — — 4,148 | 17 — — — — 9 — 4,395 | 19 en... 7677. 008, а el 607) 57214640) #86 557| 20 | 1,476] — | 24,238| 32 19. Kunak-Hirse (Setaria italica)...... — — — — — — | 21,634| 6 — — 1,145 | 12 — — | 22,779 | 18 Е... SE Lens OR MT en Е a EN ES EE A Pere 295 | 21. Schnupf-Tabak ......... НИ — — — — — — 380 | 35 = -- — = = — 380 | 35 N RR — — — — — — — — — — — — | 33,136 | — | 33,136 | — ВН ас вваа.............. И — — —- — — — — — — — 8951 538 | — 1,368 | — 24. Sorgho-Rispen................... — — — — — — — — — — — — | 10,509| — | 10,509 | — и... — — — — — — — — = — — — 310 | — 310 | — Anhang У. Der Kreishauptmann von Osch berichtet im April 1877 es zeigten sich Bewegungen unter den Kirgisen und er habe deshalb auf die Alaj-Hochebene geschikkt, wo bekanntlich der Heerd aller Schild- erhebungen bisher gewesen. Dort sei noch Alles leer und nur innerhalb Kaschgarischer Gränzen hätten sich 20 bis 30 Zelte der Abzweigung Jubasch, auf dem Platze Kapker am Bache Kok-ssu einge- funden. Diese Jubasch, seien, gleich den Dshuri, Ssary-Bargy, Tass-Bargy und Kara-Bargy Ver- wandte der zu denselben Geschlechtern sich zählenden zu Osch gehörigen Kirgisen. Man behauptete dass einige Aule!) des Geschlechtes Itschkelik, so wie der Abzweigungen Naj- man und Teit welche zu Osch gehörten, während der zur Bestrafung der Unruhestifter zum Alaj ent- sendeten Expedition sich zum See Karakul und an den Tuss-Darja geflüchtet. Diese gäben sich jetzt für Kaschgar untergebene Kirgisen aus, um nicht gestraft zu werden. Die Aeltesten (Bij) der Dshuri würden übrigens unter allerhand Vorwänden von Kaschgarischer Seite als Geisseln in der Nähe der Feste Uluktschat zurükkgehalten, am Utsch-Kul. Dieser Platz liege am Fusse des Раззез Ak-Bugus, auf 80 Werst Entfernung von Uluktschat. Nach Wochen berichtet der obengenannte Kreishauptmann abermals dass der Taksaba von Uluk- tschat, Rachim-Baj am Platze Alaj-Ku, an den Quellen des Flusses Tara erschienen sei, um dort von den Kaschgar-Kirgisen der drei (oben genannten) Bargy-Geschlechter Säket zu erheben; diese Kir- gisen hätten aber erklärt dass sie sich unter Russische Oberhoheit begeben wollten, um die verlangten zwei Köpfe vom Hundert, an Pferden und Schaafen, nicht abgeben zu müssen. Ihnen sei mit Anwendung von Gewaltmaassregeln gedroht worden. Darauf läuft schon um die Mitte des Mai vom Kreishauptmann des Kreises Andidshan der Be- richt ein, dass im Osten des Passes Buran-Bel auf den Plätzen Alaj-ke, Urta-Kasyk, Tjareke, Kara-Tübä, Kuk-Dshar und Igry-Ssu sich 400 bis 700 Zelte der Kaschgar-Kirgisen niedergelassen, zu den Geschlechtern Dshuri, Buri, Ssara-Barga und Juasch gehörig. Um Unordnungen zu verhüthen sei ein Fähnrich hingeschikkt. 1) 100 bis 200 Familien. KIRGISEN - BITTSCHRIFTEN. LV .Auf dem Platze Ak-Bugus sei nur der Isch-Bij des Geschlechtes Tengisbaj angetroffen worden. In der That laufen nun gegen Ende Mai folgende Schriftstükke in Osch ein: Von Mahmud-Bij der Abzweigung Dshuri, Tait-Bij » » Ssary-Bargy, Fais-Bij » » Kara-Bargy, Nias-Bij » » Tass-Bargy, Sseid-Bij » » Tauke, und von den‘Uebrigen, Grussverbeugungen dem Min-Basch (Befehlshaber über Tausend) Iwan-Kul, und danach die folgende Bitte: Rachim-Baj Taksaba hat uns arg beeinträchtigt, in Folge dessen er uns zu Zwistigkeiten getrieben, welche in einen Unfall ausliefen. Deshalb nehmen wir unsere Zuflucht zu den Behörden des Weissen Padischah und wünschen seine Unterthanen zu werden, und uns dem Osch-Kreise anzuschreiben. Hoff- nungsvoll überreichen wir diesen Brief und rechnen darauf dass sie uns einen Freibrief vom Hauptmanne des Kreises Osch verschaffen werden; behufs ungehinderten Verbleibes. Dieser Bittschrift folgte eine zweite an den Generalgouverneur gerichtete, folgenden Inhalts: Dem gnadenreichen Jarym-Padischah (Halb-Kaiser) der Wolostj-Aelteste*) der Kirgis-Kiptschak-Geschlech- ter: Mun-Dasa, Bagys*), Chidyrtscha, Kara-Bagysch, Kuschtschi, Kiptschaka, Karakaltak, Kanschi, Mundus. Wir bitten Sie uns zu gewähren dass wir des Gesetzes theilhaftig werden dessen die Kirgisen und Kasaken geniessen in den Kreisen Wernoje, Tokmak, Karakul, Aulieta, und wir wer- den ergebene Unterthanen des Weissen Zaren und Ihrer Person sein. Zur Zeit Khudojar-Khan’s er- litten wir viele Unannehmlichkeiten und Vergewaltigungen. Wir rechnen darauf dass wir unberührt blei- ben von den Steuern Säaket, Cheradsh, Tanap und anderen. Möge Allah mit Ihnen zufrieden sein und Ihr Glükk mehren! 1) Ueber etwa 10 Aule den Befehl führend. Bagysch am Tschu Akkerbau treibend traf. 2) Interessant ist es dass Ssewerzov die Ssary- Anhang IX. Die Kirgisen des Geschlechtes Naiman, zur Wolostj des Irdowlet gehörig beschwerten sich beim Gouverneur von Ferghanä im Jahre 1878 darüber dass man sie dem Isfara-Kreise zuzählen wolle. Seit altersher haben wir — so schrieben sie — zu Margelan gehört, und haben uns nur zeitwei- lig im Sommer auf dem Platze Tomascha mit Akkerbau, ohne Wasserzuleitung, beschäftigt. Dort stel- len sich auch andere Akkerbauer von verschiedenen Seiten ein; unter Anderen gleichfalls Sarten. Im Ganzen versammeln sich dort 150 Kibitken der Unsrigen; wir Uebrigen aber sitzen auf bewäs- serten Ländereien, zusammen mit den Margelanern, haben dort unsere Felder, wintern dort, und unsere Kurgantschi (Ansiedlungen) liegen auf den Plätzen Airbas, Kara-Tepe, Tüjä-Buin, Kara-Ki- dan, Kyk-Dshar und Ak-Utek. Die Bittschrift führte die Unterschrift zweier Bij (Aeltesten). Die näheren Erkundigungen über den Thatbestand ergaben Folgendes: Die Kara(!)-Kirgisen des Geschlechtes Naiman, die im Kreise Margelan leben, zählen 900 Kibitken und zerfallen in 4 grosse Abzweigungen: 1) Busturgaj, 2) Urkuntschi-Tschirgan, 3) Kun-Naiman, und 4) Bulgatschi- Baba, von denen jede wiederum 3 bis 4 Unterabtheilungen zählt. Sie alle wintern und besitzen beträchtliche Akkerländereien in den Vorbergen, von Kuwa (östlich von Margelan) an, westwärts bis Jailma das noch 10 Werst westlich von Utsch-Kurgan liegt. Viele ihrer Ländereien schneiden tief in das Gebiet der ansässigen Bevölkerung ein, und stossen theilweise derart an die Ländereien der Dorfbewohner, dass sie innerhalb der Dorfumgränzung liegen. Die Abtheilung Busturgaj zerfällt in: a) Busturgaj im engeren Sinne, 50 Kibitken gross, b) Tomasch-kum 60, c) Kuke 26 und d) Tschandyke 50 Kibitken gross. Von diesen wintern und treiben Akkerbau auf dem Platze Tomascha, der dem Isfara-Kreise am nächsten liegt, nur die 50 Kibitken Tschandyke nebst nicht mehr als 20 Kibitken der übrigen Unterabtheilungen von Busturgaj. Sie sind getrennt von den Kirgisen des Isfara-Kreises durch den Ssaj Ingitschke, der Tomascha in zwei Theile schneidet. Die übrigen Kirgisen dieser Abtheilung wintern und haben ihre hauptsächlichsten Ländereien in den Dörfern (der Wolostj Auwal) Airbas und Kara-Tepe zusammen 120 Kibitken. 2) Die Abtheilung Urkuntschi zerfällt in die Unterabtheilungen: a) Urkuntschi im engeren Sinne, 70 Kibitken gross. b) Tschirgan 100, und c) Utaj 44 Kibitken gross. Von diesen wintern bei KIRGISEN- VERTHEILUNG. ГУП Tomascha und bebauen Ländereien gegen 50 Kibitken der Tschirgan und gegen 20 Kibitken der Utaj. Die Uebrigen haben beim Dorfe Mojan, auf dem Platze Schur-Bulak ihren Sitz und zwar in der Anzahl von 60 Kibitken; 80 Kibitken dagegen in der Nähe von Utsch-Kurgan, in Ak-Teräk und Kairagatsch. 3) Die Abtheilung Kun-Naiman zerfällt in die Unterabtheilungen: а) Kun im engeren Sinne, 70 Kibitken gross, b) Chodsha bis 65 und c) Buja bis 80 Kibitken gross. Die beiden erstgenannten wintern und akkern zu beiden Seiten des Weges von Utsch-Kurgan nach Kulfion; die Buja aber in der Utsch-Kurgan-Schlucht selbst, auf dem Platze Maidan, in 3 Tasch (24 Werst) Entfernung von Utsch-Kurgan. 4) Die Abtheilung Bulgatschi zerfällt in die Unterabtheilungen a) Bulgatschi im engeren Sinne, bis 95 Kibitken gross; b) Baba bis 90, und c) Bisch-Naiman, gegen 90 Kibitken gross. Die erstere wintert und akkert in der Auwal-Wolostj, zwischen Utsch-Kurgan und dem Dorfe Naukent, mit 25 Kibitken, bei Arawan mit 30, und in der Wolostj Akkatutsk, bei den Dörfern Khan-Aryk und Gar-Baba!) mit 40 Kibitken. Die zweite Unterabtheilung wintert und akkert zwischen Kuwa und Naukent in der Wolostj Au- wal, und die dritte zwischen Utsch-Kurgan und Kuwa auf den Plätzen Ak-Utek, Tüjä, Mojan und Karkidon. Alle vier Abtheilungen dieses Geschlechts Naiman der Kara-Kirgisen wandern im Mai durch die Schlucht von Utsch-Kurgan in das Thal des Alai, dort bis zu den Plätzen Mindshar, Ssynardonar, Ktai-Ssasy, Ssary-Tasch und Tengir-Baj, welche in der Nähe der Berge Kaschka-ssu, Taldyk, Ssaryk-Mugal und Intyk liegen, durch welche Berge die Naiman-Kirgisen von den Wanderstätten der zu Osch gehörigen Kara-Kirghisen geschieden sind. Zu diesen Fernen wandern nicht mehr als 300 Kibitken der reichsten Naiman-Kara-Kirgisen; mit ihnen etwa 30 Kibitken der Kara-Kirgisen des frühe- ren Tschimion-Kreises. Die ärmeren Naiman, welchen wenig Vieh geblieben ist, bleiben unterweges zu dem Hochthale, an kleinen Plätzen brauchbarer Weiden, wo sie auch unbedeutende Flächen besäen, welche nicht bewässert sind. Diejenigen aus ihrer Zahl welche bei wenigem Vieh bewässerte Felder in der Nähe der Dörfer be- sitzen nomadisiren entweder gar nicht oder nur bis zur nahen Utsch-Kurgan-Schlucht. Die Naiman, endlich, welche sich auf dem Platze Tomascha aufhalten, wandern gleichfalls auch nur in der Nähe; nicht mehr als 20 Kibitken der Reichsten unter diesen gehen bis ins Thal des Grossen Alaj hinauf, SE Es ergibt sich daraus, dass mit Ausnahme von 150 Kibitken alle Kara-Kirgisen des Geschlechtes Naiman, mit der ansässigen Bevölkerung des Margelan-Kreises in engster Verbindung leben, dass ihre Aekker mit den Aekkern dieser sich mischen. Sie neigen überdiess alle zu den Basar-Märkten Kuwa, Utsch-Kurgan und Margelan, welchen sie Salz, Wolle, Kohlen, Felle, Haarseile. und Schaafe zufüh- ren, und von denen sie Korn, Bekleidung u. d. unumgängliche Bedürfnisse beziehen. 1) Nur 8 Werst von Margelan. Mémoires de l'Acad. Пир. des sciences УПше Série. VIII Anhang X. Obgleich die nachstehenden statistischen Angaben nur als vorläufige zu betrachten sind, so ist doch die Zahl der Medresse, Metschet, Schulen u. s. w. als ziemlich genau anzusehen. Am wenigsten dürfte die Anzahl der Buden zutreffen, welche insbesondere in Namangan bedeutend gewachsen sein soll. Mar- Selan und Namangan geben glaubwürdigere Angaben als Andidshan das offenbar ungenaue Zahlen bietet. In den nachstehenden Städten gab es im Jahre 1877: In Margelan. Tn Andıdshan. In Namangan. Не MER EP ET RME ее 5239 (in 4 Stadttheilen, nebst dem Ва- sar als 5-ten Jeder Stadttheil zer- fällt in etwa 16 Quartale) Medresse tonnerre 28 (mit 417 Studenten) Metscheti ra tetes den 214 29 Karykhane (Häuser #. Koran-Leser. (mit 130 Mullah, 214 Imam und 214 Muedrin) Schulen ee ee fer dere 70 (mit 780 Schülern) Badstubent. une. 4 Karawan-Ssara]e wre eee ser 8 (von denen 6 mit Buden besetzt u 2 von Indern eingenommen) Thee-Schänken т ou een 35 Barbierstuben.... mr. m 38 ВИЧ na ee 2246 (von denen dem Staate gehörig 489 Vale ee 686 10,567 (seit jeher auf 43 Machale ver- theilt. Neuerdings sind aus den an- stossenden, ausserhalb der Mauern gelegenen Dörfern drei Wolostj gebildet). 10 328 13 (263 unterrichtende Mullah.) 93 (Mekteb-khane) (mit 1692 Schüler) 13 15 (von denen 4 durch angereiste Händler an Basartagen besetzt; 7 beständig von Indern eingenom- men; 4 unter Buden) 65 1687 (beim Aufstande 1875 an 3000 Häu- ser in Ruinen gelegt) 59 (mit 898 Schülern) 8 4 (2 unter Buden; 1, einem Inder gehôrig enthält 28 Zimmer, welche indischen Wucherern und Zim- merleuten ständig vermiethet sind) 150 (es gab 16 (Kuknar) Opium- Schänken u. 20(Nasch) Chaschisch- Schänken, welche geschlossen wur- den) 20 über 1317 (von denen viele leer) IE CU ла STATISTISCHE ANGABEN. LIX In Margelan. In Andidshan. In Namangan. unter ihnen handelten mit: оО ово nine 2e Mines e 214 20 59 ROUE MED 15 (an Basartagen vermehrt sich die (еее SRE 10 Anzahl der Fleisch-, Brod- und Gemüse-Buden) Brodfladen (Bäkkereien)......... 62 20 35 ет иене, | 21 10 Getrokkneten Früchten ......... 401 20 (viele geschlossen) 112 (nebst 30 unter Nothdächern) Эрезен!.........: ns eee НЕ 9) . 15 18 С 0 ER A n 160 19 42 Maker. sa. nee ele ete. » EST | 9 30 EICHE OD ор 5 Wen особа по 7 Gewürze und Materialwaaren.... | 16 4 SAS обор ое 14 VE неона 11 6 Rich und Зее. еее 51 12 17 Schnupftabak (in den Mund)..... 14 16 (nebst 7 unter Nothdächern) Becheundaleime Re... | 16 Möpfergeschirt. rs 00180» eee are 16 44 44 Kupfergeschitr 2 00. eee 0 0 24 11 Messer... el 15 8 18 CRI 5 ооо ое 2 5 Schmiede-Werk und Eisen ....., 78 5 40 Silber-Arbeiten ...........,.... 4 4 INlechtwerkae M Re оон 19 Gesichtsnetzer еее. 2 ан | 11 11 5 LEA ее ara | 5 5 SCHL ZEUC EEE semer | 109 10 78 О О о Meme. 3 14 АСЕ EU Dylan ete ee see weine à | 18 25 Kahnstochere een onen eine. | 5 SORA TO RICE EE M ne le den cie | 81 21 89 О о Брови 64 20 BALÉENNEMAEME Re. use se 4 Manufakturwaaren .........,... 86 38 76 (Zitz) DELTENWAATEN ER eee saisies nenne 8 Galanteriewaaren .............. | 140 57 ITS SET FAN nee ne nen | 24 6 18 Kanaustund Adräss ............ | 68 9 2] тер, een 10 a laser entries eine 7 Вано о ee Lecce. 14 О se RTE | 46 20 Alatscha und Teppiche, Dekken.. | 14 50 ЕО ета eee ne | 9 Bedrukkten Baumwollzeugen (Wy- | 24 HO) pa ANS | 30 17 Harberwaaren ar. see еее. 45 10 83 Holzwaaren und Kisten......... | 8 Пре een et 20 Bucherneund Papieren... nee 8 4 5 Kleinkramer te ere à ae Sonore nes ele 86 45 46 Мото Не ER EREERNEERE 221 An Gewerbe-Anstalten, Gewerbetreibenden und Handwerkern wurden gezählt: Hneeschänker.. 0.5.1... ..:. 101 MELON AC TO EEE 89 AMD TO Re a. ee nenne cree 22 20 (Hauptgegenstände der Ausfuhr waren: Rohseide, Alatscha, Bäs, Käppchen, Wybojka, Schlaafrökke, Lederwaaren, Schuhzeug, Leder, verarbeitetes Eisen und Gusseisen, Baumwolle, getrokknete Früchte. Hauptgegenstände der Einfuhr waren Schaaffelle (Merluschki) und Vieh. Die Ordnung wurde in der Stadt durch zwei Kurbaschiu. 4 unter ihnen stehende ältere und 17 ge- meine Polizeidiener, aus der Zahl der Eingeborenen aufrecht, erhal- ten, welche kein Gehalt vom Staate beziehen. Verwaltet wird die Stadt durch Amine). (Akkerbau und Gartenbau sind die Haupt-Erwerbszweige. Hauptge - genstände der Einfuhr: Manufak- turwaaren, Tuch, Seidenzeuge , Turbane, Filzteppiche, Leder, Ei- sen und Eisen-Geräthe, Kupfer- geräthe und Kupfer, Alaun, Thee, Zukker, Farben, Nil, Vieh. Hauptgegenständeder Ausfuhr: | Baumwolle, Rohseide,Mata, Schlaf- rökke, Dekken, Wybojki, Schuh- zeug, Kummete, Sättel, Pferdege- schirr, Karren, Felle, Schaafpelze, Haarseile, Weizen, Mehl, Reis, Dshugara u, andere Produkte des Landbaues. Ein Kurbaschi, 10 ältere und 13 untergeordnete Polizeidiener beaufsiahtigen zugleich die Nacht- wächter welche von den Hausin- habern gestellt werden. LX А. у. MIDDENDORFF. FERGHANA. In Margelan. In Andidshan. In Namangan. Bichtziehereien. ее. 3 8 8 Seifensiedereien. ............... 12 Topierelen я еее 7 25 52 Kalkôfen: 7". а eee т Ziegeleien инте SNL 1 (mit 4 Zieglern) 6 2 HisenOfelL ere оса. - 8 18 4 Mühlen un ers Pad: 177, 28 еее 182 82 (mit 183 Oelschlägern) пашет 125 146 Gerbereien tee ee de 60 à 50 10 (mit 60 Gerbern) Kupferschmiede............ ... 24 12 11 поел не 83 70 40 Schlosser. re ет 23 Bilberarbeiters rte ent. 7 22 4 Graveures tn A en Nr ere 10 7 Tederanbeiterse en ne 17 Schuhmacher Se 271 249 46 Sattler für Pferdegeschirre ...... 40 16 28 SEHR SR OR ot bo To Tue 20 4 40. Karrenbauer ..... ль 132 217 38 ое, ee 15 16 28 Баре ав ое 21 25 82 Zammerleute meer 55 97 105 ВОВКА его. ban 80 62 63 SIeINMELzeR ee ee RER 20 2 182 Schneiders. mi а, erstere ö 9 16 62 Но ово 87 8. 40 Мерен вн 32 (у. 4. jed. 3—4 Webest. beschäftigt) Es weben: Seide wird in 39 Häusern verar- a) Adrässy. SR Meet 496 }beitet, in jedem Hause von 4—5 b)aMusselins ee nee: 88 I Männern. Сре, пены 375 у 348 d)-Alatscha. еее. 205 1 ÖLEN ER 204 J f) Posträd und Wyboika .. 17 392 Cocon-Haspeln? (Pilli)....... Re 70 Watte-Verfertiger.............. 10 : : à Ве, 2500 Rub. 1875/76 446000 Rub. 64500 Rub. о - { 1877: 7: 1000 » (hauptsächlich Zitz und Tuch) : x À 18762. 35,000 » = Die Ausfuhr betrug 1877 211.000 x 520,000 Rub. 237000 Rub. (insbesondere Kaljäm und Wy- bojka) (Die Ordnung u. Reinlichkeit wird von 4 Wolost - Verwesern unter denen 60 Akssakal stehen, über- wacht). 1 { nn Е 4 + ; . | Мл Middendorff: Emblieke in Ferghana ТТ. | И En de T’Acad. Пар d.Sc.VILSerie. bi 4 | & ; +. vi Ne р N a og = % EG ВР NÉ 1 N. à Е, ei 0х0 = А D N >. 2 ll —Я 2 "AM о ISIS ZINN NN = | | | (ll ААА ILES А N * — | мо in I} ll) il | LL a Q \ dd es À ААА \ Е . . К NS KR NN < _ Sanddune bei Patar. AN À N o < _ о И Le . = D —— 0 (268) => a = = Е ЕЕ = m an | I И _ ; 050 = N == NS = — к А /] fe N 286) un U 102 N 0 ы NN Nr À ah v nn NL Lith de Castelli S’Petersburg. L SS, 1 NI m | \ nl ati éhana ТП. Му Middendorff. Einblicke in Fer | y a Мат. de l’Acad. Imp. d.Sc.VILSerie. | ` EN 7 N 2 < 7. N ze N й 2 De ‘ \ / \ й \ 2 \ / й NS у \L/ | ) EE EEE EEE III, ААА АА Il | | My, an, 1 2 7777) ПИР, «РУДИ u mens E 2 =. === = Е === = ЕЕ Os, = $ == == De SINN N ES = ЗА == nn А | ® É — АА = urn ААА ЕЁ & `` Ga № IR S lu, ‚ — 250 =. | и KZ G TC = KT Ä \ === - AK N eo 4 S —®< оЫЪ#“ о м = РТ, И eu м LTÉE mm EN AN | « = EN ZINN : = EN AN - Е = „Е N ZN Г A NS EZ IS | \ DA 7 N EAN = | N ZN / к I, N 8 ZN Z,\\\ $ AN И Lith de Castelli S'Petersburg. РИ x \ \ ` ` DS De \ S SB —— > x г PUM й , у й / / da BE LUE nu ВЕ: у | Г И? LE О Те 4 Su N UNE ö $ ! en N . у MN . ire Ки 5 i me | и | ù + Г \ NON NS я | | у : С . 15 = Г . & у | и | | ЕЯ Г. A . - \ 2 > . ® . . x "à m . . + Е ' . Mern.de lAcad.Imp d Sc УП Ser A.v.Middendorff: Fershana.T Il Jasdschlofs des früheren Khan's im Dorfe A-im. Nord NSS К UA RÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜÜO N N N N À SI à S S \ N ® \ a _ 2 | À [4 . R ? à ra À à À N N | в N _ о ÈS _ N N р НИИ НИИ и à ss SS ОО Seal | $ 5 & N S iS N N ИИ БО SSIESSSISSSSSS Я Ка SAN LS È N 4 Verdeckte ÈSSISÈ N N = SS ЗЫ К] ES B S = IST ЗЕ Ha aut. vu м \ A м © АМ” x С À À = < N end | S N 3 LU & N О С. rn в. № S 2) N N 8 мол SIT & в В IS 8 S N N А SIIIISTIIIIIIII RSS ESS N Я Е III 77 m3 ie r cu EE э > ur 2) ——  АХД ET II>>IIISISIIIIIIIISY SSTTTEÄÄÄRRRK«e«« I Ks «K—K«<—«< ;— N <:<=> о z 5 Sur SAR À er ne — 6” breit gl breil I’ bre н ем, Tempertur 9 J AC г о Die Arygks 1,99 u à fi on am Rande der Felder, 40m liegen sie höher die übrigen um à роде . ‹ - ‘ . . . Е , у - { | . 5 6 5 . ER й | x € ` . “ й ' 4 Er Mem.de lAcad Imp d.Sc.VIL Serie Сене Sarten. TU = ai Linblitke in Fershana, а | р . . | ` = - - . | Li < р ] = | er . > + ao эс УИ бет I m a Mem de l'Acad | : Js г A À ит р Я | Г u | у . u EN LA L + L | : | | | a.T VI \ eréhan 1 icke in F Av.Middendorff. Einh Mem.de 1 Acad Imp d Sc VII Série Lith. C.de Castelii. Мета de Acad. ap.d.se’VIlSerie LS PA EAU =) | Xe jh «ÉD . Chanowat = S hd > D.Kara -Tübg ; © D. oschurarı On Kosch-Rajragatsch = © OD.Kurama -Tut ©” Tepe Kur d f р = DB. Akss‘ / Tr: : и р) \ © DBardymqur A a, FG al | | | ß д А Ор. Min -Bulhk =) р R = Q À IE 9? 554" Av.Middendorit: Fershana. ТУШ | NO D.Vtsch Kurgan Die Bewas serungen im Kreise NAMANGAN. CE ТИХ. \ Av.Middendorff. Einblicke in Feréhana | | | | Мет. de l'Acad Imp d Sc УИ Serie. BODEN- UND WASSER-UNTERSUCHUNGEN AUS DEM FERGHANA- UND SSYR-DARJA-GEBIETE. Prof. Dr. Carl Schmidt IN DORPAT. Mémoires de l'Acad. Гор. des sciences, УПше Série. > С. ScHMIDT, FERGHANA. Pusu C2 QE a CSS bou LU , 5 4 Е НЕ 258 Рана | НаЕаЯ | 238 ЕЯ ge 5.5 AE ‚ЕАН | ЗРЯ | £S 4 SE Sc ЕЕ 120 F323 |Eus8a| E53 „en S,n rs = u eos Е © = Se — S£us M'= Sau] SSLE 2285 Act 5 = Theile lufttrock а = he Bid | Sun | Szene eh 100 Theile lufttrockenen 839332 SIE 533 3255 el ЕЕ ass Е ” SE 02 33.4 ee со = Я иен Des 857 38 Sandes, Löss, Thons etc. 22528 РЯ? A TÉ ее no > 3 ganz 22538 Sdasv| 838 БЕН 52.2 | SEX | 51628 | в.в enthalten: 252-8 Ее a ESS re S SET | HE BR SE ЕЯ 284 no | 23 £ | Ша | пой 208% Ss 382 © > © 5 Зо À Dr A$ ae 50 TS SES я = Ei rez ETS 5$ ЯРО STE A 3538 38 se ENS Ее 155.88 | 58° EEE DE 3 238 BASS |288 | San HE RE se sa" зо |SäsER | 75 bei 120° entw. Wasser = aq....... 0,3453 0,4200 8,7484 0,5292 | 1.5519` 4.597 } H,O (Hydratwasser) + organ. Subst..| 0,6695 0,6386 1,8344 1,0445 2. ” 0,308 3 in Wasser lösliche Salze ........... 0,0549 0,0321 29,7484 0,0630 74,2045 21,661 % a) feinster Schlamm ... Schlämm- |8) mittelfein .......... 28,014 produkte y) Sandsediment..,.... À . bei 1203 tr. fo) Grant :...-...:-... 47,848 ВОт, еее. Phosphate und Carbonate .......... 11,8270 38,3044 23,9612 3,3657 47,653 35,147 Silicate und Quarzsand ............ 87,1284 60,6851 35,7126 94,9976 24,9800 26,089 64,550 2 $ fChlorkalium KCI1........... 0,0259 0,143 = S | Chlornatrium NaCl ......... 0,0299 0,0147 0,0596 0,0101 р 2,142 5 ) Kaliumsulfat K,S0,......... 0,0841 2 © ) Natriumsulfat Na,SO,....... 62,4234 11,287 =’ | Calciumsulfat CaSO, ........ 0,0250 0,0274 29,6888 0,0529 8,5121 6,977 27 A Magnesiumsulfat MgS0, ..... 3,1500 — 0,512 Phosphate (Caleiumphosphat СазР.О,. 0,3517 0,1456 0,1341 0,1847 0,206 0,468 und Caleiumcarbonat CaCO, . 10,1198 35,0403 21,5095 2,5949 47,447 34,679 Carbonate. (Magnesiumcarbon. MgCO, 1,3555 3,1185 2,3176 0,5861 Ка КО, EN eee 2,2657 1,5886 1,3027 2,2894 0,7941 1,0748 2,763 SS | Natron N3,0,. ..2.2.....0r.: 1,6010 1,5226 0,8813 1,6242 0,3201 0,2344 0,627 N Nm, О а 0,0162 0,0102 0,0081 0,0126 1,0900 0,1438 0,102 SZ | Magnesia MgO............. 3,7331 4,1658 1,2296 1,3706 0,3700 1,2280 2,437 SF ) Manganoxyd Mn,0; ........ 0,0031 0,0125 0,0044 0,0061 0,0021 0,0091 0,004 ЗЕ |) Eisenoxyd Ее,О; ........... 3,2170 1,1383 1,5425 1,9835 1,0100 1,5289 3,580 Во | fhonerde АО: - .......0.. 11,3992 2,6657 6,5545 10,7044 6,5351 4,2485 11,464 2e 1.Titansäure NiO,...0.......: 3% | Kieselsäure 510............ .| 41,0906 37,8567 23,8899 59,1976 14,6736 17,6216 43,573 ne (Quarzsand (in 33%, HF unlösl.)] 23,6820 11,6450 0,2847 17,8092 0,1850 N Magnetkies Fe,S, ....... rs cure 0,1205 0,0797 0,0149 Schwefelsäure БО. ель 0,0147 0,0161 17,4640 0,0311 42,2941 10,7996 Chlor C1. ое. 0,0181 0,0089 0,0361 0,0061 0,0123 1,7298 Phosphorsäure P,0, ........ ие. 0,1611 0,0667 0,0614 0,0846 0,0943 0,215 Kohlensäure CO... 00.008 5,1626 17,0115 10,6782 1,4487 20,8770 15,259 А) UNTERSUCHUNGEN DER BODENBESTANDTHEILE. 1 a т m TS von не «= 110) Mojan. Fruchtbarster =.» : E 88 Е 3 832 а Е 5 CET: 3353 |Lôss der Höhen.Schlämm-| 33% 11) Mojan - Höhen- A я Sa2& Ss 3.9 3 ann URL © Schlämmprodukte. ЕЕ | Sages | 553 | Sox |За48 ue is TERn. al) = 5 oo IT OH 3 , < = Ben és Moss EEE | due. | der |383: &s | 518 | Sais | 58 | 888 вая lys Чена | «зе 2ses8| 5 ges Bes LÉ >33 ee | Я-.--| 2385 Se па Я = Я ser > == ag N = 27 b STE € EEE DE, Ss om 38 2 3 за, я mis nas азия AREAS PS » 80 © S à р ra Sg ze. on 22€ ВЕ |Srn.t] Sos | SÉSS |45.,9| Se | sie | dass Ss 232 fée | БЗЕЕЯ| goss | 249 | Е3Е25 Ess | Pas: | 2383 | 5: ЕЕ me ЕЕ | anus | 282 |) een | за | ЕЕ | са | si 5 5 & 3.8 = & ESF a = ны - ее > Sue Е Еее | Sas | Зв Se | Ca |7 | aa | 2% | 585 2 и 28 PS À зе ao w & © ао Gi Se 7 g => 12 Eng $ = Е =. &n AT Das bis | 22 | | а | {5 | SE 2255 eme DA.E === mes 8 + 23а 25 « = => 2 10,0647 1,5893 0,2896 1 | | 6,7943 2,8543 3.0062 0,9104 1,7120 0,0202 1.2896 1,4120 1,2990 3,129 49.9787 1,2967 26,6792 2,1864 0,9231 4,1073 2,9316 | 41,357 | 13,7497 | 55,086 82,3926 79,014 4,8513 23,3182 6,4547 68,5398 50,8568 86,3196 79,0284 | 2558609 | 89,4892 16,733 38,3757 72,5308 48,1952 26,7715 47,1896 12,7371 16,8408 72,7271 6,2802 0,4064 0,0287 0,2221 0,0279 0,0898 — 0,2891 0,2800 0,1236 0,0046 0,0187 44.3090 0,4480 9,4161 0,0789 0,0236 3,129 3,2932 0,3570 10,1121 2.0560 _ 0,9231 3,9257 2,9316 ? 1,2510 0,1830 6,8053 0,0049 0,1206 0,156 0,1343 0,2914 0,4873 0,2144 0,3831 0,1017 0,1404 0,2982 0,117 78,858 4,7170 22,8897 5,9674 67,3653 50,0010 84,8286 77,5109 244722 87.9162 ; 06371 | 0,9601 0,4727 1,3893 1,3771 1,0905 1,4551 0,629 1,1351 2,0525 1,4449 1,1656 2,1854 0,4757 0,9553 4,2322 0,4427 0,123 0,7482 0,7931 0,7481 0,2652 0,5392 0,0320 0,5923 1,5816 0,4444 0,241 0,2133 0,2079 0,5931 0,0809 0,1263 0,0521 0,7213 0,5712 0,7622 1,140 0,9015 1,4492 2,4914 4,3075 10,3218 0,0703 0,8991 3,0555 0,5679 0,017 0,0311 0,0107 0,0418 0,0248 0,0186 0,0310 0,0426 0,2842 0,0041 1,100 1,2757 2.6854 2,2271 1,6782 3,1203 0,7044 1,6064 4,3191 1,2006 2,167 6,4180 20,1350 11,3200 3,5289 6,7555 1,3354 2,4048 13,2406 0.6928 11,316 26,7091 45,1856 29,6097 15,6324 24,5096 9,9862 8,0445 45,2941 2,1655 0,9437 0,0114 0,3191 0,0880 0,2129 0,0188 0,2186 1,840 27,9565 0,5842 15,7863 1,2646 2,4025 0,3684 0,1833 0,1805 0,0169 0,0184 : 0,071 0,0615 0,1335 0,2232 0,0982 0,1755 0,0466 0,0756 0,1366 0,0540 34,697 2,0755 10,4052 2,5918 30.1436 22,2480 38,0598 34.8958 11,3390 39,4450 1* у — D _ ' er В va De $ 5 — <. о = u . = u : | | : : | | Е у й 5 . й u й : — D : >, — = 5 =; L LA : : | и _ О - | . x . . 1e = = о ы 4 1 | 5 | р _ | |: . | = LL — | И 4 | и | . | | : >. ae 5 ZZ LL . ! le = on 5 5 . ' Г _ à _ _ ul J I 5 5 — = u 1 — LL = С. Зенмтот, FERGHANA. 100 Theile Jufttrockenen Sandes, Löss, Thons etc. enthalten: bei 120° entw. Wasser = aq....... H,0 (Hydratwasser) + organ. Subst.. in Wasser lösliche Salze ........... a) feinster Schlamm ... Schlämm- ff) mittelfein ..... produkte ду) Sandsediment bei 120° tr. |8) Grant .. =) Rollstein Phosphate und Carbonate .......... Silicate und Quarzsand ............ Chlornatrium NaCl Kaliumsulfat K,SO, [man №50, 23 ль КО. ... Calciumsulfat CaSOQ, ... Magnesiumsulfat МЕЗО,..... und Caleiumcarbonat CaCO. Phosphate ыы Cabo, | Carbonate. (Magnesiumcarbon MgC0, Kali K,0 Natron Na,0. Kalk CaO ... Magnesia MgO. Manganoxyd Mn, Eisenoxyd Fe,0, . Thonerde Al,03 .. Titansäure TiO, Kieselsäure SiO, Quarzsand (in 38%, e und Quarzsand (in 33%, НЕ unlöslich). ñ Magnetkies Fe,S, ....... 5605000] Sch Chl = 2 1 Æ 5 pes | 44 |+ A323 15 28 Bess | 22 ЕЁ ВЕН | CE ЕЕ AE A = 282 25288 SE 25% НЕЕ ASE san ЗЕ Эа =33 as: 32333 AS яга BSSER| каб 533 НЕВЕ ЗЕЯ За ааЕИЯ | Ze 382 2053 ЕЕ ss SEEN 2m Sur 3338 58 ES airs | #9 & CEE SE == 0,3453 0,4200 8,7484 0,6695 0,6886 1,8344 0,0549 0,0321 29,7484 11,8270 38,3044 28,9612 87,1284 60,6851 35,7126 Г 0,0299 0,0147 0,0596 0,0250 0,0274 29,6888 0,3517 0,1456 0,1341 10,1198 35,0408 21,5095 1,3555 3.1185 2,3176 2,2657 1,5886 1,3027 1,6010 1,5226 0,8813 0,0162 0,0102 0,0081 3,7331 4,1658 1,2296 0,0031 0,0125 0,0044 3,2170 1,1383 1,5425 11,3992 2,6657 6,5545 41,0906 37,8567 23,8899 23,6820 11,6450 0,2847 0,1205 0,0797 0,0149 0,0147 0,0161 17,4640 0,0181 0,0089 0,0361 0,1611 0,0667 0,0614 5,1626 17,0115 10,6782 4 Mm. Durchm. Löss-Niveau. Rollgrant 0,2 bis 0; 4) Ssyr, 1 Werst von Min Bulak Sand unter Löss-,3 Fuss unter dem 0,5292 1,0445 0,0680 3,3657 94,9976 0,0101 0,0529 0,1847 2,5949 0,5861 2,2894 1,6242 0,0126 1,3706 0,0061 1,9835 10,7044 59,1976 17,8092 0,0811 0,0061 0,0846 1,4487 ystallmehl. Glaubersalz , etwas Gyps, Bittersalz und Thon, 5) Salzwüste Kara-Tjube W. von Scharichana. Weiss. Kr. Gemenge von II 1,5519 74,2045 24,9800 0,0259 0,0841 62,4234 8,5121 3,1500 0,7941 0,3201 1,0900 0,3700 0,0021 1,0100 6,5851 14,6736 0,1850 42,2941 0,0123 g 6) Mojän-Höhen, Salzauswitterun; am Gryphaea- und Muschel-Kalk- stein, Gemenge hellgelben Th, mergels mit Salzkrusten und Roll- steinen von 2 bis 11 Mm. Durchm, } 28,014 N 47,848 47,653 26,089 0,143 2,742 11,287 6,977 0,512 0,206 47,447 1,0748 0,9344 0,1438 1,2280 0,0091 1,5289 4,2485 17,6216 10,7996 1,7298 0,0943 20,8770 pro- 20° trocknen , 6 (x В) enthalte: 6) Mojan - Höhen - Schlämm, Thonmergelschlam dukte. 100 Th. bei 1 0,303 35,147 64,550 0,468 34,679 2,763 0,627 0,102 2,437 0,004 3,580 11,464 43,573 0,216 16,259 20° trocknen und Rollstein-Sedimentes, 6 (v,8.c) enthalten: 6) Mojän - Höhen - Schlämmpro- dukte. 100 Th. bei Grant- 19,014 16,733 3,129 0,156 78,858 0,629 A 0,123 0,241 1,140 0,917 1,100 2,167 11,316 A) UNTERSUCHUNGEN DER BODENBESTANDTHEILE. Hellgelbes п dürren Sten- r mit Stengelfrag- 7) Kokan Jany Kurgan, braunrothe gend. menten. geln emporra; Salzinkrustation, lockeres Pulve! 6,7943 49,9787 4,8513 38,8757 0,4064 0,2891 44,3090 3,2232 1,2510 0,1348 4,7170 1,1351 0,7482 0,2133 0,9015 0,0311 1,2757 6,4180 26,7091 0,9437 27,9565 0,3684 0,0615 2,0755 1] pen, 8) Lüss der Salzwüste Kokan Jan aufschlämmend. Kurgan. Hellgelbliche Klum; in Wasser leicht zerfallend und 2,3543 1,2967 23,3182 72,5308. 0,0287 0,2800 0,4480 0,5570 0,1830 0,2914 22,8897 0,6371 2,0595 0,7981 0,2079 1,4492 0,0107 2,6854 20,1350 45,1856 0,0114 0,5842 0,1833 0,1335 10,4052 | 'y-Aryk Margelan. Oberfläche bar. der Salzwüste, wie dicht mitSchnee bedeckt aussehend, Wird frucht- 9) At 10,0647 8,0062 26,6792 11,3200 29,6097 0,3191 15,1868 0,1805 0,9232 2,5918 | ‚wohlaus d. Gryphaea-Schicht und auf schlämmend. 10) Mojän fruchtbarster Löss der 6 entstanden, Hellgelbe Klum- Höhe, N pen, in Wasser leicht zerfallend 2,1864 41,357 55,036 68,5898 26,7715 0,0279 0,0187 0,0789 2,0560 0,0049 ^ 0,2144 67,3658 0,9601 1,1656 0,2652 0,0809 4,3075 0,0248 1,6782 3,5259 15,6324 0,0880 1,2646 0,0169 0,0982 30,1436 1* 10) Mojan. Fruchtbarster| 2 1 5 = Löss der Höhen. Schlämm- 3353 11) Mojan - Höhen- | produkte. Ses Schlämmprodukte. | ; > aS 8 = = | sa aus | Sie | = | 5 ZE ве Sec | RE аз 22 280 НЕЕ ЕЕ Яя ses |aèée | 4825 | Se | 23 Ras | F8£5 | 23 =E аа sär | 8 =? = 3% Е ЕЕ 23 ЕЕ SE “Sg аз а LÉ EE Te = вё A SA ‚2896 1,7120 0,0202 1,2596 1,4120 1,2990 0,9231 4,1073 2,9316 13,7497 82,8926 50,8568 | 86,3196 79,0284 | 26,8609 | 89,4892 47,7826 | 12/871 16,8408 | 72,7271 6,2802 0,0323 0,0046 0,0236 0,9231 3,9257 2,9316 0,1206 0,3881 0,1017 0,1404 0,2982 0,1179 50,0010 | 848236 775109 | 244722 | 87,9162 0,4727 1,3898 1,3771 1,0905 1,4551 2,1854 0,4757 0,9558 4,2322 0,4427 0,5322 0,0820 0,5923 1,5816 0,4444 0,1263 0,0521 0/7213 0,5712 0,7622 10,3218 0,0708 0,3991 3,0555 0,5679 0,0186 0,0310 0,0426 0,2842 0,0041 3,1203 0,7044 1,6064 4,3191 1,2006 6,7655 1,3354 24048 | 13.2406 0,6928 24,5096 9,9862 8,0445 | 45,2241 2,1655 0,2129 0,0188 0,2186 2,4025 т 0,1366 0,0540 0,1755 0,0466 0,0756 к 222480 | 38,0528 3418258 11,8890 39,4450 4 С. SCHMIDT, FERGHANA. о à , Schlämmprodukte von №1 SE Schlämmprodukte von № 12 Namangan A = Fee Jany Kurgan Löss-Absturz. 8 Nanaızan ane a = > = en - бя Е à ВЕ 5. в Бе ZE Е = 2 Е I A 2 de) a ” 100 Theile lufttrockenen аня | 38 3535 33 Sa ne 2 à Вы 25 SE 2 ER: Ra == as Я bu 90 Sn; str 2 - яз 2 np … =з Sandes, Löss, Thons etc. 523% га о. 25 SE = re Е 252 SE Eee en ЕЕ EI U м —ч = enthalten: E23 ЕЕ: та 5 = à DD ЗЕЕ 2 аня в 2.4 = ‘5:8 ЕЕ SÈA = à а TT a 83 2 ЕЕ: Sa® НЕ = 2 58 1 = 5 ASE | 58 UE SIE a м 28 = | = > © = on > + 3 — EE == 2 >= = за > bei 120° entw. Wasser = аа ....... 1,4809 H,0 (Hydratwasser) + organ. Subst.. 2,2746 | 1,2322 in Wasser Jösliche Salze........... 0,1506 0,3535 а) feinster Schlamm ...| 19,3166 Schlämm- 8) mittelfeiner ........ 29/4020 66,9160 produkte +7) Sand-Sediment ..... 49,6486 41,2361 Бел 1205 tr] O)!Grante ae. 2) ВОЛ ... na... : Phosphate und Carbonate ..... PER 20,0268 21,1006 Silicate und Quarzsand ............ 76,0671 77,6672 2 . fChlorkalium KCI............ 0,0097 - 0,0389 = 8 [Chlornatrium NaCl.......... 0,0686 $ JKaliumsulfat K,S0, ......... 2 © }Natriumsulfat Na,SO, ....... 0,0221 0,1204 ='5 [Caleiumsulfat CaSO, ........ 0,1188 0,1312 =” (Magnesiumsulfat №250, Е Phosphate (Caleiumphosphat Са.Р.О, 0,5419 0,2733 0,4124 0,3558 0,2952 ss 0,367 und 4Calciumcarbonat CaCO, .. 19,0947 16, Carbonate. (Magnesiumcarb. MgCO, .. 0,5902 3,9196 Se КАКО, SRE ee 2,1948 2,8176 Е ‚= [Natron Na,0............... 1,4087 1,1163 DRE Ка Са ее: 0,3012 35 | Magnesia MeO ............. 1,5946 1,9790 SF )] Manganoxyd Mn, 0......... 0,0037 0,0220 35 À Eisenoxyd Fe, Os .......... 1,4506 - 3,1830 245 INDhonerder АТ О... 12,2015 19,4692 Se |Titansaure Ti0,.-.....00 2% | Kieselsäure $10, И 56,3294 48,5089 2:3 \Quarzsand ( (in33%/, HF unlösl.) 0,5826 0,5712 Schwefelsäure SO, :...... 4,04. 0,0826 2,5280 Chlör:Gl ra. an een de alnar СЫ 0,0047 0,0567 Phosphorsäure P,0,.........:,..., 0,1566 0,1252 0,1889 0,1630 0,1352 0,1155 0,1685 Kohlensäure CO... .… SE 8,7104 7,3306 9,6717 9,7692 0,2632 9,5018 9,3490 0 А) UNTERSUCHUNGEN DER BODENBESTANDTHEILE. ET 4 BE, Spän-Löss-Hügel- Е 3 14) Spän-Lösshügel, rothe Schicht. | о = 14b) Spän, Rother Lösshügel. FE я Schlämmprodukte. = eo Schlämmprodukte. | De =. Schlämmprodukte. 05: ars ; = | = NS =. TE S d Se SE о . | PE le] ' р в”. & К Я > > = RER „о я += Es. | 55 ae a ee: Е ES | 2555 | 89 53 =E “ES Яя Е MES | Se Su ex | STE | Sn ан = EE я о $ 2235 | 384 | 55 Sä | gase 25: | = ВЕ TR os R= ms ei mo :: fe | шоб Е nor Es = Е. Е ce cer uR D AS са, = яр ная ape Dr) | ads | SE | 2.88 | des | AS | Su | Ses | 355 | ВЕ | В: 2% ESS as 3,8 575 352 =>. | ая 853 Ses зо A5 4 © &o .а Hase NE CR ES | 08 4-5 a: =. De For 28 ЕЕ 455 SEE She SA | ФЕН | S4$ ee En Зо = = 257 SE =5 Не Б=е8 | “Е зе SE nun = = mE. а я Do SLT AS) Я D'S | SÈS та = San IE == — “EE a == = té == SH > = 60 un - = IS] [e 2} vi > À 9,8300 3,0882 3,1052 _ 6,3449 4 8 2,8775 1,7667 1,5188 52,041 39,0100 в. 27 304 41 7053 35,3201 15,363 14,4087 _ 19,1636 _ 68,7840 _ 11208 0,7960 0,8318 _ 0.0081 0,1858 0,3782 { к _ 0,8329 0,6872 0,2849 — 0,9212. 0,1477 0,0289 _ 0,6055 0,6709 0,4945 0,3065 0,3294 0,2048 0,2480 0,1939 0,3198 0,2714 18,2896 _ 0,2682 _ 2,4876 1,0763 0,2136 2,5366 _ 0,0594 _ 3,4568 = 10,3177 _ 42,5714 _ 6,0646 _ 1,0108 0,4738 _ 0,5845 0,4607 ° 0,2775 0,3073 0,2265 0,1287 0,1404 0,1509 0,0936 0,1136 0,0888 0,1465 0,1243 8,1879 7,4610 | 11,1836 7,1829 5,5804 9,6220 | 10,7508 6,6240 5,3124 7,4528 | 10,0041 = EZ ir С. Зонмают, FERGHANA. , hellgelbe Klumpen, in Wasser leicht zerfal- 100 Theile lufttrockenen Sandes, Löss, Thons etc, enthalten: 12) Namangan Jany Kurgan 3 Fa- lend und aufschlämmend. den tief Löss-Absturz, bei 120° entw. Wasser = aq ....... 1,4809 H,0 (Hydratwasser) + organ. Subst.. 2,2746 in Wasser Jüsliche Salze........... 0,1506 a) feinster Schlamm ...| 19,3166 Schlämm- |8) mittelfeiner .| 29,4020 produkte ?y) Sand-Sediment 49,6486 bei 120° tr. |8) Grant ... €) Rollstein. Phosphate und Carbonate .....,.... 20,0268 Silicate und Quarzsand ,.,......... 76,0671 Chlorkalium КС1.... 0,0097 Chlornatrium NaCl Kaliumsulfat K,SO, . Natriumsulfat Na,S0, . 0,0221 Calciumsulfat CaSO, ... 0,1188 Maguesiumsulfat MgSO, Phosphate (Calciumphosphat Ca,P,04 0,3419 und Calciumcarbonat CaCO, ..| 19,0947 Carbonate. (Magnesiumcarb. MgCO; .. 0,5902 Kali K,0 2,1948 Natron Na,0. 1,4087 Kalk CaO ... 0,3012 Magnesia MgO... 1,5946 Manganoxyd Mn, Оз 0,0037 Eisenoxyd Ее, O, 1,4506 Thonerde Al, Оз. 12,2015 Titansäure TiO, Kieselsäure 50; . ..:| 56,3294 Quarzsand (in33°/, НЕ unlösl.)] 0,5826 Schwefelsäure SO, 0,0826 Chlor (1... 0,0047 Phosphorsä 20; d 0,1566 Kohlensäure CO, ne) 8,7104 Schlämmprodukte von № 12 Namangän Jany Kurgan Löss-Absturz. LES enthalten: Hügel 3 Faden tief. 100 Th. bei 120° trockner Schlamm enthalten: ß) mittelfeiner Thon- 12b) Namangan Jauy Kurgan Lö 100 Th. bei 120° trockner «) feinster Thon-Schlamm 100 Th. bei 1209 trockenes y) Sandsediment enthalten: 0,3585 56,9160 41,2361 0,0889 0,0636 0,1204 0,1312 0,2738 0,4124 0,3558 0,2952 0,1450 0,0567 0,1352 0,2632 0,1252 0,1889 7,3806 9,6717 0,1880 9,7692 FETE Schlämmprodukte von №10 Namangan о Löss, enthalten: (a -+ 8) 100 Theile bei 120° 'Thonmergel - Schlamm tr. 1,2322 21,1006 77,6672 0,2521 16,9289 3,9196 2,8176 1,1163 1,9790 0,0220 3,1830 19,4692 48,5089 0,5712 0,1155 9,5018 у 100 Theile bei 120° tr, Sediment enthalten: 0,1685 9,9490 35,3201 19,1636 687840 1,1203 00081 24876 1,0763 02136 А) UNTERSUCHUNGEN DER BODENBESTANDTHEILE. 5 Späu-Löss-Hügel- Schlämmprodukte. ee ee В à 2а ГА об Br Sg ВЕ ЕЕ PS FE E43 32 SE | Е = 3 ая |= за > 0,6709 0,4945 0,3073 0,2265 7,4610 | 11,1836 icht zerfallend = Е Е Е я Е я el a Е "s El 3 8 A 8 Е Е Е 14) Spän Lösshügel. Rothe Schicht gelbröthliche nussgrosse Klum - pen, il 3,0882 1,7667 52,041 27,304 15,363 0,7960 0,1358 0,6872 0,1477 0,4738 0,4607 0,1287 7,1829 а) feinster hellrother tr. enthalten: Schlamm, 100 Th. bei 120° 0,3065 0,1404 5,5804 5 8 о = a я ‘3 = В) mittelfeiner Schlamm 0,3294 0,1509 9,6220 ] 14) Spän-Lösshügel, rothe Schicht. | Schlämmprodukte, bei 1209 tr. enthalten: y) Saudsediment 100 Th. 0,2043 0,0986 10,7508 1,5188 39,0100 41,7053 14.4287 0,8318 0,9732 0,2849 0,0289 0,2480 0,1136 6,6240 14b) Spän, Rother Lösshügel. Schlämmprodukte. = = я 5 Ва ЕЕ ВЕ 85 == Е | я | | 0,1939 0,3198 0,2714 0,0888 0,1465 0,1248 5,3124 7,4528 10,0041 € С. SCHMIDT, FERGHANA. Es 115) Lössgrath zwischen #2 2 4, ЗЕ 48 IN) Ssary Kurgan Löss- SEI 3 S_. | Май! u. dem Kohlenge- se Ss82 438 ЕЕ use), alte none. = à Anm Fr ! older eee chlämmpro À Зо ПЕ | en ана mr № ЕЕ PU Сане Я | 88. | 28 |980 я 2 3 SO, Е S set MD et И ая о ео 100 Theile lufttrockenen 2S 2— CRE 5 пр” gg vues gs] S. An à а ve 2 24 © “Ss < я | 9 ча | 3= oa A © я Я SCO ET PMR о 3 м7 8 ЗВЕНЕ 3° Ir Eier: Sandes, Löss, Thons etc. :E DE à «3 as р Se 3 мы 27 ее DS à = ae еее == = 3.8 ВЕН а een 2.8 S à 24 enthalten: аз Яя a © 33 ass DES CE E75 ЗЕ SER | + DA: 2 = 2 His Зы Dem < sts 7 Е bise | ЗЕ | 48° |224: 3.8 | ge | 288 | 284 Sans | Ss | ÈS |SSase sms | 3, ae | 252 NE un SR = = © == S т > О = © An) mn AXES A SZ PENSE Asse ar ÈS ява Dee ЕН |= SE |5 ech He FA nom ИЕ So ZA RTE ом. Im en ии bei 120° entweichendes Wasser == aql 2,5636 2,6150 1,0071 2,5133 Е ›О (Hydratwasser) + organ. Subst.. à 3,2013 2,5575 3,6864 1,1313 40712 Taphib Menara in Wasser lösliche Salze ........... 3,1337 0,0966 0,6946 (x) feinster Schlamm г : Schlämm- 8) mittelfeiner ........ 47,3270 96,4864 80,8759 produkte Zy) Sand-Sediment ..... 47,4401 42,0050 | ! 15,8436 06112091. потап: nee ne e)Rollstein........10#e Phosphate und Carbonate .......... 29,4499 6,6715 21,8817 Silicate und Quarzsand .......... Se 61,0001 89,6673 70,3892 2 ; (Chlorkalium KCI............ 0,0007 0,0818 0,0276 0,0384 — 8 JChlornatrium NaCl .......... 0,0137 » 0, 1841 $ JKaliumsulfat K,S0, ......... 0,0283 0,2403 2 © \Natriumsulfat Na,So, ри 0,0311 0,0645 0,0238 0, 1672 Е 8 Calciumsulfat CaSO,......... 2,3275 3,1469 0,0815 0, 2220 =” (Magnesiumsulfat MesO, Br 0,0708 0,2002 0 ‚0879 Phosphate (Calciumphosphat СазР.О,.| 0,1659 0,2803 0,0701 0,4358 0,4421 0,4783 0,4095 0, 3187 und Calciumcarbonat СаСО... 27,6448 5,6548 20, 8176 Carbonate. (Magnesiumcarbon. MeCO; 1,3698 0,5746 0,695. КАКО. 2,0747 3,1888 2,1505 5:8 | Natron Мао. СИИ 1,1331 1,6709 1,130 Е z [ira (О tenue fers 0,1386 0,1320 0,0068 5’= | Magnesia MgO ............. 0,3760 2,9705 р 2,791 SE ) Manganoxyd Mn,0,......... 0,0031 0,0183 0,043] = À Eisenoxyd Fe,0; ........... 2,7499 4,8193 3,5652 3.2 | Thonerde АО; ............ 13,2066 18,6881 13,2212 7 = Ilitansäure TiO,., „2... 0,4353 | = ©, | Kieselsäure ВТО. :........:.. 38,4522 57,1237 46,9232. 7.5 (Quarzsand (in 330, HF unlösl.) 2,8659 0,6754 1,0566 a Pen LE ЕЕ 2,1312 0,0319 о hlor. Chu. een 0,0389 0,0214 0,12 Phosphorsäure Роб: 0,0760 | 0,1284 | 0,0321 0,1996 0,2025 0,2191 | 0,1876 | 0,1460 | Kohlensäure 605.25 Meet 5,6535 8,4983 3,4387 13,4094 2,7891 2,7587 2,9304 - 9,5239 1: А) UNTERSUCHUNGEN DER BODENBESTANDTHEILE. 7 19) Neu-Margelan. А]- 18) Kasalä-Loess. ие 2 En ево | дев Ц наи = d 55 2 ter Culturboden 4'tief.| 38 3 |S?23 Ed 3 CES S 5'5 5 Schlämmprodukte. Ei $ Untergr. Schlämmpr. | &5 83 dr) ее ses | МОЕ Е ЕР ее ааа. |DASAn 57 do со a 3 os Duo me | 8# eo. ана |3538 |238 < о sp 524% se ая 25+% яя a d DEE 2-5 90$ . | STE. eu 5 ваэ= =... © © RER 5 Ÿ © © 5 A8 | 2E am gg . мо SEE an ЕТ. as ne Ва 2338 Aaaus | ЗЕЕ е Lee | 8, ам В! Зо ааа | do. | Bo. | LESS | ВВ | ЗА 22 ВМЗ | Ва | 8855 ЕЕ | 222 | 3585| 585 Sa | 2872 В SE SSSR] À 4e 58 | 25% BEE | 373 | Bye | LUS | 372 | „Bst |sagrs ВЕНЕ РЕВ | 3. ЕЕ 38 «= © = м Eten CS Die ПО а. | ED Op за 2 25.7 99 ane 5: до Ana 50 >, в 2,4 ES 24 | М ER. SES а En © DST es | 5° #235 | 3” > a ER 2835 | Ser SES | 3888 Во | 5: Be | Ss = Вне | Зах |Зи55е | 284 Ce | Рае о о Е | © |? dE | 58 lei | 38 | 28 | ВЕР sise [sie | sé | ss | 1,5941 8,7536 10,1100 1,0501 0,1128 0,6360 4,7400 1,0310 2,6935 3,4007 0,3821 14,1600 3,5501 5,9276 1,5472 1,6754 0,1087 0,0663 8,6205 40,1939 0,3860 0,0333 76,3730 21,9542 21,4504 53,5194 52,8509 59,9227 31,4708 | 14,6948 68,8745 96,7929 6,2140 77,5186 42,1267 43,7484 39,6952 86,9951 31,4512 23,7618 1,4384 91,4415 0,0023 0,0517 0,0290 0,0424 0,0048 0,0226 0,0866 0,0061 0,0051 0,0285 0,0128 0,4899 0,2238 0,1017 0,0461 6,9010 39,9050 0,2858 1,1558 0,2917 0,2708 0,3058 | 0,1672 | 0,3587 0.1324 0,0168 0,0533 0,3580 20,1587 49,7002 49,4396 54,3940 25,6989 12,3814 0,4849 64,5761 5,8560 1,0000 3,5489 3,1055 5,3615 5,4132 2,1810 0,3728 32,1635 1,7836 1,4245 1,5718 1,0207 0,4722 1,0811 0,8899 1,3758 1,5709 | 0,7105 0,7158 | 0,7461 0,2280 0,4421 0,8007 2,0799 0,0081 0,0496 0,0625 0,0088 0,0657 0,2060 0,5055 0,1159 1,0499 0,7260 0,7770 0,6042 2,5529 4,1938 1,4462 0,5029 1,7426 0,0071 0,0086 0,0086 0,0090 0,0087 0,0056 0,0163 0,0040 1,1966 1,9166 2,0885 1,4650 1,0940 1,0842 1,2448 0,0765 3,5506 11,6681 | 115805 | 12,4613 9,3987 2,9679 4,8240 5,7815 0,1327 13.0578 56,6485 | 241272 | 25,7171 | 20,4344 | 28/1900 19,2298 13,0680 0,9263 68,6403 3,5858 1,5832 0,3458 6,0083 0,8157 0,3916 0.0089 0,3744 0,0366 5,1054 23,5994 0,1960 0,0131 0,0011 0,0388 0,0360 0,0239 0,0023 0,1336 0,1238 0,1401 0,0766 0,1643 0,0607 0,0077 0,0244 0,1640 9,3986 | 287269 | 23,3800 | 26,7416 | 14,1426 6,5900 31,5857 45,9660 2,5766 sa С. Sommipr, FERGHANA. 100 Theile lufttrockenen Sandes, Löss, Thons etc. enthalten: bei 120° entweichendes Wasser = а4 H,O (Hydratwasser) + organ. Subst.. Graphit... in Wasser lösliche Salze ........... a) feinster Schlamm ... Schlämm- |ß) mittelfeiner ... produkte 47) Sand-Sediment bei 120° tr. № Grant ... =) Rollsteiu ... Phosphate und Carbonate .....,.... Silicate und Quarzsand ............ Chlorkalium KCI Chlornatrium NaCl Kaliumsulfat K,S0, . Natriumsulfat Na,S0, кома CaS0,. Magnesiumsulfat Mes0, Phosphate fCalciumphosphat CazP,0,. und Caleiumcarbonat CaCO, Carbonate. \Msgnesiamcarbon. MgCO,| Kali K,O...... Natron Na,0. Kalk CaO... Magnesia MgO . Manganoxyd Mn,0, | Eisenoxyd HAE 55 3 So Е £ = BE E = | Thonerde A1,0; . > | Titansäure TO, … Kieselsäure $10» Quarzsand (in 330, HF unlösl.) )) Schwefelsäure SO, . Chlor CI. nn Phosphorsüure 1:0. Kohlensäure CO,. 15) Lössgrath zwischen Май und 5 8 = ® ei 5 3 Е É = Е NY а und aufschlämmend. Kohl ngebirge 3000 Fuss hoch. 47,3270 47,4401 0,0007 0,0283 0,0311 2,8275 0,0708 0,1659 0,0760 5,6535 100 Th, bei 120° lamm enthalten: ВЕ tr. 0,2803 0,1284 8,4983 15) Lössgrath zwischen) Maili u. dem Kohlenge- birge 3000' hoch. Schlammprodukte. y) 100 Th. bei 120° tr. 0,0701 0,0321 3,4887 Löss Kurgan fast weiss, in Wasser zer- 16) Kara Tepe (Jassawan nach Scharichan) auf 2 Faden Höhe 3 Faden unter dem Gipfel. fallend u. leicht aufschlämmend. 2,6150 3,2013 3,1387 29,4499 61,0001 0,0818 0,2403 0,0645 3,1469 0,2002 0,4358 27,6448 1,3693 2,0747 1,1331 0,1386 0,3760 0,0031 2,7499 13,2066 38,4502 2,8659 2,1812 0,0889 0,1996 13,4094 Fr ze5n83 423% BR) rer) ES ЕЕ PB à2 3823835 новая 2 SAS ее == © De 282 93 gasss ЕР: ЕНа в” ЯсЗЕ= EEE 87530 SI mess 1,0071 2,5575 0,0966 56,4864 42,0050 6,6715 89,6673 0,0276 0,0137 0,0238 0,0315 0,4421 5,6548 0,5746 3,1838 1,6709 0,1320 2,9705 0,0183 4,8193 18,6381 0,4358 57,1287 0,6754 0,0319 0,0214 0,2025 2,7891 17) at. Kurgan Löss- tech alte Feste, Schlämmprodukte, въ d SERIE 3. 29 As SE Яо HE gas | RSS As ee PRE ER = ЕВЕ As 85 а= ЕЕ Te SE ES == 3,6864 1,1313 0,4788 | 0,4095 0,2191 | 0,1876 27687 | 2,9304 tief hellge e, in Wasser I 18) Казша (Kasalinsk, Syr Darja) 2,5133 4,0712 0,6946 } 80,8740 15,3436 | 21,8817 70,3892 0,0334 0,1841 0,1672 0,2220 0,0579 0,3187 20,8176 0,6954 2,1805 1,1306 0, 0068 3,7919 0,0481 3, 15653 | 18/2212 46,9232 | 1,0568 0,2838 0,1275 0,1460 9,5239 18) Kasalä-Loess. 4,7400 3,4675 0,3369 217916 0,6640 2,3096 2 3,465 0,0520 41740 14,0621 46,9223 0,6040 01543 9,9360 Schlämmprodukte. 21,4504 77,5186 0,2917 20,1687 1,0000 1,7836 1,5709 0,0081 1,0499 0,0071 1,1986 11,6681 56,0485 3,5858 0,1336 9,3936 A) UNTERSUCHUNGEN DER BODENBESTANDTHEILE. Alter Cultur- Untergrund aus 4 Fuss Weissgrauer Mergel. Tiefe des Fundamentgrabens. 19) Neu-Margelan. boden. 1,5941 2,6935 0,0663 р 76,3730 21,9542 58,5194 42,1267 0,0023 0,0051 0,0128 0,0461 0,2703 49,7002 3,5489 1,4245 0,7105 0,0496 0,7260 0,0086 1,9166 11,5805 24,1272 1,5832 0,0386 0,0011 0,1238 23.7269 19) Neu-Margelan, Al- ter Culturboden 4’ tief. Untergr. Schlämmpr. Es u. 55 aa ЕЕ 85 SE Ey 28 38 Фо AC sas | "Su 222 uns 533 | 333 = ic) Е =а ar += SR 3,4007 0,3821 52,8509 | 59,9227 43,7484 39,6952 0,3058 | 0,1672 49,4396 | 54,3940 31055 | 5,3615 1,5718 | 1,0207 0,7158 | 0,7461 0,0625 | 0,0088 0,7770 | 0,6042 0,0086 | 0,0090 2,0885 | 1,4650 124618 | 9,3987 25,7171 20,4344 0,3458 6,0088 0,1401 | 0,0766 23/3800 | 26.7416 beim Aufschlämmen Torffaserreste sichtbar. 20) Dshujda bei Neu-Margelan. Früher Morastgrund. Hellbraun, S 5 = о ET ax 58 S@ 8,6205 31,4708 36,9951 0,0517 0,0226 0,4899 6,9010 1,1558 0,3587 25,6989 5,4132 28,7900 0,8167 5,1054 0,0383 0,1643 14,1426 schlämmend. unter angewehtem, darüber$/, Fuss in 22) Woadilj 21) Kara-Kaltak. Secundär-Löss Schwarz - Erde. Pulver, 10,1100 3,5501 40,1939 14,6948 31,4512 0,0290 0,0866 28,5994 0,0860 0,0607 6,5900 gebettet idische Mm. Durchm. ckne hellgraue Kittmasse. е el Dari luftt glattgeschliffene merats, hellgra: Rollsteine 6—19 A) 100 Th, 1,0501 5,9276 0,3860 68,8745 23,7618 0,0424 0,0061 0,1017 0,2358 0,0168 0,4849 0,3728 0,8899 0,8007 0,5055 1,4462 0,0168 1,2448 5.7815 13,0680 0,0089 0,1960 0,0289 0,0077 31,5857 Ц. Dunkelgrauer Roll- em Kittbette isolirt. 96,7929 1,4384 0,0533 64,5761 32,1685 0,3029 0,0765 0,1327 0,9263 0,0244 45,2660 dunkelgrauer Thon- 0,6360 1,6754 | 0,0333 6,2140 91,4413 0,0048 0,0285 0,3580 5,8560 1,3758 2,0799 0,1159 1,7426 0,0040 3,5506 13,0578 68,6403 0,8744 0,0131 0,0023 0,1640 2,5766 С. ScHMIDT, FERGHANA. enı ı nn ры _LASsT QE HU PEN D RE | 1 © .° на 0 HSE 25) A) Rothes Pulver | вая Заяон SEE зона 52383 Schlämmprodukte. SES S 235° “Es. Ее A ME на S222% 5 —a Hp aD И МЕ ри SER Sees ая .£ FEST SER ga 48 в" SERA Ses | 4 u ESHSHER == Zaun 5852 Ра ga | Ваза 100 Theile lufttrockenen ЕЕ за ЕЕ 332. Бы ЕЯ. 8.| ЭЗвеЯ PE : \ Sésenv| SE | S8s | SSSR Sad eg (Sc Sandes, Löss, Thons etc. ЕЕК 3: нс | НеНыЕ |a34 ME] va. 8 ая ее: | Da нае | 558$ нана ЗЕЯ 522,8 enthalten: FES ve LE Eros | нам [5m 687 вся | ASEE Sesass| +8 Bus" | зноя lagsss | 87а | SMS зая - На © = ян Фан 223,8 ae) SSETE szras а ,: DES = D 83 ae =. ЧЕ Sn . : но, = я = © = ФФ = 5 ны. 2 Е Emise | Co ЗЕЕ 9875 | sim eee оз © .В na PS —8 ZT 54 RÉASS ES | 53% |SS5E 85588 | Sie | Sac bei 120° entw. Wasser = aq ....... 1,5696 0,5612 0,4981 0,1463 } 1.3413 H,0 (Hydratwasser) + organ. Subst. 2,3617 2,4249 1,8475 0,0652 2,0402 1,5690 2 in Wasser lösliche Salze ....... ER 0,7977 0,0633 : (а) feinster Schlamm ...| ; 3 Schlämm- |8) mittelfeiner ........ g 2,1981 produkte Zy) Sand-Sediment...... À 51 1896 Бе! 1205 tr 10) Grant . =... .2:. Schieforsnl, №93. le) Rollstein........... RE р Phosphate und Carbonate ан 7,3696 7,1870 7,3770 86,7822 37,3701 5,2039 Silicate und Quarzsand............. 87,9014 89,7881 90,7121 12,5914 60,0283 83,0808 98,6587. = „ (Chlorkalium KCI............ 0,0190 0,0383 2 < |Chlornatrium Na С1......... 0,0021 2% JKaliumsulfat K,S0, ......... 0,0200 Зо )Natriumsulfat Na,S0, ....... 0,0078 0,0050 > [Calciumsulfat CaSO, ......... 0,6418 =” (Magnesiumsulfat №М 50, NOTA 0,1270 Calciumphosphat СазР.О;| 0,3029 0,3259 0,2980 0,2059 0,1500 Phosphate [Calciumcarbonat Ca00,.. 5,3735 6,0113 5,0781 86,7822 37,1642 5,0539 und Magnesiumcarbon. MgCO, 1,6932 1,4498 2,0009 Carbonate. porn an Eisencarbonat FeCO,.. SE (Ra CO Le, а 3,1818 3,5095 3,0521 0,0875 1,2245 1,8885 25 pass 0 Ги 0,8975 1,2007 0,6708 0,0790 2,4050 1,3647 КА О 0,0488 0,0030 0,0829 0,6336 1,0272 0,4169 553 ][Magnesia MgO .. .......... 2,1641 2,4546 2,0147 0,0579 0,9564 0,6274 S= JManganoxyd Mn,0, ......... 0,0349 0,0541 0,0194 0,0748 0,0062 38 ÀEisenoxyd Fe,0,............ 7,0143 9,5922 5,0571 0,0857 1,6674 1,6508 375 ТВопегае АО. ..07,..... 18,6797 18,0734 20,1989 0,2627 5,8079 11,3040 al Bitansaure О 0... 2 nen 0,2337 0,2845 0,1365 30 20 Kıeselsäure 510 ег. 49,2076 54,6161 46,8894 11.4350 41,1622 58,6641 7.2 (Quarzsand (in 880), НЕ unlösl.) 6,4440 12,5908 1 5,7029 17,1582 Schwefelsäure SO, ............ Jens 0,4653 0,0136 О Ноа 0,0103 0,0182 Phosphorsäure Р.О; оз, ., 0,1388 0,1493 0,1365 0,0943 0,0687 Kohlensäure CO, hate eee 3,2512 3,4043 3,2825 38,1842 16,3528 2,2237 А. UNTERSUCHUNGEN DER BODENBESTANDTHEILE, nant Ди 20% ‘sx | 29) Mojan. Conglomerat | = да | 5; и A er : ео за ая ЗЕЗЗ 13388 3 A| Durch Zerdrücken mittelt 332 | ЭН аз |355332 35355 |328 оо © Se :© N 3 on : ая. À © 2 нах — 5-Я bp ne = она! За ЕЯ LAS steifer Bürste und Sieben | 3%, «2: Se вы |235” ers [RSS |258 an |durch28iebea0,5u.2Mm. | 4 | SR lSE |Fasız ass: [5228 Mes es |3885% |3923510|Dm. der Löcher zerfallen ват ATa a |8таза Tor [verse HE, so +5 STAR E асы] 100 Th. lufttr. Conglomerat 235? 1895 .|& 1332 Daher a Ë a 5 MD UE) ©: | Sos s| 33352 Ш: À) 59,080 weisses Kitt-| £ 23 2 2.223320 3923 Sgu5a| 8a 83 ыы 498 532553 83 sexe) mehl 01—05 Mm. Dehm. | Я Я OMS El 4 Re | 8383| 8355 oa ва ааа тыр 2 © tirs © ANS CN ER зв ее 12895 ЕЕ 2 8 10 8 менее В) 29,714 Grant 0,5—2 Mm. Te EHEN RE soda éd аз изо ЕЕ sel aa 1525| 8825 ,,| 0) 11,200 Rollsteine 2—12 | 5 858 33 А> о ЕЕ SAN 854 ele ма 4 SE Eee Mm. Durchm. OM E 32% 43583 Не: СЕН. Mme =. songs |3s°335 je LESC t | ЕВА Бы | Бао Er... 22 |2”5, |582352] 9 в) 29) ©) |Sas2a8d. | ЗЕМ ЗЕНЯ |3938 masses |роза [228$ 2] 1007 мы. | 100 Th ше. [SS Яя Sad Я: [HSE we... Не 12395 8.9 |Grant0,5—2 Мю. Sy дна |-8323 |[ = =з = = ao Е Se Ssauas| 38 |£87, ВЕНЕ М Se Best =. SRE assis | 14 |1 Ян Sn == 1,5696 2,3617 2,4249 1,8473 0,7977 N 46,1531 7,3696 7,1870 7,3770 87,9014 89,7881 | 90,7191 0,0190 0,0021 0,0078 0,6418 0,1270 0,3029 0,3259 0,2980 5,3735 6,0113 5,0781 1,6932 1,4498 2,0009 3,1818 3,5095 3,0521 0,8975 1,2007 0,6708 0,0438 0,0030 0,0529 2,1641 2,4546 2,0147 0,0349 0,0541 0,0194 7,0143 9,5922 5,0571 18,6797 18,0784 | 20,1989 0,2337 0,2845 0,1365 49,2076 54,6161 | 46,8894 6,4440 12,5908 0,4653 0,0103 0,1388 0,1493 0,1365 3,2512 3,4043 3,2825 3 En, = & я 2 В = = geschliffener eiförmiger Rollstein aus dem Conglomeratbette isolirt. (Weisser Marmor mit Quarz und Zeolithen.) 26) Teschik-Tasch. Conglomerat 25) С) Woadilj © 0,0652 e & © © 86,7822 0,0875 0,0790 0,6336 0,0579 0,0857 0,2627 11,4350 38,1842 hellgrauen Kitt eingébettet. halten: unter Lüss. Erbsen- bis Taubenei- grosse glattgeschliffene Rollsteine A) 100 Th. hellgrauer Kitt ent- in 0,4981 2,0402 0,0633 37,3701 60,0288 0,0388 0,0200 0,0050 0,2059 37/1642 1,2245 2,4050 1,0272 0,9564 0,0748 1,6674 5,8079 41,1622 5,7029 0,0136 0,0182 0,0943 16,3628 lufttr. aus dem Kitte 26 B, enthalten: 100 Th. 26) В) Teschik-Tasch. Dunkel- rauer Rollstein 0,1463 1,5690 5,2039 83,0808 0,1500 5,0589 1,3885 1,3647 0,4169 0,6274 0,0062 1,6508 11,8040 58,6641 17.1582 0,0637 2,2237 26) С) Teschik-Tasch dunkelgrauer Rollstein völlig Kohlensäure fı 98,6587 1,0568 0,5410 0,4681 1,9945 0,0051 3,9059 8,8527 0,0599 79,4993 1,9794 | 14.0482 | | 84,9422 0,0086 0,0082 || 9,0075 0,0081 0,0050 +8) 100 Th. Schlamm ent- halten 0,7916 22,6445 0,7495 1,8121 1,3592 0,2133 2,5029 0,0121 2,5810 12,9645 48,0881 2,7510 0,8626 10,3561 und Bruchsti г. Schiefers enthal 29) Mojan. Conglomerataufd. höch- Е © а а = © > a £ 2 25 == Ei A 3 Я e =. = я = = | я = 4 2 я а = Е a a 3 я 25) a 100 Th. bei 120° 2 = о [77] 1,0132 2,2933 0,0297 22,7074 73,9660 0,0105 0,0096 0,0096 0,2751 19,3493 2,5830 1,7076 1,9417 0,1993 0,9757 0,0106 2,0663 12,125 52 34,7292 20,2104 0,0044 0,0050 0,1260 10,0867 Kohle. icht zer- Zerdrücken und Sieben: erhaltenes sten Spitze, über 4. Lüss a 5 & Е Е 0,3466 1,7413 47,1417 50,7364 0,0017 0,0089 0,0042 0,0192 0,2928 46,8489 1,0792 0,0914 1,6100 0,2328 0,0061 0,2893 2,1378 29,3295 15,4608 0,0178 0,0008 0,1341 20,6186 А. UNTERSUCHUNGEN DER BODRNBESTANDTHEILE. 29) Mojan. Conglomerat Durch Zerdrücken mittelst steifer Bürste und Sieben durch 2 Siebe à 0,5 u.2Mm. Dm. der Löcher zerfallen 100 Th. lufttr. Conglomerat in: A) 59,080 weisses Kitt- mehl 0,1—05 Mm. Dchm. В) 29,714 Grant 0,5—2 Mm. С) 11,200 Rollsteine 2—12 Mm. Durchm. 29) 2). | ao mE од Grant 0,5—9 Mm. | Rollsteine 2 bis Dm. onthalten: | 12 Mm. Dehm, } 0,4536 0,0271 30,6355 11,8895 65,8838 87,4650 0,0053 0,0159 0,0059 0,4434 30,1921 11,3536 0,5359 68,8838 | 87,4650 0,0106 0,0025 0,2031 13,2845 5,2508 Mémoires dos l'Acad. Imp. do sciences, УПшо Sério, 6Mm. glomerat «Sandstein» 8 chsten Höhen. 1— 30) Mojän. Con; 39,2871 58,6382 0,0318 0,2178 0,1238 0,1044 39,1527 1,1689 0,3345 0,2439 1,2481 0,0411 0,9439 3,3569 45,7089 5,5920 31) Mojän hoch oben hell- und bonat + Eisenoxydbindemittel verkittet. dunkelgraue Rollkiesel 1—4 Mm. Durchm. durch rothes > ww во as ve 0,0987 67,5272 30,3238 0,0076 0,0125 0,0166 0,0620 0,1145 67,2336 0,1791 CHE ЕЕ 252238 25333 Eee = = 23 VS = 8 ТЕРЕМ 3 03,44 ЕЕЕЕЕ а = ЕЕ ЕЗ БЕ за SEI =3 3= 1,5620 | 3,0830 2,4077 | 1,8388 741408 | 0,1386 21,8895 | 94,9896 0,4617 | 0,1386 1,2582 5,9140 9,6323 56,8746 0,3798 | 1,7699 04167 | 1,4458 0,0431 0,1513 1,7759 | 0,3966 0,0041 2,3768 | 1,2480 2,9444 | 9,2561 13,9533 | 80,2781 0,4452 0,2115 | 0,0685 30,5680 © ben iefer ja — aus dems В’ den Thon 32) Golowsko 92,5038 0,0130 0,1893 0,1295 2,1607 1,0549 0,0113 1,7040 0,0641 2,0060 10,4627 54,8799 20,1602 0,0729 0,1209 0,0913 0,6700 10 100 Theile lufttrockenen Sandes, Löss, Thons etc. enthalten: bei 120° entw. Wasser = аа ....... H,O (Hydratwasser) + organ. Subst.. in Wasser lösliche Salze........... a) feinster Schlamm ... Schlämm- В) mittelfeiner ........ produkte Zy) Sand-Sediment ..... bei 120° tr. [ô) Grant ee een Е) Во nenn: Phosphate und Carbonate .......... Hluorcalcium Cars eee, Silicate und Quarzsand ............ (Kaliumnitrat КМО. ......... [Chlorkalium KCI............ Chlornatrium NaCl.......... Kaliumsulfat K,S0, ......... JNatriumsulfat Na,SO, ....... )Caleiumsulfat CaSO, ........ [Rome eo, MSSO, au... in Wasser lös- liche Salze. Ferrosulfat FeS0, .......... Ferrisulfat Fe,(S0, о (Aluminiumsulfat Al.(80,);. Зы Phosphate (Calciumphosphat СазР.О; und {Calciumcarbonat CaCO, |Carbonate. (Magnesiumcarb. Mg00,.. Manganoxyd 1 Mn, Os rer Bisenoxyd'Fe,. 057.7... Mhonerde Al, ©... Titansäure 1103... Kieselsäure Si0, ....... Quarzsand (in33°/, HF unlösl. ) an -| а Мое. A Silicate und Quarzsand in 33%, HF unlöslich). (1 Schwefelsäure SO, ....... co ая NAPhosphorsaure Р.О; 2er Kohlensäure CO,...... ево . Salpetersäure №0, ово ль о о о пи С. SCHMIDT, FERGHANA, ва нЕ = 33) Krasnogorskaja = = 233 = Schlämmprodukte. я © .. ЕЯ 2 4 яна EEE ER > 82 Le A : en en das | 3.50 | РЁ BER 8 = de un" ra = a sa Е ‚я —= 5 На в = < Es 8 35% Da 5 я Е 2 = À = = Е In Е ВЕ |= 25 DES Se | Mass | Ÿ4 = & it = 2:3 Ss 3280 = Е: és = rel a FA 5,6493 8,5282 2,8024 3,9586 1,5103 53,852 40,918 1,3256 10,0921 10,7869 10,5998 90,1462 81,4479 85,2545 87,8904 0,0070 0,0002 0,0011 0,2253 0,1428 0,1917 0,0978 1,1008 9,9498 10,5952 10,5015 1,9966 1,5889 1,9355 1,3473 1,3851 1,2853 1,5739 1,0891 0,0895 0,8028 1,0985 0,5296 3,8910 2,5654 3,5788 1,6035 0,0060 0,0676 0,1044 0,0291 5,5509 4,2426 5,4593 3,2504 18,7536 12,3899 14,8010 10,9807 58,4735 55,0884 56,6195 60,8067 3,4220 0,0886 8,2540 0,0006 0,0034 0,1032 0,0652 0,0879 0,0448 0,4841 4,3778 4,6619 4,6207 klumpen mit Wasser gekocht leicht zerfallend und aufschlämmend. О uw un Be] = = © Ss 3 = = = — = d < < — 5 Fe æ = = 4 x = es 3,7324 87,3243 0,0007 1,0058 0,3968 0,3218 3,2794 0,1312 1,6047 1,6572 0,3149 1,8397 0,0618 3,2767 14,2372 41,0371 23,2950 0,2234 0,6096 0,1474 1,5116 34) Kara Bulak Schlämmprodukte. = ent- a) feinster Thonschlamm halten: 100 Th. bei 120° tr. 7,7807 5,2769 86,9424 0,3877 4,8892 2,5322 0,8134 0,6396 2,9797 0,0447 7,0824 | 25,3907 47,0631 0,3966 0,1776 2,1512 u y) Sandsediment 0,2 bis 0,5 Mm. Durchm. Glimmerhal- tig 100 Th. bei 120° tr. 3,0571. | 95,0278, 00486 2,1374 41,0718° 42,8611 0,0812 1 ‚3178. А. ÜUNTERSUCHUNGEN DER BODENBESTANDTHEILE. 11 Data | 4° à = зо ая доза dE à 43) Taran, hellbraunes Pulver von 2373 85 1 29 Sg = EI Bu Е Cie Е 23 3:2 5 den Kirgisen aus den Bergen ge- р as Зо 2% = Se as = Ex: LE al holt und an die Gerber in Marge- FE | à > F2 22 à S 83 ARE SAT em) Ва. lan verkauft; nach dem Auslaugen „#3 ана A2, © 5 ESA EE EE DRE 3 | 4585 [auf die Felder gebracht. Vegeta- SES | 3 a = ce 35 BASS. | SS зан 338 bilisches Gerbmaterial, reich an ЗЕ Е ЕЕ Е 284 SE CEE 2% Зоя | ЗЕЕ $ | 8535 |Gerbsäure und Gallussäure mit an DE 88e NS 233% suss | 3s353 TPE à Eisenoxydsalzen schwarzblau, = RCE £ 278 a© Bad Sons Sons SE 3 |mit verdünnter Kalilauge an der = HS AE aan |S eut) dogs 3 ЭН 03 | Гай rasch Sauerstoff absorbirend, аня | 3432 = = © QE Se28 2.8 я 2 2 | д.75 |sich tief rothbraun färbend. Mit 2 S£S зе 3 SE = 80. +: 2955 > Pop) Рж: Barytwasser violett. Asche weiss, em © | Mg ane < 28 3285 Зо | Ses fast reines Calciumcarbonat. Du | ES mn m © ES DAEL AVES | Ama 190 Th. luf р 355% TEE ci” = =ЕН = 2e 25038 | дне 00 Th. lufttrocknes Pulver |} ваз 22 an ES BE NS ie SHEH SES enthalten: 0,8711 0,6941 2,9227 0,5680 0,4220 17,0801 1,2273 1,1176 0,2020 3,1518 0,1961 1,7007 5,5036 1,6346 0,0465 5,9768 |a) weisser, 0,0068 0,0921 43,5334 0,4863 erbsen- . grosser у Rolikiesel Quarz. 526403 | 82,4984 | 21,2362 | b) rother | 26,9364 39,8639 0,1912 0,1064 р: 3,5929 453710 | 16,5590 | 66,7195 о WAL 72,2997 54,3284 96,5449 nussgross. 2,4175 0,0132 0,1775 0,0051 0,0302 0,0233 0,0027 1,1195 0,0087 0,0266 0,0008 0,3749 0,2228 0,0067° 0,2048 c) dunkel- 0,0009 0,0156 0,3627 0,0641 1,8586 graues 0,0376 0,0904 0,1989 Horn- 0,4446 0,1068 blendge- 34,9621 stein. 3,5425 3,8233 0,1033 0,4552 а, b, с) 0,0485 33,1504 0,1912 0,1064 50,1917 | 207810 | völlig frei| 26,4291 6,7135 32,5054 von Koh- 0,4658 lensäure. 0,4380 3,8685 1,7381 1,3534 0,2102 2,6378 а: 15,376 0,1256 2,1149 0,5042 1,0944 0,0391 0,1021 in aq 1651. Gerbsäure à 0,1669 3.0998 0,0031 0.8207 0,0020 0,0011 + Gallussäure. } > 0,6392 4,0266 0,1840 1,0955 0,0696 14,9732 in aq unlösl. organ. 57.515 0,9821 0,0106 0,0917 0,1485 0,1086 0,0026 | u. Mineralbeslandtheile. > dans 1,8636 1,2954 0,5926 0,9405 1,5824 100.000° ‚3062 9,4702 4,6459 1,6908 2,0772 18,6848 12,0821 | 41,8211 50,9128 44,0767 24,7644 48,9551 1 en Be: 0,4372 12,9180 3,4260 5,4801 9,6058 Cd té Du 2 Ze 1909 о бб. are | ASChe OP PMP eue 5,832 0,0150 1,3412 0,0009 0,0309 23,8761 0,2628 0,0063 0,7629 0,0024 0,0196 0,0175 0,0018 0,0473 0,2085 0,0292 15,1847 0,0876 0,0488 39,0052 9,1438 11,8697 2,9540 1,2907 1,7504 р CR ro _ a. va EI ый Er © De t % 5 : EN = | u : т = Dr 1. vo 1 С. Sc . SCHMID 0 ) А. ÜNTERSUCHUNGEN DER B ODENRE. THEILE. 11 за > Е SE à Е || Mit | & НЕЕ ЕЕ: р, SEE 34) Kar = 100 Theile lufttrockenen ЕЕ = ЕЕ = n=S FAIRE Е =, En 253 | 208: . 8 82 ЕЕ Е Bel 28: | aa andes, Löss, Th 338 EEE ая ‚a 385 B 43, ER: = аа EE р omareto: 883 „rss Ds ЕЯ Е Es = Зо 3-3 = Er AS a DC a © AE TS ce E85 Е 2 зач Е Е 38 3223 доза 1 + enthalten: ЕЕ аб | ÈS ЕЕ ERBE я 2 ÉFÉ 332 В.Е sis ses 388 Aal : Fee É LE а 5-8 355 ЯЕ = 222 ЕЕ 3 523 |3583 ВЕ Е ОИ 3228 5 ra =: ER 223 es = Az! Е EM 2.2 2395 es ara den Kirgi nes Pulver у 2 5a bass д ÈS РЕ: Se a EI) 252 GE Е 23.8 sise] 8 = 1 ое СО CE = РЕЯ | РЕЗ és | 2: | de | 2 Е ЕЕ НЕА Е: 238 ot und an ie Gerber in Marge == | 85:2 Sa 525 CLÉ ÊTES 3 LES | 385 Е | 2824 428.8 ЕЕ verkauft; nach de en ЗЕ | НЕЁ | 32° Ses | ja | № Е в | dé ЕЕ és | 529 au доме Vogel” == TB 5 Е EL 2333 EIER: ЕЕ \cht. я =. | à ЕЕ SEE | 3 Е die =. ГРЕЕТ НЕЕ SES Mieenem а тои bei 1209 ent 2 Я Я ASE за «| à ss | 35 | 39: 25 ENERERFUREEGE isenoxyd SERRES A H w. Wasser — a = ЕЕ = Е PE 3 Sos" Es. | ЕЕ 3583 ши vordèn salzen sch 20 (Hydratwasser) + мин Dre 33° 58 Е 2 В Des 8 |= #25 SF 23 D ea а an der . a. р à = au £ = 2535 Bleu: „8 a S Sauerst tor A. ; ,5282 2,8024 A = = = EE See |5: 3 w| 85 3 |sich tief ООС er lösliche S ‚9586 3,7257 52 2 E 22 58| 2 Barytwa i ürbend. 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MgCO! | 1,1003 9.9498 Az 0,0978 | blendge- 0,4446 ME 1 . , 2 | stei } 1065 Kali E,0 5952 | 10,5015 nt 0,9877 | = Se tes NatronNa.0° an 4,8892 3,5425 Kalk nal: sue 1.5839 ‚1312 201088 0,4552 3,8233 a0... 5 зоны 19 50,1! 4552 a, Magnesia M0 | 80 1,2858 1 5739 1,3478 E | ol | | Bine, Mangunosyd Min 38910 10085 1,0891 т 2,5822 1,0960 ds | АОН ООВ isenoxyd Fe, 0, 0,006! ,5654 Е 0,5296 30572 0,8134 2555 1,390 1 x 0,4658 ; Thonerde Al, 0, 20980 0,0676 3,5788 1.603 0,3149 0.639 1,6555 Нм 0,438 R nen oe à RE 4,2426 MES я ПЕНИ т sa 01236 a ИВ 7536 à 5.4593 , 0,061 , 0,6288 С 2,1149 1,7381 38 ieselsäure 810. 2,3899 14.801 3,2504 ОВ 0,0447 0.0486 р 0,1669 | 3,099 05042 Е 0,2102 Quarzsand (in83/, НЕ unlosi) 84735 ‚8010 10.9807 ‚2767 7,0824 о, don | 96392 BR 0.0082 1,0944 en 2,6378 | аа ; hl ae 55,0884 N 14,2372 nue aun joe | 29821 goss goss 0,8207 so nr eu | 15,376 5 8,42; À N и ana 0 б „18 095 21 . Gerb: CO 12220) В NU | A | 0681 ano Рио | 16062 118080 an 0183 oe 198782 | ша о ‘Jamo Phosphor: } 28,2950 08 } 30.8997 Br ‚1702 ‚2954 0,5926 ‚1086 0.0026 aq unlôs]. organ. Kohlensäure 002... 0084 pe aus Dar | 120821 | 41,82 Les 1,6908 та 1,5824 u Mere 500 Salpetersäure N20, о 0,0652 0,9234 a 60,9 р EIRE) 100,000 Fluor Е 20; . 0,4841 ler 0,0879 aka 0,6096 2 en 44,0767 | 24,1644 С. ‘ о 4, » 3 3 48,9 Basen ‚6619 4.6207 UT 011776 0,0812 00160 | 1,8412 ‚1260 ня |9 3,391 ' 2,1512 1,3178 Dora | Gone 0,7629 0,0009 Goes qe 30858 | 500478 | 0,002 0,0309 | 23,876 Asche 9 Daun 39.005 0,2085 ,0024 0. ‚8761 0,26 0 202 9.1438 0,0222 Re 0,0175 Da LÉ 3 = = Я 1.2907 11,8697 2,9540 0,0876 0,0488 1,7504 12 С. SCHMIDT, FERGHANA. ? - 7 И Fluor Е ооо ово ооо rennen а ое 86 u d 8 .SSo Suns mx Boo din ses = SES | НЯ» |A ces | 824 24) Нач | dos. | рае |Sañaes,.|sre0ss ns янья я À à Нд Ета EN In Pire a, 2825338 | 3355 | 8853 | 845250253 | Sms 2258 100 Theile lufttrockenen 25 SAME | ВНЗ нон 13388355 | 2383858 БоВые| ЕР Е ЕЯ. 2553 «85 Бе: En ЕВ Sandes, Löss, Thons etc. gas, 2738 SES |<°55897, LSSÉESE Е Sa ans) doses | 3888 | ЗС sess | Sbesas |" „533 enthalten: Чена | Bass | 38553 Sasse: | MSIE (2885 ЕЯ |) 23.8 | digg [MIENSaS ans 885.8 вор "5572 5 | Ра Е: Sd ЕН | мне, CHERE DES аа SER Зи 9= 9 ЕЕ = аз Casse | MS | Se: | Ма ааа | Вежа а Ro E SES A НО < = > D'EAU OS 33 35.) 38% gem |2 °Раь |Sédass |Sé se bei 1209 entw. Wasser = aq ....... 1,1946 2,2333 1,0696 0,1883 0,5538 j H,0 (Hydratwasser) + organ. Subst. 0,1813 1,5040 3,8713 1,4088 4 & in Wasser lösliche Salze ........... 0,0123 0,0069 т * («) feinster Schlamm ... 4 Schlämm- ff) mittelfeiner ........ Е produkte Zy) Sand-Sediment...... 4 Deil20 tr lo) бла etre (=) Rollstein........ Ro. Phosphate und Carbonate .......... 41,4992 0,0279 0,1108 99.6171 3,3834 Silicate und Quarzsand............. 57,1126 96,2348 94,9483 0,1946 94,6471 (Chlorkalum Keen er. 0,0097 0,0024 т IChlornatrium Na С1......:.. 5$ [Kaliumsulfat K,S0, ......... 0,0026 0,0045 == INatriumsulfat Na,S0, ....... 22 + Са]сталази ай CaSO, ......... © 2 [Magnesiumsulfat MeS0, ER: F2 Ferrosulfat FeS0, .......... un Ferrisulfat Fe{S0,)s er . Aluminiumsulfat Al,(SO,)a ... ÎPhosphate {Calciumphosphat Or 0, 0,0322 0,0279 0,1108 0,4868 ande т en, se ce en 2,8966 à agnesiumcarbon. Mg 16,602 : | Carbonate. (Ferrocarbonat FeCO,. : à Как. 1,5179 1,6840 3,9402 |) 10,4062 3:8: INatroniNa O0 waren 0,2236 0,9791 0,5195 1,9579 на |КаеЕ Ca0. 0. RE 0,1398 0,8715 0,0012 0,6204 35 [Magenesia MgO ............. 1,6313 0,8769 3,0325 1,2443 <72 JManganoxyd Mn,0, ......... 0,1664 0,0031 0,0012 0,1946 0,0202 SE }Eisenoxyd Fe,0,............ 0,9597 1,0382 1,5548 |( 3,7126 =" [Thonerde АО усн 5,0777 6,7684 19,8687 20,6828 2% [Titansäure TiO, ....... : | 2% [Kieselsäure Si0:.......7.... 38,1204 80,8453 53,0986 55,4418 | 7.5 (Quarzsand (in 380) о НЕ unlösl.) 9,2758 3,1733 12,9316 | 0,5614 Schwefelsäure, BO, ее: 0,0012 0,0020 Chlor] ar ae ee Re 0,0046 0,0011 Phosphorsäure P о Е. 0,0148 0,0128 0,0507 0,2230 EKobhlensäure CO En Eee Re 19,6369 44,1998 1,2745 Я stein stark Eisenoxydhaltig, we- nig Kohlensäure. | zu) u sv EXT д. ина о VUUL- chut. Ganz vereinzelt auf steinlo- ser Steppe. Hellgraubrauner Sand- SINE wa > © © N I 5,1580 88,7400 0,3894 4,7686 1,4373 0,4101 0,3869 0,8253 0,1867 20,8843 5,0172 15,2317 0,1784 2,0982 Gyps, weiss, hie und da schwach rôthlich CaSO,+2aq. 50) Mojän. Reïner grossblättriger } 20,95 79,05 79,05 46,51 A. UNTERSUCHUNGEN DER BODENBESTANDTHEILE. 51) Woadilj, Rother Sandstein, auf Ei- senkiesel lagernd. Hellrothbraune, leicht zerreibliche, lockere eisenschüssige Kalk- tuffähnliche, apfelgrosse Bruchstücke. Durch Salzsäure unter starker Kohlen- säure-Entwickelung in sich lösende Car- bonate u. grobkrystallinischen, rückstän- digen Sand gespalten. Durch leichtes Drücken und Sieben zerfallend in: А) direkt absiebbares Pulver B) Nach leichtem Zerdrücken d.Siebrück- standes von À absiebba- res Pulver C) Rück- stand nach d. Absieben von À u. В. 0,5bis3 Mm. Durchm. je 100 Theile luftt = ‚оскеп enthalten: 1,3858 0,7747 0,4825 2,3231 1,5432 1,1201 0,0510 0,0135 0,0172 11,5284 30,1958 29,1259 84,7167 67,4733 69,2543 0,0057 0,0057 0,0087 0,0453 0,0078 0,0085 0,2538 0,1357 0,0585 11,2696 30,0596 28,3580 0,7094 3,5099 2,5863 2,3330 0,1412 0,2184 0,3631 0,4947 0,4058 0,0231 0,6891 0,5624 0,6606 0,0031 0,0040 0,0038 1,3896 1,6731 1,1991 9,2821 7,5763 6,2654 39,6225 47,2460 32,9202 29,6345 7,0010 25,4860 0,0208 0,0085 0,0039 0,003 0,0027 0,0040 0,1162 0,0621 0,0263 4,9586 13,2258 12,8491 52) Tek& Eisenschüssiger Sand- stein auf dem Thonschiefer aufla- gernd. Sehr hart, rothbraun, im Stahlmörser Funken gebend, fein- körnig, wenig Kohlensäure. 0,0302 3,1957 95,0789 0,0101 0,0201 1,5243 6,5958 57,1506 26,5660 0,0048 0,0092 0,0917 1,5556 Schie- + FeCl, enthaltend, braun, weiss- hellroth geglüht frittend. fergrau. Kohlensäurereich, die HCI Cl, 53) Teké Kalkthonschiefer. Lösung Fe rothgeglüht 0,0264 52,9096 44,9628 0,0075 0,0189 0,1978 44,2696 8,2144 0,227 „227 2,5761 0,0195 0,0093 1,1563 0,0549 1,8969 9,1436 29,5439 0,5623 0,0087 0,0034 0,0906 23,8678 reines Cal- derber, schiefergrauer Kalkstein, Fast ciumcarbonat. 54) Teké Kalksteinbreccie. Harter, geglüht weiss. 0,2386 0,1477 0,0221 97,7795 1,8191 0,0056 0,0165 0,0038 97,6704 0,0988 0,1232 0,1501 0,1958 0,0561 0,1084 0,4033 0,8022 0,0053 0,0027 0,0015 43,0267 Im Kalkstein (54) auf- " kohlensäurefreier harter, hellröthlichgrüner Ortho- klas (?) führender Quarzitgang. 55) Teke. setzender 0,3737 0,6186 0,0377 0,1290 98,8410 0,0113 0,0264 0,1290 1,4747 0,0780 0,8948 0,4217 0,0040 0,9100 3,9239 75,4988 15,6351 0,0121 0,0054 0,0591 Dolomitmergel, leicht zerdrückbar, Kohlensäurereich. 56) Teké. Gelber bis gelbbrauner ы © > ND oc © D I 0,0132 33,7867 0,0065 0,0067 0,0895 40,7002 24,1420 1,6327 0,8489 0,1213 3,3286 0,0033 1,0751 9,9726 16,8042 0,0026 0,0031 0,0410 30,5539 13 А. UNTERSUCHUNGEN DER BODENBESTANDTHEILE. 13 12 С. Somipr, FERGHANA. D f Sehe ALLO о, ИО BIER >= PE 51) Woadilj, Rother Sandstein, auf Ei-| + : = Æ 3, 22 3:5 58 3 58 а ge зе ЕЕ Be DS senkiesel lagernd, Hellrothbraune, leicht | Е = Е 338 ЕЯ ds ва = Е ЕВЕ ровно а” BE zerreibliche, lockere eisenschüssigeKalk- | % zZ = Bra ВЕ 52% SE ЕЕ. BTE вона HE Ре | ны 3% | tuffähnliche, apfelgrosse Bruchstücke. | = : £ np-28s | 228. | Е. |hsévese EN POS EE =: Sad |Durch Salzsäure unter starker Kohlen- | 8 2|& ЕЕ 2 BSrone | 2388 ЕЕ 3343335 228 MONTS 3353 | 93 |siure-Entvickelung in sich lösende Car-| % = 55 ее lui мы = 19H52 BU Ne AZ 29255 <= Zus = E61 IX ini ü г = 100 Theile lufttrockenen = Е SE в S зы Se 8$ Е: a3 РЕ = 2 48 BER PER ЕЕ вс |bonate u. grobkrystallinischen, rückstän-| Е S dE En Ci БИ CPE So = 1 НЕЕ 3 il г © ES == 5 > 5352238 EISEN SRE SÉRIE BI: 5 38% НЕЕ: à F0 digen Sand gespalten. Durch leichtes | #5 EHE! Sandes, Löss, Thons etc. SA se Е АЕ 2888 333538 3 Eee Fe ЗАЗРЯЕ ЕЕ 338 Drücken und Sieben zerfallend in: EG) = ei = 2 ЕЕ SES 2 LS a 5 Е 5 FLE | enthalten: Sssea| 3285 | E88 | ВЕ НЕ ÉÉÉÉEE F2 fus | 25, 83882845} Яна | a E 25 |: == ES PE ; À 2 LÉ = AS 5 о ЗЕЕ | Ва | 353% | ааа Sens | НЕМ" 988 | 522 РЕЕЕЕЗЕ 38 a5a8 | ЕЕ 8.528 | 258 DES [32383858 |ASSESsD lasse 25° | В; | Sam Rise S4lÉ ЕЕ |5 3 Saess 23 SRE ЕЕ: Fern “ar aa Ее oO | VS SERRE ss | ная | = Se) EP wars Se’Esn |SéMess |ЗАНЯ5 88 | 89 je 100 Theile Infttrocken enthalten: | Я = A bei 1202 entw. Wasser = аа ....... 1,1946 2,2333 1,0696 0,1888 0,5538 0,3832 MM 071923 20.95 1,3858 0,7747 0,4825 0,3617 0,4584 0,2386 0,3737 0,2327 H,0 (Hydratwasser) + organ. Subst. 0,1813 1,5040 3,8718 1,4088 1,5175 5,3097 ? 2,3231 1,5432 1,1201 0,7935 1,6428 0,1477 0,6186 1,0357 in Wasser lösliche Salze ........... 0,0123 0,0069 79,05 0,0510 0,0135 0,0172 0,0302 0,0264 0,0221 0,0377 0,0132 | a) feinster Schlamm ... | Schlämm- [В) mittelfeiner ... produkte 41) Sand-Sediment. bei 120° tr. [8) Grant ... =) Rollstein. | Phosphate und Carbonate .......... 41,4992 0,0279 0,1108 99,6171 3,3834 0,4141 5,1580 11,5234 30,1953 29,1259 3,7357 52,9096 97.7725 0,1290 64,9317 Silicate und Опагизаша............. 57,1126 96,2348 94,9483 0,1946 94,6471 88,7400 84,7167 67,4733 69,2543 95,0789 44,9628 1,8191 98,8410 33,7867 (Chlorkalium КС1. 0,0097 0,0024 0,0057 0,0057 0,0087 0,0101 0,0075 0,0056 0,0113 0,0065 Chlornatrium Na Cl. Kaliumsulfat K,S0, . 0,0026 0,0045 0,0458 0,0078 0,0085 0,0201 0,0189 0,0165 0,0264 0,0067 Natriumsulfat Na,S0, . | 2 {Са]спиизш вай CaSO, ... | 79,05 Magnesiumsulfat MgSO, { Ferrosulfat FeSO, .. | Ferrisulfat Fe(SO,)a ........ | Aluminiumsulfat Al,(S0,); ... Е. Calciumphosphat Ca,P,0, 0,0322 0,0279 0,1108 0,4868 0,4141 Е ,2 0,0585 0,2002 0,0033 0,1290 0,0395 Fropatte JCalciumearbonat Саб; _'| 24,5046 ” 95,2260 2,8966 : 7686 : 28,3580 ‚5855 97,6704 40/7002 Carbonate. |Magnesiumcarbon. MgCO, 16,6024 4,3911 0,7094 0,0988 24,1420 ; © (Ferrocarbonat Fe0O,.... 0,2278 = fKali K,0 1,5179 1,6840 3,9402 10,4062 2,4756 1,4373 3,5099 2,5868 2,3330 2,0978 2,5761 0,1232 1,4747 1,6827 Natron Na,0 0.2236 0.9791 oe | 19679 3,4670 04101 01412 02184 0,3681 0,0407 0,0195 0,1501 0,0780 0.5489 Kalk Ca0 ... 0,1398 0,8715 0,0012 0,6204 1,1683 0,4947 0,4058 0,0231 0,2741 0,0093 B 0,8948 0,1213 =3 |Magnesia MgO .. 1,6313 0,8769 3,0325 1,2443 2,5588 | 0,6391 0,5624 0,6606 0,8258 1,1568 0,1958 0,4217 ЗВ SE JManganoxyd Мп, 0,1664 0,0031 0,0012 0,1946 0,0202 0,0173 | 0,0031 0,0040 0,0038 0,0038 0,0549 0,0361 0,0040 0,003: ЕН }Eisenoxyd Fe,0,. 0,9597 1,0382 1,5548 3,7126 3,7601 1,3896 1.6731 1,1991 1,5243 1,8969 0,1084 0,9100 Во > тети Al:03 -. 5,0777 6,7684 19,8687 20,6828 13,6430 9,2821 7,5768 6,2654 6,5958 9,1436 0,4033 3,9239 9,9726 itansäure TiO, . ь ER [Kieselsäure SiO, .. 38,1204 80,8458 53,0986 55,4413 65,4257 39,6225 47,2460 32,9202 57,1506 29,5439 0,8022 rose 16,8042 = (Quarzsand (in 33%, НЕ un 9,2758 3,1733 12,9316 0,5614 5,1701 29,6345 7,0010 25,4860 26,5660 0,5623 15,63 | Schwefelsäure 8 р | 3 5 0,0048 0,0087 0,0053 0,0121 0,0026 N 0 Co an | u nk A Hd 0.0082 0.0034 0,0027 0,0054 0,0081 Phosphorsaure P,0; 0,0148 0,0128 0,0507 0,2280 QE Bu 0,1162 0,0621 QUE т Я A т забвво о CO, . 19,6369 441998 1,2745 ,0982 4,9586 13,2258 12,8491 1,5556 23,8678 ‚0267 A 14 С. SCHMIDT, FERGHANA. 2 Sa ВО ЕО os 62) S. von Nanaj, Kappe- ЕЕ SEE 823988 ee Nanaj-Pyrrheliometer. В DE SE Dre Я Das LE Quarz führende Kalkspath- Я ЕЕ) ая SEA 2 Adern und Knollen. Bree ее | я Ее RES io ZB = аи я.“ 100 Theile lufttrockenen = ый 5 зна базе © == а = HSE Ss | -sas | "228 | ares] CA ER: Bela Gm en .— © PES IT = à . Sandes, Löss, Thons etc. я НЕО | SES аа 2553 Res Er ааа = SAS анна. еее 264 28а [Maé enthalten: = РЕЯ | 2923: Mär 228 а «Faut = Зач | asvt |ндозая SE ER SA2e à © ‘© © = Ÿ © я So = я 0 4 mn Be) AY 5 à © я ара nn >354%5 2.35 вая NS м я |[HKSS сы ео а ers [CS 8 = se, Bee ones ye But Ро. > DE TE Rz == 2 & © zZ ры De 5 ee | SAS НЗ 34 SS В+ 32 bei 1209 entweichendes Wasser = аа 0,4211 0,2785 0,2264 0,1896 0,0700 0,0684 H,O (Hydratwasser) + organ. Subst.. 2,1304 0,1382 0,6706 2,3408 0,3425 0,2101 in Wasser lösliche Salze ....... Re 0,0325 0,0221 0,0249 0,1635 a) feinster Schlamm ... Schlämm- Be einer ое produkte ?y) Sand-Sediment ..... Dei 120%tr 410) Grant 2 0 re e)-Rollstein „en a... Phosphate und Carbonate .......... 0,2910 97,9186 92,7756 „ 73,3686 97,0389 90,9993 Silicate und Quarzsand .......... зо 97,1250 1,6426 6,3025 23,9575 2,5486 8,7222 % „ fChlorkalium KCI1............ 0,0167 0,0074 0,0134 0,1443 © À 5: =,S |Chlornatrium NaCl .......... 0,0017 2 JKaliumsulfat K,S0, ......... 0,0158 0.0147 0,0192 Во }Natriumsulfat Na,S0, te Bes ee CaSD ое er 0,0098 =” (Magnesiumsulfat MgS0, nur Phosphate fCalciumphosphat Ca,P,0,. 0,2910 0,0528 0,0197 0,1082 Spur. Spur. und 2Calciumcarbonat CaCO,.. 97,7770 91,5436 52,9616 92,8427 89,9521 Carbonate. (Magnesiumcarbon. MgCO, 0,0888 1,2123 20,2988 . 4,1926 1,0472 Ка К er ee. 1,4048 0,0288 0,0794 1,3324 0,0661 0,0487 33 | Natron Ма. 0 5,6675 0,0089 0,0094 0,2498 0,0076 0,0044 Ser О ut 3,6018 0,0011 0,0012 0,1470 355 | Magnesia MgO ............. 4.0677 0,0009 0,0504 0,4927 0,0011 0,0257 = ) Manganoxyd Мп.О.......... 0.0341 0,0002 0,0061 0,0191 0,0026 0,0010 зв \Eisenoxyd Fe,03 ........... 2,6912 0,0271 0,0924 1,5747 0,2196 0,1201 ie I Thonerde АБО ct 23,6453 0,5842 0,2574 3,9180 0,0965 0,0215 3% | Titansäure TO, . RARE RE LEE à É 2 © | Kieselsäüre БО. 1. >. 56,0126 0,9914 5,8062 16,2043 1,3261 0,4330 72 (Quarzsand (in 330, / HF unlösl.) 0,8290 8,0678 Schwefelsäure S0,.:.. 7e, 0,0073 0,0067 0,0058 0,0087 Chlor... es CNRS 0,0079 0,0351 0,0074 0,0069 Phosphorsäure Р.О: :.....:,..:..0. 0,1333 0,0242 0,0090 0,0495 Kohlensäure CO... 43,1107 40,9142 33,9358 43,0488 40,1273 Rn LE EN Ze Е СОА a u a re a sa a lu > N Ват Bises + te et $ ER EL я ts des И ИЖ La x А. UNTERSUCHUNGEN DER BODENBESTANDTHEILE. 15 Vorliegende Boden- und Fels-Proben des Ssyr-Darja- und Ferghana-Gebietes grup- piren sich nach abnehmendem Salzgehalte (in Wasser löslichen Salzen inclus. Gyps) folgendermassen: 0/0 Salz im luft- trocknen Mine- ral. 508 |=MojanzKast;reinerJayps 2. а ао, cites ин ler stehe ar 79,05 5 | Kara Tjube Salzwüste, W. von Scharichana. Viel Glaubersalz, etwas Gyps und Bitter- SA Ze о О Е er ee aie sen eus 74,2045 7 | Kokan Jany Kurgan Salzincrustationen: Viel Glaubersalz, etwas Gyps und Bittersalz... 49,9787 41 | Naryn. Eisenvitriol mit etwas Alaun..... ее. 43,5334 Рака Кадак: — Secundar ЗЫ" буре. ев о ен обес 40,1939 3 | Kokan-Jany-Kurgan. Grobsand der Dünen Gyps-Grant ........ ео 29,7484 9 | Alty-Aryk. Margelan Oberfläche der Salzwüste: Glaubersalz, Gyps und Bittersalz...... 26,6792 ба | Mojän-Hühen Salzauswitterung am Gryphaea und Muschelkalkstein: Glaubersalz, Gyps, утес Ветра... те... ее а о Het 21,661 20 | Dshuida bei Neu-Margelan. Früher Morasterund: Gyps und Bittersalz, wenig Glauber- SA RS мания D EE ER о 8,6205 37 | Брал. Kalkstein im Lösshügel: Kalisalpeter, Gyps, Kochsalz .............,........ - 5,9768 11 | Mojän Höhen. Gryphaea Lehm: Gyps, etwas Bittersalz ........,..,.....,...,....... 4,1073 16 | Kara Tepe (Jassawan nach Scharichan) Löss-Kurgan: Gyps, etwas su und Bit- LE A ET ее au ele dons ен 3,7337 6c | Mojän Höhen. Grant- und Rollstein-Sediment: Gyps..........., eos ie kt 3,129 110 | Mojän Höhen. Fruchtbarster Löss, Schlämmsudiment у, 6, =, Gryphaea Schalen und GRAN CDS EE обе ее: оо lee ee ie een aide нда 2,9316 13. | Spän. Löss-Hügel. Allgemeine Masse: Chlorkalium, Gyps, Glaubersalz............... 2,8775 10 | Mojän. Fruchtbarster Löss der Höhen. Hellgelbe Klumpen: Gyps ................,.. 2,1864 14 | Spän. Lösshügel. Rothe Schicht: Chlorkalium, Glaubersalz, Gyps, Kochsalz ........,.. 1,7667 14b | Spän. Rother Lösshügel: Chlorkalium, Kochsalz, Glaubersalz, Gyps .................. 1,5188 34 | Kara Bulak. Hellbrauner Löss-Klumpen: Kochsalz, Glaubersalz ...........:......... 1,4028 8 | Kokän-Jany-Kurgan. Löss der Salzwüste: Glaubersalz, Gyps, Kochsalz, Bittersalz...... 1,2967 10c | Mojän. Fruchtbarster Löss der Höhe. Schlämmprodukt у, 9, = Rollgrant und Steine: Gyps 0,9231 25 | Woadilj. Verwitterungsprodukt des grauen Thonschiefers: Gyps und Bittersalz........ 0,7977 18 | Kasalä (Kasalinsk) Ssyr-Darja. 3 Fuss tief: gelblockre Stücke: Gyps, Kochsalz, Glauber- Salza Bittersalz ee ce... ee en nes le ана нь sole es ор 0,6946 42 | Naryn. Hellgelber Thonschiefer neben der Eisenvitriolschicht № 41: Kaliumsulfat, Bit- bersal ZUG yDSTalaubersalz re ее ео о ее. 0,4868 22 | Woadilj. Kittmasse des Conglomerats: Gyps, Glaubersalz, Chlorkalium ................ 0,3860 30 | Mojän. Conglomeratsandstein, auf den höchsten Höhen: Kaliumsulfat, Glaubersalz ..... 0,3734 12b | Namangan-Jany-Kurgän, 3 Faden tief, Lösshügel, hellgelbe Klumpen: Gyps, Glaubersalz, Kochsalz ACDIORRA NUE RE ee ee о een rege nie 3535 32b | Golowskaja. 18 Fuss tiefer Brunnengrund — vom hellgrauen harten Thonschiefer abge- siebtes graugrünes Pulver: Kochsalz, Glaubersalz ..........,...........,...... 0,3318 61 | Мапа). 3. gelbe, weiche Kalksteinschicht, Einlagerung im harten, dunkelgrauen, herr- schenden Kalkstein № 59: Chlorkalium, Kaliumsulfat ......................... 0,1635 12 | Namangan-Jany-Kurgan. Löss- Absturz, hellgelbe Klumpen: Gyps, Glaubersalz........ 0,1506 ый LS FER RTE TRE я 16 С. ScHMIDT, FERGHANA. Der Rest enthält weniger als 0,1%, in Wasser lösliche Mineralbestandtheile, ist dem- | | nach als «salzarm» zu bezeichnen. | Nach den Erdcarbonaten und zwar zunächst nach abnehmendem Calciumcar- bonat ordnen sich die Ssyr-Darja- und Ferghana-Bodenproben folgendermassen: % CaCO, % MgCO; N 100 Theile lufttrocknen enthalten. Calciumcar- | Magnesium- bonat. carbonat. 59 |. у. Мапа) dunkelgrauer Kalkstein .............. er 97,7770 0,0838 | 54 | Tek&-Kalksteinbreccie, dunkelgrau................. 97,6704 0,0988 über 90%, CaCO; 46 ',| Kara-Katak-Geröllehen 2. es. an Senne 95,2260 4,3911 | 62а | Корре Мапа), Pyrrheliometer (Kalkspathgang)....... 92,8427 4,1962 60 |5. ш. Мапа) Conglomerat-Kalkstein .............,... 91,5436 1,2123 62b | Корре Мапа) (Kalkspathknolle) .................... 89,9521 1,0472 80900), CaCO 11с | Mojan-Höhen у, 6, = Gryphaea-Schaalen ............ 87,9162 : 1,4551 р u 25 | Woadilj. Milchweisser Rollstein......... N SE TONER 86,7822 | 10c | Mojän. Fruchtbarster Löss-Rollgrant ............... 84,8286 1,3893 70—80 CaCO; 11 | Mojän. Höhen, Gryphaea-Lehm.................... 77,5109 1,3771 | 10 | Модар, Fruchtbarster Lôss a. sen ea een 67,3658 0,9601 60—70%, CaCO; 31 |:Mojan. Höhen, Kitt der Rollkiesel..... ........-... 67,2336 0,1791 | 22Ъ | Woadilj. Dunkelgrauer Rollstein: Dolomit... 64,5761 32,1635 19c | Neu-Margelan. Sediment y hellgrau ......... 54,3940 5,3615 50600, CaCO, 61 | S$S. von Nanaj. Gelber, weicher Dolomit........ 52,9616 20,2988 36 | Beklär-Beg. Lössmännchen, Dolomit......... 50,1917 32,3084 Ü| 10a | Mojän. Fruchtbarster Löss-Schlamm a+8........... 50,0010 0,4727 ( 19 | Neu-Margelan. Hellgrauer Untergrund ............. 49,7002 3,5489 | 19a Derselbe (ив) Schlamm, hellgrau ... 49,4396 3,1055 40-509), CaCO, J 6 | Mojän-Höhen. Auswitterung...... она 47,447 1 29 Mojän-Conglomerat .............. ее le 46,8489 | 53 | Teké. Kalkthonschiefer, dolomitisch ................ 44,2696 8,2144 (| 56 | Teké. Gelbbrauner Dolomitmergel era 40,7002 24,1420 ( 30 | Mojän. Conglomeratkitt ........................., 39,1327 26 | Teschik-Tasch. Conglomeratkitt era mere 37,1642 30-409, CaCO, | 2 | Kokan-Jany-Kurgan. Dünensand ................... 35,0408 3,1185 1-66. |'Mojän. Schlamm la 28)... ar... ee 34,679 | 29: |, Mojan. Conglomerat-Grant mu. er a nn, 30,1921 1.510: |. Woadilj Siebpulver.: ee 30,0596 ( 51c Derselbe. Siebrückstand .:...... eut 28,3580 0,7094 | 16, Кага Tepe. Löss-Kurgan. 1 ea ess... 27,6448 1,3698 20300, CaCO, J 39 Отар о а Я и. 26,4221 0,4658 1! 20 Dshujda bei Neu-Margelan. Dolomit-Mergel. 25,6989 5,4132 | 44 | Tschimkent. Conglomeratsandstein. Dolomit 24.3646 16,6024 Ü 11a | Mojän-Höhen (+8) Schlamm ......... N 24,4722 1,0905 20—30%, CaCO; 10—20%, CaCO, 0—50/, CaCO, { | | { | | ! | | | | | | | | | | { | | { À. UNTERSUCHUNGEN DER BODENBESTANDTHEILE. 4 34y 100 Theile lufttrocknen enthalten. Kokan-Jany-Kurgan. Löss der Salzwüste Teschik-Tasch (ан В) Schlamm Kasalä-Löss («-+ß) Schlamm Derselbe als Ganzes Spän. Kalkstein im Löss-Hügel Kasalä. Löss Sediment y Teschik-Tasch. Schiefersplitter y Spän-Löss-Hügel. Allgemeine Masse Namangan-Jany-Kurgan. Löss y Kara-Kaltak. Secundär-Löss Mojän. Conglomerat-Rollstein ............, re ere Woadilj. Siebpulver Krasnogorskaja. Schlamm (a-#-8) ............ Krasuogorskaja. Sediment у Sand des Strombettes Ssoch bei Sary-Kurgan Krasnogorskaja. Ganzer Lüssklumpen Ak-Ssuasch, Coprolithen (33,1504 %, Ca:P,0;) .. Woadilj. Schlamm (a#+ß)....... ER DE EB Alty-Aryk-Margelan. Salzwüste Woadilj. Modifieirter Thonschiefer .Ssary-Kurgan. Lüsshügel...........,........ . Woadilj. Abgesiebtes rothes Pulver (y-+6) Woadilj. Pulver, Schiefersplittersediment... Teschik-Tasch. Rollstein Kara-Bulak. Schlamm « Kokan-Jany-Kurgan Teké. Eisenschüssiger Sandstein Kara-Bulak. Lössklumpen Bekljär-Beg. Dioritischer Porphyr (?) Syr. 1 Werst von Min-Bulak. Sand unter Löss Kara-Bulak. Sandsediment y 326" Golowskaja. Brunnengrund 32 Golowskaja. Manganreicher Eisenspath enthält { 9,6323 Mangancarbonat daneben \56,8746 Eisencarbonat Golowskaja. Schlamm Woadilj. Kittmasse des Conglomerats Mémoires de l'Acad. Гар. des scionces, УПше Série. %, CaCO, Calciumcar- bonat. 22,8897 22,6445 21,7916 20,8176 20,7810 20,1587 19,8493 18,2896 16,9289 12,3814 11,3536 11,2696 10,5952 10,5015 10,1198 9,9498 6,7135 6,0113 5,9674 5,8560 5,6548 5,3735 5,0781 5,0539 4,8892 4,7686 4,7170 3,5355 3,2794 2,8966 2,5949 2,2805 1,5227 1,2582 1,1003 0,4849 17 ee] % MgCO; Magnesium- carbonat. 0,6371 0,7495 0,6640 0,6954 1,0000 2,5830 0,2682 3,9196 2,1810 0,5359 EAN Te SO ИЗ ДА EL AS UE СИ СО ПИ офи Ри ЛЬ Jens Л RES у t р PURE HAVE / 18 С. ScHMIDT, FERGHANA. %, CaCO, 0, MgCO, 100 Theile lufttrocknen euthalten. Calciumcar- | Magnesium- bonat. carbonat. Kara-Tjube. Salzwüste Teschik-Tasch. Dunkelgrauer Rollstein Golowskaja. Brunnengrund-Thonschiefer Naryn. Eisenvitriol Naryn. Thonschiefer neben der Eisenvitriolschicht ... Ofenstuck Fort Perowsky. Geschiebe Oligoklasporphyr Kohlensäurefreie Silicate, Eisen- vitriol und Gyps. Mojän. Reiner Gyps Teké. Orthoklas führender Quarzitgang Teké. Diorit-Geröll { | | | | | Von den durch gesperrten Druck hervorgehobenen Dolomiten № 22b—36—44 —56—61 und dolomitischen Kalksteinen mit über 5% Magnesiumcarbonat № 19c —20—53 beanspruchen die «Lössmännchen» von Bekljär-Beg №36 besonderes Inte- resse. Sie bilden spindelförmige krystallinische Concretionen von 3—7 Mm. Dicke auf 2—4 Cm. Länge, gelb bis hellbraun, ой mit dem Rest einer Wurzelfaser als Kern, durch deren Incrustation sie sich bildeten. Während anderweitige derartige Verkalkungen pflanzlichen oder thierischen Ursprungs: Charen, Conferven, fossile Hölzer, Kreide, Korallen und Conchylien mannigfachster Orga- nisation, Form und Grösse die Pflanzen- oder Thier-Substanz durch reines Calciumcarbonat mit unbedeutender Beimengung von Calciumphosphat verdrängt aufweisen, erscheint hier ein wahrer krystallinischer Dolomit als Petreficirungsmaterial. Von demselben Orte (Bekljär-Beg) liegt ausser den Lössmännchen № 36 nur der «dioritische Porphyr» № 47 vor, der an heisse 10%, HCl enthaltende Salzsäure ausser den 2,8966%, Caleiumcarbonat —1,6050%, CaO h [0,4636 CaO À des durch HCI gespaltenen Bu (0,7284 MsgOj Silicatantheils abgiebt. Es wäre von besonderm Interesse zu untersuchen, ob diese «Lössmännchen» andrer Orte ebenfalls Dolomit, dolomitischen Kalkstein oder Kalkspath enthalten, je nachdem ihr der nächsten Umgebung entstammendes Bildungsmaterial, der sie einbet- tende Löss, an kohlensaures Wasser mehr oder minder Magnesia oder Kalk abgiebt. Für die relative Löslichkeit in kohlensaurem Wasser giebt die Einwirkung mässig concentrirter Salzsäure auf die vorliegenden Lösse einen annähernden Maassstab: LE PE RES EUR OT НА A LE a RR re рт ar RE UNS Ve re ee Rh, ee LA = en, . A. UNTERSUCHUNGEN DER BODENBESTANDTHEILE, 19 100 Theile lufttrocknen Löss geben an 10%, НС] enthaltende heisse Salzsäure binnen 10 Stunden ab: Aus dieser Zusammenstellung erhellt, dass Kara Bulak Löss № 33, Schlamm und Se- diment, die kleinsten Mengen Kalk und Magnesia enthalten und dieselben an Salzsäure im Normal-Dolomit-Verhältnisse gleicher Atome abgeben. Den höchsten löslichen Magnesiagehalt zeigt der Löss von Mojän M 10, demnächst der Gryphaea-Thon von Mojän № 11, der Löss-Schlamm von Kasalä № 18ß, der Löss- Schlamm von Namangan-Jany-Kurgan № 128, den absolut und relativ kleinsten löslichen Magnesia-Gehalt Kara Tepe № 16 und Kasalä Sediment № 18. Die Lössmännchen im Kara Bulak Löss № lomit bestehen, gleich denen von Bekljär-Beg № mitischem Kalkspath, die von Namangan-Jany-Kurgan № 12 aus etwas dolomiti- schem Calcit, die von Kara Tepe № 16 aus reinem Caleit. Der durch 10% НС] enthaltende Salzsäure zersetzte Silicat-Antheil enthält meist überwiegend Kali, mithin vorwaltend Orthoklas-Detritus, nur Krasnogorskaja № 33 und Kara Bulak № 34 enthalten mehr Natron, demnach vorherrschend Oligoklas. 3* 34 dürften dem zufolge aus Normaldo- 36, die im Mojän Löss aus stark dolo- Е. Е Е. с, 2 4 5” | E se = & % Ма и ЕЕ 2 2 = = За Е Е ая | 2e = = = a le QUES E|s | À = à авы EE = Е 3 des Silicatantheils. 8 | Kokan Jany Kurgan, Löss der Salzwüste............ 12,9761 | 1,2986 | 9,992 7,14 | 1,1040 | 0,4887 | 0,0107 | 2,1428 | 7,9498 108 | Mojän Schlämmprodukt, а Schlamm bei 120° tr... 28,0819 | 8,3470 | 3,174 | 2,27 | 0,5259 | 0,1007 | 0,0186 | 1,5201 | 1,0824 ОЕ 118 | Gryphaea-Thonschlamm, Mojän-Höhen bei 120° tr... | 13,8660 | 3,2948 | 4,208 | 3,01 | 1,6743 | 1,4941 | 0,2842 | 4,1536 | 7,6848 12 | Namangan Jany Kurgan 3 Faden tief gelber Löss.... | 10,8802 | 1,3828 | 8,166 5,83 | 0,3842 | 0,0823 | 0,0037 | 0,9073 | 2,8571 in 128 | derselbe, Schlämmprodukt (В) Schlamm bei 120° tr.... | 9,6168 | 3,3431 | 2,878 2,05 | 0,8921 | 0,1450 | 0,0220 | 2,8117 | 9,7845 13 | Spän Löss-Hügel, hellgelbe Klumpen............... 10,5705 | 2,4693 | 4,281 3,06 | 1,0938 | 0,2547 | 0,0594 | 3,1206 | 4,7693 16 | Kara Tepe Löss Kurgan fast weisse Klumpen........ 17,0130 | 0,7494 | 22,702 | 16,22 | 0,6139 | 0,2400 | 0,0031 | 2,2621 | 6,6961 17 | Ssary Kurgan Löss-Hügel. Alte Feste hellaschgrau‘.. | 3,4193 | 0,9043 | 3,781 | 2,70 | 0,1089 | 0,0245 | 0,0183 | 0,6024 | 1,0685 Hr 18 | Kasalä hellgelblicher Löss (Ssyr-Darja)............. 11,9214 | 2,0902 | 5,703 4,07 | 0,2042 | 0,0586 | 0,0431 | 2,7939 | 2,6176 188 | Kasalä Thonschlamm hellgraugelb (В) bei 120° tr..... | 12,3860 | 2,4440 | 5,068 3,62 | 0,1879 | 0,0499 | 0,0420 | 2,6365 | 2,1254 18y | Kasalä Sediment у bei 120° tr. .................... 11,4470 | 0,5325 | 21,497 | 15,35 | 0,1026 | 0,0551 | 0,0071 | 0,9937 | 3,1068 198 | Neu-Margelan hellgrauer Schlamm (8) bei 120° tr.... | 27,8520 | 1,9445 | 14,324 | 10,23 | 0,3461 | 0,2105 | 0,0086 | 1,6567 | 4,7755 19y | derselbe hellgraues Sediment y bei 120° tr. ......... 30,5514 | 2,7536 | 11,095 | 7,92 | 0,1370 | 0,0552 | 0,0090 | 1,0758 | 4,9539 33 | Krasnogorskaja braunrothe Lössklumpen ............ 6,3165 | 1,4405 | 4,385 3,13 | 0,2183 | 0,2801 | 0,0676 | 2,3986 | 3,6251 34 | Kara Bulak hellrôthlichbrauner Lössklumpen ....... 2,0108 | 1,4014 1,435 1,02 | 0,2654 | 0,4527 | 0,0618 | 1,3957 | 2,6176 346 | Thonschlamm В aus demselben bei 120° tr........... 3,5733 | 2,5711 1,390 0,99 | 0,6151 | 0,3149 | 0,0447 | 5,9014 | 8,3350 1Sy 198 19y 25ß 25у 26А 20 С. SCHMIDT, FERGHANA. Die Betheiligung beider Feldspäthe und Magnesiareichen Pyroxens an der Bo- denbildung ergiebt sich aus nachfolgender Zusammenstellung des in heisser 10% НС] un- - löslichen Silicatrückstandes. Sämmtliche Operationen sind mit völligem Ausschluss von Glas und Porzellan in grossen Platin bedeckten Platinschaalen und Platintiegeln ausgeführt worden. Zusammensetzung der in 10% HCl enthaltender Salzsäure unlöslichen Boden-Silicate. 100 Theile lufttrockner Löss, Thon, Kalkstein, Conglomerat etc. und die bei 120° trocknen Schlämmprodukte ersterer hinterlassen in 100%, НС] enthaltender Salzsäure unlöslichen Silicatrückstand, enthaltend: Sand des Strombettes Ssoch bei Ssary Kurgan lufttr...... Feinsand der Dünen-Kokan-Jany-Kurgan lufttr......... Grobsand der Dünen-Ripples-Kokan-Jany-Kurgan...... Kokan Jany Kurgan, Salzinerustationen lufttr. ......... Kokan Jany Kurgan, Löss der Salzwüste lufttr......... Alty-Aryk-Margelan, Oberfläche der Salzwüste lufttr.... Mojan „SchlammsRıbeil оО en ee, Mojän, Rollsteine und Grant у bei 120° tr. ............ Mojän, Höhen-Gryphaea-Lehm В Thonschlamm bei 120°tr. Namangan Jany-Kurgan, hellgelber Löss lufttr..-...... Namangan Jany-Kurgan, Thonschlamm ß bei 120° tr.... Span, ОВО ры ne u И Kara Tepe, (Jasnawan nachScharichan) weisser Löss lufttr. Ssary Kurgan, Löss lufttr. in kalter HC]. unlösl......... Kasala, hellgelbl. Loss 3” ме lufttir.... er ern. ee. Kasala,Schlamm В Бет 1202 te. ee ав. Kasala,.Sediment, у Бет 150? фт. Ne ehe ne dan Neu-Margelan, Untergrund 4’ tief ß Schlamm bei 120° tr. Neu-Margelan, Sediment y bei 120° tr................, Dshujda bei Neu-Margelan, früher Morastgrund lufttr... Kara Kaltak, Secundär-Löss lufttr. ..,..:.........,.... Woadilj, Kittmasse des Conglomerats lufttr. ........... Woadilj, Modifieirter Thonschiefer lufttr. .............. Woadilj, Schlamm ß bei 120° tr. (rother Thon)......... Woadilj, Schiefersplittersediment y bei 120° tr......... Woadilj, weisser Rollstein lufttr. (Marmor + Zeolith)... Teschik-Tasch, hellgraue Kittmasse lufttr.............. *) 4. В. inclus. SiO, der durch HCl gespaltenen Silicate. 85,2008 59,1996 31,0411 33,3724 25,1818 39,7325 35,9879 11,5561 54,6606 70,8120 62,5358 57,1446 51,1542 87,2140 63,4421 64,1056 78,1970 36,2858 38,2638 31,9716 23,9428 20,5008 32,7830 76,7917 74.6849 12,0516 56,2774 2,1628 | 1,5089 0,8934 0,8191 0,9485 0,8224 1,9595 0,4097 2,5579 1,8086 1,9255 1,3938 1,4608 3,0749 1,9463 2,0773 1,6810 1,2257 0,8837 0,2155 0,7732 1,7032 1,2757 3,1819 1,7281 0,0212 1,1422 Magnesia MgO 2,9893 3,7090 0,1989 0,5764 0,4540 1,6700 1,4748 0,0648 0,2800 0,5761 0,5024 0,1950 0,3453 2,3398 1,0622 1,1187 0,9936 0,3113 0,4037 7 0,1376 0,1651 0,7434 0,4702 1,2783 0,7441 0,0203 0,2501 Eisenoxyd Fe,03 2,7123 0,8385 0,2825 0,2676 0,5426 1,4384 1,6002 0,0885 0,1655 0,5433 0,3713 0,3362 0,4878 4,2169 0,7714 0,9140 0,2029 0,4318 0,3892 0,5978 0,2602 0,7447 0,4682 0,4255 1,3399 0,0198 0,6952 Thonerde ALO; 10,9890 2,1463 4,8313 3,2831 12,1852 5,0923 5,6731 0,8944 5,5558 9,3444 9,6847 5,5484 6,5105 17,5696 10,6036 11,4340 8,5613 7,6858 4,4448 1,1677 2,1699 4,3215 9,0252 16,1067 10,6264 0,0216 5,0436 ее 38 A 2| - 41,0906 | 23,6820 37,8567 | 11,6450 23,8899 | 0,2847 26,7091 | 0,9437 45,1856 | 0,0114 29,6097 | 0,3191 245096 | 0,2129 9,9862 4571953 | 0,2186 56,3294 | 0,5826 48,5089 | 0,5712 42,5714| 6,0646 38,4522 | 2,8659 а (130. 04353 46,9232| 1,0566 46,9223| 0,6040 56,6485 | 3,5858 25,7171 | 0,3458 20,4344 | 6,0083 28,7900 | 0,8157 19,2228 | 0,3916 13,0680 | 0,0089 68,6408 | 0,8744 san О 46,8894 [Quarz 12,5908 11,4350 | (incl. Quarz) 41,1622 | 5,7029 a À | sd * - А. UNTERSUCHUNGEN DER BODENBESTANDTHEILE. x 21 100 Theile lufttrockner Löss, Thon, Kalkstein, Conglomerat etc. und die bei 120° trocknen Schlämmprodukte ersterer hinterlassen in 10%, НС] enthaltender Salzsäure unlöslichen Silicatrückstand, enthaltend: № у © >, 5 a = © = а зы | 4) 8 |3 9 Теа #3 = = S | À A = AC В A = SH 26В| Teschik-Tasch, dunkelgrauer Rollstein lufttr........... 87,8338 | 1,7939 | 1,3432 | 0,0100 | 0,3324 | 0,7340 | 7,7980 58,6641 17,1582 278 | Teschik-Tasch, Schlamm В bei 120° tr............. .| 65,3306 | 1,5954 | 1,2132 | 0,2183 | 0,7243 | 1,4282 | 9,3990 | 48,0881 | 2,7510 28 | Teschik-Tasch, Kittmehl lufttr. ...................... 66,3688 | 1,4848 | 1,0782 | 0,1993 | 0,4418 | 0,5083 | 7,7168 34,7292 | 20,2104 29 | Mojän, Conglomerat-Kittmehl lufttr. .................. 49,0276 | 1,0379 | 0,0631 | 0,1760 | 0,1227 | 0,2650 | 2,0731 | 29,8295 | 15,4603 30 | Mojän, Conglomerat-Sandstein lufttr. ................. 55,3065 | 1,0920 | 0,0459 | 0,0975 | 0,0830 | 0,3849 | 2,3023 | 45,7089 | 3,5920 31 | Mojän, Conglomerat-Kalkstein lufttr................... 29,7123 | 0,9383 | 0,0896 | 0,0054 | 0,3096 | 0,4457 | 1,9867 22,5005 | 3,4365 32 | Golowskaja, 18’ tief Brunnengrund, lufttr. Manganreicher Ни US 17,8227 | 0,2349 | 0,1044 | 0,0431 | 0,1526 | 1,2218 | 2,1126 13,9533 32В| Golowskaja, 18’ Brunnengrund Thonschiefer lufttr. ..... 90,1503 | 1,3022 | 0,8111 | 0,0201 | 0,0244 | 0,1860 | 7,0882 | 80,2731 0,4452 32B’| Golowskaja, vom Thonschiefer abgesiebtes graugrünes Bet IE NN dur ons die An 89,1100 | 1,9002 | 0,8146 | 0,0030 | 0,9840 | 1,4841 | 8,8840 | 54,8799 | 20,1602 326 | Golowskaja, feinster Thonschlamm В bei 120° tr. ....... 81,3200 | 1,3960 | 0,2335 | 0,0516 | 2,9802 | 3,3942 | 14,7910 | 58,4735 SOMME TASNODOLSKA A АЕ. eee. de ee 72,7502 | 1,3656 | 1,0052 | 0,1353 | 1,1249 | 1,8440 | 8,7648 | 55,0884 3,4220 34 | Kara-Bulak, hell röthlichbrauner Löss lufttr. .......... 81,1922 | 1,3393 | 1,2045 | 0,3149 | 0,5008 | 1,8810 | 11,6196 | 41,0371 | 23.2950 348 | Kara-Bulak, Thonschlamm В bei 120° tr.......,....... 41,6715 | 1,1301 | 0,9595 | 0,1834 | 0,1721 | 0,5696 | 5,5664 32,8997 0,1907 ЗУ: Бата ВШак т Yi Grantsediment......................0 93,6728 | 1,0004 | 1,5229 | 0,2111 | 0,2931 | 0,5182 6,1942 | 41,0718 42,8611 35 | Tasch-Ssuatskaja, seltner Rollstein im Ssyr lufttr. ...... 41,6715 | 1,1301 | 0,9595 | 0,1834 | 0,1721 | 0,5696 | 5,5664 | 32,8997 0,1907 36 | Bekljär Вес, Lössmännchen lufttr. (Dolomit)............ 14,3392 | 0,3182 | 0,0407 | 0,1669 | 0,2209 | 0,3157 | 1,1947 12,0891 37 | Spän, Kalksteine im Lösshügel luftr..............,.... 50,6135 | 1,6798 | 0,4826 | 0,8872 | 0,5299 | 0,9636 | 3,8121 | 41,8211 0,4372 39 | Grabmal bei Ilombaj, Rogenstein lufttr........,........ 70,2340 | 1,6500 | 0,4929 | 0,0031 | 0,0971 | 0,2774 | 3,8932 | 50,9123 | 12,9180 40 | Ak-Ssuasch und Ak-Dschar, Coprolithen lufttr.......... 50,2823 | 0,7472 | 0,2879 | 0,0436 | 0,0340 | 0,0242 | 1,6427 | 44,0767 3,4260 41 | Naryn, Eisenvitriol lufttr. ........................... 31,4793 | 0,1761 | 0,0180 | 0,0011 | 0,0686 | 0,1279 | 0,8431 |24,7644| 5.4801 42 | Naryn, Thonschiefer neben № 41 lufttr............,... 76,8712 | 1,6458 | 0,0980 | 0,0008 | 1,5533 | 0,4790 | 14,5334 | 48,9551 9,6058 44 | Tschimkent, Conglomerat-Sandstein lufttr.............. 58,8088 1,3639 | 0,0996 0,1398 | 0,2588 | 0,3382 | 4,1618 38,1204 | 9,2758 47 | Bekljär-Beg, Orthoklas-Porphyr lufttr................. 86,2658 10,1007 | 1,8186 | 0,1568 | 0,5159 | 0,6373 | 17,0338 | 55,4413 0,5614 48 | Fort Perowsky, Oligoklasgestein-Geschiebe lufttr. ...... 88,5863 | 2,2206 | 3,2686 | 0,5374 | 0,5738 | 0,4276 | 10,9625 | 65,4257 5,1701 49 | Zwischen FortII u. Chor-Chut, vereinz. Sandstein lufttr.| 64,3896 | 1,2377 | 0,3994 | 0,0161 | 0,1682 | 0,1105 | 2,8655 | 45,2817 14,3605 51А| Woadilj (?), rother Sandstein, lufttr. abgesiebtes Pulver .| 81,2561 | 3,3093 | 0,0513 | 0,0040 | 0,2986 | 0,3204 | 8,0155 | 39,6225 | 29,6345 51B| id. Siebrückstand von 514 leicht zerdrückt, Siebmehl...| 63,7620 | 2,3814 | 0,2129 | 0,0028 | 0,2739 | 0,3946 | 6,2494 47,2460 7,0010 51C | id. Siebrückstand von 51B hart lufttr. ............,... 66,2678 | 2,1829 | 0,1340 | 0,0231 | 0,1267 | 0,2895 | 5,1054 | 32,9202 25,4860 52 | Teké, Quarzit («Eisenkiesel») lufttr. .................. 93,0651 | 1,9739 | 0,0386 | 0,0020 | 0,5422 | 0,9780 | 5,8138 | 57,1506 | 26,5660 53 | Teké, Kalkthonschiefen lufttr......................... 42,7027 | 2,5660 | 0,0167 | 0,0093 | 1,1563 | 0,3559 | 8,4928 | 29,5439 | 0,5628 56 | Teké, Dolomitmergel hellgelb, locker, lufttr. ........... 30,5853 | 1,4757 | 0,6884 | 0,1213 | 2,9160 | 0,1247 | 8,4550 | 16,8042 58 | Teké, Geröll Oligoklasdiorit lufttr. .....,............. 80,0286 | 1,1722 | 5,4938 | 0,0131 | 1,1658 | 0,3003 | 15,8708 | 56,0126 59 | Мапа], grauer, harter Kalkstein, lufttr. .....,......... 1,2487 | 0,0288 | 0,0008 | 0,0011 | 0,0009 | 0,0007 | 0,2250 | 0,9914 60 | Мала), Conglomerat-Kalkstein lufttr...........,,...... 6,0141 | 0,0371 | 0,0014 | 0,0012 0,0140 | 0,0108 0,1439 | 5,8062 61 | Мапа), hellgelber weicher Dolomitmergel lufttr......... 23,2885 | 1,3208 | 0,2417 | 0,1470 | 0,3411 | 1,2193 | 3,8143 | 16,2043 *) 4. В. inclus. SiO, der durch HCl gespaltenen Silicate. А СН RE TR Re DT A CA TR BTE ET С бое аля x je WU SU N a = FT VAE CEE: 22 С. ScHMIDT, FERGHANA, Unter diesen durch 10%, HClnicht gespaltenen Silicat-Rückständen zeigen die meisten weit überwiegenden Kali- (Orthoklas-) Gehalt; nur bei № 24 Woadilj, Thonschiefer 26.4 Teschik Tasch, Kittmasse 34y Kara Bulak, Grantsediment 48 Fort Perowsky, Geschiebe 58 Teké, Dioritgeschiebe überwiegt Natron: Oligoklas, Albit (Plagioklase). Den bedeutendsten Orthoklas-Gehalt zeigt M 47 Bekljär Beg mit 10,1%, Kali 1,8%, Natron Den absolut und relativ höchsten Magnesia-Gehalt (Pyroxen) zeigt № 2, Feinsand der Dünen Kokan-Jany-Kurgan, demnächst № 1, Sand des Strombettes Ssoch bei Ssary-Kurgan. Im erstern (№ 2) erreicht der Natron- fast den Kali-Gehalt, derselbe ist zugleich Oligoklas- und Pyroxen- reicher als letztrer (№ 1). Der Kalk-Gehalt ist in allen durch HCl nicht ge- spaltenen Bodensilicaten viel geringer als der Magnesia-Gehalt, oft fast verschwindend, veranlast durch die viel leichtere Spaltbarkeit sämmtlicher Kalksilicate durch Säuren, selbst durch kohlensaures Wasser. Dasselbe gilt vom Eisenoxyde gegenüber der durch Säuren viel schwieriger und in unverhältnissmässig geringerer Menge abspaltbaren Thonerde. Durch Abzug dieses in НС] unlöslichen %, Bodensilicat-Antheils von 100 Th. luft- trocknen Bodens oder bei 120° tr. Schlämmproduktes erhält man leicht die in НС! löslichen Boden-Bestandtheile, aus diesen nach Abzug der in Wasser löslichen Sulfate, Chloride und Nitrate, des Caleiumphosphates, Calcium- Magnesium-Carbonates eventuell (№ 324, Go- lowskaja Brunnengrund) auch Mangan- und Eisen-Carbonates die durch 10% HCl spalt- baren in die HCI-Lüsung übergehenden Silicatbestandtheile. Von hervorragendem Interesse sind die Coprolithen von Ak-Ssuasch und Ak Dschar (№ 40) mit © EL 204 Sie gleichen dem Kursker «Ssamorod» sowohl dem äus- sern Aussehen, als dem ne hohen Fluorcalcium-Gehalte nach in frappanter Weise. Hier wie dort chokoladenbraun mit mehr oder minder glänzendem, etwas dunklerm, an Meteo- riten erinnerndem Ueberzuge, sehr hart, krystallinisch, am Stahlmörser Funken gebend. Ihre beiderseitige Entstehung: Auslaugung fossiler Knochenmassen der Oberflächenschichten durch kohlensaures Wasser, Hinabsickern der Lösung in den Untergrund und Verkitten des lockern stark eisenschüssigen groben Quarzsandes, zur harten krystallinischen Breccie, ist zweifelsohne identisch. А. UNTERSUCHUNGEN DER BODENBESTANDTHEILE. 23 Nicht minder interessant ist die Eisenvitriol-Schicht vom Naryn № 41, ein in- niges Gemenge von circa 38,3% 2. Th. höher oxydirtem Ferrosulfat, entsprechend 70% (FeSO, 7Н.О) krystallisirtem Eisenvitriol, 3,8%, schwefelsaurer Thonerde, je 0,4%, Kaliumsulfat, Glaubersalz und Bittersalz, ohne Gyps, mit verschwindend kleinem Kalk-Ge- halte der Silicate und 31,48%, letztrer, einem Gemenge von Quarzsand mit etwas Ortho- klas-Grant. Der in Мапа) herrschende dunkelgraue, harte, krystallinische Kalkstein spaltet in Platten von 2—3 Cm. Dicke, enthält 97,8%, reines Calciumcarbonat, brennt sich dem entsprechend völlig weiss zu trefflich hydratisirendem Kalke und giebt vorzüglichen Luft- mörtel. Die ihn durchsetzenden Kalkspath-Adern sind etwas dolomitisch. Der Gang № 624 enthält 4,2%, Magnesiumcarbonat auf 92,8%, Caleiumcarbonat. 625 › 10 » »89,9 » Von besonderm genetischen Interesse ist die hellgelbe, weiche, lockre Dolomitmer- gel-Einbettung № 61 mit 0, / 53%, Caleiumcarbonat 20,3 % Magnesiumcarbonat. Bei ihrer Bildung dürfte ein Auslaugungsprocess des umlagernden Magnesiaarmen Kalk- steins und Kalkstein-Conglomerats in analoger Weise, wie bei Bildung der Bekljär Beg Lössmännchen № 36 unter Mitwirkung pflanzlicher oder thierischer Reste stattgefunden haben. Der Manganreiche Spatheisenstein aus dem Brunnengrunde bei Golowskaja aus 18 Fuss Tiefe (№ 32) am Unterlaufe des Ssyr-Darja beansprucht nicht allein geologisches Interesse, sondern kann bei weitrer Ausdehnung des Lagers als vorzügliches Eisenerz prak- tisch wichtig werden. Er würde in Folge seines hohen Mangangehaltes in der Eisenmetallurgie Turkestans nicht allein für sich verschmolzen, sondern als Zuschlag andrer Manganarmer Spath- oder Braun-Eisensteine zu verwerthen sein. Die weitere Verfolgung dieser Schicht durch seitliche Bohrungen oder Versuchsschürfe in grössere Tiefen ist jedenfalls dringend zu empfehlen. Sie ist an dem starken Eisen- und Mangangehalte der heissen Salzsäurelö- sung oder durch die Löthrohrprobe leicht vom benachbarten Thonschiefer № 32B aus gleicher Tiefe unterscheidbar, der von heisser Salzsäure kaum merklich angegriffen wird und Kohlensäurefrei ist, während der Mangan-Eisenspath № 324 reichlich Kohlensäure entwickelt. Titaneisen findet sich als graufärbender Bestandtheil im Löss des Sary Kurgan № 17 neben Titansäure, letztre allein in M 25 Woadilj-Verwitterungsprodukt des Thonschie- fers und seinen Schlämmprodukten (@-+-ß) Schlamm und (y-+8) Schiefersplitter und Tom- bakglimmer-Sediment. 24 С. SCHMIDT, FERGHANA. Phosphorsäure fehlte keiner der vorliegenden Fels- und Bodenproben. Ueber 0,2% Р.О; enthielten: 100 Th. lufttr. Boden oder bei 120° tr. Schlämmprodukt enthalten: P205 | СазР»О; Coprolithen von АЕ Ssuasch und АК Dschar 15,1847 Teschik-Tasch, Schlamm В 0,3626 Spän ß, Schlamm bei 120° tr........ AO OH 0 een 0,3073 Spän, Löss-Hügel lufttr 0,2775 Spa y, вебе Бетон 0,2265 Alty-Aryik Margelan, lufttr,.- ne 0,2232 Bekljär Beg, dioritischer Orthoklasporphyr 0,2230 Ssary-Kurgan, Schlamm В bei 1200 tr 0,2191 Mojän-Hôhen, Schlamm В bei 120° tr.............. Saale 0,2146 Golowskaja, Spatheisenstein lufttr. ...........,...... ale. 0,2115 Spän, Kalkstein im Lösshügel 0,2085 Mojän, Conglomerat-Grant .......... ааа 0,2031 Ssary-Kurgan, Löss-Hügel lufttr. .......... Е 0,2025 33,1504 0,7916 0,6709 0,6058 0,4945 0,4873 0,4868 0,4783 0,4685 0,4617 0,4552 0,4434 0,4421 В. UNTERSUCHUNGEN DER WÄSSER. 25 B. Wasser. 1) Wasser des Ssyr Darja bei Kasalä geschöpft von Hrn. A. von Middendorff im Mai 1878 auf der Rückreise. Klar, farblos, geruchlos, neutral, schwacher Bodensatz in der Flasche, nach dem Umschütteln auf gewogenem Filter gesammelt bei 120° trocken — 0,3534 р. М. des Gesammt-Ssyr-Darja-Wassers (353,4 grm. in 1 Cubikmeter Ssyr- Darja-Wasser suspendirt). 10,000 Theile Ssyr-Darja-Wasser (excl. Sediment) enthalten: Elementarbestandtheile. | Gruppirung. Schwefelsäure 'SOg eme... 1,0255 | Kaliumsulfat K,SO, .................... 0,5484 CHOC а... 0,2255 | Natriumsulfat Na,S0, ......... 0.2... 0,9778 Kohlensäure, 00, rn came Peer... 1,5538 | Caleiumsulfat CaSO, ..................., 0,6179 KieSe чае er realer . 0,4500 | Chlorcalcium CaCI, .................... 0,3527 Sauerstoff (der Sulfate u. Bicarbonate) O .. 0,7524 | Calciumbicarbonat CaC,0; ..... уе 1,2441 Kalium'K 2... И. 0,2081 | Magnesiumbicarbonat MgC,0; ......... о 1,1542 Natmum Nana seen eos ee Ce 0253911, Kieselsäune SO seen. 0,4500 Galctuma Ca men он 0,6545 EEE 0,2164 Summe wasserfreier Bestandtheile........ 5,8451 | Summe wasserfreier Salze............... DVS OL ина 9994 6549. A WETTE ее AN 9994,6549 10000,0000 10000,0000 Beim Kochen und Eindampfen von 10,000 Theilen Ssyr-Darja-Wassers: a) bleiben gelöst. 8) fallen nieder (Kesselstein). Kaliumsulfat K,SO, 0,5484 | Calciumcarbonat CaCO, Natriumsulfat Na,SO, 0,9778 | Magnesiumcarbon. MgCO:....,.......... Magnesiumsulfat MgSO, 0,5452 | Kieselsäure 510........ НЕ Chlormagnesium MgCl, 0,3018 a) Summe wasserfreier Mutterlaugensalze .| 2,3732 | В) Kesselstein Mémoires de l'Acad. Imp. des sciences, VIIme Serie. 4 26 С. SCHMIDT, FERGHANA- UND SsYR-DARJA-GEBIET, Bodensatz. 100 Theile bei 120° tr. Bodensatz enthalten. | Kali K,0 Natron Na,0 Каса: ее. Нови = Magnesia MgO 1,806 0,918 8,682 4,214 2,924 5,308 18,568 57,580 Eisenoxyd Fe,0, . Thonerde АО еее H,0 und Kohlensäure (Glühverlust) Kieselsäure und in HC] unlösliche Silicate. Gruppirung (approximativ). Calciumcarbonat CaCO, Magnesiumcarbon. MgCO, (Kali K,0 = [Natron Na,0 д < Eisenoxyd Fe,0; Thonerde Al,0; (Si0, u. in НС! unlösl. Silicate Silicate (Thon ue) 2) Aryss-Aryk Bewässerungskanalwasser. Klares, farbloses, geruchloses Wasser mit schwachem dunkelgrauen Bodensatze, umgeschüttelt, auf gewogenem Filter gesammelt bei 120° trocken — 0,4463 p. M. (446, 3 grm. in 1 Cubikmeter Wasser suspendirt). sr. 10,000 Theile Arys-Aryk-Wasser enthalten (excl. Sediment): Elementarbestandtheile. Schwefelsäure SO, 0,4543 Chlor Cl 0,0644 Kohlensäure CO, 0,9659 Kieselsäure SiO,. 0,7001 Sauerstoff (der Sulfate und Bicarbonate) О. 0,2665 Kalium K 0,0872 Маале 53 0,1673 Calcium Ca 0,1736 Magnesium Mg .............. ehe SARA 0,2035 Summe wasserfreier Bestandtheile ....... 3,0828 Wasser nel ee ee 9996,9172 10000,0000 Gruppirung. Kaliumsulfat К.ЗО,.............. 346 00 Natriumsulfat Na,SO, Calciumsulfat CaSO, .... ......... ое Chlorcalcium CaCI, ............ babe Caleiumbicarbonat Ca(,0, ..... оны Magnesiumbicarbonat MgC,0; Kieselsäure SiO, Summe wasserfreier Salze............... 3,0828 Wasser..... ee eier (tee tee 9996,9172 10000,0000 В. UNTERSUCHUNGEN DER WÄSSER, Beim Kochen und Eindampfen von 10,000 Theilen Arys-Aryk-Wasser: 27 a) bleiben gelöst (Mutterlauge). Kaliumsulfat K,SO, .................... Natriumsulfat Na,50, .................. Magnesiumsulfat MgS0O,................ Chlormagnesium MgCl,................. a) Summe wasserfreier Mutterlaugensalze . 8) fallen nieder (Kesselstein). 0,1941 Calciumcarbonat CaCO,............. sente 0,5158 | Magnesiumcarbonat MgCO; ............. 0,1122 О ВЕК SO en en rer nee 0,0862 0,9083 Bye Kesselstein Me nee... mme Site Bodensatz. 100 Theile bei 120° tr. Bodensatz enthalten: approximative Gruppirung. RARE ее еее NEN NEO) See вен: Кабан MagnesianMeOM PEER ен HiISEnOxY ANNE OS a nee en :honerdesAl, O2 ne een asien Hydratwasser, Kohlensäure und organische Substanzen (Glühverlust).............. in HCI unlösliche Silicate und Kieselsäure. 1,255 0,111 16,474 3,642 3,098 6,308 20,478 48,634 100,000 Calciumcarbonat CaC0O,................. Magnesiumcarbonat МСО. ............. RARE OLE ee RE Я ee Малов AS ре Низепоху че О. еее еее Bhonerde АО CPS rene reteerere 510, und in HCl unlösliche Silicate....... Hydratwasser und organische Substanzen. . 29,417 7,648 1,255 0,111 3,098 6,308 48,634 3,559 100,000 3) Wasser des Aryk (Bewässerungskanal) bei Stadt Turkestan. Frisch ge- schöpft (Mai 1878) dick lehmig, gelb. In Dorpat angelangt enthält die gut verkorkte und versiegelte Flasche farbloses, klares, neutral reagirendes Wasser über schwachem durch hydratisches Schwefeleisen dunkelgrün gefärbtem Bodensatze bei 120° tr. = 0,0264 p.M. (26,4 gem. in 1 Cubikmeter Aryk-Wasser suspendirt). standes starkes Sublimat von Salmiak. 4* Beim Erhitzen des Abdampfrück- 28 С. SCHMIDT, FERGHANA- UND SSYR-DARJA-GEBIET. 10,000 Theile Turkestan-Aryk- Wasser (excel. Bodensatz) enthalten: Elementarbestandtheile. Schwefelsäure SO, Chlor Cl Kohlensäure CO, Sauerstoff (der Sulfate und Bicarbonate) О Kalium K Natrium Na Ammonium NH, Calcium Ca Magnesium Mg Summe wasserfreier Bestandtheile Wasser 9973,223 10000,000 Gruppirung. Kaliumsulfat K,SO, Natriumsulfat Na,SO, Ammoniumsulfat (NH,),SO, Chlorammonium NH,CI Chlorcalcium CaC], Calciumbicarbonat CaC,O, Magnesiumbicarbonat MgC,0:........... Summe wasserfreier Salze......... AA 26,777 Wasser 9973,223 10000,000 1 Cubikmeter dieses Turkestan-Arykwassers enthält demnach 1739,2 grm. Salmiak 137,1 » Ammoniumsulfat } worin 588,4 grm. Ammoniak NH, Bodensatz. 100 Theile bei 120° tr. Bodensatz enthalten: Eisenbisulfid FeS, Kalk CHOR ner ER EE AUS EN Thonerde 4150. der Flockenabsatz von 1 Cubikm. Arykwasser enthält: 2,8 Gramm 10,6 » I 25» \ als Hydrate suspendirt in 1 Cubik- | meter Turkestan-Aryk-Wasser. ) Kieselsäure SiO, 1055 26,4 Gramm Woher stammt dieser beträchtliche Salmiak-Gehalt? Es wäre sehr interessant auf Grundlage vorliegender Analyse dem Ursprunge desselben an Ort und Stelle genauer nach- zuforschen. Sollte der Harn der Kameele und der bei Turkestan massenhaft weidenden Schaafe so reich an Salmiak sein? Man erinnert sich dabei der Bemerkung Cäsalpin’s (de metallicis 1596): «Sunt, qui in Armenia fieri testantur ex urina chamelorum, unde ar- meniacus vocatur» (cf. H. Kopp, Geschichte der Chemie III, p. 238). 4) «Ssai» d. В. Abflusswasser des Bewässerungsgrabens «Aryk» bei der Stadt Margelan. Frisch geschöpft hellbraun lehmig. In Dorpat angelangt beim Oeffnen ns Ze мае В. UNTERSUCHUNGEN рев WÄSSER. der wohlverkorkten und versiegelten Flasche schwach opalisirendes Wasser, 29 von kaum merklichem Schwefelwasserstoff-Geruche, aber stärkerem schwarzgrünem Bodensatze als das Turkestan-Arykwasser, bei 120° tr. — 0,8602 p. M. (860,2 grm. bei 120° tr. Bo- densatz in 1 Cubikmeter «Ssa- Wasser). 10,000 Theile Ssai-Margelan- Wasser enthalten: Elementarbestandtheile. Schwefelsäure SO, 0,2024 Chlor Cl 0,1236 Salpetersäure N,O, 0,0937 Kohlensäure CO, 1,6034 Sauerstoff aeq. der SO,, N,0; und CO,.... 0,3459 Schwefelwasserstoff H,S 0,0040 0,0542 0,1013 0,6228 Magnesium Mg ...................... . 0,1176 Summe wasserfreier Bestandtheile 3,2689 Wasser 9996,7311 10000,0000 Gruppirung. Ка тата На Ко О ее rer. 0,1207 Natriumsulfat Na,S0O, ... 0,2611 Chlornatrium NaCl 0,0421 Chlorcalcium CaCl, 0,1534 Caleiumnitrat CaN,0, 0,1423 1,9181 Magnesiumbicarbonat Mg0,0, 0,6272 Schwefelwasserstoff H,S 0,0040 Summe wasserfreier Salze Wasser 9996,7311 10000,0000 Bodensatz. 100 Theile bei 120° trockner Bodensatz enthalten: in 10%, НС! bei 100° approximative Gruppirung. Summe. löslich. |unlöslich. Eisenbisulüd Верь: 0,103 Kali KO nee ete crue 1,381 2,010 3,391 | Caleiumphosphat СазР.О. ........... 0,223 NatronsN22 Or nen. 0,012 1,079 1,091 | Calciumcarbonat CaCO;............. 18,353 KA CAO MATE ее В 10,399 |’ 0,036 | 10,435 | Magnesiumcarbonat MgCO, ......... 0,178 Magnesia MgO ................ 1,763 0,373 2,136 (RATER OR eu: 3,391 визепохуй Нео ее еее 4,576 0,735 5,311 2 Natron NO nn nenne. 1,091 Mhonerde ALOS. mare ee 8,986 | 7,880 | 16,866 | & 4 [Kalk CaO.................... 0,036 Kohlensäure CO, ........ ee 8,168 8,168 2.3 Magnesin Melt 2,051 Phosphorsäure P,O,............ 0,102 0,102 | « 9 JEisenoxyd Fe,03.............. 5311 Kieselsäure Si0,............... 48,587 | ® | Thonerde Во 16,866 Eisenbisulfid FeS, ............. 0,103 | UKieselsiure Si0,.............. 48,587 H,O und organische Substanzen.. 3,810 | Hydratwasser und organ. Substanz ...| 3,810 100,000 О О D SANT а ею x 4 t N he Wat У > ee ne AT 4 2x 30 С. ScHMIDT, FERGHANA- UND SSyYr-DARJA-GEBIET. Vergleicht man das Wasser des Ssyr-Darja mit den 3 Kanalwassern von Arys, Tur- kestan und Margelan, so ergiebt sich ein beträchtlicher Mehrgehalt des Ssyr-Darja-Was- sers an Basen und Säuren. Diese Thatsache erscheint auffallend, da die Verdunstung in den langsamfliessenden flachen Bewässerungs- und Abfluss-Kanälen jedenfalls die des rascher strömenden viel tiefern Ssyr-Darja weit überwiegt, das Kanalwasser dem entsprechend a ze 1 Cubikmeter Wasser enthä Ssyr-Darja. Arys-Aryk. Margelan «Ssai», Schwefelsäure SO; 102,55 45,43 20,24 2780,6 Chlor CI (incl. Brom) 22,55 6,44 12,36 3836,4 Salpetersäure №0; 9,37 Р.О; 1,1 Kohlensäure CO, 155,38 96,59 160,34 134,7 Kieselsaunessi02. Rene ee ehe 45,00 70,01 3,2 Sauerstoff aequiv. SO,, N,0, und CO, 75,24 26,65 34,59 580,8 Schwefelwasserstoff H,S 0,40 Kalium K (incl. Rubidium) 20,81 8,72 5,42 60,6 Natrium Na 25,89 16,73 10,13 2456,2 Calcium Ca 65,45 17,36 62,28 458,0 21,64 20,35 11,76 { me ? 534,51 308,28 326,89 10908,9 (*) Hydrologische Untersuchungen, XXITI, Mélanges, X, р. 680 (1877). Das Wasser des Turkestan-Aryk ist jedenfalls durch besondere Lokaleinflüsse modi- ficirt und kann erst nach Abzug des Salmiaks und Ammoniumsulfats zum Vergleich be- nutzt werden. Sollte obiger Vermuthung nach das Ammoniak als Salmiak neben anderwei- tigen Harnsalzen in den Kanal gelangt sein, so erhält man nach Abzug des Ammonium plus seinem Aequivalente Chlor als «Maximal» Salzgehalt des Turkestan-Aryk-Wassers die in Columne V der Tabelle aufgeführten Aryk-Wasser + Harn-Mineralbestandtheile: Das Wasser des Amu-Darja dürfte von dem des Ssyr-Darja nicht so verschieden sein, dass die genetischen Beziehungen beider zum Aral-Sammelbecken durch vorläufigen Mangel einer direkten Analyse des Amu-Darja-Wassers wesentlich beeinträchtigt würden. Dieselben sind so charakteristisch und scharf markirt, dass sie beim Vergleiche der 2 letzten Co- lumnen VI und VII mit I sofort hervortreten. Auf gleichen Chlorgehalt reducirt enthält das Aralwasser viel weniger Schwefelsäure, Kohlensäure, Kieselsäure, Kalium, Calcium, Magnesium, etwa halb so viel Natrium als das Ssyr-Darja- und Arys-Aryk-Wasser. В. UNTERSUCHUNGEN DER WÄSSER. 31 a priori viel concentrirtere Salzlösungen erwarten lässt, als die Analyse aufweist. In die Bewässerungskanäle müssen demnach Quellen viel salzärmern Wassers münden, die das Ssyr-Darja-Wasser bedeutend verdünnen. Nachstehende Zusammenstellung erleichtert die Uebersicht ihrer genetischen Beziehungen zum Aral als Sammelbecken: rammen Elementarbestandtheile: Baikal, April 1877 Auf gleichen Chlorgehalt des 1,867 Cubik- | 5,318 Cubik- 1 Cubikmeter 'urkestan Е зе cn, Ssyr re reducirt A EP RE er 1 Cubikmeter 13,383 Cubik- ыы | аыьо | men 189,8 159,07 16,34 37,78 11,59 2,18 3,979 53,25 162,3 22,55 22,55 22,55 22,55 4,24 1,685 22,55 17,49 2,98 0,56 0,124 1,66 159,9 338,22 0,79 299,34 652,34 122,66 50,398 674,47 245,15 0,02 36,32 6,83 1,398 18,71 67,0 93,32 3,41 64,58 121,37 29,82 10,018 134,07 0175 IR: 1,91 0,36 0,369 4,94 ’ NH, 2,39 0,45 0,054 0,72 144 30,53 0,36 10,12 14,48 2,60 2,378 31,82 53,0 58,58 14,44 18,91 13,27 2,50 4,039 54,05 154,5 60,79 2,69 116,27 215,54 40,53 16,142 216,03 D ne | on | os ous | où | me | 830,6 1079,47 64,11 609,74 1143,69 214,93 93,747 1254,60 Wäre das Aral-Wasser durch ausschliessliche Wasser-Verdunstung von dem ins Aral- becken ergossenen Ssyr-Darja-Wasser entstanden, so hätten 1000 Cubikmeter Ssyr-Darja- Wasser beim Eindunsten auf 5,878 Cub. М. Aralwasser an die Athmosphäre abgegeben: 994,122 Cubikmeter Wasser. An das Araldelta, ausser dem viel beträchtlichern mechanisch aufgeschlämmten Thon- mergel, werden an gelösten Mineralbestandtheilen vom Ssyr-Darja-Wasser abgegeben: 86,21 Kilogramm Schwefelsäure SO, 44,98 » Kieselsäure SiO, 20,45 » Kalium К = 24,63 Kali К.О 11,45 » Natrium Na = 15,42 Natron Na,0 62,76 » Calcium Са = 87,86 Kalk CaO 18,13 » Magnesium Mg = 30,22 Magnesia MgO. et . == и. * x or 30 С. Зонмгот, FERGHANA- UND SSYR-DARJA-GEBIET. Vergleicht man das Wasser des Ssyr-Darja mit den 3 Kanalwassern von Arys, Tur- kestan und Margelan, so ergiebt sich ein beträchtlicher Mehrgehalt des Ssyr-Darja-Was- sers an Basen und Säuren. Diese Thatsache erscheint auffallend, da die Verdunstung in den langsamfliessenden flachen Bewässerungs- und Abfluss-Kanälen jedenfalls die des rascher strömenden viel tiefern Ssyr-Darja weit überwiegt, das Kanalwasser dem entsprechend В. UNTERSUCHUNGEN DER WÄSSER. 31 a priori viel concentrirtere Salzlösungen erwarten lässt, als die Analyse aufweist. In die Bewässerungskanäle müssen demnach Quellen viel salzärmern Wassers münden, die das Ssyr-Darja-Wasser bedeutend verdünnen. Nachstehende Zusammenstellung erleichtert die Uebersicht ihrer genetischen Beziehungen zum Aral als Sammelbecken: 1 Cubikmeter Wasser enthajgrammen Elementarbestandtheile: | Ssyr-Darja. | Arys-Aryk. Margelan | «Ssain, Schwefelsäure SO, ... 102,55 45,43 20,24 Chlor OI (incl. Brom). 22,55 6,44 12,36 Salpetersäure №0; 9,37 Kohlensäure CO, .. 155,38 96,59 160,34 Kieselsäure SiO,. 45,00 70,01 Sauerstoff aequiv. SO,, №0; und CO, .. 75,24 26,65 34,59 Schwefelwasserstoff H,S.........,......,.......... 0,40 Kalium К (incl. Rubidium) . 20,81 8,72 5,42 Natrium Na 25,89 16,73 10,13 CAE Sponsor ton ocre 65,45 17,36 62,28 АИ он осодабооровоювновасвовойосьвовый 21,64 20,35 11,76 534,51 308,28 326,89 (*) Hydrologische Untersuchungen, XXIII, Mélanges, X, р. 680 (1877). Das Wasser des Turkestan-Aryk ist jedenfalls durch besondere Lokaleinflüsse modi- ficirt und kann erst nach Abzug des Salmiaks und Ammoniumsulfats zum Vergleich be- nutzt werden. Sollte obiger Vermuthung nach das Ammoniak als Salmiak neben anderwei- tigen Harnsalzen in den Kanal gelangt sein, so erhält man nach Abzug des Ammonium plus seinem Aequivalente Chlor als «Maximal» Salzgehalt des Turkestan-Aryk-Wassers die in Columne У der Tabelle aufgeführten Aryk-Wasser + Harn-Mineralbestandtheile: Das Wasser des Amu-Darja dürfte von dem des Ssyr-Darja nicht so verschieden sein, dass die genetischen Beziehungen beider zum Aral-Sammelbecken durch vorläufigen Mangel einer direkten Analyse des Amu-Darja-Wassers wesentlich beeinträchtigt würden. Dieselben sind so charakteristisch und scharf markirt, dass sie beim Vergleiche der 2 letzten Co- lumnen VI und VII mit I sofort hervortreten. Auf gleichen Chlorgehalt redueirt enthält das Aralwasser viel weniger Schwefelsäure, Kohlensäure, Kieselsäure, Kalium, Caleium, Magnesium, etwa halb so viel Natrium als das Ssyr-Darja- und Arys-Aryk-Wasser. | Aral-See, 27806 3836,4 Р,0;11 134,7 32 6808 606 24562 458,0 596,5 Fe 0,8 10908,9 Torkestan Aryk excl. NBI. 189,8 1623 Auf gleichen Chlorgehalt des 1 Cubikmeter Baikal, April 1877 5 Fi 1,867 Cubik- | 5,318 Cubik- Ssyr-Darja-Wassers reducirt | › р г уу enthalten: meter Mar- | meter Embach- es 1 Cubikmeter | 13,383 Cubik- 3502Liter | 5,878 Liter | gelan «Ssai» Wass Sommer | Baikalwasser | meter Baikal- Arys-Aryk- | Aral-Wasser. | 8° un Fee Mittel). | enthalt:(*) | wasser. 169,07 16,34 37,78 11,59 2,18 3,979 53,25 22,55 22,65 22,66 22,65 4,24 1,685 22,66 17,49 2,98 0,56 0,124 1,66 338,22 0,79 299,34 652,34 122,66 50,398 674,47 245,15 0,02 36,32 6,83 1,398 18,71 93,32 3,41 64,58 121,37 22,82 10,018 134,07 12,0; 1,91 0,36 0,369 4,94 075 NH, 239 0,45 0,054 0/72 30,53 0,36 10,12 14,48 2,60 2,378 31,82 58,58 14,44 18,91 13,27 2,50 4,039 54,05 60,79 2,69 116,27 215,54 40,53 16,142 216,03 р r f 46,88 8,81 2,462 32,95 1128 30) 2195 Fe 207 0,39 0,701 9.38 1079,47 64,11 609,74 1143,69 214,98 93,747 1254,60 Wäre das Aral-Wasser durch ausschliessliche Wasser-Verdunstung von dem ins Aral- becken ergossenen Ssyr-Darja-Wasser entstanden, so hätten 1000 Cubikmeter Ssyr-Darja- Wasser beim Eindunsten auf 5,878 Cub. M. Aralwasser an die Athmosphäre abgegeben: 994,122 Cubikmeter Wasser. An das Araldelta, ausser dem viel beträchtlichern mechanisch aufgeschlämmten Thon- mergel, werden an gelösten Mineralbestandtheilen vom Ssyr-Darja-Wasser abgegeben: 86,21 Kilogramm Schwefelsäure SO, 44,98 » Kieselsäure SiO, 20,45 » Kalium К = 24,63 Kali К.О 11,45 » Natrium Na = 15,42 Natron Na,0 62,76 » Calcium Са = 87,86 Kalk Ca0 18,13 » Magnesium Mg = 30,22 Magnesia Mg0. 32 C. SCHMIDT, FERGHANA- UND SSYR-DARJA-GEBIET. Gruppirt man Schwefelsäure mit der aequivalenten Kalk-Menge, so В man aus 1000 Cub. M. Ssyr-Darja- Wasser: 86,21 Kilogr. SO, 60,35 » CaO 38,790 2» 2aq 185,35 Kilogr. krystallisirten Gyps, während der Kalkrest 27,51 Kilogr. CaO theils als Carbonat, theils als Hydrosilicat (Zeo- lith) mit den 44,98 Kilogr. 510. 24,63 » КО 15,42 » Na,0 30,22 :» MgO und mechanisch suspendirtem feinzermalmtem Orthoklas- und Oligoklasdetritus verbunden, denselben als zähplastischer Thonmergel (Gypsthon) umhüllt und durchsetzt. Der in 1000 Cub.-M. Ssyr-Darja-Wasser suspendirte Thonmergelschlamm bei 120° С. | tr. = 353,4 Kilogr. enthält annähernd: ; Calciumcarbonat CAC 0,2... 2 en ann 54,79 Kilogr. = { an 4 Co, Magnesiumcarbonat MgCO; 1.200000 0.0 en SEN es 00: Kali К.О о ооо о рабо вые ae 10 6,38 » Мао Ма О REPARER ERE PPNRRE 3,24 » Жверохуй Не О: 7... PR re Фи Thonerde- АО er an а те 18.76. 2 Kieselsäure u. durch heisse HCl nicht gespaltene Silicate 203,49 » Hydratwasser und organische Substanzen ............ 25,09 » Summe 353,35 Kilogr. Das Gesammtresultat des Sedimentir- und Verdunstungsprocesses wäre demnach: В. UNTERSUCHUNGEN DER WÄSSER. 33 1000 Cubikmeter Ssyr-Darja bilden, bis zum Chlorgehalte des Aral-Wassers ver- dunstend : 5,878 Cubik- meter Aral- wasser enthal- 155,55 Kilogr. Gyps Krystalle Carbonat- und Hydrosilicat- Absatz (Thonschlamm) bei 120° tend Kilogr. enthaltend. trocken. enthaltend. MASSE eee ae ste ee 38,79 Schwefelsaure. SOL ee. eeeesee 16,34 Kil. 86,21 СО О ee Melange 22,55 Maximum an СаО + MgO geb. Kohlensäure 60, me Te 0,79 Kohlensäure (Maxim.)CO, 104,12 Kaeselsäure SID ere Be Te 0,02 D An 248,47 Sauerstoff aeq. SO, und С0............ 3,41 17,24 Silicate. Kalium К (incl. Rubidien)........... 0,36 Kali = и эл А А ae она 14,44 Natron = Na,0 18,66 аси Са ога 2,69 43,11 Kalk —Ca0 58,19 Аи И en ce re ce. 3,51 _ Magnesia = MgO 53,11 Eisenoxyd = Fe,0, 10,33 Thonerde = Al,0, 18,76 Der im Amu-Darja vom 1. October 1874—75 suspendirte Schlamm enthielt nach meiner Analyse (Mémoires (7) XXV, № 3, р. 33, 1877) im Jahresmittel bei 120° tr. КО + RbO 2,170% Na,0 1,554 Са0 11,186 М0 2,496 Mn,0, 0,222 Fe,0; 4,741 ALO, 16,839 510, 51,093 Р.О, 0,173 CO 8,094) HO + organische Substanz 1,319 j Ssyr-Darja. 1,806 0,918 8,682 4,214 ? 2,924 . 5,3085 57,580 4 2 18,568 tin HCI lösl. Antheil. (+ Fe,0, + ALO, ete. des in HCl unlösl. Antheils. Der Suspensionsschlamm des Amu-Darja gleicht im Ganzen dem des Ssyr-Darja. Ersterer ist relativ reicher an Kalk und Natron, ärmer an Magnesia, als letzterer. Das Atom- Verhältniss beider Alkalien (Kali + Natron) zu den alkalischen Erden (СаО + MgO) ist nahezu übereinstimmend. Leider gestattete die geringe Menge zur Analyse disponiblen Ssyr- Darja-Schlammes keine direkte Kohlensäurebestimmung, Trennung des Kali vom Rubidion, Mémoiros de l'Acad. Imp. des scionces, УПше Serie. 5 34 С. ScHMiDT, FERGHANA- UND SSYR-DARJA-GEBIET. des Manganoxydes, der Phosphorsäure, sowie der in HCI unlôslichen Thonerde. Doch dürfte die Annahme annähernd gleicher Vertheilung der alkalischen Erden auf CO, und SiO, nicht zu gewagt erscheinen. Von den 11,186%, Kalk des Amu-Darja-Suspensionsschlammes sind gebunden: an CO, 10,445 » РО, 0,205 » 510, 0,536 Demgemäss würden von den 8,682%, Kalk des Ssyr-Darja-Suspensionsschlammes ge- bunden sein an CO, 8,107 » ADO 0159 » 510. 0,416 entsprechend 14,477°/ Ca0, == Calciumcarbonat 0,294 Ca,P,0,= Calciumphosphat Während die Magnesia des Amu-Darja-Schlammes an Kieselsäure gebunden ist, dürfte im Ssyr-Darja-Schlamm der überwiegende Theil an Kohlensäure gruppirt als Dolomit präexistiren, wie derselbe neben Kalksteinmehl im Sande des Strombettes «Ssoch» (№ 1), Feinsand der Dünen Kokan-Jany-Kurgan (№ II), dem Grobsande der Dünen «Ripples» (№ 3) und dem Sande unter Löss bei der Ssyr-Darja-Ueberfahrt (№ 4) vorliegt. Ueberträgt man das bei letzterm beobachtete Verhältniss von Calciumcarbonat zu Magnesiumcarbonat — 4,43 : 1 auf den Ssyr-Darja-Suspensionsschlamm, so erhält man _ 11,556 MgO HAS 4800 — 171560, während 2,658 MgO Rest als Silicat vorhanden sind. Nach meines frühdahingeschiedenen Freundes und Mitarbeiters Е. Dohrandt Be- obachtungen vom 1. October 1874—75 (Memoires (7) XXV, № 3, p. 30, 1877) enthielt das Amu-Darja-Wasser bei Fort Nukuss im Cubikmeter: 1. October 1872... 864,67 Gramm lufttr. Schlammes 2H November. ee. 660,90 » » » 15—18. December .... 571,67 2» » » 16—19. Januar 1875 .. 508,76 » » » 15—20. Februar ...... 192,21 » » » 16—21. März ........ 765,45 » » » 22—26. April ........ 1306,60 » » » 26—30. Ма......... р 968,20 » » D) 21—29. Jwi...:.:..; 2227,80 » » » В. UNTERSUCHUNGEN DER WÄSSER, 35 20—25. Jul 22.2.2 .0%- 3395,60 Gramm lufttr. Schlammes 25—28. August ....... 2109,14 » » » 30. August bis 2. Septemb. 1309,20 » » » 21—28. September .... 1229,40 » » » Das Wasser des Ssyr-Darja enthielt im Mai 1878 nur 353,4 Gramm bei 120° tr. aeq. 358,3 Gramm lufttr. Suspensionsschlamm und 1,37%, Wassergehalt. Der Amu-Darja führt bei Fort Nukuss zu jeder Jahreszeit viel beträchtlichere Men- gen Suspensionsschlamm mit sich als der Ssyr-Darja bei Kasalä. Nur im Februar nach an- dauernder Winterkälte, sinkt der Procentgehalt des Amu-Darja-Wassers an schwebendem Löss unter den des Ssyr-Darja-Wassers herab — zu einer Periode, während welcher der Schlammgehalt des Amu-Darja-Wassers aufs 8 bis 10-fache (3395,6 Gramm lufttr. Schlam- mes im Cubikmeter Wasser) angeschwollen ist. Auf gleichen Chlorgehalt redueirt, enthält das Aryss-Aryk-Wasser viel grössere Men- gen Kieselsäure, Kalium, Natrium und Magnesium als das des Ssyr-Darja. Diese Kiesel- säuresteigerung steht in grellem Gegensatze zum Turkestan-Aryk und Margelan-Ssai, die frei von Kieselsäure sind. Der relative Kalium-Gehalt des Margelan-Ssai ist halb so gross als der des Ssyr-Darja, И, von dem des Aryss-Aryk-Wassers, da ersteres (Kalium) von der Pflanzenwelt, natürlich oder zu Culturzwecken absorbirt wird. Der relative Kalkgehalt des Margelan-Ssai übersteigt dagegen den des Ssyr-Darja und Aryss-Aryk nahezu aufs Doppelte, während die Schwefelsäure auf '/, herabsinkt, ein Beweis, dass nicht Gyps-Auslaugung son- dern Aufnahme von Calciumbicarbonat aus alten Mauern, Kalkmergel oder sonstigen lo- kalen Kalk-Quellen diese Kalksteigerung verursachten. Diese Fragen, durch die Analyse erregt, können nur durch Lokaluntersuchung entschieden werden. Vergleicht man das Ssyr-Darja-Wasser mit dem des Embach, als kohlensauren Was- serauszug devonischer Dolomit-Thonmergel (Col. 9) so tritt zunächst der relative Min- dergehalt des letzteren an Schwefelsäure, Kalium und Natium gegenüber bedeu- tendem Uebergewichte des Calciums und Magnesiums charakteristisch hervor. Auf gleichen Chlorgehalt reducirt enthält das Ssyr-Darja-Wasser 9 mal so viel Schwefelsäure, 1°/, mal so viel Kalium, doppelt so viel Natrium als das Embachwasser, letzteres (Embach) dagegen fast 3, mal so viel Calcium, über 2 mal so viel Magnesium als das Wasser des Amu-Darja. Ein Blick auf die erste und 10. Columne ergiebt, dass 1 Cubikmeter Wasser des Ssyr- Darja an sämmtlichen Mineralbestandtheilen reicher ist als 1 Cubikmeter Embachwasser. Ersteres (Ssyr-Darja) enthält im Cubikmeter 47 mal so viel Schwefelsäure, 5,3 mal so viel Chlor, 1,2 mal so viel Kohlensäure, 6,6 mal so viel Kieselsäure, 8 mal so viel Kalium, 10,4 mal so viel Natrium, 1,6 mal so viel Calcium, 2,5 mal so viel Magnesium, im Ganzen 2,5 mal so viel Mineralbestandtheile als das gleiche Volum Embachwasser. Das Quellgebiet des Ssyr-Darja muss demnach bedeutende Gyps- und Kochsalz- 5* 36 С. SCHMIDT, FERGHANA- UND Ssyr-DARJA-GEBIET, Lager durchsetzen, die es seit Jahrtausenden auslaugt, ohne sie zu erschöpfen. Ersterer, dem vom Orthoklase durch stetig fortschreitende Kaolinisirung abgespaltenen Kalisilicat beim Durchsetzen des Löss begegnend, setzt sich mit demselben zu unlöslichen Kalk-Thon- erde-Hydrosilicaten (Zeolithen) und Kaliumsulfat um, dessen absolute und relative Menge im Cubikmeter Wasser, wie bei Reduktion auf gleichen Chlorgehalt, im Ssyr-Darja- Wasser die des Embach weitaus überwiegt. Das Gleiche gilt vom Oligoklase der Natron reichern Lösse, dessen Verwitterungsprodukt Natronsilicat sich in analoger Weise zu Glau- bersalz und Kalkzeolithen oder Kalk-Natron-Zeolithen umsetzt. Die Lockerheit und feine Zertheilung des Löss begünstigt diese Wechselwirkung im hohen Grade. Während des Durchströmens der Rieselkanäle «Aryk» entzieht die Pflanzen- decke dem Kaliumsulfat reichen Ssyr-Darja-Wasser den grössten Theil seines Kalium- Gehaltes. Bei gleichem Chlorgebalte enthält das Abflusswasser «Ssai» bei Margelan nur die Hälfte des ursprünglichen Kaliumgehaltes des Ssyr-Darja-Wassers, nur № des noch Kali reichern Aryss-Aryk. In den Aral gelangt als Mutterlauge nach Versorgung der Gärten und Felder Ferghana’s und Turkestans nur 1,8%; von 20,81 Gramm Kalium im Cubikmeter ursprünglichen Ssyr-Darja- Wassers nur 0,36 Gramm Kalium-Rest, während 20,45 Gramm — 98,2%, als Weizenernten etc. fixirt wurden. In noch charakteristischerm Gegensatze als der devonischen Dolomitthonen eingebettete Embach steht der Baikal-See, das Quellbassin des Jenissei, das Sedimentärbecken der Sselenga und obern Angara. Die Parallele ergiebt sich aus Col. 11 und 12 der bez. Ta- belle. Viel ärmer an Chlor, Salpetersäure, Kohlensäure, Kieselsäure, Ammoniak, Calcium, Magnesium, nahezu gleiche Mengen Phosphorsäure und Kalium, fast die doppelte Schwefel- säure und Natrium enthaltend als Embachwasser, enthält das Baikalwasser, auf gleichen Chlorgehalt des Ssyr-Darja-Wassers reducirt, dennoch nur halb so viel Schwefelsäure als letzteres. Der absolute Gehalt des Baikalwassers an sämmtlichen Mineralbestand- theilen (in 1 Cubikmeter Wasser) ist viel geringer als der des Ssyr-Darja (Ammoniak, Salpetersäure, Phosphorsäure, Eisen sind. nicht vergleichbar, da die kleine Menge zur Ana- lyse disponiblen Ssyr-Darja- Wassers ihre Bestimmung leider nicht gestattete. Am schärf- sten tritt der Gegensatz bei der Schwefelsäure hervor. 1 Cubikmeter Ssyr-Darja- Wasser enthält: 25,19 mal so viel Schwefelsäure 7,47 De an Chlor: 3,08 » » » Kohlensäure 32,19 » » » Kieselsäure 7,51 » » » Sauerstoff,aeq. CO,u.S0, 8,75 » » » Kalium 6,41 » » » Natrium 4,05 » » » Calcium 8,79 » » » Magnesium als 1 Cubikmeter Baikalwasser. SRE REED бЕСНОБАЕЯЕ? ES m 0 GUESS GENRES BEE a С. DER BODEN DES ARAL-SEES. 37 C. Der Boden des Aral-See’s. Im Sommer 1877 auf dem Aral kreuzend, hatte Herr Capitänlieutenant Krylov die Güte, am Ostufer der Insel Obrutschev, nördlich von der Mündung des Amu, südlich von der des Ssyr-Darja, unter 44° 0’ n. Br. und 29° 47’ östl. Länge von Pulkowa eine Probe des Seebodens aus 3 Faden Tiefe emporwinden zu lassen und mir noch feucht in einer wohlverkorkten Flasche zu übersenden. Im feuchtplastischen Zustande dunkler, trocknet der Boden an der Luft rasch zum hellgrauen Pulver, in dem das Mikroskop gerundete Quarz-, Plagioklas- und Kalkspath- Fragmente von 0,02—0,2 Mm. Durchm. neben fein suspendirtem Thon, erweist. Mit dem 50-fachen Gewicht Wasser (100 grm. lufttrockner Seeboden auf 5 Liter Wasser) ausge- kocht, filtrirt, Wasserlösung und Waschwasser in grossen Platinschaalen eingedampft, der unlösliche Bodenrückstand geschlämmt, zerfielen 100 Th. lufttrocknen Bodens in: bel 0 Zentweichendes Wasser ig. Are 22. ee na ne nen AL 0,9816 a) Hydratwasser H,O (bei 120° gebunden bleibend) und organische Substanzen 1,8589 av asserlösliche Salze (nc -Gyps) =. PS ee sin en 2,2923 Biraufgeschlämmter: Thonmergel (8): bei:120° ir. 2. „2. 22°... очень неее 15,0777 ESediment704027b15:0:2 Mm, Dazehm. аа. мае. 81,6484 100,0000 100 grm. lufttrockner Seeboden geben an 5 Liter kochenden Wassers ab — excl. etwas mitgelöstes Magnesiacarbonat, das dem Thonmergel (ß) zugerechnet wurde: 47,5049 Aralwasser!) Schwefelsäure SO,.... 1,15559 0,13209 БОР een... 0,18211 0,18211 Brom: BE SER eee . 0,00014 0,00014 Rabidium ВБ........ 0,00081 0,00010 Kalium Ко. 0,02263 0,00278 Маши: Nas... 02%: 0,27057 0,11668 Се Car nen 0,42225 0,02176 Magnesium Mg ...... 0,00706 0,03354 1) Geschöpft am 24. Juni (6. Juli) 1873 von Herrn Dr. med. John Grimm auf der Mitte des Aral-Sees. Nä- heres Mélanges IX, р. 181 (1874). . и 38 С. SCHMIDT, FERGHANA- UND SSYR-DARJA-GEBIET. Die wasserfreien Schlämmprodukte В und y enthalten: 100 Theile bei 120° tr. Schlamm В) (Thonmergel). in Wasser unlöslich. in НО! 1631. | in HC] аш. Summa. Hydrat H,O u. organ. Substanzen. 4,2039 Calciumphosphat Ca,P,0, 0,2921 Caleiumcarbonat CaCO, 26,2862 26,2862 Magnesiumcarbonat MgCO, 1,8203 KRONE te! 0,3521 1,6455 1,9976 Natron Na,0 0,1480 1,2441 1,3921 Kalk CaO (an SiO, geb.) ........ 0,4330 0,4330 Magnesia Mg0O 0,3158 0,4539 0,7697 Manganoxyd Mn,0, 0,0179 0,0179 Eisenoxyd Fe,0; 2,1090 0,8183 2,9273 Thonerde А1.0. 6,2322 9,4614 15,6936 Kieselsäure 510. 43,7094 43,7094 in 339/, НС] unlösl. Quarzsand .. 0,4569 0,4569 Gesammt-Phosphorsäure Р.О;...| 0,1338 0,1338 » Kohlensäure CO, 12,5194 12,5194 Kalk Сао 14,8786 0,4330 15,3116 Magnesia MgO .......| 1,1826 0,4539 1,6365 Gruppirt man Schwefelsäure an Rubidium, Kalium, Natrium und Calcium, den Cal- cium-Rest und Magnesium an Chlor und Brom, so erhält man folgende Zusammensetzung des Seebodens als Ganzes. Es enthalten: 100 Theile lufttrockner Aralseeboden: unter 44° 0’ n. Br. und 29° 47! östl. L. von Pulkowa. 100 Th. bei 120° tr. Sediment y) (Quarzsand, Plagioklas etc.) in Wasser unlöslich. & in HC lösl. | in НС] unl. | "MM. 1,5004 0,1576 0,1576 14,2946 14,2946 0,1057 1,5728 1,6785 0,0516 1,8383 1,8899 0,2268 0,4916 0,7184 0,9256 0,7163 1,6419 0,0324 0,0324 0,6887 0,4386 1,1273 1,0150 8,8685 9,8835 57,9510 | 57,9510 9,1245 9,1245 0,0722 0,0722 6,2896 6,2896 8,3172 8,8088 0,9256 1,6419 TN а NU С. Der BODEN DES ARAL-SEES. Im 50-fachen Gewicht siedenden Wassers und HCl löslich. unlöslich. Summe. bei 120° entweichendes Wasser. ......... AR 0,9816 Hydratwasser H,O + organ. Substanz. ...... 1,8589 SO, 1,1556 (Rubidiumsulfat Rb,SO, ............. 0,0013 CI 0,1821 = | Каашзи ав ооо осо сою 0,0504 Br 0,0001 3 5 INatriumsulfat Na,50, 70.0 0,8340 10 0,2311 5 À Calciumsulfat CU PURE 1,1263 — } вь 0,0008 a” ee Va в 0,2523 K 0,0226 Е Chlormagnesium MgCl,.............. 0,0278 | Na 0,2706 я Brommagnesium MgBr,............. 0,0002 { de or Summerlöslichersalzen ее. 2,2923 2,2923 2 a C0 en 0,1727 ЕЕ Е От СО 15,6347 Е 3 (Magnesiumearbonat MgCO, ........ 0,2745 Phosphate und Carbonate ............,.... 16,0819 (RAP а 0,1394 1,5323 1,6717 ОО ей 0,0644 1,6886 1,7530 КАНЕ Се 0,1852 0,4667 0,6519 3 IMagnesia MgO ..................... Е 0,8033 “0,6532 1,4565 = 2. Manganoxyd Ми. О... 0,0291 0,0291 Я lEisenoxyd Fe,0,....:.... 1... een 0,8803 0,4815 1,3618 ОО с ее 1,7684 8,6675 10,4359 = IKieselsäure О semence 53,9065 53,9065 7 (in 359 HF unlôslichen Quarz......... 7,5189 Silicaterund- Quarz. en... en es 78,7853 ‚ (Phosphorsäure P,0:................ D 0,0791 0,0791 Е |Kohlensäure О МВ 7,0230 7,0230 Е М CAD ee eue RER BER 9,0343 0,4667 9,5010 $ [Magnesia MO 0,9340 0,6532 1,5972 spec. Gew. bei 19°, auf Wasser gleicher feucht 2,1127 Temperatur 4 ебет ee Fees 2,8491 39 40 С. SCHMIDT, FERGHANA- UND SsYR-DARJA-GEBIET. 100 Theile feuchtplastischer Aralseeboden, wie derselbe beim Lichten des Ankers heraufgeholt worden, sofort nach Oeffnung des Stöpselglases in Dorpat untersucht, hinter- liessen 82,480 Theile lufttrocknen Bodens obiger Zussmmensetzung enthaltend 0,3483 Ca aeq 1,1842 CaSO,. : Ве! 18° gesättigtes Gypswasser enthält 0,2176%, CaSO, 99,7824 Wasser. Dem 17,520%, Imbibitionswasser des lufttrocknen Seebodens entsprechen mithin 0,0382%, CaSO,. — Der Calciumsulfat-Rest = 1,1760%, CaSO, oder 1,4493%, krystalli- sirter Gyps CaSO, + 2 aq sind als solcher, im festen Zustand, dem Thonmergel В und Sande y beigemengt. Reducirt man Aral-Seeboden-Heisswasser-Auszug mit dem Aralwasser auf gleichen Chlorgehalt, so findet man wesentliche Differenzen im Verhältnisse sämmtlicher Elemente. Der Heisswasser-Auszug des feuchten Aralbodens enthält bei gleichem Chlorgehalte relativ 20-mal so viel Calcium, 9-mal so viel Kalium und Rubidium, 2,4-mal so viel Na- trium, 9-mal so viel Schwefelsäure, als Aralwasser, dagegen nur ?, des Magnesiumgehaltes des letztern. Beim Kochen mit der 50-fachen Wassermenge wird mithin ein leicht spalt- bares Kalium-, Natrium- und Calcium-Hydrosilicat des Seebodens zersetzt, dessen Basen beim Eindampfen gelöst bleiben. Schüttelt man 100 grm. lufttrocknen Aral-Seeboden aequiv. 121,242 grm. feuchtem mit 1 Kilogr. Wasser von 19° С. wiederholt durch und filtrirt nach 3-stündigem Stehen- lassen, so enthält das Filtrat + 200 Сс. Waschwasser nur die Aralwassersalze, wie die- selben auf Verticalcolumne 4 (rechts) der Generaltabelle neben dem Heisswasser-Auszug . gestellt sind. - Vergleicht man den Suspensionsschlamm des Amu-Darja!) mit dem aufge- schlämmten Antheil (ß) des Aralseebodens, so findet man jenen (Amu-Darja-Suspen- sionsschlamm) ärmer an: Calciumcarbonat, Magnesiumcarbonat; reicher an: Cal- ciumphosphat, Kali, Natron, Kalk, Magnesia, Manganoxyd, Eisenoxyd, Thon- erde, Kieselsäure. ; Der Amu-Darja schwemmte in den Aral-See vom 1. October 1874 bis 1. October 1875: 1) С. Schmidt und Е. Dohrandt, Wassermenge und Suspensionsschlamm des Amu-Darja in seinem Unter- laufe. Mémoires, 7-ème série, Tome ХХУ, № 3, pag. 30—33. С. Der BODEN DES ARAL-SEES. 41 Minimal- Maximal- Je höher der Wasserstand, desto rascher die Strömung, desto mehr feiner Quarzsand wird aufgewirbelt, suspendirt erhalten. Mit sinkendem Wasser verlangsamt sich die Strö- mung, der Quarzsand sedimentirt vollständig, die leichtern Thonerde-Hydrosilicate (Thon) allein bleiben suspendirt. Daher ist während und nach der Schneeschmelze im Hochgebirge der Strom am reissendsten, das Wasser dick lehmig, der Suspensionsschlamm am Quarz- reichsten und Thonärmsten, umgekehrt bei dicker Eisdecke und tiefstem Wasserstande, der lufttrockne Schlamm am Thonreichsten. Der Amu-Darja-Suspensionsschlamm ist reicher an Manganoxyd und Eisenoxyd als der Aralboden-Schlamm (8) und das Sediment (y). Die beiden Hydroxyde bilden sich durch Oxydation des Mangan- und Eisenbicarbonates der Quellflüsse im Unterlaufe, wäh- rend der schwere, derbe, krystallinische Kalkstein als gröberer Grant mit dem Quarzgrant Mémoires de l’Acad. Imp. des sciences. УПше Serie. 6 Е een Jahres- 100 Th. bei 150° trocknen ve PAS) ED. li СО Мат ИЕ Monat Monat и ETES Millionen Cubikmeter Wasser ent Summe. | рергиаг. Tl: Schlamm enthielten im a а 3 | я Я Е a a haltend Millionen Kilogramm luft- | RE; за | 2925 ©3523 re 45480,354 | 2675,635 | 6985,267| Jahres- | 533,2 Е ЕЕ trocknen Suspensionsschlamm. 72469,421| 514,284 | 23719,169 | Qureh- | Februar. Juli. Е = 5 | = 8 = | ЕЯ 28 Millionen Kilogramme. schnitt. = 9 | 5 $8 | $35 bei 120° entweichendes Wasser ...... 1,571 1,453 1,488 H,O + organ. Substanz............ 1,301 2,588 0,282 4,204 1,500 Caleiumphosphat Са.Р.О,.......... 270,332 2,438 83,254 0,373 0,474 0,351 0,292 0,158 Calciumcarbonat CaCO,............ 13331,0261 96,248 | 1431,216| 18,395 18,750 18,682 26,286 14,295 Magnesiumcarbonat MgCO, ........ 1,820 KRubidioneRb,O: мя | 0,076 1,998 1,678 2,186 2,097 RERO RE юные ) 1550,801 | 11,242 | 497,391| 2,064 je: OR le 1110,707 8,316 | 338,473] 1,533 1,617 1,427 1,392 1,890 Kal ИИ 383,495 2,376 99,621] 0,529 0,462 0,420 0,433 0,718 = Magnesia MgO . .............. 1784,273| 13,556 | 578,985| 2,462 2,636 2,441 0,770 1,642 — 1Manganoxyd Mn,0,............ 158,351 0,921 83,017| 0,219 0,179 0,350 0,018 0,032 a Eisenoxyd Fe,0:............... 3388,441 17,841 923,862 4,676 3,469 3,895 2,927 1,127 honerde ALLO, -. 0. screens 12035,841 | 101,370 | 3759,252| 16,608 | 19,711 | 15,849 | 15,694 9,884 И SO... 36519,558 | 239,271 |12504,271| 50,398 | 46,525 | 52,718 | 44166 | 57,951 (in 33% НЕ unlösl. Quarzsand ... 9,124 Silicate und Quarzstaub............ 78,560 76,785 93107 67,398 84,046 DO indie. M: 124,004 1,116 38188 | 0,171 0,217 0,161 | 0,1338 | 0,0722 Е Kohlensäure CO, ... .......... 5865,606| 42,428 | 1949,716| 8,094 8,250 8,220 | 12,5194 | 6,2896 | 13,8322 AIR С ааа 7995,243| 57,697 | 2626187 | 11,033 | 11,219 | 11,072 © > [Magnesia MEOR ее 42 C. ScHmiDpT, FERGHANÄ- UND SSYR-DARJA-GEBIET. auf dem Strombett langsam weiterrollt und sich als Delta der Flussmündung näher ab- lagert. Schlämmt man 100 Th. lufttrocknen Aralboden nach dem Auslaugen mit 1 Liter Wasser von 19° C. auf und wäscht den nassen Brei auf dem Filter mit 200 Ce. Wasser nach (Kaltwasser-Auszug a), schlämmt dann mit 1 Liter reinem Wasser weiter, so erhält man: a) 1,2 Liter Kaltwasserauszug Aralwasser + Gyps а’) 1 Liter Wasch- und Schlämmwasser — Rest von « 88) über 1 St. suspendirten hellgelben Schlamm 8) bis 10 Minuten suspendirten hellgelben Schlamm y) Grant- und Sand-Sediment 0,02 bis 0,2 Mm. Durchm. Der so erhaltene höchst fein suspendirte Schlamm (88) nähert sich in seiner chemi- schen Zusammensetzung und seinen physikalischen Eigenschaften dem Februar-Suspen- sionsschlamme des Amu-Darja-, der bis 10° schwebend erhaltene (ß) dem Juni-, Juli-, August-Suspensionsschlamm. Der Phosphorsäure-Gehalt beider Aral-Schlämmprodukte ß und y bleibt beträchtlich hinter dem des Amu-Darja-Suspensionsschlammes zurück, wahr- scheinlich in Folge der Lösung und darauf folgenden Bindung durch Culturpflanzen in der Steppenflora beim Passiren der weitabgezweigten Berieselungskanäle (Aryk). я DS RE EN EN OO ER D. Dre SÜSSWASSERSEEN HOCHARMENIENS. 43 р. Die Süsswasserseen Hocharmeniens. 5) Das Wasser des Goktschai-See’s. Im Laufe des vorigen Sommers (1879) behufs zoologischer Untersuchungen Hoch- Armenien bereisend, widmete Herr Dr. Alexander Brandt den grössern Alpenseen dieses Gebietes, insbesondere dem Goktschai und Tschal-dyr-göl besondere Aufmerksamkeit. Die Temperatur des erstern (Goktschai) erwies sich 23. Juni (5. Juli) mit dem Casella-Mil- ler’schen Thermometer in einer Tiefe von 34 Faden (72,5 Meter) bestimmt = 4,25° С. Eine Flasche gleichzeitig geschöpften Wassers bot das Material zu nachstehender Untersu- chung. Brieflichen Mittheilungen unsres Reisenden, sowie einer vorläufigen Skizze, dat. Dorf Elenowka am Goktschai 25. Juli 1879 im «Zoologischen Anzeiger» № 39 — 6. Oc- tober 1879 — entnehme ich folgende Data über dieses grösste alpine Süsswasserbecken Armeniens. . «Der Goktschai- oder Sewanga-See (40° 9’ bis 40° 38’ п. Br und 14° 34° bis 15° 20’ östl. L. von Pulkowa) 6340’ (1932,4 Meter) über dem Meere gelegen, bietet eine Wasserfläche, deren grösste Länge NW—SO gegen 10 und deren grösste Breite im südlichen Abschnitte von W—O circa 5 geogr. Meilen beträgt. Die in früherer Zeit stark übertriebene Tiefe des See’s erreicht nach den neuern Messungen nicht über 361 Fuss (cirea 110 Meter). Das Wasser des Goktschai-See’s ist weniger blau, als das des Genfer, seine Temperatur niedriger: Goktschai 4,25° С. Genfer 5° bis 8° С. (Forel). Weisse, ins Wasser versinkende Gegenstände entschwinden dem Auge in circa 5 Faden (10,6 Meter) Tiefe. Kahle Bergplatten mit kegelförmigen Kuppen umrahmen den See, sich bis zu einigen Tausend Fuss über dessen Spiegel erhebend. Die Configuration dieser Berge ihre Zusammensetzung, die das Ufer umsäumenden Lavablöcke verrathen zur Evidenz den vulkanischen Boden. In schwachem Maasse offenbart sich der Vulkanismus noch heute in periodischen Niveauveränderungen des See’s. Eine ganze Reihe von kurzen Bächen und Flüsschen speist von den umgebenden Gebirgen aus den See, während nur ein einziger Ausfluss, die «Sanga» existirt. Bei Eriwan ein ansehnlicher Fluss, verdankt sie ihre Was- sermenge ausschliesslich den Nebenquellen, nicht etwa dem Goktschai. Der Ausfluss des Sanga ist nämlich so schmal, dass man ihn mit Leichtigkeit in wenigen Minuten mit der Hand zuschütten könnte und nimmt sich vollständig wie ein im groben Sande angelegter Graben aus. . . » 6* 44 С. ScHMIDT, Отв SÜSSWASSERSEEN HOCHARMENIENS. Das am 23. Juni (5. Juli) 1879 in 2, Faden (5,3 Meter) Tiefe bei ruhigem Wetter sehr weit vom Ufer und einmündenden Bächen aus der Mitte des nördlichen Seebeckens geschöpfte Wasser war bei seinem Eintreffen in Dorpat Ende September 1879 farblos, klar, geruchlos und geschmacklos, ohne Bodensatz. Spec. Gew. bei 19,9° С. = 1,00068. Analytische Data: а) 231,379 grm. Wasser mit Baryumnitrat, dann mit Silbernitrat gefüllt ergaben: 0,0077 grm. BaSO, == 0.01142 р. М. 50, 0,0599 » AgCI (+ AgBr?) = 0,06402 р. M. CI (+ Br?) b) 498,948 grm. Wasser hinterlassen 0,2662 grm. bei 100° trocknen Abdampfrück- stand = 0,53352 р. M. Die concentrirte Wasserlösung («) ist stark alkalisch, kohlensäure- reich, der in Wasser unlösliche Rückstand (Kesselstein) (£) ein schwach gelbliches Gemenge von Calcium- und Magnesium-Carbonat mit Spuren von Eisenoxyd, Phosphorsäure und Kieselsäure. Es ergaben sich: 0,0001 $10, — 0,00020 р. M. 810, 0,0004 Р.О, — 0,00080 р. М. Р.О, 0,0005 Fe,O, —= 0.00035 р. М. Же ° 0,0377 CaCO), = 0,04231 р. М. Ca0 0,0779 MgP,ON _ + 0,0202 Мазо, | — 0,1231 КС! + №01 0,0826 K,PtCl, — 69,75 р. М. MeO 0,03195 р. M. К.О 0,10410 р. M. Na,0 Auf eine Prüfung resp. Bestimmung von Brom, Rubidium, Ammoniak, salpetriger und Salpeter-Säure musste bei der geringen Menge disponibeln Wassers leider verzichtet werden. 1,000000 grm. Goktschai-See- Wasser (1 Cubikmeter bei 5° C.) enthalten grm. Mineralbestandtheile : Das WASSER DES GOKTSCHAT-SEES. Elementarbestandtheile. | Chlor C1 Schwefelsäure SO, Phosphorsäure Р.О; Kohlensäure der Bicarbonate 0,0, Kieselsäure 510. Sauerstoff aeq der SO,, Р.О; und С.0..... Kalium K Calcium Ca Magnesium Ms Eisen Fe 64,02 11,42 0,80 305,80 0,20 57,89 26,53 77,28 30,22 41,85 0,35 616,36 Gruppirung. Kaliumsulfat K,SO, Chlorkalume Ol ee: Chlornatrium NaCl Natriumbicarbonat Na,0,0, Calciumphosphat CaP,0, Calciumbicarbonat CaC,0; ......... DSP Magnesiumbicarbonat Mg0,0, BisenbicanbonatRe&O2 mn ern Kieselsäure SiO, 24,87 29,28 82,67 145,60 1,12 107,97 223,20 1,45 0,20 Beim Kochen und Eindampfen von 1,000000 grm. Goktschai-See-Wasser (1 Cubik- meter bei с. 5° С.) a) bleiben gelöst (leicht lösliche Salze). ß) fallen nieder (Kesselstein). Kaliumsulfat K,SO, ..............., Pie 24,87 Calciumtriphosphat Ca3P,04............. 1,75 ОБО аа nn anne 29,28 Caleinmearbonat CaCO,................. 73,86 Chlornatrium NaCl:..:4......... re 82,67 Magnesiumcarbonat МСО. ............. 146,48 Natriumearbonat Na,C03................ 102,92 HISEn0XyU He Dre emmener 1,45 Kieselsauness1 OS ee 0,20 a) Summe löslicher Abdampfsalze......... 239,74 ВК ее Ве ее ых 222,79 Summe des Abdampfrückstandes (& + В) = 462,53 grm. von 1 Cubikmeter Gok- tschai- Wasser. Gruppirt man die Schwefelsäure an Natrium -+ Sauerstoff so erhält man statt (<): Chlorkalium KCl...... EEE 90097 Ghlornatrium Мао. ое... 09397 Natriumsulfat Na,SO, ....... RAT 20,28 Natriumcarbonat №,00,....:....... 102,92 Summe löslicher Abdampfsalze (о) 239,74 eine Darstellungsform, die für manche Vergleiche bequemer ist, als die Zuordnung von SO, ап К, + 0. APTE el ART 2 AT CT) EN ME ONE об в ДГ M Кар О ТТИ Гол ШЕЕ незя A р he NETT a RN TARN A NT RE 3 46 С. SCHMIDT, Die SÜSSWASSERSEEN HOCHARMENIENS. 6) Das Wasser des Tschaldyr-göl-See’s. Dieser See liegt unter 40° 57’ bis 41° 7’ n. Br. und 10° 45’ bis 10° 55’ östl. Länge von Pulkowa, 35 Werst ММО von Kars. Sein Spiegel erhebt sich 6522’ (1987,8"Meter) über den des Mittelmeeres. Seine Tiefe übersteigt nicht 5 Faden (10,6 Meter). Tägliche, heftige, von mehr oder minder bedeutendem Wellenschlage begleitete Windstösse rühren den Bodenschlamm stetig auf, so dass das Wasser stets trübe bis milchig erscheint. Herr Dr. Alexander Brandt theilt in einem zweiten Schreiben an die Redaktion des «Zoolo- gischen Anzeigers» (№ 50, 8. März 1880, р. 111—115) u. A. Folgendes über den Tschal- dyr-göl mit: .... Sein Flächeninhalt ist etwa 10 mal geringer (als der des Goktschai). Bei einer unregelmässigen, langgezogen dreieckigen Gestalt mit nach Süden gerichteter Spitze bietet er eine Länge von ungefähr drei und in seinem nördlichen Theile eine Minimalbreite von ungefähr zwei Meilen. In Bezug auf seine nächste Umgebung zeigt er die grössten Ana- logieen mit dem Goktschai. So wird sein Spiegel von vulkanischen Gebirgskuppen über- ragt, welche nur am nördlichen Ufer weiter zurücktreten. Von ihren Gipfeln aus erblickt man den Ararat und А]аобг.... Gleich dem Goktschai nimmt der Tschaldyr eine grössere Anzahl von Bächen auf und entsendet ebenfalls nur einen einzigen Abfluss. Es ist dies der Tschaldyr-tschai, ein Nebenflüsschen des Kars-tschai, welcher seine Wässer durch den Arpa- tschai in den Araxes ergiesst. Letztrer nimmt auch den Ausfluss des Goktschai auf. Mithin gehören beide Seen demselben Stromgebiete an. Bei ruhigem Wetter prangt das Hauptbassin des Tschaldyr-göl in jenem für Rhein, Nil ete. charakteristischen lichten Graugrün, während sein südlicher als Kutschik-göl (klei- ner See) bezeichneter Anhang unrein dunkelblau erscheint. In Bezug auf ihre Farbe con- trastiren also beide Abschnitte des Tschaldyr mit einander sowohl, als auch mit dem reinen Blau des Goktschai. Das Wasser des Tschaldyr erscheint, selbst in kleinen Gläschen be- trachtet, milchig-trübe. Weisse Gegenstände entschwinden in ihm dem Auge bereits in einer Tiefe von °/, Meter, während sie im Goktschai noch in einer Tiefe von über 10 Meter sichtbar sind. Durch die von mir zum ersten Mal und zwar an vielen besonders charakteri- stischen Stellen vorgenommenen Messungen wurde, der eingewurzelten Ueberzeugung der anwohnenden Bevölkerung zuwider, der See als ein überaus flacher nachgewiesen. Nirgends, den Mittelpunkt des See’s nicht ausgenommen, fand ich mehr als 10,5 Meter. Dafür ist eine Tiefe von 8,5 bis 10,5 Meter sehr gleichmässig über das Haupt-Bassein des See’s verbreitet. Bei dieser geringen Tiefe kann von einer stabilen Wasserschicht am Grunde nicht die Rede sein. Der Sturmwind muss vielmehr die ganze Wassermasse in schaukelnde Bewegung versetzen und den Schlamm des Grundes emporwirbeln. Seine feinsten, im Wasser suspendirten Theilchen finden, im Sommer wenigstens, nie Zeit sich zu Boden zu senken, weil anhaltend ruhiges Wetter auf dem Tschaldyr nicht vorzukommen scheint; selbst an schönen stillen Tagen erheben sich auf ihm plötzlich heftige Windstösse. Keine einzige der Das WASSER DES TSCHALDYR-GÖL-SERS. 47 von mir in Begleitung zweier Kosaken auf einem kleinen gebrechlichen transportabeln Zink- boote unternommenen grössern Exeursionen lief ohne Sturmwind ab. Man wird die trübe Beschaffenheit des Wassers und die gleichmässige Tiefe desselben unter diesen Umständen erklärlich finden. Auch die Gesammtfärbung des Tschaldyr wird durch die im Wasser sus- pendirten Schlammtheilchen beeinflusst. Was den am Grunde des See’s liegenden Schlamm anbetrifft, so erscheint er überall fein und zart, aschgrau, geruch- und geschmacklos, durch- aus des im Goktschai-Schlamme bemerkten Schwefelwasserstoff-Geruches baar. Letzteres hängt offenbar mit der so eigenthümlichen Abwesenheit von Organismen zusammen. Von allen im Goktschai-Schlamme nachgewiesenen thierischen Wesen finden sich hier nur die runden schwarzen Eier (wohl abgestorbene Phrygonideneier). Auch pflanzliche Organismen forderten die Grundproben nicht zu Tage. Die Abwesenheit von Organismen am Boden des Tschaldyr-göl lässt sich wohl gleichfalls auf den Mangel an Ruhe in der Tiefe zurückführen. Die wenigsten, sich etwa auf dem Schlamme ansiedelnden Organismen dürften ein wieder- holentliches Begraben mit Schlamm vertragen. Nur der südliche Anhang unsres See’s, der Kutschik-göl, ist statt des feinen Schlammes mit einem Brei von vegetabilischen Resten, gleichsam einem verflüssigten Torf ausgelegt, in welchem spärlich Phanerogamen wurzeln. ..» Unser Reisender schöpfte 2 Flaschen Tschaldyr-göl-Wasser zu nachstehender Analyse in der Mitte des See’s aus 2, Faden (5,3 Meter) Tiefe am 28. Juli (9. August) 1879. Das Wasser erscheint nach mehrwöchentlichem ruhigem Stehen in Flaschen oder Cy- lindern klar, farblos, geruchlos und geschmacklos über einem schwachen hellbräunlichen flockigen Bodensatze stehend, der durch Umschütteln aufgerührt lange suspendirt bleibt. Der Inhalt beider Flaschen с. 1,4 Liter Seewasser, wurde durch ein gewogenes Filter mög- lichst rasch gut bedeckt abfiltrirt, der Flockenbodensatz auf dem Filter bei 120° getrocknet ‚gewogen und gesondert vom filtrirten Wasser der weitern Analyse unterworfen. Spec. Gew. des filtrirten Tschaldyr-göl-Wassers bei 19,8° C. = 1,000136. Analytische Data: a) 271,938 grm. filtrirtes Tschaldyr-göl-Wasser mit Baryumnitrat und Silbernitrat gefüllt gaben: 0,0056 BaSO, — 0,00687 р. M. SO, 0,0055 AgCI (+ AgBr?) = 0,00509 p. M. CI (+ Br?) b) (@) 1158,830 grm. gut umgeschütteltes unfiltrirtes Wasser hinterliessen auf dem Filter 0,0495 grm. bei 120° trocken-hellbräunlichen Flockenbodensatz = 0,04274 р. М. 0,01545 р. М. organ. Subst. (Algen etc.) A BE WERTE IA derselbe geglüht hellröthlich = 0,0516 grm. — er р. М. Mineralbest. (Thon) 48 С. SCHMIDT, Die SÜSSWASSERSEEN HOCHARMENIENS. woraus durch НС + НЕ 0,0205 $10, = 0,01769 р. M. $0, 0,0025 MgO 0,00216 р. М. MgO 0,0038 Fe,0, = 0,00328 р. M. Fe,0, 0,0040 ALO, = 0,00345 р. М. ALO, 0,0013 КС! + NaCl | woraus 0,00027 р. М. K,0 0,0016 K,PtOl, = р. М. Na,0 Phosphorsäure und Kalk unwägbare Spuren. b) (В) das klar filtrirte Wasser von 1158,830 отт. Gesammtflascheninhalt eingetrock- net — 0,1596 bei 100° trocknen Abdampfrückstand = 0,13772 р. M. Abdampfsalze, woraus 0,02772 Ca0 — 0,02392 р. М. Са0 = on so) — 0,00593 р. М. MgO 0,0333 80, — = 0,02874 р. М. 910, 0,0331 КС! + NaCl | woraus | _ (0,00556 р. М. К.О (+ Kb,0?) 0,0834 КР, — 0.01049 р. M. Na,0 1,000000 gr. Tschaldyr-gôl- Wasser enthalten suspendirte und gelöste wasserfreie Bestandtheile: Elementarbestandtheile. | Gruppirung. а) suspendirten. Bodenschlamm bei 1202 trocken... „nu Se else ое еее не CHloraC Er ner зоне 5,09 Kaliumsulfat KR SO nenne = Schwefelsäure О nn. een 6,87 Nätriumsulfat Na, ВО RE en d = 1 Phosphorsäure РО. иены 0,35 Chlornateium Ма... еее en TS я IKohlensäure CO... nee cn scene 57,26 Natriumbicarbonat Na,C,0,............. $ [Kieselsäure Si0,................1.. 28,74 CalciumphosphatCaP,0;- "2 ne, "= {Sauerstoff aeq. 4. SO,, P,0;, C20,....| 11,81 Calciumbicarbonat CaC,0, .............. © я rain ее. 4,62 Magnesiumbicarbon. Mg(,0, .... ..... +. = [Natrium Na ee et ne 7,19 Eisenbicarbonat Fe0,0, .............,.. 3 [Calcium Care Are 17,08 Kieselsäure Si, 2 2 mme &n Magnesium Mose еее О 3,56 gelöste .....: Е р Zul Е wasserfreie Bestandtheile.. Bisen Bei. a ARTEN 0,43 suspendirte . ER : Summe suspendirter und gelöster wasser- Summe gelöster Mineralbestandtheile..... 143,60 freier Begtandtheile I Fr НИЧЕ D. Die SÜSSWASSERSEEN HOCHARMENIENS. 49 Beim Kochen und Eindampfen von 1,000000 grm. Tschaldyr-gôl- Wasser (1 Cubik- meter bei 5° C.): a) bleiben gelöst: leichtlösliche Salze. ß) fallen nieder (Kesselstein). a) Suspendirter Bodenschlamm bei 120° getrocknet Kaliumsulfat K,SO, Calciumtriphosphat Ca,P,O, Natriumsulfat Na,SO, Caleiumcarbonat CaCO; Chlornatrium NaCl. .....2.... 2.0.0. er Magnesiumcarbonat MgCO, Natriumcarbonat NaCO, 3 Eisenoxyd Fe,O, Kieselsäure Si0, Summe löslicher Abdampfsalze Kesselstein (ß) des klaren Wassers Kesselstein (В) des unfiltrirten incl. Boden- schlamm Abdampfrückstand des trüben Wassers (incl. Bodenschlamm) Gruppirt man, wie beim Goktschai- Wasser, die Schwetelsäure als Glaubersalz, so er- hält man für «): Chlorkalium KCI........ о Chlornatrium МаСсР;:......:... 1,50 Natriumsulfat Na,SO, ......... 12,20 Natriumearbonat Na,00, /..... 7,43 Summe löslicher Abdampfsalze (а). 29,93 100 grm. bei Der suspendirte Bodenschlamm von 1,000000 grm. (ca. 1 Cubikmeter) 120° tr. Bo- Tschaldyr-göl-Wasser bei 120° getrocknet enthält: denschlamm. enthalten: Organische Substanzen (Aloenditritus) еее ns eme cs. 15,45 36,2 Е О RA RE о р о à ele ee UE nn De 17,69 | 414 ООО AS OR et Mess à ee ne da ce ne Ha nets 3,45 8,1 BISENOXYALEIESOS MEN entame dre ae р eme nee di ee о DU 8,28 У MATE SAME OR RE RE PR M nan Sons de et one teens 2,16 5,1 RAR OR а нае 0,27 0,6 NATODAN SO AE M re о, обе, ао 0,37 0,9 Mineralbestandtheller ель дес ее М Аа eee sie à 27,22 63,8 beis1l207,tr7@B odenschlamme. Гон à ea en de 42,67 100,0 1 Mémoires de l'Acad. Пар. des scionces, VIIme Série. 50 С. SCHMIDT, FERGHANA- UND Ssyr-DARJA-GEBIET. Der trübende Bodenschlamm ist mithin ein Gemenge von с. 1 Th. Pflanzen- und Thier-Resten mit 2 Th. Thonerde- Eisenoxyd- Magnesia- Silicat (eisenschüssigem Trachyt- schlamm). Vergleicht man beide Armenische Alpenseen mit dem Baikal-, Peipus-, Züricher-, Genfer-, Starnberger- und Rachel-See (cf. XXIII, Baikal-See, Melanges X, p. 682, 1877) so ergiebt sich, dass der Goktschai dreimal so viel, der Tschaldyr-göl %, der Mine- _ ralbestandtheile des Züricher- und Genfer-Sees, der Goktschai 6'/, mal, der Tschaldyr- göl 1'/, mal so viel als der Baikal enthalten. Nachstehende tabellarische Zusammenstellung der Hauptbestandtheile erleichtert die Uebersicht. 1,000000 grm. Seewasser (с. 1 Cubikmeter bei 6° С.) enthalten Mineralbestand- theile: 2 Ex = en m 5 Va = = < 5 sd 2 я { Spec. Gewicht 1,00068 | 1,000136 | 1,000103 | 1,000141 | 1,000154 | Summe der Mineralbestandtheile 616,36 143,60 93,75 135,18 194,73 | CHIOT CI ANR Mare ee 64,02 5,09 1,68 3,90 0,83 1,03 0,78 0,91 SchwefelsäureISOs ее, 11,42 6,87 3,98 0,54 9,25 85,78 0,31 ? Kohlensäure des Bicarbonat .......... 305,80 57,26 50,40 78,23 108,24 74,53 34,48 23,67 Salpetersäure №0; ............ ya are ? ? 0,12 0,42 ? 5,06 ? ? Phosphorsäure:P,02. ле... Ни 0,80 0,35 0,37 0,11 ? ? 0,43 2 р Sauerstoff aeq. der SO,, C,0, und Р.О,.| 57,89 11,81 10,02 14,40 21,53 "21,46 6,38 4,19 3 Kicselsaure S10 ner. ee neae 0,20 28,74 1,40 0,83 2,90 23,80 1,45 2,50 Kaltum Kan ee 26,53 4,62 2,38 2,19 2,83 1,55 2,06 10,21 Natrium Ма.......... НИ 77,28 7,79 4,04 2,91 2,24 4,29 4,86 5,13 ато а erh. ne ele о 30,22 17,08 16,14 27,05 40,91 45,27 2,02 0,71 MaonesiumeMere Rees AIS 3,56 2,46 4,39 6,00 2,66 |, 5,43 ? HiSen OZ. naar NS rate ee 0,35 0,43 0,70 0,10 ? ? 0,06 0,84 Der Chlorgehalt des Goktschai überwiegt weitaus den der übrigen 7 Seen, dem- nächst der an Magnesium, Natrium und Kalium. Den hôchsten Calcium-Gehalt be- sitzen der Züricher und Genfer-See, während die Oberbayrischen (Rachel und Starnberger) $ fast kalkfrei sind. Der Schwefelsäure-Gehalt des Genfer-See’s, von den obern Rhonezuflüssen durch- setzten Gypslagern entstammend, übertrifft den des Goktschai um’s Dreifache, des Züricher um’s Vierfache, des Tschaldyr-göl um’s Fünffache. D. Dre SÜSSWASSERSEEN HOCHARMENIENS. 51 Dagegen übertrifft der Kieselsäure-Gehalt des Tschaldyr-göl den aller übrigen Seen, selbst den ihm nächstkommenden SiO,-Gehalt des Genfer-See’s. Sämmtliche 8 Seen sind reich an Bicarbonaten. Der Goktschai enthält dreimal so viel gebundene Kohlensäure als der Züricher-See, viermal so viel als der Genfer und Pei- pus, fünfmal so viel als der Tschaldyr-göl, sechsmal so viel als der Baikal, neunmal so viel als der Starnberger, dreizehnmal so viel als der Rachel-See, Die Abdampfsalze dieser 1,000000 grm. — 1 Cubikmeter Wasser des Goklschae en. ee enthalten 102,92 grm. Natriumcarbonat NaCO, alschaldyr-20l 2°... re » а » BAR AIRE ET a » D 0000 D О rue. » 2,70 » » Züricher und: Genfer. .... .. 4 » 0 » » DLEALNDErGET an. ee sache de » f 11,19 » с N3,00, | 1,59 » Kaliumcarbonat K,CO, 11,81 » Natriumcarbonat Na CO KA Che LEE we ee ee à 2 16,26 » Kaliumcarbonat K,CO, Von den Soda-Seen der Araxes-Ebene, am NW-Fusse des grossen Ararat, unter- . scheidet sich der Salzrückstand des Goktschai-See’s durch seinen beträchtlichen Kalium- Gehalt, der erstern nach Abich’s Untersuchungen ') des See’s von Taschburun u. a. völlig fehlt. Das Wasser des Taschburun-See’s enthielt Ende October 1846 geschöpft 6,66%, festes wasserfreies Salz, dessen procentische Zusammensetzung: Chlornatrium NaCl........ 74,61 Natriumsulfat Na SO, ...... 10,36 Natriumcarbonat Na,00,.... 14,71 100,00 während 100 Theile wasserfreier leichtlöslicher Abdampfsalze (а) des Goktschai- Wassers enthalten: Gruppirung. Kaliumsülfat K,SO,........ 10,37 Chlorkalium KCI......... 1052] 21,09 Chlornatrium NaCl ....... 34,49 DD Natriumsulfat Na,SO,...... 8,46 Natriumcarbonat Na,CO, ... 42,93 42,93 100,00 — 100,00 1) Bulletin de l’Ac. Imp. de St.Pétersbourg, У, р. 116—125 (1847). 52 С. SCHMIDT, FERGHANA- UND SSYR-DARJA-GEBIET. Unter den leichtlöslichen Abdampfsalzen des Tschaldyr-göl-Wassers überwiegt dagegen Glaubersalz. 100 Theile der wasserfreien Salze («’) enthalten: Gruppirung. a a’ Kaliumsulfat K,S0, ....... 34,35 : Chlorkalium КО... 29,41 Chlornatrium NaCl ....... 28,07 5,01 Natriumsulfat Na,S0,...... 12,76 40,76 Natriumcarbonat Na,00, ... 24,82 24,82 100,00 100,00 Die Felsumwallungen des Goktschai müssen demnach beträchtlich kalireicher sein, jedenfalls leichter verwitternde Kalidoppelsilikate enthalten, als die Laven am NW-Rande des grossen Ararat, deren Risse von den Taschburun-Quellen durchsetzt werden. Den Mangel an Kalisalzen theilen die Sodaseen der Araxes-Ebene mit denen des Banates (Ungarn). So enthalten 1,000000 gr. = са. 1 Cubikmeter Wasser des See’s Pa- Пе (zwischen Szegedin und Theresiapol) nach Hrn. С. von Hauer’s Analyse'): Mithin 100 Th. löslicher Salze. Chlornatrium Мас. 2, 572,4 grm. 30,15 Natriumsulfut Na,SO,...... 95,0, 5,04 Natriumcarbonat Na,CO, ... 1230,3 » 64,81 leichtlösliche Abdampfsalze.. 1898,3 grm. 100,00 Das relative Verhältniss von Kochsalz, Glaubersalz und Soda in diesem See nähert sich dem des Goktschai. In dieselbe Categorie verdünnter Sodawasser gehört der Van- (Ardjisch-) See, den sein Kali-Gehalt dem Goktschai und Tschaldyr nähert. Nach Hrn. de Chancourtois’s (1845)?) und Abich’s (1856)3) Analysen enthalten 1000 grm. Van-Seewasser: _ < 1) С. у. Hauer. Jahrb. der К. К. Geolog. Reichsan- 3) H. Abich. Mémoires de l’Acad. Пир. de St.-Pé- stalt, 1856, № 2, р. 360. tersb. T. УП (IX), р. 37, 6-&me Série Sc. math. et phys. 2) De Chancourtois. Comptes rendus XXI, р. 1111 | (1859). | (1845). D. Die SÜSSWASSERSEEN HOCHARMENIENS. De Chan- leichtlösliche Abdampfsalze. courtois 1845. Kaliumsulfat K,SO, Natriumsulfat Na,S0, ..... ee Chlornatrium NaCl Natriumcarbonat Na,CO; leichtlösliche Abdampfsalze H. Abich 100 Th. leichtlöslicher Abdampf- salze enthalten: De Chancour- H. Abich tois 1845. 1856. 3,243 15,515 48,623 32,619 100,00 oder, falls sämmtliche Schwefelsäure an Natrium gruppirt wird, 100 Th. leichtlöslicher Abdampf- leichtlösliche Abdampfsalze von 1000 gr. Van-See- Wasser. salze enthalten: ChlorkaliumsKkCler A ee 0,47 0,46 2,16 2,776 Chlornateium NaCl ve wen een 9,01 7,69 41,20 - 46,446 Natriumsulfat Na,S0, ................, R 3,78 3,00 17,27 18,159 Natriumcarbonat Na,CO3 ............. 46 8,61 5,40 39,37 32,619 21,87 16,55 100,00 100,00 Das Wasser des Van-Sees enthält 40 mal so viel Mineralbestandtheile als das des Goktschai; sein Kalium-Gehalt ist 21 mal grösser als der des letztern. Dagegen enthält das Van-See-Wasser keinen Kalk, nur 0,55 p. M. Magnesiumcarbonat, die beide sowohl im Goktschai, wie im Tschaldyr-göl relativ reichlich vorhanden sind, Corrigenda: pag. 40 Zeile 9 von unten statt: Verticalcolumne 4 (rechts) der Generaltabelle neben dem —o— lies: pag. 37 Verticalcolumne 2 (rechts) neben den 7* e : + Ouvrages géologiques et physico-géographiques publiés dans la VII. Serie” des Mémoires de : N l'Académie Impériale de Sciences: PER HAUT № 7. Grünewaldt, М. у. Beiträge zur Kenntniss der sedimentären Gebirgsformationen in den Berg mannschaften Jekaterinenburg, Slatoust und Kuschwa, sowie den angrenzenden BR des Ural. 1860. Mit 6 lith. Taf. Pr. 1 В. 70 К. = 5 Mk. 70 Pf. T. Ш, X 6. Helmersen, 6. у, Das Olonezer Bergrevier geologisch untersucht in den ее 1856, 1857, 1858 und 1859. 1860. Mit 1 Karte. Pr. 45 К. = 1 Mk. 50 Pf. a № 9. Helmersen, 6. у, Die in Angriff genommenen Steinkohlenlager des Gouvernements Tula. 1860. Pr 25 К ВО РВ T.IV, №10. Abich, И. Sur la structure et la géologie du Daghestan. 1862. Avec 2 pl lith. sur une feuille, et 2. | dessins dans le texte. Pr. 45 К. = 1 Mk. 50 Pf. и № № 3. Lenz, В. Untersuchung einer unregelmässigen Vertheilung des Erdmagnetismus im nérdlichen Theile des Finnischen Meerbusens. 1862. Mit 3 Karten. Pr. 70 К. = 2 Mk. 30 РЁ Т. У. - №5. Abich, H, Ueber eine im Caspischen Meere erschienene Insel nebst Beiträgen zur Kenntniss der Schlammvulkane der Caspischen Region. 1863. Mit 4 lith. Taf, Pr. В. 80 К. = 6 Mk. T. VO, № 1. Ruprecht, F, J. Barometrische Höhenbestimmungen im Caucasus, ausgeführt in den Jahren 1860 und 1861 für pflanzengeographische Zwecke, nebst Betrachtungen über die obere Gränze (Е der Culturpflanzen. 1863. Pr. 1 В. 5 К. = 3 МЕ. 50 Pf. а. | T. VII, № 6. Struve, H. Ueber den Salzgehalt der Ostsee. 1864. Pr. 25 К. = 80 Pf. KR | № 11. Struve, H. Die artesischen Wasser und untersilurischen Thone zu St. Petersburg, eine chemisch- geologische Untersuchung. 1865. Pr. 70 К. = 2 Mk. 30 РЁ № 4. Abich, H, Einleitende Grundzüge der Geologie der Halbinseln Kertsch und Taman. Mit 3 lith. Тай. 1865. Pr. 1 В. 30 К. = 4 МЕ. 40 РЕ. T. XI, — №12. Helmersen, @. у. Das Vorkommen und die Entstehung der Riesenkessel in Finnland. 1867. Mit 3 lith. Taf. Pr. 40 К. = 1 Mk. 30 Pf. № 15. Lenz, В. Ueber den Zusammenhang zwischen Dichtigkeit und Salzgehalt des Seewassers. Ein Bei- trag zur physischen Geographie des Meeres. 1868. Pr. 30 К. = 1 Mk. Т. XIV, № 7. Helmersen, 6. у, Studien über die Wanderblöcke und die Diluvialgebilde Russlands. 1869. Mit 10. lith. Taf. Pr. 2 В. = 6 Mk. 70 Pf. № 9. Middendorff, Dr, А. Th. у. Die Barabà. 1870. Mit 1 lith. Karte. Pr. 80 К. = 2 Mk. 70 Pf. .XVL № 3. Lenz, В. Unsere Kenntnisse über den früheren Lauf des Amu-Darja. 1870. Mit 2 lith. Karten. s Pr. 5 К — 20e 50) PE T. XVII, № 1. Schmidt, Fr. Wissenschaftliche Resultate der zur Aufsuchung eines ие Mammutheadayera NE von der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften an den unteren Jenissei ausgesandten Expedition. 1872. Mit 1 Karte und 5 lith. Taf. Abbildungen. Pr. 2 R. = 6 Mk. 70 Pf. ie Т. XX, № 4. Schmidt, 0. Hydrologische Untersuchungen. У. Die Seeen der «Bittersalzlinie» (Gorkaja Linja) von. Omsk bis Petropawlowsk und der «Sibirischen Kosakenlinie» von Petropawlowsk bis Präs- nowskaja. 1873. Mit 1 Karte. Pr. 35 К. = 1 Mk. 20 Pf. T. XXI, № 3. Schrenck, Г, у. Strömungsverhältnisse im Ochotskischen und Japanischen Meere und in den anche angrenzenden Gewässern. Nach Temperaturbeobachtungen aufrussischen je 1873. Mit 2 Karten und 10 Diagramm - Taf. Pr. 1 В. 75 К. = 5 Mk. 80 Pf. . ХХУ, № 3. Schmidt, Dr. С., и, Dohrandt, F. Wassermenge und Suspensionsschlamm des Amu - Darja in seinem | Unterlaufe. 1877. Avec 1 planche. Pr. 75 К. = 2 Mk. 50 Pf. T. XX VII, № 12. Abich, H, Ein Cyclus fundamentaler barometrischer Höhenbestimmungen auf dem armenischen : Hochlande. 1880. Pr. 50 К. =1 Mk. 70 Pf. = = H FN ESS ESS ов . : Е el м u. 225 Л A я ; -» а ER En с в = An | Envoi de l’Acad. Imp. des sc. de St-Pétersbourg. Washington, ÿ | Smithsonian Institution. MEMOIRES L'ACADÉMIE IMPÉRIALE DES SCIENCES DE ST.-PETERSBOURG, УП SERIE. Томе XXIX, № 2. NEUER s Prof: Dr. P. HIelmling in Dorpat. (Zu le 31 mars 1881.) $r.-PETERSBOURG,, 1881. : Commissionnaires de l’Académie Impériale des sciences: à St.-Pétersbourg: à Riga: à Leipzig: MM. Eggers et 01° М. М. Kymmel; Voss’ Sortiment (G. Haessel). / _ et J. Glasounof; — | Prix: 85 Кор. — 1 Mk. 20 РЁ Г, Е” "У MÉMOIRES L'ACADÉMIE IMPÉRIALE DES SCIENCES DE ST.-PÉTERSBOURG, VI SERIE. Томе XXIX, № 2. NEUE INTEGRATIONS-WEGE. Prof. Dr. P. Helmling in Dorpat. (Lu le 31 mars 1881.) Sr.-PETERSBOURG, 1881. Commissionnaires de l'Académie Impériale des sciences: à St-Pétersbourg: à Riga: à Leipzig: MM. Eggers et C'° М. М. Kymmel; Voss’ Sortiment (G. Haessel). et J. Glasounof; — Prix: 35 Кор. = 1 Mk. 20 Pf. Imprimé par ordre de l'Académie Impériale des sciences. Août 1881. С. Vessélofski, Secrétaire perpétuel. _ Imprimerie de l'Académie Impériale des sciences. (Vass.-Ostr., 9 ligne, № 12.) 1. Im 17. Band der Zeitschrift für Mathematik und Physik von Dr. О. Schlömilch, gleich im Eingang, hat Herr Hess ein von Schlömilch behandeltes Problem: «Die Ueber- tragung der Abhängigkeit zweier Veränderlichen»') von einem neuen Standpunkt aufgenom- men und hat das Endresultat durch eine merkwürdige, in ihrem Bau höchst einfache Determinante dargestellt. Das Ergebniss dieser vorzüglichen Arbeit hat jedoch, wie mir scheint, für die Integralrechnung eine weit gewichtigere Bedeutung, die ich versuchen will, im Folgenden darzulegen. Зе! ф (2) = ах” aa" на "+... + 4,_,% + а, еше ganze rationale Function von x, von positivem Charakter, und es sollen auch nur solche Werthe von x zu- gelassen werden, für welche sie positiv bleibt. Ferner soll ф (x) von х = 0, bis х = x nur wachsen, was bekanntlich der Fall ist, wenn +’ (x) > 0 bleibt. Ausserdem sei ф” (x) von der Null verschieden. — Es mögen sodann noch der Reihe nach die Differentialquotienten: de (x), 4 (x), аТф (x) ах ? day 220, dam ` dargestellt werden durch: а Фи: Denkt man sich 67°) entwickelt in die bekannte, unbedingt convergente unendliche Reihe, so überzeugt man sich leicht, dass das Integral Г ee) x für æ — 0 verschwindet, oder wie 1) Man sehe darüber den Anfang des 2. Bandes der Analysis von Dr. О. Schlömilch vom Jahre 1866. Mémoires de l’Acad. Imp. des sciences, VIIme Serie. 1 2 P. HELMLING, man sich auszudrücken pflegt, mit 0 anfängt. Werden mit dem Integral identische Trans- formationen, wie etwa die theilweise Integration vorgenommen, so muss für diese Transfor- mationen dasselbe gelten. Nun hat man e? `1 de? ? Ф Jar = [dr = [TE da = + [dx PL Pi da Pi Pi Durch Fortsetzung dieses Verfahrens ergiebt sich: т p(æ) p(x) PD) 7, — € a @> Ay—ı ) [= a, En Hl CT 7 (1 ee gan a) + | 4х Indem man aber auf das Restglied zur Rechten aufs Neue die theilweise Integration an- wendet, erhält man für die Coefficienten a, die folgende Recursionsformel: а о du — (2 + 1). pa — 90) wodurch jeder folgende aus dem vorhergehenden berechnet werden kann. Auf diese Weise findet man für die einzelnen Coefficienten : la, == 09,0 — 1.3.9, — Pi фз; а, — 1-3.5.@, — 109, 9,93 + PP a=1.3.5.7p —105:p,p/p; +159" Фи. + pp — Pi Ps | =1-3-5-7-9- 22 — 1260- 9.92 + 210 pp 9, + 280 9° 9,95 — 35$; ФФ — 3) — 2191 PP + Pi Pe Larsen 5-5-7:9-11 9, 9,9, + 3150 9,° 9, p, + 6300 9, 92 9, — — 1260 pp $$, — 3789,’ 9,9; — 2809,’ 95 + 2899, P + 359! + | + 3569199 — pp’ In gleicher Weise erhält man: a... fer = ET ( Ен +. ES) TE OT ен Pi 9 ) 9 und indem man dieselbe Methode anwendet auf das Integral Me und der Kürze wegen die Reihen Е и ах фи 9° фи!? P1* а а а Mer DANS Ace u а eh. фа? 9,6 9,10 — pi" 2 NEUE INTEGRATIONS-WEGE. 3 bezüglich mit Р und © bezeichnet: cos (pa) dr = FRITES + № RER, 5 [sin (2) а = Fre a)... > 1e 6 Die im Vorhergehenden mit (a,) bezeichneten Coefficienten nun fallen zusammen mit der von Herrn Hess gefundenen Determinante, was eigentlich aus dem Gange der dabei in Anwendung kommenden Operationen von selbst einleuchtet. Man erhält nämlich: 9, — и | УФ у—1 Фи 0 0 0 0 0 0 УФз Log ФФ 0 0 0 0 0 УФ ЧФ AP y—3 Pi 0 0 0 0 УФ yo Pa MP us Po ya Pr 0 0 0 УФь HD бо 0,07 0,0. D, 0 ое TRE Ne 7 УФ, Le Di %,_13 Фу oo. eo. oo... 1 „Фо 1.Ф, УФ, Aya 2 ds Ps dy Pie CE er a, у—1 Фз a, Pa Die einzelnen Coefficienten а werden nach folgendem Schema gebildet: TEE Sun Ze À yo Gr и Pu a и Lit, = "ua ae Rus Su-rı Ba — en и ве ne Е == Aus ai Ina Lui U+-2 Ru M2 nie Ш U+3 Te : м BET RS A 150 Loin An и Le [т 9, р OT Ув: 1 1) Die Restausdrücke ро, о, sollen später untersucht werden. 1* 4 Р. HELMLING, Demnach ergiebt sich zum Beispiel: Ns =; 69, 59, A, =; 79, 69, 69, 119, 49, 79, 139, 59, 69, 179, 159, 39, 79, 209, 189, 49, 8a ...|69, 239, 326, 189, 29, 79, 27p, 389, 229, 39, 69, 299, 55, 50$; 209, 1$, 79, 349, 659, 609, 259, 29, 69, 359, 846, 105, 709, 219, 79, 419, 99$; 1259, 859, 279, lp 79, 489, 1409, 2249, 2109, 112$. 289, Man kann aber der Determinante (7) eine zur wirklichen Berechnung sehr brauchbare Form geben, wenn man sie auf ihre Diagonalreihe reducirt. Zu diesem Zweck sei allgemein: Alla, Œo 0 0 0 0: 0 у Co Oo Oz DS ROSE Оо LOTS а ss do er CS CR DS 0 #0 10 areas. ee ds 9 61 dis CES бе м ОО 0 Оо ма Е a EEE PS ET бе a nc 0/07 0% air etes RE a TE о. a, я ds РИ. a, 0:77,07 +0 бах, Zieht man, in der zweiten Form, von der mit а, multiplicirten zweiten Zeile die mit «a, multiplicirte erste Zeile ab, so kommt für die zweite Zeile: 0 оо de Age sense Ay, wobei: yo — Ayı Lo о oi Me = ui Lg бо Lg HO re PS os = Ayı Lo — бо бл y — En Lg — Lio A Multiplieirt man weiter die dritte Zeile mit a,, und zieht die mit «,, multiplieirte zweite davon ab, so folgt für die dritte Zeile: NEUE INTEGRATIONS - WEGE. 5 0 0 д о © Че Ag, wobei: Agg — gg @5 og Ag Ay, — 9.3 oo — Log Moy Aus = 03 Mo — oo Us И. NE 10a Az, Lg oo — Log Ag, Behandelt man in gleicher Weise die vierte Zeile, so geht sie über in: 0 0 0 Ay As ВЯ а, wobei: Lu — Lys As ga ga Us — ss As Lui As CA MO OO TA AE 10b ay ya Aa Cas Ay, Auf demselben Wege erhält man allgemein für die Elemente der neuen Zeilen а = (4 A n-kım-rı SZ Я n-rım-rı° mm a mm--1° "mm-H Anrımr? 7 mremre mm mm-rı Imm-r2 arım as — mama Amm ^^ бит на mms eee А 11 Е ‘ te Das dure droles) st sde Univ vMm+1 * Anm 8 mm-rı Tv Die ganze Determinante wird dadurch auf ihre Diagonal-Reihe reducirt, und wenn man die Elemente, die sich dabei aufheben, weglässt, so ergiebt sich schliesslich N Eee le Indem man aber in die Gleichungen für a,, a, 4 а die gewonnenen Formen für аз Az, Ay; Ans Чо » + : Ag Ч. lagern. Ay, etc. etc. einführt, und nach den Unterdeterminanten der Diagonal-Reihe ordnet, findet sich ohne Schwierigkeit: — . = .]! | 2 a, CE a, A,_ı v—1 y 1! Pi _ V—2 вых Ra 2! Pi a, _; V—3 3 у—2 re у—1 — &,,_3 319 Е, (v—2)!®, An Æ(v—-ljlasp, 3.5 6 Р. HELMLING, Wie man sieht, sind die ersten Factoren (x) die Elemente der letzten Zeile. Für die Dia- gonalglieder niederer Ordnung findet sich nach demselben Gesetz: Mi — An Mo — Lo Ayı — 912. Lo @33 — gs 1.2 — Log Ugo An ya Loge Loi 144 — 94° gg — gg Las Mo Dog gs Lao Ari — бо" воз" Lay бт о TS 14 Я55 — Us Us My Mis 33 He Digg e kung Age — gg. за. Lis + Us + Ay TH 915. Log - Las + Lure Or] wobei die а, vom Index m, m + 1, sich alle auf ф, reduciren. Ausserdem ersieht man aus dem Gleichungssystem 14, für au, dus, ds, ....0,, dass die Glieder auf der rechten Seite nach den Elementen bezüglich der 3ten, 4ten, 5ten, ....mten Zeile geordnet sind. Durch die Reductionsformeln 13 und 14, ist die Berechnung der Determinante А = a,, auf die Elemente der Diagonalreihe reducirt, und somit auf das mindeste Maass von Arbeit gebracht. Wenn 9 eine ganze rationale Funktion von x vom Grade n ist, so verschwinden alle Differentialquotienten, deren Index höher als n ist. Dadurch werden die Gleichungen 14 wesentlich vereinfacht. Sie bestehen z. В. für п = 3 aus zwei, fürn = 4 aus drei, für — m aus m — 1 Termen. Ferner überzeugt man sich leicht, z. В. aus a, a,..... dass der Devisor v! in dem Produkt der Diagonalreihe in № 8a aufgeht!) und dass dasselbe all- gemein sich reducirt auf: 1.35.22... 1). 0, Dieser Ausdruck ist auch zugleich, wie später gezeigt werden soll, der numerisch beträcht- lichste in der Determinante а. Bezeichnet man ?” mit q,, und das Produkt 1.3.5 .... (2v — 1) mit «,, so kann Po m man z. В. dem a,.... folgende Form geben: A, = Age Pa (1 — Вы. ds + que (Bes 94 + Pres 9:08) — 9° (Bor ds — Въ 94 de + Bac - 434308) Fang 4“ (Bar Ge Pas 8 + Bes + 4494) = Вело . 42 . 41) wobei 5 2.5 4.5. Dir» Вет НЕ Ва = 5; В = зи; В = 3713 Ва = Би; Bas = 371; вв = 9; 4 8 BE in 1 о Ва = 3.5.9.11? Bas = 3.5.9.11? Вы = 3.5.9.11? Boo = табло — a 1) So z.B. № 8a in a,.. т (79,.139,.189,.229,.259,.279,.289,) = 1.3.5.7.9.11.13.ф»”. NEUE INTEGRATIONS - Убе. 7 Vermittelst der Recursionsgleichung 2 erhält man hieraus: а; = 0.9, (1 Pr 9:9: + Qi (Bree 4, + Pad) Ча (В. a = Въ. 940, = Вы: 9005 + Qi (Por - de + Buse 45-9: + Ви. Чл. + Bao- 94933) — 9° (Bru 91 + Вало 9593 + Ваз 9594) Si= 91° Виа. 9) wobei 2 №. _- 4.10, DE: __ 2.6 ON HE Вт == 2; Ва — 13? Ваз == 383% В — В, Br mr 13? Br = 319.13? —— 2 e — 8 ® — 5 L] ри 4 О — 4 ® Ви = sr? Be = 3.11.13? Bro = 3211.18? Brio = 3.9.13? И — 3:5.7.11.13° 4 2 Be 1 Pia = 59.10.18) Pr = Gris Pu = [3570110 = Г Ganz eben so findet sich: = 0.9 (1— Вы. 9195 + 91 (Poor Вьз 4:93) — 92 (Вы. 45 + Bas Did + Въ. 939595) + 9" (Вы de + Въ 9545 + Вы Didi + Boo Lil + Bon 93039595) — 42 (Bars 4; + Ваз 49; + Pau 4594 + Bas 959393 + Baie 99443) + D (Bar de + Bois 9:43 + Bars 994 + Paso 455) — U’ Ben 9) wobei: Ts __ 14, = Bad, Bu: Ua j ЕР Bsı FAT Ba = 15° Bas 10 Вы = T0 Bas 9 Bes — 97? Ber — 2107 Bas sn Le 4.7.8 8 . 2 2 й 3.19 Я à Bao = 31 $ Ввю = 3.9.13. 3.9.1315} Bau = 9.9.13? Bar = 3.4.13.15? Bas И 18 11.13.19 Bau = 3.13.15’ 4.29 7.19 1 8 Bas = 35.11.1515; Pas = зи ль; Par = 5711181357 Pas = 5571105 SUR a ae - я 819 7 9,11.13.15 ? 7820 `` 3.5.11.13.15? 88217 1.3.5.7.9.11.18.15 —_ CPS Wie man sieht, nehmen die Coefficienten В, nach rechts hin, von einer gewissen Stelle an, ziemlich rasch ab, bis zu =. Da nun auch in der Regel die Quotienten 4. 9, 45.... ächte Brüche sind, so haben die mit höheren Potenzen von 4, behafteten Glieder keinen wesent- lichen Einfluss mehr, weil sie auch noch mit @.” dividirt werden. Der Quotient 4, liegt meistentheils zwischen 1 und 2. — Schreibt man daher Lys Zu due Po (1 — FR — 98 9 + Qi Ja — Us + 91% —....) 8 Р. HELMLING, so erhält man bis zu dem Gliede д,.4°, vermittelst der Recursionsformel (2) allgemein: La (2 1 u 2—1) Вуз + (v—2 а Von Ш | Ш es (2—2) Ву Ву> 2—2) 2 —3 2v—2 —4 ul Br ee ee 2—3 2—3 —3 2v—3 8 QG: ( У > Br Bya gel у ne )Bva 9,4, + | mb: 9.9: fe (2v—3) Вуло + 3Bve + (V—5) Bys (v — 1) Bye y +1 94439 = » + 1 939,44) 2—4) В, es 2—4 2 —5 2—4 2 er ( v—4) B LANCE )By +! у nr Br gg + v Eat Soie, ce (2—4) Byrs + Bo + (ТВ (2v—4)By18-t 2Bv10-+(V—2) Bv9 ER] ЧБ от 900 ig 4 v—4 IR on 94931393 + 2v Ha а) HIS Die vorhergehenden Gleichungen rechtfertigen nun den Ausspruch, dass die numerische Hauptmasse von a, in dem Ausdruck 1.3.5.7... (9—1).9, stecke. Man kann deshalb allgemein setzen: A ln a, — == 1.3.5... (2: -1).o".(1-$) wo à, ein kleiner ächter Bruch ist. Die Recursionsformel 15 vereinfacht sich bei der Anwendung wesentlich dadurch, dass die Quotienten g,, für grössere m verschwinden. Ist z. В. ф vom 3. Grad, so kann man dem a, folgende Form geben: (фр = $5 =...=0) à = 9 ($; — ВаФФ) + ФГ Ps (YoPz — PıP3) Dann erhält man vermittelst der Formel (2): Def 2.2 alonerene.en a = $» (ap — В1$:93) + фт 6$. (фз — 8. 9193) a = 13.%; В, = 128, + Ga; у, = 11%, + 48; & = 108 + 2%. das heisst a—1.3.5.7.9.11.13; 8—2.3.5.7.9.11.13; y—2.7.9.107.11; 8,=2.7.102.11. NEUE INTEGRATIONS - WEGE. 9 а; — Pa° (CA Po” — В $: Ps) + 9° $ Ps” (Y Po MP) 2 а... b а; —= 15:0,; В, — 148, + Ta; 1, = 134, + 58; 8, — 128, + 3Y,; в — À. das heisst @=1.3.5.7.9.11.13.15;8,=5..7a,;1,=5.72.9.10.11.13,.9,=2.3.7.10°.11.13;e,=2.7.10%.11. а, = фу (0,9, — Вь-$1$4) + фа фз (Mode = RE р к с a, = 170; В = 16.8; + 8а,; В, = 15%, + 68,; 8, = 14.4, + 4y,; в = 13-е, + 28,. das heisst ,—17.а,; В —8.5.7.9.11.13.15.17; =7.16.5.7.9.11.13.15;8,—3.5.7.9.10.11.13.16; в, = 7.102.11.13.14. Mo = Pr (& Pa — Вю Pia) + Pi Pa Pa (Yin Po — бо Pı Pa) + Pr Фз (105 — En: Pa Pa) - .@ % = 19-05; Bio = 188, + Ju; Yon = 17Y9 + 7В,; д, = 168, + 51,; ви = 15€, + 38; Зи = 13-е; + 20, = €, din 19.85 Вы — 9.0105 Yo 7.0.4, 90 10.0.7.9:13.15.67;e1—4:7.10.11.13.1:143;: 3107 l0 1 1214; Gi 9, (CA La — B11 Pa Ps) + 9" 0 Ds” (Yu Pr” — Ôn D фз) + 9,9, 0% (&1 Po? — Зи 99) ..е 01 = 21.00; В, = 20810 + 1011; Yu = 1910; ба = 18810 + 610; Eu = 17.00 + 465; 31 = 1630 + 2€) Aa = Do (CPR — fe 9193) + Pr” on D” (Yo Da — 6. P1 $3) + фи фо фз. (CT 9, — Зи. P1 93) Que — 23.0115 В = 228,1, +1101; Yi = 21 Yn +9; do = 205,711; в»== 19811 + 561; D В Зе 9 — 16.3, 2... Ms = Pa” (CE Ps” — Pis Di $3) + Pr” Pa 2, (‘уз Pa” a Of P1 Pa) + 9" 9 фз. (E13 Pa — Заз Pr Pa) POS) AS Sr ee ER Le 5 ds = 25.45; В: = 248. + 12055 {в = 28» + 108; Dis == 228, + BY»; & = 212 + 68,5; 3:3 = 203,;, + Lei; My = 191: + 23». Mémoires de l’Acad. Пар. des sciences, УПше Serie. 2 10 | Р. HELMLING, В... а = 9 (ба Pr — 149193) + Pr” Pa Ds” (уф яя d14P195) re фа фо Ds (E14 9 — Zu 993) + 9° фз um Do — 3149195) a = 2705; В. = 26839 + 1305 Yu = 25: + 1183; du = 248: + IV & = 1395 + 76:3; Зи = 2233 + DE; Qu = 2113 + 3:3; За = Ms = 291» + 6.3» ооо ох ооо 0 0 0 оо 0 оо ооо ооо ооо ооо ооо. ное Das Bildungsgesetz der Coefficienten ist aus dem Vorhergehenden leicht zu erkennen, jedoch umständlich allgemein auszudrücken, und möge deshalb hier unterbleiben. Für eine Funktion des 4ten Grades lässt sich kein einfach übersichtliches Bildungsgesetz der Coeffi- cienten (a,) ausfindig machen, und noch weniger für höhere Funktionen. Aehnliches gilt von den Formeln unter № 14a, und der Gleichung 15; letztere ist aber nur ein Bruchstück einer allgemeinen Recursionsgleichung. Gehen wir nun über zur Untersuchung der Rest- ausdrücke unter № 1, №4, № 5 und № 6. Aus den 3 Gleichungen: TeP(L)a, fear = (1 + en A er, Pc Но 1 d.h. Fat (++, О. 2 und в. — 1.3.5.1. (Гоа ии 3 ergiebt sich, dass die Reihe innerhalb der Klammer so lange abnimmt, als der jedesmal hin- zutretende Faktor (2—1). < 1 bleibt. 1 = (1): ; р Für Bu = 1 erhält man sogleich: 1 AE a LS Pi eee AE AMC Vie ве 2 wo unter у natürlich nur die in dem Ausdruck rechts steckende ganze Zahl zu verstehen ist. Bezeichnet man das Restglied unter №1 mit À, so hat man nach einem bekannten Satze: __ ep) E (a) В = (Ф12*)Е wobei & einen Mittelwerth zwischen 0 und x vorstellt. Jedenfalls ist also: В < ze! 1 überall x statt & gesetzt. NEUE INTEGRATIONS-WEGE. 11 Um so mehr ist daher, mit Rücksicht auf die Gleichung (16) R<2.13.6.. 8 Dee + 102 Nun hat man bekanntlich: 1.3.5...(2v—1) —V2. (=). ee 1 а Е № Pv — 54, + 8 360% — 32 1960% Setzt man der Einfachheit wegen v — nr ‚ so kommt: 1 Е 91? фи? 2 p— 1 фт .V2 CNED e 2 R <(: DNA Rte) CR nn Ne 19b ez FPY 9, / Pi x.V2 : e y ЕТ : мол < ein, Pi Sein muss. Dadurch erhält man zunächst für die Gleichung (1): ета = (1 + т ee er АЖ 22) 19 h = о. фи? фи 96 ... 9,9 E20) ee und in gleicher Weise für die Gleichung 4: > AR) 1 er A 0; + h-ı Narr =.) 20 = — — ar а од о = ЕЕ: © Е GO 720, re ee f 9 9 ( 92 Pt ра Е 10 2% Unter der Voraussetzung, dass in № 19 die Glieder innerhalb der Klammer nur abnehmen, ist ihre Summe offenbar kleiner als wenn man das zweite: I mit v, d. h. ee multiplicirt, 1 Sr? o 2 d.h. on т 4.1. < 9%. Mit Hinzufügen des letzten: À .€7 30, bleibt deshalb die Ge- 1 2 sammtreihe von 1 ab immer noch < 1. Dasselbe gilt natürlich in noch stärkerem Maasse von der Summe der Glieder in № 20. Daher kann man setzen: ` О мо. 19а 1 и 20а Zu Pi Mit den Voraussetzungen unter № 19а lässt sich пап das Restglied in № 19 noch genauer bestimmen. Setzt man: a, = 1.5.5... (2-1)... .-.. wobeik, <1 und a, 1.8.5. av), JR 12 Р. HELMLING, Dann hat man für den Rest: An R = 0,.k, LE 9 ах — 0. Je (er) dx Bezeichnet man für einen Augenblick о + I | 2) mit Ÿ, so kommt: ne P2 u ыФр 1 h = + CE У Ve Be (P1 +92) (29292 — 9193)\ __ 4. В. и = (1— nm) — ф1 (1 —^,) Nun ist nach № 19a: au a бы Е Ф | ®\} @а+8) Ro. MEET a,k,e (6) TEEN Hierin geht à, aus à hervor, wenn darin überall $; 9,-...9, durch db, %,....4,, er- setzt wird. Für ve findet sich z. B. ga = go (29 (92 — $198) + 9954) und dieser Ausdruck ist zugleich der wesentlichste Bestandtheil von à. Nach einigen Re- ductionen, mit Zuziehung des oft gebrauchten Werthes für 1.3.5... (2 — 1), und für у = du erhält man : _ 9: в— 78.048) 67 а eo, 21 ...... nie 0 51910 es. о — — .€ 29 ев» (1— À) 9 9 2 Im Allgemeinen findet sich А, meistens < 5 so dass auch À < 1 ausfällt. Auf Grund ana- 1 loger Betrachtungen ergeben sich die Reste in № 5 und M 6, wenn man in dem Ausdruck: das Reelle vom Imaginären trennt. Dabeï ist 1 + e, = 1 +7 < 1.(cos db + 2 sin 5)... Sei nun die Funktion o (x). nämlich: aa” + aa" 1 + aa? +... Ca 9 1 р. n—1 n durch ihr letztes Glied a, gekürzt; dann ist ihr Integral, so wie alle Differentialquotienten mit einem constanten Faktor multiplieirt. Die übrigen Voraussetzungen bleiben unverändert NEUE INTEGRATIONS - WEGE. 13 wie früher. Endlich sei die reelle Zahl (p) so, dass — 1 “р < + dabei в, ganz ge- brochen, oder irrational. Dann hat man durch theilweise Integration : 2 Ada pol 9" K-+-1l 9, — Für ganzzahlige (4) erkennt man unmittelbar, wenn man sich ©“ entwickelt denkt, dass das Integral mit 0 anfängt. Stellt man sich für gebrochene (p).p" in eine convergente unend- liche Reihe nach Potenzen von x entwickelt vor, so findet dasselbe statt. — Also gilt für identische Transformationen das unter № (1) Gesagte auch hier. Bezeichnet man ferner die Produkte (р + р); (р-н р) (EP +1); (PP) ep) (p+p+2)...(u+p+v—1) der Reihe nach mit (u + p),; (в p),...(w+p),, so erhält man durch fortgesetzte theil- weise Integration: т и 1 2 3 Y—1 r 9 CUT $“. @2 ф°. @з p -Ay—ı ) ‚da — те | н.а | ? (+1) 91 (м-+2), . pr? (м-=2).. <“ (u-+2)3. 916 (KH2)—ı 9,2 = 1 TOM + Va. dx + on: f NEU EURE TEN 2 (u+-1), 0 917° Die Coefficienten a, a, а....а, sind die Früheren. Sei nun zunächst: 0 < x < 1, und bezeichnet man in der Gleichung 22 das Schluss- 1 Tour, : : > an integral: Ben some dx mit R,, so erhält man für a — 0: ? olaı 9. @2 93. @з 971.1 ) д = — (l1+ 2 + RE EE = =) + Ro..... 23 1.9 ( 2-91? 25.91 23. Pi 21.9122 "В 1 2 PH CA 2.0 3, CRE " dx — (+ a ar + a) + В,. 24 | 7 (я (+2)? (4+2) 9“ (и-2) 96 Bra 9??? в für — "1 1 9? CAT 92.0, 913. @з Ра ) = — Fine 04 2 1 Ф da 2.9, (1 ла 9,2 8-9 33 . 91° SO ee В, 5 Nun lassen sich die Reste А, und В, in №23 und № 25, ohne Schwierigkeit direkt berechnen. Wenn daher, wie später an bestimmten Beispielen gezeigt werden soll, die end- lichen Reihen in 23 und 25, dem wirklichen Betrage von x, und /"o(x)dæ nahe kom- men, so muss für ein beliebiges, zwischen О und 1 liegendes (p) unter den bei № 1 aus- gesprochenen Bedingungen der Werth von 14 Р. HELMLING, gu ( di $. а P—l.ay—ı ) (и: Ф. (H+4-2)1.91? (44 2)2 pit (+2) 1-92’? wegen der Conformität der Ausdrücke in 23, 24, 25 nothwendig zwischen die Summen der Reihen von 23 und 25 fallen. Aus demselben Grunde liegt dann auch Rp zwischen А’ und R,. Lässt man (y) stetig sich ändern von 0 bis 1 hin, so muss Æ(x) ebenso eine stetige Funktion von (x) sein. Sind dabei А, und А, sehr klein, so kann man, . wenn die endlichen Reihen in 23, 24 und 25, mit Ausschluss von R,, R,, В, der Reihe nach mit A, В, С be- zeichnet werden, setzen: B—4A4:C—B=Ru—R,: В, —В,, woraus sofort folgt: Dover a Fr ee ee ne A Wenn (y) negativ ist, aber so, dass —1 в < 0, so wird, wenn man das Intgegral J direkt bestimmt, in der vorhergehenden Gleichung für Au, В, = 0 und man erhält: Ganz in gleicher Weise sind die Schlüsse, wenn (p) zwischen 1 und 2 liegt oder überhaupt zwischen m und m + 1, wo dann freilich die Integrale /o(x)"dx und /," 20)" "ах direkt bestimmt werden müssten. Damit ist ein Weg angezeigt, das irrationale Integral /’o(z)"dx mit allerdings mässiger Annäherung zu ermitteln. Man geht dabei in den endlichen Reihen für 5 o(@)” dx so weit, bis die Summe von À, + R,,,, vom Abnehmen ins Zunehmen übergeht. Man erzielt im Allgemeinen eine Annäherung bis ca. zur 3. und 5. Decimalen. — Obgleich nun diese Annäherung keine besonders befriedigende ist, so hat doch selbst in dieser Form das Resultat seinen hohen Werth, wegen seiner Allgemeinheit. Jedenfalls stellt sich das Integral: |, "dx unter der allgemeinen Form dar: DU __ gui Eine wichtige Anwendung möge noch folgen: Versucht man das bisherige Verfahren zur Darstellung des Integrals: (Je $ dx zu verwenden, so findet sich: ZT __ —®@(2) : DI EEE AR уе ах = C—° (ie) wobei 1 91? ah 4, LE @4 ЕЕ Е а | Е = (à, 9% PRE Co + = TE À € 29 C ist eine noch zu bestimmende Constante, die sich, da: NEUE INTEGRATIONS- WEGE. 15 ep (2) oo erde = Ут Pi (1—9 gefunden wurde, als das Total-Integral /, e ?®"dx herausstellt. Da aber das Integral I ex sich nicht direkt finden lässt, so muss man andere Wege einschlagen. Sei nun: Er een | | | 4 E so ist die Reihe rechts für jedes endliche ф unbedingt convergent. Somit erhält man: we 1 TZ 1 ‚д 1 ей 1 т fe dax п oda Zi |, pda — z; [ Pin... тат о 4. В. nach der Gleichung 22, mit Rücksicht auf 23, 24, 25... D И е ах = es (1 + Fe == er + +, +. + eh) + À, а а а eee ae) + rn + + len u ae net el le rennen a) + оо око + + ` Summirt man in verticaler Richtung, so findet sich für den Coeffieienten von (1): 1 {9 p? фз pt = u т о — für den Coefficienten von ne 1 орон) LOS FT EN Ve TE Tg 2 а ь Der Coefficient von т wird: 1 16 Р. HELMLING, 1 ($3 pt p5 )= = —Ф Ф ”) __ [92 1 1 e—? (9 a + 5) ие We at = reine 1) Ре УС $ : cn . а In gleicher Weise kommt für den Coefficienten von —;: 1 1 {ot 9 $5 = 1 ( —9 [ QT PAT APE = 1 (£ ФФ SER FA Im 51 в: ERS, 2 1 21 3! фи \3! TE TA Bezeichnet Igemen ee tee ? 1 mit A, mit а ezeichnet man allgemein: иг — my + mg Fr + 1 ШВ 4 mit der Bemer- kung, dass auch die Reihen in verticaler Richtung convergiren, so kommt: D 1 A Аз: Ast .4 р, e Or — (1 en a + Mao) 0 9 Pi Pi Pi Pi ег PUR) a а а a — ина...) Pi ( 9 CT P1° АЕ Ro В Rz В: Е —1 Cent cr or at et nee : ! (/—1) Für die mittlere Reihe kann man mit Vernachlässigung von À . € 2°, setzen ep) > — (x) (1 — €) = И е dx 91 x ' Somit erhält man schliesslich: ee ee (1 И res Lt) 0 ®1 Pi? 9ı* 9° Manz Ф x R 1 тд) .а,.4 CT x .q, dx — —(1— €) + ber ВЕ ET FOR ER 91 ) 2 ы! В, (&-1), ] 91% € в 2 3 se o’.ay N 9° .1, 9° .1, = f 1.92 (1 113, + 318, 5 =...) de. wobei: Ivo 38 2,3800 2 DER A 142 ee 2 ^^ VE BZ ER 1 7 1? 8: ND EI) OT 9" 1, 1.2...т 1 My (v+1) (v-+2) . (v—m) (M +-V)m NEUE INTEGRATIONS-WEGE. Nun ist aber offenbar: ф.1у ф?.1у o3.1v ф4.1у D . 102) PER Met MATE A: 0 er À GS RES Demnach: [>> zer T oY.a,.eP (1—À,).dx SE В CR 91.1, ; d. h. nach mehrfach erwähntem Satz und mit Rücksicht darauf, dass: a,<1.3.5...(2v—1).9, ist [oe] У Sie Ru Zi, pŸ.1.3.5...(2v—1).p,".e—® (1—),) т u! фр Da nun « RE LUE re ит НЯ 1.3.5...2—1 = V2..(7). Е gi gen в о. | FREE у \Ÿ p К 1 JL 1529280 = Yan.) eb... = m — m Ser das heisst ` Somit ergiebt sich: Fer” dx И (1 В ео 0 Pi À о. о бя Е Die Zahl (v) ist so zu wählen, dass die Reste R, В, R,...®©.... < 1 werden, was sich bei der Darstellung der Reihen in № 27a von selbst ergiebt. Die Grössen о, und ©. kann man Mémoires de l’Acad. Пар. des sciences, VIIme Serie. 3 17. 18 “ND HELMLING, immer, auch für sehr mässige Werthe von у, so bestimmen, dass die Formeln für 1.3.5...(2v—1) und für 1.2.3...v bis auf Bruchtheile der Einheit richtig werden. (Man sehe darüber Minding’s Integraltafeln S. 169.) Es möge nun an einem Zahlenbeispiel die Brauchbarkeit der gewonnenen Formen illustrirt werden. Es sei o(z) = 4° + 22° + 118 -+1; so hat man 9, = 32° + 46 -+ 11; ф. = 61 + 4; mp = 6; 9, =ф = .... = 0; ausp = 0 erkennt man, dass q(x) weder ein reelles Maximum noch Minimum hat. Für х = 2 hat man ф = 39; 9, = 31; p = 16; p, = 6; p, =, =.... 0; somit ergiebt sich: a or 100402730020 а оо a = 99,9% 5.7. 11653; 0 ==0%. 3%.5.7.284518: à — 2732.907.1001519738 9 —=727:3%.58.-11..1249997: 0 = 217 38.5 У. 1113411178029. = —28.3*.5.7.13.16890900107. > = | Als Beleg zur Formel 16, wonach a,<1.3,5...(2v—1).9,' sein muss, möge dienen: log a, = 10,23579...log 1.3.5.7.9.11.0° = 11,24156 also 1.3.5.7.9.11.9,°> 10.a,; ferner wird: g1.3.5...15 „8 — 18438146 = lg 69,90... d. i. nahezu = 70. а lg 2% — 0,2213966—2 р — 0,016649323621 1 во — 0,7994762—4 ne — 0,000630196822 lg a — 0,5526150—5 = — 0,000035695626 11 pee — 0,4169359—6 = — 0,0000026117756 1 le, — 0,3557928—7 5 — 0,000000226879 Pi Cr ; pr — 0,3393735—8 =: — 0,000000021846 lg te = 0,3298248—9 Ser = 0,0000000021371 lg -%; — 0,2342135 — 10 4 — 0,00000000017148 91 9 10 un — 0,4066424— 11 = — — 0,00000000002550 1 — lg 1% = 0,0711453—12 220 — _- 0,00000000000118 Pi 9 во le ar e ое еее, ве ее ©: о Е EEE EEE RE Фот ое еее верю ON NEUE INTEGRATIONS - WEGE. 19 Wenn man so weit geht, als die Glieder der endlichen Reihe überhaupt abnehmen, so « Ф 2 findet sich für das Restglied X.e” 3: — А, im vorliegenden Falle Ig В < 0,9591269—14. Bezeichnet man die Вешеп: di de LE Ay—1 DEE Le в. # 2V— 2 9 9 Pi 9 a a a (1 Pre EE д Pi Pi 9 Pi bezüglich mit à und mit =, so hat man, nach № 1 und № 4, bis zur 12. Decimalen: Gere +ne#1. dr == 5: (1 + 0,01738078852) = 5: (1+8) fete tien). du EC — (1—0,016052417624)= I. (1— €) Für die unter № ба, №5, № 6 aufgeführten Reihen: я o+ 9,5 FR 9,9 qi аз LE er О — == ОО Е == = 912 9,8 9,10 ф 4—2 Q ergiebt sich Р == 0,9993713932; Q = 0,0166138527. Berechnet man sich hier aus {9% = Е — tg 57'8,32 und х = УР + 0, so kommt r = 0,999805 = 1 — 0,000195 und man hat: г. зш (o(x)—S) der cos o(X) : dx — a r.cos(p(2)—}) ie sin $(4). 4% = а, welche Formeln sich durch ihre Einfachheit auszeichnen, und zugleich wie die obigen bis zur 12. Decimalen richtig sind. In Beziehung auf das Integral № 28, findet man für у = 8 A, =: 0,974358974358 A, = 9°: 0,0073665267 A, — 9°: 0,4750164365 A, = $. 0,0011725036 A, = 9°: 0,15448675803 A, — 9°. 0,00016764300 А, = 9*.0,0377054497 A, = 9°: 0,0000204868 3* 20 Р. HELMLING, Das negative Restglied ist < о das positive — 2 : (= я) —. 16772: 00 = 1, 2.8,8089651 —39 ? 7 Е 5 d.i. 2 ce woraus man sieht, dass beide vernachlässigt werden können. Fer- — V25,1327 } ? 5 ner erhält man: An. As. Are te ae = 2,93398054, Ау. а AE ге sodass man erhält: Де. аа a me — 0,09464453. Für das Integral /o(x)".dx, 0 < в <1 hat man für die Formeln unter № 23, № 24, № 25, wenn p — 5 gesetzt wird: A C фз = 0,32466181 вен = 0,21644120 > = 0,15975450 Fo = 0,07987750 2, == 0,08801520 Et — 0,03611250 4 = 0,05034230 24: — 0,01678076 № = 0,02843042 2% = 0,00812300 =, = 0,015255213 9% = 0,00381050 Вин = 0.00727876 вн = 0,001616391 Berne = 0,00387584 вы = 0,00077517 — Se, = 0,001304893 | — Fk = 0,00023698 В moe = 0,27055155 ба = 0,11746680 бт = 0,05883910 Sr = 0,0315857 is — 0,01649878 (#2); .$110 NEUE INTEGRATIONS-WEGE. 21 te 00827168 (2+2) 9,12 5) 97.4, gran = 0,00380235 ee 001265341 (22), 9 ? И 0 000706050 еее о, Nun ist direkt: Is pa) - de = 2; Jo(x)-de = (+ 27 + 11x + 14 = 33,3333.... Bezeichnet man die Summe von m Glieder der endlichen Reihen unter № 23, № 24, № 25 mit A, В, C,, wobei also B=/, (23 22° + 118 + 1}: dx vorstellt, so hat man, wenn die Reste für A, В, С der Reihe nach mit B,, В, und R, bezeichnet werden mit Zu- grundlegung der obigen Zahlenwerthe, und mit Rücksicht auf die empirische Restformel: В, End) + (On Ву Ar 2,07732080; С, = 33,2984920; ВБ, = 5,8143400 В = —0,07732080; А, = +0,034839; В, — — 0,06069280 Demnach В. = 5,8143400 — 0,0606928 = 5,7536472 Ferner М, — 2096513; 0. — 3339170; `В, = 5.84690 В, = — 0,096513; В, = — 0,058370; R, — — 0,092942 Demnach В, = 5,846900 — 0,092942 = 5,753958.... Mit Zuziehung von 7 Gliedern erhält man: А, = STE 0 1056640: С, = FEN — 35 4316405... 91 29] somit R, = — 0,1056640; R, = — 0,098307.... Femer В, = nn 1,50168583 — 5,858691, folglich R, = — 0,1047888 7 2. Daher das verbesserte В. = 5,8586961 — 0,1047788 = 5,1539173. 22 Р. HELMLING, Die drei Werthe von В mit Zuziehung von je 5, 6, 7 Gliedern der obigen Reihen sind also: 5,7536472; 5,7539580; 5,7539173 und ihre Differenzen bezüglich: +- 0,0003108; — 0,0000407 d. h. man hat mit der hier angewandten Methode den Betrag des irrationalen Integrals: JE (a + 20° + 117 + 1)° . dx bis zur vierten Decimalen richtig, 4. 1. bei dem Mangel einer andern brauchbaren Methode, eine schätzbare Annäherung. Der Grund, weshalb die Annäherung nicht weiter reicht, ist offenbar darin zu suchen, dass die für В, in An- wendung gebrachte Formel nur eine empirische sein kann. Es ist wol nicht überflüssig, hin- zuzufügen, dass die Reihe № 22 mit wachsendem (p) immer rascher abnimmt, und wenn uw > o wird, sogar noch mehr als die Reihe (1). Bei grossem (x) sind übrigens A und С sehr umständlich zu ermitteln. Die im Vorhergehenden in Anwendung gebrachte Methode lässt sich noch verwerthen bei der Form: Se (у) - de, wo (x) wie früher, (№) positiv reell, aber beliebig, und dx) = a нат‘ +... а _-0+a Dann hat man е?®.(4(2))* — с? ++. Setzt man daher $(2) + в. Ihe) = F(a).... 1 a Die Darstellung der höheren Differentialquotienten von a wird sehr einfach, wenn man den Nenner in reelle oder complexe Faktoren des ersten Grades zerlegen kann. Denn alsdann ist: so wird В = p, +: und ferner: 4 fh\ (—0. м 1 il 1 a (2) = a (ane + рекрут == De mn) wobei jedoch die einzelnen Summanden rechts für kein x, von 0 bis д unendlich gross wer- den dürfen. An die Stelle der früheren @,, 95, Ф;....Ф, treten dann В, В, №....Ё,. У NEUE INTEGRATIONS - WEGE. In gleicher Weise lässt sich das Integral /,”e”?"- (Y(x))*- ах ermitteln, wobei jedoch o(x) > в. (4) sein muss. 23 Es ist wol kaum nötig, zu bemerken, dass die vorausgeschickte Methode noch anwend- bar ist, auch wenn ф keine ganze rationale Funktion von x ist, sondern eine beliebige positive, — wenn sie überhaupt nur endlich und stetig bleibt zwischen den gegebenen Gränzen, — und wenn ihre höhern Differentialquotienten sich ohne besondere Schwierig- keiten darstellen lassen. Endlich kann (x) bei derselben Procedur auch complex sein. Dann bleibt die allgemeine Form der Gleichungen №1, №4, №5, N 6, № 22 unverän- dert bestehen. Sei statt @ gesetzt @ + üb, und sei allgemein: am (c ae ) ine: . ф и . етй dan ф. D) = On + Un =" so kommt 2. В. für: a, (=) __ Pride r, (eat) Abi 91 ФА (br? A, En (à 06 2t +): Va 201)? Kor 22 Kommt: 189.26 2—4) — MT elés sin)? ых а2-Н бо P1 + 2 T1 T1 Az giebt — ПОЗЕ 9—6 10 AE ers, 122.7, dts—atui (р-р Ar 0 + bai ee se N ne А Somit: р Ф — #1} : : | Jet ‚ах — ОВ (1 ee 2 ee) en. 0 1 т Ti Mae Ganz eben so wird alsdann: env Le ?.е ми а a +bit = Gp + bai RTE AUS DA — я —— т T2 т“ о э офф =——- res Endlich ist noch: ea (P + io). dx = Pan Ra on) AL Ne 0 0 24 Р. HELMLING, und eben so: - em à (P Be iQ) dx — в. 2) +ыи.КР-+ $9). ах т со № wo ф, ф, P und Q beliebige endliche, positive Funktionen von x sind, und wo im letzten Falle nur ф grösser sein muss als der reelle Bestandtheil von №.1. (Р + iQ). LI. Eine besonders wichtige Anwendung findet die vorausgeschickte Methode bei dem Versuch, die allgemeine lineäre Differentialgleichung der zweiten Ordrung auf dem Wege der Näherung zu integriren. Dabei tritt als wesentlicher Vortheil der Umstand entgegen, dass eine Reihe von involvirten Integrationen sogleich in endlicher Form dargestellt werden kann. — Seien nun die Coefficienten der Differentialgleichung in com- plexer Form vorausgesetzt, also die Gleichung in folgender Gestalt gegeben: а? а о yern (фо + db): та + 2. ar) + (Ф + фл = 0 wobei die ф und ф beliebige Funktionen von x sein sollen. Schreibt man der Kürze wegen: %,, X, X, für die Coefficienten bezüglich von =. a т und setzt man: d? Sr ИЕ PE La + 2X + X,.n = worin: { А A мт. X = №%.9 + x, und 0... 10 № ога: rer, ©. Er ie [x Re 40" т 24,0 + Хх, + 400 0 Bildet man vermittelst dieser Gleichungen den Ausdruck: X;\ X 12 X, a В ME ANR (=) = ( \ Xl Se NEUE INTEGRATIONS- WEGE. 25 so fallen alle 9 nebst ihren Ableitungen heraus und man erhält: Хх, 2) Хх, ( Xi ) ( u} X2 SE SE A — ее ень. 5 (x) Хо № Хо Lo Xo , ' 2 Demnach ist (=) + (=) — г. еше Covariante der Gleichung: 0 0 0 4? 1 Xo° ze + 2%. - 2 + №-1 = 0 ET la Setzt man in dem Gleichungssystem 4, X, = 0, 4. В. %,:9° + x, == 0, so findet sich 9 = — ] de Dadurch geht die Gleichung 3 über in: 2-[(+-@-4 a Ta an l( LA AE EEE EEE 6 BE MCE Е v.dx Substituirt man hierin weiter у = e , so kommt: dv 9 ( A) ( и) X2 HU ==) - (2) — € — f(x) .............:...7 dx у Хо Хо Хо К ) Denkt man sich die Gleichung (1) durch x, = $ + #4, dividirt, und die Quotienten LE es Pi, Le __ P2 + № 90” %o Фо + Фо auf die einfache complexe Form (Normalform) gebracht, — oder was auf dasselbe heraus- kommt, setzt man in № 1 x, = 1, so hat man statt der Gleichung 7 die folgende: d ЕН eh tn — 7% = lo RS ЛЬ 8 Kann man in der Gleichung 8 die Covariante X, + X — x, auf die Form bringen: & + 2, so dass also: d ин =е-@.... PORTÉE ee Te 9 so ist & ein particuläres Integral der Gleichung 9. Setzt man daher о = & + u, wo и eine noch zu bestimmende Funktion von x vor- stellt, so ergibt sich durch Substitution in die Gleichung 9, zur Bestimmung von « sofort: Mémoires de l'Acad. Пар. des sciences, УПше Serie. 4 26 Р. HELMLING, Е RC A NE и + Зи. Е + и =0 worin natürlich & eine complexe Funktion, etwa n + & von x ist. Man erhält aus 10: en + &) 4х CEE CEA und somit: e In) dx TE SmHi)de à für das allgemeine Integral der Gleichung 9, d. h. der Gleichung: Ge +++ + à) Daraus folgt nun: die allgemeine Riccati’sche Gleichung 9 (oder 9a) und mithin auch die allgemeine lineäre (1) oder ( ее kann allemal vollständig integrirt werden, so ой die Co- variante : (2) a (“) — = ? auf die Form gebracht werden kann: € + €. Ist dies nicht möglich, so gibt es kein allgemeines Integral in endlicher Form. — Ist nun in der Gleichung: Е RR ER он = f(x) = U+ Wi....(f(® > 0) f(x) nicht von der Form € + @, so kann man für alle Werthsysteme von x, bei welchen: wird, f(x) immer so auf die Form bringen: = -+-E EX dass X ein kleiner ächter Bruch wird. Denn es sei f(x) = &?, 4. В. & = Vf(x); wo- nach also der reelle Bestandtheil von f(x) notwendig positiv sein muss. Dann hat man offenbar: Wer — en Dieser Ausdruck aber kann identisch umgeformt werden in: ER fo = СУ -8 + (И И, NEUE INTEGRATIONS- WEGE. Ds Setzt man: Е x 14a so ist in der That die obige Forderung erfüllt, wenn man nachweisen kann, dass alsdann X < 1 werden muss. Nun hat man: Вы. —& M Re et Е Ne 15 ео у-= 12 Da aber & = УР, зо kommt: Бы ПХ, Er Ji Es => р} ИИ ть о. 16 Ist also = LE < 1 und ar =: ани so erkennt man, weil €, und Ve nahezu von derselben Grössenordnung sind, dass in ve der That dann die obige Forderung erfüllt ist. Wir wollen X Restfunktion nennen. Wenn man (1 — 2) entwickelt, und die &, &, €’, wieder durch f, f”, f darstellt, so gewinnt man für diese selbe Restfunktion die folgende merkwürdige Form: up x = и БИ + И, (Gr — 8ff) Sa выл ef" — LFP) + дел Off" 1A) A" — IT) + mi О ел 17 эти. fg Das Gesetz ihrer Fortschreitung ist wol ohne weiteres ersichtlich. Man bemerkt, dass der Exponent von 2 im Nenner dem Coefficienten von ff’ gleich ist, wenn derselbe gerade, und um 1 höher, wenn ungerade. Während links nur irrationale Funktionen stehen, — auch für ganze oder gebrochene rationale Formen von f, — sind dieselben rechts auf einen Faktor bei den Gliedern gerader Ordnung beschränkt. Die f, f, f sind, wie be- merkt, complex. Es bleibt nun noch übrig in der Gleichung 11 (II) die Integrations-Constante zu be- stimmen. Es empfiehlt sich dabei das Integral im Nenner [e "+ 604 gu — le = . 5 4* LA A. ое Зе ве Че 2 à AC RU — вы УЕ ; DIR а й 28 Р. HELMLING, in die Differenz /^ —/, zu zerlegen. Denkt man sich das erste, das von x unabhängig ist, mit der Constante C' vereinigt, und sei С + ee dx — k, so kann man nach —2 (Ех № 4 (1) setzen: Хе 42 ад — © re dabei mod e < 1. Bezeichnet man die Anfangswerthe von n und Е (für x — x,) mit n, und & und sei auch (2 fÉdt)z=x, = 24) so hat man aus № 11 (Il): (1 — €), wo neben & auch e complex ist, aber RER DANCE US u Mo (sp 200 ре _ 1 — Fo k— ОЕ (1—0) 250 Hieraus ergibt sich: 1—e 1 — 2% а | 2 Ik 2 15 25 no — É0 Man erkennt hieraus, dass für einigermaassen beträchtliche Werthe von w,, k nur dann einen erheblichen Betrag erhalten kann, wenn n, und & einander sehr nahe liegen. Im Allgemeinen ist & eine sehr kleine Grösse. 2Е 16 = Е". wer — Fi mit X, und für die Differenz 6 е—? 754. de — Ге 21542. dx soll stehn: 4 — Y,- Das allgemeine Integral der Gleichung (11), nämlich: Im Folgenden werde n + & immer mit & bezeichnet, die Restfunktion &, — d 2 = hat dann die Form „2 dx NÉ cr Man setze nun das Integral der vollständigen Gleichung: unter derselben Form voraus, nur dass an die Stelle von C eine noch zu bestimmende Funktion von x gesetzt sei, etwa w, 4. В. also: са fédx и —Ух 1) Hierbei ist £ = VE ?— Е, ein genähertes particuläres Integral und X ein Rest erster Ordnung. NEUE INTEGRATIONS - WEGE. 29 Man findet nun hieraus: CRE Е iR ge 2 764 и у — уж) er 2754. (wryy 47892 ЕЕ (ину — 1) eu lm nen я (ину — 1} Somit geht die Gleichung 19 über in: мну _ a (ит — 12° oder entwickelt: er ит’ — 2 ин. Хи. + V2. X ы И Ре 21 (ит — 1х) Setzt man zur Bestimmung von % ee (и + y) —2.(и-+\).1..Х + (+ X = 0......... 22 so bleibt für den Rest zweiter Ordnung: TARN OA PE SRE EN RP OS RAT RU 23 (u + Y —Yr) Dividirt man die Gleichung (22) durch (и + y}, so wird sie lineär von der ersten Ordnung und man erhält aus ihr in bekannter Weise: e2$Yæ-X. en da и = — 95 ——— т ее dal a Sn —2 (Edx oder wenn man für y, = ] ра Se — # 3 (1 — €) setzt (I № 4) und den Aus- druck 5 (1 — =) mit x bezeichnet: 2 frdx 2(rdx Не Un fe 94 Orsesernde za e ist hierbei nach der oben citirten Gleichung I № 4 zu entwickeln, wobei 25 an die Stelle tritt von 9,5; 2E für 9,; 28° für 9, u. s. w., so dass А. Li 30 Р. HELMLING, ae One Me == 25 соо ооо ооо ь ... б m (28)? (28% == (2Е}8 Я АЕ (28)2V wobei: a, = 1.3.08)? — (28) (2); a, — 1.3.5.(28°)° — 10 (28) (22) (2E”) + (28). 28” u.s. w. nach IM 3. Bezeichnet man aber RO A mit u und © = m (Л) mit u, und eben En 2 (fx)? 2f1 so тит [ (2) mit f,, und weil: = Vie) — =vT-u, so kommt: 26. пе пе о a Е — в} =" — A 8 = = 5 =. ‚EI = 2%. Re wobei =; w, = 2(f— u).w, — ww = 2(f—u). ). (fo — Us) — (fi — u) от] № = 2 — uns ou 4 + En 3 — 4) w=2(f— u).w, — 5.0,.05...%,,, = 2(f— u) w', — (»—1).w,.w,.. Für die и hat man nun in gleicher Weise: zo = (ff, — fifi) ni = ня (2. „Ро, — 3..0) = ня 2ER | Us = 24. fi ( f v—5.f v,) эта Е. 1 и, = — 5 (2.0, ‚— (@v—l)f. D) = — { а. вх NEUE INTEGRATIONS - WEGE. 31 wobei also: Vi 2.ff3 — fil; 0 — 1.3.18 — 6.111, = 4.Pf, 9; = —1.3.5.f +3. — 16. РАБ +8. Ph — 16.РАБ т р, = 1.3.5.7.15— 800. АЗ, + 120.732, + 180. Pf — 40. АЕ — 80. ff, + + 16.f*f, ооо ооо о ооо 0 2 000 0 0 0 0 ee 9 60 0e 0 ооо ооо © © + + © © © © © © © © © + © + + s« Sowol hieraus, als aus den allgemeinen Recursionsgleichungen unter № 27 und № 28 erkennt man, dass allgemein: v, = W,,,, wenn man in v, die Г, fi, fa в. - fn durch f—u, h—uı, fo ge + fn — Um + « 80 ersetzt. Substituirt man aus № 26 die &, €”, &”...5 in die Ausdrücke für a,, a, a,...a so geht die Reihe (25) für e über in: у? т > 3 LA DB me в.в "Lo en Duo ee elek 31 gs — worin: Mis, — 1.3.02 =; № =1.3.5:0 — а №, = 1.3.5.7. — 105.00, + 15.410, + №? — w, | sos. 32 0.0 9 ee + © + © © + © © + © + ооо 0e © + © © 0e © # 0e + + + + © LT e © © 0e + © © + © «+ Vergleicht man diese Formen mit denen für (а,) IM 3, so ersieht man leicht, dass a, in w, übergeht, wenn man 9, durch 1, +, durch w,, +, durch w,.. .9,, durch w,,_, ersetzt. Ganz eben so erhält man für das Integral: 2fEdz fe др =! ИН) für das zugehörige 5 wm wm w a à ee a em 31a Ausserdem finden noch folgende Formen Anwendung: EN ee af 2 a) Vi") x =; (я Е х=( Яо а, у а У не und 5 He 2 en Г} RN Re 33 32 Р. HELMLING, Für das in № 24 mit U bezeichnete Integral hat man auch: U—= (een Setzt man daher 2 | (& + х)4х + IX = 9, so tritt nach I X 29 2(6 + x) + = an die Stelle von 9, U. S. №. Man kann daher nach I № 1 setzen: (= RS enr кана) 34 ве, 10, ele folsteoharese U— [er X, de = FEIERTE NÉS ЕЛА %. (1+. =+@-9 =) Bezeichnet man den ganzen Complex: mit À, so ergibt sich, weil X < 1 (а. В. selbstverständlich, da X, und & complex sind, dass der Modulus von X ein ächter, positiver oder negativer Bruch sein muss) auch À < 1 und: END EE) 2Е.(1-н À) ö, folgt aus à, wenn man daselbst in ©, 9,...& durch & + x + 5 = ersetzt. Aus № 24 folgt nun weiter: 28.6256 — 1) 1—6 (+0. ие е—2 5:42 1) не ОНО. Е en) Da nun gefunden war: BEE Ау В = (ит — 1х) ? so kommt: и ae He Ton: NTSC Bezeichnet man e EP mit J, so dass U — =. =. ‘= Ç =), so kommt: NEUE INTEGRATIONS-WEGE. 33 er у 28 .J Ba 2 Ne Carr о. ха+я 1) ан» £2 9 ав. R=X: me) 20Е 1+0 р te TS + = |) Bezeichnet man es, mit €, a mit 9, so folgt: ER. ХЗ. (е-н 9} В (422 — Х.(е—9)} ° оовооо e 0 0 ee © © e © © + | 35 Führt man die oben für и + y, y, gefundenen Ausdrücke in die Gleichung № 20 ein, so erhält man nach Division durch J = ende. 1-5 С Е сл 36 ИЕ nen on ео 2Е—(1—:). Se 5Е + > wobei Be = о gesetzt werden soll. Um die Constante zu bestimmen, sei n — 6 — A. Bezeichnet man die verschiedenen Aus- drücke: n, &, A, J, X, e und о, wenn man in ihnen die Anfangswerthe von x und n setzt, bezüglich mit ng, &, Ay, о, Хь, €, und 65, 50 findet sich aus № 36: Sowol in В (№ 35) als auch in n (№ 36) kommt С nur in der Verbindung 2 vor. Da nun Le — ee 04%, so wird: (1 — о) Хо во До | 2 — ——— | — RPC Kuna of DE, ) en) T 0 DE te en ово Hieraus erkennt man, dass für einigermaassen beträchtliche Werthe von 2 |. (Е + x)dx der vorstehende Ausdruck (5 ), wenn nicht & und А, exorbitante Beträge erhalten, nur einen sehr geringen numerischen Werth haben kann, und auch dann nicht erheblich, wenn im Nenner = noch der Faktor X hinzutritt. Demnach sind sowol n als auch А von С fast unabhängig. une Hauptmasse des numerischen Betrags von R liegt mithin offenbar in dem Ausdruck ; En welche Form, da es sich bei dem Rest nur um eine Gränze handeln kann, fernerhin für denselben in Anwendung kommen soll; d. h. also: Mémoires de l'Acad. Пар. des sciences, VIIme Serie. a ПР НОЯ Е ARR ME Te es RES ne D ПИ К Го Е REY А Ух у. # ie NS уж" р. js Ri RSR Se GE в. 34 Р. НЕеьмьтмб, ХЗ Зла, ..ъ.. ИЕ Е Е TA Wenn man in № 36 С = 0 setzt, so kann man den Ausdruck: X.p 2Е — (1—®). 36a Se о о ое № ото ое ele te 0099 n = Ë + Xp 2€ für ein sehr genähertes particuläres Integral der Gleichung: ansehen, welches man nach П № 11 zur Darstellung des allgemeinen Integrals verwen- den kann. Wollte man in der eingeschlagenen Richtung weiter gehen, so hätte man in der Glei- chung № 24, nämlich: e2 тах А = С-- /е2 ser 94%. ze statt С еше noch zu bestimmende Funktion von x, etwa и zu setzen und sodann u + +, (и + y) in die Gleichung: m dry) —2.(u+ y). Ya X + (и у).Х + 12%: X __ 0 (и у — Ya)? A zu substituiren und dann durch Annullirung der ersten 3 Glieder im Zähler «, zu bestimmen. Daraus würde man endlich den Rest dritter Ordnung: Yn?.X Ua Fu (ue y RUE 2 finden. Die Aufgabe lässt sich vollständig durchführen: indess die gewonnenen Formen sind äusserst complicirt. Nur wenn man die neu eingehende Integrationsconstante annullirt, d. h. wenn man sich auf ein particuläres Integral beschränkt, werden die Gleichungen trak- tabel. Für den Rest dritter Ordnung findet man nahezu =. Indessen: die Mühe lohnt sich nicht, da die Annäherung zweiter Ordnung wol in den allermeisten Fällen völlig aus- reichend sein dürfte. — Nur ist noch hervorzuheben, dass das Resultat für n bei fortschrei- tender Annäherung durch die Methode der Variation der Constante die Form eines unend- lichen, absteigenden Kettenbruchs annimmt, von welchem jedoch nur die ersten Glieder zur Verwendung kommen. N >; * хх: v1 X 6 Pe? FR nt NEUE INTEGRATIONS-WEGE. 35 Endlich ist noch anzuführen, dass wenn die Covariante der Gleichung d?n X° 72 + 2H: D + jen = 0 Е. (2) — № Хо Хо die Eigenschaft hat, dass der numerische Betrag von #2 2 für ein ausreichendes Werthsystem von x kleiner ausfällt als die Einheit (2 к: iu) positiv oder negativ; dann kann man (a als ein genähertes particuläres Integr al ansehen und ganz nach der im Anfang von II be- X2 nämlich: a. = (à) folgten Methode verfahren. (Für complexe Formen muss natürlich der Modulus von —? kleiner werden als 1.) Man hat dabei den grossen Vortheil, dass in vielen Fällen die 1 ir- ‘rationalen Formen vermieden werden. Wenn die beiden Gleichungen: d?r Yo u =. 20: m + A) und wen (a) + (u)— 2 0 zugleich bestehen, so ist noch n durch © darzustellen. Dies kann geschehen: entweder da- durch, dass man den Ausdruck: Sa e у da , Qfvâx als ein particuläres Integral der ersten ansieht, und dann nach bekannter Vorschrift das zweite dazu sucht; — oder aber auch direkt, dass man in der ersten Gleichung n = E setzt (ф und п noch zu bestimmende Funktionen von x), und in der resultirenden Gleichung diejenigen Glieder, welche die erste und zweite Ableitung von ф enthalten, gleich Null setzt. Daraus findet sich dann ф, und aus dem Rest der ersten Gleichung auch п, beide als Funktionen von $. Man erhält schliesslich: n = an пе ee В ar fer BED) geratene .38 Nach I № 4 kann man aber setzen: fee ге pe | = N , р a 5* OMR TRUE ue ЕЕ РРР И Pt AU DIN LINE) 4 ® В 2 = ‘ TR 36 Р. HELMLING, wobei: v Aa Az Ay tage Eyw — Qui 92,94 Vereinigt man in № 38 das Produkt k,-/4 mit der Constante k, so nimmt dieselbe Glei- chung folgende Form an: e—/vdæ ) 1 2% deren Analogie mit bekannten Formen in die Augen springt. © ist in dieser Gleichung nach I X-36a.fûr C=0: x 15, Тан À . у Scham are и=ё-н = ИЕ Е = У/— и; = af TEN Е X ist ein positiver oder negativer ächter Bruch und in der Regel sehr klein. Dies ergibt sich entweder aus der vorstehenden Form, wobei X die halbe Differenz ist zweier sehr naheliegenden Ausdrücke von derselben Grössenordnung, oder aber auch aus II №19: M - AU X, (^^) LI AURA) ia (6/7. — af fr } 53 (8/2 илл) 26 f° f3 212. т TA URN), AS МАЛ), On AM em En ff) 914 р 918 5 оо + = Зт--1 2(3Mm—1)/ son (Im letzten Gliede bei 2°”) ist der Exponent 3m —1 die mit 3m — 1 zusammenfallende gerade, oder wenn 3m —1 ungerade, die darauf Dleend- gerade Zahl.) Scheidet man näm- lich aus den einzelnen Gliedern der Reihe nach aus: D 5 = 5 .., so sind die damit ver- bundenen Faktoren sämmtlich ächte Brüche; so dass, wenn man dieselben der Reihe nach bezeichnet mit &,, @, a: + „ем Ey, man hat: NEUE INTEGRATIONS - WEGE. 37 Demnach kann der zweite Ausdruck in № 36b betrachtet werden als ein Correktionsglied erster Ordnung zu dem genäherten particulären Integral 5 der Gleichung d nz da f(&). Bezeichnet man den zweiten Complex in № 36b mit Æ,, so ist zur Darstellung von ñ in № 39 noch das Integral [vd = [845 + | E,.dx zu bestimmen. — Für das erste hat man mit Anwendung der Gleichung II № 22 für © = f — uw pn = 5, D = fh U Фи — р Un: __2(f—uh [ 2 (fu) a 22 (7— и)? a DR) A 12.4% = 5 т .(1 $ а oc He) + В,...41 wobei in Beziehung auf die a,, a,...a, das unter IT № 32 Erwähnte zu beachten ist. Für das Correktionsglied | E,.da möchte sich, ausser der mechanischen Quadratur, wol kaum eine allgemeine Formel aufstellen lassen. Es möge das Vorhergehende durch ein Beispiel numerisch erläutert werden. Sei ge- geben die Differentialgleichung: +2 (#2 +6+1.0@—5)) Ин (— +11 +10. (20° — 110°+72—59))n = 0 so ist: № = 1; 4= +6 2—5); y = — жж + 110 + 10 + à (20 — 110° + 70 — 59) Nun hat man: Kt Kr = + 110° + 12% + 11 + i.(20° — 1002 + 125 — 59) — %X = — 11a? — 10 + i.(— 92 + 110° — 7x + 59) Dadurch erhält man für die Covariante: r Xi + Xe — Xi = 224 + 120 + 1 + à (a? + 5%), Die von der obigen Gleichung abhängige der ersten Ordnung ist also: Е D — 2: + 19% 1 + 0. (x? + 5%) = f(x). 38 Р. HELMLING, Daher: f = 80 + 12 + $.(25 + 5); f, = 247 + 2i; f, — 485 ASt! Folglich: Va een an das heisst: 823 + 12 + $.(2х + 5) Е = V 2 + 125 1-8. + 5x) — SE, Für x — 3 erhält man: Г —= 199 + 24%; f — 228 -= 11%; ER — 216 + 27; | — 144: LE Ч 0 Bezeichnet man, wie früher en mit w, a mit %,, LEA Ph fe LÉ mit U,,S0 dass: 2 22, fi 3 .]? Е — (pee и; м 5 (Л 1); Nie 5 (ah Er nee hu) я ЗАРЕ Е. (fu) und bringt man sämmtliche complexe Grüssen auf die canonische Form, so erhält man zunächst: u = r (cos 0940'34” — à sin 0°40'34’) = 8,06092 — i.0,0949912); lg r = 0,9064153; an en — r, (cos 1°5727/5 + à sin 1°57/27/5) = 3,04184 + i.0,103970 lgr, = 0,4833601 = 15 3,0434080 u, = r, (cos 9°23/11,5 + à sin 9°23’11,5”) = 4,599905 + 3. 0,853134 lg r, = 0,7186033. Dadurch: f—u = 190,9308 + i.24,09499912 = 192,4546 (cos 7°11/32” + i sin 7°11'32”) fm = (cos 2°46’21” + à sin 2°46/21") = 224,95816 + $.10,89603 lg ©, = 2,352730 Ь— и, = 211400095 + i.1,146866 = o, (cos 0°18/39” + ö.sin 0°18’39”) lg 0, = 2,3251099. b NEUE INTEGRATIONS - WEGE, 39 Mit diesen Voraussetzungen findet sich: — p (cos 3°35’46” + à sin 3°35'46”) = 13,845482 + i.0,8701408 о = 13,8728; lg 6 = 1,1421625 X = — p, (cos 24°50'10” — à sin 24°50'10") = — (0,04587 — i 0,021230) lg ©, = 0,6623186 — 2 Х — + 0,006123 + i.0,003752 = o, (cos 31°29'55'6 + à sin 31°29/55/6) 5 16 р, = 0,8561928 — 3. >. = — 6 (cos 56°20°5,6 — à sin 56720'5,6) = — (0,027395 — i.0,041128) lg ©. = 0,6938742 — 2. Х = — в (cos 327142” — à sin 3271/42”) = — 0,000050605 — #.0,000031662) lg pe, — 0,7759336 — 5. Das letzte Glied mit (1 — =) multiplicirt und zu dem vorhergehenden addirt, geben %.... Man findet somit À < — (0,027445 — :.0,041160). Für das erste Glied der endlichen Reihen für à, und в, nämlich: A findet sich: = 0,021089 (cos 7°58'55” — à sin 7°58/55") Nun ist in Wirklichkeit 5, nur sehr wenig grösser, = bezüglich kleiner als dies erste Glied. Demnach der Ausdruck: — nur sehr wenig von der Einheit verschieden. End- lich findet sich mit den obigen Zahlenwerthen für die numerische Hauptmasse des Restes Хз т Tr — В jetzt: ER (0,04587 — i.0,021280% _ __ Е = — pension = — (0,000000000011731 — #.0,00000000016383). Ad № 15 Seite 8. Aus der allgemeinen Recursionsgleichung 4,4, = (2% + 1).$..а, — p,.4,/, ergibt sich, Zusätze und Berichtigungen, wenn man diejenigen Glieder sammelt, welche 9,” zum Faktor haben: Hl — Im = Ad № 22 Seite 13. Die Glieder der Reihe 22 nehmen ab, so lange der jedesmal hinzutretende Faktor: 1 2% +1 o.(2v+ 1). (u + v+2) 9) o12— 9 < 1 bleibt. Dies giebt „= HH a 992 9 2992 — 91 , (> m +1) m + mr 1) 9m 93 у). Seite 3, Zeile 19 von oben statt a, 4 1, ur2— les au 41, +3 = » » » 20 » » Gruppe links: sat cui lies Ay —ı 3.5 7 » 6» >» 508 В = 3.9.15 lies: Be = О ©) » ds lies 9, 9 von Zeile 12 ab, 14 mal & statt 3 10 von Zeile 1 bis 5, fünf mal & statt 3 10 Zeile 14 von oben statt au lies и. 1 9 а q о О CS De Me) me 9, фа Da CA 14 » 27 ще». — Пез — Е Po @1 19 A) АА, — oe НЕА 24 » 15 » oben » ч=еди lies n = еду dn, dn, . 929 dy » » 17 statt da?) Fr N lies FERA) Че y 29 » 6 von unten fehlt im Nenner der Faktor e 2 5ах. 3.9.13 des Stoner: 5. Tehébycheff, P, Sur l’interpolation dans le cas d’un grand nombre de données ‘MP fournies par les observations. 1859. Pr. 65 K. — 2 Mk. 20 Pf. Fe es d 9. Bouniakowsky, У, Sur quelques inégalités concernant les intégrales ordinaires et. \ les intégrales aux différences finies. 1859. Pr. 25 К. = 80 Pf. № 14. Somoff, 7, Sur l'équation algébrique à l’aide de laquelle on détermine les oscilla- tions très-petites d’un système de points matériels. 1859. Pr. 25 К. = 80 Pf. T. IV, №. 2. Bouniakowsky, У. Recherches sur quelques fonctions numériques. о 30 К. = 1 Mk. Have № 1. Minding, Dr. Ferd. Beiträge zur Integration der Diferentialgleichnngen erster Ori nung zwischen zwei veränderlichen Grössen. 1862. Pr. 75 К. — 2 Mk. 50 Pin) № 9. Somoff, J, Mémoire sur un cas particulier de l'homographie plane. 1863. Pr. 25 И. — 90 РЁ Т. УПЬ № 5. Somoff, J. Mémoire sur les accélérations de divers ordres. 1864. Pr. 45 К. = 1 Mk. 50 Pf. № 16. Somoff, J. Moyen d'exprimer directement en coordonnées curvilignes quelconques, orthogonales ou obliques, les paramètres différentiels du premier et du second. ordres et la courbure d’une surface. 1865. Pr. 40 K. — 1 Mk. 30 Pf. wer T. XVIII, № 7. Bouniakowsky, У. Considerations sur quelques singularités qui se présentent dans a > е les constructions de la géometrie non-Euclidienne. 1872. Avec 1 pl. lith. и Pr: 95 К, —1:80 РЁ Т. ХХИ, № 9. Somoff, J. Mémoire sur les forces qui ne een pas d'intensité et de direction, quand leurs points d'application formant un système invariable reçoivent un. déplacement fini quelconque. 1876. Pr. 35 К. = 1 Mk. 20 Pf. _@ 7 I ; ro de l’Acad. Imp. des sc. de St.-Pötersbourg. | Washington, ie Smithsonian Institution. < MÉMOIRES Ton XXIX, N 3, С. 3. MAXIMOWICZ HUJUSQUE GENERIBUS PROXIME AFFINIBUS BUNGEA ET CYMBARIA. Cum tabulis 4 lapidi incisis. s 2 (Lu le 26 mai 1881.) Sr.-PETERSBOURG, 1881. Commissionnaires de l’Académie Impériale des sciences: à St.-Pétershourg: à Riga: & à Leipzig: MM. Eggers et C!® et J. Glasounof. М. N. Кушше!; Voss’ Sortiment (G. Haessel). Prix: 1 Roub.— 3 Mk. 30 Pf. MÉMOIRES L’ACADEMIE IMPÉRIALE DES SCIENCES DE ST.-PETERSBOURG, VIF SERIE. Томе XXIX, N°5. С. J. MAXIMOWICZ DE CORIARIA, ILICE ET MONOCHASMATE, HUJUSQUE GENERIBUS PROXIME AFFINIBUS BUNGEA ET CYMBARIA. ` Cum tabulis 4 lapidi incisis. (Lu le 26 mai 1881.) ——— 0-00 0 0 —— Sr.-PETERSBOURG, 1881. Commissionnaires de l’Académie Impériale des sciences: à St.-Pétershourg: à Riga: | à Leipzig: MM. Eggers et C'° f м АИС 3 ОР М. М. Kymmel; Voss’ Sortiment (G. Haessel). Prix: 1 Roub. = 3 Mk. 30 Pf. Imprimé par ordre de l’Académie Impériale des sciences. Novembre 1881, С. Vessélofsky, Secrétaire perpétuel. Imprimerie de l’Académie Impériale des sciences. (Vass.-Ostr., 9 ligne, № 12.) CORIARIA Nissol. in Act. Paris. 1711. tab. 12. Flores ргаесосез vernales abortione ovariorum d , coaetanei seriores submasculi, her- maphroditi, у. ob antheras cassas feminei, vel in speciebus hemisphaerii australis omnes coaetanei et fortasse omnes hermaphroditi. Sepala 5 quincuncialia, secundo antico'). Petala 5 praefloratione segregata, tum denique in nonnullis quincuncialia, post anthesin accreta succulento-carnosa, intus cristata, crista in sinus carpellorum immissa, in unica specie basi in fructu gamopetala; stamina tunc supra basin inserta evadentia. Stamina 10 biseriata, in nonnullarum © longe exserta, hypogyna (in 1. tunc perigyna), sepalis opposita (ex Payer ?) exteriora. Filamenta filiformia, antherae magnae dorso insertae introrsae, vulgo lineares v. anguste oblongae, basi fissae, longitudinaliter dehiscentes, in © omnes vel in fl. subfemineis 5 petalis oppositae cassae. Pollen *) subgloboso-triangulum, poris in quodam angulo singulis. Carpella 5 sepalis opposita, toro conico inserta, stylis ex angulo ventrali apicalibus, totis stigmatosis, deciduis, papillis stigmaticis elongatis pollen a ventis ablatum colligenti- bus *). Ovula in carpellis solitaria, angulo superiori inserta, anatropa, raphe dorsali, mi- cropyle introrsum supera, integumento duplici?). Carpella matura leviter compressa, sub- concentrice longitudinaliter sulcata, crustacea, indehiscentia, sed secus cristam dorsalem bipartibilia, calyce patente fulta et corolla ampliata arcte cincta. Semina pendula testa membranacea °), raphe dorsali. Albumen nullum®). Embryo parum compressus albidus v. 1) Payer, Organogénie de la fleur, 49. 2) Ibid. In plerisque aliis Diplostemoneis stamina epi- petala exteriora sunt, etsi post episepala formantur. 3) Mohl in Ann. sc. nat. 2 ser., Ш. 337. Pori ovales area magna rotunda. 4) Ex Reinke in Bot. Zeitg. 1869. 494., unde ex fe- cundatione ad anemophilas ducendum est genus. In Ноге $ stigmata calyce nondum aperto antherisque vir- gineis exseruntur, polline extraneo tantum fœcundanda, Mémoires de l'Acad. Гар. des sciences, VIIme Serie, nam antheris ejusdem floris dehissis jam emarcida in- veniuntur. 5) Baillon, hist. d. pl. IV, 426. in adnot. 6) Ца ipse, cum Candolleo et Endlichero et Cha- tin(in Ann. sc. nat. 4 ser., VL, 271). — Adr. de Jussieu (Malpigh. 136.) triplex seminis tegumentum describit: extus stratum carnosum, tum сосса crustacea, intus зас- culus membranaceus, sed hic evidenter totum carpellum in mente habebat, fortasse imo cum petalis accretis. Bail- L 2 С. J. Maxrmowicz, DE CoRIARIA, ILICE ET MONOCHASMATE albus, cotyledones convexae, mox dorso fructus parallelae, mox ei contrariae, triplo v. qua- druplo longiores quam radicula supera vix ab illis distincta. Г Arbusculae, frutices у. rarius suffrutices, canali medullari maximo'), cortice vetusto lenticellis oblongis convexis verrucoso, ramis annotinis 4-angulis elongatis debilibus pa- tentibus, gemmis (in speciebus hemisphaerii borealis) perulatis collateralibus 3—5, media v. mediis in ramulos novellos foliatos autumno vulgo emortuos excrescentibus, lateralibus 2—4 florigeris, foliis oppositis у. rarius ternis, di- tri-stichis, 3—5-nerviis, membranaceis у. subcoriaceis, stipulis minutis caducissimis, racemis multifloris elongatis, ex axillis folio- rum delapsorum ligni vetusti v. axillis ramorum novellorum (in illis ex hemisphaerio au- strali), pedicellis basi bracteatis, infra apicem bibracteolatis, bracteolis squamiformibus fugacissimis, floribus parvis viridulis, fructibus nigris У. purpureis. Coriariae omnes tannino abundant, quam ob rem ad coriarium opus adhibentur atque nomen ipsum acceperunt. Innovationes С. sarmentosae pecori debili venenatae, sano vel robusto autem innocuae, semina ejusdem narcotico-excitantia in Nova Zelandia ovibus, bo- vibus, hominibus perniciosa, soporifera, interdum spasmodica. Idem de seminibus С. myr- tifoliae constat, ubi principium venenatum est sic dietum Coriamyrtinum, amarissimum, nar- cotico-excitans, vim in animalia nec non homines habens actioni Picrotoxini (e Cocculi semi- nibus praeparati) similem. Conf. Husemann, die Pflanzenstoffe, 739. * * * Paucae species Coriariae, quarum de limitibus numeroque apud auctores multa discre- pantia, miro modo per orbem terrarum disseminatae sunt. Species vel forma una regioni Mediterraneae propria, secunda Himalaicae, tertia in China occidentali nuper inventa, quarta in Japonia, omnes inter se valde affines. Alia series formarum propria est Americae australi Andinae a Mexico usque ad Chile, nec non Novae Zelandiae. Qua ex distributione vasta jam patet, genus esse perantiquum. Neque desunt formae fossiles in Gallia australi, Helvetia (Jura) et Italia detectae (ad calcem hujus synopseos enumerandae), incomplete hucusque notae, nonnullae fortasse cum С. myrtifolia, iisdem locis propria, olim jungendae, quae ipsa a Martins (in 59 Vers. Schweiz. Naturf. Basel, ex Just, Jahresber. IV, 1, 700) vegetationis tertiariae residuum declaratur, hanc praecipue ob causam, quia nunc hieme frigidiore tota, excepta radice, perire solet. * lon l.c. duplex seminis testae stratum statuit in С. myr- tifolia: externum molle tenue, internum paulo crassius, crassitie varians, interdum resistens, quod pro albumine rudimentario sumebatur. Benth. et Hook. (Gen. pl. I, 429) habent: testa membranacea, endopleura (albuminis strato) tenui dura, et in forma monstrosa carpella com- pressa stipitata modo Thalictri viderunt. 1) D. F. L. de Schlechtendal (Linnaea XVI, 1842, * 485.) lignum С. thymifoliae (in ramis visis 5 linearum diametro) describit album, durum, canalem medullarem apertum cingens, strata concentrica nulla praebens, sed radios medullares satis latos crebrosque ; compositum est e vasis amplis porosis, vasis spiralibus et cellulis prosenchymaticis, in quibus pluribus simplici serie dispo- sitos vides amyli globulos tinetura jodi atrocaeruleo co- lore tingendos. HUJUSQUE GENERIBUS AFFINIBUS BUNGEA ET CYMBARIA. 3 Non minus de antiquitate Coriariae testantur ejus affinitates obscurae, nam de loco Coriariae assignando in systemate naturali tot fere opiniones quot auctores. В. de Jussieu (h. Trian.) Coriariam, cujus petala pro sepalis habebat, inter Altri- pliceas collocavit, Adanson (Fam. II, 446.) inter Cistos, Linnaeus (Ога, nat.), inter Miscellaneas. Jussieu (Gen. 441.), De Candolle, Ventenat, Kunth, Eichler aliique genus incertae sedis vel familiam propriam statuerunt, ex Link (En. II, 430.) et Agardh (Aphor. 195.) Euphorbiaceis appropinquandam, ex De Candolle, Reichenbach (in Mössl. I. 62.) et Lindley Ochnaceis, ex Rehb. (in Fl. exc. 767.) et С. Koch (Dendrol. I. 570.) Simarubeis, ex A. L. de Jussieu, Spach, Bartling, Meisner, Endlicher, Grisebach Malpighiaceis, ex De Candolle etiam Zygophylleis nonnullis characteribus accedentem. Griffith (Itin. notes 124, п. 428, р. 379.) Xanthoxyleis Coriariam affinem olim habebat, ob faciem inflorescentiae juvenilis illi Zanthoxyli similem et praesertim colorem saturate purpureum antherarum. Brongniart (En. genr. 82.) Coriariam cum dubio prope Oxalideas in classi Geranioidearum collocavit. Chatin (in Ann. sc. nat. 4 ser. VI. 271.) cum Limnan- theis in familiam Coriarinearum conjunxit, confirmante Payer (Organogénie, 52.). Clarke (in Ann. mag. nat. hist. 2. ser. VIII, 152, XI. 1853. in tab. 4 ad p. 461.) inter Anacar- diaceas et Malpighiaceas cum Stackhousiaceis, Hippocrateaceis, Celastraceis et Ochnaceis enumeravit, serius (1866, A new arrang. tab. VII.) inter Malpighiaceas et Sapindaceas. Baillon (hist. а. pl. IV, 510.) Coriariam cum dubio iterum Rutaceis (sensu latiori) ad- scripsit. Hooker fil. denique (in Fl. Ind. II, 44.) Phytolaccaceis appropinquat, quibus «multis notis» congruam declararunt jam Bentham et Hooker (Gen. pl. I, 429), etsi Coriarieis inter Anacardiaceas et Moringeas locum dederint, sed minime cum his comparaverint, sed potius cum Rutaceis, Olacineis, Sapindaceis et Anacardiaceis. Equidem in affinitates Coriariae inquirens structurae ligni mentem adhibui hucusque vix notae, cujus vero examen accuratum fortasse ad affinitatem eruendam indicia quaedam afferre posset, qualia optima у. gr. dedit cl. Englero affinitates Rutacearum investiganti. Quo consilio fragmenta ligni diversarum specierum Coriariae am. cl. Russow transmisi, eum rogans, ut examinaret meque certiorem faceret, quem exitum res haberet. Am. Rus- sow solita cum liberalitate examen hoc instituit, de structura ligni in societate Dorpatensi disseruit!) et mecum notulas sequentes communicavit. Ex litteris cl. viri lignum Coriariae excellit latitudine radiorum medullarium, quum primariorum, tum secundariorum, quo punctu simile est ligno Ampelidearum, Menispermacearum, Berberidearum et Araliacearum, quoque Urticacearum (cum Moreis) et Staphyleacearum, aliis signis vero ab his omnibus plus у. minus discrepat. Ramorum quotannis formatorum structurà vero Coriariae omnium si- miliores sunt plantis herbaceis perennantibus e familiis diversissimis, praesertim ob forma- tionem sic dictae vaginae protectricis secus limitem internam cortieis primarii, пес non in 1) Dissertatio Russowii de ligno Coriariae in diario societatis Dorpatensis jam promulgata. 1* 4 С. J. Maxımowıcz, De CoRIARIA, Плов ET MONOCHASMATE petiolo laminaque foliorum circa systema vasorum, qualis vagina in arboribus et fruticibus his in partibus non invenitur (exceptis foliis Coniferarum), sed frequens est etiam in suffruti- cibus. Ita sese habet etiam С. myrtifoliae specimen, in horto Dorpatensi cultum, trunco brevi epigaeo fere 2 cm. crasso instructum et aliud e rhizomate epigaeo quotannis innovans, in- novationibus ad summum biennibus. De truncis Coriariarum arboreis nil constat. — Rhizoma a caulibus epigaeis vix differt, neque radices aliquid peculiare prae se ferunt. Е familiis, quibus Coriarieae affines putabantur, tantum Phytolaccaceae, praesertim Rivinicae, quoad anatomen quodammodo accedunt. Diversissimae sunt Zuphorbiaceae, Ru- taceae, Terebinthaceae, tum Malpighiaceae, Sapindaceae, Xanthoxyleae, omnium remotissi- mae evadunt Limnantheae et Geraniaceae. — Simarubaceas et Ochnaceas examinandi de- fuit occasio. Quum igitur structura ligni ad affinitatem eruendam indicia vix ulla (fortasse etiam ex supellectili manca) attulerit, superest examen comparativum morphologicum. Organa, quibus pretium maximum tribuendum est in Coriaria, si de ejus affinitatibus sermo faciendus, sequentia sunt, gravioribus praemissis: Ovula apotropa in loculo singula pendula; carpella libera, isomera, indehiscentia quidem, sed secus costam dorsalem sat facile partibilia; styli liberi a basi stigmatosoplumosi; sepalum anticum axi haud opposi- tum; albumen nullum; androeceum rite diplostemoneum; petala in fructu accreta bac- cata sepalaque quincuncialia ; inflorescentia racemosa; pedicelli bibracteolati continui, bracteolis stipulisque minutis fugacibus; folia opposita у. verticillata; rami debiles elongati; gemmae in pluribus collaterales 3—5. Е quibus characteribus ab autoribus nonnullis habetur gravissimus Ше ex ovulis apotropis, ab aliis ille ex carpellis liberis isomeris 1-spermis. Primum si anteponamus, ovula apotropa inveniuntur in Anacardiaceis, Sapindaceis, Limnantheis, Celastraceis et Buxa- ceis, sed pendula et saepe in loculo singula occurrunt tantum in Anacardiaceis et inter Sa- pindaceas, singula erecta in Limnantheis, bina collateralia anatropa et apotropa in Вихасев et Celastraceis. Charater 2., ex carpellis liberis indehiscentibus isomeris, in nulla e familiis папе no- minatis invenitur. Char. 3., styli plumosi, in solis Buwaceis. Char. 4., e sepali antici positione erga axin, in Anacardiaceis, Celastraceis et Sa- pindaceis. Character 5. (albumen nullum) in Zimnantheis, multis Celastraceis, Sapindaceis, Ana- cardiaceis. 6., stamina biseriata occurrunt in Anacardiaceis, Sapindaceis et Limnantheis, sed in prioribus duabus stamina epipetala exteriora, in Limnantheis episepala quidem extus in- serta, sed sursum interiora evadunt. 7., petala accrescunt in Anacardiaceis nonnullis. 8., Ногез racemosi inter Sapindaceas, raro ie nonnullis Anacardiaceis. N N HUJUSQUE GENERIBUS AFFINIBUS BUNGEA ЕТ СУМВАВЛА. 5 Characteribus-minus gravibus neglectis, sequentes igitur familiae Coriariae affiniores videntur: Anacardiaceae: 1. ovulis, 4. positione sepali antici, 5. albumine nullo, 6 stamini- bus biseriatis (tamen epipetalis exterioribus), 7. petalis in fructu accretis, et, rarius, 8. in- florescentia racemosa; Sapindaceae: signis 1, 4, 5, 6 (tamen ut in praecedente familia) et 8.; Celastraceae: signis 1 (ovula tamen bina, altero anatropo) 4 et 5; Limnantheae signis 1 (ovulis autem ascendentibus), 5 et 6; Buxaceae charactere 1 (ut in Oclastraceis) et 3. stig- matibus plumosis. Si dignitatem organorum nunc enumeratorum numeris ita exprimamus, ut graviores altiores gerant, v. gr. ovula apotropa numerum 8, carpella libera 7, styli liberi plumosi 6. et sic ordine supra adducto usque ad.inflorescentiam, cui numerus 1 tribuatur, et sum- mam quaerimus, qua familiae nunc enuntiatae Coriariis accedunt, tum in Anacardiaceis ha- bemus 8 + 5 + 4 + 3 + 9 + 1 = 23, in Sapindaceis simili modo 21, in Oelastri- neis 17, Limnantheis 15 et Buxaceis 14. Quum vero nonnulli characteres non plene congrui sint, v. gr. ovula in his, stamina in illis, differentiae revera majores, ita enim ut Celastrineae et sequentes minus propinquae quam ex his numeris sequeretur. Attamen et ab Anacardiaceis atque Sapindaceis Coriariae differentiis gravissimis ab- horrent, v. gr. carpellis nec liberis nec isomeris aliisque signis. Quum certe character car- pellorum gravissimus sit, ovula vero diversa occurrunt in familiis valde affinibus, v. gr. in Euphorbiaceis anatropa, in Buxaceis apotropa, in Burseraceis raphe ventrali, in Anacardia- ceis dorsali, quamobrem ovulis a multis autoribus pretium minus tribuitur, melius videtur primam dignitatem tribuere non ovulis, sed carpellis. Тат prae omnibus propositis Simarubaceae proximae evadunt: 1. ex carpellis liberis saepe isomeris indehiscentibus, 2. imo ex ovulis, quae saepissime solitaria et tantum re- versa sunt, 3, ex stigmatibus saepe liberis et rarius imo plumosis, 4, ex sepali antici posi- tione, 5. ex albumine interdum deficiente, 6. ex staminibus biseriatis, epipetalis tamen extimis, 7. ex petalis in Picrasmate accretis, 8. ex floribus nonnullarum racemosis. Quibus accedunt insuper: 9. pedicelli bibracteolati, 10. stipulae caducae, 11. folia opposita. Summa characterum octo supra adhibitorum hic erit igitur 36. Phytolaccaceae minus accedunt: 1. carpellis, 3. stigmatibus liberis interdum plumo- sis, 4. sepali antici positione, 8., racemis, 9., pedicellis bibracteolatis, 10. stipulis parvis. Summa, ut supra, erit tantum 20, vel, additis ovulis singulis descendentibus, raphe tamen ventrali, 27. Omnes reliquae familiae, carpellis vel syncarpis vel heteromeris ovulisve numerosiori- bus aliisque characteribus a Coriariis magis distant et hie omittuntur. Omnium melius igitur Coriariae accedunt ad Simarubaceas, tum ad Phytolaccaceas, signis paucis etiam ad Anacardiaceas vel Sapindaceas, et collocari possunt quidem juxta Simarubaceas, valde tamen adhuc diversae sunt disco deficiente, foliis simplicibus, ovulo- rum directione cet. 6 С. J. Maxımowıcz, DE CoRIARIA, ILICE ET MONOCHASMATE Conspectus specierum diagnosticus. 81. Flores polygamo-monoici у. dioici ex ramis vetustis, е gemmis ргоргиз perulatis, latere juxta medianam innovantem dispositis, geminatis vel singulis. Bracteae rotundato-ovatae. Frutices ramis quadrangulis, foliis basi latioribus laevibus, versus apicem ramorum longio- ribus. — Species hemisphaerii borealis, ab illis hemisphaerii australis et anatomice diversae. Ex am. Russow investigatione enim habent inter fasciculos primarios fasciculos secunda- rios (1. e. sic dietum lignum intrafasciculare) et gaudent radiis medullaribus, quorum pars intima medullae finitima composita est e cellulis magis elongatis, quarum parietes valde incrassantur, ita ut fere prosenchymaticae sint. Species hemisphaerii australis vero fasci- culis secundariis carent et habent radios medullares a cortice ad medullam omnino consi- miles, e cellulis parenchymatieis pariete tenui constantes. Vel aliis verbis: boreales radiis medullaribus quasi abruptis, medullam haud attingentibus, australes radiis medullaribus continuis in medullam abeuntibus saepiusque latioribus instructae sunt. Exceptiones occur- runt quidem hine inde in radiis medullaribus nonnullis, attamen jam ex fragmento minuto ligni judicare possumus, in quo hemisphaerio planta enata sit. Examinatae sunt omnes spe- cies infra descriptae. a. Flores d a Ф vix distincti, omnes petalis germinibusque instructi. Styli lineares ovariis longiores. Filamenta florum © petala non superantia. Racemi © foliati, © aphylli, petala basi attenuata in fructu longe discreta, antherae laeves, carpella exserta, 5-costata et re- tieulata, ета l0ng A en ee C. myrtifolia L. Racemi omnes aphylli breves, petala basi latissima, anthe- rae verruculosae, carpella petala aequantia, 3-costata, ultra И en ль. Ее ........ ©. nepalensis Wall. b. Flores d subapetali, ЕО Е germinum pullo, filamentis ones exsertis. Styli lineari- lanceolati ovaria aequantes. Petala раз latiora. Racemi omnes aphylli breves, pedicelli calyei fructifero aequilongi, petala in fructu contigua, basi vix imbricata, car- pella aequantia, carpella 3-costata et reticulata, 1,5 mill...... С. sinica m. Racemi d aphylli, foliati, pedicelli fructiferi calyce duplo longiores, petala valde imbricata, carpellis 5-costatis reticulatis- que longiora et Ша omnino tegentia. Carpella ultra 4 mill. .... (С. japonica A. Gray. 82. Racemi in ramis hornotinis foliatis axillares elongati, flores omnes antheriferi et ger- minibus instructi, subpolygami. Bracteae subulatae. Arbores v. frutices ramis compresso- HUJUSQUE GENERIBUS AFFINIBUS BUNGEA ET CYMBARIA. 7 $ quadrangulis, floribus carpellisque parvis, pedicellis fructiferis horizontalibus, calyce fructi- fero plus duplo brevioribus. — Species hemisphaerii australis. a. Folia basi latiora, 3-nervia, parva, laevia, secus totum ramum subsimilia. Racemi basi foliati. Sepala in fructu colorata, petala basi leviter imbricata, antherae laeves, car- pella 3-costata petala parum superantia. Arbor paleaceo-pubescens... С. microphylla Рог. b. Folia medio latiora, 5-nervia, ampla, elevato-reticulata, versus ramorum apicem longiora et angustiora. Racemi aphylli, реа in fructu subcontigua, antherae verruculosae, carpella 5-costata. Glabra, sepala in fructu petalis angustis discretis duplo Dbreviora.. 2 ЕЯ BT En a RER EN RARE C. ruscifolia L. Scabropuberula, sepala in fructu petala lata obtusa basi ImMbricata, aegnantiare a A ne RE we С. sarmentosa Forst. Enumeratio specierum. $ 1. Europaeo-Asiaticae. 1. С. myrtifolia L. Cod. Richter. 7480. Reichb. Ic. fl. Germ. У, 160. Bertol. Fl. Ital. X, 376. Gren. Godr. Fl. de Fr. I, 330. Parlat. Fl. Ital. У, 489. Boiss. Fl. Or. I, 943. Hab. in Lusitania, Hispania: Granada, Barcelona, Gallia australi usque ad Cebennos; ex Puel') Rhodanum orientem versus non transgreditur, sed abundat in parte austro- occidentali, in ditione fluviorum Garumnae inferioris et Duranii limites septentrionem ver- sus attingens; in Italia superiore usque in Apenninum Parmensem, in Peloponneso, tum in Africa boreali: Algeria. Colitur et hiemes perdurat, quotannis ad radices usque interiens, imo in Germania borealiori, hieme tamen tegitur, fide С. Koch, Dendrol. I, 570. Fructus venenati sunt, conf. D’Orbigny, Dict. IV, 239. Cortex in re coriaria multi aestimatus. Frutex 3-pedalis ad bimetralis, glaber, ramis patentibus, cortice cinerascente. Folia inferiora et media elliptica v. ovata, late mucronata, superiora lanceolata acuta et mucro- паба, omnia brevissime petiolata, tri- у. subquinquenervia, laevia, magnitudine variantia a 7:5 mill. usque 60 : 30 mm. et superiora 35 : 8 mm. Planta culta dieitur hermaphrodita, spontanea monoica у. etiam dioica. Racemi © aphylli, 15—20 mm. longi densi recti, Ф basi foliis, quae infimis ramulorum sterilium analoga, stipati, laxi, erectiusculi, 25 — 30 mm., fructiferi 60 mm. longi. Bracteae ovatae v. ovatooblongae, pedicello fructifero duplo v. multo breviores. Flores primi vernales ante folia erupti masculi, petalis ovariisque nanis, 1) In Bull. зос. bot. de Fr. 1861, VIII, 471. 8 С. Г. Maximowicz, DE СовтАвтА, ПлоЕ ET MONOCHASMATE sequentes subfeminei, virescentes, diametro 4 mm., in fructu 6 mm. Calyx sub anthesi pa- tens, corollae aequilongus, fructifer reflexus, corollà 2—3-love brevior. Petala e basi atte- nuata obovata, intus valde cristata, libera, in fructu accreta, carnosa, nigra, discreta. Sta- mina corollam paulo, antherae filamenta superantes, priores laeves, anguste oblongae. Styli lineares ovaria triplo superantes. Carpella exserta apice subcompressa, concentrice 5- costata, versus latus ventrale venosa, 4 mm. longa; parietes carpellorum crustacei atri, intus | ochroleuci. Seminis testa tenuis, cinnamomea, raphe basi ramosa, apice versus hilum sim- plici. Albumen nullum. Radicula cotyledonibus crassis virentialbidis 4-lo brevior. 2. С. nepalensis Wall. Pl. As. rar. $. 289. Griffith, Itin. notes, 124. п. 428.'), Notulae IV, pag. XI. Paxton, Fl. Gard. II, 86. п. 359. с. fig. 180. Clarke in Ann. and mag. of nat. hist. 2 ser. XI. tab. 2. fig. 1. (ovarium cum ovulis). Hook. fil., Fl. Brit. Ind. II, 44. Brandis, For. fl. 128. Kurz, For. fl. Brit. Burma, II, 281. Hab. in Himalaya, fere ab Indo ad Bhutan (Griffith), inter 2500 et 7500 ред. alti- tudinem, in Sikkim ad 11 mill. ped. ascendens; in Ava (fide Kurz); in Chinae prov. Yün- nan, ex Hooker filio. In Britannia culta frigori frequenter succubuit, rediviva tamen e radice. Rami ab ovibus depasti, fructus edulis quidem (Royle, Ill. 166), sed sitim vel coli- cam producens (Brandis). Frutex vel arbuseula 12—16-pedalis, fide Ro yle polygama vel dioica, fide Kurz (Report on Pegu, п. 737) sempervirens, ex Lindleyo (in Paxt. 1. с.) foliis deciduis, ramis arcuatis elongatis. Cortex cinnamomeo-fuscus. Pubes, racemis scabropuberulis exceptis, nulla. Folia ramorum inferiora multo minora, rotundata v. late elliptica, obtusa cum mucrone v. abortu hujus emarginata, reliqua cordatoelliptica v. cordatoovata, subito breve cuspidata, summa ellipticolanceolata, acuta cum mucrone, omnia brevissime petiolata (vix 2 mill.), 3—5-ner- via, majora 80:50 mill., minima simulque infima 15:15 mm. magna. Racemi aphylli, nutantes, primum densi, 25 mm., tum laxi, 40 mm. longi. Flores d 10-andri, carpellis 5 rudimentariis, © staminibus alternis 5 imperfectis, fide Royle; sub anthesi diametro 2 mill., in fructu 3 mm., ex brunneo rufescentes. Calyx sub anthesi patulus corolla major, in fructu reflexus, petalis valde accretis pluries brevior. Petala primum libera, in fructu basi gamopetala, late deltoideoovata, intus valide cristata. Filamenta sub anthesi stylos lineares non attingentia, petala superantia. Antherae oblongae, filamento demum duplo breviores, sanguineae, minute verruculosae. Styli ovario duplo longiores, sanguinei. Car- pella ultra 2 mill. longa, apice compressiuscula, dorso carinata et secus carinam utrinque 1) Tab. 575 Griffithii Icon. pl. asiat. IV. Coriaria | las, pedicellos patulos et floris delineationem, quae caly- nepalensis signata, minime Вас pertinet ob racemos | сет, ut videtur, 5-lobum et ovarium (?) duplo longius fere erectos ebracteatos laxos, e foliis amplis 3-nerviis axil- | globosum monstrat. lares singulos v. binos, perulas ad bases racemorum nul- HUJUSQUE GENERIBUS AFFINIBUS BUNGEA ET CYMBARIA. 9 1 — 2-cristata, pariete crasso crustaceo, intus albido. Testa seminis cinnamomea, raphe simplici obscuriore. Radicula cotyledonibus 4—5-10 brevior. 3. С. sinica п. sp. Hab. in China occidentali borealiore: prov. Schensi secus Я. Нап frequens, fruticosa et arborea, fine Martii С fl., initio Aprilis © fl. defl,; prov. Kansu, ripa sinistra Я. Hoang- ho, ad latera montium magna copia, fine Junii fructif., fructu haud eduli (D° Piasezki). Arbuscula у. frutex, ramulis novellis racemisque puberulis, ceterum glaber. Cortex fuscescenti-cinereus. Folia inferiora rotundatoovalia cum apieulo, 13 : 10 mm. magna, ге- liqua ovata, elliptica у. lanceolata, subito у. sensim mucronata, 3-nervia, laevia, 85 : 20 ad 55: 30 mm. magna. Racemi omnes aphylli, & 20—30 mm., © et fructiferi 40—50 mm. longi, utrique mox laxiusculi. Bracteae latissime obovatae, flores d obtegentes, pedicellum floris © et fructiferi aequantes, pedicelli fructiferi fructui aeque longi. Flores d 1,5 mm., calyce toto sub bractea occulto et ab Ша superato, sepalis obovatorotundatis denticulatis, petalis germinibusque subnullis, filamentis longissime exsertis, bracteam superantibus, an- thera oblonga laevi quadruplo longioribus. Flores © 2 mm. Calyx patulus, jam sub anthesi petalis brevior, haec carpella matura tegentia, imbricata, ovata, intus cristata, denique ca- lycem patentissimum 4-lo supereminentia. Stamina sterilia filamentis brevissimis, in fructu corollae tertiam partem vix attingentia, antheris diminutis cassis. Styli linearilanceolati, ovariis sesquilongiores. СагреПа matura petalis carnosis nigris obtecta, illis aequilonga, obtuse et parum distincte 3—5-costata, 1,5 mm. longa. Parietes carpellorum illis ©. japo- nicae aeque crassi, nigri, intus albidi. Testa tenuissime membranacea, cinnamomea, raphe obseuriore indivisa. Albumen nullum. Embryo albus, radicula quam cotyledones сгаззае convexae plus triplo breviore. 4. С. japonica A. Gray, on the bot. of Jap. 383. Миа. Prol. 255. Franch. Savat. Enum. I. 93. Croton Siraki Sieb.! et Zuce. Fl. Jap. fam. nat. Г п. 133 (nomen). Arbor foliis Rhamni polysperma Thunb.! Fl. Jap. 359. pl. obsc. п. 50. cum descript. sat bona pl. fruetif. Hab. in Japoniae ins. Nippon media: circa Yokohama in fruticetis sat frequens, Aprili fl., Julio frf. (ipse), Yokoska (Savatier!), Simoda (Ch. Wright ex A. Gray), montibus Hakone (Thunberg! fr. nond. mat., in hb. Upsal.). Japonice: doku utsugi, fide Tanaka ex Franchet 1. с. Frutex monoicus glaber usque 10-pedalis, ramosissimus, fere а basi florifer, ramis longissimis patentibus, cortice fusco. Folia inferiora cujusvis rami rotundata, saepe emar- ginata vel cum mucronulo, 8 : 8 mm. magna, sequentia ovata acutiuscula cum mucrone, 30 : 18 mm., superiora ovato- v. rite lanceolata acuminata, 60 : 20 mm. magna, omnia 3- nervia, laevia. Racemi d aphylli, densi, 2—4 cm., et deflorati densiusculi, © foliati foliis rotundatis, parte florigera laxa, 3—6 cm. longa. Bracteae florem 3 brevissime pedicel- Mémoires de l'Acad. Пар. des sciences, VIIme Serie, 2 10 С. Г. Maxımowıcz, DE СовтАвтА, ПлсЕ ET MONOCHASMATE latum tegentes rotundatoobovatae, bracteae florum © pedicellis flores denique pluries su- perantibus multo breviores, ovatae vel oblongae. Flos 9 sepalis obovatis, petalis subnullis, diam. 2 mill. Stamina calyce 5—6-lo longiora, longissime exserta, antheris linearibus laevi- bus. In flore © sepala petala sub anthesi superantia, diam. 3 mm., in fructu tantum duplo petalis breviora, patentia. Petala in fructu rotundatoovata, valde imbricata, intus acute carinata, nigra, succo violaceo scatentia, fructum tegentia. Filamenta petala subsuperantia, Styli sub anthesi ovariis sesquilongiores, lanceolatolineares. Fructus diametro 6—10 mm. Carpella ultra 4 mm. longa, apice compressa, 5-costata et ventre reticulata (ut in C. myr- tifolia), castanea, parietibus crustaceis intus albidis. Testa seminis embryonem arcte cir- cumdans, tenuiter membranacea, raphe hilum versus ramosa obscuriore percursa, ceterum enervia. Albumen plane nullum. Embryo ochroleucus, cotyledones mox peripheriam, mox radium fructus spectantes, valde convexi carnosi, radicula continua fere 4-lo brevior. $ 2. Americano-Australienses. 5. С. ruscifolia L. Cod. 7481. Feuillée, Pérou, III, 17. tab. 121. Poir. in Lam. Encycl. V1,:87::DC.Prodr: Г, 739. О бзу. E1.:Chl. I; 492. Hab. in Chile australi (lat. 37°: Feuillée, incolis vulgo Deu, Poiret, Eschscholtz! frf., Dr. Mertens! defl., Cuming! fl.): ргоу. Valdivia (Philippi! п. 46 f., Lechler! п. 531. fl.), Talcahuano (Pöppig! fl.), secundum CI. Gay а prov. Concepcion usque ad Chilo& et austrum versus crescens. Incolae frutice nigro tingunt, fructibus utuntur ad mures (rattos) necandos, unde ab Araucanis deu (rattus) vocatur, teste Gay. Ex Feuillée arbor 20 — 25 pedes alta, trunco crassitie hominis, fere а basi ramosa, ex Philippi frutex 6—8-pedalis, ex Gay 2—3-pedalis. Glabra, rami subcompressi. Folia brevissime petiolata subito acuminata, 5-nervia, reticulo venarum superne prominente, in- feriora ovata 40 : 25 mm. magna, media et summa ovatolanceolata et lanceolata, ad 70 : 30 mm.magna. Racemi ex inferioribus axillis, fere spithamaei, graciles, laxi. Bracteae lineares acuminatae, pedicello calycem fructiferum duplo superante paulo v. usque duplo breviores. Flores diam. 2 mm., d a 2 diversi tantum antheris pollinigeris. Sepala sub anthesi petalis majora, utraque erectopatula, priora in fructu patentia, petalis fere acuminatis duplo bre- viora. Stamina parum exserta, antherae oblongae verruculosae filamenta duplo superantia, quam styli lineares breviores. Germina stylis plus duplo superata. Carpella 1,25 mm. longa, 5-costata, inter costas transverse subrugosa, e petalis ellipticis acutis discretis longe exserta. 6. С. sarmentosa Forst. Prodr. п. 377. Pl. escul. п. 15. cum descr. fusiore. Sims in Bot. mag. 2470. С. ruscifolia Hooker fil. New Zeal. fl. I, 46, II, 727, Handb. fl. N. Zeal. I. 45. Hab. in Novae Zelandiae fruticetis et dumetis, v. gr. Dusky bay (Forster) frequens ре > = LT TN Sent EPL hr le RS lu EE RS 4 à : о Ва Rte ee es rt «о 5.34 > Я 28 | HUJUSQUE GENERIBUS AFFINIBUS BUNGEA ET CYMBARIA. lol ex Hookero fil., incolis in Otago «tua баба» vocatur; in archipel. Kermadec (ex eodem) et ins. Chatham (Travers, ex eodem). У. $. Ex sueco purpureo petalorum ab incolis vinum paratur illi e fructibus Sambuci simile, carpella (ex aliis tota planta) virosa, spasmata, delirium et mortem producentia, conf. Lindsay in Brit. and for. med. chirurg. review, VII, 1865. et in Proceed. brit. assoc. Cambr. Oct. 1862., unde in Bot. Zeit. 1864, 238. Frutex 10—18-pedalis, trunco 6 — 8 poll. crasso, ramis flexuosis elongatis, culta in Anglia, ex Sims, planta herbacea suffruticosa (a diffuse shrublike herbaceous plant), ex Forstero ramis sarmentosis elongatis decumbentibus. Rami compressotetragoni foliaque glabra vel, haec pagina superiore, scabropuberula, racemi semper pube scabra vestiti. Folia illis С. ruscifoliae simillima, sed in specc. quae praesto sunt, medio latiora, ellipticoovalia acuta, ex descript. Forsteri tamen iconeque citata et ovata acuminata occurrunt. Racemi C. ruscifoliae, sed bracteae, ex Forstero et specc. nostris, pedicello triplo saltem breviores. Flores aeque magni, ex eodem autore semper hermaphroditi, verosimilius Ф tantum anthe- ris cassis diversi. Sepala et petala ovata obtusa, et in fructu, ubi atropurpurea, subae- quilonga. Stamina et styli simillima. Carpella quam in praecedente specie paula majora (1,5—1,75 mm.), ceterum simillima, e petalis contiguis basi imbricatis longe exserta. A Hookero praecedenti identica habetur, sed quum differentias nonnullas invenerim, conjungere haesitavi. Descriptio brevis Hookeri ad utramque speciem simul confecta vi- detur, neque de partibus floralibus sermo est. 7. С. microphylla Poir. in Lam. Encyel. VI, 87. (1804). DC. Prodr. I, 739. С. phy- licifolia et С. thymifolia Humb. Bonpl. in Willd. Sp. pl. IV, 2, p. 819. (1805). Kunth Nov. gen. et spec. pl. VII, 128. t. 636. DC. 1. в. 740. С. thymifolia Benth. pl. Hartw. 73. Hemsley in Biol. Centr. Am., botany, 223. С. atropurpurea DC. 1. с. fide Fl. Mexic. icon. ined., cura A. ОС. tab. 1167. Heterocladus caracasanus Turez. in Bull. Mosc. XX, 152. et, fide Planch. in Ann. sc. nat. ТУ, 3, 293., Heterophylleia Turcz. ibid. 1848, 1. 591. Hab. in Peruvia (J. Jussieu, ex Poiret): in fruticetis circa Tabina, Julio fl. (Lech- ler!n. 1863. s. п. С. phylicifoliae); Ecuador: in temperatis prope Chillo ditionis Quiten- sis, alt. 1340 hexapod., Februario fl. (Humboldt); Nova-Granata: Bogota, Tuquerres, fl. defl., Quindiu, steril. (Karsten!), ргоу. S. Martha in Sierra Nevada, alt. 7 mill. ped., Ja- nuario frf. (Funck! п. 511); Guatemala: prope Quezaltenango (Hartweg! n. 524); Mexico (4. Mexic.): in montosis regionis frigidae inter Cuantla de Amilpas et Chualco, Martio fl. et fructif. (Schiede, fide Schlechtendal?), parte boreali prope San Luis de Potosi, parte australi ad Chiapas, Oaxaca, Cordillera de Michoacan, teste Hemsley. E fructu recente atramentum parare primum rubrum, post horas nonnullas nigrum, 1) In Linnaea, XVI, 1842, 485., qui etiam С. atropurpuream cum С. phylicifolia jungendam censet. 2° 12 С. Г. Maxımowıcz, DE CoRIARIA, ПлсЕ ET MONOCHASMATE optimum, incolis chanche dietum, ut et tota planta vocatur, refert Jameson, on the ink plant of New Granada, in Proceed. Linn. soc. 1864. VII. 120. Arbor bi-triorgyalis v. altior, ramis ternis v. oppositis, fere angulo recto decedenti- bus, hirtellis (Humboldt), vel in Mexico frutex orgyalis, ramis compresso-quadrangulis, lenticellis orbicularibus elevatis sparsis (Schlechtendal). Ваша! ex innovationum axillis orti ideoque terni v. oppositi, patentissimi, digitales, plerique basi 4 — 6-phylla excepta, toti florigeri. Pubes ramulorum pedicellorumque paleacea brevis densiuscula. Folia brevis- sime petiolata patentia 3- v. subquinquenervia, ovata, ovatoelliptica v. subcordatoovata, obtusa cum mucrone у. acuta, 7:3 usque 12:8 mm. magna (maxima, ex Schlechtendal, 8:5 lin. = 17 : 11 mm.). Bracteae linearilanceolatae mucronatae, plena sub anthesi pe- dicello patentissimo duplo breviores. Flos diam. 2 mm., fructifer 2,5 mm. Sepala imbri- cata petalis acutis majora, vulgo violacea, fructu maturo tandem patentia petalisque succo purpureo repletis duplo breviora. Stamina 10, quorum interdum 5 episepala duplo minora sterilia. Antherae late oblongae, filamenta petalis paulo longiora superantes. Styli lineares germinibus duplo staminibusque longiores. СагреПа dorso acute carinata, 3-nervia, 1,25 mm. longa, e petalis obtegentibus, tum basi leviter imbricatis exserta. Species mihi ignotae. C. thymifolia Hooker fil. Fl. N. Zeal. I. 45. et Handb. N. Zeal. fl. 1, 47. In Nova Zelandia usque ad altit. 5000 ped. ascendens crescere nec non in archipel. Kermadec oceurrere dicitur. Hooker cum dubio annuam dieit, quod equidem de truncis quotannis ad radicem us- que emortuis tantum crederem, pubem describit quam in СО. sarmentosa magis distinctam, folia parva ovatolanceolata, racemos breviores, flores minores, et in illam speciem transire credit, de quo valde dubito. In Ofago «small ground tutu» ab incolis nominatur. In Handb. 1. с. I. 727. С. thymifolia, fide Hector in litt., dieitur 4—5-pedalis et difficile ex foliis a С. sarmentosa distinguenda; ab incolis «tutu venenosum» et «annuum herbaceum» appellatur. C. angustissima Hook f. Handb. 1. c. In Novae Zelandiae subalpinis abundat. In Ofago «annual herbaceous tutu» appellatur, ex Hooker fil., teste autem Hector in litt. apud Hook. f. 1. с. II, 727. «ground tutu» nominatur et subalpina atque rara est. Describitur annua, laete viridis, 6 — 18-pollicaris, habitu praecedentis, sed glabra tenuis densior, foliis linearilanceolatis у. subulatis '/, pollicis longis, et in praecedentem abire censetur, sed ab collectoribus certe diversa esse contenditur. Utraque species, С. thymifolia cum dubio, annua habetur, sed in clavi analytica potius caules tantum annui dicuntur. Habent зезе igitur, ut С. myrtifolia, in borealibus etiam quotannis vere e radice innovans. ИЕ: NEN AP DER Me et 5 RN re и PRE er TERN © HUJUSQUE GENERIBUS AFFINIBUS BUNGEA ET СУМВАВЛА. 13 Coriariae fossiles. С. lanceolata Sap. et Marion in Bull. soc. géol. de France, 1874. 272. e Gallia australi. С. longaeva Sap. ex Schimper, Pal. vég. III, 161., е Gallia. — Intermedia habetur inter С. nepalensem et С. japonicam, sed folia perennantia dicuntur et racemi fructiferi ex supremis axillis ramorum orti terminales. Ita racemi simul axillares et terminales, quod non intelligo. Neque folia perennia (si talia sint), neque character racemorum in species comparatas quadrat. Si revera racemi axillares, e ramo igitur foliato, tum ad seriem specie- rum e hemisphaerio australi accedere debet. С. loclensis Heer, Schimp. 1. c., ex Helvetia, Jura. Analoga С. myrtifoliae, foliis membranaceis 5-nerviis. Folio unico incompleto superstructa, sed dubia ob fructum folio agglutinatum, ab auctore non interpretatum, fortasse plane alienum. С. ipomoeopsis Massal., Schimper 1. c., ex Italia. Folia tantum nota зип, quae omnino ab omnibus Coriariis notis abhorrent et fortasse diverso generi у. aliae familiae adscribenda: cordato-hastata acuminata 7-nervia, nervo medio pinnato, caeteris ramosis, reticulo venarum laxo. С. japonica. С. sinica. С. nepalensis. С. myrtifolia. Carpellum à latere, $, Carpellum a latere, $, Figg. ut in С. myrti- Carpellum $ auct., corolla, demtis carpellis petalum с. stamine e fructu, 5, folia. a latere ventre et dorso. maturis et flos 4 ?. flos 4 с. bractea, 2. Calyx et corolla in fructu, 4, demtis carpellis. Stamina episepala magis exteriora. С, ruseifolia. Flos fructiferus, idem expansus demtis carpellis et flos 4, $. —or— 14 С. Г. Maxımowıcz, DE СовтАвтА, ILICE ET MONOCHASMATE ADNOTATIONES DE IZICE. Ilicis genus quam maxime naturale a variis autoribus varie subdividebatur. Lin- naeus ex numero partium floralium, in hoc genere vago et variabili, genera duo distinxit: Prinos et Пед, hoc ad Tetrandriam tetragyniam, illud ad Hexandriam monogyniam ducens et utrique flores hermaphroditos tribuens, Gronovii in fl. Virgin. II. 54. observationem, Pr. verticillatam dioicam esse, dubitans. Pariter et а Candolleo (Prodr. II. 16.) utrum- que genus servatur, addita observatione, flores in Prino saepius, in Ilice rarissime abortu dioicos vel polygamos esse. In Prino sectionem tamen Prinoides admisit flore 4 — 5-mero, reliquas species ex foliis deciduis sectioni Aegeriae, ex foliis persistentibus sectioni Winter- liae adscribens. Spach (Suites à Buffon, II.) et Endlicher (Gen. pl., 1092) Candolleum secuti sunt. Reissek (Fl. Brasil. XI. Zlicin. 41.) recte flores polygamo-dioicos statuit et genera Linnaeana conjunxit. Species numerosas Brasiliae et Guyanae ex foliis impunctatis (sp. 1 — 33) et punctatis (sp. 34 — 63) in series duas principales segregavit et inter priores distinxit glabras (sp. 1—18) et pubescentes (sp. 19—33). Divisio certe pessima, quia puncta glandulosa in nonnullis exemplis ejusdem speciei deesse possunt (у. с. Г. glabra A. Gray), in aliis vero, ubi Reissek tantum folia adulta eaque parce hinc inde punctata esse refert, haec puncta dubiae originis, in nonnullis у. gr. fungi epiphylli esse videntur. Species paucae Indiae occidentalis a Grisebach (Fl. W. India, 146., a. 1864.) sub capitibus tribus recensentur: $ 1. Aquifolio: floribus plurimis hermaphroditis, coroila ro- tata; $ 2. Prino: fl. plurimis polygamis, corolla rotata; $ 3. Prinodia: corolla fere ad basin partita. Divisio falsa, quum flores semper et ubique sint polygami, et incerta, quia corollae pl. v. m.-partitae inter omnes has divisiones occurrunt. Multo melior, attamen in synopsi specierum omnium vix adhibenda, est methodus A. Grayi (Man. N. Am. fl., edit. 5-a, 1867.), qui sectiones admittit: 1. Aquifolium, flore vulgo 4-mero, drupa rubra, pyrenis costatis, 1-suleis v. venosis, foliis coriaceis saepissime glabris; 2. Prinoides: flore 4—5-mero, drupa rubra, pyrena dorso costata, foliis deciduis; et 3. Prinos: flore 4—6-mero, femineo vulgo 6-mero, pyrenis laevibus, et haec cum sub- HUJUSQUE GENERIBUS AFFINIBUS BUNGEA ES CYMBARIA. 15 divisione in species foliis deciduis, floribus fasciculatis sessilibus у. femineis solitariis, fructu rubro, et stirpes foliis sempervirentibus, saepe punctatis et fructu шото. Ilices Indiae orientalis а Hookero fil. in Fl. of Brit. India, I. 598. disponuntur in sectiones quinque. Sect. 1. speciem 1. habet floribus spicatis, drupa 10—16-pyrena. Sect. 2. floribus utriusque sexus 4-meris, brevissime cymosis brevissimeque pedicellatis, drupis sub- sessilibus (sp. 2 — 4). Sect. 3. floribus masculis cymosopaniculatis, femineis singulis у. fasciculatis, pedicellatis, drupa 4 — 6-pyrena (sp. 5—13). Sect. 4. umbellis femineis sim- plicibus у. ramosis pedunculatis, foliis integerrimis (sp. 14 — 19). Sect. 5. cymis femineis ramosis pedunculatis, rarius umbellis simplicibus, foliis integerrimis (sp. 20—24). Equidem, in gregem numerosam specierum Asiae orientalis inquirens, difficultatem magnam habui, quum species has cum exoticis comparare conatus sim. Ad quamvis Ilicem rite cognoscendam necesse est habeas ramos plantae masculae et femineae, cujus in- florescentia et imo numerus partium floralium diversa esse possunt, ramos fructiferos, de- nique innovationes ita lectas, ut simul adsint in eodem ramo cum floribus vel fructu. Sed paucae tantum species tam completae innotuerunt. In universum tamen inflorescentiae et flores Zlicum tam consimiles, ut differentias principales jam ex habitu solo sumere possis. Species nominatas у. saltem tute nominandas herbarii horti Petropolitani et Academiae scientiarum perlustrans, cireiter 115 inveni, quas in series quatuor principales disponere со- natus sum, quandam seriem subdividens praesertim ex modo florendi. Antequam tamen ad conspectum specierum progredimur, adnotationes nonnullae generales haud inutiles videntur. Gemmae foliiferae perulis coriaceis paucissimis protectae sunt, quae sursum mox in membranaceas angustatas transeunt, ita ut ad basin ramuli novelli perulae saepius tan- tum 1 v. 2, tum ad internodia 2 — 4 perulae membranaceae у. folia squamiformia, e qua- rum axillis jam flores interdum prodeunt quaeque cito cadere solent, ad internodia sequentia autem jam folia rite formata inveniuntur, | Stipulae, quarum defectum inter characteres familiae receperunt Bentham et Hooker, ух non in plurimis Zlicibus adsunt, saltem in foliis juvenilibus, attamen mox cadunt vel marcescunt, semperque parvae et inconspicuae sunt, deltoideae v. subulatae, chartaceae vel in Prino filiformes membranaceae. In nonnullis usque ad defrondescentiam persistunt. Folia novella vulgo eodem fere tempore cum floribus prodeunt: ita in Prino et Ilice nostris et in Paltoriis nonnullis, ubi flores ipsis ramulis innovantibus у. rarius ramulis pro- priis insident, dum in аз Paltorüs et Aquifolio flores infra ramulum foliiferum novellum ex ramo annotino vicino erumpere solent, accedentibus ramulis floriferis propriis ex ramis vetustioribus. Sunt tamen species, in quibus folia novella diu ante flores nascuntur. Ita v. gr. in I. integra Thbg. primo vere, postquam fructus per hiemem maturatus est, rami novelli propullulant, qui ultimo autumno in axillis suis gemmas floriferas formant sequente vere florituras. Ita innovationes toto anno post vel si mavis ante flores formantur et flores pro- deunt e ligno vetusto. Qui modus inter stirpes tropicas perfrequens videtur. 16 С. Г. Млх:мо\мтси, DE СовтАвтА, ILICE ET MONOCHASMATE Fructificationis duratio diversa. In Prino et 1168 speciebus, nescio an in omnibus, fructus maturantur autumno ejusdem anni, in I. Aquifolio L., I. integra Thbg. aliisque non ante verem anni sequentis, unde arbor eodem tempore floribus fructibusque maturis onusta sit. Adsunt status intermedii difficile cognoscendi, quia fructus maturus saepe diu persistit, sic in I. rotunda Thbg., Г. Oldhami Miq., ubi drupae incipiente hieme maturantur, vere autem vetusti totique corrugati decoloresque una cum floribus in arbore offenduntur. Tempora foliationis, florendi et fructus maturandi tamen in ipso loco natali et ad vi- vum observanda sunt, et siin omnibus rite cognita erunt notas bonas et naturales ad spe- cierum affinitatem intelligendam promittunt. Omnes Ilices quotannis semel florescere vi- dentur. Non deerunt tamen autumni calidi diutini, ubi stirpes, quae ex ligno vetusto gemmas perulatas floriferas praeparant, nonnullas praemature evolvant, attamen equidem non ob- servavi atque dubito, talem inflorescentiam serotinam frequentius occurrere quam et in аз generibus ubi flores jam autumno praecedente parantur. Inflorescentiae typus est peduneulus axillaris, basi hinc squama 1 (folio) у. quovis la- tere 1 (stipulis?) fultus vel plane nudus, apice trifurcatus, floribus pedicellatis, centrali praecociore, lateralibus 2 basi bractea singula instructis serioribus. Dum divitior fit, pe- dunculus apice bifurcatur, cum vel sine flore centrali, et quivis ramulus 3-florus est. Saepe tamen rami bifurcationis perbreves floresve non omnes evoluti, quo casu cymam umbelli- formem 4 — 5-floram habemus. In nonnullis tropicis pedunculus pluries bifurcatus cymam compositam plurifloram constituit. Inflorescentia typice evoluta potissimum in planta mascula invenitur, in feminea vero simplicior saepius fit abortu florum lateralium. Tum vero pedi- cellus centralis basi bibracteatus est. Interdum flores laterales evoluti quidem, sed steriles et caduci. In multis (Prinos, I. opaca cet.) habemus pedunculos unifloros (bibracteatos ta- men) ex axillis supremis, plurifloros ex inferioribus. Quomodo sese habeat spica 4 interrupta I. spicatae Bl. nescio, vix tamen erit revera spica, in 9 vero potius racemus spurius dicendus, pedunculis singulis brevissimis nudis basi 1-bracteatis, attamen abortu 1-floris, cymis igitur ad fl. 1. reductis censendis. Praeter pedunculos solitarios cymosos axillares, de quibus папе tractavi, frequenter observantur in aliis speciebus pedunculi axillares, qui racemi in modum cymis obsessi sunt. Тит quaevis e cymis basi squama sua fulta reliquis simillima est, squamae vero earum om- nibus punctis repetunt squamam totum pedunculum basi fulcientem. Ita у. gr. in Г. latifolia, ubi cymae plantae d triflorae, pl. © abortu 1-florae. Talis inflorescentia racemose cymosa pro ramulo proprio, neque pro singula inflorescentia sumenda est, uti docent, praeter squa- mas inter se aequimagnas et aeque evolutas, folia diminuta, at completa, quae talibus race- mis spuriis interdum interponuntur (у. gr. in Г. thyrsifloris brasiliensibus) et origo eorum e ligno vetusto, neque unquam ex innovationibus. Frequentius istis elongatis inveniuntur ramuli tales floriferi, qui axin fere ex toto sup- primunt et fasciculos sistunt. Si in fasciculo tali cymae pedunculatae sunt, loquimur de cymis fasciculatis, si etiam in cymis pedunculi supprimuntur, de floribus fasciculatis. Quae- HUJUSQUE GENERIBUS AFFINIBUS BUNGEA ET CYMBARIA. 1 vis суша quum basi squama sua fulta sit, totus fasciculus extus cernitur intusque inter- cipitur squamis pl. m. numerosis, tot enim quot cymae, ante anthesin totum fasciculum perularum in modum protegentibus. Ita in Г. integra, ubi non solum ex ramis annotinis, sed etiam ex biennibus prodire solent, in I. Aquifolio aliisque. Itaque inflorescentiae indoles sola jam docet, an species quaedam floreat e ramulo novello v. ex ligno vetusto: cymae singulae pl. m. multiflorae semper sunt propriae inno- vationibus, сушае racemosae у. fasciculatae ligno vetusto. Adsunt etiam species non paucae, ubi uterque modus florendi provenit: cymae singulae ex innovationibus, fasciculi ex ligno vetusto. Flores in longe numerosioribus isomeri sunt, in multis tetrameri, in permultis penta- meri, in aliis 4—6-meri, intermixtis tamen ubique paucis heteromeris, у. gr. 3- у. 5-meris in specie rite 4-mera et vice versa. Adsunt ubi petala cum calyce isomera, carpella vero numerosiora, у. gr. in I. spicata Bl. ubi in fl. 4 — 5-mero carpella 10 — 16, Г. fragili Hook. f., I. sulcata Wall., Г. macrophylla Wall., ubi calyx et corolla 4—6-mera, carpella vero 5— 8; I. Wallichi Hook +. habet drupam 12-pyrenam, I. cymosa Bl. florem femi- neum calyce 5-lobo, corolla 6 — 8-phylla, drupam 8-pyrenam, I. sclerophylla Hook. f. calycem 5-lobum, petala numerosa habere dieitur. Quae omnes anomalae inter Indicas et Sundaicas inveniuntur, non vero inter Americanas. Differentiae in numero partium flora- lium tamen nimis vagae, neque cum habitu proprio consociatae, ita ut pro generibus vel imo sectionibus propriis discernendis non amplius habeantur idoneae. Чет valet de forma pyrenarum, quae occurrunt laeves, 1- у. pluricostatae уе] angu- latae in variis speciebus interdum quam maxime similibus, neque desunt stirpes ubi in eadem drupa pyrenae laeves v. obscure costatae inveniuntur. Semen vero semper laeve est. Omnes Ilices stamina habent calyci у. corollae isomera. Ab Ilice vix differre dicunt Byroniam (B. sandvicensem A. Gray et B. taitensem A. Gray) staminibus quam petala duplo numerosioribus vel cum petalis isomeris, et petalis carpellisque numerum sepalorum superantibus. Specierum notarum computatio. Sedes generis principalis est Brasilia cum Guyana, unde Reissek in Martii fl. Brasil. enumerat species 63, quibus serius addidit 4 e collect. Riedeli et Sprucei herbarii horti Petropolitani'), 67 igitur. Antea e Rebuspublieis Andinis species 8 ad collectanea Ним - boldti et Bonplandi edidit Kuuth, postea 2 descripsit Bentham (7. polyphyllam et I. и Йотат); СТ. Gay vero in fl. Chilena nullam Zlicem habet, neque Weddell in fl. An- dina (incompleta) ullam delineavit. Ex India occidentali a Gsisebach enumerantur 10. 1) Quas infra diagnosibus illustravi. Mémoires de l'Acad, Imp. des sciences, VIIme Série. 3 18 С. Г. Maximowicz, DE COoRIARIA, ILICE ET MONOCHASMATE Hemsley (Biol. Centr. Am., bot. 186.) e Mexico australi et Panama habet Ilices 7, е quibus 1. cum antillana specie identica, altera, quam pro Г. bumelioide (quitensi) sumpsit autor, verosimiliter species sui juris, aliae indescriptae sunt, tota vero enumeratio incom- pleta: desunt у. gr. species а Bourgeau collectae. Н ше boream versus per Californiam ad Alaskam nulla Ilex occurrere videtur. Denique 5. Watson (bibliogr. ind.) e republica Boreali- Americana enumerat spe- cies 13. Tota America igitur alit, quantum hucusque innotuit, species 107, e quibus in Ame- rica australi cum centrali et insulari occurrunt 94 et numerus hic sine dubio adhuc valde incompletus est. Asia multo pauperior Ilcibus est. In Hookeri fil. Fl. Brit. Ind. I. 598. invenimus Ilicum species 24, quibus addere ausus sum 2. Ex hisce, fide Hookeri, in archipelago Sundaico etiam erescunt 3, ex Miquelio (Fl. Ind. Bat. I. 2. р. 594) autem illis accederet quarta (Г. macrophylla Wall.). Supersunt 1 endemica et 2 Sumatranae, a Miquelio serius divulgatae. Summa vero specierum archipelagi Malayani videtur 8. Е Philippinis nulla Ilex describitur. India transgangetica, praeter partem boreali- occidentalem in fl. Indica recensitam, nondum perlustrata est. Equidem e China, incomplete adhuc nota, et Japonia 28 Ilices enumero, quarum nu- merus vix notis speciebus sinicis augetur usque ad 30. Summa specierum Asiaticarum папе est circiter 55. Australia continentalis, cum Nova Guinea, Nova Zelandia et Tasmania Ilicibus expers. Polynesia paucissimas habet: Г. vitiensem A. Gr. et I. neocaledonicam m. Ex Africa continentali innotuit tantum I. capensis Harv. et Sond. usque ad tropicos crescens. Е Madagascaria Tulasne 2 descripsit, quarum una tamen (7. madagascariensis) certe e genere et fortasse е familia excludenda et ab ipso autore cum dubio inter Tlicem recipitur !), alia (I. monticola Tul.), а me non visa, fruticem fl. & 5-meris in cymas fascicu- latas axillares (e ligno vetusto igitur ortas) digestis, © ignotis, foliis obtusis, obsolete serru- latis у. integris, majusculis sistere dieitur et ad Aquifolia pertinere videtur. Insulae Canarienses cum Madéra habitantur speciebus 3, inter зе simillimis, ad Agui- folia pertinentibus. — Tota Africa igitur habet Tlices 5. Europa denique specie 1 (I. Aquifolio) gaudet, etiam in Africam mediterraneam et Asiam occidentales propagatam. Numerus omnium Ilicum папе notarum vero circiter 170 esse videtur, quibus acce- dunt, dum limites familiae a Bentham et Hooker in Gen. pl. I. 356. positos accipiamus, Byroniae 3 et Nemopanthes 1. Ilices maxima copia regiones tropicas et subtropicas Americae et Asiae obtinent, 1) I. madagascariensis Tul. fl. 4 5-merum sepalis | fibrosocarnoso discretis, embryone longitudine seminis nullis, staminibus 3 habere dicitur. «Васса» dipyrena | describitur. Quae omnia nimis sane ab Ilice abhorrent. stigmatibus 2 spathulatoclavatis revolutis, pyrenis septo HUJUSQUE GENERIBUS AFFINIBUS BUNGEA ET CYMBARIA. 19 ubi prae omnibus species e sectionibus 1005 et Aquifolii luxuriant. Paltoriae, montibus altioribus propriae, non desunt tamen et paludibus et planitiebus quibusdum Brasiliae, et ne una quidem Jlex altius 11 millium pedum Andes vel Himalayam ascendit. Pal- toriae species minus quam aliae Ilices frigoris impatientes: ita Г. rugosa Е. Schmidt in Sachalino ultra 47° bor., Г. crenata Thbg. ultra 46° progreditur, ubi nive sub alta sepultae frigorem 23° В. impavide patiuntur. Г. Aquifolium L. in Europa quidem usque ad 63° ascendit in Norvegia '), sed an floreat et fructificet non traditur et maximum frigus observatum erat — 11°. Stirpes e sect. Prinos hemisphaerio boreali et quidem Ame- ricae Asiaeque maxime orientalibus propriae, regiones Oceano vicinas praeferunt et non- nullae in civitatibus Americanis hiemi rigoroso exponuntur. Nulla Пех regiones polares adit. In America australi jam in republica Argentina tantum parte calidiore boreali occur- runt (I. theezans, I. paraguariensis). Desunt in Chile et Patagonia”). 5 Distributio hodierna Zlicum, valde peculiaris in eo quod vastis regionibus desint, quae climate propitiae videntur, olim erat diversa. Europa, папе Ilice fere carens, formas fossi- les sat numerosas largiri videtur. Ita Schimper (Paléont. vég. Ш. 204 sq.) Ilicum spe- cies ultra 40 enumerat, at ex his certe pleraeque e genere et familia expellendae erunt. Quum enim ad folia sola descriptae fuerint, haec vero variis in familiis simillima oceurrunt, et imo Jlices variae nunc viventes ab autoribus уагиз sub Celastro, Sideroxylo, Myrsine editae sint, numerus specierum quoad genus a Schimpero pro dubiis declaratarum certe valde augendus. Ex illis quae supersunt plures male descriptae. Quid v. gr. censemus de I. sphenophylla Ung. quae Г. cuneifoliae L. пеший notae comparatur, vel de Г. Aizoonte Ettingsh., quae simul 7. Dahoon et diversissimae Г. opacae similis esse dicitur, vel de I. theifolia Sond. simul 7. serratae Thbg. (hucusque a nemine visa) foliis deciduis, Г. Cas- sine foliis persistentibus laevibus et Г. paraguariensi foliis coriaceis rugosis proxima decla- ratur, уе] denique de Г. rigida Sap., simul 7. Aquifolio et I. paraguariensi affini. Attamen habemus nonnullas sat certas atque hae affinitatem monstrant cum boreali-americanis, ca- nariensibus vel cum I. Aquifolio. Tlices fossiles boreali-americanae hucusque paucae tantum innotuerunt. Lesquereux (Contrib. foss. fl. West. territ., II, tertiary р. 270—273, tab. 50. fig. 1—9., in Hayden’s Вер. УП, 1878.) ex civitatibus tamen occidentalibus, ubi nunc Zlices desunt, nonnullas descripsit, Ка e Wyoming species duas, e Colorado et Montana singulam. Ех his autem duae quoad genus dubiae et cum Quercu comparantur, reliquae hodiernis americanis haud dissimiles videntur. Ita generis Ilicis area geographica temporibus antiquis magis vasta fuisse videtur. 1) Schübeler, die Pflanzenwelt Norwegens. II. 323. | Lam., а De Candolle (Prodr. I. 8.) et a Hooker Icon. 2) Saporta (Étud. I, 243) I. dryandrifoliam suam (fos- | t. 537. ad Celastrum, а Hookero fil. (Fl. Ant. I. 2. р. silem) comparat quidem cum I. magellanica quadam (sine | 254.) ad Maytenum ducta. autore), sed haec verisimiliter est Cassine magellanica 20 С. Г. Maximowicz, DE ÜORIARIA, ILICE ет MONOCHASMATE Generis subdivisio. Quum characteres ex numero partium floris, ex pyrenarum superficie, ex drupae colore sumti, nimis incerti et variabiles iidemque in paucissimis Zlcibus complete пой sint, аш meliores vero in genere nimis naturali desiderentur, formas mihi notas ex mero habitu et modo inflorescentiae in sectiones disposui, quandam sectionem methodo artifieiali subdivi- dens. Non desunt tamen series specierum naturales, characteribus certis vix eircumscri- bendae, quarum nonnullas indicabo, alias ob supellectilem incompletam inconfectas relinquo. Ita Paltoriae omnes series naturalis videntur, in Zlice series tres distinguendae: typus I. ro- tundae (sp. 24—31, 33, 34, 47—49), typus I. сутозае (sp. 35—41), Ше Г. thyrsiflorae (sp. 42—44) et ille Г. Dahoon (sp. 56 — 62), reliquae paucae typos proprios sistere viden- tur. Г. neocaledonica denique melius inter Aquifolia militaret, nisi зресс. ante oculos locum intra Ilicem postularent. Inter Адифйа bene cognoscuntur: typus I. Macoucouae (sp. 68—79), series specierum 88—95 quam Mate appellare possumus, typus Г. latifoliae (sp. 96— 101) et Aguifolia vera (sp. 102—107). Prinos nostra, ex natura foliorum statim nota, tamen рег 7. pubescentem ad typum Г. vestitae (sp. 52 — 54) inter Jlices accedit. I. rugosa, Paltoriis proxima, ob similitudinem cum I. angustissima inter Aquifolia retenta est. Sect. 1. Paltoria. Frutices (v. arbusculae parvae) ramosissimi, parvifolii, semper- virentes, foliis densis patentibus coriaceis, saepe punctatis, non spinososerratis, floribus, ultimis 3 exceptis, in innovationibus ortis pedunculatis 4-meris (in duabus speciebus 5-meris). Sect. 2. llex. Arbores у. rarius frutices elatiores, foliis majusculis у. magnis, per- sistentibus, coriaceis у. chartaceis, integris у. serratis, serraturis пе juventute quidem spi- nosis, ex innovationibus simul cum foliis juvenilibus flores evolventes. Flores saepius plus quam 4-meri. Sect. 3. Aquifolium. Arbores у. frutices vulgo altiores foliis majusculis у. magnis per- sistentibus coriaceis raro chartaceis, saepe spinososerratis, cymis aggregatis e ligno vetusto ortis, accedentibus passim singulis simplicibus ex innovationibus, floribus saepius 4-meris. Sectio haec ex serraturis foliorum inermibus et spinosis in duas series dividitur, qua- rum posterior per species 7. Aquifolio proximas ad Zlicem ex typo Г. Dahoon propius acce- dit ob flores simul ex ligno vetusto et novello ortos, sed in Aquifolio posteriores rari, in Dahoon vero praevalentes. Sect. 4. Prinos. Arbores у. frutices foliis deciduis membranaceis, floribus saepius 5-meris ex innovationibus ortis, drupis succulentis. HUJUSQUE GENERIBUS AFFINIBUS BUNGEA ET CYMBARIA. 21 Conspectus specierum mihi notarum '). Sect. 1. Paltoria. А. Ex innovationibus florentes, cymae igitur non fasciculatae. Americanae et paucae asiaticae. a. Folia subtus glandulosopunctata. 1. Folia serrata. * Öymae 9 (ubi notae) pleiocarpae. 1. I. Paltoria Pers. Enchir. I, 152. in Andibus altissimis Peru (Lechler n. 2607) et Novae Granatae. Vidi sterilem. 2. I. microphylla Hook. Icon. t. 139. e Peru (Fielding, n. 1636). Pyrenis longi- tudinaliter striatis, ex figura Hookeri. 3. I. diminuta Reiss. ined. (nomen solum). Bi-tripedalis ramosissima, ramis strictis, ramulis pubescentibus; foliis rigide coriaceis breve petiolatis glabris superne lucidis ungui- cularibus obovatis obtusis cum apiculo, prope apicem acute 2-dentatis integrisve; cymis © pubescentibus pedunculatis petiolum triplo superantibus, pedicellis florem aequantibus; flori- bus albis 4-meris, calyeis laciniis acute deltoideis quam petala late ovalia plus duplo bre- vioribus, staminibus corolla brevioribus, anthera oblonga filamento aequilonga. — In saxosis Serra da Piedade, Brasiliae, Novembri 1834 flor. (Riedel in hb. В. Petrop.). 4. I. nummularia Reiss. in Mart. FI. Bras. XI. 1. р. 49. tab. 11. fig. 9. — Brasilia, serra da Lapa. 5. I. paltorioides Reiss. 1. с. 60. t. 13. fig. 9. — Serra da Piedade Brasiliae. 6. I. chamaedryfolia Reiss. 1. с. 73. t. 14. fig. 14, $. 21. — Brasilia: Goyaz, Mi- nas, cet. 7. I. polyphylla Benth. Pl. Hartw. 167. — Nova Granata, Popayan. ** Cymae © 1-саграе. 8. I. retusa Kl. Reiss. 1. с. 72. $. 14. fig. 13. — Guyana, Roraima. 9. I. степа Thunb. Fl. Jap. 78. — Japonia, Sachalin australis, Himalaya: Bhu- tan, Khasia (si Г. Thomson? Hook f. non diversa). Conf. postea. 10. I. Horsfieldi Miq. Fl. Ned. Ind. I, 2, р. 594. — Java. — Ex descriptione huc pertinere videtur. 1) Nonnullas a me quidem visas, at nimis incompletas, | Tlicum Asiae orientalis, de nonnullis hie omissis tractabo. consulto omisi, ne in errores incidam quos etiam nunc | Eandem ob causam species numerosas, tantum ex de- in multarum loco assignato vix evitavi. Postea, in synopsi | scriptionibus vel imo iconibus notas, haud enumeravi. 22 С. Г. Maximowicz, DE CoRIARIA, ILICE ET MONOCHASMATE 2. Folia integra. Cyma pleiocarpa. 11. I. asperula Mart., Reiss. 1. с. 48. t. 11. fig. 14. Brasilia, Minas, S. da Piedade et prov. Bahia. 12. 1. scutiaeformis Reiss. 1. с. 50. $. 12. fig. 4. — Brasilia, 8. da Lapa, $. de S. Antonio. She b. Folia impunctata. * Folia serrata, cymae © (ubi notae) 1-carpae. 13. I. rupicola Н. В. К. Nov. gen. am. УП. 70. — Columbia, Pasto (Karsten!), Quito (Humboldt). Tetramera. Flores 2 et fructus ignoti. 14. I. elliptica H. B. К. 1. с. Peruvia. Penta- у. hexamera. 15. I. uniflora Benth. Pl. Hartw. 217. — Columbia. Flores d pentameri, ex Kunth tetrameri, sed Kunth florem unicum tantum vidit. 16. I. Sugeroki Maxim., drupa rubra, flores pentameri; cf. postea. — Ларота. ** Folia integra, cymae pleiocarpae. 17. I. subcordata Reiss. |. с. 49. t. 11. fig. 11. — Brasilia, Serra da Caraca. Py- renae laeves crustaceae, drupa fusca subsicca.. 18. I. Pseudobuxus Reiss. 1. e. 41. t. 11. fig. 1. — Brasilia. 19. Г. Pseudo-Vaccinium Reiss. ined. (nomen.). Tri-quadripedalis ramosissima dense foliata, ramulis cymisque dense breve puberulis; foliis breve petiolatis petiolo marginato, rigide coriaceis, superne lucidis brevissime pilosulis, subtus opacis laevibus, obovatis у. late ovalibus passim truncatis; cymis © 3-floris petiolum superantibus, pedicellis flores albos super- antibus; floribus 4-meris; calycis lobis acute deltoideis quam petala obovatooblonga plus triplo brevioribus, filamento antheram pluries superante petala subaequante, stigmate crasso сопуехо. — А proxima praecedente differt pube, foliis latioribus triente minoribus, cymis brevioribus. — Brasilia, in monte Itacolumi, Februario 1835. flor. (Riedel). В. Ex ligno vetusto et simul passim ex innovationibus florentes. Cymae © pleiocarpae. Folia impunctata, flores tetrameri. + folia laevia. 20. I. Cassine Walt., A. Gray, Man. Fl. N. U. 5. 306. Folia serrata. Pyrenae dorso costatae. — America borealis, civitates atlanticae. 21. I. emarginella Turez. in Bull. Mosc. 1863, 1, 605. Ramulis pedicellisque pube- rulis, foliis magnit. Waccinii Myrtilli spathulatis obtusis cum mucrone crasso deltoideo, cymis © pedunculatis 1—3-floris, © sessilibus 1—2-floris. — Ceylon. 22. I. Walkeri Turcz. 1. с. 606. Glaberrima, foliis majoribus obovatis emarginatis, cymis d multifloris sessilibus у. brevissime pedunculatis. — Ceylon. HUJUSQUE GENERIBUS AFFINIBUS BUNGEA ЕТ CYMBARIA. 29 11 Folia rugosa serrata. 23. Г. intricata Hook. fil. Fl. Brit. Ind. I, 602. Himalaya: Sikkim (Hook. f. п. 10, Treutler), Nipal. Sect. 2. Ilex. a. Folia integra, rarissime hinc inde obsoleteque pauciserrata. 1. Cymae © ubi notae pleiocarpae. * Arbores foliis impunctatis acuminatis, cymis 9 simplicibus pedunculatis, floribus inter 4- et 5-meros am- biguis v. aperte 4-, 5-pleio-meris. 24. I. rotunda Thunb., pyrenis costatis. Japonia, cf. postea. 25. I. excelsa Wall., Hook. f. 1. с. 603. Pyrenae laeves у. obsolete costatae. Нипа- laya subtropica: Nipal (Wall.), Khasia (Griffith п. 2008, Hook f. Th. s. п. Г. exsulcae, Clarke), pars boreali-oceid. (Thomson). 26. Г. Godajam Colebr., Hook. f. 1. с. 604. Himalaya: Silhet, Assam (Jenkins!), Sikkim. Flores Ф et fructus nondum пой, fide Hooker fil., sed praesto est floribus 2 e Kumaon (Kosilla river, alt. 4500 р. s. m.) a Strachey et Winterb. collecta. In © cy- mae 3—5-Ногае petiolum aequantes pedicellis pedunculo parum brevioribus; flores 5-meri, stamina petalis breviora, germen stigmate convexo conicum. In д cymae pluriflorae pedi- cellis brevissimis petiolum superantes, flores (4-) 5-meri, stamina petalis longiora. 27. I. brevicuspis Reiss. I. с. 56, t. 13, f. 2. Brasilia. Flores rite 4-meri. 28. I. Wightiana Wall. (var. peninsularis Hook. f.1.c. 603.) Wight, Ic. 1216. Decan: montes Nilaghiri (Wight distr. Кем п. 439, hb. Madras п. 36). Pyrenae laeves. 29. I. sideroxyloides Griseb. Fl. W. Ind. 147. Pyrenae dorso 1-sulcatae. — Domi- nica!, Guadeloupe, Montserrat!, St. Christophe, Martinica! 30. I. Gardneriana Wight Ic. 1217. Hook. f. |. е. 603. Decan: Nilaghiri (Wight distr. Kew n. 440, Metz n. 1454. Tres praecedentes praeter innovationes floriferas etiam e ligno vetusto proxime vicino florere solent, et tum hi flores cymas magis compositas constituunt. 31. I. peduncularis Reiss. 1. с. 50, t. 12, f. 5. — Brasilia orientalis. Flores © et fructus ignoti. Folia vix obtuse acuminata v. plane obtusa. 32. I. neocaledonica m. Glaberrima, ramulis teretibus; foliis longe petiolatis rigide coriaceis ellipticis in petiolum cuneatis, apice brevissime acuminatis, utrinque elevatoreticu- latis; floribus 4-meris, С pedunculo petiolum aequante apice bis 2—3-fido cymulis 3 — 5-floris; cymis 2 3-floris petiolo brevioribus; calycis laciniis erosulis semirotundis quam petala obovata duplo brevioribus; staminibus inclusis anthera filamentum aequante; drupis majusculis globosis opacis stigmate convexo obtuse apiculatis 4 —5-pyrenis, pyrenis rotundatotrigonis laeviusculis 035615. — Nova Caledonia: Kanala (Vieillard п. 862. frf., п. 2491 fl. 3). 24 С. Г. Maxımowıcz, DE CoRIARIA, Плов вт MONOCHASMATE ** Копа subtus glandulosopunctata late elliptica за о breve et obtuse acuminata, cymae 9 sessiles. 33. I. petiolaris Benth., Reiss. 1. с. 48. Pyrenae laeves. — Brasilia boreali: Rio Negro. 34. I. vismiaefolia Reiss. 1. с. 59, $. 13, f. 10. Pyrenae laeves. — Brasilia: Amazonas. #* Folia impunctata ultra 4-pollicaria, cymae saltem 3 bis di-trichotomae petiolum longe superantes, flores igitur cymoso-paniculati, заере plus quam 5-meri. Arbusculae peninsulae archipelagique Malayani, unica e Ceylona, cortice saepe albido. 35. I. cymosa Bl., Hook. f. 1. c. 605. Pyrenae dorso 1-sulcatae. — India trans- gangetica (Griffith n. 2014), Sumatra, Java, Borneo. 36. I. venulosa Hook. f. 1. с. 602. Flores d 4-meri, © 5-meri, drupae minutae ru- brae, pyrenae laeves, folia caudato-acuminata. Himalaya, Khasia (Griffith, 2009, Hook. f. Th. п. 8., herb. Calcutt.). 37. I. macrophylla Wall., Hook. f. 1. с. 604. — Malacca, Java, Borneo. Hanc et sequentes tres non vidi et ex descriptione hic subjunxi. 38. I. Maingayi Hook. f. 1. с. 605. — Penang. 39. I. Wallichii Hook. f. 1. в. — Tenasserim. 240. I. sclerophylla Hook. f. 1. с. 606. — Malacca. 41. Г. zeylanica m. Glabra у. ad cymas puberula, foliis brevipetiolatis ultra 4-polli- caribus late ellipticis basi apiceque subito hic longius acuteque acuminatis, reticulo utrinque prominulo; inflorescentiis ad bases innovationum et ex ligno vetusto axillaribus, peduncu- latis pedunculo pedicellos superante; cymis 9 secus pedunculum pluribus racemosis, cymis Ф simplicibus 3—5 floris; floribus 4—6-meris, sepalis late rotundatis ciliatis quam petala late ovalia multo brevioribus, staminibus longitudine corollae, anthera fl. 4 filamento triplo breviore; drupa piperiformi stylo brevissime cylindrico apiculata, pyrenis semiovatis trian- gulis dorso longitudinaliter costatis venosisque. Г. Wightiana var. zeylanica Hook. f. |. с. 603. — Ceylon (Thwaites п. 2656, 3484.). Rite ex innovatione florentem vidi tantum ®, зресс. à vero innovatione carent. Typica I. Wightiana, mihi tantum statu fructifero nota, differt foliis duplo minoribus superne laevibus, pedunculo quam pedicelli breviore et pyrena laevi, et jam a Hookero fil. fere specie distincta enuntiatur etsi de pyrenis nil dixerit. **ж** Wolia impunctata modica. Pedunculi ante folia novella erumpentia florentes, aggregato-approximati basin innovationum in apice ramuli vetusti sistentes. Arbores Brasiliae. 42. I. psammophila Mart., Reiss. 1. с. 42, t. 11, fig. 4, et t. 15. Flores 5-meri. In mentem vocat Г. Gardnerianam Wight, indicam. — Brasilia orientalis. 43. I. loranthoides Mart., Reiss. 1. с. 47, $. 12, f. 2, t. 16. — Brasilia. *kkk* Folia glandulosopunctata, inflorescentia praecedentium duarum, flores 4-meri. 44, I. thyrsiflora Kl., Reiss. 1. с. 72, $. 14, f. 12. — Guyana, ш. Roraima. 2. Сушае © abortu monocarpae. Arbusculae у. arbores foliis elliptico-lanceolatis acuminatis modicis, cymis d plurifloris. 2 HUJUSQUE GENERIBUS AFFINIBUS BUNGEA ET CYMBARIA. 25 + Drupa stylo distincto coronata. 45. Г. memecylifolia Champ., Benth. Fl. Hongk. 65. Flores 4-meri, pyrenae laeves. Hongkong. Vide postea. 46. Г. malabarica Bedd. fl. sylv. $. 143. Hook. f. 1. c. 600. Flores 4—6-meri. Decan: montib. Ghats. Vidi tantum fructif., a Hooker fil. et Thomson s. п. I. Wightianae acceptam. 11 Stylus nullus. 47. I. embelioides Hook. f. 1. с. 601. Himalaya: Khasia (НЕ. f. Th. п. 6. et sub I. excelsa; Clarke), Bengal or. (Griffith п. 2005). Flores plerique 4-meri, d cymis pe- dunculatis umbellato-plurifloris, © sessilibus abortu 1-carpis. Pyrenae laeves vel obsolete dorso costatae. Inter Ilicem et Aquifolium vacillat: e ligni vetusti axillis prodeunt ramuli brevissimi perulati apice fasciculum cymarum d gerentes, in © ramulus fit obsoletus cymis 1-floris fasciculato-sessilibus, ex axillis innovationum autem cymae producuntur solitariae. 48. Г. pedunculosa Miq. Prol. 270. Japonia. Vide infra. | 49. I. montana Griseb. Fl. Brit. W.Ind. 147. Cuba!, Jamaica, Dominica, Guadeloupe. №, Folia a medio vel apicem versus serrata. 1. Cymae © pleiocarpae. * Glabrae, pyrenae 1-sulcatae. 50. I. Oldhami Miq. Prol. 269. Cymae 6 bis trichotomae, flores 4-meri. — Japonia. 51. I. Regnelliana m. Glabra macrophylla, foliis tenue coriaceis multicostatis (costis tenuibus patentibus utrinque prominulis) modice petiolatis oblongis subito cuspidatis basi brevissime subinaequaliter cuneatis v. rotundatis remote mucronato-serrulatis v. subintegris; pedunculis Ф ad basin innovationum ex axillis nudis 3-floris pedicellos subaequales 2 — 3- love superantibus; calyce obsolete 5-dentato; drupa globosa pedicello breviore, stigmate convexo obscure 5-lobo, pyrenis 5 dorso leviter 1-sulcatis. — Brasilia, prov. Minas (Wid- gren) prope Caldas (Regnell, coll. III, 398.). Rami elongati penna corvina crassiores, cortice cinereo striato. Petioli 12 — 25 mm., lamina foliorum majorum 170: 55 mm. magna. Pedunculi sat crebri, 10—15 mm. longi. Drupa diam. 5 mm. Pyrenae crustaceae. Sect. Zlieis adscripsi ob inflorescentiam, flores 5-meros et folia tenuius coriacea. Foliis mucronatoserrulatis tamen ad Sect. Aquifolii accedit, e brasiliensibus satis similis Г. lucu- maefoliae Beiss., quae tamen cymas fasciculatas et folia integra habet. ** Ramuli pedunculi foliaque pubescentivillosa. ° Flores 4-meri. 52. I. pubiflora Reïss. 1. с. 53, t. 12, f. 8—10. — Brasilia australis et prov. San Paulo et Minas. Folia subtus pubescentia integra saepius obtusa. 53. I. cerasifolia Reiss. 1. с. 55, t. 13, Е. 1 et $. 18. — Brasilia, prov. Goyaz. Cymae compositae sessiles, folia acuminata versus apicem serrulata. Mémoires de l'Acad. Imp. des sciences, УПше Série. 4 26 С. J. Maxımowıcz, DE СовтАвтА, Плсе ET MONOCHASMATE 54. Г. vestita Reiss. 1. с. 54, $. 12, f. 11. — Brasilia, San Paulo. Polia obtusa versus apicem crenata; fructus et flores © ignoti. °° Flores 5 — 6-meri. 55. I. pubescens Hook. Arn. bot. Beech. 176, t. 35. — China australis. Drupa сосстеа. 2. Cymae Ф 1—3-carpae breve pedunculatae у. sessiles. * Flores tetrameri, drupae rubrae, ругепае dorso 1 — 2-sulcatae. Ъ vel $ majores americana, foliis subtus saltem ad costas pubescentibus oblongis utrinque acutis versus apicem parce serratis. 56. Г. Dahoon Walt., А. Gray, Man. fl. №. U. 5.306. Civitates Atlanticae reipubl. boreali-americanae. 57. I. myrtifolia Walt., A. Gray 1. с. Ibidem. 58. I. lanceolata Griseb. Enum. Cub. 56. — Cuba. ** Flores 5 — 6-meri, cymae $ sessiles, in 2. ultimis drupa nigra, pyrenae laeves, folia subtus glanduloso- punctata. 59. I. acrodonta Reiss. 1. с. 51, t. 12, Е. 3. Brasilia: prov. Rio de Janeiro, Minas et Brasilia australis. Fructus mihi ignoti, ex Reissek pyrenae submembranaceae. 60. I. theezans Mart., Reiss. 1. c. 51, t. 12, f. 7, t. 17. Brasilia: prov. Rio de Ja- neiro et Minas. Fructus ignoti. 61. I. lucida Torr. et Gray, in Wats. Bibl. ind. I. 159. America borealis, civitates atlanticae. 62. I. glabra A. Gray, Man. fl. N. U. S., 307. America borealis, civitates atlanticae. Sect. 3. Aquifolium, a. Folia integra, repanda vel crenulata. 1. Cymae fasciculatae pedunculatae. * Folia integra, ovalia v. oblonga. 63. I. Macoucoua Pers., Reiss. 1. с. 55, t. 12, f. 15. — Guyana!, Brasilia, Trinidad!, Dominica (Bertero!). Flores 5-meri praevalentes, pyrenae dicuntur fibroso-membranaceae. 64. I. parviflora Benth., Reiss. 1. с. 41. — Brasilia borealis. Flores tetrameri. 65. Г. floribunda Reiss. шей. Frutex orgyalis praeter cymas minute puberulas glaber, foliis (4—5-pollicaribus) coriaceis nitidis subtus tenuiter elevatocostatis oblongis, basi in petiolum attenuatis, apice breve obtuse acuminatis; cymis d et © similibus in omnibus axillis aggregatis pedunculis petiolum aequantibus; floribus 4-meris albis parvis, calycis lobis ob- tuse deltoideis, petalis obovatis duplo longioribus stamina aequantibus, floris d anthera M HUJUSQUE GENERIBUS AFFINIBUS BUNGEA ET CYMBARIA. Я filamento duplo, floris © plus triplo breviore, stigmate crasso convexo ovario aequilato. — Brasilia, prov. Ilheos, in collibus siccis, 18 Juni 1821, Нот. (Riedel!). 66. I. cuiabensis Ветзв. 1. с. 71, t. 14, f. 16. Flores praevalentes 4-meri, inter- mixtis 5-meris. — Drasilia orientalis et prov. Mattogrosso. 67. I. capensis Sond. et Harv. Fl. Cap. I, 473. Africa australis (Drege, Bur- chell) et oceidentalis tropica. 68. I. bumelioides Griseb. in sched., Hemsley 1. c., non H. В. К. e Quito quae vero- similius ad Paltorias pertinet. — Panama. ** Folia rotundatoovalia у. obovata у. late elliptica, versus apicem repanda. Arbores Antillan«e et Brasilien- ses, una Pacifica. 69. I. nitida Vahl! D. C., Prodr. II, 17 (sub Prino). — Montserrat. Flores 4-meri, pyrenae majusculae dorso pluricostatae venulosae. 70. I. dioica m. Glabra, ramis crassis, foliis rigide coriaceis margine serrulato revo- lutis brevipetiolatis rotundato-elliptieis vix breve subito acuminatis 5 —6-costatis utrinque laxe elevatoreticulatis; cymis axillaribus dense fasciculatis breve pedunculatis, 3 1—3-floris, ® 1-floris; floribus 4-meris; calycis laciniis depressodeltoideis, petalis obovatis filamentisque Я. С anthera ovali multo longioribus petala aequantibus, anthera fl. © filamento aequilonga, germine ovoideo stigmate lato depresso. Prinos dioicus Vahl!, Ecl. amer. II, 25, t. 14. — India occid. (West!): Montserrat (Ryan!fl.d et 9). Vahl folia subtus punctata describit et puncta sparsa nigra sat numerosa revera adsunt, sed a fungulis producta. 71. I. Mertensü m. — Bonin-Sima. Conf. postea. 72. I. Grisebachii m. Arborea glabra ramis gracilibus, foliis tenuiter coriaceis margine remote serrulato v.integro revolutis brevipetiolatis obovato- v. elliptico-oblongis obtusis v. emarginatis 8—10-costatis; cymis fasciculatis, calyce petalisque ut in praecedente, floribus 8 4-meris, Ф saepius 5-meris; antheris ovatooblongis in fl. filamento triplo petalisque brevioribus; drupa piperiformi nigra stigmate convexo parvulo; pyrenis triangulo-subovoideis dorso leviter tricostatis. Г. dioica Griseb. Fl. У. Ind. 147, excl. synon. Vahl. — Cuba (Wright п. 1143), Jamaica (Wilson). Grisebach authenticam non vidit et hanc ob causam confudit. 73. I. ebenacea Reiss. 1. с. 44, $. 11, f. 7. — Brasilia, prov. Rio de Janeiro, ins. В. Catharinae. Flores 5—6-meri. 74. I. minutiflora Rich., in Ramon de la Sagra, Hist. Cuba, bot. 1, 343. Cuba. Flores 4-meri, pyrenae dorso irregulariter costatae. 75. I. repanda Griseb. Pl. Wr. Cub. 172. — Оша. Flores 4-meri, folia laevia par- vula, sed a Paltorüs trunco arboreo differt. 2. Cymae fasciculatae sessiles. * Arbuseulae floribus 4-meris, drupis, ubi notae, majusculis sordide rubris farinososiceis, pyrenis obsolete rugosis, foliis elliptieis у. lanceolatoellipticis obtuse acuminatis. 4 28 С. Г. Maxımowıcz, De Corrarra, Плов ET MONOCHASMATE 76. Г. inundata Poepp., Reiss. 1. с. 43, $. 11, f. 5. — Brasilia, prov. Amazonas. 77. I. diospyroides Reiss. l. с. 47, %. 14, f. 15. — Brasilia borealis. 78. I. integra Thunb. Fl. Jap. 77. — Japonia, cf. postea. 79. I. graciliflora Champ., Benth., Fl. Hongk. 65. — Hongkong. 80. I. lucumacfolia Reiss. ined. Glaberrima, ramis gracilibus teretibus, foliis amplis coriaceis petiolatis multicostatis costis patentibus reticulo tenui utrinque prominulo, ellipti- cooblongis, basi brevius, apice in cuspidem obtusum acuminatis integerrimis; cymis fascicu- latis petiolo brevioribus sessilibus plurifloris, floribus 4-meris pedicello tenui brevioribus. — Lamina foliorum 145:50 mm., petioli 10 mm., pedicelli 5 mm. longi, alabastra juvenilia minuta quae collecta 1 mm. longa. — Drasilia borealis, ad Rio Negro supra ostium Casi- quiari (Spruce n. 3529 a. 1854, nond. flor.) ** Folia coriacea у. chartaceocoriacea, serrulata, elliptica у. oblongoelliptica cuspidata vel in I. Griffithi acuta. Sinico-Japonicae et himalaicae. 81. I. Buergeri Miq. Prol. 270. — Japonia, Kiusiu. Conf. infra. | 82. I. subpuberula Miq. 1. с. — Ibidem. 83. I. стегеа Champ., Benth. Fl. Hongk. 64. — Hongkong. Conf. infra, 84. I. formosana m. — Formosa. Conf. infra. 85. I. Griffithii Hook. f. 1. с. 601. Silhet, Assam, Масса. (V.s. Griffith п. 2001, Hook. f. Thoms. п. 11.). 86. I. viridis Champ., Benth. Fl. Hongk. 65. — China australis. 3. Cymae ad fl. 1 reductae secus pedunculum subspicatae. 87. I. spicata Bl., Miq. Fl. Ned. Ind. I, 2, р. 594, Hook. f. 1. с. 598. Folia maxima coriacea elliptica у. oblongoelliptica acuminata. Pedicelli brevissimi, flores © 4 — 5-meri, drupae minutae pyrenis 10—16. Malacca, Borneo, Java (Zolling. п. 3481). 4. Cymae secus pedunculum racemosae vel glomeruliformes interrupte spicatae. Folia rigide coriacea, utrinque elevatoreticulata, elliptica (in 94. linearia) acuminata. Arbores у. arbusculae Americae australis et 1 fruticulus astaticus, floribus 4-meris. 88. I. affinis Gardn., Reiss. 1. с. 70, $. 14, f. 8, 9. — Brasilia. Cymae d secus pedunculum заере ramosum glomeratae, © ad fl. 1 reductae spicatae. 89. I. domestica Reiss. 1. с. 67, $. 14, f. 2. — Brasilia, Minas. Flores 4—5-meri, folia passim obtuse acuminata, grandius crenata. 90. I. Pseudothea Reiss. 1. с. 64, t. 13, f. 20. — Brasilia australis. 91. I. ovalifolia Meyer!, D. С. Prodr. II, 15. — Guyana. 92. I. sorbilis Reiss. 1. с. 66, t. 14. Е. 1. — Brasilia austr. et ргоу. Minas. Vidi sterilem. 93. I. paraguariensis St. Hil., Reiss. 1. с. 62. t. 13. fig. 15—18. et $. 19, 20. — лы Е HUJUSQUE GENERIBUS AFFINIBUS BUNGEA ET CYMBARIA. 29 Variis locis Brasiliae, praesertim australis, et Paraguay. — Miers, in Ann. and mag. of nat. hist. 1861. 393 sq., plures species distinxit hoc sub nomine ab autoribus confusas. 94. I. angustissima Reiss. 1. с. 74, t. 14, Г. 11. — Brasilia, Serra da Lapa. 95. I. rugosa Е. Schmidt, fl. Sachal. п. 102, t. Ш, fig. 1—7. — Sachalin, Тего, Nippon. b. ЕоПа serrata, serraturis vulgo spinosis. 1. Cymae secus pedunculum racemosae v. interrupte glomeratae, d 3— 5-florae, 9 1-florae, pedicellis © saepe brevissimis. 1 Pyrenae liberae. Arbores foliis rigide coriaceis amplis oblongis acuminatis serrulatis, in India et China atque Japonia australibus indigenae. 96. I. latifolia Thunb. 1.c. 79. Flores tetrameri, drupae pisiformes sordide lateritiae. Japonia, conf. infra. 97. I. dipyrena Wall., Hook. f. 1. с. 599. Brand. For. fl. t. 15. Flores 4-meri. Pyrenae 2 sulcatae. Himalaya, a Simla ad Sikkim (у. s. Royle, Strach. Winterb., Thomson, Falconer n. 357.). 98. I. denticulata Wall., Hook. f. 1. с. 600. Flores tetrameri, drupa piso major. Nilaghiri (Wight п. 490 et distr. Kew. 438, Perrottet п. 720, Metz п. 1455, 1456), Ceylon. 99. I. odorata Ham., Hook. f. |. с. 599. Flores tetrameri, drupae pisiformes. Hima- laya, а Simla ad Nipal. V.s.Strach. Winterb, п. 2., Nipal (Buchanan), Sikkim (Hook. f.). 100. I. theifolia Hook. f. 1. с. 601. Flores d 5-meri, © 4-meri, drupae pisiformes. Khasia (Hook f. Th. п. 12., Griffith п. 2007), Tenasserim, Mishmi. тт Pyrenae 4 in 1-connatae. 101. Г. insignis Hook. f.1. с. 599. Flores 4-meri. — Himalaya, Sikkim (Royle, King, Griffith n. 2004, Hook. f. sub n. I. dipyrenae). 2. Cymae pedunculatae, © fasciculatae saepe compositae, © ad florem 1 reductae. Folia coriacea elliptica, serraturis paucis spinosis У. nullis. Pyrenae longitudinaliter costatae. Praeter flores ex ligno vetusto adsunt saepe simul ex innovationibus et hie cymae simplices. 102. I. opaca Ait., A. Gray, Man. 306. America borealis, civitates atlanticae, non procul a littore. Drupa rubra, flores 4—6-meri, pyrenae dorso parallele costatae. 103. I. canariensis Poir., Webb. Phytogr. Canar. II, 137, $. 69. — Macaronesia. Drupa nigra (ex Poiret et icone Webb., rubens ex Webb in descriptione), flores 4-meri, pyrenae sulco dorsali 1 profundo. 30 С. Г. Maximowicz, DE CorrARrA, ПлсЕ ET MONOCHASMATE 3. Cymae sessiles, flores breve pedicellati. Folia rigide coriacea elliptica v. ovalia, spinososerrata serraturis paucis vel nullis. Flores tetrameri. 104. I. cornuta Lindl. in Г. et Paxt. Fl. G. I, 43, fig. 27. China. 105. I. Aquifolium L., DC. Prodr. II, 13. Flora Mediterranea usque ad Persiam bo- realem et Transcaucasiam, Europa occidentalis usque ad Norwegiam australem. Planta integrifolia, a Willkomm, fl. Hisp. III. pro varietate habita, sistit Г. balearicam Desf., DC. 1. с. 14., in Madera, Balearis et Sicilia indigenam. 106. I. Perado Ait., Webb 1. с. 137. — Macaronesia. 107. I. platyphylla Webb 1. с. 135, t..68. — Ins. Canarienses (Bourgeau п. 72). Diversa dicitur ramis horizontalibus, calycis lobis acutis, petalis membranaceis. Drupa magna rubra. Sect. 4. Prinos. 1. Pyrenae dorso laeves (Prinos foliis deciduis, A. Gray, Man.). Flores secus innova- tiones elongatas axillares. a. Pedicelli © vel omnes breves. 108. I. verticillata A. Gray, Man. 307. America borealis, civit. atlanticae. 109. I. laevigata A. Gray 1. с. — Ibidem. Pedicelli d elongati. 110. I. serrata Thunb. 1. с. 78. Japonia. Conf. infra. 111. I. Sieboldi Miq. Prol. 268. Ibidem. 112. I. ambigua Chapm. Fl. south. U. S. 269. Civitates atlanticae Americae borealis. 113. I. phyllobolos m. Japonia. Conf. infra. 114. I. fragilis Hook. f. 1. с. 602. Himalaya, Sikkim! et Khasia! (Hook. f. Th. п. 7), Bhutan. b. Pedicelli 9 elongati. 115. I. asprella Champ., Benth. 1. с. 65. China australis. Conf. infra. 116. I. geniculata m. Japonia. Conf. infra. 2. Pyrenae dorso costatae (Prinoides, A. Gray Man.). Flores et folia apice ramulo- rum lateralium brevissimorum fasciculata. 117. I. decidua Walt., A. Gray, Man. 306. America borealis, eivit. atlanticae. 118. I. macropoda Miq. Prol. 269. — Japonia, conf. infra. 119. I. mollis A. Gray 1. с. — America borealis, civit. atlanticae. 120. I. monticola A. Gray 1. c. — Ibidem. a ee PUR HUJUSQUE GENERIBUS AFFINIBUS BUNGEA ET CYMBARIA. 3l Synopsis specierum Asiae orientalis. Ilicis species in Asia orientali inhabitant Chinam, excepta quod sciam parte boreali et maxime occidentali alpina (regione Tangut), Japoniam a Lutschu insulis usque ad Yezo, et Sachalin australem. Haud introeunt Mandshuriam, Mongoliam, Sibiriam et Asiam elatam centralem. Brevibus verbis igitur propriae sunt tantum illis regionibus, quae hieme tempe- rata, aestate calida ac pluviosa gaudent. — Species Indiae transgangeticae hie non enumeran- tur, tam quia Ша regio majore cum jure ad Asiam australem ducenda, tam quia adhuc ра- rum investigata est. Е speciebus sinico-japonicis infra enumeratis 28 rite cognitae sunt vix 19, ex habitu tamen omnes 28 sectionibus diversis pro tempore subjunxi. Japonia quam China Ilicibus divitior est, habet enim species 17, contra 11 chinenses, e quibus paucissimae quidem utrique regioni communes, nec vix ulla in alias regiones tran- sit, sed in China verosimiliter nonnullae adhuc invenientur. Quoad sectiones, Paltoriae crescunt in Japonia 2, in China 1 quoad locum valde du- bia, Zlices in Japonia 4, in China 3, quarum 1 dubia, Aquifolia in Japonia 6, in China 6 et fortasse 7 vel imo 8, si species ad calcem enumeratae fere ignotae Вис pertinent, Prinos denique in Japonia 5, in China 1. China igitur gaudet Aquifoliis fortasse numerosioribus, Prino autem tantum unica, Ja- ponia quoad Prinon valde dives, etiam reliquas 2 sectiones paulo ditiores habet, sed potest fieri, ut plantae lignosae imperii chinensis nimis destructae sint, quin rite пипс cognosci possint. Affinitates specierum Asiae orientalis partim cum boreali-americanis, partim cum in- dicis, quod satis elucet ex comparatione specierum quoad sectiones. Ex America boreali enumerantur species 14"), quarum 1 valde dubia (Г. Zanceolata Chapm., nec Griseb.), 1 mihi ignota (I. Amelanchier Curt.). Ex his Paltoria 1 japonicis parum affinis, Zlices 4, а japonicis etiam valde diversae, Aguifolium 1, diversissima, Prinos 6, e quibus plures japonicis simillimae. Ex India orientali et partim Zransgangetica habemus species 24”), e quibus tamen duas a Hookero cum aliis conjunctas redistinxi, una vero mihi plane dubia est. Ex his 25 occurrunt Paltoriae 4, quarum 2 japonicis affınes, Ilices 13, e quibus 1 japonicae simillima, Aquifolia 7, quarum 2 japonicis propinquae, Prinos 1. Quoad Prinon igitur America borealis maxime Japoniae affinis, quoad reliquas sectiones India Chinae et Japoniae propior. Adest etiam affinitas quaedam cum speciebus paucis Antillanis et imo Brasiliensibus (у. gr. I. rugosa cum I. angustissima Reiss.). 1) S. Watson Bibliogr. ind. 1. 157. I. myrtifolia, pro | 2) Hooker fil., Fl. of Brit. Ind. I. 598. varietate I. Dahoon sumta, a me distincta habetur. 32 С. Г. Maxımowıcz, DE CORIARIA, ILICE ET MONOCHASMATE Species Asiae orientalis secundum sectiones supra propositas digestae sequentes: Sect. 1. Paltoria: I. Hanceana m., I. crenata Thunb., I. Sugeroki m. Sect. 2. Пех: I. rotunda Thunb., I. memecylifolia Champ., I. pedunculosa Mig., I. Oldhami Miq., I. pubescens Hook., Arn., quoad locum incertae: Г. chinensis Sims, 1. micrococca m. Sect. 3. Aquifolium: I. integra Thunb., Г. Mertensii m., Г. graciliflora Champ., I. latifolia Thunb., Г. cornuta Lindl., Г. Dürger: Miq., I. subpuberula Miq., I. cinerea Champ., I. formosana m., I. viridis Champ., I. rugosa Е. Schmidt, incerta: Г. lepta- cantha Lindl. Sect. 4. Prinos: I. serrata Thunb., Г. Sieboldi Miq., I.asprella Champ., I. geniculata m., I. phyllobolos m., I. macropoda Miq. Clavis dichotoma specierum. Flores anno praecedente formati, perulis inclusi, vere sequente e gemmis 'propriis ligni vetusti ante innovationes erumpentes, cymae plures fasciculatae у. racemosae. 2. Flores cum et in innovationibus orti, in cymas solitarias axillares collecti, accedentibus passim innovationibus ab- breviatis aphyllis floriferis ex ligno vetusto. 13. 2. Cymae 2 pleiocarpae. 8. » _ » abortu 1-carpae, folia chartacea elliptica apice minute serrulata.....:..... 1. viridis Champ. 3. Folia spinososerrata у. lobata, cymae sessiles у. subsessiles. 4. » serrata serraturis non spinosis. 5. » integra (rarissime passim obsolete pauciserrulata. 12. 4. Folia apice tricornia, juvenilia pauciloba lobis omnibus spinosis ........,........... I, cornuta Ldl. puaequalitenserrata INIVISA eee nee rame ео I. leptacantha Ldl. 5. Cymae secus pedunculum communem racemosae, folia maxima rigide coriacea........ I. latifolia Thb. » subsessiles. 6. 6. Serraturae acutae, folia cuspidata passim superne secus costas obsolete puberula. 7. » obtusae v. crenae, plantae totae glabrae. 8. 7. Folia ellipticolanceolata remote serrata, rami glabri................,.........,.... I. Bürgeri Miq. ». ovatoelliptica crebre serrata, rami-puberuli..:.....1. еее I. subpuberula Miq. 8. Folia superne laevia. 9. » elevatoreticulata. 11. N 9. Pedicelli lineales, folia cuspidata oblonga tenue coriacea. 10. » usque 3-lineales, folia elliptica obtusa, coriacea .......,,....,......,...... I. дгас Дота Champ. 10. Folia subtus, costis tenuibus elevatis exceptis laevia, drupa obtusa ................. I. cinerea Champ. » » elevatoreticulata, drupa stigmatibus convexis apiculata.............. .. Г. formosana m. 11. Macrophylla latifolia utrinque elevatoreticulata, erecta..............,............. I. Mertensii m. Parvifolia stenophylla reticulo superne impresso subtus elevato, fruticulus procumbens VILBATUS er но бе Иа Dee en RAR .. Т. rugosa Е. Schmid. 12. Stylus distinctus, drupa pisiformis coccinea, folia elliptica obtuse acuminata ......... I. memecylifolia Champ. » nullus, folia obovatoobtusa emarginata ............,.... ровное s cool UIUNCCONUAN, 13. Sempervirentes, glabrae. 14. Foliis deciduis (in 1. valde villosa vetustis coriaceis subpersisentibus). 20. 14. Cymae 9 pleiocarpae. 15. » _» abortu 1-carpae, ругепае laeves. 18. 15. Folia serrata, cymae pedunculatae. 16. » integra, stylus nullus, pyrenae suleatae...... DORA A0 0 алое .. I. rotunda Thunb. HUJUSQUE GENERIBUS AFFINIBUS BUNGEA ET CYMBARIA. 33 #164Cyma;sımplex,pyrenaesprofundersüulcataeenee se ee ee I. Oldhami Mia. » composita, folia incumbenti-serrulata. 17. 17. Ramuli hornotini petiolique pubescentes...........................,,..: ее I. chinensis Sims. Тора арта, ругелае Лаеуез “ель. set eine ее are vote eviter ee ce . I. micrococca m. 18. Drupae rubrae. 19. » nigrae, folia parvula apice serrata, ramuli parvuli, frutex ............... ... 1. crenata Thunb. 19. Ramuli glabri, folia integra (rarissime obsolete parcissime denticulata), arbor ........ I. pedunculosa Mig. »>,puberuli, folia-paryula coriacea APICE serrata „еее алое осень o.. Г. Sugeroki m. 20. Rami pedunculi foliaque villosopubescentia, folia subintegra vetusta coriacea, cymae Отан en А Subaru ne dE SP ae I. pubescens H. A. Folia membranacea, pubes parca v. brevis. 21. 21. Cymae pluriflorae sessiles. 22. » saltem 9 abortu 1-florae pedunculo elongato versus medium bracteato genicu- lAtO DYLENACIAO VOS L ee screens обо. ее I. geniculata m, 22. Flores secus innovationes elongatas. 23. » foliaque novella in apice ramulorum lateralium fasciculato-congesta, pyrenae COBtATA CE ee eat cercle Code нов SÉRIE Во ооо оао OU I. macropoda Miq. 23. Flores utriusque зехиз aeque longe pedicellati. 24. » в brevius, © longissime pedicellati, pyrenae costatae .......,.........,..... I, asprella Champ. 24. Folia utrinque pubescentia. 25. » glaberrima, elliptica, acuminata, flores saepius 4-meri................ ee l.serrata hund: ODRR:olyarellıptica ACUMINALA ES 4 20. eee ere sacs en ehe ers nenne one tee à ere ee I. Sieboldi Miq. оо сено АУ Аа EE fe eee ele ee Nenn len een senienir eee I. phyllobolos m. Sect. 1. Paltoria. В. et Рау. Fl. Peruv. I, t. 84, fig. 6 (genus). 1. I. Hanceana. — I. buxifolia Hance in Journ. of Bot. XIV, 364 — nec Gardn. China australis: in sylvisad Wong-mei-chung, Majo 1874 detexit Lamont, fide Hance. Non vidi. Frutex, ex descr. autoris, glaberrimus, foliis rigide chartaceis obovatis у. ellipticoobova- tis integerrimis emarginatoobtusis, tenuiter venosis, 14 — 20 lin. longis, 7 —-10 lin. latis, petiolo lineali. Cymulae © breve pedunculatae 5—6-florae petiolum bis vel ter superantes, pedicelli calyci aequilongi, flores 4-meri circiter lineam longi, calyx puberulus lobis ciliatis ovatis, corolla profunde 4-fida laciniis oblongis, antherae filamento duplo longiores, corollä vix duplo breviores, ovarium minimum stigmate parvo pyramidato. Ex descriptione autoris non patet, an frutex sit sempervirens пес ne, flores cum dubio pro © habet et si tales sunt, tum filamentis brevibus excellunt, cymulas subsessiles describit её pedicellos calycem aequantes, sed totus flos circa lineam longus dieitur, nihilo minus cymae petiolo 2—3-lo longiores traduntur, unde pedunculus ad minimum bilinealis esse debet, petiolo lineali. Fructus ignoti. De affinitate nil dieitur et ex descriptione vix aliquid stabiliendum. Hic collocavi, quia locum meliorem nescio, et flores pro $ habeo ob ovarium minutum. Fortasse Г. Walkeri et I. emarginellae Turcz. appropinquanda. 2. I. crenata Thunb. Fl. jap. 78. Fruticosa ramosissima densissime frondosa pro- funde viridis, ramulis novellis angulatis puberulis; foliis coriaceis lucidis subtus glanduloso- Mémoires de l'Acad. Пар. des sciences, VIIme Serie. 5) STORE И ER ИТ НИ à PT ARR NAS ET 2 À$ . 34 С. J. Maxımowıcz, DE CORIARIA, ILICE ET MONOCHASMATE punctatis opacis subaveniis breve petiolatis ellipticis у. lanceolato- у. obovato-ellipticis у. rotundatoobovatis utrinque acutis у. apice obtusis cum mucronulo, fere a basi у. a medio crenato-serratis, pl. juvenilis mucronatoserratis; cymis pedunculatis petiolo longioribus- pedicellis florem aequantibus у. superantibus, d 3—6-, © abortu 1-floris; calycis 4-fidi lobis deltoideis quam corolla alba duplo staminibusque paulo brevioribus, ovario brevi turbinato stigmate 4-lobo depressocapitato; drupa nigra lucida stigmate сопуехо parvo superata; pyrenis 4 opacis dorso convexis. Sieb. Дисс. Fl. jap. fam. nat. In. 147. Miq. Prol. 268. Franch. Savat. 1. с. I, 76. Е. Schmidt, Fl. Sachal. п. 101. Zlex spec. Miq. Prol. 367 (herb. Itö Keiske п. 484! spec. stenophyllum et parvifolium). Celastrus adenophylla Miq. in Ann. mus. Lugd. Bat. II, 85. Тзиде altera, Chamaebuxus minor cet. Kaempf. Am. exot. 781.—? I. Thomsoni Hook. f. Fl. Brit. Ind. I, 602. Sachalin australi: Noto-sama et Sira-nussi (Glehn!); Japonia (Blume!, Buerger!, Wright!): ins. Yezo in sylvis densis, arundinetis montium fruticetisque ad Konoma, Sigi- nope, Nodafu, Ног. Julio, fructif. Septembri (ipse, Albrecht!, jap. yama tsugi 1. e. tsugi montana, vulgo nedzumi tscha 1. е. thea murina); Neppon: prov. Nambu (Tschonoski! frf.), circa Yokohama, Junio fl. incip., frf. Octobri (ipse), Yokoska in collibus (Savatier!n. 225), montib. Hakone et vulcano Fudzi usque ad marginem super. sylvarum ascendens, Oct. Novbri frf. (ipse), Simoda (Kusnezow!); Kiusiu: eirca Nagasaki in fruticetis sat frequens, fine Novembris fructif., init. Junii fl. (Textor!, Oldham!, ipse!), vulcano Wunzen (ipse). Tum fortasse (I. Thomsoni) in Himalaya: Sikkim (Thomson! frf., Hook. f. et Thomson! Пел п. 9.), Khasia (Griffith! distr. Kew. п. 2003 frf.). Affinis Г. glabrae A. Gray, Г. chamaedryfoliae Reiss. et Г. microphyllae Hook. quae omnes foliis parvis subtus pl. m. nigropunctatis congruunt. Ex his 7. glabra drupa pariter nigra foliisque subeveniis instructa, flore saepius 5—6-mero foliorumque forma nimis differt. 1. chamaedryfolia, cujus drupa ignota, habet folia rigidius coriacea, discolora, spathulata у. spathulatolanceolata apicem versus distinctius serrata, сутаз d puberulas saepe compo- sitas et costas foliorum subtus prominentes. Г. microphylla Hook. Icon. П. 139 (Guancas, Fielding! п. 1636 Вог.) magis abhorret pyrenis, ex icone, dorso sulcatis, пес non floribus ex innovationibus, foliis orbiculato-obovatis superne minute viscide puberulis; de colore drupae nil constat. 1. Thomsoni Hook. f., jam a Miquel pro Г. crenata declarata, etiam a me non diversa habetur, non obstante drupa ex descript. purpurea, nam in Z.crenata nondum matura etiam purpurascit. Г. Horsfieldi Miq., quae I. Thomsoni valde affinis, sed Юз diversa dicitur, а ше non visa, diagnosi in Miq. Fl. Ind. bot. I, р. 2, pag. 594 gaudet, ex qua ne una quidem differentia ab Г. crenata perspicienda, folia enim in Z. crenata valde variabilia. I. crenata in subalpinis ins. Yezo alt. supra mare ultra 1000 ped., et in alte alpinis Nippon et Kiusiu frutex 1—3-pedalis, divaricatus, subprostratus, microphyllus, in sub- alpinis australioribus erectus, 4-pedalis, in planitie, v. c. circa Yokohama, in sepibus plan- tatus fere orgyalis macrophyllus et simul valde latifolius, attamen et in declivitatibus aridis LR ET AG UT HUJUSQUE GENERIBUS AFFINIBUS BUNGEA ET CYMBARIA. 35 lapidosis prope mare circa Nagasaki prostratus parvifolius et acutifolius invenitur. Inter omnes has formas nulli limites stabiliendi et varietates bene circumscriptae haud distin- guendae. Frutex juvenilis et sterilis, pedalis aut altior folia fere a basi mucronato-serrata, mucrone porrecto distinctissimo, in innovationibus saepe linearilanceolata acutissima profert, ad 35:9 mm. magna. Planta alte alpina, trunco communi brevissimo, sed pedem usque crasso (у. gr. in Fudzi-yama) fruticem intricatoramosissimum foliosissimumsistit, foliisanguste ellipticis у. ellipticoobovatis acutiusculis, appresse subobsolete serrulatocrenatis, circiter 22:10 mm. magnis, praeter petiolum 4 mm. — Planta ex aridis Nagasaki folia similia, sed mucronatoacuta, 10:8, 12:5 usque ad 18:7 mm. magna, sat argute mucronato- serrulata habet. — Subalpina yezoënsis et kiusiana foliis obovatis obtusiusculis v. obtusis, versus apicem paucicrenatis, crenaturis obsolete mucronulatis vel muticis, 22:12 mm. magnis, gaudet. — Simillima, sed acutifolia et mucronatoserrata sterilis circa Simoda lecta fuit. — Frutex e sepibus Nippon ПП e Kiusiu similis, sed multo major. — Yezoönsis syl- vestris folia fert late obovata v. imo rotundatoobovata, obtusa cum mucronulo, obsolete v. distincte serrulato-crenata, 30:20, 25:18, 18:13 mm. magna. Flores diam. 4 mill., cymae d passim ex axillis vetustis composite racemosae, © 1—3-florae, sed 1-carpae, pedunculi drupam 6 mm. magnam aequantes v. paulo longiores. Pyrenae obtuse trigonae coriaceae laeves, 5:3 mm. magnae. Culta in hortis occurrit foliis luteo vel ао variegatis, viridis pro sepibus optime ad- hibenda. I. nummularia Franch. Savat. 1. с. II, 311, a me non visa quidem, sed ob folia valde ludentia Г. crenatae supra exposita vix non ejus forma latifolia obtusifolia; serraturae porrectae triangulares plantam juvenilem indicant. 3. I. Sugeroki п. sp. Frutex у. arbuscula ramosissima dense foliosa, ramulis novellis angulatis petiolisque minute pulvereopuberulis; foliis coriaceis obsolete venosis subconcolo- ribus superne lucidis ovatis у. ovatoellipticis breve obtuse acuminatis seu acutiusculis, а medio ad apicem crenatis; floribus 5-meris; cymis © 3-floris, pedunculis folio parum brevi- oribus, pedicellis florem aequantibus; cymis © 1-floris pedunculis gracilibus flexuosis infra medium bracteatis flore pluries longioribus passim folia aequantibus; calycis laciniis ovatis dense longe ciliatis, corollae late ovalibus stamina fl. d parum, calycem triplo superantibus, ovario stigmate convexo; drupa sordide rubra opaca globosa stigmate plano; pyrenis 4 ob- tuse trigonis dorso convexis laevibus crustaceis. Japonia: sub nom, kuro sojogo cum Sieboldo communicata est frf. a Midzutani Sugerok!, sterilis et 3 ab alio botanico japonico!; in Nippon media, ad latera sylvestria alpium Fudzi et Nikko, in boreali, ргоу. Nambu (Tschonoski! © et fructif.) Affinis I. glabrae A. Gray, cujus fructus solitarios habet, et Г. lucidae Torr. et Gray, cujus formae foliorum accedit, sed folia impunctata et fructus rubri. Ab I. crenata Thunb. abunde distincta foliis, pedunculo gracili et fructus colore. Б* I 36 ` С.Т. Maxımowıcz, DE CoRIARIA, ПлсЕ ET MONOCHASMATE Adsunt formae 2: brevipedunculata: drupa nutante pedunculo 1,—2-lo breviore, et longepedunculata: drupa erecta у. erectiuscula a pedunculo folium subaequante pluries superata, Petioli 3—7 mm., lamina 20:11 usque 45:28 mm. magna. Flos d diam. 3 mm. ex sicco albus, drupa matura 7—8 mm., ругепа 4:2 mm. Tab. 1. Fig. 7. specimen defloratum $ magn. nat.; 4. drupa m. nat., formae brevipedunculatae; e. pyrena quinquies aucta, superne a dorso, inferne a ventre visa. Sect. 2. Ilex. 4. 1. rotunda Thunb. 1. с. 77. Arbor vasta glabra ramulis teretiusculis; foliis coriaceis lucidis concoloribus subtus elevato-costatis integris, pl. m. late ellipticis у. summis ob- longoellipticis, basi in petiolum longiusculum attenuatis, inferioribus obtusis acutisve, reliquis breve acuminatis; cymis compositis umbellatis, $ multifloris petiolo vulgo longio- ribus, $ plurifloris petiolo saepe brevioribus; floribus 4—5-meris pedicello longioribus, calycis lobis corollaeque partitionibus rotundatis his duplo longioribus reflexis, in d stamina non attingentibus, in © superantibus, antheris ovatooblongis, ovario stigmateque turbinatis; drupa globosa coccinea pulposa stigmate convexo coronata; pyrenis 4—5 dorso сопуехо longitudinaliter parallele bisulcatis. Sieb. Zucc. 1. с. п. 150. М1а. Prol. 270. Franch. Savat. 1. с. 76. Г. spec. incerta leg. Textor, Miq. Саба. hb. japon. 19. Sjeroggs, Kaempfer I. с. 779. I. microcarpa Lindl. et Paxt. Fl.G. I, 43, fig. 28 (ex descr., fig. et comparat. cum I. rotunda). р In Japonia (Siebold! jap. siröki, 1. е. lignum album, Bürger!), ins. Nippon: hortis Yedo veros. tantum plantata, Novbri fructif., Kamakura, etiam vix non culta, fr. mat. De- cembri (ipse), silvis montanis prope pagum Susoka toge (Buerger ex Miquel); Азии: prov. Hizen prope Tano-simaru, Julio © deflor. (ipse), circa Nagasaki (Siebold!, Oldham п. 1420, 143 fr. immat., sine № fructif., ipse) Junio fl. d et 9, Januario frf., silvis ob- scuris m. Yuwaya passim, post med. Majum попа. Вог. (ipse); ins. Zsu-sima (Wilford! fructif.); Korea2') (Wilford! $); China media borealiore, loco dicto Tein-tung (Fortune fide Lindley). — Fortune vivam Angliam introduxisse dieitur. Decaisne in Van Houtte, fl. d. serres, IX, 186, inter species in hortis europaeis a. 1853 cultas enumerat. Goep- pert, Ilices hortenses enumerans in Regel, Gartenfl. 1854, 323, vivam habuisse videtur, nam addit, folia hinc inde dentata fuisse. | Simillima, at optime distincta, I. excelsae Wall. sub Cassine in Roxb. Fl. Ind. ed. Carey, II, 376, Hooker f. 1. с. 603. et I. pedunculosae Miq. Prior, a Hooker vix поп 1) Schedula adjecta habet littus Mandshuriae lat. 44 | I. rotunda etiam non occurrit, Tsu-sima et Korea, patria — 45°, ubi nulla arbor sempervirens crescit. Quum plan- | verosimiliter erit Korea. tas Wilfordi praeterea acceperimus e Hakodate , ubi HUJUSQUE GENERIBUS AFFINIBUS BUNGEA ET CYMBARIA. 37 identica dicta, pyrenis dorso convexo esulcatis floreque albo differt. Secunda суша Ф longius distat. Habitu haud dissimilis etiam 7. brevicuspidi Reiss., cujus cymulae tamen pedunculo subnullo instructae. Arbor pulchra, 50—60-pedalis, plures pedes crassa, cortice profunde cinereo rimoso. Petiolus foliorum inferiorum 15 mm., reliquorum 20—25 mm. longus, lamina priorum 50:30 mm. magna, posteriorum 70 : 45 usque ad 90 : 40 mm. Flores sordide lilacini, diam. 5 mill. Drupa mox globosa 5 mm. magna, mox subovaliglobosa, 8 : 6 mm. magna. Pyrenae laeves, trigonae, centro acutae, latere obtusae, 5—6 mm. longae, 2—2"/, mm. latae, crustaceae. Folia plantae juvenilis у. ramorum innovantium rarissime hinc denticula 1—2 ornata. Tab. 1. fig. 5. pyrena 7. rotundae quinquies aucta, а dorso et a latere. 5. |, memecylifolia Champ. 1. с. 328. Frutex ramosissimus, ramulis gracilibus tere- tibus hornotinis ad apicem minute pulvereo-puberulis; foliis saturate viridibus coriaceis lucidis subtus opacis, adultis subeveniis, hornotinis tenue arcuatovenosis, late obovato- v. oblongo- v. rite ellipticis basi acutis, infimis apice obtusis, reliquis breve obtuse acu- minatis, integerrimis (rarissime hinc pauciserrulatis); floribus 4-meris, cymis subsessilibus, $ pluri- & paucifloris; pedicellis florem 3 aequantibus у. superantibus, flore © triplo longi- oribus; calycis lobis late deltoideis quam petala alba late ovalia stamina d aequantia triplo brevioribus, stylo distincto; drupa globosa pisiformi coccinea stylo crasso breve cylindrico superata, pyrenis 4 laeviusculis. Benth. Fl. Hongk. 65. China australi: vulgaris in collibus circa Hongkong, fine Aprilis fl. et с. fr. juv. (Wright!), Majo flor. (Hance!, Forbes!). Var. В. nummularia Champ. 1. с. foliis minoribus latioribus saepe retusis, pedicellis brevioribus, a me non visa, a Bentham non distinguitur. Ob styli praesentiam comparari potest cum Z. malabarica Bedd. (Stocks! in hb. Ind. or. Hook. f. et Thoms.), sed in hac flores saepius 5—6-meri et folia chartacea, I. side- roxyloidi Griseb., cujus flores 5-meri, et Г. inundata Poepp., ubi flores quidem 4-meri (< nondum пой), sed costae foliorum prominentes et inflorescentia Aquifolii. Cortex vetustus cinereus rimosus. Folia inferiora petiolo 2 mm., lamina 25 : 13 mm., reliqua petiolo 4 mm., lamina 55 : 30 ad 63:28 mm. magna. Pedicelli fl. d 2—6 mm., rarius terni, pedunculo aeque longo suffulti, pedicelli fl. 2 6—9 mm. longi, pedunculo in 9 nullo. Corolla & diam. 4, © 6 mill. Drupa 5 mm., pyrenae obtuse trigonae 4:2 mm. magnae, immaturae coriaceae. i 6. |. pedunculosa Miq. Versl.en Med. Akad. Wetensch. 2 ser. II, 83. Arbuscula semper- virens glaberrima, foliis longiuscule petiolatis coriaceis lucidis subdiscoloribus integerrimis (rarissime hinc pauciserrulatis) ovato- у. lanceolato-ellipticis, basi rotundatis, apice acute acuminatis; cymis pedunculatis pedunculo petiolum superante, © compositis subumbellatis pluri- у. multifloris, © 1- (2 —3-) floris; floribus 4-meris; calycis lobis deltoideis quam 38 С. Г. Maximowicz, DE CoRIARIA, ILICE ET MONOCHASMATE petala late obovata stamina superantia triplo brevioribus, stigmate crasso convexo; pedun- culis fructiferis 1-carpis; drupa globosa coccinea pulposa, stigmate convexo apiculata, 4-pyrena, pyrenis dorso convexis laevibus crustaceis. Miq. Prol. 270. Franch. Savat. I, 77. I. spec. 507090, hb. Itö Keiske! n. 119., Mig. Prol. 366. Г. spec. incerta a Siebold! lecta, Miq. Cat. hb. japon. 19. In Japonia (Buerger!), ins. Nippon vulcano Fudzi-yama (Tschonoski! ©, 9, frf.); Кизи: prov. Higo alpe Higo-san, in silvis vetustis ad pedem, fine Junii fl. d et $, princi- patu Simabara, fine Septembris frf. (ipse). — Japonice audit Soyogo, fide Tanaka ex Savatier, et Itö-Keiske. Nomina vero a Miquel adducta, ex confusione cum Г. rotunda, non hanc, sed 7. rotundam spectant. Ex herbario simillima I. rotundae, pro cujus varietate «drupis longe pedunculatis» habebatur a Siebold et Zuccarinil.c.n. 150., sed inflorescentia et pyrenae plane alienae. Propior sane est I. embelioides Hook. f. Fl. Brit. Ind. I, 601 (vidi a Griffith frf. collec- tam, sub п. 2005 a hb. Kew. distrib., Ilicem п. 6 et I. excelsam collect. Hook. f. et Thoms. e Khasia fl. 8), sed differt pube brevissima ramulorum innovantium, petiolorum et inflorescentiae, foliis breviter petiolatis minoribus angustioribus, longius acuminatis, mani- festius et frequentius mucronato - serrulatis, floribus plerisque ex ligno vetusto, pedunculis @ petiolo brevioribus, convenit autem pedunculo abortu 1-carpo, inflorescentia d pluriflora, pyrenis 4 dorso convexo laevibus. Arbuscula gracilis, 10-pedalis, 3 poll. crassa. Folia novella purpurea, et adulta in sicco nigrescentia, angustiora petiolo 11—15 mm., lamina 50:18 mm., latiora petiolo usque 20 шш., lamina 65:30 mm. magnis. Pedunculi graciles petiolo duplo у. triplo longiores, d ex apice bracteato cymam umbellatam subcompositam 5—10-floram emittentes, pedicellis flore sesqui ad triplo longioribus. Rarius accedit ex ligno vetusto pedunculus a basi racemose obsessus cymis pedunculatis lateralibus plurifloris, ita ut panicula brevis ovalis multiflora evadat. Flos diam. 4 mm. Antherae late ovatae filamentum aequantes. Pedun- culus 2 saepissime 1-florus, accedentibus rarius floribus lateralibus serioribus 1 — 2 fere semper sterilibus. Pedicelli vulgo quam in © longiores, И florum fertilium crassiores. Diam. corollae © 5 mm. Pedunculi fructiferi haud raro folium fulciens aequantes, erecti; drupa 6 mm., pyrenae 4:2'/, mm. 5 7. |. Oldhami Mig. Prol. 269, 273. Arbor vasta glabra, ramis hornotinis angulatis densifoliis; foliis tenue coriaceis, inferioribus ovatoellipticis, reliquis elliptico- у. lanceo- lato-oblongis, omnibus basi cuneatis apice acuminatis, a medio remote crenatis, lucidis, subtus opacis venisque tenuibus prominulis; cymis pedunculatis umbellatis, © compositis multifloris petiolos superantibus, © saepius simplicibus plurifloris petiolo aequalibus; floribus 4-meris; calycis lobis depresse semirotundis ciliatis, corolla 4-partita stamina superante laciniis rotundatis calyce duplo longioribus, stigmate convexo; drupa globosoovali stigmate plano, coccinea succosa, pyrenis 4 acuminatolanceolatis lucidulis, dorso sulco profundo HUJUSQUE GENERIBUS AFFINIBUS BUNGEA ET ÜYMBARIA. 39 longitudinali exaratis crustaceis, Franch. Savat. 1. с. 76. Ilex spec. incerta а Buerger et Textor sterilis lecta, Miq. Cat. hb. japon. 19. Sjiroggi altera, аз Namöme, Kaempf. Am. exot. 779 ex nomine vernaculo et descriptione. In Nippon: silvis ad lacum Togits prope Hakone (Buerger, teste Miquel); Ки: silvis frondosis circa Nagasaki sat frequens arbor, fine Maji fl., medio Aprili anni sequentis fructus maturans, qui corrugati usque ad Februarium sequentem persistunt (ipse, Old- Ваш! п. 151 Set ©, 149 d, 150 fr. попа. mat.). — Japonice circa Nagasaki vulgo Na mamé. Species sui juris, affinitatis obscurae. Pyrenas, ab autoribus ubique nimis neglectas, nonnihil similes vidi in J. canariensi Poir. et affinibus, sed hic nec laeves пес lucidae, et inflorescentia e gemmis squamatis orta ligno vetusto insidens foliaque diversissima. Arbor pedem usque crassa, 30—40 pedes alta, cortice cinereo rimoso, coma densa profunde viridi, sed juvenilis 8-pedalis jam florens. Folia in sicco fuscescentia, hieme in vivo violacea, infima petiolo 8 mm., lamina 50:20 mm., superiora petiolo 13 mm., lamina 100 : 35 mm. magna. Corolla sordide violacea, laciniis reflexis, diam. 4 mm. Stamina d erecta, filamenta subulata antheram ovatooblongam atropurpuream polline flavo vix aequan- tia, stamina © similia antheris vacuis. Drupa lucida laevis, 8—12 mm. longa, 5—8 mm. lata. Pyrenae trigonae, margine ventrali acutissimo, lateralibus obtusis, sulco dorsali plus quam trientem latitudinis dorsi occupante, usque 7:2'/ mm. magnae. Albumen etiam dorso profunde sulcatum. Tab. 1. fig. 4. pyrena I. Oldhami a dorso et a ventre, 5-ies aucta. 8. I. micrococca п. sp. Glaberrima ramulis novellis angulatis purpurascentibus, foliis chartaceis longe tenueque petiolatis oblongis basi obtusis, apice sensim longiuscule cuspi- datis, subtus pallidis opacis venis tenuibus utrinque prominulis, fere a basi minute appresse mucronato-serrulatis; cymis Ф pedunculatis pedunculo petiolum subaequante, compositis umbellatis multifloris; floribus 5—6-meris, calycis lobis depressotriangulis; drupa minuta globosa coccinea (?) stigmate orbiculato lobato vix convexo coronata, pyrenis 5—6 obsolete trigonis dorso сопуехо longitudinaliter sulco 1 percursis. Japonia, a d. Siebold a botanico indigeno sub nomine vernaculo woho sandzuki ac- ceptum spec. 1. parvum fructiferum vidi in herb. Acad. Petrop. Floribus d et © ignotis affinitas dubia. Inflorescentia composita multiflora accedit ad praecedentem, prope quam pro tempore ponenda. Praesto est summitas ramuli novelli, pennam corvinam crassi. Petioli pro genere tenues, 25 et fere 30 mm. longi, lamina 90—100:35 mm. magna, costae debiles arcuatae mox ramosae utringue 8—10; substantia tenuis folii novelli postea fortasse magis coriacea fit. Drupae 3—4 mm., ex 31660 evidenter rubrae, pulposae. Pyrenae 1'/, mm. longae, 1 mm. latae. Tab. 1. fig. 6. Specimen unicum notum fructiferum m.n.; 6. drupa a basi et vertice et с. pyrena а latere, ventre et dorso, 5-ies auctae, Е ВИ Dre ER 40 С. Г. MaxımowIcz, DE СовтавтА, ILICE ET MONOCHASMATE 9. I. chinensis Sims in bot. mag. 2043. Frutex (у. arbor?) ramis novellis petiolis et costa foliorum puberulis; foliis oblongolanceolatis breve acuminatis tenuiter venosis, in petiolum attenuatis, inferioribus a medio remote serrulatis, superioribus integris; cymis plurifloris d subcompositis pedunculo petiolum superanti insidentibus; floribus 4-meris al- bis, petalis patentibus oblongis stamina erecta superantibus. Culta in Anglia floruit a. 1814, е planta е China, ut dicunt, allata. Non vidi. Diagnosis ex icone et descriptione breviore Simsi concinnata. Planta describitur sem- pervirens, foliis minute obscure maculatis, maculis in sicco evanescentibus. Floret, fide iconis, ex innovationibus, cymis basi non squamatis. Folia delineata obscure viridia, majora petiolo 7—10 mm., lamina 70—80: 25 —30 mm. magna. Corolla diam. 6 mm.; analysis deest. Planta пипс obsoleta videtur, a Goeppert in enumeratione Zlicum hortensium (in Regels Gartenflora, 1854) omissa, enumeratur tantum in ejus indice specierum tune cogni- tarum, ubi locum tenet inter I. Dahoon Walt. et Г. angustifoliam W. А Decaisne (in У. Htte, fl. d. serres, IX.) omnino omittitur. 10. I. pubescens Hook. Arn. Bot. Beech. 176. t. 85. Benth. in Hook. journ. bot. and Kew gard. miscell. IV, 330. Fl. Hongk. 65. China australi: Hongkong, ad montium latera frequens, medio Aprili flor. (Wright! © f., Hance! fl. 2 et fructif.) et in continente adjacente crescit, fide Bentham. Species habitu inter sempervirentes et deciduas intermedia, ad has tamen pube co- piosa floribusque 5 — 6-meris propius accedens. Affinis Г. cerasifoliae Reiss. (e Brasilia), quae etiam folia coriacea nonnulla anni praeteriti cum membranaceis innovatis servat et valde pubescit, sed foliis duplo majoribus, costis prominentibus, foliis superioribus lon- giuscule cuspidatis et floribus © numerosioribus longius pedicellatis, cymis passim breve peduneulatis distinguitur. * Frutex gracilis ramosus У. arbuscula, ramis annotinis et novellis acute angulatis, pilis patentibus densis villosis. Folia vetusta coriacea, novella chartacea, breve petiolata, petiolo 2—4 mm., utrinque, praesertim ad costam subtus densius piloso-pubescentia, opaca, in- feriora rotundato-ovalia utrinque obtusa, 20:17 mm. magna, у. elliptica, apice obtuso у. acutiusculo mucronata, a 25:14 ad 45:25 mm. magna, superiora elliptico-lanceolata basi breviter cuneata, apice breve acuminata, 45:18 ad 50:25 mm. magna, integra у. rarius passim hinc inde apicem versus minute mucronulato-serrulata. Cymae d brevi- pedunculatae, © subsessiles, 3 — 6-florae, cum calyce dense pilosae. Flores 5 — 6-meri, lilacini, rarius albi, fide Champion, purpurei, ex Wright, pedicellos subaequantes, diam. 4—5 mm. Calycis lobi deltoidei laciniis corollae rotundatis duplo у. triplo breviores. Sta- mina corolla breviora, filamentis in fl. Q late subulatis antheram ovatam aequantibus, in d indescriptis. Ovarium breviter conicum, stigma capitatum crassum. Drupa coccinea opaca globosa, stigmate crasso apiculata, pedicello aequilonga, diam. 5 mm. Pyrenae crustaceae, trigonae, dorso sulco longitudinali percursae, 2°/ : 1 mm. magnae. HUJUSQUE GENERILUS AFFINIBUS BUNGEA ET CYMBARIA. 41 Sect. 3. Aquifolium. 11. |. integra Thunb. Fl. Jap. 77. (exel. nom. japon.). Arbor parva (у. in Yezo frutex) glabra, cortice ramorum laevi, foliis coriaceis integris (v. rarissime apicem versus hine 1—3-serrulatis) obsolete venosis opacis у. superne lucidulis subtus pallidioribus, lon- giuscule petiolatis, inferioribus obovatis reliquis obovato- v. rite ellipticis v. elliptico-lan- ceolatis, omnibus obtuse, rarius acute breve acuminatis, passim apiculatis; fasciculis florum раз! perulatis sessilibus multifloris, pedicellis flori aeque longis vel longioribus; floribus 4-meris; calycis laciniis rotundatis, petalis basi connexis calyce plus triplo longioribus late ovalibus, quam stamina in Z brevioribus, in © duplo longioribus, germine late ovoideo stigmate plano aequilato; drupa subfarinosa globosa opaca majuscula sordide fusca pedi- cellum aequante v. breviore, pyrenis 4 cartilagineis trigonis oblique subobsolete rugosis. Sieb. Дисс. 1. с. п. 148. М1а. Prol. 269. Franch. Savat. 1. с. 77. Too sei, vulgo Mots- no-ki, Kaempf. 907. ex nomine et usu. Prinos integra Hook. Arn. in Beech. Voy. 261. Fere per totaın Japoniam frequens: Yezo australi, ad Mohidzi, ad vallium sylvosarum latera, altitudine 1000 ped. supra mare et ultra, consortio Aucubae, Daphniphylli et Skim- miae inter Arundinarias non frequens, frutex 1 — 3-pedalis, init. Лали с. alab. (ipse), Idzi Nowatari, simili loco et altitudine, fine Octobris с. alab. pro anno futuro (ipse), Junio fl., Octobri frf. (Albrecht!); Nippon boreali, prov. Nambu, media, alpe Nikko (Tscho- noski, d, ©, frf.), Yedo, med. Octobri frf., Yokohama, init. Май fl. d et 2, Novembri et ad Decembrem frf. (ipse), Yokoska (Зауа ег! 9, frf.); m. Homan-take (Buerger! à, frf.); Кизи, circa Nagasaki (Oldham! п. 145 frf.) ubique, Majo fl., nec non frf. с. inno- vationibus, Februario frf. (ipse); archipelago Koreano (Oldh.! n. 144, nond. fl.); Korea, circa portum Hamilton (Wilford! 3 defl., fr. immat.); Bonin-sima (ex Hooker et Ar- nott). Japonice vulgo tori modsi, quia ex Вас specie collam tenacissimam ad aves capiendas parant incolae. Varietates distinguendae duae: a. typica: ramis fuscis rore caesio, foliis minoribus obtuse acuminatis, pedicellis cras- sioribus, bracteis calyceque ciliolatis. Haec est arbor per Japoniam australem et mediam vulgatissima, nec non e Korea allata. ß. leucoclada: frutex (fortasse et arbor) ramis albidis non caesiis, foliis tenuius coria- ceis majoribus acute acuminatis, pedicellis gracilioribus, bracteis sepalisque eciliatis, ger- mine stigmateque breve conicis. In Nippon boreali et Yezo viva, e Yedo culta, a me in- troducta in hortum Petropolitanum a. 1864, ubi a. 1866 florebat. Typus sistit fruticem orgyalem v. arborem usque 20-pedalem gracilem, parce ramo- sam, ramis dense ramulosis denseque frondosis, fronde post florescentiam innovata, sub- cinereoviridi, vetusta saepe pulvere шото’ funguli cujusdam superne tecta (шас fortasse a Mémoires de l'Acad. Imp. des sciences, VIIme Série. 6 42 С. Г. Maximowicz, De СовтАвтА, Плсв вт MONOCHASMATE Kaempfero aspera dicta). Folia pl. adultae integerrima, juvenilis talia у. rarius singula alterave cujusvis ramuli hine у. utrinque а medio ad apicem serraturis paucis minutis distantibus instructa, ramulorum infima obtuse obovata, petiolo 5 mm. longo in laminam 30 : 20 mm. magnam sensim abeunte, sequentia petiolo 8 mm., lamina 45 : 22 mm., supe- riora sensim longiora petiolo 14 mm., lamina 70 : 25 mm.; costae utrinque vix obsolete prominulae. Flores d pedicellis 5 — 6 mm. longis numerosis basi bracteatis insidentes. Bracteae numerosae densae, late ovatae, erosociliatae. Corolla rotata 4-partita, viridulo- lutescens, diam. 8—10 mm. Filamenta late subulata, antherä ovata pluries longiora. Ger- minis vestigium orbiculatum distinctissimum. Flores 2 multo pauciores, 1 — 3, ceterum, praeter stamina breviora germenque magnum consimiles. Drupa primum viridulocinerea, tum cinereofusca, in vivo subovoideoglobosa, vertice stigmate amplo leviter 4-lobo vix prominente notata, diam. 10—12 mm. Ругепае 6 : 4'/, mm. magnae, dorso planae у. sub- concavae et oblique pl. m. lineis elevatis a margine versus medianam ascendentibus notatae. Var. leucoclada, in Yezo a me observata, truncis pluribus instructa erat erectis. Cor- tex ochroleucus. Folia majora et interdum angustiora: petiolo 10 mm., lamina 110: 30 mm., уе] similiora petiolo 15 mm., lamina 85:35 mm. Corolla mascula minor, diam. 6 mm., petala teneriora stamina aequantia, filamenta angustius subulata. Ovarium fl. 2 nonnullorum, qui praesto sunt, duplo minus, stigmate-conico. Drupa minor (8 — 9 mm.) stigmate coronata magis convexo et duplo minore. Pyrenae dorso obsolete subparallele striatae, fere laeves. — Differentiae sane satis numerosae, sed forma nimis affinis, quin ali- quid aliud esse possit quam planta limiti suo septentrionali proxima. Tab. 1. fig. 3. Pyrena Г. integrae е valde nervosis, a dorso et ventre, 5-ies aucta. 12. I. Mertensii п. sp. Glabra ramis crassis, foliis coriaceis supra lucidis subtus opacis utrinque nervosis et elevato-reticulatis, breve et crasse petiolatis, a rotundo in oblongo- ellipticum ludentibus, emarginatis v. obtusis, a medio remote crenatis v. integris; cymis e ligno vetusto basi perulatis sessilibus, © fasciculatis paucifloris, pedicellis crassis drupa globosa sordide rubra farinoso-sicca brevioribus; calyce stigmateque plano vix 4-lobis; py- renis 4 triquetris pl. m. retieulato-costatis coriaceis. Bonin-sima (H. Mertens in hb. Acad. Petrop. fr. immat.). Ex affinitate I. integrae Thunb., sed foliorum forma et crenis abhorrens. Ab I. neo- caledonica m. (conf. supra pag. 23.) differt cymis sessilibus e ligno vetusto, foliis crenatis et pyrenis non osseis, Г. Macoucouae et I. dioicae quoad folia similior, sed foliorum forma, magnitudo et reticulatio proxime accedunt ad Ша Byroniae sandwicensis Endl. (I. anomalae Hook. Arn. Bot. Beech. t. 25), quae tamen folia integra habet. Petioli S— 12 mm., lamina foliorum 40 : 25 usque 75 : 53 vel 75 : 35 mm. magna, costis utrinque circiter 5 principalibus, arcuatis, inter se ante marginem et venulis trans- versis in reticulum laxum distinctissimum conjunetis, angulo acuto e costa media egressis. Drupa pisiformis. Pyrenae 4 :2 mm. magnae. 3 ды" А + CE TARN "Lt rar He Org à PAPE ми x ER ETS HUJUSQUE GENERIBUS AFFINIBUS BUNGEA ET CYMBARIA. 43 13. I, graciliflora Champ. 1. с. 328. Arbor gracilis parce ramosa glabra, ramulis teretibus; foliis coriaceis lucidis subtus opacis, ellipticis у. oblongoellipticis in petiolum longiusculum attenuatis, obtusis vel brevissime obtuse cuspidatis, integris у. obsolete paucicrenatis, utrinque sublaevibus; florum fasciculis sessilibus, pedicellis gracilibus flore fructuque longioribus; floribus 4-meris; calycis lobis semiorbiculatis petalisque triplo lon- gioribus late ovalibus basi brevissime connatis ciliolatis; staminibus d petala aequantibus, ‚drupa globosa pisiformi «purpurea» stigmate discoideo plano, pyrenis 4 crustaceis obtuse triangulis opacis obsolete subrugosis. Benth. 1. c. 65. In China australi: Hongkong, frequens ad collium latera, fine Aprilis fl. (Wright!), Novembri fructif. (Hance!). A proxime affıni I. integra Thunb. differt floribus d minoribus, albis у. pallide rubris, staminibus longitudine petalorum, drupa multo minore. Ramuli in vivo purpurascentes. Folia in sicco olivacea, inferiora petiolo 10 mm., la- mina 40 : 24 mm., superiora petiolo 12—14 mm., lamina 55 : 25 mm., medio latissima у. summa passim versus apicem latissima (anguste elliptico-obovata). Pedicelli fl. & in axillis numerosi, 5 —6 mm. longi. Petala 2'/, mm. longa. Drupa 6 mm., subsicca, opaca, ругепае 3:2 mm. magnae. 14. |, latifolia Thunb. Fl. Jap. 79. Arbor vasta coma densa, ramulis crassis glabris hornotinis angulatis; foliis amplis rigide coriaceis superne lucidis elevato-costatis subtus opacis laeviusculis, inferioribus ovatis ellipticisve obtusis, reliquis ovalioblongis oblongisve, utrinque breve acuminatis, serrulatis; cymulis d 1— 3-floris atque © abortu 1-floris in pedunculo petiolum superante racemosis, bracteis numerosis ovatis; floribus 4-meris, caly- cis lobis rotundatis ciliolatis, corolla rotata partita calycem plus triplo superante, stamina in < subaequante, in Ф superante, ovario fl. d obsoleto, 2 globosoovoideo stigmate lato plano; drupa globosa ораса sordidulococcinea subsicca, pyrenis 4 trigonis sulcatorugosis. Sieb. et Хасс. |. с. п. 149. Miq. Prol. 269. Franch. Savat. 1: с. I, 77. Lindl. et Paxt. Fl. ©. Ш, 13, fig. 240. Bot. mag. 5597. I. macrophylla Bl. Bijdr. 1150. От motsj seu Taraijo, Kaempf. Amoen. exot. 907. Japonice in Kiusiu vulgo noko-ki, in Yedo: tarayov, unde Г. Tarajo В. Angl., an etiam Decaisne in Van Houtte, fl. 4. serr. IX, 187., ubi ab Г. latifolia distinguitur foliis in- aequaliter dentatis oblongolanceolatis acuminatis, petiolis violaceis? Vox tarayov a Hoff- mann (Noms indig.) a sinica @ to её derivatur, stirps igitur fortasse et in China occurrit. In Nippon: Yedo culta, fine Octobris fructif. (ipse), montib. Hakone (Savatier ex Franchet). Kiusiu, circa Nagasaki (Oldham! п. 146 fructif.) у. gr. ad rivulum prope templum Meosuzi, arbores crassitie femoris, init. Май fl. ©, 9, ad мат versus Himi du- centem, ad latus meridionale collium, sylvula e pluribus arboribus, init. Maji с. fructu (ipse), in monte sylvoso Yuwaya, arbor vastissima (Siebold!). Affinis I. denticulatae Wall. (vidi зресс. Wight ex hb. Kew. асс. п. 438, Wight hb. 6* 44 С. Г. Maxımowicz, DE CoRIARIA, ПлсЕ ET MONOCHASMATE ргорг. п. 490, Perrottet п. 720, Пех spec., Metz п. 1455: I. nilagirica Miq., Metz п. 1456), quae etiam inflorescentia axillari racemosa in utroque зехи gaudet et drupas руге- nasque (distinctius rugosas) floresque similes habet, sed multo magis microphylla est ct folia opaca paucicostata reticulo subtus prominente habet. Г. insignis Hook. f. 1. с. 599, valde Г. latifoliae affinis dicta, adulta tantum quoad folia similis est, eximie vero differt foliis pl. juvenilis spinososerratis, cymis 9 sessilibus, pyrenis in massam 4-locularem соп- natis. Praeterea habet folia minus coriacea, nervos minus numerosos, sub angulo acutiore egressos et subtus prominentes, superne vero impressos. Ad Г. insignem duco specc. Roylei s.n. Г. macrophyllae Royle пес Wall. flor., Sikkimensia a G. King frf. s. п. 1. insignis, Griffithii flor. п. 2004 distrib. Kew. s. п. I. dipyrenae aff. Folia I. latifoliae inferiora petiolo 15 mm., lamina 80:55 mm., superiora petiolo 20 mm., lamina 165:65 mm., supra saturate, subtus pallide lutescentiviridia, costis utrinque ultra 16, divergentibus, mox venosis et anastomosantibus. Flores diam. 7 mm., luteoviriduli. Filamenta subulata, antherae ovatae. Drupa 8 mm. Ругепае 4:3 mm. magnae, dorso planiusculo inordinate et subobsolete rugosae. Tab. 1. fig. 2. Pyrena a dorso et ventre, quinquies aucta. 15. I, leptacantha Lindl. in Lindl. et Paxt. Fl. G. Ш, 72. «Fruticosa, foliis ovali- «oblongis acuminatis breviter petiolatis aequaliter spinoso - dentatis dentibus gracilibus» Lindl.-l..c; Dne.l.’e. IX, 186. «In China boreali» (Fortune ex Lindley), sed borealis respectu Hongkong dicta, revera e China media orta. Ex Lindleyo folia pulchra, 6 poll. longa, 2 poll. lata, aequaliter et regulariter ovalia, regulariter dentibus distantibus pungentibus dentata, foliorum textura illis Pruni Lauroce- rasi similis, qua nota ab simili Z. dipyrena Wall. differt. Sterilis quidem tantum nota, sed Пел esse debet, quia facile Г. Aquifolio inoculatur; omnia ex Lindley. — Нас collocavi ob folia spinososerrata. 16. I. cornuta Lindl. 1. е. Т, 43, fig. 27. Glabra, foliis rigide coriaceis late elliptieis v. subobovatis v. quadrangulis, in individuo juniori paucilobis lobis spinosis, in pl. adulta basi bi- apice 3-cornibus; eymis axillaribus glomeratis subglobosis, pedicellis flore brevi- oribus; floribus 4-meris albis, d staminibus petala ovalia, his lobos calycinos rotundatos plus duplo superantibus, 9... .; drupis axillaribus fasciculatis globosis coccineis 4-pyrenis pedicello subbrevioribus; pyrenis....Decaisne in У. Htte, fl. d. serr. IX, 186 et t. 895 (fructif.). Lem. Ш. hortie. I, t. 10 (frf.). Bot. mag. $. 5059 (flor.) Goepp. 1. с. 322. In China media: Shanghai (Fortune! п. 14 a. 1846 3), ad lacum Tahu fine Aprilis 1874 3 deflorescens, Kintang (Fortune it. secund., fide Lindley 1. c.). In viridariis nostris colitur, ubi © fl. vidi. I. furcata Lindl. (ined.?) ex Goeppert L с. ab Z. cornuta vix differre videtur. ni PES ETAPE HUJUSQUE GENERIBUS AFFINIBUS BUNGEA ET CYMBARIA. 4.5 Habitus Г. Aquifolii L. et folia aequimagna, sed forma diversissima. Sesquipedalis jam floret (Bot. mag.). Folia laete intense viridia, neque glauca ut in bot. mag. depicta. Flores d diam. fere 10 mm., rudimento ovarii parvo, stigmatibus 4 sessilibus. Drupa, ex iconi- bus, 10 mill. magna. 17. 1. Buergeri Miq. in Versl. en Mededeel. kon. Akad. 2 ser. II, 84. Glabra у. ad ramulos novellos atque sulcum petioli laminaeque superne obsolete puberula, ramis gracili- bus angulatis, foliis lucidulis subtus opacis coriaceis tenuiter costatis elliptico-lanceolatis obtuse cuspidatis remote serrulatis; floribus glomeratis brevissime pedicellatis, о 4-meris; calycis lobis rotundatis petalisque ovalibus dorso puberulis, ovario à nano. Miq. Prol. 270. Japonia (Buerger! nond. flor. in herb. Lugd. Bat.), Nippon: prov. Kaga, in alpe Haku-san (botan. japon. in herb. Siebold., nond. fl.). Japonice: tori mutsi v. sukura molsi, ex Buerger. Species incomplete nota ideoque affinitas obscura. Ob folia et inflorescentiam d sessi- lem similis Z. Фефойае Wall. (si enim recte huc duco Ilicem n. 12 coll. Hook. f. et Thoms. et Griffith п. 2007 distrib. hb. Кем). In Г. theifolia drupae longius pedicellatae, pyrenae illis speciei sequentis similes. Miquel foliis Г. rotundae similem dixit, at haec in I. Buer- geri multo longiora et serrulata. Rami annotini fusci. Folia in sicco olivacea, vel novella fuscescentia, infima in ramulo petiolo 7 mm., lamina acuta 35 : 15 mm., superiora cuspidata majora 65 : 23 mm., subtus pallidiora, serraturis glandula nigrescente terminatis utrinque usque denis. Alabastra ух 2 mm. longa, in sicco nigrescentia, calyce 4-lobo dense puberulo, petalis obovatis, antheris ovalibus, ovario fl. © exacte ut in sequente. Tab. 1. Во. 1. Pars speciminis < foliis minus acuminatis magn. nat.; а. pedicellus cum bracteis et calyce, petalum et stamen utrinque cum germine, ex alabastro 4, quinquies aucta. 18. I, subpuberula Miq. ll. сс. Arbuscula ramulis novellis petiolisque tenuitur pube- rulis; ramis gracilibus angulatis; foliis coriaceis lucidulis subtus opacis tenuiter costatis ovato- у. rite ellipticis obtuse cuspidatis, a medio ad apicem serrulatis; floribus glomeratis brevissime pedicellatis 4-meris; calycis lobis deltoideis petalisque ovalibus ciliolatis, anthe- ris oblongis, stigmate convexo; drupis 1 — 4-nis brevissime pedicellatis pisiformibus sub- siceis lateritiis crebre elevatopunctatis, pyrenis 4 crustaceis, dorso convexis et oblique paucirugosis. An Вис Ojo, vulgo Tsuge, buxus arborescens, Kaempf. |. c. 781.? Kiusiu: circa Nagasaki (Oldham! п. 148 frf., sine № с. alab. ©), princip. Hizen, in m. Sagame take, init. Novembris fr. mat. (ipse). A praecedente, praeter foliorum formam, non distincta, nisi drupae Z. Buergeri adhuc ignotae, alias differentias monstrabunt. Sequenti etiam similis, sed folia minora. Folia ramulorum atropurpureorum inferiora petiolo 8 mm., lamina 32 : 22 usque ad 46 С. Г. Maximowicz, DE ÜoRIARIA, Плсв ет MONOCHASMATE 33:12 mm. magna, superiora petiolo subaequilongo, lamina 60 : 28 ad 58: 20 mm. magna. Petala calyce plus duplo longiora, 3 mm. longa, virescentia, dein fortasse alba. Antherae obtusae. Ovarium fl. © parvum, stigmatibus convexoconicis 4 contiguis cum ovario continuis. Drupa 5 mm. Pyrenae 2 mm. altae totidemque fere latae, trigonae et subsemi- rotundae, lateribus planae, dorso convexae, ubique rugis parvis prominulis notatae. 19. I. стегеа Champ. 1. с. 327. Fruticosa glaberrima, ramulis gracilibus angulatis pallidis, hornotinis cum petiolis subcaesiis; foliis coriaceis opacis tenue costatis oblongo- ellipticis basi rotundatis apice longiuscule obtuse cuspidatis, fere а basi non crebre crenu- latis; floribus dense fasciculatis brevissime pedicellatis; floribus 4-meris; calycis lobis depresso-deltoideis petalisque ovalibus ciliolatis, staminibus petala aequantibus utriusque sexus aequimagnis, ovario fl. © sub stigmate truncato subattenuato; drupa globosa 4-pyrena. Benth. 1. с. 64. China australi: Hongkong, Aprili fl. © (Lamont!). Folia in sicco cinerascentia, inferiora 64 : 35 mm. magna, sine petiolo 9 mm. et cu- spide 7 mm., superiora petiolo 10 mm., lamina 100 : 35 mm., cuspide 15 mm. Flores 9 magnitudine © 7. subpuberulae, ex sicco viriduli. Drupa, a me non visa, ex descriptione diam. circa 7 mm., cujus coloris non dicitur, neque pyrenae describuntur. 20. |. formosana п. sp. Glabra, ramulis gracilibus angulatis pallidis; foliis subchar- taceis opacis utrinque elevatoreticulatis oblongolanceolatis basi breve attenuatis, apice ob- tuse acuminatocuspidatis, fere a basi crenulatis; floribus axillaribus fasciculatis; drupis pisi- formibus (rubris?) stigmate convexo apiculatis, pyrenis 4 coriaceis laeviusculis. China australi: Formosa (Oldham! fr. immat., n. 74). A praecedente foliorum indole et fructu minore (vix 5 mm.) differre videtur. Gemmae foliiferae brevissime puberulae. Folia inferiora petiolo vix 7 mm., lamina 65 : 27 mm. magna, superiora 110 : 33 mm., petiolo 5 —7 mm. sensim in laminam abeunte, cinereoviridia. Pedicelli drupa fere duplo breviores, pyrenae opacae, obsolete v. non rugosae, trigonae, 3 : 2 mm. magnae. 21. |. viridis Champ. in Hook. Journ. of bot. and Кем gard. miscell. IV, 329. Frutex ramosissimus, ramulis gracilibus angulatis, novellis petiolis costa foliorum superne et pedun- culis puberulis laetevirentibus; foliis brevipetiolatis laeteviridibus chartaceis apiculatis, inferioribus obtusis late, reliquis acutis rite ellipticis, versus apicem argute serrulatis, superne lucidis, subtus discoloribus parce punctatis opacis, subeveniis; pedunculis d pluri- floris fasciculatis, 9 1—3 saepius solitariis petiolos superantibus; calyce 4-fido lobis obsolete erosulociliatis corollaeque 4-fidae laciniis rotundatis, staminibus fl.d ...., fl. © germen stigmate crasso plano aequantibus, «drupa globosa purpurea haud apiculata 4-ругепа». Benth. Fl. Hongk. 65. as TREUEN RR bass ya КТ HUJUSQUE GENERIBUS AFFINIBUS BUNGEA ET CYMBARIA. 47 In China australi: collibus eirca Hongkong (Champion, Wright, ex Bentham), prov. Cantoniensi, infra verticem montium Pakwan prope Canton, init. Maji florib. Ф leg. Sampson!, comm. Hance. Planta Sampsoni, quam solam vidi, a descriptione Benthami ramulis puberulis, foliis punctatis et pedicellis brevioribus differt, sed a Hanceo sine dubio pro specie Cham- pioni sumta est. Folia inferiora petiolo 3 mm., lamina 33:28 mm., media petiolo eodem, lamina 55:30 mm., superiora 60:25 mm. magna. Serraturae mucronatae incumbentes, puncta in foliis novellis distincta, in vetustis saepe obsoleta. Pedicelli 4 mm. versus medium 2-bracteolati, unde cymae abortu 1-florae, cum calyce obsolete puberuli. Са]ух turbinatus virens, diam. 3 mm., corolla in sicco fusca diam. 5 mm. Antherae magnae ovatae, filamenta brevissima. Drupa describitur diam. 4—5 linearum. Pyrenarum indoles desideratur. 22. I. rugosa Е. Schmidt fl. Sachal. п. 102, t. Ш, #. 1—7. Frutex humilis virgatus glaberrimus, ramis procumbentibus basi saepe radicantibus tenuibus angulatis foliisque saturate viridibus; foliis coriaceis superne profunde impresso-subtus elevatoreticulatis, ab ovato obtuso in linearilanceolatum abeuntibus, remote serrulatocrenatis; cymis subsessilibus, $ plurifloris saepe compositis, 2 1—3-floris pedicellis flore albo brevioribus; sepalis peta- _lisque subliberis rotundatis stamina fl. d parum, fl. © duplo superantibus, stylo sub stig- mate crasso distincto; drupa globosa fuscorubra pisiformi stigmate parum prominente coro- nata, pedicellum aequante у. subsuperante; pyrenis 4 rotundato - trigonis latere laevibus, dorso obiter longitudinaliter sulcatis. Franch. Savat. Enum. pl. jap. IT, 311. I. erispa Siebold! Aardr. et Volk. Toelicht. tot de ontdekk. v. Vries, 156 (nomen). In ins. Sachalin occidentali et australi, silvis acerosis siccioribus ubique, ab init. Junii fl., Augusto et Septembri fructif. (Glehn!): Dui, in abietis muscosis umbrosis, fine Maji nond. fl. (Augustinowicz!); ins. Yezo (Midzutani Sugerok! in hb. Sieb. nond. fl. sub nom. jap. tsuru tsuge, i. e. Пех crispa, Siebold! fl. et steril.); Nippon: ргоу. Маши (Tschonoski! flor.), alpe Niko (Savatier), jugo Hakone et vulcano Fudzi (Tschonoski! fl. с. fruct.) — Japonice: tsuru tsugi, apud Ато ins. Sachalin tammi-rehe (fide Schmidt), in Yezo: jetokatoreni (teste Siebold). Speciebus brasiliensibus similior quam indicae Г. intricatae Hook. f., у. gr. I. para- guariensi St. НИ. var. latifoliae microphyllae Reiss., a Sellow in Brasilia lectae, пес non I. angustissimae Reiss. Rami pedales vel bipedales, vix pennam corvinam crassi v. tenuiores, breve parceque ramulosi, cortice vetusto laevi cinereo. Folia variant a 10:3 mm. usque ad 50:15 mm., latitudine a 3 mm. ad 20 mm. cum longitudine 35 mm., petioli 2 — 4 mm. Flores d dia- metro ultra 3 mm., Ф ultra 4 mm., longe plurimi 4-meri. Drupa lucida subsuccosa 6 mm., pyrenae 4:2 mm. magnae. 48 С. J. Maximowicz, De CoRIARIA, [nice ET MONOCHASMATE Sect. 4. Prinos. $ Prinos foliis deciduis, et $ Prinoides А. Gray. a. Flores secus innovationes elongatas. 23. |. serrata Thunb. 1. с. 78. Arbor fere а Баз! ramosissima, tota glabra, ramulis novellis angulatis; foliis subtus elevatoreticulatis ab ovato- in lanceolato-ellipticum vergen- tibus, basi pl. m. acutis, apice inferioribus acutiusculis, reliquis acuminatis, argute sub- inaequaliter serrulatis serraturis acuminatis porrectis; floribus parvis saepissime 4-meris; cymis d 5 — 6-floris, saepius binatis (10 — 12-floris) breve pedunculatis, Ф subsessilibus saepius 1- (2 — 3-) floris, pedicellis Ногез vix aequantibus; calycis lobis deltoideis acutis, corollae partitionibus late ovaliellipticis, 9 antheris filamenta subduplo, Ф vix superantibus; drupa coccinea succosa globosa, stigmate convexo apiculata, 4 (rarissime 3, 5-) pyrena, pyrenis crustaceis dorso convexis laevibus. Thunb. 1. с. et icon. ined.! — nec Miq., nec Sieb. Zucc. I. argutidens Miq. Versl. en Mededeel. 1. с. 84. Franch. Savat. 1. с. I, 76. In Japonia (Siebold! © et frf. in herb. Lugd. Bat.), ins. Nippon (Thunberg! ©) in vulcano Fudzi yama, silvis altis atque regione fruticum, frequens, medio Novembri fructif. (ipse); Азии, princip. Higo, prope Ko-isi-wara, circa oryzeta sparsa, fine Junii fl. d (ipse). — Incolis ins. Kiusiu audit ut sequens, a qua non distinguitur, ex Siebold (teste Miquel) unu modoki (anne inu modoki 1. e. modoki canina?). Icon manuscripta, in bibliotheca horti Petropolitani servata, speciminis herbarii Thun- bergiani prototypus exactus, et descriptio autoris bona, praeter mensuras falsas. Ita Thunberg folia semipollicaria dieit, ubi talia tantum inter infima ramulorum inveniuntur, superiora vero 1'/,-pollicaria sunt; petioli apud Thunbergium lineales etiam tantum in foliis infimis, in reliquis autem 2—-3-lineales; pedicelli semilineales descripti omnes lineales у. 1'/,-lineales delineantur. (паз vero mensuras correctas si adhibemus, tum inter specc. parvifolia supellectilis nostrae exempla simillima inveniemus. Себегиш 7. serrata sequenti tam similis, ut tantum differat glabritie perfecta, floribus 4-meris, d magis numerosis pe- dunculo distincto. Cetera vero omnia sequentis et mensurae partium, florum fructuumque color eadem. Specimina microphylla tamen in I. serrata frequentiora videntur. 24. |. Sieboldi Miq. Versl. en Mededeel. I. с. 84. Frutex у. arbor ramis cinereis, novellis angulatis cum foliis utrinque pedicellis calyceque pl. m. pubescentibus; foliis subtus elevatoreticulatis omnino praecedentis; floribus parvis 5- (4, 6-) meris lilacinis; eymis subsessilibus, < 1—6-floris, © 1—3-floris, pedicellis florem vix aequantibus; calycis lobis deltoideis acutis, corollae triplo longioris partitionibus ovatis antheras filamento subbreviores superantibus, ovario fl. Ф subgloboso, stigmate сгаззо sublobato vix angustiore; drupa prae- cedentis 5- (4, 6-) pyrena, pyrenis Г. serratae. Miq. Prol. 268. Franch. Savat. 1. с. 77. HUJUSQUE GENERIBUS AFFINIBUS BUNGEA ET CYMBARIA. 49 Japonia (Blume! $. п. Г. serratae): Yokohama, subsponte circa agros et domos rusti- canorum, medio Junio fl. ©, init. Octobris fructif., culta tripedalis jam florens (5); Kama- kura, in horto, arbor 15-pedalis, fine Maji попа. fl. (ipse), aliis locis Nippon mediae ($ fl., Tschonoski!); Aiusiu: circa Nagasaki, culta, init. Juni fl. © (ipse). — Japonice: mme modoki (etiam ex Itö Keiske! п. 497 in herb. Lugd. Bat.); fructus edulis dicitur. Arcte affinis Г. verticillatae A. Gray, quae notis pluribus, etsi minoris momenti, distingui potest: flores majores albi, © saepius 6-meri, corollae laciniae obovatae у. late ovales, cymae J fere semper distincte pedunculatae, fructus majores; de fructu ad escam apto, apud autores uberius de frutice disserentes nil inveni. 7. laevigata A. Gray jam foliis vulgo glabris, praesertim vero floribus © longe pedicellatis magis differt. Reliquae species americanae foliis deciduis instructae jam ob pyrenas dorso costatas non comparandae. Frutex 2 — 3-pedalis у. arbor 15-pedalis, brachium crassa, ramosissima, dense fron- dens. Folia inferiora petiolo 4 mm., lamina 18:9 mm. usque ad 30:15, petiolo 5 mm., superiora petiolo 9 mm., lamina а 35:17 mm. ad 80:40 mm. magna, herbaceoviridia, subtus pallidiora, costis validioribus utrinque subquinis arcuatis reticuloque pallescente. Flores secus ramulos novellos laterales totos et terminales praesertim basi dispositi, fasci- eulis inferioribus ditioribus, summis saepe 1-floris. Pedicelli 2 — 3 mm. longi. Corolla rotata sordidius lilacina diam. 4 mm., d et © consimilis, praeter ovarium in priore minu- tum et antheras fuscas in © vacuas. Drupa diam. 5 mm., ругепае 2'/,: 1 usque ad 3: т mm. magnae. 1. subtilis Miq. (in Versl. en Mededeel. 1. с. 84, Prol. 271, Franch. Savat. L с. 78), eujus spec. 1, а me examinatum, а Siebold lectum, sub nomine ko-shiya ibai, exstat in herb. Lugd. Bat., differt ab Г. Sieboldi foliis minutis lanceolatis acuminatis (majoribus 15:4 mm. magnis), floribus minoribus (diam. 2 mm.) 4-meris, sed pyrenae pariter laeves dorso convexae et habitus tam similis Z. Sieboldi, in qua etiam jam folia ellipticolanceolata et flores 4-meri intermixti occurrunt, ut pro tempore merum lusum nanum J. Sieboldi ha- beam, qualium culturam hortulani indigeni in deliciis habent. 25. |. asprella Champ. 1. с. 329. Benth. 1. с, 65. Prinos asprellus Hook et Arn. in Bot. Beech. 176, t. 36. China australi: Hongkong (Wright! à, ©, frf., Forbes! 6), in collibus Pakwan prope Cantonem (Hance! à, 2), ins. Formosa prope Tamsuy (Oldham!n. 71, fr. nond. mat.). Frutex ramosissimus ad paginam superiorem foliorum parce pilis brevissimis adsper- sus, ceterum glaber, ramis teretibus atropurpureis lenticellis parvis albidis laeviusculis. Folia et in fructu membranacea subconcolora obscure venosa, ovata v. ovatoelliptica v. ovatolanceolata, basi breve subito acuminata, apice sensim et in superioribus longiuscule cuspidata, minute incumbentiserrulata, petiolo 4—7 mm. longo, lamina inferiorum latiore minore (20 : 14 mm.), superiorum 40: 13 ad 55 :30 mm. magna. Flores 5- (4, 6-) meri, 6 3—10 cum foliis ad latera ramorum fasciculati, pedicellis filiformibus longitudine petioli, = Mémoires de l'Acad. Пир. des sciences, УПше Série. ! 50 С. J. Maximowicz, DE СовтАвтА, ПлсЕ ЕТ MONOCHASMATE albi, diametro 4 mm. Calyeis laciniae semirotundae ciliolatae у. glabrae, petala staminum ope basi cohaerentia, late obovata, calyce triplo longiora, stamina parum superantia. An- thera ovata filamento plus duplo brevior. Flores © solitarü, saepe ex axillis у. supra axillas innovationum, pedicellis firmioribus apice incrassatis petiolo duplo saltem longioribus. Sta- mina quam in 6 breviora, ovarium ovoideum stigmate crasso stylo latiore. Drupa globosa stigmate convexo styloque brevissimo coronata, diam. 4 mm. Pyrenae crustaceae, latere atque dorso sulcatae, 3 mm. longae, 2 mm. latae. Etsi minus expresse, tamen ad gregem Г. deciduae pertinet, cui jam а Hookero et Arnottio affinis declarabatur. Flores Z enim etiam cum foliis in ramis propriis lateralibus fasciculati, flores Ф vero praeterea prodire possunt et ex innovationibus. 26. |. geniculata п. sp. Ramis gracilibus novellis angulatis glabris, foliis e Баз rotun- data v. late cuneata ellipticis ovatis v. ovatolanceolatis cuspidatis inaequaliter mucronato- serratis membranaceis subtus elevatovenosis et ad venas pilosulis; floribus 5 — 6-meris, Q ex axillis innovationum solitariis longe pedicellatis, pedicello cum pedunculo aequilongo geniculato ad geniculum bracteato; calycis laciniis triangularibus ciliatis, drupa globosa stigmate plano succosa rubra 5—6-pyrena, pyrenis dorso convexis laevibus. Nippon, in vulcano Fudzi-yama (frf. Tschonoski). Adest specimen d cum alabastris in insulae №5 montibus interioribus Kundsho-san а. 1863 decerptum, quod discrepat quidem foliis minus cuspidatis angustioribus passim puberulis, crenis obtusis cum apiculo, quod tamen verosimilius Вас ducendum. Pedunculi < 3-flori у. pedicellis lateralibus iterum trichotomis 7-flori. Petioli 4— 9 mm. longi, lamina foliorum inferiorum brevius cuspidata 28 : 12 mm., superiorum usque 65:28 mm. magna, cuspide subintegerrimo, costis tenuibus utrinque 4—7, serraturis subito mucronulatis. Pedunculus cum pedicello 30—40 mm. longus, fili- formis. Drupa 5 mm., pyrenae 3 : 17, mm. magnae. Tab. 1. fig. 10. Specimen fructiferum magn. nat.; 9. calyx cum fructu a Баз! et A. pyrena a ventre et а dorso, 5-ies aucta. 27. I. phyllobolos п. sp. Ramis novellis foliisque parce pubescentibus, foliis breve petiolatis discoloribus subtus elevatoreticulatis, e Баз cuneata obovatis apice rotundatis emarginatis obtusisve cum mucrone, inaequaliter crenatoserratis serraturis mucronulatis; cymis sessilibus 1—3-floris; floribus 5-meris albis; drupa globosa rubra. Japonia (s. п. Saha-fusaki зресс. 2 sterilia cum delineatione rudi florum fructusque а botanico indigeno accepit b. Siebold, nunc in herb. Acad. Petrop.). Simillima I. deciduae Walt., quam ob causam et nomen dedi, sed inflorescentiae secus innovationes elongatas dispositae, neque cum foliis in ramulis lateralibus propriis fascieula- tae. АПа signa distinctiva ob supellectilem nimis mancam desiderantur. Ramuli novelli lineis decurrentibus angulati, pilis brevibus patulis puberuli, stricti. Petioli 3 — 4 mm. longi, parce breve pilosuli, lamina superne parce, subtus praesertim ad SE | HUJUSQUE GENERIBUS AFFINIBUS BUNGEA ET CYMBARIA. 51 venas patule pilosula, nervis distinctioribus utrinque 5—6 superne indistinctis, 37 : 16 ad 50 : 25 mm. magna. Flores delineati diam. 3—4 mm. corollae laciniis acutis, drupa diam. vix 4 mm., stigmate inconspicuo. Tab. 1. fig. 9. Specimen sterile ex herb. Sieboldiano, magn. nat.; f. adumbratio floris et fructus ex eodem herbario, manu botanici japonici, additis ab eodem lingua batava coloris designationibus. 28. I, macropoda Miq. Prol. 269. Franch. Savat. I, 77. Japonia (Buerger!, Siebold! s. n. Imagatome, in herb. Lugd. bat. frf., Blume! in herb. horti Petrop. © et fructif.) in ins. Kiusiu, interiore, sylvis vetustis alpium Kundsho- san, initio Junii попа. flor., medio Octobri frf., et-boreali, prov. Higo monte Higo-san, simili loco, cum Negundine consociata, fine Junii ©, incolis loci vulgo: Kosa-bara; in Nip- pon: jugi Hakone montibus altissimis in sylvis densis, fine Octobris fructif, (ipse), in alpe Nikko © fl. et in ргоу. Nambu montibus sylvosis Я. 2 (Tschonoski). . Species haec sub nom. optimo I. costatae Bl. (ob pyrenas costatas) ab ipso autore cum horto Petropolitano aliisque verosimiliter herbariis communicata fuit, et nomen hocce a Miquel ipso in schedulis herb. Lugd. bat. ut synonymon Г. macropodae apponitur. Бей quum a Blumeo nullibi descripta sit, nomen a Miquelio in pessimum J. macropodae mu- tatum fuit. Arcte affinis I. monticolae A. Gray, I. molli A. Gray et I. deciduae Walt. A prima pubis praesentia, a secunda filamento antheram, neque anthera filamentum superante foliis- que longius petiolatis distincta, a tertia magis remota ob folia hujus vetusta chartacea supra nitentia et flores 4 longe pedicellatos. Cum hisce tribus et minus expresse cum 7. asprella Champ. seriem naturalem sistit (Prinoiden A. Gray) pyrenis dorso costatis et dispositione forum insignem. Ramuli laterales brevissimi enim quotannis foliorum fasciculum floresque producunt, internodiis subnullis, Ка ut tales ramuli vetusti ramo ex quo orti sunt crassiores fiunt et dense annulati vestigiis foliorum atque pedunculorum annorum praecedentium. Flores ©, praeter hos ramulos rarissime etiam singuli erumpunt ex axillis infimis contiguis innovationum, quod in omnibus seriei Prinoidis observatur. Miquel Г. macropodam cum ТИсе № 7 coll. Hook. f. et Thoms. (1. fragili Hook. f.) comparat, «quae foliis totoque habitu» accederet, sed «foliis majoribus grossius serratis et floribus 6-meris» diversa esset. Equidem talem affinitatem non video: pyrenae I. fragilis sunt dorso laeves, fructus qui praesto sunt vel secus innovationes elongatas dispositi vel ramulis lateralibus brevibus insidentes, sed internodiis distinctis intercepti, ря denique ramuli laterales non constanter brevinodes sunt, sed post spatium brevinode internodia elongata habent. I. macropoda sistit arborem vastam et altam, 4 pedes usque crassam, vel in sylvis vetustis graciliorem, trunco longe nudo, pedem crasso. Rami cortice subvirescenti-cinereo laeviusculo lenticeilis concoloribus, flexuosi, juniores ramulis floriferis ad fasciculum folio- rum florumque sessilem reductis obsessi, vetustiores calamum scriptorium crassi, ramulis 7* 52 С. Г. Maximowicz, DE CoRIARIA, Плов ET MONOCHASMATE floriferis ad tripollicaribus. Folia quoad formam in stationibus diversis diversa occurrunt. In planta e Higosan petioli 6 —17 mm. longi, lamina foliorum infimorum acute ovata, 35:23 mm., magna, superiorum ovata v. elliptica, basi cuneata, apice acuminata, a 65:25 ad 73:45 mm. magna. Folia pl. e Hakone argutius subduplicato-serrata, petiolis 10 — 20 mm., lamina inferiorum 35 : 28 mm., superiorum 55:35 mm. magna; nikoönsis praece- dentem aemulat, praeter serraturas crebras minutas et folia subito brevius acuminata; planta florens e Kundsho-san cum hakonensi fere convenit, fructifera vero petiolos tantum 4 — 12 mm. longos, laminam vero basi apiceque subito breve acuminatam, fere orbiculatam offert, a 25:20 ad 45:35 mm. magnam. Pubes superne brevior, utrinque ad venas den- sior. Flores © in fasciculo 8 — 25, pedicelli petiolo duplo у. triplo floreque 1'/, — 2-10 breviores, glabriusculi. Calyx vulgo 4-fidus, laciniis depressotriangulis ciliolatis. Petala viridialba, basi ope staminum cohaerentia, calyce plus duplo longiora, rotundata, obscure ciliolata, reflexa, 2 mm. longa, stamina aequantia. Antherae cordatoovatae filamento subu- lato 2-lo у. ultra breviores. Flores Ф in fasciculo 1 — 6, duplo crassius pedicellati, saepius quam © 5-meri, diametro 5 mm. petalis tardius reflexis, stamina cassa superantibus. Ova- rium ovoideoglobosum, stigmate crasso obscure lobato parum angustiore. Drupa sanguinea succosa globosa, stigmate crasso obtuso apiculata, pedicellum circiter aequans, diam. 5 — 7 mm., major quam in I. serrata et I. Sieboldi. Pyrenae cartilagineae, dorso convexo cos- tis 3— 5, quodam latere costis 1 — 3 longitudinaliter percursae, 4:2 4. exc. mm. magnae, scilicet pyrenis Z. mollis A. Gray simillimae. Tab. 1. fig. 8. Pyrena а dorso et a ventre, 5-1ез aucta. Species minus notae. |. Fortunei Lindl. in Gardn. Chron. 1857, 868. «Foliis coriaceis sempervirentibus oblon- «gis marginatis utrinque acutis subsessilibus apice mucronatis, umbellis multifloris sessilibus, «peduneulis validis quartae folii longitudine aequalibus, baceis subrotundis 4-pyrenis.» China: e seminibus in Hwuy-chou a Fortune collectis prodiit in Anglia arbor pul- chra, Г. Aquifolio foliis integris et valde latis similis, Decembri 1853 drupis magnis onusta, cujus flores ignoti manserunt. Pedicelli in quavis ахШа dicuntur 6 — 10, %/, pollieis longi. Drupae rubrae fuisse videntur, nam fructifera pulcherrima dicitur arbor. A Miquel I. Fortunei «hort.» ad I. crenatam ducitur, sed planta Lindleyi diversis- sima videtur. 1. Reevesiana Fort. in Otto et Dietr. Berl. Allg. Gart. Zeitg. 1851, 85. — Frutex dieitur nanus, foliis acute ellipticis subundulatis, minute punctatis ut in Zlaeagno, profunde viridibus, floribus hieme prodeuntibus, breviter spicatis (?), fructibus magnis obscure ru- bris sequente autumno maturescentibus. China: prov. Hwuy-chow, ex monte Wang-san hujus provinciae sinice audit Wang- sang-gui-wha, fide Fortune. Ex loco natali fortasse nil nisi synonyma Z. Fortune: Lindl. HUJUSQUE GENERIBUS AFFINIBUS BUNGEA ЕТ CYMBARIA. 53 |. Aquifolium Lour. Fl. Coch. ed. Willd. 114. Arbor mediocris, foliis oblongoovatis sinuatoplicatis undique spinosis, pedunculis paucifloris, corolla 4-fida, drupa nigra 4-pyrena, omnia ex Loureiro. Cochinchina (Loureiro). Ob drupae colorem I. cornuta Lindl. esse nequit, cujus plantae juniori ex descrip- tione nonnihil accedere videtur. An identica cum I. Aquifolio vel saltem stirpe, quam ab Ша distinguere nequit Hance (in Journ. of bot. XIV, 364), qui in collinis provinciae Cantoniensis observavit? Species e genere excludendae. TI. emarginata Thunb. Fl. Jap. 78. Ej. Icon. ined.! Miq. Cat. herb. jap. 19. Est Eurya chinensis В. Вт. Examinavi spece. authentica in herb. Upsaliensi et Lug- duno-batavo. I. Aquifolium Thunb. Fl. Jap. 79. et Icon. ined.! recte relata est ad Oleam Aqui- folium Sieb. et Zucc., fide herbarii Upsaliensis. J. japonica Thunb. 1. с. fide fig. шей. et herbarii ejusdem, recte а De Candolleo recognita est: Berberis japonica DC. I. serrata Sieb. et Дисс. Fl. Jap. Гат. nat. Г. р. 149. — nec Thunb., sterilis, est frutex mihi ignotus, cultus. — Ramuli omnibus partibus glabri angulati et striati, dense foliati, pennam corvinam crassi. Petioli crassi canaliculati, 2 — 5 mm. longi, basi ipsa utrinque stipulis adnatis coriaceis erectis linearibus integris у. mucronatoserratis sub- aequilongis instructi. Lamina linearis utrinque acuminata rigide coriacea inaequaliter sat argute serrata, margine revoluta, costa superne impressa, nervis patulis non strictis in serraturas exeuntibus, reticulo satis denso inter se conjunctis et cum Шо utrinque pro- minulis, 18 : 4 ad 50 : 7 mm. magna, in sicco superne olivacea nitidula, subtus fuscescentia opaca. Serraturae anguste deltoideae mucrone obtuso nigro brevi terminatae. I. serrata Miq. Prol. 271. — пес Thunb., sterilis, ex primo adspectu revera videtur planta juvenilis Pruni spinulosae 5. Z., cujus nomen japonicum hiragi kasi appensum habet, sed accuratius examinata evadit ramulus arbusculae juvenilis Quercus glaucae Thunb. В. nu- datae BI. I. integra Miq. Prol. 367. (herb. Itö-Keiske п. 254) est Symplocos japonica РС. I. species Miq. |. с. (idem herb. п. 253.) est Prunus spinulosa 8. 2. T. species Miq. Cat. hb. japon. 19., specimen а Mohuike lectum sterile ad Prunum macrophyllam 3. Z., aliud ad Quercum glabram Thunb. pertinere videtur. RTE о гы У PR TE RE ЗВ А: a in Baer И о M NU UE 54 С. J. Maximowicz, DE CoRIARIA, Плов ET MONOCHASMATE DE MONOCHASMATE HUJUSQUE GENERIBUS AFFINIBUS BUNGEA ET CYMBARIA. Euphrasieae, quae a Gerardieis corollae limbo bilabiato distinguuntur, а Benthamio (В. et Hook. Gen. pl. II, 924.) ex antherarum forma in series duas dividuntur: primam, lo- culis antherae inaequalibus v. loculo altero deficiente, et secundam antherae loculis aequa- libus. Posterior ex loculis ovarii multiovulatis vel biovulatis series duas offert. Missa secunda, ad quam pertinent tantum Melampyrum et Tozzia, prima continet genera, quarum plurima calyces ebracteolatos habent, reliqua vero calyces bibracteolatos. Ad haec ultima pertinent Schwalbea, Siphonostegia, Cymbaria et Bungea, ex Bentha- mio, nec non genus a me propositum, Monochasma. Quinque haec genera ita facile distinguuntur: Caules e radice subsolitarü, a basi foliis rite evolutis instructi. Placentae jam ante capsulae maturitatem a valvis ejus solutae. . . Schwalbea. Placentae valvis adnatae et cum illis post seminum emissionem ca- dentes, HH me N Re Re Siphonostegia. Caules е radice plures, basi dense foliis squamiformibus obsessi, quae sursum paula- tim in normalia abeunt. Capsulae secus utramque suturam dehiscentes, seminis testa spongiosa, embryo longitudine albuminis parci. Calyx 4-merus, capsula aeuminata. ... ......- Je... Bungea. Calyx 5=merus;-capsula обв, .. 2.0.2.2... 200.002: Cymbaria. Capsula secus suturam unicam aperta, seminis testa tenuis, embryo minutus-in:albUMINÉ COPI0S0 An... un a. ee ee Monochasma. De tribus generibus ultimis fusius disserere in mente est. Antequam. tamen ea descri- bam, verba nonnulla de Siphonostegia facere necesse est. HUJUSQUE GENERIBUS AFFINIBUS BUNGEA ЕТ CYMBARIA. 55 De Siphonostegia Benthamius 1. с. 975 habet: «genus forte Schwalbeae jungendum, «differt calycis lobis subaequalibus, capsula angusta et seminibus. Species Syriaca (Lesque- «reuxia Boiss., Walp. Ann. V. 632) quoad habitum folia et flores (calycis lobis exceptis) «Schwalbeae americanae simillima est», Characteres utriusque generis 1. с. datos perlustran- «tes calycem Schwalbeae «breve 5-lobum, lobo postico minimo, 2 anticis altius connatis», capsulam «ovatam, loculicide dehiscentem, valvis concavis medio septiferis placentas feren- «tibus», Siphonostegiae calycem vero «apice subaequaliter 5-fidum, capsulam (etiam loculi- «cidam) oblongolinearem, acutiusculam, valvis medio septiferis placentas auferentibus» in- venimus. — Itaque capsulae differentia a Benthamio tantum in forma quaeritur, a me vero in modo dehiscentiae, quae a Benthamio in utraque identica describitur. Duplex hic er- ror irrepsit: capsula «ovata» Schwalbeae, qualis a Gaertnero (de fruct. t. 53) delineatur, revera rarissime occurrit, vulgo paulo tantum latior est quam Ша Siphonostegiae, Ца, ut forma fere eadem sit. Quod attinet vero ad placentas, jam Gaertnerus (l. с. I, 260 et fig. eit.) recte dixit: «receptaculum....dissepimento non adnatum». In Schwalbea enim pla- centae in ах! capsulae arcte inter se connatae, a valvis vero cito solutae, in Siphonostegia vero placentae valvis arcte adnatae, inter se autem facile secessae, unde in priore liberae evadunt, in secunda a valvis auferuntur. Siphonostegiae species Benthamius enumerat 3: 5. chinensem Benth. (in Hook. Arn. Bot. Beech: 203, t. 44., Bunge in Bull. scientif. Ac. Petersb. УП, 276. с. tab. anal. opt., per Chinam, Mandshuriam, praesertim australem, et Japoniam propagatam), 6. syriacam Benth. (1. prius cit., Boiss. Fl. or. IV, 471, Lesquereuxia syriaca Boiss. et Reut. in Boiss. Diagn. ser. 1, XII, 43 et ser. 2, VI 132, e Syria), et «speciem ineditam chinensem (Fortune, collect. « Amoyensis п. 76»). Priores duas tantum flore luteo in ©. chinensi, purpureo in 5. syriaca diversas statuit, sed prior foliis ineisopinnatifidis et floribus minoribus praeterea a secunda differt, quae foliis integris gaudet et hanc ob causam antea etiam a Benthamio Schwalbeae simillima declarabatur. Tertia vero species non ad Siphonostegiam pertinet, sed ad genus sequens, a me pro- positum. Monochasma Maxim. in Franch. et Savat. Enum. II, 458. Calyx basi tubulosus 4-fidus, laciniis linearibus herbaceis, tubo nervis alatis percurso 4 in lacinias tendentibus, 5 intercostalibus (summo intercostali enim duplici loco sepali deficientis), interstitiis membranaceis. Corolla tubulosa leviter incurva, faucem versus plus minus dilatata, calyce brevior vel ex illo exserta: galea porrecta biloba brevis, marginibus reflexis, labium duplo longius, ad palatum leviter gibbum, porrectum, trilobum, lobo medio longiore, omnibus obtusis truncatisve. Stamina inclusa, didynama, superiora breviora al- tius, omnia supra vel ad medium tubum inserta, sub galea conniventia, filamentis filifor- 56 С. Г. Maxımowicz, DE Совтавта, ILICcE ET MONOCHASMATE mibus, antheris dorso versus apicem insertis, bilocularibus, loculis liberis aequimagnis ра- rallelis basi mucronatis longitudinaliter dehiscentibus. Ovarium incomplete biloculare, quodam dissepimento placentas duas crassas divergentes ferente cum illis carpelli alterius non connatas. Ovula numerosa anatropa(?). Stylus aequalis apice incurvus stamina su- perans, stigmate capitato emarginato. Capsula calyce persistente subinflato inclusa, ovata breve acuminata, secus suturam superiorem tota longitudine dehiscens et hians, sutura infe- riore nerviformi inaperta, valvae coriaceae, margine superiore denique revolutae, placentas auferentes, ita ut capsula dehissa 1-locularis. Semina numerosa, pendula, compressa, haud parva; testa arcte appressa tenuis albida, transverse celluloso-striolata; albumen copiosum carnosum. Embryo centralis minutus; radicula oblonga, apicem seminis et fructus spec- tans, cotyledones brevissimae rotundatae, convexo-planae, placentae parallelae. — Herbae sinico-japonicae flaceidae multicaules, surculis radicalibus squamatis perennantes, radice tenui, cauliculis erectis у. decumbentibus, foliis oppositis у. subalternis angustis 3-nerviis integris, Horibus axillaribus pedunculatis solitariis albis v. lilacinis, calyce basi 2-bracteato bracteis latere calycis secus verticem dispositis. — Nomen a capsula chasmate uno aperta. 1. M. Sheareri. Viride, internodiis elongatis; foliis oppositis linearibus; floribus albis secus totum fere caulem; согоПае calyce brevioris tubo cylindrico subaequali, limbi parvuli lobis obtusis. Maxim. |. c. Caryophyllea dubia, Miq. Cat. herb. jap. 12. Kagari-bi-soo vel Kutschi-nasi-gusa (1. e. herba gardenioides), Зоо bokf, XI, fol. 67. Bungea Sheareri L. М. Moore in Trim. Journ. of bot. 1875, 229. Hemsley, ibid. 1876, 209. Hab. in China centrali prope Kiu-kiang (Dr. Shearer!) et media littorali: Ningpo, ad margines agrorum, 8 Maji 1863 fl. albis (Savatier!), ad montium latera, 15 April. 1877 flor. (Hancock!), in collibus Feng-wang-shan prope Shanghai, 30 April. 1874 (Forbes!); in Japonia, verosimiliter Nippon, unde mecum specc. fructif. В. ult., cum herbario Lugduno- Batavo exemplum juvenile cum adumbratione rudi pl. florentis communicaverunt botanophili indigeni; in prov. Senano monte Shishibu (Dr. Rein! in herb. Franchet). Specimen juvenile herb. Lugduno-Batavi habet cauliculum palmarem erectum, folia opposita linearia apice subspathulata, tota tamen corrugata, et ad basin caulis rosulam sat densam surculorum juvenilium, circa 5 mm. longorum, teretium, рае adpressa araneosa рагсе tectorum, e squamis acutis dense imbricatis constantium. Adjecta adumbratio caulis florentis omnia dubia de identitate hujus speciminis cum mea propria planta solvit. — Ipse habeo e Japonia specc. 3 completa, quorum sequitur descriptio. — Radix tenuis brevis, ramoso-fibrosa, pallide brunnea, cortice tenui lacerato; annuam diceres, nisi adessent sur- culi numerosi pro anno futuro, supra descriptis omnino analogi, sed provectiores, interno- diis enim inter squamas jam distinctis. Cauliculi surgunt e radice 4—10, praeter novel- los minutos, plerique abrupti, reliqui 1—6 ultra pedales floriferi, ceteri tenuiores foliiferi steriles. Omnes folia gerunt opposita (v. passim subopposita), basalia numerosa, late lanceo- lata acuta, internodia superantia, 0,5-—2 mm. longa, villo elongato pluricellulari crispato HUJUSQUE GENERIBUS AFFINIBUS BUNGEA ET CYMBARIA. И albo pareiusculo induta, inferiora internodia aequantia, usque 7 mm. longa, linearispathu- lata acuminata, villo parciore et breviore, ex axillis saepe brevissime innovantia. Caulis ipse pilis parcis obsessus, basi tenuis filiformis, palmam supra basin si florifer sensim triplo crassior, pennam corvinam aemulans, internodiis paullatim longioribus (ad 7 cm.) instruc- tus, et ex omnibus foliorum axillis flores emittens. Folia pedunculos subtendentia ad 38 mm. longa, 3 mm. lata, medio latiora, utrinque sensim attenuata, nervis tribus (medio multo crassiore) percursa, inter nervos minute denseque elongatoreticulata, venulis transversis paucissimis valde obliquis, majora ad costam brevissime, basi distinctius parce scabropube- rula, margine hinc inde irregulariter leviterque sinuata vel erosula. Pedunculi 5—8 mill. longi, patuli, facie inferiore puberuli. Calyx floriferus 7—8 mill., fructiferus 20 — 22 mill. longus, basi bracteolis 2, ad latus sepali quinti deficientis dispositis, calyci aequalibus vel brevioribus, linearibus suffultus, ultra medium 4-fidus. Laciniae lineares acutae foliaceae, dorso secus costam (et tubum) anguste alatae. Tubus nervis intercostalibus similibus prae- terea percursus, alis intercostalibus summis latioribus. Corolla utrinque glabra, alba. Capsula matura 5 mill. longa. Бешта 1 mill. longa sordide albida. Testa arcte adnata tenuis, e stratis cellularum circa tribus composita, quorum 2 interiora tenuissima e cellu- lis planocompressis, extimum triplo saltem crassius e cellulis convexis constat, quae sub aqua rumpuntur, pariete hinc erigente pilum brevem crassum sub lente valida mentiente, mucum granulosum qui continetur nudante. Haec et pl. Reiniana var. japonicam sistunt, quae major, minute puberula у. sub- glabra, foliis latioribus, floribus paulo majoribus, et ludit corolla subglabra et ciliata, galea dorso laxe barbata v. imberbi. Var. chinensis: humilis, vix spithamaea, pilosa, cauliculis numerosis suberectis te- nuioribus, densius foliatis, foliis linearibus acuminatis minoribus. Fructifera tamen etiam elongatur. Specimina bene evoluta chinensia dense caespitosa (radice semper exili), cauliculis flo- riferis usque 11 totidemque sterilibus digitalibus vel brevioribus. Caulieuli filiformes. Folia basi squamiformia, dense Polytrichi in modum imbricata, tum sensim una cum internodiis elongata, apice folia 15 : 1,25 ad 2 mm. magna, internodia vero ultrapollicaria. Calyx flo- rens 18 mm., corolla (in sicco interdum lilacina) 16 mm. Conf. tab. 2, fig. 1—18. Fig. 1. specimen juvenile herb. Lugduno-Batavi, totum corrugatum, cum innovationi- bus ad basin, m. nat. 2. una ex innovationibus, m. auct,; 3. spec. japonicum florens m. nat.; 4. calyx fissus cum bracteolis, ab externo visus ex eodem, 4-er auct.; 5. corolla var. chinensis (e Ningpo) ter auct.; 6. eadem fissa, cum germine, 4-er auct.; 7. pilus a dorso galeae, aqueus, magn. 100 auct.; 8. anthera зрес. japonici, a. a facie, et b. a dorso; 9. ovarium transverse sectum, demtis ovulis, e planta japonica, valde auctum; 10. capsula nondum matura e spec. Sheareri, ex herb. Kew. communicato, magn. nat.; 11. capsula matura dehissa, spec. japonici, a ventre et a dorso, ter aucta; 12. ejusdem sectio transversa, valvis tum elastice valde divergentibus, seminibus ablatis, magis aucta; 13. Semina ex eadem, magis aucta; 14. semen longitudinaliter sectum, cum embryone, magis а.; 15. idem transverse sectum; 16. particula testae, transverse secta cum cellulis nonnullis endospermii, cellulis epidermidis sub aqua rumpentibus, pili faciem sumentibus, magn. 100 auct.; 17. Embryo, cotyledones continui; 18. diagramma floris. Mémoires de l'Acad, Imp. des sciences, VIImo Série. 8 58 С. Г. Maxımowıcz, DE COoRIARIA, Плов ET MONOCHASMATE 2. М. Savatieri Franchet in sched. Cinereotomentosum, internodiis abbreviatis, foliis suboppositis v. alternis linearilanceolatis; floribus superiore parte caulis subracemo- sis; corollae tubo calycem superante tenui versus faucem dilatato, limbi ampli lobis trunca- tis. Siphonostegiae spec. ined. Benth. in Benth. et Hook. Gen. pl. II, 975. Hab. in China media littorali: Amoy (Fortune! А. 76. ш herb. Kew); ad pedem montium Shao-schina, 10 Май 1863 fl. ВР, (Savatier!); Ningpo in collibus calcareis (tophaceis) alt. 1000 рей. supra mare, in consortio Azalearum, 15 April. 1877 Ног. (W. Hancock!) Rhizoma lignosum crassiusculum fibris nigrescentibus obsitum. Caules 2 — 4 erecti simplices v. adscendentes suberecti ab ipsa basi in ramos elongatos caules principales aemu- lantes illisque parallelos divisi, spithamam’cireiter longi, basi foliis brevissimis squamifor- mibus sessilibus ovatis dein partim deciduis obsessi, tum foliis sursum sensim majoribus instructi, internodiis folio multo brevioribus. Pubes caulium foliorumque subtus densa, appressa, arachnoidea cinerea, e pilis tenuissimis 1-cellularibus constans, in pagina supe- riore foliorum denique evanida. Folia densa patula, basi propiora 2:6 mm., media 3:16mm., summa 3:20 mm. magna, lineari-lanceolata, apice acuta, basi sensim attenuata sessilia. Flores trientem caulis occupantes, vulgo ex axillis summis 3 oppositis axillares, foliis normalibus quidem fulti, sed intervallis folio longioribus sejuncti, foliis floralibus, rhachi, pedunculis et calycibus pube раба viseida sat dense pubescentibus. Peduneuli patuli, tubo calycino breviores v. aequilongi. Calyx sub anthesi 11—13 mm., post anthe- sin 16—18 mm. longus, bracteolis foliaceis brevioribus linearibus. Corolla 20—25 mm. longa, pallide lilacina, tubo triente e calyce exserto et extra calycem inflato, extus parce piloso, limbi ampli patentis diametro quam tubus non multo breviore. Labium superius bifidum inferiore trilobo brevius, lobis labii superioris reflexis retusis, inferioris rotundatis у. truncatis. Capsula calyce inclusa, longitudine tubi calycini, corolla marcescente coronata, in styli basin persistentem sensim acuminata, 7 mm. longa, 3 mm. lata. Tab. 2. fig. 19 — 29. Monochasma Savatieri. 19. cauliculus magn. nat.; 20. pilus e tomento folii, centies auctus; 21. calyx fissus, a facie interiori, 4-er auct.; 22. pili viscidi ex Шо, 100 auct.; 23. corolla fissa, 4-er aucta; 24. capsula matura dehissa a facie et a dorso, totidem auct.; 25. ejusdem sectio transversa, valvis tum valde diver- gentibus, magis auct.; 26. semen maturum, decies auctum; 27. ejus sectio transversa, magis a. et 28. longitudinalis, valde aucta; 29. embryo ex illo. Monochasma proximum quidem Dungeae, pro qua species ejus una sumpta fuit, sed diversum capsula a dorso, nec a latere, compressa ibique tantum, neque utraque facie de- hiscente, seminum structura diversissima, habituque alieno: radice parva, cauliculis debili- bus, internodiis mox omnibus, mox summis saltem elongatis. Siphonostegia, pro qua altera species Monochasmatis sumebatur, magis distincta est capsula biloculari bivalvi, seminis tunica externa laxa, interna scrobiculata, embryone longitudine totius albuminis, pedicello neque calyce bibracteato, caule basi non squamato cet. HUJUSQUE GENERIBUS AFFINIBUS BUNGEA ET CYMBARIA. 59 Bungea С. A. Mey. Calyx tubulosus constanter 4-fidus: tubus 9-costatus, costis 4 in dentes tendentibus, 5 intercostalibus, summis 2 loco sepali quinti deficientis; interstitio inter costas membra- naceo, limbus tubo longior laciniis linearibus pungentiacutis 1-nervis, superioribus saepius paullo altius connatis. Corolla marcescens calycem aequans vel illo brevior, tubulosa, versus faucem sensim paullulum dilatata, galea porrecta acuta brevissime bidentata vel integra et tunc infra apicem utrinque dente accessorio aucta, intus villosa; labium inferius aequilongum vel paulo longius, patulum, breviter 3-lobum, infra palatum bigibbosum intus villosum. Stamina infra medium tubum, superiora breviora paulo altius inserta, didy- паша, sub galea conniventia et nidulantia. Antherae dorso affixae, 2-loculares, loculis sub- parallelis basi acutis longitudinaliter dehiscentibus. Ovarium biloculare placentis 4 crassis margine parietem fere attingentibus, apice in stylum gracilem apice paulo crassiorem, stamina superantem, inclusum vel brevissime exsertum, apice incurvum attenuatum. Stigma stylo crassius, subcapitatum. Ovula numerosa, amphitropa, sessilia. Capsula calyce sub- inflato persistente inclusa, ovoidea v. ovalis, a latere leviter compressa, pl. m. acuminata, 2-locularis, apice (vel madefacta tota) dehiscens, valvis coriaceis, dissepimentis tenuibus, respectu axeos horizontalibus, centro ope placentarum cohaerentibus. Placentae quovis carpello binae, crassae, anfractuoso-insculptae, ad parietes capsulae fere extensae, facie axili semina pauca (4—6) ferentes. Semina lateraliter affıxa, majuscula, verticalia, ob- longa, a latere compressa, subtriquetra у. асе placentari subalata. Testa spongiosa, cras- siuscula. Albumen carnosum, tenue, albidum, embryonem obduens. Embryo concolor longitudine ге albuminis, radicula apicem fructus et seminis spectante brevi crassa, со- tyledonibus placentae parallelis oblongis planoconvexis. — Herbae humiles robustae pube pluricellulari vestitae, radice lignosa crassa ampla perenni, caulibus numerosis basi dense squamatis, foliis suboppositis approximatis, basalibus integris linearibus, floralibus v. et cau- linis superioribus in lacinias lineares tripartitis, floribus subsessilibus axillaribus ad caly- cum basin bibracteolatis racemum spicatum densum constituentibus, luteis (v. rubris?). Species duae, sequentibus praeter alia statim distinctae: Galea acuta, infra apicem utrinque dente instructa, labii lobi acuti......................,....... B. trifida. о AP 0 артсе breyissime Бора, Лаби lobinbreyesobtust.n . 4... ee... В. turkestanica. 1. В. trifida, С. А. Mey. Enum. Cauc. 108. — Floribus fere а basi caulem obsiden- tibus, corolla саусе breviore, galea sub apice acuto integro utrinque 1-dentata, labio sub- longiore breviter trilobo lobis acutis, filamentis infra medium tubum insertis basi pilosis lineaque pilorum conjunctis; capsula ovata acuminata; seminibus subtriquetris rugulosis. Benth. in DC. Prodr. X. 556. Ledeb. Fl. Ross. Ш, 265. Buhse, Aufz. in Nouv. Мет. Мозес. XII. 167. Tschih. As. min. Botan. II. 44. Bartsia trifida Spr. Syst. II. 773. Rhi- 3* 60 С. Г. Maximowicz, DE СовтАвтА, ILICE ET MONOCHASMATE nanthus trifidus Vahl, Symb. I. 44. Pedicularis annua Chamaepityos асе Buxbaum, Pl. min. cogn. Cent. I. 5. tab. VIII. Pedicularis orientalis supina, folio trifido, flore magno flavescente, Tournef. Coroll. 9. Hab. in Persia australi, in argillosis apricis prope ruinas urbis Persepolis, medio Aprili florens (Kotschy!) et boreali sine loci indicatione (hb. Fisch.!); in Transcaucasia: in prov. Aderbeidshan, ad urbem Urmiah (Szovits!), tractus Swant districtu Talysch (Meyer!) locis rupestribus (Hohenacker!), et in locis aridis lapidosis prope pagum Tatuni (idem!), ргоре Diabar (Radde!); in Asia minore: Armenia (Aucher Eloy! п. 5102): ad Eriwan, declivitatibus aprieis collium Kisil-dagh, fine Aprilis flor. (Buhse!), ad latera mon- Чит lapidosorum circa Karababa, in eremo salso ad occidentem urbis Nachitschiwan ad- Jacenti, init. Junii frf. (Szovits!), in montibus prope Harputh (Моё! п. 943); in Cülicia, prope Dundarli, alt. 5000 реа. (Kotschy! it. cil. Ката. п. 224); Galatia (Willdenow); Lycaonia, prope lacum Buluk-goel, in salsis, altit. c. 940 metr. (Tschihatschef!); Ponto meridionali, inter pagum Tschaodak et oppidulum Kuleihikar, alt. с. 1 — 1500 m. (id.); Cappadocia, collibus haud procul a Kaïsaria, alt. с. 1500 m. (Balansa); Phrygia prope Uschak, alt. c. 900 m. (idem). Radix demum crassa lignosa elongata, apice in fibras validas longas subhorizontales paucas divisa, apice juvenilis mono- demum polycephala. Capita pl. senilis numerosa ab- breviata, dense squamata, caules floriferos et juveniles foliis squamiformibus adhuc tectos numerosos emittentia. Squamae alternae obovatae у. ovatae, 3-nerviae, fuscomembranaceae, margine gilvo-tomentosae. Sursum transeunt paulatim in folia, mox supra basin cauliculi jam in oppositum ordinem approximata. Caulis pennam anatinam usque crassus, pube rigi- diore, interdum subbifariam, pubescens, erectus, palmaris usque spithamaeus. Folia inferiora vel cauliculorum sterilium erectopatula, anguste lanceolata, admixtis interdum foliis apice у. ad medium trifidis laciniis lanceolatis, 10—20 mill. longa, 2—3 mill. lata, cito abeuntia in tripartita (non ad basin tamen) laciniis linearibus acuminatis, 30 —40 mill. longis, 1—2 mill. latis, omnia rigidula, internodia sua superantia, posteriora ex axillis plerumque flori- fera. Flores ex axillis foliorum orti inflorescentiam sistunt densam Ÿ,—"/, longitudinem caulis oecupantem, et gignuntur forsan jam in caule annuo (unde planta a Buxbaum pro annua descripta). Pedicelli brevissimi, tamen distincti, mox suboppositi, mox subalterni. Bracteolae sub calyce illo parum breviores lineares rigidulae. Calyx a 28 ad 40 mill. in diversis speciminibus longus, in majoribus praesertim ad marginem, in minoribus etiam dorso pube crispula obscura hirsutus. Corolla calyce semper distincte brevior, 25—35 mill. longa, extus sat dense pubescens, ad ultra '/, longitudinis totius 2-labiata, galea рог- recta intus fasciis hirsutis 2 in dentes tendentibus percursa, labio galeam saepissime supe- rante, patulo, ad palatum gibboso, fere ad medium vel ad /, in lobos tres diviso anguste deltoideos breviter acuminatos medio paulo productiore, limbo labii intus pubescente. Stamina galea paulo breviora, infra medium tubum inserta. Filamenta teretia basi hirta et inter se linea hirta conjuncta, spatio staminis quinti abortivi glabro. Antherae loculi HUJUSQUE GENERIBUS AFFINIBUS BUNGEA ET CYMBARIA. 61 parum obliqui, fere paralleli, apice brevi spatio connati, obovatooblongi basi acuminati, supra medium dorsum inserti, albidi. Pollen aureum. Germen in fundo tubi corollae nidulans ovatum in stylum galeam fere aequantem superne subcrassiorem attenuatum. Capsula 16—17 mill. longa, corolla emarcida diu coronata, ovata cum acumine recurvo, utrinque ad basin usque dehiscens, sed statu sicco apice tantum hians. Valvae coriaceae. Semina 4 mill. longa, luteobrunnescentia, corticata, rugosa, ovalia у. ovata у. rhombea, pl. m. compressa, фаз! chalazà fuscä leviter impressä latiuscule emarginata, funiculo vix ullo. Inter specimina numerosa, quae ante oculos habeo, formae distingui possunt duae, non satis tamen neque constanter distinctae, quin varietates sistent: Planta caucasica robustior et altior, glabrior, subviridis, pube brunnescente ad apices pilorum non raro glutinosa, Юз eorumve lacinis omnibus linearibus margine у. superne puberis, calyce 40 mill., corolla 35 mill. longa, staminibus brevioribus ad fissuras labiorum tantum attingentibus, stylo glabro. Planta armeniacopersica minor, florens saepe duplo humilior; pube densa vix glutinosa ad utramque foliorum paginam calycesque canescens, folia eorumque laciniae in inferiori- bus multo, in summisque saepe adhuc distinete latiora et breviora, calyces 28—30 mill., corolla 25 mill. longa, labium galeam fere aequans lobis subbrevioribus, stamina galea paulo tantum breviora, filamenta breviora in pl. armena extus ad basin denticulum obtu- sum, in pl. persica deficientem habent, stylus saepe parce pilosus. Utraque forma florens humilior et magis canescens, fructifera elatior fit et pubes non solum rarescit, sed saepe etiam obscurius colorata fit. Tab. 3. fig. 1—10. Bungea trifida С. A. Mey. 1. flos bractea a pedicello libera fultus; 2. calyx fissus a facie interiore, cum bracteolis; 3. corolla fissa, omnes bis auctae; 4. anthera a dorso et a ventre, magis aucta; 5. germen, bis auct.; 6. capsula a latere et a vertice, magn. nat.; 7. capsulae sectio transversa, demtis seminibus; ter aucta; 8. semina аа. a dorso, bb. a ventre, ter a.; 9. semen longitudinaliter et transverse sectum, 8-ies auct.; 10. pili versus apicem folii siti, 40-ies aucti. 2. В. turkestanica Maxim. — Florum racemo terminali brevi, corolla calycem aequante, galea apice brevissime biloba, labio aequilongo obtuse tridentato, staminibus corolla brevi- oribus supra basin corollae insertis glabris, capsula obovatoglobosa cum apiculo, seminibus ventre anguste alatis laevibus. ВБ. trifida Herder Pl. Severz. fase. 3. р. 25. п. 877. sub Ajuga vesiculifera, in Bull. Mosc. 1872. Ajuga vesiculifera Herder in Rgl. et Herd. Enum. pl. Semen. р. 71. п. 877. in Bull. Мозе. 1868. № 2. Hab. in Turkestania orientali: inter Boroldai et Bugun fluvios jugi Karatau, non pro- cul ab игре Aulie-ata, пес non vicina in regione ad Dshan - bulak (Sewerzof a. 1864. fl. et frf.) Radix et squamae innovationum praecedentis, sed pubes squamarum parcior et in supe- rioribus cito evanida, in foliorum margine etiam parca, hic rigida et brevis, ita ut planta viridis (statu sicco nigra). Caulis ad summum spithamaeus, breve obscure puberulus. 62 С. Г. Maximowicz, De СовтАвтА, ILICE ET MONOCHASMATE Folia inferiora subalterna lanceolato-linearia simplicia, 15 — 20 mill. longa, 3 mill. lata, cetera opposita inferioribus aequilonga, mox ad basin usque tripartita, laciniis linearibus acuminatis, 1 mill. lata, internodio longiora, omnia erectopatula, minus rigida quam in specie praecedente, rarius ex axillis ramulos breves tenues steriles emittentia. Racemus И vel т caulis occupans, ob Па floralia arcuatopatentia optime a cetera parte caulis distinctus, in- ternodiis valde approximatis. Pedicelli brevissimi suboppositi. Bracteae foliis caulinis tri- partitis similes, sed longiores (ad 30 mill. longae), calycem subsuperantes. Bracteolae prae- cedentis calyci aequilongae уе] vix longiores. Calyx 22 mill. longus, quam in В. trifida minus profunde, paullo infra medium tantum, in lacinias basi deltoideas tunc a medio subito subu- latas, extus margine et ad costas scabropilosulas fissus. Corolla calyci aequilonga, in sicco rubentibrunnea, unde in vivo forsan rubra, certe colore a praecedente diversa, ubi et statu sicco brunneoochracea apparet, utroque labio porrecto, extus subviscidulo-pubera, intus ad labia et paullo infra уШоза. Galea concava, vi explanata deltoidea, apice ipso bre- vissime minuteque bilobula, ceterum integra. Labium ambitu late ovale, ante marginem anteriorem gibbo distinctissimo bilobulo notatum, a gibbo antrorsum in dentes 3 obtusissi- mos, medio parum longiore, divisum, dentibus parallelis. Stamina quam in В. trifida distincte breviora, breviora ad basin labiorum, longiora paulo ultra fissuram attingentia, et altius inserta, priora supra medium, inferiora ad trientem tubi inferiorem, omnino glabra neque linea pilorum conjuncta. Antherae praecedentis, loculis vix paullo latioribus acutis. Ovarium minus attenuatum, stylus et stigmata praecedentis. Capsula praecedente minor, latior, et obtusior, 10 mill. longa, late elliptica, apiculata, ceterum analoga. Se- mina numero ut in В. trifida, sed oblonga, angustiora, laevia, basi distinctius emarginata, placentam versus anguste alata. Embryo gracilior, albumen paullo crassius. Species nova hic proposita differt igitur praecipue corolla, quae ПП Cymbariae borys- thenicae tam similis, ut ух distincta videatur, sed calyx 4-fidus Dungeae. Utrumque genus пипс calyce solo diversum. Si tamen in modum crescendi respicimus, tum Dungea differt a Cymbaria in eo, quod caulis florifer ultra flores minime elongatur neque ramuli rari foliati е caule passim orti unquam tam accrescunt, ut caulem supereminent, quod utrumque in Cymbariis post anthesin occurrit. Tab. 3. fig. 11—22. Bungea turkestanica n. sp. 11. specimen magn. nat.; 12. flos cum bractea pedicello ad- nata; 13. calyx fissus, cum bracteolis, a facie interiore; 14. corolla et eadem fissa cum germine, omnes tres figg. bis auctae; 15. anthera a dorso et a ventre, magn. eadem aucta ac fig. 4. hujus tabulae; 16. sectio transversa capsulae et seminis unius, ter auct.; 17. ovula a latere, magis aucta; 18. capsula a vertice et a latere, magn. nat.; 19. semina a dorso (a.) et a ventre (b.) 8-ies aucta, et sectio transversa (c.), magis a.; 20. semen transverse sectum, magn, diam. 15. auct.; 21. embryo a facie et a latere, eadem magn.; 22. pili folii, diam. 40 aucti. Cymbaria Messerschm. in Amm. Stirp. rar. га. ic. 35. Calyx tubulosus 5-fidus (rarissime 6-fidus): tubus 10-costatus, costis 5 in lacinias tendentibus, 5 intercostalibus, integris v. ante marginem tubi passim bifurcis v. in 2 spe- x "4 | HUJUSQUE GENERIBUS AFFINIBUS BUNGEA ET CYMBARIA. 63 ciebus in lacinias adventitias breviores excurrentibus, interstitio tubi inter costas mem brana- ceo. Corolla e calyce exserta tubulosa, versus faucem ampliata intus glabra, galea por- recta, indivisa acuta, у. biloba lobis reflexis, labium porrectum v.patulum, palato (in 1 spe- cie valde) gibboso, limbo trilobo lobis subaequalibus parvis acutis у. amplis rotundatis. Stamina didynama, supra basin tubi, superiora breviora paulo altius inserta, sub galea conniventia. Antherae dorso versus apicem affixae biloculares, loculis parum divergentibus oblongis basi acutis longitudinaliter dehiscentibus. Filamenta teretia, basi puberula v. dense villosa et inter se annulo puberulo vel dense villoso, mox eircumeirca, mox interstitio staminis quinti glabro, conjuncta. Ovarium in stylum gracilem, stamina (in 1 specie etiam согоПат) parum superantem, apice incurvum, subito attenuatum, stigmate capitato ух crassiore, ceterum, cum ovulis, ut in Dungea constructum. Capsula calycis tubo sub- inflato nidulans, ovoidea, a latere leviter compressa, bilocularis, loculicide dehiscens, valvis coriaceis, dissepimentis tenuibus respectu axeos horizontalibus, centro ope placentarum cohaerentibus. Placentae crasse spongiosae, ut in Бипдеа. Semina majuscula, а latere compressa, pl. m. elliptica, marginata, testa crassiuscula spongiosa. Albumen et embryo Bungeae, sed radicula crassius conica et cotyledones ovales. — Herbae sub anthesi humiles, robustae, post anthesin elatiores (ob caules ultra flores alte excrescentes ramosque laterales, utrosque foliatos, valde elongatos) pube pluricellulari, mox tenui elongata, mox valde abbre- viata vestitae, radice lignosa crassiuscula perenni, caulibus numerosis basi dense squamatis, squamis sensim in folia subopposita sat approximata, linearilanceolata, floralia in una specie saepe trifida abeuntibus, floribus axillaribus breviter pedicellatis ad calycum bases bibrac- teolatis, luteis rubro variegatisve. Species diu notae duae, quibus пипс accedit tertia nimis arcte forsan affinis, ita statim distinguendae: Calyx laciniis 5. Galea integra, lobi labii parvi breves acuti..,..................,......... С. borysthenica, Calyx laciniis 10. Galea biloba, lobi labii ampli rotundati. 2. 2. Incanovillosa, bracteolae integrae, folia floralia saepe trifida, corolla calycem triplo superans 5-loba....... о. и Па О Зоо НОО ОЗС . С. dahurica. Viridis puberula, bracteolae trifidae, folia integra, corolla calycem duplo superans bifida et 5-loba С. mongolica. 1. С. borysthenica Pall. in Schlechtendal Cymb., apud Nees, horae phys. berol. р. 109. tab. XXI. fig. 2. Nana, pube tenui longissima incano-tomentosa, foliis bracteisque in- tegerrimis; floribus ad basin caulis, brevissime pedunculatis; calyce 5-fido corolla semibi- fida duplo breviore, galea integra acuta, labio acute tridentato. Benth. in DC. Prodr. X. 556. Ledeb. Fl. Ross. III. 264. Czernäjew, Consp. fl. Charcov. 46. Stev. Taur. in Bull. Mosc. 1857. П, 352. Lindem. Fl. Cherson. 150. Sredinsky, Taur. bor. п. 536. in Acta soc. neorossicae. Т. Hab. in Rossia meridionali (nec in Sibiria, ut errore habet Schlechtendal), gubernio Cherson: ad fl. Bug (Chrustalew ex Lindem.), inter fl. Bug et Dnepr, ad pluvialem rivum Burgunt in calcareis (Boeber ex Pallas 1. с.), ad cataractas fl. Dnepr (Steven! fl.) in ripa N Я 64 С. J. Maxımowiıcz, De CoRIARIA, ПлоЕе ET MONOCHASMATE sinistra (Rogowicz! fl.), prope oppidulum Berislaw in eadem ripa, ad Kamennaja balka, frequens (Boeber ex Pallas 1. c.); gubernio Jekaterinoslaw: 25 stadia ab urbe Jekateri- noslaw, declivitatibus argillosis ripae sinistrae fl. Donez, init. Maji fl. (Krinitzki!), in gu- bernii Taurici parte continentali: prope Molotschnam (Radde! Мало fl., etiam ex Steven 1. с.), in peninsula Tschongar ponte cum Tauria juncta (Radde ex Steven); Ucrania meri- dionali (Czernäjew). — Floret Majo. Radix fusca lignosa multiceps. Cauliculi numerosi palmares, basi squamati, incano- tomentosi. Squamae fuscomembranaceae margine tomentosae, inferiores ovatae, superiores oblongae, omnes acutae. Folia densa, erecta, linearia, acuta, cinereo-tomentosa, semper indivisa. Flores pauei, vel ex axillis squamarum caulis superiorum et tunc pedicellati, pedicello saepe calycis tubum aequante, bracteolis non raro a calyce remotis, vel ex axillis foliorum infimorum subsessiles bracteolis arcte calyci suppositis, semper igitur in parte ba- sali cauliculorum collocati. Bracteolae foliis similes, calyce folioque breviores. Calyx co- rolla duplo saltem brevior, 5-fidus 10-nervius, extus et ad lacinias late subulatas utrinque cinereo-tomentosus, laciniis duabus superioribus interdum paullo altius connatis. Corolla extus tomentosa, lutea, 23 mill. longa, cum calyce subhorizontaliter patens. Galea ampla сопсауа acuta labiumque porrectum aequilonga. Palatum gibbo bilobo minus quam in sequen- tibus prominente marginique anteriori labii magis approximato instructum, apex labii trun- catus tridentatus dentibus subaequalibus late ovatis у. breve deltoideis apiculatis у. acutis. Stamina infra quadrantem tubi inferiorem inserta, corollae fere aequilonga. Filamenta basi et inter se ad tubum pubescentia, intervallo staminis quinti tamen glabro, superiora basi extus squamula minuta aucta. Antherae loculi apice connati, obovati basi acuminati, apice pilosuli pilis debilibus. Stylus ex apice galeae breviter exsertus. Fructus ignotus. Tab. 4. fig. 21. flos Cymbariae borysthenicae Pall., magn. nat.; 22. calyx ejus fissus, a facie interiore, ubi tubus glaber, et exteriore, cum bracteolis, et 23. corolla ex eadem, fissa, bis aucta; 24. staminis pars a facie et a dorso, sexies aucta. 3. С. daurica L. Cod. 597.— Pube tenui elongata cinereovillosa, foliis floralibus saepe trifidis bracteolis integris; floribus in medio caule brevissime pedicellatis; calyce lacinulis intercostalibus aucto corolla obtuse 5-loba triplo breviore. С. davurica pumila incana Linariae folio, magno flore luteo guttato, Messerschm. in Amm. ruth. 35. tab. I. fig. 2. et in Gmel. Fl. Sibir. Ш. 198. Schlechtdl.]. с. 108. t. 21. fig. 1. Benth. 1. в. Ledeb. 1. с. Turczan. Fl. Baic. Dah. II. 353. Maxim. Ind. Pekin. et Mongol. in Primit. Fl. Amur. 475 et 484. Trautv. Catal. mongol. п. 82. in Acta В. Petrop. Г. 187. Hab. in Sibiria orientali: ad Jeniseam fluvium, «circa Mainski rudnik пес alibi (Pal- las! It. III. 379.) «sed rara et frequentior fit tantum ad Baicalem» (Pall.1.c. 318), ubi inve- . nerunt Steller usque ad ostium fl. Bargusin (ex Amman |. с.), Radde! (Baer et Helmers. Beitr. XXIII. 182, 254) ad fl. Buguldeicha, Turcz. in ins. Olchon; in siceis et lapidosis Transbaicaliae (Turezaninow!): Selenginsk (РаПаз l. с. 260), Werchneudinsk (Seda- HUJUSQUE GENERIBUS AFFINIBUS BUNGEA ET CYMBARIA. 65 kow!); in Davuriae «apricis montanis, herbidis siccioribus, saxosis glareosisque» (Messer- schmid ex Ammanl. c., Wlasow!, Turezan.!): «in montosis Schilkae et Arguni (Gme- lin 1. с.): «ad fl. Urulungui non procul а Zuruchaitu vulgaris» (Pall. 1. с. 425.), inter. fl. Argun et Gasimur (Radde!); Nertschinsk (Sensinow!); Nertschinskoi Sawod (Sosnin!); in Mongoliae rossicae desertis circa lacum Tarei vulgatissima (Radde I. с. 408.), circa Kiachta (Basilewski!) et chinensis parte orientali prope Kerulen (Lomonosow!), centrali ad Sain-Kutul et alibi (Kirilow!), Tulga, Mogoitu, inter Gaschun et Olon-obo (Bunge!), in deserto argilloso sabuloso inter jugum Suma-hada et In-schan Mongoliae australis (Przewalski!); in locis subarenosis Mongoliae finitimis Chinae borealis (Kirilow! ex Tur- czaninow in sched.). — Floret Junio, Julio. Radix crassitie pennae corvinae vel vetustior anserinae, brunnea, multiceps, squamis primum totis dein margine tantum incanovillosis, brunneis, sensim in folia herbacea infima lanceolata acuta, sequentia linearilanceolata et linearia acuminata transeuntibus. Caulis et folia, pagina superiore excepta, villo tenui denso у. parciore incano- у. cinereo-villosa. Cauliculi in sterilissimis desertis enati saepe simplices уе] pauci pollicares, vel locis propitioribus sat nume- rosi palmares, vel spithamaei, priores flore unico pseudoterminali et ex axillis proximis ra- mulis sterilibus instructi, posteriores vulgo in medio caule, rarissime fere a basi floribus usque ad 8, saepissime 2 — 5 onusti. Folia flores fulcientia mox ceteris omnino similia, mox et зае- pius latere uno v. utroque lacinia lineari instructa bi-trifida, vel rarissime imo bijugo-pin- natifida, Ша, supra flores sita уе] ramorum etsi floriferorum semper indivisa. Flores magni- tudine valde, respectu partium vix variabiles, 25—55 mill. longi, interdum in individuis nanis maximi, in majoribus рагу, si 2—4 evoluti vulgo ex axillis oppositis orti, si numerosiores, quod tantum in valde robustis oceurrit, plerique alterni, axilla altera sterili; fere semper e caule primario, rarius etiam ex axillis inferioribus ramorum orti. Pedicelli saepissime perbreves, in Pallasiano uno exemplo jeniseensi tamen tubo calycino non multo breviores, patuli, recti. Bracteolae calyci adpressae et Шо vulgo breviores, lineares, indivisae, raris- sime hinc dente parvulo auctae. Calycis laciniae subulatae tubum subsuperantes, acces- soriae setaceae duplo breviores, interdum ex eodem sinu geminae, omnes rectae, corollae adpressae. Corolla tenerius membranacea quam in С. borysthenica, ex Messerschmid lutea guttata, vix, ex Gmelino grate odora, intus flava inferne rubro punctata, extus pal- lidior, calyce fere triplo vel plus triplo longior, extus tota, intus infra labium villosa, faucem versus magis quam in praecedente specie dilatata. Galea a labio fissura pro- fundiore haud distincta, emarginata lobis depressorotundatis replicatis. Labium paulo lon- gius amplum, ad ipsam faucem gibbo maximo integro neque bilobo praeditum, usque ad ipsum gibbum in lobos tres subrotundos partitum, lobo medio paulo majore lateralibus in- cumbente, omnibus patulis. Stamina supra basin tubi, superiora parum altius inserta, ibidem basi tomentosa et circumeirca conjuncta annulo lato et dense flavidotomentoso. Antherae, ex Messerschmid (in Amman I. с. 37) luteae, ex Gmelino (ibidem р. 38, et in Gmel. fl. sib. 1. с.) albae; loculi liberi, oblongi, basi breve acuminati, apice fasci- Mémoires de l'Acad. Imp. des sciences, УПше Serie, 9 66 С. Г. Maximowrcz, De СовтАвтА, Плов ET MONOCHASMATE culato-pilosi, demum glabrati, parum divergentes. Stylus stamina galeam fere aequantia superans, apice incurvo breviter exsertus. Capsula ultra 10 mill. longa, late ovoidea, а latere compressa, calyce inclusa, tota demum dehiscens. Semina plurima, 3 mill, q. exc. longa, compressa, medio margine affixa, eircumeirca distincte alulata, elliptica, testa e cel- lulis magnis laxe reticulata. ш planta fructifera rami laterales steriles у. floriferi pal- mares fiunt et axis primaria ipsa magis elongatur, ita ut fructus magis basales videantur quam flores et planta tota fere pedalis excrescat. Variat nana et spithamaea, 1-flora et pluriflora, tota cinerea vel pube parciore cine- reoviridis (sicca nigrescens, pilis tamen semper elongatis), corolla parva vel duplo majore, foliis omnibus indivisis vel floralibus caulis primarii 2—5-fidis, sed varictates rite expressae vix stabiliendae. Unicum .tamen specimen, a Pallasio ad limitem speciei extremum occidentalem (ad Jenisei) lectum ab ceteris omnibus sane magis recedit floribus pedicello calycis tubo vix breviore instructis, ceteris omnibus partibus tamen omnino congruit. Tab. 4. Cymbaria dahurica L. Fig. 1. calyx fissus cum bracteolis et folio florali а pedicello liberis, a facie interna, bis auct., ut 2. corolla fissa cum germine; 3. apex staminis a facie et a latere, sexies auct.; 4. sectio trans- versa capsulae (sub cultro dehissae), cum placenta seminibusque loculi unius, ter aucta; 5. capsula matura, m. nat.; 6. semen; 7. nucleus albidus ex Шо, micropyle chalazaque nigrescentibus; 8. embryo albidus;, 9. sectio seminis transversa, omnes 5-1е; auctae; 10. pili folii pluricellulares; succo scatentes et passim vacui, 40-ies aucti. 3. С. mongolica Maxim. Pube brevissima passim subviscida puberula viridis; foliis omnibus indivisis, bracteolis trifidis; pedicello arcuatopatente tubum calycinum aequante; calycis laciniis omnibus squarrosulis corolla bifida obtuse 5-loba duplo brevioribus. Hab. in Mongolia austro-occidentali, jugo Alaschan, in desertis ad pedem solo argil- loso, sparsa, non frequens, initio Julii fl. с. fr. fere mat., nec non in Chinae occidentalis prov. Kansu, ad Hoangho superiorem, init. Junii flor. (Przewalski! 1873, 1880.) Habitus С. davuricae, quacum fere omnibus partibus convenit et cujus forsan nil nisi varietas geographica insignis. Differentiae tamen perspiciuntur non paucae, praeter illas in diagnosi indicatas, praesertim in structura floris. Folia caulina saepe latiora, rite lanceolata obtusiuscula, flores 30 mill. longi omnes semper longiuscule pedicellati, bracteolae saepius a calyce remotae. Calycis laciniae summae paulo altius connatae, accessoriae recurvulae, rigide puberulo-ciliatae. Corolla, ex collectore lutea, versus faucem minus ventricosa, galea а labio fissura profundiore sejuncta, extus viscidulo-pubescens, intus parce secus lineam mediam loborum pilosa. Galea praecedentis. Labium ad medium tantum trilobum lobis rotundatis vix sese tegentibus, ad gibbum palati minus prominentem minime attingentibus. Stamina altius supra basin tubi inserta, quam in ©. dahurica multo breviora, filamenta basi parcius et albidopubescentia, annulo pilorum angustissimo indistincto, ad locum staminis 5' interrupto, extus ad basin omnia denticulo obtuso aucta. Antherae minores, ad fissuram corollae tantum attingentes (neque galeam subaequantes), loculi glabri, obovati, magis divergentes. Stylus gracilior, staminibus HUJUSQUE GENERIBUS AFFINIBUS BUNGEA ET CYMBARIA. 67 triente longior, galeam aequans пес superans. Fructus minor, 8 mill., ceterum similis. Semina minora, ух 3 mill. longa, oblonga, minus compressa, circumeirca marginata, basi ad chalazam truncata. Embryo idem. Tab. 4. С. mongolica п. sp. fig. 11. spec. florens; 12. flos cum pedicello bracteolisque, m. nat.; 13. calyx fis- sus ab externo et 14. bracteolae cum parte pedicelli, a calyce liberae v. illi adnatae v. supra medium pedicellum remotae; 15. corolla fissa, omnes bis auctae; 16. apex staminis, 6-ies auct.; 17. capsula m. nat.; 18. semina matura et 19. id. transverse sectum, 5-ies aucta; 20. pili foliorum succo granulifero repleti, 40-ies aucti. Pag. 41. Pag. 53. Pag. 53. Curae posteriores. llicis integrae Thunb. synonymis adde: Othera japonica Thunb. Fl. Jap. 4, 61. Е]. Icon. dec. 2, $. 3, ex autopsia speciminis unici, solita cum liberalitate mihi a cl. Th. Fries ex herbario Thun- bergiano transmissi, est ramulus nondum florens plantae masculae Ilicis inte- grae Thunb. |. Aquifolium Lour. Adde: excl. syn. Koo kotz vulgo Firdgygi, Kaempf. Am. exot. 781, quod ex nominibus vernaculis ad Oleam Aquifolium Sieb. Zucc. pertinet. ad calcem specierum ex Zlice excludendarum adde: Ilex asiatica Thunb. in Herbar. Upsal., specimen florens, e Cantone Chinae a Bladh allatum, a me examinatum, nil nisi exemplum masculum Zanthoxyli жи DC., petiolis pro ramulo, foliolis pro foliis a Thunbergio sumtis, aculeis solito parcioribus vero practervisis. An eadem planta ac Цех asiatica L., non enucleandum, nam in herb. Linnaeano planta deest, fide Hooker fil. Fl. Brit. Ind. I, 606. Diagnosis Linnaei: foliis lato-lanceolatis obtusis integerrimis, in hoc specimen adhibita, non nimis repugnat, nam folia quam vulgo minus vel vix attenuata, vetusta margine undulata, novella primo adspectu integra, tantum accuratius examinata crenaturas indistinetas cum glandula in sinu ostendunt. —08300—— 9* 68 С. Г. Maximowicz, DE CoRIARIA, Inıc Er MONOCHASMATE INDE X. Nomina recepta. бупопута. Pag. Pag. Ajuga vesiculifera Herd......,....,...,... . 61. | Cymbaria mongolica Maxim... ;. 410000 66. Bartsia trifida OPT... 0 dee ие а.о 59. | Heterocladus caracasanus Turez............ Je BunPen re mr Nate ee COEUR 54, 59. | Heterophylleta Turcz. FR an т Bungea Sheareri Moore.................. 56. | 116х acrodontasReiss и. Ее 26. Bungea trifida С: А. Ме 59. м»: affinis бахаи. 2. er. Ne ER 26. DOUNIA Herd. eue ом ых 61. |» "ambigus Champ... еее 30. .» 0 turkestänica Махим. „несе 61.| » anpustissima Reise. ее 29. Caryophyllea dubia Miq............,..... 56. |»; Aquifolium L. 2.2... ve. RSR 30. Cassine magellanica Lam............ (adn.) 19.| » » Tour. „0,2 en ae 53 Celastrus adenophylla Miq...,............ Ва.» » Hance en 53 Coriaria angustissima Hook. f. .....,....... 12. capensissSond ner" a. FRE ane 27. » ruscifola DL... ven re 10.1.» Cassine Walt. 21... u een er 22. у, ПРИЗЕР 10: |. »..cerasifolasBeiss. A PE CE ne 25 » sarmentosa Forst Wera. ER Ce 10: › chamaedryiolia Ress еее 21. » Siniea, Maxime лье ее 9.2.» Chinensis ВИ ee ee Dept 40. » пива il. BER... cn 11. |». cinerea Champ... 2.2 ee en 28. 46 » thymifolia Hook... aan me 1251 So»rzcornutasTundl ne ee 30. 44 Oyinbaria a Mn ae RER TE 54..69..|, ». сова Die. Re ee OR 51 » borysthenica-Pall.. ne... 0 63: › степа в 239% » daburica La. Dune RIRE 64. | :»...0#259@ Siebold. ne ое. 47 Е. LA Ч HUJUSQUE GENERIBUS AFFINIBUS BUNGEA ET СумвлвлА. . Pag. CUIADENSISMIRNEISS ne Se ee een 27 CYMOBA ВИ а Е 24. Daho WA re LL Rss LE 26. deCIdUA Walter ET eco се 30, 51 denticuWlatae Wall ee а 29 diminuta, Reiss. nenne onen Gil dIOICA MARINE ala ae re cree 27 AIOSPYFOIdES- ROIS nennen nn 28 dipyrena,Wallentn Sa sa en ee des 29. domestica Hessen uns ME. in... 28. drvandEolia Вар: ....... 4... (adn.) 19 Ebenacea BReisse.. „asien оне 27. ENDLICH AB ER, ee RL cc 22 emargınellasTurcz. Min en one e as 22. emargimnate, Thunb:...,. 1.14... 2,00 53. embelioides Hook. f..........,.... 25. 38. excelsa Wall. ner nen ne 23 foribunda Reise: ae. se ne 26. formoBana AM AXIMS.. see ee 28. 46. 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Zanthoxylum nitidum 00........ еее» 67. = = A KR. i / Maximowiez de Coriaria ce‘ LL \ —— 5.J.rotunda Thunh. éeniculata a Thunb. 4 J.Oldhami Мач | 2. ]ЛаНРоЙа Thunb. 8.4. iniegr 6.b.cJ.mierococva. Ÿ de. 4. Sugeroki.,8 4. тасторода Mig. 9.f J.phyilobolos. 10 &h J. 1.et a Лех Buergeri Mig. œ Maxmowics, de Goriaria cet. Tab 2. Nm de [Acad. Imp. dc de S'Pétersb VIl.Serie. Lafh.C. de Castelli, Was Ostr 11 Lin N°22 heareri Maxim 19-29 M Savatieri Franchet. а D S' Petersburg Fig. 1-18. Monochasma } 5 LE: u ME mA : 5 р 1 We “il + 8 ou Е 0 Maximawıcz, de Goriaria cet Tab 3. Пет, de Acad оо. a Sc.de S'Péler sh VIT Série. ab A ST Mei (a PS ie Fig. 1-10. Bungea trifida 0.AMeyf-22.B. turkestanica n. sp. in N°&, Lsfh.C.de Castelli Was Os NL $’ Pete % к _ Мат de [Acad mp. dSc.de S°Peiersh WT Série. Maimowice, de Loriaria cet. Tab 4. Fig 1-10 Cymbarta dahuriea Г... Cmongolica n sp 21246 borysthenica. Fall Lith.C.de Castelli, Was.Ostr 11 Lin N°22 G' Peter LA E вом ‘4 TILL № D си x Г. T VI, № в vu, x D ax x RL N к. x вм м № й M XI, № T. XII, № Ouvrages botaniques publiés dans la Vilme série des Mémoires de l’Académie Impériale des Sciences: 2, Regel, Е. Die Parthenogenesis im Pflanzenreiche, Eine Zusammenstellung der wich- tigsten Versuche und Schriften über Samenbildung ohne Befruchtung, nebst Be- u derselben nach eigenen Beobachtungen. 1859. Mit 2 Taf. Pr. 60 К. = 2 Mk. | 1. Borszezow, El, Die Aralo-Caspischen Calligoneen. 1860. Mit 3 Taf. Pr. 65 К. = 2 Mk. 20 Pf. 8. Borszezow, El, Die pharmaceutisch-wichtigen Ferulaceen der Aralo-Caspischen Wüste, nebst allgemeinen Untersuchungen über die Abstammung der im Han- del vorkommenden Gummiharze: Asa foetida, Ammoniacum und Galbanum. 1860. Mit. 8 Taf. Pr. 1 В. 95 К. =6 Mk. 50 Pf. 4. Regel, Е. Tentamen florae Ussuriensis oder Versuch einer Flora des Ussuri-Ge- bietes. Nach den von Herrn R. Maack gesammelten Pflanzen bearbeitet. 1861. Mit 12 Tat Rn 2 В, 95. К 9 МЕ ЗО РЕ 11. Bunge, Al. у, Anabasearum revisio. Cum tribus tabulis. 1862. Pr. 1 В. 20 К. = 4 МК. 1. Ruprecht, F, У. Barometrische Höhenbestimmungen im Caucasus, ausgeführt in den Jahren 1860 und 1861 für pflanzen-geographische Zwecke, nebst Betrach- tungen über die obere Gränze der Culturpflanzen. 1863. Pr. 1 В. 5 К. = 3 Mk. 50 Pf. 15. Famintzin, А. Die Wirkung des Lichtes auf das Wachsen der keimenden Kresse. 1865; Pr 25 К. — 80 Bf. 2. Bunge, Al, у. Uebersichtliche Zusammenstellung der Arten der Gattung Cousinia Gasse 1365, br аа К =] МК 50 РЁ 6. Woronin, M. Ueber die bei der Schwarzerle (Alnus glutinosa) und der gewöhn- lichen Garten-Lupine (Lupinus mutabilis) auftretenden Wurzelanschwellungen. 1866. Mit 2 lith. Taf. Pr. 30 K.=1 Mk. 11. Maximowiez, С, У. Rhamneae orientali-asiaticae. 1866. Cum tabula. Pr. 30 К = 1 Mk. | 16. Maximowiez, С, J, Revisio Hydrangearum Asiae orientalis. 1867. Scripsit tabulis- que 4 lapidi incisis illustravit..... Pr. 80 К. — 2 Mk. 70 Pf. 2, Kauffmann, N. Beitrag zur Kenntniss von Pistia texensis Klotsch. 1867. Mit hit lat Pr. 25 К. — 50 РЁ 7. Linsser, С. Die periodischen Erscheinungen des Pflanzenlebens in ihrem Verhält- niss zu den Wärmeerscheinungen. Mit Zugrundelegung einer Bearbeitung des von dem Herrn Director der Brüsseler Sternwarte, Prof. A. Quetelet, publi- cirten Materials, sowie einiger nördlicheren Beobachtungsreihen. 1867. Pr. 35 K.=1 Mk. 20 Pf. 9. Famintzin, А. und Baranetzky, J. Zur Entwickelungsgeschichte der Gonidien- und Zoosporenbildung der Flechten. 1867. Mit 1 lith. Taf. Pr. 25 К. = 80 Pf. 16. Bunge, Al, у, Generis Astragali species gerontogeae. Pars prior. Claves diagno- sticae. 1868. Pr. 1 В. 10 K.=3 Mk. 70 Pf. 2. Schmidt, Fr, Reisen im Amur-Lande und auf der Insel Sachalin, im Auftrage der Kaiserlich - Russischen Geographischen Gesellschaft ausgeführt. Botanischer Theil. 1868. Mit 2 lith. Karten und 8 lith. Taf. Abbildungen. Pr. 2 В. 85 K.= 9 Mk. 50 Pf. 3. Strassburger, Е, Die Befruchtung bei den Farrnkräutern. 1868. Mit 1 lith. Taf. РГ 30.8 — ME: 6. Sperk, @, Die Lehre von der Gymnospermie im Pflanzenreiche. Eine von der Kais. Universität zu Charkow gekrönte Preisschrift. 1869. Avec 7 pl. (200 fig.) lith. Pr. 1 В. 40 К. =4 Mk. 70 Pf. 8. Linsser, €, Untersuchungen über die periodischen Lebenserscheinungen der Pflanzen. Zweite Abhandlung: Resultate aus einer eingehenden Bearbeitung des europäi- N > fa ) | Be \ schen Materials für die Holzpflanzen in Bezug auf Wärme und ben 1869: Pr °75NR = ЭМО PEUX : T. XIV, № 4. Osten-Sacken, Baron Fr, у, d, et Ruprecht, Г, J, Sertum Tianschanicum. Botanische = Ergebnisse einer Reise im mittleren Tian-Schan. 1869. Pr. 60 K. — 2 Mk. . Bunge, Al, у, Generis Astragali species gerontogeae. Pars altera. Specierum enume- ratio. 1869. Pr. 1.R. 95. К. = 6 МЕ. 50 Pf. «| № 2. Ruprecht, F, Л. Flora Caucasi. Pars I. 1869. Accedunt tabulae (lith.). Pr. 9 в. i 90 K.—9 Mk. 70 Pf. ! I, ХУ № 02: Maximowiez, С. J. Rhododendreae Asiae orientalis. 1870. Scripsit tabulisque a lapidi ineisis illustravit... Pr. 80 K.—2 Mk. 70 РЁ — | T. XVIII, № 2. Bunge, Al. у, Die Gattung Acantholimon Boiss. 1872. Mit 2lith. Taf. Pr. 95 К. = _ 3 МЕ. 20 РЁ . Russow, Е, Vergleichende Untersuchungen betreffend die Histiologie (Histiographie RN ВЕ — TRIKE — und Histiogenie) der vegetativen und sporenbildenden Organe und die Ent wickelung der Sporen der Leitbündel-Kryptogamen, mit Berücksichtigung der Histiologie der Phanerogamen, ausgehend von der Betrachtung der Marsiliaceen. 1872. Mit XI Taf. Abbildungen. Pr. 2 В. 75 К. =9 Mk. 20 РЁ Т. XX, № 3. Famintzin, А, und Woronin, М, Ueber zwei neue Formen von Schleimpilzen: Ce- ratium hydnoides Alb. et Schw. und Ceratium porioides Alb. et Schw. N Mit 3 Tat:Pr:, 60 № —=2 Mk T. XXL, № 1. Bunge, Al. у, Labiatae persicae. 1873. Pr. 70 К. =2 Mk. 30 Pf. № 9. Gobi, Ch. Die Brauntange (Phaeosporeae und Fucaceae) des Finnischen Meerbu- sens..1874. Mit 2 Taf. Pr. 40 К.—1 МЕ 30. Pf. T. XXII, № 1. Bunge, Al, у, Species generis Oxytropis De. 1874. Pr. 1 В. 30 К.=4 Mk. a0 РЕ. № 2. Keyserling, Al. Gen. Adiantum L. 1875. Avec 1 pl. Pr. 50 К. = 1 Mk. 70 № — № 10. Famintzin, А. Beitrag zur Keimblattlehre im Pflanzenreiche. 1876. Mit 8 lith. Taf. Рг. LR -=9 МЕ. ЗО Pf Т. XXIV, № 2. Schmalhausen, J. Beiträge zur Kenntniss der Milchsaftbehälter der Pflanzen. 1877. Avec 2 pl. Pr. 45. K.—1 Mk. 50 Pf. № 7. Gobi, Ch, Die Rothtange (Florideae) des Finnischen Meerbusens. 1877. Avec 1 pl. Рг. 25 К. ==80. РЕ Т. ХХУ, № 2. Cienkowsky, L Zur Morphologie der Bacterien. 1877. Avec 2 pl. Pr. 40 К. = 1 Mk. 30 Pf. T. XXVI, № 1. Gobi, Ch. Die Algenflora des Weissen Meeres und der demselben zunöchstliggen- | 4 \ den Theile des nördlichen Eismeeres. 1878. Pr. 75 К. =2 Mk. 50 Pf. № 10. Famintzin, А, Embryologische Studien. 1879. Avec 3 pl. Pr. 40 K.— 1 Mk. 30 Pf. № 12. Klinge, I, Vergleichend-histiologische Untersuchung. der Gramineen- und Cype- as raceen-Wurzeln, insbesondere der Wurzel- Leisbundel. 1879. le 3 pl Pr. tou 85 K.—2 Mk. 80 Pf. Т.ХХУП, № 2. Baranetzky, 3, Die tägliche Periodicität im ОО der Stengel 1879. Avec 5 pl. Pr. 1 R. 20 К. —4 Mk. : № 8. Bunge, Al, Pflanzen-geographische Betrachtungen über die Familie der Chenopo- ! diaceen. 1880. Pr. 30 K.— 1 Mk. Т.ХХУШ, № 4. Borodin, J. Untersuchungen über die Pflanzenathmung. 1881. Mit 9 Та. Dr. HR u 80 Pf. Imprimé par ordre de l’Académie Impériale des sciences. : Novembre, 1881. C. Vessélofsky, Secrétaire perpétuel. Imprimerie de l’Académie Impériale des sciences. _ = (Vass.-Ostr., 9° ligne, № 12.) JE Envoi de l’Acad. Пир. des sc. de St.-Pétersbourg. | \ Washington, Smithsonian Institution. MEMOIRES PACADEMIR IMPERTALE DES SCIENCES DE ST.-PETERSBOURG, VII" SÉRIE. Томе XXIX, № 4 ET DERNIER. ÜBER ПЕ SINE ЧА DES VEERWISSUS, 4 AUS DEN BEOBACHTUNGEN DES HERRN RES’ZOW BERECHNET VON FR. Lenz. (Lu le 12 таз 1881.) — © 0 —— Sr.-PETERSBOURG, 1881. Commissionnaires de l’Académie Impériale des sciences: à St-Pétersbourg: à Riga: à Leipzig: MM. Eggers et Ci° M. N. Kymmel; Voss Sortiment (©. Haessel). et J. Glasounof; Е ^ — | Prix: 25 Кор. = 80 РЁ. AN % 2 = г N 20 MÉMOIRES L'ACADÉMIE IMPÉRIALE DES SCIENCES DE ST.-PETERSBOURG, VIT SÉRIE. Tome МХ, N° À ET DERNIER. ÜBER DIE TIERMISCHE AUSDRINUNG DES MEERMASSENS, AUS DEN BEOBACHTUNGEN DES HERRN RES’ZOW BERECHNET (Lu le 12 mai 1881.) — 00000 — Sr.- PETERSBOURG, 1881. Commissionnaires de l'Académie Impériale des sciences: à St-Pétersbourg: à Riga: à Leipzig: MM. Eggers et 01° М. М. Kymmel; Voss’ Sortiment (G. Haessel). et J. Glasounof; —— Prix: 25 Кор. = 80 РЕ. DT En. À о И ЗАВ, Е: | _ à L £ eh En à ны вв ав és PTS EN de uf Shen er OL UNS ТМ Imprimé par ordre de l’Académie Impériale des sciences. Décembre 1881. | C. Vessélofski, Secrétaire perpétuel. Imprimerie de l’Académie Impériale des sciences. (Vass.-Ostr., 9 ligne, № 12.) 1. In einer 1868 publicirten Arbeit!) habe ich einige Versuche beschrieben, welche ich gemacht hatte um den Zusammenhang zwischen dem spezifischen Gewichte des Meer- wassers und dem Salzgehalte desselben festzustellen. Diese Versuche führten zu der Relation; р = 123,1571 (d,— 1) in welcher d, das spezifische Gewicht des Meerwassers von 0° gegen reines Wasser von derselben Temperatur bedeutet und p den Salzgehalt des Meerwassers, unter welchem das Gesammtgewicht der gelösten Bestandtheile auf 100 Gewichtstheile reinen Wassers ver- standen ist. Einer allgemeinen Anwendung dieser Gleichung steht der Umstand hinderlich im Wege, dass auf Reisen, an Bord des Schiffes, die Dichte des Meerwassers nicht gut bei der Temperatur 0° bestimmt werden kann, sondern wohl ohne Ausnahme bei der Temperatur der umgebenden Luft gemessen wird. Um nun die verschiedenen Beobachtungen über die Dichte des Meerwassers unter sich vergleichbar zu machen und aus ihnen nach der oben gegebenen Gleichung den Salzgehalt berechnen zu können, ist es erforderlich alle Dichtig- keitsbestimmungen auf die gemeinsame Temperatur 0° zu reduciren, zu welchem Zwecke das Gesetz der thermischen Ausdehnung des Meerwassers bekannt sein muss. In der oben eitirten Abhandlung habe ich erwähnt, dass alle mir damals bekannten Untersuchungen über die Ausdehnung des Meerwassers nicht genügten, um die Reduetionen der Dichte auf 0° mit einer der Genauigkeit bei Messungen der Dichte entsprechenden Schärfe durchführen zu können; und ich habe schon damals eine neue umfassendere Experi- mentaluntersuchung über die Dichte des Meerwassers bei verschiedenen Temperaturen in Aussicht gestellt. In den 15 Jahren, welche seit Publication der erwähnten Arbeit vergangen, sind über die Ausdehnung des Meerwassers mehrere Abhandlungen erschienen und Untersuchungen 1) В. Lenz. Mémoires de l'Académie des sciences de St.-Petersbourg. T. XI, № 19. 1868. Mémoires de ГАсаа. Пир. des sciences. VIIme Serie. 1 2 В. Lenz, angestellt worden, auch habe ich seitdem еше 1867 übersehene Arbeit über denselben Gegenstand kennen gelernt. Trotzdem scheint mir auch noch heute das Gesetz der thermi- schen Ausdehnung des Seewassers nicht so fest begründet zu sein, wie es die Genauigkeit erfordert, mit welcher die Dichtigkeitsbestimmungen, selbst unter weniger günstigen Be- dingungen, wie z. B. auf Reisen, ausgeführt werden. Eine wiederholte Untersuchung dieser Erscheinung hielt ich daher nicht für überflüssig, und ich veranlasste Herrn N. Res’zow, Studiosus am hiesigen Technologischen Institute, zu einer eingehenden Untersuchung des fraglichen Gesetzes. Die Beschreibung der Versuche, welche Herr Res’zow mit äusserster Sorgfalt und peinlicher Gewissenhaftigkeit durchgeführt hat, und die Bearbeitung derselben bilden den Gegenstand gegenwärtiger Abhandlung, mit deren Veröffentlichung ich einer längst übernommenen Verpflichtung nachkomme. 2. Bevor ich an die Beschreibung der Versuche gehe, will ich erst einen Ueberblick über die Literatur des Gegenstandes geben, welche in Journälen und Werken sehr ver- schiedenen Inhaltes zerstreut liegt und daher nicht ganz leicht zugänglich ist. Eine kriti- sche Besprechung des vorliegenden Beobachtungsmaterials wird zudem zeigen, dass trotz der wiederholten Versuche über die Ausdehnung des Meerwassers eine neue Untersuchung hierüber doch nicht überflüssig ist. Die ältesten Arbeiten über den vorliegenden Gegenstand rühren von meinem Vater, Ermann und Munke her. Die erste Arbeit von Ermann!) bezieht sich nicht auf Meer- wasser, sondern auf eine Kochsalzlösung, welche bei 14° (В), gegen reines Wasser von der- selben Temperatur, das spezifische Gewicht 1,027 hatte. Die Messungen wurden im Tem- peraturintervall von — 3 bis + 12° (В) gemacht; es diente zu den Versuchen ein messing- nes Aräometer und wurde dabei die Ausdehnung des Metalles berücksichtigt. Im Jahre 1831 erschienen die Untersuchungen meines Vaters?) über denselben Gegenstand. Sie sind ganz auf dieselbe Weise ausgeführt, wie die Versuche von Ermann und wurde dabei gleich- falls nicht Meerwasser, sondern eine Lösung von Kochsalz untersucht, von demselben spe- cifischen Gewichte wie die Lösung Ermann’s. Die Messungen sind auf einen Temperatur- intervall von -+- 6° bis 24° (В) ausgedehnt. Auf pag. 291 dieser Abhandlung findet man eine Zusammenstellung der Versuchsresultate beider Beobachter, aus welcher man über die Genauigkeit der Untersuchungen sich ein Urtheil bilden kann. In folgender Tabelle sind diese Bestimmungen zusammengestellt: $ (В) Ermann Е. Lenz. Е. — Г. 6 0.99875 0,99873 + 0,00002 7 857 897 00 8 830 830 00 9 789 802 — 13 1) Ermann Poge. Ann. 1828, Bd. XI, pag. 375. 2) Е. Lenz. Mémoires de l’Académie des sciences de St.-Pétersbourg 1831. VI Série, T. I, pag. 287. = UEBER DIE THERMISCHE AUSDEHNUNG DES MEERWASSERS. $ (В) Ermann E. Lenz. E. — L. 10 0,99773 0,00787 — 0,00014 11 758 761 — 3 12 716 729 — 13 In beiden Reihen ist die Dichte des Meerwassers bei 0° als Einheit genommen. Eine Vergleichung der zwei Beobachtungsreihen von Ermann und E. Lenz zeigt Differenzen, welche bis über eine Einheit in der vierten Decimalstelle reichen, während nach den Bemerkungen beider Beobachter die Aräometer die Dichtigkeit des Meerwassers bis zur 5ten Decimalstelle genau gaben, so dass die Differenzen erst in der 6ten Decimal- stelle auftreten müssten. In demselben Jahre 1831 erschien Munke’s Abhandlung über die Ausdehnung der tropfbaren Flüssigkeiten '), in welcher auch die Ausdehnung künstlich bereiteten Meer- wassers untersucht ist. Eine Zusammenstellung von Munke’s und meines Vaters Unter- suchungen ergiebt folgende Tabelle: + (В) Munke E. Lenz М. — Г. о 100000 1.00000 0 5 0,99944 0,99896 -н 0,00048 10 855 780 75 15 726 637 89 20 566 454. 112 25 377 216 161 Hier erreichen die Differenzen bereits die 3te Decimalstelle. Im Jahre 1857 erschien noch eine Arbeit Ermann’s?) über denselben Gegenstand, die wieder nach derselben Methode, wie die frühere, gemacht war. Diesmal wurde die Aus- dehnung einer Lösung von der Dichte 1,024 beobachtet. In dieser Abhandlung theilt Er- mann eine Tabelle mit, in welcher seine neueren Versuche mit denen meines Vaters ver- glichen sind. Dieser Tabelle entnehme ich folgende Zahlen: t(R) L.(s= 1,024) E.(s = 1,0248) us L 4 E. DIF dE: t t 0 100000 1,00000 0,99774 0,99853 — 0,00079 4 0,99917 0,99952 0,99856 0,99900 — 44 8 804 389 0,99945 0,99965 — 20 12 726 802 100047 1.00051 — 4 16 604 685 1,00170 1,00169 + 1 20 454 527 1,00320 100327 — 7 24 269 320: 100508, 1,00588° — 25 1) Munke. Mémoires, présentés à l’Académie des 2) Pogg. Ann. 1857, Bd. СТ, pag. 577. sciences de St-Pétersbourg par divers savants. T. I, 1831. ра ee DE à DE RS “ a Sr WET FE RB rn Е аа NT A EE RER = х = er М ae N MT RENTE 4 R. LENZ, Die Werthe von u welche das Verhältniss der Dichte des Meerwassers von 14° gegen solches von &, bezogen auf reines Wasser gleichfalls von &”, ausdrücken, und von welchen in Ermann’s Abhandlung die Logarithmen mitgetheilt sind, zeigen, dass das Gesetz der Ausdeh- nung für Meerwasser verschiedener Concentrationsgrade doch nicht in dem Maasse dasselbe ist, wie Ermann es annimmt, und dass die Verschiedenheit, namentlich bei niedrigen Tem- peraturen, sehr bemerklich wird. In derselben Abhandlung vergleicht Ermann ferner seine und meines Vaters Resul- tate mit denen von Karsten’), in welchen das spezifische Gewicht von Chlornatriumlösun- gen als Function des Salzgehaltes und der Temperatur ausgedrückt ist. Für eine Lösung von der Dichte 1,027 giebt Ermann folgende Vergleichstabelle : t (В) K. то к. 0 1,00000 1,00000 0 10 0,99825 0,99780 + 0,00045 20 090500. 0,9952... 46 und ebenso für eine zweite Lösung vom spezifischen Gewichte 1,0248: t (В) K. Den а 52 0 1,00000 1,00000 0 10 0,99835 0,99849 — 0,00014 20 0,99517 0,99527 —-- 10 In beiden Vergleichstabellen differiren die Resultate verschiedener Forscher bereits in der 4ten Decimalstelle. Ueberblickt man alle bisher angeführten Versuche über die Ausdehnung des Meer- wassers, so wird man zu dem Resultate gelangen, dass die Ausdehnung von Chlornatrium- lösungen von derselben Stärke wie das Meerwasser aus den Versuchen nicht mit genügen- der Schärfe bekannt ist. Durch die Reductionen auf die Temperatur 0° können nämlich Fehler bereits in der 4ten Decimalstelle auftreten, während das spezifische Gewicht des Meerwassers mit Hülfe des Gewichtsaräometers, nach Angabe meines Vaters und Ermann’s, bis auf eine Einheit in der 5ten Decimalstelle genau bestimmt werden kann. Es ist auch leicht sich Rechenschaft davon zu geben woher die grossen Differenzen in den Resultaten verschiedener Beobachter rühren. Sie sind nicht fehlerhaften Bestimmungen der Dichtig- keiten zuzuschreiben, sondern fehlerhaften Bestimmungen der Temperatur, wie man aus folgender Betrachtung sieht. Karsten’s Ausdruck für das spezifische Gewicht einer Kochsalzlösung von der Dichte 1,027 bei 14° als Function der Temperatur hat die Gestalt: d, = 1 — 0,000 088 006 . t — 0,000 009 223 6 . & + 0,000 000 056 221 . & 1) Karsten. Archiv für Bergbau. Bd. XIX, pag. 91. — Fortschritte der Physik. Bd. I, pag. 48. ÜEBER DIE THERMISCHE AUSDEHNUNG DES MEERWASSERS. 5 Um den Fehler von d, = 0 (d,) in seiner Abhängigkeit von einem Fehler der Temperatur ot zu finden, differenzire ich obigen Ausdruck und erhalte: 0 — — 0,000 088 006 — 0,000 018 447 2 . 10,000 000 168 663 . 1? oder, wenn ich $ = 20° mache: od) — U = 0,000 389 Für einen Fehler von 0,0001 im spezifischen Gewicht, findet man hieraus für die Tempe- ratur einen Fehler von 0,26. Soll demnach das spezifische Gewicht des Meerwassers bis auf die 4te Decimale genau bestimmt werden, so muss die Temperatur bis auf + Grad genau bekannt sein. Ich glaube kaum, dass man in den früheren Versuchen eine solche Genauigkeit der Temperaturbestim- mungen voraussetzen kann, wenn man berücksichtigt, dass die Lösungen während der Ver- suche nicht gerührt und gemischt werden konnten. Ausser der ungenügenden Uebereinstimmung zwischen den Resultaten der verschie- denen Beobachter ist es noch ein zweiter Umstand, welcher zu Zweifeln über die An- wendbarkeit der gefundenen Gesetze auf das Meerwasser berechtigt. Es ist schon erwähnt worden, dass in allen bisher besprochenen Versuchen die Ausdehnung von Kochsalzlösungen untersucht wurden, nicht aber die von Meerwasser, wie es hätte geschehen sollen, Aller- dings ist im Meerwasser das Kochsalz in weit überwiegender Menge vorhanden und bildet ungefähr 79 Procent aller festen Bestandtheile, und es wird sich daher das Gesetz der Aus- dehnung des Meerwassers demjenigen einer Kochsalzlösung von derselben Dichte nähern. Aber man ist doch nicht berechtigt anzunehmen, wie Ermann es ausdrücklich, Andere stillschweigend gethan, dass die Beimengung der übrigen Salze auf das Ausdehnungsgesetz ganz ohne merklichen Einfluss sei, Ja die Beobachtungen über das Dichtigkeitsinaximum des Meerwassers und entsprechender Kochsalzlösungen scheinen den ausgesprochenen Zweifel wohl zu begründen. In seiner zweiten Abhandlung über die Ausdehnung des reinen Wassers theilt Ro- setti') folgende Temperaturen für das Dichtigkeitsmaximum von Chlornatriumlösungen mit: Für eine Lösung von der Dichte 1,02353 7 = — 3,24 » » » о» » 1,03067 Т = — 5,63 In derselben Abhandlung ist auch die Temperatur der maximalen Dichte des Wassers vom Adriatischen Meere bestimmt, wobei Rosetti gefunden hat: | 4 = 1,02670 T, 1,03814 — 3,91 Т =— 3,85 n — 3,90 = —414 | 1) Rosetti. Annales de chimie et de physique. 1869 (4) T. XVII, pag. 382, 6 R. Lenz, Die Temperaturen für das Maximum der Dichte von Chlornatriumlösungen von dem- selben spezifischen Gewichte, wie das Wasser des Adriatischen Meeres, würden die Werthe haben, welche unter 7, angeführt sind, während sie für Meerwasser die unter 7, ange- führten zeigten. Das Dichtigkeitsmaximum für Meerwasser liegt demnach nicht unbeträcht- lich höher als für entsprechende Kochsalzlösungen. Die Beobachtung Rosetti’s steht zudem nicht vereinzelt da; Leonhard Weber') hat die Temperatur für die grösste Dichte des Meerwassers aus dem Kieler Hafen zu -+- 0545 gefunden. Dieses Wasser enthielt 1,77 Procent fester Bestandtheile. Eine gleich starke Kochsalzlösung hätte nach Rosetti bei — 0502, nach Karsten bei — 055 die grösste Dichtigkeit. Wiederum ist also das Dichtigkeitsmaximum für das Meerwasser gegen eine Kochsalzlösung heraufgerückt. Es scheint demnach keinem Zweifel zu unterliegen, dass die Temperaturen, bei wel- chen das Meerwasser das Dichtigkeitsmaximum erreicht, nicht mit den entsprechenden Temperaturen für Kochsalzlösungen zusammenfallen, dass also auch das Gesetz der Aus- dehnung für zwei solche Flüssigkeiten nicht das nämliche ist. Man ist demnach auch nicht berechtigt das Ausdehnungsgesetz des Meerwassers an Kochsalzlösungen zu studiren. 3. Eine fernere Arbeit über die Ausdehnung des Meerwassers, welche ich 1867 übersehen hatte und auf welche mich mein Freund und College Professor A. Grigorieff aufmerksam gemacht hat, ist von H. Professor Hubbard’) ausgeführt worden. Zu diesen Versuchen diente Meerwasser von verschiedenen Orten des Atlantischen und Stillen Oceans, welches zusammengegossen und dann in fünf verschiedenen Thermometern untersucht wurde. Es ist kaum möglich sich ein richtiges Urtheil über den Grad der Genauigkeit zu bilden, mit welcher diese Versuche ausgeführt sind, da die Daten hierzu fehlen. Ebenso wenig kann man bestimmen, welche Dichtigkeit das untersuchte Meerwasser hatte; im Allgemeinen scheint das Meerwasser in allen fünf Thermometern von nicht sehr verschiedener Dichte gewesen zu sein; einige derselben sind mit ganz gleichem Meerwasser gefüllt gewesen. Ueber die Genauigkeit der Ablesung kann man sich ein Urtheil aus der Zeichnung bilden. Nach ihr zu urtheilen betrug die Theilung der Thermometerscalen 0,1 Zoll; wenn man noch ! eines Theiles abschätzen kann, so sind die Ablesungen bis 0,02 Zoll möglich. -Nun ist in dem vorliegenden Aufsatze erwähnt, dass bei einer Aenderung der Temperatur von 40 — 50 (Е) das Flüssigkeitsniveau um 0,63, bei einer Aenderung von 90 —100 (К) um 1,83 Zoll stieg. Im ersten Falle lässt sich der Einfluss der Temperatur bis 0506 (С) im zweiten bis 0,02 beobachten. Hieraus lässt sich nur ein Urtheil über die Empfindlichkeit des Instrumentes bilden, nicht aber über den Grad der Genauigkeit der Beobachtungen. Zu letzterem Zwecke lassen sich am besten die auf pag. 247 der citirten Abhandlung mitgetheilten Beobachtungsresul- tate verwerthen. In dieser Tabelle findet man die Resultate für zwei Thermometer I und О 1) L. Weber. Beiblätter 1878, II, pag. 698. | 2) Hubbard Maury. Sailing Directions 1858, T.I, р. 237 ff. ЕЯ ee fa У, РЗ ТЕР НИ И dr ÜEBER DIE THERMISCHE AUSDEHNUNG DES MEERWASSERS. 7 nebeneinandergestellt, welche mit dem gleichen Seewasser gefüllt sind und daher genau das- selbe Ausdehnungsgesetz zeigen müssen. Für diese zwei Thermometer sind nun folgende Dichtigkeiten angegeben. t(F) I 0 I—0 32 0,99784 0,99794 — 0,00010 33 787 796 09 34 790 799 09 35 793 802 09 36 797 806 09 37 801 810 09 38 806 815 09 39 811 819 08 40 817 824. 07 45 850 858 08 50 891 895 04 55 940 943 — 03 60 1,00000 1,00000 — 65 069 067 -+ 0,00002 70 149 139 10 75 232 219 13 80 321 303 18 85 416 395 21 90 520 495 + 25 Hieraus sieht man, dass bei der Temperatur von 90° (F) — 32,22 (C) die Bestim- mungen bis auf 2!/, Einheiten in der 4ten Decimale von einander abweichen, also beträchtlich mehr als es in Hinblick auf die Genauigkeit der Dichtigkeitsbestimmungen wünschenswerth ist. Auf pag. 248 der eitirten Abhandlung ist dann schliesslich eine Tabelle als Mittel aus fünf verschiedenen Reihen für die fünf benutzten Thermometer mitgetheilt, aus welcher ich mir erlaube hier einen Auszug zu geben. t(F) Dichte t(F) Dichte 32 0,99795 70 1,00142 40 823 80 309 50 895 90 503 60 _1,00000 100 716 Ich glaube die Arbeit Hubbard’s nicht zu unterschätzen, wenn ich die Resultate sei- ner Untersuchungen nur bis zur 4ten Decimalstelle für sicher halte; in der 5ten können schon beträchtliche Fehler vorkommen. О CRE О в A à RUES ET SET EN TE EEE ne er ee Er u AR Le cé 8 В. Lenz, Abgesehen davon, dass die Messungen Hubbard’s nicht die gewünschte Genauigkeit zeigen, bietet diese Arbeit noch den Mangel, dass das Ausdehnungsgesetz in seiner Ab- hängigkeit von der Stärke der Lösung nicht untersucht ist. Zu den Messungen über die Ausdehnung haben allerdings verschiedene Wasserproben gedient, aber abgesehen davon, dass ihre Dichtigkeiten nicht bestimmt sind, variiren sie auch in zu engen Grenzen, um den Einfluss der Concentration deutlich und scharf hervortreten zu lassen. 4. Eine letzte auf die uns beschäftigende Frage gerichtete Arbeit ist von Dr. H. A. Meyer') gemacht und im Jahre 1871 publicirt worden. Diese Untersuchungen wurden mit einem Scalenaräometer aus Messing gemacht, welches die Dichtigkeit des Meerwassers bis 0,0001 zu schätzen erlaubte. Die Theilungen an dem Aräometer wurden durch Eintauchen in Lösungen von Kochsalz, deren spezifisches Gewicht den Karsten’schen Tabellen’) ent- nommen wurde, gemacht. Es wurden fünf Proben von Meerwasser untersucht, welche bei 14° R. gegen Wasser von derselben Temperatur die spezifischen Gewichte 1,0080 — 1,0120 — 1,0160 — 1,0200 und 1,0275 hatten. Die Resultate der Untersuchungen sind in einer Tabelle als Correctionen für die bei 2° gefundenen Dichten mitgetheilt, nach welcher die Reductionen auf die Temperatur 14° gemacht wurden. Die Ausdehnung des Aräometers ist in diesen Correctionen schon mit einbegriffen. In Bezug auf diese Untersuchung ist es zu bedauern, dass das directe Beobachtungs- material nicht mitgetheilt ist; der Leser bleibt ganz im Unklaren über den Grad der Ge- nauigkeit der erhaltenen Resultate und den einzigen Anhaltspunkt für ein Urtheil bildet die Bemerkung, dass das spezifische Gewicht bis 565 = 0,0001 geschätzt wurde. Für die 5te Decimalstelle kann man demnach bei diesen Untersuchungen nicht einstehen, während doch, wie schon erwähnt worden, das spezifische Gewicht bis zu dieser Gränze genau bestimmt werden kann. Ueber die Art wie das Wasser erwärmt wurde, wie die Beobachtungstemperatur con- stant und in dem ganzen Wasserbade gleichförmig gehalten wurde, mit welcher Genauig- keit die Temperatur bestimmt wurde, finden wir in der Abhandlung des H. Meyer keine Andeutung und doch sind all’ diese Angaben erforderlich, um sich ein Urtheil über die Ge- nauigkeit der Resultate zu bilden. Ferner möchte ich es nicht für rationell halten, die Reductionen auf Seewasser von 14° gegen destillirtes von derselben Temperatur zu machen; in diesem Falle enthalten nämlich die Reductionen auch den Fehler in der Bestimmung der Dichte des destillirten Wassers bei 14° gegen das von 352. Endlich müsste auch die Theilung der Aräometerscale nicht gegen Kochsalzlösungen gemacht werden, sondern gegen Meerwasser, da bei gleichem Salz- gehalte eine Lösung von Kochsalz nicht dieselbe Dichte besitzt wie das Meerwasser. Man wird ja gewiss zugeben müssen, dass all’ diese erwähnten Umstände auf das Endresultat 1) Meyer. Uutersuchungen über physikal. Verhält- 2) Karsten. Untersuch. über das Verhalten der Auf- nisse des westlichen Theiles der Ostsee. Kiel 1871. lösungen des reinen Kochsalzes in Wasser. Berlin 1846. О Рене UEBER DIE THERMISCHE AUSDEHNUNG DES MEERWASSERS. 9 nicht von grossem Einflusse sein werden, man kann aber ihren Einfluss auch nicht für so gering schätzen, dass er nicht mit einem gut gearbeiteten empfindlichen Gewichtsaräometer nachweisbar sein sollte. 5. Eine Experimentaluntersuchung über eine in mancher Beziehung so wichtige Frage, wie die nach der Ausdehnung des Seewassers, muss, nach unserer Ansicht, so geführt wer- den 1) dass den Resultaten eine grössere Genauigkeit zukommt als bei gewöhnlichen Fragen nach denselben verlangt wird und 2) dass die Resultate möglichst selbstständig erreicht werden, unabhängig von andern Daten, die noch nicht endgültig festgestellt sind, wozu wir beispielweise das spezifische Gewicht des reinen Wassers bei 14°, den Ausdehnungscoëffi- cienten des Messings u. s. w. zählen. Soll die Bestimmung von Constanten einen bleibenden Werth besitzen, so müssen dieselben genauer bestimmt werden, als sie im gegebenen Augen- blicke von der Wissenschaft gefordert werden, damit nicht ein jeder Fortschritt in der- selben eine neue Bestimmung der Constanten erforderlich macht. Von diesem Gesichtspunkte wurde bei der gegenwärtigen Untersuchung ausgegangen, zu deren näheren Beschreibung ich jetzt übergehen will. Vor allen Dingen war es erforderlich das nothwendige Untersuchungsmaterial, also das Meerwasser, zu beschaffen. Natürliches stand nicht zu Gebote, ausser einer alten Fla- sche, die seit Jahren im physikalischen Cabinet des Technologischen Instituts sich befindet und unbekannten Ursprunges ist. Ein solches Wasser zur Untersuchung zu wählen er- schien nicht rathsam und wurde daher Meerwasser künstlich bereitet. Dasselbe bestand aus folgenden Salzen: Salze. Res’zow. Forchhammer. Mg CI, 2,6883 gr. 2,6883 gr. Ka CI 0,4392 » 0,4384 » 0530, : 1,770.» 1,4768 » MeSO, 1,7175 » 1,7161 » NaCl — 23,8049 » 23,8055 » Summe 30,1251 30,1251 % Das Material, aus welchem die Lösung bereitet wurde, war vorher sorgfältig gereinigt worden, nachdem es schon als reines bezogen worden war. Das NaCl wurde durch zwei- maliges Eindampfen auf die halbe Menge gereinigt; Ka CI durch zweimaliges Auskrystalli- siren aus einer bei 80° concentrirten und bis 20° abgekühlten Lösung; Mg SO, durch zwei- maliges Auskrystallisiren und anhaltendes Trocknen bei 240°; CaSO, wurde aus reinem krystallisirten Ca Cl, und reiner H, SO, hergestellt, der Niederschlag gewaschen bis das Spülwasser auf eine Silberlösung nicht reagirte und dann bei 220° getrocknet; MgCl, wurde durch zweimaliges Auflösen reinen Salzes, Abdampfen bei 40° und Abgiessen des über- schüssigen Wassers gereinigt. Der Rest bildete eine breiförmige Masse. Mémoires de ГАса4. Пар. des sciences, VIIme Serie. Le] fe, Cu LA TA a LT ST ^^ Cordes aie Ai SE PES У: 10 В. Lexz, Als normale oder mittlere Zusammensetzung der festen Bestandtheile im Meerwasser wurde dieselbe angenommen, wie in meiner oben erwähnten Arbeit!). Diese Zusammen- setzung, berechnet auf 2,6883 gr. Mg CL ist in vorstehender Tabelle unter «Forchham- mer» angeführt, während unter «Res’zow» die Gewichte der Salze angegeben sind, welche zur Bereitung des Meerwassers im Wirklichkeit genommen wurden. Da alle Salze, ausser Mg CI,, gut getrocknet werden können, so wurde die Lösung auf folgende Weise hergestellt. Es wurde eine kräftige Lösung von Ме CL bereitet und nach Vollrath’s Methode, mit Rhodanammon als Indicator, titrirt. Zu der Lösung von Mg C],, welche das Salz in einer Menge von 2,6883 gr. enthielt, wurden dann die andern Salze in entsprechender Menge hinzugefügt und die erhaltene Lösung bis zum gewünschten Concen- trationsgrade versüsst. Die Lösungen waren vollkommen klar und rein und brauchten nicht filtrirt zu werden. Aus der Vergleichung der Menge Salze, wie sie in Wirklichkeit zu der Lösung ge- nommen waren, mit denen, wie sie nach Forchhammer’s Analysen im Meerwasser vor- kommen, sieht man, dass das künstlich bereitete Meerwasser von dem natürlichen nur sehr wenig verschieden war. Die übrigen Lösungen wurden aus der ersten durch successives Versüssen erhalten. Beim Füllen der Untersuchungsgefässe mit den Lösungen wurde aus letzteren die ab- sorbirte Luft zum Theil beseitigt, damit sich beim späteren Erwärmen keine Luftblasen bilden könnten. Zu dem Zwecke wurden die Lösungen bis 35° oder 40° erwärmt und dann schnell unter die Glocke der Luftpumpe gebracht, wobei sich eine beträchtliche Menge ab- sorbirter Gase entwickelte. С. Die Dichtigkeiten der Lösungen wurden in zwei Picnometern bestimmt, die ich № I und № II bezeichnen will. Dieselben bestehen aus cylindrischen Glasgefässen von etwa 55 Mm. Durchmesser und 50 Mm. Höhe. In der Construction waren die Apparate ganz gleich, in den Dimensionen nur wenig verschieden. Die Cylindergefässe haben einen Raum- inhalt von circa 120 und 110 С. C.; an die oberen Theile derselben sind je zwei gerade aufsteigende Röhren von etwa 0,4 Mm. inneren Durchmesser und etwas über 100 Mm. Länge angeblasen. Die Röhren sind oben zu Kugeln von etwa 13 Mm. Durchmesser er- weitert und mit gut eingeriebenen Glasstöpseln verschliessbar; sie wurden sorgfältig nach ihrem Caliber ausgesucht und eine jede derselben auf eine Länge von 100 Mm. in einzelne Millimeter getheilt; mit der Lupe konnte noch 0,1 Mm. geschätzt werden. Die Picnometer ruhten bei den Wägungen auf zwei leichten vernickelten Messingstativen von ganz gleichem Gewichte; die Gewichte der Picnometer differirten um etwa 0,2 gr. Für beide Apparate wurde ein und dieselbe Tara benutzt, welche aus vernickeltem Messingdraht vom selben Gewicht wie die Stative, und aus Glas bestand. Diese Tara wurde beim Wägen als Gegen- 1) В. Lenz-I. с. pag. 16. UEBER DIE THERMISCHE AUSDEHNUNG DES MEERWASSERS. 11 gewicht gegen die Apparate benutzt und musste einmal als Zusatzgewicht 0,2293, das an- dere Mal 0,0301 gr. benutzt werden. Diese Zusatzgewichte sind so gering, dass bei den Wägungen der Glassgefässe eine Reduction auf das Vacuum unnöthig wird. Die Picnometer wurden nun mit Meerwasser gefüllt, gewogen und auf verschiedene Temperaturen erwärmt. Hatten sie die gewünschte Temperatur angenommen, so wurden die Niveaus in den Röhren abgelesen und dann die Temperatur weiter gesteigert. War die Aus- dehnung der Lösungen so stark geworden, oder hatte sie so weit abgenommen, dass die Niveau’s aus dem Bereiche der Scale gingen, so wurde von derselben Lösung hinzugefügt oder abgenommen und der Apparat von Neuem gewogen. Bezeichnet P das auf das Vacuum reducirte Gewicht des Meerwassers, P, das Gewicht reinen Wassers bei 0°, welches den Apparat bis zu den Nullstrichen der Scalen füllt, ©, und w, das Gewicht reinen Wassers bei 0° in einem Millimeter der linken und der rechten Röhre, m, und n, die Niveaustände der Lösungen in diesen Röhren, % den Ausdehnungscoefficienten des Glases, £ die Beobachtungstemperatur, so ist die Dichte des Meerwassers d, gegen rei- nes Wasser von 0° durch folgende Gleichung gegeben: Р а, = (P, + md, + nu) (1 + kt) 0 0e ee + + + + + © + + 0 + (1) in welcher P, — v, — w, und k ein für alle Mal zu bestimmende Constanten sind, m, — п, — t und P bei jedem Versuche bestimmt werden müssen. 7. Es soll nun untersucht werden, mit welcher Genauigkeit jedes der Elemente der obigen Gleichung bekannt sein muss, damit der Fehler von d, eine gewisse Grenze nicht überschreite; aus den Fehlern in der Bestimmung dieser Werthe lässt sich dann ermitteln wie genau das gesuchte specifische Gewicht gefunden wird. Wir wollen mit den Constanten der Apparate beginnen. Um die Genauigkeit zu bestimmen, mit welcher ?, bekannt sein muss, damit die Dichte d, bis 0,00001 sicher sei, differenzire ich die Gleichung (1) in Be- zug auf d, und P,, indem ich alle Grössen, ausser diese zwei, als Constante ansehe, dann erhalte ich: P.o(P, Primo + n,%,)2 (1 + Kt) woraus 9(Р)) 2 mn Zu (1. 9 (d,) den Werth von (P, -= m,v, + n,w,) kann man für Picnometer № I gleich 120 gr. rund, für Picnometer № II gleich 111 gr. annehmen, für die kleinsten Werthe von Р nahezu die- selben Grüssen, dann ist 0(P,) = 120 . d(d,) = 0,00120 gr. 9(Р.) = 111. 0(d) = 0,00111 gr, 12 В. LENZ, Man sieht hieraus, dass die Werthe von Р, und Р, keine Fehler enthalten dürfen, welche etwa 1 Mgr. überschreiten. Das Gewicht des Wassers P, und Р,, welches die Pienometer bis zum Nullpunkt der Scalen füllt, ist für jedes Instrument 5-mal bestimmt worden, dreimal vor den Versuchen nnd zweimal nach denselben. Hierbei blieben die Apparate über 3 Stunden im schmelzen- den Schnee und erst wenn im Laufe einer halben Stunde gar keine Aenderung der Niveau- stände bemerklich war, wurden dieselben abgelesen. Auf diese Weise wurden folgende 5 Werthe erhalten: 119,64860 110,95028 796 5018 820 4986 785 5021 800 5030 Im Mittel 119,64812 110,95017 Bei einer so geringen Zahl von Beobachtungen ist es wohl kaum statthaft die Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung auf die Beurtheilung der Beobachtungen anzuwenden. Es soll deshalb als Maass der Genauigkeit nicht der wahrscheinliche Fehler der Beobachtungs- reihe angenommen werden, sondern das Mittel der Abweichungen der einzelnen Beobach- tungen vom Mittelwerthe der ganzen Reihe, ohne Rücksicht auf das Vorzeichen. Nach dieser Schätzungsmethode wären die Genauigkeiten, mit welchen Р, und P, bestimmt sind, 0,00022 und 0,00012 gr., wodurch in der Bestimmung von d, ein Fehler von nicht mehr als 0,000 002 entstehen kann. Als Maass der Genauigkeit einer einzelnen Wägung mag die grösste Abweichung vom Mittelwerthe gelten, sie würde dann 0,00048 gr. betragen. Wenn diese Methode der Fehlerschätzung auch nicht rationell ist, so wird man ihr doch nicht den Vorwurf machen können zu übertrieben grosse Genauigkeit zu geben. Das Glied m,v, + n,w, muss, wie man leicht sieht, mit eben derselben Genauigkeit bestimmt werden wie der Werth von Р,, darf also keinen Fehler enthalten der 0,00120 gr. übersteigt. Da die Fehler von v, und w, gleiche Grösse haben, die grössten Werthe von m, und я, aber 100 sind, so muss der Fehler von 200 о kleiner sein als 0,00120 gr., oder v kleiner als 0,000006 gr. In Wirklichkeit ist aber der Fehler viel geringer, wie man aus folgender Betrachtung sieht. Der Werth von о wurde bestimmt durch Wägung eines Quecksilberfadens von der Länge 2 in Millimetern in den Röhren. Ist das Gewicht des Fadens = р und die Dichte des. Quecksilbers == $, so wird 7. $ 1 betrug bei den Versuchen gegen 90 Mm., $ ist gleich 13,6, also 48 = 1224. Ist demnach WE UEBER DIE THERMISCHE AUSDEHNUNG DES MEERWASSERS. 13 in der Wägung des Quecksilbers ein Fehler von 1 Mgr. begangen worden, so wird in v ет Fehler von etwa + Mgr. entstehen, also ein Fehler von 0,000 000 8, während ein Fehler von 0,000 006 zulässig ist. Demnach können die Fehler in der Bestimmung der Röhrencaliber auf das Endresultat gar keinen merklichen Einfluss ausüben. Die Bestimmungen der Röhrencaliber ergaben für die vier Röhren folgende Werthe: v, = 0,0010772 0, —. 0;0010819 v, = 0,0010969 w, = 0,0010874 Es bleibt noch übrig die Genauigkeit zu ermitteln mit welcher der Ausdehnungscoef- ficient des Glases % bestimmt sein muss. Um den Einfluss des Fehlers von k zu ermitteln bilde ich die Differentialgleichung : P.t д (4,) (P + nv + mv) = — Ark д (k) Der Werth des Gliedes P, + n,v, + m,w, ist von P nicht viel verschieden, 1 + kt weicht von 1 nicht viel ab; daher kann man die angenäherte Gleichung NEE д (ds) schreiben. Der grösste Werth von £ betrug 30° und da д (d,) = 0,00001 sein soll, so findet man d(k) = — 0,0000003 als grössten für 4 zulässigen Fehler. Der Werth von % konnte nicht für die Picnometer selbst bestimmt werden, da in ihnen Quecksilber nicht gekocht werden konnte. Es wurde daher aus demselben Glase ein Gewichtsthermometer gemacht und dessen Ausdehnungscoöfficient bestimmt. Zwei volle Messungen, je zwei im schmelzenden Schnee und eben so viele im siedenden Wasser, er- gaben für % folgende zwei Werthe: k — 0,00002864 — 0,00002870 Im Mittel = 0,00002867 Die Abweichung der einzelnen Werthe vom Mittel ist 10-mal geringer als der zulässige Fehler und kann daher im spezifischen Gewichte des Meerwassers einen Fehler von nicht mehr als 0,000001 verursachen. 14 В. Lenz, In Bezug auf den Fehler von %k muss indessen bemerkt werden, dass er doch erheblich grösser sein könnte als hier angegeben worden, weil % nicht für die Picnometer bestimmt wurde, sondern für ein anderes Gefäss aus demselben Glase. Um über diesen Punkt Sicher- heit zu erhalten wurden zum Schlusse der Untersuchung noch Controlleversuche an distil- lirtem Wasser gemacht, welche weiter unten $ 13 beschrieben sind, und beweisen, dass der angenommene Coëfficient sehr nahezu richtig sein muss. Der Coëfficient 0,000 028 67 ist der mittlere für das Temperaturintervall von 0° bis 100°. Nun dehnt sich aber das Glas innerhalb dieses Intervalles der Temperaturerhöhung nicht proportional aus, wie dies unter Andern auch Regnault constatirt hat. Der mittlere Coöfficient wächst etwas mit der Temperatur. Nimmt man das Gesetz dieses Wachsthums, wie Regnault es bestimmt hat, auch für das Glas der Picnometer an, so ergeben sich für verschiedene Temperaturintervalle folgende Werthe von k: Von 0— 10 % = 0,0000274 › 0-90 275 » 5—30 277 Mit diesem Coëfficienten sind dann alle Beobachtungen berechnet worden. Nimmt man wegen der Unsicherheit.des Coëfficienten k für d, einen 3-mal so grossen Fehler an, also 0,000 003, so kann der Gesammtfehler, soweit er von den Constanten der Apparate abhängt, nicht grösser als 0,000 005 sein. =. Der Einfluss, welchen die Fehler der von Versuch zu Versuch sich ändernden Grössen auf das Endresultat ausüben, lässt sich gleichfalls leicht abschätzen. Um den Fehler von Р auf das Endresultat zu bestimmen, bilde ich die Gleichung : д(а,). (Ру те, ти) (1 -- В) = а(Р) da (1 + kt) wenig von 1 verschieden und (P, + m,v, + n,w,) nahezu 120 ist, so erhält man d(P) = 0,00120 gr. Nimmt man als Fehler in der Bestimmung von Р, die grösste oben angeführte Differenz vom Mittel, also 0,00048, so erhält man für 0(d,) einen Fehler von 0,000004. Um den Einfluss einer fehlerhaften Ablesung der Niveaustände n, und m, zu bestim- men, bilde ich die Gleichung Е V1 0M + w, ди, (4) = 1+kt (PL + mv, +nuw) Die Werthe von v, und w, sind einander nahezu gleich und kann man für sie 0,00108 2 gi UEBER DIE THERMISCHE AUSDEHNUNG DES MEERWASSERS. 15 annehmen, die Fehler 0m, und ди, können gleichfalls als gleich angenommen werden; für P nehme ich 124, für (P, + m,v, + n,w,) 120 gr. an, dann ist Om = — 0,3 d. h. das Niveau in den Röhren muss bis 0,3 eines Theiles richtig abgelesen werden, da aber Om bis 0,1 sicher ist, so kann hieraus kein Fehler entstehen, der 0,000003 übersteigt. Stellt man alle bisher ermittelten Fehler zusammen, so erhält man im ungünstigsten Falle, wenn jeder Fehler das Maximum erreicht und alle nach derselben Richtung wirken, für д(4,) = 0,000 012 etwas mehr als für den Fehler in der Bestimmung des specifischen Gewichtes angenommen wurde. 9. Es bleibt nun noch den Fehler in der Temperaturmessung zu ermitteln, der aller- dings der bedeutendste von allen ist. Der Ausdruck für das specifische Gewicht des Meerwassers in seiner Abhängigkeit von der Temperatur wird ebenso wie derjenige für reines Wasser durch eine Gleichung von der Gestalt а = 1 at + bP + ch ausgedrückt. Je stärker die Ausdehnung des Meerwassers ist um so genauer muss die Tem- peratur beobachtet werden. Aus diesem Grunde bestimme ich den Fehler für die stärkste Lösung, welche sich auch am stärksten ausdehnt. Ich bilde die Differentialgleichung : rd, an — (a + 2bt + 3cP) 9@) oder da d, und d, beide nicht sehr verschieden von Eins sind, die angenäherte — 9(4,) = (a+ 2bt + 3ct”) 9 (t) Setzt man in diese Gleichung für а, b und с die unten gefundenen Werthe ein, für 0 (d,) den Werth 0,00001, so erhält man — 0,00001 = (0,000 069 + 0,000 012 1. — 0,000 000 126 1. 2) d(#) Die niedrigste Beobachtungstemperatur betrug etwa 5°, die höchste 30°; bestimmt man für diese Temperaturen die Grösse д (#), so erhält man: für 30° O(t) = 0,03 für 5 — 0,08 A Da A / "BEE: К-Ж ОСТ. Ets SR a г 4 " У И о СА NT Е а RE RE О Е RE N EN ERA Ber: - D de D MAL ME par ы 3 & ER pu À + x - р. у 16 В. LENZ, Es müssen demnach die Temperaturen mindestens bis 0,03 genau bestimmt werden. Ich glaube in der That für eine solche Genauigkeit einstehen zu können, wie aus den weiter angeführten Betrachtungen gezeigt werden wird. Aus diesen Betrachtungen folgt demnach, dass durch fehlerhafte Temperaturbestim- mungen die Dichtigkeit einen Fehler von 0,00001 erreichen kann, was mit den übrigen Fehlern zusammen 0,000 022 bilden kann, wenn die Umstände die allerungünstigsten sind. Dieser Fehler wird nun noch durch die Anzahl der Beobachtungen verringert. Aus einer vollen Reihe von Beobachtungen an einer und derselben Probe von Lösungen wurde nach der Methode der kleinsten Quadrate der oben angeführte parabolische Ausdruck für die Interpolationsformel berechnet. Da eine volle Beobachtungsreihe gegen 16 Messungen ent- hält, so wird der Fehler des Endresultates 4-mal geringer als der einer jeden einzelnen Messung und man kann daher annehmen, dass die Endgleichungen das specifische Gewicht des Meerwassers mit einer Genauigkeit bis etwa 0,000 006 ausdrücken, wobei aber jede einzelne Beobachtung Fehler bis 0,000 022 enthalten kann, wenn die Umstände besonders ungünstig gewesen. Um die Temperaturen des Seewassers zu messen wurden die Picnometer in ein drei- faches Wasserbad gehängt, in das innere Gefäss eines Laplace’schen Calorimeters, in welchem zugleich ein in „ Grade getheiltes Geissler’sches Normalthermometer tauchte. Das Wasserbad wurde successive von 0 bis etwa 30° erwärmt und bei verschiedenen Tem- peraturen das Thermometer und die Niveaustände in den Picnometern abgelesen. Um die Temperaturen des Wassers constant zu erhalten wurde das Beobachtungszimmer bis zur gewünschten Temperatur erwärmt, dann das Wasser auf dieselbe Temperatur gebracht, ge- rührt und dann gewartet bis die Temperatur des Wassers völlig constant geworden war. Diese Temperatur hielt sich dann mehrere Stunden unveränderlich. Die Ablesungen be- gannen, nachdem während 40 Minuten weder das Thermometer, noch die Lösungen in den Picnometern ihren Stand geändert hatten. Es wurden dann gewöhnlich 3 Beobachtungen in einem Intervall von je 1 Stunde gemacht. Ich glaube überzeugt sein zu können, dass die Temperaturen auf diese Weise bis zur Grenze der Ablesungsfehler sicher beobachtet wur- den, d. В. bis 0502. Das Thermometer, welches zu den Versuchen diente, war vor etwa 5 Jahren mit einem Normalquecksilberthermometer des physikalischen Centralobservatoriums in St. Petersburg verglichen worden. Die Corectionstabelle für das Instrument mit Berücksichtigung einer in der Zeit eingetretenen kleinen Verrückung des Nullpunktes ist in der folgenden Tabelle unter Correction 1 angeführt: UEBER DIE THERMISCHE AUSDEHNUNG DES MEERWASSERS. 17 Beob. t Сотг. 1 Corr. 2 A R Dr: 2°0,68 = zn = 5068 2 nn = 0,04 О: „ — 0,08 152006 0,107 <= 0519 DO 0670079 2010 ee 014 I oT Tee 0.16 30 — 0,67 — 088 — 0,21 — 0,18 Um sich von der richtigen Bestimmung dieser Correctionen zu überzeugen wurde das Versuchsthermometer mit einem Luftthermometer verglichen, wobei beide Instrumente in dasselbe dreifache Wasserbad tauchten, welches für die Versuche über die Ausdehnung des Meerwassers gedient hatte. 1-+kT 1+aT? k den Ausdehnungscoëfficienten des Glases, а den der Luft bedeutet, wurde in die ange- Der in der Gleichung für das Luftthermometer vorkommende Bruch in wechem näherte Gestalt Be. gebracht und der Werth von a —k aus drei Bestimmungen in Dämpfen siedenden Wassers und aus zwei in schmelzendem Schnee gefunden. Aus der Com- bination dieser fünf Beobachtungen wurden folgende sechs Werthe von а — % hergeleitet. a—k = 0,0036508 494 485 542 526 517 Im Mittel a —%k = 0,0036512 Nimmt man den Ausdehnungscoëfficienten des Glases wie oben zu 0,0 000 287 an, so würde sich der Ausdehnungscoöfficient der Luft zu 0,0 036 799 ergeben, also ein wenig grösser als der richtige Werth. Die Differenz kann aus der Unsicherheit im Ausdehnungs- coëfficienten des Glases erklärt werden, wahrscheinlicher aber aus dem Umstande, dass die Luft des Thermometers nicht genugsam getrocknet war. Keinesfalls können aber hierdurch irgend erhebliche Fehler in der Bestimmung der Temperatur entstehen. Mit diesem Thermometer wurde nun die wahre Temperatur des Wassers bestimmt, in welches gleichzeitig das zu den Versuchen benutzte Quecksilberthermometer tauchte Hier- durch wurde folgende Vergleichstabelle für die beiden Thermometer gefunden : Quecksilber. Luft. Correction. 8,29 60.74 12,69 11,95 074 Mémoires de l'Acad. Imp. des sciences. VIIme Série. 3 18 В. Lenz, Quecksilber. Luft. Correction. 14,55. 15,79 2,096 18,90 160 0078 19.86 _ 19,077 079 94.89.9406 085 29.63 + 06751 058 Aus dieser Tabelle wurden die Correctionen für 10 — 15 — 20 — 25 — 30° inter- polirt, welche in der vorstehenden Tabelle unter Correction 2 angeführt sind. Wie man sieht, stimmen die Correctionen 1 und 2 nicht mit einander, zeigen vielmehr, wie man aus Spalte A sieht, mit der Temperatur wachsende Differenzen. Dieselben rühren indessen weder von Beobachtungsfehlern her, noch von Ungenauigkeiten des Quecksilber- thermometers, sie sind vielmehr in der Natur der Sache begründet. Es ist nämlich bekannt, dass Luft- und Quecksilberthermometer in den Grenzen von О bis 100 nicht strenge mit einander vergleichbar sind, da die scheinbare Ausdehnung des Quecksilbers innerhalb dieses Temperaturintervalles der an einem Luftthermometer gemes- senen Erwärmung nicht proportional ist. Diese Frage ist eingehend vön Recknagel!) stu- dirt worden, und man findet in seiner hierauf bezüglichen Abhandlung eine Vergleichstabelle für Luft- und Quecksilberthermometer, aus welcher ich die in vorstehender Tabelle unter В aufgeführten Correctionen für das Quecksilberthermometer entnommen habe. Diese Correc- tionen stimmen mit den Werthen von A sehr gut überein, woraus man folgern muss, dass die Correctionen für das zu den Versuchen benutzte Quecksilberthermometer vor 5 Jahren vollkommen richtig bestimmt sind. Ich hatte mich nun zu entscheiden auf welche Temperaturgrade die Beobachtungen über die Dichte des Meerwassers zu beziehen seien, auf ein Luft- oder ein normales Queck- silberthermometer, d. h. ob ich den Grad als den 100sten Theil der Ausdehnung der Luft oder der scheinbaren des Quecksilbers zwischen den festen Punkten annehmen sollte. Ob- gleich das Luftthermometer in der Regel als Norm gewählt wird, so habe ich doch vorge- zogen die Beobachtungen des Herrn Res’zow auf das Quecksilberthermometer zu reduciren, weil alle Dichtigkeitsbestimmungen des Meerwassers mit dem Quecksilberthermometer ge- macht zu werden pflegen und letzteres in der Regel mit einem normalen Quecksilberther- mometer verglichen wird, welches durch Calibrirung und nicht durch Vergleichung mit dem Luftthermometer untersucht wird. 10. Ich gehe nun zu der Aufzählung der Beobachtungsresultate über, die in den fol- genden Tabellen mitgetheilt sind. Da die Beobachtungen mit zwei Picnometern gemacht wurden, die gleichzeitig in das Wasserbad tauchten, so beziehen sich stets je zwei Meer- wasserproben auf dieselben Temperaturen. 1) Recknagel: Роз. Ann. 1864, Bd. CXXIIT, pag. 131. 4 UEBER DIE THERMISCHE AUSDEHNUNG DES MEERWASSERS. Probe № 1. lg а = 5,8392256 + le ß — 6,8029557 + lg = 8,6238256 — Е р. а а, ’ 0 1.03815 2° — : 2,91 3786 1,03786 3 4,91 3761 3761 6:10: 3744 3742 8,53 3705 3706 10,35 3672 3672 12,00 3639 3639 12,14 3636 3636 Г 13,06 3615 3615 15,68 3556 3555 16,53 3535 3534 17,01 3523 3522 19,93 3446 3442 3 22,33 3375 3374 | 2453 3308 3306 : 815 3186713189 : 29,36 3142 3145 Probe № 3. lg & — 5,7529492 + lg В = 6,8087806 + le y = 8,6791529 — $ а о 1.02998 1,76 916 3,30 901 5,21 880 7,32 852 9,03 825 1158 785 13,33 746 14,83 713 _ 16,91 665 lea = 12 В — а 1,03352 3327 3305 3290 3353 3219 3187 3185 3166 3106 3086 3074 2999 2930 2866 2754 2715 Probe № 2. 5,7898191 + 6,8239432 + lg y = 8,7374891 — а, 1.03326 3305 3289 3951 3219 3186 3184 3164 5106 3085 3073 3998 2931 2866 2756 2717 Probe № 6. dd lg « — 5,0513993 + le В — 6,8289859 + lg y = 8,5844009 — d 1,01579 575 567 553 537 516 484 451 426 336 а—а, + ie FR LE Be ei С a, RT 20 $ 19,52 21,63 23,82 26,51 29,04 В. Lexz, а d аа 1.02599 1,02599 0 544 543 + 1 482 482 0 400 402 — 2 324 324 0 Probe № 4. lg а — 5,6567870 + lg В = 6,8320092 + lg y = 8,7319766 — а а, а—а, 1,02621 — — 612 1,02612 0 596 596 0 570 570 0 534 533 + 1 499 496 + 3 454 452 + 2 407 406 + 1 308 359 — 1 301 304 — 3 237 238 — 1 192 189 + 3 120 19 + 1 042 040 + 2 Probe № 7. lg a = 6,7111944 + lg В = 6,8490906 + lg y = 8,7066105 — d d, dd 1,01392 — — 391. .1,01 393 0 387 387 0 370 373 — 3 360 360 0 311 311 0 LIEN SR A DE US Ne PR RE PS € Un te TRS FRERES ANS DONS Be: 45 РУХ à SUPER AS, $ Herr UE) < + Я di d—d, 1,01327 1,01325 2 273 273 0 219 217 2 143 142 1 067 066 + 1 Probe № 5. le а = 5,2436102 + lg 8 — 6,8632906 + lg y = 8,7280453 — d а, d — d, 1.02045 20 — 2040 1,02040 0 2030 2030 0 2011 2010 + 1 1979 1977 2 1944 1945 —1 1905 1906 —1 1862 1862 0 1816 1813 + 3 1764 1762 + 2 1700 1701 — 1 1654 1654 0 1582 1583 — 1 1509 1507 2 Probe № 8. 12а = 5,4704991 — lg В — 6,8630378 + lg y = 8,5660123 — а а, а — d, 1100710 = — 713 1,00712 44 713 714 — 1 706 708 — 2 698 700 — 2 662 662 0 цех u. р N FE ЧА у PA CNET НТИ с О À UEBER DIE THERMISCHE AUSDEHNUNG DES MEERWASSERS. 21 = t d d аа, а а, аа, 180$, 1015731 1.01979. 22.49 1,00629 1,00629 0 15539 219537. По 593 593 0 178379, 1186: IIS ео 550 Se 20,53 1124 1124 0 492 Ag ро 1032 1082 0 450 А о 25,12 1012 101000 350 382 380 ро DA 50943: 0944 ЗЕ 316 ee) 99.36 "0890". 0899.09 256 960° PA 11. Wie für reines Wasser lässt sich auch für das des Меегез das Gesetz der thermi- schen Ausdehnung durch eine parabolische Interpolationsformel mit drei Coëfficienten von der Gestalt: d, = а, (1 + at + ВР \Р) ausdrücken. Aus den oben mitgetheilten Beobachtungsresultaten wurden die numerischen Werthe der drei Coöfficienten nach der Methode der kleinsten Quadrate berechnet und sind die Lo- garithmen derselben für eine jede untersuchte Meerwasserprobe am Kopfe einer jeden der obigen Tabellen mitgetheilt. Von diesen Coëfficienten ist а für die 7 ersten Proben positiv, nimmt aber mit Ver- süssung des Seewassers beständig ab, bis er für die letzte Probe negativ wird, für welche die Temperatur dex maximalen Dichte über 0° liegt. Der 2te Coëfficient В ist stets positiv, der 3te y stets negativ. Die numerischen Werthe dieser drei Coëfficienten für die untersuchten 8 Proben sind folgende: Proben. œ В у №1 + 0,000 069 060 -+ 0,000 006 352 7 — 0,000 000 042 056 №2 061 634 006 667 2 054 637 №3 056 617 006 458 4 047 770 №4 045 372 006 792 2 053 948 №5 017 523 007 299 5 053 462 №6 011 256 006 745 1 058 408 №7 005 143 007 064 6 050 887 №8 — 0,000 029 546 007 295 2 036 814 Mit diesem Coöfficienten sind die in den oben angeführten Tabellen stehenden Dichtig- keiten d, berechnet; ihnen zur Seite stehen die Differenzen 4 — d, zwischen berechneten und beobachteten Werthen der Dichtigkeiten. Diese Differenzen treten nur in der 5ten Decimalstelle auf und erreichen nur selten Werthe welche 3 Einheiten betragen, niemals solche welche 4 Einheiten überschreiten. 22 В. LENZ, Hieraus darf wohl gefolgert werden, dass die Messungen mit einer solchen Genauig- keit ausgeführt sind, wie dies oben angenommen wunde, dann aber auch, dass die Ausdeh- nung des Meerwassers durch die Gleichung 4; = а, (1 + at + ВР + VE) mit genügender Genauigkeit wiedergegeben werden kann und zwar für alle Proben von der Dichte 1 bis 1,038. 12. Um den Einfluss des Salzgehaltes auf das Gesetz der Ausdehnung des Meer- wassers deutlicher hervortreten zu lassen sind die Werthe von d,(ai+ ВР + y) = d,—d, für alle Lüsungen von Grad zu Grad berechnet und in der folgenden Tabelle mitgetheilt. Da dieser Werth gleich ist der Differenz d,—d,, so bedeuten die Zahlen der Tabelle die Correctionen, welche zu der gefundenen Dichte 4, zu addiren sind um dieselbe auf die Tem- peratur 0° zu reduciren. In der Tabelle ist in der Kopflinie ausser der Nummer der Probe auch die Dichte derselben bei 0° angeführt. №4 №5 №6 №7 do d 0 do d d do do do 1,03812 A = 1,02928 À |1,02621| à I1,02045| à |1,01579| À |1,01392| À | 1,00710 | ^ | 1,00000 1 10,00008 0,00005 7 0,00003 4 0,00002 0,00001 —0,00003 2 018 6 014 012 007 005 004 003 0121 © 009 008 002 018 015 013 000 026 022 020 004 030 028 040 038 049 060 072 085 109 115 132 150 168 188 210 233% 2561, 279 302 326|: 8511: 377 405 434 463: 492 521 TZ ND ND D 2 N ND ND ND D D D KL © D Tat pr © 5 UEBER DIE THERMISCHE AUSDEHNUNG DES MEERWASSERS. 23 In der letzten Spalte der Tabelle sind die Resultate von Rosetti’s Versuchen!) über die Ausdehnung des destillirten Wassers angeführt, die sich denen des Herrn Res’zow vor- trefflich anfügen. 13. Um die erhaltenen Resultate zu controlliren wurde noch die Ausdehnung von natürlichem Meerwasser und von destillirtem gemessen, wobei folgende Resultate erhalten wurden: Probe № 9. Probe № 10. t d do d Е 0 103151 1,03151 0,999996 1,000000 9,43 — 1.03036 — 1.08149 0,99992 —0,99992 19,27 1,02823 1:03152 0,99855 0,99853 25,33 1,02647 1,03148 0,99719 0,99717 Mittel 1,03150 Die Probe № 9 bestand aus Meerwasser aus dem Mittelländischen Meere unbekannten Ursprunges. Durch Interpolation wurden die Reductionen für die 3 Temperaturen 9,43 — 19,27 und 25,33 auf 9° gemacht, die in der Tabelle unter d, verzeichnet sind. Man sieht, dass die berechneten Werthe d, von einander nicht mehr abweichen, als es durch Beobach- tungsfehler erklärt werden kann. Die Probe № 10 war reines Wasser ; die Beobachtungsresultate sind in der Spalte 4 mitgetheilt, während R die von Rosetti gefundenen Dichtigkeiten des distillirten Wassers bedeuten. Auch hier treten Differenzen auf, welche die unvermeidlichen Beobachtungsfehler nicht überschreiten. Diese Vergleichung ist in sofern von Wichtigkeit als man aus ihr zu dem Schlusse berechtigt ist, dass der Ausdehnungscoöfficient des Glases der Picnometer richtig angenommen war. 14. Aus den angeführten Beobachtungen lässt sich schliesslich noch die Temperatur der grössten Dichte des Meerwassers bestimmen. Nach bekannter Methode findet man für Meerwasser verschiedener Dichte folgende Temperaturen der maximalen Dichte: Dichte bei 0° Maximale Dichte bei 1,03812 6e 1,03352 — 4,6 1,02928 49 1,02621 Er 1,02045 — 1,2 1,01579 0 8 1,01392 704 1,00710 2.099 1) Rosetti. Annales de chimie et de physique 1869 (4) XVII, pag. 375. 24 В. Lenz, Diese Bestimmungen dürfen allerdings auf keinen hohen Grad von Genauigkeit Ап- spruch machen, da zu solchem Zwecke die Bestimmungen bei niedriger Temperatur in grösserer Menge gemacht werden müssten um sie mit grösserem Gewichte in die Berech- nung eintreten zu lassen ; dennoch habe ich diese Temperaturen bestimmt, weil auch sie die Möglichkeit bieten die oben bestimmten Coöfficienten einer Controlle zu unterziehen. Nach Rosetti’s Versuchen hat Meerwasser von der Dichte 1,02670 die maximale Dichtigkeit bei — 3,21, nach den vorliegenden Versuchen wäre sie bei — 3,73, wenn sich die Temperatur maximaler Dichte dem spezifischen Gewichte des Meerwassers proportional ändert. Eine andere Probe von der Dichte 1,0281 zeigt nach Rosetti die maximale Dichte bei — 3,9; nach den vorliegenden Versuchen wäre sie bei — 4,0. Indem ich hiermit die Beschreibung der Versuche des Herrn Res’zow beschliesse, will ich nur noch bemerken, dass mir dieselben als Ausgangspunkt für die Construction eines Aräometers dienen sollen, welches für die Messung der Dichte speciell des Meer- wassers bestimmt wird und dessen Beschreibung ich hoffe bald vorlegen zu können. Wie sehr ein solches Instrument Bedürfniss ist, zeigen viele Arbeiten aus dem Gebiete der Hy- drographie. Nachtrag. Nachdem die vorliegende Abhandlung bereits unter Presse war, bin ich durch Herrn Professor Mohn auf die Untersuchungen des Herrn Ekmann über den- selben Gagenstand aufmerksam gemacht worden. Die Arbeit ist mir entgangen, trotzdem sie schon 1870 erschienen, weil sie in einer nur selten gelesenen Publication enthalten ist und ich sie nirgends citirt gefunden habe; auch in den Fortschritten der Physik ist sie nicht aufgenommen. Ich werde demnächst Gelegenheit haben auf dieselbe zurückzukommen. НХ Е PP — JR d а "a Ouvrages geologiques et physico- géographiques publié és dans la VII. Série des Mémoires а l'Académie Impériale des Sciences: eh nn. = BE № 7. Grünewaldt, М, у, Beiträge zur Kenntniss der sedimentären Gebirgsformationen in den Berghaupt- Ri; mannschaften Jekatherinburg, Slatoust und Kuschwa, sowie den angrenzenden Gegenden des } Ural. 1860. Mit 6 lith. Taf. Pr. 1 В. 70 К. = 5 Mk. 70 Pf. de . Helmersen, @, у, Das Olonezer Bergrevier geologisch untersucht in den ue 1856, 1857, 1858 und 1859. 1860. Mit 1 Karte. Pr. 45 K. — 1 Mk. 50 Pf. 5 . Helmersen, 6, у, Die in Angriff genommenen Steinkohlenlager des Gouvernements Tula. 1860. Pr. 25 К. = 80 Pf. / T.IV, M 10. Abich, И, Sur la structure et la géologie du Daghestan. 1862. Avec 2 pl. lith. sur une Иа et 2 dessins dans le texte. Pr. 45 K. — 1 Mk. 50 Pf. . Lenz, В, Untersuchung einer unregelmässigen Vertheilung des Erdmagnetismus im nördlichen ° Theile des Finnischen Meerbusens. 1862. Mit 3 Karten. Pr. 70 К. = 2 Mk. 30 Pf. T. VI, M5. Abich, H, Ueber eine im Caspischen Meere erschienene Insel nebst Beiträgen zur Kenntniss der Schlammvulkane der Caspischen Region. 1863. Mit 4 ШВ. Taf. Pr. 1 R. 80 K. = 6 Mk. . Ruprecht, F, J. Barometrische Höhenbestimmungen im Caucasus, ausgeführt in den Jahren 1860 und 1861 für pflanzengeographische‘ Zwecke, nebst Betrachtungen über die obere Gränze der Culturpflanzen. 1863. Pr. 1 R. 5 K. — 3 Mk. 50 Pf. . Struve, Н. Ueber den Salzgehalt der Ostsee. 1864. Pr. 25 К. = 80 Pf. . Struve, H, Die artesischen Wasser und untersilurischen Thone zu St. Peter Sun; eine chemisch geologische Untersuchung. 1865. Pr. 70 К. = 2 Mk. 30 Pf. . Abich, H, Einleitende Grundzüge der Geologie der Halbinseln Kertsch und Taman. Mit 3 lith. Taf. 1865. Pr. 1 В. 30 К. = 4 Mk. 40 Pf. T. XI, №12. Helmersen, 6. у. Das Vorkommen und die Entstehung der Riesenkessel in Finnland. 1867. Mit 3 lith. Taf. Pr. 40 К. — 1 Mk. 30 Pf. . № 15. Lenz, В. Ueber den Zusammenhang zwischen Dichtigkeit und Salzgehalt des Seewassers. Ein Bei- trag zur physischen Geographie des Meeres. 1868. Pr. 30 К. = 1 Mk. T. XIV, № 7. Helmersen, 6, у. Studien über die Wanderblôcke und die Diluvialgebilde Russlands. 1869. Mit 10 lith. Taf. Pr. 2 В. =6 Mk. 70 Pf. № 9. Middendorff, Dr. A. Th, у. Die Barabä. 1870. Mit 1 lith. Karte. Pr, 80 К. = 2 Mk. 70 Pf. T. XVI, № Lenz, R, Unsere Kenntnisse über den früheren Lauf des Amu-Darja. 1870. Mit 2 lith. Karten Pr. 75 K.=2 МК. 50 Pt. . Schmidt, Fr, Wissenschaftliche Resultate der zur Aufsuchnug eines angekiudieien Mammuthcadavers von der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften an den unteren Jenissei ausgesandten Expedition. 1872. Mit 1 Karte und 5 lith. Taf. Abbildungen. Pr. 2 R. = 6 Mk. 70 Pf. Т. ХХ, № 4. Schmidt, С, Hydrologische Untersuchungen. У. Die Seeen der «Bittersalzlinie» (Gorkaja Linja) von Omsk bis Petropawlowsk und der «Sibirischen Kosakenlinie» von м - bis Präs- nowskaja. 1873. Mit 1 Karte. Pr. 35 К. = 1 Mk. 20 Pf. Schrenck, L, У. Strömungsverhältnisse im Ochotskischen und Japanischen Meere und in den Zee angrenzenden Gewässern. Nach Temperaturbeobachtungen auf russischen Kriegsschiffen. 1873. Mit 2 Karten und 10 Diagramm - Taf. Pr. 1 В. 75 К. = 5 Mk. 80 Pf. T.XXV, № 3. Schmidt, Dr. С., и, Dohrandt, Е, Wassermenge um Suspensionsschlamm des Amu - Darja in seinem Unterlaufe. 1877. Avec 1 planche. Pr. 75 K. = 2 Mk. 50 Pf. - T. XXVII, X 12. Abich, H, Ein Cyclus fundamentaler barometrischer Höhenbestimmungen auf dem armenischen | Hochlande. 1880. Pr. 50 К. =1 Mk. 70 Pf. TI, № [er] Ne) = Ss = co Туш, № = = - © = - = = Ha о Т. ХУПЬ № = 5 À а — TEXT T.XXIX, № 1. Middendorff, A. у, Einblikke in das Ferghana-Thal. Mit 9 Tafeln. Nebst chemischer Untersuchung der Bodenbestandtheile von С. Schmidt. 1881. Pr. 5 В. 30 К. = 17 Mk, 65 Pf. 0 È620-0-— — Imprimé par ordre de l’Académie Impériale des sciences. Décembre, 1881. HER С. Vessélofsky, Secrétaire perpétuel. Imprimerie de l’Académie Impériale des eciences. (Vass.-Ostr., 9° ligne, № 12.) и 1, =: a й h Il LIBRARIE ШИ | 3 9088 01769 SMITHSONIAN INSTITUTION Ш y ee ee à Ces cree soeurs PT eee een“ wen Pre р д эл 27 T2; =. <. ve Ds - у. $ = ааа ER mn > ее 245 4 GE ^^ = К - моды ых клык, пря ED Er a иске NT ee ee a me - Ar Zei ей ; ИХ Ta weni ne a Pe 44-2 ee N Tee een er г оч A ONE AD ME A BP TAT RE + Sade PDU TEE ee о enge tree rc чем nn A qe sen : L'une DR + ee ne 5 = x ee e САХ > r ee © + = BE En Aa NK + Te re en en ee ee - жары 5 “x EEE SR wenn TT LA AE A BEA Dore : ° ae ER x ENT En BTE SL + > . рае 9 a HE те AS on np дима RES PR RSS EIER ue de res Pre pren va en DA A rar PAC Gr ep or Da A Net er ra ern = К rar р rt re we ЕЕ wu RARES PEN EEE TE PRES Eee < en an RATS et Ar hs enr re EBEN